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Full text of "Therapeutische Rundschau. Wochenschrift Für Die Gesamte Therapie Des Praktischen Arztes 4.1910, Nur Hefte 1 25, 27 52 ( Heft 26 Fehlt)"

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ischeRundschau 

gesamte Therapie des praktischen Arztes. 

Verlag und Expedition 

35, Am Karlsbad 5. Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI. 3020. 

Berlin, 2. Januar 1910. Nr. 1. 


1 jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den Verlag 

s irolten als «•■neuert. wenn sic nicht s Tage vor QnartalHchlusH abbestellt sind. Inserate werden für die ‘(gespaltene 
er lausend l.s. M. Reklamczeilc 1.50 \\. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

. der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt. 


*s^Ärztes ein^t und jetzt 
■ . . . . . . ' . . 1 
. Schüdel-Fern- und Nah- 
. 4 

rapie der Placenta praevia. 


*ogic . ..'. . 7 

. ...- 8 

ie. <) 

. Literatur.10 

Amerikanische Literatur ... 11 

a. 11 


Mitteilungen über Arzneimittel: 

W. Krüger, Magdeburg: Ileferato.. 12 

Teelinisclie Neuerscheinungen: 

Wilhelm Lecker, Bremen: Heißluft-Pendelapparate . . . Pi 

Fritz Fleischer: Zur Methodik der Pulsschreibung ... Pi 
Ein neuer Inhnlations.tpparnt (Ref.: Rosen, Berlin) .... 14 

Riicherhcsprechungen: 

II. Lohn.st ein und Th. Loh ns teilt: Medizi nalkalonder und 
Bezept-Taschenbuch 1»10 (Bef.: Krüger. Magdeburg) . . 14 

Aug. Ford: Ethische und rechtliche Konflikte im Sexualleben 14 

Therapeutisches Jahrbuch, XIX. Jahrgang (Hof.: Krüger, 

Magdeburg. 15 

Allgemeines.15 


-5 mnenten und Jnserenfen 

ergebene Zeitteilung, dass Jferr 
,edaktion der therapeutischen tlundschau 
nd dass 

rofessor Dr. med. A. Moelier 

. Am Karlsbad 5, vom 1. Januar 1310 ab dieselbe 

-•jorgt. 

Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag. 


ORIGINALIEN. 

Die Stellung des Arztes einst und jetzt 
oder Publikum und Aerzte. 

Von. Oberbibliothekar Dr. E. Roth. Halle a. S. 

Der Arzt ist ein Engel, wenn er hilft, 

Ein Teufel, wenn er bezahlt werden soll. 

Im Jahre 1791 erschien von Friedrich Heu¬ 
lt i n g ein beachtenswertes Buch über die Pflichten der 
Kranken gegen die Aerzte und es tüte gut. wenn diese 
Schritt heutigen Tages wieder einmal etwas bekannter 
würde. lf) ihr wird der Arzt als ein Mann charakterisiert; 
welcher mit Behutsamkeit aller Entschlossenheit und ohne 
auf das Getratsche unkundiger Beurteiler zu «eilten, ruhig 
seines Weges fortwamlelt, und so ein Retter der Leiden¬ 
den, ein Freund der liatbediirttiggn, ein Tröster der Kla¬ 
genden und Betrübten wurde. Er sollte warnen, wo er 
Fehltritte gegen Gesundheitssorge sähe, er sollte wenig¬ 
stens lindern, wo er nicht helfen könnte, retten, wo er 
retten könnte, dem Staate den Bürger, der klagenden 
Gattin den Gatten, und den hilfebedürftigen Kindern den 
Vater erhalteil. 

Freilich gehört so Manehes dazu, daß der Arzt wirk¬ 
lich diesem Bilde zu entsprechen vermag, es müssen eine 
Reihe Vorbedingungen erfüllt sein, ohne welche er eben 
gar nicht in der Lage ist, sich so zu betätigen, wie es 
II e n n i n g als eines Medikus Pflicht und Wille hinstellt. 


. Gellen wir einmal etwas auf diese Voraussetzungen 
ein und sehen wir, wie es mit ihnen früher bestellt war 
und wie die Verhältnisse heutzutage liegen, 

Als eine conditio sine qua non stellt unser Dorther 
Kollege das frühzeitige Herbeirufen des Arztes hin. Bei 
dem vornehmeren und aufgeklärteren Teile des Publikums 
itufg diese. Erinnerung freilich mlutit' g erscheinen ■ ! , 
größtenteils hiergegen nicht sündigen, wenn aiteli hei 
ihnen wieder das Allzuviel und Allzuoft bisweilen gerügt 
werden muß, da .jede kleine Erkältung, jeder Fall eines 
Kindes und ähnliche Vorkommnisse die sofortige sagen 
wir unnütze - Zitation des hilfsbereiten Onkel Doktor zur 
Folge hat. 

Bei der geringeren Volksklasse findet man Ver¬ 
gehungen der Art aber am häufigsten, wo sie sich auch 
eher entschuldigen lassen, da ihre Grundsätze über diesen 
Punkt nicht so gebildet seien, sie übrigens auch mehr an 
die Selbsthilfe ihrer Xuturkriifte gewohnt sind und ihre 
schlechten Vermögensumstände öfters einen verzeihlichen 
Grund dieser Säumnis abgeben "können. So entschuldigen 
sich namentlich oft Landleute und andere vom Arzte ent¬ 
fernte Kranke mit der Beschwerlichkeit des Herbeiselmf- 
l'ens des Arztes und nicht gänzlich ohne Grund. 

Schon II e n n i ng hehl hervor, daß die größte Kunst 
des Arztes darin bestelle, dem Entstellen oder auch der 
Weiteren Verbreitung der Krankheiten vorzubeugen; be¬ 
kanntlich gibt es so viele wichtige Krankheiten, die im 
Anfänge durch ein einziges Medikament in wenigen Stun¬ 
den hätten gehoben werden können; wie viele Krankheiten 
gibt es nicht, wo nur die zeitigt' Anwendung dienlicher 
Mittel etwas vermag, dahingegen die Verspätung solche 
gänzlich vergehlieh macht 1 Wie manche ansteckende 
Krankheiten existieren nicht, die oft nicht der Kranke, 
sondern nur das Auge des erfahrenen Arztes schon im An¬ 
fänge dafür erkennen, wo nur der Arzt heim frühzeitigen 
I lerheiriifen für die Vermeidung der weiteren Verbrei¬ 
tung mil Bat und Tat Sorge tragen kann! . . . Wie muß 
dem gefühlvollen Arzt zu Mute sein, wenn er dou nach 
Mille ausgestreckten Händen, den um Bettung flehenden 
Blicken der Kranken wie der Angehörigen nichts anderes 
entgegnen kann als: ,,Ich hätte helfen können, jetzt kann 
ich’s nicht mehr.“ 






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THERAPEUTISCHE RUNDSl 


Noch schlimmer aber ist es, wenn der Kranke zuvor 
alle Klassen von Pfuschern und Afterärzten durchgegan¬ 
gen und dadurch seine Krankheit wie gewöhnlich ver¬ 
schlimmert hat! So geschrieben 1791!! Noch immer 
herrscht die Idee, der Arzt sei zu kostbar, der Afterarzt 
doch wohlfeiler und letzterer daher vorzuziehen. So un¬ 
richtig dieser Satz auch ist, so sehr sich auch viele Aerzte 
bemühen, durch Mildtätigkeit und willige Akkomodation 
nach jeden Umständen diesem Wahn zu widerstreiten, so 
schließt die ungebildetere Menschenklasse sich docbsogerne 
an ihresgleichen an, traut so gerne den apodiktischen Ur¬ 
teilen und festen Versprechungen derselben, die der wahre 
Arzt, der die mannigfachen himmelweiten Verschieden¬ 
heiten der Krankheiten, sogar der, die in der Sprache des 
gemeinen Lebens einerlei Namen führen, und die verschie¬ 
denen Wirkungsweisen der Naturkräfte und Arzneimittel 
kennt, doch unmöglich billigen kann. 

Zu wünschen ist ferner, daß jeder Kranke, der einen 
Arzt zu seiner Besorgung sich wählt, demselben völliges 
Zutrauen schenke. Er wähle nicht nur nach äußerem 
Schein, nicht nach Alter und Jugend, nach besonderen 
Konnektionen, nach dem Hörensagen nsw., sondern nach 
dein Urteile sachkundiger Leute und nach eigenem Urteile 
über die Denkungsart desselben. Nichts wird ihm hierin 
behilflicher sein, als wenn er seine .Forderungen von der 
Wirksamkeit des Arztes nicht zu hoch spannt, wenn er 
betrachtet, daß auch der Arzt, sowie jeder Mensch, nicht 
imstande sei, dem Laufe der Natur Einhalt zu tun, daß er 
unmöglich eine, so manchen bösen und gefährlichen Ein¬ 
wirkungen ansgesetzte, und vielleicht durch jahrelange 
Wirkungen derselben zerrüttete Maschine, wie unser 
Körper ist, binnen einigen Tagen und Wochen wieder¬ 
herstellen kann. 

Kommt der Kranke dem Arzt iiitf'Ziitraueu, sagen" 
wir vollem Zutrauen entgegen, so kann letzterer mit weit 
größerer Wahrscheinlichkeit auf einen glücklichen Erfolg 
seiner Kur rechnen, da hier die Kraft des Zutrauens schon 
psychologisch wirkt und der Medikus vermöge dieses Zu¬ 
trauens auch Folgsamkeit bei Anwendung seiner vorge¬ 
schlagenen Regeln und Mittel erwarten darf. 

Neben Zutrauen muß aber auch der Arzt gefälliges 
Betragen erwarten und fordern; mürrischer Ton des Pa¬ 
tienten, verdrießliche Mienen, Vorwürfe aller Art, Zwei¬ 
feln an der Richtigkeit der Diagnose und Behandlung 
können nur zu leicht auch bei dem Helfenden eine gewisse 
Herabminderung des teilnehmenden Gefühls liervorrufen, 
die zu einer gewissen Gleichgültigkeit zu führen vermag. 

Wie soll des weiteren der Arzt helfend eingreifeu, 
wenn ihm nicht eine genaue Beschreibung über die 
Entstelmngsart und die Beschaffenheit der Krank¬ 
heit geliefert wird, wenn der Kranke unterläßt seine 
geführte Lebensart und so manche auf seine Ge¬ 
sundheit wirkende Szenen seines Lebens dem Arzt 
zu entrollen, Oft kann der Arzt nicht alle mög¬ 
lichen Fälle sich vorstellen und danach seine Fragen 
bei Untersuchung der Krankheit einrichten, um die Wahr¬ 
heit zu erforschen. Es muß dem Kranken eine wichtige 
Pflicht sein, ihm umständlich und genau von seinen vor¬ 
maligen und jetzigen physischen und moralischen Begeg- 
nissen, die nur je auf seinen Gesundheitszustand Einfluß 
haben konnten, und von allen Umständen seiner Krank¬ 
heit genaue Rechenschaft zu geben. Ungefragt muß der 
Leidende alles erzählen, von dem er auch nur vermuten 
kann, daß es auf den Gesundheitszustand gewirkt haben 
könne. 

Will der Kranke dann gesunden, muß er treulich die 
vom Arzte gegebenen Regeln befolgen und die ihm ver- 
crdneten Arzneimittel gewissenhaft gebrauchen. Wie 
kann man Hilfe von irgendeinem Medikament erwarten 


und verlange 
Arzt, der sehn 
(lern bald Naen. 
lichkeit alle guten 
sie hätten die Arzm 
Geschmack zuwide 
willen gegen das 
mit den notwend? 
etwas abzuknapse, 
machen, um dem A 
Wirkung sei ausge 

AVie traurig, w 
der alles aüfgeboten 
Rettung zu ermögliche 
kum ihm dann gar di. 
einen und anderen Kr 
Ausganges derselben n 
Kranke selbst alle Schun 
sucht und ihn mit Vorv 
solche Klagen von Ohr zu 
immer nachteiliger wird das 
alle, wie gewöhnlich, erhalten 
findet es Glauben. Der Ruf d. 
sein ganzes praktisches Gliiei. 

AA r eise wurde mancher Arzt get 
Familie arm und notdürftig. 

Manche Kranken hegen all) 
ihr Arzt sei nur für sie da um’ 
er, sobald er seine Geschäfte bt. 
vongeht. Aber kann man ihm (liest, 
wenn er eine ausgebreitete Praxis bes 
muß der Arzt in seinem späteren Leben 
ne hmen: Ja, nun; da er ein bißchen emp 
er die alten Freunde. 

Dann sind auch vielen Kranken lange T 
gen nicht nur nicht anzurgteu, sondern wii,,. 
schädlich. Gerade der Arzt wird diesen Umstand ul, , 
nächst zu beurteilen verstehen und danach handeln. Auch 
kommen zu leicht 'Redereien dadurch zustande, und das 
Zutrauen und die kollegialische Freundschaft zwischen 
Kollegen gehen nicht selten durch solche Klatschereien 
zugrunde, da der Kranke naturgemäß geneigt ist, von an¬ 
deren Leidenden zu plaudern und von anderen Aerzten zu 
erzählen. 

Notwendig ist es für jeden, der nii-t dem Arzte zu tun 
hat, sich mit Geduld zu wappnen.' Am häufigsten hat auch 
der Jüngling Aeskulaps Ursache, bei der Nachkur und hei 
chronischen Krankheiten über aus Ungeduld herrührenden 
Unbilligkeiten zu klagen. Nur zu leicht entstehen aber 
durch eine nachlässige Kur gefährliche Rückfälle oder 
gar schlimmere Krankheiten. 

Nun noch etwas über das Betragen des Kranken bei 
Konsultationen mehrerer Aerzte. Es wird dem behandeln¬ 
den Arzte nur angenehm sein müssen, daß Kollegen hinzu¬ 
gezogen werden, da hierdurch, wenn der herbeigerufene 
Medikus seiner Kurmethode Beifall zollt, sein Ansehen 
und Zutrauen bei den Patienten notwendig befestigt wird 
und er sieh hierdurch auch vor dereinstigen Vorwürfen 
immer sicherstellt. Freilich muß man ihn von dem Ent¬ 
schlüsse, andere Aerzte hinzuziehen zu wollen, vorher be¬ 
nachrichtigen, auch hei der Wahl des zu rufenden Arztes 
konsultieren. 

Langwierige Krankheiten führen nicht selten die 
Trennung der beiden Parteien herbei, Arzt wie Patient 
zweifeln an dem guten Ausgang, wenn auch in der Regel 
die Unbilligkeit des letzteren den Bruch herbeiführen 
wird. Hier ist möglichste Schonung am Platze und Dis¬ 
kretion gegen den zu verabschiedenden Arzt. 


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UNIVERSIT 




THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


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ier Arzt nicht leben 
ciblikums für die Be¬ 
ist uralt. Dabei wird 
.ereren Berufe als in an¬ 
der Regel schwer, sieb mit 
•ht zu selten findet selbst 
aelie genug über Unbillig¬ 
gen. Das mit der Besse- 
;t bißt selbst die Billigkeit 
■u. Dann glaubt die große 
ußer den Besuchen wenig 
Hier Kranken, er verdiene 
e h e i n l es aber nur so, als 
,ie und Arbeit. Wer zählt die 
üdenken und zur mannigfaltigen 
ne Krankheit verwenden muß! 
alten, die Mitleiden und Teil- 
nbei. geben Nachlässigkeit, Ün- 
., herrschende Idee, der Arzt habe 
Anlaß zu dem so langen und auch 
»leiben der Bezahlung. Dabei wird 
ohne Murren bereit sein, wirklicher 
zu dienen. 

H e n n i n g zu dem Vorschlag: Es 
ut, daß durch gemeinschaftliche Bei- 
nilien dem Arzte ein gewisses Jalires- 
wiirde, wofür er sie dann bisweilen 
ihren körperlichen Zustand befragen, 
oi der Gesundheit Nachteilige warnen 
. ntstchenden Uebel Vorbeugen und selbst 
inkheiten seine Hilfe anwenden müßte. 
..er auch an mehreren Orten üblichen Ebi¬ 
ng haben immer beide Teile großen Vorteil, 
llu tiainu \‘eriassen _ WiT~B:'e n n i n g. 
lieseri idealen Zustand haben wir dann. vielfach in 
cliland und auch anderswo gehallt. Wer erinnert sich 
• us seiner Kinderzeit des Onkel Duktors, welcher zur 
io gleichsam gehörte, der Berater in vielen Dingen 
irile, der, wie Josef Weiiglor sagt, mit dem 
.ranken litt, für ihn sieh sorgte und ehrliche Freude hei 
seiner Genesung empfand. Wäre der Onkel Doktor nicht 
ein Freund der Kinder gewesen, öfters noch in höherem 
Maße, als der der Erwachsenen, so wäre das Einnahmen 
so mancher Medizin seitens der Kleinen wohl schwierig 
vor sich gegangen oder gar unterblieben. Der Onkel 
Doktor konnte mit seinen Kindern so ziemlich alles auf¬ 
stellen, was selbst den Eltern bisweilen nicht gelang. 
Dabei zog der Arzt damals die Mittel zu seiner Existenz 
nach derselben Quelle nach seinem Gutdünken ein, erhielt 
liier höhere Honorare, dort mittelmäßige Bezahlung oder 
gar an Almosen streifende Entlohnung, trotzdem er in¬ 
folge des intimen Verhältnisses, in welchem er zu seiner 
Klientel stand, die Leistungsfähigkeit einer jeden am 
besten zu beurteilen verstand. Noch war der Arzt frei, 
er konnte sich für seine Mühen bezahlen lassen, wie er 
wollte, es gab keine Vorschriften. Damals herrschte eine 
Art patriarchalischen Verhältnisses in vielen Fällen 
zwischen dem Hausarzt und seinen'Familien. Wie hätte 
auch irgendein Familienmitiglied einen anderen Ver¬ 
treter der Zunft konsultieren sollen, der Onkel Doktor 
wußte ja ohne viel Fragen Bescheid, er kam und konnte 
vielfach Vorbeugen, ehe es zu einer,Entfaltung der Krank¬ 
heit kam, er wehrte liier allzu vieler Nahrung und suchte 
bei anderen durch Kräftigungsmittel von Kindesbeinen 
an liachzuhelfen. Hier schien ihm ein Aufenthalt an der 
See das Notwendige, um ein Kind widerstandsfähiger zu 
machen; dort mußte ein Erwachsener das Gebirge auf¬ 
suchen, uni sich seine Spannkraft zu erhalten, ehe wirk¬ 
lich ein Niöderbruch der Kräfte erfolgte. 



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Das ging so eine geraume Zeit, aber die alten Zeiten 
sind oder scheinen durchweg verschwunden zu sein. Der 
Arzt genießt heute nicht mehr das Ansehen, welches man 
ihm zollte, seine Einnahmen sind gesunken und sein wirt¬ 
schaftliches Niveau bereitet dem Denkenden und fühlen¬ 
den Heller der Menschheit arge Verlegenheiten. 

Freilich niul.t sich der Arzt damit trösten, daß die 
Wertschätzung aller studierten Kreise gegen früher ent- 
s< liicdcn obgennninien I ab Auch hebt N a li'n y n hervor: 
„Es wäre kindisch, diesen alten Zeiten nachziitrancrii; 
auch sage ich nicht, daß sie besser waren — jedenfalls 
waren die Aerzte nicht besser. Noch vor 50 Jahren galt 
die Heilkunde für eine Naturwissenschaft und der Arzt 
für den Vertreter der fortschrittlichen naturwissenschaft¬ 
lichen Richtung; hierauf und auf seiner unabhängigen 
Stellung beruhte das Ansehen unseres Standes. Die 
medizinische Fakultät war vielleicht am wenigsten die 
der Brotstmlenten. Heutzutage ist das Studium der Medi¬ 
zin das richtige Brötstudium geworden. Die Zahl derer, 
die es aus innerem Trieb wählen, ist geringer. Standes- 
fragen gab es damals kaum. Noch bis Ende der sechziger 
Jahre ging der junge Arzt durchschnittlich in die Praxis.“ 

Heute sind es hauptsächlich drei Gründe, welche 
dem ärztlichen Stande Gefahr drohen, welche, milch 
W. Scheibe, im wesentlichen von drei Punkten iius- 
gelien. KlirWgesagt sind dieses die Feberfülhing des 
Standes, die . .usheutiiiig desselben durch die soziale 
Gesetzgebung und. die Ueberhandnahnie der Kur¬ 
pfuscherei. Wenn im Deutschen Reiche auf noch i 
2000 Seelen ein Arzt kommt, so vermag dieser von 
Kranken unter ihnen nicht zu leben, zumal sich ; m 
manchen Orten die Mediziner in erschreckender Weise 
häufen. Durchschnittlich käme ein Patient auf den 
ließen Durciisciifimi Da kann nur eine Einsckraiikipjgg 
der Medizinstudier mden helfen, sei es sogar von Sla 



wegen. _ ■ . , ... ;~v 

Bei der Ausbeutung durch die soziale Gesotzgeb 
haben die Krankenkassen die meiste Schuld. M ar i 
mal der Kassenarzt mit seiner eigentlich ungenügende. 
Bezahlung nicht zu umgeben, so plädiert W c n g 1 e r ihr 
das System de bestimmten Kassenarztes, der sieb natur¬ 
gemäß nach Analogie der Einrichtung des Hausarztes 
entwickelt. Ebenso wie der Hausarzt in ein inniges Ver¬ 
hältnis zur Familie tritt, so entsanden enge Beziehungen 
zwischen dem Kassenarzt und der Gesamtheit der Kassen¬ 
mitglieder. Der Kassenarzt erfuhr in dem nahen Ver¬ 
kehr mit den Arbeitern einer bestimmten Art so manches, 
was für die Beurteilung des speziellen Krankheitsfalles 
von Wichtigkeit war. Bei der freien Arztwahl gehen 
diese Vorteile natürlich verloren, wie dann auch der Arzt, 
losgelöst von den Beziehungen zur Gesamtheit einer 
Arbeiterklasse in die Versuchung gerät, um die Gunst des 
einzelnen Arbeiters zu werben. So viel Rufe er erhält, 
so hoch sind ja seine Einnahmen! Kann ein derartiges 
Vorgehen die Wertschätzung des Arztes steigern, muß 
nicht eine Minderung des Ansehens eintreten, wenn ge¬ 
wissermaßen eine I nt erliietung stattfindet, wenn^ ein 
Handel, ein Handel m it der ärztlichen Kunst getrieben 
wird ! Der freie Kassenarzt wird, sagt W englcr, sieh 
vielfach gar nicht mehr getrauen, den Kranken, was doch 
manchmal sehr notwendig ist, fest auzupacken, ihn auf- 
zuriitteln, seinen Schwächen und verkehrten Lebens- 
gewohnheiten, den Gnu ulursaeheu der Erkrankung, nach¬ 
drücklich entgegenzutre eil. Die Behandlung verliert sehr, 
zum Schaden des Kran ken und der Allgemeinheit an 
Energie und Gründlich -kit, sie wird schlaft und ober¬ 
flächlich. . 

Der Kampf gegen die zunehmende Kurptuseberei, 
welche wir übrigens bere its in den ältesten Zeiten erwähnt 


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THE RA I ’E U TISCHE RUN I )SCH AU. 


finden, wo beispielsweise eine Seneen zu ihrer Nieder 
WeiTuug nnlTorderle, isl ein Kapitel, (ins sieh .in stets 
erneut und fortwährend neue Nahrung erhält, so dnß sieh 
hier Einzelheitei) erübrigen. Nur dnrnnf wollen wir hin 
weisen, dnß nach Ludwig H i rseli (Ins Ruhlikmn nttf 
die Verbesserung der ärztlichen Ausbildung, wie sie die 
Neuzeit brachte, gar keinen Wert legt; das beweist der 
starke Andrang zu Kurpfuschern und Outsidern. 

Eine Verminderung der Werts »lätzuiig des ärztlichen 
Standes li.it zweifelsohne mit seiner Ui-herlÜllung ein¬ 
gesetzt; was eben reichlich im Leben zu Indien ist, hat im 
allgemeinen keinen hohen Wert. Zu der bereits existie¬ 
renden reberiuliung seitens der Gymnasiasten kam aber 
dann noch die Zulassung der Eealgj mnasiasten und Oher- 
realschiiler. Wollen wir aber diese immerhin noch gelten 
lassen und mit der fortschreitenden Zeit entschuldigen, 
so war die Zulassung der Frau zu den klinischen lliir- 
sälen gänzlich unliereehtigt. Sehr richtig schreibt 
H i r s c Ir: ..In Ueutsehland, wo ein Bedürfnis nach weib¬ 
lichen Aerzten hei kaum .jemand anders als bei abnorm 
prüden .lungfrauen und alten Jungfern lau.! wurde, ist die 
Frau als Arzt nur geeignet, die bittere Konkurrenz, unter 
der die .kürzte seufzen, zu verschärfen, und den Lolin ihrer 
männlichen Kollegen, der an sieh schon jämmerlich ist, 
wird die Aerztin, dem weihliehen Charakter entsprechend, 
ebenso drücken, wie die Handarbeiterin den Lohn des 
Handarbeiters.“ _ 

Was aus dieser Ueberfiillung anders als eine stete 
ik'i abminderung der Einnahmen und damit der geltenden 
\ ' Im hätzung werden soll, kann wohl niemand sagen, da 
heispielswcise von 1883 1901! bei einer Itevölkerungs- 

zunehme von 2(1'< die der Aerzte 104'. betrug! 

Dir Krankenkassen arbeiten an dieser Niveau 
di (iel.ung am meisten. U o sonst in dm \\ eil ist s:iiiM~iöiä~ 
'(Ic’iH.irt ige Honorarherabsetztreiberei vorhanden oder gar 
möglich, wie bei den Medizinern! Unter den 1000 Kran¬ 
kl küssen gibt es viele, welche, die Einzelleislung des Ordi- 
i je,-enden mit 30 Pf. honorieren; ja es soll Beispiele mit 
1 PI. geben! Uns Fixum, welches doch an die gute all • ■ 
Z 'it mit dem jährlichen Honorieren des Yausarztes er¬ 
innern soll, bringt es bei diesen Instilulei snit sieh, daß 
ganze Familien jahraus jahrein mit ihren sämtlichen -Mit¬ 
gliedern ärztliche Hilfe für wenig ipehr als drei bare 
Reichsmark genießen! Wo soll da eine Hoehsehätzung 
des. man möchte sagen, Armenarztes licrkommen ! Wie 
soll der Arzt gründlich untersuchen, wie oft kann er seine 
Zeit derartigen Kranken widmen, weint er auch nur einen 
notdürftigen Lebensunterhalt heraifssc hingen will Ader 
muß'! Chemische und bakteriologische Untersuchungen, 
ohne die ja ein moderner Arzt doch kaum auskommeu 
kann, verbieten sieb von selbst, d;t Zeit und Chemikalien 
einfach zu teuer werden. Da ni'nzV dem Patienten kein 
Zutrauen, da fallen Hennings Forderungen halt eben 
vielfach in sieb selbst zusammen, zu diesen Forderungen 
muß sielt der vielgeplagte Kassen-Lohnarbeiter, wie es 
der Kruukcnknsscuurzt ist, eben ablelmeml verballen. 
Dies System widerspricht vollständig dem Wesen der 
ärztlichen Tätigkeit, die immer, iil .erall und stets mtf dem 
■\ ertragen der Patienten zum Arzt basieren muß und soll. 




Aucli die Kündigung der Kassenärzte trägt zur 
Herabsetzung der Wertschätzung der Aerzte bei. Wäh¬ 
rend sonst rechtliche Gründe zue Kündigung von Ver¬ 
trauensstellungen notwendig sind, '-könnte man eine Bluten¬ 
lese von nichtigen Vorwänden zu derartigen erzwungenen 
Amtsniederlegungen veröffentlichen. Frist und Form der 
Kündigung wird vielfach nicht inuegelnilten gegenüber 
dem Recht, das jedes Dienstnnh leiten beansprucht und 
seitens des »Staates zugesichert erhält. Was soll man 
-sogen, daß Vorstände Von Kraul<enkassen sieh erlauben. 


x 



Rezepte zu revidiere 
Medizin doeli nichts \ 

Leute behaupten, Leute 
dem Maße, daß sie ihre ,-\ 
wenn der Kassenarzt letzt* 
namentlich ungebildete A 
Manne empfinden, der siel 
fallen lassen muß* 

Auch die Uebersehwe 
krankenhäusern und Priv 
Ansehen des Aerztestandes 
eines se.leiten Unternehmer. 

Ausführungen gewandte Gesi 
Verwaltung, auch für Rekln 
Sinn für Verdienst. Dann komm 
klinik in Universitätsstädten tp 
Tätigkeit ausgebeutet Wird, wo 
arzt konsultiert wird, von Leutei. 
haben. Jeder Arbeiter ist seine: 
der, der sieh dort bat unenlgeltlie. 
er denkt sieli seinen Teil. Ob dub 
Arztes wächst, kann sieh nun jede 
stellen. 

\ lelfsieh trägt uueli der Staat 
Niedergang, welchen die ärztliche 
lehren bat. Er fordert von den Mei 
immer wieder so viel als nur mögt 
Arbeit, und Ludwig Hirsch bat 
er sagt, daß Kommunen, Krankeukito. 
last not least - das Publikum sieli Im 
nehmen. Die öffentliche Gesumllieitspileg 
oder minder den unentgeltlichen Leistungen di 
ihren Ausbau und der Schrei nach der genügenden 

fr »—4»'—-:-::—-»-.——i—.... oj.r nn . : 

»'..( ' - . - .1-.,. II II -1 . ivtiijn UllJJl, »iil. geiiiig li JIM!’ 

werden. Dabei erklären die Juristen vielfueli, was Reel 
in der Gesundheitspflege sei, als ob ein Arzt sieh .j- 
maße, Hichterdienste zu versehen. 

Allen diesen Anforderungen gegenüber hilft m 
Organisation der Aerzte. Und wie heute der .... 
genau acht gibt, daß ja nicht einer weniger Ht 
norar als der andere nimmt, so muß der Kampf 
gegen die Poliklinik alle Mediziner vereinen, wenn 
fluch der Kampf gegen Kollegen selbst lmrt ist. Lei¬ 
tendes Prinzip sei: Jede Leistung ist ihres Lohnes 
wert. Dann erst wird sielt die Erkenntnis wieder festsetzen, 
daß Standeswürde, wie sie in hohen Honorarfürdernngen 
zum Ausdruck kommt, sieli sehr wohl verträgt mit Huma¬ 
nität, die der deutsche Arzt nie und nirgends verleugnen 
w ird. Etwas mehl* Kollegialität und etwas weniger Wille, 
den Kranken als Fall denn als Menschen zu behandeln, 
gepaart mit einer strengen Kontrolle aller Verordnungen, 
die namentlich vor einer zu ruschen Verschreibung neuer 
Mittel, die in der Regel unerprobt sind, viel Geld kosten 
und nicht selten Altes in neuem Gewand bieten, zurück 
schreckt, werden wohl dazu beitragen, die alle Wert¬ 
schätzung des Arztes wieder herzustellen, zumal wenn es 
gelingt, die Zahl der Mcdizinstudierrnden recht erheblich 
zuriiekziiKchraiiben und die Folgen des Zuviel an mi߬ 
verstandener Humanität hintanzuballen. 

Quod deus bene vertat! 

Die Kriterien der Schädel-Fern- und 
-Nahschüsse. 

Von Heinr. Goergens, caml. mecl. 

Von allen Arbeiten über Sehußverletzuugen haben die¬ 
jenigen des Schädels stets besonderes Interesse deshalb in 
Anspruch genommen, weil die Sehädclschiisse einerseits 
dci theoretische!) Erklärung-gewisse Schwierigkeiten boten 


dViirhisl frei» 


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VERSITY OF MICHIGAN 



UERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


ivtischer kriegs- 
k waren. Sali sich 
rei fliehen Gründen 
modernen Hnnd- 
.var es für den Ge- 
ofund der Scliuß- 
ie Entfernung:, aus 
-ögliolister Genau ig- 

i sich die pliysikali- 
seliußverletzungen in 
.erordeutlichen Vervol- 
vieschosses, des Ladungs 
he Art und die Bescliäffen- 
1 von einer Reihe einzel¬ 
ne des Aufschlag'winkels, 
ßwaffe (langer oder kurzer 
.iher, Art des Verschlusses), 
it des Geschosses (Rund- oder 
rot, Sternchen, Eisensplitter, 
gkeiten) und der Qualität und 
■schwarzes oder rauchsehwaclies 
■ Gasspannkraft) und endlich von 
der Schuß fiel. Die letzten vier 
gemeinsame Komponente, die Ge- 
lein üblich ist die Unterscheidung 
'^Schüssen, Fern- lind Nahschüssen, 
hst die F ernsehiisse, wie 
...- Armeegewehr ') erzeugt werden. Je 
nung, aus der der Schuß abgefeuert wird, 
...wende Wirkung auf den Schädel eine ver- 
e. Schüsse, die aus größerer als ß km Entfernung 
, bewirken besonders, wenn sie unter stumpfem 
auHreffen, meistens nur, ohne den Knochen zu 
agen, Hautzerreißungen und Quetschungen, kön- 
noeli Gehirnerschütterungen und Absplitterung 
a interna liervorrufen (Prellschüsse). Erst hei 
xeiht das Geschoß im Schiidelknoehen stecken. Bei 
■reu Entfernungen durchschlägt es die Kuocheu- 
. 0(1 und bleibt entweder im Gehirn am Ende eines blinden 
SChnßkanals liegen (perforierende Schüsse) oder dringt 
durch den gegenüberliegenden Scliädelknoehen, so daß eine 
Ein- und Aussehußöffnung entsteht (penetrierende 
Schüsse). Bei noch geringerer Entfernung unter 100 m 
tritt die Explosivwirkung ein, d. h. der Schädel wird samt 
seinem Inhalt in größere oder kleinere Stücke auseinander¬ 
gesprengt (Explosivschüsse). 

Das Spitzgeschoß bewirkt an der Eingangsöffnung 
eine schlitzförmige, das Rundgesclmß eine rundliche Haut¬ 
wunde, letzteres mit Substanzverlust. Das Geschoß treibt 
die Haut kegelförmig vor sich her, so daß die Wunde in¬ 
folge der Elastizität der Haut je nach der Entfernung von 
verschiedener Größe sein kann. So beobachtete K ö h ler, 
daß die Sc.hlitzöffnnng bei 7,9 mm-Kalibergeschossen und 
hei 100 m Entfernung 7,0 mm, hei 000 in 6(8 mm, hei 
1200 m 5,0 mm, bei 2000m wieder 5,7 mm groß war. Je¬ 
doch dürfte diese Art der Sehätzung für den allgemeinen 
Gebrauch wenig zuverlässig sein, da die Elastizität der 
Haut bei jedem einzelnen Falle durch das Aller des In¬ 
dividuums, durch die Kopfbedeckung und andere Um¬ 
stände eine verschiedene sein wird. 

Um den Schnßeingang beobachtet man nicht selten 
eine dunkle, ins Grau spielende oder in allen Fällen eine 

l ) Das S-Geschoß des Modells 98 hat eine länglich-zylin¬ 
drische Gestalt mit vorn .abgerundeter Spitze, (zylindro-ovigiil); 
es ist 2,3 cm lang und im Durchmesser 7.9 nun breit, und besteht 
aus einem Stahlmantel mit ßleikern. Der Anfa-ngsdruck beträgt, 
2300 Atmosphären, die Anfangsgeschwindigkeit 620 in. Die 
Ladung besteht aus. 2,63 g Nitrozellulosepiattehonpulver, Die 
höchste Schußweite beträgt 3800 m, die lebendige Kraft an der 
'Mündung 291 mlig. 



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wenige Millimeter lu-eite hrämdich-gelhliehe Verfärbung, 
lieble Arten beruhen auf ganz verschiedenen Ursachen. Die 
erste dunklere ist nur auf Schüsse mit Schwarzpulver- 
hulung ziiiüekziifiihren und entsteht dadurch, daß sich 
von dem Geschoß Pulverschleim und kleine Bleipartikel 
eben, mit welchen es sich im Gewclnjaufe überzogen bat, 
heim Eindringen in die Haut abstreifen. Diese Ursache 
fällt hei den modernen Gewehren, da das bei diesen allein 
verwendete rauehschwaebe Pulver keinen Schleim nbsetzt. 
weg. Weil aber die dunkle Verfärbung auch hei Schüssen 
mit rnuehschwaeher Munition aul'lral, so mußte man auch 
dafür eine Erklärung gehen und fand, daß das Geschoß, 
ehe es in den Scliädelknoehen eindringt, die Haut quetscht 
und Geläße der Haut und das subkutane Gewebe zerreißt, 
zwei Momente, die dann jene in Rede stehende Verfärbung 
verursachen können. Wir müssen demnach jene dunklen 
I mrnndungen der Schußeingangsöffnung als eine Knntu- 
sionserscheinuiig auffassen (Köh ler). Mit dieser stellt 
liabarts Ansicht, nach der der Hof um den Scfinß- 
cingung der Ausdruck der Mortitikation der Haut ist, ziem¬ 
lich in Einklang. 

Eine andere Genese hat die. gelbbraune Umsäumung 
her Einschußöffnung, die man meistens an Leichen be¬ 
obachtet und sieh außer der schwärzlichen Verfärbung 
vorfindet. Sie rührt van der oberflächlichen Abschürfung 
der Haut her, die das Geschoß beim Einslülpen derselben 
bewirkt. Nachdem es die Haut durchbohrt hat, ziehen sieh 
die in den Sehnßknnal eingestülpten und ihrer Oberhaut 
beraubten Hnuttoile in das Niveau der Hallt zurück. Diese 
Interpretation wird durch die Beobachtung bestätigt., daß, 
je weiter die Entfernung des Schützen, um so breiter die 
Exkoriationen sind. 

Reim Aultrollen auf den Schädelknochen schlägt das 
Geschoß ein rundes Stück vollständig aus dem Knochen 
heraus; die Ränder der Hoffnung sind meist scharf, wie mit 
dem Locheisen hernusgosohlngen. In der Regel wird sich 
die trichterförmige Hoffnung an der Einschußstelle nach 
imien erweitern, d. h. der Defekt der Lamina externa ist 
kleiner als der Defekt der Lamina interna. Die Erklärung 
ist einfach. Das Loch in der zuerst getroffenen Lamina 
externa wird in dem Geschoß allein, das Loch der Lamina 
interim aber von dem Geschoß und den Trümmern der be¬ 
reits durchschossenen Knoehensehicliten der Lamina ext. 
und der Diploe gebildet (Bergmann). Die innere Hoff¬ 
nung ist nicht nur größer, sondern auch unregelmäßiger 
gestaltet und durch Absplitterungen stärker gezackt, weil 
sie nicht nur von dem sphärischen Geschoß, sondern auch 
von den mitgerissenen Trümmern und Splittern erzeugt 
wurde. 

Der Sehußkanal ist in der Nähe des Einschusses mit 
Knochensplittern und zuweilen auch mit vom Ge¬ 
schoß losgelösten Bleispäuen besät,, kann im übrigen 
aber vollkommen glatte, mit Blut nicht verunreinigte 
V mulmigen zeigen. In der Umgehung kann jede Quelseli- 
wirkung fehlen, wie hei Fällen von Klebs, oder aber es 
zeigt sich, wie Bergmann beobachtete, die graue Xuli- 
stuiiz linier der EingangsöfYniing stark kontusionirrt und 
in den Wandungen des kollabierten Kanals überall kleine 
Extravasale. Hei stärkerer Qnetscbwirkuiig erkennt man 
mich ('n s |i e r - L i m a n den Sehußkanal daran, daß ein 
blutiger Drei die gesunde Itirnmnsse eine gewisse Strecke 
durchzieht. Die Quetschwirkung des Geschosses brauch! 
sich nicht auf den Sehußkanal zu beschränken, sondern 
kann auch in entfernteren 'feilen des Gehirns Blutergüsse 
herbeifiiliren. Li einem Falle von Schultz fanden sich 
außer dem schräg über die Schädelbasis hiiiwegliiiifemlen, 
von zertrümmerter Hirninasse umgebenen Sehüßknual, 
zahlreichere größere und kleinere Blutergüsse auch in ent¬ 
fernteren 'feilen des Gehirns (Adler), besonders häufig 
auch au den unteren Flächen eines der beiden Vorder- 
hippeu. 


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6 


THERAPEUTISCHE RUNDSv 







Es ist selbstverständlich, daß unter allen Entständen 
der Subdural- und der Subnraelinoidalrnuin eröffnet wird 
und daß bei Durchtrennung von Blutgefäßen diffuse 
äußere und innere Blutungen mit allen damit verknüpften 
Folgeerseheinungen eintreten können. 

B-eiclit die lebendige Kraft des Geschosses nicht aus, 
das Gehirn zu durchdringen, so findet sich am blinden Ende 
des Schußkanals in den meisten Fällen das Projektil, das 
sich höchst selten in der Hirnmasse senkt. Hie Kugel 
führt dann gewöhnlich zu tödlichen Gehirnabszessen, denen 
sich oft noch eine eitrige Meningitis zugesellt. Jedoch 
konnte D o u t r e 1 e p o n t 5 Fälle, W o 1 f e s 19 Fälle zu¬ 
sammenstellen, in welchen im Gehirn verstorbener 
Personen lange nach erlittener Seliußverletzung ein ein¬ 
gekeiltes Geschoß vorgefunden wurde, welches keinerlei 
Beschwerden verursacht hatte. 

Gewöhnlich wird das Geschoß mit solcher Wucht den 
Schädel treffen, daß es Gehirn und die gegenüberliegende 
Schädelwand durchsetzt und wieder ins Freie gelangt. 
Die Aussehußöffnung unterscheidet sich durch charakteri¬ 
stische Merkmale von der Einschußöffnung. Zunächst ist 
an der Austrittsstelle aus demselben Grunde wie oben der 
Defekt an der zuerst getroffenen Knochcnlanielle hier der 
inneren kleiner als der der Lamina externa. Meistens ist 
auch die Ausschußöffnung in tote größer und unregelmäßi¬ 
ger gestaltet als die Einschußöffnung, statt kreisrund drei- 
oder viereckig oder gezackt, und zwar aus dem Grunde, weil 
die beiden gegenüberliegenden Schädelwiimle niemals ganz 
parallele Ebenen darstellen, weil die Geschoßkraft durch 
die Durchbohrung der erstgetroffenen Schädelwand und des 
Gehirns immerhin etwas abgeschwächt, das Geschoß selbst 
aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt worden ist, 
so daß es manchmal an der zweiten Schädelwand mehr oder 
weniger als Querschläger ankommt. 

.Es findet sich dann fast regelmäßig an der'Ausschu߬ 
stelle ein Zentrum von nach verschiedenen Richtungen aus¬ 
strahlenden Fissuren, die mit Fissuren der Eingangsöff¬ 
nung verbunden sein können, ln letzterem Falle handelt 
es sich bald um eine einzige verbindende Fissur, häufiger 
aber um zahlreiche Knochensprünge, die sich wieder unter¬ 
einander vereinigen, so daß oft ein symmetrisches Fissuren¬ 
system entsteht. Mit Zunahme der Schußdistanz, also mit 
Verminderung der Geschwindigkeit des Geschosses, 
schwinden nach und nach die durch die Dehnung des 
Schädeldurchmessers entstehenden Sprünge. Bei mittlerer, 
Geschwindigkeit finden wir nur noch die auf die unmittel¬ 
bare Umgebung des Ein- und AusschuBloches beschränkten 
Fissuren, sowie die verbindende Grundlinie als letztes 
Zeichen der Dehnung des Querdurchmessers des Schädels. 
Bei 1800 m finden sich nur noch zwei Loclischußöffnungeu 
(K üble r). 

An der Ausgangsöffnung tritt fast immer mit Blut 
. untermischter Hirnbrei aus, eine Erscheinung, die in selte¬ 
nen Fällen an der Einschußöffnung beobachtet oder durch 
dort hervorquellendes Fettgewebe vorgetäuscht wurde. 

Wesentlich anders gestalten sich die Zerstörungen des 
Armeegeschosses bei Entfernungen unter BK) m, bei 
Nahschüssen. Während das oben über den Kontu¬ 
sionsring Gesagte auch hier Gültigkeit hat, ist die Be¬ 
schaffenheit der Knochen- und Weieliteilverletzungen eine 
sehr abweichende. Da die Knochenmoleküle der Lamina 
ext., wenn das Geschoß aus der Nähe, also mit großer Ge¬ 
schwindigkeit eintrifft, keine Zeit mehr haben, auszii- 
weieben, so fliegen sie, wie auch durch Versuche auf Glas 
platten nachgewiesen wurde, zurück auf den Schützen zu, 
die äußere Lamelle splittert mehr als die innere, und es 
entsteht ein trichterförmiger Defekt mit der Basis auf den 
Schützen zu. Auch am Schädelausschuß zeigt die innere 
Lamelle meist größeren Defekt als die äußere. F i n <1 e I 
also der Gerichtsarzt diese Form der 


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K u o c h e u z i 
Sicher h eit u 
schoß a us■ dt 
( Köhler). 

Trifft das Pro. 
nuiig den Schädel 
möglichst langen 
fliegt er in vielen 
Knochensplitter flie 
allen Seiten, lieber 
Explosivsehüsse war 
man früher den hydrai. 

Ursache an, so bezeieh.. 
hydrodynamischen Druck , 
den unten sehen, daß cs 
voll Explosivscliiissen, si 
abgefeuert wurden, gibt, b 
Indische Ursache uiitspieL. 

Die physikalischen Vorgä 
erster Art schildert T i 1 m a i 
Er schreibt: „Durch kinen. 
kann man feststellen, daß die g 
einem Armeegewehrgeschoß am 
also- etwa Va Sekunde, zu ihrem A 
man nun alle Knochensplitter um 
der zusammen, so findet man, daß e 
Öffnung vorhanden ist und daß v 
aus ein Netz von radiären und 
ganzen Schädel überzieht, welche u. 
zahlreiche Splitter aufschließen. Hieran 
Bestimmtheit schließen, daß das Geschoß zu. 
del durchbohrt und daß dann erst die sogenannte i 
erfolgt. 

Der Hergang ist folgender. Das Geschoß t> 
Durchbohrung des Knochens in das Gehirn ein, 1 
hier einen Weg durch Beiseiteschiebung der 
stehenden Hirnteilchen. Dieselben werden rs: 
außen und hinten geschlendert und stoßen gegt 
nachbarten Hirnteile. Schließlich stürmt die ganz, 
nach allen Seiten, so daß in gleicher Entfernung' 
Schußkanal stets die gleiche Spannung herrscht. .1 e 
g r ii ß e r die M a s s e d e r i n B e w e g u n g gesetz¬ 
ten Hirnteile he n u n d je st ii r k e r d i e 
S c h w i n g u n g e n des einzelnen M o 1 e k ii 1 s 
sind, desto g rößerist a u o li die z e r s t ö r e, n d c 
W i r k u n g. Ist nun. der Druck entsprechend groß, dann 
wird Dura, Knochen und Haut zerrissen. Man hat früher 
von Explosivschiisseu gesprochen im Gegensatz zu anderen 
Geschoßwirkungen. Das ist ja an und für sich richtig, 
führt aber leicht zu irrtümlichen Auffassungen, da es sich 
in allen Schüssen um dieselben physikalischen Verhält¬ 
nisse handelt und die Explosion nur der Ausdruck ein w 
enorm gesteigerten Geschoßwirkung ist. Zwei Mo¬ 
ni e nte b e s t i m m e n die S c h ii d e 1 z e r s t ö r ii n g 
1) e i S e h ä d e 1 s e li ü s s e n , in erster Linie die 
lebendige Kraft des Geschosses, in z w c i - 
t er Linie die L ii n g e d e s im G e li i r n 

zurücfk gelegten Weges. Bei großer leben¬ 
diger Kraft und langem Weg ist die Wirkung 
eine sehr starke, bei kurzem Weg im Gehirn, 

z. B. hei Streifschüssen, ist die Wirkung eine ge¬ 
ringere. Umgekehrt kann die Zerstörung eine große sein 
hei geringerer lebendiger. Kraft des Geschosses und langem 
Weg im Gehirn, während dieselbe bei kurzem Weg sehr 
gering sein wird. 

Diese Theorie erklärt auch die so häufig beobachteten 
und so lange rätselhaften indirekten Frakturen der 
knöchernen Gehirnbasis lind des Orbitäldaches, die schon 
erwähnten Qaetschungserseliehnrngen in entfernteren 
Teilen des Gehirns: der vom Scllußkaiial aus fortgepflanzte 
Druck hat die meist dünnen Knocbenwände eingedrückt 



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.Eapeutische eündsöhaü. 


unlit sich dabei 
. n beobachtete, um 
auch Fernschüsse, so 
'h-uiigeii liervomifen. 


:e, 

ita praevia. 

.erat 

». Fellner, Wien. 

Placenta praevia zusammen 
zcn : Zugunsten der S endung 
t, daß sie in jedem Falle aus- 
uc bis dahin vorhandene Blutung 
mußte zwar der herunter geholte 
. 1 , weil etwas Blut durchsickerte, 
es mit der Metreuryse, sie hat in 
und mußte durch die V endung or- 
inderen war die Blutung bei Ein,- 
stark, daß die Blutung erst 
,)ii:s in' die Fnuchthöhle sistiert werden 
ihmsweise verlief die Nachgeburtsperiode 
Credo angewandt werden. Auch dieser 
8 man zur manuellen Plazentalösung 
Etlichen lebensgefährlichen Blutungen 
nach Ausstoßung der Plazenta ein. 
versagt da oft. Sie ist häufig 2 mal, 
u ict worden. Gegen, den schlaffen Sack der 

.and kann die Tamponade nicht kräftig genug all¬ 

st. werden. Es kamen 4 Todesfälle an Verblutung und 
n Sepsis vor. Je weiter die Schwangerschaft vor- 
-en ist, um so größer ist im allgemeinen die Blutung. 

,setzen der Wehen im 9. oder 10. Monat, auch wenn 
•h Bettruhe oder Opium spontan steht, hat sie die 
klinische Bedeutung. Solche Patienten gehören in die 
, damit dort die neueren Methoden angewandt werden 
•n. (Wenn tatsächlich die Blutungen in der Nachgeburts- 
.odc das gefahrdrohende Moment ausmachen, dann ist nicht 
recht ein Zusehen, warum man eine der neueren Methoden, das 
ist den vaginalen oder klassischen Kaiserschnitt, anwenden soll. 
Nur die Exstirpation des Uterus oder die Unterbindung der 
Arterie nach der Entbindung könnten dann in Frage kommen. 
I). Ref.) „ . 

K r ö n i g berichtet ferner, daß es unter 19 Fällen 6 mal 
nach der Metreuryse zur Blutung kam, häufig zu starker 
Blutung, insbesondere im Anschluß an die Ausstoßung der 
Ballons. Achtmal war die Nachblutung eine sehr starke, so daß 
dreimal die sofortige Lösung der Plazenta notwendig wurde. 
K. stellt. 6569 Fälle zusammen mit einer Mortalität der Mütter 
von 9,3°/o und der Kinder von 58,7 °/o. In 1602 Fällen wurde der 
Braxton Hicks gemacht. Die Mortalität, betrug hierbei 6,2, 
die der Kinder 58,9%. In 280 Fällen wurde der Ivolpeurynter 
angewandt. 6% Mütter starben und 33°,o Kinder. K. ist mit 
diesem Resultat nicht zufrieden und befürwortet unter gewissen 
Umständen den Kaiserschnitt. 

Cervixrisse sind nach A. R i e c k sehr oft die Ursache der 
starken Nachblutung bei der V endung. Die Ballonbehandlung 
verhindert die Risse mehr als die Nichtballonbehandlung. 
Erstens braucht sie nur eine die Diagnose anzeigende Blutung 
zuzulassen; 2. behütet sic, namentlich den ungeübten Arzt, vor 
Eingriffen, die leicht zu den außerordentlich gefährlichen, viel 
häufiger als gewöhnlich konstatierten Cervixrissen führen, und 
zwar sowohl bei der forcierten Wendung als auch bei der nach¬ 
her! gen Geburt, bei der die Versuchung nahe liegt, das bis zu 
den Schultern geborene Kind zu extrahieren. 

Richter fand unter 4624 Geburten 83 Fälle von Placenta 
praevia. Nur 23 Kinder waren ausgetragen, von denen ‘7lebend 
entlassen wurden. Die übrigen 50 Kinder, deren Lebensfähigkeit 
auch bei einer unkomplizierten Spontangeburt sehr fraglich 
ist, waren hier gleichfalls lebensschwach. Eine Frau, die ein- 
ocler mehrmal stark geblutet hat, sollte sofort entbunden werden. 
Denn man weiß nie, wieviel Blut sie bereits verloren hat. und 
wieviel ,sie zu verlieren hat. Die beste Methode ist der Eihaut- 


stich, ausgefübrt in 29°.» der Fälle, natürlich nur dort angezcigt, 
wo der vorliegende Teil der Kopf ist. Steht die Blutung flicht 
sofort, dann ist Metreuryse angezeigt. Führt diese nach einigen 
Stunden nicht zum Ziel, dann wende mail nach Braxton 
H icks. wie dies in 9 Fällen geschah. Ist. das Kind nicht mehr 
lebensfähig, dann ist Braxton Hicks angezeigt, ferner in 
jedem Falle von Placenta praevia centralis, bei der das Kind 
ohnehin so. gut wie immer verloren ist. In 22 Fällen von 
Braxton Hicks wurden nur 3 Kinder lebend geboren. Unter 
den 83 Frauen wurde nur eine verloren. Auch diese war schwer 
intiziert in die Klinik gekommen. Die Morbidität betrug 26,5°/o. 
Nur einmal kam ein Kollaps vor. R. spricht sich daher gegen 
jedes chirurgische Verfahren aus. 

In einem Falle von Runge hatte die Metreuryse einen 
großen Blutverlust zur Folge, so daß die Frau sofort verfiel. 
Trotz Zug am Mentreurynter stand die Blutung nicht und die 
Patientin verliel immer mehr. Puls — 150. Man schritt zur 
ventralen Uterusexstirpation unter Lumbalanästhesie. Das Kind 
war mittlerweile abgestorben, die Mütter kam durch. 

P f annenstiel meint, daß der Kliniker die Methoden 
bei der Behandlung der Placenta praevia lehren solle, welche 
für die Praktiker geeignet sind, und sie daher auch in der 
Klinik zur Ausführung bringen solle, damit sie daselbst gelehrt 
werden. Die kombinierte Wendung nach B r a x t o n Hie k s 
bedeutet eine große Errungenschaft in der Behandlung der 
Placenta praevia, doch ist sie nicht immer anwendbar. Bessere 
Erfolge gibt die Metreuryse. Der Kaiserschnitt eignet sich nicht, 
für alle Fälle und ist in der Praxis schwer durchführbar. Die 
beste Methode bleibt die Metreuryse, doch soll man warten, 
bis der Ballon spontan geboren Dt. denn dann ist der Mutter¬ 
mund soweit erweitert, daß man die Geburt beendigen kann. Die 
Sectio caesarea ist dann angezcigt, wenn die Mutter ein lebendes 
Kind wünscht und dort, wo die Metreuryse schwer durchführ¬ 
bar ist. 

Nach Thies war es nicht notwendig, die Sectio caesarea 
für alle Fälle von Placenta praevia zu empfehlen, denn die 
bisher geübten Methoden gaben recht gute Erfolge. An der 
Berliner Klinik wiesen 179 Fälle 3°/o Mortalität aui. Die Mor¬ 
talität der Kinder betrug ßQtyo, und zwar starben die meisten 
Kinder infolge der Wendung auf den büß und des Stecken - 
bleiben des Kopfes. Elfmal wurde die Metreuryse angewandt, 
ohne ein Kind zu verlieren. In manchen Fällen genügt die, 
Blasensprengung. In anderen sehr schweren Fällen wurde der 
vaginale Kaiserschnitt vorgenommen, wobei die Hälfte der 
Kinder tot zur Welt kam. Wenn man die kombinierte Wendung 
nur in sehr schweren Fällen bei starker Blutung und hei 
Blutungen in frühen Monaten der Schwangerschaft anwendet, in 
anderen Fällen aber die Metreuryse ausführt, so erhält man recht 
gute Resultate. Auch bei sehr starker Blutung genügt die 
Metreuryse nur hei Erstgebärenden. Bei sehr starrem Mutter¬ 
mund wird man den vaginalen Kaiserschnitt vornehmen müssen. 

Literatur. 

1. B. K rön i g: Zur Klinik der Placenta praevia. Zontral- 

blait für Gynäkologie, 1909, Nr. 15. - 

2. Krönig: Metreuryse bei Placenta praevia. Zentral - 
binti für Gynäkologie. 1909. Nr. 34. 

3. A. Rieck: Kombinierte Wendung und Metreuryse. 
Zentralbl. f. Gynäkologie, 1909, Nr. 28. 

4. Richter: Zur Therapie der Placenta praevia. Zentral- 

bla 1 1 für Gynäkologie. 1909, Nr. 22. . 

5. M. Runge: Ventrale Totalexstirpation des gebärenden 
Uionis bei Placenta praevia mit unstillbarer Blutung. Zentral - 
blatt für Gynäkologie, 1909, Nr. 31. 

6. J. Pf annenstj.el: Zur Behandlung der l laeenta 
praevia. Beitrag zur Diskussion über die neuen Vorschläge von 
Krönig und Seil he im. Monatsschr. f. Geburtshilfe, 1909, 

Nr. 3. _ . , r 

7. J. Thies: Zur Behandlung der Placenta praevia. Mo¬ 
natsschrift. f. Geburtsh., 1909, Nr. 3. 


Pharmakologie. 

Referent: Privatdozent Dr. C. Baehern, Bonn. 

1. Feber anatomische Veränderungen der Speicheldrüsen 
bei akuter Quecksilbervergiftung. Von II. K i .c h borst, Zürich. 

Mod. Klinik, 1909, Nr. 4n. 

2. Zur Synthese des Asurols. v Von School ler und 
S o li r a ii t h . Berlin. Therap. Monatsh., 1909, Nr. 12. 






8 


THERAPEUTISCHE RUNDSCL 











Der Einfluß der Abführmittel auf die Yerdajnimgsbewo- 

guiigen. Von R. Magnus, Utrecht. Tlierap. Monat,sh.. 1909, 

Nr. 12. 

4. Zur Theorie der Wirkung von Schlafmitteln. Von 
M a n n i o h und Rosenmund, Merlin. Tlierap. Monatsh.. 

1909, Nr. 12. 

5. Die harnsäureverinehrende Wirkung des Kaffees und der 
Met h t > Iva nt liine heim Normalen und Gichtkranken. Von 
Resser. Altona. Tlierap. d. CJegenw.. 1909. Nr. 7. 

1. Pi' 1 24 jähriges Mädehep hatte offenbar in der Absicht, 
xu abortieren, Spülungen mit Sublimat gemacht und war trotz 
Spitalbehandlung bald gestorben. Die Sektion ergab, daß alles 
für eine-Sublimatvergiftung sprach, Die Untersuchung des Harns 
auf Quecksilber war negativ, dagegen zeigte der mikrosko¬ 
pische Befund der Niere, das typische Bild der Sublimat 
Vergütung. Während die Bauchspeicheldrüse' frei von patlio- 
logischen Veränderungen war, zeigte die Ohrspeicheldrüse frische 
Entzündungsherde in Form von Rundzellcnhe.rdon. Die Speichel 
röhren waren mit einer geronnenen grobkörnigen Masse erfüllt, 
ebenfalls sehr reich an Rundzellen, die Blutgefäße stark mit 
Bkit gefüllt, Bakterien ließen sieh nicht auffinden. Verfasser 
hält die geschilderten Veränderungen der Speicheldrüsen für 
eine primäre Wirkung des Giftes, nicht erst entstanden infolge 
der Stomatitis. Selbstverständlich können sich aber zu diesen 
reinen Quecksilberwirkungen noch andere Veränderungen sekun¬ 
därer Art hinziigesellen. 

2. Mit dem Namen Asurol bezeichnet Neiße r ein Doppel¬ 
salz aus Quecksilbersalizylat und amido oxy is o bu t te rsau rein 
Natron mit einem Gehalt vqii 40 0 o Quecksilber. Die Anforde¬ 
rungen, die man an rin gutes Queeksilberprüparat stellen muß. 
sind etwa folgende: bei genügend hohem Quecksilber-gehalt muß 
os sich in M asser leicht lösen; die Lösungen sollen sich weder 
zersetzen, noch Metallgegenstände angreifen amalgamieren . 
Ferner sollen sie kein Eiweiß fällen und bei der Injektion 
keine Reizerseheinungen machen. Endlich muß verlangt werden, 
daß ein solches Präparat die typische Qüeeksilbenvirkung im 
Körper in milder und gleichmäßiger Form ausübt. Diesen 
Forderungen kommt eine Reibe der gebräuchlichsten Antisyphi- 
litie a nich t nach. Für die Synthese eines neuen Quecksilber 
mittels haben solche Körper die beste Aussicht auf praktische 
Verwertbarkeit, die das Element in nicht i\o n i s i e y.b a r e r* 
Form eilt halten, insbesondere haben die Q ue eksilberk olilens t off - 
Verbindungen die größten (’hancen; durch Veränderung des 
Moleküls ist hier leichter die Möglichkeit geboten. Neben 
Wirkungen auszusehließen. die Verbindung löslicher zu 
machen etc. Nach Darstellung verschiedener Präparate schienen 
die Alkalisalze der Oxyquecksilbersalizylsäüre die geeignetsten 
zu sein; denn das Element befindet sieh hier in mittelfester 
Bindung^, ohne dabei Eiweiß zu koagulieren oder reizend und 
stark giftig zu-sein. Diese Salze besitzen auch genügende anti- 
septische Kraft, jedoch nicht den Vorzug der Haltbarkeit. 
Dieser Fehler kann indes durch Zusatz von Eiweiß verhindert 
werden und zwar scheinen hierzu die ..Bausteine' des Ei¬ 
weißes, die Aminosäuren, zu genügen. Es gelingt tatsäch¬ 
lich, durch, Eiiiwirkeh vön Aminosäuren auf Alkalisalze des 
Ilydrargyrum salicylicuin in Wasser neutral lösliche' und halt 
bare Boppelverbinduugen herziistclien, von denen sich das ein¬ 
gangs erwähnte Asurol (von den. Elberfelder Farbwerken her¬ 
gestellt ) am besten therapeutisch bewährt hat. 

8. Verfasser studierte in umfangreichen Versuchen 1 an 
Röntgen bildern den Vorgang bei den normalen Verdauung«- 
bewegungen sowie, die Veränderungen derselben unter dem Ein¬ 
fluß der gebräuchlichsten Abführmittel. Von diesen werden vier 
charakteristische Typen geschildert: die. Anthrazenderivate 
Sennäinfus . abführende Oele Rizinusöl). Drastika Kolo- 
quintep) und salinische Laxantien (Magiiesiumsulfat). Das 
Ergebnis ist kurz folgendes:' Bei der Sertna handelt, es sich 
um reine Dickdarmbewegungen, d. h. direkte Erregung der 
Defakation beim Erscheinen des Mittels im (.'oeciim unter Auf¬ 
hebung des EindiekuHgsmechanismus.ini Kolon. Im Gegensatz 
hierzu wirkt, das Rizinusöl vor allem .erregend auf die Dünn 
darmbewegungen,' hebt aber auch gleichzeitig die Eindickung 
im Kolon auf., ln ähnlicher Weise wirken Koloquiuten. er 
zeugen aber außerdem eine hochgradige Sekretion von Flüssig¬ 
keit in den Darm; die Kotentleerung wird erst durch Be¬ 
rührung der Mastdarmschleimhaut mit den Ivotniassen ausgelost. 
Das Bittersalz wirkt in der Weise, daß eine gewisse Menge 
Wasser im Darmkannl nicht resorbiert wird und es auf diese 
Art zu einer Verflüssigung der Fäzes kommt. Eine direkte 


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Reizwirkung auf 
weisen, die Eindicki. 
des Salzes verhindert. 

M irkungsmeohanismus j 
klinische I ndikat ionssl 
4. Zur Untersuch 
p i ]) eraziit, eine S- 
quaternär gebundenen 
Konstitution dem Yen 
koit in Wasser eine rc 
Oel sehr gering isi. <1 
t o n scheu Sinne 9 : 1 '. i 
zu entscheiden, oh der G« 
ho tische Wirkung niaßgebei 
koit. Bezüglich des unters,uci. 

Fall zu sein ; denn es ließ siet 
bei Kaninchen k ein e hypno v ‘ 
soll damit keineswegs gesag. 
löslichen Stoffe (Kampfer) I 
hinsichtlich dieser Frage über 
Konstitution und Wirkung noch 
5. Auf Grund seiner experime 
Verfasser den Schluß, daß ein Teil 
Produkte des Coffeins und in gering 
bromins im menschlichen Sioffweehsi 
wird, so daß also auch der eofb 
purinhaltigen Schädlichkeiten für dei. 
neu isi. 

Jx_ 


Chirurgie. 

Referent: Spezialarzt Dr. Mohr, ±->. 

1. Neue Methoden zur Eröffnung des lliiitgelen. 

L e n g fe .|.l n e v und F r o h s e , Berlin. Med. Klinik 
S. 1705. 

2. Diagnose und Behandlung der Geschwülste inner 
Wirbelkanals. Von H. Opp on h e i m . Berlin. Deut sc 
Woelienschr.. 1909, Nr. 44. 

3. Zwei mit Antitoxin, „Höchst“ behandelte Fa. 
schwerem Tetanus mit günstigem Ausgang. Von Si 
Mannheim. Münch, med. Wochen seh r,, 1909. S. 22(54. 

4. Zur Technik der Hautdesinfektion. Von K r a I o <• li v 
Olmüt.z. Wiener kl in. Woelienschr., 1909. Nr. 47, S. 1(539. 

5. L eber die Wirkungsweise der sogen. Wündantiseptika. 
Von B ii d i n g e r . Wien. Med. Klinik. 1909, Nr. 47, S. 1771. 

0. Die Wundbehandlung mit dem Mast ix verband. Von 

v. Oe 1 t i n g e n , Langendreer. 

7. Die intravenöse Narkose mit Act her und Chloroform. 
Von B u r k h a rd t; . Wiirzburg. Münch. med. Wochensclir., 
1.909, S. 2865. 

8. I eher Kleinliirncliirurgie. Von II i 1 d eb r a n «I . Berlin. 
Deutsche med. Wochensclir.-, 1909. S. 1999. 

9. I eher die operative Behandlung des l r lciis rot. und seiner 
Folgezustände. Voa (1 re i f f e n lr a g e n . Reval. St. Peters¬ 
burger med. Wochensclir.. 1909. Nr. 44. 

10. Zur Operation der I lypophysent inneren auf nasalem 
M ege. Von S m ol e r . Olmütz. Wiener kl in. Wochensclir.. 1909, 
Nr. 43. 

1. Die Verf. haben an der Leiche *.'drei Operationsiver- 
fahren ausgebildet, welche os ermöglichen,, dem Hüftgelenk 
von allen Seiten beizukommen und jedwede Operation am Gelenk 
auszuführen. Die Methoden bewährten sich auch in vivo in 
mehreren Fällen. 

2. Bericht über 25 operierte Fälle mit 13 Heilerfolgen, 
d. h; die Geschwulst wurde bei der Operation gefunden, radikal 
entfernt, .und der Kranke genas nicht nur von dem Eingriff, 
sondern auch von dem Rückenmarksleiden, mindestens bis zu 
dem Grade, daß er seine Gebfähigkeit wiedererlangte. Die 
Operation ist stets angezeigt, wenn ein Rückenmarkstumor 
iiücli nur einigermaßen sicher diagnostiziert und lokalisiert 
werden kann. Schwankt die Diagnose zwischen Tumor. Menin¬ 
gitis scrosa spinalis ei reu in scripta 'lind Paohymeningitis Hyper¬ 
trophien, so ist die Laminoktomie ebenfalls am Platze, falls 
die interne Behandlung versagt. Die im Rückenmark selbst 
sitzenden Geschwülste sind im allgemeinen d<;r chirurgischen 
Behandlung nicht zugänglich, wenn auch eine Lnniiiiektomic 
zwecks Druckern,tlastuug von Vorteil sein kann. 


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iAPEUTISCHK RTTNDSCfiAÜ. 


.IS, Welche ZU (ll'll 

InkubaI ionszeit ge - 
Dosen des Antitoxins, 
bfolgt, und zwar im 
idcn Fällen Heilung-, 
jung des Tetanus ist 
Hohen Dosen vorgeht, 
organg (i l'ossi c h ? 

• Jodtinktur desinfiziert 
). In 250 Fällen wurde 
.cm Voll bade mit Seife 
und sodann die Haut 
, unter 248 verwertbaren 
r empfiehlt Yerf. für dring- 
rossic h sehe Methode, für 
‘Modifikation. 

." dem Sinne, daß Keime, 
ui, durch chemisch wirkende 
praktisch meßbarem ttrade 
»vir vermögen nur diejenigen 
\o außerhalb der Wundoberflache 
i haben den Wert, daß sie leicht 
ihaffen sind, dauernd steril bleiben 
dorn als auf physikalischem Wege 
X. Tätigkeit außerhalb des Spitals 
\Xormiillösungeji unvermeidlich, 
m Gebrauch fast gleich Null, 
ieren die Wunde nicht, sie 
crbaiid gekommenen Sekrete 
unschädlich zu machen. Ihre 
.«iivt/mit Sekreten entfaltet, weshalb 
len Wunden ebenso wertlos sind wie 
.. iNeben dieser Wirkung der antiseptischen 
..-»t der Reiz in Betracht zu ziehen, den sie auf 
...e ausüben. 

h'.rf. empfiehlt seine im Kriege bereits erprobte. Wund- 
ng mit dem Mastixverbande auch für die Friedens- 
\ Die Gefahr seitens der verschmutzten Wundumgebung 
reh Pinselung der Wundumgebung mit Mastixlösüng 
Le Waschung auf ein Minimum beschränkt; wird wenige 
■n später ein Bausch Tupfermull angedrückt, so sind die 
eien clor Wundumgebung ausgeschaltet, und kommen für 
tVuudheilung nicht mehr in Betracht. Diese Bakterien- 

■lierung ist 1 lieorei iscli. praktisch uiid experimentell gleich¬ 
wertig einer Entfernung liezw. Vernichtung; der Bakterien, 
welche die Wunde von ihrer Umgehung her infizieren könnten. 
Die Mastix-Chloroformlösung 20:50 mit 20 Tropfen Leinöls 
wird fertig von Hol fenherg (Sachsen) geliefert. 

7. Verf: verwendete nach vorausgegangenen Tierversuchen- 
rnfusionon von physiologischer Na (’-Lösung mit 5‘Vo Aether- 
zusaiz in die freigelegte -Vena mediana kubiti zur Narkose 
auch beim Menschen. Nach den Erfahrungen bei 35. Narkosen 
ist die intravenöse Aeilicriiarko.se, event. kombiniert.-mit Skopol¬ 
amin -Morphium, zurzeit die ungefährlichste und angenehmste 
Methode der Allgemeinnarkose. Besondere Vorteile hat sie: 

1. Bei Patienten mit nicht intakten - Atmuugs- und Zirkula-tions- 
organen, sowie bei schwächlichen Individuen, weil die primären 
und reflektorischen Störungen der Atmung' und des Herzens 
wegfallen, der Blutdruck nicht beeinflußt wird und lieber - 
dös io rung kaum möglich ist. 2. Bei Operationen, am Kopf und 
11 ls.‘ aus Bequeinliclikeiisrücksiehten für den Operateur. 3. Bei 
Patienten, welche eine ausgesprochen« Idiosynkrasie oder 
heftigen Widerwillen gegen die Eina tmung des' Narkotikum^ 
haben. 

8. Referat über den augenblicklichen Stand der Kleinhirn- 
Chirurgie. Von großer Bedeutung für eiu erfolgreiches Ein¬ 
greifen der Chirurgie ist die anatomische Beschaffenheit der 
pathologischen Prozesse, die Natur derselben setzt bezüglich der 
Operabilität und der radikalen Heilung große Verschiedenheiten; 
die Resultate, der Operationen, sind außerordentlich verschieden, 
je nach dein Prozeß, der den Eingriff erforderte. Von 20 Klein- 
hirnzyston kamen 18 zur Heitüng, von 20 Tubcrkulomen nur 
zwei. Bei 101 Operationen wegen Tumors wurde ein solcher in 
62 Fällen bei der Operation nicht gefunden, von den übrigen 
3!) starben 22 im Anschluß an die Operation, geheilt .oder 
gebessert wurden 17, jedoch bleibt es zweifelhaft, wieviel .def.iui - 
14vc Heilungen erzielt wurden. 

!). Im '.Frühstadium des Ulcus rot. und bei akuter schwerer 
Magenbluiung ist ein chirurgischer Eingriff abzulehnen. Bei 



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w i. d. ■ i b*>hr11 .-diwiwi-n und bei chronischen ljlciöfla Blutungen 
( •:!' 1 1 «* • • 1 11 <• i • •»-1 «uni**, nur ;iuuinlimsweise mit, gleichzeitiger Ex.- 
/. i - i 1111 d*'- 1 I« ii'. Am wirksamsten ist der chirurgische Eingriff, 
b, i I’\Innissiciiusc iinrli l 1 fiis. gewöhnlich Gnsl rocuterostpinieJ-Fp 
b. i k :i rz i n niii \ rd:i ( bl ige n Tumoren Pylorusresektion. Die Jeju- 

... kommt Im* i sehr ölenden Kranken in Frage, "denen 

nur « ii. nd.iuv loi'diior Eingriff zugemutet werden kann'. Ferner 
i»oi l b uskr:inkon. di«* kurz nach einer schweren Blutung?operiert : 
worden müssen. und bei Pai ionton. deren Ficus nachweislich 
in< In in der Bars pylorioa sitzt. Die Exzision bezw. .Resektion 
i'.i ; 111 gt■ /.t“iui bei großem, scheinbar solitärem Ulcus der kleinen 
und groß. -ii Kurvatur, bei Ulcusperforation. wenn die Umgebung—' ffn: 
«!<-. (l. s.-liw iirs genügendes Material zur Naht bietet, und bei 
l\ ;• i /.iiiomvcrdaobt. 

ln. ;;i jährige Frau mit. röntgenologisch diagnostizierter 
11> popliysisgos* liwulst. Freilegung einer kirschgroßen Ge- 
srliwtilst naeli Aufklappung der Nase und Eröffnung der Keil- 
boiuliolile. Di-* Operation mußle wogen' schwerer Blutung ab-- 
gebrechen werden, die die frei liege tide Geschwulst entfernt 
werden konnte. Tod nach einigen Tagen an Aspirätiouspneu- 
inoiije. Die Sektion ergab ein Adenom der Hypophysis vom 
Typus der Struma hypophyseos'. 


Orthopädie. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Lehr. Stuttgart. 

1. l’eber Fußbeseliwewleti. Von Dr. F. i a u s c h . .Miin- 
clicn. Münch, tned. Wocltenschr.. 1909, Nr. 41. 

2. Zur Behandlung des Melatarsalselimerzes. Von Privat 

I dozent Dr. v. B a e y e r . München. Münch, tned. Wochen sehr., 
1909. Nr. 39. 

3. Die konservative Behandlung der eliiriirgischen Tuber¬ 
kulose. Von Prof. K 1 a p p , Berlin. XVI. Internationaler medi¬ 
zinischer Kongreß. 

4. Zur Mobilisierung smkylosiortcr Ilüflgeleiike. Von Dr. 

(). Meyer, Heidelberg. Deutsche ined. Wochcnschr.. 1909, 

Nr. 44.' 

5. l’cber die Resultate des Redressements des Pottsehen 
Ruckeis. V on Privatdozent Dr. W olle n b e r g , Berlin. Ber¬ 
liner klin. Wochensehr., 1909, Nr. 46. 

ß. Rhombus und anatoiniscli wirkende Extensionsseliienc zur 
Reluiiidliiug von Oberarm- und Kclmltergiirtelbriiehen. Von Dr. 

A. Hof mann, Offenburg. Münch, tned. Wochcnschr.. 1909. 
Nr. 46. 

1. Besprechung des als Vorläufer des statischen Plattfußes 
bekannten Knickfußes, der sich in einem Umknicken des Fußes 
nach innen bei jeder Belastung äußert, bei dem aber das 
Fußgewölbe noch nicht eingesunken ist. Die anatomische Ur¬ 
sache des Leidens besteht in einer zunehmenden Insuffizienz 
der Supiuat ionsinuskcln, besonders des Flex. ha I lue. long. 
(II iihsclier). Prophylaktisch ist das Tragen richtigen Sclfub- 
werkcs von größter Wichtigkeit. Therapeutisch kommt, außer¬ 
dem noch hinzu Kräftigung der Muskeln durch spezielle Gym¬ 
nastik und Herstellung des Belastungsgleichgewielites durch 
Einlagen, von denen die Lau ge selten ZeJluloidstahhlrahl- 
einlagcn besonders empfohlen werdc'n. 

2. Unter Metatarsalsehmerzen sind Vorderfiißschinerzen zu 

verstehen, die bei der Belastung hauptsächlich unter dem 
2. „und 3. Mittelfußköpfeheu auftreten. Verf. empfiehlt, in 
Fällen von Vorderfußschmerz, wo der von Lehr angegebene 
zirkuläre Heftpflasterverband nicht ertragen wird, das ein¬ 
gesunkene Quergewölbe durch eine an einer Einlage, angebrachte 
Erhöhung proximalwärts des . Meta tarsusköpf chens zu liehen. 
Dadurch wird eine Hohllagerung erreicht, ohne daß wie 

hei Aushöhlung der Sohle unterhalb der schmerzhaften Stelle — 
die Gefahr besteht, daß das Qüergewölbe weiter einsinkt. Die 
Vorrichtung wird an einer über ein Gipsmodell goarbeiteten 
Einlage angebracht. 

3. Zur AllgemeinhehandliÜJg hat sich dem Verf. neben 
den klimatischen Kuren Malzfütterung Exlract. Malti sico. 
[Liebe 3-4 mal täglich 1 Teelöffel) und bei genauester 
und individualisierender Veborwachuiig die S e h r.o t h sehe Kur 
bewährt. 

Die Haupimittel der lokaleu konservativen Behandlung sind 
Eixaiion und Entlastung der kranken Gelenke, ferner Mo¬ 
sel igs .lodoformbehaudlung und die Hyperämiehehandlung 
nach Bier. Entlastung und Fixation werden kombiniert nur 







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10 


THERAPEUTISCHE RUNDSC±_ 


^ bei Coxitis angewandt. Bei Knie- uiul Fußgelenks!uberkul«»eii 

wird mit abuehinbareu Verbänden nur entlaste! und täglieh 
1—3 Stunden gestaut. Die Jodoi'onnboliandlung geseliielit in 
der üblichen Weise durch Injektion von lo<> J odoform;Hyzerin- 
emulsion in die punktierte Abszeßhöhle. Gestaut wird täglich 
1—3 Stunden in der Weise, daß eine möglichst heiße Stauung 
entsteht. Im allgemeinen gibt die konservative Therapie der 
chirurgischen Tuberkulose die besten Resultate, wenn günstige 
allgemeine Bedingungen (Jugend, gute Ernährun.gsverliä 11nissc 
und Ernährungsmöglichkeit, gute hygienische Bedingungen sich 
vereinigen mit günstigen lokalen Verhältnissen • Befallensein von 
Gelenken, die gewöhnlich günstig verlaufen: also in erster 
Linie Hand-, dann Ellbogen- und Fußgelenk). Bei Allgemein 
erkrankungen dagegen wie Amyloid. Nephritis, hei .schwerer 
Lungen- oder intestinaler Tuberkulose konservativ zu verfahren, 
wäre nicht zu verantworten. Tn diesen Fällen ist die Amputation 
am Platze. Extrakapsuläre oder extraartikuläre Herde erfordern 
ebenfalls chirurgisches Vorgehen. 

Als Unterstützungsmittel der konservativen Therapie haben 
sich dem Verf. Einspritzungen von 1 ccm einer 1 proz. Lösung 
von Trypsin in die tuberkulösen Abszesse bewährt. Tägliche 
Einspritzungen von 10 proz. Alkohol in das perituherkulöse 
Gewebe sind mit anscheinend gutem Erfolg versucht worden, 
jedoch läßt sich eiu endgültiges Urteil darüber noch nicht 
abgeben. 

4. Bericht eines Falles, bei dem es gelang, beim Er¬ 
wachsenen ein vollständig ankylosiertes Hüftgelenk nach Weg- 
meißelung des größten Teiles von Schenkelkopf und Hals und 
Tnterposition eines Fettmuskellappens eine dauernde beträcht¬ 
liche Beweglichkeit zu erzielen. 

5. Das Prinzip der Behandlung besteht darin, daß der 
Patient in besonderen Apparaten (W a 11 s t e i n s oder E n g e 1 
man ns Rahmen) einer vorsichtigen Extension in der Längs¬ 
richtung des Körpers ausgesetzt wird, während ein direkter, 
ebenso vorsichtiger Druck senkrecht dazu auf die Höhe des 
Buckels selbst ausgeübt wird. Dadurch wird eine paragibhäre 
Lordosierung der Wirbelsäule erzielt. Nun wird ein höchst 
exakt sitzendes, den Kopf mit einbeziehendes Gipskorsett an- 
geleg t, das alle 6—8 Wochen erneuert wird, wobei jedesmal 
ohne grobe Gewalt das Redressement entwas verstärkt werden 
muß. Nach Ablauf der Redressionsperiode, die 1—1 Jahre 
dauert, gibt Verf. für die Nacht ein Reklinationsgipsbett nach 
Fink und ein gut sitzendes .Hilftbügelkorsett mit Hoffa- 
scher Kopfstütze für weitere 1 —2 Jahre. Die günstigen. 
Resultate dieser Behandlungsart wiegen die viele Mühe und 
Zeit, die sie erfordert, wieder auf. 

6 . Beschreibung zweier Apparate, die nach dem Z a p p i n - 
g ersehen Prinzip aufgebaut sind und Extension hei Semi- 
flexionslage der Gelenke mit Bewegungsfähigkeit der Gelenke 
und mit Umsetzung der Eigenschwere des zu extendierenden 
Gliedes in Extensionszug verbindet. Die Apparate bestehen 
aus sehr einfachen, gelenkig verbundenen Drahtschienen in 
Vierecksform und ermöglichen eine ambulante Behandlung. Die 
Einzelheiten ihres Aufbaues und ihrer Anwendung müssen in der 
durch instruktive Abbildungen illustrierten Originalabhandlung 
nachgelesen werden. 





Französische Literatur. 

Referent: Dr. Schober, Paris. 

1. Diagnostic clinique de 1’angine diphterique. Von 
Marfan. Journal de Medicine de Paris, 1909, Nr. 19. 

2. Asthme, dyspnge et toux gastriques. Von Leven. La 
Tribüne Medicale, 8 . Februar 1908. 

3. La Mgningite c6r6bro-spina!e. Von Crouzou. Journal 
de Medecine Interne, 1909. 

4. Chlorose et tuberculose. Von L a n d o u z v. Journal de 
Medecine et de Chirurgie Pratiquesj 20. Juli 1909. 

1. Bis vor kurzem hielt man es für unmöglich, die Dia¬ 
gnose auf Diphtherie ohne Beihilfe der Bakteriologie zu stellen, 
jetzt aber sieht man ein, erklärt Marfan, daß das Labora¬ 
torium sich öfter täuscht als die Klinik. Der Kliniker hat 
zunächst zu unterscheiden zwischen einer weißen und einer 
roten Angina; die letztere ist so gut wie nie diphtheritiseh 
lind daher auszuscheiden. An die Diphtherie ist zu denken, 
sobald man eine pseudomembranöse Exsudat ion wahrnimmt. Die 
pseudomembranöse Angina ist charakterisiert durch auf den 
Mandeln, dem weichen Gaumen, dem Zäpfchen, den Gaumen- 


JNIVERSITY OF MICHIGAN 


bögen oder dem 
Schleimhaut kohän 
Verwechselung mit d< 
artig ist und die me 
gemeine rscheinungen 
Diphtherie ähnlich a 
lacunaris haben die G 
der Zahl von o—10 
Man muß also den T 
Verlauf von 48 Stun 
dehnen, sich nicht zu 
man eine lakunäre Ang 

Es sind allerdings, zu 
machen. Wenn eine lakum 
Husten, belegter Stimme, vo 
bildenden Coryza oder von ' 
drüsenschwellung begleitet 
schon andere Diphtheriefälle 
von vorneherein Diphtherie 
sich durch weißgraue, rotgeräm 
drücken, man hat es dann mit : 
scheu oder pustulösen Angina zi- 
Angina Vincentii zu erwähnen, 
auftritt und durch einen nekroti 
meist auf den weichen Gaumen iil 
risiert ist. 

2 . Leven bemüht sieb 
ganz vergessene Lehre von 
und dem Magen-Asthma w 
Grundlage dieser Zustände Lk 
des Plexus solaris des Sympathien*. 

Hyperästhesie ist die Dyspepsie. Die 
charakterisiert durch die eigentlichen *,< 
und durch die extragastrischen oder Fernsymp. 

Die gastrischen Symptome sind allseitig gut bcu. 
bestehen in Schmerzen, Brennen, Aufstoßen, Uebelki 
Von den extragastrischen Sympotmen dagegen sind e 
nur einige Neuralgien anerkennt, während gewisse For 
Husten, Dyspnoe und Asthma hierher gehören, ohne jeo 
der klassischen Medizin dazu gezählt zu werden. Di 
zum Teil daran, daß die eigentlichen gastrischen Symptom 
längst verschwunden sein können, wenn die extragastn 
Symptome in die Szene treten und daß dabei oft der,Pr. 
selbst erklärt, daß er „Kieselsteine verdaue“. Man lasse s 
aber dadurch nicht irreführen, denn bei der Dyspepsie kann 
der Magen selbst sich stillschweigend verhalten und die krank¬ 
haften Reaktionen können sich außerhalb des Magens abspielen. 
Jene Symptome, wie Husten, Asthma, Dyspnoe, Herzklopfen 
und noch viele andere als gastrischen Ursprungs bezeichnen zu 
dürfen, glaubt Leven vollkommen berechtigt zu sein, weil 
dieselben durch die Behandlung der Dyspepsie, selbst in ver¬ 
alteten Fällen, rasch geheilt werden können. Während man 
sonst in Frankreich sehr geneigt ist, derartige Fernsymptome 
auf die Rechnung von Autointoxikationen zu setzen, so kehrt 
Leven wieder zur alten Lehre von den Reflexen, deren Aus¬ 
gangspunkt in den vorliegenden Fällen der Magen ist, zurück. 
Er begründet dies durch die. Beobachtung, daß oft Dyspnoe 
und Asthma so plötzlich nach Zufuhr einer bestimmten Speise 
auf treten oder nach einem Mittel so rasch verschwinden können, 
daß es unmöglich ist, eine Vergiftung oder Entgiftung des 
Blutes vorauszusetzen. 

Der gastrische Husten und die Dyspnoe können unter den 
verschiedensten Formen auf treten, ebenso das Asthma. Ja es 
gibt sogar Patienten, die seit 10—15 Jahren an häufiger 
Bronchitis leiden, die Lungenerweiterung, Dyspnoe und Asthma- 
anfällc haben, die als klassische Fälle von unheilbarem, chroni¬ 
schem Emphysem gelten, und die durch die Behandlung der 
Dyspepsie rasch wiederhergestellt werden können. Leven geht 
sogar soweit, zu behaupten, daß von allen Fällen von Husten, 
Dyspnoe und Asthma die gastrischen die häufigsten sind. 

Die Behandlung ist nur diätetisch, bald genügt es, nur 
Alkohol, Brot, Rindfleisch, Kohl, Salat, ungekochte, gewürzte 
oder mit Essig zubereitete Speisen zu verbieten, bald muß man 
zu noch strengerer Diät mit völligem Ausschluß von Fleisch 
oder zur Milchdiät übergehen. In den- schwereren Fällen ist 
absolute körperliche und geistige Ruhe erforderlich. Heißer 
Kamillen- oder ähnlicher Tee ist zu den Mahlzeiten zu emp¬ 
fehlen. Arzneimittel lasse man ganz beiseite.. 


AN 


UNIVERSIT 





,RAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


iigitie ist der Me* 
.c. Eingangspforte ist 
"r auf dem Lympliwege 
n Cavum subarachnoi- 
mit plötzlichem Fieber, 
men die Kontrakturen, 
s Pulses, der Atmung 
i oder Heilung. Neuer¬ 
hoben worden, ßo be^ 
an in Amerika ist die- 
.ikheit den Namen Fleck - 
joeper und G o u p a n d 
nn dabei beschrieben, das 
, der Stickstoff-, Phosphor- 
.rakterisiert ist. S i c a r d hat 
gewiesen, bei welcher nur über 
'figkeit geklagt wird und die 
wechselt. 

n erster Linie durch das Vor- 
im Liquor cerebrospinalis und 
chweis des Meningokokkus, 
lung in heißen Bädern, Lumbal - 
von Collargol. Neuerdings macht 
Antimeningokokkeiiserum in das 
30 ccm, solange als die Temperatur 
• vorhergehender Entziehung einer 
vspinalfliissigkeit. Die Mortalität, 
‘--80% betrug, ist .jetzt auf 
ig ist die Dauer der Krankheit 
tionen vernlindert, 
icht, daß es ebensowenig eine 
eine essentielle Pleuritis oder ein 
sonders daß cs sich bei allen den 
. »onen um eine larvierte Tuberkulose handelt, 
ist Funktion der Tuberkulose oder richtiger der 
i die (’hloroukcr haben weder Fieber noch Husten. 
:• im Zustand bazillärer Toxämie als unter der 
er Tuberkulose. Die populäre Ansicht, daß das 
C’hlorotisclum gut bekomme, wird nach Lan- 
i die Tatsachen widerlegt. Im Gegensatz 5 zu 
, der das Eisen als kontraindiziert bei der Tuber- 
e, empfiehlt Landouzy Eisen in Verbindung 
dange wenigstens keine ausgesprochene Lungen- 
vorliegen. 


geschlossen. Es ist dieses das erste diesartige Institut der 
Vereinigten Staaten und es hat sich bisher ganz ausgezeichnet 
bewährt. 

’ 2 . Wenn die mikroskopische Untersuchung des serösen Sekrets 
desquamierte Epithelialzellen und freie Gonokokken aufweist 
erst es Stadium . mag die Abortivbehandlung des Trippers ein- 
setzen. Unglücklicherweise konsultieren die meisten Kranken in 
dieser Frühperiode noch keinen Arzt, da sie ihren Zustand als 
einen vorübergehenden betrachten und so die Gelegenheit vor- 
übergehen lassen, daß das Eindringen der Gonokokken in das 
tiefere Gewebe verhindert wird. Die Technik ist folgende: 
Nachdem der Patient Urin gelassen hat, wird der Meatus 
und die Glans mit sterilisiertem Wasser gereinigt. Sodann 
wird ein dünner, weicher Gummikatheter in die Fossa navi- 
cularis eingeführt, worauf der Patient den dahinterliegenden 
Teil der Urethra komprimiert, damit keine Flüssigkeit nach 
hinten fließt; nun irrigiert der Arzt mittels des Katheters und 
einer Spritze die Fossa mit warmem, sterilisiertem Wasser, um 
sie von I rin- und Sekretresten zu reinigen; sodann wird sie 
mit einer schwachen Silbernitratlösung ausge3pritzt. Dieses Ver¬ 
fahren wird mehrere Male hintereinander wiederholt und gelingt 
es gewöhnlich die Gonokokken auf diese Weise abzutöten. 
Sodann wird dem Patienten möglichste Ruhe empfohlen, man 
setzt ihn auf blande Diät und läßt, ihn ein alkalisches 1 Mineralwasser 
trinken. Es ist für Stuhlgang zu strgen und zweimal täglich die 
Eichel mit lauwarmem Bleiwasser zu waschen. Kurze Zeit 
nach der Silberapplikation erfolgt eine sehr schmerzhafte 
Urinentleerung, welche, wenn die Behandlung eine erfolgreiche 
war, in wenigen Tagen nachläßt, war sie aber erfolglos, so 
hält der Schmerz nach dem Urinlassen an und unter dem 
Mikroskop sieht man Gonokokken und Eiterzellen. Dann stehe 
man von weiteren Abortivversuchen ab, denn es ist zu spät, 
und gleich darauf wird der Ausfluß eitrig. 

3. Verfasser ist ein Ingenieur, welcher beim Tunnelbau 
der Hudsonbahn bemerkt hat, daß die Fälle von Caisson¬ 
krankheit regelmäßig bei kaltem Wetter sich in auffallender 
Weise häuften. Da er diese Beobachtung durch mehrere Jahre 
gemacht hat, hält er ein zufälliges Zusammentreffen von Krank¬ 
heit und Witterungswechsel für ganz ausgeschlossen. Es hat 
dieses Vorkommnis natürlich keine Beziehung zur größeren 
Löslichkeil der Gase in kalten Flüssigkeiten, da die Blut- 
icmperatur bei jedem Wetter dieselbe ist. 

4. Diese Affektion ist häufig genug, um sagen zu können, 
daß es kaum ein Dörfchen gibt, wo sich nicht wenigstens ein 
Fall vorfindet-. Die funktionelle Störung ist manchmal sehr er¬ 
heblich, sei cs durch die Rezidive selbst, sei es durch die Furcht' 
vor denselben. Manchmal ist ein solches, auch nach der Ein¬ 
richtung von Schmerzgefühl und Anschwellung begleitet. Die 
Ursachen sind folgende: Anomalien des Humeruskopfes, der 
Fossa glcnoidalis. Abtrennung der Kapsel vom vorderen Rande 
der Fossa glcnoidalis, Vergrößerung des Gelenks durch Erweitc-' , 
rung der Kapsel. .Jedesmal handelt cs sich um einen Kapselriß, 
der das Heraus treten de* Kopfes aus der Kapsel zuläßt; dieser 
Riß ist durch ein Narb.uigewebo ausgefüllt, welches aber nicht 
die normale Festigkeit erlangt, aber sich immer wieder bildet, 
daher der Circulus vitiosus. Die angewandten Verbände etc. 
vermindern erfahrungsgemäß die Zahl der Rezidive nicht, sie 
schaden nur durch allmähliche Herbeiführung von Muskel¬ 
atrophie. Freilegung der Kapsel und Vernähen derselben gibt die 
besten Resultate. Empfehlenswert ist es. die Inzision von der 
Achselhöhle aus zu machen; man vermeidet es auf diese Weise 
den Deltoideus zu durehschneidcn. die Kapsel muß breit eröffnet 
werden, um sieh von dem eventuellen Vorhandensein von Fremd¬ 
körpern zu überzeugen. Man schneidet ein Stück Kapsel aus 
und vernäht sodann die Ränder. 


Varia. 

Zur Frage der Seiuiiithcrapie der Cholera asiatioa. Von 

W. Kollo, Bern. Deutsche med. Wochensehr., 1909, Nr. 47. 

Die Aussichten für die therapeutische Beeinflussung der 
Cholera asiatiea mit Hilfe der Cholerasera (des Berner Serum, 
der Sera von Kraus, S a 1 i m b r e i, Schurupof f) sind 
selbst dann, wenn es schon zum Stadium algidum der Cholera ge¬ 
kommen ist. keineswegs schlecht, namentlich in Verbindung mit 
intravenösen, körperwarmen Kochsalzinjektionen. Von einem 
sicheren Heileffekt der Serumtherapie beim Stadium algidum der 


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VERSITY OF MICHIGAN 




12 


THERAPEUTISCHE RUND SCH. 


Cholera laßt sich Ins jetzt allerdings nicht sprechen: «leim die 
mit dem Berner Serum erzielten Erfolge hezielien sieh auf zu 
kleine Versuchsreihen. Aber diese Resultate, sowie die mit dem 
Schu ru p <> f f sehen Serum gewonnenen Erfahrungen lordei n 
zu weiteren Versuchen an 'l'ieren auf. um durch veränderte \ er- 
suchsbedingungen vielleicht ein sicher wirkendes Serum zu er¬ 
halten. v. I* u t k o w s k i . Berlin. 

Klinische Beobachtungen über die Wassermanu-Neißer- 
Brucksclie Reaktion mul deren Kontrolle durch Sektionsresultate. 
Vpn F. (i laser und (L W o 1 Id* o h n. Med. Klinik. 1909. X r. 48. 

Aus den. Sektionsergebnissen geht hervor, daß die W a s s e r - 
m a n n sehe Reaktion im Leben die richtige Diagnose ergab, ohne 
daß der Kranke anamnestisch oder klinisch Zeichen von Lues dar¬ 
gebot,en hat; denn in diesen Fällen wird bei der Sektion ein 
syphilitischer Krankheitsherd nachgewiesen. Da sieh aber der¬ 
artige Herde auch mir als Narben finden können, so kann vom 
anatomischen Standpunkt nicht unbedingt hei positivem Ausfall 
der Reaktion auf ein aktives Virus geschlossen werden, wenn 
auch die Möglichkeit dos Vorhandenseins von aktiven Sjiivoehäten- 
horden in solchen Fällen, z. B. in einer Lymphdrüse. nicht be¬ 
stritten werden kann. .Deshalb ist hei latenter Lues mit positiver 
Reaktion von anatomischem Standpunkt keine Kur angebracht. 
Jedoch ist der Ein wand berechtigt, daß an einem, dem Auge 
nicht zugänglichen Teile des Körpers das aktiv syphilitische X irus 
seinen Sitz hat. Aus dem positiven Ausfall der Reaktion sind 
prognostische Schlüsse mit größter Vorsicht abzuleiten; der ne¬ 
gative Ausfall ergibt nur Walirscheinlichkeitssclilüsse. Tn sel¬ 
tenen Fällen von Scharlach, z". B. hei Scharlachurämie, kann eine 
Komplementbindung erzielt worden. Bei der Dilferentiahliagnoso 
von postskarlatinöser und syphilitischer Nephritis sind die ver¬ 
schiedenen Antigene nach Bruck zu benutzen und zu achten, 
oh die komplementbindenden Stoffe aus dem Blut schwinden. Die 
\V a s s e r m a n n sehe Reaktion als diagnostisches Hi fismitt, el in 
der inneren Medizin weist natürlich sowohl auf die Hauptkrank¬ 
heit, wie auch auf einen Nohenhefund (z. B. Nierennarhon) hin. 

v. Ru tko wski, Berlin. 

l'cber intravenöse Bluteinsprit/.iing bei Anämie. Von 
A. C . i l r r rr Straßburger nmd. Zeitung.. 1909. Nr. 10. 

Verf. hatte gute Erfolge mit intravenösen Injektionen defibri- 
niert.en Mensclienhlut.es bei perniziöser Anämie. Es wurden drei¬ 
mal in Intervallen von ea. 14 Tagen 200—380 ccm defibriniertes 
Blut eingespritzt. Schüttelfröste traten nicht ein, wohl aber vor¬ 
übergehende Tcniperatursteigerungon (bis 40°). 

v. Rutkowski, Berlin. 


Mitteilungen über Arzneimittel, 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. I eher den Wert des Chloralhydrates für pathologisch- 
analoinisehc und lok.iltherapeutische Zwecke. \ on Prof. 
II e 1 1 e r , Kiel. Münch, med. Woehensehr.. 1909, Nr. 47. 

2. Notiz zur Behandlung der Rhinitis acuta. \ on Dr. 
T r ii m p p . Privatdozent. Ibidem. 

3. Erfahrungen über Atnasira in der Geburtshilfe und Gynä¬ 
kologie. Von Ass.-Arzt Dr. Gallatia, Laibach. Oesterr. 
Aerzle-Ztg., 1909, Nr. 22. 

4. l ebet* ein Haselnußpräparat „Mcnsan“ als Ilämostypti- 
kum. Von Prof. Bor ut tau und Dr. D n v i d s o h n , Char- 
lottenburg. Münch, med. Woehensehr., 1909, Nr. 48. 

1. Nicht allein für die pathologische Anatomie, sondern 
auch am Krankenbett ist das Chloralhydrat. abgesehen von seiner 
hypnotischen Wirkung, in manchen Fällen von Vorteil. II. ver¬ 
wandte es bei akuten und chronischen Rachenkatarrhen in 
2.5 pro/.. Lösung, indem er davon einen Fingerhut voll in den 
Mund nehmen, rasch den Kopf zurücklegen und ihn unter Kau- 
bewegun'gen nach rechts und links drehen, a b e r n i c li t g n r - 
ge ln ließ. Dies wird möglichst lange fortgesetzt, die Lösung 
dann ausgespuckt und die Prozedur alle halben Stunden wieder¬ 
holt. Die günstige Wirkung des Chloralhydrates schreibt Verf. 
seiner Einwirkung auf Bazillen und der Erzeugung von Hyper¬ 
ämie und Transsudation zu. Ferner-wirkt cs lokalnnäslhcsicrcnd. 
Q u i ii c k o in Kiel hat in der ..Medizinischen Klinik“ 1 mit Vor- 


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teil das Mittel hei .. 
mal täglich oder öftei 
Abstand, Vl — 1 n Minur‘ 

Nase hei Diphtherie w 
■/'4 proz. Kochsalzlösung 
stand gegen die Nase 
titis (besonders mercu 
Zahnfleisch appliziert, 
abwärts gerichtete’ 1 pr 
cingang gerichtet. 

2. Der Therapie mit 
durch die Beobachtung T. 
bei akutem Schnupfen ist. 

Öffnungen, damit die Bolus 
Olivenausatz) leicht auf die a 
werden kann. Die durch akn 
Naseneinganges kann man «". 

Suprarenin 0.03, Paraffin, liqu. 
malig günstig beeinflussen. T. 
ten und trockenen Bolus erst, 
später in einstündigen Pausen e. 
von Nasendiphtherie waren die 
günstig;; sie heilten, ohne daß mit 

3. Gr. empfiehlt A m‘asira-1 
hei starken, schmerzhaften Nacliwi 
nervös-anämischer Basis und hei 
pathologischer Zustände am Ge 

ließ zweimal täglich den Te 
merkte gleichzeitig mit der St 
zen im Unterleib eine gimst.j\ 
er auf den Gehalt an Rhahai i,, . 

A. Locher in Stuttgart zu haben 
vulgaris (4.). Fenchel (5.), Abbiskraut v<-, 

Poeonia otfieinal. (2.), Basilienkraut, (2.), Sarsu P - 
Rhabarber (22.). Man ‘nimmt einen Eßlöffel auf ‘i 
und kocht zwei Minuten. Eine Schachtel (300) kostet • 
(Letztere Angaben über Zusammensetzung und A: \vemli 
Amasira-Te.es entstammen dem Schuir o r sehen 'Pasel 
der Therapie. Re f») 

4. „Menaan“ ist ein flüssiges, versüßtes, alkoh. 
Präparat. Ein Eßlöffel voll enthält die wirksamen Besta 
von 125 g Früchten entölter Haselnüsse (Fabrikant 
A. G ude in Leipzig). Zur experimentellen Prüfung wurcu 
Prof. Bor u % t t a, u eine wässerige Lösung des Präparates 
nutzt, wobei sich zeigte, daß keine Herz- und allgemeine Gefüß- 
wirkung aüsgeiibt wird, zum Unterschied von den Mutterkorn- 
priiparaten. Du rohst römungsversu che an den hinteren Körper- 
hälfteii von Fröschen und Kaninchen durch die Aorta abdomi¬ 
nalis ließen eine geringe, durch lokale Gefäßverongerung bedingte, 
Stromyerlangsamüng erkennen. Bei graphischen Versuchen an; 
Uterus von Kaninchen und Hündinnen hatte die intravenöse oder 
subkutane Einverleibung der alkohollöslichen Bestandteile des 
Mensans koniraktiouserzongende Wirkung am Uterus, ähnlich 
tetanisiorend wie nach Adrenalin, aber nicht, so stark und von 
kürzerer Dauer, und in ihrem Charakter verschieden von der 
durch Ergot.in und Hydrasti-s erzeugten Wirkung. Die klinische 
Prüfung erfolgte durch 1) a v i d.s o h n an der L a n <1 a u sehen 
Frauenklinik, wobei Fälle von Anomalien der menstruellen 
Blutungen ausgewäldt wurden, die unter dem landläufigen 
Namen der chronischen Endometritis figurieren. Dazu kamen 
Blutungen von Uterusmyomen, ferner solche, die auf akut ent¬ 
zündliche Erkrankungen der Adnexe beruhen, Blutungen- des 
Klimakterium und geburtshilfliche Blutungen, im ganzen ca. 
100 Fälle. Aus den Resultaten ergibt sich eiri Einfluß des Men¬ 
sans auf die Stillung der Uterusblutungen und Beeinflussung der 
Schmerzen. Bei Hypoplasie des Uterus mit profusen menstruellen 
Blutungen sali D. nur eir.on # günstigen Erfolg von fünf Fällen; 
ebenso hei Myomen, Einige Male sah er Erfolg hoi Blutungen 
in der geburtshilflichen Praxis. Hier ist, wohl die Darreichung 
per os unzulänglich in Anbetracht der erwünschten sofortigen 
Wirkung. Während der Dauer einer Blutung verabreichte 1). 
zweimal täglich einen Eßlöffel voll Men satt, sowohl in wässeriger 
wie alkoholischer Lösung, ohne Unterschied hinsichtlich der 
Wirkung. Nebenerscheinungen in Gestalt von Ndsenblwtungen 
und Druckgefühl im Kopf wurden zuweilen beobachtet, waren 
aber niemals unerträglich. Bei zwei Kranken mit, aktiver Lungen¬ 
tuberkulose und starker Neigung zu Lungenblutungvn sah D. 
einen überraschenden und drastischen Erfolg der profusen Men¬ 
struation, ohne daß es zur Wiederholung einer Hämoptoe kam. 


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vPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


.iiungen, 

rate 

teer. 

-Bremen. 

V., Bil. V11I./H. 2.) 

'hr beide Faktoren, 
genseitig in die Hand 
ac Einzelwirkung yer- 
und in wie viel kürzerer 
eien vermögen. Um nicht 
difikationen zu bedürfen, 
die Bewegung geben, die 
htigste und ausgiebigste 
d Ellbogen hat die Natur 
Hand und Fuß ist dagegen 
cht, weil hier die normale 
und in einem Gelenk, 
und verschiedenen (le¬ 
in beiden Fällen die krei- 
sio viele Fliegen mit einer 
>hl die verschiedensten Be¬ 
ben Exkursion kombiniert, 
nke zu dieser Bewegung 
parat sind verschiedenartig 
„elenkversteifungen finden 
. .. gehemmt; höchstens die Ro- 
um die Längsachse des Humerus,! 
-lihjmd Intensität der Bewegungs- 
..it der Abdukiiim messen. Da aber einerseits 
iijination dieser beiden Bewegungen kaum möglich 
andererseits. die therapeutische Erfahrung zeigt, daß 
Besserung der Abduktion auch die Rolätionsfähigkeit 
s . Is günstig beeinflußt wird, so gaben wir dein oi'IiüÜGi- 
apnaral die abdiizierende Bewegungsexkürsion. Anders der 
Hiifinpparat. liier ist es Baumgartels technischem 
Genit gelungen, einen Apparat herzustellen, der in ein-. 

'chster Weise die Einstellung zur Abduktion bezw. zur 
r'lcxion-Exlension gestattet. Hierdurch ist es ermöglicht, 
denselben Apparat nicht, nur zu den verschiedensten Ver¬ 
steifungen und Kontrakturen des Hüftgelenks, sondern auch 
zur Behandlung der Ischias — maximale Beugung bei ge¬ 
strecktem Knie - zu verwenden. Dies ist der einzige 
Apparat, der als vollständig neues Modell gebaut worden ist; 
sonst wurden zu den bereits bekannten Bau mg arte I- 
scheii l’endelapparaten entsprechende Heißluft Vorrichtungen 
gearbeitet, die z. T. vollständig ausgehängt werden können 
(Knie, Ellbogen!, z. T. mit kleinen Abänderungen anzu¬ 
bringen sind (Hand und Fuß). 

Daraus erwächst denjenigen, welche bereits diese 
Uaümgartclschcn l’endelapparato besitzen, die große 
Annehmlichkeit, ihre Apparate nachträglich mit der Heiß- 
luflkombination versehen lassen zu können. Als Heißluft¬ 
quelle ist vorläufig Gas oder Spiritus vorgesehen. Die Heiß- 
luflzuführuug wurde durchweg von unten gewählt; nur das 
Knie machte zwecks freier Beugung .eine seitliche Zuführung 
erforderlich’. Hierbei wurde natürlich eine Auswechsel¬ 
barkeit auf beiden Seiten vorgesehen. Diese Anordnung 
bringt es mit sich, daß der Heißlullstrahl oft direkt senk¬ 
recht auf die Haut des Gliedes aufprallt. Em diesen Luft¬ 
stoß abzuschwächen, wurde entweder in den Schornstein 
ein rotierender Gliminerkreisel eingeschaltet oder — wie 
heim Knie- und Hüftapparat Verschlußklappen aufgesetzt, 
die den Luftauslritt nur in bestimmter Form gestalten, 'trotz 
alledem erfordern die Gelenke der oberen Extremität, hei 
denen besonders empfindliche Teile Achselhöhle, Eli 
bogenspitze, Handbeuge vom lleißluftstrahl getroffen 
werden, noch einen besonderen Schulz, der sich in ein¬ 
fachster Art durch eine Wallebin.de oder eine Sehulzlasche 
hetslellen läßt. Zur Wänneregulieriing dient einmal ein 

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graduierter Zeigerhahn, der in handgreiflicher Nähe des 
l’alionlen angebracht ist; dann isl aber die Bewegung selbst 
die best«; Regulierung. Je stärker der Patient pendelt, um 
so mehr heiße Lull wird bei jeder Bewegung ausgetrieben; 
je langsamer der Apparat geht, um so schneller steigt die 
Temperatur. Die Apparate sind durch D. R. P. Nr. 192 61t) 
geschützt und der Alleinvertrieb der Firma Fr. Baum- 
gartel, Halle a. S, Große Steinsti. 17, übertragen worden. 

Rose n. 


Zur Methodik der Piilssclireibung. 

Von Dr. Fritz Fleischer. 

(Aus «Irr Poliklinik von Prot. Ii. Strauß, Berlin.) 

Vor 2 1 2 Jahren hat Strauß einen neuen Apparat 
angegeben, der es gestattet, ohne die bisherigen technischen 
Schwierigkeiten Pulskurven von den Extremitäten zu ge¬ 
winnen, wobei weder die Kleinheit des Pulses noch die bei 
Arlcriosklcrosc zuweilen zu beobachtende große Beweglich¬ 
keil der Arterien hinderlich sind. Auch eine genaue Adap¬ 
tion des Apparates an eine bestimmte Sielte der Arterie 
für die ganze Zoil der Pulsschreibimg wohl eine der 
grüßten Schwierigkeiten bei der Sphygmograpliie - isl bei 
dem S t r a u ß sehen Vorgehen, das an Stelle der Spliygmo- 
graphie die Turgo-Sphyginographie setzt, nicht mehr er¬ 
forderlich. Das Prinzip der Str.au fischen Turgo-Sphyg- 
mographie besteht darin, daß ähnlich wie bei der Aufnahme 
von Volumpulsen die Pulsschwanklingen, die. sich inner¬ 
halb eines schmalen Extreiiiitätenquerschiiittes vollziehen, 
graphisch registriert werden. Es isl dabei eine Feber 
einstimmiing der Voluin-Pulskurven mit den Druck-Puls- 
kurven (wie sie von Sphygmographen verzeichnet werden 
nach v. Frey für die peripheren Pulse unter normalen 
Verhältnissen „infolge der großen Länge (1 m und «iarübe 
der Pulswellen“ als vorhanden anzunehmen. Eine E 
vveitcruiig seiner- A.üvveudbej'keit ha! «Jer sir-autisc 
Apparat in letzter Zeit dadurch erfahren, daß für die Zwecke 
der L'eberlragung dos Pulses an die Stelle des Piston 
rokorders eine eigenartig konstruierte Glyzerinpelolto ge¬ 
setzt wurde. Diese Pelotte hat folgenden Bau. Ein hohler, 
flacher .Metaltzylinder isl auf der einen Seite offen und auf 
der anderen mit einer Metallscheibe verschlossen, die eine 
zentrale Hoffnung hat, an welche eine Molallröhre von 
kleinem Kaliber sich anschließt, ln diesem Zylinder ruht 
eine mit Glyzerin gefüllte bikonvexe „lause“ aus Kautschuk. 
Die äußere Konvexität dieser „Glyzcrinliuse“ überragt den 
Melallzylindcr. Die Pelötte wird fertig geliefert und es 
läßt sich, falls die „Glyzerinlinse“ defekt wird, diese in 
einfacher Weise wieder herstellcn. Die Verwendung von 
Glyzerin hat bei der Herstellung der „Linse“ den besonderen 
Vorzug, daß die Guminipelolte eine lange Hallbarkeil be¬ 
kommt. Man kann anstatt des Gummis ev. auch ganz 
feines Leder verwenden. Am Strauß scheu Turgo-Sphyg- 
inographcn findet diese Pelotte in folgender Art \ erwendung. 
Ein schmaler, etwa IT /2 cm breiter, Riemen wird eng um 
eine Extremität, den Kopf, ein Nagelglied usw. gelegt. Die 
exakte Adaption wird, wie bei dem bisher benutzten Piston¬ 
rekorder, durch einen RiemenSpanner diirehgeführh Da, 
wo beim Straußschen Turgo-Sp'hyginogiapheii bisher der 
Pislonrekorder angebracht war, befindet sieh jetzt-die Gly- 
zei inpelotle, auf welche sich naturgemäß alle Yoluinsrlnvan- 
kungen genau übertragen müssen, so daß sie als Indikator 
für die letzteren benutzbar wird. Die Schwankungen selbst 
werden direkt durch Luftleitung auf den Maroy scheu 
Schreiber übertragen. Das Mctatlansatzstück der Pelotte 
isl im übrigen noch mit einem Marevsehen Luftnuslaß 
versehen, so daß man die Möglichkeit iial, den Schreiber 
der M a r o v sehen Kapsel in dersellien Stellung zu behalten, 
auch wenn 1 1i<; Luft im Zylinder verdünnt oder verdichtet 
wird, was heim Anspannen bezw. Lockern, des Riemen¬ 
spanners cinlrelen muß. Die Pulsschreihung vollzieht sich 
im einzelnen folgendermaßen: Handelt es sich um eine 


UNIVERSIT 


*N 




ggM |MH| 




Wasserdampfmi.. 
aus Cinnamyhncthj 
1909, Nr. 99.) 


Extremität,. so wird der Apparat irgendwo um dieselbe 
fest, herumgelegt und mit der Schreibkapsel durch einen 
Gummischlauch verbunden. Alsdann wird durch den 
Giemenspanner die exakte Adaption so weit vollzogen, bis 
der Schreiber die optimalen Ausschläge gibt. Man kann das 
Optimum des Ausschlages nach meiner Erfahrung am besten 
festst eilen, wenn man den Schreibhebel in der Luft schreiben 
läßt. Damit vermeidet man auch, daß an der berußten 
Schreibfläche der Trommel des Strauß sehen Apparates 
störende Zeichen zustande kommen. Indem sich ein und 
derselbe Apparat für die Aufnahme von Pulsen an allen 
möglichen Körperstellen (Arme, Beine, Carotis, Finger usw.i 
bei Erwachsenen und auch bei Kindern eignet, kann er als 
„Polygraph“ im weitesten Sinne des Wortes bezeichnet 
werden. Diese Bezeichnung verdient er auch aus dem 
Grunde, weil sich an der Schreibtronnnel gleichzeitig 3 und 
allenfalls 4 Kurven nebeneinander aufschreiben lassen. Der 
Apparat ist durch D. R. P. geschützt und zu beziehen von 
Mechaniker Walther Oehmke, Berlin, Luisenslr. 21. 

(Berliner klin. Wochenschr.. 1909, Nr. 48. 

Rosen. 


Medizinalkaleiuler 

gegeben von der RedaL 
Von Dr. H. L o huste i n u 
gang. Preis 2 M. Vortag v 
Wieder liegt der beli 
kalender vor, dessen Plan 
Ausstattung der der früher 
wäre auch völlig unnötig, 
Form einer solchen kaum 
Veränderungen, besonders a' 
durchaus genügender Weise 
willkommen ist der neu 1 
neuen preußischen Gesetzes 
Medizinalbeamten vom 14. - 
kann nur immer wieder beste 
wie mich meine mehrjährige 1 
auch weitgehendsten Anspruch 


Ein neuer Inlialatioiisapparat 

wird dem „Namen Cethal-Inhalationsapparat“ von der che¬ 
mischen Fabrik (.i oedecke & Co., Berlin, in den Handel 
gebracht und ist von Dr. Horowitz, Berlin, auf An¬ 
regung eines Berliner Professors konstruiert worden. Der 
Lnhalationsapparal, auf dessen bildliche \\ iedergäbe wir liier 
wegen Raummangels verzichten müssen, entstand durch die 
Erwägung, daß die bisher üblichen Heißwasser-Inhalations- 
apparate ihren Zweck nicht voll erfüllen können, weil das 
Wasser, selbst wenn es noch so fein verteilt ist, nicht ge¬ 
nügend weit in die inneren Luftwege eindringen kann. Beim 
.et hat -1 1 ) ha la t i < msappa r;i I“ g< dangt AVaJ-Uie r ttvit- lk‘Ui A 
stoff beiaderte Luft* in die Atmungsorgane, wodurch ein 
tieferes Eindringen der Arzneistoffe in die Lunge gewähr¬ 
leistet werden soll. Der Apparat unterscheidet sich äußerlich 
hauptsächlich durch die eigentümliche Inhalationsvorrich¬ 
tung, die durch eine Nasendoppelolive erfolgt, und durch das 
Aufnahmegefäß für das Arzneimittel von den bekannten 


Ethische und rechtliche 

außerhalb der Ehe. Von I'.ro. 

Verlag von E r n s t R e i n h 
1 Mark. 

Wenn jemand, wie der Verfasser, 

Erfahrung auf diesem Gebiete be^tzt, 4... 
wissenschaftlichen Kenntnissen _e,n starkes sittln.. . 
und einen unerselu-uL'kcU* 1 " - Mut zur Wahrheit verbu. 
verdiente er immer gehört zu werden, auch wenn er nien 
lebhafte und geistreiche Schreibweise F o reis besäße. 

Die Subrifi gntrollt.mL.tbei: Jlaml _eui*r-.erdrückenden Moii,. 
voiFFällen die Vielgestaltigkeit des Problems und weist von Fall 
zu Fall nach, wie sehr unsere moralischen und rechtlichen An¬ 
schauungen im Widerspruche stehen mit einer vernünftigen 
Beurteilung, die sich aus naturwissenschaftlicher Einsicln und 


mk ■ 11 v Allgemein iß man in Aerztekreisen zu der Uebcrzcugung 

y'&’Q I fW \ gelangt, ddIJ Pittylcn einen wirklich wirksamen Erfa^ für den iibelrieehon- 

J l den, offizincllen Nadelliolzteer darllellt. Mehrjährige Erfahrungen in der Praxis 

haben ergeben, daß dem Pittylcn die unangenehmen Figcnlehaften des Teers: 

j penetranter Geruch, lokale Reizungen, reforptive Ncbensvirkungen, voll Händig fehlen, und 

lp|iB V daß es l all niemals verfagt, während bekanntlich der Teer infolge feiner weclifcliulcn Zuhimmen- 

/ letjung unficher in der Wirkung ill und von der Mehrzahl der Patienten nicht vertragen wird. 

Speziell hat (ich gezeigt, daß die P1TTYLEN-SEIFEN durch die Zuverläfiigkeit ihrer Wirkung, 

durch das Fehlen jeglicher Reizerfcheinungen und durch ihren angenehmen Geruch den bisher gebräuchlichen Teerfeifen 

weit überlegen find, fodaß fie immer mehr an Stelle der Teerfeifen benutjt werden. 

Wir bitten die Flerren Aerzte, welche Pittylcn nocli nicht angewandt haben, Miiiler-Kollektioncn und Literatur 

von uns einzufordern. _ ., . , , , 

Dresdener Lhemilches Laboratorium 

Lingner. 


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ung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt. 


d’ali mit dem Symptomen- 
4 angedeuteten Bulbärerschei- 
gencl mit einer Herderkrankung 
eren Oblongatatoiles ... 17 
i der Scliädel-Fern- und Nah- 
.19 

orgie.23 

enheilkimde.24 

• Herz- und Gefäßkrankheiten . 25 
ster: Neurologie und Psychiatrie . 26 


X A LI HX. 

üiptomenkomplex der Halb- 
igedeuteten Bulbärerschei- 
.i zusammenhängend mit einer 
-.ig links, etwa in der Höhe des 
unteren Oblongatateiles. 

Von Anstaltsarzt Dr. W. Heinioke, Waldheim. 

Der folgende Fall erscheint mir besonders lehrreich 
insofern, als er klar beweist, wie wichtig für eine genaue 
Diagnose und richtige Therapie hei Nervenkrankheiten 
und darunter nicht zuletzt, z. B. bei Blutungen in das 
Zentralnervensystem, eine exakte Prüfung sämtlicher 
Empfindungsqualitäten ist; aus diesem Grunde entschloß 
ich mich hauptsächlich zur Puhlizierung. 

Anamnese: Frau A., 51 Jahre alt, hat, außer wohl 
skroplmlösen Drüsen an der linken Halsseite im Kindes¬ 
alter, früher keine schweren Krankheiten durchgemacht; 
insbesondere fehlen für Lues alle Momente;-sie ist angeb¬ 
lich von jeher etwas nervös; eine Schwester ist hysterisch; 
sonst besteht anscheinend keine Belastung. 

Sommer 1908 kam sie zum erstenmal in meine Be¬ 
handlung, sie klagte über ärgsten-Kopfschmerz; die Unter¬ 
suchung ergab: Hysterie; nach zirka 3 wöchentlicher Be¬ 
handlung mit Roborantien, diätetisch-hygienischen Vor¬ 
schriften und Franklinischer Kopfdouche vollständig be- 
schwerdefrei, so daß ich sie aus der Beobachtung verlor; 
Frau A. befand sich dann bis Ostern 1909 recht gut; zu 
dieser Zeit plötzlich im Anschluß an Aufregung und An¬ 
strengung, während eines Kirchganges Ohnmacht, die 
schnell vorüberging. Kurze Zeit nachher (Mai 1909) 
setzte hei ihr unter Kopfschmerz und Schwindel unstill¬ 
bares Erbrechen ein; ich wurde hinzugezogen, konnte 
außer geringer Erweiterung der linken Pupille mit etwas 
geringerer Ausgiebigkeit der Reaktion nichts Krankhaftes 
am Zentralnervensystem entdecken; Erscheinungen von 
Hirndruck bestanden nicht. 

Eine exakte Sensibilitätsstörung war ausgeschlossen, 
da die Patientin apathisch und sehr ermattet war; dabei 
war ihr Gebaren öfter gemacht-theatralisch; im Urin | 
war nichts Krankhaftes, '"ebensowenig am Verdauung»- i 


L. Lipman-'Wiilf, Berlin: Urologie.26 

H. Busch, Berlin-Halensee: Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten 28 

M. Hirsch, Bad Kudowa: Balneologie.29 

Varia. 30 

Technische Neuerscheinungen: 

Das Snugkystoskop nach Dr. Kutner zur getrennten Entnahme 

von Harn aus jeder einzelnen Niere.31 

Bttcherbesprcchungcn: 

Oppenheim, Berlin: Psychotherapeutische Brieie (Ko!'.: Wern. 

H. Becker). 31 

Josionek, Gießen: Lichtbiologie. 32 

Allgemeines.32 


traktus, auch lag Schwangerschaft nicht vor, kurz ich 
faßte mein Urteil in die Diagnose nervöses Erbrechen zu¬ 
sammen; ganz entfernt ließ ich auch die Möglichekit eines 
organischen Hirnleidens im Beginn gelten. 

Auf Zureden, besonders auch auf die Versicherung 
hin, sie könne alles essen, ließ bald der Brechreiz nach; 
ut aliquid fieri videatur, wurde Tinctnra Rliei gegeben 
und, da der Schlaf schlecht war, Bornyval. Mit dem Nach¬ 
laß des Erbrechens setzte aber eine Verschlechterung der 
Psyche ein; die Patientin war zwar weniger apathisch, 
aber depressiv, reizbar, sie äußerte Lebensüberdruß, alles 
mit hysterischer Färbung, so daß ich Entfernung aus der 
Familie anordnete. Die Patientin kam in eine Kranken¬ 
anstalt, wo sie entzogen von den Eindrücken ihrer Häus¬ 
lichkeit und fern von den ihre Krankheit nicht richtig 
beurteilenden Angehörigen unter sachgemäßer Pflege 
sich schnell besserte. Plötzlich eines Abends starker Kopf¬ 
schmerz, der eine Einspritzung nötig machte; als sie 
danach erwachte, war sie links halbseitig und vollständig 
gelähmt; sie gibt noch an, sie habe schwer sprechen und 
schlecht schlucken können; ferner soll 4 Tage lang 
Retentio urinae bestanden haben. Auf Wunsch ihrer An¬ 
gehörigen wurde sie wenige Zeit später, als die Lähmung 
sich wesentlich gebessert hatte, entlassen; dadurch kam 
sie wieder in meine Behandlung. 

Hatte ich damals, als ich von der Lähmung hörte, 
den nach der Anamnese wohl begründeten Verdacht, daß 
es sich bei der Patientin um eine psychogene Lähmung 
handele, so zeigt der später von mir aufgenommene, aus 
zahlreichen Kontrolluntersuchungen sich zusammen- 
setzende Hlnlus. daß diese Annahme falsch war. 

Status: Gut genährte Frau, ihr Aussehen ihrem Alter 
entsprechend; Pupillen gleichweit (vor dem Anfall L>r); 
die linke reagiert auf Licht vielleicht eine Spur träger; 
Ciliarreflexe rechts wechselnd; links stets fehlend; Kon- 
junktividreflexe rechts wechselnd, links immer aus¬ 
bleibend; Fazialis o. B.; Lidspalten dito; Augenibewegun- 
gen frei; Zunge o. B.; Gaumensegel dito; Rachen- und 
(laumenreflexe positiv; an linker Halsseite alte, nicht 
luetische Narben; auch sonst nicht der mindeste Anhalts¬ 
punkt für früher durchgemnehte Lues; Sprache zeigt ab¬ 
nehmende Skaudiernng; geringe Schluckbe- 
s c h w e r d e n, besonders hei festen Speisen; Herzgrenzen 



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18 


THERAPEUTISCHE EL. 


nicht sicher perkutierbar (Adipositas) ; Töne rein, etwas 
klappend; Puls leicht beschleunigt; Radialis nicht 
sklerotisch; Urin o. B.; übrige vegetative Organe o. B.; 
Patellarreflex links stark erhöht; Babinsky links; 
Sehnen- bezw. Periostreflexe der oberen 1. Extremität 
gegen rechts gesteigert; Bauchdeckenreflexe fehlen (Adi¬ 
positas?); Fußsohlenreflex links stärker wie rechts 1 ); 
Blase und Rektum funktionieren normal; fiir die linken 
Extremitäten besteht noch in einzelnen Muskeln eine ge¬ 
wisse Parese, besonders im Deltoides, Serratus anticus 
major, Latissimus dorsi, Supinator brevis, Flexor digi- 
torum sublimis und profundus, den Muskeln des Thennrs; 
an den unteren Extremitäten sind besonders noch die 
Hüftbeuger und der Extensor quadriceps cruris, sowie der 
Gastrocnemius und soleus betroffen; einzelne dieser Mus¬ 
keln zeigen verhältnismäßig deutliche und schnelle 
Atrophien, z. B. die Beuger der 1. Hand, die Muskeln 
des Daumenballens, sowie die vom Nervus tibialis ver¬ 
sorgte Wadenmuskulatur; auch bald mehr, bald weniger 
ausgesprochene Hypertonie mancher der erwähnten Mus¬ 
keln ist vorhanden, am Beine deutlicher wie am Arm. I)ic 
bestehenden Funktionsstörungen ergeben sich ohne wei¬ 
teres aus den getroffenen Muskeln; so ist das Heben des 
Armes, besonders über die Horizontale, gehindert, der 
Arm kann nicht gut auf den Rücken gelegt werden, die 
Supination bei ausgestrecktem Vorderarm ist erschwert, 
die Patientin kann sich mit dem linken Bein nicht aul 
die Zehen stellen u. s. f. 

Was die elektrische Untersuchung anbetrifft, so ließ 
sich nirgends Eutartungsreaktion feststellen; eine mini¬ 
male Herabsetzung für den faradischen Strom bestand 
im 1. Nervus radialis; dieselbe kann aber ebenso gut auch 
durch vermehrten Leitungswiderstand der Haut oder 
ähnliches bedingt gewesen sein; ich möchte darauf kein 
Gewicht legen. 

Interessante Resultate zeitigte die Untersuchung der 
Sensibilität. 

Die 1. Körperhälfte ohne Kopf, in der Medianlinie ab- 
sclmeidend, zeigt konstant normalen Schmerz-, Wärme- 
und Kältesinn; auch der Ortssinn ist ungestört; der Be¬ 
rührungssinn läßt nur undeutliche Abweichungen von der 
Norm erkennen; dagegen ist der Drucksinn und der so¬ 
genannte Muskelsinn besonders im 1. Arm wesentlich 
herabgesetzt; der aus verschiedenen Komponenten sich zu¬ 
sammensetzende stereognostische Sinn ist ebenfalls deut¬ 
lich in Mitleidenschaft gezogen; so ist die Patientin z. B. 
nicht imstande, mit der 1. Hand bei geschlossenen Augen 
die Form von Gegenständen zu erraten, während die Form¬ 
bestimmung rechts sofort richtig geschieht. Dieselben 
Schmerz- und Temperatursinnverhältnisse, wie an der 

I. Körperhälfte, finden sich auch am Kopf im Bereich des 

II. u. III. 1. Cervicalsegmentes; eine geringe Beeinträchti¬ 
gung der Kälte- und Wärmeempfindung in diesem Bereich 
Ist wohl auf Kosten des dichten Haares zu setzen. Anders 
verhält es sich mit dein vom Quintus versorgten linken 
Hautgebiet; dort zeigte sieb Herabsetzung der Empfind¬ 
lichkeit, die aber während der wiederholten Untersuchun¬ 
gen nur etwa für den Bereich seines ersten und zweiten 
Astes konstant blieb; Wärme und Kälte wird dort stets 
undeutlich unterschieden; ebenso besteht dort stets Ver¬ 
ringerung der Sclunerzempfiudung; im Gebiet des III. 1. 
Quintusastes wechselt der Sensibilitätsbefund in der¬ 
selben Weise, um dies vorauszunehmen, wie im Gebiet des 
ganzen r. Trigeminus. 

Die Zunge läßt eine Störung des Geschmacks aal den 
vorderen zwei Dritteln nicht erkennen. 

i) Diese Erscheinung entspricht nicht den grwühnlir-hen 
Beohuchtungen bei Lähmungen; sic ist aber eher zu verstehen, 
Besonders im Hinblick auf die übrigen Reflex»teigerungen aut 

der gelähmten Seite, als das häufigere Gegenteil. 


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Wie 

bezug aut 

Auf d : cs^ 
und Kältesimi, vol 
Empfindungsqua 1 
des II. und III. , 
selben Störung! 

Welche Sch. 
ziehen? 

Daß hier keim 
'wohl keiner eiiigeln 
an die schnell ein 
n. s. f.; Erscheinung, 
krankungen eintreten. 

Herbeiziehung noch ano 
Herderkra n knng; 
unten eingegangen werde 
ihrem Sitz befassen. 

Ich erinnere daran, o 
vollständiger linksseitiger L 
Schluckbeschwerden gehabt; 
daß ich die Sprachstörung , 
halte; dies trat besonders an, 

Diese Symptome sind nun ein 
Erkrankung in der Nähe des B 
sind aber imstande, mit Hilf 
und in Kenntnis des Fasernv 
neu den Herd noch wesentlich 

Ehe ich darauf eingehe, um. 
doch einige Bemerkungen über de 
von der Haut bis zur sensiblen 
schicken; ich halte mich dabei (Lire, 
endlich klare diesbezügliche Darstellung , 

Wir wissen, daß es der Physiologie gegliiCKi ist, ein¬ 
wandfrei zu beweisen, daß die verschiedenen Qualitäten 
der Hautempfindung durch gesonderte Nervenfasern un¬ 
serem Bewußtsein übermittelt werden, so daß es also in 
der Haut besondere Nervenendapparate gibt zur Aufnahme 
für Beriihrungs-, Schmerz-, Kälte-, Wärmereize u. s. f. Die 
Fasern für diese verschiedenen Hautempfindimgen haben 
nun im Rückenmark, zu dem sie durch die hinteren Wur¬ 
zeln gelangen, einen anatomisch verschiedenen, im allge¬ 
meinen nach zwei Gruppen zu sondernden Verlauf. Die 
Fasern fiir Temperatur- und Schmerzsinn splittern sich, 
nachdem sie in das große Hinterhorn gelangt sind, nach 
kurzem Verlauf um die Ganglienzellen desselben mit soge¬ 
nannten Endbäumchen auf. Die Fortsätze dieser 
Ganglienzellen ziehen alsbald durch die vordere Kom¬ 
missur in den Seitenstrang der anderen Seite, um nun 
in den vorderen und mittleren Teilen der Vorderseiten¬ 
stränge gekreuzt aufwärts zu ziehen, und zwar nach vorn 
und innen von den motorischen Pyramidenseitenstrang¬ 
bahnen, sie gelangen dann in der Mediilla oblongata in die 
Schleifenschicht, wo sie sieh mit den Fasern aus den 
Zellen der Gollschen und Burdaehseben Kerne vereinigen: 

Diese Fasern sind wieder die Fortsätze bezw. das 
zweite sensible Neuron der die Beriihrungs-, Druck- und 
Tastempfindung vermittelnden peripheren sensiblen 
Fasern; diese spalten sich als medialer Teil der schon oben 
erwähnten hinteren Wurzelfasern von diesen ah und 
treten in die weißen Hinterstränge ein, wo sie nach Ab¬ 
gabe eines, kleinen Reflexvorgängen dienenden absteigen¬ 
den Astes nach oben steigen. Der Abschnitt der Hinter¬ 
stränge, wo die Wurzel fasern eintreten, wird Wurzelein¬ 
trittszone genannt; er liegt im Lendenmark im mittleren 
Teil der Hinterstränge, im Brust- und Halsmark in dem 


-) Strümpells Lehrbuch der, .Pathologie und Therapie, 
1900. - 1 



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-PEUTISCHE RUNDSCHAU. 


19 


v nach oben 
ii die aus dem 
.mnmenden Fasern 
Lust, so daß sie im 
''liet der Gotischen 
Lereu Wurzeln der 
den Burdachschen 
Fasern endigen in 
neu im Beginn der 
reits oben erwähnte 
isen Fasern sieh erst 
ibrae arenatap interna 

ür den Selnnerz-, Kiilte- 
jiiickemnark, bald nach 
nach oben, die Fasern für 
kreuzen sieh erst, nachdem 
vfcn haben, in der Oblongata. 

./endet heißt das: Durch den 
Fasern für den Schmerz- und 
ihrer Kreuzung, die anderen 
getroffen worden, und zwar, wie 
i und der Art der Sensibilitäts¬ 
klar ist, in irgendeinem Teil des 
des unteren Oblongateiles, oder 
in 11. Cervicalsegment; eine we- 
,nn nicht getroffen sein, sonst 
des IT. und III. Cervicalsegmen- 
.enläsian erinnernde Sensibilitäts- 
je, daß bulbäre Erscheinungen vor- 
Teil noch sind (Schluckbeschwer- 
.,eise skandierende Sprache), läßt nun 
■ehr nach der Oblongata zu, als nach dem eigent- 
,i j-tiickenmark vermuten. Da der Temperatursinn 
und die Schmerzempfindlichkeit rechts gelähmt sind, muß 
nach dem anatomischen Verlauf der diese Empfindnngs- 
qualitäten vermittelnden Fasern, die sich, wie wiederholt 
bemerkt, fast direkt nach dem Eintritt kreuzen, der Herd 
links sitzen; er muß also die Pyramidenbaimen links 
treffen; da die Lähmung auch links ist, müssen die Pyra¬ 
midenbahnen unterhalb der Decussatio geschädigt sein, 
was wiederum eine weitere Stütze unserer topischen Dia¬ 
gnose ist. 

Wie stellt es nun mit den Strängen im Gebiet des 
Trigeminus! Die wechselnden Verhältnisse im r. 
Quintus sind ja leicht zu erklären, wenn man sich daran 
.erinnert, daß die Kranke eine Hysterica ist. Ist aber auch 
die Herabsetzung der Empfindlichkeit im Gebiet des 1. 
Trigeminus, die etwa für seinen I. und II. Ast k o nstant 
bleibt, dieser Erklärung allein zugänglich? Ich möchte 
dies verneinen. Ich fasse die Störung im 1. Quintus auf 
als eine Mischung von zentraler und hysteri¬ 
scher Anästhesie; wir wissen, daß die sensible Wurzel 


Lidspul tc u. s. I'., aber die Pupillenverengerung ist be- 
w eisend genug . 

rho ieli uul die Art des Herdes nun eingehe, möchte 
ieli noch eine weitere, genauere topische li Stimmung 
machen. Wir entsinnen uns aus dem Verlauf, daß die 
Lähmungen im motorischen Gebiet sich verhältnismäßig 
s f hnell und gut zui iiekbilden, während die Störungen in 
der Sensibilität bestehen bleiben. Daraus muß man ohne. 
weiteres schließen, daß die sensiblen Leitungen mehr ge¬ 
schädigt wurden, als die motorischen, daß bei letzteren 
neben minimalen Kontinuitätstrennungen viell hebt z. B. 
Druck, Oedcm, geringe Ernährungsstörungen u. s. f. 
hauptsächlich wirkten. Wir wissen weiter, daß die sen¬ 
siblen Bahnen im allgemeinen lhedial, z. T. vor den motori¬ 
schen laufen; es wird also die Erkrankung mehr nach 
innen und vorn von diesen in der linken Seite sitzen. 

Als ursächliches Moment für die Entstehung des im 
\ orhergehenden nach seinen klinischen Erscheinungen 
topisch bestimmten Herdes kommt nach genauer Er¬ 
wägung Arteriosklerose in Betracht; ob dieselbe zu em- 
I Ibehor Erweichung oder zur Blutung geführt hat, ist 
nicht leicht zu entscheiden; immerhin zeigt die Embolie 
gerade in der hier in Betracht kommenden Gegend gelegent¬ 
lich ein charakteristisches Bild, nämlich die sogenannte 
springende Lähmung zu Anfang; diese hat abc • nicht be¬ 
standen; ich möchte daher den vorliegenden Fall eher nuf- 
gelaßt wissen als eine Blutung in die linke Seite der Mc- 
dulla, mit einem Sitz mehr medial und vorn zu den motori¬ 
schen Bahnen, etwa in der Höhe des unteren Oblongntn- 
t eil es bei einer an peripher nicht ausgeprägter Arterio¬ 
sklerose leidenden Hysterien. Die Arteriosklerose erklärt 
sieh durch das Lebensalter; dazu kommen noch häufige 
Gein iitseiTegunge.il und Sorgen in den letzten Jahren; viel¬ 
leicht wirkt auch die vorhandene, aber nicht lies nders 
starke Adipositas in diesem Sinne. 

Die den Locus morbi besonders berücksichtigende 
Therapie bestand in Quergalvanisation des vermutlichen 
Herdes mit kleinen Strömen, Sympathiciisgalvanisation, 
zuin Teil als katalytisches Moment, sowie in elektrischer 
Behandlung der getroffenen Muskeln und Nerven (faradi- 
sclie, galvanische und Mortonsehe Ströme), neben 
Massage, Uebnngstherapie; daneben wurden diätetische 
Maßnahmen getroffen und Jodkali gegeben. 

Wie weit die Therapie günstig wirkte, wie weit die 
Xntui sich selbst half, wer vermag es zu sagen; immerhin 
habe ieli auch liier wieder den Eindruck gewonnen, daß 
die elektrische Behandlung, besonders auch die Frariklini- 
sation (Mortousche Ströme) ein wertvolles therapeuti¬ 
sches Hilfsmittel ist, und daß die Wirkung des elektri¬ 
schen Stromes bei weitem nicht bloß eine suggestive ist, 
wie leider bei uns noch so häufig im Gegensatz zu Frank¬ 
reich angenommen wird. 


des Trigeminus zum Teil auch Fasern aus den oberen 
Teilen des Rückenmarkes in der Hölle des zweiten Cer- 
vicalnerven bezieht; diese können sehr wohl durch den 
in Frage kommenden Herd getroffen sein und eine in 
ihrer Ausdehnung beschränkte konstante Anästhesie im 
1. Trigeminus bedingen, die sieb zu der auf hysterischer 
Basis lierriihrenden Sensibilitätsstörungen dort noch hin¬ 
zugesellt. 

Weiter! Ich erwähnte früher, daß die linke, früher 
weitere Pupille pyst morbum der rechten gleich wurde, 
sich also verengte; dies ist eine neue Stütze für die An¬ 
nahme eines Herdes in der Nähe des unteren Oblongata- 
teiles, bezw. dort selbst, denn es ist eine bekannte Tatsache, 
. daA l»pi Henlen im Bulbus oder in seiner Nähe gelegent¬ 
lieb der Sjmrp«iJiieus_niit gelähmt ist. Diese Lähmung ist 
zwar hier nicht auffällig; cs-feiüt_die Verengerung der 


Die Kriterien der Schädel-Fern- und 
-Nahschüsse. 

Von Helnr. Goergens, caad. med. 

(Schluß.) 

Wenn unseren Darlegungen bisher die Scluißwirkung 
des deutschen Armeegewehrs zugrunde lag, so geschah es 
hauptsächlich aus dem Grunde, weil die Schußwirkung die¬ 
ser Waffe durch die umfassenden Sehießversuelie des 
Kriegsniinisteriums, die Arbeiten von v. B r uns, 
K o c h c r, R e g e r, v. B e c k, v. K o 1 e r, S c h ,i e r n i n g 
und Habart theoretisch und praktisch vollständig er¬ 
klärt sind, du auch deshalb, weil dieselben Ge- 

i l'm su beweisender, als nach Galvanisation des Sym¬ 
pathien* wieder der alte Status: liuke Pupille weiter als rechte 
mit. der Besserung' der übrigen Symptome jetzt einffetreten ist. 

~‘ -- .. ■ 




hbhhhdq 




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hMubH 




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20 


THERAPEUTISCHE RUN 


setze, die b e i m A r m e e g e w e h r in A n w e n - 
(1 u ng ko m men, ii berliaupt bei allen So, h u ß ■ 
Waffen bei Z u g r n n df e 1 e g n n g d e r ,j e w ei I i g 
in Frage kommenden physikalischen Grö¬ 
ße n G e 11 u n g h a 1) e n. Wir werden verstellen, daß ein 
Armeegewehrselm ß aus 1000 m Entfernung einem Jagd¬ 
büchsenschuß aus etwa 80 m Entfernung, einem Pistolen¬ 
schuß aus etwa 30 m, einem Revolverschuß aus noch ge¬ 
ringerer Entfernung entspricht. Obgleich eine genaue 
Berechnung der Entfernung auf Grund der angegebenen 
Kriterien kaum möglich sein wird, so wird der Gerichtsarzt 
dennoch, wenn er im Besitz der Waffe ist, aus deren physi¬ 
kalischen Verhältnissen, die jeder Büchsenmacher leicht 
feststellen kann, und der Beschaffenheit der Schu߬ 
verletzungen mit einiger Genauigkeit die Entfernung, aus 
der der Schuß gefallen, schätzen können. Unter allen Um¬ 
ständen werden ja praktische Schießversnche mit der be¬ 
treffenden Waffe die beste Schätzung der Entfernung er¬ 
möglichen. 

Läßt sich nur das Geschoß finden, so wird die Be¬ 
rechnung nur durch Rückschluß vom Geschoß auf die 
Waffe möglich. Jedoch liegt eine bedeutende Erleichterung 
darin, daß mit wenigen Ausnahmen die Patronen mit 
rauchschwachem Pulver, wie sie heute fast ausschließlich 
verwandt werden, in ihrer Zusammensetzung und ihrem 
Aeußeren fast gar keinen Schwankungen unterliegen, so 
daß bei der Auffindung der Hülse oder des Geschosses die 
zugehörige Patrone und Waffe in der Regel mitgegeben ist. 

Vor einer Ungenauigkeit, der man in der Literatur 
häufig begegnet, sei gewarnt. Es wird da oft ganz all¬ 
gemein von Fern- und Nahschüssen ohne genaue Angabe 
der Waffe geredet. Die Ausdrücke „Fern- und Nahschuß“ 
bezeichnen aber nur relative Beziehungen. Beim Armee- 
gewehr spricht man von Nahschuß bei einer Distanz von 
100—12 m; für die Jagdbiiclise wäre eine Entfernung von 
100 m ein Fernschuß; was wieder für die Jagdbüchse ein 
Nahschuß ist, ist für den Revolver ein Fernschuß. 

Während für die bisher erörterten Entfernungen nur 
das Armeegewehr und die Jagdbüchse in Betracht kamen, 
werden bei Entfernungen unter 12 m außer der letzteren 
auch die kurzen Handfeuerwaffen hauptsächlich berück¬ 
sichtigt werden müssen. Wir werden sehen, daß sich bei 
diesen Schüssen das äußere Symptomenbild in einigen 
Punkten ändert und daß bei den Scliüssenausaller- 
nächsterNähe (ä bout portant) ein neuer physikali¬ 
scher Faktor, die Explosionswirkung der Pulvergase, auf- 
tritt. Gerade die genaue Unterscheidung dieser letzteren, 
die den Selbstmord wahrscheinlich machen, von solchen 
Schüssen, die aus Entfernung von einigen Metern ab¬ 
gefeuert wurden und nur von einer fremden Person her¬ 
rühren können, wird den Gerichtsarzt besonders inter¬ 
essieren. 

Zu einer Zeit, wo nur das rauch- und flammen¬ 
entwickelnde Sehwarzpulve r in Gebrauch war, war 
die Feststellung eines Nahschusses durch eiten bestimmten 
Symptomenkonrplex eine verhältnismäßig einfache. Als 
Hauptkriterien dieses Komplexes galten: 

1. Versengung und Verbrennung der Haut und ihrer 
Haare, 

2. Schwärzung an Haut- und Weichteilen in der Um¬ 
gebung des Schußkanals oft weit in das Innere 

hinein, 

3. Tätowierung der Haut durch Pulvereinsprengungen, 

4. die durch die Pulvergase, abgesehen von der Ge¬ 
schoßwirkung, hervorgerufenen Zerstörungen, 

5. die von Palt auf beschriebene chemische Ein¬ 
wirkung der Pulvergase auf den Blutfarbstoff. 

Es ist selbstverständlich, daß die mehr oder weniger 
starke Ausprägung der Symptome von Art und Ladung 
der Waffe abhängt. Was zunächst die F 1 a m in e n - 
w i r k u n g anbelangt, so trat beim Nahschuß__miL dem 


JNIVERSITY OF MICHIGAN 


1 schon erw 
Einsehußöfti. 

Haut ein gelblu . 
sehen verlieh. T« 
mit einem Piste' 
j zündete durch e 
Einschußöffnung 
| doch kein Feuer 
erweitert wurde. 

| einem Schuß mit 
| einer Entfernung \ 

{ bei 15 cm Entfernun, 
sucliungen von D a a .■ 

Haarversengung 10 c. 
von 9 mm, 15 cm he 
7 mm Kaliber. Bei den r 
suchen zeigte Papier bei ! 
ver bei einer Distanz von 
spuren, von 30 cm Entfer 
[ T a r d i a n und Schultz 
I durch die Flammenwirkung 
j Getroffenen in Brand geriete. 

| Leichenreste gefunden wurden. 

und Pistolen alten Systems v 
' geschleuderten brennenden Pi 
ziemlich weite Entfernungen 
fehlte, wie z. B. M e y e r bei \ 
des Raubmörders H e n n i n g 
von Schwarzpulver die Flamm, 

Die Sch w ü r z u n g d e r . 

Pulverschmauch hervorgerufen. 

Schußdistanz bald in schmalerer, 
meistens deutlich in zwei konzentrischen .. 
intensiv gefärbte innere und eine abblassende - 
manchmal strahlenförmig auslaufend die Eingangsottnung 
und war leicht abwaschbar. Der Schwärzungsring wurde 
noch bei einem Pistolenschuß aus 2,00 m Entfernung, bei 
einem Revolverschuß von großem Kaliber bei 1,00 m.-von 
kleinem Kaliber bei 40 ein Abstand gefunden. Ueberein- 
stimmend mit diesem Ergebnis fand P a i x bei großkalibri¬ 
gem Revolver (11 und 9 mm) Schwärzung bis zu 1 m, bei 
kleinkalibrigen (7 und 5 mm) bis zu 45 cm Abstand. Die 
Untersuchungen von Danke ergaben für Revolver von 
7 und 9 mm Kaliber als äußerste Grenze 75 bezw. 40 cm. 

Regelmäßig fanden sich auch in der Nähe der Ein¬ 
schußöffnung eingesprengte, halb oder gar nicht ver¬ 
brannte Pulverkörnehen vor, die meistens schon 
makroskopisch, aber doch sicher unter der Lupe deutlich 
sichtbar waren. Die Zone der Pulvereinsprengungen ist 
um so größer, je weiter die Entfernung ist. Sie entspricht 
einer Schnittebene des jeweiligen Streuungskegels, die ja 
nach der Schußrichtung bald einem Kreise, bald einer 
Ellipse nahekommt. Bei zunehmender Entfernung ver¬ 
schwindet zuerst die Schwärzungsfigur, dann die Pulver 
einsprengungen. T o u r d e s und v. H o f m a n n fanden 
diese bei Schüssen aus einer größeren Sattelpistole noch 
hei 2 in Entfernung, aus-einem größeren Revolver noch 
hei 1 m Entfernung; ein Ergebnis, das mit den Ver¬ 
suchen Schwallies im wesentlichen übereinstimmt: 
Bei einer Entfernung von 30 cm waren noch Schwärzung 
und Pulvereinsprengung vorhanden, bei 50 cm Abstand 
noch Pulvereinsprengung, aber keine Schwärzung mehr; 
bei 1 m Distanz waren auch die Einsprengungen ver¬ 
schwunden. 

Die Eintrittsöffnung ist bei Schüssen aus gro¬ 
ßer Nähe meistens größer als das Projektil, eine Folge der 
Explosivwirkung der dem Lauf entströmenden Pulvergase. 
Diese breiten sich unter der Haut aus, besonders wenn sie, 
wie heim Schädel, über eine feste Unterlagejgespasst ist, 
und bringen sie zum Bersten. .Esverrstelien infolgedessen 
mehrstrahlige, sternförmig®.Wunden mit unterminierten 



UNI 


I Y 


CHIGAN 


er 





iu TISCHE RUNDSCHAU. 


jrkörner 
,rzt. 

Schuß fiel, 
ainellen der 
Wenn der 
.üverladung wie 
nmittelbar auf die 
hiidel samt Inhalt 
und Pulvergas- 
rt oder das Gehirn 
■rletzuugen weg- 
.end die Erklärung 
rgaswirkung auch 
m die jüngste Zeit 
1899 sprach Krön¬ 
les Aufsehen erregte, 
■is T i 1 m a n n durch 
in wandfrei klarstellte. 

• ii weis des Nahschusses 
(achtete in einigen Fällen 
■(uizcntrische hellrote Zone, 
urch eine Verbindung des 
ddenioxyd der Pulvergase 
i auch, den gleichen Fnrben- 
äinoglnhinlösuug zu erzeugen, 
iirch Spektralanalyse hei dem 
uxydahsorptionsstreifen nacli- 

a u e h s c li w a e li e n (Nitro- 
aucli gewisse Veränderungen 
bilde» zur Folge, die für den 
hwache Pulver heute fast ganz 
gt hat, von besonderer Wich- 
.ledene chemische Zusannnen- 
iien gegenüber dem bisher ge- 
Pulver bewirkt eine vollständigere 
ll nur ganz geringe Rückstände zu-. 
oei Verwendung bedeutend geringerer 
. eine größere Expansionskraft, die dem Ge- 
größere Anfangsgeschwindigkeit erteilt. Auch 
...-roh wurden die Verhältnisse etwas komplizierter, daß 
die verschiedenen Sorten von rauchschwachem Pulver 
(Fasan, froisdorfer, deutsches und englisches Sclmltze- 
pulver, das englische E.-C.-Pulver, Rottweiler und Wals¬ 
roder Jagdpulver, das belgische Miillerite, das schwedische 
Normalpulver) gewisse abweichende Symptome hervor- 
rufen. 

Der auffälligste Unterscliied zwischen dem Nahschuß 
mit rauchschwacher und dem mil der bisher üblichen 
Munition ist d a s F elilen j e d e r F 1 a m m e u - 
Wirkung und jeder Verbrennung»- und Verseiigiings- 
»puren an Haut und Haaren. Selbst bei Schüssen auf 
trockene Haare aus einer Entfernung von 1 l-j cm zeigten 
diese weder makroskopisch noch mikroskopisch die ge¬ 
ringsten Verbrenmingsspuren, während der Schuß mit 
schwarzem Pulver die Haare und den zusammenhaltenden 
Faden vollständig versengte. Wohl aber fand Sch w a 1 h e 
bei der mikroskopischen Untersuchung nach Schüssen mit 
rauehsehwaeher Munition an den Haaren feine Lamellen 
zum Teil abgespalten, eine Beobachtung, die Meyer 
nicht machen konnte. 

Auch bei den Schüssen mit rauchschwachem Pulver 
tritt als Hauptmerkmal des Nahschusses 
d u r c li P.u Iversc h m a ii c h v e r u r sachte 
Schwärzung in die Erscheinung. Jedoch sind dabei 
eine Reihe abweichender Phänomene zu konstatieren. Zu¬ 
nächst ändert sich die Earbennuance. Während sie beim 
Schwarzpulver kohlschwarz erscheint, hat sie beim rauch- 
schwachem Pulver ein mehr grauschwarzes, braunes. 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


glänzendes Aussehen. Einige Pulver haben noch besondere 
Eigentümlichkeiten. Troisdorfer Pulver gibt einen die 
Oeffnung ringförmig umgehende oder in der Nähe der¬ 
selben als Fleck auftretende eigenartige f grau-grüne, 
körnig auzufühlende Verfärbung, an die sich eine inten¬ 
sive, stumpfe Schwärzung anschließt, die noch bis 11 cm 
Radialentfernung sichtbar war. Die Schwärzungsfigur 
ist auch viel weniger ausgebreitet als hei Verwendung 
von Schwarzpulver und verschwindet schon in einer Ent¬ 
fernung, wo Schwarzpulver noch deutliche Schwärzung 
liefert. Während dieses noch hei 2 m Entfernung 
Schwärzung ergab, konnte sic bei rauehschwachem Pulver 
hei Schüssen aus derselben Waffe kaum kaum noch hei 

I : m Abstand beobachtet werden. Jedoch spielen auch 
hier Menge und Art des Pulvers, sowie Art der Schußwaffe 
eine bemerkenswerte Rolle. So ergaben die Schießversuche 
mit der 7 mm-Mauserpistole in 20 cm Entfernung noch 
andeutungsweise Schwärzung, während bei einem Schüsse 
mit einem 9 mm-Jagdrevolver und amerikanischer Muni¬ 
tion aus der gleichen Entfernung Schwärzung nicht mehr 
vorhanden war. Bei Schüssen mit der Browningpistole 
verschwand diese schon bei 6cm Entfernung. Schließlich 
hißt sich der Schwarzpulverschmaueh leicht und voll¬ 
ständig mit reinem Wasser entfernen, die Schwärzung 
mit rauchschwachem Pulver läßt sich nur schwer, zum 
Teil unter Anwendung von Seife, beim Troisdorfer Pulver 
auch dann nur sehr unvollkommen beseitigen. Selbst an 
Leichen, die mehrere Tage im Wasser gelegen haben, ist die 
Schwärzung mit rauchschwachem Pulverschmauch noch 
vorhanden. 

Die 1’ u 1 v e r s c li w ii r z u n g findet s i c li 
n a m e n 11 i c h a u e h a u f d e n H a a r e n , soweit sie 
sich im Bereich der Pulversehmanchzone befinden, und 
bringt auf diesen, durchs Mikroskop betrachtet, ein ganz 
charakteristisches Bild zuwege,-das natürlich, je nach 
der Nähe, aus welcher der Schuß fiel, sowie durch die 
Verwendung der einzelnen Pulver etwas modifiziert wird. 
Im allgemeinen sind im mikroskopischen Bild die Haare 
hei Schüssen aus großer Nähe dicht mit schwarzen, 
amorphen, größeren und kleineren Bröckelehen bedeckt, 
welche den Konturen des Haares das Aussehen einer Säge 
verleihen. Sie bedecken einzelne Haare in solcher Dich¬ 
tigkeit, daß. von der Struktur des Haares selbst kaum 
mehr etwas zu erkennen ist. Die erwähnten Bröckelchen 
sind größtenteils lockere Auflagerungen, sie lassen sich 
wegwiaschen. Einzelne Brockel jedoch, je nach den Um¬ 
ständen mehr oder minder zahlreich, bleiben auch nach 
dem Abwaschen zurück und beweisen dadurch, daß sic 
in die Substanz des Haares eingesprengt sind. E i n e 
\v eite r e ii u ß e r s t p r ii g n a n t e E r s e h e i n u n g 
ist die Tats a che, d a l.l sich die s c li w a r z e n 
B r ii ekel i n 1 e inst c r Verteil u n g a u f il c n 

II a a r e ii n o c li v o r f i n d e n , seihst w e n n j e d e 
A n d e u 1 u n g v o u S c Ii w ii r z u n g d u r c h P u 1 v e r- 
s e ii m a u c h a u f d e r Haut fehl t. Am deutlichsten 
konnte man die Erscheinung hei Büchsen- und Pistolen¬ 
schüssen mit Bliittchenpulver verfolgen, wo ja die 
Schwärzung sehr bald aufhörte. Beispielsweise lieferten 
Schüsse aus der Browningpistole auf I cm Entfernung 
eine Schwärzungsfigur von grausehwarzer Farbe und 
etwa 10 cm Durchmesser. In Uebereinstimmuug damit 
zeigten die Haare dicht um den Einschuß herum dicke, 
kohlschwarze Auflagerungen, die hei Haaren nach dem 
Rande der Schwärzungsfigur zu allmählich feinkörniger 
und weniger dicht wurden und auch da noch als feinste 
Pünktchen auf den Haaren erkennbar waren, wo bereits 
keine Schwärzung mehr vorhanden war. Beim Schuß mit 
derselben Waffe, Mündung 10 cm vom Objekt entfernt, 
zeigte sich keine Spur von Schwärzung mehr, doch wiesen 


VERSITY OF MICHIGAN 




2 -} 


THERAPEUTISCHE RUND; 


die Haare um den Einschnß herum noch deutlich einzelne 
körnige, schwarze Auflagerungen auf. (M e y e r.) 

P u 1 v e r eins p r e n g n n g e u in die Haut wie heim 
Schwarzpulver hat S c li w albe n u r s e h r s p ii r - 
lieh, Meyer ii b e r h au p t n i c li 1 beo b a tlite t. 
Dagegen haben beide feine g r a u -weiße - p n ukt- 
f ö r m i g e Auf! a g e r u n g e u gefunden, welche sich 
als Aschenrückstiinde des Pulvers erwiesen, M e y e r 
hat außerdem noch graue Flecken in der Nähe des Ein¬ 
schusses beobachtet. 

Der Ivontusionsring ist in gleicher Weise vorhanden 
wie heim Scliwarzpulvor, die Zerstörungserscheinung’sn 
entsprechend der größeren Explosionskraft des rauch- 
schwachen Pulvers viel gewaltiger bei gleicher Ent¬ 
fernung. 

Die von Palt auf beschriebene lichtrote Zone um 
den Einschuß hat Schwalbe gleichfalls hei Schüssen 
mit aufgesetzter Mündung, ebenso M e y e r beobachtet. 
Letzte r e r f Ü li r t e a u c h d e n s p e k t r a 1 - 
a n a 1 y t i s c h e n N a c li weis des K o hlenox y <1 s 
im Blute Erschossener hei Schüssen mit rauchsehwaeher 
Munition. Jedoch trat die Erscheinung hei Gewehr¬ 
schüssen in größerer als 5 cm Entfernung nicht mehr 
regelmäßig, hei Browningpistolenschüssen überhaupt 
nicht auf. 

Nicht nur durch die Art des Pulvers, sondern auch 
durch die Beschaff e n li ei t des P ro jektil s 
wird eine Verschiedenheit der Sclmßverletzungen bedingt. 
S c li rots.cliiis.se aus nächster Nähe abgefeuert, bilden 
eine einzige große Eingangsöffnung, da die Ladung noch 
zusammengeballt eilidringt. Bei größerer Entfernung 
findet eine kegelförmige Zerstreuung der einzelnen Körner 
statt, die je nach der Beschaffenheit des Gewehrs und der 
Pülverexpansionskraft größer oder kleiner ist. So wurde 
■durch Versuche festgestellt, daß die Streuung eines Ge¬ 
wehrs mit Oho kebohrung bei einer Entfernung von 9,1 m 
auf einer Fläche von 75 ein Durchmesser ausgebreitet 
war, bei 54,0 m Entfernung flog ein Drittel der Körner 
ins Zentrum, ein Drittel saß im Ring von 70—120 cm 
Durchmesser, das letzte Drittel außerhalb des Ringes von 
120 cm Durchmesser. Wir haben schon erwähnt, daß 
Spitzgeschosse eine schlitzförmige Hautwunde, die be¬ 
sonders bei Revolverseliüssen oft so klein ist, daß sie ent¬ 
weder ganz übersehen oder mit einer Stichwunde ver¬ 
wechselt werden kann, verursachen. Rundkugeln dagegen 
erzeugen fast immer rundliche, mit Substanzverlust einlier- 
geheude Wunden. 

Schließlich sei noch kurz der bei Selbstmorden häufig 
verkommenden Wassers« li ii s s e gedacht, bei denen 
statt des Bleigeschosses Wasser oder andere Flüssigkeiten 
geladen werden. Es finden sicdi bei solchen große Sub- 
stanzverlnste mit zerrissenen geschwärzten Rändern, bis¬ 
weilen auch wohl keine Verletzung der äußeren Haut, aber 
eine mehr oder weniger große grubenartige Einsenkung 
der betreffenden Körperstelle mit Zerschmetterung der 
darunter befindlichen Organteile. Der Hauptanteil dieser 
Verwüstung ist indessen weniger der Wassersäule als der 
unmittelbaren Wirkung Pulvergase — die Mündung 
wird in der Regel direkt auf den Körper gesetzt zuzu¬ 
schreiben. Die Diagnose eines Wasserschusses au der 
Leiche ist oft recht schwer, da die ausgiebige Zerstörung 
der Körperoberfläche, allein nicht dazu berechtigt und 
selten der Befund einer wie gespritzt ausgehenden und 
noch feuchten Pulverseliwärzuiig vorliegt. 

Auch die Art d e r S c h u ß v e riet z u n g e n 
kann manchmal zu Fehlschlüssen auf Stellung und Ent¬ 
fernung des Täters führen. Niehl immer entspricht die 
Richtung des Schußkamds der Schußrichtung. Wenn das 
Geschoß auf den Knochen anfschlägt, kann es entweder 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


unter eint 
zwischen Kt 
rings um die 
anderen Seite 
verletzen (Koni. 

Kugel, wenn ins i_>. 
innenfläehe abprellen • 

Gehirn eindringen. 

Dann ist es m ; 
festen Gegenstand ' 
erst die betreffende I 
Schiitzengefeclit an 
Gerichtsarzt als eine 
der Schuß gar nicht ai 
wurde. In den meisten 
als Q u e r schl ä ge r t, 
die sieh durch größere, 

Knochenzerstörimgeu, u 
häufiges Steckenbleiben 
risieren. 

Das aufgefundene Gesel 
seiner ursprünglichen Form • 
der Spitzgeschosse kann eine 
einfachen Einriß bis zur vollsta 
fach zerrissenen Mantels vom e 
kommen alle Variationen vc 
meistens in nhgeflachter Form 
auch das deformierte Geschoß 
reitend aufgefunden. 

Sein- wichtig sind ferner di 
halb, weil sie im Gegensatz zu 
rierenden Schußwunden relativ 
liandlung kommen. Sie entstell, 
treffen und bewirken, je nach 
oder tiefer verlaufen, riemenförnn. 

Knochenverletzungen und Geliirnzei „ 
sehußöffnung wird leicht an den schürf 
Rändern sowie am Kontusiuns- oder Bra. 

Da der Knochendefekt hei tiefer gehenden Si. 
besonders groß ist, so finden sich zahlreichere 
und ungewöhnlich viele in das Gehirn eingedrunge... 
Knocllenspli tter. 

Wenn damit noch nicht alle Möglichkeiten von 
Schädelverletzungen erschöpft sind, so sind doch die 
häufiger verkommenden so eingehend erörtert worden, 
daß die Schätzung der Art der Waffe, der Entfernung 
und des Standorts des Täters nicht mehr schwer fallen 
kann. Fassen wir noch einmal die ebaratkeristisclien Er¬ 
scheinungen kurz zusammen. 

Ein F e r n s c h u ß ist durch eine kleiner o 
Einschuß ö f f n u n g mit K o n t u s i o nsting 
und eine größere Au ss c li u ß ö f f n n n g m i t 
a u s f 1 i e ß e n d em Hirnbrei geke n n z e i c li n e-t. 
Am Einschuß ist der Kn o c liendefekt a n 
der i n neren, a m A ii s s c h u ß an de r äußere n 
Knoc ,h enlamelle u m f a. n g reiche r. ; A ii f 
sehr weite En t f e r nu ngen entstehe n zwei 
glattrandi g e R u n d 1 ö e li e r , bei mittlere n 
treten zuerst a m A n s s c li u ß 1 o c h F i s s u r e n 
auf, die sie h d a n n ni i t solchen am E i n - 
s c h u ß 1 o c h v e r b i n d e n. Bei n o c li geringe¬ 
ren E n t f e r n u n g e n w i r d d e r Schädel voll¬ 
ständig a u s ein au d ergespre n gt oder es 
w i r d w eiligst e ns die E i n s c li ii ß ö f f n u n g 
b e d e u t e n d g r ö ß er als die Auss c li u ß ö f f - 
n u n g. Bei S c h ii s s c n a us alle r n ii. c h s t e r 
Nähe zeigt sich hei Verwendung von 
Sch warzpnlver V ers en gun g u n d V e r- 
b r e n n u n g d e r II a u t n n d ihrer Haare, 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 




.JTISCHE BUNDSCHAU. 


23 


REFERATE, 


w ti n d e n , 
u n d g' e - | 
li a I oder ; 
.. .11 e r n n g' des] 
' e ä li d e r li sieh 
\w a e h e u P u 1 - 
' Verse n g u n g 
'n i g e r inten- 
, ]i r e n g u n g e n, 

4 1 i c li e, 1 e i e li t 
d dichte Pnl- 
a n d e n Haaren 
in u n d r a u c, li - 
t in den meisten 
lytische Ka ch - 
- d s im Blut des 

.lal nachdrücklich darauf 
se Kriterien Mittel zur Ah- 
iter denen der Schuß fiel, 
oei den verschiedenartigen 
n, hei den täglichen Nen- 
ets\ hei den besonderen Um- 
• Schuß abgegeben wurde, 
mit der betreffenden Waffe, 

•• es vermag, sichere Schlüsse 

or/cielniis. 






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n schlisse, 


Beitrüge z. kl in. Chirurgie, 1900, lieft 29. 

Fischer: Handbuch der Kriegsclürurgie, Stuttgart 1882. 

Köhler: Die modernen Kriegswaffen, Berlin 1897. 

Tilmann: Zur Theorie der Sclnidelschiisse. Deutsche 
mititärärzfI. Zeitschrift, 1900. 

Kocher: Zur Lehre von den Schußwunden durch Kleiu- 
kalibergeschosse, Cassel 1895. 

v, 13 r u n s: Ueber Geschoßwirkung der neuen_Kleinkaliber¬ 
geschosse, Tübingen 1895. 

Banke: Die Kriterien des Nahschusses, Dissertation, 
Berlin .1892. 

Schwalbe: Die Kriterien des Nahschusses hei Ver¬ 
wendung rauchschwachen Pulvers. Dissertation, Berlin 1900. 

Dontrelrpont: Beitrag zu den Schußverletzungen des 
Gehirns. Deutsche Zeitsclir. f. Chirurgie, 18S3. 

Wolfes: Ueber Einheiten von Kugeln iin Gehirn. Disser¬ 
tation./München 1901. 

1)r. Adler: Pathologische Anatomie der Großhirnverletznn- 
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Medizin, 1899. 3. Folge. 

Meyer: Die Kriterien des Nahschusses bei Verwendung 
rauchsehwaclier Pulver. Viertelj. f. gerichtl. Medizin, 1908, 

3. Folge. 

Paltauf: Ueber die Einwirkung der Pnlvcrgase auf das 
Blut. Wiener klin. Wochenschi'., 1890. 


Chirurgie. 

Referent: Dr. K. Försterling’, dirig. Arzt des Krankenhauses 
Mors. 

1. Erfahrungen über Exzision und Resektion bei Magen¬ 
geschwüren. Von Prof. I)r. Payr, Greifswald. Archiv für 
klinische Chirurgie, Bd. 90, S. 989. 

2. Zur Frage der Trepanation bei traumatischen Ver¬ 
letzungen des Schädeldaches. Von Prof. Kusnetzow, 
Warschau. Ibidem. S. 1025. 

3. Zur Frage der Desinfektion der Hände und des Opera¬ 
tionsfeldes mit Alkohol und Jodtinktur. Von Dr. Grekow, 

Petersburg. Ibidem, S. 1073. 

4. Ueber entzündliche Geschwülste am Darm. Von Prof. 

Braun, Göttingen. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie, 
Bd. 100, S. 1. 

5. Ein Fall von Hypopliysis-Tumor mit operativer Heilung. 

Von T h e o dor K o c h e r , Bern. Ibidem, S. 13. 

6. Die operative Einrenkung veralteter Ellenbogen- 
verrenkungen. Von Prof. Doll in ge r, Budapest. Ibidem, 
S. 38. 

7. Zur Behandlung der angeborenen Hüftgelenksverrenkung. 

Von Prof. Küster, Charlottenburg. Ibidem, S. 52. 

8. Myotomie und Myorhaphie. Von Prof. Bardenhetior, 

C'üln. Ibidem, S. 63. 

1. Nachdem Krön lein 1906 auf dem Chirurgenkongreß 
die Gastroenterostomie als das Normalverfahren bei Magenulcus 
hiugestellt hat, möchte Verf. die ganze Frage nochmals zur 
Diskussion bringen. — In der Indikation zum chirurgischen 
Eingreifen herrscht zurzeit wohl ziemliche Uebereinstimmung, 
nämlich bei Blutungen, Perforation, Narbenstenose, Fruchtlosig¬ 
keit der inneren Behandlung, Ulcustumoren, kallösen Ge¬ 
schwüren. — Die Art des Eingriffes soll sich nach dem jedes¬ 
maligen Befunde richten; kein Schematisieren! Die 
Gastroenterostomi > besteht bei Pylorusstenose noch zu Recht. 
Sitzen dagegen die Ulcera an der kleinen Kurvatur und hinteren 
Magenwand und sind womöglich in die Nachbarörgane pene¬ 
triert, so ist die quere Resektion des mittleren Magenabschnittcs 
bei genügendem Allgemeinzustand des Kranken zu empfehlen. 
Man entfernt dabei nämlich auch die erkrankte Nachbarschaft 
des Ulcus mit, operiert im Gesunden und ist folglich ,vor 
Rezidiven mehr gesichert. Die Exzision gibt ferner weniger 
gute Resultate, da die Naht im krankhaften Gewebe schlechter 
hält, und stets eine Deformierung des Magens mit abnormen 
Spannungen resultiert. — Erst eine größere Anzahl von Dauer- 
resultaten kann uns über den Vorzug der einen oder anderen 
Operationsmethode Aufschluß geben. 

2. Verf. bringt unter ausgiebiger Berücksichtigung der Lite¬ 

ratur seine Erfahrungen, die er an 11 Fällen gesammelt hat. 
Er ist danach für ein aktives operatives Vorgehen bei kompli¬ 
zierten Schädelverletzungen. Vor allem soll bei Impressionen 
und Erscheinungen seitens des Gehirns gleich operiert werden. 
Bei Meningitis nach Trauma ist das Gehirn breit freizulegen, 
die Dura zu spalten und zu tamponieren. — Iv. desinfiziert die 
Operationswunde mit Wasserstoffsuperoxyd, gibt aber selbst 
zu, daß der Effekt Hierdurch gering sei. Es ist deshalb wohl 
besser, überhaupt kein Antiseptikum an die \\ unde zu bringen 
und sie dadurch vor überflüssigen Schädigungen zu 
schützen. (Ref.) V. V 

3. Besprechung der Geschichte der Desinfektion. Nachdem 
anfangs durch langes Waschen versucht war, die Keime zu 
e n t f e r n c n , werden jetzt die Keime a m Ort getötet 
und festgehalten, und zwar soll möglichst wenig Seife und 
Wasser vorher mit der Haut in Berührung kommen. Als 
Mittel dient Jodtinktur, die unmittelbar auf die Haut zwei¬ 
mal aufgetragen wird. Die Resultate sind sehr gut. (Ref. 
kann das nur bestätigen.) 

4. Die Patienten mit diesem Leiden kommen fast stets 
mit der Diagnose eines malignen Tumors zur Behandlung. Mit 
diesem ist die Aehulichkeit aber auch sehr groß. In einem 
Falle bildete sieh nach Exstirpation des Tumors sogar ein 
Rezidiv in der Bäuchhaut von derselben Beschaffenheit. Sie 
kommen wohl nur am Dickdarm vor; Ursache sind wahrschein¬ 
lich kleine Schleimhautläsionen. Die Diagnose ist nur möglich, 
wenn der Tumor sich an eine Darmentzündung oder eine Ope¬ 
ration anschließt, auch wenn Fieber eintritt. In diesen Fällen 



I ' 

. ' '.7 ", 

>*:)?. iv -.--AUAu,: 




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24 


THERAPEUTISCHE RUN. 


ist auch der Versuch einer konservativen Behandlung zu recht- 
fertigen. Bei Zweifel an der Gutartigkeit muß operiert werden. 

5. Bei einer 30 jährigen Frau hatte sich innerhalb zweier 
Jahre eine ausgesprochene Akromegalie, Hemianopsie, Diabetes 
und Kopfschmerz mit Erbrechen eingestellt. Das Böntgenbild 
zeigt eine starke Vergrößerung der Sella turcica. Operiert 
wurde unter Spaltung des oberen Nasenteiies; unter temporärer 
Besektion der Nasenbeine und des Stirnfortsatzes des Ober¬ 
kiefers wurde die Nasenhöhle freigelegt- und das Septum narium] 
reseziert. Mit Hilfe eines besonders konstruierten Spekulums 
war nun dus Keilbein gut zu erreichen und zu eröffnen. Der 
Tumor (Bundzellensarkom) wurde mit Löffel entfernt. Tampon. 
Die Akromegalie und Kopfschmerzen gingen gut zurück. Nach 
vier Wochen plötzlich Exitus an akuter Hirndrucksteigerung. 

6. Auf Grund von 34 veralteten Ellenbogenluxationen (sämt¬ 
lich nach hinten) ist D. dazu gekommen, bei länger als drei! 
Wochen bestehenden Luxationen eine unblutige Beposition über¬ 
haupt nicht mehr zu versuchen; sie ist ihm nie gelungen. — 
Bei der Operation verzichtet er von vornherein auf die Er¬ 
haltung des äußeren Seitenbandes, da dieser Versuch den Eingriff 
sehr erschwert und schädlich sein kann. Von 12 blutig repo- 
nierten sind 9 mehr oder weniger beweglich geheilt, während 
von 11 resezierten dies nur bei 5 Fällen zu verzeichnen ist, 
Man soll deshalb nur resezieren, wenn der Operationsbefund 
eine Wiederherstellung der Beweglichkeit von vornherein aus- 
ischließen läßt. 

7. Für die erfolgreiche Behandlung der kongenitalen Hiift- 
luxationen ist folgendes von Wichtigkeit: 1. daß die Kinder 
früh in Behandlung kommen" (2.—3. Lebensjahr). 2. daß dio 
Stellung im Böntgenbild kontrolliert wird, 3. eine konsequente 
Weiterbehandlung, auch dann, wenn die Beposition anfangs 
mißlingt. 

8. Bei verschiedenen Erkrankungen hält B. eine Durch- 
schneidung des Muskels für indiziert: 1. Bei der ischämischen 
Muskelkontraktur; er exzidiert hier die Narben und glaubt 
dadurch bessere Besultate zu bekommen als durch Knochen - 
resektion und Sehnenverlängerung. 2. Bei Sehnenverletzungen, 
sobald die Naht nicht ohne Spannung möglich ist. Besonders 
bei Defekten wird das sehr nützlich sein. 3. Bei Hemiplegia 
spastica werden die spatisch kontrahierten Muskeln durch- 
trennt und die Sehnen der überdehnten Muskeln verkürzt. 
4. Ist bei ausgedehnten Kontinuitätsresektionen der Extremi¬ 
täten ein der Besektionslänge "entsprechendes Muskelstück mit 
zu entfernen und die einzelnen Muskeln wieder zu vernähen. 
Es werden dadurch Schlottergelenke, Taschen etc. vermieden 
und sogar funktionsfähige Glieder wieder geschaffen. 


Augenheilkunde. 

Beferent: Augenarzt Dr. Paul Greven, Aachen. 

1. Der jetzige Stand der Trachomforschung. Von Priv.- 
llozent Dr. Wolf rum (aus der Univers.-Augenklinik Leipzig). 
Fortschritte der Medizin, 1909, Nr. 35. 

2. Neuere Glaukomtherapie. Von Prof. Dr. Heine, Kiel. 
Mitteilungen für den Verein Schleswig-Holsteinischer Aerzte, 
Jahrg. 18, Nr. 2. 

3. Die Diagnose und Therapie des Glaukoms. Von dem¬ 
selben. Deutsche med. AVochensc.hr., 1909, Nr. 46. 

4. Eine neue Methode der Refraktionsbestimmung im um¬ 
gekehrten Bilde. Von Dr. Franz Becker, Augenarzt in 
Düsseldorf. Graefes Archiv für Ophthalmologie, Bd. 72, 
Heft 3. 

4. Chronische Pilokarpinintoxikation. Von Prof. Kisch- 
nig, Prag, Direktor der deutschen Universitäts-Augenklinik. 
Mediz. Klinik. 1909, Nr. 51. 

6. Ueber Herdreaktionen und über die Ve*wendungsmöglich- 
keit der Konjunktivalreaktion in der Ophthalmologie. Von Dr. 

A. W o lf f - E i s n e r , Arzt für innere und Lungenkrankheiten 
in Berlin. Mediz. Klinik, 1909, Nr. 51. 

1. Eiu die bisherigen Arbeiten über die Trachomforschung 
in aller Kürze referierender Aufsatz. (Vcrgl. die in letzter 
Zeit zahlreich erschienenen Beferate über Trachomforschung in 
der ,,Therap. Bundschau“.) 

2 Je stürmischer das Glaukom ist, um so prompter wirkt 
die Iridektomie; aber je schleichender die Krankheit, um so 
mehr versagte die Wirkung der Iridektomie, um so größer sind 
ihre Gefahren, um so bedenklicher ihre Anwendung. Besonders 


diesen lety 
therapie ihr 
kom die Iridt 
anzuwendende 
chronische Stad, 
die nach seiner A» 
nicht unwirksamer um, 
auch ambulant ausgefü’ 
etwa 5 mm vom Limb 
macht man dann mit 
bis auf den Ziliarr 
die W unde führt man 
entlang durch das I 
der A^orderkammer sie 
mit dem Stilett löst um 
geringerer Ausdehuung 

3. In diesem klinisi 
führlich die Diagnose un 
weist er auf die Sch wie i 
gnose erschweren und zu' 
laß geben können. AVas u.,. 
angeht, so hält Heine dies* 
er hat nie eine schädliche 
akuter ein Glaukom, um so me 
scher, um so mehr ist die 2 
Grenzfälle der subakuten Glau 
zwischen Iridektomie und Zyklo«. 
daß letztere erheblich gefahrlose’ 
nicht weniger wirksam sei. 

4. Becke r beschreibt einen 
rat zur Bestimmung der Befraktio» 

Befraktionsbestimmung im umgekf 
züge vor den anderen Methoden, 
der Bestimmung im aufrechten Bi’ 
eigenen Auges abhängig, auch m 
Skiaskopie Bewegungsphänomene 
fraktion ciues begrenzten . Bezirke, 
stellen kann, sondern man hat es b«. 
gekehrten Bilde mit einem reellqn 
dessen Entfernung von der entwerfende! 
ist von der Befraktiou des untersuchte 
Mängel in der praktischen Ausführung a>. 
schuldeten es bisher, daß diese in genialer 

als 30 Jahren von Schmidt- B i m p 1 e r bere. 

Methode verhältnismäßig wenig Verbreitung gefunüe. 
Hauptschwierigkeit bestand darin, den Ort des umgt 
Bildes genau und scharf festzustellen. Diese Schwierigkeit .. 
geht, Becker, indem er zwei aneinander ruhende, verkehrt zu 
einander gerichtete Prismen verwendet (d. h. die Basis des 
einen Prismas ruht auf der Kante des anderen und umgekehrt). 
Dadurch entstehen zwei Hälften des Bildes, und je nach der 
Lage der Prismen zum optischen Bilde werden die beiden Bild- 
hälften nach der einen oder der anderen Seite hin verschoben 
erscheinen (je nachdem sich nämlich die Prismen vor oder hinter 
dem optischen Bilde befinden >, und nur wenn sich Prismen 
und Bild genau an derselben Stelle befinden, werden wir den 
Eindruck haben, daß die beiden Hälften des Bildes kontinuierlich 1 
ineinander übergehen. Auf diesem Prinzip beruht ein nach 
Beckers Angaben hergestellter Apparat. Die weiteren 
Einzelheiten über denselben und über den Gang der Unter¬ 
suchung sind in der Originalarbeit nachzulesen. 

5. Bericht über einen Fall von chronischer Pilokarpinintoxi¬ 
kation, für die bisher in der Literatur noch kein Beispiel be¬ 
richtet war. Bei einem 27 jährigen Manne bestand seit zehn 
Jahren Glaukom auf beiden Augen, das unter täglich mehr¬ 
maliger Einträufelung von 2 proz. Pilokarpinlösung in beide 
Augen unter Vergrößerung der Augäpfel 1 Hydrophthalmüs) 
zu hochgradiger Sehstörung .geführt hatte. Seit mehreren Jahren 
leidet Patient an zunehmender „Nervosität“, Blutwallungen 
gegen den Kopf, hochgradiger Beizbarkeit, Erbrechen, Herz¬ 
klopfen, unruhigem Schlaf. Patient ist mager und blaß; 
leichter, feinschlägiger Tremor an den Händen, Puls 110—120. 
Somatisch, sonst nichts Abnormes. Nach Aussetzen der Pilo- 
karpineinträufclungen infolge operativer Behebung der glauko¬ 
matösen Drucksteigerung verschwinden innerhalb einiger AVochen 
alle subjektiven Symptome fast vollständig, die Herzaktion wird 
normal, der .Tremor verliert sich. E. Jiat in.einer größeren Zahl 
von langdauernden PilokaTpineinträufelungen ähnliche Er¬ 
scheinungen beobachtet, die stets nach dem Aussetzen des 


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JÜTISCHE RUNDSCHAU, 


25 


rative Be¬ 
ate, beweist 
jkarpin durch 
Erscheinungen 
adurch zustande 
Bindehaut .auf- 
ö elangt. Möglich k ist 
’änenwege in die Nase 
tweder hier oder 1 auch 
und den Magen zur 
obachtungen scheint 
eine gewisse Ueber- 
1 Auftreten der chro- 
sse Prädisposition zu 

folgenden Schlüssen: 
ld Therapie der Tuber- 
ionen am Krankheitsherd 
'den, weil Herdreaktionen 
eine Beherrschung der 
möglich ist. 2. Der Vorzug 
neben ihrer klinischen Be- 
tiver Tuberkulose einen posi- 
i, daß bei. sachgemäßer Aus- 
erdrea-ktion vermieden wird. 
Konjunktivalreaktion nur eine 
terial zum Teil unter die Kontra- 
auf die Kunjunktiva beschränkte 
iaguose gestattet, also nichts für 
viilose im Auge beweist. Speziell 
.men, entgegen den sonstigen Indi- 
•aktion als beweisend nur Herd¬ 
in Betracht. Diese lassen sich am 
X U durch wiederholte Instillation 
•i erzeugen, wodurch die Herd- 
.iicn ist, als eine nach einer sub- 
ii auf tretende Herdreaktion. 


mul öefiißkrankheiten. 

,arzt Dr. Silbermann, Kudowa-Berlin. 

.iptomatologie und Punktion der Exsudate des 

Von Prof. Dr. Z i n n. Therapie der Gegenwart, 
. 9 . 

Ueber die Herz- und Gefäß Wirkung des Digalens bei ge¬ 
sunden und kranken Menselien. Von Hans Eyehmiiller, 
Tübingen. Berliner klinische Wochenschrift, 1909, Nr. 37. 

3. Neue Untersuchungen über die physiologische Wirkung 
der Kolilensäuregasbäder. Von Dr. Leopold Fellner, 
Wien-Franzensbad. Med. Klinik, 1909, Nr. 34. 

1. Perikarditis kommt besonders vor als Komplikation des 
akuten Gelenkrheumatismus und zwar in 10"" der Fälle von 
Polyarthritis rheum. (Endokarditis in 25% der Fälle). 

Die Aetiologie der Perikarditis ist in - sämtlicher Fälle die 
Polyarthritis rheum. acuta und nur in 1 :1 der Fälle kommen 
chronische Nephritis, Tuberkulose, Gonorrhoe, Pneumonie, Pleu¬ 
ritis und andere Infektionskrankheiten, Geschwülste des Herz¬ 
beutels und der Nachburorgauc in Betracht; ein geringer Teil 
ist ätiologisch unklar, sog. idiopathische Perikarditis, die aber 
vielleicht auch auf Tuberkulose beruht. Beim akuten Gelenk¬ 
rheumatismus tritt meist die Perikarditis schon im ersten 
Stadium auf, bisweilen noch vor Erkrankung der Gelenke; 
vielfach kommt es auch im Verlaufe einer Endokarditis zur 
Erkrankung des Perikards. In allen diesen Fällen handelt es 
sich um die seröse, fibrinöse und serös-hämorrhagische Form, 
während die eitrige , und jauchige Perikarditis meist nach in¬ 
fizierten Wunden entsteht. Am häufigsten ist die fibrinöse 
Perikarditis — erkennbar am Reibegeräusch — dann die exsu¬ 
dative Form, mit deutlich vergrößerter Herzdämpfung. Von den 
rheumatischen Perikarditiden besteht in 50°/o der Fälle nur 
Reiben, iu 14% Reiben und wahrscheinlich kleiner Erguß, in 
35°/o deutlicher Erguß. Bei der nicht rheumatischen Perikarditis 
ist nur die Ansammlung eines großen Exsudates klinisch be¬ 
deutsam im Verhältnis' zur Grundkrankheit. Bei 49 Fällen 
mit großem Exsudat mußte Verf. 16 mal die Parazentese vor¬ 
nehmen. Bei der rheumatischen-Perikarditis treten oft anfangs 
nur Fieber und Allgemeinerscheinungen auf, die typhusVer- 


dächtig sind, allmählich perikarditische Geräusche, event. Ex¬ 
sudat und erst dann entwickeln sieh Gelenkerscheinungen. 

Bei großem Exsudat kann linksseitige Rekurrenslähmung 
auf treten, die durch Uebergreifen cler Entzündung auf den 
Nerv, nicht durch Druck alleiu bedingt ist. Von anderen 
Vagussymptomen ist bisweilen Erbrechen und selten unregel¬ 
mäßige Atmung beobachtet worden. Die fibrinösen Auf¬ 
lagerungen bilden sich oft ohne Verwachsungen zurück, so daß 
anfängliche Einziehungen wieder schwinden. In einem Falle 
beobachtete Verf. Beteiligung des N. phrenicus mit starkem 
Zwerchfellkrampf. Zur Diagnose des perikarditischen Ex¬ 
sudats hat Verf. mehrmals Röntgenaufnahmen benutzt, wobei 
der Exsudatsschatten feiner, zarter ist als der durch die Herz- 
muskulatur bedingte. Die Punktion ist bei größeren serösen 
oder meist serös-hämorrhagischen Exsudaten geboten, und kann 
in diesen Fällen oft lebensrettend wirken. Als Indikation für 
die Punktion fordert Zinn: 1. Lebensgefahr hei großem Erguß 
und plötzlicher Nachlaß der Herzkraft, unregelmäßiger, 
schneller, kleiner Puls, Atemnot, Zyanose,* Kräfteverfall, 
2. mangelnde Rückbildung eines großen Exsudats. (Dies ist 
fast nur bei Tuberkulose der Fall.) Nach C ursch mann soll 
man am V. oder VI. I.-R. außerhalb der Mammilla punktieren, 
wo.Dämpfung, aber keine Reibung und Pulsation wahrnehmbar ist; 
an anderen Stellen der Vorderwand, wie früher üblich, soll die 
Punktion nicht ausgeführt werden, da hier das Exsudat die 
geringste Tiefe hat uud die Gefahr einer Herzverletzung nahe- 
liegt. Dagegen ist eine etwaige Verletzung der Pleura und der 
Lungen belanglos. ) Die größte Masse des Exsudates ist in der 
linken seitlichen und unteren Hälfte des Herzbeutels, weniger 
in der rechten Seite. Besteht, wie es häufig der Fall ist, neben 
dem perikarditischen auch ciu pleuritisches Exsudat, so muß 
auch dieses möglichst frühzeitig entleert werden. Im all¬ 
gemeinen neigen die Herzbeutelergüsse zu spontaner Rück¬ 
bildung und nur in 1 :1 cler Fälle großer Ergüsse war eine 
Punktion erforderlich. Vor allem aber ist zu beachten, daß 
nicht die Größe des Exsudates, sondern nur das Auftreten be¬ 
drohlicher Erscheinungen die Entleerung bedingt. Die Technik 
der Punktion stellt sich nach Verf. so, daß zunächst unter 
S c h 1 e*i c h scher Anästhesie eine kleine Hautinzision gemacht 
und dann die Punktion ausgeführt wird, wobei die Entleerung 
unter Heberwirkung, nicht unter Aspiration geschieht. Eine 
Probepunktion hält Zinn für zweckmäßig, da bisweilen schon 
die Entleerung einer ganz geringen Menge Exsudates genügt, 
um die spontane Resorption anzuregen- Was die Größe kies 
Exsudates anlangt, so hat Verf. Mengen von 80—300 ecm, in 
einem Falle sogar 700 ccm entleert. 

Von der oben erwähnten Norm betreffend die Einstichstelle 
ist Verf. in einzelnen Fällen abgegangen und zwar dann, wenn 
der linke Ventrikel stark vergrößert war, oder linker Ven¬ 
trikel und Exsudat sich nicht genau abgrenzen ließen, oder 
bei Verwachsungen der Perikardialblätter oder der Pleura. In 
diesen Fällen wurde die Punktion in der rechten Seite gemacht. 
Die Punktion links, dicht neben dem Sternum, ist jedenfalls 
aufzugeben, da hier, wie schon bemerkt, das Exsudat die ge¬ 
ringste Tiefe hat uud demgemäß die Entleerung ganz unzuläng¬ 
lich ist. 

2. lnler gleichzeitiger Beobachtung der Blutgehalts- 
Schwankungen des Armes und der Darmgefäße, der Strom- 
gcschwindigkeit im Truncus anonyinus bezw. der Art. subclavia 
und fortlaufender. Messungen des Maximal- und Minimaldrucks 
mittels des R c c k 1 i n g h a ils c n sehen Tonometers wurden 
intravenöse Injektionen von Digalen gemacht, um etwaige 
Schwankungen des Gefäßkalibers unter der Einwirkung von 
Digalen an gesunden und herzkranken Personen zu studieren. 
(Die genauere Technik der Untersuchungen ist im Original 
nachzulesen.) Die Untersuchungen führten zu folgenden Resul¬ 
taten: 1. Bei Gesunden tritt weder im Splätochnikusgebdetj 
noch im Gebiet der peripheren Arterien nach intravenöser In¬ 
jektion von 1 ccm Digalen eine deutliche Veränderung des 
Gefäßkalibers ein; ob aber dabei, vielleicht Tonusänderungen 
eiutreten, läßt sich nicht entscheiden. 2. Das Schlagvolumen 
wird, wie aus dem Tachogramm hervorgeht, ein weuig ver¬ 
größert, die Schlagfolge verringert. Der Blutdruck zeigt keine 
typischen Veränderungen im Gegensatz zum intravenös ein¬ 
verleibten Strophanthin, das auch hei Gesunden eine mäßige 
Blutdrucksteigerung, hervorgerufen durch ein erhöhtes Schlag - 
volumen, bewirkt. 

Bei herzkranken Personen wirkt das Digalen in gleicher 
Weise wie hei gesunden, nur das hier die Wirkung kräftiger 


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26 


THERAPEUTISCHE RUNL. 


und ausgesprochener ist. Doch auch hier ist eine Einwirkung- 
auf das Gefäßkaliber nicht zu erkennen, und die beobachtete 
Blutdrucksteigerung dürfte nur auf das erhöhte Schlagvoluinen 
zurückzuführen sein. Des weiteren aber zeigte sich die Wirkung 
des Digalen ganz besonders in der günstigen Beeinflussung der 
Irregularität, Inaequalität und Frequenz des Pulses, eine Eigen¬ 
schaft, die wir ja aus der klinischen Beobachtung allein zur 
Genüge kennen. Seine Schlußfolgerungen schränkt Verf. selbst 
ein mit dem Hinweise, daß er nur einmalige Injektionen von 
1 ccm vorgenommen hat und die Frage unentschieden laßt, 
ob nicht bei größeren Dosen oder längerer innerer Darreichung 
doch vielleicht eine Gefäßwirkung zustande kommt. 

3. Verf. hat im Anschluß an seine bereits vor einigen 
Jahren mittels Gärtners Tonometer vorgenommenen Unter¬ 
suchungen über die Wirkung der Kohlensäuregasbäder weitere 
Versuche gemacht und diesmal die Blutdruckmessungen mittels 
des Biva-Rocci und der auskultatorischen Methode vorgenommen. 
Schon in seinen ersten Versuchen, die er an sich selbst aus- 
’geführt hatte, war er zu dem Resultat gelangt, daß in der 
Mehrzahl der Fälle (8 bei 13 Fällen) die Respiration vermehrt 
ist, desgleichen (in 10 Fällen) die Pulsfrequenz zum Teil nicht 
unerheblich ansteigt, der Blutdruck aber in allen Fällen erhöht 
wird (um 5—25 mm Hg). Diese Resultate waren von Franz 
G r ö d e 1 augezweifelt worden, der jedoch nur zum Teil andere 
Ergebnisse fand. Bei den jetzt veröffentlichten Fällen kommt 
Verfasser im wesentlichen zu den gleichen Resultaten, nur ist 
die Blutdrucksteigerung nicht in allen Fällen vorhanden; der 
Pulsdruck, der bei den diesmaligen Versuchen gleichfalls be¬ 
stimmt worden ist, ist von 21 Fällen 18 mal erhöht gewesen, 
und zwar um 3—28 mm, 3 mal erniedrigt, um 4—7 mm Hg. 
Die Pulsfrequenz war gleichfalls nicht so konstant gestiegen 
wie bei den ersten Versuchen, was Verf. auf die psychisch 
weniger einwirkende auskultatorische Methode zurückführt. Des 
weiteren haben diese Versuche die Tatsache bestätigt, daß die 
Wirkung von Kohlensäuregasbädern eine andere als die von 
Kohlensäure-Mineralbädern ist; denn während hier der Blut¬ 
druck in einer großen Anzahl von Fällen nach anfänglicher 
Steigerung sinkt, Atmungs- und Pulsfrequenz abnehmen, tritt 
dort eine, wenn auch nicht konstante Steigerung dieser Faktoren 
ein. Den Grund für dieses verschiedene Verhalten glaubt Verf. 
in der Verschiedenheit der Medien Luft und CO* einerseits. 
Mineralwasser und CCD andererseits — und der dadurch be¬ 
dingten verschiedenen Wärmekapazität und Leitungsvermögen 
sehen zu dürfen. 


Neurologie und Psychiatrie. 

Referent: Irrenarzt Dr. 'Wern. H. Becker, Weilmünster. 

1. Zur psychologischen Differentialdiagnose der einzelnen 
Epilepsieformen. Von Dr. Rittershaus, Friedrichsberg. 
(Fortsetzung.) Archiv für Psychiatrie, 1909, lieft 2. 

2. Die Behandlung der Gesichtsneuralgie. Von Dr. 
W. Alexander, Berlin. Berliner klin. Wochensehr., 1909, 
Nr. 50. 

3. Die Injektionstherapie der Ischias und anderer Neur¬ 
algien. Vortrag von Dr. Wiener, Prag. Deutsche Acrzte- 
Zeitulig, 1909, H. 24. 

1. Immerhin ist es interessant, daß tatsächlich in zwei Fällen 
von anscheinend luetischer Epilepsie, die in den ersten 12 Fällen 
dargelegten Assoziationscharakteristiken der Epileptiker nicht 
zu finden sind; ebensowenig ließen sich dieselben nur teilweise 
oder gar nicht nachweisen in 5 Fällen von anfallslosem epi¬ 
leptischen Irresein, von denen aber die Diagnose in 3 Fällen 
als nicht ganz einwandsfrei zugegeben wird. Wenn Verfasser 
zum Schluß schreibt, daß er sich der Unzulänglichkeit seines 
kleinen Materials wohl bewußt sei, so wird man diese Selbst¬ 
kritik anerkennen und gleichzeitig die recht fleißige und 
psychiatrisch durchaus nicht uninteressante — besonders jfiir 
den, der sich für die Verwertbarkeit der Sommersehen 
Assoziationsschemata interessiert — lange Arbeit voll und ganz 
zu würdigen wissen, zumal sie aus einer Anstalt, wie der 
Specht sehen Klinik, stammt. 

2. Der Verfasser ist durch sein gemeinsam mit Krim er 
herausgegebenes Taschenbuch der Nervenkrankheiten bereits be¬ 
kannt. — Die glücklicherweise seltene echte Trigeminusneuralgie 
trotzt häufig den gewöhnlichen ärztlichen Eingriffen, wir hören 
deshalb gern eine hier gegebene autoritative Darlegung des ein¬ 
zuschlagenden Weges einer wirklich rationellen Therapie. Neben 






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der Beseitig 
empfiehlt A. 
mittel und ei. 
allgemeinen Sei. 

Diät. Dabei tri, 

oder merkliche Bl 

kur einmal zu wieu, 

in irgendeiner Form lol- 

Applikation von Heißl 

oder die sog. Thermt 

,,dreiste Dosen“ von 

(unter den anderen ve. 

einen gewissen Vorzug 

ein, schlägt A. die 

,,M erck“ oder Clin 

bis „hart an die toxisch 

einer gemäßigten Abführ. 

ein 2—3 maliger Versuch i. 

zu kleinen Dosen physiologi 

satz von Eucain, Stovain, ? 

fertigt, nachdem man gl eie 

kur eingeleitet hat. Bleibt der • 

nach Hange ilie Injektion < 

lösung tiefer, an die Austritts«! 

astes im Gesicht, iu Abständen v 

können andere Formen der Elekt 

sation mit Strömen von 20—50 IV» 

25—60 Minuten täglich, und noch 
Nitroglyzerin, versucht werden. S 
fehl, so bleibt nur noch die Zer 
mit Alkoholinjektionen statt auf rt 
werkstelligt sehen möchte, übrig. 1 
gefährlich und erfordert viel Uebun. 
ausführenden Arztes. Röntgcnstrah 1 
nach dem heutigen Stande der Wi- 
Erfolg. Ebenso hält Verfasser \ 

Mitteln nicht viel. Er warnt direkt » 
bezw. -Schleimhautpinselungen und voi 
Kokainismus resp. Morphinismus eher zu 
Erreichung eines Dauererfolges zu erhoffen \ 

Punkt kann ich Verfasser nicht recht gcb< 
der Schmerzen durch Husteustöße bei Ischias 
Blutdrucksteigerung Schmerzen vermehrt., Blut» 
schmerzlindernd wirkt. Die Tatsache mag ei., 
aber ihre Begründung nicht; denn jene Schmerze, 
scheinen mir mehr durch die plötzliche mechanische Ins 
des Ischiadikus seitens des gegengedrückten Darmiuhalts 
vorgerufen zu werden. 

3. Im Gegensatz zum vorstehenden Aufsatz schildert uns W. 
mehr den- hcuügeu Stand der c. h i r u r g i s e h e n Technik der 
Beseitigung von Neuralgien, insonderheit der Ischias, und zwar 
mit Zitierung von 65 einschlägigen Aufsätzen aus der modernen 
Literatur. Danach und nach Verfassers persönlichen Erfahrungen 
scheint auch die Alkoholinjektionstherapie ihre großen 
Schattenseiten zu haben, und scheint man chirurgischcrseits 
wiederum zu der von Lange, Rüdiger u. a. vorvoll komm- 
neten Methode,, größere Mengen steriler physiologischer Na ('!- 
Lösung mit oder ohne Eucain oder dergl. intraneural an 
d e m D r ucks c h m erzpu n k i zu injizieren, zurückgekehrt 
zu sein. Verfasser rühmt den Erfolg als frappant augenblicklich 
(nach ca. 2 Miuuten), etwa auftretendes Fieber, auch wenn mit 
neuem Nervenschmerz einhergehend, für irrelevant, da nach 
eiuigen Stunden wieder verschwunden, und ist persönlich auf 
empirischem Wege bei folgender Lösung augelangt: 

Natrii. chlorati.6,0 

Calc. chlorati crystall. . . . 0,75 
Aq. dest,. 1000,0 

Die Operationstechnik möge der Leser im Original nach- 
lesen. 


Urologie. 

Referent: Spezialarzt Dr. L. Li pm an-'Wulf. Berlin. 

1. Ueber Pyelitis. Von Dr. H. Feleki, Budapest. Folia 
urologica, 1909, Bd. IV, Nr. 4. 

2. Note cliniche sopra 420 osservazioni personali di chirurgia 
urinaria. Per il Prof. Roberto Bin a g h i , Cagliari. Folia 
urologica, 1909, Bd. IV, Nr. 4. 



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27 


Prostata- 
w gegen de 

o d R o t h - 
r. 4. 

iuberkulo:e im 

. e 1 , Sehöneberg. 


Harnwege. Von Dr. 
1 909, Nr. 40. 
nröhre mit heißen 

best. Deutsche med. 


'rostatahyperirophie. 

linik, 1909, Nr. 41. 
.inkt aus die Nieren - 
sondern. Erstere kann 
/ährend ihres Verlaufs 
»estellt hätten. Die Ent- 
infektion, die auf aszen-- 
zustande kommt. Die 
durch mechanische .Hin- 
c mit dem Harn veranlaßt 
'arnwege schreitet per conti- 
oischer Pyelitis. Das Empor- 
■ anatomisch -physiologischen 
alogischen Veränderungen des 
tion der Harnleiter begünstigt. 
: ch eine Fortsetzung der Harn- 
•tregiereiuler Teil der Ureteren. 
r mittels des L rcterenkatheters 
rung desselben ist immer diq 
re zu prüfen, da unser thera- 
ognose sich nach dem Zustande 


eher Pyelitis konnte Verfasser 
r gewonnenen Harn den Gono- 
t'yeliris heilt zuweilen auf innere 
•luge Flüssigkeitszufuhr, Harndesinfi - 
•i Retention ist der Ureterenkatheter 
desselben indiziert. 

dien wirken mittels des Ureterenkatheters 
illnt innen und Ausspülungen des. Nieren- 
ästig. Besonders gute Erfolge werden bei 
yeliiis erzi dt. Spüllösungen sind bei Infektion 
•occus Arg. nitr. 1:4000 bis 1:1000, bei Colli 
.ydrarg. oxycyanat 1:4000.) Kontraindiziert sind 
.„. n bei Pyelonephritis, Tuberkulose und Konkrementen 
in den oberen Harnwegen. Führen die beschriebenen Heilver¬ 
fahren nPht zum Ziel, so ist ein operativer Eingriff am Platze. 

2. I nter 420 Operationen, von denen 114 auf die Niere, 
48 auf die Blase, 20 auf die Prostata und 318 auf die Harn¬ 
röhre entfallen, waren 10 Todesfälle, also 2,3 H o Mortalität). 
Verf. zieht aus seinen Beobachtungen folgende Schlu߬ 
folgerungen: Die Indikation für Nephropexie muß sich nicht 
so sehr auf- den Grad der Beweglichkeit der Niere, als viel-» 
mehr auf die Schwere der Symptome beziehen. Die totale 
Nephrektomie ist die Operation der Wahl bei der Nieren¬ 
tuberkulose, deren Resultate um so besser siud, je frühzeitiger 
der Eingriff vorgeuommen wird und je frühzeitiger die Dia¬ 
gnose durch funktionelle Nierenprüfung gestellt wird. Bei der 
Lithiasis der Harnblase entspricht die Cystotomia suprapubica 
allen therapeutischen Indikationen. Die transvesikale Prosta¬ 
tektomie ist der perinealen vorzuziehen, da die hauptsäch¬ 
lichsten Ursachen der Mortalität Blutung und Infektion) bei 
der jetzigen vervollkommneten Technik nicht mehr zu be¬ 
fürchten sind. Die blennorrhae;ischen Harnröhre,nstrikturen 
sollen mittels der internen Urethrotomie behandelt werden. 
Nur jene Strikturen, die man nicht überwinden kann und die 
lokale Komplikationen zeigen, sowie jene, die nach der Urethro- 
tomia interna leicht rezidivieren, sollen, wie die traumatischen 
Strikturen, mit der Urethrektomie — an die sich dann später 
die Autoplastik anschließt — behandelt werden. 

3. In sogen, hypertrophischen Prostatae bei nicht infizierten 
Harnwegen findet man mikroskopisch entzündliche Veränderun¬ 
gen; in der Drüsen Substanz katarrhalische Erscheinungen, Pro¬ 
liferation, Desquamation des Epithels, seltener Eiter in den 
Drüsen ; in dem Stroma peri- und paraglanduliir Rundzellen¬ 
ansammlungen oder fibröse Narbenherde oder beides nebenein¬ 
ander. Daneben findet man Erweiterung der Drüsenlumina, teil- 


Ofeltiawl bv 


"eise bis zu zystischer Dilatation. In Schnitten von 10 f l und 
Serienschnitten bei beginnender Prostatahypertrophie stellten 
^ f l ‘f- und C i e c h a n o w s k i infolge ehr obigen gefundenen 
mikroskopischen Tatsachen folgendes fest: „Die Prostata¬ 
hypertrophie ist in den meisten Fällen und im wesent-, 
liehen eine Folge der Dilatation der Drüsenlumina der 
Prostata; diese Dilatation ist eine Wirkung der Retention 
des katarrhalisch vermehrten Sekrets infolge der Ein¬ 
schnürung, Strikturierung oder Obliteration der Ausführungs- 
gänge der Drüsen, insebesondere der Hauptausführungsgänge 
durch die peri- und para glandulären Entzündungsherde, de 
mehr Drüsensubstanz in der Prostata normalerweise vorhanden 
ist, um so intensiver ist die \\ irkung der Dilatation auf Form- 
und Größenveränderung der Prostata. Eine neoplastische Ver¬ 
mehrung der Drüsensubstanz oder des Stromas findet dabei nicht 
statt; vielleicht daß eine funktionelle Hyperplasie der Drüsen¬ 
substanz sich bildet, um die durch Abschnürung ihrer Ausfülr- 
ruugsgänge ausgeschalteten Drüsenteile kompensatorisch zu 
ersetzen.“ 

4. Ein zur Sektion gekommener Fall bestätigte die von 
v. B a u m g a r t e n experimentell erwiesene Tatsache, daß bei 
normalem Sekretabfluß ein Aufsteigen der Erkrankung entgegen 
dem Sekretstrom nicht vorkommt. Bei der Sektion fand sich der 
rechte Ureter und Nierenbecken ganz frei von Tuberkulose, trotz¬ 
dem eine schwere Schleimhauttuberkulose von Blase und Urethra 
vorlag. Ein Aufsteigen des Prozesses hatte auf dieser Seite also 
nicht stattgefunden. Links dagegen wurde durch fibröse Indu¬ 
rationen in der Umgebung der Samenblase der Ureter so stark 
komprimiert, daß ei::e Stauung des Sekretstromes stattfand. Es 
bildete sich zunächst eine Hydronephrose und Uretererweiterung, 
und in dem stagnierenden Urin fanden Tuberkelbazillen leicht Ge¬ 
legenheit. die Wand zu infizieren und zu schweren Veränderun¬ 
gen im Nierenbecken, Ureter und Niere zu führen. 

5. An der Hand einiger Krankengeschichten wird der Be¬ 
weis geführt, daß bei kleinen Mädchen von einer Vulvitis aus eine 
aszendierende Infektion der Harnwege erfolgen kann. In der 
Bekämpfung auch leichtester Reizzustände der Vulva treibt man 
Prophylaxe gegen Cystitis und Pyelitis. Vielleicht besteht auch 
ein häufigerer Zusammenhang zwischen Vulvitis und gestörter 
\ erdauung, so daß in Regelung der Darmtätigkeit die Haupt¬ 
aufgabe in solchen Fällen zu erblicken wäre. 

6. Verf. versuchte bei Strikturen lokal an der vernarbten, ver¬ 
eng! en Stelle Wärme zu applizieren. Diesen Zwecke erreichte er 
mit Hilfe einer Sonde, welche die Wärme vermittelt. Diese Sonde 
besteht aus einer leeren Röhre, die ihrer ganzen Länge nach in 
zwei Teile zerlegt ist, so daß das Wasser nur unten an der Spitze 
von einem Kanal in den anderen fließen kann, durch den es sich 
wie beim Psychrophor entleert. Die erwähnte Sonde wird dem 
sitzenden Patienten in die Harnröhre eingeführt und mit einem 
in der Höhe von 2 m stehenden Irrigator verbunden. Das warme 
Wasser fließt in 8—10 Minuten aus dem IV 2 1 enthaltenden Gefäß. 
Das Ausfließen kann durch Verschließen des Abflußhahns geregelt 
werden. Die Harnröhre verträgt gut eine Temperatur von 50, 
allenfalls 52°, über 55—56" aber nicht. Bis das Wasser von 
52° durch die Sonde fließt sinkt die Temperatur auf 43—42°, 
A 11 dem von außen an den urethralen Teil des Penis ge¬ 
haltenen Thermometer stieg das Quecksilber auf 39,6°. Während 
der Prozedur durchwärmt sich die ganze Harnröhre, auch .auf 
dem dorsalen Teil des Penis steigt die Temperatur um 1 Grad. 
Die W arme erstreckt sich langsam auf den ganzen Körper, so 
daß der Patient zu schwitzen anfängt. Der Wasserzufluß wird 
dann eingestellt. Die vom Verfasser mit dieser Behandlung 
gesammelten Erfahrungen sind bisher gering, jedoch sind die 
Resultate viel versprechend. Die regide Striktur wird lockerer, 
weicher und läßt die Sonde leichter durch. Vorläufig be¬ 
schränkte sich Porosz nur auf die Behandlung der Urethra 
anterior. 

7. Den Symptomen nach teilt man die Krankheit gewöhn¬ 
lich in drei Gruppen: 1. in diejenige, bei der nur Beschwerden 
und kein Rückstand in der Blase nachweisbar ist, 2. die¬ 
jenige, bei der ein mehr oder minder größerer Rückstand vor¬ 
handen ist, dabei aber noch' Urin selbst entleert wird, und 
3. diejenige, bei der eine spontane Entleerung überhaupt nicht 
mehr stattfindet. Diese Gruppen gehen natürlich ineinander 
über. Unter den subjektiv nachweisbaren Symptomen stehen in 
erster Liuie die Blasenbeschjverden. Die Diagnose wird gestellt 
durch die mittels Katheters nachgewiesene Urinstörung und 
durch den Nachweis, daß diese Stauung durch Prostataiver- 
größerung verursacht wird, durch Rektaluntersuchung' und 


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28 


THERAPEUTISCHE RUNL 


Zystoskopie. Ausgeschlossen muß natürlich werden, oh nicht 
etwa durch Erkrankungen des Nervensystems die Behinderung- 
der Mixtion hervorgerufen wurde. Große Sorgfalt erheischt 
das Aussuchen eines für den Patienten zum Katheterismua 
geeigneten Katheters. Verfasser bespricht die hygienisch-diäte¬ 
tischen, medikamentösen Maßnahmen, die zweckmäßige Aus¬ 
führung des Katheterismus. Mit diesem fühlen sich die Kranken 
in sehr vielen Fällen ganz wohl. Man achte auf das Vor¬ 
kommen von Steinen, die durch Lithotrypsie zu beseitigen sind. 
Stellen sich Infektionen ein. Schwierigkeiten resp. Unmöglich¬ 
keiten den Katheter einzuführeu, treten Blutungen, fortdauern¬ 
des Drängen mit Verfall der Kräfte auf, so ist die Operation- 
indiziert. Die Methode der Wahl ist hier nach den neuesten 
Erfahrungen die Prostatektomie von der eröffneten Blase 
oder vom Damm aus. Die Erfolge dieser Operation sind ver¬ 
blüffend; sie ist in allen Fallen anzuwenden, in denen die 
konservative Behandlung nicht zum Ziele führt. 


Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Busch, Berlin-Halensee. 

1. Urämie, eine otitische Hirnkomplikation vortäuschend. 
Voll Dr. Levinger, München. Z. f. ().. Bd. 59, H. -1. 

2 . Zur Kenntnis der hereditär-degenerativen Taubstummheit. 
Ueber die Vergesellschaftung der hereditären Taubheit mit ande¬ 
ren hereditären, pathologischen Zuständen. Von Dozent Dr. 
V. Ha mmerschlag, Wien. Z. f. O., Bd. 59, 11. 4. 

3. Zur Kasuistik der Zungenstruma. Von Dr. M eurer«. 
Z. f. O., Brl. 59, H. 4. 

4. Methode zur Entlarvung der Simulation einseitiger Taub¬ 
heit. Von Priv.-Doz. Dr. Ii. Marx. Z. f. 0., Bd. 59, H. 4. 

5. Zur Operation der Mikrotie mit kongenitaler Gehör- 

gangsatresie. Von Dr. A. Blumenthal. Z. f. O., Bd. 59, 

Heft 4. 

6. Thyreoidea accessoria intratrache?lis. Von Dr. R. Hoff- 
mann. Z. f. O., Bd. 59, H. 4. 

7. Die Gefahren der Tamponade des Nasenrachenraumes. 

Von Dr. O. Mayer, Graz. Münch, med. Wochenschr., 1909, 

Nr. 43. 

8. Ueber die Behandlung akuter Mittelohrentzündungen 
mit Hilfe der Stauungshyperämie. Von Dr. R. Spira, Krakau. 
Die Heilkunde, Monatsschrift für prakt. Medizin, 1909. 

9. Die Bedeutung des Röntgenverfahrens für die Physiologie 
der Sprache und Stimme. Von Dr. M. Sch eie r, Berlin. Archiv 
für Laryugologie, Bd. 22. H. 2. 

1. Levinger veröffentlicht einen Fall von Masernotitis, 
bei welchem er wegen heftiger Schmerzen, profuser Eiterung 
und hohen Fiebers die Aufmeißelung nach Schwartze vor- 
nahm. Da nach der Operation das Fieber fortbestand und 
Somnolenz auftrat, wurde der Sinus freigelegt, der jedoch keinen 
pathologischen Befund bot. In den nächsten Tagen nahm die 
Somnolenz zu, das Bewußtsein erlosch nach und nach völlig, 
es trat Erbrechen auf, Krampf zustande, schließlich — vier 
Tage nach .der ersten Operation — der tötliche Ausgang. Die 
Sektion ergab, daß derselbe nicht durch die Masernotitis bezw. 
eine von Levinger angenommene otitische Hirnkomplikation, 
sondern durch eine Parenchymdegeneration der Nieren mit 
Urämie bedingt war. Aehuliche diagnostische Irrtümer sind 
öfter in der otologischen Literatur besprochen; Harnunter¬ 
suchung und Lumbalpunktion können hier vielleicht ab und zu 
zur richtigen Diagnose verhelfen. 

2. Hammerseh lag ist der Ansicht, daß die degoueraliv- 
atrophischen Vorgänge im N. acustieus und in seinen Endstellen 
bei kongenitaler Taubheit und Otosklerose wahrscheinlich die¬ 
selben sind. Da ferner auch bei kongenitaler Taubheit typische 
otosklerotische Veränderungen der Labyrinthkapsel beschrieben 
sind und hereditäre Taubheit und Otosklerose in manchen 
Familien vergesellschaftet vorgekommeu sind. so rollt 
Hammerschlag die Frage auf, ob wir nicht berechtigt 
sind, beide Krankheiten als verschiedene Erscheinungsformen 
eines und desselben pathologischen Vorgangs aufzufassen. Diesen 
gemeinsamen pathologischen Vorgang sieht H a m m e rs c hing 
in hereditären Verhältnissen, in einer allmählichen Verschlechte¬ 
rung des Keimmaterials durch Generationen hindurch und all¬ 
gemeiner Degeneration des einzelnen Individuums, die sieh auch 
au den feinst organisierten Zellmechanismen, den Zellen der 
Sinnesepithelien und des Zentralnervensystems bemerkbar macht. 


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Daß dir 
taler Tauhhe 
Ueber einstimm 
mit derartigen 
„allmählichen V< 
sieh meines Eraci 
doch die genannten iv. 
nährten, anämischen, r 
man zu sehen bekom 
glaube, daß man mi 
Betrachtungen nicht < 
bestimmte Aetiologie 
vielleicht die h e r e d 
welche ich in einer 
einige Stützpunkte geh 
Beiträge, Bd. III, Ii. 
reaktiou hei nervöser Sei 

3. M e u r e r s hat hei 
stark zurückgebliebenen Pa 
achtet. Starker Gestank u 
die Kranke zum Arzt, wo 
normaler Stelle, dafür einen 
gangränösen Tumor am Zungen 
der Glühsehliuge entfernt wur 

4. Zur Entlarvung der Sii 
wendet M a r x den von B ä r 
Derselbe besteht bekanntlich au 
starke Feder enthält, welche dui 
einem Wecker — iu Lärm erze. 
werden kann. Steckt man den oli 
in ein Ohr und zieht den Appara 
durch den entstehenden Lärm völlig- 
inan dom Simulanten in das gesui 
fragt man ihn, ohne daß er vo 
ablesen kann, beiläufig, ob er die. 
er die Frage mit dem angeblich ta. 
das gesunde ist ja künstlich taub gern, 
lation überführt. Der Apparat eignet. 

Militärarzt; nur glaube ich, daß ein gens. 
dem nicht immer auf den Leim gehen.wird, 
kennen manchmal alle anzuwendenden Trie. 
untersuchende Arzt! (Ref.) 

5. Die Operation der Mikrotie mit kon^, 
gangsatresie wird in der Weise vörgenommen, d 
Aufmeißelung des Warzenfortsatzes ähnlich 
Schwartze sollen Operation bis ins Mittcloiu 
und sich nun den gebildeten Knochenwundkanal durch 
bringen von Epidermisstücken oder gestielten Hautläppchen über¬ 
häuten läßt. Die von Alexander in Wien angeregte Ope¬ 
ration soll eine erhebliche Verbesserung der Hörfähigkeit zur 
Folge haben. Brühl hat diese Methode iu zwei Fällen nach¬ 
geprüft. Die operativen Schwierigkeiten sind erhebliche, da 
alle Orientierungspunkte am Knochen fehlen; auch weiß man 
nicht, oh man eine Paukenhöhle finden wird, ob die Gehör¬ 
knöchelchen vorhanden sind, ob das Labyrinth funktionstüchtig 
ist. Nur wenn letzteres zutrifft, wird man einen Versuch wagen 
dürfen. — In beiden Fällen, die B r ü h I operierte, ist leider 
eine dauernde Besserung der Hörfähigkeit nicht erzielt worden. 

6. Ho ff mann beschreibt einen Fall von Thyreoidea 
accessoria intratraehealis, einen subglottisch der Hinter- 
wand der Luftröhre aufsitzenden und dieselbe fast ganz 
verschließenden Tumor, welcher nach vorhergegangener 
Tracheotomie von außen entfernt wurde. Er erwies sich als 
normale, in die Luftröhre versprengte Schilddrüse. 

7. Jeder junge Arzt, der seine Praxis anfängt, vergißt 
nicht, sieh für den Fall einer Blutung aus der Nase mit einem} 
Belloqschen Röhrchen auszurüsten, meist jedoch ohne zu 
wissen, daß es nicht nur unnötig ist, sondern auch schädlich für 
den Kranken sein kann. Als Belag für letzteres bringt Mayer 
folgenden Fall: Wegen Nasenblutens machte ein Arzt auf dem 
Lande sofort B e 11 o q sehe Tamponade, die innerhalb von zwei 
Tagen dreimal gewechselt, doch immer erneuert wurde. Vom 
5. Tage an bekam Pat. Kopfschmerzen,- Schwellung des rechten 
unteren Lides (Incision — kein Eiter), Ohren,schmerzen und 
Eiterung aus den , Ohren. Mit hohem Fieber wurde Pat. in 
die Klinik eingeliefert, wo eine beiderseitige Otitis media acuta 
mit Mastoiditis, beiderseitige eitrige Entzündung der Kiefer¬ 
höhle und rechtsseitige Orbitalphlegmone festgestellt wurden. 
Der Kranke wurde nun zwar geheilt, aber der Fall zeigt doch 


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29 


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mie referiert. Nach 
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tz versucht, die Otitis 
’rotz der sehr großen 
ra übersichtlich zu- 
fer der Ansichten ist 
..reif. Beachtenswert 
..oren von dem Verfahren 

,a zur Mitarbeit bei Lösung der 
he Methode in der Behandlung der 
aert, so möchte ich d»;m meine dahin¬ 
ten, daß dies nur der Iv r ankenhaus- 
nur derjenige, welcher über speziellere otia- 
verfügt. Jeder, der die B i e r sehe Methode 
oder sonstwo angewendet hat, weiß, daß das 
große. Sorgfalt und Ueberwachung erfordert; die 
„aubinden dürfen nicht zu fest und nicht zu locker liegen, 
d\e Anzahl von Stunden, in denen gestaut wird, muß individuali¬ 
siert werden; hierzu kommt für die Otiatrie, daß man den Ohr¬ 
befund genau kontrollieren muß, um nicht den richtigen Zeit- 
tnnkt zur Parazentese und zur Aufmeiße'ung zu versäumen. Bei 
(er schnellen Einschmelzung des Warzenfortsatzes, die bei der 
Methode beobachtet ist, kann sonst das Auftreten intra¬ 
kranieller Komplikationen unangenehme Ueberraschungcn 
bringen. 

9. Die sehr interessante Arbeit Scheie rs über die Be¬ 
deutung des Röntgenverfahrens für die Physiologie der Sprache 
und, Stimme hat rein physiologisch-laryngologisches Interesse 
und eignet sich nicht zu einem kurzen Referat. 


Balneologie, 

Referent: Dr. M. Hirsch. Bad Kudowa. 

Der 38. Schlesische Bäder tag fand, wie seine Vorgänger, 
am 13. Dezember 1909 in Breslau unter zahlreicher Beteiligung 
statt. Er wurde von dem stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn 
Badedirektor Dr. Büttner, Salzbrunn, mit einem Nachruf 
auf den Begründer des Schlesischen Bädertages, Herrn Geheim¬ 
rat D e n g 1 e r , eröffnet, dessen Verdienste Herr Geheimrat 
I)r. Adam, Flinsherg, in warm empfundenen Worten würdigte. 
Seine große Bedeutung lag in der Gründung des Schlesischen 
Bädertages, der so unendlich viel für Schlesiens Bäder ge¬ 
leistet hat. 

Herr Privatdozent Dr. von dem Borne, Breslau: 
,,U e her die M ethoden und Ergebnisse de r m o d e r - 
n e n E r d b e b e n k u n d e u :n d i h re B e d e u t n n g f ü r 
die Thermen.“ 

Die wichtigsten Methoden der Erdbebenforschung sind die¬ 
jenigen, welche das Auftreten eines »Erdbebens in der Ferne an- 
. zeigen und registrieren. Man stellte auf diese Weise fest, daß 
jedem Erdbeben zwei Vorläufer vorausgingen, zwischen denen 



JHE RUNDSCHAU. 


ein gesetzmäßiger Abstand besteht, der auf die Entfernung 
des Erdbebenherdes Schlüsse ziehen läßt. Weitere Methoden 
zeigten den Punkt des Erdbebenherdes. Es gelang auch der 
Erdbebenkunde, den Aggregatzustand des Erdinnern fest¬ 
zustellen, und zwar ist er so fest, wie keine Substanz der Erde, 
die wir kennen. Wir können auch festlegen, wie hoch dasj 
spezifische Gewicht der einzelnen Stellen innerhalb der Erde 
ist, was für die Entstehung der Thermen sehr wichtig ist. Bis 
zu einer Tiefe von 1500 Kilometern ist das spezifische Gewicht 
des Erdinnern ähnlich dem der Erdoberfläche und wird darunter 
ziemlich plötzlich viel höher. I)as Erdinnere scheint ein Eisen¬ 
kern zu sein, der viel Radioaktivität besitzt. Den Forschungen 
in der Erdbebenkunde ist zu danken, daß man jetzt annimmt, 
juveuile Wasser seien unverhältnismäßig seltener als vadose. 
Für die Praxis, namentlich hinsichtlich des Quellenschutzes, 
ergibt sich, daß man jede Quelle lieber a priori als 1 vadoH 
ansehe. 

Herr Geheimrat Dr. Adam, Flinsherg: „D i c bakterio¬ 
logische Fleischbeschau, deren Einrichtung 
der Verein s c h 1 e sis eher Tie rä r z t e a ng eregt 
h a i.“ 

Diese Kontrollen müßten in mehr Laboratorien vorgenommen 
werden als es heute üblich ist. Vor allem müßten auch solche 
Laboratorien in der Nähe der Kurorte sein, welche vielfach das 
Fleisch von außen beziehen müssen. 

Herr Dr. W i 11 e , Kudowa : „Heiz u n g s a n 1 a g e n f ii r 
Logier h ä u s er.“ 

Vortragender sieht sie für höchst notwendig an, nicht nur 
für die Heizung, soudern auch für die Ventilation. Vor¬ 
tragender bespricht die verschiedensten Methoden der Heizung 
und empfiehlt besonders die Warmluftheizung nach einem be¬ 
stimmten System. Auch auf die elektrische Heizung geht. Vor¬ 
tragender ein. — In der Diskussion empfiehl Herr Dr. H ir sch t 
Kudowa, die Heizkörper mehr zu berücksichtigen. Sie müssen 
sich gut reinigen lassen, weil organische Staubpartikelchen un¬ 
genügend versengen und diese Produkte die Luft verschlechtern. 
Herr Dr. Joel, Görbersdorf, tritt für die Oefen im Gegensatz 
zur Luftheizung ein. Als beste Zentralheizung kommt Warm- 
wasser in Frage. 

Herr Dr. L a c h m a. n n , Landeck : „Neuere U n t e r - 
s u c h u n g e n über die Jt a d i u m -Eraanatio n.“ 

Radium kommt in besonders hohem Maße in Gastein, 
Landeck, Baden-Baden und Flinsherg vor. Die neuesten Unter¬ 
suchungen über Radium haben die alten Ergebnisse der Forsch¬ 
ung bestätigt. Man ist jetzt bemüht, die exakte Erklärung 
und Begründung für die Wirkungen des Radiums zu finden. 
Sehr interessant ist die Bemerkung, daß die Emanation auch 
durch die Atmung auf genommen wird, so daß die Nähe radio¬ 
aktiver Quellen auch ein wichtiger Heilfaktor ist. Für die 
Praxis ist interessant, daß das Radium die Ablagerung harn- 
saurer Salze im Körper verhindert, also für die Behandlung der 
Gicht sehr wichtig ist. Die gute Aufnahme von Radium durch 
die Atmungsorgane läßt Vortragenden die Anlegung, von In¬ 
halatorien für radioaktive Quellen empfehlen. 

Herr Dr. S i e b e 11 , Flinsherg : ,,D i e R u h e in de n 

Kurorte n.“ 

Vortragender hält es für wichtig, daß die Kurortbesucher, 
die dem Lärm der Großstadt meist entgehen wollen, im Kur¬ 
orte Ruhe antreffen. Besonders müßte der Verkehr auf Straßen 
und Plätzen sowie in den Häusern manche Einschränkung er¬ 
fahren. Er empfiehlt gute Pflasterung der Wege, Anlegung von 
Vorgärten, die den Straßenlärm wesentlich abdämpfen. Für 
unerläßlich sieht er an das Gebot des langsamen Fahrens* 
Verbot des Peitschenknallens, des Glockenläutens, Pfeifens der 
Lokomotiven u. a. m. Lärmende Tiere sind in d/;r Nacht ein¬ 
zusperren. Auch zu laute Musikinstrumente sind nur in ge¬ 
schlossenen Räumen zu verwenden. Wichtig ist gutes, festes 
Bauen der Häuser, vor allem aber ist die Erziehung zur Rück¬ 
sichtnahme auf den Nächsten notwendig. Teppichklopfen u. a. 
müßte auch möglichst vorsichtig geschehen. Besonders sollte 
man die Ruhe der Nacht und die Ruhezeit in den Nachmittags¬ 
stunden respektieren. In Orten, wo viele Kinder hinkommen, 
empfiehlt sich die Anstellung von Spielleitern, welche die Kinder 
sich außerhalb des Kurortes tummeln lassen. Der Antrag des 
Vortragenden, diese Frage dem deutschen Ausschuß für gesund¬ 
heitliche Einrichtungen in den Kurorten zu überweisen, wird 
nach einer lebhaften, aber doch zustimmenden Diskussion an¬ 
genommen. 





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ao 


THERAPEUT! 


Herr Dl\ Klose, Altheide: ,,T u b c r k u 1 ü s e u n d 

Syphilitiker als Badegäste.'' 

Vortragender glaubt, daß diese Kranken nur in besonderen, 
geeigneten Bädern und Heilanstalten zu behandeln sind, nicht in 
allen Kurorten. Uie Gefahr der * Infektion durch Uebertragung 
wird in Kurorten gewöhnlich überschätzt. Die Ansteckung^ 
gcfa.hr in Ku"orten ist nicht größer als sonstwo, im Gegenteil, 
geringer, weil hier hygienische und prophylaktische Maßnahmen 
gewöhnlich besser sind als an anderen Orten. 

Herr Dr. W agner, Salzbrunn: ,,D i e H v g i e n e d e r 

V e r s a n d w ä s s e r.'' 

Vortragender gibt zunächst einen historischen Ueberblick 
über den Mineralwasserversand. Sodann beschreibt et* die Be¬ 
handlung des Mineralwassers von seinem Ursprung bis zur ver¬ 
sandfähigen Flasche, indem er die Fassung der Quellen, Füll¬ 
vorrichtungen, Gefäße und deren Reinigung, Korken und deren 
Behandlung, Verschluß, Verpackung und Lagerung vom hygieni¬ 
schen Standpunkt aus behandelt. Besonderen Wert legt er auf 
eine einwandfreie Fassung der Quellen. Als Ideal sieht Vor¬ 
tragender eine vollkommene keimfreie Füllung an, wobei dem 
Wasser kein Zusatz gegeben werden darf oder eine Substanz 
entzogen wird. 

Herr Geheimrat Dr. Adam, Fliusberg: „Aseptische 

Milch.“ 

Für die Gewinnung der Milch ist es wichtig, dafür zu 
sorgen, keine Unreinlichkeiten h : neingelangen zu lassen. Sind 
sie erst in die Milch gelangt, dann ist ihre Entfernung schwer. 
Die Keimfreiheit der Milch im Euter scheint erwiesen zu sein. 
Die Vorsichtsmaßregeln haben sich zu erstrecken auf das Melken 
sowie auf die Gefäße. Der Versand der Milch und ihre Auf¬ 
bewahrung sollte auf Eis stattfinden, da dieses die Milch lange 
Zeit, keimfrei hält. 

Herr Dr. Hirsch, Kudowa: „Die vegetabilische 
Diät in den Kurorte n.“ 

Nach einer Uebersicht über die verschiedenen Formen der 
vegetabilischen Diät, in der für die ärztliche Praxis nur die 
lakto-vegetabilische, d. h. diejenige, welche auch Eier und Milch 
zuläßt, in Frage kommt, bespricht Vortragender den Wert des 
Eiweißes für die Ernährung und die Unterschiede zwischen tieri¬ 
schem und pflanzlichem Eiweiß. Für den gesunden Menschen ist 
die gemischte Kost die rationelle. In der Behandlung kommt 
die vegetabilische Diät oft in Frage. Erstens entstammen dem 
vegetabilischen Regime viele Kurformen, zweitens ist die vege¬ 
tabilische Diät bei vielen Krankheiten angebracht, und drittens 
besteht eine Ueberernährung an Fleisch. Die Herabsetzung dieser 
Fleischüberernährung bedeutet für viele Kuranstalten das Ge¬ 
heimnis ihres Erfolges. In den Badeorten wäre die Erreichung 
dieses Zieles sehr zu wünschen, und namentlich sollten die Hotels 
und Pensionen, welche den Badeverwaltungen unterstehen, vor¬ 
bildlich auf diesem Gebiete wirken. 

Herr Dr. Determey er, Salzbrunn: ,,D i e Pflichten 
des Badearztes gegen seinen Kurort.“ 

Der Badearzt hat zunächst die Verpflichtung, die natürlichen 
Heilfakhoren seines Bades in Anwendung zu bringen. Er soll 
Spezialist der Heilmittel seines Bades sein in dem Sinne, daß 
er ihre Wirkungs- und Anwendungsweise beherrschen muß. 
Ferner soll der Badearzt auch in angemessener Weise für sein 
Bad Propaganda machen, aber dabei den richtigen Weg inne- 
halten. Dann soll er im inneren Kurbetriebe nach Möglichkeit 
auf Verbesserungen der hygienischen Verhältnisse sowie der 
Badeeinrichtungen und auf die diätetische Verpflegung in den 
Kurorten hinwirken. Aber um dieses Ziel zu erreichen, müssen 
sämtliche Aerzte des Bades einmütig und Hand in Hand mit 
der Kurverwaltung handeln. 

Herr Dr. S i e b e 11, Fliusberg: ,,I) ie baineologische 
Zentralstelle in Frankfurt a. M. und deren 
Ziele.“ 

Herr*Dr. Herrmann. Kudowa: ..Die Bauordnung 
und der landschaftliche und örtliche Schutz 
der Kurorte nach den neuen gesetzlichen Be - 

s t i m m u n g c n.“ 

Da den Kommunen große Lasten für das Interesse der Bäder 
auferlegt siud, müssen sie auch in der kommunalen Selbstver¬ 
waltung viel für das Bäderwesen mitsprechen. Wichtig ist dabei 
die Baupolizei für die Gemeinden, die als Kurorte anzusehen 
sind. Namentlich sind die Ortsstatuten von großer Bedeutung. 
Die Ortspolizei kann da z. B. alles verhindern, was dem All¬ 
gemeininteresse zuwiderläuft. Vortragender tritt dafür ein, daß 
der Schlesische Bäder tag dafür Sorge trägt, daß die Ortssta tuten 


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mit V.< 
goge* 
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Wäscherei* 

Bureaudie 
Herr x, 
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des Badens 
Bei guten 
dem die Mög 1 . 

Bäder und anu^ 
dieser Hinsicht c 
Verschlimmerung d 
an die Kur werden 
Kur und während d 
so die Kurmittel in 
sind unvermeidlich, 

An Stelle des ve 
ler, wurde Herr B 
ersten Vorsitzende 
Adam, Fliusberg, zwv 
in die ständige Gesundheitsk, 
orte an Stelle von Herrn Gehen. 
Görbersdorf, gewählt. Die Besici 
Krietern, unter Führung von - 
d cm Borne, bot viel Interessantes. 


Varia. 

L eber die Aetiologie des Glasmaelicrstars. Von S c h a n 
und Stockhausen. Autoreferat von einem in der Gesell¬ 
schaft f. Natur- und Heilkunde zu Dresden gehaltenen Vortrag. 

Die eigentümliche Starform, an der die Glasbläser • 
kranken, muß mit Eigentümlichkeiten in ihrer Beschäftigung > 
sammehliängen. Peters hatte angenommen, daß die be 
Blasen verursachte Stauung in den Vortexvenen die Ursac 
sei. Es wäre dann nicht, zu erklären, warum der Glasbläsers! 
lange Jahre nur auf einem Auge und immer nur in dem Au 
zuerst vorhanden ist, das der Glasbläser der Feuerstelle zukelnn. 
Leber meinte, daß die Wasserverdunstung an der Hornhaut- 
öberfläche und der starke Wasserverlust durch Schwitzen des gan¬ 
zen Körpers eine stärkere Konzentration des Kammerwassers ver¬ 
anlaßt, die ihrerseits die Ursache zur Linsentrübung abgeben 
kann. Man müßte dann eine Trübung am vorderen Linsenpol 
zuerst erwarten, das ist bekanntlich nicht der Fall, die Trübung 
beginnt stets am hinteren Linsenpol. Direkte Schädigungen der 
Linse könnten veranlaßt werden von den Wärmestrahlen. Diesen 
gegenüber bietet die Iris als gut leitender Körper keinen Schutz, 
es wäre nicht zu erklären, warum sich die Trübung auf das Ge¬ 
biet beschränkt, das von der Iris nicht gedeckt wird. Die sicht¬ 
baren Strahlen, soweit sie die Linse unverändert, passieren, kön¬ 
nen auch nicht als Ursache angesehen werden, die kurzwelligen 
Lichtstrahlen aber und vorwiegend die ultravioletten, die von der 
Linse sehr intensiv absorbiert werden, werden vor allem dabei 
in Frage kommen. Cra m e r kam schon auf Grund klinischer 
Erwägungen zu dem Schluß, daß die direkte Ursache der Star¬ 
bildung bei Glasmachern die langjährige Einwirkung der ultra¬ 
violetten Strahlen sei. 

Schanz und S t o c k haus e n haben nun die Verhältnisse, 
unter denen die Glasbläser arbeiten, genauer untersucht und das 
Licht, das der Gfasofert ausstrahlt, spektroskopisch geprüft. Da¬ 
bei zeigte sich, daß dieses Licht frei ist von den Strahlen, die das 
äußere Auge reizen, es enthält nur kurzwellige Strahlen, die vor 
allem auf die Linse ein wirken. Nur dadurch, daß das Licht frei 
ist von den Strahlen, die das äußere Auge reizen, ist es dem Glas¬ 
macher möglich, während seiner ganzen Arbeitszeit seine Augen 


.... fi; i.-.ii- -.1 r, - , 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





ISCHE KUNDSCHAU. 


31 


asbläsc r 
xDiie' cha- 
.ii-iing, ebenso, 
•lein Frühjalirs- 
it oft wieder- 
ersuchstieiren 

sind auf die 
-*n. Die stark 
cgelialtes diese 
m der Iris nicht 

Glasmacher sind 


aeiimngen, 


r. Kutner zur ge- 
rlarn aus jeder eiu- 
iere. 

i70in. 

.s einem Schaftrohr mit drei 
ine zur Aufnahme des opti- 
.lampe La dient, während die 
ich ein peripherer Kanal p in 
üralkanal C, in einen Auslauf 
ung des Instruments in die Blase 


deren Ende des Instruments münden die beiden Kanäle, 
und zwar der Zentralkanal trichterförmig nach innen und 
ihn überall umgrenzend der periphere Kingkanal. Schließt 
man nun an den Ansatz des peripheren Kanales S eine 
Saiigvorriehtung (Luftpumpe) an und bedeckt mit dein 
Ende des KystoskopeS unter Leitung des Auges eine 
Harnleitermündung, so saugt sich der periphere Kreisring 
um die Harnleitermündung fest, und wird hierdurch ein 
sicherer Abschluß nach der Blase zu geschaffen. Der Harn 
fließt durch den Zentralkanal und den Auslauf A ohne 
weiteres ab. Als Säugpumpe kann man die gewöhnliche 
billige Wasserstrahlpumpe, die an jede Wasserleitung an- 
zusehließen ist, verwenden. 

Der Harn läuft in natürlicher Weise ah, ohne daß 
etwa wie hei dem Harnleiterkatheterismus ein Teil in die 
Blase gelangt. Ein ganz schwaches Ansaugen genügt 
bereits, um den . sicheren Abschluß der Harnleiter- 
mündung gegen die Blase hin zu bewirken. Eine Gefahr 
der Infektion der gesunden Niere, insbesondere bei Eiter- 
harn, ist hei dieser Methode vollkommen ausgeschlossen, 
da kein Katheter eingeführt wird. Ebenso ist eine Vor¬ 
täuschung von spontanen Blutungen (welche Täuschung 
sonst durch Verletzung der Ureterschleimhaut mittels 
des Katheters leicht hervorgerufen wird) nicht möglich. 
Bei der neuen Methode erhält man den ganzen Urin der 
untersuchten Seite. Auch können durch den Zentralkanal 
und den mit diesem in Verbindung stehenden Harnleiter 
Medikamente in die Ureteren und Nieren eingeführt 
werden. 



Optik mit beweglicher Lampu. 


Schaft ohne Optik. 



muß der optische Teil aus dem Schaftrohr entfernt und 
au dessen Stelle ein Mandrin M geschoben werden, der die 
vordere Oeffnung abschließt, so daß Verletzungen der 
Harnröhrenselileimhaut nicht Vorkommen können. Beim 
Wechsel des Mandrins mit dem optischen System ver¬ 
hindert ein automatisch wirkender Kugelventilverschluß 
lv\ r ein Auslaufen der Blase. Die Glühlampe La legt sich 
nach Einführung des optischen 'feiles von seihst in die 
schräge, zur Beleuchtung nötige Lage um. An dem am 



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Bücherbesprechungen. 

Psychotherapeutische Briefe. \ on Prof. Dr. 0 p p e n li e i m , 

Berlin. 3. Auflage, Berlin 1910, S. Karger. 

Der bekannte Verfasser hat eine Anzahl Briefe, die er an 
Xi rvenleidende richtete, ausgewählt und zusammengestellt. .Sie 
sind teilweise eine Wiederholung der mündlichen Auseinander¬ 
setzung, für den Publikationszweck in diesem Sinne erweitert, 
teilweise aber auch.nicht fingiert, sondern (tatsächlich zur Unter- 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 






32 


THERAPEUTISCHE A 



Stützung und Bekräftigung der mündlichen, suggestiven Konsul¬ 
tationstätigkeit geschrieben und abgesandt. Es handelt sich in 
den Briefen — elf an der Zahl — um Adressaten, die meist Neur¬ 
astheniker sind und an nervösen Augenleiden, nervöser Schlaf¬ 
losigkeit, nervöser Gehstörung u. der gl. laborieren. Ferner sehen 
wir im Geiste vor uns den Hypochonder, dessen seelisches Gleich¬ 
gewicht durch ein physisches Trauma oder durch die schrecken- 
erregende ärztliche Diagnose ,,Arteriosklerose“ gestört ist. wir 
se’nen eine anscheinend Hysterische mit typischer Beeinträehli 
gungsidee, wir sehen den neiirasthenischen, alle Schaffenskraft 
verloren zu haben glaubenden Künstler, wir sehen endlich den' 
mut- und energielos gewordenen jungen Onanisten. \\ ir sehen 
aber auch, wie er der in unglücklicher Ehe ihres Seelengleich¬ 
gewichts verlustig gewordenen, verzweifelnden Frau Beschäf¬ 
tigung und treue Pflichterfüllung rät, den beginnenden Tabiker 
mit der aussichtsvollen Möglichkeit eines erträglichen Stillstandes 
des Leidens aufrichtet und endlich eine Zwangsvorstellung psycho¬ 
analytisch zum Schwinden bringt. Hie Briefe sind lesenswert für 
jeden Nervenarzt, jeden Psychiater, aber auch den praktischen 
Arzt. Besonders viel wird der Arzt lernen, dem nur eine mäßige , 
Suade eigen ist, dem es schwer fällt, die ständigen Einwände des 
nervösen Patienten erfolgreich mit Dialektik zu bekämpfen, dem 
das „suggestive, auf die Ausführung von Leistungen zielende 
Verhalten“ gegenüber dem widerstrebenden Kranken, „eines der 
besten Mittel bei der Behandlung psychogener Depressionen“, 
nicht in genügendem Maße gegeben ist. 

\V e r n. H. B e <• k e r. 

Lichtbiologie. Von Dr. A. Jesionek. Professor an der 
Universität Gießen. 175 S. Preis geh. 4 M. \ erlag von 
Friedrich View eg u. Sohn. Braunschweig 1910. Re¬ 
ferent : II. E. Sch m i dt - Berlin. 

Die sehr fleißige und geschickte Zusammenstellung alles 
theoretisch und praktisch V issenswerten über das Licht in seinen 
verschiedenen Gestalten, über seine physiologischen Wirkungen 
und seine Verwendung in der Medizin dürfte infolge seiner all¬ 
gemein verständlich gehaltenen Darstellungsweise auch von den 
Nichtmedizinern mit größtem Interesse gelesen werden und wird 
zweifellos dazu beitragen, das große Publikum davon zu über¬ 
zeugen, daß die Lichtbehandlung nicht die Domäne der „Natur- 
heilkundigen“ ist, sondern daß auch die Aerzte bestrebt, sind — 


aller di 
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21. April 19j 
Herrn F. K i 
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18. April 1910: 
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gresses, Geheimrat D 
straße 13, entgegen, j» 
dem 3. April 1910 ang 
berücksichtigt werden. I). 
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Berlin, den 27. Dezember 1909. 

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Verlag: Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9. — Druck von Carl Marschner, Buchdruckerei, Berlin SW. 60 . 



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Rhein (O.-Pr.). 

Rheydti.Rhld-, A.O.K.K. ! 
Rothenkirchen- 
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Salzwedel, I’rov. Sa. 
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Schwetzingen, Ba. 
Soldau O.-Pr. 

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Stettin, Fab.-K.-K.-Vulk. 
Strehla a. E. 

Thalheim i. Erzgeb. 

Templin, Brdbg. 

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Wallhausenb.Kreuznach. 
Walsheim b. Blieskastel, 

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Weidenthal, Pfalz. 
Weilheim, Bay. 
Weisenau b. Mainz. 
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Inhalt. 


38 

39 


40 

41 

42 

43 

43 

44 
44 


I Mitteilungen über Arzneimittel: 

W. Krüger, Magdeburg: Referate. 

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E. Aufrecht, Magdeburg: Zur Pathologie und Therapie der 

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Hermann Schlesinger. Göttingen: AmtlichesHandbüchlein 
für hygienisch-diätetische, hydrotherapeutische, mechanische 

und andere Verordnungen.. . . . . . , -^.- 

Allgemeines.. • . . . . , r 


45 

4(> 

47 

47 


47 

47 


48 

48 


ALIEN. 


Jeberblick über die 
ii Anschauungen. 

igrelen. Düsseldorf. 

alirli lindert oft das Zeitalter der 
.egeszug der Technik, deren Fort- 
. des modernen Lebens durchgreifend 
hat auch die praktische Heilkunst nicht 
eil. In der medikamentösen Behandlung 
.'Produktion und fabrikmäßige Herstellung 
• l'tiger Arzneiformel! die Kunst der individuali¬ 
sierenden Rezeptur in den Hintergrund gedrängt. Anderer¬ 
seits sind die physikalischen Heilmethoden durch kompli¬ 
zierte Apparate verfeinert worden, die Technik liefert die 
Maße zu exakter Dosierung der einzelnen Wirkungskompo- 
nenten und zu wissenschaftlicher Erforschung der Einzel- 
wirkuug, neue Apparate, wie die Röntgen-Finsen-Arson- 
valscheinlnstrumentarien mache» ungeahnte Wirkungs¬ 
äußerungen der Naturkräfte für die Heilkunst dienstbar. 
Die praktische Verwendbarkeit genau berechneter Kraft¬ 
äußerungen und die neuentdeckte Vielgestaltigkeit der An¬ 
wendungsarten physikalischer Kräfte regen zu wissen¬ 
schaftlicher Erprobung und Ausnutzung der Natur¬ 
phänomene an. So kommt es, daß in der Sturm- und 
Drangperiode der Jetztzeit, im Kampfe zwischen medi¬ 
kamentösen und physikalischen Heilbestrebungen die 
durch die glänzende Entwicklung der Technik begünstigten 
physikalischen Anwendungsarten im Vordergrund des 
Interesses stehen, Die gegenwärtige Etappe des Wett¬ 
streites zwischen den verschiedenen Behandlungsmethoden 
wird man am besten rein objektiv beurteilen im Spiegel 
der geschichtlichen Betrachtung. Ich beschränke mich 
dabei auf einen Ueberblick über die verschiedene 
Wertung einzelner Behandlungsweisen auf. jenem Gebiet 
der Heilkunst, das wir heute als zur inneren Medizin ge¬ 
hörig ansehen. 

Man unterscheidet nach Pagel, auf dessen An¬ 
gaben die nachfolgenden Ausführungen sich vielfach 
stützen, eine primitiv empirische, rein künstlerische, 
dogmatische, näturphilosophische und naturwissenschaft¬ 
liche Periode in der Entwicklung der medizinischen An¬ 


schauungen. Zu allen diesen Zeiten hat man metaphysi¬ 
sche, spekulative und symptomatisch-ätiologische Heil¬ 
bestrebungen gekannt und praktisch in Anwendung ge¬ 
zogen. Nur das gegenseitige Verhältnis der Wertung die¬ 
ser einzelnen Methoden war verschieden je nach dem 
Stande der Kultur und der medizinischen Forschung. Ur¬ 
sprünglich bei allen Naturvölkern der Vergangenheit und 
Gegenwart beherrschten metaphysische Anschauungen die 
Krankenbehandlung. Bei allen Kulturnationen des Alter¬ 
tums, von deren Entwicklung uns die Geschichte melde!, 
können wir im Anfang diesen theurgischeu Charakter der 
Krankenhehandlung wiedererkennen. Die Krankheiten 
waren das Werk von Göttern und Dämonen, also lag in 
der Hand der Priester und Zauberer ihre Bekämpfung. 
Gebete, Opfer, Talisman, Tänze, feierliche Umhertragung 
von Dänionenniasken in lärmenden, mit primitiven Pomp 
prunkenden Umzügen finden wir ja auch heute'noch'bei 
den Naturvölkern. Doch die Beobachtung einfacher 
Heilungsvorgänge hei durchsichtiger Gestaltung von Ur¬ 
sache und Wirkung, wie z. B. hei der Heilung von leichten 
Verletzungen entkleidet auch dem einfachen Denken des 
Naturmenschen die Heilungvorgänge ihres übernatürlichen 
Wesens und lehrt ihn, daß außer den Göttern, Halbgöttern 
und Dämonen midi die im Bereich menschlicher Willkür 
liegenden Behandluugsniaßhahmen von unverkennbarem 
augenscheinlichen Nutzen sind. So sehen wir schon vor 
den Anfängen der Zivilisation Grundsätze einer rationellen 
Empirie in praktischer Anwendung’: Umschläge, Reihun¬ 
gen, Massage, Schwitzprozeduren, Bäder, Blutentziehungen 
als Vertreter physikalischer Therapie; gleichzeitig treten 
schon mdikamentöse Anwendungen in Form von Räuche¬ 
rungen, Ableituugsreizen, Trinkkuren aus heilkräftigen 
Quellen, Abführmittel in die Erscheinung. Weiter treffen 
wir zur Behandlung chronischer Krankheiten, ■/.. B. der 
Lues, liehen den Schwitzkuren immer wieder die Schwefel¬ 
quellen als bewährtestes Heilmittel an. Den gleichen Ent¬ 
wicklungsgang finden wir in der Medizingeschichte aller 
alten Kulturuationen. So z. B. ererbten die Aegypter von 
den astrologisch gebildeten Priesterärzten der Chaldäer 
in Mesopotamien die theurgischeu Heilmethoden:, spezifi¬ 
sche Amulette, Zanberspriiche, Beschwörungen, symboli¬ 
sche Maßnahmen, astrologische Tndikationsstellung usw. 
Doch daneben treten uns schon im der Schwelle der Ent¬ 
wicklung der Medizin die Anfänge physikalischer, diäteti- 



ggB8H 


MICHIGAN 


JNIVEF 


ftN 



























34 THERAPEUTISCH. 


scher und pharmakologischer Therapie entgegen. Die 
ägyptischen Priesterärzte zogen außer den Hilfsmitteln 
ihrer Heilgottheiten, von denen Isis und Osiris die geachtet - 
steil waren, Bäder, gymnastische Uebungen, und eine pein- 
lichst ausgearbeitete Diätetik zur Hilfe. Von ihren medi¬ 
kamentösen Heilmethoden berichtet der ca. aus dem Jahre 
1500 v. Christus stammende Papyros Ebers, der hauptsäch¬ 
lich eine lehrbuchmäßige Zusammenstellung von Rezepten 
enthält. Nach diesem heiligen Tempelbuch, das die 
Priesterärzte auswendig wissen mußten, erfolgte die Be¬ 
handlung der dem einzelnen zugewisenen Patienten unter 
Beaufsichtigung des Oberpriesters wie des Priesterrates, 
die jede Abweichung von der aufgestellten Norm mit stren¬ 
gen Strafen bedrohten. Ebenso finden wir zu uralten Zei¬ 
ten bei den Chinesen neben Beschwörungen und Be¬ 
sprechungen natürliche Heilmittel. Dem Kaiser Shin- 
nung wird ein auf das Jahr 2737 angeblich zurückzu¬ 
führendes Lehrbuch der Pflanzenkunde, das in China heute 
noch im Gebrauch sein soll, zugeschrieben. Aufgüsse und 
Abkochungen pflanzlicher Mittel zum Herbeiführen von 
Schwitzen, Abführen, Erbrechen, ferner auch narkoti¬ 
sierende Heilmittel werden hauptsächlich angewandt. Von 
vegetabilischen Heilmitteln sind weiter Aconit, Moschus, 
Kampfer zu erwähnen. Interessant ist dort die frühzeitige 
Anwendung von Quecksilberdämpfen gegen Lues. Ebenso 
hat die altindische Medizin neben Gesängen und Zauberei 
frühzeitig den Wert der Diätetik begriffen und auch eine 
gut ausgebildete Pharmakologie gehört zu ihrem Rüstzeug. 
Das Handelsvolk des Altertums, die Phönizier, machten die 
damalige Hochschätzung medizinischer Droguen zu einer 
ergiebigen Quelle ihrer Erwerbsbetätigung. Bei den alten 
Israeliten beweist die mosaische Gesetzgebung die hohe 
Entwicklung- der privaten Hygiene und der öffentlichen 
Gesundheitspflege. Für die Wertschätzung der Medika¬ 
mente zeugt Jesus Sirach: „Der Herr läßt die Arznei aus 
der Erde wachsen, und ein Vernünftiger verachtet sie 
nicht“. 

Historisch genau berichtet ist uns die Entwicklung 
einer rationellen Therapie aus dem mystischen Stadium 
heraus bei den alten Griechen. Schon während des esoteri¬ 
schen Stadiums der Priestermedizin wurden in den As- 
klepiaden-Tempeln zu Kos, Knidos, Rhodos, Athen, Äegina 
neben der Anrufung der Heilgötter Apollo, Aphrodite, 
Asklepios, ferner neben dem Tempelschlaf und der Traum¬ 
deutung auch andere, weniger rein suggestiv wirkende 
Heilmittel in Anwendung gezogen. Schon die Auswahl der 
Lage der Kurtempel in ruhiger, waldreicher Gegend, in 
der Nähe von Quellen und Seen bezeugt die Wertschätzung 
diätetischer Einflüsse. Die Verordnung beschaulicher 
Ruhe, von Bädern, Waschungen und Trinkkuren ist im 
gleichen Sinne zu deuten. Weiter sind uns schon Rezept- 
i'ormeln für die Anwendung innerlicher Medikamente auf 
den Krankengeschichten der Votivtafeln überliefert. Für 
die Schätzung pharmakologischer Therapie schon zu jener 
Zeit spricht auch die Sage, daß die Schlange dem Aeskulap 
ein Kraut von besonders heilkräftiger Wirkung kennen 
lehrte und ihn durch dieses Medikament zum Arzt machte. 
Zum Dank dafür wählten Aeskulaps Jünger die Schlange 
zum Symbol ihres hilfebringenden Wissens. Der klare 
Blick der Griechen durchschaute bald die metaphysischen 
Nebel der Priestermedizin und gelangte zu einer rein irdi¬ 
schen Auffassung des Krankheitsbegriffes. Die Theorie 
lag in den Händen der Naturphilosophen, von denen Pytha¬ 
goras und Empetokles zu nennen sind. Unbekümmert um 
deren spekulative Hypothesen wurde die praktische Medi¬ 
zin von Laienärzten geübt. Daneben trat eine Art von 
Naturmedizin in die Erscheinung. Nämlich die Gym- 
nasten, die auf den Uebungsplätzen anatomische Kennt¬ 
nisse und manche Erfahrung sammelten, entwickelten sich 
natürlich zunächst zu Spezialisten für Verletzungen. Dann 



MICHIGAN 


ab, 

Imp 

Daue, 

Teil in 
Zeit wuri 
Kos. Die fc. 

Therapie, in 
des Kranke 
das kranke ' 

Kos legte da 
gen des Krai 
meinzustand d, 
fund, zum Angl 
Aus dieser 
größte Arzt des j 
Geschichte immer 
heutigen Tage alle ., 

Er wurde etwa 4 
fällt in die Zeit der Ma 
Athens. Hippokrates 
Wohnsitz; gerade sein 
zahlreiche Erfahrungen ; 

Beobachtung, kritische L 
setzungslösen, systemfreit 
wertete. Die Richtschnur 
forcierte Eingriffe das W; 
zu stören, bei jedem Eingn 
Auge zu fassen, niemals nur 
wirken. Seine Beobachtungei 
nälirung, der Körperbewegunj. 

Schläge, der Schröpfköpfe, Klyt 
enthält die Schrift „de victu in 
tiger und höher stehend eracbti 
Therapie. „Die Wissenschaft v 
wachsenden Pflanzen entspricht d. 

Kunst.“ „Nun sehen wir aber, daß u. 

Aerzten auch durch die Veränderunj. 
heilen, und durch andere Dinge, die nieln 
sondern auch jeder unkundige Laie, der da 
für Behelfe der Kunst halten muß.“ Die Hei,. 

„auf wieviel Art und Weise sie anzuwenden und wie sic 
sich in jedem einzelnen Fall stellen“ schätzt Hippokrates 
weit höher, „denn das ist der ärztlichen Kunst Anfang, 
Mitte und Ende“. Die medikamentöse Behandlung konnte 
natürlich zu jener Zeit nur rein empirisch auf die Be¬ 
obachtung am kranken Menschen sich stützen. Mit Vorliebe 
verwandte Hippokrates Breell- und Abführmittel, außer¬ 
dem Diuretika: Meerzwiebel, Cliantariden, große Mengen 
von Honigwasser. Weiter sind zu erwähnen: Gersten¬ 
schleim, Wein, Opium, Gemisch von Honig mit Essig, 
Sellerie. Von metallischen Mitteln ist als einziges Eisen¬ 
rost zur Blutbildung zu nennen. Das Wirken des Arztes 
rechnet Hippokrates nicht zu den Wissenschaften wie 
Philosophie, Sternkunde, Arithmetik, Geometiae, Physik 
usw., sonderp immer wieder betont er, daß die praktische 
Medizin die Ausübung einer Kunst sei, zu der die For¬ 
schung der Naturkräfte nur die Handhaben biete. „Der 
Arzt muß wissen, was die Aerzte vor ihm gewußt 
haben; die ärztliche Kunst kann nicht von neuem er¬ 
funden, wohl aber durch Bewahrung, Anwendung und 
Vermehrung der Vorschriften und Beobachtungen der 
Alten vervollkommt werden.“ „Kurz ist das Leben, lau 
ist die Kunst. Der Augenblick ist flüchtig, die Erfahrne 
trügerisch, die Entscheidung schwierig.“ In diese kurzen, 
vielsagenden Lehrsätze faßt er die Erfahrungen seines 
Lebens und ärztlichen Wirkens zusammen. 

Nach Hippokrates verfiel die griechische Medizin von 
der Höhe ihres Standpunktes empirischer Kuns.tansiibung 
und natürlicher Anschauung, unter dem Einfluß der Dog¬ 
matiker in hochtrabende Spekulation. Unter den dogmati- 


JNIVERSITY OF 





lSCHE BUNDSCHAU. 


35 


axan- 
cer war 
.izm den 
auch über 
isystenis ver- 
ätzte aus dem 
’iclien Medika- 
!e sich in der 
her Laien, die 
(en besekäftig- 
jnig Mithridates 

in dieser Zeit die 
Tm alten Korn lag 
r Hand der Auguren, 
en, Tanzaufführungen 
le alten Römer um die 
.1 Selmtz vor Krankheit 
Cato hielt als enragier- 
r Altväter fest und be- 
nossen mit Carminis, d. i. 
lenten fand vor den Augen 
ugend nur. der Sauerkohl 
wohl innerlich als äußerlich 
Reformator trat dann in B-om 
.ien geborene Asklepiades auf. 
natürliche Grundlagen, und be¬ 
hauptsächlich mit Gymnastik, 
Regelung der Ernährung. Ob- 
harmakologen KleophantuS war, 
mdig die Heilkräfte de,r Medika- 
ausscliließlich physikalisch und 
einseitige Standpunkt vermochte 
Anerkennung zu erringen. Der 
is, der außer, über Rechtskunde, Philo- 
.lesehielite. Kriegskunst usw. auch acht 
edizin hinterlassen hat, stellt ausdrücklich 
ebungen auf pharmazeutischem Wege auf 
.it'e mit der Diätetik und hat zahlreiche Rezept¬ 
en Schriften gesammelt. Die vielseitige Verwertung phy¬ 
sikalisch-diätetischer Maßnahmen erhellt z. B. aus der 
Verwendung von Heißwasserschläuchen hei , Neuralgien, 
aus der Behandlung der Lungenschwindsucht mit Milch¬ 
genuß, Bädoranwendungen, TorpeutineinatmUngen, Klima¬ 
wechsel, Enthaltung von Berufstätigkeit. Auch der Ency- 
klopädist Plinius hat eine reichhaltige Pharmakologie hin¬ 
terlassen, und vor kritiklosen Wasseranwendungen durch 
kurpfuschende Griechen gewarnt. Aus jener Zeit sind 
uns auch noch die ersten Anfänge experimenteller Pharma¬ 
kologie überliefert in den fünf Büchern des zu Neros 
Zeiten lebenden Militärarztes Pedanius Dioscorides. Dieser 
stellte exakte. Nachprüfungen der gebräuchlichsten Medi¬ 
kamente an, z. B. Ingwer, Pfeffer, Gentiana, Aloe. Rhabar¬ 
ber, Wermut. Opium, Cnstorenm. Er machte sich verdient 
um die Einführung und Erprobung ausländischer Heil¬ 
mittel mul erwähnt zuerst die chemische Gewinnung solcher 
aus dem Mineralreich. 

Seinen Höhepunkt erreichte der Elektizismus mit dem 
130 n. Christus geborenen Gladiatoren-Arzt Claudius 
Galenits. Tn seinen überaus zahlreichen Schriften suchte 
er die Behandlungsgründsätze der Empiriker und 
Methodiker zu verschmelzen. Er hat eine reiche Auswahl 
beachtenswerter hygienisch-diätetischer Vorschriften ge¬ 
sammelt, z. B. als wichtigstes Heilmittel gegen die Knöt- 
ehenbiklung in den Lungen führte er außer anderen Ma߬ 
nahmen Klimawechsel ein, einen Aufenthalt in Aegypten 
oder in Tabiae. Sehröivfköpfe, Blutegel, Aderlässe spielen 
eine große Rolle hei ihm. Merkwürdig ist sein pharma¬ 
kologischer Standpunkt. Sein Ausspruch ..Populns re- 
media cupit“ zeugt nicht gerade von großer Achtung. 


Andererseits hat er zahlreiche Schriften über die Arznei- 
kunst verfaßt und das Anwendungsgebiet der Medikamente 
erheblich erweitert; während man aber auf Grund seiner 
Anschauung von ihm eine weise Beschränkung in der Re¬ 
zeptur hätte erwarten sollen, hat gerade er die Poly¬ 
pragmasie und den medikamentösen Mischmasch ver¬ 
schuldet. • ; 

Galens geistige Herrschaft in der Medizin blieb un¬ 
angetastet bestehen das ganze Mittelalter hindurch. Der 
Sinn für freie Forschung fehlte zu jener Zeit vollkommen, 
die wissenschaftliche Weiterentwicklung war vollständig 
brachgelegt. Alles Streben richtete sich nur auf Huch¬ 
wissen, statt der Beobachtung der Naturvorgänge galt die 
genaue Kenntnisnahme der verschiedenen Lehrmeinnngen 
als Ziel der Forschung. Dieser stumpfe Konservatismus 
und diese Unselbständigkeit führte in der Praxis schnell 
zu einem Rückfall in den Mystizismus der von metaphysi¬ 
schen Anschauungen beherrschten Zeiten. Mit dem Dä¬ 
monen- und Hexenglauben blühte wieder die Magie auf 
und der abergläubische Hokuspokus der Uranfänge. Durch 
Beschwörungen, Exordzismen, Zauberworte, wie das be¬ 
rüchtigte „Abracadnbra“ suchte man der Krankheiten 
Herr zu werden. Auch die Medicina astrologica blühte 
.jetzt wieder auf, zumal vom 12. Jahrhundert ab. Die 
Wirkung der Heilmaßnahmen und die ihrer verschiedenen 
Kombinationen wurde abhängig gemacht vom Stande der 
Gestirne, ohne Stellung des Horoskops konnte keine In¬ 
dikation zu Verwendung der Medikamente gegeben wer¬ 
den. Mit religiösen Anschauungen verbrämt finden wir 
diesen Aberglauben wieder in der Empfehlung des 
Kirehenschlafes, in der Verordnung von Grahsteinpulver 
und vom verkohltem Docht von Kirchenkerzen. Weiter 
sehen wir das Zeichen des tiefsten Verfalles in der Medizin 
in der widerlichen Dreckapotheke des Mittelalters, in der 
aus allerlei Gewürm, aus Blut von Hingerichteten, aus 
Mensclienblut die Medikamente verfertigt wurden. Zumal 
die fahrenden Heilkünstler der internen Medizin prak¬ 
tizierten in dieser Weise auf den Jahrmärkten, nachdem 
sie die Diagnose durch Urinschau gestellt hatten. Audi 
in der physikalischen Medizin finden wir diesen Rückfall 
in brutale Unwissensehaftliehkeit, die an den Tiefstand 
zur Zeit der alten Assyrer erinnert. Durch Breunung der, 
Schädeladern, tiefe Schnitte in die Schädelhaut, durch 
Setzen zahlreicher Brandwunden, durch maßloses 
Schröpfen, durch, massenhaftes Aderlässen an 53 ver¬ 
schiedenen spezifischen Körperstellen behandelte man die 
falsche Verteilung und Mischung der Säfte. Nur wenigen 
besseren Seiten begegnet man im Buche der Geschichte bis- 
zum Ausgang des XV. Jahrhunderts. 1 Zunächst zu nennen 
die Mönchsmedizin. die bis Ende des XII. Jahrhunderts 
herrschte. Zwar die Bestätigung des Wissens beschränkte 
sich auf die Auslegung der klassischen Aerzte des Alter¬ 
tums, auf Rezeptsammlungen und Zusammenstellungen 
von Kuriositäten. Obwohl viele Kirchenväter, wie z. B. 
Tatianus, Märeianus, Benediktas, Feinde der Medikamente 
waren, so sind doch die pharmakologischen Schriften nicht 
wertlos. Zn nennen sind: Das Commentarium medicinalc 
von Benediktus Crispus, Erzbischof in Mailand, der Her- 
tulus des Klosterabtes Walefridus Strahns, die Physica der 
Aehtissin Hildegard. Aus der Mönchsmedizin erwuchs als 
wichtigste, medizinische Tat. des Mittelalters die Kranken¬ 
pflege; aus den Klöstern wurden Spitäler. Hier hatten 
zwar auch die kritiklose Hausapotheke und üherhebender 
Dilettantismus ihren Ursprung, aber auch die Erhaltung 
mancher alten Kultnrerrungensehaften verdanken wir den 
Mönchsorden, hauptsächlich den Benediktinern. 

Eine weitere wichtige Episode in der Nacht des Mittel¬ 
alters ist das Auftreten der Araber in der Medizin. Schon 
gegen Ende des V. Jahrhunderts bestand in Dsehondisapor 
eine Lehranstalt für die Medizin mit einem Krankenhaus 



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36 


THERAPEUTISCHE El 


und mit eigner Apotheke. Durch Import indischer Arz¬ 
neien erweiterten die arabischen Aerzte den Schatz ihrer 
Hilfsmittel. Gerade in der Botanik, Pharmakologie und 
Chemie sind beachtenswerte Fortschritte zu verzeichnen, 
manche der ältesten, heute noch gebräuchlichen chemischen 
Manien, wie z. B. Alkali, Alkohol, sind der Sprache der 
Araber entnommen, die erste Gradbestimmung der Arznei¬ 
mittel rührt her von dem Araber Alkindes. Als der be¬ 
rühmteste arabische Pharmakologe ist zu nennen der im 
XIII. Jahrhundert lehrende Ihn el Beifar. Auch der her¬ 
vorragendste arabische Mediziner Avieenna, der Fürst der 
Aerzte, der Verfasser des Canon, schrieb über Pharma¬ 
kologie u. a. ein Bach über die zusammengesetzten Arznei¬ 
mittel. Obwohl er auf Grund seiner in der praktischen 
Ausübung gesammelten Erfahrung zur Vorsicht im Ge¬ 
brauch starkwirkender Mittel immer warnte, fiel er selbst 
1037 einer zu hohen Opiumdosis zum Opfer. In der diäteti¬ 
schen Therapie haben die Araber sich das Erbe der alten 
griechischen Klassiker zunutze gemacht und die Diätetik 
und Hygiene zur höchsten Vollkommenheit entwickelt. 
Griechischer Abstammung war die Ausbildung in diäteti¬ 
scher und medikamentöser Behandlung und auch die Mi߬ 
achtung der nur durch die Beherrschung der Technik wir¬ 
kenden Chirurgie. Auf den Medizinsehulen wurde gelehrt: 
„Für einen geachteten Arzt schickt sich nichts anderes, als 
daß er dem Kranken Rat erteilt über Speise und Arzneien, 
fern von ihm aber sei jede Operation mit den Händen“. 

Eine gleiche über den allgemeinen Stand der Bildung 
herausragende rationelle Therapie, die ebenfalls nicht auf 
Originalleistungen beruhte, sondern auf der Kultur des 
Altertums sich aufbaute, finden wir vielfach bei den 
jüdischen Aerzteu des Mittelalters. Der berühmteste unter 
ihnen, Maimonides (1135—1204), spricht seine Stellung¬ 
nahme zur Heilkunst aus in seinem berühmten Tagesgebet: 
„Deine Erde, deine Ströme, deine Berge hast du mit heil¬ 
samen Stoffen gesegnet, sie vermögen deinen Geschöpfen 
Beiden zu mildern und ihre Gebrechen zu heilen“. 

Im Mittelalter ist als eine Periode des Fortschrittes 
in der Medizin schließlich noch zu verzeichnen das Auf¬ 
blühen der salertinisehen Schule. Der Höhepunkt der sa- 
lertinischen Hochschule und ihrer civitas hippocratica fällt 
in das 11.—12. Jahrhundert. Berühmt ist, das Regimen 
sanitalias Salertianüm, eine Sammlung diätetischer Lehren 
und medizinischer Vorschriften in Versform. Als weiteres 
Schulbuch speziell für Pliarmacie ist das Antidotarium des 
Nikolaus Präpositus (1140 ca.) bekannt. Damals stieg die 
Arzneimittellehre so hoch im Ansehen, daß die anderen 
Gebiete durch sie zurückgedrängt wurden. Nach Abschluß 
der wissenschaftlichen Studien mußten die Zöglinge auf 
Grund der Medizinal-Verfassung des Königs Roger einem 
Examen sich unterziehen, indem sie geprüft wurden „aus 
den echten Büchern des Hippokrates. des Galecn und des 
Elm Sinn“. Vor Zulassung zur Praxis mußten sie dann in 
einem praktischen Jahr ihre Fähigkeit zur Ausübung der 
Heilkunst naohweisen. Dieses Jahr durfte aber nicht an 
einer theoretisierenden Akademie absolviert werden, son¬ 
dern in der Praxis unter Leitung eines erfahrenen Arztes. 

Diese im XIII. bis XV. Jahrhundert ganz vereinzelte 
Erscheinung einer Prärenaissance in der Medizin vermoch¬ 
ten jedoch nicht den allgemeinen Tiefstand in der Therapie 
zu beeinflussen. Erst mit Beginn der neuen Zeit, also vom 
Ausgang des XV. und Beginn des XVI. Jahrhunderts an 
ist auch in der Medizin wissenschaftlicher Fortschritt zu 
verzeichnen. Diese neue Epoche in der Medizin entspringt 
dem Charakter der allgemeinen Verhältnisse jener Zeit, 
Die Entdeckung der neuen Welt, die Anbahnung neuer 
Handelsbeziehungen, die Erforschung neuer Verkehrs¬ 
straßen, die Erprobung der Naturprodukte der fremden 
Länder entwickelte das Bestreben, der praktischen Heil¬ 
kunde neue Hilfen zu gewinnen. Das AViedererwaclieu der 


ERSITY OF MICHIGAN 


klassis, 
druckerk 
drängte zi 
meinungen n 
In der Medizin 
die Wissenscli 
freite und 154 
bricca“ den bl 
durchbrach, 
ger Neuerer Pa 
Logik, ungetrübt 
bewußtsein warf t 


heit wie Büclierwe 
Galen und Ebn Sin. 
achtendem Hohn in ei 
des realen Lebens erbt 
\4 T issens. „Unsere Kn 
Verachtung des Biiehei 
nicht, selbst eine größei 
„Heilung der Lues“, „Ue, 

Pfaffers“, der Nachwelt zu 
sein starrer Charakter vol 
kühne Vertreter freier, Vom 
Naturbeobachtnng war an 
Mystiker, kabbalistischen um. 
abhold. Auch seine Pharma 
phantastischem Aberglauben, 
hat er sich ein bleibendes Verdi» 

Prüfung und Neubearbeitung de 
Einführung mancher chemischer 
der Tinkturen und spirituösen I. 
daß damals schon die Verwemlum 
Lues vielen Anfeindungen ausges 
celsus sieb veranlaßt sali, für den , 
eine Lanze zu brechen. Um dieselb. 

Chirurg Beveugar von Capri Schmier. 

Salbe in die Therapie ein und erwarb durch * 
einen enormen Reichtum. Als Nachfolger in de 
sehen Bestrebungen des Paracelsus sind historisch 
Joseph du Chesne, Winther von Andernach, Zwinger in 
Basel, Michael Döring. Aber im XVI. Jahrhundert waren 
die Macht des Aberglaubens, der Einfluß des Neuplatonis- 
mus, die allgemeine Unwissenheit noch zu groß, als daß 
eine, rein pharmakologische Therapie allgemeine Ver¬ 
breitung hätte linden können. Tn der breiten Praxis 
herrschten noch Astrologie, Alchemie, der Stein der 
Alteisen und andere Lebenselixiere, Zaubermittel und Heil¬ 
produkte aus Schlangen, Kröten und anderen ekelhaften 
Substanzen. Auf den Jahrmärkten trieben noch die Stein¬ 
schneider und Okulisten ihr Unwesen, die Narrenschneider 
operierten den Patienten die krankmachenden Steine aus 
der Kopfhaut, die Narrendoktoren destillierten mit großen 
dampfgefüllten Retorten die quälenden Grillen aus den 
Köpfen. 

Nachdem im XVI. Jahrhundert die Anatomie refor¬ 
miert war, die gebildeten Aerzte mit der griechischen Me¬ 
dizin wieder bekanntgemacht waren, die praktische The 
rapie durch Paracelsus die Anregung zu einer gründlichen 
Neugestaltung erfahren hatte, brachte das XVII. Jahr¬ 
hundert wissenschaftliche Richtschnuren in die Phy¬ 
siologie. 

Die Chemie wurde zur Wissenschaft geprägt durch 
R o h e r t B o y 1 e , die Erfindung der zusammengesetzten 
Mikroskope bahnte der Naturforscliung neue Wege. H a r- 
v c y s Veröffentlichung des Blutkreislaufes 1628 stellte die 
Physiologie auf den Boden der exakten Naturbetrachtung 
und erwies unwiderleglich die Unzulänglichkeit aller über¬ 
kommenen naturphilosophischen Hypothesen. 

Die theoretische Medizin im NAHT. Jahrhundert zerfiel 
in drei Hauptrichtungen. Die mystiseh-naturphilosophiselie 




. . ■ 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 



-3CHE RUNDSCHAU. 


m 

r i a ii mittel mul Allerantia, suchte durch Steigerung der Aus- 
utii ln 1 leermigen die kraiikmuehendeii Stockungen zu .heben. Als 
. der sieh weitere therapeutische Theorien des XVIII. Jahrhunderts 
. J * h ii n n sind zu erwähnen die nervosistisehe Theorie ('ul lens, 
orrngendsten der Brownianisnms englischer Herkunft, der französische 
ms. Aehnlicft von B o r d e u x und Bart h e n z begründete Vitalismus. 

1 niii n t trotz Als vernünftigere, angemessenere Forschuugsmethode ist 

in praktischer die analytische Schule in Montpellier zu erwähnen. Der 

il.l gründliche bedeutendste Praktiker des XVIII. Jahrhunderts war der 

wir die Aner- Eklektiker Boerhave, der ein diätetiseh-expektatives 

uikalicu im Ar/.- Heilverfahren auf der Basis einer rationellen Therapie ver- 

■ itrikor und Jatro- trat, also wieder dem hippokratischen Standpunkt zu An- 

. iilcr physikalische sehen verhalt'. Sein Schüler, van Sv ie teil, der durch 

>egriinder der jatro- Maria Theresia nach Wien berufen, dort die berühmte ältere 

- e S y ivins sprach Schule ins Leben rief, hat durch gründliche pharmakologi : 

uklieitsursache an. In sehe Studien die niedikanieiitöse Therapie bereichert, Tn 

•antia, Alterantia und dieselbe Zeit fallen A n ton S t o e r c k s Beiträge zur ex- 

ng von Erbrechen und periinentellen Pharmakologie. Die weitaus wichtigste 

ler jatrophysikalischen therapeutische Leistung des XVIII. Jahrhunderts war die 

ehr die Bedeutung der am 14. Mai 1795 von Jenner eingeführte Kuhpockeii- 

ibilis und bevorzugte da- impfung. Nicht nur die Pocken haben seit jener Zeit ihren 

r hervorragendste Vertreter Schrecken für Europa verloren, sondern auch für die an- 

ationelle. womöglich diäteti- deren Infektionskrankheiten ist diese, den subtilstem Natur¬ 
uni alle Doktrinen der da- Vorgängen abgelauschte prophylaktische Therapie ein 

,rauen auf die Heilkunst der Muster geworden, Krankheiten zu verhüten und zu heilen 

iktisehe Arzt Thomas Sy- durch wissenschaftliche Naturmedizin im edelsten Sinne 

London der englische Hippo- des Wortes. 

zur Bekämpfung der fehlerhaf- Trotz des schnellen Aufschwungs und der gewaltigen 

aren Abführmittel, der Aderlaß ! Fortschritte der Naturwissenschaften im XVII. und XVIII. 

Chinarinde, die im XVII. Jahr- j Jahrhundert, trotz der bevorzugten (sozialen Stellung und 
■r Ipeeaeuanha-Wurzel und der tiefen Bildung der Aerzte zu jener Zeit kam es in der 

große Verbreitung fand. In den Pebergangszeit vom XVIII. zum XIX. Jahrhundert noch 

.rztlichen Wirkens fand dieser zu- einmal zu einem bedauerlichem Verfall der Medizin. Hieran 

.tische Standpunkt nicht die ver- war Schuld unsere ererbte Ehrerbietung vor philpsöphi- 

hreitung. Damals war die Zeit der sehen Spekulationen, die Auswüchse der humanistischen 

uisse und des kritiklosen Purgierens. Bildung, von denen die griechische Kultur frei war. In 

pie nicht ausreichte, dann wurden sorg- jener Zeit hatte die S c h e 1 1 i n g sehe Naturphilosophie, 

.euere Säfte dem Körper durch Klystiere ein trivales Phrasengeklinipel, ein Spiel mit geistreichen 

amals ergoß sich der Aerztespott Moliöres Paradoxen, das klare Denken verwirrt. So machten sich 

aß, Purganz und Klystier. Trotz dieser Poly- auch in der Medizin metaphysische Phantastereien, abge- 

pragmasie, trotz der noch nicht gebrochenen Herrschaft : schmachte Spekulationen und obskurer Symbolismus breit, 
der Astrologie und Alchemie, des Horoskops und der Harn- Hier liegt der Grund, daß die kritiklosen Schwärmereien 

schall stiegen damals die Aerzte höher in der Achtung des M e s m e r s vom tierischen Magnetismus seihst beaebtens- 

Volkes als seit langen Jahrhunderten, und auch höher als werte Geleinte wie Keßler, Kieser, R insgeis, 

in Zeiten späterer einsichtsvoller Wertung der Wissen- Nasse Himnoser, Willfahrt, Eschemeier 

scliaft. gefangen nehmen könnten! Auf demselben Boden erwuchs 

Das XVIII. Jahrhundert, das Zeitalter der Aufklärung, H a h n e m a n n s Homöopathie, die die verstümmelte 

brachte erhebliche Bereicherung des Wissens in Anatomie ; Lebenskraft umzustimmen sich bestrebte durch Mittel, 
und Physiologie. Die Namen Valsalva, K a m p er, die beim Gesunden einen dem zu bekämpfenden Krank- 

L i e u t a u d , Douglas, Morgagni, Scarpa. heitszustand möglichst ähnlichen Zustand hervorrufen 

W r i e s Ii e r g , Z i n n , Meckel, Li e b e r k ii li n . sollten und deren Wirkung mit der Minderung ihres Ge- 

Wol ff, La voisier erinnern an die große Zeit. Bei haltes angeblich zunahin. Diese Methode, die theoretisch, 

weitem der bedeutendste Forscher des XVIII. Jahrhunderts aber nicht re vera eine medikamentöse Therapie ist, erwarb 

war der Physiologe AI brecht von Haller, dessen sich damals die überwiegende Mehrzahl der Aerzte zu An- 

Geist heute noch in der Wissenschaft weiter wirkt. H y r 11 hängern. Auch J o h a n ii G ö 11 f r i e d R a d e m a e h e r s 

bezeichnet seine führende Stellung in der Physiologie mit Erfahruiigsheilniittellehre gehört in das Gebiet dieser spe- 

der Bemerkung, daß natürlich jeder Physiologe sich für kulativen Phantastereien und ebenso die parasitäre Schule 

den bedeutendsten Forscher dieses Faches lullte, daß aber C a r 1 W i 1 Ii e 1 in S t a r k s und B r onsiiis Irritations- 

Einstimmigkeit darüber herrsche, Alb recht von lehre. 

Hallersei die Palme des zweitbesten Physiologen aller Im XIX. Jahrhundert gewann in der Medizin die 

Zeiten zuzuerkennen. Die theoretische Medizin jener Zeit wissenschaftlich -empirische Methode die Oberhand. Dem 

bewegte sich vielfach auf dein Boden der Systeme. Hoff- Charakter des Zeitalters entsprechend wurde die Medizin 

in a n n in Halle machte von seiner Theorie des tonischen in das Gebiet der Naturwissenschaft eingereiht. Beob- 

oder ntonischen Zustandes der Organe als Krankheits- aehtung und Experiment wurden die alleinigen Grundlagen 

Ursache sein therapeutisches Handeln abhängig und ver- der Forschung. Die Fortschritte in Anatomie, besonders 

ordnete daher Sedativa und Antispasmaticn einerseits, Physiologie, Chemie, und Physik lieferten der Heilkunde 

wertvolle Beiträge. Die pathologische Anatomie und die 
Bakteriologie brachten neues Licht in manches alte 
Problem. Die Diagnostik ist vervollkommt, ihre Grenzen 
der teleologische Animismus S t a li 1 s, verwarf Fieber- sind im reichsten Maße erweitert, die Methode ist aufs 


JNIVE 



Köbarantia und Toniea andererseits. Von ihm stammen 
als Alterans hei chronischen Krankheiten die heute noch 
sehr beliebten Hoffmanns-Tropfen. Das zweite System, 



DF MICHIGAN 




THERAPEUTISCHE R 


sorgfältigste verfeinert worden, die modernsten Fort¬ 
schritte der Technik, die subtilsten Erfahrungen der 
Mikrobiologie, wurden ihr dienstbar gemacht. Auch in 
der Therapie zeigte sich gegen den anfangs vorherrschend 
vertretenen ungläubigen Nihilismus iu der zweiten Hälfte 
des XIX. Jahrhunderts eine zuversichtliche Aktivität und 
der neugestaltende Einfluß der Fortschritte in Technik und 
Naturwissenschaft, Der Induktionsstrom, die galvanische 
Elektrizität, medikpmechanisehe Maschinen, die Röntgen¬ 
strahlen, die Hochfretjuenzströme und die übrigen ent¬ 
deckten neuen Krafterscheinungen wurden mit rastlosem 
Eifer durchforscht und zu Heilzwecken nutzbar gemacht. 
Die einzelnen Wirkungsfaktoren der Wasserbehandlung, 
der respiratorischen und Inhalationstherapie, weiter der 
Diätregelung, der Elektrizität, des Lichtes, der Massage 
und Gymnastik und so fort wurden in ihrer Wirkungsstärke 
experimentell analysiert und einer exakten Dosierung und 
Berechnung zugänglich gemacht. In der Pharmakologie 
ist das Experiment souverän geworden. Durch dio Rein¬ 
darstellung zahlreicher Mittel, wie z. B. Atropin, Kokain, 
Chloralhydrat, Kreosot, Salizylsäure, ist die Erreichung der 
im Einzelfalle erstrebten Wirkung sicherer und exakter 
geworden. Die Entdeckung neuer Mittel, z. B. Morphium, 
Strychnin, Chinin, Kokain, Salizylsäure, um die allerwich¬ 
tigsten zu erwähnen, hat den Kreis der Therapie erweitert. 
Die chemische Analyse und Synthese komplizierter Ver¬ 
bindungen gab die Möglichkeit, ungewünschte Neben¬ 
wirkungen zu umgehen, die indizierte Hauptwirkung mit 
großer Sicherheit zu gewinnen. Schließlich haben wir in 
der Organtherapie, in der Verwertung der Heilsera, auch 
in der Tuberkulinanwendung, und neuerdings in Wrights 
Y aceintlierapie Heilmethoden spezifischer Art, eine wissen¬ 
schaftliche Nachahmung der natürlichen Heilvorgänge, 
eine ätiologische Therapie. „Der Arzt der Zukunft wird 
Immunisator sein“, lautet Wrights Motto zu seinen 
„Studien über Immunisierung“. Diese (auf Grund von 
Opsoninbestimmungen) in jedem einzelnen Falle durch ex¬ 
perimentell kontrollierbare Dosen spezifischer Mittel be¬ 
wirkte Anregung der natürlichen Heilvorgänge des Or¬ 
ganismus wäre eine streng wissenschaftliche Therapie., 
Aber diese spezifische Therapie ist ausschließlich bei ein!-’ 
gen Infektionskrankheiten anwendbar. Auch die Organo¬ 
therapie ist eine ätiologisch fundierte Beeinflussung des 
erkrankten Körpers, aber sie arbeitet mit rein empirisch 
festzustellender Dosierung; auch ihr Anwendungsgebiet ist 
auf eine kleine Anzahl von Zuständen beschränkt. Für 
die weitüberwiegende Mehrzahl von Krankheiten, gleich¬ 
gültig, ob deren Aetiologie geklärt oder Geheimnis ist, 
richtet sich die Anwendung der Medikamente nach empiri¬ 
schen Grundsätzen. Ferner ist auch die jetzt angebahnte 
spezifische Therapie der Infektionskrankheiten nur ein Teil 
der Behandlung, manchmal ein recht kleiner Teil, während 
die Regelung der Lebensführung, die Sorge für hygienisch 
günstige Außenbedingungen, die physikalische und phar¬ 
makologische Bekämpfung vorherrschender Symptome die 
Hauptaufgabe der Behandlung bleiben wird. Also nur bei 
wenigen Krankheiten läßt sich vielleicht ein Teil der 
Therapie mit der Sicherheit des wissenschaftlichen Ex¬ 
periments bestimmen. Im allgemeinen bleibt die Behand¬ 
lung des erkrankten Menschen eine künstlerische Aufgabe. 
Die Erfahrungen der wissenschaftlichen Forschungen lie¬ 
fern nur die Handhaben zur Ausführung zu der einen neuen 
Zustand des Körpers gestaltenden Tat. Ebenso wie der 
Architekt hei der Ausübung seiner Kunst die Gesetze der 
Wissenschaft kennen und in Anwendung bringen muß, 
ebenso muß der Arzt bei der Vollbringung seiner Tat auf 
den Grundlagen der Wissenschaft aufbauen. Aber man 
darf nicht verkennen, daß bei der Behandlung eines Pa¬ 
tienten die Wissenschaft nur ein Behelf der Kunst ist, daß 
sie nur dienend dem Schaffen zur Seite steht. Der Arzt 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


wird u 
je nach t 
auch nach 
Methode ZI 
bevorzugen. 
allen Zeiten ni/ 
lieilkünstleris 
war, sondern 
kalisch-diätet’ 
suggestiven Ti. 
,,T)ns Leben ist 1\ 


Zur Bebam 

Von Dr. Hug. 

Der akute Schnupt 
und mehr Gegenstand 
sowohl der Schnupfen u 
der Erwachsenen. Tat* 
einfache akute katarrha 
Schleimhaut Beachtung nr 
Umständen imstande ist, ta 
Lebensfreudigkeit des Erwa 
trächtigen, Sie bedarf um s 
keit, wenn sie als Komplikatk 
Luftwege, von Anginen usw. i 

Bisher wurden nun zur B 
hauptsächlich Pulver empföhle 
Mittel xtif tSoXijy war die Borsäi 
in Verbindung mit anderen 
luitteln, wie Kokain, Sozojodolna 
ferner Sacch. lactis mit Adrenalinp 
Diese Mittel leisten ja wohl alle meh 
verwendete; allein sie sind durchweg \ 
als ideale Medikamente in,der Behandli 
gelten zu können. Dafür sind sie bei wei, 
genug. 

Eine bedeutendere Rolle scheint die Bolus 
zu sollen, welche ganz kürzlich (cf. Münchener mediz. 
Wocheiisclir., 1909, Nr. 47) Privatdozent Dr. Tr um pp 
in die Therapie des akuten Schnupfens eingeführt hat, 
nachdem J. Stumpf 1 ) und weiter Nassauer 2 ) sie 
hei Diphtherie, als antiseptisches und aseptisches Verband¬ 
mittel und zur Behandlung des „Ausfluß“ empfohlen hatte. 
Tr um pp rühmt sie sehr und erklärt 1. c. „in frischen, 
günstigen Fällen bei richtiger Anwendung des Mittels 
imstande gewesen zu sein, auch den heftigsten Katarrh 
innerhalb 24 Stunden zum Stillstand zu bringen und in 
weiteren ein bis zwei Tagen den restierenden Schwellungs¬ 
zustand der Schleimhaut gleichfalls zurückzubilden“. Er 
habe von keinem anderen Mittel gleich günstige und rasche 
Erfolge gesehen. 

leb habe sein Mittel noch nicht nachgeprüft, bin aber 
andererseits in der Lage, noch ein anderes therapeutisches 
Medikament vorzuschlagen und zur Behandlung des akuten 
Schnupfens angelegentlichst zu empfehlen, das ist die 
essigsaure Tonerde, der Liqu. aluminii acetici. Es scheint 
mir, daß sie eine ausgesprochene Konkurrentin der Bolus 
alba ist. 

T r u m p p verlangt von dem Schnupfenheilmittel mit 
Recht fünf Eigenschaften; 1. es muß ein Desinfektions¬ 
mittel sein, es muß die bakteriellen Erreger des 
Schn u p fen's u ns c h ä d 1 i c li m a c li e n; 2. es muü 
die bestehende v er in ehrte Sekretion ein d ii. m - 
men; 3. muß es absolut unschädlich sein; 

1 ) J. Stumpf: Münch, med. YVochenschr., 1908, Nr. 22 
und ibid., 1908, Nr. 46. 

2 ) M. Nassauer: Ibid.,, , 1909, Nr. 15. 



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.ISCHE RUNDSCHAU. 


39 


x selb- 
..ch und 

al ba aus- 
aneh für die 
In einer 
(gezeichnetes 
bestehendem 
■gen Kindern 
,ibt kaum eine 
xen Spülung: 
n angewendet —- 
ein, als eine Prise 
s affi zierte Gebiet 
bissigen essigsauren 
Ion. Auch eignet sie 
ns und macht die ein- 
.inpräpgraten, wie sie 
Schwellung der Nasen- 
Ton benötigt, durchaus 
as Glas mit der verdünn- 
an die Nase, wie man es 
den Mund ansetzt, zieht 
,• einer Schüssel mehrmals 
ein, his sie womöglich teil- 
Snm erscheint, und läßt 
ltum in die Schüssel zuriick- 
ig der Nase geschieht dann 
tiges Ausschnauben ihres In- 
e Erleichterung der Atmung, 
ird beseitigt, die Schwellung 
, die Passage zur Atmung wird 
fieser Prozedur geschieht nach 
am Tage. 

kann man selbst den schlimmsten 
i eoupieren: er kommt gär nicht zum 
„riges Stadium fehlt, in 2:—3 Tagen ist er 

den kleineren Kindern, welche nicht selbständig 
mit der Nase aufzuschlürfen vermögen, benutzt man einen 
mit Watte armierten Triller (wie ihn die Otologen ver¬ 
wenden), befeuchtet ihn mit der verdünnten, % proz. 
essigsauren Tonerde und fährt damit ein- oder zweimal in 
jedes Nasenloch, am besten bei zurückgelehntem Kopfe des 
Kindes oder wenn es auf dem Rücken liegt. 

Auch diese Applikation ist außerordentlich einfach 
und wesentlich bequemer, wie die Einstäubung des weißen 
Tons mittels ehies Pulverbläsers, wie ihn Trum pp zur 
Einführung des Pulvers in die Nase von kleinen Kindern 
nötig hat. 

Die beschriebene Methode wende ich in eigener Fa¬ 
milie seit einem halben Jahre an, habe sie auch am eigenen 
Körper geprüft und finde sie wesentlich besser als alle 
früheren. Ich kann sie deshalb — n e b e n der T r u in p p- 
schen - aufs beste auch anderen empfehlen. 


Hausierhandel mit Arzneien. 

Nach den klaren gesetzlichen Bestimmungen unterliegt 
es keinem Zweifel, daß der Hausierhandel mit Arzneimitteln 
verboten ist. ln § 5(1 der Reichs-Gewerbeordnung heißt es 
kurz und deutlich: „ausgeschlossen vom Ankauf oder Feil¬ 
bielen ,yn Umherziehen sind: 9. Gifte, gifthaltige Waren, 
Arzneimittel und Geheimmittel“. Trotz dieser klaren Be¬ 
stimmung wird der Hausierhandel mit Arzneien in einer Aus¬ 
dehnung beirieben, die sich zwar nicht so direkt, wohl aber 
in der hinter ihm stehenden Arzneimittelindustrie erkennen 
läßt, daß man im höchsten Grade erstaunt sein muß, wie 


sich eine solche unter den Augen der Behörden zu ihrem 
enormen Umiäng entwickeln konnte. 

Mehr oder weniger große „Fabriken“ oder „pharma¬ 
zeutische Laboratorien“, wie sie sich meist nennen, bringen 
ihre Erzeugnisse hauptsächlich auf zwei Wegen an den 
Mann: entweder ihre Waren werden von ihren Abnehmern, 
den Hausierern, dem Publikum direkt ins Haus gebracht, 
oder aber sie unterhalten an den verschiedenen Orten heim¬ 
liche Niederlagen, die ihre Vorräte ergänzen oder auch von 
Agenten, meist Frühjahr und Herbst, zwecks Neufüllung 
aufgesucht werden. In einer einzigen Zeitung, die in ge¬ 
wissen Wirtschaften und Logierhäusern durch ganz Deutsch¬ 
land verbreitet, ist, fanden sich in kaum Jahresfrist nicht 
weniger als zirka 50 verschiedene „Fabriken“, die ihre 
Produkte an Händler und Hausierer anboten. Aus den Pro¬ 
spekten dieser Firmen kann man ein ungefähres Bild ge¬ 
winnen, ,m welchem Umfange diese arbeiten. Wenn auch 
manche Prospekte ziemlich dürftig sind, so treffen wir doch 
zahlreiche andere an, deren Ausstattung und Vielseitigkeit 
auf einen großen Umsatz schließen läßt. Wir lesen auf den 
Köpfen der Briefe, die mit Schreibmaschine geschrieben 
sind, Angaben von Bankkonten, Fernsprechanschluß und 
Telegrammadressen. 

Selten wird man feststellen können, wieviel eine ein¬ 
zelne Person monatlich vertreibt, doch gelingt es wohl mal. 
So bezog ein einziger Hausierer, der schon öfter zur An¬ 
zeige gebracht war, und nach seinen eigenen Angaben die 
Strafen, als Geschäftsunkosten bucht, in einem einzigen 
Monat laut beschlagnahmter Rechnungen für 65 Mk. Tropfen 
und Tee. Das entspricht nach den Verkaufspreisen für die 
bezogenen Mittel Ungefähr einein Monatsumsatz von 250 Mk. 
(Die Herren schlagen mehr als 60 Prozent auf, viele ..Fa¬ 
briken“ liefern Teepackungen mit. dem aufgedruckten Preise 
von 1 Mk. zu 25 Pfg., der teure Apotheker müßte sich dafür 
nach der Reichs-Arzneitaxe 40 Pfg. berechnen!) Es ist 
zu bemerken, daß die angeführte Rechnung sich aus ein¬ 
zelnen kleineren Bezügen von 5—6 Mk. zusammensetzte, da 
Neulieferung; erst nach Verkauf der vorhergehenden erfolgte.- 
Ein anderer Hausierer erzählte dem Polizisten, der ihn 
verhaftete, seine Firma schickte außer ihm an hundert, Leute 
ins Land. 

In verschiedenen Prozessen, die gegen solche Hausierer 
und Händler angestrengt wurden, hat sich gezeigt, daß hinter 
diesen auch zur Verteidigung diese Industrie steht. Es 
wird .schon ganz geschickt mit den berühmten „Vorbeu¬ 
gungsmitteln“, „Genußmitteln“ und ähnlichen juristischen 
Errungenschaften operiert. Wir lesen auf zahlreichen Pro¬ 
spekten über Alpenkräutertee verschiedener Firmen : „Kein 
Geheim- oder Arzneimittel, wohl aber als diätetisches Genuß- 
mittel, ein vorzügliches Kosmetikum und Vorbeugungsmittel 
bekannt!“ Eine Firma macht es ihren Kunden besonders 
bequem, sie annonciert ihren Tee mit dem Bemerken: „jetzt 
frei verkäuflich, laut Gerichtsurteilen verschiedener Ge¬ 
richte in Berlin, Elberfeld, Nürnberg. Abschriften der Ur¬ 
teile auf Wunsch gratis und franko.“ Diese Urteile 
finden sieh in einem Büchlein zusammengestellt, daran an¬ 
schließend nachmalige Wiedergabe der Verhandlungen 
aus pharmazeutischen und drogistischen Zeitungen, aus 
letzteren zugleich mit einem kleinen Hieb auf die „Pharma¬ 
zeutische Zeitung“ ,und den Apothekerstand. Aus diesen 
Verhandlungen kann dann ein jeder lernen, unter welchem 
Namen die Sachen zu verlangen bezw. zu verkaufen sind, 
ohne der Polizei eine Handhabe zum Einschreiten zu bieten. 
Auf denselben Prospekten, auf deren Vorderseite andauernd 
der Charakter des „Familiengetränks“, ,.Vorbeugungs¬ 
mittels“ usw. betont ist,, finden wir auf der Rückseite zahl¬ 
reiche Empfehlungs- und Dankschreiben, in denen Per¬ 
sonen die Heilung ihrer Krankheiten bestätigen. In einem 
Falle ergab eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft unter 
Hinweis'auf die Adressen dieser Käufer, die doch als Kranke 
aufgetreten sind und deren Dankschreiben andere Kranke 



40 


THERAPEUTISCHE 



zum Ankauf bewogen sollen. Mali die fragliche Firma nur 
„en gros" liefere und als solche auch mil lloihniltcln hau 
dein, dürfte, aber auch ohnedies nicht dafür verantwortlich 
zu machen sei, wenn ihre Fabrikate von einzelnen Käufern 
als. Heilmittel betrachtet würden. Dabei findet sich in 
einigen Dankschreiben nicht, nur der Hinweis auf einen 
Hausierer, sondern ist derselbe als „Ihr Herr Reisender 
N. N.“ benannt. Unter den Bezugsbedingungen der gleichen 
angeklägten Firma lesen wir in großen Buchstaben: „Art 
des Vertriebes: 

„Folgende Art hat sieh am besten bewährt, den Tee. zu 
verkaufen. Die Reklamezettel, die reichlich bei jedem Post¬ 
paket umsonst mitgeliefert werden, verteilt man in den 
Häusern, nach einigen Stunden holt man die Zettel wieder 
ab und bietet bei- der Gelegenheit den Tee zum Kauf an.“ 
„Liefere Ihnen die Postsendung 5 kg = 27 Pakete, so daß 
Sie für 27 Mk. Ware erhalten und dafür nur 0,75 Alk. zu 
zahlen brauchen, das ist für Sie ein Nutzen von 20,25 Mk. 
hei jeder Sendung.“ 

Aehnliche Winke zum Verkauf der Mittel finden sich bei 
zahlreichen .anderen Firmen. 

Es ist gewiß kein Wunder, wenn diese Händler immer 
dreister werden und vor aller Augen ihr Handwerk treiben, 
wenn.sie selber sehen, wie es der Behörde unmöglich ist, 
gegen sie .einzuschreiten. Belustigend wirk!, wenn unter 
den zahlreichen Listenmitteln ab und zu zu lesen ist: „frei- 
gegeben“ oder „als Destillat frei". 

Ganz besonderer Beliebtheit erfreuen sich die verschie¬ 
denen Hiengfong-Essenzen, die in keinem Verzeichnis fehlen, 
und fast niemand von den Fabrikanten versäumt dabei, sehr 
dringend vor den vielen Nachahmungen gerade seines Prä¬ 
parates zu warnen und dabei zu erklären, daß er der aller¬ 
billigste Lieferant ist. Dann isl es der Alpenkräuterlee, der 
nirgends fehlt. Die Hersteller wissen hier mit den verschie¬ 
densten Argumenten gerade ihren Tee als allein guten hin¬ 
zustellen. „Besteht aus den edelsten Kräutern des Harzes 
und der Alpen“, „die Kräuter werden von erfahrenen heulen 
im Gebirge sorgfältig gesammelt, in meiner Fabrik unter 
meiner persönlichen Leitung untersuch! und mit den 
neuesten ..Maschinen nach besonderem Verfahren znbercitct“, 
öder: „hergestelll nach Vorschrift des Herrn Hof- und 
Med.-Rat Dr. Schwartz“. Ferner: „Patentamtlich registriert 
D. B.-W. Nr. . . .“ Ein anderer schreibt mil großen Lettern 
unter den Namen seines Fabrikates: „Laut Allerhöchster 
Verordnung Kaiser Wilhelms II dem freien Verkehr über¬ 
lassen.“ Wieder einer schreibt: „Die Herren der midi- 
zinisehen Wissenschaft, Dr. Höchtlotter, Dr. Martin und 
mehrere hervorragende Aerzte erklärten diese Teemischung 
als ein praktisches diätetisches Gcnnßmittel“, und so geht 
es weiter. 

Feber sein Eukalyptusöl schreibt eit) Fabrikant, daß es 
das „einzig reelle Mittel sei, das zahlreichen Kranken in 
schlaflosen, kummervollen Nächten Genesung gebracht". 
Dann sagt er weiter: ..Als unermeßliche Golleshille müssen 
wir daher dieses wunderbare Del bezeichnen, welches der 
weise Schöpfer zum Heil der leidenden Menschheit er¬ 
schaffen und welches ich mit Vieler Mühe unternommen 
habe, einzig zum Wohle der vielen armen Leidenden aus dem 
fernen Erdteil zu importieren und in den Handel zu bringen.“ 
Interessant lautet dann der Schluß seiner Warnung vor 

den vielen „gewissenlosen Konkurrenten“: . als ein 

wenig entschuldigend für diese Menschen mag allerdings in 
Betracht kommen, daß diese Herren von australischen Ver¬ 
hältnissen, am allerwenigsten vom Eukalyplusbaum, keine 
Ahnung haben, daher gezwungen sind, ihren Bedarf hei 
Zw schenlnlndlern zu decken, wodurch natürlich jede Kon¬ 
trolle und Gewißheit über Köhlheil verloren geht“. 

Besonders verbreitet sind noch die bekannten Thüringer 
Mittel, wie Hamburger Pflaster, Jerusalemer Balsam, Har- 
lerner Del, Sulzberger Tropfen, Wunderbalsam, Boßessenz, 
Krön essen z u. a. m. Seltener scheinen sich Menstruations- 


Irop 
Münn 
wir ,nic. 
liehe Za 
schreiben, 
zeigen, ,welc> 
und .wenn n 
gemein für 1 
Mengen von 
Mann gebrar 
Uebertretungr 
Behörden dem 
wird es nicht ga 
betrieb leidet am 
man kann auch h. 
der immer zu finden 
rider uns neue Pflic. 
uns gegenüber förtge: 


REI 


Cl, 

Referent: Spezialai 

1. Ueber die Verwendung 

Von Lotheiss on. Oesterrei 
Nr. 20. 

2. Einige Bemerkungen 
unteren Körperhälfte. Von Mo 

Wochenschr., .1909, S. 2107. 

3. Frakturbehandlung nach £ 

Von Christen, Bern. Müncht 
S. 2466. 

4. Fortschritte im Druckdifferenzve 
kale Operationen. Von W. Mo vor, x 
med. Wochenschr., 1909. S. 2414. 

5. Läßt sich für die Anwendung der inti«* 
salzinfusionen bei der Peritonitis eine bestimmte 

Stellung ergründen? Von v. L i c h i o n h o rg, Straßburg. 
Münchener med. Wochenschr., 1909, S. 2464. 

6. Traumatische Perityphlitis. Von Tiegel. Dortmund. 
Münchener med. Wochenschr.. 1909, Nr. 46. 

7. Die ,,Spätoperation“ der Appendizitis. Von Klaubor, 
Prag. Prager med. Wochenschr., 1909, Nr. 47. 

S. Zur chirurgischen Behandlung des chronischen Ikterus. 
Von Kehr, Halberstadt. Münchener med. Wochenschr., 1909, 
Nr. 48. 

9. Zwei Fälle von operativer Heilung multipler cholangiti¬ 
scher Leberabszesse. Von H o c. h h e i m c r . Berlin. Berliner 
kl in. Wochonsehr., 1909, Nr. 47. 

1. Verf. erörtert die Verwendung des Sauerstoffs bei der 
Narkose (Chloräthylnarkose mit Sauerstoff), hei postopera¬ 
tiven Bronchitiden und Pneumonien, bei denen Verf. raschen 
Rückgang sah, bei Herabsetzung der Herzkrafi durch Eiterun¬ 
gen, Sepsis etc., sowie hei Anämischen, die eine schwere 
Blutung überstanden haben. Bei allen diesen Zuständen hatte 
er gute Erfolge. 

2. Verf. benutzt zur Blutleere der unteren Körperhälfte 
„Prima Rot-Drain“ Nr. 12 und 14, und legt in chirurgischen 
Fällen den Schlauch in steiler Beckenhochlagerung an, damit 
der nach oben gleitende Darm über der Abschnürung liegt, und 
der Zirkulation erhalten bleibt; um einer Ueberlastung des 
Herzens vorzubeugen, ist vorher die Esmarchbinde an beiden 
Oberschenkeln anzulegen. In den Fällen, wo bisher die Ab¬ 
schnürung ungenügend war, war sicherlich der Schlauch nicht 
fest genug umgelegt. Daher legt man bei korpulenten oder 
muskeistarken Menschen am besten nach Verschwinden,des Pulses 
in der A. femoralis noch eine weitere Tour um, ehe geknotet 
wird. Die Benutzung von Pelotten ist überflüssig und ge¬ 
fährlich. 

3. Große Extensionsgewichte bringen schwere Schädigungen 
der Muskulatur hervor, welche sowohl den Eintritt der Arbeits- 


ERSITY OF MICHIGAN 


JNIVERSITY OF MICHIGAN 





REUTISOHE RUNDSCHAU. 


41 


iide Er- 
.affung der 
a ppinger - 
eil Zuppin - 
die Extensions- 
d e n h euer) auf 
lug. Die Methode 
»logischen, da sie 
gerecht wird. Die 
'lexionstheorie in 
a n n sehen Nagel - 
, ist meist illuso- 
e starke Belastung 
.lgriffsfläche für den 
quere Kniescheiben - 
rteil, auch ist bei ihr 
Gelenke möglich; auch 
jppingersehe Methode, 
hm konstruierte, praktisch' 
nzkammer“, welche erlaubt, 
r beiden Druckarten, mittels 
können, und zwar ohne Unter- 
? Unterbrechung der Druck - 

r Peritonitis um eine durchl 
Zirkulationsstörung mit Ver- 
oder gar mit Sinken des systoli- 
Verf.s Erfahrungen unbedingt die 
in am Platze; sie versagten nur 
;szust.änden der Vasomotoren. Hat 
dte Infusionen die Zirkulation ver- 
Kochsalztherapie mit subkutanen, 
■lanenten rektalen Infusionen fort- 
t für schwere Fälle zu empfehlen, 
hierdurch gesteigert wird, eine 
mg vermag das, Suprarenin jedoch 

ben Fällen von „traumatischer Peri- 
oller Gesundheit heraus im Anschluß 
.kheitsbild einer Appendizitis sich bald 
uei Patienten, welche zwar von früheren An- 
onischen Blinddarmbeschwerden litten, jedoch 
in ihrer Aktionsfähigkeit nicht wesentlich be- 
wurden, bis plötzlich im Anschluß an ein Trauma 
. Anfall einsetzte. Das Krankheitsbild wird ausführ - 
geschildert. Der Unfallgutachter wird nach dem heutigen 
Stande unseres Wissens gut tun, nicht mehr einen grundsätzlich 
ablehnenden Standpunkt gegenüber der traumatischen Ent¬ 
stehung der Appendizitis einzunehmen. Im allgemeinen verlaufen 
derartige Fälle auffallend stürmisch und schwer, die Morta¬ 
lität ist überaus hoch, Kotsteine kommen verhältnismäßig 
häufig vor. 

7. Für die Frage, ob bei Appendizitis operiert werden soll 
oder nicht, darf nicht die Zahl der Krankheitstage entscheidend 
sein, sondern allein der Zustand des Kranken. Die Appendizitis 
ist in jedem Stadium der Radikaloperation fähig, und diese 
liefert auch im Spätstadium, nach Ablauf der ersten 48 Stunden, 
sehr gute Resultate. Der noch erreichbare Fortschritt in der 
Appendizitisbehandlung liegt nicht in der — niemals durch¬ 
führbaren — Operation aller Kranken im Frühstadium, sondern 
in der bedingungslosen Operation dann, sobald ein Zustand fest¬ 
gestellt ist, welcher im Frühstadium heute schon allgemein 
die Operation als berechtigt und erforderlich erscheinen läßt. 
Die Einwände gegen die Operation im Spätstadium sind nicht 
stichhaltig, wenn so wie. im Frühstadium vorgegangen wird 
'Abtragung des Wurms unter jeder Bedingung, .rücksichtsloses 
Trennen aller Verwachsungen). Von 100 derartigen, von Verf. 
operierten Spätfällen starben nur 6; kein einziger der Gestorbe¬ 
nen zeigte bei der Sektion einen schlimmeren Zustand als bei 
der Operation, von den Geheilten ebenfalls keiner nach 
der Operation durch diese hervorgerufene Verschlimmerungen. 

8. Die Fälle von chronischem Ikterus durch’ Verlegung der 
Ausführungsgänge bedürfen unbedingt der Operation, wenn sie 
nicht einem dauernden Siechtum und dem fast sicheren Tode 
verfallen sollen. Hat der Ikterus schmerzlos begonnen und von 
Woche zu Woche zugenommen, bei gleichzeitiger Vergrößerung 
der Gallenblase, so liegt Tumorverschluß des Choledochus vor; 
gingen Koliken voraus, wechselte der Ikterus, trat Fieber ein, 
so ist Steinverschluß wahrscheinlich. Länger als 2—8 Monate 


sollte mit der Operation nicht gewartet werden. Bei recht¬ 
zeitiger Operation ist die Gefahr einer postoperativen cholämi- 
schou Blutung minimal. Die Ansicht, daß Ikterische wenig 
widerstandsfähig seien, trifft nur für weit vorgeschrittene Fälle 
von Melasikterus (meist infolge von Karzinom) zu. Man sollte 
möglichst nur die Zystektomie machen, und dazu den Chole¬ 
dochus aufschneiden, wenn Verdacht auf dort steckende Steine 
vorliegt. Die Furcht vor der Bauchfellentzündung bei Gallen- 
Steinoperationen ist völlig unbegründet. Gerade beim chroni¬ 
schen Ikterus ist eine längere Entlastung der .geschädigten 
Leberzellen durch Hepatikusdrainage oder durch Anastomosen- 
bildung zwischen Gallensystem und Intestinis am ‘Platze. 

9. Das bei Cholangitis ascendens infectiosa mit multipler 
Abszeßbildung gegebene Operationsverfahren muß in Frei¬ 
machung der Gallenpassage durch Entfernung der Steine und iri 
Drainage der Gallenwege bestehen. Durch dieses Verfahren ge¬ 
lang es in zwei, von Verf. beschriebenen, weit vorgeschrittenen 
Fälleu, der Infektion Herr zu werden, und die Heilung herbei¬ 
zuführen. Die Fälle zeigen, welch’ schwere Schädigungen der 
Leber und des Gesamtorganismus noch der Rückbildung fähig 
sind; die Operation sollte also auch noch in den schwersten 
Fällen von infektiöser Cholangitis versucht werden. 


Pharmakologie. 

Reierent; Privatdozent Dr. C. Bachem, Bonn. 

1. Chronische Pilokarpinintoxikation. Von Elschnig, 
Prag. Mediz. Klinik, 1909, Nr. 51. 

2. Ueber einige bei einer Kali chloricum-Vergiftung er¬ 
hobene Blutbefunde. Von Lange, Cöln. Ibidem. 

3. Meine Erfahrungen über Geloduratkapseln. Von Heu¬ 
bach, Berlin. Ibidem. 

4. Ueber einen Fall von tötlicher Quecksilbervergiftung nach 
einer einmaligen Injektion von nur 0,05 Hg salicyl. Von 

Schwarz, Göppingen. Württemb. med. Korrespondenzblatt, 
1906. 

5. Schwere Wurstvergiftung. Von Hinzb, Petersburg. 
Berliner klin. Wochenschr., 1909, Nr. 41. 

6. Die Rolle der unentgeltlichen oder zu billigem Preise 
erhältlichen Arzneimittel in der Bekämpfung einiger Krank¬ 
heiten. Von G a 11 i - V a 1 e r i o , Lausanne. , Therap. Monatsh., 
1909, Nr. 9. 

7. Ueber die Herz- und Gefäßwirkung des Strophanthins bei 

gesunden und kranken Menschen. Von Vagt, Tübingen. Mediz. 

Klinik, 1909, Nr. 50 u. 51. 

1. Ein 27 jähriger Patient, der seit 10 Jahren an beider¬ 
seitigem Glaukom litt, brachte täglich mehrmals eine 2 proz. 
Pilokarpin!,ösung in die Augen, wodurch es zur Vergrößerung 
der Augäpfel und hochgradiger Sehstörung kam. Gleichzeitig 
war eine zunehmende Nervosität mit Reizbarkeit und Blut- 
walhingen nach dem Kopfe eingetreten. Es bestand ferner Herz¬ 
klopfen, das sich bis zu stenokardischen Anfällen steigerte, sowie 
Erbrechen schon bei geringen äußeren Anlässen; der Schlaf war 
unruhig. Außer einem leichten Tremor der Hände und Puls- 
beschleunigung war sonst somatisch nichts Abnormes. Nachdem 
das Glaükom durch Operation geheilt war, w r urden die 
Pilokarpinininjektionen ausgesetzt und damit schwanden auch 
alle eingangs geschilderten subjektiven und objektiven Ver¬ 
giftungserscheinungen. Aehnliche Fälle wie diesen hat E. bereits 
früher beobachtet. 

Die Vergiftung scheint wohl durch Aufnahme von der 
Bindehaut her zustandezukommen; nicht ausgeschlossen erscheint 
adier auch die Möglichkeit einer Vergiftung vom Tränenwege 
aus. Nach E.s Erfahrungen soll bei chronischer Pilokarpin¬ 
vergiftung eine gewisse Ueberempfindlichkeit eintreten, d. h. die 
Patienten reagieren später auf eine, einmalige Einträufelung 
sehr deutlich. Auch sollen besonders „empfindliche“ Personen 
eine gewisse Prädisposition besitzen. 

2. Die Vergiftung kam zustande durch Verschlucken einer 
beträchtlichen Menge (wieviel wird nicht genau angegeben) 
Kaliumchlorat, das als Mundspülmittel benutzt worden war. 
,Es entwickelte sich das typische bekannte Bild einer Chlorat- 
vergiftung, der das 17 jährige Mädchen in acht Tagen erlag. 
Auffallend war das Fehlen der Patellarsehnenreflexe bei sonst 
völlig intaktem Nervensystem. 

Aus dem Blutbefund intra vitam sei hervorgehoben, daß 
die Leukozyten vermehrt waren, besonders die polynukleären. 


VERSITY OF 


/ER 




42 


THERAPEUTISCHE RUi 



Die Zahl der roten Blutkörperchen sank dagegen bedeutend 
und am dritten Tage trat eine basophile lvörnelung derselben 
auf. Der Tod trat aber nicht infolge der Blutschädigung ein, 
sondern durch die Funktionsuntüchtigkeit der Nieren. Für das 
Bestehen einer Niereninsuffizienz sprachen die Resultate der 
Bestimmung der GefrierpunktserniedTigung und des Resfstick- 
stoffes im Serum. 

3. Verfasser berichtet über die Vorzüge der Rumpe Ischen 
Geledurat < DünndarnQ-Kapseln. Zunächst zeigte sich, daß die 
Kapseln vollständig im Darm zur Lösung kamen. Dabei war 
die Wirkung der in die Kapseln eingeschlossenen Medikamente 
die gleiche wie in Lösung etc., nur blieben bei der Darreichung* 
in ersterer Form. bei Jodkalitherapie alle Erscheinungen des 
Jodismus aus. Bei Verabreichung von Jodkalium-Quecksilber¬ 
jodid bewährten sich auch die Geloduratkapseln sehr, wie Ver¬ 
fasser an der Hand zweier Beispiele erläutert. Zur Aufnahme, 
von Antigonorrhoicis (Kopäivabalsam, Kawasantal > eignen sich 
cfie Geloduratkapseln ebenfalls. 

(Sollten sich diese Angaben bestätigen, so wäre eine Ver¬ 
wendung von anderen Medikamenten in diesen Kapsfln jeden¬ 
falls zu empfehlen. [Ref.]) 

4. Bei einem 32 jährigen Manne sollte eine vorsichtige 
antiluetische Kur eingeleitet werden mit Injektionen von 10°/o 
salizylsaurem Quecksilber als Paraffinemulsiqn. Nachdem der 
Kranke Vä ccm dieser Mischung in die Glutäalmuskulatur er¬ 
halten hatte, traten * sowohl im Muhde als im Darmkanal die 
Erscheinungen einer Quecksilbervergiftung auf,, die unter 
Symptomen der Herz- und Kreislaufschwäehe in 3 Wochen 
zum Tode führten. 

Verfasser sieht in dieser Vergiftung eine Idiosynkrasie und 
weist auf die Gefährlichkeit hin, das Mittel in der angegebenen 
Art zu injizieren, da alsdann — anders wie bei. der Inunktion — 
eine Möglichkeit zur Sistierung der weiteren Resorption nicht be¬ 
steht. Jedenfalls soll man zu Beginn einer Kur nur mit kleinsten 
Dosen arbeiten. 

. 5. Es handelte sich um eine schwere Wurstvergiftung bei 

einem. 22 jährigen jungen Manne. Kurze Zeit nach Verzehren 
der Wurst stellten sich Erbrechen, Pulsbeschleunigung, Albumin¬ 
urie. Verstopfung, Anurie, und leichtes Fieber ein bei voll¬ 
ständiger Lähmung, der Sehnerven, einer Parese des Okulomo- 
. torius und Abduzens (beiderseits) und einer Lähmung und An¬ 
ästhesie der unteren Extremitäten. Der Verlauf der Vergiftung 
war ein äußerst chronischer: vier volle Monate . ohne Besse¬ 
rung. Verfasser ist geneigt, als Ursache -eine Infektion mit 
dem Bac. botulinus v. Ermengen anzunehmen. Im Verlauf 
der Behandlung bildete sich eine schwere Encephalomyelitis 
disseminata toxica heraus und gleichzeitig akquirierte der Kranke 
eine. Phthise, so daß die Prognose als dubia gelten muß. Die} 
Therapie war eine rein symptomatische: Exzitantien. Diuretika, 
Spermin, heiße Bäder, Jodkalium und Massage. 

6. Verfasser tritt hier für eine billige oder unentgeltlich« 
Ueberlassung gewisser als Spezifika erkannten Heilmittel gegen 
wichtige Erkrankungen ein und begrüßt es, daß bereits einige 
Staaten den Versuch hierzu gemacht haben. Insbesondere plä¬ 
diert er für billiges Chiuin bei Malaria, Quecksilberpräparate 

gegen Lues und Thyreoidin gegen Kretinismus. 

7. V agt faßt das Resultat seiner experimentellen und klini¬ 
schen Untersuchungen folgendermaßen zusammen: Eine Wirkung 
der therapeutisch üblichen Dosen (1 mg) Strophanthin-Böh- 

■ ringer auf die Gefäßweite in der Körperperipherie war weder 
bei gesunden noch kranken Menschen nachweisbar. Ob eine 
Einwirkung des Mittels auf den Gefäßtonus stattfindet in dem 
Sinne, daß die Gefäßwand dein gesteigerten Innendrucke nicht 
nachzugeben vermag, war nicht sicher auszuschließen. Eine 
Wirkung auf das Herz in Gestalt einer mäßigen Vergrößerung 
und einer Verlangsamung der Schlagfolge ließ sich schon beim 
Gesunden kurze Zeit nach der Injektion nachweisen. 

Ganz besonders charakteristisch gestaltete sich .aber die 
Wirkung auf die Funktionen des Herzens bei zwei schweren 
dekompensierten Herzkranken. Demnach scheint das kranke Herz 
eine bedeutend größere Anspruchsfähigkeit für das Mittel zu 
haben als das gesunde. Innerhalb weniger Minuten konnte sein 
Schlagvolumen sehr stark gesteigert, die Schlagfolge herab¬ 
gesetzt und seine ganze Tätigkeit geregelt werden. 

Warum dns Strophanthin in einzelnen Fällen versagte, ohne 
daß das Herz au der Grenze der Leistungsfähigkeit war, ist. 
vorläufig unbekannt. 

Die Veränderungen des Blutdrucks, wie sie nach wirksamen 
Strophanthininjektionen rasch einsetzen, um beim Gesunden inner- 


3F MICHIGAN 


halb der 
oft tagelai 
Veränderung 


' Referent: Prof. 

1. Zur Differ 
(pseudolobären) Pn 

Therapie der Gegei 

2. Ueber Aetioh 
vera. Von Prof. M; 

Gegenwart, Dezember . 

1. Die akute psi 
k u 1 o s e ist schon von L a 
betreffs der Diagnose bes 
das gleiche Bild wie die c 
bietet. Erst in späterer Zeii 
des Leidens. Sicheren Aufst 
tive Befund von Tuberkelba. 
immer noch ein wenden, es h; 
von Pneumonie mit Tuberkulös 

| exakten Diagnosenstellung ist 
zahl. Während letztere bei c. 
mehrt ist, ist sie bei der tuberk 
dem weicht nicht von der nori 
m i n d c r t. Nach Verf. ist die 
j die Anzahl der Leukozyten bei de 
vermehrt sei, nicht richtig. Ein 
zur Differentialdiagnose ist das 
gerinseln. Es findet sich zwar bei 
im Alveolarinhalt Fibrin, doch nur 
j mehr das Vorkommen zahlreicher g 
Bronchialausgüsse als Zeichen der L 

Betreffs der Prognose ist 
der tuberkulösen Pneumonie meist s. 

! zahl der Fälle führt die Erkrankung meis 
Monaten zum Tode; in seltenen Fällen nehmt 
nach Osler einen chronischen Verlauf, u 
Referenten ist die K r a n. k h e i t s d a u e r . Sc 
i Fälle behandelte, sogar noch kürzer; nach 4 (5 

! lagen die meisten der Krankheit.) Eine vollständige 
! ad integrum kommt höchst selten vor. Die pathologisch-ui.u,t< 

I mischen Vorgänge bei dieser Form der Tuberkulose sind noch 
j nicht ganz aufgeklärt; es handelt sich wohl um eine gela-* 
■ tiuöse und zugleich zellige Infiltration der Alveolarwandungen 
' und der Alveolen selbst. Ref. beschreibt einen Fall, wo eine 
! lobäre tuberkulöse Pneumonie trotz recht beträchtlicher Aus- 
! dehnung des Infiltrates unter vollkommener Resolution in Hei- 
! lung ausging und der Patient wieder ganz den Status quo ante; 
erreichte und behielt. 

2. Betreffs der Aetiologie der Angina pectoris stehen sich 
zwei Ansichten schroff gegenüber. Die eine Schule faßt die 
Erkrankung als eine Hyperästhesie des Plexus cardiacus auf, 
also als eine Neurose; sie vergleicht die Erscheinungen der Er¬ 
krankung mit denjenigen der Neuralgien. Hiergegen spricht 
freilich der nicht seltene Befund von organischen .Herzverände¬ 
rungen, von Koronararteriosklerose. Verf, schließt sich mehr 
der anderen Richtung an, welche einen ischämischen Zustand des 
Myokards, besonders häufig bedingt durch Sklerose der Koronar¬ 
arterien, als Ursache der Krankheit beschuldigen; dazu tritt 
dann noch ein Gefäßkrampf, welcher den Anfall auslöst. — Be¬ 
treffs der Therapie soll der herbeigerufene Arzt zunächst den 
augenblicklichen Anfall schnell beseitigen. Verf. rät Mor¬ 
phium sofort zu injizieren in Kombination mit Kampfer oder 


Digalen oder Coffein. 

Digalen.15,0 

Coffein citric. ... 1,0 


DS. 1—2 Pravazsprit.zen voll subkutan injizieren. 

Ist der Blutdruck erhöht und der Puls gespannt, so hilft 
Amylnitrit am besten. 

Auch das Nitroglyzerin lindert den Anfall sehr. 


Rp. Nitroglyceriüi .... 0,03 

Spirit. ... 10,0 . 

Syr. cort, aurant. . . . 20,0 


MDS. Mehrmals täglich 20—30 Tropfen zu nehmen. 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






ISCHE HUNDSCHAU. 


48 


ders das Ery- 
in Tabletten - 
noch auf die\ 
großen Nutzen 
is mit Zyanose 
t Asthma car- 
Vorteil. Betreffs 
ranke in der Lage, 
ist; vor allem soll 
.eh zu Bett zu legen. 
Bewegungen sind nach 
len. 


pie. 

’hmidt, Berlin. 

< mit Röntgenstrahlen. Von 
g. Wiener klinische Bünd¬ 
en und vaginalem Wege. Von 

n g m a n n. Wiener klinische 

uuplens und der Influenza mit 

Von Dr. R. May. Medizin. 

<f-Fällen (1 indifferente Struma, 
— anscheinend technich nicht 
ilen ohne sichtlichen Erfolg be- 
später hei der Operation eine be- 
der Vorderfläche der Kropfkapsel 
ur erkennen ließen, verwirft Herr 
it oni gen -Therapie der Struma in Bausch 

igt Herr v. Eiseisberg zunächst — 
vor der Operation röntgenisiert worden sind, 
.iahe, anzu n e h m e n“, daß die Schwierigkeit 
osung der Kropfkapsel von der Muskulatur auf die Be¬ 
strahlung zurückzuführen ist. 

Wenige Zeilen später ist diese ,,Annahme“ — für Herrn 
v. Fiselsberg — schon zur Gewißheit geworden, denn er 
sagt, er habe „bisher keine durchschlagenden Erfolge,, wohl 
aber Schädigungen durch das Bestrahlen der 
Kröpfe gesehen“. 

Wenn er damit die gänzlich überflüssige Verbrennung in 
dem einen seiner 3 Fälle meinen würde, so könnte man dem 
nur beistimmen; da er aber offensichtlich die Verwachsung der 
Kropfkapsel mit der Muskulatur im Sinne hat, so ist dagegen 
folgendes einzuwenden: 

I. Die Annahme des Herrn v. Eiseisberg muß erst 
einmal bewiesen’werden. Bisher ist sie nur „graue Theorie“. 

II. Selbst wenn die Annahme des Herrn v. Eiseisberg 
richtig wäre, so würde die Verwachsung der Kapsel mit der 
Muskulatur an sich noch keine Kontraindikation für die 
Röntgentherapie bilden, da sie der Operation keine unüber¬ 
windlichen Schwierigkeiten bietet. 

III. Man muß zwischen der einfachen Struma und der 
Basedow-Struma unterscheiden und darf nicht beide in einen 
Topf werfen. Bei der indifferenten Struma leistet die Röntgen - 
Behandlung in der Tat nicht viel, und hier besteht der operative 
Eingriff in schweren Fällen zu Recht. 

IV. Nach dem übereinstimmenden Urteil aller Autoren, die 
nicht nur über ein paar Fälle, sondern über ein großes Material 
verfügen (z. B. Beck, New-York, Krause, Bonn), liefert 
die rite aus geführte Röntgen-Behandlung beim Morbus 
Basedow ebenso gute Resultate wie die Strumektomie, wie 
das auch aus den großen Statistiken von Schwarz, Wien 
und P fahler, Philadelphia, ohne weiteres hervorgeht. Außer¬ 
dem kommt der bei den Operationen vorhandene, wenn auch 
geringe Prozentsatz der Todesfälle in Fortfall. 

Referent kann sich nur dem von Holzknecht (Gesell¬ 
schaft der Aerzte in Wien; ref. Wien. klin. Rundschau, 1909, 



I Nr. 47) und Schwarz (ibidem) eingenommenen Standpunkt 
! vollkommen anschließen, daß der Morbus Basedow eine 
absolute Indikation für die Röntgentherapie bildet, und daß es 
völlig ungerechtfertigt ist, wenn Herr v. Eiseisberg diese 
Methode „planlos“ nennt. Ganz im Gegenteil handelt es sich hier 
um eine wirklich kausale Therapie. 

2. Schilderung und Abbildung des zur Bestrahlung des 
Vagina und des Rektums dienenden Instrumentariums, dessen 
Wichtigster Bestandteil das Kolpoprotkoskop ist. Dieses 
gestattet durch Luftaufblähung eine Glättung und Entfaltung 
der Schleimhaut, so daß das Licht überall hingelangen kann. 
Es kann sich natürlich immer nur um Oberflächenwirkung 
handeln: Als Lichtquelle dient die Kr omayersche Quarz¬ 
lampe. Ueber die Indikationen dieser Methode, deren Wert dem 
Referenten vorläufig noch sehr problematisch erscheint, ist nichts 
mitgeteilt. 

3. Warme Empfehlung der Glühlicht-Bader bei Rhinitis und 
I nfluenza. 

Militärmedizin. 

Referent: Generaloberarzt a. D. Dr. M. Peltzer, Steglitz. 

1. Neurasthenie und Hysterie in der Armee. Von Dr. 

Hanne hl, Oberstabsarzt im Feldart.-Regt. Nr. 63. Deutsche 
militärärztl. Zeitschr., 1909, H. 23. 

2. Die Anwendung der Kuhnschen Lungensaugmaske bei 
chronischem Bronchialkatarrh. Von Oberstabsarzt Dr. Ha m- 

1 nV e r s c h in i d t. Ebenda. 

3. Eine neue praktische Gipsbindenwickelmaschine. Von 

Stabsarzt Dr. Flat h. Ebenda. 

4. Das Offizierheim Taunus in Falkenstein. Von Oberstabs¬ 
arzt Dr. Krebs, Chefarzt daselbst. Ebenda, H. 24. 

5. Zur Differentialdiagnose zwischen hysterischem Dämmer¬ 
zustand und katatonischer Form der Dementia praecox. Von 
Stabsarzt Dr. Uhl ich, Chemnitz. Ebenda. 

6. Ueber den Wert der mediko-mechanischen Nachbehand¬ 
lung von Verletzungen der Gliedmaßen. Von Dr. Otto, Ober¬ 
arzt im 18. Feldart.-Regt. Ebenda, 1910, H. 1. 

1. Nach D annehl hat sich der Zugang an Neurasthenikern 

vom Berichtsjahr 1896/97 bis zu dem von 1905/1906 

um das 3*4 fache, der an Hysterischen um nahezu das 

3 fache gesteigert — eine Erscheinung, deren Ursachen 

wwohi allgemein kultureller Natur sind, die aber nament¬ 
lich im Hinblick auf eine etwaige Mobilmachung von 

Bedeutung ist und den Sanitätsoffizieren bei der Musterung' 
und Aushebung neue Pflichten auferlegt. Ueber die Behandlung 
der Neurasthenie herrschen übereinstimmende Ansichten, für die 
der Hysteriker empfiehlt St e inhause. n Vermeidung über¬ 
flüssiger Untersuchungen und das Suchen nach versteckten Sym¬ 
ptomen, Ignorieren, Energie und Suggestivbehandlung mit Zu¬ 
hilfenahme der Hydriatik, Massage und Elektrizität, doch 
kann, wie D. richtig bemerkt, das Suchen nach versteckten 
Symptomen nicht immer vermieden werden. 

2. Oberstabsarzt Hammerschmidt gelangt auf Grund 
einer Behandlungsreihe von 23 Bronchialkatarrh-Kranken im 
Frühjahr 1908, also in ungünstiger Jahreszeit, zu dem Schluß, 
daß zwar seine Erfahrungen zu einem abschließenden Urteil 
über den therapeutischen Wert der Kuhnschen Lungensaug- 
maske noch nicht ausreichen, daß aber, wenn die Saugmaske 
im Verein mit der sonstigen Behandlung nicht bald eine Aende- 
rung der Lokalsymptome herbeiführt, sicher ein die Dienst¬ 
fähigkeit in Frage stellender Katarrh vorliegt. Und hierin 
beruht der Wert der Saugmaske als diagnostisches Hilfsmittel. 

3. Die Schwierigkeiten bei Herstellung der Gipsbinden sind 
bekannt. Sie zu überwinden, hat der Operationswärter {fLer 
chirurgischen Universititätsklinik in Gießen, zu welcher Stabs - 
Arzt Flath kommandiert war, S chm id t,'eine kleine Hand¬ 
maschine konstruiert, die nach der beigefügten Zeichnung und 
Beschreibung recht praktisch zu sein scheint. Sie ist im wesent¬ 
lichen ein länglicher Holzkasten, durch welchen mittels /einer 
Kurbel die Binden über Brettchen und durch Schlitze gezogen 
und dabei mit Gips imprägniert werden. In einer Stunde sollen 
damit 60—70 Gipsbinden hergestellt werden können. Eine Be¬ 
schreibung dieser Maschine, an welche H. sich anlehnt, hat 
bereits Brüning in der Münch', med. Wochenschr., 1909, Nr'. 26, 
gegeben. 

4. Oberstabsarzt Krebs, Chefarzt des Offiziersheims Tau¬ 
nus, gibt eine mit 29 Abbildungen versehene ausführliche Be- 



F MICHIGAN 


UNIVERSIT 






44 


THERAPEUTISCHE 







Schreibung des genannten Heinis, dessen Einweihung bekannt¬ 
lich der Kaiser im Beisein zahlreicher Fürstliphkeiien -und 
Generäle am 20. August 1909 vollzog. Es ist an der Stelle 
der angekauften und niedergerissenen früheren Dei tw e i 1 e r - 
sehen Heilanstalt für Lungenkranke vom Militärbauinspektor 
Weiß nach eingehenden Studien an zahlreichen neuzeitlichen 
Heilanstalten erbaut und umfaßt eine Gruppe von sieben Ge¬ 
bäuden zur Aufnahme von 52 kranken und erholungsbedürftigen 
Offizieren und Sanitätsoffizieren mit einem 30 Morgen großen 
Park. Zu den Gebäuden gehört u. a. eines mit den Wohnungen 
für den Chefarzt, den Inspektor, die Oberin und den Ober- 
gärtner. Die Abwässer werden in einer nach dem biologischen 
Verfahren eingerichteten Kläranlage gereinigt. 

5. Die Differentialdiagnose zwischen hysterischem Dämmer¬ 
zustand und der katatonischen Form des Jugendirreseins kann, 
wie Stabsarzt Uh lieh es ausdrückt, unter Umständen große 
Schwierigkeiten machen. Als Illustration dazu bespricht er. 
auch unter Berührung der Frage der Simulation, eingehend 
einen von ihm beobachteten Fall, der schließlich beurteilt werden 
mußte als Unzurechnungsfähigkeit durch hysterischen Dämmer¬ 
zustand, verminderte Zurechnungsfähigkeit durch selbstverschul - 
dete Trunkenheit bei psychopathischer hysterischer) Konstitu¬ 
tion. Der Fall spricht zugleich für Aufnahme der verminderten 
Zurechnungsfähigkeit in das deutsche Strafgesetzbuch bei der 
Reform des Strafvollzuges. (Vergl. hierzu den Artikel von 
Prof. Dr. Aschaffenburg, Cöln, in der Deutschen med. 
Wochenschr., 1909, Nr. 47 u. f.) 

6. Ueber den Wert der mediko-mechanischen Nachbehand¬ 
lung von Verletzungen der Gliedmaßen im allgemeinen besteht 
nirgends ein Zweifel, immerhin ist es erwünscht, wenn Oberarzt 
Otto aus der mediko-mechanischen Station des 3. Armee¬ 
korps im Garnisonlazarett zu Frankfurt a. O. an der Hand 
von 90 Fällen diese im einzelnen betrachtet. Er beginnt mit 
der Nachbehandlung der Narben und des Oedems, dieses häufigen 
Folgezustandes nach Verletzungen, dann folgen die Verletzungen 
der Schulter des Ober- und Unterarms, des Handgelenks usw. 
bis zum Fuß. Sieben Leitsätze und ein Literaturverzeichnis 
machen den Schluß. Von Wichtigkeit für die in Rede stehende 
Art der Nachbehandlung ist die Kenntnis der arthritischen 
Muskelatrophie, die nicht, wie man es früher auffaßte, eine 
Inaktivitätsatrophie, sondern wie Raymond und Hoffa ex¬ 
perimentell nachgewiesen haben, eine durch Reizung der Gelenk - 
nerven zustande kommende nervöse trophische Störung ist. 
Ebenso wichtig ist die Kenntnis der Tatsache, daß radiologisch 
auch das häufige Vorkommen einer akuten Knochenatrophie bei 
Traumen nachgewiesen ist, die ebenso schnell auf tritt und den¬ 
selben Höhengrad erreicht wie die Muskelatrophie. Auch sie 
ist eine durch den peripheren Reiz ausge’löste Trophoneurose. 


Militärsanitätswesen. 

Referent: Genefaloberarzt a. D. Dr. M. Peltzer, Steglitz. 

1. Abänderungsvorschläge für den Krankenwagen 95. Von 
Protz, Oberleutnant im Trainbataillon Nr. 9. Deutsche mili- 
tärärztl. Zeitschr., 1910, H. 1. 

2. Die taktische Ausbildung der Sanitätsoffiziere. Von 
Oberstabsarzt Dr. A 11 g e 11, Potsdam. Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 16. Dezember 1909. 

3. Betrachtungen über die Körperbeschaffenheit der zum 
einjährig-freiwilligen Dienst berechtigten Wehrpflichtigen 
Deutschlands. Von Prof. Dr. med. et phil. Griesbach. 
Mülhausen. Straßburger med. Zeitung, Jahrg. VI. H. 12. 

4. Zur Frage der Militärdiensttauglichkeit der zum ein¬ 
jährig-freiwilligen Dienst berechtigten Wehrpflichtigen Deutsch¬ 
lands. Von Dr. v. Vogl. Münchener med. Wochenschr., 
21. Dezember 1909. 

1. Oberleutnant Protz hat bei drei Sanitätskompagnie- 
Uebungen gefunden, daß die in den oberen Führungsschienen 
gelagerten Verwundeten in unebenem Gelände erheblich stärke¬ 
ren Schwankungen ausgesetzt sind als die unten Liegenden 
• weil sie eben höher liegen, Ref.). Diese Stöße, in eine gleich¬ 
mäßige, leichte Schwingung, ähnlich der einer Hängematte, um- 

N zuwandeln, macht er daher technische Abänderungsvorschläge, 
die am angeführten Orte, durch Beschreibung und Zeichnungen 
erläutert sind. 1 

2. Oberstabsarzt Altge lt, ^Potsdam, der Verfasser von: 
,,Der Sanitätsdienst im Felde“ (Berlin 1909, bei Mittler & 
Sohn), weist darauf hin, daß, während für die taktische Aus¬ 
bildung der aktiven Sanitätsoffiziere durch Manöversanitäts- 



iibuL 
der Sa. 
bestellt i 
dazu kom. 

Worauf sich 
wenn auch, wn 
auf dem Scilla- 
zieren die Ve 
wie überall, • 
der unterstellt 
in der ,.Deuts 
besprochene ,,U 
serve et de la 
auch für uns ein 
sei bemerkt, daß . 
sanitätsübungen von 
(9. A. -K.) ausgega n t 
Generaloberarzt a. D. 

Füsilier-Regts. und 18 
des 2. Garde-Regts. z. ; 
die Idee der Sanitäiskri 
militärärztl. Zeitschr.", . 

3. Die Betrachtungen 
Besprechung der unter de. 

Stabsärzten S c h w i e n i n g 

über die Korperbeschaffeni 

Dienst berechtigten Wehrpf 

n i n g hatte auf dem Hygh 

Vortrag über die Ergebniss. 

halten, in der er nachzuweis 

fach angenommenen beunruhig 

tüchtig'keit nicht die Rede s 

fehlten aber die Einjährig-Fre 

in der Diskussion hinwies, um ni 

arbeitung dieses Materials durch 

und zwar besonders auch vom Sta 

beklagt, daß die Unterrichtsven 

ihrerseits die Einwirkung des Sei 

heitszüstand der ihr anvertrauten 

mußte erst die Militärverwaltung dt 

tistik aus Anlaß der Aushebung usw. n. 

treten. Was sich ergibt, ist u. a. vor alle 

die Gymnasien und Berlin in der Gestellui« 

am schlechtesten dastehen. Wir bedauern lei 

sprechung dieser Ausführungen hier nicht näh 

können und verweisen Interessenten daher auf das Urig 

die diesem zugrunde liegende Schwie n i n g -Nicolai sehen 
Arbeit selbst. (Veröffentlichungen aus dem Gebiete des Militär- 
sanitätswesens, Heft 40, Berlin 1909, bei Hirschwald.) 

4. Mit der ausgezeichneten Arbeit Schwienings und 
Nicolais beschäftigte sich, worauf auch G r i e s b a e h hin - 
weist, auch der Generalstabsarzt z. I). Dr. von Vogl, deü 
verdienstvolle frühere 'Chef des bayerischen Militärsanitäts- 
wesens, dem es zu Herzen geht, daß gerade Bayern nicht nur 
in der Wehrkraft, d. i. der Zahl der Wehrpflichtigen, sondern 
auch in der Wehrfähigkeit, d. i. der Zahl der Tauglichen unter 1 
diesen, hinter dem Durchschnitt der reichsdeutschen Bevölkerung 
etwas zurücksteht, und hierüber mehrfach geschrieben hat (vergl. 
unser Refefat in Nr. 32 der ,,Th. R. ‘, 1909). Nach der Ansicht, 
v. Vogls hatte S c h w i e n i mg , weil er 27 804 Zurückgestellte 
außer Berechnung gelassen, die Zahl der Tauglichen für Bayern 
mit 60,7°o zu hoch angegeben, v. Vogl nahm daher eine Um¬ 
rechnung vor (Münch, med. Wochenschr., 1909, Nr. 40), die 
wiederum Schwiening in Nr. 44 der genannten Wochen¬ 
schrift als nicht zulässig bezeichnete. Hierauf erwidert jetzt, 
v. Vogl an dem in der Ueberschrift angeführten Orte und 
sieht damit von weitereu Erörterungen ab. Wir müssen auch 
hier auf weiteres verzichten, so interessant, namentlich für den 
Statistiker, diese Diskussion über den Modus der Berechnung ist. 


Varia. 

Die praktische Bewertung der Benzidinprobe für die foren¬ 
sische Blutdiagnose. Von H. M e r k e 1 , Erlangen. Münch, med. 
Wochenschr., 1909, Nr. 46. 

Die Untersuchungen des Verf.’s ergaben, daß es eine Reihe 
von Substanzen gibt, deren Anwesenheit bei gleichzeitigem Vor¬ 
handensein von Blut den Ausfall der Benzidinreaktion beeinträch¬ 
tigt, iudem dieselben entweder den Farbenring modifizieren oder 


JNIVERSITY OF r 


DF MICHIGAN 




SCHE RUNDSCHAU. 


45 


le Blut- 
auch ge- 
Blut zu 

k i 3 Berlin. 

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einen großen 
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Noma von ätio- 
n Mengen in den 
^roße Vorliebe für 
.1 Noma von großer 
ski, Gilgen bürg. 

- Von Sweeny. New- 

inaunten Bazillen deut¬ 
verschieden sind. Der 
Formen infiziert werden, 
ulüse Infektion der Luft- 
lilichen Bazillenform zuzu- 
3iike und Lymphaffektionen 
orm hervorgerufen werden, 
iit die Aufnahme der Rinder - 
er immun gegen die Infektion 

.• a in o w s k i . Gilgen bürg: 

formans. Von Heckma n n. 

se Erkrankung zu machen hält 
Die rheumatische Diathese oder 
Ile Syphilis. Die polyartikuläre 
stens in einer großen Anzahl der 
amatismus bei syphilitischen Per- 
Anamnese, die verschiedenen posi- 
^^n Erfolg der Behandlung erwiesen. 

Dr. A b r a m o w s k i, Gilgenburg. 

iber das Vorhandensein des Kochschen Bazillus 

.i. Von Rosenberger. New York Medical 
ui 1909. 

Verfasser, Professor der Bakteriologie in Philadelphia, 
ist davon überzeugt, daß die Tuberkulose eine Bluterkrankling 
ist, und daß man den Bazillus in allen denjenigen Fällen finden 
kaun, in denen der tuberkulöse Prozeß ein aktiver ist. Er geht 
noch weiter: Der Bazillus, sagt er, existiert in gewissen Alters¬ 
perioden im Blute scheinbar ganz gesunder Menschen, daselbst 
kann er in abgeschwächter Form leben, sowie aber die wider- 
standleistenden Stoffe des Blutes an Kraft verloren haben, wird 
er pathogen. Sowie die lokale Widerstandsenergie herabgesetzt 
ist. konsolidiert er sich an den betreffenden Stellen. Hierdurch 
erklären sich zur Genüge die Fälle von traumatischer und post- 
operativer Tuberkulose. 

Dr. Abrämp wski, Gilgeuburg. 

Die Häufigkeit des Diabetes mellitus bei Syphilitischen. 
Gibt es einen wahren syphilitischen Diabetes? Von Sarra. 
Gazetta degli ospedali, Juni 1909. 

Diabetes kommt selten in Verbindung mit venerischen 
Krankheiten vor 0,30'Vo bei Frauen, 0,52°/o bei Männern)., Es 
ist eine Ausnahme, daß man einen Zusammenhang zwischen 
Diabetes und syphilitischer Infektion nachweisen kann. Einige 
Fälle indessen zeigen einen unzweifelhaften Zusammenhang, 
wobei die spezifische Diabetesbehandlung Heilung bringt, 
während die spezifische Luesbehandlung keinen Erfolg ver¬ 
spricht. Indessen wäre es irrtümlich zu glauben, daß die Syphilis 
die Ursache des Diabetes ist, daß etwa ein Gumma an einer 
bestimmten Gehirnstelle Diabetes zum Gefolge habe; sie bringt, 
vielmehr das hervor, was man den symptomatischen oder sekun¬ 
dären Diabetes' nennt. Ein wahrer syphilitischer Diabetes 
existiert nicht. Dr, A b r a m owski, Gilgenburg. 

L’hygfene du logement. Von P a u 1 J u i 1 1 e r a Un volume 
223 pages. D e 1 a g r a v e , editeur. 

Dieses Buch enthält klare und nützliche Ausführungen über 
moderne Wohnungen, vom Boden so zu sagen bis zum Keller. 
Mit recht betont der Verfasser, daß man vor dem Mieten der 



Wohnung sich nicht genügend hygienisch orientiere rücksichi - 
lieh der Beleuchtung, der Fensterdimensionen, des Kubikluft- 
inhalts der bewohnten Räume und der Ventilation. Darauf unter¬ 
zieht er die verschiedenen Heizmethoden einer Prüfung, unter¬ 
sucht das Trinkwasser und die Filter. Ausführlich verbreitet 
er sich über Latrinen- und Müllabfuhrwesen. Vom .Schlaf¬ 
zimmer begleiten wir ihn in das Toiletten- und Eßzimmer, so- 
dann ins Badezimmer und Dienstbotengelasse. Es gibt nicht ein 
Winkelchen, für welches er nicht einep guten Ratschlag in 
hygienischer Beziehung hätte. Dieses Buch ist die Frucht einer 
reichen hygienischen Erfahrung. 

Dr. Abram owski, Gilgenburg. 

Spontanruptur des Magens. Von Fonracre. British me¬ 
dical Journal, Januar 1909. 

Der Fall betrifft einen 80jährigen Greis; bei der Autopsie 
fand man an der Vorderfläche des Magens, ein wenig nach links, 
einen zickzackförmigen Riß von 4 cm Länge, der die Magen- 
wand in ihrer ganzen Dicke durchsetzte. Dieser Riß war in¬ 
folge eines heftigen Hustenstoßes entstanden. 

Dr. Abram owski, Gilgeuburg. 

La folie hystörique. Von A. Maire t und E. Salagcr, 
Paris. M a 1 o i n c , editeur, 1909. 

Die Verfasser haben das Studium des hystötischen, sporadi¬ 
schen Wahnsinns, das etwa 50 Jahre zurückreicht, wieder auf- 
geuommen. Morel ist der erste, welcher von dieser Geistes¬ 
störung spricht, die Autoren des Mittelalters kannten nur eine 
epidemisch auftretende Hysterie. Der erste Teil des Buches 
beschäftigt sich nur mit der Geschichte der Krankheit. Sodann 
wird die Asylhysterie abgehandelt. Den hysterischen Stigmatis 
schreiben sie einen reellen diagnostischen Wert zu, sind also 
nicht Baginskis Ansicht, daß diese Stigmata nur das Pro¬ 
dukt einer einfachen Suggestion sind. Die hysterischen De¬ 
lirien, verbunden mit Krampfanfällen, fassen die Verfasser als 
Aequivalenzdelirium auf, das einen hysterischen Anfall zu er¬ 
setzen geeignet sei. Sie schließen das nach mancher Richtung 
lehrreiche Buch mit der Mahnung bei Hysterie eine rein sympto¬ 
matische Therapie zu befolgen. 

Dr. Abram owski, Gilgeuburg. 

Die Anwendung von Atropin und Brommethyl bei Diabetes 

mellitus. Von Rudisch. Medical Record, Juni 1909. 

Verfasser macht seit 2 Jahren Versuche mit Atropinsalzen 
bei Diabetes mellitus; dieses Alkaloid vermindert die Menge 
des ausgeschiedenen Zuckers und erhöht die Toleranz für 
Kohlenhydrate. Das Brommethyl gibt weniger prompte Resultate, 
dafür aber hat es den Vorteil geringerer Giftigkeit; außerdem 
ist es aber sehr viel teurer. Intoleranz hat Verfasser selten 
gesehen, sollte solche doch einmal Vorkommen, was sich in 
Trockenheit des Schlundes kundgibt, so suspendiert man die 
Verabreichung. Dr. Abram owski, Gilgeuburg. 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Lieber die Morosche Salbenprobe. Von Dr. Weil, 
St. Blasien. Münch, nled. Wochenschr.. 1909, Nr. 43. 

2., Kurze Mitteilungen über Gefahren der gebräuchlichen 
Sauerstoffanwendung. Von Dr. O. Rosenthal. Ibidem. 

3. Ueber Propäsin und seine schmerzstillende Wirkung. 
Von Assist.-Arzt Dr. K. Perl. Krankenhaus Frie.drichsha.iu. 
Berlin. Med. Klinik, 1909, Nr. 50. 

t. Zur Synthese des Asurol. Von Dr. IV. Sohoeller 
uud Dr. IV. Sohrantl. Therapeut. Monatshefte, Dezember 
1909. . . (Ir, iffefteia 

5. Zur Ekzemtherapie. Von Geh. Hofrat Dr. 1 e i e 1 , 
Cannstatt. Münch, med. Wochenschr., 1909, Nr. 47. 

6. Chronische Pilokarpinintoxikation. Von Prof. El sch - 
n i g in Prag. Med. Klinik. 1909, Nr. 51. 

i. Bei Anstellung der M e r o sehen Tuberkulinprobe be¬ 
diente'sich Verf. der aus der Hirschapotheke in Frankfurt n. M. 
bezogenen 50 prpz. Tuberkulinsalbe, von der 10 g (Preis 3 M.) 
für mehrere Dutzend Proben ausreichen. Nach seinen Ei- 




JNIVERSITY OF MICHIGAN 


UNI> 


3AN 




46 


THERAPEUTISCHE i 


fahriingen kann Verf. die M o r o sek Salbenreaktion als eine 
Bereicherung der diagnostischen Methoden bezeichnen, da sie 
sich nicht nur durch Einfachheit und Ungefährlichkeit, sondern 
auch durch ziemliche Zuverlässigkeit auszeichnet. 

2. Gelegentlich einer an einem Hunde vorzunehmejiden 
Lungenresektion beobachtete R. kurze Zeit nach Einleitung des 
Ueberdruckes, noch vor Eröffnung der Pleura, Exitus des Ver¬ 
suchstieres, dessen Obduktion die Todesursache nicht erkennen 
ließ. Als R. darauf den als Sauerstoffbehälter gezeichneten 
Stahlzylinder einer Untersuchung unterzog, fand- er Stickstoff. 
Die Quelle der Verwechselung, an der die Sauerstoffwerke 
unschuldig sind, ist in der mangelhaften Bezeichnung des Be¬ 
hälters zu suchen. Da zu therapeutischen Zwecken jetzt auch 
Kohlensäure- und Stickstoffzylinder in klinischen Betrieben An¬ 
wendung finden, weist R. auf die Notwendigkeit einer jedes¬ 
maligen Prüfung des Zylinderinhaltes hin, also beim Sauerstoff 
mittels des glimmenden Holzspanes. 

3. Verf. hat Propäsin (Propylester der Paramidobenzoesäure) 
in Dosen von 0,5—4,0 g täglich in Pulvern, Tabletten, ferner 
als Trochiszi, Urethralstäbchen, Suppositorien, Emulsionen und 
Salben angewandt, ohne je Nebenerscheinungen zu beobachten. 
Das Präparat hergestellt von Franz Pritsche & Co. in 
Hamburg) ist ein weißes, kristallinisches Pulver, das in Wasser 
wenig-, in Alkohol und Aether leicht löslich ist. Es hat einen 
leicht bitteren Geschmack und bewirkt auf Lippen und Zunge 
last unmittelbar eine deutliche Anästhesie. Oft genügte eine 
einmalige Dosis von V2 g des Pulvers, um eine sofortige Wirkung 
zu erzielen, und wiederum wirkte es am besten, wenn es 
trocken geschluckt wurde. Die Tabletten standen im Effekt 
den Pulvern sehr nahe. Sehr wertvolle Dienste leistete Propäsin 
bei den Hals- und Kehlkopfschmerzen der Phthisiker. Die Wir¬ 
kung hielt 6—12 Stunden an und war nicht abgeschwächt, wenn 
das Mittel mehrere T.age hintereinander gegeben wurde. 

4. Die Verfasser berichten über die Versuche, ein Anti- 
syphilitikum zu finden, das bei hohem Quecksilbergehalt sich 
in V asser leicht löst, haltbar ist. Eiweiß nicht fällt und 
reiz- und schmerzlos ist. Diese Eigenschaften sprechen sie 
aus allerlei Gründen den gebräuchlichsten der bisher bekannten 
Mittel ab. Sie glauben aber, daß die geforderten Eigenschaften 
den Alkalisalzcn der o-Oxyquecksilbersalizylsäure zukommen. 
Denn physiologische und therapeutische Versuche haben ergeben, 
daß diese Alkalisalze Eiweiß nicht koagulieren und nach rela¬ 
tiver reizloser Resorption im Organismus ihre volle Wirkung 
entfalten. Ferner wirken sie in hohem Grade desinfizierend. 
Dagegen zeigen sie noch Mgngel an Haltbarkeit (für den prakti¬ 
schen Gebrauch beinahe das Wichtigste! Ref. >. Dieser Fehler 
soll durch Zusatz von Eiweiß leicht zu beheben sein. Zu dem 
Zwecke wurden die Aminofettsäuren herangezogen, und es ge¬ 
lang, durch deren Einwirken auf die genannten Alkalisalze 
des Hydrargyrum salicylicum in Wasser neutral lösliche und halt¬ 
bare Doppelverbindungen zu erhalten, die den oben genannten 
Forderungen entsprechen. Von diesen hat sich wiederum das 
von den Elberfelder Farbenfabriken unter dem Namen „Asu- 
r o 1" in den Handel gebrachte Aminooxyisobuttersäure-Doppel- 
salz, welches 40,3°,o Quecksilber enthält, am besten bewährt. 
Es wird in Packungen zu 1,5 und 10,0 g, sowie in Lösung 
in Ampullen in Kartons zu 15 Stück äi 0.06 g abgegeben. 

5. Zur Heilung der nach Entfernung der Krusten, und 
nach Ueberhäutung der nässenden Stellen zurückbleibenden, stark 
juckenden, geröteten und schuppenden Stellen des Ekzems wird 
seit uralten Zeiten der Teer benutzt. Statt dessen kann man, 
heutzutage das Li.antral (Beiersdorf), oder das von, 
X e i ß b r empfohlene T u m enol (K n o 11) benutzen. Beide, 
werden auf die erkrankten Stellen, am besten in spirituösen 
Lösung aufgepinselt. Die entsprechenden Rezeptformeln lauten: 


Rp. Liantral 


Benzol . . . 

. „ . ää 1,0-s3,0 


Alcoh. absolut. ... ad 100,0 
Mf. filtra. S. Liantralspiritus. 

Rp. Tumenol. 1,0—3,0 

Zinc. oxydat. 

Talct 


I (seit j., 

! einträuf 
Blutwalli 
j geben Erb 
das sich mitu 
ruhigem Schla 
i Heilung diese 
| einer chronise 
j liegen muß. 

des Giftes in 
. Krankheitsbild 


TechnisCi 

Dab 

Geringste Raum 
J enlfaltung sind Haup, 

! wisset' Chirurgie-lnstrur 
stehen sich entgegen! t 
j da, wo gegebene Körper 
[ strumentes .beschränken ur 
verlangt wird, nach konst. 
welche die Eigenkraft eines 

Ein Pflasterspatel beda 
empfängt vom menschlichen 
drücken der Salbe ausreicht; 
derjenigen Muskelkraft, die füi 
! Dagegen vollbringt ein Lithot. 
zermalmt, eine Leistung von 
einzelnen Finger durch bch 
Schraubenrad ihm gegeben habt 
1 ein Kephalotriplor den Kindes 
seiner Konstruktionsmil lei, die c 
! eines Händedrucks vom Operateur , 

Selbstverständlich können, sich dcrai 
nur auf Naturgesetzen aufbauen; die Kims 
ihre gichtige Anwendung zu finden. 

Instrumente von zarter Struktur werden bes 
Hals-, Nasen- und Ohron-Aerzten für die Kopfiioniiu 
verlangt. Dabei wurde den meisten neueren zangenför- 
migen Instrumenten, die bei gewisser Zartheit und Länge 
eine schneidende oder brechende Wirkung haben sollten, die 
Bauart des G r ii new aI d sehen Conchotoms zugrunde 
gelegt. 

Aber alle Neuerungen der letzten Jahrzehnte beschränk¬ 
ten sich im allgemeinen auf die äußere Veränderung der 
Formen. Es gelang nicht, die Eigenkraft der Instrumente 
nennenswert, zu heben oder den einen großen und weil 
zu bekannt, fast vergessenen Nachteil der abweichenden 
Spitzen zu beseitigen. 

Jedes Instrument nämlich mit scherenförmigen Griffen 
und knieförmiger Biegung entfernt sich, sobald sein Griff 
in Tätigkeit gesetzt wird, mit den Spitzen von dem zu 
fassenden Objekt; und zwar geschieht dieses „Wippen“, 
das „Sicfiabhebcn“ um so mehr, je länger die Zange, oder 
je mehr rechtwinklig ihre Biegung ist. Am auffallendsten 
tritt das bei Kehlkopfzangen in die Erscheinung! Es gab 
bisher nirgends eine Kehlkopfzange mit scherenförmigem 
Griff (nur dieser allein gewährleistet ein feines Tastgefühl), 
die eine ruhige Spitzenhaltung geboten hätte. 

Zwei Forderungen also galt, es hei Hals-, Nasen- und 
Ohreninstrumenten zu erfüllen: vermehrte Kraft Und ruhige 
Spitzeinlage. 

Das ,ist mir gelängen, durch eine neuartige Gelenk- 
Anordnung I Aber nicht auf obifce Spezial-Instrmnente bleibt 
diese beschränkt, sie kann mit dem gleichen überraschenden 
Erfolg für das ganze, große Instrumentarium aller Aerzte 
übernommen werden, sobald es sich um zangenförmige 
l Stücke handelt, von denen eine größere Schnitt- oder Faß- 





Glycerin. 

Aq. dest.ää ad 100.0 

S. Täglich 2 mal aufzupinseln. Vor dem Gebrauch umschüliohi. 

Wenn der Teer nicht oder nur langsam zum Ziele führt, sind 
2proz. Chrysarobin- oder Pyrogallolsalben angebracht. 

6. Prof. E. berichtete über einen Pall von chronischer 
Pilokarpinvergiftung: Ein Mann mit Glaukom an beiden Augen 


UNIVEF 


MICHIGAN 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 






riSCHE RUNDSCHAU. 


47 


wird, 
.probung 
tücke mit 
_r diese er- 
i, denn unter 
:it den älteren 
ich war. So 
ig drei Finger 
:iier Linie, ge- 
jchen am Stirn- 

zange mit Detei'l- 
zange mit Detert- 
i, 1 querovalen und 
scharfen Frankel- 
ein, zum Aufschrauben 
en mit dem Normal- 
irgio-Mechanik) 37 Mk. 
eit und werden in Kürze 

, Berlin, Karlslraße 9. 

idschuh aus Gummi 

i. ein Frottier- und Massier- 
tzt worden, welcher eine mit 
versehene Handfläche, eine 
tppe, über den Handrücken 
creifen und ein um das Hand- 
•kknopf versehenes Scliließ- 
'irzenälinlichen Erhöhungen 
ingeordnet, daß die von der 
Kurve den beim Frottieren 
mzt. Durch die warzen- 
der erzeugte Reiz für die 
'deutend erhöht, dabei sind 
so angeordnet, daß sie eine allmählich 
, nach rechts (dien verlaufende Kurve 
von dieser Kurve begrenzte, mit Warzen be- 
. entspricht genau demjenigen 'Peile der Hand¬ 
fläche, welcher heim Frottieren und Massieren die eigent¬ 
liche Frottier- oder Massierarbeit leistet. Am oberen 
Finde, dem Fihgerende, besitzt der Handschuh eine die 
Fingerspitzen umschließende Kuppe und weiter eine 
Daumenkuppe, welche den ganzen Daumen umschließt. 
Quer über den Handrücken läuft, zum Festhalten, eiu 
Band, welches mit der Fingerkuppe durch einen zweiten 
Bandstreifen verbunden ist: Vermittels des mit einem 
Druckknopf versehenen Scliließbandes wird der Handschuh 
am Handgelenk festgehalten. Tug. 0. Wagler. 

Kugelförmige Luftdusche, 

hei welcher die Luft mittels Schlauches an die Gebrauchs- 
Stelle geleitet wird. In einem kugelförmigen Hohlkörper 
befindet sich eine Vorrichtung nach bekannter Art, die 
den Luftstrom erzeugt. An dem unteren Teil setzt sich die 
Schlauchleitung an, während in dem oberen Teil sich die 
Durchbrechungen befinden, durch die die Luft ständig ein- 
ti'it.t. Dient diese Luftdusche beispielsweise zur Erzeugung 
und Uebertragung eines heißen Luftstromes, so wirkt die 
Gestaltung des Hohlkörpers vorteilhaft auf die Funktion. 


Die durch einen Hohlkörper erwärmte Luft hallt sicli in 
der Kugel, so daß sich die Wärme gleichmäßig unter sich 
verteilt. Die Wärme nimmt allmählich. zu und auch al 1- 
I mählich ah, wenn der Heizkörper ausgeschaltet wird. 

Ing. 0. W a g 1 e r. 


Bücherbesprechungen. 

Zur Pathologie und Therapie der Arteriosklerose. Von Prof. 

I )r. E. A u f: r e c h t, Magdeburg. Verlag A 1f r e d H ö.ld e r , 
Wien und Leipzig 1910. 47 Seiten. 8°. 

Das auf der Pasis reicher praktischer Erfahrung und 
gründlicher pathologisch - anatomischer Studien entstandene 
kleine Werk gibt in übersichtlicher, leichtverständlicher Form 
einen TTeberblick über die teilweise noch so sehr differierenden 
Anschauungen von dem Ausgangspunkt der Arteriosklerose, ohne 
daß Verf. seinen eigenen Standpunkt weder allzu sehr in den 
Vordergrund rückt, noch allzu ängstlich damit zurückhält. Sehr 
wertvoll für jeden Praktiker sind auch die eingestreuten, zum 
Teil über Jahre hinaus sich erstreckenden Beobachtungen einzel¬ 
ner Patienten, sogar ganzer Familien, ferner die überaus sorgfäl¬ 
tige Zusammenstellung der einzelnen Symptome und ihre Er¬ 
klärung, und auch die Therapie ist, wie es leider nicht allzu 
häufig geschieht, in einer fast mustergültigen Weise gewürdigt. 
Auf jeder Seite des kleinen Buches erkennt man, daß hier ein 
an praktischen Erfahrungen reicher und nicht einseitig kriti¬ 
scher Geist gearbeitet hat, und daß alles aus der Praxis für die 
Praxis geschrieben ist. ' S. 

100 Fraucnleben. ln der Beleuchtung des § 1354 b des Bür¬ 
gerlichen Gesetzbuches. Eine Studie für Kliniker, auch für prak¬ 
tische Aerzte von Dr. M e n s i n g a senior, Flensburg. Neuwied 
und Leipzig 1909, bei L. Heuser Wwe. & Co. Mit 3 Tafeln. 
Preis 3 M. 

„Aus einem Medikus ist ein Hygienikus geworden“, sagt der 
bekannte Verfechter der fakultativen Sterilität und will diese 
Tatsache — wir wollen hoffen, daß es eine ist, — auf daß Ehe¬ 
leben übertragen wissen. Zum Nachweis dafür, wie dringend, 
notwendig eine hygienische Beeinflussung der Ehpn im, - Sinne 
M eii singas ist, gibt uns Verf. eingehende, spezielle Mit¬ 
teilungen — ich möchte fast sagen -— Krankengeschichten von 
hundert Frauenleben, und ich glaube, daß es in der Tat diesen 
Berichten leicht gelingen wird, Proselyten .zu machen. Mit er- ; 
schreckender Deutlichkeit grinst uns aus diesen Blättern das Ge¬ 
spenst der Rassenversehlechterung infolge der großen Frucht¬ 
barkeit der Frau an, infolge zu großer „Abnutzung“ des weib¬ 
lichen Organismus unter dem Einfluß allzu häufiger Geburten. 
Und — ein Circulus vitiosus — „je schwächer die Frau ge¬ 
worden ist, so daß durch* die Mühen des Tages usw. eine reizbare 
Schwäche sich einstellt, und diese auf jedes Organ, auch auf die. 
Ovarien sich ausdehnt, um so stürmischer geht dadurch auch die 
Eilösung vonstatten, und die geschwächte Frau muß viel rascher 
als sonst konzipieren, oft sogar doppelt, so daß Zwillihgsk'onzep-. 
tionen eintreten, als neues, greifbares Zeichen . von : reizbarer 
Schwäche — nicht von ombarras de richesse“. '. 

So lehren diese hundert Frauenleben, daß die fakultative 
Sterilität zu einer hygienischen Maßregel ersten Ranges erhöben 
werden muß. Sie ist ein Produkt unserer Kultur, eine Gegen¬ 
maßregel gegen die schlimmen Folgen eines "infolge unserer 
Lebensbedingungen ununterbrochenen, wachsamen und wirksamen. 
Goschlechtstriebcs. Aber „ein gesunder Staat bedarf zu seiner 
Erhaltung kräftiger Mütter von bleibender Gesundheit, dann 
wird auch die Nachkommenschaft eine starke, gesunde Wörden; 
erforderlich freilich ist allerdings dabei, daß die Nachkommen 
aller Vorteile zu ihrem Fortkommen teilhaftig werden, welche 


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JIVERSIT 


II \Jjnl v 


/ERSI 











THERAPEUTISCHE Et 


die Mutter ihnen bietet, also neben der unbehinderten Pflege und 
Erziehung vor allem die Ernährung an der eigenen Mutterbrust 
— die grundlegende Bedingung!“ Und um diese Bedingungen 
zu erfüllen, muß der Notschrei der Frau nach Schonzeit überall, 
insbesondere bei Jen hygienischen Lehrern des Publikums, den 
Aerzten, einen lebhaften Widerhall finden. In diesem Sinne zu 
wirken ist ein großes Verdienst des M e n s i n g a sehen Buches, 
zumal der Verfasser in seinen angefügten Tafeln die Methode 
angibt, nach der jeder Arzt sich genaue Notizen über das Ehe- 
lcben der Frau machen und ein leicht übersichtliches Bild ver¬ 
schaffen kann. — Z. 

Aerztliches Handbüchlein für hygienisch-diätetische, hydro¬ 
therapeutische, mechanische und andere Verordnungen. Von 

Dr. Hermann Schlesinger. Göttingen, Verlag der 
Deuerlichsehen Buchhandlung, 1909. 

Daß die hygienisch-diätetische und hydrotherapeutische Aus¬ 
bildung der die Hochschule verlassenden jungen Aerzte noch 
immer sehr viel zu wünschen übrig läßt, ist eine nicht zu be¬ 
zweifelnde Tatsache. Mühsam muß derselbe, je nachdem die 
Würfel in der Praxis fallen, das Unerläßliche aus den großen 
Lehr- und Handbüchern herausklauben, und nur zu bald ver¬ 
geht dem oft Ermüdeten die Lust an der Lektüre langatmiger 
Betrachtungen, aus denen er, soll es ein xrrjua tig au werden, 
die betreffenden Stellen schriftlich exzerpieren muß. In dem 
S c h 1 e s i n g e r sehen Buche sind die herausgepickten Gold¬ 
körner gesammelt, geordnet und mundgerecht aufgetischt 
worden. Namentlich sind die diätetischen Vorschriften lücken¬ 
los und äußerst übersichtlich. Zudem weht uns aus dem eminent 
praktischen Büchlein ein durchaus wissenschaftlicher Geist an 
und ist es darum den Kollegen warm zu empfehlen, sei es 
zum Gebrauch auf der Reise, sei es au coin du feu. 

Dr. Abramowski, Gilgenburg. 


A ac- 

die Bestin 
bisher allm 
die Nachweis 
Z a hn rzte 
zusenden sei, 
jeden Jahres, 
doch wieder 


Bei der diesj 
saale des Nobelin 
stattfand, erhielt 
sehen Preis, welch. 
B r a u n , Straßbur; 


Das Kultusmi 
anstalten an, daß die . 
beschränken solle, sodaß 
würden, es soll nach M 
die Nachmittage schulfi 
Leiter der Anstalten da. 
Neuerung keine Mehrarbe. 
uügend Zeit zur körpei 
enthalt i n jf risch e r 


Eine internationale Aus. 
im nächsten Jahre anläßlich 
häugigkeitserklärung der Repu 
stattfinden. 

In Magdeburg wurde unter u 
der Provinz Sachsen der „Krüpj- 
Sachsen“ gegründet; seine Hau 
in dem Ausbau der Prophylaxe 
Behandlung gesetzt. 

Die Einführung der Welt 

den letzten Monaten bedeutend 
jetzt bereits ca. 1600 Esperan 
dieses Jahres gibt. Auch die 
wächst ständig und beträgt sc 

Auskunft.sstgllen über 350, von . . 

scher Esperantisten“ in Leipzig, Moltkestr. 28 
gegen Einsendung von 15 Pf. ein Espcranto-Lt 
klärende Schriften über und in Esperanto port 
senden. 


Allgemeines, 


Die Ländesversicherungsanstalt der Hansa- 
städte bewilligte für die Errichtung gesunder Arbeiter¬ 
wohnungen, in denen Einrichtungen den neuesten hygienischen 
Forderungen entsprechend angebracht werden sollen, IV2 Millio¬ 
nen Mark. 


statt Teer 


Allgemein i(t man in Aerztekreisen zu 


der Ueberzeugung 

^ gelangt, daß Pittylen einen wirklich wirksamen Erfafe für den übelriechen- 

1 den, offizineilen Nadelholzteer darlfellt. Mehrjährige Erfahrungen in der Praxis 

haben ergeben, daß dem Pittylen die unangenehmen Eigenfchaften des Teers 
penetranter Geruch, lokale Reizungen, reforptive Nebenwirkungen, vollftändigfehlen, und: 
daß es fall niemals verfagt, während bekanntlich der Teer infolge feiner wechfelndenZufammen- 
fe^ung unficher in 


der Wirkung ilf und von der Mehrzahl der Patienten nicht vertragen wird. 
Speziell hat (ich gezeigt, daß die PITTYLEN-SEIFEN durch die Zuverläffigkeit ihrer Wirkung, 
:hlen jeglicher Reizerfcheinungen und durch ihren angenehmen Geruch den bisher gebräuchlichen Teerfeifen 
jen find, fodaß de immer mehr an Stelle der Teerfeifen benufet werden. 

bitten die Herren Aerzte, welche Pittylen noch nicht angewandt haben, Mufter-Kollektionen und Literatur 
zufordern. 

Dresdener Chemifches Laboratorium 

" ___ Lingner. 

p,lr <ten ^ “ 


Verantwortlich 




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Greiffenberg U.-M. 
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dort b.Strausberg, Brdbg. 


Halle (Saale). 

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angestellte. 

Hamm i. Westf. 

Hanau, San.-V. 

Hausen (Kr. Limb. a. L.). 
Hilgertshausen. O.-B. 
Hohensolms b. Wetzlar. 
I Hohentengen ( Wttbrg.), 
Hüllhorst, Westf. 

Indersdorf O.-Bay. 
Itzstedt i. Schl.-Holst. 

Kassel-Rothenditmold. 
Kemel, H.-N. 
Kirchberg-Jagst. 
Klein-Auheim, Kr. Offb. 

• Köln a. Rh. Stadt-u.Landkr. 

; Köln-Deutz. 

! Köngen, Wttbg. 
i Königsberg i. Pr. 
Korbach (Waldeck). 

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Mühldorf (O.-Bay ). 
Mühlheim (Main). 
Mülheim (Rhein). 
M.-Gladbach. 

Münder a. Deister. 
Munster, Hann. 

Nackenheim, Rhh. 
Neu-Isenburg, Kr. Offb. 
Neustettin i. Pom. 
Niederwürzbach,Pfalz. 
Nordgermersleben 
(Kr. Heuhaldensleben), 

Oberbetschdorf i. Eis. 
Oberhausen i. Rhld. 
Obersept, O.-Els. 

Ober- u. Nieder-Ingel- 
heim, Rhh. 
Oderberg i. Mark. 
Offenbach a. M. 

Pattensen i. Hann. 
Pinne i. Posen. 
Puderbach(Kr.Neuwied). 

Quint b. Trier. 

Rastenburg, O.-Pr. 


Recklinghausen i. W. 
Rhein (öf-Pr.). 

Rheydt i.Rhld-, A.O.K.K. 
Rothenkirchen- 
Preßig, Oberfr. 

Salzwedel, Prov. Sa. 
Schirmeck-Saales i.E. 
Schornsheim (Rhh.). 
Schwandorf (Bay.). 
Schwarzach i. Ba. 
Schwetzingen, Ba. 
Soldau O.-Pr. 

St. Ludwig, O.-Els. 
Stettin , Fab.-K.-K.-Vulk. 
Strausberg i. Brdbg. 
Strehla a. E. 

Templin, Brdbg. 
Thalneim i. Erzgeb. 

Urft (Schmidtheim) Kr. 
Schleiden. 

Wallhausenb.Kreuznacb. 
Walsheim b. Blieskastel. 

Weibern i. Rbld. 
Weidenthal, Pfalz. 
Weilheim, Bay. 
Weisenau b. Mainz. 
Weißenfels (Saale). 


Wesseling, Rhprov. 
Wessllng (O.-Bay.). 
Westd. Vers.-Kr. u. Unter 
stützungs- Zuschuß- Kasse, 
Köln a. Rh. 

Wiesbaden. 

Wismar, Mecklbg. 
Wriezen a. O. 

Zschortau b. Delitzsch 


Ueber vorstehende Orte nnd alle Verbandsangelegenheiten erteilt jederzeit Auskunft der Generalsekretär G. Kuhns, Arzt, Leipzig, Dufourstraße 18, II, ^Sprechzeit 
nachm. 3—6 (außer Sonntags). Kostenloser Nachweis von Praxis-, Auslands-, Schiffsarzt- und Assistentenstelien sowie Vertretungen. 


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E. Küster, Freiburg i. 13.: Bakteriologie und Serologie . . (30 

.49 v. Rutkowski: Varia.91 

umdluug von (Jei-tes- Mitteilungen über Arzneimittel: 

.50 W. Krüger, Magdeburg: Referate.01 

us-Akademio für das Technische Neuerscheinungen: 

.^vorstehendem Umzug Hans Schlüter, Neheim a. d. Ruhr: Federnde, für Kranken- 

.52 tragbahren bestimmte Aufhängevorrichtung mit Tragketle. . 02 

.54 L eber Thennopenetration.02 

Respirator.03 

.50 Bücherbesprechungen: 

nde.57 Fischers Kalender für Mediziner.63 

Oann- und Stoffwechsel- Bruno Carl Schürmayer, Berlin: Harnuntersuchungen und 

. . . . . . ... . . 58 ihre diagnostische Verwertung.03 

.59 Allgemeines..04 










ALIEN. 

ic des Tetanus. 

i\ Oscar Orth.',) 

-Tetanus hat sich in den letzten 
«hindert, als sie einen agressiveren 
jumen hat. Diese Verschiebung basiert 
«»«er Linie auf der jetzt wohl allgemein geübten, wenn 
auch in ihren Erfolgen noch nicht gleich günstig beurteil¬ 
ten, sei es präventiven oder kurativen Serumtherapie, in 
zweiter Linie auf der Kombination verschiedener Applika¬ 
tionsweisen des Serums, der subkutanen, intravenösen und 
neuerdings bevorzugten intraduralen. Muß auch auf der 
einen Seite zugegeben werden, daß das Tetanusserum noch 
keine hervorragenden Triumphe gefeiert hat, so darf doch 
auch auf der anderen Seite kein zu großer Pessimismus, 
zu eiuemNiclitstun führen, zumal doch gerade in der letzten 
Zeit von S i m m n zwei einwandsfreie Fälle mitgeteilt sind, 
die einen zu weit gehenden Skeptizismus erschüttern dürf¬ 
ten. Gerade letzterer Umstand veranlaßte mich, durch 
die Mitteilung meiner Beobachtungen bei traumatischem 
'Tetanus mit beizutragen zu der Frage, ob wir uns mit 
unserer Therapie zurzeit auf dem richtigen Wege befinden 
oder nicht. 

Selbstverständlich ist es, daß wir uns bei einer so 
schweren Infektion aller Waffen bedienen, die uns unser 
Arzneischatz bietet und nicht beispielsweise aus Vorliebe 
für das Serum die bisher üblielien therapeutisch-chirurgi¬ 
schen Maßnahmen beiseite setzen. Auf diesen Punkt li in- 
zuweisen, erscheint deshalb berechtigt, weil meines Wissens 
keine Beobachtung existiert, die uns einen ermutigenden 
Beweis dafür erbracht hätte, mit dem Serum allein aus- 
komnien zu können. Bestimmt somit der Zweck unser 
Handeln, dann gilt es durch eine sofortige und möglichst 
energische Bekämpfung 1. das Virus und seine Produkte 
zu destruieren, 2. diese Produkte aus dem Körper zu 
eliminieren. 

Es erhebt sich somit zunächst die Frage, ob wir mit 
den uns zurzeit zu Gebote stehenden Heilmitteln imstande 

11 Nach einem im Aerztevereiu Saarbrücken gehaltenen Vor¬ 
träge. 



sind, diesen beiden ineinander übergreifenden Forderungen 
gerecht zu werden. 

Die Durchsicht der einschlägigen Literatur ergibt, 
daß die Behandlung beim ausgebrochenen Tetanus von. 
obigen Gesichtspunkten geleitet wird. Man geht aber 
weiter und sucht den wiederholten Vorschlägen 
Behrings, Knorr, Tizzoni und anderen damit 
entgegenzukommen, daß man bei einer Anzahl von ver¬ 
dächtigen Wunden, die etwa den Tetanustypen Roses 
entsprechen, die Präventivimpfung- anstellte. Zugunsten 
kam diesem Vorgehen, daß bei der subkutanen Seruin- 
injektion keine schweren Nebenwirkungen gezeitigt 
wurden. 

Es fehlt mir an eigenen Beobachtungen, um die Tat¬ 
sachen’ die mehrere für die Präventivimpfung eintretende 
Autoren behaupten, daß der Tetanusausbruch durch die 
Schutzimpfung hinausgesehoben wird, oder, daß er wenig¬ 
stens bedeutend milder verläuft, zu beurteilen. Wenn es 
aber gelingt bei frühen Fällen, d. i. solchen, deren Aus¬ 
bruch innerhalb der 1. Woche nach der Infektion erfolgt, 
von denen Rose sagt, daß sie in 7 / 10 heftig seien und 
keiner mit dem Leben davonkomme, durch die Schutz¬ 
impfung eine Mortalität von 36,3 pCt. zu erzielen (S u t e r: 
Beitrag zur klinischen Chirurgie 1907), oder nach B ä r s 
Arbeit (Cbrrespondenzblatt für Schweizer Aerzte, 
XXXVI. Jahrgang, pag. 749). die Erkrankung wenigsens 
leicht oder abortiv verläuft, ohne daß.es allerdings gelingt, 
den Tetanus durch eine frühzeitige und fortgesetzte Injek¬ 
tion zu vermeiden, so erscheint diese prophylaktische Ma߬ 
nahme sehr berechtigt. Es steht nur die Entscheidung 
offen, welcher Weg der Applikation, der intradurale oder 
subkutane, einzuschlagen «sei. Zunächst sind sowohl die 
iutralumbale, sowie die intravenöse zweifellos eingreifen¬ 
derer Art als die subkutane; dazu kommt weiter, daß nach 
Poch ha mm er und anderen immerhin 100 I.-E. dem 
Organismus zu einer erfolgreichen Abwehr des Feindes 
einzuverleiben sind; ohne auf die Gefahr einer Karbolver¬ 
giftung, auf die Simon (Münch, med. Wochenschrift-, 
Nr. 56, pag. 2265) mit Recht liinweist und die bei einer allzu 
schnellen Resorption vom Lumbalsack aus gefährlich 
werden könnte, näher einzugehen, erscheint es nach allem 
sehr gewagt, aus rein prophylaktischen Vermutungen den 
intraduralen Weg zur Präventivimpfung zu beschreiten. 





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50 


THERAPE T 



Schließt sieh an eine Infektion kein Tetanus, son 
langes Krankenlager an, so können trophonen 
Störungen im Gefolge intraduraler Injektionen die Se. 
einer Affektion erhöhen. Diese Erwägungen sind natiii. 
dann hinfällig, wenn ein einsetzender Trismus die sichtbare 
Eruption des Tetanus verkündet. Denn nun ist, nachdem 
wir aus der Inkubationszeit beziehungsweise den klinischen 
Symptomen den Schluß ziehen dürfen, daß das Tetanusgil'l 
von der Applikationsstelle das Zentrum erreicht hat, der 
einzige, die Therapie leitende Gedanke, durch die intra¬ 
durale Anwendung die in der Lumbal fl iissigkeit sich be¬ 
findlichen Toxine abzulassen und durch 'Injektion von 
Antitoxinen die sich bildenden zu binden. Das immuni¬ 
sierende Moment, das uns bei der Präventivimpfung vor¬ 
schwebt und dem wir.durch subkutane Impfungen auch 
während des Befallensein des Organismus doch noch ge¬ 
recht werden können, tiitt gegen den Wunsch, nun eine 
mehr destillierende Wi.rkung zu entfalten, zurück. 

Wenn ich nun dazu übergehe, meine eigenen, auf fünf 
Fälle sieh stützenden Erfahrungen mitznteilen, so sei gleich 
hier vorausgeschickt, daß alle Patienten mit bereits aus¬ 
gesprochenen Tetanussymptomen in Behandlung kamen. 
Nach ihrer Schwere gehörten sie zu den frühen (innerhalb 
der 1. Woche der Infektion). Von diesen scheiden drei 
aus, hei denen einmal eine subkutane Seruminjektion ge¬ 
macht wurde, sonst aber eine rein symptomatische Be¬ 
handlung Anwendung fand. Alle drei endeten letal. Bei 
den beiden letzteren wurde die symptomatische Therapie 
zugunsten einer aggressiveren verlassen. Ihre Kranken¬ 
geschichten seien in Kürze mitgeteilt: 

1. Fall. 12. XII. 7jähr. Junge zog sich eine Wunde im 
Bereich der rechten Achillessehne zu. Dieselbe wurde nicht 
beachtet; schließlich trat eine Schwellung des Beins ein 
und am 3. Tage nac der Infektion konnte das Kind den 
Muml (rieht mehr öffnen. So wurde das Kind ins Kranken¬ 
haus gebracht. Status: Anämisch aussehemler, aufgereg¬ 
ter Junge. Temperatur 39,3. Puls 100. Sonstige Organe 
gesund. Im Bereich der rechten Achillessehne eine eiternde 
Wunde; der Unterschenkel geschwellt und phlegmonös ge¬ 
rötet. Während der Untersuchung auftretende Zuckungen 
und Streekkrämpfe in den unteren und oberen Gliedmaßen, 
rechts wie links. Der Mund kann nur zum Einflößen von 
Milch geöffnet werden. Gewicht 30 Kilo. Diagnose: 
Phlegmone des rechten.Fußes und Unterschenkel. Tetanus 
incipiens. 

Therapie: Inzision in Ctiloroformnaikase; Entleerung 
eines dünnflüssigen Eiters, Paquelisierung der lul'ektimis- 
stelle. Subkutane Koehsalzinfusion und Aderlaß; Injek¬ 
tion von 10 ccm Tetanusantitoxin nach vorherigem Ablaß 
von 10 ccm Lumbalflüssigkeit. 

Die intradnrale Injektion bot wegen des Opistatonus 
einige Schwierigkeit. Schlaf auf Opium möglich. 

13. XII. Beginnender, lytischer TemperaturabfnII auf 

morgens 38,2, abends 38,8. Das Aussehen des Beines rät 
zur Amputation, doch, da dieselbe zunächst abgelehnt 
wird, sind mehrere Inzisionen geboten. Das Befinden hat 
sich insofern geändert, als der Junge nicht mehr so auf¬ 
gelegt ist und die Krämpfe an Intensität abgeiu. ich 

haben. Essigsäure Tonerdeverbünde,; nochmalige Serum¬ 
injektion von 10 ccm; sowie 10 ccm intravenös. Schlaf 
ohne Opium möglich. 

14. XII. Temperatur morgens 37,4, abends 38,3. Die 
Krämpfe haben abgenommen; vereinzelte Zuckungen 
treten noch auf; das Oeffnen des Mundes wieder möglich; 
Knebsalzinfusion, 10 ccm Serum subkutan. 

18. XII. Tetanus ahgehmlen, 0. Tag. Es entwickelt- 
sieh eine protrahierte Prämie mit mehreren multiplen, 
metastatisehen Abszessen. Außerdem ein Dekubitus trotz 


UNIVERSITY 


Ui 

anfgeni 
sätzen. Et - 
später Patient 

Unterzieht 
wir zugeben, , 
mittelseliwerer A 
gehörten, dafür sj 
gegen die Amiahm 
nicht vollständige '. 
noch möglich war. 

Es erhebt sich . 

Heilung zu setzen si 
oder das des Serums. 

Heilmethode des Tetai. 

Gliedes. Einen weitere! 
abgeben; im ersten aber 
Daraus zu schließen, d 
fernen, erschiene mir g- 
Serum zu verzichten. Ei 
Infektion können wir ihm , 
zitierte Tabelle zuei kennen, 
fektion die intralumhale App 
den Einfluß ausübt, erscheint n 
scheu und meiner Fälle nicht a 
betrug im Durschsclmitt vom kl. 

Heilung 0 Tage. Es dürfte sieh s, 

allein um die Frage des Zeitpunktes dt 

soudei n auch mn die Al t ihrer Appln 

Menge des Serums, die mit dem Körpergewicht naen 

Arbeiten Z a e li ä r i a s’ und K n o r r s in Beziehung' zu 

setzen ist, hat Simon (Münch, ined. Wochensehr., 

26. Jalirg.) berichtet und sei auf diese Abhandlung, wie 

schon des öfteren, auch liier hingewiesen. 

Wie eingangs erwähnt, wurden alle sonstigen Hilfs¬ 
mittel mit zur Bekämpfung herangezogen, die teils be¬ 
ruhigend wirken (Opium, Morphium), teils eine Durch¬ 
spülung des Körpers (Kochsalzlösung) und Ausschwem¬ 
mung der Gifte (Aderlaß) aus dem Körper ermöglichen. 

Noch sind die Akten der Behandlung nicht ge 
schlossen, weitere Mitteilungen sind zur Klärung er¬ 
wünscht; für den helfenden und denkenden Arzt gilt es 
auch hier neben dem nil nocere, uniltum prodesse, 


Die ärztliche Behandlung von Geisteskranken. 

Von Dr. Becker. Weilmüaster. 

I eher die ärztliche Behandlung von Irren, diesen 
Aermsten der Annen, herrschen in Laienkreisen meist 
unklare Vorstellungen. Der eine fragt beim Besuch einer 
modernen Anstalt verwundert, wo denn die „Tobzelle“, die 
„Gnmmizelle“ sei; der andere wälint, die Zwangsjacke 
sei für den Irrenarzt genau so eine tagaus tagein gewöhnte 
Verordnung, wie für den praktischen Arzt die Rezeptur; 
der dritte endlich denkt sich die Irrenanstalt als eine Art 
Mittelding zwischen Raubtierhaus des „Zoo“ und Zucht¬ 
haus. Nichts von alledem . Die moderne Irrenbehandlung 
ist eine durchaus humane, welche, beinahe überängstlich, 
jeglichen Zwang zu vermeiden trachtet. 

Allerdings brauchen wir in der Geschichte der 
Psychiatrie nicht bis in das Mittelalter mit seinen Hexen¬ 
prozessen und Teufelsaustreibungen zurückgreifeu, um auf 


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OF MICHIGAN 




TlSCHAU. 


es 

i „Heil- und 
jetzt genannt 
eilt, diese Be- 
mit Rücksicht 
.teil Kranklieits- 
res „Irrenanstalt“ 
a würden, anderer- 
, bei dem, wie die 
eltes Vorurteil die 
t a 1 t als etwas, ich 
ges“ angesehen wird, 
- lange in Behandlung 
Ile Achtling vor dem 
rfalireuen Sanitätsrats, 
fungsordn uiig psychia- 
-s, aber was er seinem 
Iz scharfsinniger Be¬ 
nd trotz vollkommener 
Behandlungsmethode, ist 
lern ersten und wichtigsten 
Geisteskranken angelangt. 
die geregelte Hausordnung 
Überwachung aller kleinen und 
Geistesstörung liegenden Unarten, 
■en auzuwendende methodische Be- 
aber absolute Ruhe, die weiter unten 
eehcndeu Maßnahmen (z. 13 . eines Dauer 
laues,, wie sie sieh in der häuslichen Behandlung so 
schlecht durchfüliren lassen, und endlich — last not least 
- - die völlig fremde Umgebung, die nach Art einer Luft¬ 
veränderung, wie sie häufig bei körperlichen Krankheiten, 
besonders denen der Atmungsorgane, verordnet wird, oft 
Wunder wirkt. Abgesehen von diesen allgemein gültigen 
Grundsätzen werden die. Kranken dann noch individuell 
sehr eingehend beobachtet und behandelt, und da er¬ 
fordern erklärlicherweise die Aufregungszustände noch 
eine besonders gewissenhafte Sorgfalt seitens des Irren¬ 
arztes. Ganz lalseh ist es nach modernen Begriffen, den 
im Erregungszustand befindlichen Geisteskranken einfach 
in die „lobsuclitszelle“ zu sperren. Diese Isolierung ist 
nur in wenigen Fällen erlaubt. In erster Linie darf der 
Patient nicht selbstmordverdächtig sein. Selbst ein un¬ 
zerreißbares Bettuch, ein ebenso unzerreißbarer Strohsack, 
dicke hochgelegene Mattglasfenstersclieiben und das 
Pelden jeglichen Nagels, Hakens usw. in der Zelle erlaubt 
nicht die Isolierung eines Lebensübenh rissigen. Ist es ; 
doch noch kürzlich vorgekonnnen, daß eine derartige 
Geisteskranke versucht hat, sich die Pulsadern aufzu 
beißen! Patienten, welche unrein sind, viel aus dem 
Bett herausgellen usw., verwildern außerdem zu leicht in 
der Zelle. Also wenn nicht die Rücksicht auf die Mit- 
piitienten die Isolierung dringend erheischt oder wenn ein 
wichtiger Gegengrund vorliegt, dann lasse man den 
Kranken auf dem Waclisaal. „Waebsaal?“ höre ich 
fragen. .Ja, A\ aebsaa] nennt man die Krankenabteilungen, 
in denen besonders zu beobachtende Patienten in größerer 
Anzahl 10 vielleicht zusaminengelegt und durch 
zwei Wärter, resp. Wärterinnen bewacht werden, und zwar 
ununterbrochen. Tag und Nacht. Das Wartepersonal er¬ 
fährt natürlich in verständiger Weise Ablösung und kann 
sich auch leicht, wenn’s nötig wird, Verstärkung ver- | 
schaffen. Selbstredend sollen die Patienten in diesen I 
Wachabteilungen im Belt gehalten werden. Diese Bett- I 


. und für sieh in einer Anstalt mit fühlbarer ge- 
.cr Hausordnung wirkt schon manchmal Wunder und 

.1 sich liier glatt durchführen, wo alle derartigen Vcr- 
mehe_ in der Häuslichkeit an dein ungeberdigen Verhalten 
der Kranken scheiterten. Stößt man auch in der Anstalt 
aut heftigsten \\ iderstand, lassen sich die angegebenen 
-Maßnahmen so nicht durchführen, so benutzt man zu ihrer 
Unterstützung die bekannten Schlafmittel, am Tage be¬ 
sonders gern die langsam wirkenden, wie z. B. Sulfonal, 
oder auch wiederholte kleine Dosen rascher einschläfern¬ 
der, wie des Cliloralliydrats; abends dagegen größere 
Dosen des letztgenannten oder anderer schlafmachender 
Arzeneien, als souveränes die jetzt in fast allen Anstalten 
benutzte Mischung von Morphium und Hyoscin. Ersteros 
ist ja ia seiner beruhigenden Wirkung schon länger be¬ 
kannt, letzteres, aus dem Saft des Bilsenkrautes stammend, 
unterstützt die lähmende Wirkung des Morphiums und 
wirkt gleichzeitig als Gegengift, so daß man nicht zu be¬ 
fürchten braucht, jemanden mit Einspritzungen dieses 
Gemisches zum Morphinisten zu machen. Selbstverständ¬ 
lich ist bei allen Schlaf- und Beruliigungsmitteln eine 
scharfe Kontrolle der Körperfunktionen, besonders der 
Herztätigkeit, seitens des Irrenarztes erforderlich. Wird 
auf diese Weise eine Schädigung des Organismus durch 
chemische Mittel möglichst vorgebeugt, so sucht man der 
letzteren außerdem noch zu entraten durch physikalischen 
Ersatz, vornemlich durch die bekannte Prießnitzsche Ein¬ 
wicklung des ganzen Körpers und durch das Dauerbad. 
Während ersterer noch ein leichter Zwang anhaftet, indem 
der Kranke nackend mit an den Rumpf angelegten Armen 
und-geschlossenen Beinen in feuchtwarme Tücher gehüllt 
und dann in ein großes wollenes Tuch fest eiugesclilagen 
wird, wobei nur der Kopf frei bleibt, eine Prozedur, welche 
erfahrungsgemäß im allgemeinen nur für einige Stunden 
anwendbar ist, kann der Patient sich im warmen Dauer¬ 
bad ziemlich viel freier bewegen und meist ohne Schaden 
den ganzen Tag auf halten. Natürlich kann man beide 
Maßnahmen noch durch chemische Mittel unterstützen, 
(b>cb erreicht man mit ersteren oft mehr, als ein Un¬ 
eingeweihte glauben sollte. Die ständige gleichmäßige 
Wärme, das sofortige körperliche Unbehagen, das der 
Kranke beim \ ersuch, sich aus seiner Lage zu befreien, 
empfindet, die dabei geübte ständige Aufsicht durch das 
V artepersonal lassen meist weitere Schlaf- und Be- 
rnhigiingsmittel entbehrlich werden. 

Nun werden in der Anstalt die Kranken nicht etwa 
nach Kranklieitsfornien zusaminengelegt, indem in der 
einen Abteilung Epilcpsiekranke, in der anderen Kranke 
mit Gehirnerweichung und in der dritten etwa Idioten 
lägen usw., sondern man teilt sie nach dem Grade ihrer 
Erregung (Ruhige, Halbruhige, Unruhige) und macht nur 
weiter noch allenfalls einen Unterschied nach sittlichem 
Niveau, nach Heilbarkeit und nach sozialer Stellung. End 
cs ist nicht etwa der Fall, daß in den unruhigen Häusern 
die Kranken einander sehr aufregen, cs kümmert sic-h der 
eine Patient meist herzlich wenig um den im Nachbarbett 
liegenden oder sitzenden, laut schimpfenden, schreienden 
oder singenden Leidensgenossen. Häufig genug hört der 
Visite machende In-enarzt in demselben Raum zwei oder 
drei ganz unabhängig voneinander durcheinander schreien. 
Viel intensiver wirkt auf den Kranken der Besuch seiner 
ihn viel zum Reden zwingenden, ihn-durch Weinen, durch 
Ausredenwollen seiner Wahnideen Oder durch Erwecken 
trügerischer Hoffnungen auf baldige Freiheit aufregenden 
Verwandten. Wer einmal einen solchen Rückschlag bei 
einem in guter Besserung begriffenen Geisteskranken 
dureli Verwamltenbesuck mit angesehen hat, der begreift 
erst so recht, wie schon iiu Beginn der geistigen Um¬ 
nachtung draußen so oft gesündigt wird, indem die 
Acrmslen, „um sie zu zerstreuen“, in Theater und Konzerte 
oder von einem Kurort in den anderen geschleppt werden. 



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52 


THERAP’ 


1 >is sie eines Tages von zwei handfesten Herrn 
Wächtern während eines heftigen Erregungszustaiu 
Polizeigewahrsam genommen und dann der Irrenans, 
zug-eführt werden. Vielleicht gar ohne Befragung de, 
Hausarztes; denn der würde doch seine Kunst zur Geltung 
bringen und dafür Sorge tragen, daß der arme Kranke 
nicht von den kräftigen Fäusten schnauzbärtiger Gesetzes¬ 
hüter, sondern durch eine beruhigende Einspritzung zum 
weniger auffälligen und gewaltsamen Transport iähig 
gemacht würde. 

Ein Wort noch über die Ernährung. Erregte Geistes¬ 
kranke verweigern und verschmieren oft das dargereichte 
Essen. Da ist es oft schon frühzeitig angezeigt, mit der 
künstlichen Ernährung zu beginnen. Für den einzelnen 
Fall genügt da wohl ein Nährklystier. Soll aber die künst¬ 
liche Ernährung längere Zeit fortgesetzt werden, so muß 
'man zur Magensonde greifen, mit deren Handhabung der 
Irrenarzt woldvertrant sein muß. zumal die Fütterung 
durch den Mund meist an dem Widerstand des Patienten 
scheitert und deshalb mittels Benutzung des Nasen¬ 
einganges geschehen muß. Die Zusammensetzung der 
Nährflüssigkeit ist Geschmackssache des einzelnen Arztes; 
der eine bevorzugt Bouillon, der andere Milch; der eine 
setzt geschlagene Eier hinzu, der andere Nährpräparate, 
wie sie heutzutage in so großer Auswahl in den Zeitungen 
angepriesen werden. 

Wenn man nun noch bedenkt, daß heutzutage jedem 
Irrenarzt 100, au einigen Anstalten sogar bis 200 Kranke 
zugewiesen sind, dann wird man verlernen, die Tätigkeit 
desselben gering einzusehätzen. Es ist sogar von Spezial¬ 
ärzten anderer medizinischen Fächer hier und da etwas 
wegwerfend von den geringen Erfolgen des Psychiaters 
gesprochen worden. Ja, das menschliche Gehirn ist eben 
ein so edles Organ, das sich nicht bei Erkrankuug so bald 
wieder regeuiert und der Behandlung nicht so zugänglich 
ist, wie die Köi peroherfläche dem Hautspezialisten oder 
die Gliedmaßen dem Chirurgen. Ist es denn, selbst wenn 
gar keine Heilungen in den Irrenanstalten vorkämen, was 
ja den Tatsachen widerspricht, nicht schon genug, wenn 
die Anstalten ihre Kranken vor Selbstmord und Hunger¬ 
tod, vor Erschöpfung infolge von Aufregung oder schwerer 
Magendarmerkfankung (was vermögen die Kranken im 
beaufsichtigt alles hinunter zu würgen!), vor körperlichem 
Verfall infolge von Schlaflosigkeit oder vor raschem 
geistigen Rain infolge von ungeeigneter Umgebung be¬ 
wahren! — Oder indem sie ihn trotz bleibenden geistigen 
Defektes dazu erziehen, sieh wieder unter Menschen zu 
bewegen, so daß er schließlich die jahrelangen Anstalts- 
gewohnbeiten draußen in der Freiheit beibehält ! — Also 
fort mit dem Vorurteil gegen die Irrenanstalten, die genau 
so Krankenhäuser modernen Stils sind, wie andere auch, 
und genau so gute Erfolge erzielen, so weit das nach dem 
heutigen Stande der Wissenschaft möglich ist, wie ändert; 
ärztliche Fächer auch. ; / 

Die Kaiser-Wilhelms-Akademie für das 
miliiärSirztliche Bildungswesen 

hei ihrem bevorstehenden Umzug iu ein neues modernes 
Heim. 

Von Dr. M. Peltz;r, Gei a-ulohcr.vrzt a. D. in Steglitz. 

1 it den Nummern 104 und folgenden der I nter- 
lialtungslieilage brachte die „Tägliche Rundschau“ l'JOT 
unter der Ueberschrift „Damals“ unsere Jugcnderinnerun- 
gen an Alt-Berlin, die uns mehr als eine Zustimmung von 
Zeitgenossen einhracliten. Heut lenken wir die Aufmerk¬ 
samkeit der Leser der „Therapeutischen Rundschau“, 
ebenfalls im Rückblick auf unsere Jugend, auf ein 
Gebäude, das zwar nicht geiud:: zu den architck 
tonischen Schönheiten Berlins gehört, aber nicht 
nur für die Armee, sondern auch fiii die medizinische 
Wissenschaft und den ganzen ärztlichen Stand seine Be 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


Fla 

aus, den, 
französische;, 
scheinbare Ge 
Stadtbalmliof 
nehmen nach 
April dieses Job 
alten in ihr neues 
Invalidenstraße de 
wart des Kaisers un 
Es heißt, daß das al 
Erweiterung des Sta 
aber erst noch ändert 
den. Ansprüchen der A 
genügt. Wir gl anbei 
nehmen, daß die in de 
von der wir soeben s 
Akademie zur Uni\ 
ist — herrscht doch in, 
ein ftus'friihester Zeit st 
gegen sie, das wir zersti 
die bereits 1895 ihr liund» 

15 Jahre älter als die Univi 
bervcrgegaiigen, wie, uni in. 

V i r c li o w , Hel m li o 11 z, 

N o t b n a g e 1. B e li r i n g , 
ii.a.in. Dies alles und der Umstand, iL, 

„Pepiniere“ demnächst wiederum ein bis 
vom Erdboden verschwinden wird, veranl, 
stellend kurz an ihren Werdegang zu erinnern, so lang, 
das liebe alte Haus „am grünen Strand der Spree“ noch 
stellt. Denn auch Gebäude haben ihre Schicksale wie 
Bücher und spiegeln den Geist der Zeiten wiedpr, die an 
ihnen vorübergegangen sind. „Gewordenes läßt sich nur 
i aus dem Werdenden verstellen.“ Damit erneifem wir zu¬ 
gleich das Andenken au einen Mann, dessen Gedächtnis 
heute wohl den meisten entschwunden ist, dessen rastlosem 
Bemühen bis zum Tode die heutige Akademie jedoch bis 
heute ihr erstes Obdach verdankt, des ersten General- 
j chirurgus der Armee und Chefs des Militür-Medizinul- 
wesens’G ö r e k e , gehören am 3. Mai 1750 zu Sorquitteu 
i in Ostpreußen als Sohn'eines Predigers 2 ). Sollten wir 
: der Akademie damit neue Freunde gewinnen - um so 
besser. Die Würdigung des neuen Gebäudes und der intel¬ 
lektuellen Urheber seiner Erbauung überlassen wir Be¬ 
rufeneren, weil uns das Material dazu fehlt. Fasere Haupt- 
quelle ist, neben eigenen Erinnerungen, besonders ge¬ 
schichtlich, die nach amtlichen Quellen von dem damaligen 
| Stabsarzt Dr. S e li i c k e r t verfaßte „Festschrift zur 
Feier des 100 jährigen Bestehens des medizinisch-chirur¬ 
gischen Friedrich-Wilhelnis-Tnstituts“ (Berlin 1895 bei 
Mittler & S o li n). 

Die ersten bedeutsamen Reformen auf dem Gebiete 
der Militärkränkeupflege in den Zeiten des Bader- und 
Feldsclierertums schlossen sich naturgemäß erst an das 
Auftreten stehender Heeresmassen, wie sie für Branden¬ 
burg-Preußen zuerst der Große Kurfürst schuf. So 
wichtig diese für die damalige Zeit aber auch waren und 
so sehr sich auch F r i e d r i c h 11. noch in seiner letzten 
Krankheit mit der Verbesserung des Loses der Ver- 

1 Diese feiert erst in die,ein .lehre ihr Hunder.tjahrfest. 

- Unter seinem Nachfolger Wiebe] wurde ihm im Garten 
der Akademie ein Denkmal gesetzt — der mit Rücksicht auf 
seine Gestalt sogenannte „Wiebelofen“. 





■JNDSCHAU. 


53 


,s 

.iatte. 

. e ii s Ge- 
,.ar die Sehaf- 
16 in Wien zur 
mediziniscli- 
auf einer mit 
unternommenen 
.e. Aus dem nacli 
irsonal sollten die 
.unter Aufsicht von 
von F r i e d r i eh 
nvalidenhause, in der 
. theoretisch und prak- 
KÖiinten dann später an 
Zivil angestellt werden, 
ler Bildungsstätten der 
10 als Pesthaus errichtet, 
später Garnison- und 
lgte' am 2. August 1795 
> Mitteln aufgeschobene 
ischen Pepiniere“. Die 
.er) wurden auf die Ueber- 
nften angewiesen. Görcke 
.■ Anstalt, ihr erster „Sub- 
Jtabs- und Oberchirurgen bii- 
„Eleven“ wohnten in der Stadt, 
i , ilesun'gen an dem 1724 unter 
, 1 h e 1 in I. Errichteten „Collegium 
.cum“ :! ) und daneben Latein, bei sieben 

Durch ihre Errichtung hatte die „chirurgische Pepi¬ 
niere“ zum erstenmal die seit .Jahrhunderten getrennte 
Medizin und Chirurgie in sich vereinigt, was noch kurz 
vorher ein H u f e 1 a n d für unausführbar erklärt hatte, 
weil ein menschliches Gehirn zwei so weit auseinander¬ 
liegende umfangreiche (bildete nicht umfassten und be¬ 
herrschen könne. Zur Unterbringung der Instrumente, 
Bandagen und Bücher wurde 1794 für 348 Taler das vier- 
etagige Hans der Gastwirtswitwe Tändler in der 
Taubenstrnße 29, Zwischen MarkgrafenstraBe und dem da¬ 
maligen Fleischei scharen, jetzt Hausvogteiplatz, gemietet. 
Das halbe Erdgeschoß und die zweite Etage wurde zu 
Unterrichtszwecken liergerichtet. 1802 erhielt Görcke 
die Erlaubnis, statt dessen sein Haus, das ihm Fried¬ 
rich Wilhelm 111. in der „letzten“. Straße 12 (jetzt 
Dorotheenstraße 7) nahe dem damaligen „Bauhof“ auf 
einem von G ö r c k e gekauften Platz hatte erbauen lassen, 
Ihr die Pepiniere eiuzuriehten. Als Entschädigung erhielt 
er die 1804 auf 500 Taler erhöhte Miete für das T ä n d 1 e r- 
sehe Haus. In dem Görcke sehen, 1804 bezogenen 
Hause blieb die Anstalt sodann bis 1824. 

1797 verschaffte .G ö r c k e auch den Zöglingen freie 
Wohnung, indem der König unterm 18. August 1797 die 
größere Hälfte des rechten, nach dem „Katzensteig“ be¬ 
logenen Flügels der Kaserne des 4. Artillerie-Kgiments 
am Kupfergraben dazu bestimmte. Durch alle vier Stock¬ 
werke wurde eine Wand gezogen; der an der Stallstraße 
gelegene Haupteingang erhielt die Inschrift: „Den Zög¬ 
lingen der Feldwnndarztneykimde 1797“, die noch in der 
Kasernen wohnenden Invalidenfrauen wurden entschädigt 
und das für die Anstalt nicht brauchbare Material würde 
versteigert. Bezogen wurde die Kaserne am 1. November 


Die zu diesem kommandierten Feldscherer der Garde 
hießen „Pensionärs“. Nur sie konnten späterhin zti Stabs¬ 
ärzten am „Institut“ und zu Regimentsärzten aufriieken. 



i797 von 13 „Oberen“, dem Subdirektor, den „Eleven“, 
„Volontärs“ and „Attachrrlen“ J ), sowie dem nötigen 
I nterpersonal. Sie ist bewohnt geblichen bis 1818, wo sic 
für andere Zwecke umgebaut wurde. (Eine Abbildung 
siehe h. Seil icke rt.) Vor den Flügel kam ein Posten. 
Ein verheirateter „Oberer“ wohnte mit Familie in e iner 
Stabe, die Zöglinge lagen meist za vier Zusammen. Wer 
keine Betten iiiithrachte (die Pepiniere hatte nur wenige) 
zahlte „Bettmiete“. Die auf Kosten der Zöglinge in Stand 
gehaltene Ausstattung war dementsprechend. Der Ober¬ 
stabs- mal die Stnhschiringen konnten sich selbst ein- 
rieliten. Ein Karzer fehlte nicht, das gemeinsame Essen 
lieferte ein Oekonöm. 

Entsprechend dem damaligen Bildungsgrade der Zög¬ 
linge erhielten diese außer dem Fachunterricht auch 
solchen in Deutsch, Moral, Geschichte, Geographie, Logik, 
Französisch and Polnisch, letzteren wegen der erst 1807 
durch den Tilsiter Frieden von Preußen abgetrennten 
Landesteile mit rein polnischer Bevölkerung. Die anderen 
nicht medizinischen Uaterrielitsgegenstände fielen erst. 
1825 fort, als für die Zulassung zum medizinischen Studium 
allgemein das Reifezeugnis eines humanistischen Gym¬ 
nasiums gefordert wurde, Französisch wurde jedoch noch 
bis 1860 gelesen (letzter. Lektor Prof. P r e n ß)_. Es 
mußte ferner (bis in die 1860 er Jalire) ein Aufnalime- 
examen gemacht werden. Eleven und Volontärs trugen 
eine seihst beschaffte Pniform, wahrscheinlich jedoch nicht 
in den Vorlesungen, um sie, wie es hieß, „nicht auf den 
schmutzigen Bänken zu ruinieren und unter den übrigen 
Zuhörern aufzufallen“ (blauer Rock mit rotem Kragen 
und einem Zweispitz ohne Kordon. Der Zopf wurde 1806 
allgemein für die Armee abgeschafft). Von ihren 6 Talern 
„Traktament“ mußten die Eleven außer Abzügen für Holz, 
Licht usw. 2 Taler 13 Silbergroschen.zur Speisegelderkasse 
und 1 Taler 22 Silbergroschen für Frühstück. Abendbrot. 
Taschengeld, „Properte“ (Puder, Seife, Pomade und 
Stiefelwichse) abgeben. Im Sommer mußte um 5, im 
Winter um 6 Uhr auf gestanden werden. Abends 9 Uhr 
wurde geläutet und revidiert, um 10 Uhr mußte alles im 
Bett liegen. Rauchen war Eleven und Volontärs bei ihrer 
Jugend als schädlich verboten und wurde mit Entlassung 
oder Einstellung als „gemeiner Soldat“ bestraft, hei den 
Attaehierten geduldet, weil sie „daran gewöhnt“ waren, 
auch sie durften sich aber nicht mit der Pfeife auf den 
Giipgen sehen lassen. Fericnurlauh gab’s nur ausnahms¬ 
weise. Die „Oberen“ inspizierten selbst hei den fest¬ 
gesetzten häuslichen Arbeitsstunden und dem gemein¬ 
samen Essen. Von Zeit zu Zeit fanden Vortragsiibnngen 
statt (die letzte am 14. Juni 1870). 

So primitiv diese Zustände waren, so boten sie der 
Anstalt doch zum erstenmal einen gemeinsamen Halt und 
die Möglichkeit eines geschlossenen Unterrichts. Sie hatte 
Boden unter den Füßen. G ö r <• k e lud sogar in den ersten 
Jahren des Bestehens seiner Pepiniere zum Stiftungsfest 
die Prinzen des königlichen Hauses persönlich ein;, diese 
kamen auch und hörten die sprachlichen und wissenschaft¬ 
lichen Vorträge der Zöglinge an. Daran schloß sich, wie 
noch heut, die Festrede eines Professors. Die Eleven er¬ 
hielten ein Fleischgericht mehr und Wein. 

Aber nicht lange, so kamen Angriffe und Kämpfe, 
infolge deren die Anstalt wiederholt wieder aufzuhören 
drohte. In einer von der „Kurfürstlichen Akademie nutz 
lieber Wissenschaften“ in Erfurt veranlaßten Preissrhrifl 
wurde die Zweckmäßigkeit einer Parung von Medizin und 

* „Volontärs“ waren Ausländer, die nur freien 1 nfer- 
rirhi. aller kein ..Traktament“ wie die Eleven erhielten. Sie 
wurden später meist Landärzte, konnten aber auch in die 
Armee eintreteu. „Attaehierte“ hießen., die zu besserer Aus¬ 
bildung von ihren Truppenteilen zur Pepiniere abkommandierten 
Kompagnie - Chirurgen. 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


IVERS 


Y OF MICHIGAN 








54 


THERAPEU' 


Chirurgie verneint. Nach der Schlacht von .Tenn und Auer 
städt zog Na ]i o I e o n um 24. 10. 180(i in Berlin ein, dns 
llnus sollte in (1 ö rc k e s Abwesenheit Einquartierung er¬ 
halten und konnte davor nur dadureh bewahrt werden, daß 
der Stabsehirurg Tseheggey den Chefchirurgen der 
französischen Armee, Baron Perey und den berühmten 
Leibarzt N a p o 1 e o n s , L a r r e y , in die Anstalt einlud. 
Er ließ ihnen französische Vorträge halten, entsandte 
einige Eleven in die französischen Spitäler zur Hilfe¬ 
leistung und erreichte dadurch, daß, nachdem auch 
0 ö r c k e sich an Per« y gewandt hatte, N a poleon 
ein Monatsgehalt an die Anstalt zahlen ließ. Trotzdem ge¬ 
riet diese in Not und mußte, da Stein alle Kassen nach 
Stettin hatte bringen lassen, Schulden machen und, auch 
von Perey, Unterstützungen annehmen. Als nach Wie¬ 
derabzug der Franzosen (3. 12. 1808) Göreke im Ge¬ 
folge des Königs nach einjähriger Abwesenheit zurück¬ 
kehrte, wurde er in der Anstalt mit Musik empfangen 
Scharnhorst wurde ihr Kurator, der König befahl 
Verbeserungen und verlieh Auszeichnungen (Offiziersrang 
und -Abzeichen an die Oberen), die Oberen, viele Offiziere 
u. a. stifteten ein Legat, aus dessen Zinsen noch heut an 
G örc k es Geburtstag wissenschaftliche Prämien verteilt 
wurden. Der schwerste Schlag aber traf die Anstalt, als 
E riedr.i c h W i 1 h e 1 m III. am 10. 8. 1809 auf Vor¬ 
schlag W. v. Humboldts, des damaligen Leiters des 
gesamten Unterrichtswesens, die Errichtung der Universi¬ 
tät im Palais des Prinzen Heinrich genehmigte, dieser 
das anatomische Theater und den botanischen Garten ") 
überwies und das Collegium medico-ehirurgieum auflöste 
(13. 12. 1809). Einige Professoren des letzteren übernahm 
die Universität; die andern wurden auf Wartegeld gesetzt 
oder pensioniert. (Heute sind Universitätsprofessoren auch 
Professoren an der Kaiser-Wilhelms-Akademie.) Den An¬ 
trag G ö r c k e s , einige Zöglinge zu den Vorlesungen an 
der Universität, deren erste am 29. 10. 1810 stattfand, zu¬ 
zulassen, lehnte H u m b o 1 d t ab, weil die Pepiniere not¬ 
gedrungen auch noch Barbiere aufnehmen mußte''). 
G ö r e k e rettete schließlich nicht nur die Anstalt, sondern 
erreichte es auch, daß am 27. (>. 1811 neben ihr eine zweite 
errichtet wurde: die damalige „medizinisch-chirurgische 
Akademie für das Militär“, mit einem eigenen, vom König 
ernannten Professoren-Kollegium. Ihr erster und einziger 
Direktor wurde, weil dieser einen akademischen Grad 
haben mußte, und auch wohl um der neuen Anstalt Glanz 
zu verleihen, der Staatsrat H u f e I a n d. G ö rc k e mußte 
sich mit der zweiten Direktorstelle begnügen. Nach H u f e- 
lands Tode (25. 8. 1836) war dann Wiebel alleiniger 
Direktor. Einer der Professoren wurde ihr Dekan (erster 
Prof. Knape). Das anatomische Theater, der bota¬ 
nische Garten durfte wieder mit der Universität, außerdem 
aber zum Unterricht auch noch die Hofapotheke benutzt 
werden. Bibliothek und Instrumentarium des früheren 
Coli, med.-chir. gingen auf die Akademie über, ihr Anrecht 
an die Charite wurde ihr aufs neue verbrieft. (Hierauf 
beruht dieses in erweiterter Form noch heute.) Die Uni¬ 
form seheint bei dieser Gelegenheit abgesclmfft worden 
zu sein. Eröffnet wurde die neue Akademie im .Januar 
1812. Knape vermachte ihr 12000 Taler zu Unter¬ 
stützungszwecken. 

- 1 (Fortsetzung folgt.) 

; Dieser diente bis dahin ausschließlich der Pepini 'rc. 
. fi ) Durch Gesetz vom 7. September 1811 war das Bnrliirr- 
gewerbo endgültig von der Chirurgie getrennt worden, so daß 
die Baderstuben, in denen sieh bis dahin die Reste der mittel¬ 
alterlichen Chirurgie erhalten hatten, keine Chirurgen mehr aus- 
bilden konnten. Um dem Mangel an solchen ahzuholfen. trat 
die Pepiniere ein. 


a 

be, 

allem wv. 

inzision. Nn 

krebs spontan sei 

geführt, daß da 

hat. Wie leicht 

gefäß angeschnih 

geschwür im inte 

oder in der Flexur 

Darmperforation die 

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denken, daß sich der 

skopisch als Mischforn 

suchung des mit der Pro 

daher eine ausgesprochen 

die Hauptmase der üesch 

stellt folgendes Schema 

matosum; 1. fibrosum 

II. Carcinoma solD 

3. gelatinosum; III. Carcii 

2. gelatinosum. IV. Misch 

Untersuchung von 123 l 

karzinome 4 Fälle mit 0 T). 

medull. papilli lerum (3 Fälle 

aden. med. tubuläre 4 Fälle in 

med. acinosum 35 Fälle mit 8 I 

gelatin. 14 Fälle mit 6 Dauerhei 

9 Fälle, mit 1 Dauerheilung, auf U. 

0 Dauerheilung, auf Care, solid, gen 
heiltmg, Carcinoma infiltrans 2 Fälle in. 
kann also mit Ausnahme des Care, solid, 
nur ein Fall vorlag, bei jeder Form des Zylindei 
heüiing erzielt werden. Das bei weitem beste l,,.. 
bei dem Care. aden. gelat. erzielt. Alle verwertbaren gelati¬ 
nösen Fälle lieferten 41%, die nicht gelatinösen Formen zu¬ 
sammen 24% Radikalheilungen. Die Gallertkrebse zeigen 
wohl rasches Orgauwachstum, neigen aber weniger zur Gene- 
ralisation. Die anatomische Form eines Darmkarzinoms ist 
also nicht ausschlaggebend für seine Malignität. Für die Frage 
der Operabilität kommen also nur die klinischen Verhältnisse 
in Betracht. Prinzipiell eine Probeexzision auszuführen ist 
daher zwecklos. Eine solche darf man nur dann vornehmen, 
wenn man darüber im Zweifel ist, ob eine Geschwulst bösartig 
oder gutartig ist. (K. K. Gesellschaft d. Aerzte.) 

Maximilian Sternberg sprach in der Gesellschaft 
für physikalische Medizin über Indikationen und 
Kontraindikationen der Entfettungskuren. 
Das Fett ist im menschlichen Körper einerseits im Fettgewebe, 
anderseits als zirkulierendes Fett in den Zellen der tätigen 
Organe vorhanden. Das erstere Fett dient teils als Stopfmittel, 
teils als Reservevorrat und Depot für späteren Verbrauch: Das 
Fett der Zellen ist nicht, wie mail früher glaubte, ein patholo¬ 
gisches Vorkommnis (Fettinfiltration), sondern untrennbar an 
die Funktion geknüpft, gerade in den tätigsten willkürlichen 
Muskeln besonders reichlich zu finden. Das Fett der Depots 
wird bei Nahrungsmangel mit dem Blute abtransportiert und 
passiert die Leber. Die Ergänzung der Fettdepots geschieht 
hauptsächlich aus dem in der Nahrung dargereichten Fett. Auch 
Fett von weit höherem Schmelzpunkt als die Körpertemperatur 
wird resorbiert und angelagert. So kann man durch Aus¬ 
hungern und Neumästen den Fettbestand des Körpers beliebig 
verändern und ganz verschiedene Fettarten zur Ablagerung 
bringen. Man muß sich jedoch vor Augen halten, daß das 
künstliche Experimente sind, wobei die natürlichen Lebens¬ 
bedingungen gewaltig verändert werden. Ernährungsthera¬ 
peutische Eingriffe sind daher mitunter keine ganz gleich¬ 
gültigen Eingriffe in die Oekonomie des Organismus. Bei 
Nahrungsüberschuß mit Kohlehydrat kann auch dieses zur 
Fettbildung verwendet werden; auch aus Eiweiß kann unter 
ganz besonderen Versuchsbedingungen Fett entstehen. Doch 
spielen beide Möglichkeiten bei der Fettleibigkeit des Menschen 


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und Aerzte sind 
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•her Pfiegepersonen, 
rzkranke unnötig ge- 
. stets ein klinisches 
■ lieden werden. Die 
.ehr mannigfaltig. Drei 
.ndikation zur Entfettung 
regungsorganen, Störungen 
. Widerstandsfähigkeit gegen 
Oie chronisch deformierende 
U-he Indikationen. II. Er- 
•inzarterien und des Herz- 
: t verschlechtert, die Herzen 
ir finden sich Zirkulations- 
ilötzlichem Tode, besonders 
iipomatosum oder mit dem 
Jen. Die Gefahr der Narkose 
licht in mechanischer Behinde- 
•sehwäche“ begründet, sondern 
Verhältnissen der Fette und 
ti verträgt der Fettleibige bekannt- 
1 'gegen Pneumonie und Wundinfektion 
Operationen und Narkosen nötig, so ist 
, , Erforderlich. Die Fettleibigkeit begünstigt 
..stehnng von Inguinal- und Nabelhernien prü- 
, Upornen, Varicen und Varicocele; wichtig ist, daß 
Frauen mit Myomen vor Fettleibigkeit bewahrt werden sollen. 
Manchmal treten unvermutet sehr heftige Blutungen ein, eine 
Operation wird wünschenswert und die Patientin gerät in eine 
sehr üble Lage, wenn man wegen Fettleibigkeit von einem 
Eingriff absehen muß. Das Warten aufs Klimakterium dauert 
oft lange, qualvolle Jahre, und kann selbst den Tod durch 
Anämie, Schwäche und marantische Thrombosen zur Folge 
haben. 

Hugo Ster n spricht über die spraeh ä r z 11 iche 
N achbelia.ndlung der wegen Wolfs r a c h e n 
operierten Fälle. So ausgezeichnet auch die Operation 
als Solche gelingt, so sind wir puncto Sprache oft nicht be¬ 
friedigt. Dieser scheinbare Zwiespalt findet aber leicht seine 
Erklärung, wenn wir den Unterschied zwischen den physiolo¬ 
gischen Verhältnisen und den durch die Operation hergestell¬ 
ten betrachten. Unter normalen Verhältnissen wird bei der 
Ausspräche der Vokale und Konsonanten die Mundhöhle vom 
Nasenrachenraum durch das Gaumensegel vollständig 
abgeschlossen, nur die Nasenlaute m, u und ng bilden 
eine Ausnahme, da bei ihrer Aussprache das Velum schlaft 
herabhängt, und die Luft durch die Nasenhöhle geleitet wird. 
Die hintere Rachenwand verhält sich dabei nicht ganz passiv. 
Durch die Kontraktion des Muse, constrict. phar. sup., die auto¬ 
matisch eintritt, bildet sich an der hinteren Rachenwand ein 
Querwulst, gegen den sich das Velum anlegt. Diese physiolo¬ 
gischen Bedingungen werden bei den Operationen selten er¬ 
reicht, und das Resultat der Operation muß durch die Nach¬ 
behandlung korrigiert werden. Das hervorstechendste Sym¬ 
ptom derartiger Fälle ist das Näseln, und zwar das offene 
Näseln, die Rhinolalia aperta, daher können derartige Pat. 
einige Laute gar nicht oder nur schwer produzieren, ins¬ 
besondere das k, g, I, s, z und sch. Außerdem zeigt die Sprache 
eine ewisse Schlaffheit, die Vokale werden unrein und die Kon¬ 
sonanten verwaschen gebildet. Die Prognose bezüglich der 
Sprachfunktion hängt von drei Punkten ab: 1. von der Länge 
des neugebildeten Gaumensegels, 2. von der Beweglichkeit des¬ 
selben, 3. von dem Verhalten der hinteren Rachenwand. Die 
B e li a n d 1 u ng sei bst besieht 1. in kräftigen Stirn miibungen. 


Ifi 


. RE RUNDSCHAU. 55 

Es übertragen sich die Kontraktionen der Kehlkopfmuskulatur 
auf die hintere Racheiiwand und von hier aus auf die noch 
ungeübten Muskeln des neugebildeten Gaumensegels. Dadurch 
wird nurli der sogenannte Passavantsehe Wulst aus- 
gebildet, was für den Abschluß zwischen Mund und Nasenhöhle 
von größer Bedeutung ist, 2. passive Bewegungen des Gaumen¬ 
segels mittels des G utz m ain sehen Handobturators. 
Dadurch massieren wir zugleich das Gaumensegel, und können 
zum stärkeren Anheben desselben und um die Kontraktionen 
kräftiger zu gestalten, auch den elektrischen Strom in das In¬ 
strument einschalten. Auch können wir passive Bew egungen da¬ 
durch hervorrufen, daß wir den sogenannten P u s t a i n j e sehen 
Blählaut bilden, (Man spricht laut abba und verweilt etwas auf 
dem b; man fühlt dann einen starken Druck in der Richtung von 
unten nach oben gegen das Gaumensegel.) Wir haben ferner 
3. in dem Nasenhörrohr nach G u t z m a n n , oder dem modi¬ 
fizierten von St. ein gutes Mittel, um die Gewohnheit, den 
Luftstrom der Nase zuzuleiten, abzustellen. Damit der Näsler 
die heim Sprechen in Betracht kommenden Luftwege selbst 
kennt, lassen wir ihn 4. verschiedene Atemübungen machen. 
Zum Beispiel: bei geschlossenem Mund durch die Nase wieder¬ 
holt recht lange einatmen und durch den Mund ausatmeu. 
5. Ein einfacher Handgriff, dessen wir uns ebenfalls mit "Vorteil 
bedienen, ist der. daß wir mit einem Zungenspatei oder einem 
Löffel die Zunge recht stark herunterdrücken und dabei laut 
intonieren lassen; es werden dadurch fast Würgebewegungen 
ausgelöst, die aber die Muskulatur in äußerst zweckmäßiger 
Weise in Aktion treten lassen, manchmal werden hierdurch 
die Tonsillen aus ihren Nischen herausgedrängt und helfen 
mit, den Abschluß zu vollziehen. 6. Es müssen auch sonst 
systematische Atemübungen gemacht werden, um den poly- 
chnoischen Typus, den die Pat. haben, wieder zur Norm zurück¬ 
zuführen, und die zum normalen Sprechen notwendige lange 
Exspiration zu erzielen. Große Aufmerksamkeit muß man 
auch dem Gehörorgane bei allen angeborenen Gaumenspalten 
und auch nach der Operation widmen. In einer großen Zahl 
von Fällen finden sich Ohrenerkrankungen vom einfachen 
Mittelohrkatarrh bis zur schwersten chronischen Mittelohr¬ 
eiterung. Jedoch müssen dabei die Indikationen für alle rhino- 
pharyngologischen Eingriffe auf das äußerste eingeschränkt 
werden, da oft durch eine ganz kleine und unbedeutende Opera¬ 
tion die Sprache erheblich verschlechtert und das llesidtat einer 
mühevollen Therapie vernichtet wird. Diese Therapie kommt 
auch für die Falle in Betracht, wo aus äußeren oder inneren 
Gründen von der Operation abgesehen wird, und der Patient 
einen Obturator trägt. 












Guido 11 o 1 z k n e c h t sprach über die Behand¬ 
lung des Skrofuloderma mittels Röntgen- 
strahlen. H. stellt einen Pat. (Arzt) vor, der im Anschlüsse 
an eine Exkochleation eines tuberkulösen Knochens eine un¬ 
bedeutende Verletzung an einem Finger der linken Hand sich 
zugezogen hatte, die er, weil sie reaktionslos heilte, nicht mit 
einem kleinen Abszeß in der linken Achselhöhle in Zusammen¬ 
hang brachte. Die Inzision desselben ergab dicken rahmigen 
Eiter und heilte in einigen Tagen, aber gleichzeitig stellte sich 
in der unmittelbaren Umgebung eine diffuse, subkutane Infil¬ 
tration ein. Die Haut darüber war blauviolett. Der Prozeß 
fixierte die Haut und breitete sich subkutan aus. Die Haut zer¬ 
fiel und bildete Geschwüre mit zackigen, unterminierten 
Rändern, Fieber bis 38“ trat täglich auf. Damals, vor 1 1 L> Jahren 
begab er sich nach Athen, wo eine Vereiterung skrofulöser 
Drüsen und Skrofuloderma angenommen wurde, und die Axilla 
breit eröffnet wurde. Bald stellte sich eine Verschlimmerung 
ein, die Ränder der Inzision verfärbten" sich bläulich, die Infil¬ 
tration breitete sich aus, Paquelinisierung konnte an einigen 
Stellen Stillstand hervorrufen und der Prozeß schien einiger¬ 
maßen bis Anfang dieses Jahres still zu stehen. Da trat wieder 
Fieber und Ausbreitung des Prozesses aus der linken Axilla 
auf die linke Pectoralisgegend, und von da auch auf die rechte 
Pectoralisgegend auf. Nachtschweiße, Fieber 39,5”. Als ultimum 
refugium wurde Röntgen versucht; und zwar wurde täglich 
eine andere Partie mit mäßigen Dosen, vorläufig ohne besondere 
Sorge für die Tiefenwirkung, bestrahlt und als die letzte vor- 
genominen war, hörte das Fieber auf. das seit 10 Monaten trotz, 
der operativen Spaltungen keinen Tag zessiert hatte und ist 
auch seit 4 Wochen nicht wiedergekehrt, Zugleich hörten die 


JNIVERS 


3F MICHIGAN 



5G 


THERAPEUT 





Nachtschweiße auf und eine überraschende lokale 
Veränderung trat ein; die subkutanen Abszesse ver¬ 
schwanden, ohne weitere Inzision, es verschwand die livide 
Verfärbung der Haut, die nässenden Flechten trockneten ab. 
Die Operationswunden imd die Geschwüre überhäuteten sich: 
der Allgemeinzustand besserte sich natürlich dementsprechend. 
Es ist nicht zweifelhaft, daß eine beim Beginn des Leidens vor¬ 
genommene Bestrahlung den Kranken sowohl das lange Siech¬ 
tum, die vielen Operationen, als auch die irreperable Narben¬ 
kontraktur der linken Schulter erspart hätte. Der Fall spricht 
also überzeugend für die Röntgenbehandlung des Skrofulo- 
derma. Bei leichteren Fällen im Kindesalter wirkt sie noch 
einfacher. Die diätetisch-klimatische Behandlung wirkt nur 
unterstützend und die chirurgische hilft nur dann, wenn große 
Senkungsabszesse die Heilung verzögern. 

Erich R u 11 i n spricht über eine Methode z u r K- o r - 
rektur abstehender Ohren. Die einfache Inzision 
von Hautstücken hinter dem Ohre und lineare Naht der Wund¬ 
ränder hat keine befriedigende Resultate ergeben, weil die 
lineare Narbe nicht genügend fest ist, um dem Zuge des Ohr¬ 
knorpels auf die Dauer Widerstand zu leisten. Die Exzision 
am Knorpel, die in manchen Fällen notwendig sein kann, ist 
doch in den meisten Fällen zu umgehen. Es ist aus zwei 
Gründen von Vorteil, wenn man vom Knorpel nichts exzidieren 
muß. Es birgt die Verletzung des Knorpels stets die Gefahr 
einer Perichondritis in sich; wenn diese auch bei aseptischem 
Vorgehen nicht groß ist, so muß man doch bedenken, daß bei 
einer rein kosmetischen Operation selbst die Möglichkeit einer 
Perichondritis mit der stets folgenden Deformation der Ohr¬ 
muschel eine sehr unangenehme Perspektive ist. Zweitens ist 
der Knorpel ein so wenig plastisches Material, daß, wenn man 
anfangs zuviel weggenommen hat, man während der Operation 
neuen Knorpel zur Deckung nicht mehr heranziehen kann. R. 
schlägt nun folgende Methode vor: Zunächst orientiert 
man sich durch Anlegen der Ohrmuschel an den Kopf, wieviel 
Haut der hinteren Ohrmuschelfläche und des Warzenfortsatzes 
sich bei korrigierter Stellung der Ohrmuschel decken. Sodann 
wird etwa 1 cm nach rückwärts von dieser markierten Linie 
ein Bogenschnitt geführt, der etwa die Länge der Ohrmuschel 
besitzt, hierauf wird auf der hinteren Fläche der Ohrmuschel 
parallel zum ersten Schnitt halbsoviel wie dieser von der An¬ 
satzlinie der Ohrmuschel entfernt, ein zweiter Bogenschnitt ge¬ 
führt. Die zwischen den beiden Schnitten liegende Haut wird 
exzidiert und die Haut der hinteren Ohrmuschelfläche vom 

2. Bogenschnitt aus mobilisiert, in 1 cm Breite, wenn nötig, bis 
zum Helix. Jetzt werden noch, je nachdem die Möglichkeit der 
linearen Vereinigung der Wundränder es erfordert, von der 
unteren und oberen Umschlagsfalte der Haut auf die Ohr¬ 
muschel keilförmige Hautstücke exzidiert und alle Wundränder 
linear vereinigt. Dadurch kommt die hintere wundgemachte 
Fläche der Ohrmuschel auf den wundgemachten Warzenfortsatz 
zu liegen. Durch einen K öme r sehen Kompressionsverband 
wird nun durch etwa 14 Tage die Ohrmuschel in dieser Stellung 
befestigt, bis eine flächenhafte Verwachsung eintritt. Der Vor¬ 
teil der Methode ist die flächenhafte Verwachsung, der Knorpel 
mit dem Perichondrium wird geschont, man bedient sich nur 
der Haut und dadurch steht beliebig viel plastisches Material 
zur Verfügung. Moskowicz empfiehlt in der Diskussion die 
Methode von Gersuny. Es wird durch einen Schnitt in der 
Furche zwischen Ohrmuschel und Schädel der Knorpel blo߬ 
gelegt, und dann aus dem zu stark gekrümmten Töile des 
Knorpels elliptische Streifen von entsprechender Ausdehnung 
exzidiert, bis die federnde Kraft des Knorpels vollkommen be¬ 
seitigt ist, so daß sich die Ohrmuschel ohne Spannung an den 
Schädel anlegt. Von der Haut werden nur kleine Partien ent¬ 
fernt. R u 11 i n hat von dieser Methode schlechte Resultate 
gesehen. 




UNIVERSITY OF MICHIGAN 


Re, 


1. Uebei 
Garre, Bonn. 

2. Zwei (nae 
Untersuchungen 
Graser, Erl an 

3. Die Ruptc 
Von I)r. Kappel 

4. Weitere Fra t 
Brustwand- Lun gen-M 
plastica) bei vorwieg 
gebiet beschränkter L ; 

Marburg. Ibid., S. 187. 

5. Die Magenfistelanl«. 
heutigen Ausführung. Voi 
S. 199. 

6. Wangenplastik. Von 1 

S. 206. 

7. Ueber den isoliert' 
ascendens. Von Prof. Küt 

8. Die operative Beha - 
sonders im jugendlichen Al 
Ibid., S. 275. 

9. Die Behandlung der k 
sichttgung der primären Enter« 

Ibid., S. 354. 

1. Zur Entfernung von Uri 
toneale Weg stets der beste sein, 
wird dieser gespalten, der Stein voi 
trümmerung zu vermeiden und der 
Situationsnähte geschlossen. Zerdrücken 
Öffnung des Ureters ist nicht empfehlenswert. 
Dauerureterkatheters ist nicht erforderlich. il. 
nachgewiesener Uretef Verletzung dieser sobald als möglich trer* 
zulegen, da Spontanheilungen nicht zu erwarten sind. Als 
Naht empfiehlt sich die Iuvaginationsmethode mit schräger 
Anfrischung des zentralen Stumpfes. In gleicher Weise ist 
bei Strikturen vorzugehen, die exzidiert und invaginiert werden, 

2. G. hat zwei Fälle nach M a y d 1 geheilt. Es wurde 
das Trigonum mit Ureteren freigemacht und in die Flexura 
sigmoidea implantiert. Zur Bauöhhöhleneröffnung empfiehlt sich 
der suprasymphysäre Querschnitt; bei Auslösung der Blase¬ 
ist möglichst viel Peritoneum mitzunehmen, um am Darm eine 
gute Seroserosanaht machen zu können. Der in den Darm 
entleerte Harn ist normal. 

3. Entgegen der sehr verbreiteten Meinung, daß eine Darm- 
ruptur durch Taxis bei unverletztem Bruchsack ausgeschlossen 
sei, stellt Verf. an der Hand von 8 Fällen hier fest, daß dies 
Vorkommnis vielleicht gar nicht so selten ist. Bei 4 Patienten 
ist die Perforation sogar bei Selbsttaxis eingetreten; bei zwei 
weiteren ist ausdrücklich bemerkt, daß die Ropositionsversueho 
sehr schonend ausgeführt wurden. 

Es ist das ein neuer Beweis dafür, daß man diese Versuche, 
die oft recht roh ausgeführt’werden, am besten gänzlich unter¬ 
läßt, zumal die frühzeitige Operation fast ungefährlich ist. 
Die in der Praxis passierenden Unfälle werden überdies meist 
gar nicht bekannt gegeben. 

4. Die ausgedehnten .Rippenresektionen haben sich nach den 
bisherigen Erfahrungen, die allerdings noch recht kurz sind, 
bewährt. Zweck der Operation ist ja, einen möglichst totalen 
Lungenkollaps zu erzielen. Damit jedoch in dem verkleinerten 
Zustande, wieder eine Festigkeit des Thorax eintritt, wird das 
Periost zurückgelassen. Für die spätere Expektoration ist das 
sehr wichtig. Bei allen Operierten hat sich in Sputum- und 
Fieberrückgang und in Gewichtszunahme eine erhebliche Besse¬ 
rung gezeigt. Ist der große Eingriff gut überstanden, so sind 
die Aussichten günstig. 

5. Eine genaue Beschreibung der von Witzei angegebenen 
Schrägkanalbildung bei Magenfiste]. Schnitt im linken Rektus 
in Höhe des , Rippenbogens senkrecht. Fascia transversa und 
Peritoneum werden quer durch trennt. In den vorgezogenen 
Magen wird ein dicker Neiaton durch ein möglichst kleines! 
Loch eingeführt und durch 1 Katgutnaht befestigt. Ueber den 


■ ' • • '*• • -' . \ - " ’• C- 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 




. .RUNDSCHAU. 


57 



11 

VC.ll 

im 
vcr- 
.einen, 
und das 
.durch auch 
ö er. Schichtweise 
r Schluß undicht, 
eingelegt ;• später 
;hr wieder gut. 
it L. den Mund- 
.gezogen. In zwei 
größeren Defekten 
en, die bei Plastiken 
■mieden. 

chtoter Fälle und der 
hluß, daß die isolierten 
adens durchaus nicht so 
eener als die des Coecum. 
?h allerdings nicht sehr be- 
n nach Möglichkeit reseziert 
'>e Merkmale gibt es nicht, 
ultate der schief- oder 
kelhalsbrüche, die auch 
ar selten sind, zu ver- 
• Operationen ausgeführt. 
Brüchen dicht am Kopf* 
ig sogleich den Schenkel- 
knöcherne Heilung oder auf 
doch nicht gerechnet werden 
•r sitzenden Frakturen können 
‘shalb in geeigneten Fällen die 
Bei schiefgeheilten Brüchen dieser 
ie am Schenkelhals angebracht. Der 
erband bleibt 10—12 Wochen liegen; 
vorsichtige Belastung. 

ücksichtigung der Literatur und seiner eigenen 
.. Verf. zum Schluß, daß bei jeder. Peritonitis! 
hoch die Operation zu versuchen sei, auch in den schlechtesten 
Fallen. Es wird doch noch der eine oder ändere Patient 
gerettet. Größte Schnelligkeit ist erforderlich; Hauptbedingung 
für guten Ausgang ist Entfernung der Ursache. Gespült wird 
nur, wenn Darminhalt etc. sich in der Peritonealhöhle findet. 
Bei einfacher freier Eiterung ist cs nicht so erforderlich; es 
genügt Austupfen. Hier wird eine Ausspülung die Operations¬ 
dauer nutzlos verlängern und überdies das Peritoneum schädigen. 
Als Nachbehandlung wird dringend die Enterostomie, womög¬ 
lich gleich anfangs angelegt., empfehlen. 


Augenheilkunde. 

Referent: Augenarzt Dr. Paul Greven, Aachen. 

1. Zur operativen Behandlung der rezidivierenden phlyk- 
tänulösen Bindehautentzündung. Von Dr. Schultz-Zeh - 
d e n , Augenarzt in Berlin. Mediz. Klinik, 1909, Nr. 52. 

2. lieber den Wert neuerer Maßregeln gegen die Binde¬ 
hautgonorrhoe der Neugeborenen und die Notwendigkeit ihrer 
allgemeinen Einführung. Von Otto v. Herff. (Aus dem 
Frauenspital Basel-Stadt.) Münchener med. Woehenschr., 1909, 
Nr. 40 u. 47. 

3. lieber die Therapie des Glaukoms. (Indikationen und 
Heilwert der Glaukomoperationen, Iridektomie resp. Sklero- 
tomie und der Miotika, Bedeutung der Allgemeinbehandlung bei 
primärem Glaukom.) Von Dr. E. Blessig, St. Petersburg. 
St. Petersburger med. Wochensehr., 1909, Nr. 50. 

4. Eusemin in der Augenheilkunde. Von Dr. Karl 
E. Weiß, Augenarzt in Schw.-Gmünd. Woehenschr. für 
Therapie und Hygiene des Auges. 13. Jahrg., Nr. 13. 

5. Ueber Chlorose. Von Prof. Dr. Karl von Noor d e, n. 
(T. mediz. Klinik in Wien.) Med. Klinik, 1910, Nr. 1. 

6. Ueber die Heilung des Pannus trachomatosus durch 
Einimpfung gonorrhoischen Sekretes. Von Prof. Dr. W. Gold - 
zicher, Budapest. Wiener kl in. Wochensc.hr., 1909, Nr. 52. 

7. Zur Kasuistik der Verletzungen des Auges. Von Militär¬ 
arzt A. B. Zazkin in Berditschew, Süd-Rußland. Woehenschr. 
für Thor. u. Hyg. des Auges, 13. Jahrg., Nr. 13. 


8. Optische Merkzettel. Yon Dr. E. H. Oppenheimer, 
Augenarzt in Berlin. Woehenschr. für Ther. u. Hyg. des 
Auges, 13. Jahrg., Nr. 13, 

1. Die phlyktäiiulösc Bindehautentzündung ist jedem Arzt 
zur Genüge bekannt. Kalqmel und gelbe Quecksilbersalbe spielen 
bei der Behandlung derselben eine große Rolle. Daneben ist 
Allgemeinbehandlung, die auf bessere Luft, bessere Wohnungs- 
verhältnisse und Ernährung hinzielt, wichtig. Für die häufigen 
Fälle, wo Rezidive dieser Krankheit auf treten, namentlich für 
solche, die mit Hornhautentzündung einhergehen, empfiehlt nun 
Schultz - Zehden die Vornahme der dauernden Blepharot- 
omie, d. h. die Durchschneidung der äußeren Lidkommissur 
und Vernäliung der Schleimhaut mit der Haut. Die Operation 
ist einfach und absolut gefahrlos. Der günstige Einfluß dieser 
Operation ist wohl darauf zurückzuführen, daß durch sie der 
Blepharospasmus beseitigt und jeder Druck der Lider auf 
Konjunktiva und Kornea ausgeschaltet wird, und daß dadurch 
bessere Zirkulationsverhältnisse der Konjunktiva und Kornea 
herbeigeführt werden. 

2. Nach v. Herffs Erfahrungen ist in den Kliniken 
die zweckmäßigste. Maßregel gegen die Augengonorrhoe der 
Neugeborenen das Credeisieren mit Sophol, Hand in Hand 
mit sorgfältigem Vermeiden der Uebertragung von Wochen¬ 
fluß auf das Auge der Kinder. Sophol ist gegenwärtig das¬ 
jenige Mittel, das am geeignetsten für die Einführung in die 
allgemeine. Praxis der Hebammen ist, zumal in Form der sehr 
handlichen Tabletten zu 0,25 und 0,5 g, mit denen leicht 
Lösungen in kleinen Mengen — 10 g reichen für etwa 30 Kinder 
aus — hergestellt werden können. Verf. kommt zu dem Schlüsse, 
daß das Credeisieren, am besten mit Sophol, in den Anstalten 
für alle Kinder, in der Hauspraxis jedoch nur für alle illegi 
timen Kinder zwangsweise einzuführen ist, für die legitimen 
Neugeborenen hingegen nur bedingungsweise. ' Die Zahl der 
Spätinfektionen ist durch nachdrücklichste, immer wieder ein - 
setzende Belehrung über die Gefahren des Wochenflusses zu 
mindern. Da aber solche Maßregeln wenig Erfolg in der Haus- 
praxis versprechen, muß eine strenge Anzeigepflicht eingeführt 
werden, damit den Behörden ermöglicht wird, rechtzeitig er¬ 
krankte Kinder, nötigenfalls zwangsweise, in sachgemäße Be¬ 
handlung zu bringen. Nur so ist zu erwarten, daß die Zahl 
der an Bindehautgonorrhoe Erblindenden zu aller Nutzen auf 
ein gewisses Minimum herabgesetzt wird. 

3. Von den Thesen, in denen Blessig seinen Standpunkt 
formuliert, interessieren den Praktiker vor allem die folgen¬ 
den: .Jedes primäre Glaukom ist als Aeußerung irgendeines! 
Allgemeinleidens anzusehen (Herz- und Gefäßerkrankungen, 
(lieht. Syphilis etc.). Dennoch fällt in der Behandlung des 
Glaukoms der Lokaltherapie die Hauptrolle zu. Eine Glaukom- 
Operation, speziell die Iridektomie, kann nur dort indiziert 
sein, wo der intraokulare Druck nachweislich erhöht ist, also 
heim sog. „entzündlichen“ Glaukom in seinen verschiedenen. 
Formen (Gl. inflammatorium acutum, subacutum, chronicum). 
Das sog. Glaucoma simplex mit zweifelhafter Drucksteigerung 
ist mithin von der Operation auszuschließen. Das entzündliche 
Glaukom ist zu operieren, je früher — desto besser. Die 
Miotika (Eserin resp. Pilokarpin) sind für die Therapie des 
Glaukoms von hohem Wert, schon dadurch, daß sie es dem 
Operateur ermöglichen, den geeigneten Moment für die Opera¬ 
tion zu wählen. Bei Glaucoma simplex sind Wir auf sie allein 
angewiesen. Neben der lokalen Therapi' des Glaukoms ist 
einer entsprechenden Allgemeinbehandlung Beachtung zu 
schenken, so z. B. je nach der Natur des Grundleidens durch 
Herzmittel (besonders Strophanthus) Jod, Hg u. a. 

4. Verf. macht zur Infiltrationsanästhesie ausgedehnten Ge¬ 
brauch von Eusemin, das sich ihm sehr gut bewährt hat, so 
daß die Allgemeinnarkose nur noch in Ausnahmefällen von ihm 
gebraucht wird. Namentlich empfiehlt er das Mittel bei 
Tränensackexstirpationen und Operationen .an den Augen¬ 
muskeln, ferner bei plastischen Operationen an den Lidern 
und an der Bindehaut. Auch bei Enukleationen verwendet er 
Eusemin und bleibt hier nur das Durchschneiden der hinteren 
Ciliarnerven schmerzhaft. Nach der Einspritzung soll man zehn 
Minuten warten bis zum Beginne der Operation. Ein weiterer 
Vorteil des Eusemins ist die Einschränkung der Blutung wegen 
seines Adrenalingehaltes. Intoxikationen hat Verf. nie beob¬ 
achtet. 

5. Von den Ausführungen von Noordens über Chlorose 
interessieren uns alt dieser Stolle seine Bemerkungen über die 





UNIVERSITY OF MICHIGAN 


HIGAN 





THERAPEUTIN 


58 


Arsenbehandlung dieser Krankheit. So sah Verf. einmal in 
der dritten Woche einer Natroukakodylat-Injeki ionskur eine 
toxische Neuritis optica auf treten (Natrium kakodylicum isi eine 
organische Arsenverhindung mit öl"" Arsen'. In einem anderen 
Falle war Atoxyl eingespritzt worden; in der vierten Woche 
Herpeseruptionen und leichte Melanose der Haut. Als Verf. 
die Patientin in diesem Zustande zum ersten Male sah. ließ 
er natürlich sofort die. Atoxylinjektionen aussetzen. Dennoch 
entwickelte sich im Laufe der nächsten Wochen Neuritis optica 
mit schwerer Amblyopie. Erst nach mehreren Monaten besserte 
sich das Sehvermögen, ohne aber wieder völlig normal zu 
werden. Angesichts solcher Erfahrungen mahnt von Noor- 
den zu großer Vorsicht in der Arsenbehandlung. 

6. G o 1 d z i e h e r hat die ziiersl von J a e g e r im 
Jahre 1819 angegebene Einimpfung -gonorrhoischen Sekretes 
als ein ultimum refugium bei den schwersten Formen von traeho- 
matösem Pannus wieder angewendet, eine überaus heroische 
Therapie, die nach Jaeger bald wieder als unbrauchbar und 
gefährlich vollkommen verlassen worden war. Die Anwendung 
dieses Verfahrens beschränkt natürlich auch G oldziehe r auf 
das äußerste, für Fälle, wo das Sehen fast auf Null gesunken 
ist und wo andere Mittel versagen, besonders also für den 
Pannus crassus, carnosus, d. h. wo die abnorme Vaskularisation 
der Hornhaut so dicht ist., daß Iris und Pupille kaum durch¬ 
zusehen sind, in extremen Fällen die Oberfläche der Horn¬ 
haut einer Schicht Granulationsgewebe gleicht, die Krümmung 
der Membran in . der Regel schon verändert ist. Auch sind in 
der dichten, blutroten, vaskularisierten Schicht sehr häufig 
Substanzverluste, oberflächliche. Geschwüre oder Narben von 
solchen vorhanden. Solcher Fälle hatte Verf. sechs, die er 
mit der Inokulation nach Fehlschlagen anderer Maßnahmen zur 
Heilung brachte. Drei Krankengeschichten führt er ausführlich 
an (die übrigen drei Patienten entfernten sich in wesentlich 
gebessertem Zustande, aber Näheres war- seither über diese 
nicht mehr in Erfahrung zu bringen). In den mitgeteilten 
Fällen wird über vollständige Heilung berichtet und z. ß. 
über eine Besserung der Sehschärfe auf 5 / 3 ö gegen Fingerzählen 
auf einen halben Meter vor der Behandlung. Als Impfmaterial 
empfiehlt Verf. das Sekret von Blennorrhoea neonatorum, 
während Harnröhrentripper direkt abzuweisen und auch 
Blennorrhoea adultorum zu vermeiden sei. Die Impfungen 
werden in folgender Weise vorgenömmen: Nachdem dem 
blennorrhoischen Säuglinge das eitrige Sekret mit feuchtem 
Gazeläppchen schonend entfernt wurde, wird ein sorgfältig ge¬ 
reinigter Glasstab über die untere Uebergangsfalte gezogen und 
dann ebenso durch die Lidspalte des zu impfenden Auges ge¬ 
strichen. Ist die Blennorrhoe ausgebrochen (in Verf.s Fällen 
nach 3—4 Tagen), so genügen häufige Reinigungen des Auges 
(etwa mit Kali hypermang.> und hier und da leichte Touchierun.- 
gen mit Arg. nitr. 

7. Die Fälle von Verletzung des Auges, die Zazkin mit¬ 
teilt, sind: 1. Ein Fall von Blutergießung in die Hornhaut. 
Diese Blutergießung fand nur zwis.cheii Lamellen der Hornhaut 
statt, Vorderkammer und Glaskörper blieben frei. Ursache: 
Patient wax\ gegen einen straff gespannten Strick angerannt. 
Ausgang in Heilung. 2. Ringförmige Trübung auf der Vorder- 
kapsel der Linse (Abklatsch des Pigmentepithels der hinteren 
Fläche der Iris auf der Vorderfläche der Linse, zuerst von 
Vossius beschrieben). Ursache: Sturz vom Pferde und Stoß 
des Auges gegen den Sattel. Heilung. 3. Ein Fall von Zer¬ 
reißung des Tarsus, ohne Beteiligung der Lidhaut. Ursache: 
Fall mit dem Gesicht tiuf einen Haufen nassen Lehmes. Die 
Haut blieb nach Verf.s Ansicht unversehrt wegen ihrer größeren 
Elastizität und ihrer lockeren Verbindung mit dem Knorpel. 
Ausgang: unbekannt, da Patient aus der Behandlung ver¬ 
schwand. 4. Ein Fall von Zyste der Skleralbindehaut, im An¬ 
schluß an eine Konjunktivalwunde. 

8. Nach Art von anderen Merkzetteln, z. B. Diätvor¬ 
schriften, Merkzetteln für Blennorrhoekinder etc. hat Verf. 
einen Merkzettel ausgearbeitet, der unter dem Titel ,,Rat¬ 
schläge für Gläserbedürftige“ von dem Zentralverband der 
Optiker herausgegeben wird (Geschäftsstelle: Berlin, Potsdamer 
Straße 131). Es ist diesem Merkblatte weite Verbreitung. zu 
wünschen, auf daß es dazu beitrage, das allgemein verbreitete 
Vorurteil gegen das Tragen von Augengläsern zu beseitigen. 


JNIVERSITY OF MICHIGAN 




bürg 

2. L 

M. L ti d i ii. 

Heft 6. 

3. Die intern." 
seiner Folgezust 5 
Wochenschrift, 1 

4. Entfettung 
rapie der Gegenwi 

5. Ueber die th 
und des Ulcus ventr. 
d e r. Berliner klin. 

6. Die. Entstehun 
der Gewohnheitsrauche. 

Wochensehr., 1909, Nr. 

7. Ein Gastroskop. 

Wochenschr., 1909, Nr. 48. 

8. Beiträge zur Paraffin, 
patüon. Von Dr. Lipowsk 
Klinik, 1909, Nr. 48. 

1. S. unterscheidet z\ 
welche, immer eine Appendir' 
destructiva. Die Erkrankun¬ 
oder hämatogenem Wege o 
Die Appendizitis im Verlaufe 
pers ist prognostisch immer u. 

Ob eine Frühoperation vo. 
immer von den allgemeinen und 
den allgemeinen Symptomen sind 
das Verhalten der Leukozyten zu be. 
nur Wert auf die Vermehrung der Le» 
sichtig! auch ganz besonders eine etwaige 
bildes nach links im Sinne Arneths. Ein 
A r n e t h sehen Kurve bei wenig oder gar tu 
Leukozytenzahl ist immer ein Signum mali ominis. 
lokalen Symptomen sind besonders hervorzuheben die MuskeT- 
spannung, die spontane Schmerzhaftigkeit und die erhöhte 
Druckempfindlichkeit in der Ileofcoecalgegend. Erhöhte Muskel 
Spannung (defense, musculaire gehört zu denjenigen Symptomen, 
die neben der Druckempfindlichkeit ohne weiteres eine Operation 
als wünschenswert erscheinen lassen, selbst wenn noch keines der 
allgemeinen Symptome alarmierend ist. Perkussion und Palpation 
tragen häufig bei Beginn des Anfalles, besonders in den ersten 
24 »Stunden, nicht viel zur Diagnose bei, da etwaige Exsudate 
dann noch sehr klein zu sein pflegen. Druckempfindlichkeit 
und Schmerzhaftigkeit des übrigen Leibes, auch der linken 
Seite, sowie in der Lumbalgegend zeigen die Mitbeteiligung 
des ganzen Bauchfells an. Ist daher der allgemeine Eindruck 
des Patienten gleich von Anfang an der eines Schwerkranken, 
zeigen Temperatur, Puls und Leukozytose einen hohen Anstieg 1 
und sind die charakteristischen lokalen Symptome vorhanden, so 
zögere, man nicht mit der sofortigen Operation. Ist dagegen am 
ersten Tage der allgemeine Eindruck des Kranken günstig, Puls, 
Temperatur und Leukozytose gleichmäßig, auch die lokalen Er¬ 
scheinungen mäßig, so kann man sicher sein, daß hier der 
weitere Verlauf ein günstiger sein und es sich um eine rein, 
katarrhalische Erkrankung handeln wird. In diesen Fällen 
braucht nicht operiert zu werden. 

Zu der Wiedereinführung des Rizinusöls in die. Behandlung 
der nicht zu operierenden Anfälle hat sich S. aus dem Grunde 
entschlossen, weil er darin ein wichtiges Hilfsmittel erblickt, 
um die Entleerung des Inhalts der Appendix zu gleicher Zeit 
mit der des Darmes zu ermöglichen und damit die, gefahr¬ 
drohende Retention im Wurmfortsatz zu beseitigen, ferner um 
uns über den Verlauf klar zu sein, besonders auch um Fehl¬ 
diagnosen zu vermeiden. Wirkt das Rizinusöl nicht in der ge¬ 
wünschten Weise, tritt nach mehreren Stunden keine Peristaltik 
ein, so wissen wir, daß damit auch die Prognose und der 
Verlauf des Anfalles ein zweifelhafter wird; man soll dann 
nicht zögern, die Operation sofort auszuführen. Die Behandlung 
des akuten Anfalles unter bestimmten Voraussetzungen mit einem 
Abführmittel ist demnach eine chirurgische und eignet sich nicht 
für die Privatpraxis. 

2. Bei einer vergleichsweise durchgeführten- Behandlung 
zahlreicher Fälle von Magenulcus nach Le.ube und nach'Len - 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 



CO 


THERAPEUTISCH 


Gesellschaft für Na-tur- und Heilkunde zu Dresden gehaltenen 
Vortrag.) 

1. ln der Unfallchirurgie der peripheren Nerven hat sieh 
die primäre oder sekundäre Nervennaht, sowie die l.oslösung 
von Nerven aus 'käl lösen Massen einen gesicherten Platz er¬ 
worben. Die Aussicht auf Heilung ist am größten, wenn der 
Eingriff zu einer Zeit erfolgt, wo sieh noch keine sekundären 
Muskelatrophien ausgebildet haben. Das gilt vor allem auch 
von den Plexuslähmungen, insbesondere den Geburtslähmungen. 
Der Eingriff ist hier ein kleiner und bei jedem Säugling ohne 
Narkose ausführbar. 

Aehnlich liegen die Verhältnisse bei der Kinderlähmung. 
In der ersten Zeit bis zum Abklingen der akuten Symptome 
ist Ruhe geboten, nachher aber Reizbehandlung (Massage, 
Elektrizität und Bewegungsübungen). Der drohenden und die 
Funktion schwer schädigenden Ueberdehnung von paretischen 
Muskeln ist durch entsprechende Lagerung des Gliedes ent¬ 
gegen zu arbeiten. 

Ist bereits das ganze Nervenmuskelorgan abgestorben und 
der fettigen Degeneration anheimgefallen, so hat eine V ioder- 
hcrstellung der Leitung keinen Zweck mehr. Da die elektrisch 1 
Untersuchung von gelähmten Partien bei Kindern auf sehr 
große Schwierigkeiten stößt, so hat sie Verf. durch die ..Nadel 
Untersuchung“ ersetzt. Dieselbe beruht auf dem Vorhanden¬ 
sein oder Fehlen der Ausweichbewegungen eines Gliedes nach 
Nadelstichen. 

Eine Nervenplastik ist kontraindiziert bei totalen Lähmun¬ 
gen einer ganzen Extremität. Hier bleiben vorläufig noch 
Sehnentransplantationen und vor allem die Athrodese in ihrem 
Recht. Auch bei zerstreuten Lähmungen einzelner Muskeln 
aus verschiedenen Nervengebieten sind Sehnenplastiken vorzu- 
ziehen. Am geeignetsten für Nervenplastiken sind aus- 
gebreitete Lähmungen, von Muskeln, die von einem Nerven ver¬ 
sorgt sind. Für die Frühoperation ist die zentrale partielle 
Implantation die Methode der Wahl. Hierbei wird von einem 
benachbarten, eventuell synergetischen Nerven ein zentraler 
Lappen abgespalten und in einen Längsschlitz des gelähmten 
eingepfropft. Der Funktionsausfall im kraftgebenden Gebiete 
pflegt sich bald zurückzubilden, wenn die Abspaltung nicht 
durch einen Quer- Sondern Schrägschnitt erfolgt. Ebenso wie 
vor Sehnentransplantationen müssen vor der Operation sekundäre, 
Kontrakturen beseitigt, verkürzte Muskeln verlängert und ge¬ 
dehnte verkürzt werden. Lähmungen der oberen Extremität — 
besonders spastische, die bei den komplizierten Muskeltätig¬ 
keiten der Hand sehr schwer durch Sehnentransplantationen 
iu Ordnung zu bringen sind, sind die Domäne der Nerven- 
Operationen. Durch Nervenimplantationen läßt sich der Be-, 
wegungsmechanismus der Hand nahezu normal gestalten. 

2. Im akuten schmerzhaften Stadium von Poliomyelitis¬ 
erkrankungen, bei denen die Lähmung die untere Extremität 
befallen hatte, hat sich dem Verf. die Behandlung mit Gips¬ 
korsetten in leichter Lordosensftellung, wie bei Spondylitis, 
bewährt. Bei den Kindern stand noch 8—14 Tage nach dem 
Eintritt der Lähmung eine sehr starke Schmerzhaftigkeit im 
Vordergründe. Sie hielten die Wirbelsäule steif, suchten alle 
Bewegungen zu vermeiden und schrien bei jeder Berührung. 
Die günstige Wirkung der Fixation zeigte sich in kurzer Zeit- 
Weitere 1 Beobachtungen werden ergeben, ob dadurch auch die. 
Ausfallerscheinungen, die zurückbleibenden Lähmungen, ge¬ 
mildert werden. Neben dem Gipsverbande kann die übrige Be¬ 
handlung wie Ableitung auf den Darm. Galvanisieren, Massage, 
Verhüten der Kontrakturen durch Anbinden der Extremitäten 
an Schienen etc. ungehindert erfolgen. 

3. Kurze übersichtliche Zusammenstellung der wichtigsten 
Hilfsmittel der Skoliosenbehandlung. Die- Abhandlung, deren 

. Studium dringend empfohlen werden kann, eignet sich nicht 
für ein kurzes Referat. Es wird ganz besonders auf die Wichtig¬ 
keit der frühzeitigen Diagnosenstellung und die sofortige In¬ 
angriffnahme der Behandlung hingewiesen. Dem Hausarzt soll 
bei jeder Skoliosenuntersuchung vorschweben, .,daß er vielleicht 
über das Schicksal eines jungen Mädchens entscheidet. 4 '. 

4. Bei sorgfältiger Untersuchung ist es relativ selten, daß 
Frakturen, die eine bestimmte Behandlung erfordern, übersehen 
werden. Große Schwierigkeiten kann das Erkennen von 
Brüchen in der Nähe von Gelenken machen und Fehldiagnosen 
können hier zu bedenklichen und folgenschweren Mißgriffen in 
der Therapie führen. In solchen Fällen , ist es ratsam, in 
Narkose zu untersuchen und grobe Exkursionen bei den Re- 
positionsversuohen zu vermeiden. Um sich gegen spätere Vor- 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


Wl 
Geh 
einet 
sehn¬ 
lichen 
Röutgenu.. 
genommen \ 

Lage des Falles 
die eine spezielle 
Prognose erfordc’ 
um so weniger, 

5. Die Rach 
Prozeß. Sie selbst 
Knochens nur die » 
den Einflüssen gegei 
biegungen sind statise 
die Eigentümlichkeit, o 
und Gegenkrümmung ai 
bei Skoliosen zeigt. An S 
aber auch differente Gelenk 
für Biegungen. So kann sici 
eiue Steilstellung des Sehe 
biegungen im Sinne des Ge> 

Ober- und unteren Teile < 
häufigere Aetiologie für 
ab. Aber auch der Druck 
aufeiuandergclegten Beine k 
der Luftdruck am Brustkor 1 
iBei der Allgemeinbehandl 
liehe Verabreichung von Milo. 

Phosphor in Wegfall kommen 
reiche, möglichst rein vegetabil 
zugung von frischen Gemüsen r 
Zucker gegeben werden. Die lokale 
rachitischen Wirbelsäulen Verbiegungen. 

Tendenz zur Spontanheilung zeigen, abe. 
handlung eine gute Prognose geben, in Mat,-., 
abreichung von Gipsbett und Korsett. Bei der 
rachitischen Beinverkrümmungen kommt man mi. 
und Osteotomien am raschesten und sichersten zum Ziel. 


Bakteriologie und Serologie. 

Referent: Privatdozent Dr. E. Küster, Freiburg i. B. 

1. Die Desinfektionskraft des Biigelns. Von K. Svelila. 
Umschau, 1909, Nr. 52. 

2. Darstellung von Urinzylindern mittels des Tuschever¬ 
fahrens. Von K. 8 t o e v e s a n d t. Deutsche raed. Woehen - 
schrift, 1909, Nr. 52. 

3. Ueber eine von Tschernogubow angegebene Modifikation 
der Wassermannschen Reaktion. Von H. Gutli. Deutsche med. 
Wochcnschr., 1909, Nr. 52. 

4. Beobachtungen bei der Serumbehandlung des Abdominal¬ 
typhus mit besonderer Berücksichtigung der Gruber-Widal- 
schen Reaktion. Von A. Herz. Wiener klm. Wochcnschr., 
1909, Nr. 50. 

5. Bericht über die Behandlung Cholerakranker mit dem 
Serum von Prof. Kraus im Juni und Juli 1909. Von R. H im 

dögger. Wiener klin. Wochcnschr., 1909, Nr. 52. 

1. Es ist eiue große Schwierigkeit für den praktischen 
Arzt, seine Kleider nach jedem Besuch hoi einem infektiösen 
Kranken so zu desinfizieren, daß eine Uebeftragung der be¬ 
treffenden ansteckenden Krankheit auf einen anderen Patienten 
oder auch auf die eigene Familie ausgeschlossen erscheint. 
Auch das Ueberziehen von leinenen Operationsmänteln vor dem 
Betreten des Krankenzimmers bietet nur dann einen Schutz, 
wenn dieselben nach jeder Benutzung frisch desinfiziert werden. 
Die sonst hier übliche. Art der Desinfektion: Einweichen in 
desinfizierende Lösungen, Auskochen,, strömender Dampf. For¬ 
malindämpfe sind für die Praxis zu umständlich und es ist 
daher als ein wichtiger Fortschritt zu bezeichnen, daß es 
Svehla durch umfangreiche exakte Untersuchungen gelang, 
naohzuweisen., wie trefflich man durch sorgfältiges Bügeln 
dünnere Kleidungsstücke desinfizieren könne. Dünne Stoffe 
wie Zephyr, dünne Windeln, Schnupftücher, werden durch ein¬ 
maliges Darüherfahren mit einem heißen Bügeleisen in ihrer 
ganzen Dicke sterilisiert. Die Sterilisat ion-skraft nimmt naiür 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 




RUNDSCHAU. 


59 


i,22 
• in 
lagen 
.inamnese 
. urden nach 
. ü e fälle heilten 
■n nach 36,8 Tagen 
eilten in 66,6 °/o, 
Tagen entlassen. 

3°/o, standen nach 
.1 entlassen. Wenn 
■n Entlassenen an- 
nacli 25,1 Tag auf 
irend die Leute fälle 
40,3 Tagen entlassen 

erhielten sich folgender- 
hwüren hei Leub e kur 
r 17 blutenden Geschwüren 
div am 5. Tage. Zwei Todes- 
•’ation, 3 Todesfälle hei L e n- 
lämie und Blutungsrezidiv, 
stischen Material, daß be¬ 
neide Diätformen zum Ziele 
ten Fälle mit Blutung in der 
.ui vorziehen. Für die bluten- 
_t L e li h a r t z kur angezeigt, 
uliien, da man offenbar in der 
e.n darf. Man wird aber gut 
Schonungsprinzip festzuhalten, 
Karrenzzeit der L e n h a r t. z kur 

des nichl blutenden Magengeschwürs 
gewährten Leu b e kur fest, von der er 
Karlsbader Trinkkur fortläßt. Bei der Be- 
lutehden Magengeschwürs sind die Erfolge der 
_uui der L e n h a r t z kur annähernd die gleichen. 
Du- L c n h a r t z kur ist besonders bei gleichzeitiger Hyperazidi- 
täl und bei stark heruntergekommenen Personen anzuwenden. 
Wo sehr starke Schmerzen und unaufhörliches Erbrechen be- 
steilen, zieht W. allerdings auch beim blutenden Geschwür die 
L eube.kur der L e n h a r t z kur vor. Ohne Narcoticä kommt 
man hei sehr starken Schmerzen häufig nicht aus; hier leisten 
Kodein, Dionin und Morphium immer noch die besten Dienste. 
Das S c h 1 e i c hsehe Desalgin hat sich als schmerzstillendes 
Mittel nicht bewährt. Das Iv 1 e m p c r e r sehe Eskälin bietet, 
gegenüber dem Wismut keine Vorzüge. Für das bedeutsamste 
Mittel, mit schweren innerlichen Blutungen fertig zu werden, 
hält W. die intravenöse Einspritzung von 10°/o Kochsalzlösung, 
die von der Velden empfohlen hat. Im übrigen wird man 
bei schwerer Magenblutung am meisten erreichen durch voll¬ 
kommene Nahrungsabstinenz bis zum Aufhören der Blutung, 
absolute Ruhe, Morphiuminjektion, Eisbeutel, Kochsalz - 
klysmen und eventuell auch intravenöse physiologische Koch¬ 
salzinfusionen. Zur vollständigen Ausheilung hartnäckiger 
Magengeschwüre und damit zur Verhütung mancher Folge - 
zustände kann viel getan werden durch wiederholte Trinkkuren 
mit Karlsbader, Neuenahrer und anderen alkalischen Quellen, 
auch zu Hause. Von den Folgczuständen des Magengeschwüres 
sind die Pylorustenose, der subphrenische Abszeß, daß chronische 
l'lcus mit immer wiederkehrender Blutung und die peijlgastriti¬ 
schen Zustände immer zu operieren. Eine Peroforation des Ulcus 
in die freie Bauchhöhle verläuft nicht selten auch ohne Opera¬ 
tion günstig. 

4. A. hat in 29 Fällen die vegetarische Diät zu Ent¬ 
fettungszwecken verwendet. Er ging dabei von der Annahme 
aus, daß die grobe vegetarische Diät mit ihrem Schlacken- 
reichtum infolge der starken Füllung des Magens das Sättigungs- 
gcfühl rasch herbeiführen und daher ohne Zufuhr großer Nähr¬ 
stoffmengen entsprechend wirken müsse. Zur Anwendung kamen 
fast fettfreie und eiweißarme pflanzliche Nahrungsmittel. 
Körner- und Hülsenfrüchte (Erbsen, Bohnen, Linsen) wurden 
wöchentlich nur 1—2 mal gereicht. Von den Gebacken wurden 
nur die groben Sorten (Schrotbrot), statt Zucker Saccharin ge¬ 
geben, so daß die Kost, aus Brot, Gemüsen, Salaten, Kompotten, 
Kartoffeln und rohem Obst bestand. Getränke, die keine Nähr¬ 
stoffe enthielten, wurden unbedenklich gegeben (Tee, Kaffee, | 


JNIVERSITY OF MICHIGAN 


Mineralwasser, Zitronenlimonade, auch Buttermilch). Bei der 
Auswahl der Nahrungsmittel wurde viel weniger auf den 
Proz'entgehalt an Eiweiß, Fett und Kohlehydraten als auf den 
Gesamtkäloriengehalt, an dem die Kohlehydrate den Haupt- 
anteil haben, Rücksicht genommen. Albu gibt hierüber eine 
Tabelle. Je kalorienärmer und je-voluminöser die Nahrung, 
desto besser. Derartige Entfettungskuren sind Monate hindurch 
durchzuführen. Langsame Kuren sind jedenfalls besser als be¬ 
schleunigte. In seinen Fällen konnte Albu sein* erhebliche 
Gewichtsabnahmen erzielen. Gleichzeitig wurde durch die vege¬ 
tarische Diät die Darmtätigkeit geregelt. Zum Schluß gibt A. 

I noch einige Rezepte zur Zubereitung einzelner pflanzlicher 
Nahrungsmittel und eine Berechnung des Kaloriengehaltes der- 
i selben in tischfertigem Zustande. 

5. Das von Ehrmann gefundene Neutraion ist ein lös- 
1 liches Aluminiumsilikat, ein weißes, geruch- und geschmackloses 

Pulver, welches in Wasser unlöslich ist, aber mit dünnen Salz¬ 
säurelösungen bei Körpertemperatur sich spalten läßt. Verf. 
hat in zahlreichen Versuchen gefunden, daß dieses Neutraion 
ein äußerst wirksames Mittel ist, um bei Hyperazidität und 
Hypersekretion die Menge der freien Salzsäure stark zu ver¬ 
mindern. Die Wirkung ist eine langsame. Die Substanz legt 
sich der Magenschleimhaut als Deckpulver auf und zerfällt nun 
unter der Einwirkung der Salzsäure, falls sich solche bildet 
oder , schon im Magen vorhanden ist,- ganz allmählich. Dabei 
wird die feste Kieselsäure frei, die gleichzeitig mit dem Neu¬ 
traion der Magenwand aufliegen bleibt. Ferner entsteht Alu- 
miniumchlorid, das ebenso wie die anderen löslichen Aluminium - 
salze eine adstringierende und desinfizierende Wirkung ent¬ 
faltet. Die durch das Neutraion im Laufe einiger Stunden 
gebundene freie Salzsäure kann recht beträchlich sein: Ein 
Teelöffel Neutraion vermag im Laufe einiger Stunden ca. 400 ccm 
0,2 proz Salzsäurelösung bei Körpertemperatur zu binden. 

6. Verf. konnte durch' subkutane Injektion von Nikotin 
und von Wasser, in welchem Zigarrenrauch gelöst worden war, 
bei Hunden nachweisen, daß der bei Rauchern häufig beob¬ 
achtete Magensaftfluß eine Folge der Einwirkung von im Blute 
kreisendem Nikotin auf die Sekretionsnerven und zwar höchst¬ 
wahrscheinlich auf die peripheren Nei;ve:napparate ist. Thera¬ 
peutisch ist deshalb in solchen Fällen besonders vollständige 
Nikotinabstinenz oder wenigstens starke Einschränkung des 
Nikotingebrauches zu verlangen. 

7. Beschreibung eines neuen Gastroskops, welches dem von 
N i t z e - S c h 1 a g i n t w e i t. nachgebildet ist. Das Wesentliche 
an diesem Gastroskop ist ein im Innern eine Spirale bergender 
unterer Gummiansatz, mit Hilfe dessen es möglich ist, die phy- 

i Biologische Biegung des untersten Oesophagusabschnittes nach 
links mit Lrichtig'keit zu überwinden. Dadurch wird auch 
die Gefahr der Perforation der Speiseröhre vermieden. Verf. gibt 
einige gastroskopische Bilder, auf denen besonders der Pylorus 
gut zu sehen ist. 

8. Mitteilungen von Krankengeschichten von Personen jmit. 
chronischer Obstipation, die sehr erfolgreich mit den von 
Lipowski früher empfohlenen Paraffinklysmen, über die 
schon in Nr. 40 der „Therapeutischen Rundschau“ berichtet 
worden ist, behandelt worden sind. 


Orthopädie. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Lehr. Stuttgart. 

1. Fortschritte auf dem Gebiete der Chirurgie der peri¬ 
pheren Nerven. Behandlung von Lähmungen mit Nervenplastik. 

Von Priv.-Doz. Dr. H. Spitzy , Graz. Wiener klin. Wochen¬ 
schrift, 1909, Nr. 46. 

2. Zur Behandlung des Frühstadiums der Poliomyelitis 
anterior acuta. Von Dr. G. Holtmann, München. Münch', 
mod. Wochensehr., 1909, Nr. 49. 

3. Fortschritte in der Skoliosenbehandlung. Von Dr. 

M. Haudek, Wien. Monatsschr. für die physikal.-diätet, Heil¬ 
methoden, 1. Jahrg., Heft 7. 

4. Wie weit lassen sich Fehldiagnosen und Mißerfolge bei 
Frakturen und Luxationen in der Praxis vermeiden? Von 

Privat-Dozent Dr. R. Grashey, "München. Münch, med. 
Wochenschr., 1909, Nr. 47. 

5. Ursache und Behandlung der rachitischen Deformitäten. 

Von San.-Rat Dr. A. Schanz, Dresden. (Nach einem in der 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 







62 


THERAPEUTISCHE 


•18 Stunden kritischem Schlaf, also Beruhiguütf erzielt, er¬ 
scheint dem Verf. im Vergleich zu der von ihm geübten Veronal - 
behandlung' recht bescheiden. Dieselbe wird folgendermaßen 

ge handhabt: 

Patienten mit Delirium tremens und Delirium tremens incip. 
erhalten gleich nach der Ankunft 1 g Veronal. und falls 
auf diese Dosis, was selten geschieht, kein Schlaf erfolgt«, 
nach dem Verlauf von 3 Stunden ein weiteres Gramm. Der 
Schlaf tritt darauf in der Regel recht schnell ein und hat die 
Dauer von 6 bis 12 Stunden. Beim Erwachen ist der Patienti 
dann klar und ruhig und befindet sich völlig wohl. Falls noclü 
irgendwie Tremor vorhanden ist, bekommt er 0,50 g Veronal 
und gegen Abend ist in der Regel der Tremor geschwunden. 
Bleibt der Patient aus anderen Gründen noch einige Zeit im 
Hospital, so behandelt man seine Schlaflosigkeit jeden Abend 
mit 0,50 g Veronal. 

Falls das Delirium mit den 2 g Veronal nicht ganz nieder¬ 
geschlagen wird, was namentlich dann eintrifft, wenn es bei 
der Einlieferung in voller Blüte ist. kann 5—6 Stunden später 
ganz gut noch ein Gramm gegeben werden, und damit werden 
in der Regel die meisten Möglichkeiten einer Fortsetzung des 
Deliriums aufgehoben sein. Fiebrigen« ist Verf. der Ansicht, 
daß bei Veroualbehandlung der Aufenthalt des Delirium- 
kranken im Krankenhaus nicht unumgänglich nötig sei. 

3. Verf. prüfte das Pyrenol bei 50 Influenzakranken, ferner 
bei Pneumonikern. bei Nachtschweißen der Phthisiker, bei 
Scharlach uud Masern und war von den Resultaten sehr be¬ 
friedigt. Er rühmt besonders, daß bei der Pyrenolmedikation 
die Entfieberung unter geringem Schweißausbruch vor sich 
geht, und deshalb das Präparat sich zur Linderung der Nacht¬ 
schweiße der Phthisiker eignet. Hier gab er abends 1,0 g, 
in den Influenzafällen 4 mal täglich 1,0 g und den Kindern 
eine 2proz. Pyrenollösung mit Zusatz von Sir. Ruh. Idaei. Alles 
in allem hält er das Mittel für ein schätzenswertes Anti- 
pyretikum. 


Technische Neuerscheinungen. 

Federnde, für Krankentragbahrcn bestimmte 
Aufhängevorrichtung mit Tragkette. 

Vtu Dr. mc Hans Schlüter, prakt. Arzt, Neheim a. d. lluhr. 

Es sind bereits federnde Aufhängevorrichtungen be¬ 
kannt, die beispielsweise aus einem längeren mit Flügel¬ 
mutter versehenen Schraubbolzen, einer Feder und einem 
Haken bestehen. Die Befestigung dieser Vorrichtungen er¬ 
folgt in der Weise, daß in die Holzrahmen, die in die 
Eiseubalingüterwagen eingestellt sind, Löcher gebohrt wer¬ 
den, durch welche die Bolzen gesteckt uud mittels der 
Flügelmutter befestigt werden. Das Vorbohren der für 
eine Tragbahre erforderlichen 4 Löcher, die genau ent¬ 
sprechend den Abständen der Traggriffe gebohrt werden 
müssen, der dadurch bedingte große Zeitverlust, die Not¬ 
wenigkeit der Mitführung größerer Bohrer, die Vermin¬ 
derung der Tragkraft der Balken durch die großen Bohr¬ 
löcher und die Unmöglichkeit der Verwendung von eiser¬ 
nen Trägern ergeben viele Schwierigkeiten und Nachteile 
der Verwendung der bekannten Aufhängevorrichtungen. 
Diese Nachteile werden nach vorliegender Anmeldung im 
wesentlichen dadurch vermieden, daß an Stelle des 
Schraubbolzens eine um den Träger in einfacher Weise zu 
schwingende Kette verwendet wird, welche an die eine 
Feder enthaltende Zughakenverbindung angreift. 

II o s e n. 

Ueber Therinopenetratiou. 

Thermopenetration ist ein neues elektrotherapeuti- 
sclies Verfahren, durch welches die Möglichkeit gegeben 
ist, dem Körperinnern Wärme zuzuführen. Man ver¬ 
mochte bisher nicht, erhebliche Wiirmeoffekte künstlich in 
größeren Tiefen des Organismus hervorzurufen. Die ge¬ 
wöhnlichen thermotherapentischen Verfahren waren 
hauptsächlich auf die Applikation von Einpackungen, 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


heiß,. 

beschrä 

Teile , 

machten 

deren gerin, 

such mit E 

schädliche elektrc 

Wechselstrom du 

anders wirken i 

(100 000 bis 5 0t 

gang durch dei 

Wärmewirkung 

praktischen Versa, 

Wärmeeffekt xuul u 

lag im Charakter dei 

kamen nämlich solche 

Spanmmgsausgleich i 

(R u li m k o r f f scheu x 

sators (Leydener Flasche) 

Entladungsfunke eines Konu, 

Dauer. Sie ist bei bestimmt 

Vsoooo Sekunde festgesteL 

eine oszillatorisclre und err 

durch daslnduktorium auf 

Energie in den vorhandene 



Diese sind so groß, daß schon nach wenigem Hin- und Her¬ 
pendeln der Energie der Kondensator entladen ist. und 
zwar in der oben angegebenen Zeit. Eine neue Aufladung 
bedarf aber einer bei weitem längeren Zeit, und während 
dieser Aufladezeit findet kein Wecliselstroinflnß statt. Bei 
z. B. 100 Funken (Kondensator-Entladungen) sekundlich 
kommt ein Funke auf Vu,u Sekunde. Dieser Funke selbst 

währt aber nur ’/r,,. Sekunde. Hierdurch entstehen 

nutzlose Pausen, die ca. 499 mal so lang wie der wirksame 
Funkenübergang sind. Eine Erhöhung der Funkenzahl 
wird natürlicherweise die für den elektrischen Vorgang 
wirksamen Zeitintervalle näher zusanmienrücken und da¬ 
mit den physiologischen Effekt vergrößern. Ein konti¬ 
nuierlicher Hochfrequenzstrom (ungedämpfte Schwingun¬ 
gen) dagegen wird keine nutzlosen Pausen aufweisen und 
somit den besten physiologischen Effekt ergehen. Eine 
Vergrößerung der Funkenfolge erreicht nun in der prak¬ 
tischen Ausführung des Apparates bald ihre Grenze. Jeden¬ 
falls ist eine solche Steigerung der Funkenzahl ohne weite¬ 
res nicht möglich und bedingt eine ganz besonders sorg¬ 
fältig eingestellte Apparatur. Die erhöhte Funkenzahl, 
die bisher erreicht ist, weist aber immer noch beträchtliche 
Pausen auf. Eine maximal erreichte Funkenzahl von 5000 
Funken sekundlich gibt einen elektrischen Effekt pro Zeit¬ 
einheit von ca. 509i. Die geringe physiologische Wirkung 
gewöhnlicher Funkenentladungen findet noch eine Erklä¬ 
rung in dem geringen Stromeffekt der Entladung. Dieser 
ist dem auf tretenden Spannungseffekt gegenüber nur 
äußerst klein. Die großen Spannungen wiederum lösen un¬ 
angenehme Nebenerscheinungen (faradisqhe Reize) im be- 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 







OIIE HUNDSCHAU. 


61 


offe'y 
Schütz-’ 
•eiligste ns 
^ Innern 
ichten, daß 
«ugelunterlage 
■11 sterilisiert 
geschädigt werden, 

, indem man ein 
die man mit dem 
' gewöhnlich nur 
m zu sterilisieren, 
Iniständen (Durch- 
gen. 

.vteriologischc Mikro- 
.t>e S. zur Darstellung 
id Schleiinzylinder im 
.dikroskopiertusche wird 
ütioniert, sterilisiert lind 
haltbar gemacht. Hiervon 
urchmesser auf den . Objekt¬ 
iv der Platinöse hinzugcniischt 
- dem Deckglas mikroskopiert, 
•oji sich leuchtend weiß von 
„b, so daß es keine Mühe' 

«ylinder aufzufinden. Die Prä- 
,id haltbar, Zellkerne sind in 
erkennen. - 

T scheraogubow, deren 
./eit führen wird, bietet nach 
Voraussetzungen eiiien Ersatz für 
keine besonderen Vorteile, aber 

>. IS 1 e n i t z e r wurde ein Typhus- 
welches im Tierversuch Typhustoxine 
vveier Paratyphusstämme zu paralysieren 
Serum wurde von den Erfindern beim 
. allen versucht und bei subkutaner oder intra- 
tion von 20—30 ccm konstatiert, daß in un-* 
„..ton Fällen bei frühzeitiger Injektion alsbald oder 
nach einigen Tagen Temperaturabfall und subjektives Wohl¬ 
befinden eintrat. Dieser Temperaturabfall erfolgte auch im 
Stadium der Efferveszenz. H. wandte das Serum bei 11 Typhus-' 
und einem Paratyphusfall an: ,,Die Möglichkeit eines günsti¬ 
gen Einflusses ist in einzelnen der Fälle, nicht in Abrede zu 
stellen, gewiß aber noch viel schwerer zu behaupten.“ Drei¬ 
mal wurde eiu Serumexanthem beobachtet, in diesen drei Fällen 
trat auch eine Vermehrung der Leukozyten sowohl der granu¬ 
lierten wie der ungranulierten auf, während bei allen übrigen 
Fällen Leukozytose nicht beobachtet wurde. Das Typhusheil- 
serum agglutiniert Typhusbazillen 1:10 000 und nach der In¬ 
jektionläßt sich jeweils bei den Patienten eine beträchtliche Er¬ 
höhung des Agglutinationstiters konstatieren, die lange Zeit 
bestehen bleibt. Kontrollimtersuchungeü, die bisher allerdings nur 
in geringem Umfange durchgeführt wurden, ergaben, daß eine 
längere Zeit anhaltende Erhöhung des Agglutinationstiters gegen 
Typhus nur bei echten Typhusfällen zu konstatieren war, so 
daß die Injektion von Typhus-Heilserum ev. als diagnostisches 
Hilfsmittel in Betracht käme, welches namentlich in den Fällen 
am Platze wäre, bei denen wegen des frühen Stadiums der Er¬ 
krankung noch keine Wi da Ische Reaktion vorhanden ist und 
bei denen die Züchtung der Typhusbazillen aus dem Blut nicht 
durchführbar ist. Das Maximum der Agglutinationstiter - 
erhöhung bei Typhuskranken ist sclioln nach 24 Stunden er¬ 
reicht. 

5. In .dem Maria Magdalena-Krankenhaus in St. Petersburg 
wurden mit dem Choleraheilserum von Prof. Kraus 38 algide 
Fälle von Cholera asiatica behandelt. Das Serum wurde intra¬ 
venös subkutan oder auch per os gegeben und gleichzeitig die 
üblichen 1 Kochsalzinfusionen, vorgenommen. Kon trollfälle wurden 
mit den gleichen Kochsalzinfusionen ohne Serum behandelt. Ein 
Unterschied im Prozentsatz der Sterblichkeit unter den mit und 
ohue Serum behandelten Kranken war so gering, daß man sagen 
kann, das Serum übt keine Wirkung auf das Eintreten des Todes 
im algiden Stadium aus und verhindert nicht den Uebergang aus 
dem algiden Stadium in das Stadium der Urämie. Die Serum- 
bohandlung ist. unschädlich und übt keinen Einfluß auf den 
Verlauf des Krankheitsprozesses; der Eintritt des Todes bei 
urämischen Cholerakranken schien durch die Serumbehandlung 
etwas verzögert zu werden. I 


Varia. 

Akute kryptogenetische Polyarthritis gonorrhoica. Von 

O. Mayer, Nürnberg. Münch, med. Wochenschr., 1901), Nr. 49. 

Verfasser beschreibt einen in mehrfacher Hinsicht inter¬ 
essanten Fall von Polyarthritis gonorrhoica, denn einmal ergab 
weder die Vorgeschichte, noch der ärztliche Befund eine 
Gonorrhoe. Der Nachweis der Gonokokken gelang erst.durch die 
bakteriologische Untersuchung. Ferner verlief die Erkrankung 
nicht unter dem gewöhnlichen Bilde der Gonokokkenarthritis, 
da in sprunghafter Weise viele Gelenke befallen wurden. 

v. Rutkowski, Berlin. 

Ueber Serumbehandlung und ihre Gefahren. Von 

P. S c h e i d e m a n d e 1 , Nürnberg. Münchener med; Wochen¬ 
schrift, 1909, Nr. 43. 

Da die neueren Forschungsergebnisse über Serumgiftigke.it 
und Serumüberempfindlichkeit noch wenig bekannt sind, warnt 
Verfasser vor der wiederholten Anwendung größerer Serum- 
mengen spezifischer und nicht spezifischer Natur, wie sie mit 
Enthusiasmus in der letzten Zeit gegen alle möglichen Er¬ 
krankungen in höchst differenten Verabreichungsformen — intra¬ 
venös, lumbal, peritoneal —• angepriesen werden. 

v. Rutk o wsk i , Berlin. 

Zur Hautdesinfektion bei internistischen Eingriffen. Von 
Umber, Altona. Die Therapie der Gegenwart, November 1909. 

Verfasser empfiehlt bei internistischen Eingriffen, die Haut 
zwecks Desinfektion in der Umgebung der Operationsstelle ein¬ 
fach, trocken, eventuell nachdem sie trocken rasiert ist. mit 
Jodtinktur zu bepinseln. 

v. R u t k o ws k i, Berlin. 

Neuere Behandlungsformen des akuten Gelenkrheumatismus 

Von M. Spitzer, Wien. Medizinische Klinik, 1909, Nr. 44. 

Verfasser bespricht die üblichen therapeutischen Maßnahmen 
gegen den akuten Gelenkrheumatismus, um dann die Elektrargol- 
bchandlung eingehend zu schildern. Dieses Präparat wird als 
Salbe angewandt, ferner rektal als flüssiges Präparat in Dosen 
von 30—100 g, und intravenös oder intramuskulär in Dosen 
von 5—10 ccm. Die Erfolge, waren gut, der Krankheitsprozeß 
wurde abgekürzt; besonders fiel unter der Elektrargolbehand- 
1 uug der Rückgang schwerer Endokeratiden und der Tempe¬ 
raturabfall auf. Ein schädigender Einfluß auf die Nieren, sowie 
Argvrie der Haut und der Schleimhaut wurde nicht beobachtet. 

v. Rutkowski, Berlin, 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger. Magdeburg. 

1. Ueber Brompräparate und Sabromin. Von Dr. Emil 

Sehe p e l m a u n , Halle. Deutsche med. Wochenschr., 1909, 
Nr. f>0. 

2. Delirium tremens, behandelt mit Veronal. Von Dr. 

V. Friis Möller, Kopenhagen. Berliner klin. Wochenschr., 
1909, Nr. 52. 

3. Klinische Betrachtungen über Pyrenol. Von Sekundärarzt 
Ripa, Baden b. Wien. Medizin. Blätter, 1909, Nr. 52. 

1. Sabromin, das vo'n v. Mering in die Praxis ein- 
geführt wurde, ist das Kalziumsalz der Dibrombehensäure und 
wird in Originalgläschen zu 20 Tabletten ä 0,-5 g in den Handel 
gebracht. Es enthält ca. 30°/o Brom und wird angewendet 
bei Epilepsie, Neurasthenie, Hysterie und nervösen Beschwerden 
der verschiedensten Art. Es ist durchaus geruchlos und ge¬ 
schmackfrei uud wird gut vertragen ; inan kann es daher auch 
einfach zerkauen, ohne daß man Wasser hinterher trinkpn 
muß. Therapeutisch wirksam sind Dosen von 3 mal täglich 
2 Tabfetten, etwa eine Stunde nach den. Mahlzeiten. Auch 
bei Steigerung der Dosen und nach langem Gebrauch wurden 
keine Intoxikationserschcinungen beobachtet. Verfasser hat des 
öfteren versuchsweise 10 Tabletten auf einmal genommen, ohne 
üble Nebenerscheinungen zu haben. Im Urin erscheint Brom 
später als wenn Bromalkalien gereicht werden. 

2. Das Resultat A u fr ech t s , Magdeburg, der hei Deli¬ 
rium sofort 4,0 g Ohloralhydrat. und am nächsten Morgen 

[ weitere* 3,0 g dieses Mittels gibt und damit im Laufe von 



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'HS KUNDSCHAU. 


63 


ich 
stö- 
däni- 
seine 
»uuierliche 
te Schwin- 
uir eine erfolg- 
-uothei-apie ge- 
e r n d wandte 
liselströme für 
iiebiger Menge 
xpplikationsver- 
■ tion des therini- 
beliebige Tiefen- 
nnierlichen Hocli- 
n 1 s e n sehen Licht- 
,i. Die Abbildung stellt 
ug dar. In dem Felde M 
i bildet sich der von 
-iü Volt) gespeiste Liclit- 
'">era Metallgehäuse einge- 
■iner wasserstoffhaltigen 
durch eintropfeuden Spi- 
uim Lichtbogen ist der aus 
R und Kapazität K be¬ 
schattet, in welchem sieh 
len. Ein zweites Solenoid J 
Elektroden E für die tliera- 
nden und nimmt induktiv die 
lern Schwingungskreis P. Die 
oder weniger große Annäherung 
rt oder Verringet weden. Diese An- 
durch Ineinanderschalten der beiden 
,i nennt die Anordnung P.T einen Transfor- 
- dien den Elektroden E und dem Solenoid J ist 
i. oiu Strommesser H eingeschaltet, der eine Kontrolle 
der Hoehfmpienzströine gestattet. »Die Firma C. L o r e n z 
Aktiengesellschaft, Berlin SO. 20, liefert fertig montierte 
Thermopenetrationsäppnrate. Bose h, 

Respirator 

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von Ed. Ruegenberg sen., Olpo i. Westfalen. 

Der Respirator bestellt aus einer die Nase umschlie¬ 
ßenden Hälse mit einem den Filterstoff tragenden durch¬ 
löcherten Boden. Der Respirator wird vor der Nase ge¬ 
tingen und kann bei Nichtgehraucli zusammengeklappt 



bequem in der Westentasche mitgenommen werden. Die 
Befestigung des Instrumentes kann durch um den Kopf 
gelegte Guimnisclmur erfolgen. Das in dem Respirator 
eingesetzte Filter schließt die Nase nach untenhin ab, so 
daß die durch die Nase ein und ausgeatmete Luft das 
Filter passieren muß und die Luft stets rein und warm 
eingeatmet wird. Der Preis für den Respirator ist sein- 
billig; einzelne Probestücke kosten 75 Pfg. 1! o s e n. 


Bücherbesprechungen. 

Fischers Kalender für Mediziner. Herausgeber Dr. 

•J. Bi er buch. Bcrliu. 1910. Verlag: Fischers medizinische 
Buchhandlung, K. Kornfeld. Berlin W. 35. Preis 2 M. 

Zum 22. Male erscheint obiger Kalender; ein willkommener 
Begleiter für jeden Arzt. Es finden sich darin neben dem 
Notizkalender die wichtigsten Angelegenheiten, deren der prak¬ 
tische Arzt bedarf; so vor allem ein Verzeichnis der Maximal- 
dosen für Erwachsene, und Kinder, die Formulae magistrules, 
Berolinenses, eine Aufzählung der Arzneimittel, deren Vertrieb 
den Drogenhandlungen gestattet ist. (Kaiserliche Verordnung 
vom 22. Oktober 1901.) Auch auf die täglichen Fragen, wie 
Post- und Telegraphengebühren, Gebührenordnung für approb. 
Aerzte und Zahnärzte ist Rücksicht genommen. Die Arznei¬ 
mittel, ihre Anwendung, Dosierung und Preise hat Dr. Bier- 
bacli geschildert, während Prof. Dr. Hermann Weber ein 
medizinisch-therapeutisches Taschenbuch angegliedert hat. Kurz, 
das kleine Büchelchen ist ein treuer Ratgeber für jeden 
Praktiker und kann ihm aufs angelegentlichste empfohlen 
werden. —r. 

Hsrnuntersuchungen und ihre diagnostische Verwertung. 

Von Dr. B r u n o C a r 1 Sch ti r in a y c r , Berlin. 2. Aufl. 
Wiesbaden 1910, J. F. Bergmann. 

Das vorliegende Buch dürfte in der Reihenfolge der auf 
diesem Gebiet erschienenen Werke einen hervorragenden Platz 
einnehmen. Gegenüber der ersten Auflage, welche sich in den 
beteiligten Kreisen einer großen Beliebtheit erfreute, hat 
diese zweite, gänzlich inngearbeitete Auflage, wesentliche Ver¬ 
besserungen und Erweiterungen aufzuweisen. Besonders her- 
vorzuheben ist, daß Verfasser in weitgehendster Weise den 
modernen Fortschritten der Physiologie namentlich der physio¬ 
logischen Chemie und der Klinik Rechnung getragen hat. Wie 
schon der Titel besagt, begnügt sich Verf.. was besonders her¬ 
vorgehoben werden soll, nicht damit, eine gute Uebersicht über 
die Technik der Harnuntersuchungen zu bieten, sondern er gibt 
auch, eiuen Ueberblick über die Schlußfolgerungen, welche di“ 
Harnuntersuchungen ermöglichen. Dadurch ersetzt Schür- 
mayers Buch dem praktischen Arzt, dem Chemiker und Apo¬ 
theker, welche _ Harnuntersuchungen vorzunehmen haben, die 
großen Handbücher der physiologischen Chemie des Harns, 
zumal die wissenschaftliche Seite neben .der technischen hin¬ 
reichend berücksichtigt ist. Für die Verwertung der diagnosti¬ 
schen Befunde durch die Harnuntersuchung erfährt der Arzt 
alles Wissenswerte in leicht faßlicher, übersichtlicher und keines¬ 
wegs weitschweifender Form. 

In der Einleitung gibt Verf. einen kurzen Ueberblick über 
die physiologischen und pathologischen Verhältnisse im .Harn, 
sowie eine kurze, aber erschöpfende Schilderung der Technik' 
der Harngewinnung, wobei besonders der instrumenteilen Harn- 
entnaiime und speziell der separierten Harnentnahme ans beiden 
Freieren Rechnung getragen ist. Der Hauptteil des Buches 
zerfällt in 25 Kapitel. In dem Abschnitt über die allgemeinen 
physikalischen Eigenschaften des Harns werden seine Menge, 
seiu Aussehen, die normalen und pathologischen Harnfarbstoffe 
uud Harnpigmente, spezifisches Gewicht, Geruch und Reaktion 
erörtert. In dem Abschnitt, der von den Harnsedimenten han¬ 
delt, wird eine sorgfältige Uebersicht über die morphotischen 
Elemente im Harn gegeben, sodann sind die chemischen und 
mikroskopischen Stoffe der Harnsedimente genauer geschildert 
uud die Harnkonkremente eingehend beschrieben. Es folgen die 
Untersuchungsmethoden und die diagnostische Bedeutung der 
Eiweißarten, der Kohlehydrate, der anorganischen und orga¬ 
nischen Stoffe des Harns mit einem bedeutsamen Exkurs, in das 
Gebiet des . Stoffwechsels. Der Frage der Harnkoeffizienten 
hat Verf. eine größere Aufmerksamkeit gewidmet als man sonst 
in ähnlichen Büchern antrifft; ebenso der funktionellen Nieren¬ 
diagnostik und der Ivryoskopie: Sehr wertvoll ist die l eber¬ 
sicht über die wichtigsten Veränderungen des Harns bei den 
verschiedenen Krankheiten. Technische Bemerkungen über die 
mikroskopische Untersuchung’ sowie technische Einzelheiten und 
klein« Kunstgriffe werden namentlich demjenigen gute Dienste 
leisten, welcher nicht, in der Lage, .ist, sich über die Harn¬ 
untersuchung und ihre Technik durch Repi.titionskurse auf dem 
Laufenden zu erhalten. 

Die Anordnung des Buches ist außerordentlich übersichtlich. 
Im Texte sind Abbildungen in ausgiebiger Wese zur Ver- 



■i 


JNIVERSITY OF MICHIGAN 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 




64 


THERAPEUTISCH! 


wondung gekommen und durchweg so gut, daß sie das Ver¬ 
ständnis und die. technischen Ausführungen wesentlich er¬ 
leichtern; vier Tafeln enthalten typische, mikroskopische Bil- 
der, sowohl von anorganischen als auch von organischen Hurn- 
bcstandteilen. Zwei Spektraltafeln sowie eine Reaktions-Farben- 
tafel bringen die diesbezüglichen Verhältnisse ebenfalls klar zum 
Ausdrucke. 

Der Verlag hat auch sonst das Buch recht gut ausgestattet 

und handlich gebunden. II a x Hirsch, Kudowa. 


Allgemeines. 


Durch eine große Stiftung von F r a n z i s k a S p e y e r 
ist die Möglichkeit des Ausbaues der wissenschaftlichen Institute 
zu Frankfurt a. M. in größere Nähe gerückt. Der medizini¬ 
schen Fakultät sollen die großen Krankenhausanlagen dienen, die 
ja schon auf .den Lehrzweck hin errichtet und eingerichtet sind. 

Ein wichtiges Verbot hat die K a r 1 s b a cl e r H a n d - 
w c r k s k a m m e r erlassen. Der Verkauf von Speiseeis, das be¬ 
kanntlich oft schädlich wirkt, soll fortan an Schüler und Kinder 
verboten sein seitens der auf der Straße und öffentlichen Plätzen 
-oft stehenden Verkäufer. Letztere dürfen sich nicht auf und in 
der Nähe von Spielplätzen aufhalten, wie ihnen auch das Feil- 
bieten von Speiseeis in der Nähe von Schulen untersagt ist. 
Sicherlich dürfte diese nachahmenswerte hygienische Bestimmung 
viel zur Hebung des Gesundheitszustandes der Kinder uncl 
Schüler beitragen. 

Das Oberlandesgericht Stettin hat in einer neueren Ent¬ 
scheidung festgestellt, daß die Spezialärzte nicht berechtigt sind, 
höhere Sätze als sie die ärztliche Gebührenordnung vorschreibt, 
zu liquidieren, vielmehr dürfen sie nur mit den Sätzen 
der Gebührenordnung in Einklang’ stehende Liquidationen er¬ 
heben. Das Oberlandesgericht sagt in seinem ausführlich be¬ 
gründeten Urteil: Alle approbierten Aerzte und Zahnärzte, also 
auch die S p e z i a 1 ä r z t e , werden nach § 1 der Medizinal¬ 
ordnung vom 20. Mai 1898 den darin festgesetzten Gebühren 
für berufsmäßige Leistungen in streitigen Fällen mangels Ver¬ 
einbarung unterworfen. Nach § 4 sind Verrichtungen, für welche 
diese Taxe Gebühren nicht auswirft, nach Maßgabe derjenigen 
Sätze, welche für ähnliche Leistungen gewährt werden, zu 
vergüten. 

Die nach Leipzig vom Leipziger Verband ein berufene Kon¬ 
ferenz der Vertreter aller Orte mit Karenzzeit hat folgenden 
Antrag von Meermann, Mannheim, angenommen: Die hassen- 
ärztlichen Organisationen in Städten mit Karre'nzzeit fassen den 
Eventualbeschluß, ab 1. Juli 1910 die Wartezeit auf höchstens 
ein halbes Jahr festzusetzen. Der Beschluß soll mit der Vor¬ 
aussetzung in Kraft treten, daß die anderen in Betracht kommen¬ 
den Organisationen den gleichen Beschluß gefaßt haben und das 
Ergebnis der Beschlüsse durch den Vorstand des L. V. vor 
obigem Termin den anderen Beteiligten mitgeteilt ist. 

In der Saison 1909 konnte im Bad Elster der Verein zur 
Gründung und Unterhaltung eines Heims für Frauen und Witwen 
deutscher Aerzte vier Patientinnen auf nehmen und verpflegen. 
Der Verein bittet um weitere Spenden (einzusenden an den Vor¬ 
sitzenden Dr. Köhler in Elster ). 


Wi 

ärztlichen 
Ordnung voi 

I lieh berücksi„*. 
folgender Grundl 
der Aerzte und c 
werden unter L. 

Alle Aerzte des 
dingungen des T 
zur Behandlung 
vertrag nicht zust 
fest. Irgendeine \ 

Zwangsverträge für 
Aerztestaud nicht aut 
so soll den Krapkenk; 
kranken Mitgliedern an 
bestimmten Geldbetrag z. 
des Tarifvertrages Kassen, 
dieser Tätigkeit nicht vor 
werden.“ ^ 

Ein großes Krankenhr 
Eine Kommission, aus de» 

Hygienikern Frankreichs bes 
um die dortigen großen Kran 
der Kommission auch die be 
ker A r 1 o i n g und Cour * 

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neunzehn, aus der Fabrik vorm. E. Schering in Berli 
sind, Soweit sie nicht bereits früher wegen Abschwächung |i 
eingezogen sind, vom 1 . Januar 1910 ab wegen Ablaufs d 
staatlichen Gewährdauer zur Einziehung bestimmt. 

Flaschen mit diesen Kontrollnummern dürfen hinfort nie 
mehr in den Apotheken abgegeben werden und können nach d 
Vereinbarung mit dem betr. Laboratorium bei kostenfreier Ei 
Sendung kostenlos gegen einwandfreies Serum eibgetausc 
werden. 

Berlin, den 1. Januar 1910. 

Der Polizei-Präsident. 

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Oberhausen i- Rhld. 
Obersept, O.-Els. 

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Quint b. Trier. 

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Rothenkirchen- 
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Schlettstadt, Eis. 
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TherapeutischeRundschau 

Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 

Redaktion: Verlag und Expedition 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI, 17271. Telephon: Amt VI. 3020. 


IV. Jahrgang. Berlin, 30. Januar 1910. Nr. 5. 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10-M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den Verlag 
sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuen, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalßchluss abbestellt sind. Inserate werden für die 4gespaltene 
Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 15.— M. Rcklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck Ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt. 


Originalen: 

\Y. Knick: Bauchdeckennaht und Bruchnaht mit Steril-Katgut 65 
,). Adler. München: I. ('ober Entstehen und Verbreitung der 

Infektionskrankheiten. 67 

.1. Adler, München: II. Bekämpfung der Infektionskrankheiten 68 
M. Pcltzcr, Steglitz: Die Kaiser-Wilhelms-Akademie für das 
niilitärärztliche Bildungswesen bei ihrem bevorstehendem Umzug 

in ein neues modernes Heim (Fortsetzung).69 

Heferate: 

Mohr, Bielefeld: Chirurgie..72 

Lothar Frankenstein, Berlin: Geburtshilfe und Gynäkologie 72 

A. Moeller, Berlin: Lungenkrankheiten.73 

Silbermann, Kudowa-Berlin: Herz- und Gefäßkrankheiten . 75 


H. E. Schmidt, Berlin: Radiologie ... ■ . . . 

Geißler, Neu-Ruppin: Krankenpflege. 

v. Rutkowski, Berlin: Varia...•• 

Mitteilungen über Arzneimittel: 

W. Kriiger, Magdeburg: Referate.' 

Technische Neuerscheinungen: 

Apparat für Dauerirrigation.. . . ., 3 ? 

Biicherbesprechungen: 

Schweizerische Rundschau für Medizin.. . . 

Blümel, Halle a. S.: Zur Bekämpfung der Tuberkulose. . . 
Bulletin mensuel de la soci6t6 (Vetudes scientifiques sur la tuber- 

culose. • * * J * BB 

] Allgemeines.. . - .'A* 


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79 


ORIGINALIEN. 

Aus der Praxis. 

Bauchrieckcnuaht und Bruchnaht mit 
Steril-Katgut. 

Von W. Knick. 

I. 

B a u e U d e c k e n u a li t. 

Bei keiner Naht dürfte die Ueberlegenheit eines Nalit- 
materials mein - zur Geltung kommen, als bei Nähten an 
der Bauchwand, sei es bei der Laparotomie, sei es bei der 
Hernidtomie oder bei der Sekundärnaht an der Baucli- 
wand. Nirgends sonst ist die versenkte oder Etagennalit 
für das Endresultat von so großer Bedeutung, als gerade 
liier. Wird der gewünschte Erfolg bei diesen Operationen 
doch nur verbürgt durch glattes, reaktionsloses Einheiten 
der versenkten Fäden. Ferner sind bei keiner anderen 
Operation infolge Herauskommens oder Herauseiterns 
von Fäden für den Operateur Naelioperationen so dringend 
und häufig und in ihrem Verlaufe so langweilig, wie bei 
Operationen an den Bauchdecken. 

Es begreift sieh daher, daß gerade bei der Bauch, 
deckeflnaht in der Verwendung des Nahtmaterials so oft 
ein Wechsel eingetreten ist. Nachdem Silberdraht und 
Fil de Florence fast ausschließlich verwandt worden 
waren, folgte eine Zeit überwiegenden KatgutgebraucKs, 
das dann in der Neuzeit wieder von der Seide resp. von 
dem Zwirn abgelöst wurde. Aber auch die Seide hat 
bereits ihre Nachteile gezeigt und erste Chirurgen (B i e r) 
stehen ihr bereits wieder ablehnend gegenüber. Gewiß 
gibt die Seide in den meisten Fällen, sofern sie keimfrei 
eingekeilt ist, ein gutes und bestes Resultat. Sie braucht 
aber nur einmal unruhig zu werden, und — der Operateur 
ärgert sieh über die eine eitrige Seidennaht mehr als über 
99 Katg'utnäh.te. Auf die Tumorbildung, die sich häufig 
an vorhandene Seidenfäden (S c h 1 o f f e r) anschloß, will 
ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen. 

In diesem Dilemma ist das neuerdings in Aufnahme 
kommende Steril-Katgut (Kulm) auf das freu¬ 
digste zu begrüßen. Dieses Nahtmaterial vereinigt nach 


allen Beobachtungen, Experimenten und Deduktionen in 
sich gleichzeitig die vorteilhaften Qualitäten des Silber¬ 
drahtes, der Seide und des -Katguts, ohne zugleich einen 
ihrer jeweiligen Nachteile zu besitzen. 

Mit dem Drahte teilt das Steril- 
K a tg'ut die mangelnde K a p i 11 a r i t ä t u n d 
S e li w e r dm r c h d r i n g b a r k r i t , mit der Seide 
die Geschmeidigkeit und chemische Reiz¬ 
losigkeit, mit dem Katgut endlich die 
Resorbierbarkeit, (Von der Keimfreiheit soll an 
dieser Stelle ni<djt gesprochen werden.) Dazu kommt — 
und das ist von großer Bedeutung — sichtlich die Fähig¬ 
keit, den Stichkanal chemisch derart zu beeinflussen, daß 
gewissermaßen eine Aussöhnung zwischen Fremdkörper 
und Körpergewebe erreicht wird. 

Dieser Erfolg wird erzielt durch den Gehalt des 
Fadens an Jod und zwar in intimster, molekularer Bin¬ 
dung, so wie sie etwa in den schwei-löslichen Jodpulvern, 
z. B. dem Jodoform gegeben ist. Diese .Jodkörper haben 
bekanntlich (vergleiche K u h n und Rößler, Zeitsclir. 
für klin. Chirurgie, Bd. 88) auf eine Wunde einen sekre- 
tionshemmenden, Leukozyten fernhaltenden und resorp¬ 
tionsfördernden Einfluß. Eben diese Wirkung übt ganz 
zweifelsohne auch der Steril-Katgut-Faden im Stich¬ 
kanal aus. 

Aus diesen kurz angedeuteten chemischen und physio¬ 
logischen Gründen heraus müssen die klinischen guten 
Resultate mit Steril-Katgut gefolgert werden. 

Wir wollen davon ahsehen, diese Erfolge durch Serien 
von Krankengeschichten zu illustrieren, wir wollen viel¬ 
mehr solche Fälle herausgreifen, hei denen das seitherige 
Nahtmaterial erfahrungsgemäß. sehr leicht im Stiche ge¬ 
lassen hätte, die Anwendung von Steril-Katgut jedoch ein 
durchaus günstiges Resultat zeitigte. Es sollen z. B. Fälle 
geschildert werden, in denen es sich um nicht einwands¬ 
freie Sekundärnähte handelte. Seide hätte hier wohl 
nicht leicht geruht und zur glatten Heilung geführt, Steril- 
Katgut ließ komplizierteste Etagennähte gelingen. Andere 
Fälle sollen demonstrieren, wie sich — im Gegensatz zur 
Seide — ein Steril-Ivatgut-Faden verhält, wenn die Wund¬ 
naht in ihrem Verlaufe etwas gereizt wurde. Endlich 
sollen die Beispiele zeigen, wie eine Steril-Katgut-Naht- 
reihe eine in ihrer unmittelbaren Nälje zustande gekom- 























66 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 5 


mene Eiterung - - im Gegensatz zur Seide — aufninunt 
bezw. überstellt. • 

Nochmals sei gesagt, daß alle angeführten Fälle als 
Beispiele aus Serien glatt verlaufener Fälle heraus¬ 
gegriffen sind. Die jedesmal beigefügte Epikrise gibt das 
Wesentliche und Charakteristische des Falles hinsichtlich 
des Nahtmaterials wieder und weist .auf den Unterschied 
zwischen der Anwendung von Steril-Katgut und euderen 
Nähmaterialien hin. 

1. Fall. Herr K., 40 Jahre: 

Operation einer eitrigen Blinddarmentzündung mit 
starker Veränderung des Wurmfortsatzes und kleinerer 
Menge Exsudates in der Bauchhöhle. Etwas ausgedehnte 
Tamponade, Bauchwunde teilweise genäht, im übrigen 
relativ weit elfen gelassen. Etwa am zehnten Tage Ent¬ 
fernung der Tamponade, dichte Naht bis auf eine ganz 
kleine Stelle, in die ein Drainrohr zu liegen kommt, aus¬ 
schließlich mit Steril-Katgut (Kuhn). 

NB. Bei der ersten Operation geschah die Abbindung 
des Wurmfortsatzes und eine Unterbindung des Mesen¬ 
teriums mittels Seide. 

Die Wunde heilt im ganzen glatt zusammen. Nach 
ca. drei Wochen ist die offen gebliebene Stelle immer noch 
nicht ganz trocken, die Nahtstelle selbst erscheint zeit¬ 
weise etwas verdickt, wie wenn sie gereizt wäre. Zwei j 
Wochen später zeitweiliger Schluß der Drainagestelle.- 
Patient ist außer Bett und geht seiner Beschäftigung nach. 

Zirka drei Monate nach der Operation entleert sich 
aus der Drainagestelle ein Seidenfaden, die übrige Wund¬ 
naht zeigt sich unter der Epidermis stellenweise etwas 
weich, man kann mit der stumpfen Pinzette etwas zähes 
serös-eitriges Sekret entleeren. Kleine Unterminierungen 
der Haut auf einige Zentimeter entlang der Nahtstelle. 
Der Kanal wird mit einer A r g errtnniperle, die an eine 
Nadel angeschmolzen ist, leicht geätzt. Reste von Katgut- 
fäden kommen nicht zum Vorschein. Nach einigen Tagen 
ist die Stelle wieder ganz trocken. 

Nach 4V l > Monaten nach der Operation wird aus einer 
kleinen Fistel abermals ' ein Seidenfaden ausgestoßen. 
Nicht die geringsten Spuren von Katgut. Nach einer 
leichten Aetzung mit einer Argentumperle schließt sich 
die Fistel und bleibt dauernd geschlossen. 

Epikrise: Die beiden Seidenfäden, die bei der Opera¬ 
tion ebenfalls besser durch Katgut zu ersetzen gewesen 
wären, waren die Ursache, daß die Wunde in der Drainage¬ 
stelle sich nicht glatt schloß und eben diese Fäden waren 
jedenfalls auch Veranlassung, daß die übrige Katgutnalit 
sich zeitweise etwas gereizt zeigte. Wären nicht die beiden 
Seidenfäden benutzt werden, wäre keine Ausstoßung von 1 
Fäden nötig gewesen. Katgut-Fäden kamen trotz der 
Eiterung nicht zur Ausstoßung. Die Feberlegenheit des 
Steril-Katguts tritt hier um so mehr hervor, als in diesem 
Falle die ganze Wundnaht zeitweise recht stark gereizt 
war, ohne daß es zu einer Ausstoßung eines Katgutfadens 
gekommen wäre. 

2. Fall. Frau K., 30 J.: 

Cholelithiasis, Exstirpatio vesicae felleae. 

Querschnitt, beginnend am Processus xiphoideus, 

parallel dem Rippenbogen, den Reetus durchtrennend. Die ; 
Gallenblase findet sich sehr verändert, dick mit Steinen 
gefüllt, sehr weit nach hinten liegend, nur mit Mühe vor¬ 
ziehbar. Sie wird exstirpiert. Die Wunde wird nur teil¬ 
weise geschlossen, der größere Teil bleibt zwecks größerer 
Tamponade offen. 

Am siebenten Tage wild die Tamponade in tato ent¬ 
fernt, in die Tiefe ein dünnes Drainrohr eingelegt und die 
Bauchwunde, wie wenn sie nicht tamponiert gewesen wäre, 
per secundam etagenweise geschlossen bis auf die kleine 
Oeffnung für das Drainrohr. Zur Naht wird ausschlie߬ 
lich Steril-Katgut (K u h n) verwandt. 


In den nächsten Tagen verhält sich die sekundär ge¬ 
nähte Wunde absolut reizlos, ist nach zehn Tagen trocken, 
das Drainrohr wird auf zweimal entfernt. 

Nach vierzehn Tagen verläßt Patientin geheilt das 
Krankenhaus. 

Epikrise: Die Wunde ist infolge des Gallenflusses stets 
feucht; was bekanntlich für Hautnähte hinsichtlich des 
Ruhigbleibens der Fäden nicht günstig ist. Trotzdem 
heilt die ganze Sekundärnaht glatt zu. 

3. Fall. Frau Sch., 38 J.: 

Cholelithiasis. Oystostoinie mit Drainage. 

Die Operationswunde, senkrecht im rechten Reetus 
angelegt, wird etagenweise bis auf die Einnähungsstelle 
der Gallenblase, die mit einem dicken Rohr drainiert ist, 
geschlossen. Die Wunde heilt glatt. 

Am zehnten Tage sind die oberflächlichen Fäden teils 
abgefallen, teils werden sie entfernt. Aus einem Stich¬ 
kanal entleert sich eine größere Menge Sekret, etwa zwei 
Kubikzentimeter. 

Dieses Sekret ist aber keineswegs eitrig, resp. von 
Leukozyten durchsetzt, sondern hat ein hellgelbes, klares 
Aussehen und ist von leimig-dicklicher Konsistenz. 

Beim nächsten Verbandwechsel ist der Stichkanal 
trocken und kann die Sekretion als nicht vorhanden ge¬ 
wesen angesehen werden. 

Epikrise: Das Sekret wäre bei einer Naht mit Seide 
jedenfalls eitrig gewesen oder geworden. Auch hätte eine 
Sekretion ähnlicher Art wie im vorigen Falle bei Ver¬ 
wendung von Seide die Fäden voraussichtlich unruhig 
gemacht. Die serös-kolloide Beschaffenheit des Sekrets ist 
besonders bemerkenswert. 

4. Fall. Herr Sch., 51 J.: 

16. November: Patient .wird im linken Reetus mit 
Längsschnitt laparotomiert. Sorgfältige Etagerinaht mit 
Steril-Katgut (K u h n) ; zuerst wird das Peritoneum mit 
fortlaufendem Faden Nr. 1 genäht, dann die Muskulatur 
mit einigen leicht geknoteten Fäden ca. Nr. 2, darüber 
Muskelfaseieunaht mit Knopfnähten, Fäden Nr. 2 und 3, 
dazwischen vereinzelte dünnere Fasciennälite; dann Naht 
der Haut ebenfalls mit Katgut. 

Infolge großer Unruhe des Patienten verschiebt sieh 
der Verband etwas und, nachdem die Fäden und die ganze 
Wunde sich acht Tage absolut einwandsfrei verhalten, 
macht sieh am 24. November an einem der unteren Haut- 
sfichkanäle, wo ein dickerer Faden etwas eingeschnitten 
hatte, eine kleine subkutane Eiterung im Unterhautzell¬ 
gewebe bemerkbar. Der Faden wird entfernt, aus dem 
Stichkanal entleert sich etwas Sekret. 

In den nächsten beiden Tagen wird die Eiterung 
etwas größer, einige Eßlöffel voll werden aus dem Sticli- 
kanal entleert. 

Am 29. November wird die ursprüngliche Wunde in 
der Mitte etwas geöffnet ; es entleeren sich aus einer Höhle 
im subkutanen Gewebe, die ihrem Flächeninhalt nach 
etwa einem Handteller entspricht, ca. 100 ccm Eiter. Die 
Wunde wird leicht ausgetupft und ein kurzes Stückchen 
Drainrohr in die 2 cm I nge Wundöffnung gelegt. Die 
Sekretion läßt sehr rasch nach, so daß etwa am 6. Dezem¬ 
ber keinerlei Sekret mehr aus dein allerdings noch etwas 
klaffenden kleinen Wundspalt zu bemerken ist. 

Am 13. Dezember entleert sich noch einmal ein 
seröses, bernsteinfarbig.es, klares Sekret, etwa ein Eßlöffel 
an Menge. Die ganze übrige Wunde ist absolut glatt 
geheilt, 

ln den folgenden Tagen besteht so gut wie keine 
Sekretion. Am 18. Dezember entleert sich nochmals auf 
Druck eine kleine Menge serös-gelatinösen Sekrets. In 
den nächsten Tagen ist die Wunde für dauernd trocken 
und geheilt. 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


67 


Epikrise: Nach analogen klinischen Erfahrungen 
\v;äre das Ruhigbleiben der Fäden bei Verwendung von 
Seide zur Faseien- und Bauchdeckennaht in diesem Falle 
mit Sicherheit ausgeschlossen gewesen. Es wäre zu er¬ 
warten gewesen, daß eine große Anzahl der Fäden in lang¬ 
wieriger Eiterung , sich ausstießen, mindestens aber 
längere Zeit eine eitrige Sekretion unterhalten hätten. 

Besonders charakteristisch ist im Gegensatz zu der 
bei Verwendung von Seide selbstverständlichen eitrigen 
Sekretion die in diesem Falle vorhanden gewesene und 
sich noch einmal wiederholende Absonderung eines 
gelatinös-serösen Sekrets, das übrigens auch sehr leicht 
vom Gewebe resorbiert wird. 

Der eigentümliche Charakter dieses Sekrets steht 
zweifellos im Zusammenhänge mit dem Jodgehalt des 
Katgutfadens, er entspricht der serösen Umwandlung 
tuberkulös-eitriger Exsudate, wie sie unter dem Einfluß 
eingespritzten Jodoforms statthat. 

5. Fall. Schüler B., 15 J.: 

Typhlitisoperation bei schwer gangränösem Wurm¬ 
fortsatz und ausgedehnter eitriger Peritonitis im unteren 
Teile des rechten Abdomens. 

W egen der Peritonitis bleibt die Wunde mit ausge¬ 
dehnter Tamponade des Abdomens in ganzer Breite offen. 

Am siebenten Tage Entfernung der ganzen Tamponade 
in leichter Bromäthylnarkose und etagenweise Naht der 
einzelnen Schichten der Bauchwand, deren Wundränder 
mit verdünnter Jodtinktur leicht bestrichen werden. Zu¬ 
erst Peritonealnaht mit fortlaufendem Faden, nachdem ein 
dickes Drainrohr, das bis in die Tiefe der tamponierten 
Höhle reicht, eingelegt ist. Es kommt so zu liegen, daß 
es schräg die Nahtetagen der Wunde durchläuft. Sorg'- 
fültige Naht der Muskulatur, Naht der Faseien und der 
Haut. 

Die Wundheilung erfolgt absolut reizlos wie bei einer 
per primam genähten Naht. 

Am 14. Tage zeigt sich unter der Haut eine leichte 
Reizung, minimalste Rötung und Verdickung. Die bereits 
verheilten Wundränder werden an zwei ganz kleinen 
Stellen etwas zum Klaffen gebracht; es entleeren sieh 
Spuren eines serösen Sekrets. Am nächsten Tage ist die 
Rötung wieder verschwunden, die Wunde trocken. 

Der weitere Wundverlauf gestaltet sich vollkommen 
glatt und einwandsfrei. 

Epikrise: Nach klinischer Erfahrung würden die im 
Interesse der Festigkeit relativ dicht gelegenen Nähte, falls 
sie mit Seide erfolgt wären, nach dem Aussehen und der 
Schwellung nicht eingeheilt sein, sondern mit allergrößter 
Wahrscheinlichkeit sich einzeln ausgestoßen haben. Im 
vorliegenden Falle war es mit den Spuren Sekret abgetan. 
Das funktionelle bezw. Festigkeits-Ergebnis ist ein ausge¬ 
zeichnetes wie bei primärer Naht. 

II. 

V e r w e ndung des S t e r 11 - K a t : g u t (K u h n) 
bei der Herniotomi e. 

Eine größere Anzahl von Herniotomien, bei denen der 
Steril-Katgut-Faden verwandt wurde, habe ich in durchaus 
einwandsfreier Weise verlaufen sehen. Das Angenehme 
an dem Katgutfaden ist, daß er, was Reizlosigkeit und 
Haltbarkeit anbetrifft, durchaus die Vorteile des Silber¬ 
drahtes hat. Dabei muß allerdings ' ausdrücklich betont 
und vorausgesetzt werden, daß der Operateur nicht zu fest 
knotet und dadurch, zumal der Faden durch Feuchtwerden 
noch bedeutend verkürzt wird (6 bis 10 Prozent), Gangrän 
und Nekrose macht, was namentlich in den weicheren 
Muskelp leicht eintritt und eine vorzeitige Ausstoßung des 
Fadens hervomift. 

Der Katgutfaden hat ferner auch in der Tiefe alle 
Vorteile bestkeimfreier Seide und hat keine einzige. Eigen¬ 
schaft, die ihn schlechter macht als diese; dabei ist aber 


VERSITY OF M 


schon vom rein physikalischen Standpunkte aus der nicht- 
kapillare Katgutfaden dem kapillaren Seidenfaden über¬ 
legen. Selbst wenn er einmal unruhig geworden sein sollte, 
wird er sich in vielen Fällen sehr viel besser wieder be¬ 
ruhigen und wird bei guter Keimfreiheit selten zu einer 
eigentlichen Eiterung führen. Diese wird sich vielmehr 
fast immer, wenn sie einmal auszubrechen anfing, zu einer 
dünn-serös-schleimigen Exsudation abschwächen. Ich habe 
Fälle gesehen, wo ca. vierzehn Tage nach der Operation 
sich in der Narbe ein stecknadelkopfgroßes Bläschen bil¬ 
dete, das aufzubrechen drohte. Eine Lockerung mit der 
Pinzette eröffnete eine kleine, halblinsengroße Höhle, die 
mit einem serös-kolloiden Inhalt gefüllt war. Die Wunde 
war nach zwei Tagen wieder trocken. 

Auch bei Hernien alter Leute, die sich dauernd be¬ 
schmutzen, bewährte sich der Steril-Katgut-Faden ausge¬ 
zeichnet, sowohl in den zahlreich versenkten Fäden wie 
in der Hautnaht, welch letztere die Verunreinigung infolge 
mangelnder Kapillarität gut vertrug. 

So komme ich zu dem Schluß, daß der resorbierbare 
Steril-Katgut-Faden für Radikaloperationen von Hernien 
das Material der Wahl ist, und dasjenige Material dar¬ 
stellt, welches dem Chirurgen am ehesten bei einer glatten 
schnellen Wundheilung zugleich einen tadellosen funk¬ 
tioneilen Erfolg garantiert und bei Komplikationen im 
Wundverlauf am seltensten und am wenigsten nnebherige 
Scherereien bereitet. 


I. 

lieber Entstehen und Verbreitung der 
Infektionskrankheiten. 

Von Dr. Adler, München. 

Betrachtet man eine beliebige Krankheits- und Sterbe¬ 
statistik, auf welcher die Erkrankungen oder Todesfälle 
einer größereu Menschengemeinschaft für eine bestimmte 
Zeit zusammengestellt sind, so fällt von vornherein das 
Vorwiegen der von Infektionskrankheiten Befallenen auf. 
Derartige Statistiken begründen daher zur Genüge das 
große Interesse, welches von jeher öffentliche Gesundheits¬ 
pflege und Hygiene dem Entstehen, der Verbreitung und 
Verhütung der Infektionskrankheiten entgegengebracht 
haben. Die Infektionskrankheiten entstehen ausschlie߬ 
lich durch Uebertragung von Mikroorganismen und man 
teilt diese für gewöhnlich ein in solche, die nur im mensch¬ 
lichen resp. Tierkörper existieren, sich dort vermehren, 
außerhalb des Körpers sich aber nicht erhalten können, 
und welche also nur bei direkter Berührung oder 
wenigstens kurze Zeit, nachdem sie den ersten Wirt ver¬ 
lassen haben, ansteckend wirken, und in solche, die mir 
ausnahmsweise direkt ansteckend wirken, sondern ihre 
Entwicklungsstätte in der Umgehung, Luft, Wasser, Boden 
haben, von wo aus sie unter bestimmten Umständen den 
Menschen befallen. Die Verbreitung der Infektionskrank¬ 
heiten kann auf verschiedenen Wegen geschehen. Zu¬ 
nächst kann der Kranke selbst den Infektionsstoff durch 
den Mund (Auswurf, Speichel), mit den Stuhlentleerungen, 
durch die Haut bei deren Abschuppung oder Berührung 
direkt auf andere übertragen. Oder aber er kann indirekt 
durch Verunreinigung der von ilnn benutzten Geschirre, 
Wäsche, Kleider, Betten, durch Uebertragung der Keime 
auf die Wohnung eine Ansteckung verursachen. Die Iu- 
fektionsstoffe können dann in die weitere Umgebung des 
Mensehen übergehen; sie gelangen mit den Abfallstoffen 
und Abwässern in den Boden und die vorüberzielienden 
Flüsse, wo sie jederzeit zu neuen Erkrankungen Anlaß 
gehen können. 

Wie die Verbreitung der Infektionserreger eine 
mannigfache, so ist auch der Weg, auf welchem sie Mensch 


/ER 




68 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 5 


urnl Tier beschleichen, und die Pforte, durch welche sie 
in diese eindringen, verschieden. Diejenigen Mikroorga¬ 
nismen, die durch die Luft ihre Verbreitung finden, können 
mit dieser in die Atmungsorgane eingeführt werden; sie 
können auch, wenn sie von der Luft aus in den Mund ge¬ 
langt sind, dort eingespeichelt werden und dann in den 
Magen-Darmkanal übergehen; sie werden weiterhin mit der 
Luft auf den genannten Wegen zu den erwähnten Ein¬ 
gangspforten direkt gelangen, oder auch indirekt, nachdem 
sie inzwischen auf einem oder mehreren Gegenständen ge¬ 
wissermaßen Station gemacht haben. Mit der Nahrung 
eingeführte Keime gelangen in den Magen-Darmkanal, von 
wo sie aculr ihre ansteckende Wirksamkeit entfalten, 
oder sie beginnen ihre Tätigkeit auf der Haut und können 
von dieser aus auf die übrigen Körperteile übergeben. Es 
sind nicht alle Mikroben auf nur eine Eintrittspforte an¬ 
gewiesen, einzelne vermögen an verschiedenen Stellen ein¬ 
zudringen. So kann die Tuberkulose in der Lunge, im 
Darm, auf der Haut, ihren Anfang nehmen usw. 

Die verschiedenen Individuen verhalten sich gegen 
Krankheitserreger ungleich. Manche Infektionserreger 
können in bestimmten Tierarten oder Rassen, sowie ein¬ 
zelnen Individuen sich nicht mehr vermehren; man be¬ 
zeichnet dann letztere als immun gegen diese Erkrankun¬ 
gen, oder aber sie werden bei Ausbruch der Krankheit leicht 
und schnell ergriffen, in welchem Falle man sie disponiert 
für dieselbe nennt. Daß unter derselben Art verschiedene 
Abarten oder Rassen für bestimmte Erkrankungen un¬ 
gleich empfänglich sind, zeigen z. B. die Neger, die für 
Malaria und Gelbfieber weniger, für Pocken und Tuber¬ 
kulose bedeutend mehr disponiert sind, als die weiße Rasse. 
Fiir Cholera wiederum sind die Europäer bedeutend mehr 
disponiert, als die Hindus, usw. 

Krankheiten, die bei den Menschen häufig, bei Tieren 
gar nicht Vorkommen, sind Syphilis, Scharlach, Masern, 
Cholera, Typhus. Unter den Tieren sind weiterhin einzelne 
Arten gegen Infektionskrankheiten immun, für welche an¬ 
dere sehr empfänglich sind. So können Hunde den beim 
Weidevieh sehr verbreiteten Milzbrand nicht erwerben, 
Kaninchen nicht den Rotz, Wiesel nicht die Tuberkulose. 
Die Immunität kann aller auch, wo sie noch nicht vor¬ 
handen ist, erworben werden, d. h. das Individuum kann 
gegen das Befallenwerden durch eine Infektionskrankheit 
geschützt werden. Erworben wird die Immunität gegen 
bestimmte Krankheiten ohne besonderes Zutun durch ein¬ 
maliges l eberstehen derselben (Pocken,Masern, Scharlach, 
Typhus.). Der Körper ist dann gegen einen weiteren An¬ 
griff derselben Krankheit ganz oder eine Zeitlang ge¬ 
sichert. Dieser Schutz kann aber auch künstlich hervor¬ 
gerufen werden. Der englische Arzt Jenner war der 
erste, der im Jahre 1797 ein Verfahren zum Schutze gegen 
die Pocken eingeführt hat, das heute noch mit Erfolg be¬ 
nutzt wird, es ist dies die Impfung mit Kuhpockenlymphe. 
Während die Kuhpockenimpfung und die rmpfu'ng bei 
anderen Infektionskrankheiten des Menschen (Cholera in 
Indien) gewöhnlich zu einer Zeit ausgeführt wird, da eine 
Erkrankung noch gar nicht in Aussicht steht, noch gar 
nicht zu fürchten ist (Präventivimpfung), werden andere 
Impfungen erst dann vorgenommen, wenn die Ansteckung 
schon stattgefunden hat. Dies ist die Schutzimpfung 
gegen die Hundswut. Das Verfahren besteht darin, daß 
das Rückenmark von Kaninchen, welche der Wutkrankheit 
erlegen sind, getrocknet und den gebissenen Menschen 
unter die Haut gespritzt wird. Ebenfalls werden Schutz¬ 
impfungen gegen Hühnercholera, Milzbrand, Schweinerot¬ 
lauf und Ransehbrand angegeben, die darauf beruhen, daß 
die künstlich abgeschwächten Krankheitserreger dem Or¬ 
ganismus einverleibt werden. 

Neben dieser Schutzimpfung durch Einführen des In¬ 
fektionserregers in geschwächtem Zustand in den Organis- 
mus, gibt es auch noch eine weitere Art der Schutzimpfung 


durch Einführung der abgetöteten Bakterien. In ganz an¬ 
derer Weise, ohne Einführung von Bakterien oder von 
Stoffen, die von diesen direkt abstammen, ist es in den 
letzten Jahren Belrin g geglückt, durch Einspritzen von 
Blutserum immunisierter Tiere Immunität zu erreichen. 
Durch LTebertragung des Serums derartig künstlich im¬ 
munisierter Tiere auf andere Tiere konnte er auch hei 
diesen einen sicheren Schutz gegen eine nachfolgende An¬ 
steckung schaffen. Diese von Belirin g eingeführte 
Blutsernmbehändlung scheint nach den bisherigen Er¬ 
folgen berufen zu sein, in der Bekämpfung der Infektions¬ 
krankheiten der Mensehen eine sein- wichtige Rolle zu 
spielen. Bisher ist es gelungen, Immunität gegen Nacken¬ 
starrkrampf, gegen Diphtherie und gegen Schweinerotlauf 
durch das Serum und den Gewebssaft immunisierter Tiere 
zu erzeugen. 

Wie es bestimmte Eingriffe gibt, die den Körper 
gegen eine Infektion unempfindlich machen, so kann an¬ 
dererseits der Organismus auch für die Infektion empfäng¬ 
lich gemacht werden. Zu den Momenten, welche die Dis¬ 
position für eine Erkrankung erhöhen, gehören alle Frak- 
toren, die eine allgemeine Schwächung des Körpers ver¬ 
ursachen, mangelhafte Ernährung', übermäßiger Alkohol¬ 
genuß, schlechte Wohnung usw. In dem Kampfe, welchen 
das einzelne Individuum gegen die jeweiligen Infektions¬ 
erreger zn bestehen hat, wird derjenige am ehesten Sieger 
bleiben, der die meisten Kräfte einzusetzen hat. 

Das Studium der Epidemien läßt noch etwas Beson¬ 
deres zutage treten, was man mit zeitlicher und örtlicher 
Disposition bezeichnet. Man versteht unter örtlicher Dis¬ 
position das in verschiedenen Orten ungleiche Auftreten 
derselben Krankheit. Man beobachtet nämlich, daß bei 
Epidemien einzelne Orte oder nur Teile einer Oertlichkeit 
stets mehr oder minder heftig ergriffen werden, während 
andere teilweise öder ganz verschont bleiben. Ebenso hat 
sich durch die epidemiologischen Untersuchungen, mit 
denen sich hauptsächlich Pott e n k o f e r beschäftigte, 
ein zeitlich verschiedenes Auftreten der Infektionskrank¬ 
heiten, besonders von Cholera und Typhus, herausgestellt. 
Auch meteorologische Faktoren, wie Steigen und Fallen 
des Grundwassers, sind von großem Einfluß. 

II. 

Bekämpfung der Infektionskrankheiten. 

Von Dr. Adler, München. 

Zum Entstehen einer Infektionskrankheit gehören drei 
Faktoren, ein disponiertes Individuum, ein Anzahl infek¬ 
tionstüchtiger Mikroorganismen und die Möglichkeit für 
die letzteren, das Individuum zu überfallen. Die Vor¬ 
beugung der Seuchen muß sich mit allen drei Faktoren 
beschäftigen. Durch die Summe aller hygienischen Be¬ 
strebungen, die Sorge für eine ausreichende, gesunde Nah¬ 
rung, reine Luft, gute Wohnung wird jeder Organismus, 
der sieh ihrer zu erfreuen Gelegenheit hat, kräftig und 
widerstandsfähig werden, und zumeist mit Erfolg einer 
auftretenden Gefahr trotzen können, um so eher, wenn der 
Körper in Zeiten der Gefahr durch mäßiges und vorsichti¬ 
ges Leben Schädigung einzelner Organe vermeidet. Die 
allgemeine Disposition für ein Krankwerden wird durch 
ein verständiges Leben in hygienisch günstigen Verhält¬ 
nissen stark eingeschränkt. 

Zur Beseitigung der Disposition für einzelne, be¬ 
stimmte Infektionskrankheiten ist die Schutzimpfung ein¬ 
geführt worden. Unter den Sclmtzimpfungsvex'fahren fin¬ 
den jedoch für den Menschen nur Verwendung die Jen¬ 
ner sehe Impfung gegen Pocken, die Pasteur sehe 
Impfung gegen Hundswut und verschiedene Verfahren 
gegen Diphtherie, Typhus und Tetanus. 

Zur Beseitigung des zweiten zum Entstehen einer In¬ 
fektionskrankheit nötigen Faktors, der ansteckenden Mi- 






1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


G9 


kroben, dient die Desinfektion. Diese ist die Vernichtung 
der die Krankheit erregenden Mikroorganismen. Bei der 
entschiedenen Widerstandsfälligkeit der Mikroorganismen 
äußeren Einflüssen gegenüber ist stets zu berücksichtigen, 
welche Infektionserreger abzutöten sind und auf Grund 
ihrer durch Versuche festgestellten Eigenschaften ist der 
passende Modus zu wählen. 

Man unterscheidet Desinfektion durch chemische und 
durch physikalische Einwirkung. Die Zahl der chemischen 
Präparate, die die Krankheitserreger zu vernichten im¬ 
stande sind, ist unendlich. Von praktischer Bedeutung ist 
jedoch nur eine relativ geringe Zahl, die in kurzer Zeit 
ihre Wirkung ausüben, ohne die Objekte zu beschädigen. 
Sublimat ist wohl das beste Desinfektionsmittel, da es in 
kurzer Zeit und bei einer sehr starken Verdünnung 
(1: 1000) alle Mikroorganismen tötet. Karbolsäure ist in 
2—öprozentiger wässriger Lösung ebenfalls sehr wirksam; 
auch das dem Karbol sehr nabestehende Lysol, das Solutol 
und Saprol sind gut wirksam. Chlor und Brom, früher 
ebenfalls vielfach benutzt, wirken nur günstig in feuchter 
Luft; auch Formalin ist bei nicht zu kurzer Einwirkung 
für Wohnungsdesinfektion gut brauchbar. Chlorkalk in 
Lösung ist ein sehr wirksames und für die Praxis zur Des¬ 
infektion von Fäkalien zu empfehlendes Desinflzienz; aber 
nur, wenn es frisch zubereitet wird. Auch Aetzkalk, Kalk¬ 
milch und Kalkwasser sind billig und gut brauchbar. 

Von physikalischen Desinfektionsmitteln kommt nur 
die Wärme in Betracht, die in Form trockener Wärme 
oder als Wasserdampf Verwendung findet. Die trockene 
Wärme wirkt sehr langsam, viel sicherer und schneller 
wirkt der Wasserdampf. Er findet Verwendung als strö¬ 
mender Wasserdampf von ca. 100°, als überhitzter und 
gespannter Wasserdampf von über 100°. Der strömende 
Wasserdampf ist das souveränste aller Desinfektionsmittel. 
Selbst die widerstandsfähigsten Sporen werden in wenigen 
Minuten getötet. Ein weiterer Vorzug ist seine allgemeine 
Verwendbarkeit; Möbel, Betten, Wäsche, Kleider, Bücher 
werden bei richtig ausgeführter Desinfektion fast nicht 
beschädigt, nur Leder verträgt seine Einwirkung nicht. 
(Jeberhitzter Dampf ist weniger wirksam, die Wirkung 
wird nur übertroffen durch die Desinfektion mit gespann¬ 
tem Wasserdampf. Zur Desinfektion beweglicher Gegen¬ 
stände ist eine große Anzahl von Apparaten ausgeführt 
worden. Am besten, namentlich für größere Betriebe, sind 
die mit rechteckigem Querschnitt, weil hier große Gegen¬ 
stände eingebracht werden können. Die Eintritsstelle für 
den Dampf ist am zweckmäßigsten am höchsten Punkte 
des Apparates, der allmählich eindringende Dampf preßt 
dann die kalte Luft vor sich her, ohne sich mit ihr zu ver¬ 
mischen. Die zu desinfizierenden Gegenstände dürfen nicht 
dicht gepackt in die Apparate eingelegt werden. Bei plötz¬ 
lich auftretenden Infektionskrankheiten an Orten, wo ein 
Apparat nicht vorhanden ist, kann man einen solchen 
leicht improvisieren, wenn man über den Waschkessel 
einer Waschküche eine Tonne setzt, der beide Böden aus- 
geschlagen sind, oben wird an die Tonne ein gutschließen¬ 
der Deckel mit einem Scharnier befestigt. Natürlich muß 
die Anlage einer guten Desinfektionsanstalt geräumig sein 
und eine ausgiebige Ventilation gestatten. Die Räume für 
die infizierten und desinfizierten Gegenstände sind völlig 
zu trennen. Zur Bedienung der Apparate gehört natur¬ 
gemäß ein geschultes Personal, das über die Zwecke und 
die Bedeutung der Desinfektion aufgeklärt ist. 

Der Kampf gegen die Senchenerreger muß zunächst 
an ihrer Wirkungsstätte aufgenommen werden, in den 
Wohnungen der Erkrankten, während und nach der Er¬ 
krankung. Die Wohnungsdesinfektion darf ebensowenig 
wie die der Mobilien dem Belieben des Einzelnen anheim¬ 
gestellt werden. Es ist vielmehr durch Gesetze oder polizei¬ 
liche Bestimmungen festzusetzen, bei welchen Erkrankun¬ 


gen desinfiziert werden muß. Für ärmere Familien muß 
cvenl. die Gemeinde die Kosten übernehmn. 

Die Desinfektion wird sich zumeist nur auf das vom 
Kranken bewohnte Zimmer, sowie auf die während der 
Krankheit benutzten Gegenstände erstrecken können. Wo 
Apparate zur Entwickelung von Formaldehyd nicht vor¬ 
handen sind, werden tapezierte Wände am sichersten durch 
Äbreiben mit nicht zu weichem Brot von den anhaftenden 
Keimen befreit. Gestrichene oder getünchte Wände sind 
mit 5% Karbolsäure abzuwaschen. 

Die Möbel werden mit Lappen, die in 2 proz. Karbol¬ 
lösung eingetaucht sind, sorgfältig abgerieben, ebenso 
werden Oelgemälde abgewischt; kleinere Gegenstände, be¬ 
sonders Spielzeug für Kinder, sind, wenn wertlos, zu ver¬ 
brennen. Die Fußböden werden zuletzt behandelt, sie sind 
mit Seife abzuwaschen und mehrere Male mit 2 proz. 
Lysollösung abzuwischen. Nach beendigter Desinfektion 
des Krankenzimmers werden die hierbei benutzten Ge¬ 
genstände ebenfalls wieder desinfiziert. Ein viel 
sicheres Verfahren als die eben beschriebene Einzel¬ 
desinfektion ist die Woliuimgsdesinfektion durch Verwen¬ 
dung des gasförmigen Formaldehyds mittels besonders 
konstruierter Apparate. Praktisch bewährt haben sich 
namentlich die Sehering sehe Aeseulalampe und der 
L i n g n e r sehe Apparat. 

Die Bekämpfung der Infektionserreger darf jedoch 
nicht erst nach beendeter Erkrankung begonnen werden, 
schon während des Verlaufs der Krankheit ist ihre Ver¬ 
breitung zu verhindern. Eine rationelle Bekämpfung der 
Infektionskrankheiten soll nach Möglichkeit den Mikro¬ 
organismen den Weg abschneiden, auf dem sie sich zu 
den Menschen begeben können. Diese Pfade sind oft sehr 
verschlungen und verschiedenartig. Einmal muß auf 
Grund der durch die neueren Forschungen festgestellten 
Tatsachen alles geschehen, was die Verbreitung der 
Seuchen auf den ihnen nachgewiesenen Bahnen hindern 
kann, andererseits darf die öffentliche Gesundheitspflege 
in ihnen auch nicht weit zu gellen, sie darf nur nach prak¬ 
tisch Erreichbarem streben. Die Waffen gegen die Infek¬ 
tionskrankheiten sind zum Teil sehr kostspielig. Der 
Staat, die Gemeinden und der Privatmann, sie werden sich 
nur dann mit ihnen ausrüsten, wenn die Vertreter der 
Hygiene nur die Einführung der wirklich notwendigen 
empfehlen und darauf verzichten, auf Beseitigung auch 
jeder hypothetischen Möglichkeit einer Verbreitung der 
Infektionskrankheiten zu bestellen. 


Die Kaiscr-Willielms-Akademie für das 
niilitäriirztliehe Bildungswesen 

hei ihrem bevorstehenden Umzug in ein neues modernes 
Heim. 

Von Dr. M. Peltzer, Generaloberarzt a. D. in Steglitz. 

(Fortsetzung.) 

Mit der Errichtung der medizinisch-chirurgischen 
Akademie für das Militär war, wie schon der Name be¬ 
sagt, die mit der chirurgischen Pepiniere begonnene Ver¬ 
einigung der Medizin mit der Chirurgie, die das Zivil¬ 
medizinalwesen erst 1825 erreichte, endgültig vollzogen, 
so daß also unsere Anstalten nach dieser Richtung vor¬ 
bildlich gewirkt haben. Die Plätze für die Studierenden 
der Universität einer- und der Pepiniere andererseits 
waren jedoch in der Universität und Anatomie noch durch 
eine Scheidewand getrennt; der Rektor Fichte mahnte 
beide Teile zur Eintracht, doch veranlaßten Ausschreitun¬ 
gen die Einführung einer besonderen Gerichtsbarkeit für 
Eleven und Akademiker. Ein Eleve wurde mit zehn 
Tagen Arrest bestraft, entlassen und zwangsweise als 
Musketier eingekleidet. 





TO 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 5 


In den Befreiungskriegen, während welcher G ö r c k r 
den König' begleitete, hatten Repariere und Akademie Ge¬ 
legenheit, sich nicht nur namentlich bei dem Rückzuge der 
Franzosen durch Berlin im März 1813 und später noch ein¬ 
mal nach der Schlacht bei Großbeeren an der Kranken¬ 
pflege zu beteiligen, sondern auch den Verwundeten ihre 
Wohnungen zu räumen. Den Waffenstillstand vom 
4. Juni bis 10. August 1813 benutzte das Kriegs- 
departement zur Vergrößerung des Heeres bis auf 270 000 
Mann. G ö r c k e erwirkte im Interesse einer ungestörten 
Ausbildung seiner Zöglinge ihre Befreiung vom aktiven 
Dienst (A. K.-O. vom 17. 6. 1813). Um dem vermehrten 
Bedarf au Aerzten und Wundärzten zu decken, erging ein 
Aufruf des Generals v. Hake, in dem es hieß, daß jeder 
Jüngling sich durch kurze Vorbereitung zum Verteidiger 
geschickt machen könne, daß aber guter W ille den Mangel 
einer schwer zu erlernenden Kunst nicht ersetzen könne. 
„Ein gleiches Verdienst wie der tapfere Krieger erwirbt 
sich unstreitig' der, der ihn von den Pforten des Todes 
zurüekrnft.“ Die Anstalten lieferten der Armee vom 
Winterhalbjahr 1812/1813 bis zum Sommerhalbjahr 1813 
179 Chirurgen. Es starben während des Befreiungskrieges 
im ganzen mehr als 200 Militärärzte, 10 fielen, 40 wurden 
verwundet. Das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse am 
Bande wurde 113 mal (darunter an Görek e und W i e - 
bei) , am weißen Bande 21 mal verliehen. Der ersten 
Stiftungsfeier der Pepiniere nach dem Pariser Frieden 
wohnte der Kronprinz (der spätere König F r i e d r i c h 
Wilhelm IV.) , dessen Bruder (der spätere Kaiser 
Wilhelm I.) , Prinz Heinrich von Preuße n 
und Blücher bei. Letzterer hielt eine Rede, küßte 
G ö r e k e wiederholt und kam auch später, am 2. August 
1810, noch einmal in die Anstalt. 

Göre k e wurde hierdurch nur noch mehr angespornt. 
Angesichts des Anwachsens der Armee liiid der je länger 
je mehr sich geltendmachenden Ungesundheit der Artille¬ 
riekaserne richtete er sein Augenmerk auf die Gewinnung 
eines eigenen Wohngebäudes für die Zöglinge. Das Kriegs¬ 
jahr 1815 unterbrach jedoch alle Pläne, und erst nach 
diesem konnte er als Bauplatz für ein Heim seines 
„Juwels“ den Universitätsgarten Vorschlägen. Abermals 
war Hufeland, der Verfasser der „Kunst, das mensch¬ 
liche Leben zu verlängern“, dagegen, weil dadurch einer 
der schönsten Plätze der Stadt verloren ginge und ihm 
selbst die Aussicht aus seiner Wohnung genommen würde, 
auch „könnten die Studenten die Fenster des neuen Ge¬ 
bäudes einwerfen“. Die Frage wurde dringend, als 1818 
die Kaserne für Truppenzwecke geräumt werden mußte. 
Nachdem die Anstalt inzwischen auf Görckes An¬ 
trag durch Kabinettsorder vom 8. August 1818 den Namen 
„Friedrieh-Wilhelms-Institut“ erhalten hatte, wurde end¬ 
lich 1820 ein dem Hofmarschallamt gehöriges Grundstück 
gegenüber der Kaserne in der Georgenstraße, für den Bau 
eines Institutsgebäudes in Aussicht genommen. Görek e 
zahlte aus Ersparnissen des Instituts auf Verlangen des 
Hofmarschallamts für Freilegung und Abgrenzung des 
Platzes 2000 Taler, trotzdem wurde dieser nachher ander¬ 
weitig vergeben. Da reichte Görcke, auch mit Rück¬ 
sich auf sein Alter, am 29. April 1822 nach 55 jähriger 
Dienstzeit und nachdem er am 16. Oktober 1817 unter Teil¬ 
nahme des Königlichen Hauses sein 50 jähriges Dienst¬ 
jubiläum gefeiert hatte, in einem denkwürdigen Schreiben 
an den König sein Abschiedsgesuch ein, „da er die ihm 
auferlegte Kränkung nicht ertragen könne“. Der König 
bewilligte ihm unterm 12. Mai 1822 als Pension das volle 
Gehalt und wies ihm im Palais Sanssouci eine Wohnung 
an, „damit er sich in dem schönen Park erholen könne“ 
— eine Auszeichnung', die bis dahin noch keinem Staats- 
diener zuteil geworden war. Görcke starb 73 Jahre alt 
am 30. Juni 1822 an Entkräftung und ist in Bornstedt 
begraben. Sein Nachfolger wurde, wde Görcke vor¬ 


geschlagen, der Leibarzt des Königs, Dr. v. W i e b e 1 , 
als erster „Generalstabsarzt der Armee“ (1822—1844), 
nachdem 6r schon vorher als Öberstabs|6hirurg Sub¬ 
direktor des Institus gewesen war. Wichels Stell¬ 
vertreter wurde der „zweite Generalstabsarzt“ B ii 11 n e r. 
Der Stellvertreter war nötig, weil W i e b e 1 als Leibarzt 
den König häufig auf Reisen begleiten mußte. (Statt 
„Chirurgus“ hatte es zum erstehmal, außer für die Kom¬ 
pagnie-Chirurgen, 1819 „Arzt“ geheißen.) 

Unter v. Wiebel, dem ersten geadelten General¬ 
stabsarzt der Armee, gelangte das Institut endlich in den 
Besitz des Hauses, das die heutige Kaiser-Wilhelms- 
Akademie (die Vereinigung des Friedrich-Wilhelms- 
Instituts und der medizinisch-chirurgischen Akademie für 
das Militär) augenblicklich iune hat. Schon vor seinen 
Verhandlungen mit dem Hofmarschallamt hatte Görcke 
vorgeschlagen, das Haus des Rentners George in der 
Friedrichstr. 139/41 anzukaufen, dessen Geschichte sich 
bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts zurückverfolgen 
läßt und das George seinen Töchtern A n n a Sara h 
v. Tresk o w und Susanne Louise verw. 

J onanne, sowie seinem Schwiegersohn v. T resk o w 
für eine jährliche Leibrente von 3500 Talern verkauft 
hatte. „Eure Königliche Majestät,“ hatte G ö r c k e 
noch zuletzt an den König geschrieben, „würden mich zu 
früh ins Grab bringen, wenn Allerhöchstdieselben für das 
einzige Institut nicht das qualifizierteste, gelegenste, 
schöne Gebäude des p. George kauften. Und sollte 
Sie’s vom Altar nehmen.“ Erlebt hat er es nicht. Am 
23. August 1822 kaufte aber der Militärfiskus das Haus 
wirklich für 135 000 Taler, die in ihm noch wohnenden 
Mieter (der russische Gesandte v. A 1 o p aeus, Hof- 
marschall v. Maltzahn und der 84jährige George) 
blieben bis zum Ablauf ihres Kontrakts (1. April 1824)' 
darin, George bis zu seinem Tode im Januar 1823. 
Nachdem der König den Kauf bestätigt hatte und inzwi- 
' sehen auch die 2000 Taler, die Görcke für den Bauplatz 
in der Georgenstraße gezahlt hatte, zurückerstattet waren, 
erfolgte am 2. März 1823 die Uebergabe des Hauses an das 
durch Wiebel vertretene Institut, an die sich ein Fest¬ 
akt mit nachfolgender feierlicher Speisung der Eleven 
schloß. Noch in seiner Sterbestunde hatte Görcke mit 
kaum wahrnehmbarer Stimme folgendes bestimmt: „So¬ 
bald der Befehl Seiner Majestät des Königs bekannt wird, 
der Befehl nämlich, daß das Georgesehe Haus dem 
medizinisch-chirurgischen Friedrieh-Wilhelms-Institut zur 
Wohnung überwiesen werden soll, soll dem Herrn Ober¬ 
stabsarzt Schulz derjenige Brillantring zu seinem 
Eigentum überliefert werden, welchen ich aus der Gnade 
Sr. Majestät des Kaisers Alex a n d e r v o n 1? u ß 1 a n d 
besitze. Eben dieses Ereignisses wegen soll zur Zeit der 
Bekanntwerdung der Königlichen Gnade an je zwei und 
zwei Zöglinge des gedachten Instituts eine Flasche Wein 
verabreicht werden. Auch soll an demselben Tage der 
Oekonnm für die Zöglinge ein-Gericht mehr als gewöhn¬ 
lich besorgen.— alles für Rechnung meiner Hinterlassen¬ 
schaft. Alles dies soll geschehen, um meine- Freude über 
die Hoffnung auszudrücken, welche ich zuversichtlich 
habe, daß Se. Majestät meine herzliche Bitte nicht un¬ 
erfüllt lassen werden.“ Das Haus, in dem nun auch der 
Hilfs- und Sprachunterricht, die Prüfungen, sowie der ge¬ 
meinsame Mittagstisch stattfanden, wurde im Juni belegt, 
der Garten durfte jedoch mit Rücksicht auf die Mieter 
nur ausnahmsweise und „mit größtem Anstand besichtigt“ 
werden. Ueberhaupt sollte „alles vermieden werden, was 
bei den Mietern einen nachteiligen Eindruck von dem Geist 
der Anstalt erwecken könnte“ (Instruktion vom 26. 7. 
1823). Nachdem sämtliche Mieter ausgezogen waren, er¬ 
folgte im Herbst ein Umbau und die endgültige Belegung 
im Wintersemester 1824. 1825 wurden ihm die beim Um¬ 
bau ersparten 4000 Taler als Stammkapital für ein noch 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


71 


lieut bestehendes wissenschaftliches Reisestipendium über¬ 
wiesen. Von 1822 - 1870 befand sieh darin noch die 
Generalordenskommission, und ins zur Errichtung der 
Militär-Medizinalabteilung im Kriegsmiuisterium (1808) 
auch der Medizinalstab der Armee. 

Ihr bisheriges Recht als Spezialprüfungsbehörde nach 
beendetem „Kursus auf die Armee“ verlor die (damalige) 
Akademie, alb die Kabinettsorder vom 28. Juni 1825 das 
Heilpersonal allgemein in promovierte Aerzte und Wund¬ 
ärzte 1. und 2. Klasse einer-, und Geburtshelfer anderer¬ 
seits teilte. Erstere und die Wundärzte 1. Klasse durften 
ihr Examen nur vor der Ober-Examinations-K-onimission 
in Berlin, die Wundärzte 2. Klasse und die Geburtshelfer 
nur vor besonderen Provinzialbehörden ablegen. In der 
Folge erwies sich jedoch dieser Verlust für die Anstalt als 
ein Segen. Denn da der „Kursus auf die Armee“ nur dem 
Wundarztexamen 1. Klasse, also nur dem zweithöchsten 
ärztlichen Grad, entsprochen hatte, erwirkte W i e b e 1 die 
Order vom 12. Januar 1826, daß künftig nur solche Stabs¬ 
ärzte des Instituts befördert wer den sollten, die die Ap- 
probation als Arzt, d. h. die höchste Stufe, erlangt hatten. 
Damit -schwand, nachdem für die Aufnahme in das In¬ 
stitut schon vorher das Reifezeugnis Bedingung geworden 
war, auch der letzte wissenschaftliche Unterschied zwi¬ 
schen den auf dem Institut und der Akademie Ausgebilde¬ 
ten und den Universitätsmedizinern. 1815 hatte es noch 
Aufsehen erregt, als es der spätere Generalarzt Dr. II ii b - 
n e r als erster Stabsarzt des Instituts „wagte“, an der 
Universität öffentlich seine Dcktordissertation zu ver¬ 
teidigen. Jetzt promovierte alles und machte das seit 1826 
vorgeschriebene „PhilosophikuuT, das später, 1861, unter 
Fortfall der Logik, Psychologie und Mineralogie durch das 
naturwissenschaftliche „Physikum“ ersetzt wurde. Eine 
Kabinettsorder vom 22. Juni 1829'wahrte den Stabsärzten 
des Instituts bei Besetzung der Assistentenstellen in der, 
inzwischen durch die erste medizinische Universitätsklinik 
erweiterten Charite von neuem den „Vorzug vor den 
Zivilärzten“. In den dreißiger bis fünfziger Jahren de« 
vorigen Jahrhunderts fand mit Rücksicht auf Feldverhält¬ 
nisse auch Unterricht in der Tierarzneischule (jetzt Tier¬ 
ärztliche Hochschule) statt. Allmählich aber starben die 
Lehrer des früheren Collegium medico-chirurgicum aus, 
und an ihre Stelle traten Universitätsprofessoren. Ein 
häuslicher Zuschuß (monatlich 5—6 Taler) wurde zum 
erstenmal in den von Wichel am 10. Oktober 1827 ver¬ 
öffentlichten -ersten „Aufnahmebedingungen“ gefordert. 
Von den 8 Talern Staatszuschuß wurden aber noch immer 
3 Taler 15 Silbergroschen für den Mittagstisch abgezogen. 
Wer vor Ablauf des Studiums die Anstalt verließ, mußte 
mit der Waffe dienen. 

Noch einmal wurde das Fortbestehen unserer Anstal¬ 
ten in Frage gestellt, als sie bei dem Mangel an Nach¬ 
wuchs infolge der noch wenig verlockenden Aussichten 
der militärärztlichen Laufbahn den Bedarf der Armee an 
Hilfspersonal nicht mehr zu decken vermochte. Daraus 
sollte ihre Ueberfliissigk-eit folgen. Der Generaldirektor 
der Königlichen Museen v. Ol fers schlug 1845 dem 
Kultusminister die Errichtung eines Anatomiegebäudes 
im Garten des Instituts vor, was bis auf weiteres Hin¬ 
durch ein von Wie bei eingefordertes, von seinem Stell¬ 
vertreter Loh m ey er (nach B ii t t ners Tod) erstatte¬ 
tes Gutachten verhindert wurde. Wichel starb am 
6. Januar 1847, nachdem auch er, wie Görcke, noch 
sein 50 jähriges Dienstjubiläum gefeiert und dabei von 
sämtlichen Militärärzten sowie Offizieren der Armee eine 
„Wiebelstiftung“ zu ähnlichen Zwecken, wie das 
Görckesche Prämienlegat, entgegengenommen hatte 
(1. 10. 1834). Ihm verdankt das Institut die Einführung 
der Universitätsreife, der Promotionen, außerdem aber die 
Begründung der heutigen Büchersajnmlung durch Ankauf 


der Sammlung medizin-chirurgischer Werke des Anti¬ 
quars Ulfert, den er bereits als Subdirektor 1797 be 
wirkt hatte. Sein Geburtstag wurde bis 1889 noch be¬ 
sonders gefeiert; seitdem wird seiner gemeinschaftlich mit 
G örcke an dessen Geburtstag (3. Mai) gedacht. 

Beim 50 jährigen Stiftungsfest der Anstalt am 
2. August 1845 überreichte die Universität ein Gratula¬ 
tionsdiplom, „Eleve“ Virchow hielt die Festrede 
(„Ueber die Notwendigkeit der Einigung zwischen Medi¬ 
zin und Naturwissenschaft“ nsw.). 

Auf Wie bei folgte Lohmeyer (1847—1851), 
noch aus Görekes Schule stammend, dem Institut seit 
1799 zuerst als Ober-, dann als Stabschirurg angehörig, 
und nach Bütt n e r s Tode seit 25. Januar 1844 neben 
Wiebel „zweiter Generalstabsarzt“. Unter L o h m e y e r 
hatte 1848 auch d s Institut seinen Aufstand: die Eleven 
Zolling, Kulj) und der noch lebende Generalarzt 
z. D. M e li 1 h a u s e n (zuletzt ärztlicher Direktor der 
Charite) „petitionierten“ um Aufhebung der Hausstunden 
(Geschichte, Französisch, Latein), des Mittagstisches, der 
Verpflichtung, für abendliches Ausbleiben über 10 Uhr 
Urlaub zu nehmen, und Ferienurlaub. L o h m eyer ging 
auf alles ein, nur die Hausstunden blieben zunächst noch, 
wenn auch ohne strenge Kontrolle, bestehen. Das Haus 
blieb bis 11 Uhr nachts geöffnet, der Mittagstisch wurde 
am 1. September 1848 aufgehoben. Als am 7. April 1800 
die Mehrzahl der Zöglinge den Eßsaal verließ, weil die 
Suppe ungenießbar war, erhielten die Anstifter Arrest 
„bei Wasser und Brot“, der Oekonom die Kündigung. 

Die Order vom 25. Juli 1848 schaffte endlich das 
Kompagnie-Chirurgentum ab. Die wissenschaftlich gebil¬ 
deten Aerzte hießen fortan nach dreijähriger Dienstzeit 
„Assistenzarzt“, die noch übrigen Chirurgen „Unterärzte“. 

Aber noch war nicht alle Gefahr abgeschlagen. Eine 
abermalige Reformkommission zur Verbesserung des 
Militär-Medizinalwesens erklärte, bei Besserstellung der 
Militärärzte würden die Universitäten genügenden Ersatz 
liefern, der dann nur noch eine Art militärärztlicher 
Kriegsschule durchzumachen hätte. L o li m eyer und 
sein späterer Nachfolger G r i m m sprachen sich, nament¬ 
lich im Hinblick auf die in Oesterreich hinterher wieder 
beklagte Aufhebung der Josephs-Akademie, dagegen aus, 
weil die Universitätsbildung allein für den Militärarzt 
nicht ausreiche, er vielmehr noch einer besonderen be¬ 
dürfe. Seitdem sind die Anstalten nicht mehr gestört 
worden. L o h m eyer nahm nach 1851, nach den Anstren¬ 
gungen der Mobilmachung 1850, seinen Abschied, nachdem 
auch er noch sein 50 jähriges Dienstjubiläum gefeiert 
hatte. Sein Nachfolger wurde Grimm (1851 187.9), 

seit 1840 Leibarzt F r i e d r i c h W i 1 h e 1 m s IV., sodann 
auch K ö n i g W i 1 h e 1 m s , die spätere erste militär¬ 
ärztliche Exzellenz, als nunmehr alleiniger Generalstabs¬ 
arzt der Armee, Chef des Militär-Medizinalwesens und 
Direktor der militär-ärztlichen Bildungsanstalten. Unter 
ihm nahm besonders nach 1864, 66 und 70 das Militärsani¬ 
tätswesen einen Aufschwung wie nie zuvor (Errichtung 
der Medizinalabteilung im Kriegsministerium, wodurch 
der Medizinalstab der Armee einging und die van ihm be¬ 
nutzten Räume für das Institut frei wurden; Schaffung 
eist des Sanitäts-, dann des Sanitätsuffizierkorps 1868 
bezw. 1873'u. a.). Erst seitdem es ein Sanitätskorps gibt, 
trägt der Assistenzarzt, der bisher wie der Unterarzt „blau 
in blau“ ging, denselben Waffenrock wie der General¬ 
stabsarzt der Armee. Mit G r i m m beginnt die Zeit, deren 
Zeuge wir selbst Werden seilten. Statt der bisherigen 
Stabsärzte wurden ältere Assistenzärzte als „Oberärzte“ 
zum Institut versetzt. Diese hatten von 1832—1859 e i n e 
goldene Kragenlitze und wie alle damaligen Nichtregimen- 
tierten rote Streifen an den Beinkleidern. G r i m m war 
der letzte aus der Görcke sehen Zeit und der erste aus 
den Anstalten selbst hervorgegangene Leiter dieser. 



72 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


I —~ 


Nr. 5. 



Unter ihm hörte das seit 150 Jahren bestandene aus¬ 
schließliche Vorrecht der Oberen des Instituts auf Be¬ 
setzung- der Regimentsarztstellen auf 7 ). Am Kriege 1866 
nahmen 5 Stabsärzte, 7 Unterärzte und 33 ältere Studie¬ 
rende der Anstalten teil. (Schluß folgt.) 


REFERATE, 

Chirurgie. 

Referent: Spezialarzt Dr. Mohr, Bielefeld. 

1. Die Rachianästhesie zur Anästhesierung sämtlicher 
Körperregionen. Von Jonnescu, Bukarest. Deutsche med. 
Wochenschr., 1909, S. 2155. 

2. Die Lumbalpunktion im Dienste der Diagnose und 
Therapie der Schädel- und Gehirntraumen. Von Malate sta 
in Siena. Allgem. Wiener med. Ztg., 1910, Nr. 1. 

3. Allgemeiner Bericht über 22 Gehirnoperationen mittels 
Balkenstiches. Von Anton, Halle. Med. Klinik, 1909, Nr. 48. 

4. Extramedullärer Rückenmarkstumor. Von Herzog, 
Budapest. Deutsche med. Wochenschr., 1909, S. 2311. 

5. Rückblick auf 2000 Operationen wegen Appendizitis. 
Von Schnitzler, Wien. Deutsche med. Wochenschr., 1909, 

S. 2263. 

6. Ueber Beschwerden nach Appendektomie und deren Be¬ 
handlung. Von Jerusalem, Wien. Med. Klinik, 1909, Nr. 52. 

7. Exstirpation eines Fibroms des Pankreas. Von 
W. Körte, Berlin. Deutsche med. Wochenschr., 1909, S. 2153. 

8. Beckenresektion wegen Sarkom. Von Riese, Groß- 
Lichterfelde. Deutsche med. Wochenschr., 1909, S. 2166. 

9. Scheidenbildungi aus einer verlagerten Dünndarmschlinge. 
Von Mueller, München. Münchener med. Wochenschr.. 1909, 
S. 2631. 

1. J.s Rachianästhesieverfahren hat zwei Grundprinzipien: 
a) die an beliebiger Wirbelsäulenstelle ausgeführte Punk¬ 
tion des Arachnoidealraumes und b) die Verwendung von Sto- 
vainlösungen, die kleine Mengen Strychnin enthalten. Die 
Punktion des Arachnoidealraumes ist fast an allen Stellen un¬ 
gefährlich. Die obere dorsale und die dorsolumbale Punktion 
sind ausreichend, um die Anästhesierung aller Körperteile zu 
erlangen. Das Strychnin hebt nicht die anästhesierende, son¬ 
dern nur die lähmende Einwirkung des Stovains auf die Medulla 
oblongata auf. Auf diese Strychninwirkung ist die Ungefährlich ¬ 
keit der Methode zurückzuführen, welche keine Kontraindikatio¬ 
nen hat, bei richtiger Technik nie versagt, und keinen Todes¬ 
fall sowie keine Beschwerden aufweist. Der Chloroformnarkose 
ist das Verfahren überlegen, weil es bei allen Kranken ohne 
Gefahr ausführbar ist, die Assistenz entbehrlich macht, den 
Kopf, Hals, die oberen und unteren Extremitäten und den 
Darm immobilisiert. 

2. Verf. berichtet über vier Fälle von Gehirntraumenj, 
bei welchen sich die Lumbalpunktion diagnostisch und thera¬ 
peutisch bewährte. Auf Grund seiner Lumbalpunktionen bei 
Schädel- und Gehirntraumen behauptet Verf., daß die als Ge¬ 
hirnerschütterung diagnostizierten Fälle sehr oft nichts an¬ 
deres seien als Gehirnkontusionen mit Kompressionserscheinun¬ 
gen infolge von Drucksteigerung der Zerebrospinalflüssigkeit. 
Diese Drucksteigerung herabzusetzen, und die schweren toxi¬ 
schen Wirkungen des Blutergusses auf die Nervenzentren sowie 
deren Folgen durch Ausscheidung des ergossenen Blutes zu 
beseitigen, ist ein. therapeutischer Erfolg der wiederholt aus¬ 
geführten Lumbalpunktion. 

3. Die Operation des Balkenstichs erscheint nach A.s Er¬ 
fahrungen angezeigt bei stärkerem Hydrocephalus der Kinder, 
wobei eine Schädelverbildung und Großhirnatrophic verhindert 
werden soll, ferner bei Gehirngeschwülsten mit Hydrocephalus 
internus; hier bringt die Operation die Stauung und Hyperämie 
des Sehnerven auf längere Zeit zum Rückgang. Auch die Kopf¬ 
schmerzen, Schwindel und Erbrechen werden oft rasch und 
günstig beeinflußt. Die Symptome des Tumors werden durch 
die Beseitigung des allgemeinen Drucks diagnostisch deutlicher, 
Es wird durch diese Operation event. Zeit gewonnen, durch 
Hinausschieben der Erblindungsgefahr die Radikaloperation zu 

7 ) Vergl. das in einer früheren Anmerkung über die ,,Pen¬ 
sionärs“ (Pensionärchirurgen) Gesagte. 


erwägen und durchzuführen. Die Operation darf weiterhin ver¬ 
sucht werden bei Erkrankungen des Sehnerven, welche bei 
Turmschädeln und ähnlichen Deformitäten entstehen. 

4. Bei dem 20 jährigen Manne entwickelte sich binnen eines 
Jahres langsam eine spastische Lähmung der unteren Extremi¬ 
täten; seit vier Jahren Schmerzen und zunehmende Schwäch;* 
im rechten Arm. Die Untersuchung des Nervensystems ließ 
auf Querläsion in der Höhe des achten Hals- oder ersten, 
Rückensegments schließen, als deren Ursache Kompression durch 
eine langsam wachsende extramedulläre Geschwulst angenommen 
wurde; dieselbe wurde durch temporäre Laminektomie frei¬ 
gelegt, und erwies sich als spindelförmiges Fibrom. Die Er¬ 
scheinungen der Erkrankung des Nervensystems schwanden rasch 
p. o., es erfolgte Heilung bis auf eine leichte Schwäche der 
rechten Hand. 

5. Verf. faßt seine Erfahrungen dahin zusammen, daß die 
Appendizitis in der Regel enterogen entsteht. Den Entsteinen 
kommt große Bedeutung sowohl für Entstehung wie Verlauf 
der Erkrankung zu. Die operative Behandlung des akuten 
Anfalls ist in jedem Falle, der nur irgendein schweres Sym¬ 
ptom aufweist, innerhalb der ersten 18 Stunden zu empfehlen. 
Im weiteren Verlauf muß individualisierend vorgegangen werden. 
Die ä froid-Operation ist, wenn auch nur c i n vorausgegangener 
Anfall sichergestellt ist, zu empfehlen, sie ist aber auch nach' 
den schwersten Anfällen angezeigt, da die Annahme, daß in 
schweren Anfällen der Wurm zugrunde geht resp. sich abstößt, 
falsch ist. 

6. Verf. empfiehlt bei Narbenbeschwerden nach Appen¬ 
dektomie die Behandlung mit großen Saugglocken, welche täg¬ 
lich 10—20 Minuten lang in der rechten Unterbauchteite angelegt 
wurden. Wenn die Haut unter der Glocke sich kräftig rötete, 
trat die schmerzstillende Wirkung bald ein; blieb die Haut 
dagegen blaß, so war die. Behandlung meist zunächst erfolglos, 
bis nach einigen Sitzungen die Hyperämie der Haut sich ein- 
stellte. Auch Sensibilitätsstörungen der Haut gingen unter der 
Hyperämiebehandlung zurück. 

7. 51jährige Frau mit der Diagnose: Pankreastumor. Die 
Operation ergab eine Geschwulst von solider Konsitenz (mikr. 
Fibrom), welche das kleine Netz sowie den Bauchfellüberzug 
des Pankreas vor sich hergestülpt hatte. Das Geschwulstbel f> 
lag im Pankreas, dessen Substanz auf die Geschwulst über¬ 
ging. Nach Abbindung der den breiten Stiel umgebenden Ge- 
wcbsplatten stumpfe Auslösung. Heilung nach vorübergehender 
Pankreasfistel. Bemerkungen über die Operation des Pankreas- 
karzinoms. 

8. Die Blutstillung ist der Hauptpunkt bei ausgedehnten 
Beckenresektionen wegen bösartiger Geschwülste. Welche außer¬ 
ordentlichen Vorteile die M o m bürg sehe Methode bei der 
Resektion einer Beckenhälfte darbietet, konnte Verf. bei zwei 
Operationen wegen Sarkoms beobachten, von denen die eine 
nach der Ko eher sehen Methode der präventiven Unterbindung 
der hypogastrischen Gefäße, die andere unter der Morn- 
bürg sehen Blutleere ausgeführt wurde ; die Blutleere war ideal, 
jedoch traten acht Tage lang schwere Durchfälle auf. Als 
Kontraindikation gegen die Operation, auch der bösartigen 
Sarkome, darf demnach fortan nicht mehr die bisher große 
Gefahr des Blutverlustes, sondern nur noch das Vorhandensein 
von Metastasen gelten. 

9. Bei dem 21 jährigen Mädchen, bei welchem weder Scheide 
noch Uterus nachweisbar waren, ging Prinz Dr. Ludwig 
Ferdinand von Bayern nach der Operationsmethode. 
Moris folgendermaßen vor: Querschnitt zwischen Urethral¬ 
öffnung und Frenulum, Ablösung der Harnröhre vom Mast- 
darm. Sodann Laparotomie, Resektion einer Dünndarmschlinge, 
End- zu Endvereinigung der bleibenden Darmenden. Verschluß 
des oberen. Endes des resezierten Darmstücks, worauf letzteres! 
in den Wundkanal zwischen Harnröhre und Mastdarm ver¬ 
lagert und in der Vulva befestigt wurde. Glatte Heilung. 
Es resultierte eine kohabitationsfähige Vagina. 


Geburtshilfe und Gyuükologie. 

Referent: Spezialarzt Dr. Lothar Frankenstein. Berlin. 

1. Die Behandlung parametritischer Exsudate mit Injektio¬ 
nen physiologischer Kochsalzlösung. Von Kirstein, Göttin¬ 
gen. Zentralblatt für Gynäkologie, 1909, Nr. 52. 

2. Die Prophylaxe der Embolie nach gynäkologischen 
Operationen. Von Veit, Halle. Ibidem, 1910, Nr. 1. 



1910 THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 73 


3. Ueber Nierendekapsulation zur Behandlung der 
Eklampsie. Von Lichtenst-ein, Leipzig 1 . Ibidem, 1910, 
Nr. 2. 

4. Zur Blutsparung. Vou Bauer. Ibidem, 1*910, Nr. 2. 

1. Verf. schlägt ein neues Verfahren zur Behandlung para- 
metritischer Exsudate vor, das er an fünf Fällen von Para- 
metritis mit Erfolg angewandt hat. Von der wohl desinfi¬ 
zierten Scheide wird mittels einer Spritze bis zu 15 ccm physio¬ 
logischer Kochsalzlösung 1 injiziert. Diese Injektionen werden 
täglich wiederholt; die Behänd 1 un-gsdauer schwankte zwischen 
13 und 29 Tagen. Daneben blieben aber auch die bisher ge¬ 
bräuchlichen Methoden nicht unberücksichtigt. Der subjektive 
Erfolg war ein tadelloser, die Beschwerden verschwanden bis 
auf einen letzten Rest, die Arbeitsfähigkeit wurde völlig wieder- 
hergestellt. Eine Restitutio ad integrum im anatomischen Sinne 
kam in keinem Falle zustande; stets blieben mehr oder 
minder deutlich tastbare Veränderungen zurück. In einem Falle 
traten nach den Injektionen Leibschmerzen, in einem anderen 
Kopfschmerzen auf. 

Ref. berührt es äußerst sympathisch, daß Verf. in weiser 
Selbsterkenntnis sich die Frage vorlegt, ob die Exsudate auch 
ohne die Injektionen in der gleichen Zeit ebensoweit zurück 1 - 
gegangen wären. Seine Antwort lautet recht vorsichtig: Das 
weiß jeh nicht. 

Wer häufig Gelegenheit hat, Exsudate nach Entbindungen 
oder nach gynäkologischen Operationen zu beobachten, weiß, in 
welch beträchtlicher Zahl diese auch ohne jede polypragma¬ 
tische Therapie nur durch Bettruhe binnen kurzer Zeit ver¬ 
schwinden. 

Daß in einem der fünf Fälle das Fieber unmittelbar nach 
der ersten Injektion abfiel, dürfte wohl ein zufälliges Zu¬ 
sammen treffe u sein. 

Das Verfahren wird erst dann diskutabel sein, wenn Serien 
von Beobachtungen vorliegen. 

2. An Stelle eines Referates geben die Schlußsätze ain besten 
den Inhalt wieder: „Man versorge die Venen zu einer Zeit, 
zu der die operierende Hand noch ganz sicher aseptisch ist, 
durch Unterbindung in der Kontinuität; man versorge alle 
blutenden Venen aber jedenfalls völlig, bevor man an die Er¬ 
öffnung keimhaltiger Organe geht. Diejenigen Embolien, 
welche, mit auf Keime zurückgeführt werden müssen, werden 
sich dann jedenfalls vermeiden lassen.“ 

3. In vier Fällen wurde die doppelseitige Nierendekapsu¬ 
lation vorgenommen. Ein Fall scheidet für die Betrachtung 
aus, es handelte sich um eine Urämie bei schwerer Nephritis, 
ln den drei anderen Fällen, bei denen es sich um Eklampsie 
handelte, war trotz Schnellentbindung das Bewußtsein getrübt 
geblieben, hatte sich durch Aderlässe, Kochsalzinfusionen etc. 
die Nierenfunktion nicht gebessert, waren zum Teil post partum 
noch Anfälle aufgetreten. Die Dekapsulation wurde 12 bis 
32 Stunden post partum vorgenommen. Der Erfolg war glänzend. 
Der Eiweißgehalt ging sofort herunter, die Urinmenge nahm 
zu, die Oedeme gingen rasch zurück. Temperatur und Puls 
kehrten spätestens am dritten Tage zur Norm zurück. In einem 
zweiten Falle sistierten die Anfälle sofort, in einem trat nur 
noch ein Anfall auf. Alle drei Patientinnen genasen. Eine 
nachträgliche Schädigung der Nieren durch die Operation ist 
nicht zutage getreten. 

4. Verf.s Vorschlag, dessen praktische Ausführung ihm 
infolge Erkrankung noch nicht möglich war, hat sehr viel 
Verlockendes für sich. Zur Blutsparung bei Leiden, die mit 
gefahrdrohenden Blutverlusten verbunden sind, wie Placenta 
praevia, Tubargravidität sollen alle vier resp. je eine obere 
und untere Extremität abgebunden werden, jedoch nur so¬ 
weit, daß die periphere Pulsation erhalten bleibt, der Rück¬ 
fluß dagegen gehemmt ist. Auf diese Weise könnten in den 
Extremitäten mit Leichtigkeit größere Blutvorräte auf- 
gespeichert werden. Hierdurch würde der Blutverlust bei der 
Operation geringer werden, andererseits könnte nach Schluß 
der Operation dem Herzen durch Lösen der Binden mit wenigen 
Schlägen reichliche Blutmengen zugeführt werden und Koch- 
salsinfusionen auf diese Weise erübrigt werden. 

Nur ein Bedenken hat Ref., daß eine Ausschaltung von 
größeren Blutmeügen aus dem Kreislauf bei schon vorhandenem 
Blutverlust deletäre Wirkung auf das Herz haben könnte. Sollte 
sich dies irrig erweisen, so wäre der Vorschlag wert, in die 
Tat umgesetzt zu werden. 



Lungenkranklieiteii. 

Referent: Prof. Dr. A. Moeller. Spezialarzt für Lüngenleiden, 
Berlin. 

1. Ueber die lokalen Tuberkulin-Reaktionen. Von Dr. 

Kran hals. Riga. St. Petersburger med. Wochensc.hr., 1909, 

Nr. 48. 

2. Können die häufigeren und hochsteigenden Tuberkulin¬ 
gaben in den besonders dazu ausgesuchten Fällen unbedenk¬ 
lich empfohlen werden? Von San.-Rat Dr. Nour n e y - M e 11 - 
mann. (Vortrag, gehalten am 11. Oktober 1909 im „Verein 
der Acrzte Düsseldorfs“.) 

3. Ueber Tuberkulose-Immunblut-(I. K.) Behandlung. Von 

Dr. C. Spengler, Davos. Deutsche med. Wochenschr., 1909, 
Nr. 49. 

4. Ueber Behandlung mit C. Spenglers I. K. Von Dr. 

«Dresdner, Bad Reichcnhall. Münchener med. Wochenschr., 

1909, Nr. 52. 

5. Kasuistischer Beitrag zu den toxo-ner.vösen Erscheinun¬ 
gen bei Lungentuberkulose seiten» des Darmes. Von Chefarzt 
Dr. K ö hier, Holsterhausen hei. Werden an der Ruhr. Münch, 
med. Wochenschr., 1909, Nr. 50. 

6. Die Behandlung schwerer einseitiger Lungentuber¬ 
kulose mit künstlichem Pneumothorax. Von Dr. v o n M u r a 11, 
Davos-Dorf. Münchener med. Wochenschr., 1909, Nr. 50. 

7. Ueber die Behandlung tuberkulöser Kinder mit hohen 
Tuberkulindosen. Von Dr. Fuchs, Wien. Deutsche med. 
Wochenschrift, 1909, Nr. 50. (Vereiusheilage.) 

8. Die Einwirkung von Ovarialsubstanz auf Tuberkel¬ 
bazillen. Von Dr. H. Wittgenstein. Wiener klin. Wochen¬ 
schrift. 1909, Nr. 51. 

9. Kritisches und Experimentelles zur Tuberkulintherapie. 

Von .Julius Citron. Berliner klin. Wochenschr., 1909, 

Nr. 51. 

10. Ueber Autolysine im Blute bei schwerer Lungentuber¬ 
kulose. Von E. Vogt, Medizinalpraktikant. Münchener med. 
Wochenschr., Januar 1910. 

11. Zystoskopische Diagnostik der Nierentuberkulose beim 

Knaben. Von Dr. E. Portner, Berlin. Medizinische Klinik, 

1910, Nr. 2. 

1. Verf. geht die einzelnen lokalen Reaktionen auf Tube r - 
kulinapplikationen durch. Zunächst beschreibt er eingehend die 
konjunktivale Reaktion und schildert die einzelnen 
Phasen derselben: Die negative Reaktion, die „Spur“, sodann 
die positive Reaktion I. Grades, diejenige, des II. und 

III. Grades; ferner die ungewöhnlich starke Reaktion mit Che¬ 
mosis. Blutungen etc. Das Maximum der Reaktion findet man 
nach Verf. meist nach 24 Stunden, zuweilen aber auch erst am 
zweiten Toge. — Audi die M o r o sehe Tuberkulin-Salben- 
einreibung erwähnt Verf. — Betreffs der kutanen Reak¬ 
tion differenziert Verf. die negative Reaktion, Spur von 
Reaktion, „positive“ Spur, positive Reaktion je nach dem Grade 
der auftretenden Reaktion. Als F 1 e c k r e a k t i o*n wird ein oft 
dunkelroter, rundlicher Fleck von 5—10 mm und mehr Umfang 
bezeichnet; er ist meist scharf begrenzt und zeigt keinerlei 
Infiltration. — Von Interesse ist der Befund von Kr an hals, 
daß die Kutanreaktion, in geringerem Maße auch die Ivon- 
junktivalreaktion, durch gewisse fieberhafte Prozesse wesent¬ 
lich beeinflußt wird. Sie kaun während des Bestehens dieser 
Prozesse negativ oder schwach ausfallen, um nach Verschwinden 
derselben positiv oder stark auszufallen. So erklärte sich, daß 
in einem Falle eine manifest-tuberkulöse Spitzenaffektion im 
ersten Stadium konjunktival nur schwach und spät, kutan ganz 
negativ reagierte, weil die Reaktionen während eines Rekurrenz- 
anfalles angestellt worden waren, und in einem anderen Fall? 
die Kutanreaktion nur schwach, die Konjunkfivalreaktion sowohl 
links als rechts uegativ ausfiel, weil die Reaktionen im] 
remittierenden Stadium eines Abdominaltyphus .angestellt worden 
waren. 

2. Der Autor vertritt den Standpunkt, daß bei richtiger 
Anwendung des Tuberkulins dasselbe allergetisch wirksam sein 
muß, d. h. der Organismus muß erhöht empfindlich bleiben. 
Es kann dieses nur durch wochenlange Pausen erreicht werden, 
ähnlich wie die Pausen sind., die im Tierexperiment mit leben¬ 
dem Impfmaterial beobachtet werden müssen. Er faßt sein 
Bedenken gegen die häufigeren und hochsteigenden Tuberkulin- 
gaben folgendermaßen zusammen: 

I. Eine Heilung mit der Möglichkeit, hohe Tuberkulin- 
gahen zu geben, beruht auf recht unsicherer Naturgrundlage.. 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 









74 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. G 


Sie scheint auf einer Gewebsveränderung' um einen Krankheits¬ 
herd zu beruhen und ist keinesfalls dem Tuberkulin als aktiv 
immunisierendem Mittel zu verdanken. 

II. Alle. Tierexperimente sprechen dafür, daß kein Tuber¬ 
kulin an sich immunisiert. Zur Steigerung einer spezifischen 
Immunität scheint auch bei der Tuberkulose das langsame Ein - 
wirken lebender Bazillen zu gehören. Solche Vorgänge sind bei 
der Möglichkeit, große Tuberkulingaben reaktionslos zu geben, 
unterbunden, dementsprechend können die darauf beruhenden 
Heilerfolge meist keine Dauererfolge sein. 

III. Nur die Anwendung einzelner kleiner Gaben ist in 
jedem Krankheitsfälle gestattet. Diese sollen eine Ueberempfind- 
lichkeit gegen Tuberkulin und tuberkulöse Prozesse hervor- 
rufen und eventl. längere Zeit unterhalten. So bleiben wir im 
Einklang mit der Naturheilung durch Autoimmunisierung und 
können auf die jetzt so viel gepriesene Anwendung von art¬ 
fremden oder abgeschwächten Bazillen verzichten. 

3. Spengler kritisiert scharf die Röpke sehen An - 
gaben über Wertlosigkeit des I. Iv. Er wirft ihm vor, daß er sich 
nicht die genügende Zeit und Mühe genommen habe, genügend 
genaue Einsicht in die Protokolle Spenglers zu nehmen; 
in weniger als 3 Stunden habe er 300 Krankengeschichten 
,.durchgeblättert“. Spengler gibt selbst zu, daß das T. K. 
noch nicht allen Anforderungen entspricht; aber er gibt zu be¬ 
denken, daß die Tuberkuloseimmunisierimg ein Problem ist, 
das den ersten Forschern auf diesem Gebiete bisher nicht ganz 
oder gar nicht gelingen wollte. Seine Methode mit Zuhilfe¬ 
nahme lebenden Bakterienprotoplasmas schließt Marasmus 
(woran bei früheren Methoden die Versuchstiere durchweg zu¬ 
grunde gingen) und jegliches Infektions- und Intoxikations- 
symptom bei nachfolgender, sonst tötlicher Infektion aus. Es ist 
somit nach Spengler das Problem der kompletten Tuberkulose 
Immunisierung gelungen. Spengler stellt noch für bald inter¬ 
essante Publikationen über seine Behandlungsmethode in Aus¬ 
sicht. 

4. Ueber das gleiche Thema hat Dresdner berichtet. 
Er behandelte mehrere Patienten mit Spenglers I. K.; in 
einem Falle gelang es Ihm, bei einem Menschen mit ausgesproche¬ 
nem Habitus phthisicus durch 19 innerhalb von 38 Tagen 
(also jeden 2. Tag vorgenommene Injektionen^ die Zahl der 
Tuberkelbazillen von Nr. VIII der G a f f k y sehen Skala 
auf Nr. I herabzudrücken. Der Patient hatte in den 
38 Tagen das Aussehen eines Phlhisikers, das eitrige Sputum, 
überhaupt so ziemlich alle objektiven Symptome des Leidensi 
verloren und fühlte sich subjektiv tadellos. Der zweite* 
Fall betraf einen 28 jährigen Russen. Der Patient wurde eben¬ 
falls alle zwei Tage mit I. K. behandelt. Das Resultat war 
ein sehr günstiges; die Tuberkelbazillen nahmen mehr und mehr 
ah und verschwanden schließlich ganz; auch der Lungen -i 
befand besserte sich mehr und mehr. Dresdner behauptet, 
daß dieser Patient früher mit Alt-Tuberkulin erfolglos be¬ 
handelt worden sei. — Ein dritter Fall betraf einen Lungen - 
und Kehlkopfkranken, mit einer starken Infiltration der 
Hinterwand des Larynx. Von besonderem Interesse war hier der 
R ü ck g ang der Infiltration des Kehlkopfes; sodaß die Sprache 
sich ganz erheblich besserte. Doch auch Fälle sind dem Autor 
bekannt, wo die Heilung bei Anwendung dieser Methode aus- 
blieb. 

5. In zahlreichen Fällen von Lungentuberkulose besteht bei 
den Kranken eine hartnäckige Obstipation; in anderen 
Fällen besteht im Gegenteil Durchfall, während oft auch 
Verstopfung und Durchfall abwechseln. Verf. schildert einen 
Fall, bei dem die Darmerscheinungen sich zu lebensbedrohender 
Höhe entwickelten. Köhler neigt der Ansicht zu, daß es 
sich hier um eine durch tuberkulöse Intoxikation bedingte 
Darmstörung handelte, die durch eine allgemein neurasthe- 
nische Konstitution gesteigert wurde. 

6. Der Autor schildert die Methode des künstlichen 
Pneumothorax; er geht genauer auf die allgemeinen Indi¬ 
kationen für die Einleitung der Pneumothoraxtherapie ein. (Die 
Arbeit ist für ein kurzes Referat ungeeignet uncl muß daher 
im Original gelesen werden.) 

7. Fuchs schildert seine nach der S c h 1 o ß m a n n sehen 
Methode erhaltenen Resultate bei der Behandlung tuberkulöser 
Kinder mit hohen Tuberkulindosen. Seine Erfolge sind durch¬ 
weg ungünstig; nicht nur keine Besserung, sondern fast 
immer Verschlechterung konstatierte er und zwar eine Propaga¬ 
tion des spezifischen Prozesses an entfernten Ivörperstellen wäh¬ 
rend der Behandlung. 


8. Der Autor glaubt, daß es wohl gelingen dürfte, 
Ovarialextrakt auch therapeutisch bei Menschen auzu- 
wenden, zumal da es gelungen ist, den Extrakl steril her¬ 
zustellen und zu erhalten. Er schließt aus seinen Versuchen, daß 

I. Tuberkelbazillen nach 15- oder 20 tägiger Aufbewahrung 
in Ovarialextrakt an Virulenz verlieren, indem sie eine äußerst 
chronische Form der Tuberkulose erzeugen, 

II. daß tuberkulös infizierte Tiere mit Ovarialextrakt be¬ 
handelt eine längere Lebensdauer zeigen, als die unbehandelten, 
und auch hier eine weitaus chronischere Form der Tuberkulose 
beobachtet wird, wie bei den Kontrollieren. 

III. daß Tuberkelbazillen, die durch längere Zeit 
(24 Stunden, 5 Tage, 10 Tage, 15 Tage und 20 Tage' in 
Ovarialextrakt im Brutofen aufbewahrt waren, bei bereits in¬ 
fizierten Tieren nicht mehr den akuten Tod im Sinne Bails 
hervorzurufen vermögen. Im Gegenteil sehen wir bei 20 tägiger 
Aufbewahrung das Tier bedeutend länger leben, als die Tiere, 
die gleich infiziert mit einer weniger lang der Einwirkung 
der Ovarialsubstanz ausgesetzten, gleichstarken Tuberkelbazillen- 
emulsion ein zweites Mal infiziert worden waren. 

IV. daß abgetötete Tuberkelbazillen, in Ovarialsubstanz auf¬ 
gehoben, in zwei Versuchen absolut keine spezifisch krank- 
machende Wirkung mehr zeigen, während eine gleichstarke, in 
physiologischer Kochsalzlösung aufbewahrte Tuberkelbazillen - 
emulsion bei einem Tier typische tuberkulöse Veränderungen 
hervorrief. ,,Und so möchte ich das Ergebnis meiner bisherigen 
Versuche als Begründung für meinen eingangs erwähnten Ver¬ 
dacht hinstellen, daß das Ovarium Stoffe enthält, die bei längerer 
Einwirkung auf lebende oder tote Tuberkelbazillen die Virulenz 
derselben teilweise abzuschwächen vermögen.“ 

9. Verf. schildert die bei der Tuberkulintherapie wichtigen 
Fragen, wie Indikation, Kontraindikation, Beobachtung des 
Tuberkulin-Einflusses (Gewichtszunahme, Besserung des lokalen 
Befundes, Fieberverlust etc. Er glaubt, daß jeder Arzt, wenn 
er sich vorher genügend informiert hat, die Tuberkulin - 
therapie anwenden kann. (Das Genauere der sehr interessanten 
Arbeit muß im Original gelesen werden, da die Arbeit sich 
zu einem kurzen Referat nicht eignet.' 

10. Seit der Untersuchung von D o n a t und L and - 
steiner beschäftigt sich auch die praktische Medizin mit 
der Lehre von den Hämolysinen und besonders den Autolysinen. 
d. h. jenen Körpern, wecche die roten Butkörperchon des eige¬ 
nen Individuums auflösen. Verf. führt an, daß einige Forscher 
Bakterien im Blute Tuberkulöser gefunden haben wollen. (Es 
handelt sich bei diesen Befunden, wie Referent selbst wieder¬ 
holt nachgeprüft hat, um falsche Befunde; außer in der Agone 
dürften, abgesehen von Miliartuberkulose wohl kaum Tuberkel- 
bazillen oder andere Mikroorganismen im Blute der Kranken 
vorhanden sein.) Verf. hat zunächst eine Anzahl von normalen 
und leichtkranken Individuen auf Autolysine untersucht, bei 
denen Tuberkulose mit größter Wahrscheinlichkeit auszu¬ 
schließen war. Das Resultat war stets negativ. Sodann 
untersuchte er 14 Fälle mit beginnender Phthisis, auch hier war 
das Resultat negativ; auch bei Scharlachkranken war keine 
positive Reaktion. Jedoch bei Tuberkulose im III. Stadium 
fanden sich in 24°/o der Fälle Autolysine im Blute vor; es waren 
von den untersuchten Fällen sieben Fälle kompliziert mit Darm- 
tuberkulose, 13 mit Kehlkopf tuberkulöse und vier mit Darm¬ 
und Kehlkopftuberkulose. Die Stärke der Reaktion ging nicht 
parallel mit der Schwere der Erkrankung; jedoch fanden sich 
bei rapid verlaufenden Fällen stets Autolysine im Blute. 

Im allgemeinen nimmt bei schweren tuberkulösen Prozessen die 
Anzahl der Erythrozyten ab, wie auch der Hämoglobingehalt 
sinkt. Im Endstadium ist eine starke Anämie vorhanden. Verf. 
glaubt, daß auch die Autolysine bei der Entstehung dieser 
Anämie eine große Rolle spielen, da sie die roten Blutkörper¬ 
chen zum Verschwinden bringen. Während im allgemeinen nach 
Sachs durch erhöhte Temperatur die Verankerung der hämo¬ 
lytischen Ambozeptoren begünstigt wird, findet sich bei paroxys¬ 
maler Hämoglobinurie im Serum der Kranken ein Ambo¬ 
zeptor, der nicht nur auf die eigenen Blutkörperchen wirkt, 
sondern^auch noch die Eigentümlichkeit hat, daß er sich nur 
bei niederer Temperatur an die roten Blutkörperchen bindet. 

11. Vorliegender Aufsatz, welcher als Fortbildungsvortrag 
gehalten ist, geht davon aus, daß die Einführung der Zystoskopie 
und des Ureterenkatheterismus einen großen Fortschritt in der 
Diagnostik chirurgischer Nierenkrankheiten bedeutet. Port- 
ner bespricht dann die Anwendung der Zystoskopie bei Knaben, 
welche ja viel schwerer ist als bei Mädchen oder bei erwachse- 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNÜSCHAÜ. 




nun Leut eil, da hier die Enge der Harnröhre Schranken setzt. 
Insbesondere bei Niorentuberkulose, wo alles von der Frühdia¬ 
gnose abhängt, spielt die Zystoskopie eine hervorragende Rolle; 
da bei Affektion einer Niere noch' 1 Hoffnung auf Wieder¬ 
herstellung ist. während bei Befallenseiu auch der zweiten 
Niere keine Aussicht auf Heilung mehr besteht. Es kommt, 
also darauf an, festzustellen, ob nur eine oder ob beide Nieren 
tuberkulös erkrankt sind. 


Herz- und Gefäßkrankhelten. 

Referent: Badearzt Dr. Silbermann, Kudowa-Berlin. 

L- Weitere klinische Erfahrungen über intravenöse Supra- 
renininjektionen bei schweren Herz- und Gefäßkollapsen. Von 
Dr. John, Mannheim. Münch, med. Woehenschr., 1909, Nr. 47. 

2. lieber medikamentöse Herztherapie. Von Dr. Lethaus, 
Oberarzt in Hamm. Med. Klinik, 1909, Nr. 46. 

3. Kann man klinisch die Trikuspidalinsuffizienz dia¬ 
gnostizieren? Von Prof. Dr. H. E. Hering, Prag. Med. 
Klinik, 1909, Nr. 38. - 

4. Beiträge zur Lehre über die Pathogenese der Angio- 
sklerose. Von Dr. J. Torna i, Budapest. Wiener kl in. 
Woehenschr., 1909, Nr. 40. 

1. Zwei von Neu im ,,Zentralblatt für Gynäkologie“ ver¬ 
öffentlichte Todesfälle nach intramuskulärer Injektion von Adre¬ 
nalin und eine demzufolge ausgesprochene Warnung vor dem¬ 
selben veranlassen J., anschließend an seine frühere Veröffent¬ 
lichung weitere klinische Erfahrungen mitzuteilen. Auch er 
hat einen Todesfall noch während der Injektion bei einer 
Patientin mit Schrumpfniere erlebt, der wohl unmittelbar auf 
Adrenalin zurückzuführen ist, aber doch in einer Reihe ver¬ 
zweifelter Fälle Erfolge sehen können. Im ganzen sind es 
30 Fälle verschiedenster Grundkrankheiten mit Herzkollaps, hei 
denen das Adrenalin zur Anwendung kam; in 28 dieser Fälle 
waren bereits alle gebräuchlichen Analeptica in Anwendung ge¬ 
zogen worden, bevor das Adrenalin injiziert wurde, also sämt¬ 
lich Fälle, die man verloren geben mußte, in acht derselben ist 
ein Dauererfolg erzielt worden, insofern die Patienten sich 
vollkommen erholten. Bei sieben der ad exitum gekommenen 
Patienten wurde durch die Sektion eine Abnahme der chromaffi¬ 
nen Substanz der Nebennieren nachgewiescn; bei einer großen 
Reihe weiterer Autopsien konnte Verf. dann in einer größeren 
Anzahl gleichfalls Abnahme bezw. vollkommenes Fehlen der 
chromaffinen Substanz beobachten; auch hier waren einige 
an Herzinsuffizienz gestorbene Patienten darunter. Man wird 
daher die Vermutung des Verf. nicht von der Hand weisen 
können, daß in den mit Erfolg behandelten Fällen die Wirkung 
dadurch zu erklären ist, daß Herz- und Kreislaufschwäche Hand 
in Hand geht mit einer Funktionsstörung der lebenswichtigen 
Nebennieren, und dann bedeutet die Einverleibung des dem 
Blute fehlenden und doch unentbehrlichen Nebenmierensekretes 
die einzig kausale und darum erfolgreiche Therapie. Die 
immerhin noch geteilten "Anschauungen — denn auch andere 
Autoren sprechen sich gegen die intravenöse Anwendung des 
Adrenalins aus — werden jedenfalls dem Praktiker noch zu 
denken geben müssen, und werden ihn das Mittel nur als 
ultimum refugium anwenden lassen. Vielleicht aber werden 
weitere klinische Beobachtungen — und das scheint dem Ref. 
nach den bisher veröffentlichten Resultaten doch von sehr 
großer Wichtigkeit — eine striktere Indikationsstellung bringep, 
vielleicht werden doch Herzkollapse im Gefolge gewisser Krank¬ 
heiten aus der Behandlung mit Adrenalin aus-geschieden werden 
müssen. 

2. Ohne wesentlich Neues zu bringen, .gibt Verf. eine Heber - 
sicht über einige in der Herztherapie übliche Medikamente. Den 
breitesten Raum der Besprechung nehmen die Digitalis und ihre 
Glykoside ein, und es ist nicht einzusehen, warum nicht, dem 
Thema entsprechend, auch die übrigen Herzmittel der gleich ein¬ 
gehenden, sehr ausführlichen Würdigung unterzogen werden, 
sondern nur leichthin gestreift, zum Teil überhaupt nur erwähnt 
werden. 

Die vom Verf. im Anschluß an andere Autoren angegebenen 
Indikationen für die Anwendung der Digatilis sind zu bekannt* 
um hier nochmals angeführt zu werden. Erwähnenswert ist 
nur, daß R o m b e r g die Digitalis bezw. ihre Glykoside nicht 
erst im Stadium ausgesprochener Dekompensation sondern be¬ 
reits bei beginnender Herzmuskelschwäche angewandt wissen 


will, wenn andere Mittel versagen. Weiterhin hat Cloetta 
nachweisen können, daß bei Kaninchen selbst jahrelanger Ge¬ 
brauch der Digitalis krankhafte Störungen, die an Arterio¬ 
sklerose erinnern, nicht hervorruft, und er folgert daraus, daß 
auch beim Menschen bei chronischen Digitaliskuren keine 
Arteriosklerose a,ufzutreten brauche. Er hat ferner die Beob¬ 
achtung machen können, daß gleichfalls hei Kaninchen, wenn 
ihnen experimentell eine Aorteninsuffizienz beigebracht wurde 
und diese Tiere lange Zeit mit kleinen Gaben Digitalis behandelt 
wurden, die Folgezustände der Erkrankung für das Gesamt¬ 
herz erheblich geringer waren als bei den Konfrontieren. Er 
schließt daraus, daß man auch beim Menschen mehr als bisher 
bei akuter Endokarditis die Digitalis anwenden müsse, um die 
Folgen des Klappenfehlers so weit als möglich zu beschränken. 

Kontraindiziert ist Digitalis bei Aneurysmen, nach einer 
Apoplexie, wenn nicht schwere Schwächezustände ihre An¬ 
wendung erforderlich machen, ferner bei Bradykardie jeder 
Aetiologie, während sie bei der sog. Pseudobradykardie, jener 
durch Extrasystolen des Herzens vorgetäuschten Pulsverlang¬ 
samung, indiziert ist, und hier durch Herabsetzung der Reizbar¬ 
keit des Herzmuskels ihre Wirkung entfaltet. In den übrigen 
Fällen von Bradykardie sind Belladonna und ihre Präparate, 
speziell das Atropin, indiziert. 

Die pharmakodynamische Wirkung der Digitalis und ihrer 
Glykoside beruht sowohl, auf einer Vergrößerung des Schlag - 
Volumens des Herzens, durch Verlängerung der diastolischen 
Füllungszeit, als auch auf einer gefäßverengernden Eigenschaft. 
Diese Fähigkeit hat zur Folge, daß bei den von. Sahli so¬ 
genannten Hochdrucksteigerungen — erhebliche Steigerung des 
vasomotorischen Tonus durch Ueberladung des Blutes mit 
Kohlensäure — eine Herabsetzung des Geiäßtonus durch bessere 
Sauerstoffversorgung des Blutes und damit ein Druckabfall 
eintritt. 

Was die Digitalispräparate anlangt, so gibt es nach Verf. 
eigentlich keines, das den Anforderungen entspricht. Nur im 
Digalen sieht Verf. infolge seiner intravenösen Verwendbarkeit 
ein schätzenswerteres Präparat. Daß auch L. für die Fol. 
Digitalis titrat., als in ihrer Zusammensetzung am gleich¬ 
mäßigsten, eintritt, ist für denjenigen, der Digitalis häufig 
zu verordnen in die Lage kommt und ihre ungleichmäßige Wir¬ 
kung gesehen hat, leicht erklärlich. 

Der Digitalis in ihrer Wirkung ähnlich ist Strophantin!» 
und hier ist es besonders das in letzter Zeit hergesteilte. 
Strophanthin BoehTinger, das in seiner Wirksamkeit — intra¬ 
venös injiziert — ganz besonders hervorzuheben ist. Wer die 
fast momentane Wirkung bei schweren Kollapsen gesehen hat, 
wird es in seiner Praxis kaum missen wollen. Zu beachten 
ist nur, daß es nicht während einer Digitalismedikation. und 
nicht früher als 24 Stunden nach der ersten Injektion ein 
zweites Mal auzuwenden ist. 

Zu erwähnen ist ferner noch als intravenös anwendbar das 
Adrenalin 1:1000. Die übrigen Herzmittel werden vom Verf. 
nur gestreift. 

3. Verf. kommt auf Grund mehrjähriger Beobachtungen 
und Versuche zu dem Resultat, daß das einzige, bisher sichere 
klinische Zeichen der Trikuspidalinsuffizienz, der positive Venen¬ 
puls, der Kammervenenpuls, gar nicht pathognomonisch für diese 
Erkrankung ist. Untersuchungen des Venenpulses bei anato¬ 
mischen Läsionen der Trikuspidalklappe haben gezeigt, daß erst 
bei hochgradiger Läsion die Venenpulskurve einen ganz 
charakteristischen Befund bietet.- Es trit dann neben der 
Kammerklappenwelle eine Kammerpulswelle auf, die jedoch nur 
dann voneinander zu unterscheiden sind, wenn beide gleich¬ 
zeitig auf treten. Jedenfalls aber ist der positive Venenpuls, 
wie wir ihn klinisch feststellen, kein sicheres pathognomonisches 
Zeichen. 

4. Angeregt durch die Untersuchungen einiger Forscher über 
den Adrenalingehalt des Blutes von Nephritikern, sowie über die 
skleroseähnlichpn Veränderungen an der Aorta bei Injektion 
von Adrenalin hat Torna i Beobachtungen an Kaninchen an¬ 
gestellt über die Veränderungen am Herzen und den großen 
Gefäßen bei Injektion von Blutserum von arteriosklerotischen 
Nephritikern. Zur Kontrolle wurden gleichzeitig* Tiere mit 
Adrenalin (1: 1000) behandelt, wieder andere mit dem Blut¬ 
serum gesunder Menschen. Bei der Sektion wurde dann be¬ 
sonderes Augenmerk gerichtet, auf das Gewicht des Herzens — 
verglichen mit dem eines imbehandellen Tieres des gleichen 
Gesamtgewichts — auf die Dicke der Herz Wandungen, auf 
etwaige Veränderungen der Aorta und besonders auch der 









76 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 5 


Nebennieren. Es zeigte sich nun, daß bei sämtlichen acht 
mit dem Blutserum von Nephritikern, sowie bei den beiden mit 
Adrenalin behandelten Kaninchen in allen Fällen eine beträcht¬ 
liche Hypertrophie des linken Ventrikels ein getreten war. der¬ 
art, daß die Wanddicke ca. 1 Vs mal so groß war als bei, 
nicht behandelten Tieren, während bei den mit dem Serum 
gesunder Menschen behandelten Tieren keinerlei Veränderung 
nachzuweisen war. An der Aorta jedoch war nur in einigen 
Fällen .etwas Pathologisches nachweisbar: gelblich-fettige Flecke 
an der Intima, in anderen Fällen aneurysmatische Erweiterun¬ 
gen. Die Nebennieren zeigten in drei Fällen pathologische 
V eränderungen. 

Aus diesen Ergebnissen folgert Verf. nun, ,,daß bei der 
Entstehung der wahren Angiosklerose unbedingt auch die Hyper- 
tension der Gefäße eine Rolle spielen muß. Die Hypertrophie des 
linken Herzens, die in jedem einzelnen Falle gefunden worden 
ist, beweist, daß das injizierte Serum den Tonus der Gefäße 
dauernd erhöht hat (Gefäßkontraktion ausgelöst hat). Ich be¬ 
streite nicht, daß auch die toxische Wirkung der im Serum ent¬ 
haltenen schädlichen Stoffe bei dem Zustandekommen der Gefäß - 
wandveränderungen eine Rolle spielen kann, daß aber die Blut¬ 
drucksteigerung oder die häufigen Blutdruckschwankungen eine 
große Bedeutung haben, können wir nicht leugnen." 

Mit diesen Schlußfolgerungen wird man sich wohl nicht 
ohne weiteres einverstanden erklären können. Denn es gibt ja 
nachgewiesenermaßen eine nicht unbeträchtliche Anzahl von 
Arteriosklerotikern, die einen normalen oder nur ganz mäßig 
erhöhten Blfutdruck aufweisen. Ref. ist vielmehr der Ansicht, 
daß es in weit höherem Grade die Giftwirkiung ist, die auf 
die Entstehung sklerotischer Veränderungen der Gefäßwand von 
Bedeutung ist, als der erhöhte Blutdruck. 

Dieser selbst ist sicherlich nur etwas Sekundäres, als Folge 
einer durch Toxine hervorgerufenen Gefäßkontraktion, und kann 
durch eine Schädigung der elastischen Elemente nun seinerseits 
die. schädliche Giftwirkung erhöhen. Zweifellos aber können 
auch arteriosklerotische Veränderungen ohne Blutdruckerhöhung 
eintreten, wie Ref. an einigen Fällen chron. Nikotinvergiftung 
mit ausgesprochen anginösen Beschwerden sie nach dem Unter¬ 
suchungsbefund annehmen müßte',’ während der Blutdruck ein 
normaler war. 


Radiologie. 

Referent: Dr. H. E. Schmidt. Berlin. 

1. Zirkonoxyd als kontrastbildendes Mittel in der Rönt¬ 
genologie. Von Dr. C. Kaes-tle. Münchener med. Wochen¬ 
schrift, 1909, Nr. 50. 

2. Ueber Fortschritte in der Dosierung der Röntgen¬ 
strahlen und das einstufige Kalomelradiometer. Von Dr. Gott- 

wald Schwarz. Ibidem. 

3. I. Die Identifikation von Punkten im Röntgenbilde, ein 
teilweiser, aber objektiver Ersatz der Röntgenostereoskopie. 
II. Gleichzeitige Doppelaufnahmen von Röntgenbildern. Von 

Prof. Dr. Le vy -Dorn. Deutsche med. Wochenschr., 1909, 
Nr. 49. 

4. Zur Röntgenbehandlung von Strumen. Von Dr. T h e o - 

dor Wöhrizek. Prager med. Wochenschr., 1909, Nr. 51. 

5. Zwei Fälle von Naevus vasculosus durch Röntgenbestrah- 
lung geheilt. Von Dr. H. E. Schmidt. Deutsche med. 
Wochenschr., 1909, Nr. 52. 

6. Beiträge zur Behandlung mit Hochfrequenzströmen. Von 
Dr. Leopold Freund. Medizin. Klinik, 1909, Nr. 50. 

7. Ueber die Zulässigkeit und den praktischen Wert der 
Licht- und Röntgenbehandlung in der Krankenkassenpraxis. 

Von Dr. G. J. Müller, Berlin. Deutsche medizin. Presse, 

1910, Nr. 1. 

8. Die Röntgendiagnose eines abnormen Hohlraumes im 

Abdomen. Von Dr. Martin H a u d e c k , Wien. Ibidem. 

1. Warme Empfehlung deS Zirkonoxyds als unschädliches 
und billiges Ersatzmittel der Wismutpräparate. 

2. Schwarz hat sein bekanntes Fällungsradiometer jetzt 
in der Weise modifiziert, daß nur eine; Trübung zur Beurteilung 
der applizierten Strahlendosis dient. Hat die klare Ammonium- 
Oxalat-Sublimat-Lösung soviel Röntgenstrahlen absorbiert, bis 
diese Trübung zustande gekommen ist, so entspricht das nach 
Schwarz etwa 1 / 3 der'Epilations-Dosis. Referent vermißt die 
Angabe, für welche Strahlenqualität das Instrument ge- 
aicht ist. 


3. Inhalt aus dem Titel ersichtlich. Für Interessenten muß 
auf das zu kurzem Referate nicht geeignete Original ver¬ 
wiesen werden. 

4. Empfehlung der Röntgen Behandlung bei indifferenten 
parenchymatösen und bei Basedow-Strumen. Mitteilung der 
Krankengeschichte eines Falles jeder Kategorie. Glänzendes 
Resultat. Der Verfasser wendet sich gegen die vereinzelt da¬ 
stehende Ansicht v. Eiseisbergs, daß die Röntgen-Therapie 
bei der Struma nichts nütze. 

5. Mitteilung von zwei Fällen von Naevus vasculosus (eines 
flachen und eines tumorartigen\ die beide durch eine mittel- 
weiche Röntgenstrahlung mit vorzüglichem kosmetischen 
Resultat zur Heilung gebracht wurden. Beobachtungszeit nach 
Aussetzen der Behandlung, 4 Monate bezw. 3 Monate. Emp¬ 
fehlung dieser — der Radium-Behandlung überlegenen 
Methode bei allen größeren Gefäßnaevis. 

6. Empfehlung der lokalen d ’ A r s o n v a 1 i s a t i o n beim 
Pruritus und bei der psychischen Impotentia, coeundi. 
Wichtig ist, daß kein Kontakt zwischen Haut und Elektrode 
stattfindet, sondern daß Funkenentladungen auf die Haut ein - 
wirken. Die Technik, welche der Verfasser befolgt, wird ein¬ 
gehend geschildert. 

7. Der Verfasser empfiehlt vor allem die. Röntgen-Behand¬ 
lung bei der Folliculitis und Trichophytie des 
Bartes, der Hauttuberkulose, den c h r o n i s c h ! e n 
Ekzeme n, besonders dem Lichen simplex chronic u s, 
bei Furunkeln in der Anal-, Genital- und Axillar-Gegend, 
bei Unterschenkel -Geschwüren und strumöse n 
Bubonen, Erkrankungen, die gerade in der Krankenkassen - 
praxis häufig sind, und bei welchen die Radiotherapie mehr 
leistet wie andere Methoden. 

8. Schilderung eines Falles, in welchem trotz exaktester 
Untersuchung und monatelanger Beobachtung keine sichere 
klinische Diagnose gestellt werden konnte, während der un¬ 
gewöhnliche Röntgenbefund Aufklärung brachte. Die Röntgen- 
Untersuchung ergab einen mannskopfgroßen, hohlen, mit Gas 
und Flüssigkeit gefüllten Tumor. Die Obduktion bestätigte 
später den Befund. Es handelte sich um ein Spindelzellen - 
Sarkom, das eine mit zersetztem Blute und Darminhaltmassen 
zum Teil gefüllte Höhlung einschloß. Letztere kommunizierte 
durch eine enge Ocffnung mit dem Jejunum. Der Tumor war 
dem unteren Rande des Körpers und Kopfes des Pankreas an¬ 
gelegen. Bezüglich weiterer Einzelheiten muß auf die Ab¬ 
bildungen des Originals verwiesen werden. 


Krankenpflege. 

Referent: Stabsarzt Dr. Geissler, Neu-Ruppin. 

1. Die Pflege des Säuglings in gesunden Tagen. Von 
M. Frankel. Deutsche Krankenpfl.-Ztg., 1910, Nr. 1. 

2. Zur Pflege Suicidverdächtiger. Von J. Chomse. 
Zeitschr. für Krankenpflege, 1909, Nr. 11. 

3. Feuerschutz in Krankenräumen. Von O. Bzosto- 
wicz. Zeitschr. für Krankenpflege, 1909, Nr. 11. 

4. Instrumenten-Sterilisations- Apparat. Von A. The.il- 
liaber. Zeitschr. für Krankenpflege, 1909, Nr. 11. 

5. Eine neue Zahnbürste. Von E. Fl e mm in g. Zeitschr. 
für Krankenpflege, 1909, Nr. 11. 

6. Ein feuersicherer Spirituskocher. Von E. H e r z f e 1 d e r. 
Zeitschr. für Krankenpflege, 1909, Nr. 11. 

7. Das Operationshaus des Auguste-Viktoria-Kranken,- 
hauses zu Schöneberg. Von W. Kausch. Zeitschr. für 
Krankenpflege, 1909, Nr. 11. 

1. Nach einem kurzen statistischen Ueber blick über die 
Säuglingssterblichkeit setzt Verf. alle die Ursachen ausein¬ 
ander, durch welche die hohe Mortalität bedingt wird. Es 
sind Mangel an Sauberkeit und unzweckmäßige Ernährung. 
Eindringlich weist er auf die vielen unsinnigen Maßnahmen hin, 
denen man beim Aufziehen des Kindes fort und fort begegnet 
und zeigt ausführlich, wie sich die Pflege gestalten soll. 

2. Der Verf. fordert von einem Pflegepersonal bei Geistes¬ 
kranken, die zum Selbstmord neigen, einen ganz besonderen 
Takt, der namentlich darin bestehen soll, den Kranken nicht 
die ständige Beobachtung empfinden zu lassen. Nicht ein sonst 
wenig brauchbares Personal soll mit diesem überaus wichtigen 
Dienst betraut werden, sondern das beste, geschulteste, das 
es versteht, auf das Denken und Empfinden der Kranken in fein- 



1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


77 


fühliger Weise eiiizugehen. Selbstverständlich muß bei diesem 
wichtigen Pflegezweig jedwede Mißhandlung unterbleiben. Das 
Verhalten bei einigen besonders häufigen Krankheitsformen, 
in denen man vielfach der Neigung zum Suicid begegnet, wird, 
besonders aufgeführt. 

3. Ist schon für den Gesunden der Huf: ,,Es brennt!“ 

unheimlich genug, wie vielmehr erst für den Kranken, der an 
sein Bett gefesselt ist, zu schwach, um sich selbst in Sicherheit 
zu bringen. Fast jeder Brand entsteht aus kleinen Anfängen; 
dieser rechtzeitig Herr zu werden, muß in jeder Kranken¬ 
anstalt oberstes Bestreben sein. Dringend erforderlich ist es 
daher, einen Teil des Krankenhauspersonals im ersten Feuer- 
löschdienst auszubilden und ferner in jedem Krankensaal un¬ 
mittelbar neben der Tür handliche Löschapparate anzubringen. 
Das beste, was es zurzeit an derartigen Apparaten gibt sind 
die. Minimax-Apparate. Es folgt eine ausführliche Be¬ 
schreibung derselben und ihrer Anwendung, sowie eine Auf- 
zähluug der verschiedenen und entschiedenen Vorzüge, die sie 
besitzen. , 

4. Der Apparat ist so konstruiert, daß er vier Flächen 
zum Auslegeu der-Instrumente zu bieten vermag: den Boden 
des Kochers, den Deckel, den Einsatz und eine herausklappbaro 
Platte. Einsatz und Platte stehen auf Füßen. Es kann so' 
das Ausbreiten der Instrumente auf dem mit Tüchern be¬ 
deckten Instrumententisch vermieden und so eine noch größere 
Asepsis als sonst ermöglicht werden. Der Apparat ist zu 
beziehen von H. Katsch. München, Bayerstr. 25. 

5. Eine gute Zahnbürste soll aus haltbaren, nicht zu starren 
Borsten zusammengesetzt und die einzelnen Borstenbündel 
exakt befestigt sein; ferner soll sie dem Stande der Zähne 
entsprechend eine gekrümmte Borsten Oberfläche besitzen, da 
dadurch die Borsten besser in die Zahnzwischenräume einzu¬ 
dringen vermögen. Sehr unangenehm ist für die Pfleger wegen 
der Uebertraguug von Ajisteckungskeimcn, wie für die Kranken 
wegen der möglichen Verunreinigung der Bettdecke und der 
Hemdärmel das Herablaufen des Wassers am Bürstenstiel. Um 
diesem Uebelstand abzuhelfen, ist etwa in der Mitte des Stieles 1 
eine muldenförmige Schutzvorrichtung angebracht. Vertrieb 
durch die Sächsische Bürstenfabrik E. Flemming & Co. in 
Schönheide im Erzgebirge. 

(i. Viele Brände entstehen durch umfallende Spirituskocher. 
Es lag daher das Bedürfnis vor, einen Apparat zu konstruieren, 
der sofortiges Erlöschen der Flamme gewährleistet, sobald der 
Kocher aus seiner richtigen Stellung gebracht wird. Ein Deckel 
muß vor jedesmaligem Gebrauch aufgemacht und durch eine 
Zwangs-Schutzvorrichtung festgestellt werden. Wird der Kocher 
augehoben, so springt der Deckel zu und die Flamme ver-i 
löscht. Der Spiritusverbrauch ist sehr sparsam, ein Verdunsten 
ausgeschlossen. Preis 1,50—2,50 M. Vertrieb des sehr stabilen 
Apparates durch die Autoteil-Gesellschaft, Berlin SW., Wil- 
helmstr. 131/132. 

7. Die Trennung von septischem und aseptischem Opera¬ 
tionsraum ist streng durchgeführt. Ersterer befindet sich im 
chirurgischen Infektionspavillon, für letzteren ist das Operations¬ 
haus bestimmt. Die Kranken, das verlangt K. von einem idealen 
chirurgischen Betriebe, sind nach ihrer Infektiosität getrennt 
in drei Abteilungen: eine aseptische, eine septische und eine 
Infektionsabteilung. Die Unterbringung des aseptischen und 
septischen Operationsraums im gleichen Hause sieht er als! 
einen Fehler an. Das Operationshaus enthält außer den zwei 
aseptischen Operationssälen das Röntgenzimmer, zwei Warte¬ 
zimmer für die zu Operierenden, einen Geräteraum, ein Labora¬ 
torium, ein Arztzimmer, ferner von ihnen getrennt .und mit 
den Opera tionssälen in Verbindung stehend einen Instrumenten - 
und Sterilisierraum, zwei Zimmer für Vorbereitung und Narkose, 
Geräteraum, Ausruhzimmer für Operierte. Die Ausstattung der 
Räume wird im Original genau beschrieben. Die Desinfektion 
der Aerzte soll folgenden Gang nehmen. Anziehen des kurz¬ 
ärmeligen Operationshemds, der weißen Hose und Operations- 
schuhe im Vorraum, Anlegen der Gummischürze und -Schuhe 
im Aerztezimmer, Händedesinfektion erst mit Wasser, Seife 
und Bürste, dann mit Seifenspiritus, Anlegen von Gesichtsmaske 
und Mütze und endlich der sterilen Operationsschürze und 
Handschuhe im Waschraum. Bei der Operation werden die 
Zwirnhandschuhe mehrmals gewechselt. 


Varia. 

Schwangerschaft und Zuckerkrankheit, ihre Wechsel¬ 
beziehungen und Behandlung. Von II. Neumann. Potsdam. 

Berliner klin. Wochenschr., 1909, Nr. 47. 

Obwohl der Diabetes mellitus und Gravidität sehr selten 
zusammnetreffen, müssen wir, da der Diabetes im konzeptious- 
fähigem Alter sehr oft einen bösartigen Verlauf hat, vor allem 
prophylaktisch handeln: An Diabetes erkrankte Mädchen dürfen 
nicht heiraten. Verheiratete diabetische Frauen dürfen nicht 
konzipieren. Diabetisch gravide Frauen und gravide Frauen, 
die diabetisch geworden sind, müssen so früh und so lange 
wie möglich in strenger ärztlicher Behandlung stehen und in¬ 
dividuell diätetisch behandelt werden. Fast in allen Fällen 
von Diabetes, 'der während der Gravidität entstanden ist, be¬ 
schränkt sich die Ausscheidung des Zuckers auf die Zeit der 
Schwangerschaft. Ein operativer Eingriff hat nur stattzufinden, 
wenn geburtshilfliche Momente — ohne Rücksicht auf den 
Diabetes mellitus — die Indikation abgeben. 

v. Rutkowski, Berlin, 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Liquor ferri valerianatus. Von Dr. Goliner und Dr. 
Linke. Therapeutische Neuigkeiten, 1909. Dezemberheft. 

2. Vergleichende Untersuchungen über Raumdesinfektion 
mit Formaldehyd - Kaliumpermanganaltverfahren. Von Dr. 

B. H annes , München. Münch, med. Wochenschr., 1909, Nr. 49. 

1. Beide Verfasser besprechen in zwei getrennten Artikeln 
die Güte des Liquor ferri valerianatus des Eisen-, 
valerinates), hergestellt von der Firma F. Riebel, Apotheker, 
Woldegk in Mecklenburg-Strelitz. Der Liquor enthält die wirk¬ 
samen Bestandteile der Baldrianwurzel und 0,2% metallisches 
Eisen, Die Kombination dieser beiden Arzneimittel erscheint 
zur Hervorhebung einer sedativen und roborierenden Wirkung 
durchaus rationell. Ein Zusatz von Fol. Menth, pip. macht für 
viele das Präparat schmackhafter. Es wird eßlöffelweise ge¬ 
reicht; eine Flasche kostet 1,80 M. Indikationen sind Anämie, 
Migräne, Hysterie, Herzklopfen, Kopfschmerz, nervöse Unruhe, 
Schlaflosigkeit usw. 

2. Von den modernen Desinfektionsmethoden steht die mit 
Formalin obenan. Ihre allgemeine Einführung scheitert aber 
oft an der Umständlichkeit des Verfahrens, schweren Beschaffung 
der Apparate und dem hohen-Preise. Man verlangt aber heut¬ 
zutage von einer Desinfektion, daß sie einfach, billig, sicher 
und gefahrlos ist. Daraufhin nun hat, Verf. mehrere Formalin - 
desinfektionsverfahren geprüft: 1. den Apparat von Dieu - 
donne, 2. mit Formalin-Kaliumpermanganat, 3. mit Festo- 
forrn-Kaliumpermanganat, 4. mit Formogaii-Kaliumperanganat 
und 5. mit Paraformpulver-Kaliumpermanganat. Die ver¬ 
gleichenden Untersuchungen haben ergeben, daß das letztere 
Präparat allen Ansprüchen am meisten genügt und am billigsten 
ist. 1 kg Paraformpulver kostet bei Büchner & 8ojni 
in München 3,90 M. Aus 1 den Untersuchungen H.s geht folgendes 
hervor: 1. Die Entwicklung von Formaldehyd aus der Handels¬ 
ware Paraformpulver durch Kaliumpermanganat und Wasser im 
Verhältnis 1:2:3 (auf 100 cbm Raum 1000 g Paraform, 2000 Kal. 
permang. und 3000 Wasser hat in abgedichteten Räumen die 
gleiche Wirkung wie die Verdampfung durch Apparate. 2. Das 
Verfahren ist in desinfektorischer Wirkung und chemischer 
Ausnutzung der Reagentien den bisherigen Methoden mit For¬ 
maldehyd und Kal. permangan. überlegen. 3. Es ist das billigste. 
Verfahren. 4. Seine Handhabung am einfachsten (Emailletöpfe 
von ca. 35 cm Durchmesser und 30 cm Höhe . 5. In Notfällen 
bei höherer Temperatur kann die Anwendung ohne Abdichtung 
erfolgen. 6. Das Paraformpulver ist haltbar und leicht transport¬ 
fähig und untersteht keinem gesetzlichen Schutz. Die An¬ 
wendung'erfolgt in der Weise, daß das Paraformpulver mit der 
entsprechenden Menge Wasser zu einer milchigen Suspension 
angerührt und das Kaliumpermanganat dann hinzugesetzt wird, 
die Reaktion setzt nach zwei Minuten ein. Man hat also Zeit 
zu ordentlicher Durchmischung, und es können mehrere Gefäße 
von einer Person bedient werden. Es entsteht dann ein dichter, 
weißer Nebel, der undurchsichtig wird. Altes Paraform hatte, 
wie schon erwähnt, dieselbe Wirkung wie frisches. 


( 










7S 


THEEAPEUTISCHE EUNDSCHAU. 


Nr. 5 


Technische Neuerscheinimgen, 

Apparat für Datierirrigation. 

Der nach den Angaben von Herrn Dr. T h i e s an der 
Königl. chirurg. Universitätsklinik zu Gießen konstruierte 
Apparat besteht, wie aus der nebenstehenden Ab bildu ng 
ersichtlich, in seinen wesent¬ 
lichen Bestandteilen, aus dem 
Stativ A, dem Glasgefäße B, 
dem Behälter C für die 
Tropfflüssigkeit, dem An¬ 
wärmekolben D und der 
Heizvorrichtung' E. 

Die zu irrigierende Flüs¬ 
sigkeit wird durch den 
Schlauch weitergeleitet. 

In das Glasgefäß B, des¬ 
sen Graduierung eine genaue 
Bestimmung des Flüssig¬ 
keitsvolumens gestattet, ist 
ein mit Gummistopfen einge¬ 
dichtetes Glasrolir einge¬ 
führt, das in bekannter Weise 
mit einer Tropfvorrichtung 
versehen ist. Eine Einstell¬ 
vorrichtung gestattet es, die 
in der Zeiteinheit aus¬ 
tropfende Flüssigkeit, welche 
in C gesammelt wird, genau 
zu begrenzen. 

Aus dem Behälter C tropft 
die Flüssigkeit mit sichtbar 
fallenden und durch eine 
zweite Tropfvorrichtung re¬ 
gulierbaren Tropfen in den 
Anwärmekolben D. Das Ver¬ 
bindungsrohr zwischen C und 
D ist durch ein Ueberlauf- 
rohr mit dem Luftraum in 
Verbindung gebracht, so daß 
ein Ueberdruck durch Dampf - 
bildung usw, im Apparat nie 
eintreten kann. Der An¬ 
wärmekolben D wird mit sei¬ 
nem Flüssigkeitsinhalt durch 
eine beliebige Heizung auf 
einer genau einstellbaren 
Temperatur gehalten. Ab¬ 
lesbar ist diese Temperatur 
an einem Thermometer, des¬ 
sen Quecksilberkugel sich an 
der Stelle befindet, bei welcher die Flüssigkeit bei 1) aus- 
tritt und durch den Gummisehlauch F weitergeleitet wird. 
Der Querschnitt dieses Gummischlauches kann durch 
einen Quetschhahn beliebig verengt werden. 

Der Arbeitsgang' bei der Benutzung dieses Apparates 
ist' folgender: 

Das Gefäß B wird mit Flüssigkeit gefüllt und die 
Tropfeinrichtung von B so eingestellt, daß der Behälter C 
sieh bis zu einer bestimmten Höhe mit der abtropfenden 


Flüssigkeit füllt; begrenzt wird das Flüssigkeitsniveau 
durch den höchsten Punkt der Abschrägung des Eohres, 
durch welches die Flüssigkeit aus B heraustropft. 

Hat die Flüssigkeitsoberfläche ihren höchsten Stand 
erreicht, so wird dem Behälter B automatisch tropfenweise 
nur so viel Flüssigkeit entnommen, als aus C weiter abge¬ 
geben wird. 

Durch geeignete Anstellung der Tropfvorrichtung des 
Behälters C läßt man die zu irrigierende Flüssigkeit mit 
sichtbar fallenden Tropfen in den Anwärmekolben D herab¬ 
tropfen und reguliert durch Einstellen der Heizvorrichtung 
E, des Quetschhahnes im Gummischlauch F und der Tropf¬ 
vorrichtungen B und 0 den Apparat so ein, daß in dem 
Verbindungsrohr zwischen D und C sieh eine ganz be¬ 
stimmte Flüssigkeitssäule von konstanter Höhe einstellt, 
deren Ueberdruck groß genug ist, um dem Patienten mit 
absoluter Sicherheit genau bestimmbare Fliissigkeits- 
mengen mit einer beliebig einstellbaren Temperatur zuzu¬ 
führen. 

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hilft einem längst gefühlten Bedürfnis ab. 

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Deckel gegen hereinfallende Staubpartikel usw. geschützt. 

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natürlich mit einem gewissen Gefälle zugeführt wer¬ 
den muß. 

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Lautenschläger in Berlin. Bosen. 

Bücherbespreclmngen. 

Schweizerische Rundschau für Medizin. Revue suisse ttTT 
medecine, 1910, Nr. 1. 

Vorliegende Rundschau erscheint seit dem 1. Januar d. Js. 
Die Beiträge sind teils in deutscher, teils in französischer 
Sprache geschrieben. Die Revue hat sich zum Ziel gesetzt, 
ein möglichst vollständiges Bild von der wissenschaftlichen und 
literarischen Tätigkeit des schweizerischen Aerztestandes zu 
geben, sowie die Schweizer Aerzte romanischer und deutscher 
Zunge einander näher zu bringen. —r. 

Zur Bekämpfung der Tuberkulose. Von Dr. med. Blümel , 
Halle a. S., Spezialarzt für Lungen- und Halskrankheiteiw 

Dies Schriftchen ist aus mehreren Aufsätzen entstanden, 
die anläßlich der Ausstellung des' Tuberkulose-Wandermuseums 
iu Halle in der dortigen „Saale-Zeitung“ erschienen. Verf. 
hat es als Broschüre drucken lassen, um es vorerst seinen 
Patienten und deren Angehörigen übergeben zu können, in der 
Hoffnung, daß es über das Wesen der Tuberkulose aufklärt 
und zur Mitarbeit bei der Bekämpfung anregt. Das Heftehen 
faßt in vier Abschnitten das Wichtigste über Entstehung, Ver¬ 
breitung, Schutz und Behandlung sowie Bekämpfung der Volks- 
krankheit Lungentuberkulose kurz in geschickter Weise zu¬ 
sammen. Das Büehelchen (16 Seiten stark würde sich sehr zur 
Massenverbreitung unter der Bevölkerung eignen. — r. 

Bulletin mensuel de la societe d’etudes scientifiques sur 
la tuberculose. J. Ga ins he. Paris 1910. 

Unter den interessanten Beiträgen, welche in vorliegender 
Schrift erscheinen, ist von großem Werte die Arbeit: La ba- 
eillurie tuberculeuse chez les phthisiques imlmonaires, worin 
' mitgeteilt wird, daß die Bacillurie bei Lungenkranken relativ 



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sind stets in doppeltem Briefumschlag an uns zu übersenden, von 
I welchem der äußere mit unserer Adresse, der innere links oben 
i mit der betreff. Chiffre (z. B. „R. K. 1899“) versehen sein muß. 
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1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


selten ist ; daß sie ferner nicht immer mit Albuminurie vergesell¬ 
schaftet ist. In einzelnen Fällen erscheinen selbst bei vor¬ 
geschrittener Nierentuberkulose nur höchst selten Tuberkel- 
bazillen im Urin. Ein anderer Beitrag handelt über Aus¬ 
kultation der beginnenden Lungentuberkulose. -~r. 


Allgemeines, 

Die Hufelandsche Gesellschaft wird am 1. Februar d. Js. 
ihr 100 jähriges Bestehen feiern. In dir Hochschule für Musik 
in Berlin wird aus Anlaß dieser Feier ein Festakt statt¬ 
finden. Die Festreden sind: Hufeland und die Hufelandsche 
Gesellschaft, von Hansemann; Hufeland als Arzt. 
Strauß; Hufeland als BalneoJoge, B r i e g e r. Für die Teil¬ 
nehmer der Zentenarfeier der H u f e l a n d sehen Gesellschaft 
wird bekannt gegeben, daß die Festsitzung am 1. Februar im 
großen Saale der königlichen Hochschule für 
Musik um 7Va Uhr beginnen wird. Das Festessen am nächsten 
Tage findet im Landwehr-Offizier-Kasino um 8 Uhr statt. 

Die Berlin-Brandenburger Aerztekammer plant die Grün¬ 
dung einer Darlehnskässe; es soll in der nächsten Sitzung 
darüber beraten werden. Der Zweck dieser Einrichtung soll, 
sein, Aerzten, welche sich in einer Notlage befinden, zu einem 
billigen Zinsfüße Darlehen zu gewähren. Zunächst soll zur 
Einrichtung und Fundamentierung dieser Kasse die Summe von 
10 000 M. aus dem vorjährigen Ueberschusse genommen werden. 

Eine zweite Fürsorgestelle für Krebskranke wird im Osten 
Berlins eingerichtet. Anfangs scheuten sich die Kranken, welchen 
der Name Krebs-Fürsorgestelle Furcht einflößte, sich dorthin 
zu begeben. Doch hat sich diese Furcht, seitdem es mehr und 
mehr bekannt wird, daß der Krebs heilbar ist, gelegt, so daß 
die eine Fürsorgestelle kaum noch den Andrang der Patienten 
zu bewältigen vermag. 

Die französische Kommission, welche zu Studienzwecken ent¬ 
sandt war, speziell zur Besichtigung von Krankenhäusern, war 
unter Führung von Courmont drei Tage in Berlin und be¬ 
sichtigte die Charite, das Schöneberger Krankenhaus sowie 
das Virchow-Krankenhaus. 

Das Deutsche Zentralkomitee für ärztliche Studienreisen 

macht folgendes bekannt: ,,An die Mehrzahl der Berliner und 
wohl auch an auswärts wohnende Aerzte ist vor kurzer Zeit 
das Programm eines ».Komitees für ärztliche Frühjahrs-Studien¬ 
reisen“ zur Versendung gelangt, welches neben Inseraten die 
Aufforderung an Aerzte und Nichtärzte zur Teilnahme an 
einer für das Frühjahr 1910 geplanten Auslandsreise enthält. 
Die Personen, welche das Komitee bilden, sind in dem Pro¬ 
gramm nicht namhaft gemacht; nur an einer Stelle befindet 
sich eine Aufforderung, eventuelle Zahlungen auf das Bank¬ 
konto eines Berliner ärztlich approbierten Zahnarztes zu leisten, 
desselben Herrn, der im vorigen Jahre als Generalsekretär eines 


Komitees mit ähnlich kliugendem Namen ebenfalls die Auf¬ 
forderung zur Teilnahme an einer — überdies nicht zustande 
gekommenen — ,.ärztlichen Frühjahrsreise“ erließ. Das jetz.t 
zur Versefldung gelangte Programm des „Komitees für ärztliche 
Frühjahrs-Studienreisen“ enthält in einer Fußnote den Ver¬ 
merk, daß dieses Komitee mit dem Deutschen Zentralkomitee 
für ärztliche Studienreisen nicht verwechselt zu werden wünscht. 
Trotzdem sind in letzter Zeit so zahlreiche Anfragen an das 
Zentralkomitee ergangen, daß dasselbe es für notwendig hält, 
ausdrücklich und nachhaltigst darauf aufmerksam zu machen, 
daß Beziehungen irgendwelcher Art zwischen ihm und dem 
„Komitee für ärztliche Frühjahrs-Studienreisen“ nicht bestehen.“ 

In Hamburg, wo zurzeit eine schwere Diphtherieepidemie 
herrscht, hat das Medizinalkollegium folgenden Aufruf an die 
Bevölkerung erlassen: „Angesichts der in der jetzigen Jahres¬ 
zeit wieder häufiger auf tretenden schweren Halserkrankungen 
wird den Angehörigen erkrankter Kinder empfohlen, den Arzt 
sobald als möglich zu Rate zu ziehen, da der Verlauf solcher 
Fälle sich oft nur, weil der Arzt zu spät geholt wird, un¬ 
günstig gestaltet.“ Sodann hat das Medizinalkollegium 3000 M. 
für unentgeltliche Abgabe des Diphtherieheilserums an unbe¬ 
mittelte Patienten bewilligt. Auch hat das Kollegium Ein¬ 
richtungen getroffen, um die bakteriologische Diagnose zu be¬ 
schleunigen, da ja gerade bei Anfangsstadien das Mittel in seiner 
ganzen Ausdehnung erfolgreich zur Wirkung kommt. 

V ie die Tageszeitungen melden, ist ein vom Ausland nach 
Berlin zugereister Arzt an schwarzen Pocken erkrankt. Es 
wurde frühzeitig die Diagnose gestellt, so daß die Isolierung 
des Erkrankten rechtzeitig erfolgen und damit die Weiter- 
Verbreitung der Krankheit voraussichtlich verhindert werden 
konnte. 

Der Polizei-Präsident von Berlin erläßt unter dem 7. Januar 
d. Js. folgende Bekanntmachung: Die am 1. Januar 1910 in 
Kraft getretene deutsche Arzneitaxe für das Jahr 1910 ist 
in der W e i d m a n n sehen Buchhandlung hier, SW. 12, Zimmer¬ 
straße 94, erschienen und daselbst käuflich zu haben. 

Das preußische Oberverwaltungsgericht hat das Verbot der 
Polizei in Preußen, wonach die von der Naturheilkünstlerin 
Minna Kube gehaltenen Vorträge mit Lichtbildern (wie „Liebe 
und Ehe“, „Wie die Frau den Mann fesseln kann“ verr 
boten sind, anerkannt. Es ■wurde festgestellt, daß diese Vor¬ 
träge geeignet wareu, das Scham- und Sittlichkeitsgefühl bei 
Frauen und Mädchen zu verletzen. 

Nach den neuesten statistischen Mitteilungen im Reichs- 
Medizinal-Kalender kommen auf je 10 000 Einwohner 
in Deutschland 5,004 Aerzte. Die Gesamtzahl der Aerzte in 
Deutschland beträgt 31 969. In Groß-Berlin hat die Zahl der 
Aerzte um 112 zugenommen; sie beträgt in diesem Jahre 
3844 Aerzte. Eine Abnahme hat im Osten (in Ost- und West¬ 
preußen) stattgefunden. — Auch die Anzahl der Aerztinuen 
ist gestiegen von 55 auf 69; davon hat Berlin 21. Spezial - 
ärzte gibt es in Deutschland 4441, davon sind 1219 in Berlin. 



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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 5 


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Mülheim (Rhein). • 
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Munster, Hann. 

Nackenheim, Rhh. 
Neu-Isenburg, Kr.öffb. 
Neustettin i. Pom. 
Niederwürzbach, Pfalz. 
Nordgermersleben 
I (Kr. Heuhaldensleben), 

Oberbetschdorf i. Eis. 
Oberhausen i. Rhld. 
Obersept, O.-Els. 

Ober- u. Nieder-Ingel- 
heim, Rhh. 
Oderberg i. Mark. 
Offenbach a. M. 

Pattensen i. Hann. 
Pinne i. Posen. 
Puderbach(Kr.Nemvied). 

Quint b. Trier. 

Rastenburg, O.-Pr. 


Recklinghausen i. W. 
Rhein (O.-Pr.). 
Rothenkirchen- 
Preßig, Oberfr. 

I 

Salzwedel, Prov. Sa. 
Schirmeck-Saales i.E. 
Schlettstadt, Eis. 
Schornsheim (Rhb.). . 
Schwandorf (Bay.). 
Schwarzach i. Ba. 
Schwetzingen, Ba. 
Soldau O.-Pr. 

St. Ludwig, O.-Els. 
Stettin , Fab.-K.-K.-Vulk. 
Strausberg i. Brdbg. 
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Thalheim i. Erzgeb. 

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Wallhausenb.Kreuznach. 
Walsheim b. Blieskastel. 

Weibern i. Rhld. 
Weidenthal, Pfalz. 
Weilheim, Bay. 
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Weißenfels (Saale). 


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stiitzungs- Zuschuß- Kasse 
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Ueber vorstehende Orte und alle Verbandsangelegenheiten erteilt jederzeit Auskunft der Generalsekretär G. Kuhns, Arzt, Leipzig, Dufourstraße 18, II, Sprechzeit 
nachm. 3-6 (außer Sonntags). Kostenloser Nachweis von Praxis-, Auslands-, Schiffsarzt- und Assistentenstellen sowie Vertretungen. 


Verantwortlich: Für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. med. A. Moeller. Berlin W. 35. Für „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski, Berlin-Rixdorf. 
Verlag: Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9. — Druck von Carl Marschncr, Buchdruckerei, Berlin SW. 68. 


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TherapeutischeRundschau 

Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 

Redaktion: Verlag und Expedition 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

_ Telephon: Amt VI. 17271. j Telephon: Amt VI. 3020. 

IV. Jahrgang. Berlin, 6. Februar 1910. Nr. 6. 


Die ..Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den Verlag 
sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Ouartalschluss abbestellt sind. Inserate werden für die 4gcspaltcne 
Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt. 


Originalieu: 

S. Weißbein, Berlin: Die balneologische Behandlung der Blut- 

erkrankungen. 81 

M. Peltzer, Steglitz: Die Kaiser-Wilhelins-Akademie für das 
lnilitärärztlicheBildungswesen bei ihrem bevorstehendem Umzug 
in ein neues modernes Heim (Fortsetzung statt Schluß) . . . <s4 
Referate: 

K. Fürsterling, Mors: Chirurgie.85 

E. Pinczower, Berlin-Tempelhof: Hygiene.86 

sA\. Busch, Bcrlin-Halensee: Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten 87 

' Eugen Net er, Mannheim: Kinderheilkunde.88 

M. Hirsch, Bad Kudowa: Balneologie.88 

Geißler, Ncu-Ruppin: Pathologische Anatomie. . .... 91 
v. R u t k o vt s k i, Berlin: Varia.91 


Mitteilungen Uber Arzneimittel: 

W. Krüger, Magdeburg: Referate ..92 

Technische Neuerscheinungen: 

Fürbringer, Wittenberg, Bez. Halle: Taschenspuekbüchse . . 9.5 

11 ugo N eum ann ,Wien: Ein neues Adenotom (Ref.: R o s e n, Berlin) 9-5 

BUcherbesprechungen: 

• ,). Heyn: Altes und Neues aus dem Gebiete der Stoffwechsel¬ 
krankheiten . 94 

F. Sichert: Der ärztliche Ratgeber in Bild und Wort. Atlas 
und Hausbuch für Gesunde und Kranke (lief.: Geißler, 

Neu-Ruppin). 

Allgemeines. ^ 


ORIGINALIEN. 

Die balneologische Behandliuig der 
Bl uterkra nkungen. 

Von Dr. S. Weissbein in Eerlin. 

Erkrankungen des Blutes sind in unserer modernen 
Zeit durchaus keine seltenen Erscheinungen, besonders die 
leichteren Formen derselben. Esj ist dies auch erklärlich 
aus dem Einfluß, den das moderne Hasten und Treiben mit 
seinen großen Ansprüchen an die körperlichen und geisti¬ 
gen Kräfte auf die gesamte Körperkonstitution ausübt, 
es ist dies häufig zurückzuführen auf unregelmäßige und 
unzweckmäßige Nahrungsaufnahme, wodurch die Ver- 
dauuug'swege leiden und den Körpergeweben durch das 
Blut die zur Ernährung erforderlichen gasförmigen und 
gelösten Substanzen nur in unzureichender Menge zu- 
gefülirt werden. Besonders schädigend wirkt das Leben 
in den Großstädten, wo nicht selten die Nacht zum Tag 
gemacht wird und die verführerischen Gelegenheiten zu 
Exzessen aller Art gern benutzt werden. Hand in Hand 
mit der Verschlechterung der Körpersäfte bildet sich 
langsam aber sicher eine Schwächung sämtlicher Organe, 
besonders auch des Nervensystems, heraus. 

Die normale Beschaffenheit des Blutes ist von ver¬ 
schiedenen Faktoren abhängig. Zunächst müssen dem 
Körper in genügender Menge Nalirungsstoffe zugeführt 
werden;, besonders sind hierbei die Mineralsalze zu be¬ 
achten, deren Bedeutung für den Stoffwechsel durch die 
modernen katalytischen Forschungen immer mehr in den 
Vordergrund tritt. Es müssen ferner diejenigen Organe, 
die für die Assimilation in Betracht kommen, leistungs¬ 
fähig sein und auch die arbeitenden und ausscheidenden 
Organe müssen intakt sein, um die Gesundheit des Blutes 
aufrecht erhalten zu können. Wenn in diesem großen Me¬ 
chanismus auch nur ein Rad nicht funktioniert, so wird 
sich dies dadurch erkenntlich machen, daß die Zusammen¬ 
setzung des Blutes geschädigt wird. 

Selbstverständlich dürfen auch die bluthilden- 
(I e u O r g a n e nicht gelitten haben. Die roten Blut¬ 
körperchen entstammen bekanntlich dem Knochenmark, 
die weißen kommen zum größeren Teil gleichfalls aus dem¬ 
selben, zum kleineren Teil aus den Lymplidrüsen. Wenn 


also dasKnochenmark oder die Lymplidrüsen erkranken, so 
dokumentiert sich dies durch eine abnorme Blutmischung. 
Zu erwähnen ist noch, daß eine solche auch dann eintritt, 
wenn sich giftige Substanzen im Blutkreislauf finden oder 
ein abnormer Blutverlust stattfindet. 

Als B 1 u t k r a n k h e i t müssen wir jede längere 
Zeit anhaltende Veränderung der normalen Blutbescbaffen- 
lieit bezeichnen, und zwar macht sich dieselbe dadurch er¬ 
kennbar, daß sich der Blutfarbstoff, d. li. das an die roten 
Blutkörperchen gebundene H ä m o g 1 o b i n vermindert. 
Es kommt dies so zustande, daß entweder die roten 
Blutkörperchen selbst abnehmen (dann sprechen 
wir von A u ii in i e) oder nur der Farbstoffgehalt sich ver¬ 
mindert (C ll 1 o r ose). Bei einer dritten Form erscheint 
das Häiüog lobin dadurch herabgesetzt, daß sich die Zahl 
der weißen Blutkörperchen bedeutend ver¬ 
mehrt (Lenk ii in i e). _ , 

Bei der A n ä in i e unterscheiden wir die einfache von 
der perniziösen. Während die erstere der Heilung zugäng¬ 
lich ist, führt die letztere unaufhaltsam zum Tode. Die 
blutbildenden Organe sind bei ihr so angegriffen, daß sie 
nicht mehr imstande sind, neue vollwertige Blutkörper¬ 
chen zu produzieren. 

G r o ß e B 1 u t v e r 1 u s t e durch Nasenbluten, ferner 
infolge von Lungen-, Magen-, Darm- oder Nierenblutungen 
führen zu anämischen Erscheinungen, ebenso eine Blutung 
in das Peritoneum oder in die Pleurahöhle. Auch starke 
menstruelle und andere Geuitalblutungen können eine 
Anämie verursachen. Zum Verbluten kommt es erst dann, 
wenn mehr als die Hälfte des gesamten Körperblutes ver¬ 
loren gebt. Nach stärkeren Blutverlusten wird das Blut¬ 
serum wasserreicher, hydraulisch, und es vermindert sich 
die Zahl der roten Blutkörperchen. 

Giftige Substanzen, wie Quecksilber, Arsen, die Gift¬ 
stoffe und Bakterien bei akuten und chronischen I n f e k - 
t i o n s k r a ii k H e i t e n , ferner Eilige weideschmarotzer 
und auch bösartige Geschwülste können gleichfalls eine 
Zerstörung der roten Blutkörperchen hervorrufen und zu 
Anämie führen. Allen diesen Momenten muß mau bei 
einer zweckentsprechenden Therapie natürlich Rechnung 

tragen. • , cJRllj« 

Für die Praxis ist es wichtig, nicht nur die Blut¬ 
körperchen zu zählen und das Blut mikroskopisch zu 














•82 


THERAPEUTISCHE .RUNDSCHAU. 


Nr. 6 


untersuchen, sondern auch den Hämoglobingehalt, den Ge¬ 
halt an Blutfarbstoff, festzustellen. Für den Praktiker ge¬ 
nügt hierzu das T a.l q u i s t sehe Büchlein. Die Unter¬ 
suchung wird so gemacht, daß man ein Tröpfchen Blut 
aus der Fingerkuppe nimmt, mit Fließpapier aufsaugt und 
mittels der Hämoglobinskala, die sich am Schluß des 
Buches befindet, den Hämoglobingehalt bestimmt. Eine 
solche Bestimmung kann jeder Arzt in seinem Sprech¬ 
zimmer ausführen und auf diese Weise durch Unter¬ 
suchungen leicht vor und nach der Kur den Erfolg der Be¬ 
handlung kontrollieren. 

Besonders günstig für die Behandlung ist diejenige 
Form der Blutarmut, welche vorzugsweise beim weib¬ 
lichen Geschlecht zur Zeit der Geschlechtsreife vorkommt 
und mit C h 1 o r o s e bezeichnet wird. Hier ist der Hämo¬ 
globingehalt wesentlich stärker herabgesetzt als die Zahl 
der roten Blutkörperchen. 

Schwerer zugänglich für die Behandlung sind die 
Leukämie und die Pseudoleukii m i e; seit jeher 
verwendet man bei diesen Erkrankungen mit Vorliebe das 
Arsen und wird auch in der balneologischen Therapie ge¬ 
rade Quellen bevorzugen, die Arsen enthalten, wie z. B. 
Levico und Kudowa. Wenn man auch bei diesem 
Leiden kaum mehr erreichen kann, als daß man den Ver¬ 
lauf der Krankheit erleichtert und das Gesamtbefinden zu 
bessern imstande ist, so ist auch dies schon immerhin der 
Mühe wert. 

Von allen Bluterkrankungen sind jedenfalls am gün¬ 
stigsten zu beeinflussen die Chlorose und die einfache 
Anämie. Man muß hierbei betonen, daß man schon im 
Kindesalter mehr Wert auf die Behandlung der Blutarmut 
legen müßte. Es ist entschieden falsch, wenn man sich 
selbst und die Eltern damit hinwegtröstet, daß die Kinder 
im Wachsen, daß sie noch in ihrer Entwicklung begriffen 
sind, und sich das alles späterhin legen wird, oder wenn 
man einem blutarmen jungen Mädchen den Rat gibt, sie 
müsse heiraten, dann werde schon alles besser werden. 
Chlorose kommt auch bei verheirateten Frauen durchaus 
nicht selten vor. Außerdem besteht noch bei Blutarmen 
die Gefahr, daß sie zu Blutungen und Herzaffektionen 
neigen, die bei einer Schwangerschaft zu unangenehmen 
Folgen führen können. 

Es aknn tatsächlich einmal Vorkommen, daß sich die 
Gesamtkonstitution nach der Ehe von selbst allmählich 
hebt oder infolge geordneter Lebensverhältnisse die Blut¬ 
beschaffenheit zu normalen Verhältnissen zurückkehrt. 
Aber solchen Zufälligkeiten sich auszusetzen und im Ver¬ 
trauen auf dieses alte Ammenmärchen nichts zu tun, die 
Hände ruhig abwartend in den Schoß zu legen, das ist doch 
entschieden kein guter ärztlicher Rat. Daß es sich bei der 
kindlichen Chlorose nicht um einfache physiologische Vor¬ 
gänge handelt, die mit der Entwicklung in Zusammenhang 
stehen, können wir am besten daraus ersehen, daß es doch 
viele Menschen gibt, die von Geburt an kräftig und blühend 
sind und auch in den Entwicklungsjahren so bleiben. Es 
ist direkt eine bedauernswerte Tatsache, daß auch heute 
noch im Laienpublikum vielfach die Ansicht vertreten 
wird, die Kinder seien nur etwas blaß, weil sie zu stark 
wachsen. Und wenn die Eltern etwas tun, dann greifen 
sie häufig, ohne einen ärztlichen Rat einzuholen, zu allen 
möglichen Eisenpräparaten ohne jede Kritik und im 
besten Vertrauen auf die oft überschwengliche Zeitungs¬ 
reklame. 

Und doch ist die Blutarmut keine so einfache Er¬ 
krankung. Können sich doch gerade zur Zeit der Ent¬ 
wicklungsjahre auf ihrem Boden leicht tuberkulöse 
Erkrankungen entwickeln, auch die Funktion des Herzens 
kann in bedenklicher; Weise leiden, die Nerven werden in 
Mitleidenschaft gezogen, und nicht selten entwickelt sich 


auf dieser Grundlage schon im kindlichen Alter' eine 
schwere Hysterie. 

Hinter der einfachen blassen Gesichtsfarbe können 
sich schwere andere Krankheiten verbergen. Von der 
Tuberkulose habe ich schon gesprochen und muß bei 
dieser Gelegenheit nochmals hervorheben, daß bei der Ver¬ 
hütung dieser Erkrankung die ärztliche Tätigkeit nicht 
erst dann beginnen darf, wenn wir schon eine, leichte 
Dämpfung über den Spitzen und Rasselgeräusche fest¬ 
stellen können. Nein, schon dort, wo sieh der Boden vor¬ 
zubereiten scheint für diese so schwerwiegende Erkran¬ 
kung, wo die Widerstandsfähigkeit infolge der schlechten 
Blutbeschaffenheit herabsinkt, schon da müssen wir ein- 
greifen und werden, wenn wir dies energisch tun, nicht 
wenig dazu beitragen, die Verbreitung der Tuberkulose 
einzudämmen, in höherem Grade jedenfalls, als wenn wir 
erst bei beginnendem Lungenspitzenkatarrh die Patienten 
in Behandlung nehmen. Mit Rücksicht darauf kann man 
nicht früh genug beginnen, die einfache Blutarmut mit 
ernsterem Auge zu betrachten und energisch zu bekämpfen. 

Besonders wichtig ist ein sorgsames ärztliches Vor¬ 
gehen dann, i wenn wir skrofulöse Erscheinungen uach- 
weisen können. Solche Kinder neigen erfahrungsgemäß 
sehr leicht zu schwerer tuberkulöser Erkrankung. 

Mitunter verbirgt sich hinter der einfachen Blutarmut 
eine chronische Nierenentz ii n d u n g , wie sie 
im Anschluß an Infektionskrankheiten, ja selbst an eine 
einfache Angina entstehen kann. Mit H e r z k r ank- 
beiten gehen die anämischen Zustände auch öfter Hund 
in Hand, zu beachten ist auch bei der Behandlung der 
Blutarmut — was ich nochmals hervorheben möchte - 
der Umstand, daß dieselbe mitunter durch Ein- 
g e w e i d e w ii r m e r hervorgerufen wird. 

Neben der allgemeinen Hautblässe und der blassen 
Färbung der Schleimhäute hören wir häufig am Herzen 
und in den Venen infolge des unge n ii g e n d e u F ii 1 - 
1 ungszustimdes sogenannte „anämische Geräusche“, 
die vor allem nicht mit den Geräuschen der Klappenfehler 
zu verwechseln sind. Man muß deshalb die Kranken im 
Stehen und Liegen untersuchen, da im letzteren Falle die 
sogenannten anorganischen Geräusche gar nicht oder nur 
sehr schwach hörbar sind. Das allgemeine Befinden der 
Patienten leidet je nach dem Grade der Anämie, sie sind 
müde und schlaff, die Herztätigkeit ist häufig eine leicht 
erregbare, sei es, daß das M y o k a r d selbst schon ge¬ 
litten hat, oder es sich nur um rein nervöse Herz- 
Lese h w e r d e n handelt. In diesen Fällen ist dann Puls 
und Atmung oft beschleunigt, mitunter tritt sogar Atem¬ 
not ein, die dadurch hervorgerufen werden kann, daß die 
herabgesetzte Menge des Hämoglobins, das den Sauerstoff¬ 
träger des Blutes darstellt, dazu geführt hat, daß das Blut 
zu wenig Sauerstoff aufweist. Nicht selten ist auch der 
Magen-Darmkanal beeinträchtigt, die Salzsäureausschei- 
dnng ist herabgesetzt und die Darmtätigkeit eine trüge. 

Da die Ursachen der Blutarmut sehr häufig in man¬ 
gelhafter Ernährung, sitzender Lebensweise, besonders in 
Ziminerluft, in ungesunden Wohnungsverhältnissen, in 
geistiger Ueberarbeitung, in körperlicher Anstrengung zu 
suchen sind, so sind selbstverständlich zunächst bei der 
Behandlung clilorotischef und anämischer Zustände all 
diese Momente zu berücksichtigen. 

Für die Großstädter ist es erforderlich, daß sie mög¬ 
lichst viel ins Freie zu kommen suchen. Wer es irgend 
kann, soll wenigstens einmal im Jahr auf einige Wochen 
hinaus in die frische Natur eilen, entweder — bei be¬ 
schränkteren Mitteln — auf das Land oder ins Gebirge 
und an die See. Als Badeorte empfehlen sich besonders 
diejenigen, die sieh durch den Eisen- resp. Arsengehalt 
ihrer Quellen auszeichnen und kohlensaure Bäder zur An¬ 
regung der Hauttätigkeit und Kräftigung der Zj.rkulations- 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


83 


Organe besitzen, wie z. B. Elster, Franzensbad, Kndowa, 
Pyrmont. Erfahrungsgemäß ist es doch ein großer Unter¬ 
schied, ob die Patienten zu H ause ein Eisenpräparat 
nehmen, oder in einem Badeort eine regelrechte Kur ge¬ 
brauchen. Denn im häuslichen Betrieb wird das Präparat 
gewöhnlich nicht regelmäßig genommen, man vergißt, 
streng die Vorschriften innezuhalten, es kommt jeden 
Augenblick etwas anderes dazwischen. Wenn man dagegen 
in einen Kurort gellt, so zwingt den Patienten schon das 
Bewußtsein, daß er allein der Kur wegen sich so viele Aus¬ 
gaben macht und nur zu diesem speziellen Zweck dort ist, 
alles zu tun, was der Arzt verordnet. Schon die Entfer¬ 
nung vom Hause wirkt günstig auf die Stimmung des 
Patienten ein. Er lebt in den Badeorten ruhig und regel¬ 
mäßiger, er ist genötigt, früh schlafen zu gehen, und kann 
sieh, da er keine andere Beschäftigung dort hat, ganz 
seiner Gesundheit widmen. 

Bei den fettleibigen Blutarmen werden wir diejenigen 
Stahlbäder bevorzugen, die noch eine Salzquelle zur Ver¬ 
fügung haben, wie Franzensbad, Elster, Pyrmont, da eine 
regelmäßige Darmentleerung als bestes Hilfsmittel in der 
Behandlung der Fettsucht zu betrachten ist. Bei Kranken 
mit mangelndem Fettansatz würde sich eine 
Eisenarsenbad wie Levico oder Kudowa besser empfehlen, 
da das Arsen den Ernährungszustand des ganzen Orga¬ 
nismus bedeutend hebt. 

Nachdem man lange Zeit darüber gestritten hat, in¬ 
wieweit das Eisen überhaupt einen Einfluß auf die För¬ 
derung der Blutbeschaffenheit haben kann, ob es über¬ 
haupt zur Aufnahme in den Körper gelangt, ist man seit 
den letzten Jahren immer mehr und mehr zu der Ueber- 
zeugung gelangt, daß es für die Therapie der Blutarmut 
unentbehrlich ist. 

Das aufgenommene Eisen stellt nach den neueren Er¬ 
fahrungen ein Reizmittel für die blutbildenden Organe dar 
und spielt eine wesentliche Rolle als Katalysator. In den 
leichteren Fällen genügt das Aufsuchen einer Stahlquelle, 
in schwereren wird eine Quelle, die neben Eisen noch Arsen 
enthält, einen größeren Erfolg versprechen. Ein Auf¬ 
enthalt im Hochgebirge wird von Blutarmen gewöhnlich 
nicht besonders gut vertragen (man bevorzugt mittlere 
Höhen, bis höchstens 1000 Meter), ebensowenig kaltes 
Baden im Fluß oder in der See. 

Früher glaubte man, daß das Eisen Patienten, deren 
Magen- und Dannkanal empfindlich ist und gewisse Stö¬ 
rungen aufweist, nicht zweckdienlich sei. Durch neuere 
Untersuchung, namentlich in der B o a s scheu Klinik ist 
aller erwiesen worden, daß es damit nicht so ängstlich ist. 
Gerade in der Form, in der es bei der Trinkkur in unseren 
Badeorten zur Verwendung kommt, ist es besonders assi¬ 
milierbar; die kohlensäurehaltigen Eisenquellen werden 
leichter und reichlicher resorbiert, weil die Kohlensäure 
anregend auf die Magen- und Darmfunktion einwirkt. 
Selbstverständlich muß man bei magenschwachen Per¬ 
sonen die Trinkkur zunächst mit sehr kleinen Gaben be¬ 
ginnen und ganz allmählich zu höheren Dosen misteigen. 
Nach diesen Prinzipien pflegen auch die Badeärzte vor¬ 
zugehen, trotzdem werden sie mitunter von den Patienten 
mit Klagen bestürmt, daß sie nach der Trinkkur Magen- 
beseliwerden, Leibschmerzen, ja sogar blutige Stuhlgänge 
bemerkt hätten. Wenn man als Arzt einmal die Ge¬ 
pflogenheit mancher Patienten hei der Trinkkur beob¬ 
achtet, dann kann man nicht selten bemerken, wie der eine 
hastig sein Glas heruntertrinkt, der andere, um es recht 
gut zu machen und seine Zeit möglichst auszunützen, statt 
!•> Glas oder 1 Glas mehrere Gläser aufeinmal zu sic-li 
nimmt. Zugegeben werden diese Mißgriffe sehr selten von 
den Patienten. Es ist deshalb wichtig, daß die Badeärzte, 
ihre Kranken in dieser Hinsicht genau aufklären und 
ihnen warm ans Herz legen, alle Vorschriften pünktlich 


innezulialten, wenn sic überhaupt einen Erfolg von der 
Kur erlangen wollen. 

Ein zweiter 1 instand, der die Kranken mitunter vor 
einer Stahlbrunnenkur zuriickschreekt, ist die Annahme, 
daß die Eisenpräparate ungünstig auf die Zähne ein¬ 
wirken. In den Kurorten trinken die Patienten ihren 
Brunnen aus diesem Grunde mittels eines Glasröhrchens 
und werden dazu ungehalten, sich nacli dein Trinken ihre 
Zähne sorgfältig zu reinigen und den Mund 'auszuspülen. 
Das Trinken aus den Glasröhren hat noch den Vorteil, daß 
die Patienten nur kleine Schlucke zu sieh nehmen können, 
wodurch eine Belästigung des Magens vermieden wird. 

Als dritter Punkt ist der Umstand zu beachten, daß 
hei der Blutarmut oft mit der allgemeinen Schwäche eine 
Trägheit und Leistungsfähigkeit des Magen-Darmkanals 
Hand in Hand geht. Die chlorotiselien und anämischen 
Personen leiden deshalb nicht selten, an Verstopfung, und 
erfahrungsgemäß wird dieselbe durch eisenhaltige Stalil- 
büder mitunter verstärkt. Aus diesem Grunde fürchten 
sich viele, den Stahlbrunnen zu sich zu nehmen oder ge¬ 
brauchen gleichzeitig als abführendes Mittel eine Salz¬ 
quelle, wie wir sie in Badeorten wie Franzensbad und 
Elster zur Verfügung haben. Nach unseren modernen An¬ 
schauungen kann man aber auf diese Weise nur in den 
seltensten Fällen Darmatonie dauernd beseitigen. Der 
Gebrauch der Salzquelle ist nicht unwesentlich bei dieser 
Behandlung, heutzutage legen wir unser Hauptaugenmerk 
auf eine richtige diätetisch-physikalische Beeinflussung 
der Obstipation. 

Die Ursache dieser Darmatonie liegt meistens in der 
Blutarmut selbst, die auf den Körper erschlaffend ein¬ 
wirkt, die Muskulatur schwächt, und zwar nicht nur die 
Darmmuskulatur, sondern auch die für die Bauchpresse 
in Betracht kommenden Muskeln. Wenn wir nun durch 
eine zweckentsprechende Trinkkur den allgemeinen Kör¬ 
perzustand liehen, das Blut zu normaler Beschaffenheit 
znrückbringen, dann ist es schon leichter, allmählich die 
Gesamtkonstitution zur vollen Norm zuriiekzuführen. 
Wenn auch das Eisen zunächst die Verstopfung vermehrt 
(übrigens treten auch in manchen Fällen Durchfälle auf), 
so kann dies, wie schon angedeutet, nicht allzu schwer zu 
regulieren sein, wenn man die Diät zweckentsprechend 
einrichtet. Die Patienten müssen viel Gemüse zu sich 
nehmen, saure Milch, Kel'yr genießen und vor allem auch 
frisches Obst nicht verschmähen. Noch heute hört man, 
daß bei Eisen-Trinkkuren frisches • Obst gemieden werden 
muß. Man geht dabei von dem Gedanken aus, daß das 
frische Obst den Magen reize und sich dieser Reiz dem 
der Salze und der Kohleusäure in den Trinkquellen hinzu¬ 
geselle. Dies alles könnte schädlich einwirken. Es ist 
das selbstverständlich auch nur so ein altes Ammen¬ 
märchen, vielleicht ist gerade auf dies strenge Vermeiden 
von frischen Früchten zurückzuführen, daß beim Trinken 
von Stahlquellen so häufig über stärkere Verstopfung ge¬ 
klagt wird. Tm Gegensatz zu solchen alten zopfmäßigen 
Anschauungen kann man nicht genug betonen, daß die 
frischen Früchte nicht reizend, sondern nur an¬ 
rege u d auf die Darmtätigkeit einwirken und gerade für 
Blutarme noch den größeren Vorzug haben, infolge ihres 
hohen Gehaltes an Nähr salzen dazu beitragen zu 
können, daß das Blut zur normalen Beschaffenheit zu- 
riickkelirt. 

Es ist doch anzunehmen, daß hei Bluterkrankungeu 
nicht nur der Eisengehalt, sondern auch der übrige Salz¬ 
gehalt des Blutes herabgesetzt ist, und eine Ergänzung 
dieser fehlenden Salze können wir aus gekochtem Gemüse 
oder gekochtem Obst nur unvollständig erlangen, wir 
müssen uns da an das frische Obst, an die frischen Salate 
halten, eine Kenntnisnahme, die seit den letzten Jahren 
immer mehr zur allgemeinen Beachtung kommt. Salate 





84 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 6 



läßt. man am besten mit Zitrone oder saurer Salme ker- 
richten. Selbstverständlich muß man in der Diät streng 
individualisieren, und es gehört nicht zu der kleinsten 
Mühe des modernen Badearztes, der schon längst nicht 
mehr bloß in der Verordnung der Bäder- und Trinkkur 
seine Pflichten als abgetan ansieht, daß er eine zweck¬ 
entsprechende Diät für seinen Patienten auswählt und er¬ 
probt. Handelt es sich um magere Blutarme, so muß er 
dafür Sorge tragen, daß dieselben unbedingt an Körper¬ 
gewicht zunehmen. In diesem Falle tut er gut, die Kost, 
recht reich an Butter, an Sahne an Eiern, halten zu lassen 
und eventuell auch ein künstliches Nährmittel hinzu¬ 
zufügen, das dem Körper eine bestimmte Menge von Ka¬ 
lorien zuführt, ohne dabei den Magen zu belästigen. 

Bei der Frage der Ernährung ist von besonderer Be¬ 
deutung, daß man Nahrungsmittel aussucht, die reich an 
Eisen sind. Nach B u n g e enthalten 100 g Trockensub¬ 
stanzen: 

von Spinat 35 g Eisen, von Karotten 9 g Eisen, 

„ Eigelb 22 J, „ ,, Bohnen 8 „ 

„ Spargel 20 „ „ „ Kartoffeln 6 ,, ,, 

„ Rindfleisch 17 „ ,, „ Kuhmilch 2,3 „ „ 

„ Aepfel 13 „ „ , Reis 2 „ „ 

Auffallend ist, daß gerade die Milch ziemlich eisen¬ 
arm ist, trotzdem stellt sie ein gutes Nahrungsmittel für 
Bleichsüchtige dar. Besonders betont werden muß, daß 
man die Mahlzeiten regelmäßig innehalten läßt und 
dafür sorgt, daß die Patienten langsam essen und gut 
kauen. 

Zu weiteren Maßnahmen zwecks Beseitigung der Ver¬ 
stopfung verwendet man mit gutem Erfolg liydrothera ; 
peutisehe Prozeduren,.sei es, daß schon.allein ein Pr ie fi¬ 
nit z scher Leibumschlag genügend ist, sei es, daß man 
zu wechselwarmen Leibduschen übergeht. Auch Massage, 
Elektrizität und gymnastische Hebungen sind nicht außer 
Acht zu lassen. 

ln unsern Bädern dient weiterhin als ein vorzügliches 
Hilfsmittel bei der Bekämpfung der Blutarmut und der 
darauf resultierenden Beschwerden die Benutzung der 
kohlensauren Stahlbäder, die anregend auf die Hauttätig¬ 
keit wirken, die Herztätigkeit erleichtern und kräftigen 
und auf das Nervensystem einen wohltuenden Einfluß 
ausüben. 

Zur Nachkur nach dem Aufenthalt in Stahlbädern 
empfiehlt es sich einen Ort in mittlerer Gebirgslage auf¬ 
zusuchen oder auch ein Seebad, dessen salzhaltige Luft 
milde anregend wirkt, dort kann der Patient noch einige 
warme Seebäder nehmen und vor allem den günstigen Ein¬ 
fluß der Sonne, am Strand gelagert, auf sich einwirken 
lassen. Betonen möchte ich noch, daß — abgesehen von 
ganz leichten Fällen von Blutarmut — ein Seeaufenthalt 
allein nicht zur Heilung auszureichen pflegt. Die Patienten 
werden dort wohl gebräunt und scheinen so eine frische 
Farbe aufzuweisen. In Wirklichkeit sind sie meistens 
nicht viel weniger blutarm wie zuvor, und die sichtbaren 
Schleimhäute fallen bei genauerem Hinsehen sofort durch 
ihre blasse Färbung ins Auge. In neuerer Zeit ist auch 
von Steinsberg die Anwendung heißer Moorbäder bei 
Chlorosen empfohlen worden, namentlich in der Pubertäts¬ 
zeit und der ihr folgenden Epoche schon aus dein Grunde, 
weil Chlorosen in dieser Zeit oft auf gewisse Genital¬ 
erkrankungen zurückzuführen sind, gegen die sich ja 
Moorbäder häufig bewährten. 

Auf einen Punkt müssen wir noch hinweisen, der heut¬ 
zutage schon mehr wie früher im Vordergrund des Inter¬ 
esses steht, dies ist die Frage des S p o r t. e s. Auch der 
Sport dient als ein Hilfsmittel bei der Behandlung der 
Chlorose und einfachen Anämie. In der freien Zeit eines 


Badeaufenthaltes ist es sehr wichtig, daß man diese Art 
der Beschäftigungstherapie, die gleichzeitig für die 
Körpermuskulatur und die Zirkulationsorgane eine 
Uebungstherapie darstellt, nicht außer Acht läßt. Man 
muß selbstverständlich je nach der Konstitution des 
Kranken geeignete Abstufungen treffen und dafür sorgen, 
daß keine Ueberanstrengung eintritt. 

Es kommt nicht nur darauf an, die Blutbeschaffenheit 
einigermaßen zur Norm zurückzuführen oder den Patienten 
zu mästen, es ist mindestens ebenso wichtig, auf die Hebung 
der Muskelkraft und Elastizität sein Augenmerk zu lenken. 
In den meisten Kurorten ist Gelegenheit zum Rudern ge¬ 
geben, man kann Lawn-Tennis spielen lassen, auch das 
Kegelschieben kommt in Betracht, Turnapparate sind 
wohl überall vorhanden, und auf diese Weise kann man 
mit dem Luftgenuß im Freien eine Hebung der Muskulatur, 
eine Anregung des Stoffwechsels und Erfrischung des 
Nervensystems vereinen. Selbstverständlich kann jede 
Uebertreibung, die zur Ermüdung führt, schädlich wirken. 
Es muß gerade hierbei streng individualisiert werden. 

Bei der Behandlung der Chlorose und Anämie genügt 
es meistens nicht, nur während einer 4—6 wöchentlichen 
Kur alle hygienisch-pllysikalisch-diätetischen Anordnun¬ 
gen innezuhalten, auch zu Hause muß man suchen, zweck¬ 
entsprechend zu leben, eventuell auch da zeitweise ein 
Eisenpräparat, von denen es jetzt so viele gute gibt, als 
Ergänzung der sonstigen hygienischen Lebensweise ver¬ 
wenden. Reichliche Bewegung in frischer Luft steht 
natürlich an erster Stelle, und es genügt auch bei den 
sportlichen Hebungen keineswegs, wenn man sich den¬ 
selben nur während der kurzen Wochen des Kuraufenthalts 
widmet. Auch später muß man, so weit irgend möglich, 
sich der körperlichen Ausbildung nicht minder widmen 
wie der des Geistes. Jede Einseitigkeit ist für Körper und 
Geist gleich schädlich, sie hemmt schon bei der Jugend den 
fröhlichen Sinn und schafft jene blutarmen Gestalten, die 
mit ewigem Pessimismus durch das Leben wandeln. Den 
Erwachsenen, besonders wenn sie viel zu sitzender Be¬ 
schäftigung gezwungen sind, ist eine ausreichende körper¬ 
liche Bewegung im Freien durchaus anzuraten. Seit 
einigen Jahren legt man auch bei uns darauf Wert, daß 
auch die Erwachsenen sich ebenso wie die Kinder körper¬ 
lich betätigen, urld es nicht verabscheuen, sich im Freien 
bei Spiel und Sport in frischer Bewegung zu erholen, die 
gleichmäßig wohltätig auf den Körper wie auf den Geist 
wirkt und zu einer Aufheiterung des Gemüts besser bei¬ 
trägt, wie der so viel gepriesene Sorgenbrecher Alkohol. 


Die Kaiser-Willielms-Akiuiemie für das 
miliiärärztliche Bilduiigsweseii 

bei ihrem bevorstehenden Umzug in ein neues modernes 
Heim. 

Von Dr. M. Peltzer, Generaloberarzt a. D. in Steglitz. 

(Fortsetzung statt Schluß.) 

Der Erlaß des Kultusministers vom 8. 1U. 1852 hätte 
endlich für alle preußischen Aerzte das gleiche Staats¬ 
examen vorgeschrieben und damit jeden Unterschied in 
der wissenschaftlichen Ausbildung zwischen Universität, 
zwischen Zivil- und Militärarzt beseitigt. Seitdem haben 
die militärärztlichen Bildungsanstalten gleichen Schritt 
mit der Universität gehalten und der ärztlichen Wissen¬ 
schaft wie der leidenden Menschheit Männer gegeben, 
deren eingangs genannte Namen bekanntlich Weltruf er¬ 
langt haben. Die Verbindung mit dem Zivilmedizinal¬ 
wesen und der Universität kam auch dadurch zum Aus- 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


85 


druck, daß, nachdem bereits 1845 L d h tu e y e r Geheimer 
Medizinalrat und Mitglied der damaligen Medizinalsektion 
des Kultusministeriums, ferner Grimm Geheimer 
O b e r medizinalrat gewesen war, zuerst der Nachfolger 
dieses, v. L a u e r , sich als Privatdozent an der Universi¬ 
tät habilitierte, und nach ihm alle Generalstabsärzte der 
Armee zu ordentlichen Honorarprofessoren an dieser er¬ 
nannt wurden. Auch die Verbindung der Medizinal¬ 
abteilung des Kriegsministeriums mit dem Kultus¬ 
ministerium blieb bestehen. Generalarzt Mehlhausen 
wurde nach 1.870 der erste militärärztliche Direktor der 
Charite. Richard v. Volkmann, v. Berg m an n , 
v. B a. r deleben, Schwei g g e r und viele andere be¬ 
rühmte Universitätslehrer standen und stehen ä la suite 
des Sanitätskorps, zu dessen Beurlaubtenstand heut 
schließlich wohl die Mehrzahl aller Zivilärzte zählt. Ein 
Militärarzt, Oberstabsarzt Struck, vor Schwenin- 
g e r Leibarzt B i s m a r cks, war als Generalarzt ä la 
suite der erste Direktor des 1876 begründeten kaiserlichen 
Gesundheitsamts. 

Direktoren der militärztlichen Bildungsanstalten nach 
Görcke, v. Wiebel, Lohmeyer und Grimm 
waren v. L a u e r , der Leibarzt Kaiser Wilhelms I., 
v. C o 1 e r , v. L e u t h o 1 d (gegenwärtig Exzellenz 
v. S c li j e r n i n g') — ihre Subdirektoren v. Wiebel, 
Voeltzke, Willmann-, F r i e k , Roesteil, 
Müller, Puschel, V etter, Bruckert, Stein, 
T s c li e g g e y , Schulz (s. oben, der erste Subdirektor 
mit dem Titel Generalarzt), Gr imnl, Eck, Elsholtz, 
Loeffler, Schubert, Grasnick (der erste mit 
Generalsrang), Ker n (der erste als Generalarzt und 
Sanitätsirispekteur) und seit 1909 Keitel (bisher Gene¬ 
ralarzt und Korpsarzt des 6, Armeekorps). 

Es war anfangs der 1860 er Jahre unter Grimm 
und Elsholtz, als wir nach bestandenem Abiturienten- 
und Aufnalnneexamen als „Eleve“ in das Institut ein¬ 
zogen. Wir mußten uns einen Schreibtisch mitbringen 
und wohnten zu 3 auf einer Stube. Sie war mit schweren, 
grün angestrichenen Holzmöbeln (den sog. Kalomel- 
stiililen), 1 gemeinsamem Kleiderschrank und irdenem 
Waschgeschirr auf gemeinsamem Waschtisch ausgestattet. 
Und doch war es schön, so schön, daß wir nur wünschen 
können, es möchten allfe, die in das neue „mit allen Kom¬ 
fort der Neuzeit“ versehene Haus einziehen, ebenso liehe 
Erinnerungen daraus mitnehmen, v 7 ie wir aus dem alten! 
Eingehender schildern die damalige Zeit, die noch lange 
unverändert blieb, die „Erinnerungsblätter zur 100 jähri¬ 
gen Stiftungsfeier des medizinisch-chirurgischen Fried- 
rich-Wilhelms-lnstituts“ (Berlin 1895 bei Mittler & 
Sohn). Sie enthalten eine „Zusammenstellung der Ge¬ 
denktage“ von dem damaligen Oberstabsarzt Schjer- 
n i n g , sowie zwei Plaudereien, „Vor 50 Jahren“ von 
Generalarzt z. D. M e h Ihausen und „Aus dem Leben 
und Treiben der Studierenden des medizinisch-chirurgi¬ 
schen Friedrich-Wilhelnis-Tnstituts in den siebziger Jah¬ 
ren“ von Oberstabsarzt H e c k e r. „Aktiv“ werden konnte 
man allerdings nur „incognito“, dagegen bildete sich 
schon damals, 1861, unter Grimm die „militärärztliche 
Stimmritze“ („Sänger“ Blulim) und 1868 der „Verein 
der Studierenden der militärärztlichen Bildungsanstalten“. 


(Schluß folgt.) 



REFERATE. 

Chirurgie. 

Referent: Dp. K. FÖrsterling\ dirig. Arzt des Krankenhauses, 
Mörs. 

I. Zur Pathologie und Therapie der Nabelhernien der Er¬ 
wachsenen. Von I)r. E. Rüge, Berlin. L a n g e n h e c k s 
Archiv, Bd. 1)1. S. 1. 

- 2. Ueber akute primäre Typhlitis. Von I)r. Röpke, .Jena-! 

Ibid., S. 160. 

3. Die operative Behandlung der kindlichen Leistenbrüche. 
Von Dr. Koväcs, Budapest. Ibid., S. 177. 

4. Volvulus intestinorum als Krankheit des hungernden Men¬ 
schen. Von Dr. S p a s o k u k o z k y , Smolensk. Ibid.. S. 211. 

ö. Bemerkungen über die Bedeutung der Suturtechnik für 
die Wundaseptik. Von Dr. Hoerfordt, Kopenhagen. Ibid.. 

S. 198. 

6. Zahlreiche freie Gelenkkörper bei isolierter Arthritis de¬ 
formes der Fossa cubitalis. Von Dr. Rüge, Berlin. Ibid., 

S. 227. 

7. Endresultate der Sehnentransplantationen bei Quadriceps- 
lähmung. Von Dr. Böcker, Berlin. Ibid., Kleine Mitteilungen. 

8. Abbruch beider Oberkiefer von der Schädelbasis und 
ihre Reponierung. Von Prof. Th öle, Hannover. Deutsche 
Zeitschr. für Chir,. Bd. 101, S. 44. 

9. Ueber Operationen am Magen. Von Dr. Mizokucki , 
Japan. Ibid., S. 53. 

10. Pseudoperitonitis, bedingt durch Morbus Addisonii. Von 

Prof. Landow, Wiesbaden. Ibid., S. 67. 

II. Zur Frage der Ruptur des Biccps brachii. Von Dr. 

Ledderhose, Straßburg i. E. Ibid., S. 126. 

1. An dem Material der Körte sehen Klinik kommt 
Verl', zu folgendem Resultat: .Je besser die Muskulatur der 
geraden Bauchmuskeln erhalten ist, um so größer sind die 
Chancen der Radikalheilung und zwar sind prinzipiell die Min. 
recti vorn aneinander zu bringen. Hierbei 93°/o Däüerheilung. 
Es ist jedoch erforderlich, die geheilten Pat. nicht einige Monate 
nach der Operation, sondern jahrelang zu beobachten, da hei 
fortbestehender Fettsucht oft noch spät Rezidive auftroten. 
R. ist nämlich der Ansicht, daß die Fettsucht eine ausschlag¬ 
gebende Rolle hei Entstehung der Nabelbrüche spielt. Er hat. 
durch Leichenuntersuchungen festgestellt, daß das präperitoneäle 
Fett in die Fascie hineinwächst und sie durchlöchert und da¬ 
durch widerstandsunfähig macht. 

2. R. hat mehrere Fälle operiert, die mit Sicherheit das Be¬ 
stehen einer Typhlitis zeigten, ohne daß cKe Appendix erkrankt 
war. Klinisch war die Diagnose vorher nicht zu stellen; sie 
bietet das Bild einer akuten Typhlitis. Anatomisch fand sich 
eine ödematöse Verdickung der Ooecalwand, teilweise mit fibri¬ 
nös-eitrigen Auflagerungen. Hervorgerufen wird sie durch In¬ 
fektion der Darmwaud vom Darminneren aus; bisweilen sind 
auch Ulcera der Schleimhaut vorhanden. Die Behandlung ist, 
wegen der großen Aehnlie.hkeit mit Appendizitis operativ und 
cs soll dabei auch der gesunde Wurmfortsatz -stets mir ent¬ 
fernt werden. 

3. Bericht über 253 operierte kindliche Leistenbrüche; davon 
waren 21 eingeklemmt, mit 3 Todesfällen. Sonst nur 1 Todes¬ 
fall infolge Operationsfehler. Ueber 144 Fälle sind später Nach¬ 
richten zu erhalten gewesen mit einem Rezidiv; alle anderen 
waren radikal geheilt. Es wird deshalb die operative Be¬ 
handlung der kindlichen Leistenbrüche, als ungefährlich und 
sicher sehr empfohlen. Die Beseitigung geschieht nach 
B a s s i n i. 

4. S. hat beobachtet, daß Darmvolvulus am ehesten im 
Hungerzustande vorkommt. Er versucht das zu beweisen nach 
dem Material seines Krankenhauses, das hauptsächlich aus russi¬ 
schen Bauern besteht. In Deutschland ist Dünndarmvolvulus sehr 
selten, während er in der vorliegenden Arbeit die Mehrzahl der 
Fälle ausmacht (28 von 47 Fällen\ Ursache dieses Vorkommnis 
sind a) größere Länge des russischen Darmes, bi größere 
Nahrungsaufnahme nach längerem Hungern (z. B. nach der 
Fastenzeit große Mengen Vegetabilien), c) Anstrengungen. 

5. Das beste Suturmaterial muß von glatter Oberfläche 
und solider Substanz sein; das resorbierbare ist vorzuziehen; 
es sei steril, nicht antiseptisch. Es wird eine besondere Nadel 
beschrieben, deren Oehrende derartig eingerichtet ist, daß der 
Faden möglichst wenig aufträgt beim Durchziehen durch den 









so 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. C, 


Stichkanal. Alle Sutürcn sollen nach dein Einfädnln durc.lt 
Dampf oder Wasser sterilisiert werden. Berührung mit den 
Fingern ist zu vermeiden; besonders ist der in die. Wunde, 
zu verlegende mittlere Teil zu schützen. Nach diesen Prin¬ 
zipien wird in Deutschland schon länger verfahren; es sind 
z. B. auch Spannrahmen für eingefädelte Suturen hier längst 
zu haben. (Ref.) 

6. Im Ellenbogengelenk ließen sich röntgenographisch eine 
Menge freier Gelenkkörper nachweisen, die operativ zum größten 
Teile . (58_ Stück' entfernt wurden. Es handelte sich um die 
Folgen einer isolierten Arthritis deformans, eines degenerativ- 
■ produktiven Prozesses, der auf eine kleine zirkumskripte Parti ' 
des Gelenkes beschränkt war. 

7. Am besten bewährt hat sich die Verpflanzung der Beuger 
nach Krause oder Lauge. Dabei muß ein wirksamer Beuger 
zurückgelassen werden, um so öin Genu rceurvatum zu ver¬ 
hüten. Hat man nur Tensor fasciae und Sartorius zur Ver¬ 
fügung, so ist in diesen Fällen besser die Arthrodese zu. 
machen. Anzuwenden ist stets die periostale Methode der Sehnen- 
Verpflanzung. Die Resultate waren hierbei ganz gut. 

8. Durch Sturz mit dem Pferde waren bei einem Offizier 
beide Oberkiefer an der Schädelbasis abgebrochen und sowohl 
nach hinten wie seitlich disloziert. Völlige Reposition war 
auch in. Narkose nicht möglich. Es wurde deshalb eine Ueber- 
kappung der Oberkieferzähne hergestellt und an dieser durch 
permanenten Zug der Oberkiefer langsam nach vorn geholt. 
Als Gegenzug diente ein am Kopf befestigter eiserner Bügel. 
Resultat: nahezu normale Stellung. 

v „ 9. Bericht über 214 Operationen wegen Magenleiden: 59 Re¬ 
sektionen, 92 Gastroenterostomien, 49 Probelaparotomien. Bei 
den Resektionen 27,8°» Mortalität,. bei der Gastroenterostomie 
13%. Die Dauerresultate sind bei malignen Tumoren sehr schlecht 
Bei der Anastomose wird in letzter Zeit nur eine Nahtreihe 
verwandt, nämlich eine breitfassende Serosa -Muscularisnaht. 
lieble Zufälle sind danach nicht beobachtet worden. 

10. Bei einem wegen Peritonitis eingeliefsrten Patienten 
fand sich eingezögener Leib mit Muskelspannung, Leib- 
schmer-zen, Erbrechen, starker Verfall. Daneben erhebliche. 
Braunfärbung des ganzen Körpers, die seit ca. l > Jahr ent¬ 
standen war. Da auch in den Oberschenkeln Muskelspannung 
vorhanden, der Druckschmerz des Leibes ferner nicht aus¬ 
gesprochen genug war, zudem Pat. sehr schwach, mit kaum 
fühlbaren Pulse, wurde nicht operativ eingegriffen. Exitus nach 
wenigen Stunden. Es fand sich Tuberkulose beider Neben¬ 
nieren, keine Peritonitis. Es sind schon einige derartige Fälle 
beschrieben worden. Verf. empfiehlt deshalb, bei unklaren 
Peritonitissymptomen guch an Morb. Addisonii zu denken. 

11. Untersuchungen an Leichen, Beobachtungen am Leben¬ 
den und Literaturstudium haben L. zu der Ansicht gebracht, 
daß die Ruptur des M. biceps brachii überhaupt nicht oder nur 
äußerst selten vorkommt. Was meist so bezeichnet wird, ist 
eine Luxation der langen Bicepssehne am Humeruskopf oder 
eine Zerreißung im Bereich des Schultergelenks. Bewirkt wird 
dieses Vorkommnis durch Arthritis deformans der Schulter. 
Die als Hernien des M. biceps beschriebenen Zustände sind 
ausnahmslos Dislokationen des äußeren Muskelbauches. 


Hygiene. 

Referent: Dr. E. Pinezower, Berlin-Tempelhof. 

1. Bakteriologische Untersuchungen über Händedesinfektion, 

speziell mit Dermagummit. Von W o 1 f f - E i s n e r. Zentral- 
blatt für Bakteriologie, Parasitenkunde u. Infektionskrankheiten, 
Bd. 52, H. 2. 

2. Ueber kongenitale Tuberkulose beim Rindvieh. Zentral- 
blatt für Bakteriologie, Parasitenkunde u. Infektionskrankheiten, 
Bd. 52, H. 2. 

3. Vergleichende Untersuchungen über Raumdesinfektion 
mit Formaldehyd-Kaliumpermanganatverfahren. Von B c r t h o 1 d 

Hannes. Münchener med. Wochenschr., 1909, Nr. 19, S. 2518. 

4. Ueber die Flecktyphusepidemie in Kiew. Von Rabino- 
witsch. Zentralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und 
Infektionskrankheiten, Bd. 52, II. 2. 

5. Vererbung, Auslese und Hygiene. Von Gr über, 
München. Aerztliche Zentralzeitung, 1910, Nr. 2, S. 21. 

L Dermagummit ist eine Jod-Kautschuk-Verbindung, von 
Dr. Degen und Kuth, Düren, hergestcll.t, die in Tetra¬ 
chlorkohlenstoff gelöst ist. Es wird gefärbt und ungefärbt in 


den Handel gebracht und soll auf die desinfizierte Haut, durch 
waschende Bewegungen, aufgetragen werden. Besonders berück¬ 
sichtigt soll die Nagelgegend werden. Dermagummit ist als 
Ersatz für Gummihandschuhe beim aseptischen Operieren ge¬ 
dacht. Dermagummit erwies sich an sich- als steril, und 
zwar, wie sich experimentell ergab, wegen seiner nicht unerheb¬ 
lichen bakteriziden Kraft. In Versuchen mit Dermagummit 
auf nicht desinfizierte (Arbeit*)-Pfände zeigte sich in der Mehr¬ 
zahl der Fälle eine wesentliche Keimvorminderung, die in ein¬ 
zelnen Fällen der Sterilität nahe kommt. W. glaubt, daß das 
Präparat in der Praxis mit Erfolg verwendet werden könne, 
besonders wenn durch technische Verbesserung der Rest von 
Klebrigkeit, der ihm jetzt noch anhaftet, heseiiigt wird. 

2. Verf. hat in den Jahren 1904 1908 108 Fälle von 

kongenitaler Tuberkulose beim Rindvieh, davon 4 beim Fötus 
und die übrigen bei höchstens 3 Tage alten Kälbern beobachtet. 
Die kongenitale Tuberkulose ist heim Rindvieh somit ein relativ 
seltenes Vorkommnis, ist aber für die Praxis der Bekämpfung 
der Rindviehtuberkulose nicht ohne Bedeutung. Die Tuber¬ 
kulose wurde durch histologische, bakteriologische Methoden 
und Tierimpfung nachgewiesen. Stets waren die Portall.ymph- 
drüsen, nächstdem die Mediastinal-, die Bronchialdrüsen er¬ 
griffen. Tn den Lungen wurde 10 mal Tuberkulose gefunden. 
In der Plazenta von 3 der untersuchten Föten fanden sich 
Herde an der Grenze zwischen Placenta materna und und foetalis, 
so daß die Bazillen von diesen aus in den Kreislauf des Fötus 
gelangen konnten. Bei allen diesen Fällen waren die Portaldrüsen 
befallen, und zwar mit weitergehenden Veränderungen als die 
in anderen Organen gefundenen Herde aufwiesen. Es spricht 
dies alles für eine plazentare Entstehung der Tuberkulose in 
den angegebenen Fällen und gegen eine genninale Infektion, 
um so mehr als alle diese Föten und Kälber normal ,ent¬ 
wickelt waren. 

3. Die , Versuche erstrecken sich auf die Prüfung folgender 
Verfahren: Apparat nach Dieudonne, Formalin-Kaliumper¬ 
manganat, Festoform -Kaliumpermanganat, Formangan-Kalium¬ 
permanganat, Paraformpulver-Kaliumpermanganat. Das letztere 
Verfahren erwies- sieh dem VeiT.- • in -deHHifektorischer Wirkung 
und chemischer Ausnutzung der Reagentien als besonders 
günstig. Die Entwicklung von Formaldehyd aus Paraform- 
pulver durch Kaliumpermanganat und Wasser im Verhältnis 
von 1:2:3 hat die gleiche Wirkung in abgedichteten Räumen 
wie die Verdampfung durch Apparate. Das Verfahren ist billig, 
die Handhabung einfach. Es eignet sich besonders für Fälle, 
wo Apparate zur Verwendung aus bestimmten Gründen nicht 
in Betracht kommen. Es kann z. B. zur Verwendung im Felde, 
empfohlen werden. — Als günstigstes Mengenverhältnis erwies 
sich auf 100 cbm Raum : 1 kg Paraform, 2 kg Kaliumpermanganat, 
3 kg Wasser. Der milchigen Buspension aus Paraform und 
Wasser wird der dritte Bestandteil zugesetzt. Nach ca. zwei 
Stunden tritt die Reaktion ein. Ein ( eberschäumen wurde auch 
bei kleinen Gefäßen nicht beobachtet. Die Dampfentwickelung 
war erheblicher als bei den anderen Verfahren. Das Psychrof 
meter zeigte 1 \\> Stunden nach Beginn der Entwicklung noch 
100% relative Feuchtigkeit. Das Präparat erwies sich für lange 
Zeit haltbar. Das Paraformverfahren zeigte hinsichtlich der 
Abtötung . der vegetativen Formen die besten Resultate. 

4. Verf. gibt eine eingehende Beschreibung (Statistik, 
Aetiolog'ie, Epidemiologie' und kommt zum Schlüsse, daß der 
Flecktyphus durch einen spezifischen Erreger, einen Diplo- 
bazillus, der nach Giemsa färbbar ist, hervorgerufen wird. 
Der Erreger wird in den Organen, Hautexanthemen etc. nach- 
gewiese.n. Er wird vom Serum der an Flecktyphus Er¬ 
krankten aggkitiniert. Bei Tierimpfung erzeugt er bei Kanin¬ 
chen und Meerschweinchen ein Krankheitsbihl, das demjenigen 
beim Menschen ähnlich ist und ist im Blut nachweisbar. Seine 
Wirkung kann der Bazillus entwickeln, wenn er durch ein 
seine Virulenz bedingtes Milieu passiert hat und dann auf 
einen disponierten Organismus trifft. Das Milieu wird durch 
Unreinlichkeit, Schmutz, Zersetzung und Verwesung von orga¬ 
nischen Stoffen etc., die Disposition durch die soziale Not, 
Mangel an Ernährung und Sauerstoff reicher Luft, Erschöpfung 
geschaffen. Diese Disposition wegen der Verschlechterung der 
Lebensbedingungen geht aus dem Verlust oder der Schwächung 
der Widerstandsfähigkeit Krankheiten gegenüber hervor. Sie 
muß ihrer Natur nach eine allgemeine sein und so erklärt 
sich die Tatsache, daß hei schlechten hygienischen Verhältnissen 
irgendeiner Gegend Epidemien der verschiedensten Infektions¬ 
krankheiten aus brechen. 








1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


87 


m Aus dem gedankenreichen Vortrag des* Autors auf'dem 
letzten Internationalen Aerztekongreß sei folgendes hier her- 
vorgehoben. Gegenüber den fanatischen Anhängern der 
Selektionstheorie, die Hygiene und Heilkunde als Verderber 
der Ras$c anklagen, weil sie durch Erhaltung der Minder¬ 
wertigen die Degeneration der Völker herbeiführe, weist G. 
darauf hin, daß die Hygiene sieh hauptsächlich gegen die 
intensiv wirkenden äußeren Schädlichkeiten richtet. Denn die 
von der Hygiene bekämpften Krankheiten, Gifte; und Schäd¬ 
lichkeiten wirken nicht etwa im Sinne einer nützlichen Aus¬ 
lese. Es kommt durch die genannten Einflüsse eine ungeheure 
Vergeudung gesunden Lebens zustande, sie verwandeln gute 
Varianten in schlechte und verschlechtern den Nachwuchs. Der 
Vergleich hei unter gleichen hygienischen Verhältnissen leben¬ 
den Völkern. Klassen, Ständen zeigt eher die günstige Wirkung 
der Hygiene auf die vererbliche Konstitution. Dieser Wider¬ 
spruch mit der Selektionstheorie rührt davon her, daß die 
Auslese beim Kulturmenschen niemals scharf genug ist, wie 
es in der vernunftlosen Natur der Fall ist. „Das Liebäugeln 
mit dem rücksichtslosen Kampf ums Dasein muß daher unbe¬ 
dingt und endgültig aufgegeben werden.“ — Um die gegen¬ 
wärtigen biologischen Mißstände zu beseitigen, müssen die 
Kulturvölker sich zur Züchtungskunst, Eugenik (Gal ton', 
bekehren. Der Verderb der Keime (Alkohol etc.' muß von 
den Eltern vermieden werden. Es soll eine Regelung der Fort¬ 
pflanzung bezüglich Alter der Erzeuger, Zahl und Aufeinander¬ 
folge der Schwangerschaften stattfinden. Den günstigen Modus 
muß die Erfahrung lehren. Die Fortsetzung der schlechtesten 
Varianten soll gehemmt und geringe Fehler der Erbmasse sollen 
durch vernünftige Kreuzung getilgt werden. Die Degeneration 
der Fortpflanzungsfähigkeit ist zu bekämpfen. Eine hohe Ge¬ 
fahr bedeutet auch die gewollte physische Unfruchtbarkeit, 
deren Ursachen sowohl auf wirtschaftlichem als auch auf mora¬ 
lischem Gebiete liegen. Ihre Aetiologie ist die einseitige Ueber- 
schätzung des Reichtums, Genußsucht, Hang zum Luxus und 
zur erschlaffenden Verweichlichung, falsche Ideale, zu denen 
Autor auch die sog. Frauenemanzipation und die Verherrlichung 
der Frau als Geliebte des Mannes, statt als Mutter der Kinder 
rechnet. Wie den alten Kulturvölkern, so könne die beab¬ 
sichtigte Kinderlosigkeit auch den modernen zum Verhängnis 
werden. Hiergegen ist eine Propaganda der Eugenik zu ent¬ 
falten und das Studium der Vererbungsfrage eifrig zu be¬ 
treiben, damit zuverlässige Normen der Züchtungskunst ge¬ 
wonnen werden können. Den Aerzten fällt die Aufgabe zu, 
bei Lösung dieser Fragen an erster Stelle mitzuarbeiten. 


Hals-, Nasen- und Olirenkranklieiten. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Blisch, Berlin-Halensee. 

1. Angina und chronisch rezidivierende Parotitis. Von San.- 
Rat Dr. Lublinski. Berliner klin. Wochenschr., 1910, Nr. 1. 

2. Akute Otitis. Von Dr. R u t t i n. Med. Klinik, 1910, 
Nr. 1. 

3. Einige allgemeine Bemerkungen zur Untersuchung und 
Behandlung von Kehlkopfkrankheiten des Kindesalters. Von Dr. 

Demetrio Galatti. Allg. Wiener med. Ztg., 1910, Nr. 1. 

4. Die Behandlung der Ohrverletzungen. Klinischer Vor¬ 

trag von Paul Manasse. Deutsche med. Wochenschr., 1909, 
Nr. 52. / 

5. Optimismus und Pessimismus in der Therapie der 
Larynxtuberkulose. 1 Vou Privat-Doz. Dr. Drc v f u ß. Stra߬ 
burger med. Ztg., 1909, H. 12. 

6. Die direkte Laryngo-, Tracheo-, Bronchoskopie und ihre 
Bedeutung für Diagnose und Therapie. Von Dr. Al brecht. 
Med. Klinik, 1909, Nr. 50. 

7. Schwierigkeiten und Irrtümer bei der Diagnose eitriger 
Meningitis ex otitide. Von H. Schwarze. Archiv für Ohren¬ 
heilkunde, Bd. 81, H. L u. 2. 

1. Chronische Entzündung der Ohrspeicheldrüsen ist selten, 
am meisten noch in Verbindung mit Entzündung der Tränen¬ 
drüsen als sog. Mikuliczsche Krankheit beschrieben worden. 
Lublinski sah isolierte chronische Entzündung einer Parotis 
iin Anschluß an Halsentzündung. Die Ohrspeicheldrüse blieb 
auch nach Ablauf der Angina vergrößert und schwoll in den 
nächsten Jahren hei jeder Halsentzündung von neuem an. 

2. Ruttin unterscheidet ätiologisch und klinisch zwei 
Formen der akuten Mittelohrentzündung, zunächst die durch 
kapsellose Bakterien hervorgerufene (Streptococcus pyo¬ 


genes, Staphylococcus aureus Sie beginnt mit schnell zu¬ 
nehmenden Schmerzen, Rötung des Trommelfells. Vorwölbung 
durch Exsudat. Durchbruch desselben am 3. oder 4. Tage; 
dann folgt kopiöser eitriger Ausfluß, nach 2 Wochen Leber- 
gang in schleimige Sekretion, Aufhören derselben, Zeichen des 
einfachen Katarrhs. Tritt eine Mastoiditis hinzu, so haben wir 
kontinuierliches Ansteigen der Schmerzen und des 
Fiebers bis zur künstlichen Entleerung des Abszesses durch 
Operation. Anders verläuft die durch Kapselkokken ver¬ 
ursachte Form IDiplococcus pgeumoniae, Streptococcus 
mucosus); das Trommelfell zeigt dabei mehr die Symptome 
des akuten Katarrhs als einer Entzündung, jedoch mit auf¬ 
gehobener Durchsichtigkeit des Trommelfells. Die Schmerzen 
bei dieser Otitis sind nur sehr gering. Nachdem die Beschwer¬ 
den dann innerhalb weniger Tage gänzlich verschwunden sind, 
kann nun nach Wochen und Monaten plötzlich eine Mastoiditis 
mit intrakranieller Komplikation auftreten. Der Unterschied von 
der erstgenannten Form liegt also in dem viel milderen Ver¬ 
lauf. dem Eintritt einer Remission und dem manchmal 
plötzlichen Einsetzen einer schweren Mastoiditis event. mit 
Hirnkomplikationen. Auf Grund dieser Erfahrung fordert 
Ruttin von dem Praktiker, daß er sich bei Beginn jeder 
Oiitis durch Deckglaspräparat überzeugt, ob es sich um kapsel- 
lose oder Kapselkokken-Otitis handelt. — Ich glaube, dies ist 
vom Praktiker etwas viel verlangt; es genügt wohl, wenn er 
weiß, daß eine harmlos aussehende Otitis media plötzlich und 
noch nach scheinbarem Abgelaufetfsein schwere, lebensgefähr¬ 
liche Symptome machen kann. 

3. Kinder sind schwer zu laryngoskopieren; man muß sie 
event. halten lassen, einen Mundsperrer einführen und dann ver¬ 
suchen zu spiegeln. Kommt man mit dem Kehlkopfspiegel nicht 
zum Ziel, so kann man mit dem K i r s t e i n sehen Autosköp 
die Zunge nach vorn ziehen und den Kehlkopf damit direkt 
überblicken. Bei Fremdkörpern findet die Laryngo- und 
Bronchoskopie mit dem K i 11 i a n - B r ü n n n i n g s sehen Instru¬ 
mental 1 und die Röntgendurchbuchtung ihre Verwendung. Zur 
Behandlung empfiehlt Galatti Schwängerung der Luft, mit 
Wasserdämpfen (Aufhängen nasser Tücher am Bett , Auf¬ 
stellung von S p r a. y apparateü event. mit sekretions- 
beschränkenden Medikamenten. Aeltere Kinder kann man 
inhalieren lassen (Salz, alkal. Mineralwässer, Eukalyptusöl.',; 
gegen Hustenreiz gibt Galatti Do wer sehe Pulver zu¬ 
sammen mit Kur eil äschern Pulver (um die stopfende Wir¬ 
kung des ersteren zu paralysieren). Bei allen entzündlichen 
Erscheinungen der oberen Luftwege verordnet G a 1 a 11 i heiße 
Bäder mit nachfolgender Schwitzkur. 

4. Die Behandlung der Ohrverletzujjgen hat im allgemeinen 
durchaus zuwartend zu sein. Nur beim Othämatom wird 
man mitd en konservativen Behandlungsmethoden (feuchten Ver¬ 
bänden, Eis, Druckverbänden, Massage) meist nicht auskommen, 
sondern zu Punktion oder Inzision 1 seine Zuflucht nehmen, 
müssen. Verletzungen des Gehörkanals werden mit 
trockener, steriler Gaze, die man in den Gehörgang einführt, 
verbunden. Tritt eine Otitis externa hinzu, so läßt. Manasse 
10—20°/o Borglyzerin einträufeln, evenb P r i e ß n i t z sehe .Um¬ 
schläge machen. Granulationen, die zur Stenosierung führen 
können, müssen beseitigt werden. Bei Verletzung des Gehör- 
gangs und Trommelfellrupturen ist jeder Eingriff,' Ausspritzen, 
selbst Austupfen, Einführen von Gaze, wegen der Gefahr der 
Sekundärinfektion streng verpönt; man hat das Ohr nur mit 
steriler Watte zu verschließen. Luxationen oder Frak¬ 
turen der Gehörknöchelchen sind ebenfalls ein noli 
me tangere, und muß bei Schußverletzungen die im Ohr etwa 
sitzende Kugel entfernt werden, was meist nur durch einen 
größeren spezialistischen Eingriff möglich ist. Schleim - 
hautzerreißungen der Tube kommen beim Katheterismus 
oder Bougieren der Tube vor; das oft folgende Schleimhaut- 
und Hautemphysem geht meist durch Bettruhe und P r i e fi¬ 
nit z sehe Umschläge zurück. Wegen etwa auftretender Er¬ 
stickungsgefahr nimmt man den Kranken am besten in klinische 
Beobachtung. Verl et Zungen des in n e r e n O li r e s , 
des H ö r n e r v e n . sowie indirekte L a b y r i n t h Ver¬ 
letzungen bei Schädeltraumen behandelt man nur mit ab¬ 
soluter Bettruhe und unterläßt jeden lokalen Eingriff. Sub¬ 
kutane Pilokarpininjektionen, Bromkali innerlich, gegen die 
subjektiven Geräusche Brompräparate und Pyramiden sind 
manchmal von guter Wirkung. 

5. Larynxtuberkulose kommt nicht- nur im Verlaufe vor¬ 
geschrittener Luugenphthise, sondern schon im Beginne der- 





88 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 6 


selben vor. Tn beiden Fällen muß inan versuchen, sie zu heilen. 
Bei vorgeschrittener Lungenschwindsucht sind unsere laryngealen 
Eingriffe imstande, den Schluckschmerz zu beseitigen und da¬ 
durch eine bessere Ernährung anzubahnen, beginnende Kehlkopf¬ 
tuberkulose können wir völlig ausheilen. K 1 i m a t i s c h e Be¬ 
handlung der Kehlkopfphthise ist problematisch, durch 
Röntg enbestr a h 1 u n g ist ebenfalls nichts erreicht worden ; 
jedoch Hegen günstige Erfahrungen über Behandlung mit 
Sonnenlicht und mit Radium e m a n a t i on vor. 5- bis 
10 proz. M e n t h o 1 lösungen, Einblasungen von A n ä s t h e s i n 
oder Orthoform wirken gut symptomatisch gegen Husten¬ 
reiz und Dysphagie. Gegen tuberkulöse Llcerationen haben sich 
Aetzungen mit konzentrierter Milch- oder Trichloressig- 
säure bewährt. Die T racheotomi e wirkt nach einigen 
Autoren durch die Ruhigstellung des Kehlkopfes als kuratives 
Mittel. Als c h i r u r gische e n d o 1 a r y n g e a 1 e M i 1t e 1 
haben oft guten Erfolg das Kurettement mittels Doppelkürette 
und nachfolgender Galvanokaustik, der Flachbrenner und der 
galvanokaustische Tiefenstich. Seit Einführung der Infiltrations- 
anästhesie gewinnt die L a r vn g o f iss u r mit gründlicher Eni - 
fernung alles Kranken nach Auf klappen des Kehlkopfes an Be¬ 
deutung. Wir haben also eine große Zahl von Mitteln, die wir, 
besonders bei beginnender Larynxphthise, erfolgreich ins Feld 
führen können. 

6. Mit der indirekten Methode der Kehlkopf- und Luft¬ 
röhrenuntersuchung mittels Spiegels kommen wir infolge des 
anatomischen Baues des Atmungsrohres, besonders in den liefen 
Teilen, nicht immer zum Ziele; eine neue Methode wurde durch 
die Kirstein sehe A u t o s k o p i e angebahnt, bei welcher 
der bis in die Valleculae eingeführte Spatel den Kehlkopf nach 
vorn zieht und den Kehldeckel aufrichtet, so daß man direkt 
den Kehlkopf übersehen kann. Der nächste Fortschritt war 
der K i 11 i a n sehe Röhrenspatel , welcher durch die 
Glottis, hindurch in die Luftröhre eindringt. Später führte 
Killian durch das erste Rohr ein zweites längeres bis in 
den Bronchus hindurch — Bronchoskopie. Alb recht 
bespricht die einzelnen Phasen der Methode an einem Falle. 
Zur Anästhesierung spritzt er in den rechten und linken Nervus 
laryng. sup. eine Novokain-Suprareninlösung und appliziert 
.20 proz. Kokain auf Zunge, hintere Rachenwand, subglottischen 
Raum und oberen Trachealabschnitt. Hierauf wird das eingefeitere 
und erwärmte Rohr eingeführt, die die Bifurkation der Luft¬ 
röhre in die Bronchien mittels Brün n i n g s scher Kokainspritz 
anästhesiert und nun das Einsatzrohr in den Bronchus vor¬ 
geschoben. Etwa vorhandene Schleimmengen werden mit der 
Speichel pumpe aspiriert. — Die Hauptdomäne der Me¬ 
thode sind die Fremdkörper in den Luftwegen, die wir nicht 
immer, namentlich wenn sie weich sind, mit Röntgenstrahlen 
wahrnehmen können. Demnächst sind es die Aortenaneurysmen, 
die Tumoren von Trachea, Oesophagus, Bronchien und Me¬ 
diastinum, deren Diagnose durch die Tracheo- und Broncho¬ 
skopie erleichtert wird. Ferner werden wir oft luetische, 
tuberkulöse und skleromatöse Veränderungen der unteren Luft¬ 
wege diagnostizieren können. Therapeutisch vermag man mittels 
Bronchoskopie, abgesehen von den Fremdkörpern, intratracheale 
Papillome, Trachealkarzinome, durchgewachsene Strumen, 
Granulationen, Stenosen etc. in Angriff zu nehmen. 

7. Wenn auch die Lumbalpunktion meist imstande sein 
wird, die Diagnose der eitrigen Meningitis nach Otitis zu 
sichern, so kann sie auch im Stich lassen. Schwarze be¬ 
spricht zunächst einen Fall, bei’ welchem aus den klinischen 
Symptomen die Diagnose einer eitrigen Meningitis absolut sicher 
schien, die Lumbalpunktion jedoch völlig klaren, unter sehr 
starkem Druck stehenden Liquor entleerte, wonach Heilung 
eintrat. Vielleicht hat eine Meningitis serosa Vorgelegen. Be¬ 
kannt ist ferner, daß namentlich bei Kindern, aber auch bei 
jungen Leuten jenseits der Pubertät, schwere meningitische, 
Symptome auftreten können, die nach der Parazentese spontan 
zurückgehen. Ferner kommt bei chronischer eitriger Otitis 
eine tuberkulöse Meningitis vor, deren Diagnose schwierig oder 
unmöglich ist. Aeußerst, heftig verlaufende eitrige Meningitis 
ist unter Umständen mit Apoplexie zu verwechseln, besonders 
beim Vorhandensein einer halbseitigen Körperlähmung. Ein 
anderer Fall, der unter ausgesprochen meningitischcn Sym¬ 
ptomen tötlich verlief, zeigte bei der Sektion weiter nichts 
als eine allgemeine Anämie, auch des Gehirns. Ist auch die 
Lumbalpunktion meist imstande, derartige diagnostische Irr- 
tiimer zu vermeiden, so kann auch sie ihrerseits zu Fehl¬ 
schlüssen veranlassen, indem trüber Liquor entleert wird, ohne 


daß eine Meningitis purülentae vorhanden ist. Solche Trübungen 
sollen auch bei Pneumonie und abgeschlossenen Hirnabszesseu 
Vorkommen. 

kinderlieilluimle. 

Referent: Kinderarzt Dr. Eugen Neter. Mannheim. 

1. Die osmotische Konzentration der Säuglingsmilch- 
mischungen und ihre praktische Bedeutung. Von Dr. Engel - 
mann und Dr. Koch. Medizinische Klinik, 1910, Nr. 2. 

2. Rektal instillationen bei Pylorospasmus. Von Dr. 

Rosenstern. Deutsche med. Woehenschr., 1910, Nr. 1. 

3. Zur Diphtherieepidemie. Von Dr. Much. Medizinische 
Klinik, 1910, Nr. 3. 

4. Zur Belehrung der Mütter in den Säuglingsfürsorge¬ 
stellen. Von Dr. Hans R o e d e r. Zeitschr. für Säuglings¬ 
fürsorge, 1909, Nr. 9. 

1. Unter den verschiedenen Nachteilen der Kuhmilch- 
mischungen spielt auch die Verminderung der osmotischen 
Konzentration eine Rolle. Die Verf. zeigen nun, wie der 
einfache Zusatz von nur wenig Kochsalz ca. DA g auf l Liter 
Milchmischung — genügt, um die osmotische Konzentration 
des- Nahrungsgemisches jener der Vollmilch (und auch der 
Menschenmilch' nahezu gleich zu gestalten. Auf diese Weise 
erkläre sich wohl der im Publikum weit verbreitete Zusatz 
von einer ,,Prise“ Kochsalz zur Säuglingsnahrung. 

2. Rosenstern berichtet über Beobachtungen aus dem 
Finkelstein sehen Kinderasyl. Es handelt sich um vier Fälle 
von Pylorus-Stenose, bei denen kontinuierliche Rektal - 
Instillationen von Ring er scher Lösung 

Na CI . . . . 7,5 

K CI.0,42 

Ca Cl 2 .... 0,24 
Aq. 1000,0 

eine prompte günstige Beeinflussung des Erbrechens erkennen 
ließen. Die Instillationen wurden folgendermaßen ausgeführt: 
In der Mitte eines langen L’rigatorschlauc.he.s wird ein Glas¬ 
rohr mit Hahn eingeschaltet, und das freie Ende des Schlauches 
durch ein zweites Glasrohr mit einem längeren Darmschlauch 
in Verbindung gesetzt. Das Darmrohr wird möglichst weit 
eingeführt und durch Heftpflasterstreifen so am Anus ver¬ 
klebt, daß nichts ausfließen kann. Nach Füllung des Irrigators 
wird dann der Hahn ein wenig gelüftet, so daß die Flüssigkeit 
tropfenweise ausfließt, in der Minute etwa 30 4(1 Tropfen. 
Der Apparat wird zweimal täglich für etwa zwei Stunden in 
Anwendung gebracht, und es wird auf diese Weise dem Körper 
ein größeres Quantum (ca. 500 ccm zugeführt. 

3. Much betont in seinen Darlegungen die wichtigste 
Forderung bei der Serumtherapie: möglichst frühzeitige An¬ 
wendung des Serums. 

4. Roeders Ausführungen sind recht lesenswert; sie 
zeigen, wie die bisherigen, den vielfachen Erwartungen nicht¬ 
entsprechenden, oft geringen Erfolge der Säuglingsfürsorge- 
stellen eine Verbesserung der Methoden in der Belehrung und 
eine Aenderung des Dienstbetriebes erforderlich machen. Ins¬ 
besondere ist der Fürsorge auch für die nicht so intensiv be¬ 
achteten späteren Säuglingsmonate (Abgewöhnen, Uebergang zu 
anderer Nahrung etc.' ernste Aufmerksamkeit zu schenken. 
Erst, mit der wirklichen Erziehung und Ausbildung der Mütter 
dürfen nennenswerte Erfolge in der Bekämpfung der Säuglings- 
sterbliphkeit erwartet werden. 


Balneologie. 

Referent: Dr. Max Hirsch, Bad Kudowa. 

1. Festrede, gehalten am 23. Juni 1909 zur Feier 
d e s 10 0 j ä hrigen Best e h e n s des N c n n d o r f e ; r 
S c h 1 a m m ba des. V on Prof. Dr. Axel Winckler , kgL 
dirigierendem Brunnenarzt am Bade Nenndorf. 

2. Ueber Mineralwasserkuren. Von Dr. Josef Höhn, 
Radein. Oesterr. Aerzte-Zeitung, 1909, Nr. 14. 

3. Natürliches und künstliches Mineralwasser. Von San. 
Rat Dr. Scherck, Bad Homburg. Zeitschr. für Balneo¬ 
logie etc., 1909, Nr. 3. 

4. Chirurgische Balneotherapie. Von Prof. Carl Bayer. 
Prager med. Woehenschr., 1909, Nr. 27 u. 28. 







1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


S9 


L 





5. Beiträge zur Messung der Emanation. Von Dr. Lenk ei, ! 
Budapest, und Dr. Weisz, Pystian. 

(i. Beitrag zur Frage der therapeutischen Wirkungsweise j 
radioaktiver Heilquellen. Von Dr. Klug-, ..Freiheit. 

7. Die Radioaktivität der Kreuznacher Solquellen. Von 
Dr. K ;i r l A s e li li o i‘ f , Bad Kreuznach. 

<S. Aerztliche Mitteilungen über Radium und dessen thera¬ 
peutische Verwendung in Bad Kreuznach. Herausgegebcn vom 
Kreuznacher Aerzte-Verein, 1909. 

1. Aus dieser weihevollen Festrede des bekannten Badearztes 
Prof. V in ekler erfahren wir, daß Nenndorf im Jahre 1809 er¬ 
öffnet wurde, und zwar auf Veranlassung* von Jerome Bona¬ 
parte. dem jüngsten Bruder Napoleons, nachdem er kurz 
vorher die Schwefelbäder Nenndorfs erfolgreich gegen seinen 
Rheumatismus angewandt hatte und, da er auch die Vorzüge 
der Schlammbäder in Frankreich kennen gelernt hatte, für deren 
Einführung in Nenndorf eintrat. Die ersten Anlagen Nenndorfd 
waren natürlich noch recht primitiv und wurden erst nach 
den Freiheitskriegen von dem Kurfürsten Wilhelm I. von 
H esse n - K a s s e 1 wesentlich verbessert und vervollkommnet. 
Das Bad entwickelte sich zusehends bis zum Jahre 1850, worauf 
ein kurzer Stillstand in der Entwicklung des Kurortes ein¬ 
trat. Als Nenndorf im Jahre 186G in den Besitz des König¬ 
reichs Preußen überging, nahm das Bad wieder einen leb¬ 
haften Aufschwung. Besonders unter der Regierung unseres 
jetzigen Kaisers sind wesentliche Neueinrichtungen getroffen 
worden, und zwar zunächst der Bau eines Schlammbadehäuses 
im Jahre 1890 1892 und eines zweiten SchlammbaclehauseS 
schon im Jahre 190(1. Vortr. gibt sodann einen Ueberblick 
über die historische Entwicklung der Schlammbäder zu Heil¬ 
zwecken und über die Heilkraft der Nenndorfer Schlammbäder, 
die sich besonders bei Gicht, Rheumatismus und Ischias be¬ 
währt haben. Die wissenschaftliche Stellung, welche Nenndorf 
in der Balneologie einnimmt, dürfte eine Gewähr für die weitere 
gute Entwicklung des Bades bieten. 

2. Verf. macht uns in dieser lesenswerten Abhandlung 
mit seinen recht guten Anschauungen bekannt, die zwar nicht 
immer neu sind, aber doch möglichst weite Verbreitung ver¬ 
dienen. So müssen wir unbedingt dein Gedanken zustimmen, ! 
daß man bei der Beurteilung von Mineralwässern nicht immer j 
auf die einzelnen Stoffe Rücksicht nehmen soll,'wie es jetzt 
durch das durch nichts gerechtfertigte Vorherrschen des Che¬ 
mikers in der Kritik der Mineralwässer üblich ist, sondern 
daß man vielmehr jedes Mineralwasser als ein Ganzes an- 
se.lien muß, in welchem die darin enthaltenen Stoffe vereint 
wirken, mögen sie an Menge auch noch so gering sein und 
von uns vielleicht noch gar nicht gekannt'werden. Auch darin 
werden wir unbedingt dem Verf. Recht geben, daß die Balneo¬ 
logie und Balneotherapie noch immer ein höchst stiefmütter¬ 
lich behandeltes Gebiet der Medizin ist, das einerseits wissen¬ 
schaftlich nicht genügend kultiviert wird und andererseits durch 
die mitunter unverantwortliche Reklame von Badeverwaltungen 
noch verzerrt wird. Verf. — und mit ihm wohl auch alle 
Baineologen erwartet von der Gründung des Balneologi- 
selien Zentralinstituts in Frankfurt a. M. eine Wendung zum 
Besseren auf diesem Gebiet. Auch betont Verf., daß die 
Chemie in der Beurteilung der Mineralwässer heute eine zu 1 
große Rolle spielt. Die Chemie kann nur die einzelnen Be¬ 
standteile im Brunnen ermitteln, während die Zusammensetzung 
der Salze durch Berechnung rekonstruiert wird, also doch nur 
willkürlich ist. Wie aber die Natur die einzelnen Salze wirk¬ 
lich gruppiert hat, das zu erforschen ist uns bis jetzt noch 
nicht, gelungen, und darin sucht Verf. das Problematische der 
künstlichen Nachahmung der Mineralquellen. Er geht sogar so 
weit, das du B o i s - R e y m o n d sehe Wort ,,Ignorabimus“ auch 
in dieser Frage auszusprechen. Ref. meint jedoch, man solle mit' 
solchen Unmöglichkeitsprophezeiungen recht vorsichtig sein, da 

' man doch nie weiß, ob nicht der künftige Tag schon Fortschritte 
mit sich bringt, welche ungeahnte Lösungen schwerster Probleme 
zur Folge haben können. 

3. Ebenso wie der Verf. der eben referierten Schrift steht . 
auch Sehe r c k auf dem Standpunkt, daß künstliche Mineral- , 
Wässer nicht imstande sind, die natürlichen zu ersetzen. Auch 
er sieht die Ursache dafür in der willkürlichen Kombination der 
Basen und Säuren zu Salzen, welche zunächst durch v. Th an 
kritisch beleuchtet und später durch Liebreich ebenfalls 
energisch abgelehnt wurde. Die Ionenlehre hat Th ans und ; 
Liebreichs Anschauungen wesentlich gestützt, und auch | 


das Studium der Radioaktivität hat der Balneotherapie in dieser 
Frage wichtige Ausblicke eröffnet. Scho r c k referiert Lochs 
Experimente, aus denen hervorgeht, daß 314 proz. Meerwasser 
eine andere Wirkung auf die Lebensfähigkeit des Fisches ausübt 
als künstliches Meerwasser, und daß minimale Mengen anderer 
Salzverbindungen genügen, um ein lebensbedingendes Niveau 
zu liefern. Was wir heute der radioaktiven Emanation zu- 
schreibcn, hat Li e big bereits geahnt, indem er manche Heil¬ 
quellenwirkung auf elektromagnetische Verhältnisse zurück¬ 
zuführen suchte. Scherck, der ja auf dem Gebiete der 
katalytischen Vorgänge sich eifrig betätigt, glaubt, daß auch 
die Katalyse in der Balneotherapie eine große Rolle spielt. Nach 
dem heutigen Stande der Wissenschaft wird man diese Auf¬ 
fassung Schereks durchaus teilen müssen. Daß wir die ein¬ 
zelnen Katalysatoren nicht immer kennen, liegt daran, daß sie 
oft in so kleinen Mengen vorhanden sind, daß ihre Messung 
fast unmöglich ist. Aehnlich liegen ja auch die Verhältnisse 
bei der Radioaktivität. Aber die geringen Mengen der einzelnen 
Katalysatoren sind nicht maßgebend dafür, ob sie überhaupt 
wirksa[m sind oder nicht. Als eine wichtige Frage in der 
Unterscheidung* der künstlichen und natürlichen Mineralwässer 
sieht er auch die der Kohlensäure an. Dabei ist sehr wichtig 1 
die langsame Entwicklung der Kohlensäure in den natürlichen 
Quellen gegenüber ihrer schnellen Verflüchtigung in den künst¬ 
lichen Kohlensäurebädern. Interessant ist, daß die modernsten 
Fortschritte der physikalischen Chemie die alten empirischen 
Erfahrungsätze der Balneologie, für die man keine Erklärung 
gefunden hafte, bestätigen. Durch diese Fortschritte hat man 
gelernt, daß gerade die Spuren mancher Brunnenbestandteile, 
die man ihrer geringen Menge wegen früher vernachlässigte, 
oft wichtige, wenn nicht gar die wichtigsten Bestandteile des 
Brunnens sind. 

4. In ein außerordentlich wichtiges und interessantes Gebiet 
führt; uns der Vortrag von Prof. Bayer, nämlich in die chirur¬ 
gische Balneotherapie, deren Bearbeitung durchaus noch keine 
genügende ist. Verfasser gibt zunächst einen Ueberblick über 
seine Behandlungsart der Frakturen. Nach Möglichkeit ver¬ 
meidet er primäre Gipsverbände, er wendet vielmehr nach 
der Reposition zunächst wattierte Schienen an, die er 
bei Schwellungen durch Umschläge mit essigsaurer Tonerde, 
ergänzt. Nach der dritten Woche kommen für ihn heiße Bäder 
und aktive Bewegungen in Frage, event. unter Zuhilfenahme 
von leicht abnehmbaren Schienen. Frühzeitige Massage ver¬ 
meidet er; dagegen plädiert er für die Kombination mit elek¬ 
trischen Bädern. Gegen die Kontrakturen verwirft er die 
passiven Streckungen und Beugungen und empfiehlt an ihrer 
Stelle vielmehr die Distraktion mittels allmählich gesteigerter 
Gewichis''xtension. unterstützt durch mäßige Stauung und Heiß- 
wasserum. ehläge. Dieses therapeutische Vorgehen bewährt sich 
besonders- bei all denjenigen Frakturen, bei denen eine Ex- 
tension von vornherein notwendig war, also an den langen 
Röhrenknochen des Humerus und Femur. Für die Extensione.n 
empfiehlt Verf. Heftpflasterstreifen, nur bei besonders emp¬ 
findlicher Haut einfache, nach Maß gefertigte hülsenförmige 
Bandagen. Knieseheibenbrüche, namentlich alter Leute, sollten 
nur mit Extensionsverbänden behandelt werden, Frakturen des 
Humerushalses und des Schenkelhalses ebenfalls ganz ohne Ver¬ 
band, nur durch gute zweckmäßige Lagerung. Durch diese 
Behandlungsmethoden kürzt man vor allem die langwierige 
Nachbehandlung wesentlich ab. 

Die wichtigste Nachbehandlung ist die der Oedeme und 
Kontrakturen, welche am besten mit den Heilmitteln der Balneo¬ 
therapie erzielt wird. Besonders wirken Moor- und Thermal¬ 
bäder auf Schmerzen, Oedeme, Steifigkeit und Funktionsstörun¬ 
gen günstig ein. Die besten Anwendungsformen sind pro¬ 
longierte, heiße, lokale Moorpackungen oder Moorbäder mit 
folgenden prolongierten Thermal- und Kohlensäure- oder Salz- 
bädern mit Gelenkübungeil. Ebenso sind auch die nach Gelenk- 
luxationen und Distorsionen zurückbleibenden Funktionsstörun¬ 
gen zu behandeln. Hier kommt zunächst Ruhe unter Weglassung 
aller starren Verbände in Frage, danach hydropathische Ein¬ 
packungen und heiße Bäder und schon von der zweiten Woche 
an vorsichtige Gelenkbewegungen. Auch in diesen Fällen soll 
man mit eler Massage nicht zu schnell bei der Hand sein. 
Gegen die Schmerzen, welche nach Distorsionen ein treten, und 
gewöhnlich recht lange anhalten, sind die wirksamsten Mittel 
Moor- und Thermalbäder. Auch die'Folgekrankheiten entzünd¬ 
licher Affektionen werden durch die Balneotherapie günstig 
beeinflußt, \yobei namentlich die perityphlitischen und para- 








HIGAN 



90 


THE&APETJTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 6 


niotritischen Exsudate ein dankbares Gebiet der Balneotherapie 
darstellen. 

Von großer Bedeutung sind die .Jodsolbäder bei den elironi- 
seben weichen LymphdrüsenanschwelJungen tuberkulöser Natur, 
die sich für die chirurgische Behandlung nicht eignen. Die 
chronischen Entzündungen chirurgischer Art, wie .Periost¬ 
entzündungen, reagieren günstig auf prolongierte Thermalbäder; 
ebenso Beckenbindegewebs -Phlegmonen sowie retroperi toneale 
Eiterungen. Die prolongierten Badekuren sind auch bei serösen 
Gelenkergüssen von großem Wert, besonders wenn sie von Moor- 
umschlägen unterstützt werden. Heiße lokale Moor-, Mineral - 
und Thermalbäder, mit den verschiedensten Behandlungs¬ 
methoden kombiniert, sind auch gegen die schweren Formen 
gonorrhoischer Arthritis wirksam, ferner auch gegen die rheu¬ 
matischen, uratischen und deformierenden G elenkaff ektionen. 
Die kallösen Unterschenkelgeschwüre, die durch ihren torpiden 
Charakter nur langsam heilen, werden durch dieselben heißen 
Bäder gut beeinflußt. Bei akut entzündeten Hämorrhoiden und 
den damit verbundenen Schmerzen empfiehlt Verf. die oft ge¬ 
wechselten Heißwasserkompressen im Gegensatz zu den ge¬ 
wöhnlich üblichen Eisapplikationen, bei denen die Gefahr der 
Nekrose recht groß ist. Zum Schluß hebt Verfasser noch die 
Wichtigkeit der Bäder für die chirurgischen Rekonvaleszenten 
hervor. 

5. Auf dem Gebiete der Emanationsmessung herrschen zur¬ 
zeit noch so wirre Begriffe, daß ein so ausgezeichneter Radium - 
forscher wie Dr. Lachmann, Landeck, die Behauptung auf¬ 
stellen konnte, man könne jede gewünschte Radiummenge her¬ 
ausmessen, wenn man nur die Apparate danach von Fall zu 
Fall konstruierte. Nicht minder groß ist, wie namentlich Dr. 
Riedel, Straßburg, gezeigt hat, die Zahl der Fehlerquellen 
in der Emanationsmessung. Aus diesen Gründen sind alle Bei¬ 
träge über die Emanationsmessung von großer Bedeutung, da 
ausgiebige wissenschaftliche Arbeiten schließlich doch dazu 
führen dürften, auf diesem Gebiete Klarheit und Ordnung zu 
schaffen. Dadurch daß die Radiumemanation die elektrische 
Leitfähigkeit der Luft erhöht, hat man zunächst das alte 
Elektroskqp für die Messung der Emanation herangezogen. Die 
Untersuchungen der Verfasser haben nun ergeben, daß die 
Spannungsverluste bei den Messungen fortwährenden 
Schwankungen unterworfen sind. Die Ursache für diese Er¬ 
scheinung dürfte die. sein, daß die Gefäßwände des Elektrometers; 
durch Strahlen, welche durch sie hindurchdringen, radioaktiv 
gemacht werden. Auch die Temperatur übt einen Einfluß auf 
die Emanationsmessung und ihre Fehlerquellen aus. Die Ver¬ 
suche der Verfasser, welche mit außerordentlicher Sorgfalt 
ausgeführt sind, führten sie zu den verschiedenen Vorschlägen. 
So, sollten die Temperaturänderungen am Elektrometer dauernd 
thermometrisch festgestellt und kontrolliert werden. Ferner 
soll die Messung am besten in geschlossenen Räumen vor- 
genommen und Sonnenstrahlen und Wind ferngehalten werden. 
Temperaturwechsel ist möglichst zu vermeiden. Auch soll das In¬ 
strument mit der Umgebung in ein Temperaturgleichgewicht ge¬ 
bracht werden. Es folgt dann noch eine Reihe weiterer ein¬ 
gehender Vorschläge, die auszuführen ah dieser Stelle zu weit 
führen würde, die es aber verdienen, nach Möglichkeit berück¬ 
sichtigt zu werden, um Fehlerquellen bei der Radioaktiv- 
messung, so weit es tunlich ist, zu vermeiden. 

6. Verf. untersuchte die Radioaktivität der Therme von 
Johannisbad und konnte nachweisen, daß sowohl das Thermal- 
wasser von Johannisbad wie auch die daraus entweichenden 
Gase radioaktiv sind. Die physiologische Wirkung der Radium- 
strahlen zeigte sich daran, daß sie auf der gesunden mensch¬ 
lichen Haut krankhafte Veränderungen in Form von Erythemen 
bis zu schwer heilbaren, verbrennungsartigen Erscheinungen 
hervorriefen und eine Aehnlichkeit mit den Röntgenstrahlen, 
zeigten. Auf diese Erscheinungen führt man die heilende Wir¬ 
kung der radioaktiven Strahlen bei Psoriasis, Sykosis, Favus, 
Angiom, Lupus und dem oberflächlichen Hautkrebs zurück. 
Ferner konnte auch ein günstiger Einfluß der radioaktiven 
Bestrahlung auf rheumatische und neuralgische Schmerzen fest- 
gestellt werden. Verf. sieht als die Wirkung der Radiumemana¬ 
tion nicht nur die Strahlenwirkung an sich an, sondern er 
glaubt auch, daß die elektrischen Verhältnisse des Körpers und 
der davon abhängige Stoffwechsel durch das Radium beeinflußt 
werden. So sah Verfasser, daß eine Patientin, der er zu¬ 
gleich eine Kapsel mit 1 mg reinem Radiumbromid auf die 
Stirn setzte, den faradischen Strom schwächer empfand. Unter 
der Radiumbehandlung schwächte sich also bei dieser Patientin 


die Empfindung für den elektrischen Strom ab. Aus dieser Er¬ 
scheinung zieht Verf. den Schluß, daß der elektrische Strom 
durch die Radiumeinwirkung an Stärke abgenommen bat. 
Weitere Versuche brachten Verf. zu der l eberzeugung, daß 
diese Differenz von elektrischer Energie von dem Radium auf- 
genommen wird. Diese Anschauung glaubt er durch eine Reihe 
von Versuchen bewiesen zu haben. Verfasser ist der Ansicht, 
daß die Beurteilung der Einwirkung radioaktiver Substanzen 
auf den menschlichen Organismus sich in zweifacher Bahn 
bewegen müsse, nämlich in b?zug auf ihre die Elektrizität ent¬ 
ziehende Eigenschaft und mit Rücksicht auf die von ihm aus¬ 
gehende direkte Strahlenwirkung. Der erst;»,re Punkt, ist noch 
vollständig vernachlässigt worden, aber Verfasser glaubt, daß 
ihm eine größere Bedeutung zuzusch reihen sei. Seme Auffassung 
geht nun dahin, daß man gerade durch die die Elektrizität ent¬ 
ziehende Eigenschaft des Radiums die Wirkung der chemisch und 
thermisch indifferenten Thermen auf die Erkrankung des Nerven¬ 
systems, zentralen wie peripheren Ursprungs, zurückführen kann. 
Ebenso glaubt Verfasser, daß durch die Regulierung der elek¬ 
trischen Vorgänge durch die Radioaktivität der Bäder auch der 
chronische Muskel- und Gelenkrheumatismus in den radioaktiven 
Thermen beeinflußt wird. Wieweit die Ansicht des Verfassers, 
daß Stoffwechselstörungen durch die radioaktiven Quellen be¬ 
einflußt werden, allgemeine Anerkennung finden dürfte, möge 
hier dahingestellt sein. Die günstige Beeinflussung von Haut- 
affektionen und Geschwürsbildungen erklärt er durch die direkte 
Strahlenwirkung der Emanation der Bäder. Da die Luft über 
den Heilquellen natürlich an Emanation außerordentlich reich 
ist, wird auch durch die Einatmung dieser Luft dem Körper 
viel Emanation zugeführt, und Verfasser spricht sich dahin 
aus, daß die Einatmung der Emanation mit der Badeluft einen 
sehr großen Effekt auf das Gewebsleben des Organismus aus¬ 
übt. Aus diesem Grunde empfiehlt er, die Luft in den Bädern 
mit Emanation möglichst anzureichern, worauf bereits BÖ wen - 
t h a 1, Braunschweig, hingewiesen hat. 

7. Verf. hat die Untersuchungen, die mit den Kreuznach er 
Solquellen hinsichtlich ihrer Radioaktivität in den .fahren 1904 
bis 1909 gemacht wurden*..in filier jfopftchü rc zusammerugefaßt. 
Die starke Radioaktivität der Kreuznacher Solquellen wurde 
von dem Verfasser im Jahre 1901 festgestellt und durch Elster 
und G eitel bestätigt. Es gelang dem Verf. auch, aus dem 
Sinter der Kreuznacher Quellen größere Barytmengen zu iso¬ 
lieren; allmählich gelang es, die Radiumsalze herzustellen. Seit¬ 
dem werden aus dem Wasser der Kreuznacher Quellen fabrik¬ 
mäßig die Radiumsalze hergestellt, die in verschiedenen Formen 
in den Handel kommen. Verfasser verspricht sich, hoffentlich 
mit Recht,, daß der reiche Gehalt der Kreuznacher Quellen 
an Radium ein wichtiger therapeutischer Faktor Mieses Bades 
sein dürfte. 

8. Es handelt sich hier um eine Zusammenstellung der 
wichtigsten Arbeiten über , die therapeutische Verwendung und 
Bedeutung des Radiums in den Kreuznacher Quellen. Zunächst 
wird der Vortrag* von dem inzwischen leider verstorbenen Ge¬ 
heimrat Dr. Engel mann, Kreuznach, angeführt, der in der 
Baineologischen Gesellschaft in Berlin im Jahre 1909 gehalten 
und in dieser Zeitschrift referiert wurde. 

Es folgen „Einige Bemerkungen über die im Sommer 1908 
mit Radiumemanationsbädern und mit lokaler Anwendung ge¬ 
machten Erfahrungen“ von Dr. Max Marckwald, Kreuz¬ 
nach. Verf. behandelte mit Radiumemanationsbädern Fälle von 
chronisch entzündlichen Exsudaten, von chronischem Muskel - 
rheumatismus, von Neuralgien, Ischias, Fälle von Symptomen 
skrofulöser Natur am Halse, Fälle von chronischer Arthritis 
und schließlich einen Fall von Tabes dorsalis incipiens. Die 
Zahl der Bäder schwankte bei den einzelnen Patienten zwischen 
15 und 25, während ihre Dauer von 20—35 Min. un,d ihre 
Temperatur von 34—36 Grad C. differierte. Die, Radium- 
emanationsbäder sind durchaus gut vertragen worden, und haben 
niemals unangenehme Nebenwirkungen hervorgerufen. Leider 
war, wie cs in der Balneotherapie ja so oft vorkommt, die 
Zeit der Behandlung und der Beobachtung zu kurz, um von 
einer definitiven Besserung und Heilung sprechen zu können; 
aber doch zeigte sich eine günstige Einwirkung der Radium - 
bäder bei den chronisch entzündlichen Prozessen und den skrofu¬ 
lösen Drüsentumoren, ferner bei chronischem Muskelrheumatis¬ 
mus und Neuralgien. Die günstige Einwirkung dokumentierte 
sich dadurch, daß Schwellung und Schmerzhaftigkeit schneller 
beseitigt wurden als Ipei den gewöhnlichen Sole-Mutterlaugen- 



1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU, 


91 


■ :w 


Hadern. Die Erfolge der Radio! hcrapie Schemen bei chronischer 
Arthritis ganz besonders günstige zu sein. 

Aus der Arbeit ,,Klinische Beobachtungen über die W irkung 
der Kreuznacher Radium-Emanations-Bäder 1 von I)r. Keinen, 
Kreuznach, ergibt sich, daß die Kreuznacher Solquellen zu den 
stärksten radiunihaltigen Quellen gehören. Auch dieser Ver¬ 
fasser hat bei einer großen Reihe von Krankheiten mit dem 
Radium günstige Erfahrungen gemacht. Besonders hebt er her¬ 
vor. daß sich nach dem zweiten bis dritten Bade, in seltenen 
ballen erst später, bei chronischen Gelenkkrankheiten eine der¬ 
artige Einwirkung auf die Gelenke zeigt., daß Schmerzen ent¬ 
stehen, welche das W eiterbaden für einige Tage unmöglich 
machen. Mit dem Abklingen dieser Reaktion erfolgt dann eine 
Besserung in den erkrankten Gelenken. Verf. spricht die An¬ 
sicht aus, daß ein Diffundieren der gasförmigen Emanation durch 
di e Haut sehr wohl möglich ist und daß ganz besonders durch 
das Radium ein Reiz auf die Nervenenden ausgeübt wird. Er 
sieht als eine wichtige Einwirkung des Radiums auf den Or¬ 
ganismus einen Einfluß auf den Stoffwechsel an. Als Kurform 
empfiehlt er die Bade- und Trinkkuren. 


Pathologische Anatomie. 

Referent: Stabsarzt Dr. Geissler, Neu-Ruppin. 

1. Mzlformation de I’oesophage thoraeique avec occlusion du 
bout superieur et abouchement du bout inferieur dans la 
trachee. Von .J. G u y o t. Bullet, et memoir. de la societe 
anatomiq. de Paris 1907, Nr. 4. 

2. Cancer primitif de la pRvre. Von M. Claret. Bull, 
et mem. de la soc. anat. de Paris 1907, 7. 

3- Fibro-sarcoma myxomatodes pleurae permaguum. Von 
R. M e h r d o r f. Beitrag zur Kenntnis der primären Pleura- 
tumoren. (Aus dem path. Inst, der Univ. Göttingen. 1 Virch. 
Arch., Bd. 193, 3. 

4. Cancer du rein avec volumineux Kyste hematique. Von 

Eegry et Duvoir. Journal de physiolog. et de patholog. 
generale. Tome II, 1909, Nr. 3. 

Lieber den Gehalt käsig-kreidiger Lymphdriisen an 
Tuberkelbazillen. Von L. W eiß. (Aus dem path.-anat. Inst, 
des allgem. Krankenh. in Eppendorf.' Münchener med. Wochen¬ 
schrift, 1909, Nr. 9. 

1. Bei. einem Kind ■ wurde der angeborene Analverschluß 
operativ eröffnet. Der Mutter fiel auf, daß das Kind kaum 
Nahrung nahm und schon nach 2—3 Saugzügen blau wurde. 
Es verhungerte nach wenigen Tagen. Die Operation war gut 
gelungen. Die Sektion zeigte, daß der obere Speiseröhrenteil 
schon nach 5 cm langen Verlauf blind endigte, der untere mit 
seinem oberen Ende von hinten her in die Trachea einmündete. 
Verf. bespricht die verschiedenen Mißbildungsformen, die man 
am Oesophagus beobachten kann, die Diagnose und Therapie 
und verlangt für alle Fälle, bei denen ein Verdacht des Oeso- 
phagusverschlusses vorhanden ist, die Autopsie. 

2. Die Erkrankung der Pleura an Karzinom läßt sich trotz 
einiger gegnerischer Stimmen nicht, mehr in Abrede stellen. 
Ein 42 jähriger Mann litt an großer Atemnot. Die Diagnose 
ergab einen großen Flüssigkeitserguß in der linken Brusthöhle' 
der die Punktion erforderte, sich aber schon nach zwei Tagen 
wieder angesammelt hatte. Diese schnelle Ergänzung ließ es 
ratsam erscheinen, ihm nur alle Wochen eine kleiner« Punktion 
zu machen, und machte einen vorhandenen Tumor wahrschein¬ 
licher. Der Kranke ging infolge von Kachexie schnell zugrunde. 
Die Obduktion ergab einen Krebs der. gesamten Pleura. Durch 
die mikroskopische Untersuchung wurde festgestellt, daß ein 
Endptheliom vorlag. Auf der Pleura der rechten Lunge fanden 
sich Metastasen. Die Lungen waren gesund. 

3. Endotheliome und Sarkome der Pleura sind relativ häufig, 
äußerst selten, bisher nur einmal beschrieben fibrosarkomatöse 
Tumoren. Nach einer Uebersicht, der an der Pleura, möglichen 
Geschwülste (Fibrome, Lipome, Angiomo, Chondrome, Osteome, 
tumorartige Tuberkulose, Endotheliome und Sarkome) be¬ 
schreibt Verf. seinen Fall. Die 43 jährige Pat. erkrankte mit 
Rückenschmerzen, Luftmangel und Schwindelgefühl. Klinisch 
fand sich rechts vorn bis zur dritten Rippe aufwärts Resistenz! 
und Dämpfung, hinten ebenso -bis zur Mitte des Schulter¬ 
blatts, schwaches Atemgeräusch, pleuritisches Reiben, Pleura - 
punktion negativ, ebenso später eine Probelaparotomie. Nach 
J /2 Jahr Exitus. Die Obduktion ergab in der rechten Thorax¬ 


hälfte einen mächtigen Tumor, der die Lunge ganz nach oben 
gedrängt hatte, uud an zwei Stellen mit der Pleura costalis, 
an einer mit dem Perikard verwachsen war. Sein Gewicht betrug 
32,70 g, seine Oberfläche war glatt, seine Konsistenz derb; 
nirgends bestanden Erweichungsherde. Die Schnittfläche sah 
grau-weiß, glasig aus. Stellenweise lag Blut im Gewebe. Die 
mikroskopische Untersuchung ergab einen Reichtum an Binde¬ 
gewebe, dessen Züge wellig angeordnet waren. Die. Zellen 
hatten spindelförmige Kerne. An der Peripherie der Geschwulst 
trat das Bindegewebe mehr zurück, es fanden sich reichlich 
zellige Elemente. Die Kerne waren rundlich und standen mit 
dem Bindegewbe nicht in Verbindung. Augenscheinlich hatten 
sich hier die Kerne vom Bindegewebe zu selbständigen Zellen 
differenziert und waren in sarkomatöse Wucherung eingetreten. 
Im Zentrum waren die sonst dichten Bindegewebszüge zu einem 
feinfaserigen Netzwerk auseinandergewichen und manche Zellen 
in eine myxomatöse Umwandlung'eingetreten. Diagnose: Fibro- 
sarcoma myxomatodes. Die Ausgangsstelle des- Tumors war 
mit Sicherheit nicht zu bestimmen, seine Entstehung aber von 
der Pleura wahrscheinlich ebenso zu erklären, wie die Bildung 
der subserösen Myome des Uterus, die ja auch zu einem freien 
Körper werden. Der aus» der Literatur bekannte Parallelfall 
findet .ausführliche Besprechung. 

4. Le ig r y und Duvoir beschreiben einen der recht seltenen 
Fälle von Nierenkarzinom mit umfangreicher Blutzyste. Die 
Geschwulst war kindkopf-groß und intra vitam mit Leichtigkeit 
abzutasten. Welchem Organ sie angehörte, ließ sich nicht ent¬ 
scheiden. Der Träger hatte sie nicht bemerkt, er war wegen 
einer schnell fortschreitenden linksseitigen Hemiparese ins 
Krankenhaus gekommen. In der linken Oberschlüsselbeingrube 
lag ein runder, beweglicher, eigroßer Knoten, der schon zwei 
Jahre alt sein sollte. Der Kranke verließ das Krankenhaus, 
ohne daß man eine sichere Diagnose gestellt hatte, kam aber 
nach 3 Monaten wieder. Zur Diagnose wurde die- Geschwulst 
über dem Schlüsselbein entfernt. Der mikroskopische Befund 
ergab ein Epitheliom, gleichwohl mußte wegen des langsamen 
Krankheit?Verlaufs die klinische Diagnose in der Schwebe 
bleiben; fünf Tage nach Exstirpation eines Stück des Bauch - 
tumors, wobei etwa 1 Liter blutiger Flüssigkeit abfloß, starb 
der Kranke. Die Obduktion ergab einen 1850 g schweren, 
mit der linken Niere zusammenhängenden Tumor, der zu einem 
Teil aus rot-weißem, im Zentrum nekrotischem Gewebe, zum 
anderen aus einer großen Höhle bestand. An der Aorta ent¬ 
lang lagen zahlreiche Drüsenmetastasen. Durch die mikrosko¬ 
pische Untersuchung wurde ein Epithelialkrebs festgestellt. Die 
Zyste war entstanden durch Nekrose von Karzinomgewebe und 
Blutanfüllung aus zerrissenen Gefäßen. 

5. M lieh hat gefunden, daß in tuberkulösen Drüsen, in denen 
Tuberkelbazillen nach Z i e h 1 nicht nachgewiesen werden 
konnten, nach Gram eine granuläre Form des Tuberkulose - 
virus zu finden war. Nach Mitteilung der Anordnung der 
Färbungen, die mit gewissen Schwierigkeiten verbunden und nur 
mühsam zu erlernen ist, beschreibt Verf. Lage und Art der 
manchmal schwer auffindbaren granulierten Stäbchen und 
danach seine eigenen Befunde hei 8 Fällen. In Fällen, in 
denen nach Z fehle nichts zu finden war, fiel Grams Me¬ 
thode positiv aus.. Die granulierten Stäbchen konnte er nicht 
nur in den Hals-, sondern auch im käsigen Inhalt von Bron¬ 
chial- und Mesenteriialdrüsen nach weisen. Die neue Methode, 
das Virus zu erkennen, ist vielleicht geeignet, Folgerungen 
zuzulassen, ob eine Infektion mit Menschen- oder Rindertuber¬ 
kulose erfolgt ist. Bei isolierter Drüsentuberkulose verharren 
vielleicht die bazillären Bestandteile, in den Drüsen in einer 
für den Körper günstigen Weise im Sinne einer Immunisierung. 


Varia. 

Historische Notizen über Asthma. Von G. Goldschmidt, 

Bad Reichenhall. Aerztliche Rundschau, 1910, Nr. 2. 

Verfasser gibt einen Ueberblick über die Geschichte des 
Asthmas, der vielfachen Wandlungen des Namens und der Auf¬ 
fassung des merkwürdigen Symptomenkomplexes. Kraftvoll schil¬ 
dert Are t äus von K ap p a d o z i e n die Erkrankung, aber 
er beschreibt weder die wesentlichen Symptome des Asthmas, 
noch beschränkt er sich auf das Asthma allein, sondern um-, 
faßt alle möglichen Krankheiten, die mit erschwertem, keuchen¬ 
dem Atmen einhergehen. Viel klarer beschreibt Seneca das 
Asthma, da er selbst an dieser Krankheit gelitten hat. Galen 


/ERSI 



t 








92 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. (> 


gibt als Symptome cles Asthmas eine schleimige, flache, kurze 
Respiration an* Das Wort Asthma wird häufig hei II i p p o - 
k r a t e s gebraucht, aber nicht genau charakterisiert. (’ e 1 s u s , 
der viel früher als A ro t a us gelebt, teilt alle Krankheiten 
mit erschwertem Atem in drei I Iauptgruppcn ein, die dem 
Grade nach unterscheidbar sind. Diesen Krankheiten wird auch 
der diphtheritische Croup, vielleicht auch außer dem Asthma 
die Bronchitis capillaris und das Emphysem beigezählt. Die 
Araber haben sich in der Lehre vom Asthma, ebenso wie 
der übrigen Medizin, streng nach Galen gerichtet. Im 
15., 16. und 17. Jahrhundert werden die Ansichten Ga lens und 
des C eis us fast wörtlich wieder gegeben, ln bestimmterer 
Weise spricht sich der. Engländer Williams aus: er kennt 
ein auf Verstopfung der Bronchialröhren beruhendes Asthma 
pneumonicum und ein auf einem Krampf der motorischen Fasern 
beruhendes Asthma convulsivum. Auch ein Zeitgenosse J oh. 
Floyer führt das Asthma auf einen Krampf zurück. Unter 
den deutschen Autoren des 18. Jahrhunderts ist es F r i e d r i e h 
Hoffman li. der die Ursache des Leidens in „einer Zu¬ 
sammenschnürung der die Lungenzellen umkleidenden Schleim¬ 
haut“ sieht. Die Verwirrung, welche die eben erst erkannten 1 
Tatsachen der Physiologie, und ihre Uebertragung auf patho¬ 
logische Prozesse an richteten, spiegelt gegen Ende des 18. Jahr¬ 
hunderts in der. unglaublichsten Nomenklatur in den Schriften 
über Asthma wieder, bis Oullen die chronische Engbrüstig 1 
keit von der paroxysmalen trennt und für letztere den Aus¬ 
druck Asthma akzeptiert. Im Anfang des vorigen Jahrhunderts 
geht unter dem Suchen nach anatomischen Grundlagen die 
wohltätige Präzision des Begriffes Asthma verloren. Laennoc 
hält als die häufigste Ursache des Leidens einen Catarrhe sec 
nebst Emphysem. Ebenso meint Rokitansky, den meist 
für nervös gehaltenen Asthmen läge Emphysem zugrunde, des¬ 
gleichen Heule. Romberg nimmt ein Asthma als Folge 
einer Verletzung des N. vagus an und dann eine zweite Form, 
beruhend auf einer Lähmung der Spinalnerven, die die Rumpf- 
muskeln innervieren. Nach Traube ist das Asthma ein nur 
bei Nervösen vorkommender Katarrh der kleinsten Luftwege. 
Was nun die moderne Literatur über Asthma betrifft, so ist . 
wohl zunächst Trouneau das Verdienst zuzuschreiben, das 
klinische Bild möglichst genau gezeichnet zu haben. Einen 
bedeutsamen Fund macht dann Leyden mit der Entdeckung 
der Kristalle und C ursch mann mit der der Spiralen im 
Sputum. Verfasser selbst sieht das Asthma lediglich als Spas¬ 
mus der Bronchiolenmuskeln an, Pieniazeck dagegen als | 
Produkt einer rein katarrhalisch hyperämischen Schwellung. 
Hagenbe rg ist in seinem kasuistischen Beitrag zum Asthma 
Anhänger der nasogenen Theorie. In therapeutischer Beziehung 
hat wohl in jüngster Zeit das größte Aufsehen die Ansicht 
Strümpells gemacht, der gegen das Asthma elektrische 
Lichtbäder empfiehlt. v. Rutkowski, Berlin. 

Die Essigsäureprobe zur Unterscheidung der Exsudate und 
Transsudate. Von Iv. Piepser, Straßburg. Münchener med. 
Wochenschr., 1910, Nr. 1. 

Verfasser wandte bei einer großen Anzahl von Punktions- 
fli'issigkeit die Essigsäureprobe nach Moritz und nach R i - 
valta zur Unterscheidung von Exsudat und Transsudat an. 
Nach den Untersuchungen von Moritz verursachen wenige 
Tropfen einer 5 proz. Essigsäure in Exsudaten eine Trübung 
durch Ausfälleh eines Eiweißkörpers, während in Trans¬ 
sudaten diese Trübung ausblieb. Die Rivaltasche Methode , 
läßt tropfenweise die Punktionsflüssigkeit in verdünnte Essig- I 
säure fallen, auch hier trübt sich nur das Exsudat. Nach den 
Untersuchungen des Verfassers sind beide Methoden zuverlässig. 
Die Probe nach Ri valta zeigt den negativen Ausfall augen¬ 
fälliger und zuweilen auch schärfer an, während das Moritz - 
sehe Verfahren einfacher in der Ausführung ist und auch für 
Lumbalpunktale angewendet werden kann. 

v. Rutkowski, ;Berli, ! n. 

Beitrag zur Hämophilie mit spezieller Berücksichtigung 
der Gerinnungsverhältnisse des Blutes an Hand von Gerinnungs¬ 
kurven. Von K. Koftmn.nn und A. Lidsky, Bern. Münch, 
mecl. Wochenschr., 1910, Nr. 1. 

Mittels des nach Angaben der Verfasser konstruierten 
Koaguloviskosimeter wurden die Gerinnungsverhältnisse des 
Hämophilieblutes graphisch dargeste.il t. Diese Kurven ergaben 
ferner, daß nach Zusatz von Thrombokinase (0,05 auf 1 ccm 
Blut) oder Serum (0,05 auf 1 ccm Blut) die Blutgerinnung einen 
beschleunigten Verlauf zeigt. Man kann demnach mit Sicherheit 


auuehmen, daß bei Hämophilie die Bildung des Fibrinfermentes 
behindert ist und zwar infolge Mangels an Thrombokinase. 
Als Therapie empfehlen die Verfasser lpei Blutungen der Hämo¬ 
philen Tamponierung der Wunde mit frischem Tierblut oder 
aus demselben frisch bereiteten Serum oder Durchtränkung des 
Tampons aus selbstberciteter Thrombokinasenlösung, die sich 
rasch und einfach in genügender Menge durch wässerigen Anzug 
aus einer zerhackten und zerriebenen frischen Kaninchen- oder 
anderen Tierleber darstellen läßt. 

• v. R u 1 k o w s k i , Berlin. 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Zur Therapie des Furunkels im äußeren Geliörgaig. 

Von Dr. Fr. Bruch, Seckenheim (Baden . Münchener med. 
Wochenschr., 1909, Nr. 50. 

2. Die intravenöse Kollargoltherapie bei puerperaler Sepsis 
und anderen septischen Erkrankungen. Von Ass. Arzt Dr. 
Al brecht, München. Ibidem, Nr. 51. 

3. Kasuistischer Beitrag zur Suprareninwirkung. Von Ass. 
Arzt Dr. Dengg, Schömberg. Ibidem, Nr. 52. 

4. Ueber Pergenol. Von Dr. F. Zernik. Pharmazeut. 
Zentralhalle, 1910, Nr. 1. (Referat aus Apoth.-Ztg., 1909, 
S. 664.) 

5. Die Verwendung des Alsols bei Frauenkrankheiten und 
in der Geburtshilfe. Pharm. Zentralhalle, 1910, Nr. 20. Referat.. ' 

6. Klinische Untersuchungen über Leukrol. Von Dr. 

G. Helfer, Wien. Aerztl. Zentralzeitung, 1910, Nr. 1. 

1. Von den verschiedenen Vorschlägen der Behandlung dos 
Furunkels im äußeren Gehörgange hat sich folgende Methode 
dem Verf, am besten bewährt: Den mit Watte armierten 
Gottstein schon oder M a nass e sCftöif Tatffpon träger führt 
man, nachdem die Watte gehörig mit Ichthyolglyzerin (ää 
durchtränkt ist, in den Gehörgang ein und dreht ihn nach 
links heraus, so daß der Ichthyoltampon im äußeren Gehör- 
gang liegen bleibt. Um Austrocknen des Tampons oder Aus- 
fließen des Ichthyols zu verhindern, wird ein kleiner Watte¬ 
bausch in den Anfang des Gehörgangs gelegt. Letzterer muß 
natürlich durchgängig sein, um den Eingriff machen zu können. 
Der Tampon darf nicht drücken. Bald hört dann der Schmerz 
infolge der Einwirkung des Ichthyols auf. Man macht den 
Verband 1— 2 mal täglich. Oeffnet sich der Furunkel, so kann 
der Eiter nicht in den Gehörgang fließen, da der Tampon ihn 
aufsaugt. Der übrige Teil der Gehörwandung kann aber nicht 
infiziert werden, da er mit Ichthyol bedeckt ist. Die Ichthyol- 
tamponbehandhing kann auch angewandt werden, wenn man 
inzidiert hat. 

2. In 45 Fällen der verschiedenartigsten septischen Er¬ 
krankungen wurden in der Am an n sehen Klinik intravenöse 
Kollargolinjektionen vorgenommen, und zwar wurden pro dosi 
1^—2 ccm der 5—10 proz. Lösung resp. Aufschwemmung in die 
Vena mediana bezw. . cephalica cubiti eingespritzt. Peinlichste 
Asepsis und langsames Einspritzen der stärkeren Konzentratio¬ 
nen (z. B. 10 proz. Lösung 1 ist Bedingung. M ar die Injektion 
ohne Erfolg, so wurde nach 24-Stunden die Injektion wieder¬ 
holt, eventuell an mehreren aufeinanderfolgenden Tagen. Die 
Reaktion gilt als positiv, wenn in einem Zeitraum von l /2 bis 
4 Stunden nach der Einspritzung ein fast regelmäßig ein- 
setzender Schüttelfrost von 10 Minuten bis U ständiger Dauer 
eintritt, dem ein erheblicher Temperaturanstieg zugesollt ist, 
und auf welchen ein kritischer Temperaturabfall innerhalb zwölf 
Stunden folgt. Ueberraschend ist die Besserung des subjektiven 
Allgemeinbefindens am Tage nach der Injektion und die häufig 
zu beobachtende Polyurie. Um einen Kollaps zu vermeiden, 
den A. beobachtete und auf eingespritztes Kollargolsediment 
zurückführt, dürfte sich Filtrieren vor der Injektion empfehlen. 
Auf Grund, seiner. Beobachtungen kommt A. zu folgendem 
Schluß: Das Kollargol ist bei intravenöser Anwendung für die 

i Bekämpfung schwerer bakterieller Allgemeiuinfektionen und 
lokalisierter schwerer Eiterungen völlig nutzlos. Dagegen ist 
, es bei schweren, unter dem Bilde septischer Allgemeininfektion 
; verlaufenden Intoxikationen von propipter Wirkung. 






1910 


THERAPEUTISCH E RUNDSCHAU. 


93 


3. Bpi einer Patientin mit weit fortgeschrittener Lungen - 
hiberkulose, die bewußtlos mit starker Hämoptoe aufgefunclen 
wurde und das Bild einer Moribunden bot, injizierte Verf. 

1 ccm einer 1 prom. Lösung von Suprarenin. hydrochlor. und 
zwar mit dem Erfolge, daß nach wenigen Minuten der Puls 
wieder fühlbar wurde und zusehends an Stärke zunahm. Auf 
Grund der Beobachtung an einem Falle, bei dem das Suprarenin 
lebensrettend wirkte, empfiehlt Verf. dieses Mittel als H e r z - 
1 o n i k u m und stellt es noch über Kampfer und Strophanthus. 

4. Z. hat das Pergen ol untersucht und kennzeichnet 
es als Natrium perboricum cum Natrio bitartarico. Es ist ein 
weißes, kristallinisches, in Wasser sehr leicht lösliches Pulver. 
Die wässerige Lösung soll blaues Lackmuspapier kaum merklich 
röten. Bei Zusatz von Säure kommt es zu stürmischer Gas¬ 
entwicklung. Pergenol ist vor Feuchtigkeit geschützt auf zu- 
bewahren. Die Pergenoltabletten enthalten je 0,5 g Pergenol 
und etwas Natrium bicarbou. Pergenol-Mundwassertabletien' und 
Mundwasserpulver besitzen Pfefferminzgeschmack. Die Pergenol- 
Mundpastillen enthalten 0.1 g Pergenol, das statt mit Bitarträt 
mit Zitronensäure hergestellt ist. und Zucker. (Nach meinen 
Erfahrungen sind die Pastillen gegen Rachenkatarrh und 
katarrhalische Angina, wo z. B. Forniamint recht gut ist, nicht 
so wirksam wie dieses. Dagegen sind die Mundwasscrtabletten 
gut und praktisch, da sie sehr schnell in Wasser zergehen 
und dieses zu einem angenehmen und erfrischenden Mundwasser 
machen. Referent.’ 

5. Aul Veranlassung von Hanau und Pinn er hat dio 
Firma Athenstaedi uud Redeker in Hemelingen Alsol- 
Scheidenkapselu hergestellt, die in den Fällen zur Verwendung 
kamen, wo früher Tampons, die mit Alsol-Creme bestrichen 
waren, gebraucht wurden. Die Anwendung der Alsol-Scheiden - 
kapseln ist überall dort augezeigt, wo eine adstringierende 
und fäuluiswidrige Wirkung erwünscht ist, also bei Reizzustän¬ 
den des weiblichen Gcschlechtsapparates, die bei längerer Dauer 
so oft eine bleibende Blutüberfülle und vermehrte Absonderung 
zur Folge haben, Erscheinungen, wie man sie häufig als Folge 
des Trippers beobachtet. Außerdem wirkt Alsol auch keiin- 
abtötend. Die Anwendung der Kapseln erfolgt am besten im 
Spiegel jeden zweiten Tag, etwa 4 Wochen hindurch. Außer¬ 
dem müssen Alsolspüluugen (0,5 proz. gemacht werden. Zur 
Behandlung kamen hauptsächlich die Fälle, bei denen es sich 
um eine bereit» vor Jahren erfolgte Ansteckung handelte., mit 
nachfolgender chronischer Endometritis und den .bekannten Ad¬ 
nexerkrankungen. Wenn auch bei diesen eine völlige Heilung 
nicht erzielt werden kann, so wird doch durch das Alsol eine 
Linderung der subjektiven Beschwerden erreicht. Verff. haben 
ferner auch die Alsolgaze, uud zwar zur Stillung von Blutungen 
-mit Erfolg angewandt. Durch Tamponade mit Alsolgaze wurden 
l terusblutungcn gestillt. Nach Ausräumung eines. Aborts und 
Auskratzungen des Uterus wurden recht gute Erfolge mit dar 
Alsolgazetampouade erzielt. Dieser gebührt hierbei der Vorzug, 
weil die Gaze sich in durchaus genügender Weise sterilisieren 
läßt, ohne ihre Wirksamkeit einzubüßen, was bei der Sterilisie¬ 
rung der Jodoformgaze nicht immer zutrifft, da das Jodoform 
sich bei größerer Hitze zersetzt und nicht mehr in dem ihm 
spezifischen Sinne wirkt. 

G. Das Leukrol erfreut, sich immer weiterer Ver¬ 
breitung wegen der günstigen Erfolge, die damit erzielt wurden. 
Leber das Zustandekommen seiner Wirkung ist man sich noch 
nicht klar, da die eiuen für Allgemeinwirkung plaidieren und 
das Präparat den Arsen-Eisenpräparaten vorziehen, während 
die anderen eine den Uterus tonisierend > Wirkung annehmen. 
Verf. hat 19 Fälle von Ausfluß behandelt, und einer mit 
schwerer Tuberkulose war refraktär. Bei den gonorrhoischen 
Ausflüssen ist das Mittel aber absolut wirkungslos. Verf. gab 
täglich 4—G Tabletten. 15 Tabletten kosten 1,50 M. 


Technische Neuerscheinimgen, 

Tascliciispuckbiiclise. 

Von Dr. Fürbringer .in Wittenberg, Bez. Halle. 

Die Tascheiispiickbiichse hat die Form eines Tnselien- 
Zigarrenetuis, teils in ganz abgerundeter Gestalt, teils in 
Form eines ovalären Zylinders erhalten und ist in Hart- 


tlGAN 


gununi hergestellt. Es sind aber bereits Versuche im 
Gauge, die Büchse mit Sprungdeckel herzustellen, welcher 



von einer Seite als besonders wünschenswert dar¬ 
gestellt wurde. Rosen. 

Ein neues Adeuotom.’) 

Von Dr. Hugo Neumann in Wien. 

Es sind verschiedentlich Instrumente ersonnen wor¬ 
den, die den Zweck verfolgten, den zu entfernenden Tumor 
atifzusjließen oder den entfernten aufzufangen und so das 
Herabfallen desselben zu verhindern. 

Keines dieser Instrumente konnte jedoch dem ein¬ 
fachen Gott.stein scheu oder Beckmann scheu 
Ringmesser den Rang ablaufen, teils wohl, weil sie ihren 
Zweck nicht sicher erfüllten, teils, weil sie plumper oder 
schwerer za handhaben waren. 

Im folgenden soll nun ein Instrument beschrieben 
werden, das, im Bau so grazil wie die Gottstein Sehe 
oder B e c k m a n n sehe Kürette und in der Handhabung 
ebenso einfach wie diese, vollste Sicherheit bietet gegen die 
erwähnten Zufälle des Hinabfallens des Tumors in Oeso¬ 
phagus oder Larynx. 

Ich habe seit längerem das Kürettement aufgegeben 
und halle mit dem Ringmesser (ieli arbeite gewöhnlich mit 
dem Be c k m a n n sehen) prinzipiell nur einen Zug voll¬ 
führt und das abgeschnittene Stück heim raschen Heraus¬ 
ziehen des Instrumentes herauszuschleudern versucht. Da 
ich gleichzeitig das, dem jeweiligen Fall entsprechend 
möglichst größte Ringmesser wählte, das den ganzen 
Tumor mit seinem Ring umfassen konnte, gelang es mir 
in der größten Mehrzahl der Fälle, mit diesem einen Zuge 
die ganze hypertrophische Tonsille abzuselmeiden und 
nach außen zu befördern. 

Nur in wenigen Fällen, wo, wie bei sehr kleinen Kin¬ 
dern oder Säuglingen, ein übervorsichtiges und deshalb 
langsames Entfernen des Instrumentes nötig ist, hat der 
Tumor, der meistens im Ringe eingeklemmt ist. Zeit, dem¬ 
selben zu entgleiten, und wird verschluckt. Ein Aspiriert¬ 
werden desselben ist mir nie vorgekommen und ist auch 
schon wegen der Größe der Tumoren nicht leicht möglich, 
da dieselben wahrscheinlich auf dem Aditus ad laryngem 
liegenbleiben würden, von wo sie (ähnlich wie in dem in 
H e y m a n n s Handbuch der Laryngologie zitierten Falle 
Schwartzes) mit dem Finger leicht entfernt werden 
könnten, ist aber immerhin nicht ausgeschlossen. 

Mit meinem Instrumente nun können solche un¬ 
angenehme Zufälle sicher ausgeschlossen werden. Mit die- 

i) Münchener liiod. Woehenschr. 1909, Xr. 50. 


1 - ' ■■ 

3AN 


UNIVERSIT 






94 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 6 



sein wird der Tumor, ohne daß die Bewegung' des Messers 
irgendwie beschränkt wird, auf einer Gabel aufgespiel.it 
festgelialten. 

Das Instrument bestellt aus zwei Teilen, dem Ring¬ 
messer und der Gabel. Als Ringniesser wählte ich eines 
nach der Beck m a n n sehen Form. Es kann aber ebenso 
gut auch einen ähnlichen Typus aufweisen. Nur soll der 
Ring, uni den Tumor gut umfassen zu können, die Form 
eines Kreises oder eines Viereckes, nicht, wie beim Gott¬ 
stein, die eines Dreieckes aufweisen. Ob das Messer selbst 
in der Ebene des Ringes liegt, oder in einer gegen diese 
geneigte, ob es gerade oder leicht gekrümmt verläuft, ist 
gleichgültig und dem Belieben des jeweiligen Operateurs 
überlassen. Wichtig ist dagegen, daß der Stiel des In¬ 
strumentes sich am Ansätze an den Ring zu einer drei¬ 
seitigen Platte verbreitert, auf der bei Ruhestellung dessel¬ 
ben die Gabelspitzen aufruhen. Die vordere Seite des 
sonst runden Stiels der Kürette ist abgeplattet und trägt 
im oberen Teil in bestimmter Höhe zwei kurze Branchen, 
im unteren Teil einen kurzen Stift. Die Branchen haben 
den Gabelstiel zu halten und zu leiten, während der Stift, 
der in eine am Gabelstiel befindliche Rinne paßt, die Ex¬ 
kursionen desselben nach oben und unten zu beschrän¬ 
ken hat. 

Der Gabelstiel, der etwas kürzer ist als der Küretten¬ 
stiel (ohne Handgriff) weist an seinem unteren Ende einen 
Ansatz für den ihn in Aktion setzenden Daumen, an seiner 
Innenseite die erwähnte Rinne auf und trägt am oberen 
Ende, durch ein leicht bewegliches Scharnier mit ihm ver¬ 
bunden, die dreizinkige, mit Widerhaken versehene, kurz- 
stielige Gabel. Die Länge der Rinne und die Lage des 
Scharniers sind so gewählt, daß bei zurückgezogener Gabel 
(Ruhestellung) einerseits die Gabelspitzen auf der drei¬ 
seitigen Platte aufruhen, andererseits die Branchen der 
Kürette den Gabelstiel oberhalb des Scharniers, dasselbe 
sperrend, umfassen, bei maximal vorgestoßener Gabel 
einerseits tlas Scharnier oberhalb der Branchen zu liegen 
kommt und so bewegungsmöglich wird, andererseits die 
Gabelspitzen nicht dieEebene desMessers erreichen können, 
sondern sich 2—8 mm unter derselben befinden. Durch 
die eine Anordnung wird erreicht, daß eine Abknickung 
der Gabel erst nach Eindringen derselben in den Tumor 
möglich ist, durch die zweite, daß das Messer an der in 
denselben eingespießten Gabel, beim Abschneiden dessel¬ 
ben, vorbeigleiten kann. 

Die Operation, wie ich sie mit diesem Instrument übe, 
vollzieht sich folgendermaßen: 

Patient und Operateur sitzen zunächst einander gegen¬ 
über. Erwachsene Patienten sitzen frei, Kinder auf dem 
Schoße der Wärterin, die ihre Arme festhält. Bei un¬ 
ruhigen Patienten oder bei Patienten in der Narkose kann 
der Kopf des Patienten zur Einführung des Instrumentes 
gestützt werden, später übernimmt ihn der Operateur. Der 
Operateur drückt mit dem in der linken Hand gehaltenen 
Spatel die Zunge herunter und führt unter Beleuchtung 
mit der rechten das, wie erwähnt für den Fall geeignete, 
möglichst große Instrument (dessen Gabel selbstverständ¬ 
lich zurückgezogen ist), in der gewöhnlichen Weise hinter 
das Gaumensegel und hinauf, bis er an das Rachendach 
stößt, ohne hierbei noch wesentlich nach dem vorderen 
Ende desselben zu zielen. Er sieht, daß das Scharnier, die 
dreiseitige Platte und hiermit die Gabelzinken hinter der 
U vula verschwunden sind und diese auf dem schmalen Stiel 
des Instrumentes reitet. Es besteht jetzt absolut keine 
Gefahr für das Gaumensegel. Jetzt legt der Operateur 
den Spatel weg, steht auf und legt die freigewordene linke 
Hand ajif den Scheitel des Patienten, den Kopf desselben 
stark nach vorne neigend. Er tritt dabei ein wenig nach 
rechts vom Patienten. Nun schiebt der Operateur mit der 
Rechten, die bisher das Messer nnverrückt in seiner Po¬ 


sition gehalten hat, demzufolge nur eine der Vorwärts¬ 
beugung des Kopfes entsprechende unwillkürliche Rück¬ 
wärtsbewegung gemacht hat, das Messer das Rachendach 
entlang nach vorn bis an die Choanen, deren Widerstand 
er spürt und sucht durch einige seitlich hebelnde Be¬ 
wegungen das vordere Ende des Tumors in den Ring zu 
fassen. Dann legt er den Daumen dieser Hand auf den 
Ansatz der Gabel, stößt dieselbe so weit als möglich vor 
(sie ist .jetzt in den Tumor eingedrungen) und zieht nun 
in raschem Zuge das Instrument, es ans Rachendach an¬ 
drückend, dasselbe entlang nach hinten und heraus. 

Die vollständige Rachentonsille steckt dann wie ein 
Bissen auf der abgekuiekteu Gabel. 

Die Operation ist selbstverständlich das Werk von 
Sekunden. 

Nebenverletzungen habe ich nie beobachtet, sie sind 
auch so gut wie ausgeschlossen. Die Uvula ist, wenn das 
Instrument gut eingeführt ist, während der Operation ab¬ 
solut nicht gefährdet. Desgleichen sind die Tubenwülste 
kaum in Gefahr. Ihre Verletzung ist ja eine Folge des 
Kürettements; bei diesem ist es beim raschen Vor- und 
Rückwärtsbewegen der Kürette, beim Lüften derselben 
vom Rachendach wohl möglich, daß ein vorspringender 
Tubenwulst gefaßt wird, hei dieser Methode aber, hei der 
das Messer vor der Operation an das Rachendaeli, also 
oberhalb der Tubenwülste angelegt wird und dieses bis 
zur Beendigung der Operation nicht verläßt, wohl kaum. 
Die primäre Blutung ist immer auffallend gering. Nach¬ 
blutungen habe ich bisher keine beobachtet. 

Das Instrument wird von R e i n e r in Wien ange- 
fertigt. Rose n. 


Bücherbesprechimgen. 

Altes und Neues aus dem Gebiete der Stoffwechselkrank¬ 
heiten. \ oü J. II c y u. Leipzig' 1909, K o n e g - e n. Preis 1,80 M. 

H. hat -sich der sehr verdienstlichen Aufgabe unterzogen, 
die vier Stoffwechselkrankheiten Diabetes mellitus, A.rthriiis 
urica, Fettsucht und Phosphaturie an der Hand der neuesten 
Literatur zu besprechen. Die so gewonnenen Sammelreferatc 
erschienen zuerst im Reichs-Medizinal-Anzeiger. Sie enthalten 
alles für den Praktiker Wissenswerte, das in den letzten .Jahren 
veröffentlicht worden ist und ermöglichen ihm, schnell einen 
Ueberblick über die neuesten Untersuchungsresultate zu ge¬ 
winnen. Mit Freude, ist es zu begrüßen, daß die sehr fleißigen 
Arbeiten zu einem Handbüchlein zusammengestellt und so einem 
größeren Aerztekreis zugänglich gemacht worden sind. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

Der ärztliche Ratgeber in Bild und Wort. Atlas und Haus¬ 
buch für Gesunde und Kranke. Von F. Sichert. München 1 
1909. L c li m a n n. Preis 22 M. 

Das Bestreben des deutschen Volkes, ein Handbuch über 
Krankheiten und ihre Behandlung in die Hand zu bekommen, 
hatten sich bisher Kurpfuscher wie Bilz und Pia teil in 
weitgehendstem Maße zu nutze gemacht, indem sie ihre dick¬ 
leibigen, von groben Unrichtigkeiten strotzenden Bücher in 
einer Flut von Exemplaren auf den Markt brachten, wobei 
namentlich auch zur Verbreitung die Kolportage herangezogen 
wurde. Daß jetzt endlich ein Buch vorliegt, das in vornehmster 
Ausstattung an der Hand vorzüglicher Abbildungen, die zum 
Teil den rühmlichst bekannten L e h m a n n sehen Atlanten ent¬ 
stammen, einem großen Leserpublikum das Studium def im 
menschlichen Körper sich abspielenden gesunden und krank¬ 
haften Vorgänge ermöglicht, kann -nicht freudig genug be¬ 
grüßt werden. Zahlreiche bekannte Aerzte und Gelehrte haben 
bei dem Zustandekommen des Werkes, mitgewirkt. Es wäre 
hocherfreulich, wenn sich alle ärztlichen Fachblätter, aber auch 
die deutschen Tageszeitungen die. Empfehlung desselben recht 
angelegen sein ließen, um es .zu einem Volksbuch im besten 
Sinne des Wortes zu machen. Gelingt eine, Massenverbreitung, 
dann steht zu hoffen, daß auch der Preis etwas niedriger werden 
wird. Geißler, Neu-Ruppin,. 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


95 


Allgemeines. 

Unter reger Beteiligung fand am 9. Januar in Berlin im 
Hotel Kaiserhof das 25 jährige Stiftungsfest des Berliner bahn- 
ärztlichen Vereins statt, Exzellenz \V e h rm a n n . welcher als 
Vertreter des Eisenbahnministers erschienen war, hob in einer 
Ansprache hervor, wie sehr mau die Tätigkeit der Bahnärzte 
schütze, und er wünschte dem Verein eine gute Zukunft, 

Zur Errichtung einer Lungenheilstätte hat der jüngst ver¬ 
storbene Apotheker Drees in Bentheim den Betrag, von 
300 000 M. gestiftet; ferner hat er 30 000 M. für ein 
Iv ranken h a u s geschenkt. 

Die ständige Kommission der Aerzte und Lebens¬ 
versicherungsgesellschaften hatte am 7. November 1909 in Halle 
eine Sitzung, in welcher nachstehende Thesen an Vertrauens¬ 
ärzte und Agenten zu senden beschlossen wurde: „Sind an 
einem Orte mehrere Vertrauensärzte, so sind die Agenten ver¬ 
pachtet. den Versicherungskandidaten die Namen sämtlicher 
Vertrauensärzte zu nennen und sie zu fragen, von welchem 
Arzte sie untersucht sein wollen. - Lehnt der Kandidat die 
Wahl eines bestimmten Arztes ab. so hat der Agent nach 
Weisung der Direktion die Versicherungskandidaten an die Ver¬ 
trauensärzte zu Verteilen. Die vertrauensärztliche Unter¬ 
suchung eines Versicherunigskandidaten hat, falls die Gesellschaft 
au seinem Wohnorts einen Vertrauensarzt besitzt, durch diesen 
zu erfolgen, es sei denn, daß besondere Umstände (z. B. die 
Ablehnung des Arztes durch den zu Untersuchenden oder die 
Notwendigkeit einer speziellen Untersuchung durch einen dazu 
besonders befähigten Arzt eine Ausnahme rechtfertigen. — 
Ferner hat die Untersuchung der Regel nach in der Wohnung des 
Arztes stattzufinden. Habe die Untersuchung ausnahmsweise 
in der Wohnung des Antragstellers statigefunden, so sei die 
Gesellschaft zur Zahlung der Besuchs- und Entfernungsgebühr , 
unter allen Umständen verpflichtet, sobald sie erfahre, daß 
ein schriftliches Ersuchen des Agenten die Veranlassung dazu 
gegeben habe. Mit Bezug hierauf fordert der Leipziger Wirt¬ 
schaftliche Verband unterm 20. November die Aerzteschaft auf 
..Untersuchungen in der Wohnung des zu Versichernden nur auf | 
schriftlichen Auftrag und nur gegen Zahlung der vereinbarten 
Gebühr vorzunehmen“. 

In Essen ist. dem Beispiele anderer Städte folgend eine 
Fürsorgestelle für Lungenkranke eingerichtet worden. 

Die Deutsche Gesellschaft für Volksbäder wird am 1. Mai 
d. Js. ihre nächste Hauptversammlung in Heidelberg abhalten. 

In der Cölner Strafkammer wurde nach 4 tägiger Ver¬ 
handlung. wie die „Kölnische Zeitung" meldet, der K u r - 
pfusch er Alfons W einen zu 18 Monaten Gefängnis 
und 300 M. Geldstrafe verurteilt. Er wurde beschuldigt, sich 
den Arzt- und Dr.-Titel unbefugt zugelegt zu haben, ferner 
sich der fahrlässigen Körperverletzung in fünf Fällen schul¬ 
dig gemacht zu haben; sodann lautete die Klage auf Beleidigung 
seitens dreier Frauen, die er als angeblicher Arzt hatte sich’ 
entkleiden lassen. Sodann hatte er sich in 19 Fällen, wo 
er Rezepte, Atteste, Liquidationen und Krankenscheine mit Dr. 
This quen unterschrieben hatte, wegen Urkundenfälschung zu 
verantworten. Der Angeklagte betrieb einen einträglichen 
Handel mit dem von ihm erfundenen „Rheumarid“. Es 
wurde ihm auch zur Last gelegt, den Tod des Elektrotechnikers 
Gustav Mentz verursacht zu haben, welcher an Harn- 
bescliwerdeu litt. Weiner t hatte den Kranken auf akute 
Geschlechtskrankheit behandelt; in seiner Behandlung und unter 
seinen Medikamenten verschlimmerte sich das Leiden mehr und 
mehr, so daß er trotz nachträglich vorgenommener Operation 
starb. Das Gericht verurteilte, den W. zu oben angegebener 
Strafe. 

Der zweite internationale Kongreß für Gewerbekrank¬ 
heiten, welcher vom 10. bis 14. Dezember d. Js. in Brüssel 
stattfinden wird, hat zum Vorsitzenden des Organisation» - 
komitees Dr. A. Möller, Präsidenten der königlichen Aka¬ 
demie für Medizin, zum. Generalsekretär Dr. Gilbert, 
Direktor bei der Gewerbeinspektion im ^.rbei tsminis ter i um. 

Es können alle Personen und Körperschaften, die sich 
für Gewerbekrankheiten interessieren, am Kongresse teil - 
nehmen. Es kommen sechs Hauptfragen zur Verhand¬ 
lung: 1. Ist eine Trennung der Gewerbekrankheiten von 
den gewerblichen Unfällen möglich und welches , sind die 
Unterscheidungsmerkmale. 2. Aerztliehes Wissen und Können 


in bezug auf Bergwerke, Fabriken. Werkstätten etc.., ins¬ 
besondere die körperliche Eignung für die verschiedenen Berufe, 
körperliche Entwicklung der Jugendlichen in den einzelnen 
Berufen, ärztliche Ueberwachung der Arbeiter, Organisation 
des fabrikärztlichen Dienstes, berufliche Krankheits- oder 
Sterbestatistik. 3. Der Kampf gegen die Wurmkraukheit. 

4. Auge und Beleuchtung in bezug auf Berufskrankheiten, 

5. Arbeit in komprimierter Luft. (i. Gewerbliche Vergiftungen. 
Für diese Fragen werden besondere Berichterstatter ernannt, 
werden. Außerdem sind selbständige Vorträge zugelassen, auch 
zu anderen Fragen der Pathologie der Gewerbekrankheiten. Be¬ 
richte und Vorträge werden rechtzeitig gedruckt. Manuskripte 
müssen bis zum 31. Mai 1910 eingereicht sein. Für Deutsch¬ 
land sind ein Ehrenkomitee und ein Arbeitskomitee gebildet 
worden. Das Ehrenkomitee besteht aus den Herren Staats¬ 
sekretär I) e 1 b r ii e k und Staatsminister S y d o w (Ehrenpräsi - 
denten), Ministerialdirektor Caspar, Präsident des Reichs- 
gesundheitsamtes Bumm, Wirkl. Geh. Obermedizinalrat Prof. 
,Dr. S e li ni i d t m a n n , Gell. Reg.-Rat Prof. Dr. Hart m a n n , 
Berlin, Stadtrat Dr. Gottstein , Charlottenburg, Geh. Reg.- 
Rat Bielefeldt, Lübeck, Geh. Rat Prof. Dr. Renk, 
Dresden, Prof. Dr. Le li in a n n - Würzburg, Prof. Dr. H n h n . 
Müncheu, Prof. Dr. Al brecht, Berlin, Geh. Rat Prof. Dr. 
Kalle, Wiesbaden, Geh. Rat Prof. Dr. Löbkcr, Bochum, 
Geh. Rat Prof. Dr. Lent, Cölu, Geh. Med.-Rat Dr. Roth, 
Potsdam. 

Der Vorstand des Verein> zur Errichtung und Erhaltung 
eines ärztlichen Erholungsheime* in Marienbad sendet uns 

folgenden Aufruf zu: 

Der Verein zur Errichtung und Erhaltung eines ärztlichen 
Erholungsheimes war auch während der abgelaufenen Kurzeil 
in der Lage, eine größere Anzahl von Kollegen in Marienbad 
zu beherbergen und ihnen mannigfache Bencfizicn zu ver¬ 
schaffen. 

Das lebhafte Interesse, welches die ärztlichen Vereinigungen 
und Korporationen allerorts in Oesterreich-Ungarn und im 
Deutschen Reiche unserem Unternehmen entgegenbringeh und 
welches sich durch den Beitritt zu unserem Vereine und durch 
namhafte Spenden kundgibt, versetzt uns in die Möglichkeit, 
schon im Herbste mit dem Bau des eigenen Vereinshauses zu 
beginnen, zu welchem den Baugrund das hochwürdige Stift Tepl, 
als Besitzer der Quellen und Bäder, bereits gespendet hal. 

Doch bedürfen wir der moralischen und materiellen Unter¬ 
stützung unserer Kollegenschaft, zu welchem Zwecke wir uns 
hiermit an Sie wenden und Sie bitten, durch Beitritt zu 
unserem Vereine und durch Spenden unser Unternehmen zu 
fördern. Wir können nur durch eifriges Zusammenwirken der 
Allgemeinheit der Standesgenossen zum Ziele kommen. 

Eine außerordentliche Generalversammlung des „Zentral¬ 
komitees für das ärztliche Fortbildungswesen“, welche am 

15. Januar im Kaiserin Friedrich-Hause stättfa-nd, faßte 
folgende Resolution: ..Das Zentralkomitee gibt einmütig dem 
Wunsche Ausdruck, daß die seit der Begründung bestehende 
Verbindung seiner Organisation, einschließlich der ihr zu¬ 
gehörigen Akademien für praktische Medizin, mit dem l ni- 
vcrsitätsunierrichte, sowie mit dessen amtlicher Vertretung, dem 
Unterrichts-Ministerium, in der bisherigen Weise erhalten 
bleibe. Denn es erblickt in dieser Verbindung die wesentliche 
Ursache seiner bisherigen erfolgreichen Tätigkeit und die Vor¬ 
aussetzung für seine gedeihliche Fortentwicklung; es soll diese 
Resolution dem Herrn Präsidenten des Staatsministeriums, dem 
Herrn Unterrichts-Minister und dem Herrn Minister des Innern 
iibermittelt werden. ‘' 

Die a merikauisc h e R e g ieru ng wird im J ahre 1910 
eine internationale Konferenz zur Regelung der Einfuhr' und des 
Verkaufs von Opium einberufen; es soll beraten werden, wie 
die Einfuhr eingeschränkt werden kann. Die Beschlüsse, welche 
die Konferenz fassen wird, sollen für alle Länder, welche sich 
an den Sitzungen beteiligen, bindend sein. —r. 




Allein. Fabrikant: Arthur Wolff jr., Breslau X 


Ycrgl. Ablidlg. I'rof. Sc li oll/, Kiiiiigsli11,. Si. IS«. li, . 1 1. 1 .1K. 1 K» 1J1 s. Ze lsfl.r. 




















THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Kleine Mitteilungen. 

Eine überraschende sanitäre Neuheit und etwas, was eigent¬ 
lich längst hätte da sein sollen, ist der - von der Papier* 
warenmanufaktur W. Löhner t, München, in den Handel ge¬ 
brachte „Brotschutz Brotheil“. Die höchst einfache, jedoch' 
sehr zweckentsprechende und begrüßenswerte Neuerung besteht 
darin, daß um den Brotlaib möglichst frühzeitig* nach der 
Herstellung eine Hülle aus Pengamynpapier,- sehr sinnreich in 
einzelne Streifen perforiert, gelegt wird, um es während des 
Versandes zu schützen. Im Gebrauch wird nur soviel vom 
Brotschutz entfernt, als notwendig ist; der Rest bleibt in 
der Hülle verwahrt und wird auf diese Weise das Brot bis zum 
Schluß vor dem direkten Berühren sehr vieler Hände ver¬ 
schont. Staub und Schmutz können nicht mehr auf die Rinde 
gelangen, um dort durch das Betasten der Hände in die Brot¬ 
poren hineingedrückt zu werden. Wie unendlich viel Schmutz 
sich auf einer Brotoberfläche ansammelt, zeigt ein praktischer 
Versuch mit der neuen Packung, denn die Gleichgültigkeit im 
(unsauberen'’ Betasten des Brotes ist durch ständige Gewohn¬ 


heit und die indifferente. Brotfarbe, wie man beobachten kann, 
leider eine sehr große geworden und wird nach Einführung 
des „Brotschutz Brotheil in manchem Hause und Restaurant 
wohl zu unliebsamen Leberraschungen führen, wenn man sieht, 
was man bisher alles mitverzehrt hat. Auf hygienischem und 
ästhetischem Gebiete bedeutet die Neuheit einen nennenswerten 
Fortschritt, und wird durch dieselbe einem wirklichen Be¬ 
dürfnis auf einfachste Art abgeholfen, denn einiges Nachdenken 
gibt, die Gewißheit, daß'das Brot tatsächlich dasjenige Nahrungs¬ 
mittel ist, welches am meisten vor allen anderen dem Be¬ 
tasten sehr vieler Hände ausgesetzt war. Demnach ist „Brot¬ 
schutz Brotheil“ wirklich zum Heil und zum Wohl aller die 
Reinlichkeit liebenden Menschen als eine sehr wünschenswerte 
Neuerung zu begrüßen. 

Soviel wir erfahren, wird der Brotschutz von medizinischen 
Autoritäten, Nahrungsmittelbehördeu und der Fachpresse freund- 
liehst begrüßt und dessen Einführung bestens empfohlen. - 
Der Vertrieb erfolgt durch Papierwarenfabrikanten und Papier¬ 
handlungen. 


ln allenlKrankheitsfällen 


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empfehlenswertesGetränk wegen seiner absoluten Unschädlichkeit undseinesaromatishen 
Wohlgeschmackes. Sein billiger Preis ermöglicht es, ihn auch Minderbemittelten zu 
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durum, Gummata, luetischen 
Plaques, Laryngitis, Arterio¬ 

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Verantwortlich: Für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. raed. A. Moeller. Berlin W, 35. Für „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski, Berlin-Rixdorf. 
Verlag: Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 0. — Druck von Carl Marschner, Buchdruckerei, Berlin S\V.“6s. 


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Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 

Redaktion: Verlag und Expedition 

Professor Dr. med. A. Modler, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

__Telephon: Amt VI. 17271. Telephon: Amt VI. 3020. 

IV. Jahrgang. Berlin, 13. Februar 1910. Nr. 7. 


Die .,1 hcrapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den Verlag 
smvie samtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Qnartalschluss abbestellt sind. Inserate werden für die 4gespaltene 
Zeile oder deren Raum mit 30 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 13.— M. Rcklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt. 


Origi Italien: 

W. Esch, Bendorf a. Rh.: Eine weitere Stimme zur Präge der 

gesunden Bazillenträger.97 

H. Sander, Berlin: lieber die Anwendung des „RenoFormuni 

boric. mixt.“.98 

M. Poltzer, Steglitz: Die Kaiser-Wilhelnis-Akadomir für das 
militärärztliche Bildungswesen bei ihrem bevorstehenden 

Umzug in ein neues modernes Heim (Schluß).99 

Referate: 

Mohr, Bielefeld: Chirurgie.101 

C. Bachem, Bonn: Pharmakologie.101 

A. Mo eil er, Berlin: Lungenkrankheiten.102 

Paul Greven, Aachen: Augenheilkunde..103 


Silbermann, Kudowa-Berlin: Herz- und Gefäßkrankheiten-. 101 
Wern. 11. Becker. Weilmünster: Neurologie und Psychiatrie 105 
v. Rutkowski, Berlin, und Geißler, Neu-Ruppin: Varia. . 107 

Mitteilungen über Arzneimittel: 

W. Krüger, Magdeburg: Referate.10H 

Technische Neuerscheinungen: 

Albuminimeter nach Dr. Aufrecht.. 108 

Ernst Rosenberg, Neuenahr: Mastdarmdilatator .... 109 

0. Widmer, Zofingen: Sonnentrichter (Ref.: Rosen, Berlin) 109 
Biicherbesprccliungen: 

Pannwitz: Achte internationale Tuberkulose-Konferenz . . 109 

| Allgemeines.. • • *>;A 


ORIGINALIEN. 

Eine weitere Stimme zur Frage der gesunden 
Bazillenträger. 

Von Dr. W. Esch, Ron dort' a. Uh. 

ln No. 4 dei- „Tlier. Rdscli.“ v. J. wurde darauf hin-, 
gewiesen, daß neben der für gewöhnlich angenommenen 
Entstelimigsart der Infektionskrankheiten auch noch ein 
anderer Modus existiere, bei dem von direkter 
A nste c k u n g , D o b e r traguug i in g e w ö hi n - 
lieben S i n ne n i e h t die Rede sei n k ö n n e, in¬ 
dem beim Menschen latentvo r b a ndengewesene 
Mikrobiell durch dispositionserhöliende Einflüsse (Kriegs- 
iiml Notzeitei., meteorologische Anomalien 1 ), gemein¬ 
same Ernälirungs- oder psychische Schädigungen etc.) zur 
Kranklieitserregung fähig werden. Dieser Umstand 
werde daliin führen, daß die .jetzt so viel ventilierte Frage 
der Bazillenträger allmählich in der umfassenderen des 
1 a t e n t e n M i k r ob i s m u s aufgehe, wie sie speziell 
für die Vaginalflora neuerdings besonders von Henkel, 
K i-ö n i g etc., für den Typhus unter anderen von För¬ 
ch e 11 i (Autotyphsation), für die Mikrobien im all¬ 
gemeinen von C o n r a d i, L ii d k e , M e n z e 1 —) etc. be¬ 
arbeitet worden sei (weitere Literatur s. bei diesen M. m. 
W., 1909), 

In der Tat mehren sich die Anzeichen dafür, daß die 
Wissenschaft immer mehr zu der Einsicht getrieben werde, 
sie müsse rationellerweise ihr Augenmerk in erster 
Linie auf jene Faktoren richten, die konstitutionsver¬ 
schlechternd, dispositionserhöhend auf den Menschen und 
damit virulenzsteigernd auf die Mikrobien wirken. Die 

i j Zur Illustration wurde die populäre Erfahrung- heran- 
gezogen, daß bei Witterungsumschlägen etc. überall Milch 
und andere organische Stoffe verderben, „sauer werden“, 
bakteriellen Einflüssen leichter unterliegen, ohne daß es sich 
um Ansteckung-, Uebertva-gung von einem Hause zum anderen 
handelt. 

3) Mcnzer (M. m. W., 1903, Nr. 25f' berührt außerdem 
die außerordentlich interessante. Frage des Pathogen wer¬ 
de ns gewöhnlicher Luftkokken und der graduellen 
Verschiedenheiten der fermentativen Wirkungen der Bakterien, 
jo nach dem Infektionsprozeß, von dem sie gezüchtet werden. 



Bazillenträger im erwähnten weitere n 
Sinne des latenten Mi k r o b i s m u s , der zu r 
,,A u t o g e n e s e“ dev Infektionskrankheiten 
führt, müsse nalsovorallemgegendie Ge- 
f a h r „i m munisiert“ b e z w. v o r i h r behütet 
w e r den, die i li n e n v o u ihren eigene n B a - 
zillen dr o h t. Dies wird erreicht durch Ernälirungs-, 
Kleidungs-, Wolinungsliygiene, „Lebensrefonn“, soziale 
Medizin. An Stelle rigoroser Desinfektion 
und Isolierung und sonstiger polizei¬ 
licher Ge w a 11 m n ß regeln m u ß , wie Stick e r 
(Zur Geschichte der Epidemien, vgl. Rei. D. m. W. 1909, 
No. 49) sehr mit Recht hervorhebt, Besserung d e r 
Lebensverhältnisse treten. 

Im gleichen Sinne spricht sieh auch der französische 
Arzt Gr anjnx (Uiebertreibungen liins. der ges. Ba¬ 
zillenträger, Bull. med. 1909, Nr. 3o, ref. F. d. M. 1910, 
Nr. 3) aus: 

Ein Erlaß des Kriegsministers wies auf die Gernein- 
geführliclikeit der Bazillenträger hin und ordnete an, daß 
bei der Rekruteneinstellung alle Leute, die einen Typlms 
überstanden hätten, zu ermitteln und auf das Vorhanden¬ 
sein des E bert hsehen Bazillus zu untersuchen seien. 

„Natürlich brachte daraufhin eine Unmenge von an¬ 
gehenden Vaterlandsverteidigern ärztliche Zeugnisse bei, 
daß sie Typlms gehabt hätten. Die Lazarette füllten sich 
mit Beobaclitimgszugängen. Aber die Sache verschlim¬ 
merte sich noch, weil der kriegsministerielle Erlaß nicht 
bloß die typischen Typhen in den Untersuclmngsbereieh 
gezogen haben wollte, sondern auch die atypischen 
Formen: fieberhafte und fieberlose Magen-Darmkatarrhe, 
Bronchitiden, gelegentliche Temperatursteigerungen, 
scheinbar harmlose Durchfälle, Anginen, Blinddarm¬ 
entzündungen, Leber- und Nierenreizungen, ja sogar die 
rezidivierenden Mittelobreiterungen! Wie wenige haben 
nichts dergleichen in ihren Antezedentien aufzuweise.nl 
Und weil die Bazillenträger spitzbiischerweise nicht 
immer die offiziellen Bazillen von sich geben, sondern nur 
zuweilen, so multiplizieren sich die Untersuchungen mit 
einer ganz unberechenbaren Zahl. 

Indessen, das ist nur ein kleiner Teil der Schwierig¬ 
keiten; denn wenn die Jagd auf den Ebertliscken Ba¬ 
zillus _und konsequenterweise muß man ebenso auch den 


' 


ERSITY OF MICHIGAN 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 













98 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 7 


anderen Infektionskeimen nackstellen — von Erfolg war, 
dann erhebt sich die Fvage: Was soll mit den unglück¬ 
lichen gesunden Bazillenträgern geschehen? Soll man sie 
nach Hause schicken! Dann infizieren sie die Eltern, 
Geschwister, Verwandten und schließlich das ganze Dorf. 
Man muß sie also internieren, natürlich mit Rente, und 
die Folge wird sein, que l’armee diminuera dans des 
proportions fantastiques et qu’augmenteront les cliarges 
financieres du pays, se le simple bon sens ne met rapide¬ 
ment fi 11 a la Campagne actuelle.“ 

Der Infektion stellt G r a n j u x die A uto genes e 
gegenüber und illustriert an einigen instruktiven Bei¬ 
spielen, wie Typhusepidemien entstanden und ver¬ 
schwanden mit ungünstigen Massenquartieren, über¬ 
mäßigen Anstrengungen u. dgl. Er hat darin eine nicht 
geringe Anzahl von Gesinnungsgenossen. In der fran¬ 
zösischen Militärärztl. Gesellschaft vom 21. Oktober 190Ü 
nennt z. B. M a r o t t e die Ermüdung, Erhitzung, die 
Armierung der Darmflora durch Zufuhr von bakterien¬ 
reichen Wässern oder Speisen als Momente, welche aus 
dem Bact. coli den E b e r t h sehen Bazillus machen 
können. Der springende Punkt dabei ist, wie man leicht 
sieht, weniger die Erhöhung der Pathogenität des Mikro¬ 
ben, als die V e r m i n d e r u n g d e r W iderstands- 
f ä h i gk e i t des menschlichen Organismus. 

Es wäre sehr wünschenswert, daß auch bei uns der 
„simple bon sens“ immer mehr dahin gelangte, die wegen 
ihrer scheinbaren „Exaktheit“ meist stark überschätzten 
bakteriologischen Entdeckungen auf ihren wahren Wert 
zu reduzieren. 

In diesem Sinne schreibt soeben B a c h m a n n (A. R. 
Nr. 4) : Die anscheinende Ansteckung und die Häufung der 
Fälle zu gewissen Jahreszeiten läßt sich leicht durch die 
Gleichartigkeit der inneren Ursachen, die von diätetischen 
und atmosphärischen Verhältnissen abhängt, erklären. 


Ueber die Anwendung des „Uenofornium 
boric. mixt “. 

Von Dr. H Sander, Berlin. 

Seit beinahe einem Dezennium findet der Neben¬ 
nierenextrakt eine häufige Anwendung in der Rhinologie, 
sei cs um Blutungen zu stillen, sei es um solchen vorzu¬ 
beugen oder auch nur um kraft der ischämischen Eigen¬ 
schaften des Extraktes Abschwellung der Schleimhäute 
und bessere Uebersicht des Naseninneren zu erzielen. 

Die Anwendungsform der Nebennierenpräparate war 
durchweg die flüssige, bis Goldschmidt im Jahre 
1902 an ihrer Stelle den Gebrauch der pulverförmigen 
Substanz in einem pulverförmigen Medium empfahl. 

G. wurde dabei von dem Gedanken geleitet, die be¬ 
kannten Eigenschaften des Nebennierenextraktes — Ab- 
sehwellung der Gefäße und (dadurch bedingte?) Herab¬ 
setzung der Drüsensekretion für ein Leiden in Anwen¬ 
dung zu bringen, welches die davon Befallenen zwar durch 
die entgegengesetzten Eigenschaften Schwellung der 
Schleimhäute, starke Sekretion - am meisten quält, den 
„Schnupfen“. 

Daß nun die Pulverform zum Selbstgehraueli weit ge¬ 
eigneter ist nls die flüssige, liegt auf der Hand. Das 
Pulver kann als Prise aufgeschnupft werden; die Flüssig¬ 
keit bedarf zur Einführung in die Nase entweder eines 
Sprayapparales oder einer mit Watte umwickelten Sonde. 
Letztere Art der Anwendung sollte überhaupt nur dem 
Arzt reserviert bleiben, womöglich dem Spezialisten, 
denn jede Manipulation in der Nase von nicht ganz ge¬ 
übter Hand vorgenommen, verursacht dem Patienten 
Schmerzen und Unbehagen. Eine Prise aber kann man 
auch dem Laien getrost in die Hand geben, ohne Ver¬ 


letzringen befürchten zu müssen. Ist dieser Umstand nun 
schon hei Behandlung eines Leidens, wie es der akute 
Schnupfen ist, von großer Bedeutung, so ist er es in weit 
höherem Maße für die Behandlung der zahlreichen Folge- 
zustände der genannten Krankheit, wo der Kranke in der 
Lage sein muß, das wirksame Medikament oftmals am 
Tage anzuwenden, um durch Summierung der Einzel- 
wirkungen zu dem erwünschten Resultat zu gelangen. 

So sind die den Schnupfen so häufig begleitenden 
„Nebenhöhlenentzündungen“ ein dankbares Gebiet für die 
Renoformtherapie. Es ist hier von größter Wichtigkeit, 
daß die Ausführungsgänge der Höhlen dauernd offen ge¬ 
halten werden, um entzündlichem Sekret derselben Abfluß 
zu verschaffen. Hier bewährt sich das Renoform, durch 
seine Eigenschaft Schleimhäute abschwellen zu lassen, 
ganz außerordentlich; ja es gelingt sehr häufig nur mit 
dieser Medikation, nicht nur die quälenden Symptome 
(Kopfschmerz, Beklemmung) in kürzester Zeit zu be¬ 
seitigen, sondern auch die weitere Entwickelung des 
Krankheitsprozesses' zu verhindern. Natürlich sind die 
Fälle chronisch behinderter Nasenatmung, so weit sie auf 
Blutüberfüllung der Schleimhäute beruhen, ebenfalls ein 
Betätigungsfeld für das Renoform. Daß ein radikaleres 
Verfahren, wie kaustische oder operative Beseitigung der 
Schwellungen energischer wirkt, bedarf nicht der Er¬ 
wähnung. Immerhin bleibt ein gewisser Prozentsatz solcher 
Kranker zurück, die, messer- und feuerscheu, jeglichen 
Eingriff verweigern. Hier kann man mit Renoform 
sicherlich oft wesentliche Erleichterung schaffen. 

Ein weiterer Schritt auf dem Wege der Selbstbehand¬ 
lung des Patienten mittels Renoforms geschah auf dem 
Gebiete der Nachbehandlung spontaner wie postoperativer 
Nasenblutungen. 

In den meisten Fällen operativer Eingriffe in der 
Nase (vollständige oder teilweise Abtragung von 
Muscheln) mittels Schlinge oder Schere ist eine Tampo¬ 
nade überflüssig. Man entläßt den Patienten mit dei‘ An¬ 
weisung, das Renoformpulver in bestimmten Intervallen 
mittels eines Bläsers in die Nase einzublasen, nach vor¬ 
heriger Entleerung derselben von Blutkoagulis durch 
energisches Schnäuzen. 

Der große Vorzug dieser Methode besteht nicht nur 
darin, daß man dem Patienten die Beschwerden der Tam¬ 
ponade, sowie die Entfernung der Tampons erspart (was 
wohl gewöhnlich den unangenehmsten Teil der inter- 
nasalen Eingriffe ausmacht), sondern die Heilung geht 
unter dieser antiseptiseli-styptiscken offenen Wundbehand¬ 
lung glätter und schneller vor sich. Auch Fieber tritt hier¬ 
bei zweifellos seltener auf, ebenso wie die sonst häufig nach 
Tamponade beobachtete Angina eine außerordentliche 
Seltenheit ist. 

Vorbedingung für eine derartige Nachbehandlung ist 
natürlich, daß der operierte Patient im Notfall doch spe- 
zialistisehe Hilfe erreichen kann, da sicherlich Fälle Vor¬ 
kommen, die aus einem oder anderen Grunde abnorme 
Blutungen darbieten. Doch erinnere ich mich aus sehr 
zahlreichen Fällen, in denen Schlinge oder Schere eine 
glatte Wunde hinterlassen hatten, keines Falles einer be¬ 
drohlichen Blutung. 

Anders lieg! die Sache hei Operationen mit reißenden 
Instrumenten, wie bei solchen, wo die Schlinge nicht glatt 
schneidend gearbeitet hat. In diesen Fällen muß von 
vornherein tamponiert werden, ebenso wie bei Patienten, 
die ärztlicher Hilfe entraten müssen. 

Das spontane Nasenbluten entstammt bekanntlich in 
der weitaus größten Zahl der Fälle, dem vorderen Ende des 
Septums, wo sich häufig varikös veränderte Gefäße vor¬ 
finden, dem sogen. „Locus Kieselbachii“. Ehe eine radi¬ 
kale, rationelle Therapie durch Aetzung oder dergleichen 
einsetzen kann, fordert es oftmals schnellerer Hilfe, be- 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


99 


sonders da, wo mangels sachlichen ärztlichen Rates das 
Leiden nicht zweckmäßig behandelt wird und demgegen¬ 
über rezidivierend auftritt. Es genügt beinahe immer, 
einen mit Renoformpulver bestäubten Wattebausch in den 
Eingang der blutenden Nasenseite einzudrehen und diese 
fest zu komprimieren, um ein Aufhören der Blutung zu 
erzielen. Dabei erfährt die Schleimhaut keine Aetzung, 
wie durch die leider noch zu verbreitete Eisenchloridwatte. 
Vorzuziehen ist natürlich in dergleichen eiligen Fällen die 
Tamponade mit „Renoformwatte“, die ein ideales Blut¬ 
stillungsmittel darstellt. In Fällen von Blutungen aus 
verschiedenen zahlreicheren Blutpunkten ist die sympto¬ 
matische Behandlung mittels konsequenter Einblasungen 
von Renoform ganz besonders zweckmäßig, da es natürlich 
einerseits nicht möglich ist, tagelang zu tamponieren, ohne 
das Schleimhautepithel empfindlich zu schädigen, anderer¬ 
seits auch häufig ein galvanokaustische Zerstörung sämt¬ 
licher Blutpunkte ausgeschlossen ist. Selbstverständlich 
muß neben dieser lokalen symptomatischen Behandlung 
eine Therapie einhergehen, die dem möglicherweise vor¬ 
handenen allgemeinen konstitutionellen Leiden (Nephritis 
etc.) Rechnung trägt. 

Literatur. 

Bruno Goldschmidt: Zur praktischen Verwertbarkeit 
der Nebciiuierenpräparatc. Therapie der Gegenwart, 1902, H. 8. 

- „Renoform“, eiu Schnupfenmittel. Ibidem. 

- Erfahrungen über Renoform (das wirksame Prinzip der 
Nebenniere) und dessen Präparate. Ibid., 1903, H. 7. 

- lieber einige neue Anwendungsformen des Renoform. 
Die ärztliche Praxis, 1904, Nr. 18. 

Zur Frage der Nasentamponade. Aus der Poliklinik von 
Professor H. Krause. Monatsschr. für Ohrenheilkunde, 1907, 
Nr. 5. 

K. Koch. Berlin: Indikationen und Wirkung des Reno- 
formpulvers. Mediz. Woche, 1905, Nr., 4. 

\V. Bereut, Assistenzarzt: lieber Renoformpulver. Aus 
der 1 ju'yngo -rhino! ogisehen Poliklinik von Professor II. Krause 
in Berlin. Therapie der Gegenwart, 1906, H. 6. 

Theimer: Zur Verwendung der Nebenuierenpräparate bei 
den Erkrankungen des Nasenrachenraumes. Medizin. Klinik, 
1907, Nr. 7. 

R osen berg u. ünodi: Behandlung der Krankheiten 
der Nase, Berlin 1906. Przeglad Lekarski, 1905, Nr. 22. 


'Die Kaiser-Wilhelms-Akademie für das 
milii ärärztliclie Bildimgswesen 

bei ihrem bevorstehenden Umzug in ein neues modernes 
Heim. 

Von Dr. M. Peltzer, Generaloberarzt a. D. in Steglitz. 

(Schluß.) 

Unter Loeffler, einem der bedeutendsten aller Sub- 
direktoreu des Instituts (1867—1874), kamen wir als 
„Oberarzt“ an das Institut. 1864, 66, 70-- 71 1 Armee- 
Generalarzt, bat Loeffler auf Grund seiner Kriegs¬ 
erfahrungen viel zu den Reformen uilter G r i in m bei¬ 
getragen. „Volontärs“ wurden seit 1868 nicht mehr auf¬ 
genommen (ihre Gesamtzahl hat 141 betragen), dagegen 
entsandte nunmehr auch die Marine erst einen, dann zwei 
Oberärzte an das Institut. Unter Loeffler fallen die 
Einrichtung einer Modellkammer, die Erhöhung der 
Elevenzahl, die Einführung eines 1875 wieder eingegange¬ 
nen gymnastischen und Fechtunterrichts durch einen 
Ofizier der Zentral- (jetzt Militär-) Turnanstalt, die Ver¬ 
mehrung der Sammlungen, die Aufnahme der Kriegs¬ 
chirurgie in den Lehrplan, die erste Reitstunde (Sommer 
1874), der erste Dienstunterricht, die Trennung und 
bessere Ausstattung der Wolm- und Schlafräume, endlich 
die Umwandlung der Subdirektpr- in eine Generalarzt¬ 


steile (Loeffler war General- und Korpsarzt des 
4 . Armeekorps gewesen). Auf seinen Vorschlag wurden 
1870 13 jüngere Studierende als Kombattanten, 122 als 
Unterlazarettgehilfen und 26 Charite-Unterärzte als Feld- 
Unterärzte (davon 1 bei der Marine) eingestellt, von denen 
sich insgesamt 14 das Eiserne Kreuz II. Klasse und außer¬ 
dem 3 das Bayerische Militär-Verdienstkreuz erwarben. 
2 Feldunterärzte und ein Stabsarzt (Busse) starben, 
1 Eleve wurde verwundet. Seit 1872 werden auch 
Württemberg«' aufgenommen, die dann in Württemberg 
dienen. Die Einführung der Waffendienstzeit, der Vor¬ 
bedingung für die Eigenschaft der Sanitätsoffiziere als 
Vorgesetzte der Unteroffiziere und Mannschaften, be¬ 
dingte schließlich eine völlige Umgestaltung des Lehr¬ 
plans so, wie er heute besteht. 1874 wohnte der Totenfeier 
für Loeffler im Institut der spätere Kaiser 
Friedrich bei. 

B ö g e r, der Leibarzt Frie d richWilhel m s IV. 
und Königs Wilhelm, starb nach kaum einjährigem 
Subdirektorat 1875, sein Nachfolger Schubert eben¬ 
falls nach kurzer Zeit. Unter Schubert fällt der 1 m- 
ban der Bibliothek. Die Aufnahmeprüfung fiel 1876 fort, 
was aber einsetzte, war eine der Neuzeit entsprechende 
Steigerung des häuslichen Zuschusses, da es Freistellen 
nicht gibt. Hand in Hand damit geht heute eine der Stel¬ 
lung des Sanitätsoffizierkorps entsprechende Auslese 
seines Ersatzes, wie sie in den Aufnahmebestimmungen 
vom 1. Juni 1907 zum Ausdruck kommt. 

In den 1870 er Jahren mußte vom Institutsgarten ein 
Streifen an der Spree für das Reichstagsufer und 1880 ein 
ebensolcher mit der 1875 errichteten Turnhalle für den 
Stadthahnhof ahgetrennt werden. Das Hauptgebäude ist 
seit 1824 bis heute im wesentlichen unverändert geblieben. 
Das Lehrgebäude wurde 1874—75 errichtet. Am 4. De¬ 
zember 1890 wohnte M o 11 k e einem Vorträge des Ober¬ 
stabsarztes Prof. Dr. Pfuhl in der Aula über den 
Tuberkelbacillus hei und sali dabei durch jedes Mikroskop. 

An Lasers Name (1879—1889, wo er auf seinen 
Antrag zur Disposition gestellt wurde) knüpft sich die 
1888 hei seinem Dienstjubiläum ins Lehen getretene 
Lauer-Stiftung zur Unterstützung von Hinterbliebenen der 
Sanitätsoffiziere, die später vereinigte Grimm-Lauer-Stif- 
tung. Subdirektor unter ihm war nach Schuberts 
Tode Generalarzt Grasnic k. 

v. Coler (1889—1901), seit 12. Februar 1889 nach 
dem Rücktritt v. Laaers Generalstabsarzt der Armee, 
als „Akademiker“ einst seihst Korpsstudent, war nament¬ 
lich auf Fortbildung der Sanitätsoffiziere durch wissen¬ 
schaftliche Kommandos an Kliniken usw. bedacht, wobei 
er den Grundsatz vertrat, daß ausnahmslos Universitäts¬ 
lehrer den künftigen Militärarzt heranzubilden haben. 
Infolgedessen pflegte er besonders auch die Verbindung 
mit der Universität, ebenso wie die mit dem Kultusministe¬ 
rium. Das Institut verdankt ihm die Vermehrung der 
Sammlungen, die Schaffung des hygienisch-chemischen 
Laboratoriums zur Untersuchung von Nalirungs- und Ge- 
nußmitteln des Militärhanshaltes, der Kasinos und der 
beiden Korps. Unter ihnen feierte das Institut 1895 sein 
hundertjähriges Stiftungsfest, hei welcher Gelegenheit 
ihm Kaiser W i 1 h e 1 m II. den jetzigen Namen gab. 
Die Feier war ursprünglich im Institut seihst geplant, 
mußte aber wegen, eines darin vorgekommenen Er- 
krankungsfalles und der dadurch bedingten Ansteckungs- 
möglichkeit für die Festteilnehmer in der Universität ab¬ 
gehalten werden, wobei sich der von Berlin abwesende 
Kaiser durch den Prinzen Friedrich Leopold 
vonPrenßen vertreten ließ. 

v. L e u t h o 1 d , der Leibarzt Kaiser W i 1 - 
hei m s II., starb am 3. Dezember 1905, seitdem steht an 
de! Spitze Seine Exzellenz Prof. Dr. v. Sch j erning. 





4 






OF MICHIGAN 


JNIVE 



100 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 7 


Wir sagten zu Anfang, daß wir alte Vorurteile zer¬ 
streuen und neue Freunde gewinnen wollten. Werfen wir 
also zum ScliluB kurz einen Blick auf die heutige Ver¬ 
fassung unserer Anstalt! Eigentümer des Grundstückes 
ist heute das Deutsche Reich, oberster Gerichtsherr der 
Akademie der preußische Kriegsminister, Direktor der 
Generalstabsarzt der Armee. Unter dem Subdirektor 
(Generalarzt) als ihrem unmittelbaren Leiter, dem das 
nötige Beamtenpersonal zur Seite steht, teilen sich Stabs¬ 
ärzte, darunter auch solche von der Marine, ein kgl. 
wiirttembergischer und ein kgl. sächsischer, in der Auf¬ 
gabe, den Studiengang der Studierenden zu überwachen 
und in den wichtigsten Lehrfächern unter Zuhilfenahme 
der Sammlungen der Anstalt einen Wiederholungsunter¬ 
richt mit ihnen abzuhalten’'). Neuerdings ist ein General¬ 
oherarzt als Studiendirektor hinzugetreten. Vorstand der 
Sammlung ist ein inaktiver Sanitätsoffizier. Die Bücher¬ 
sammlung zählte 1894 ungefähr 500 000 Bände, darunter 
die Dissertation Schillers. Den Stabsärzten ist je eine 
„Sektion“ (Semester) unterstellt, der sie mit Rat und Tat 
zur Seite zu stehen haben und deren Verkehr mit der An¬ 
stalt sie vermitteln. Die Ausbildung erfolgt auf Kosten 
des Staates, der außer Wohnnug einen monatlichen Zu¬ 
schuß von 30 Mark gewährt. Prüfungsversammlungen 
usw. wie früher finden nicht mehr statt. Bei Urlaubsreisen 
in den Ferien usw. erhalten die Studierenden einen Militär¬ 
paß, der ihnen hei Benutzung (auch der Schnellzüge) die 
Lösung von Militärfahrkarten (1 Pfennig pro Kilometer) 
ermöglicht. Sie werden, da sie unter Militärgerichtsbar¬ 
keit stehen, nicht bei der Universität, sondern auf Staats¬ 
kosten bei der K.-W.-A. immatrikuliert, hören aber in der 
Universität und in den Kliniken wie alle übrigen Studie¬ 
renden, von denen sie sich in nichts unterscheiden. Sie 
können auch praktisch in dem oben erwähnten Labora¬ 
torium arbeiten. Der‘Lehrplan wird unter Mitwirkung 
der Professoren und des wissenschaftlichen Senats der 
Akademie im Anschluß an den der Universität festgestellt. 
Mit dem wissenschaftlichen Unterricht geht eine für den 
Heeresdienst erforderliche besondere Ausbildung einher, 
mit gleichzeitiger Berücksichtigung der Aneignung der 
für den Militärstand erforderlichen Charaktereigenschaf¬ 
ten. Im ersten Sommersemester dienen die Studierenden 
ein halbes Jahr bei der Garde, später erhalten sie auch 
Reit- und Tanzunterricht. Das Haus ist bis 12 Uhr nachts 
geöffnet, später öffnet „Puhlmann“. Zur Pflege der 
Kameradschaft steht ihnen ein Kasino mit Klavier und 
Lesezimmer zur Verfügung, in dem ein Oekonom für ein 
Billiges Frühstück und Abendbrot liefert, und das von 
Vorgesetzten nur der Subdirektor und der Hausstabsarzt 
betreten darf. Die Hausordnung fordert nur die unerlä߬ 
liche Rücksichtnahme aller gegen alle. Die Prüfungen 
werden wie von allen Medizinern abgelegt. Die Akademie 
beschafft den Studierenden die von ihnen seihst gewähl¬ 
ten Bücher usw. für ein Drittel des Preises, indem sie den 
Rest seihst bezahlt, und verabfolgt ihnen außerdem noch 
verschiedene Bestecke usw., so daß sie in dieser Beziehung 
heim Eintritt in die Armee nahezu vollständig ausgerüstet 
sind. Zur Erinnerung an den Stiftungstag der Akademie 
(3. August) und an Görckes Geburtstag (3. Mai) wer¬ 
den wissenschaftliche Prämien verteilt, außerdem fehlt 
cs auch sonst nicht an Unterstützungsmitteln. Von der 
Bewerbung um die bei der Universität bestehenden Sti¬ 
pendien ist die K.-W.-A. nicht ausgeschlossen. Häusliche 
Arbeitsstunden und ähnliche Maßregeln kennt man längst 
nicht mehr; es herrscht ein frisches, von Kameradschaft. 


H ) Die Modellkammer enthält u.a. die ihr von Friedrich 
t\ i 1 h e 1 m III. geschenkte, 1827 von ihm bei seinem Beinbruch 
benutzte und teilweise von ihm selbst erfundene Lagerungs- 
Vorrichtung. 


Waffenbrüderschaft und Korpsgeist getragenes, durch ge¬ 
meinschaftliches Studium gefördertes studentisches 
Leben. Nach Beendigung der Studierzeit (5 Jahre) wer¬ 
den die Studierenden im Heer oder in der Marine als 
Unterärzte mit den entsprechenden Gebührnissen an¬ 
gestellt und nach Ablegung der ärztlichen Prüfung zur 
Ausbildung im Krankendienst in die Charite oder in ein 
Garnisonlazarett kommandiert. Diese Zeit wird ihnen auf 
das „praktische Jahr“ angerechnet. Zur Ablegung der 
Prüfung als Arzt werden die Unterärzte zur K.-W.-A. 
kommandiert. Mit der Anstellung als Unterarzt beginnt 
die Ableistung des Restes der allgemeinen Dienstverpflich¬ 
tung, der nach der halbjährigen Waffendienstzeit noch 
verblieben ist. Die besondere Dienstverpflichtung für die 
Ausbildung dauert doppelt so lange, wie der Aufenthalt 
auf der Akademie. Sie fängt mit der Anstellung als 
Unterarzt an, doch kommt die gesetzlich abzuleistende 
Dienstpflicht hierbei zur Anrechnnug. Wer vor Ablauf 
des zweiten Halbjahres aus der Akademie ausscheidet, 
übernimmt keine Verpflichtung. Die Einzelheiten des Ver¬ 
fahrens bei der Anmeldung und Aufnahme (April und 
Oktober) regeln die Aufnahmebestimmungen vom 1. Juni 
1907 (bei Mittler & Sohn, Berlin, Kochstr. 68, Preis 
30 Pf.). Die Anmeldung soll ein halbes Jahr vor dem 
Abiturium erfolgen. Bedingung ist u. a. Militärtauglich¬ 
keit für die Garde. 

Wer als Stabsarzt zur K.-W.-A. zurückversetzt wird, 
findet in einer schönen, langen, freien Zeit Gelegenheit 
zur Fortbildung, auch als Spezialist, wie sie wohl keinem 
anderen Arzt geboten wird. Er kann noch einmal als Mann 
die Universität frei besuchen und später als Assistent in 
die Charite, an Kliniken oder an das Gesundheitsamt kom¬ 
mandiert werden. So hat die Akademie der Universität 
mehr als einen Lehrer zurück- und besonders der Hygiene 
mehr als einen• Förderer gegeben Kr a f f k y , L ö f fl e r 
[Sohn], Petri, Gärtner, Fischer, H ii p p e , 
Plagge u. a.) - ein Verlust für sie selbst, aber ein 
Gewinn für die Wissenschaft. Seit dem Bestehen der 
Anstalten bis 1895 sind 521 Ober- und Stabsärzte zum 
Institut und zur K.-W.-A. versetzt worden. 1895 waren 
türkische Militärärzte zu ihr kommandiert. Die Kolleg¬ 
honorare und Gehälter betrugen 1895 87 000 Mark, die 
Zahl der Studierenden 1888/89 264. An häuslichem Zu¬ 
schuß werden insgesamt rund 5000 Mark erfordert. 

Die Kaiser-Wilhelm-Akademie liefert der Armee 
heute den Stamm ihres Sanitätsoffizierkorps. Ihre Ent¬ 
wicklung hat unter mancherlei Anfeindung, Mühen und 
Gefahren aus kleinen Anfängen emporgeführt zu ihrer, 
dem heutigen Umfang der Armee und den Anforderungen 
der Wissenschaft entsprechenden Stellung, von der 
Kaserne zum Prachtbau, vom Feldscher zum Sanitäts¬ 
offizier"). Und damit „Glückauf“ zum Umzüge in das 
neue Haus! Möge Kaiserliche Huld ihm und damit dem 
Sanitätskorps wie bisher auch fernerhin erhalten bleiben! 
Sich ihrer zum Besten des Vaterlandes und der Armee 
stets würdig zu erweisen, wird Aufgabe des Korps sein. 

Der heutige Sanitätsoffizier soll in erster Linie Arzt, 
und zwar ein guter Arzt sein mit den Eigenschaften und 
Vorzügen des Offiziers, er soll felddienstfähig sein und 
akademische Bildung mit militärischem Schliff und mili¬ 
tärischer Disziplin verbinden. Oft schon in verhältnis¬ 
mäßig jungen Jahren in selbständiger, verantwortungs¬ 
voller Stellung auf sich selbst angewiesen, kann er sich 
seine Position bei der Truppe und im Offizierkorps nur 
durch das Vertrauen schaffen, das er sich durch sein 
Wissen und Können als Arzt und Mensch, durch seine 


9 ) In der russischen Armee gibt es den „Feldscher“ noch 
heute. 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


101 


Persönlichkeit erwirbt. Ein guter Arzt kann nur ein 
guter Mensch sein; eine Armee aber ist nur sei i lag fertig, 
soweit sie aus Gesunden besteht. 


REFERATE, 

Chirurgie. 

Referent: Spezialarzt Dr. Mohr, Bielefeld. 

1. Ueber Hirnerschütterung. Von F. Trendelenburg, 
Leipzig. Deutsche med. Wochensehr., 1910, Nr. 1. 

2. Ueber Hirnerschütterung. Von W indscheid , Leipzig. 
Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 1. 

3. Ein Fall von Hirnlokalisation, wahrscheinlich Aneurysma 
eines Zweiges der 1. A. fossae Sylvii. Von Jürgens, Metz. 
Med. Klinik, 1910, Nr. 2. 

4. Ueber einen Fall von Leptomeningitis chronica circum¬ 
scripta der Zentralregion. Von A. v. Sarbo, Budapest. 
Deutsche- med. Wochenseihr., 1910, Nr. I. 

5. Die Leistungsfähigkeit der Nagelextension in der 
Frakturbehandlung und Knochenchirurgie. Von Anschütz, 
Kiel. Die Therapie der Gegenwart. Januar 1910. 

6. Steile Beckenhochlagerung zur Heilung der Blinddarm- 
fistel und des Blinddarmafters. Von Schmiz , Saarbrücken. 
Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 1. 

7. Ein Fall von Perityphlitis, bedingt durch das Glied 
eines Bandwurms. Von Tiegel, Dortmund. Med. Klinik, 1910, 
Nr. 2. 

8. Zur Technik der kompletten, einseitigen Ausschaltung 
des Dickdarms. Von M i r o tworze w, St. Petersburg. Deutsche 
Aerzte-Zeitung, 1910, H. 1. 

9. Die Einklemmung einer kurzen Darmschlinge im inneren 
Leisten- resp. Schenkelringe. Von Riedel, Jena. Deutsche 
med. Wochenschr., 1910, Nr. 1. 

10. Ueber eine Endemie von Tonsillitis mit Sepsis. Von 

Liebl, Seefeld. Med. Klinik, 1910, Nr. 2. 

1. T r e n d e 1 e n b u r g s Referat über die Hirnerschütterung 
berücksichtigt hauptsächlich die Symptomatologie der zerebralen 
Erscheinungen, ferner die Aetiologie. 

2. Winds cheidts Korreferat (für die 25. Versamm¬ 
lung mitteldeutscher Psychiater und Neurologen, Jena 1909) 
behandelt das Thema vom Gesichtspunkt des Nervenarztes aus. 
Das klinische Bild der nach einer Hirnerschütterung auf treten- j 
den nervösen Störungen ist noch durchaus unscharf. Verringe- | 
rung der Merkfähigkeit mit großer und leicht eintretender geisti- | 
ger Ermüdung, abnorme affektive Erregbarkeit sind die hervor- j 
stechendsten Symptome. In vielen Fällen kommt durch die Hirn- 
erschütterung eine bisher latent gebliebene zerebrale Arterio- ! 
sklcrose zum Ausbruch. Der nach der Commotio auftretenden : 
Unfallneurose liegen keine materiellen Veränderungen im Gehirn ! 
zugrunde, es handelt sich um eine rein psychogene Erkrankung. ; 

3. Fall von Affektion der sensomotorischen Rindenzohe in ; 
der Regio centralis mit anfallsweisen Krämpfen im rechten Arm, j 
Bein, Zunge etc. bei erhaltenem Bewußtsein. Heilung nach J. K. j 
und elektrischer Behandlung. Verf. kommt per exclusionem zur j 
Annahme eines Aneurysma oder einer zystischen Geschwulst, ’ 
die durch allmähliche Zunahme die ersten Drucksysmptome und ! 
beim Platzen trotz geringer Blutung ausgedehnte Reiz- j 
erscheinung verursachten. Wahrscheinlich lag Lues zugrunde. 

4. Bei dem 24 jährigen Manne mußte nach dem Symptomen- j 
bild und dem Krankheitsverlauf die Diagnose auf eine Meningitis 
chronica circumscripta der linken Zentralregion gestellt werden, 
welche wahrscheinlich bis in die früheste Kindheit zurückzu- | 
datieren war. Die Kraniotomie ergab sehr erhebliche Lepto¬ 
meningitis chronica mit Oedem der Arachnoidalschichten in der | 
Zentralregion. Exzision der oberflächlichsten Arachnoidalschich- | 
ten, wodurch das Oedem beseitigt wurde. Hirnrinde normal, j 
Besserung der Anfälle und des subjektiven Befindens, ebenso des ; 
Geh Vermögens. 

5. Die Nagelextension nach Steinmann bewährte sich, 
dem Verf. in 22 ausgesucht schweren und ungünstigen Fällen. 
Die Methode sollte reserviert bleiben für gewisse Gruppen von 
Frakturen nach Versagen der anderen Extensionsmethoden. Hier- ! 
zu gehören: 1. Veraltete Frakturen mit Pseudarthrosen und ver¬ 
schleppte Fälle. 2. Schwere komplizierte Frakturen mit großer | 


Hautwunde. 3. Frische einfache Frakturen mit unbefriedigen¬ 
dem Resultat bei der üblichen Behandlung, besonders Luxa¬ 
tionsfrakturen des Fußgelenks. 4. Korrekturen von Ver¬ 
kürzungen der Extremitäten infolge alter Frakturen, Ver¬ 
biegungen, Wachstumsstörungen oder infolge anderer Ursachen. 

6. Schußfrakturen. Nicht gut waren die Erfolge bei alten Luxa¬ 
tionen. 

ü. Da bei steiler Beckenhochlagerung der Blinddarm höher 
liegt als die Einmündungsstelle des Dünndarms, so fließt der 
Kot, seiner Schwere folgend, direkt abwärts und kann nicht 
durch die Blinddarmöffnung heraustreten. Die Schließung einer 
Blinddarmfistel wird so beschleunigt- und sogar völlig herbei- 
geführt, wie es Verf. in einem Falle von Blinddarmafter erlebte, 
der nach schwerer eitriger Appendizitis zurückgeblieben war. 
Schluß der Darmfistel nach 5—6 Wochen. 

7. Operation wegen chronischer Appendizitis; die kolbig 
verdickte Spitze des entfernten, stark injizierten und 
turgeszenten Wurms beherbergte in ihrem Lumen ein schmales 
Glied einer Tänie, welches noch lebhafte Kontraktionen heim 
Ausschneiden des Wurms zeigte. 

8. Tierexperimente zur Technik der kompletten einseitigen 
Ausschaltung des Dickdarms und zwei Operationen am Menschen 
führen Verf. zu folgenden Schlüssen: eine mittels Ligatur an¬ 
gelegte und an der Umgebung mit sero-serösen Nähten um¬ 
nähte Umschnürung verwandelt sich in eine Klappe, welche 
den Darminhalt behindert, sich in unerwünschter Richtung fort¬ 
zubewegen. Der hierdurch ausgeschaltete Darmteil wird atro¬ 
phisch, befindet sich also in Ruhe. Die Kombination der M a i - 
s o n n e u v e sehen Anastomose mit Umschnürung des abführen¬ 
den Endes des Dünndarms, welche die inkomplette einseitige 
Ausschaltung der kompletten einseitigen näher bringt, ist in 
jeder Beziehung erwünscht. Die große Bedeutung der Operation 
liegt in der Einfachheit ihrer 'iiccli-iil;. 

9. Unter 210 von R. operierten eingeklemmten Hernien 
waren 4, bei denen sich lediglich am inneren Leistenringe oder 
Schenkelringe eine kurze Darmschlinge eingeklemmt hatte. Diese 
Einklemmung erfolgt spontan, ist aber wohl meist durch Husten- 
stöße verursacht. Es entwickelt sich eine walnuß- bis, klein - 
apfelgroße Geschwulst au der Innenseite der Bauchwand gegen¬ 
über dem inneren Leisten- resp. Schenkelringe, sie tritt aber 
bald mehr in die Tiefe der Bauchhöhle. Die Krankheit setzi 
■sofort mit schwerem Erbrechen ein, die Geschwulst verschwindet 
bei zunehmendem Meteorismus. Die äußere Bauchpforte zeigt 
nichts Abnormes; auch wenn man mit dem Finger in diese ein- 
dringen könnte, würde man schwerlich den eingeklemmten Darm 
fühlen, weil er zu hoch steht. 

10. 35 Fälle von epidemisch auftretender Angina mit rapider 
sekundärer Infektion des Zerebrospinalraums. Retardierte Dosen 
von Pyramidon, peinliche Mundreinigung, evont. Inzision der 
Eiterung im Rachen ergaben gute Resultate. 


Pharmakologie. 

Reierent: Privatdozent Dr. C. Bachem, Bonn. 

1. Beiträge zur Pharmakologie und Toxikologie der Aethyl- 
schwefelsäure. Von Uveda. Nara. Therap. Monatsh.. 1910, 
Nr. I. 

2. Gallensäuren als Abführmittel. Von G 1 ä ß n e r u. Sin¬ 
ger, Wien. Wiener klin. Wochenschr., 1910, Nr. 1. 

3. Todesfälle bei Skopolamin - Morphium - Narkose. Von 
Rinne, Berlin. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 3. 

4. Zur Bolusbehandlung. Von Nassauer, München. 
Münch, med. Wochenschr., 1910, Nr. 2. 

5. Branntweinvergiftungen, zugleich ein Verfahren zum 
qualitativen Nachweis von Amylalkohol (Fuselöl) in Spirituosen 
Lösungen. Von Holländer, Pest. Münchener med. Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 2. 

1. Veranlassung zu dieser Untersuchung gab eine Ver¬ 
giftung, bei der ein Arzt einem kleinen Kinde Mixtura sul- 
furica acida teelöffelweise und unverdünnt verordnet hatte. 
Das Kind starb bald nachher und in einem eingeforderten Gut¬ 
achten sollte Bericht erstattet werden, ob der Tod mit der 
Arzneidarreichung in ursächlichem Zusammenhang stehe. Das 
betreffende Präparat bestand aus 7,3% unzersetzter Schwefel¬ 
säure und etwa ebensoviel Monoäthylschwefelsäure. Versuche 
mit reiner Aethylschwefelsäure am Frosch ergaben, daß sie 
unter Lähmungserscheinungen ohne vorausgegangene Krämpfe 








102 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 7 


i 





tötet. Die Wirkung der Aethylschwefclsäurc (in Form ihres ! 
Natrium-Salzes cingeführt) hat man sich, wie Versuche an 
Kaninchen lehrten, als reine Säurewirkung zu denken. Auch 
die nach dem To-de der Tiere beobachteten pathologisch-ana¬ 
tomischen Veränderungen sprechen für reine Säurevergiftung, 
ebenso die Lähmungserscheinungen infolge der Alkalientziehung 
und die damit verbundene Lahmlegung aller Zellen sowie das 
bei Hunden häufig beobachtete Erbrechen. Die Organe des 
getöteten Kindes zeigten bei der Sektion nicht die typischen 
Veränderungen wie nach Schwefelsäure Vergiftung, so daß der 
Ausspruch der Gutachter dahin ging, daß der Tod nicht mit 
Sicherheit auf die Arznei zurückgeführt werden könne. 

Uebrigens ist die Mixtura sulfurica acida (1 Teil Schwefel- 
säure und 3 Teile Weingeist) ein Blutstillungsmittel von sehr 
zweifelhaftem Nutzen und ihre Aufnahme in der Pharmakopoe 
völlig überflüssig. 

2. Nachdem sich in Tierversuchen gezeigt hatte, daß sich 
rektal injizierte Galle als kräftiges, die Peristaltik anregendes 
Mittel erwies, wurde im einzelnen festgestellt, daß der Angriffs¬ 
punkt der Wirkung im Dickdarm liegt und als Träger die 
Gallensäuren in Betracht kommen. Unter diesen erwies sich 
die Gholsäure am wirksamsten. Jedoch ist letztere in reinem 
Zustand schwer zu beschaffen und kann vorteilhaft durch fl io 
Platn ersehen Kristalle der „kristallisierten“ Galle ersetzt 
werden. Glykokoll und Taurin sind unwirksam. 

Versuche an Kranken waren sehr ermutigend: Auf rektalem 
Wege wurden 0,1—0,3 g reiner Cholsäure oder 0,2—0,5 g P 1 a t - 
n ersehe Galle eingeführt, wodurch auch bei hartnäckig 
Obstipierten nach 5—10 Minuten Stuhlgang erfolgte. Neben¬ 
wirkungen wurden im allgemeinen nicht beobachtet, bei emp¬ 
findlichen Kranken kam es hier und da zu Tenesmus. Dia 
Darreichung per os erwies sich als weniger . sicher. V. 

Als Indikationen gelten solche Fälle, bei denen Erschwerung 
der Defäkation durch Störung im Rektum vorliegt oder bei ver¬ 
minderter austreibender Kraft im Dickdarm; ferner der para¬ 
lytische Ileus und die postoperative Darmlähmung. 

Die Beschreibung weiterer Indikationen, die Technik des 
Verfahrens etc. behält sich Verfasser für eine weitere Mit¬ 
teilung vor. 

3. Wenn auch diese Art der Narkose vor der Allgemein - 
narkose manche Vorteile hat, so mußte Verf. leider zwei Todes* - 
fälle kurz hintereinander erleben. Im ersten Falle handelte es 
sich um eine 72 jährige Dame, die in drei Portionen im ganzen 
0,0012 Scopolamin. hydrobrom. und 0,03 Morph, mur. erhalten 
batte. Der Tod erfolgte plötzlich einige Stunden nach Ab¬ 
lauf der Operation. Der andere Fall betraf einen 55 jährigen 
Herrn mit Karzinom, der die gleiche Dosis in der gleichen 
Art erhalten hatte. In der Narkose, die verschiedentlich durch 1 
Aether vervollständigt wurde, kollabierte der Kranke plötzlich 
und starb. In beiden Fällen handelte es sich allerdings um 
schwere Veränderungen am Gefäßsystem und geringe Wider¬ 
standsfähigkeit der Kranken, doch wird man gut tun, von 
der genannten hohen Dosis Abstand zu nehmen. 

4. Verfasser empfiehlt zur Behandlung krankhafter 
Prozesse im unteren Darmabschnitt (Mastdarmgeschwüre, Prok¬ 
titis, Karzinome) den Bolus alba, insbesondere eignet sich eine 
Verstäubung desselben mit N.s Apparat „Siccator“, mit Hilfe 
dessen der Darm aufgeblasen und das Pulver eingestäubt wird. 
Auch bei Diarrhöen hat sich das Mittel per os oder jicr anum. 
verabfolgt, als nützlich erwiesen, ebenso in der Rhinologie bei 
Ausflüssen. 

Der Apparat ist von der Firma H. Katsch, München, 
Bayerstraße, zu beziehen und kostet 4,50 M. 

5. Von den bekannteren niederen Alkoholen besitzt der 
Amylalkohol die größte Giftigkeit und kommt neben dem 
Methylalkohol bei den gewöhnlich als Alkoholvergiftung be¬ 
schriebenen Intoxikationen in erster Linie in Betracht. Während 
der Methylalkohol dem Aet.hylalkohol in vielfacher Beziehung 
nahe verwandt ist und allenfalls als Surrogat desselben benutzt 
werden kann, verbietet der Geruch, die geringe Löslichkeit usw. 
dem Amylalkohol, in größerer Menge den Spirituosen zugesetzt 
zu werden. Die Giftigkeit des Amylalkohols wird noch dadurch 
erhöht, daß er kumulativ wirkt und den natürlichen Entgiftungs¬ 
prozessen des Organismus wenig zugänglich ist. 

Während wir zum chemischen Nachweis des Methylalkohols 
eine Reihe von Verfahren besitzen, fehlte bisher eine zu¬ 
verlässige Probe auf Amylalkohol. Verfasser glaubt folgende 
empfehlen zu können: 25 ccm Branntwein werden unter Zu¬ 
satz von 1 ccm Normalkalilauge destilliert und nachdem alles 


überdestilliert ist, wird eine kleine Menge mit gleichen Teilen 
Essigsäure erhitzt. Hierauf wird ein Tropfen reines Phenyl¬ 
hydrazin zugegeben, dann wieder gekocht, worauf man in 
fließendem Wasser oder auf Eis erkalten läßt. Mit konzen¬ 
trierter Salzsäure unterschichtet, entsteht an der Berührungs¬ 
fläche ein grüner Ring, der bei höherer Konzentration smaragd¬ 
grün sein kann. Dieser Körper bildet sich aus Azetylamyl- 
phenylhydrazin unter Einwirkung der Salzsäure. 


Lungenkrankheiten. 

Referent: Prof. Dr. A. Moeller. Spezialarzt für Lungenleiden, 
Berlin. 

1. Mundhygiene und Lungentuberkulose. (Aus der Poli¬ 
klinik für Lungenkranke von Prof. A. Moeller.) Von Prof. 
A. Moeller. Münchener med. Wochensehr., 1910, Nr. 2. 

2. Zur Pathogenese der Tuberkulose. Von Doz. Dr. Wele 
minsky, Prag. Prager med. Wochenschr., 1905, Nr. 11. 

3. Zur Antiforminmethode der Sputumuntersuchung. Von 
Lagreze, Assistent des Sanatoriums für Lungenkranke in 
A.rosa. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 2. 

4. Zur Frage der serösen Expektoration. Von Dr. P. H a m 
peln, Riga. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 2. 

5. Ueber Brustumfangmessungen an Lungentuberkulösen im 
Hochgebirge. Von Dr. Am re in, Arosa. Zeitsohr. f. Balneo¬ 
logie, 1910, Nr. 2. 

1. Verf. beschreibt einen Fall, wo ein kariöser Zahn als Ein¬ 
gangspforte für die Tuberkelbazillen nachgewiesen wurde, die 
zerstörte Pulpa hatte die Infektion ermöglicht. Ich gab die 
üblichen Verordnungen und empfahl zahnärztliche Behandlung, 
die aber teils aus Indolenz, teils aus materiellen Gründen unter¬ 
blieb; ein Beispiel für die Notwendigkeit der Schulzahnklinik. 
Der Patient, ein Knabe, war von Jugend an ein „schlechter 
Esser“ gewesen, wie die Mutter sagte; er hatte infolge dj?r 
schlechten Mundpflege und des vernachlässigten Gebisses immer 
schlechten Appetit gehabt, war infolge der Zahnaffektion immer 
leidend, so daß als Folge der mangelhaften und ungenügenden 
Ernährung eine starke Anämie auf trat, welche für die Ent¬ 
stehung der Tuberkulose wie auch für die schnelle Progredienz 
des Falles ein wesentlich förderndes Moment bildete. 

Es kommen im allgemeinen kariöse Zahnprozesse als Ein¬ 
gangspforte für Tuberkelbazillen bei Kindern wohl in Betracht; 
freilich tritt dieser Infektionsmodus nur selten ein, häufiger 
ist die Einwanderung durch die Weichteile, Tonsillen, Schleim¬ 
häute, lymphoiden Organe des Mundes usw. Doch spielen die 
kariösen Zähne indirekt durch Druckläsion en und Schrunden der 
Schleimhaut, welche durch die Spitzen und Kanten der Zähne 
verursacht werden und den Tuberkelbazillen das Eindringen er¬ 
leichtern, eine wichtige Rolle. Durch die kariösen Zähne treten 
die Tuberkelbazillen erst zu den Drüsen, wenn die Pulpa zer¬ 
fällt und der Wurzelkanal offen liegt, wie beim Pulpabaszeß 
und Gangrän; von hier aus können die Tuberkelbazillen durch 
den Wurzelkanal in den Organismus eindringen, woraus die 
große Gefahr solcher Prozesse als ständiger Infektionsquelle für 
den menschlichen Organismus erhellt. Durch das kariös entartete 
Dentin treten die Tuberkelbazillen wohl kaum ein; die von 
mir nach dieser Richtung hin angestellten Untersuchungen über 
Tuberkelbazillen bei kariösen Dentinprozessen waren meist 
negativ, sowohl mikroskopisch wie auch bei Tierversuchen. Ich 
fand wohl öfters die von mir entdeckten säure- und alkohol* 
festen, den Tuberkelbazillen morphologisch ähnlichen Bakterien, 
die Pseudotuberkelbazillen, die freilich oft zu Fehldiagnosen und 
falschen Schlüssen geführt haben. — Während ich der Einwande¬ 
rung von Tuberkelbazillen durch kariöse Dentinprozesse sehr 
skeptisch gegenüberstehe, glaube ich auf Grund "meiner Unter¬ 
suchungen, die ich dank dem liebenswürdigen Entgegenkommen 
der Schulzahnärzte zum großen Teil auch in der Charlotten¬ 
burger Schulzahnklinik vornahm, daß die Mehrzahl der Infektio¬ 
nen durch die Weichteile, Läsionen der Schleimhäute, statthat, 
und zwar von dem im ungepflegten JVJunde vielfach Tuberkel - 
bazillen beherbergenden Belage herstammt. — Ich untersuchte: 

A. 53 lungengesunde. Schulkinder und fand behaftet: 36 mit 
kariösen Zähnen, 41 mit starkem Mundbelage, 12 mit relativ ge¬ 
sunden Mundverhältnissen. Während letztere 12 von guter 
Konstitution und Intelligenz waren, bestand bei. den übrigen 41 
.mehr oder weniger Anämie und geringere Intelligenz. Ich fand 
bei diesen Kindern: in 36 kariösen Gebissen 9 mal Pseudo- 
tuberkelbazillen; in 41 Mundbelägen 6 mal Tuberkelbazillen, 



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1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


105 


18mal Psourloiubcrkelbazillan. B. 194 luugenkrankc Schulkinder: 
in 138 kariösen Gebissen 14 mal Tuberkelbazillen, 23 mal Pseudo- 
tuberkelbazillpn; in 182 Mundbelägen 35 mal Tuberkclbazillen, 
42 mal Pseudotuberkelbazillen. 

ln der kindlichen Mundhöhle wie auch im Bachen wird die 
Infektion wegen der leichten Passierbarkei 1 der Schleimhäute 
begünstigt. Dife Bakterien werden von den. krypten-, taschen- 
und buchtenreichen Tonsillen abgefangen und aufgesaugt; von 
den Schleimdrüsen resorbiert, beim Schluckakt in die Schleim¬ 
haut und lymphoiden Organe hineingepreßt; auch bildet die 
bei Kindern wohl ständig mit Läsionen oder Schrunden versehene 
Mundschleimhaut eine vieltausendfach größere Angriffsfläche 
und Eingangspforte, als die mit keinen oder doch nur mangel¬ 
haft mit Lymphwegem versehenen und daher nicht resorptions¬ 
fähigen Zahnprozesse. Die Lymphgefäße und Gewebsspalten 
sind bei Kindern überhaupt weit und erleichtern das Eindringen 
der Bakterien. 

Während ich in kariösen Zähnen keine Tuberkclbazillen 
fand, konstatierte ich solche öfters in den Zungen- und Zahn- 
belägcn; auch'positive Tuberkuliurcaktionen — es traten bei 
Dosen von Vio — 5 mg Schwellung und Wärmegefühl in den 
Drüsen auf — sicherten den Zusammenhang zwischen Mund¬ 
höhlenbelag und Drüsenschwellung. 

Bei schlechter Mund- und Zahnpflege kommen bA Kindern 
alle Entstehungsarten der Lungentuberkulose in Betracht und 
zwar die, äerogene durch direkte Einatmung der Bakterien, 
welche mit der Inspiration von dem schmutzigen Zahnbelag 
losgerissen werden, wie auch die lymphogene resp. die häma¬ 
togene durch Verschlucken von Tuberkelbazillen, welche, wegen 
der beim Kinde noch fehlenden Enzyme und der breiten Lymph¬ 
spalten die Schleimhäute passieren und sich in den Bauchdrüsen 
festsetzen, wo sie die tötliche Tabes mesaraica verursachen. 

Eine erhöhte Mundpflege ist bei Lungenkranken von wesent¬ 
licher Bedeutung, da, wie ja auch obige Statistik ergibt, hier 
in den kariösen Zähnen und Zahnlücken oft Tuberkelbazillen 
vorhanden sind, die beim Vorüberpassieren des Sputums dort 
haften geblieben sind und nun mit jedem Atemzuge und 
Schlucken immer wieder Veranlassung zu neuer Infektion geben 
können. Ferner ist-zur erfolgreichen Durchführung der diäteti¬ 
schen Therapie — es kann die Lungentuberkulose ja auch als 
.durch Unterernährung entstandene „Ernährungskrankheit“ be¬ 
zeichnet werden — ein gutes Gebiß die Vorbedingung. 

(Autoreferat.) 

2. Aus den interessanten Ausführungen des Autors möchte 
ich besonders hervorheben die Bemerkungen über die Dispo¬ 
sition der Lungenspitze; es läßt sich dieselbe sehr gut vom 
Standpunkte der Vererbungstheorie betrachten. Wir wissen, 
daß nur der Mensch es ist, bei dem diese Disposition, die nach 
Ribbert. auch bei der Miliartuberkulose zutage tritt, besteht. 
Bei allen Tieren findet sich sowohl bei spontaner wie bei 
künstlicher Infektion gleichmäßige Verteilung über die ganze 
Lunge. Aber auch nicht bei allen Menschen zeigte sich 
diese Disposition der Spitz? : Die S ä ug 1 i n g e verhalten sich in 
dieser Beziehung wie die Tiere. 

Wir werden daher dieses merkwürdige Verhalten mit 
dem aufrechten Gange in Verbindung bringen dürfen. Dieser 
bewirkt mangelhafte Atmung der Lungenspitzen (wovon wir 
uns leicht überzeugen können, wenn wir uns in Knieellenbogen- 
Lage niederlassen: wir fangen dann sofort an, einen ganz 
anderen Atemtypus, den der Tiere, anzunehmen). Infolge des 
mangelhaften Atmens nun schlechte Blutversorgung, infolge 
derer leichtere Erkrankung. Die Lungen wären als ein sich 
senkendes, die Lungenspitzen als ein zurückgehendes, außer 
Tätigkeit gesetztes Organ auf zufassen, als solches ebenso wie 
Wurmfortsatz und Mahlzähne Krankheiten besonders ausgesetzt. 
Daß beim aufrecht gehenden Menschen nahezu alle Organe die 
Tendenz haben, sich zu senken, wissen wir ja: das Herz ist. 
beim Embryo viel höher angelegt, noch beim Säugling steht es 
höher als beim Erwachsenen; pathologischer Weise senken sich 
alle Baucheingeweide; die Ovarien steigen normalerweise von 
den Nieren bis fast zum Schambein herab, die Hoden bis über 
das' Abdomen hinaus. Falls, aber letztere weiter oben (in der 
Bauchhöhle) Zurückbleiben, sind sie, wie - wir wissen, be¬ 
sonders zu Krankheiten geneigt. 

Wir dürfen wohl auch in prophylaktischer Beziehung Schlu߬ 
folgerungen ziehen: wir werden u. a. speziell' in Gegenwart 
von Phthisikern mehr mit der Nase atmen, als mit dem Mund, 
da die Nase ja abgesehen von besserer Befeuchtung etc. viel 
besser Bakterien zurückhält. (Daher die häufigen Funde von 



Tuberkelbazillen im Nasenschleim von Krankenwärtern.) Wir 
w e l* d e n w eit** r d u r c h .M u n <1 p lieg e b ei K i n d <* r n 
vie 1 1 e icht m a n eh e I n f ek tio n verbind e rn k önn eu 
(•vergl. obiges Referat über: Moeller: Mundhygiene und 
Lungentuberkulose. Ref. >. Und endlich könnte man viel¬ 
leicht daran denken, durch Atemgymnastik in nach vorn ge¬ 
beugter und gestützter Stellung die Spitzendisposition zu ver¬ 
mindern bezw. die Blutzirkulation in den Lungenspitzen zu 
steigern. 

3. Verf. untersuchte nach der Aütiforminmethod e 
50 Sputen. Bei allen war vergebens nach Tuberkclbazillen ge¬ 
sucht. worden und es konnten mittels der Antiforminmethodo 
doch bei 20"«» der Fälle Bazillen nachgewiesen werden. Es 
wurden die Versuche so angestellt, daß das Sputum von ein 
bis zwei Tagen gesammelt und dann im ganzen verarbeitet 
wurde. Es zeigte sich dann, daß im Sputum in einzelnen 
Fällen nur sehr wenig Bazillen vorhanden waren, deren Auf- 
finden im Ausstrich nur zufällig möglich gewesen sein würde. 
Aus seinen Untersuchungen hebt der Autor 2 0 Fälle be- 
s o n d e r s he r a u s , welche ihm sehr instruktiv erscheinen, 
hiervon ergaben 5 ein yiositives Resultat, darunter eine Initial¬ 
tuberkulose mit sehr geringem physikalischen Befunde und 
sehr spärlichem Sputum. Aus den 15 negativen Fällen griff 
Verf. drei heraus, bei denen ihm ein Irrtum bezüglich des 
Ergebnisses der Antiforminmethode nach Form des Auswurfe« 
und Lage des Falles am ehesten möglich erschien und ver- 
impfte zur Kontrolle je 1 )- 1 ccm Sputum intraperitoneal auf 
Versuchstiere. Er macht? nach ca. 2Vs—3 Monaten die Sektion 
bei den Meerschweinchen und fand alle frei von Tuber¬ 
kulose. Hiernach ist der Autor ein entschiedener Anhänger 
der Antiforminmethode. 

4. Es werden zurzeit zur Beurteilung des Wesens der 
serösen Expektoration nach Punktion der Pleura 
hauptsächlich klinische Beobachtungstatsachen in Betracht ge¬ 
zogen. Es wurde von allen Klinikern das Lungenödem als 
Ursache der eigentümlichen Erscheinung angenommen. Verf. 
faßt seine Studien in folgende Zusammenfassung: Die seröse 
Expektoration bei PleUrapunktion?n scheint zwiefach geartet 
zu sein. In einem Teil der Fälle beruht sie auf Lungenödem, 
das, infolge einer Aspiration entstanden, als aspiratives eine 
besondere Stellung einnimmt und wohl nur in Punktionsfällen 
beobachtet wird. Es verläuft sehr ähnlich dem toxisch-neur¬ 
otischen und sehr unähnlich dem gewöhnlichen Lungenödem. 
In anderen Fällen liegt Uebertritt des Exsudates in das Lungen¬ 
parenchym, also eine eigentliche „Expektoration“ des Exsudates 
vor, sei es infolge einer noch nicht strenge bewiesenen Perfo¬ 
ration, sei es infolge physiologischer Resorption. 

5. Im Hochgebirge wird die Atmung vertieft, und so eine' 
bessere Funktion und Ventilation der Lungen im Verlaufe der 
Hochgebirgskur erzeugt. Am rein hat nachgewiesen, daß bei 
der Höhenkur auch der Brustumfang wesentlich zugunsten einer 
besseren Lungenventilation gebessert wird. 

Augenheilkunde. 

Referent: Augenarzt Dr. Paul Greven. Aachen. 

1. Kommen bei seniler Katarakt Spontanheilungen vor? 

Von Dr. F ranz Becker, Augenarzt in Düsseldorf. Wochen¬ 
schrift. für Ther. u. Hyg. des Auges, 13. Jahrg., Nr. 14. 

2. Diagnose und Behandlung des Glaukoms. Klinischer 
Vortrag Von O. H aab, Professor der Augenheilkunde in Zürich. 
Deutsche med. VOchenschr., 1910, Nr. 1. 

3. Zur operativen Behandlung der rezidivierenden ekze¬ 
matösen Hornhauterkrankungen. Von Augenarzt Dr. Neu- 
hann, II. Arzt an der Provinzial-Augenheilansialt in 
Münster i. W. Medizinische Klinik, 1910, Nr. 4. 

4. Das Blenolenicet und die Behandlung der Blennorrhoea 
gonorrhoica. Von Dr. med. O. Walter, Odessa (Odessae.r 
städt. AugenhospitaU. V T ochenschr. für Therapie u. Hygiene, 
des Auges, 13. Jahrg., Nr. 15. 

1. Die Methoden, welche neuerdings wieder zur Behand¬ 
lung unreifer Stare angegeben wurden (v. P f 1 u g k , R ö in e r 
und die Erfolge, die damit sollen erzielt, worden sein, he-, 
gegneten begreiflicherweise starkem Mißtrauen. Denn es galt 
bisher als feststehende Tatsache, daß makroskopisch wahrnehm¬ 
bare Veränderungen beim Altersstar keiner Rückbildung fähig 
seien. Es scheint, sich auch bei den therapeutischen Erfolgen, 
die jetzt von verschiedenen Seiten berichtet wurden, weniger 
um eine Aufhellung bereits «getrübter Partien zu handeln, als 


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104 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 7 


vielmehr um eine Erhöhung' der Durchsichtigkeit noch nic.lii 
getrübter Teile. Nunmehr berichtet in der vorliegenden! Arbeit 
Becker über einen Fall, wo sich die Linsentrübung wirklich 
zurückgebildet hat. Es handelte sich um eine Dame in den 
60 er Jahren, die zur Brillenbestimmung kam. Es fanden 
sich mehrere strichförmige Trübungen, die vom Linsenäquator 
ausgingen und über den Irisrand hervorragten. B. notierte und 
skizzierte genau den Befund. Zwei Jahre später kam die Dame 
wieder behufs einer Brillenbestimmung. Die Sehschärfe war 
dieselbe wie damals ( a / B ; in der Nähe Jaeger Nr. 2 . Aber 
was höchst auffallend war, es ließ sich bei sorgfältigster Unter¬ 
suchung und beim Vergleich mit der früheren Skizze keine 
Spur von Linsentrübung wahrnehmen. Es würde sich also um 
eine spontane Rückbildung, mindestens aber um erhebliche Ab¬ 
nahme der Linsentrübungen handeln. 

2. Eine reiche Fülle von Wissen und Erfahrung, Altes 
und Neues, ist in dieser Arbeit Haabs niedergelegt, die 
darum lesens- und beachtenswert ist, nicht nur für den praktischen 
Arzt, sondern auch für den Spezialarzt. Nachdem Verf. sich 
kurz über das Wesen des Glaukoms uud über die Vorgänge ge¬ 
äußert hat, die das Hartwerden des Auges verursachen, geht 
er ausführlich auf die Diagnose und die Behandlung der Er¬ 
krankung über. Der methodische Gang der Untersuchung ist 
für eine richtige Diagnose von größter Bedeutung: erst eine 
genaue äußere Besichtigung des Auges, dann Palpation des 
Augapfels behufs Feststellung seiner abnormen Härte. Funktions- 
prüiung (Sehschärfe und Gesichtsfeld), endlich die Unter¬ 
suchung im Dunkelzimmer (und zwar zuerst Untersuchung bei 
kräftigem, seitlichem Licht, dann Augenspiegeluntersuchung 
im durchfallenden Licht und sodann im umgekehrten und 
aufrechten Bild). Die Ansicht, daß es auch ohne Drucksteige¬ 
rung eine Atrophie des Sehnerven mit Exkavation gebe, die 
der glaukomatösen gleich sei, teilt Ha ab nicht. Die Ex¬ 
kavation bei bloßer Atrophie sei nie so tief und steilrandig 
wie bei Glaukom. Die Behandlung des Glaukoms ist eine all¬ 
gemeine und lokale. Die allgemeine Behandlung soll auf Fern- 
haltung aller stärkeren Aufregungen, sowie auf die Regelung 
der Herzarbeit hinzielen. In der Lokalbehandlung steht die 
Iridektomie obenan, für welche die Fälle von akutem Glaukom 
geeignet sind, ungeeignet ist diese Operation für das infantile. 
Glaukom und in der Regel auch für das hämorrhagische, ferner 
auch für das vorgerückte Glaucoma simplex. Fehlerhaft ist auch 
die Iridektomie bei Sekundärglaukom, das auf anderem Wege be¬ 
seitigt. werden kann. Ein gutes Hilfsmittel für die Nach¬ 
behandlung der Operierten fst die Massage. Mit der opera¬ 
tiven Behandlung Hand in Hand gehen soll in allen Fällen 
von Glaukom der konsequente Gebrauch der Miotika. Für 
kräftige Wirkung Physostigmin; für langen Fortgebrauch, wenn 
nötig jahre-, ja jahrzehntelang Pilokarpin. Aengstlich zu meiden 
Atropin oder ein ähnliches Mydriatikum, sogar Homatropin 
und Kokain. 

3. Im Anschlüsse an die Arbeit von Schultz - Z e h d e n 
(ve.rgl. Therap. Rundschau, Nr. 4) berichtet Neuhann über 
die Ergebnisse der operativen Behandlung der rezidivierenden, 
ekzematösen Bindehauterkrankung (Blepharotomie resp. Kantho- 
plastik). Er hat seine Erfahrungen mit dieser Behandlung 
gemacht an der Schwab eschen Augenklinik in Leipzig, wo 
die Operation schon seit dem Jahre 1885 ausgeführt wird. Auf 
Grund von etwa 1000 Fällen spricht sich Verf. dahin aus, 
daß zweifellos in einer Reihe von Fällen nach der Operation 
der Verlauf der Krankheit eine günstige Wendung nahm. Aber 
auch oft genug war die Kanthopfastik nicht imstande, Rück¬ 
fälle zu verhüten, was nach der Art der Erkrankung ja auch 
von vornherein anzunehmen ist. Solange nämlich das Grund- 
leiden .fortbesteht, ist auch die Möglichkeit eines Rückfalls 
vorhanden. Die Ivanthoplastik sei bei ekzematöser Horn¬ 
hauterkrankung indiziert bei gleichzeitiger Verengerung der 
Lidspalte und bei starkem Lidkrampf, der jeder anderen Be¬ 
handlung trotzt. Kinder mit ekzematöser B i n d e haute.rk ran - 
kung sollten nicht operiert werden. Nach der Operation bei 
normal weiter Lidspalte käme es vor, daß das Unterlid er¬ 
schlafft und Neigung zu Ektropium zeigt. 

4. Blenolenicet ist ein Gemisch eines Präparates von 
essigsaurer Tonerde uud Euvaselin. Dasselbe wurde zuerst 
1907 von Adam zur Behandlung der Blennorrhoe der 
Bindehaut empfohlen, eine Empfehlung, der sich 1908 
Scheuermann anschloß. Neuerdings aber erheben sich 
Stimmen, die das Mittel nicht so warm empfehlen. Zunächst 

, sprechen schon äußere Gründe gegen das Mittel, wenigstens 


VERSITY OF 


für seine Anwendung in der ambulanten Praxis: denn cs muß 
zweistündlich in den Bindehautsack eingestrichen werden, was 
doch durchaus keine Vereinfachung der Behandlung darstellt, 
und ferner ist das Einstreichen einer so festen Salbe, wie. 
das Blenolenicet, für ungeübte Hände gar nicht so leicht. 
Walter versuchte nun das Mittel zuerst in zwei Fällen, 
die schon mit Arg. nitr. behandelt waren, so daß die Eiter¬ 
absonderung bereits vergangen war. Der Erfolg war der, (laß 
nach der Anwendung von Blenolenicet die Eiterung wieder 
auftrat. Nach dieser Erfahrung wagte nun W. gar keine reine 
Blenolenicet-Behandlung, entschloß sich aber, sie. mit der .Silber¬ 
behandlung zu kombinieren. Unter solcher kombinierten Be¬ 
handlung kam in einer Reihe von Fällen ein befriedigender 
Erfolg zustande, zumal es sich fast ausschließlich um Blennor- 
rhoea adultorum handelte, welche bekanntlich eine weit 
schlechtere Prognose gibt als Bleunorrhoea neonatorum. Aber 
Verf. glaubt nicht, daß das Blenolenicet auf die gonorrhoische, 
Entzündung einzuwirken imstande ist, und er würde es nicht 
wagen, sich einzig und allein auf dieses Mittel zu verlassen. 
Er will aber zugeben, daß das Blenolenicet einen wirksamen 
Schutz für die Hornhaut abgeben kann gegen die Einwirkung 
durch das Sekret der Bindehaut, so lange die Hornhaut noch 
intakt ist. Er hat den Eindruck bekommen, als ob bei der 
kombinierten Behandlung die Komplikationen von seiten der 
Hornhaut seltener sind, und daß der Krankheitsverlauf ein 
schnellerer ist. Das Einstreichen der Salbe ungeübten Händen 
zu überlassen, hält er aber für durchaus unzweckmäßig, um 
nicht zu sagen gefährlich, und er kann es daher für ,die 
Behandlung ambulatorischer Patienten nicht empfehlen. 


Herz- und Gef iißkrank h eiten. 

Referent: Badearzt Dr. Silbermann. Kutlowa-Berlin. 

1. Die nervösen und psychischen Störungen bei Arterio¬ 
sklerose. Von Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Gramer, Göttingen. 
Deutsche med. Wochenschr.,. 1909, Nr. 37. 

2. Sauerstoffinhalationen bei Herzkrankheiten. Von Priv. 
Doz. Dr. Max Herz, Wien. Prager med. Wochenschr., 1909, 
Nr. 52. 

3. Ueber Herzneurosen. Von Prof. Dr. G. Treupel, 
Frankfurt a. M. Münchener med. Wochenschr., 1909, Nr. 17. 

1. Nervöse Störungen auf arteriosklerotischer Basis machen 
sich hauptsächlich zwischen dem 45. und 65. Lebensjahre bemerk¬ 
bar und betreffen vor allem Personen, die ein an Aufregungen 
und Strapazen reiches Leben hinter sich hahen. Daß auch die 
Art der Lebensführung hier bei der Entwicklung der Arterio¬ 
sklerose 1 » überhaupt eine große Rolle spielt, bedarf wohl kaum 
der Erwähnung. Und so sehen wir vorzugsweise die Arterio¬ 
sklerose auf treten bei Wjrteu, Schauspielern, Offizieren, Kom¬ 
merzienräten, die in vielen Aufsichtsräten sitzen, Beamten, 
deren Beruf viele Aufregungen mit sich bringt, bei nervösen 
U n f a 1 lerkr anku n gen. 

Unter den Allgemeinsymptomen sind die hervorragendsten: 
Schwindel, Kopfschmerz und Abnahme des Gedächtnisses. Doch 
wird man in allen Fällen darauf achten müssen, ob diesa 
Symptome nicht durch andere Erkrankungen hervorgerufen 
werden. Ganz besonders wird man bei den Schwindclanfällen 
genau zu eruieren haben, ob es sich nicht nur um 'einen 
Schwächezustand, wie er bei nervösen Personen häufig ist und 
von diesen als Schwindelanfall . bezeichnet wird, handelt, oder 
ob nicht, etwa der Schwindelanfall durch eine Ohrerkrankung 
ausgelöst ist. Ein weiteres Symptom ist die Rührseligkeit, 
über die die Patienten so oft klagen und die sie bisweilen iin¬ 
mitten einer Gesellschaft, im Theater, im Beruf, zum Weinen 
zwingt. Dabei sind die Kranken von einer außerordentlichen 
Reizbarkeit; in anderen Fällen stellen sich wieder Depressions- 
zustände ein, die sie stumpf und gleichgültig gegen alles werden 
lassen. Auch der Schlaf ist gestört, in einzelnen Fällen 
quälendste Schlaflosigkeit, in anderen wiederum andauerndes 
Schlafbedürfnis. Weiterhin zeigt sich eine große Intoleranz 
gegen Alkohol und auch Aenderungen des Charakters stellen sich 
in manchen Fällen schon frühzeitig ein; Egoismus, Lügenhaftig¬ 
keit und Heuchelei — letztere besonders auf sexuellem Ge¬ 
biete, insofern die Kranken ihren Regungen andere Motive unter¬ 
zuschieben suchen — ja, in höheren Graden sogar Sittlichkeit - 
vergehen und Scha.mverletzungen. 

Unter den Lokalsymptomen, die auf eine unmittelbare 
Neuroseerkrankung hinweisen, hat Verf. als Frühsymptom nicht 


/ERS 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


105 





- • 


soltoii (, iuc V crl a ngsainung der Sprache nicht zu vor Wechsel u 
lnil Erschwerung der Sprache beobachten können; dazu kann 
sieh dann auch eine Erschwerung' und ein Uudeutlichwerdem 
der Sprache gesellen und Störungen in der mimischen Musku¬ 
latur. Die Pupillenreaktion ist träge, selten ganz aufgehoben, 
und zwar sowohl für Lichteinfall als für Akkommodation, wobei 
ganz besonders zu beachten ist, daß diese Erscheinungen einem 
außerordentlichen Wechsel unterliegen. Störungen der Facialis- 
innervation, bisweilen leichte Abduzensparescn, Steigerung der 
Patellarreflexe, isolierte, leichte Spasmen, ja sogar Auftreten 
von Babinski, Parästhesien und Schmerzen in den Extremi¬ 
täten können die Arteriosklerose begleiten, ohne jedoch direkt 
pathognomonisch für dieselbe zu sein und nur per exclusiot 
nein kann hier die Diagnose gestellt werden, wie überhaupt 
nur unter Berücksichtigung aller sonstigen klinischen Er¬ 
scheinungen (Herz, Puls, Blutdruck etc.) Arteriosklerose an¬ 
genommen werden darf. Alle diese Erscheinungen deuten auf 
Herderkrankungen im Zentralnervensystem hin und je nach 
dem Sitz dieser Herde werden die Symptome sich nacli der 
einen oder anderen Richtung geltend machen. Als Begleit¬ 
erscheinung dieser Symptome, die aber Verf. nicht mit der 
organischen Erkrankung des Gehirns in Zusammenhang bringen 
zu können glaubt, tritt dann bisweilen auch noch eine kon-t 
zentrische Einengung des Gesichtsfeldes auf. 

Unter den psychischen Störungen sind nach Verf. drei 
Gruppen zu unterscheiden: 1. Zunehmende Abnahme der geisti¬ 
gen Kräfte, 2. leichte und schwere Depressionszustälnde, 
3. euphorische und Exaltationszustände, selten auch para¬ 
noische Symptomenkomplexe. 

Die Abnahme der geistigen Kräfte erfolgt auch hier, wie 
Ihm anderen Fällen von Dementia, nur allmählich und zeigt sich 
häufig in dem Hervortreten ethischer Defekte und moralischer 
Perversitäten, in anderen Fällen wiederum tritt eine Ab¬ 
stumpfung gegen alle äußeren Einflüsse ein, ,,eine Indolenz 
auf intellektuellem wie affektivem Gebiete“. Am häufigsten 
aber sind die Depressionszustände, die, ähnlich der echten 
Melancholie, sich von dieser äußerlich durch eine größere 
Stumpfheit des Patienten unterscheiden, während objektiv immer 
Zeichen einer organischen Gehirnerkrankung nachweisbar sind. 
Die paranoischen Symptomenkomplexe endlich sind vor allem 
durch ein immermehr sich steigerndes Mißtrauen gegen die 
nächste l mgebung charakterisiert, das sich bis zum Ver¬ 
folgungswahn steigern und mit Gesichts- und Gehörstäuschungen 
verbunden sein kann. Eine Differentialdiagnose zwischen diesen 
Zuständen und der progressiven Paralyse ist uns heute nur 
durch die Wassermannsche Reaktion möglich, die aber 
alsdann aus der Spinalflüssigkeit anzüstellen ist. 

2. Sauerstoffinhalationen am Krankenbett haben dem Verf. 
außer einer geringen subjektiven Besserung und Erleichterung 
der Atmung keine wesentliche Erfolge gezeitigt. Von günstigem 
Einfluß waren sie bei kompensierten Mitralstenosen, wo ganz 
besonders in einem Falle, in dem das Herz schon auf geringe 
Anstrengungen reagierte, eine auffallende Besserung der 
Leistungsfähigkeit des Herzens auftrat. Leber Erfahrungen bei 
anderen Klappenfehlern im Stadium der Kompensation verfügt 
Verf. leider nicht. Dagegen hat er in anderen dyspnoischen Zu¬ 
ständen, als Folge einer Herzinsuffizienz, Sauerstoffinhalationen 
angewandt, jedoch nicht in Form der Atmungsgymnastik, son¬ 
dern nur durch Zufährung reinerer Luft, indem er Gas vor 
Mund und Nase ausströmen ließ, und auch dabei eine sub¬ 
jektive Besserung erzielt, ebenso wie auch in Fällen von Angina 
pectoris, in der gleichen Weise angewandt. Von günstigem 
Erfolge dagegen waren systematische Inhalationen von reinem 
Sauerstoff in den beschwerdefreien Intervallen, und in einem 
Falle ist seit D/2 Jahren kein neuer Anfall von Angina mehr 
aufgetreten. Verf. kommt daher zu dem Schluß, daß in 
der beschwerdefreien Zeit 'Sauerstoffinhalationen bei kompen¬ 
sierten Klappenfehlern, besonders Mitralstenosen, ferner bei 
Angina pectoris und dem Asthma cardiale zu empfehlen seien. 
(Rcf. hatte Gelegenheit, bei dem Berliner 6 Tagerennen die 
günstige Wirkung der Sauerstoffinhalationen zu beobachten. 
Von sämtlichen Fahrern wurde die außerordentlich erfrischende 
Wirkung . gerühmt und objektiv konnte eine Rötung des vorher 
blassen Gesichts, sowie auch, ein Vollerwerden des Pulses beob- . 
achtet werden. Genauere Untersuchungen mußten mit Rücksicht 
auf die kurzen Ruhepausen der einzelnen Fahrer leider unter¬ 
bleiben, so interessant, es auch gewesen wäre, z. B. vergleichende 
Blu tdr uckmessungen vorzunehmen.) 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 


3. Verf. hat ca. 400 Fälle reiner Herzneurosen, d. h. durch 
psychische Affekte hervorgerufener Herzstörungen, untersucht 
und hierbei bezüglich der Actiologie festgestellt, daß in der 
Fälle das Sexualleben für die Neurose verantwortlich zu machen 
war, während in anderen Fällen Enttäuschung, das Gefühl des 
Unbefriedigtsein in beruflicher oder gesellschaftlicher Stellung, 
Angst etc. der Erkrankung zugrunde lagen. Diese den ersten 
Anfall hervorrufenden Momente bewirken allmählich eine der¬ 
artige Steigerung der Erregbarkeit, daß schließlich schon z. ß. 
die geringsten plötzlichen Geräusche einen Anfall aus! Ösen 
können. Die Anfälle, die anfangs in einem gewissen Druck- 
und Beklemmungsgefühl, Herzklopfen, Angstgefühl, Stichen in 
der Herzgegend besteheu, können allmählich unter dem Ein¬ 
fluß neuer Erregungen zu Herzjagen und Arhythmie führen. 
Charakteristisch aber für die Herzneurose ist das anfalls¬ 
weise Auftreten aller dieser Störungen, die sowohl in ihrem 
Auftreten, wie auch in ihrer Intensität von dem Füllungs- 
zustande von Magen und Darm bezw. dem Zwerchfellstandrf 
vielfach abhängig* sind. 

Objektiv ist am Herzen perkutorisch nichts wahrnehmbar; 
vor allem besteht keine Vergrößerung; dagegen war Verf. 
in einer Reihe von Fällen bei jugendlichen Personen im Alter 
von 18—22 Jahren die Kleinheit des Herzens aufgefallen. Zu 
beachten ist ferner die Beweglichkeit des Herzens bei Lage- 
veränderungen, ferner die große Labilität der Herzaktion. Bei 
Puls und Blutdruck wurde für die Erkrankung selbst Charakte¬ 
ristisches nicht wahrgenommen; der Blutdruck übersteigt bis¬ 
weilen die Norm nicht unbeträchtlich, bietet aber sonst ebenso 
wie der Puls ein recht wechselndes Bild. Auskultatorisch konnte 
eine Unreinheit des ersten Tones an der Spitze, bisweilen 
auch über den. Ostien wahrgenommen werden, in manchen 
Fällen auch ein kurzes rollendes Geräusch nach dem ersten Ton. 

Die Therapie muß natürlich eine rein psychische sein und 
die allgemeine Beruhigung des Patienten herbeizuführen suchen; 
daneben werden Sedativa, in geeigneten Fällen viel Aufenthalt 
und Bewegung im Freien, Zerstreuung oder Ruhe von günstiger 
Wirkung seiu. Für Digitalis oder Strophanthus besteht nach 
Verf. keinerlei Indikation, sie dürften im Gegenteil eher kontra- 
indiziert sein. Daß auch reizlose Diät, in einzelnem Fällen 
Kohlensäurebäder zur Gesundung von wesentlichem Vorteile 
sind, soll noch bemerkt werden. (In puncto Kohlensäurebäder 
sagt Verf.: ,,Kohlensäurebäder werden keineswegs von jedem 

Herzneurotiker gut vertragen und sind deshalb, wenn über¬ 
haupt, nur mit Vorsicht zu verwenden.“ Dazu kann Ref. nur 
bemerken, daß er bei Verwendung der natürlichen Kohlensäure- 
bäder Kudowas bisher nur gute Erfolge bei Herzneurotikern 
gesehen hat, ja daß diese Erfolge sogar erheblich früher auf- 
treten und von längerer Dauer sind als bei allen anderen 
Herzerkrankungen.) 


Neurologie und Psychiatrie. 

Referent: Irrenarzt Dr. Wern. H. Becker, Wcilmünster. 

1. Neuere Bestrebungen auf dem Gebiete der Psychiatrie. 

Von Dr. Jeremias, Posen. Reichs-Medizinal-Anzeiger, 190!), 
Nr. 26. 

2. Ueber die Pflege bei männlichen Geisteskranken. Von 

Dr. Behr, Stackein (Livl.).' Psychiatr.-Neurolog. Wochenschr., 
1909/10, Nr. 41. 

3. Einheitliche Bezeichnung und Einteilung der Psychosen. 

Referat,'erstattet in der Sektion Psychiatrie auf dem XVI. inter¬ 
nationalen medizinischen Kongreß zu Budapest, 29. August, 
bis 4. September 1909. Von Dr. Br es ler, Lublinitz. Psy¬ 
chiatrisch-Neurologische Wochenschr., 1910, Nr. 42, 43 u. 44. 

4. Zur Meningitis chronica serosa circumscripta (cystica) 
des Gehirns. Von Prof. Dr. Oppenheim und Prof. Dr. 
Borchardt, beide in Berlin. Deutsche med. Wochenschr., 
1910, Nr. 2. 

5. Ueber den Schwachsinn. Von Dr. Tiling, Rothen¬ 
berg b. Riga. Zentralblatt für Nervenheilkunde und Psychiatric, 
N. F., erstes Januarheft, 1910, Bd. 21. 

6. Zur Frage der Entartung und des Entartungirreseins. 

Von Dr. Voß, Greifswald. Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
Nr. 1. 

7. Laue Bäder in der Irrentherapie. Von Dr. Becker, 

Wcilmünster. Zeitschrift für ärztliche Fortbildung, 191.0, Nr. 2. 

1. Der Aufsatz bietet dem Psychiater nichts Neues. Aber 
dem Kollegen der allgemeinen Praxis, der wenig Zeit hat, 


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WM 






106 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 7 


:)der eine Zyste, weniger wahrscheinlich ein Aneurysma, vor 


sich um Neuerungen und einzelne Fortschritte auf einem eng- 
begrenzten Spezialgebiet, wie die Irreuheilkunde eins ,(larstellt, 
zu bekümmern, wird in flottem und anregendem Stil eine 
Uebersicht dessen gegeben, was klinische Nomenklatur, prak¬ 
tische Irrenpflege, militärärztliche Psychiatrie, Fürsorge¬ 
erziehungswesen, gerichtliche Psychiatrie und wirtschaftliche! 
Bestrebungen des irrenärztlichen Standes in den letzten Jahren, 
für Wandlungen durchgemacht haben. Vieles ist angestrebt 
worden; einiges ist erreicht, anderes, weil unzweckmäßig, wieder 
fallen gelassen, wieder anderes infolge unüberwindlicher Hinder¬ 
nisse nicht ^erzielt worden. Aber „wir sehen auf allen Ge¬ 
bieten moderner Psychiatrie, der praktischen wie der theo¬ 
retischen, das Bild rüstigen Fortschreitens, elementaren Vor¬ 
wärtsdrängens, wie eines, das sich auf dem rechten Wege 
weiß.“ 

2. Der Verfasser, Direktor einer staatlichen Anstalt in¬ 
mitten vorwiegend bäurischer Bevölkerung, hat auf den Männer - 
abteilungen seit einigen Jahren versuchsweise weibliches Per¬ 
sonal eingestellt und gute Erfahrungen damit gemacht. Nur 
die unsozialen und gewalttätigen Männer werden von Pflegern 
und Pflegerinnen gemeinsam gepflegt, wobei die männlichen 
Pfleger folgende Aufgaben haben: 1. das weibliche Personal 
gegen Ueberfälle und Angriffe zu schützen, 2. spezifische Hand¬ 
lungen (z. B. Klystiere) auszuführen, 3. das Dauerbad zu be¬ 
sorgen, 4. die Nachtwache zu versehen. Gewalttätigkeiten und 
sexuelle Unflätigkeiten seitens der Pfleglings blieben nicht ganz 
aus, aber bildeten doch immerhin Ausnahmen. Mit Recht 
verkannte Verfasser auch den Uebelstand nicht, daß dem Arzt 
ein neuer Punkt winkt, auf den er seine Aufmerksamkeit zu 
richten hat: etwaige Liebeständelei zwischen männlichem und 
weiblichem Personal. Bei völlig getrennten Unterkunftsräumen 
erblickt er aber hierin keinen Hinderungsgrund gegen die Ein¬ 
führung der weiblichen Pflege auf den .Männerstationen, wo 
die Vorteile der Pflege durch Frauenhand so eminente seien; 
Beruhigung durch gütlichen Zuspruch, Verhindern unbeab¬ 
sichtigter Entblößungen, Nahrungseinflößung bei abstinierenden 
Kranken und selbst günstiger Einfluß bei Masturbationslust 
und Entweichungssucht (!!) sei den Pflegerinnen mehr gegeben 
als den Pflegern. 

Bei dem Großstadtmaterial der Anstalten, die ich kenne, 
trifft das picher nicht zu. 

3. In dem anerkennenswerten Bestreben, zu einer einheit¬ 
lichen Klassifikation der Psychosen, die uns so dringend nötig ist, 
beizutragen, schafft Verfasser ein neues Schema, dem ich gern 
ein „Glück auf!“ mit auf den Weg gebe, von dem ich aber 
fürchte, daß es den Wirrwarr nur vermehrt, indem eine neue 
Einteilungsanschauung zu den bisher bekannten noch hinzutritt. 
Denn daß diese Breslersehe Ansicht sich Bahn bricht, ist 
mir fraglich. Die Dreiteilung 1. endogene Psychosen, 
2. toxische Psychosen, 3. sekundäre psychotische Zustände geht 
noch an. Wer wollte aber behaupten, daß solche Unterabteilun¬ 
gen allgemein anerkannt würden, in denen Idiotie und Imbezilli¬ 
tät völlig fehlen und gänzlich entweder in die sekundär psychoti¬ 
schen Zustände nach Verletzungen und Gehirnentzündungen oder 
in die endogenen Psychosen aufgegangen sind? — Oder in 
denen Melancholie und Manie einfach der Amentia zugerechnet 
werden ? — Und dann z. B. die glatte Beseitigung der bisher 
allgemein anerkannten Theorie von der logischen Entwicklung 
des Größenwahns der Paranoiker aus dem Verfolgungswahn! 

Verfasser spricht am Schlüsse seines Vortrags offen aus, 
daß er sich mit den Autoren der früheren und der bestehenden* 
Klassifikationen trösten müsse, wenn seine .Einteilung nicht die 
Zustimmung seiner Zuhörer fände. Der Vorzug, daß sie seine 
Klassifikation ganz in den Dienst der Aetiologie und damit in 
den Dienst der Prophylaxe stelle, wie er selber hervorhebt, 
muß auch von anderen zugegeben werden. Sehr gefallen hat 
mir auch — um das noch besonders zu erwähnen — die War¬ 
nung des Vortragenden, in der Zurechnung von Paranoiafällen 
zur Dementia praecox zu weit zu gehen, wie das leider jetzt 
üblich sei. 

4. Oppenheim bringt einen klinisch-diagnostischen Be¬ 
richt über eine 1900 geborene Patientin, die er seit September 
1907 als konsultierender Arzt in Behandlung hatte. Auf Grund 
von Stauungspapille, einseitiger Abduzensparese, Nackensteifig¬ 
keit, zerebellarer Ataxie mit Neigung nach rechts zu fallen, 
aufgehobenem Kniephänomen, Gesichtsasymmetrie, lautem, dem 
Pulse synchronischem Geräusch in der rechten Hinterhaupts- 
gegend kam er zu der Ueberzeugung, einen Verbildungsprozeß 
in der rechten hinteren Schädelgrube, entweder eine Geschwulst, 


* 

UNIVERSITY OF 


sich zu habeü. Wesentliche Besserungen durch Quecksilber und 
Jodkali wurden immer nach einigen Monaten von Verschlimme¬ 
rungen gefolgt, vermochten aber die Einwilligung zur Operation 
seitens der Eltern hinauszuschieben; es wurde ein operativer 
Eingriff erst gestattet, als eine dritte Inunktionskur endlich 
erfolglos verlief. Die Operation hat in .zwei Akten Bore h ar d t 
gemacht, der in den Maschen der Araehnoidea der Kleinhirn- 
unterfläche etwa ein Weinglas voll klarer Flüssigkeit fand 
und abfließen ließ, außerdem eine etwa zehnpfennigstückgroße 
Stelle der Araehnoidea verdickt, meist verfärbt und sehnig 
verändert sah und als den Herd der Zyste exstirpierte. Dag 
War am 24. Februar /esp. 9. März 1909 geschehen. Am 25. Juni 
wurde infolge Rezidivs dritter Eingriff notwendig, der dies¬ 
mal von Erfolg gekrönt war. B. berichtet dazu über einen 
anderen ähnlichen Fall. Zwei gute Abbildungen veranschau¬ 
lichen dem Leser noch mehr den Triumph der modernen -5 

Chirurgie, die Operation am lebenden Kleinhirn, in der Nähe 
der verhängnisdrohenden Medulla oblongata! — Es sind mit, 
diesen beiden Fällen bis jetzt 5 Fälle von Arachnoidalzysi.cn 
bekannt. /gjj 

5. „Die Mehrzahl aller chronischen Geisteskranken ist be¬ 
kanntlich schwachsinnig.“ Mit dieser These beginnt der auf 
dem baltischen Kongreß in Dorpat im Vorjahre von dem 
Direktor der Rothenberger Anstalt gehaltene und an obiger 
Stelle veröffentlichte Vortrag. Zwischen den Zeilen des Auf¬ 
satzes treten dann aber Ansichten zutage, daß Verfasser stall: 
der „Mehrzahl“ so ziemlich alle chronischen Geisteskranken 
meint; auch die Hysterischen, die Perversen, die Querulanten, 
die mit Zwangsideen und Phobien Behafteten. Unsere Methoden 
der* Intelligenzprüfung seien nur noch zu unvollkommen, den 
strikten Beweis zu liefern. Statt dessen versucht es Verfasser 
mit den Ergebnissen seiner psychologischen Beobachtungen vom 
Ober- und Unterbewußtsein, die, beide beim Denken stets in- 
einandergreifen müßten. Der chronische Geisteskranke arbeite 
aber fast nur mit dem Oberbewußtsein, in selteneren Fällen 
nur mit dem Unterbewußtsein. ..Das eine oder das andere 
Bewußtsein erhält das Uebergewicht oder kommt sogar allein 
zur Geltung.“ Dadurch und durch Mangel an l ebung, iu. der. 

Merkfähigkeit, d. i. der Kraft, Ober- und l nferbewußtsein 
gemeinsam im Denkapparat wirken zu lassen, tritt bei den 
schweren und komplizierten Formen der Psychosen zuletzt eine 
gemütliche und geistige Armut und Stumpfheit ein. 

Alles in allem also eine Polemik mit den Waffen der moder¬ 
nen Psychologie gegen den alten Satz der Psychiatrie, daß 
z. B. der Paranoiker nicht etwa als schwachsinnig gelten darf 
nur deshalb, weil er an seine absurden Wahnideen glaubt. 

6. Geschrieben von einem Greifswalder Privatdozenten, 
negiert der Aufsatz so ziemlich alles, was die Familienforschung 
unter Führung der Psychiatrie in den letzten Jahren für gut 
oder richtig befunden: so das Ahnentafelprinzip Sommers, 
an Stelle dessen eher die Sippseh,aftstafel Crzellitzerd 
brauchbar wäre, das Degenerationsschema Morel®, die Ver¬ 
erbungsgesetze Merzbachers u. a., und erkennt lediglich 
die außerordentliche Bedeutung der hereditären Belastung für 
die Entstehung der Geistes- und Nervenkrankheiten schlechthin 
an; insbesondere für die der periodischen Geistesstörungen. 

Die letzteren seien aber nicht zu identifizieren mit Kraepe - 
lins manisch-depressivem Irresein. Auch die Zusammenfassung 
der konstitutionellen Verstimmung, des Zwangsirreseins, des 
impulsiven Irreseins und der konträren Sexualempfindung im 
engeren Rahmen des Entartungsirreseins erkennt Verfasser nicht 
an, der dann noch den Beziehungen der Degeneration zu einigen 
Formen der vielumstrittenen Dementia praecox-Gruppe eine 
längere Betrachtung widmet. Manche Degenerationspsychosen 
seien vielmehr Milieupsychosen und längst nicht alle Haft¬ 
psychosen fielen unter den Begriff der psychogenen Geistes¬ 
krankheit. So kommt Verfasser schließlich zu der Folgerung, 
daß unsere heutigen Kenntnisse von der Vererbung und Ent¬ 
artung noch auf so unsicherem Boden stünden, daß die Auf¬ 
stellung von Vererbungsgesetzen verfrüht sei. 

Gewiß tappen wir noch vielfach im Dunklen bei unseren 
noch allzuwenig feststehenden Krankheitsbegriffen in der 
Psychiatrie. Aber ob unsere Führer nicht doch hier und da. 
eine Beobachtung gemacht haben, die auch die Zukunft an¬ 
erkennen wird ? 

7. Laue Vollbäder von 28—34° Celsius, protrahiert an¬ 
gewandt, hat Verfasser bei einer Hysterien mit Erfolg ver¬ 
sucht, und hat sogar die Anfangs tempergtur auf 24° herab- 


/ERSIT 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


107 


gesetzt, um sie dann erst auf 28° steigen zu lassen. Sieben 
Tage lang wurde tagsüber dieses Dauerbad von der niedrigen 
Anfangstemperatur und einer dann zwischen 28 und 30° ge¬ 
haltenen Wärme angewandt; für die Nacht ein Sedativum 
subkutan gegeben. Diese zwar ein leichtes Zwangsmittel dar¬ 
stellende Maßnahme zieht Verfasser bei Hystericis, deren In¬ 
telligenz noch leidlich erhalten ist, allen anderen Zwangs¬ 
maßregeln, wie Isolierung und dauernde Narkotisier,ung mit 
Beruhigungsmitteln vor. 


Varia. 

Lieber den therapeutischen Wert der Stauungshyperänüie 
bei Erysipel. Von G. Joch m a nn und G h. S c h ö n e. Deutsche 
med. Wochensc.hr., 1909, Nr. 48. 

Die Untersuchungen der Verfasser ergaben, daß in der 
Mehrzahl der Fälle von Erysipel mittels Stauungshyperämie 
schnelle Heilung erzielt wurde, charakterisiert durch raschen 
Temperaturwechsel und Besserung des Allgemeinbefindens, ein 
Viertel der Behandelten jedoch keine Besserung erkennen ließ. 
Es scheint, daß bei den leichteren und mittelschweren Fällen 
von Rose die venöse Stauung die Widerstandsfähigkeit des be¬ 
fallenen Körperteiles gegen die Streptokokkeninfektion zu stei¬ 
gern und die Heilung zu beschleunigen vermag, daß aber diese 
Unterstützung bei sehr schweren Infektionen nicht ausreicht. 

v. Rutkowski, Berlin. 

Ueber das Verhalten der Leber bei chronischer Perikarditis. 

Von O. Heß. Göttingen. Münchener med. Wochenschr., 1910, 
Nr. 2. 

Ein eigentümlicher Konnex zwischen Herzbcutelverwachsung 
und Blutstauung in der Leber schafft Krankheitsbilder, in 
welche als hervortretendes Symptom eine isolierte Pfortader 
stauung (Lebervergrößerung mit Aszites) vorhanden ist. Das 
Kapillarsystem der Leber scheint eine besonders große funktio¬ 
nelle Selbständigkeit in der Regulierung seiner Blutfüllung zu 
haben, es kann das Herz und das Gebiet der Hohlvenen durch 
Anhäufung des Blutes in der Leber entlasten. Die Leberstauung 
ist also als ein RegulationsVorgang zu betrachten und als Ersatz 
dafür anzusehen, daß dem in eine starre Hülle eingeschlossenen 
Herz die Möglichkeit genommen ist. Es müssen daher Leber¬ 
schwellung und Aszites als relativ günstige Ausgleichserseheinun¬ 
gen aufgefaßt werden. v. Rutkowskij Berlin. 

Lieber die Ehrlichsche Reaktion mit Dimethiylaminobenz- 
aldehyd. Von E. Münzer, Prag. Fortschritte der Medizin, 
1910, Nr. 2. 

Bei der Anwendung der Ehrl ich sehen Reaktion — Rot- 
larbung mancher Harne durch salzsaure Lösung von Dimethyl-, 
aminobenzaldehyd — empfiehlt Verfasser, um die Benzaldehyd- 
-yerbinduDg rein zu gewinnen und so unter Zuhilfenahme des 
spektroskopischen Verhaltens die Möglichkeit einer quantitativen 
Bestimmung des Körpers im Harn zu haben, reinen Amyl¬ 
alkohol zur Ausschüttelung der farbigen Benzaldehydverbindung. 
Rein ist derselbe, wenn pr mit dem Benzaldehydreagenz keine 
Farbenreaktion gibt. v. Rutkowski, Berlin. 

Ueber Omarthritis mit Brachialgie und ihre Behandlung. 

Von Goldscheider. Therap. Monatshefte, Dezember 1909. 

Manche Fälle von Omarthritis gehen mit so intensiver 
Schmerzhaftigkeit im ganzen Arm -einher, daß an nervöse 
Zustände gedacht und das Grundleiden übersehen wird. Es finden 
sich Nervendruckpunkte an den Hauptstämmen, Ueberempfind- 
lichkeit der Haut, Muskeln und Knochen und Druckschmerz be¬ 
sonders im Sulcus intertubercularis. Die Muskulatur zeigt 
Atrophie. Blaßbläuliche Färbung und Kühle der Haut weist 
auf Mitbeteiligung der Vasomotoren. Das Schultergelenk ist 
in seinen Bewegungen stark beschränkt und jede Bewegung 
sehr schmerzhaft. Die Muskelatrophien sind weder neuriti- 
jschen, noch myositischen Ursprungs, noch Inaktivitätsatrophien, 
sie erklären sich vielmehr nach der O h ar c o tsehen Reflex¬ 
theorie : Die von den sensiblen Gelenknerven ausgehenden Reize 
wirken trophisch anregend auf die mit dem 'Gelenk in Ver-, 
bindung stehenden Muskeln, ein Uebermaß von Reizung aber 
trophisch schädigend. Bei der Behandlung dürfen nicht die 
nervösen Beschwerden im Vordergrund stehen, sonst kommt 
es zur Versteifung der Schulter. Die Behandlung muß berück¬ 
sichtigen, ob ein. rheumatisches oder gichtisches Leiden vpr- 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


liegt. Der entzündliche Zustand muß beseitigt, das Gelenk 
mobilisiert, die Schmerzen behandelt werden. Folgende Ma߬ 
nahmen kommen in Frage: Ruhigstellung, Massage (nicht zu 
früh', Diaphorese, lokale Warmbehandlung, Na.tr. salicyl., 
Aspirin, Sandsäcke, Thermophore, Fango, Radiummoor. Nach 
14 Tagen Bewegungsübungen; Anstrengungen und Zerrungen 
sind zu vermeiden. Bei den Bewegungen ist das Schulterblatt 
zu fixieren. Für den Armschmerz gilt die obige Behandlung. 
Elektrizität und Vibration sind vorsichtig anzuwenden. In alten 
Fällen ist stets die Mobilisierung der Schulter anzustreben. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

Die Reorganisation des Medizin-Studiums. Von E. Bi¬ 
scher, Aarau. Schweizerische Rundschau für Medizin, 1910, 

. Heft 2. 

Die wesentliche Schuld an der ärztlichen Misere trägt die 
Art der Ausbildung. Die Unterrichtung ist zu wenig praktisch. 
Wohl ist der junge Arzt vollgespickt mit den wundersamsten, 
Theorien, reichlich mit Autorennamen, aber er steht, oft den 
einfachsten, gebräuchlichen ärztlichen Technizismen, wie z. P». 
Magenausspülungen, Katheterisieren, Aderlaß, ratlos gegenüber. 
Das Spezialistentum ist eiuzuschränken uiid der Wirkungskreis 
der praktischen Aerzte auf Grund einer sorgsamen klinischen 
Ausbildung zu erweitern. Nur . für besonders schwierige tech¬ 
nische Eingriffe, z. B. Operationen an den Sinnesorganen, sind 
Spezialisten erforderlich. Die Gefahr des Spezialistentums bringt, 
es auch mit sich, daß manche Aerzte, um sich einen größeren 
Gelderwerb zu sichern, unter falscher Flagge segeln, sich 
Spezialärzte nennen, nachdem sie kurze Zeit an einer Spezial- 
klinik hospitiert haben oder als Homöopathen, auftreten und 
allopathisch- behandeln. (Fortsetzung folgt.) 

v. Rutkowski, ‘Berlin. 

Ueber die Art des Auftretens der infektiösen Poliomyelitis. 

Von J. Schonka, Salzburg. Medizinische Blätter, 1910, Nr. 3. 

Verfasser bespricht 7 Fälle von epidemisch aufge trete ne r 
akuter Poliomyelitis. Die Anfangssymptome waren entweder 
Fieber und heftige Kopfschmerzen oder nach Art der Grippe 
vorherrschend katarrhalischer Natur. Da die Lähmungen manch¬ 
mal sehr gering sind, überhaupt die ganze Gesundheitsstörung 
keine wesentliche ist, so daß die Krankheit völlig übersehen 1 
und deshalb kein Arzt hinzugezogen wird, so erscheint cs 
wohl möglich, daß gerade diese unbeachtet, gebliebenen Er¬ 
krankungen- die Mittelglieder zur weiteren Ausbreitung der 
Infektion darstellen. i v. Rutkowski, Berlin. 

Das Verhalten der Fettsäurebildung im Darminihalt des 
Säuglings. Von A. Hecht, Wien. Münchener med. Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 2. 

Die Untersuchungen des Verfassers ergaben, daß das Auf¬ 
treten flüchtiger Fettsäuren im Stuhl bis zu einem gewissen 
Grade für den Ablauf normaler Verdauungsvorgänge notwendig 
ist. Bei sehr jungen Brustkindern kann auch bei sehr gutem 
Gedeihen ein recht hoher Gehalt des Stuhles an flüchtigen Fett¬ 
säuren vorgefunden werden, wenn auch ein abnormer Gehalt 
an denselben schlecht vertragen werden mag. Dagegen ist der 
Stuhl bei künstlich ernährten Kindern, wenn sie Ekzemsuppe 
erhalten, arm an flüchtigen Fettsäuren, reicher bei Nahrung 
mit Liebigsuppe. Jedoch kann man auch dem Liebigstuhl 
nicht jenen hohen Gehalt an Fettsäuren zuschreiben, wie dem 
Bruststuhl. v. Rutkowski, Berlin. 

Das Rehobother Bastardvolk in Deutsch-Südwestafrika. Von 

E. Fischer. Die Umschau, 1909, Nr. 51. 

Nach Ansicht, vieler Autoren gibt es keine malaiische Rasse, 
sondern sie ist eine Mischung von indischen und mongolischen 
Elementen; ebenso sollen nach dieser Ansicht auch die Sudan- 
neger Nordafrikas und eine ganze Menge kleiner Bevölkerungs- 
gruppen in der Südsee Baslarde sein. Das Problem der Bastar¬ 
dierung ist nöch wenig studiert. Verf. suchte der Sache durch 
Studium an der „Nation der Bastards“ in Rehoboth in Südwest- 
afrika .näher zu kommen. Da esi sich nur um einen Stamin 
von etwa 2500 Köpfen handelt, war die Forschung wesentlich 
erleichtert. Alle diese Bastarde haben gleichviele europäische 
und hottentottische Aszendenz. F. beschreibt, das Aeußere von 
ihnen ausführlich. Sehr interessant ist, daß sie auch geistig 
Bastarde sind. Sic zeigen .größere Intelligenz und haben doch 
viele Charakterzüge der Hottentotten behalten. Leider läßt sich 
die sehr interessante Arbeit nicht in ein kurzes Referat zu¬ 
sammendrängen. Geißler, Neu-Ruppin. 








108 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 7 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Ueber Carbenzym. Von Dr. Ed. Falk und Dr. 
A. Sticker, Berlin. Münchener med. Wochenschr.. 1910, 

Nr. 1. Carbenzym bei tuberkulösen Affektionen. Von Dr. 

zur Verth. Ibidem. 

2. Ueber die Chininbehandlung des Pemphigus. Von Ass - 

Arzt Dr. R. Bergrath, Würzburg. Ibidem. 

3. Ueber unzuverlässige moderne Handelspräparate des Apo¬ 
morphins. Von Prof. Dr. Ha mack und Privat-Dozent 
Dr. H ildebrand t. Ibidem. 

4. Fruchtabtreibung mit Asarum europaeum. Von Dr. 

IC. v. S u r y , Basel. Ibidem. 

5. Erfahrungen mit Eumenol. Von Dr. R. Palm, Frauen¬ 
arzt in München. Ibidem. 

6. Ein Beitrag zur Ileusbehandlung mit Atropin. Von Dr. 

A. Lederer, Cazin in Bosnien. Med. Klinik, 1910, Nr. 1. 

1. Aus der Bi ersehen Klinik sind zwei Arbeiten über 
Carbenzym erschienen. Wie Hedin zuerst nachgewiesen 
hat, ist nach Behandeln von Trypsin mit Knochenkohle das 
Filtrat nicht mehr imstande, Kasein zu verdauen. Diese Wirkung 
der Kohle beruht nicht auf einer antifermentativen Fähigkeit, 
sondern darauf, daß die Kohle imstande ist, zu adsorbieren, 
d. h. das Ferment wird nur zum Teil fixiert, zum Teil kann 
es durch Anwendung geeigneter Lösungsmittel wieder wirksam 
werden. Als solches ist bei Benutzung von Tierkohle Kasein am 
geeignetsten, bei solcher von Pflanzenkohle wirken auch andere 
Eiweißlösungen. Diese eignet sich aber auch dazu, antiferment¬ 
reiche Sera (z. B. Rinderblutserum) zu adsorbieren. F. und St. 
suchten nun festzustellen, ob die Pflanzenkohle, die schon von 
jeher als Antiseptikum bekannt ist, als Vehikel für thera¬ 
peutisch wichtige Fermente dienen könne. Als solches wählten 
sie Trypsin. Da jedoch ein unreines Präparat bei Injektionen 
schwere toxische Wirkungen hervorruft, ist es nötig, ein durch¬ 
aus reines Präparat zu benutzen und absolut sterile Lösungen her¬ 
zustellen. Den genannten Autoren gelang es endlich, ein steriles 
Präparat zu erhalten, welches nunmehr im großen von der 
Fabrik von Dr.. Freund und Dr. Redlich in Berlin her- 
gestellt; wird. Versuche an Hunden ergaben einerseits die 
Ungefährlichkeit der intravenösen Injektion, andererseits die 
auffällige Veränderung bestehender Sarkome. Sowohl in der 
chirurgischen Praxis wie in der inneren Medizin kann das 
Carbenzym zur Verwendung, in letzterer als Mittel gegen 
Störungen des Magendarmkanals. Z. B. wurde es mit Erfolg 
gegeben — 3stündl. eine Tablette — bei Gasansammlung nach 
Laparotomien. In der A 1 b u sehen Klinik wandte es Kretsch¬ 
mer gegen Magendarmkrankheiten an. Wiederholt wurde 
Carbenzym als Streupulver bei schlecht heilenden Wunden 
benutzt. Interessant sind die noch nicht abgeschlossenen Ver¬ 
suche der Behandlung von inoperablen, malignen Tumoren mit 
Carbenzym, wo häufig in kurzer Zeit, ohne daß Reaktions- 
erscheinungen auf traten, umfangreiche Einschmelzung und Re¬ 
sorptiongrößerer Tumoren erzielt wurde. Die Schmerzhaftigkeit 
der Injektionen ließ sich durch Adrenalin oder Renoform- 
Kokaininjektionen wesentlich mindern. F. und S t. empfehlen 
zur Nachprüfung zu verordnen: für innerlichen Gebrauch: 
Carbenzymtabletten (Originalröhrchen), täglich 3—5 Stück zu 
nehmen; für die äußere Behandlung: Carbenzym pulverisatum 
2,0 g, entweder trocken aufzutragen oder nach Verreiben von. 
0,5 g mit lOproz. steriler Sodalösung in fistulöse Gänge, in 
Hohlorgane oder subkutan zu injizieren. 

Die zweite Arbeit befaßt sich mit den klinischen Erfahrun¬ 
gen über das Carbenzym bei chirurgischen Tuberkulosen aller 
Art. In solchen Fällen wirkt es meist günstig, oft ähnlich den 
Jodoformglyzerin-Einspritzungen, denen es bisweilen an Wirkung 
überlegen ist. Die Einspritzungen wurden in dünner Auf¬ 
schwemmung einmal vorgenommen und nach Bedarf nach Ver¬ 
lauf von mehreren Wochen wiederholt. Da durch Ablagerung 
von Kohlepartikelchen Dekubitalgeschwüre entstehen können, 
empfiehlt es sich bei Weichteiltuberkulosen, nur geringe Mengen 
zu injizieren. 

2. Verf. hat bei Pemphigus, bei welchem nach Ansicht der 
Autoren kein Mittel wirksam ist, in zwei Fällen gute Erfolge 
mit Chinin gehabt. Er sah bereits drei Tage nach 1 Beginn 
der Chininkur (täglich 1,5 g) eine Besserung des Leidens ein- 


t re teil. Nach 14 Tagen erhielten die Kranken sogar 1 mal 
0,5 g. Ueber zwei weitere günstige Erfolge der Chininbchand- 
lung wird von der Neiße r sehen Klinik in einem Nachträge 
berichtet. Jene wurde unterstützt durch eine äußere Therapie, 
bei der Salbenverbände mit 5°,'o Ichthyolzinkpaste und Naftalan 
verabreicht, dem Pittylen zugesetzt war. 

3. Die Verf. machen auf ,,Apomorphin >“ aufmerksam, die 
neben dem reinen Apomorphin, muriat. des Handels und der 
Pharmakopoe erscheinen, aber für die arzneiliche Anwendung 
durchaus unbrauchbar sind. Die l ntersuchung hat ergeben, daß 
in dem Präparate ein Gemenge vorliegt, und daß die Stärke 
seiner emetischen Wirkung nur Vs des reinen Präparates dar¬ 
stellt. Weiter wurde gefunden, daß das Präparat aus mindestens 
zwei verschiedenen Substanzen besteht, von denen die eine 
Trimorphin ist. Auf diese ist wahrscheinlich die hier und 
da beobachtete Atmüngslähmuug zurückzuführen. Da reine Apo¬ 
morphinlösungen sich bald nach ihrer Anfertigung grün färben, 
so kann sich der Arzt vor unliebsamen Ueberraschungen schützen, 
wenn er ein Apomorphin, das diese Erscheinung nicht aufweist, 
in die Apotheke zurückschickt. 

4. Verf. berichtet über einen Versuch der Fruchtabtreibung 
durch Asarum europaeum (Haselwurz). Die wirksame Substanz 
ist Asaron. Das Präparat wirkt jedoch nicht wehenerregend, 
aber Magen und Darm derartig schwächend, daß nach Genuß 
des Mittels indirekt Abtötung der Leibesfrucht erzielt wurde, 
die Symptome sich jedoch noch 2 Monate später bemerkbar 
machten. 

5. Die Wurzel Tangkui dient in China als Emmenagogum, 
das ungiftig ist und keinen Abort erzeugt. Aus der importierten 
Radix Tangkui wurde von Merck ein Extrakt unter dem 
Namen Eumenol in den Handel gebracht. Dies geschah vor 
10 Jahren; doch hat sich, trotz ärztlicher Empfehlung, das 
Präparat nicht eingebürgert. Verf. veröffentlicht seine Er¬ 
fahrungen über 12 Fälle, bei denen es die verzögerten Menses 
hervorrief, ohne bei zwei Frauen, die gravid waren — hier 
war beginnende Schwangerschaft der Grund zur Amenorrhoe, ohne, 
das jene ärztlich hatte festgestellt werden können — Abort 
herbeizuführen. Das Mittel wurde kaffeelöffelweise genommen, 
zeichnete sich aber durch sehr schlechten Geschmack aus » - ~(E s 
bedarf noch ausgiebiger Untersuchungen, um über den Wert des 
Mittels eine Entscheidung zu fällen. Ref.) 

ti. Bei paralytischem Ileus wandte Verf. mit gutem Erfolge 
Atropin an in Dosen von 0,003—0,005. In keinem Fall dauerte 
es länger als 10 Stunden bis ein Erfolg auftrat. Die Atropin- 
injektionen wurden durch Darmeinläufe unterstützt. 


Technische Neuerscheinungen. 

Albuminimeter nach Dr. Aufrecht. 

D. R. G. M. Nr. 394931. 

(Zur sicheren quantitativen Bestimmung von Eiweiß in Harn, Blnt und 
anderen Flüssigkeiten z. B. Transsudaten.) 

Dieser Albuminimeter bat folgende Vorteile: 

1. Der Eiweißgebalt läßt sieh in 2—3 Minuten be¬ 
stimmen. 2. Die Bestimmung des Eiweißgehaltes stimmt 
mit der gewiehts-analytischen Methode genau überein. 
3. Das Ablesen der Eiweißmenge ist haarscharf. 4. Ein 
Verdünnen des Harnes ist selbst bei abnorm hohem Eiwei߬ 
gehalt nicht erforderlich. 5. Die Niedex-schlagsmenge ist 
weder von der spezifischen Dichte noch von der Tempera¬ 
tur abhängig. 6. Eine flockige Abscheidung an der Ober¬ 
fläche von muzin- und uratreichen Harnen findet nie statt. 

7. Anwendung sehr kleiner Flüssigkeitsmengen (4 ccm). 

8. Der Apparat ist nicht bloß für Harn, sondern auch für 
andere seröse Flusigkeiten verwendbar (Blut, Trans¬ 
sudate und andere); auch Albumosen und Peptone lassen 
sich mit Hilfe des angemeldeten Apparates annähernd ge¬ 
nau bestimmen. 

Preis 2,50 M. Original-Reagens zum Albuminimeter 
nach Dr. Aufrecht: 100 g' = 1 M. (für ca. 30 Be¬ 
stimmungen). Das Reagens bestellt aus je 3 g Pikriti- 
Zitronensäure auf 100 g Aqu. dest. 

Gebrauchsanweisung: Man füllt den Albuminimeter 
l)is zur Märke U mit dem sauren, resp. mit Essigsäure an- 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


109 


gesäuerten Harne und schichtet darüber bis zur Marke R 
das Reagens, verschließt dann das Röhrchen mit dem 
Gummistopfen und mischt die beiden Flüssigkeiten durch 
mehrmaliges langsames Umwenden des Glases; letzteres 
wird in eine beliebige Zentrifuge gebracht und zwei Mi¬ 
nuten zentrifugiert. Die an den eingeschliffenen Zahlen 
abzulesende Höhe des Eiweißniederschlages gibt direkt 
die Eiweißmenge in Prozenten an. Bei der Bestimmung 
von Eiweiß in serösen Flüssigkeiten (Transsudaten, Blut 
und andere mehr) werden 4 ccm der Flüssigkeit in das 
Röhrchen pipettiert und mit 3 ccm des Reagens gemischt, 
worauf nach mehrmaligem Umschütteln zentrifugiert 
wird. Wo keine Zentrifuge vorhanden, kann dieselbe von 
untenstehender Firma zu Fabrikpreisen bezogen werden. 

Literatur: Deutsche med. Wochenschr., 10, Nr. 40. 
Referat in der Medizin. Klinik, 1910, Nr. 1. 

Vertrieb: Chemische Fabrik Goe decke & Co., 
Berlin N. 24 und Leipzig. Rosen. 

Mastd ar mdi latato r. 

Nach Dr. Ernst Rosenberg, Neuenahr. 

Medizinische 'Klinik 1010, 3. 

Der neue Mastdarmdilatator entspricht in seiner Kon¬ 
struktion im Prinzip de nbekannten Harnrölirendilatato- 
ren, unterscheidet sieh von diesen aber durch das stärkere 
Kaliber und durch die erheblich kräftigere Ausführung 
der Dehnbrancheu. Die erfolgte Dehnung kann auf der 
an dem Instrument angebrachten Skala jederzeit abgelesen 
werden. Der Handgriff zum Halten des Dilatators ist seit¬ 
lich, der Handgriff für die Verstellung der Branchen wie 
bei den Harnröhrendilatationen, am Ende. 

Anzeigen für die Verwendung: Zur Behandlung von 
Strikturen der unteren Dickdarmabschnitte, 

Anwendungsweise: Das Instrument wird nach er¬ 
folgter Sondierung mit Finger oder Sonde mit einem extra 
starken Kondomüberzug versehen und in geschlossenem 
Zustande durch die Striktur hindurchgeführt. Hiernach 
öffnet man das Instrument vorsichtig so lange, als der 
Oeffnung kein Widerstand entgegengesetzt wii'd. Daun 
geschieht, unter genauer Beachtung des Patienten, die 
weitere vorsichtige Oeffnung des Instrumentes, Dis sich 
dieselbe durch Spannung und Schmerzen heim Patienten 
bemerkbar macht. 

Firma: Louis u. H. Loewenstein, Berlin, 
Ziegelstr. 28/29. _ Rosen. 

Son neu trichter. 

Von Dr. C. Widmer, Lerch’sches Spital, Zofingen. 

Den Einwänden, die der therapeutischen Anwendung 
des Sonnenlichtes sich gegenüberstellen und von denen 
die mangelnde stetige, zeitliche und räumliche Verfügbar¬ 
keit die hauptsächlichste ist, die aber eigentlich auch für 
die übrigen Lichtquellen Geltung haben, sucht der W i d - 
m e r sehe Sonnentrichter, wenigstens ih einem Punkte, 
entgegenzuarbeiten, indem er durch Sammlung und Kon¬ 
densation eine zeitliche Abkürzung und räumliche Ein¬ 
schränkung der Sonnenlichtapplikation ermöglicht. 

Ungleich der Linse, die eine Menge gerade der wirk¬ 
samsten Blaustrahlen nicht durchläßt, durch Sammlung 
der Strahlen in einem Punkt zudem die physiologische 
Gesamtwirkung des Lichtes wesentlich modifiziert, arbeitet 
der Trichter nur durch Spiegelung, sammelt das Lieht, 
das einer größeren Fläche zukäme, verlustlos auf einer be¬ 
liebigmal kleineren Fläche, allwo es konzentriert, quali¬ 
tativ aber unverändert zur Wirkung kommen kann. 

Der Apparat basiert auf einer einfachen trionometri¬ 
schen Formel und erhält durch dieselbe sowohl die Licht¬ 
verstärkung, als auch die Tiefenwirkung einen mathema¬ 
tischen Ausdruck. 


Das längst auf'gestellte Postulat der Lokalapplikation 
konzentrierten natürlichen Lichtes, das durch kein brechen¬ 
des Medium modifiziert ist, findet in dem Apparat die 
Lösung. Erst durch ihn wird für manches Gebiet der täg¬ 
lichen, ärztlichen Wirksamkeit für die Wundbehandlung, 
die Fisteln und Geschwüre, namentlich aber auch für die 
Arthritiden, die Neuralgien usw. eine rationelle und dank¬ 
bare Therapie ermöglicht. Zu beziehen durch II aus- 
mann, A.-G. in St. Gallen. Rosen. 


Bücherbesprechungen. 

Achte internationale Tuberkulose-Konferenz. Bericht von 
Prof. D r. Pannwitz. Im Verlag der internationalen Tuber¬ 
kulose-Vereinigung. Charlottenburg 1910. 

Nachdem im vorigen Jahre in Amerika Philadelphia die 
Internationale Tuberkulose-Konferenz und Washington den 
Internationalen Tuberkuloss-Kongreß gastlich ausgenommen, 
hatte die Internationale Vereinigung in diesem Jahre Stockholm 
für die Jahresversammlung bestimmt. 

In Schweden ist das gesamte Volk von der Notwendigkeit 
der Tuberkulosebekämpfung durchdrungen und nimmt nach gro߬ 
zügigem Plane an der Bekämpfung dieser Volksseuche teil. Das 
war während der Konferenz bei den Verhandlungen und Be¬ 
sichtigungen überall erkennbar. Vor allem fand diese Tatsache 
auch ihren Ausdruck in der wohltuenden Teilnahme des 
Herrscherhauses. Nicht allein, daß König Gustav und seine 
Gemahlin die Mitglieder der Konferenz bei sich empfingen lind 
stundenlang mit den Vertretern der Wissenschaft und Praxis 
aus allen Ländern sich über die verschiedensten Fragen unter¬ 
hielten; die Majestäten erschienen vielmehr auch bei den Ver¬ 
handlungen im Reichstagshause selbst und hörten mit sichtlichem 
Interesse die Vorträge, namentlich über die Beziehungen der 
Tuberkulose zur Schule. 

Ihr besonderes Gepräge erhielt die diesjährige Tuberkulose - 
Konferenz dadurch, daß zum ersten Male Leon Bourgeois' 
sie leitete, und daß zahlreiche Vertreter von Regierungen als 
offizielle Delegierte zugegen waren. Leon Bourgeois, 
der ausgezeichnete Sozialpolitiker mit seinem reichen sozialen 
Erfahrungsschatz, zugleich wie kaum ein zweiter mit glänzen¬ 
der Rednergabe ausgestattet, war nach Brouardels Heim¬ 
gang zum Präsidenten der Internationalen Vereinigung gewählt 
worden. 

Wenn die Tuberkulose-Konferenz zu Stockholm in Vor¬ 
bereitung, Verlauf und Erfolg sich würdig ihren Vorgängerinnen 
anschließt, so gebührt dafür der wärmst? Dank der Leitung 
des Schwedischen National-Vereins, dessen Mitglieder sich mit 
voller Hingebung in den Dienst der Organisation gestellt haben. 

Der Generalsekretär erstattete in der Konferenz den Ge¬ 
schäftsbericht. Darnach beträgt gegenwärtig die Zahl der zur 
Internationalen Vereinigung gehörenden Länder 22, die der 
ordentlichen Mitglieder 67, die der korrespondierenden Mit¬ 
glieder 699. Durch den Tod hat die Vereinigung in den letzten 
Jahren 5 Mitglieder verloren, die Herren A 1 t h o f f , Daimer, 
G o u e 1 , J o u v e n e 1 , van R y n. 

In den Sitzungen kamen zur Beratung: Ersatzwahl in der 
Verwaltungskommission, Ernennung von korrespondierenden Mit¬ 
gliedern. Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzlage, Vor¬ 
bereitung für die IX. Internationale Tuberkulose-Konferenz in 
Brüssel 19.10, des Internationalen Tuberkulose-Kongresses in 
Rom 1911, Herausgabe des Konferenzberichtes, Einsetzung einer 
Internationalen Kommission für medizinisch-biologische Höhen- 
und Sonnenforschung. Die Beschlüsse des Engeren Rats wurden 
in der Schlußsitzung zur Kenntnis der Konferenz gebracht. 


Allgemeines. 

Der Polizei-Präsident von Berlin erläßt unter dem 
5. Januar d. Js. folgende Bekanntmachung: Vielfach wird 
noch die Anzeige bei Todesfällen von Personen unter¬ 
lassen, die au einer der im Gesetze, über die Be¬ 
kämpfung übertragbarer Krankheiten vom 28. August 1905 






110 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 7 


Medicinal »Wasser und diätetisches Getränk ersten Ranges. 

Bei Nieren- und Blasenleiden, 
Harngries, Harnbeschwerden und Gicht, 
bei Zuckerharnruhr, bei Catarrhen der 
Athmungs- und Verdauungsorgane wird 
die Bor® und Lithium “hältige Heilquelle 



mit ausgezeichnetem Erfolge angewendet. 



Harntreiben de 
Wirkung. 
Eisenfrei- 
Leicht verdaulich. 
Angenehme r 
Geschmack. 
Absolut rei n. 
Constante 
Zusammensetzung. 




Wirksames fräseruatiu 
gegen bei 

Scharlach 

auftretende jtieren- 
affektionen. 

Besonders jenen Personen 
empfohlen, welche zufolge 
sitzender Lebensweise an 

Karnsaurer Diathese und Kätnor- 
rhoiden, sowie gestörtem Stoff¬ 
wechsel leiden. 



Aerztliche Gutachten und sonstige Brunnenschriften stehen gratis und franco zu Diensten. 

“SALVATOR“ ist in allen grösseren Mineralwasserhandlungen vorräthig, die Herren Aerzte jedoch, 
welche “SALVATOR“ zu persönlichem Gebrauche benöthigen, gemessen Ausnahmepreise und sind 
in diesem Falle höflichst gebeten sich direct zu wenden an 

August Schuttes 

Szinye-Lipöczer Salvatorquellen-Unternehmung 


Budapest, V. Rudolf-Rakpart 8. 






THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Der Verein für Kinder-Volksküchen versendet einen Aufruf 
zur Unterstützung des Vereins: „Wir wenden uns an 
die Herzen unserer wohltätigen Mitbürger mit folgender 
Bitte: Viele arme Kinder unserer Stadt erhalten kein 
warmes Mittagessen, weil durch Notstand im elterlichen 
Hause es oft an Mitteln fehlt, um Materialien ein- 
zukaufen und den Kindern eine Mittagsmahlzeit zuzubereiten; 
auch weil die Mütter aus dem Hause arbeiten. Witwen und 
eheverlassene Frauen sind es namentlich, welche nicht imstande 
sind, ihren Kindern eine ausreichende Ernährung zu geben. 
Hierzu kommen noch eine große Zahl von Arbeitslosen und 
wo Krankheit des' Ernährers der Grund des Notstandes ist. 
Wohl mag auch in vielen Familien eigene Schuld den Not¬ 
stand hervorrufen, aber jene armen unschuldigen Kinder, welche, 
darunter leiden, sind die Opfer dieser traurigen Zustände. Durch 
Gewährung von Speisen an Kindern in lungenkranken Familien 
glauben wir einen wirksamen Kampf gegen diese vernichtende 
Volkskrankheit, die Tuberkulose, zu führen. Wo bereits der 
Vater oder die Mutter lungenkrank sind, liegt bei den schwäch¬ 
lichen Kindern die Gefahr vor, selbst dieser Krankheit zu 
verfallen, wenn dieselben nicht ausreichend ernährt werden. Eine 
beredte Sprache für die Notwendigkeit unseres Werkes, führt 
wohl das beigefügte Verzeichnis aus unserem Recherche-Material, 
der lungenkranken Familien, welche wir unterstützen. Mit¬ 
bürger und Mitbürgerinnen! Euer warmherziger Wohltätigkeits- 
sinn hat sich bei unserem Appell an ihn stets glänzend be¬ 
währt! Ihr habt dadurch bewiesen, das ihr dem idealen Ziele 
unseres Strebens: „Es soll in der Hauptstadt des» 
Deutschen Reiches kein hungerndes Kind 
geben!“ Eure volle Zustimmung erteilt.“ 


namhaft gemachten Krankheiten gestorben sind. Die Herren 
Aerzte und die Vorstände der Krankenhäuser mache ich darauf 
aufmerksam, daß auch die Todesfälle an den im § 1, Ab¬ 
satz 1 .und 3 qu. Gesetzes benannten, übertragbaren Krankheiten 
der Ortspolizeibehörde (für den Stadtkreis Berlin der Sanitäts- 
kommission) zu melden sind, wenn auch bereits der Fall 
der Erkrankung angezeigt worden war. 


Ein Kassenarzt hatte an Krankenkassenmitglieder kleinere 
Geschenke, wie Zigarren etc., gemacht. Auf eine Anzeige hin 
hatte sich der Arzt vor dem ärztlichen Ehrengerichtshofe des 
Königreichs Sachsen zu verantworten; letzterer fällte folgendes 
Urteil: „Der Ehrengerichtshof hatte aus den eigenen Aussagen 
des Beschuldigten die volle Ueberzeugung gewonnen, daß dieser 
an Mitglieder der genannten Kasse nicht bloß in vereinzelten 
Ausnahmefällen, sondern in einer Häufigkeit, die die Auf¬ 
merksamkeit weiter Kreise erregt hat, teils kleine Geldbeträge, 
teils Zigaretten verschenkt hat, um sich dadurch bei den Kassen> 
mitgliedern beliebt zu machen. Ein solches gewohnheitsmäßige-! 
Beschenken» von Patienten entspricht nach Ansicht des Ehren- 
gerichtshofes nicht der ärztlichen Standeswürde, weil es den 
Arzt dem Verdachte aussetzt, daß er auf diese Weise die Auf¬ 
merksamkeit auf sich lenken und Zulauf von Patienten gewinnen 
will. Eine an sich ganz erlaubte' und unbedenkliche Handlung 
kann von diesem Gesichtspunkte aus durchaus bedenklich und 
verwerflich werden.“ 


Zur Reichsversicherungsordnung hat sich auch die Tübinger 
medizinische Fakultät geäußert. Die Fakultät ist der Auf¬ 
fassung, daß die Bestimmungen des Entwurfs über das Verhältnis* 
der Aerzte zu den Krankenkassen und Berufsgenossenschaften 
eine schwere Schädigung der Aerzte und auch der Kranken 
enthalten. Die Fakultät wünscht dringend, daß in Württem¬ 
berg der bisherige von Aerzten und Kassen als befriedigend 
anerkannte Zustand erhalten bleibe, dessen Uebertragung auf 
das Reich eine grundlegende Verbesserung der jetzigen Vorlage 
bedeuten würde. In Württemberg besteht nämlich seit einer 
Reihe von Jahren bei allen reichsgesetzlichen Kjffesen flie freie 
Arztwahl, und zwar die sog. organisierte freie Arztwahl. Sie 
beruht allgemein auf Verträgen zwischen den ärztlichen Ver¬ 
einigungen und den einzelnen Kassen oder Kassenverbänden 
mit einer sorgfältigen, von der Arztorganisation selbst geübten 
Kontrolle der ärztlichen Tätigkeit. In Orten mit mehreren 
Aerzten besteht unter den Mitgliedern der Aerzte Organisation 
völlig freie Wahl für die Mitglieder der Krankenkassen, und 
auch in den ländlichen Bezirken ist die Regelung derart, daß 
das Recht der freien Arztwahl nur durchführbar ist, wenn sie 
durch eine geeignete Kontrolle auch die Rechte der Kassen 
wahren. Beide Teile siud mit dem bestehenden Zustand zu¬ 
frieden. Weder die Berufsgenossenschaften, noch die Aerzte wün¬ 
schen eine gesetzliche Festlegung ihrer Beziehungen. Völlige 
Bewegungsfreiheit ist, so betont die Fakultät, für beide Teile 
hier am vorteilhaftesten. 


Der III. Internationale Kongreß für Physiotherapie soll 

vom 29. März bis * zum 3. April d. Js. in Paris stattfinden. Es 
hat sich hierfür schon ein deutsches Komitee gebildet, an 
dessen Spitze His und Brieger stehen. Auch ein Spezial- 
ausstellung ist mit dem Kongresse verbunden. Nähere Auskunft 
über alles gibt der Generalsekretär Dr. Immelmaun, 
Berlin, Lützowstr. 72. Die Arbeiten des Kongresses sind unter 
sieben Abteilungen verteilt: Kinesitherapie, Hydrotherapie, 
Klimatotherapie, Elektrotherapie, Radiologie, Krenotherapie 
(Mineralwasser-Kuren), Diätetik. Für jede Abteilung ist außer 1 
dem ein besonderer Vorsitzender und Schriftführer ernannt, mit 
denen die betreffenden französischen Abteilungs-Vorsitzenden in 
Verbindung stehen, so daß ein ersprießliches Zusammenarbeiten 
garantiert ist. 

Wie der „Vorwärts“ berichtet, fordert die Sozialdemokratie 
in dem Kommunalprogramm die Einführung der freien Arzt¬ 
wahl und Anstellung von Spezialärzten im Armendienst. Der 
Referent dafür äußerste sich dazu wie folgt: „Unter den 
Forderungen über die Armen- und Waisenpflege haben wir, 
entsprechend einer Anregung von Linde mann, noch auf- 
genommen die Forderung der Einführung der freien Arztwahl. 


statt Teer 


B HB I \ *- 1 Der Wert unserer geruchfreien, reizlosen Pittylen-P räparate 

k'jsJ» l ist überall schnell erkannt worden, und ihre Verwendung in der Haut- 

I Therapie an Stelle des übelriechenden, öfter lokale Reizungen und resorptive 

M V Nebenwirkungen auslösenden Nadelholzteers ist jetzt allgemein. 

Zahlreiche Herren Aerzte sprechen sich ganz begeistert über die Wirkung der Pittylen- 
Präparate aus und betonen besonders, wie schnell das Pittylen bei oft jahrelangen hartnäckigen 
U Uebeln, die aller Behandlung Trotz geboten haben, seine heilende Wirkung äussert. Ganz speziell 

X haben sich die Pittylen-Seifen einer ausgedehnten Verwendung zu erfreuen; die einfache 
Anwendungsform verbunden mit der zuverlässigen schnellen Wirkung findet allgemeinen Beifall. 

Wir bitten die Herren Aerzte, welche Pittylen noch nicht angewandt haben, Muster-Kollektionen und Literatur von 
rn. 

Dresdener Chemisches Laboratorium Lingner. 



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112 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 7 


Diese Forderuplg ist bereits vor Jahrzehnten, im Jahre 1848, 
von Rudolf V i r c h o w für die Armenpraxis erhoben worden, 
und im Jahre 1893 hat unsere Berliner Stadtverordnetenfraktion, 
einen Antrag- eingebracht: für die nächste Etatsaufstellung von 
festbesoldeten Armenärzten Abstand zu nehmen und mit dem 
Verein freigewählter Kassenärzte in Verbindung zu treten, da¬ 
mit dieser die Versorgung der Armen mit Aerzten in die Hand 
nehme. Der Antrag wurde abgelehnt und ist seitdem nicht 
wieder eingebracht worden. 1902 "brachte Genosse Quarck 
in Frankfurt a. M. einen Antrag auf freie Armenarztwahl ein. 
Auch dieser Antrag wurde abgelehnt. Wir haben aber eine 
Reihe von Gemeinden, wo die freie Arztwahl für Arme ein- 
geführt ist und sich sehr gut bewährt hat.“ 

Errichtung eines Unfall- und Haftpflichtversicherungs-In¬ 
stitutes in Oesterreich. Der Geschäftsausschuß der österreichi¬ 
schen Aerztekammern hat auf Grund des Beschlusses der Dele¬ 
gierten am XIII. Kammertage in Prag die Vorarbeiten zur 
Errichtung eines Unfall- und Haftpflichtversicherung-s-Institus 
durchgeführt und bereitet nunmehr die Gründung der geplanten 
Anstalt vor. Au die gesamte Aerzteschaft Oesterreichs ergeht 
die Aufforderung, für die Durchführung des Projektes ein¬ 
zutreten, welches den so lange angestrebten Vorteil eines ent¬ 
sprechenden Schutzes auf dem Gebiete der Unfall- und Haft¬ 
pflichtversicherung bieten soll. Das neue Institut soll in Form 
einer Aktiengesellschaft ins Leben treten und wird sämtliche 
Versicherungsarten aller Berufszweige, welche sich auf den ( n- 
fyll- und Haftpflichtschutz beziehen, umfassen. 

., jm österreichischen Abgeordnetenhause wurde in einer 
Interpellation auf die segensreiche Wirksamkeit des Heidel¬ 
berger Instituts für Krebsforschung unter Leitung Professor 
Czernys und auf die Erfolge, welche das .Heidelberger In¬ 
stitut aufzuweisen hat, verwiesen. Die lnterepellanten- richteten 
an den Unterrichtsminister und den Minister für öffentliche 
Arbeiten die Anfrage, ob sie geneigt wären, zu veranlassen. 


daß auch in Oesterreich ein ähnliches Institul wie in Heidel¬ 
berg errichtet und ein bewährter Chirurg mit der Leitung des¬ 
selben betraut werde, oder daß wenigstens die Universitäts¬ 
kliniken für die Behandlung von Tumoren und anderen bös¬ 
artigen Neubildungen mit den erforderlichen Apparaten aus- 
gestattet würden. 

Zum Vorsitzenden der vom 1.—5. Oktober d. Js. statt¬ 
findenden 2. internationalen Konferenz für Krebsforschung 

wurde Prof. Czerny, Heidelberg, ernannt; Prof. G. M e y e. r , 
Berlin, ist Generalsekretär (Bureau: Berlin, Bendlerstr. 13). 
Das wissenschaftliche Programm umfaßt: Histologie und histo¬ 
logische Diagnose; Statistik, Methoden der klinischen Diagnose; 
Behandlung, vergleichende Pathologie etc. 

Am 1. April d. Js. wird in Sch ö n e b erg - Berl i. n die 
erste Schulzahnklinik eröffnst werden. Es ist dieser Beschluß, 
womit die städtische Behörde dem Beispiel Berlins und Ohar- 
1 ottenburgs folgt, mit Freuden zu begrüßen. Zum Leiter der 
Anstalt ist. Herr Zahnarzt Iv u r t II a h n , welcher mehrere Jahre 
die Altonaer Schulzahnklinik dirigierte, gewählt worden. 

Zu einer lebhaften Diskussion kam es im österr reich i - 
sehe n H e r r e. n h a u s e bei der Frage : Soll der Arzt für 
die Anzeige einer ansteckenden Krankheit eine Vergütung er¬ 
halten? Es war früher einmal vorgeschlagen worden, hierfür 
eine jedesmalige Honorierung von 1 Krone anzusefzen; der 
Antrag, welcher von mehreren Seiten auch mit Rücksicht auf 
die finanziellen Schwierigkeiten der österreichischen Aerzte 
warm unterstützt wurde, wurde trotz der nicht sehr hohen 
Mehrbelastung des Staatsschatzes (ca. 75 000 Kronen) abgelehiit. 

Der Verein zur Förderung des Fremdenverkehrs in München 

hat eine Zusammenstellung aller wichtigen Mitteilungen über 
Wintersportplätze in Bayern (Skiplätze, Skiturf etc.) heraus¬ 
gegeben; man ersieht daraus alles Wichtige über Rodeln und 
Schlittschuhsport, Wintersportfeste etc. 


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Verantwortlich: Für den redaktionellen Teil:. Prof. Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35. F(lr „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Muncäinski, Berlin-Rixdorf. 
Verlag: Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9. — Druck von Carl Marschner, Buchdruckerei, Berlin SW. 68. 












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1908. 14 Tafeln mit Text. Gebunden 12 M. 

Leitfaden zur klinischen Untersuchung des Blutes 

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Handbuch der Pathologie des Stoffwechsels. 

Unter Mitwirkung von Ad alb. Czerny (Breslau), C. Dapper 
(Kissingen), Fr. Kraus (Berlin), 0. Loewi (Wien), A. Magnus- 
Levy (Berlin), M. Matthes (Köln), L. Mohr (Halle), C. Neuberg 
(Berlin), H. Salomon (Frankfurt a. M.), Ad. Schmidt (Halle), 
Fr. Steiuitz (Breslau). H. Strauss (Berlin), W. Weint raud 
(Wiesbaden) herausgegeben von Carl von Noorden. 
Zweite Auflage gr. 8. I. Band. 1906. 26 M. II. Band. 1907. 24 M. 


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Zweite Auflage. 8. Mit 2 Tafeln. 1907. 8 M. 
(Bibliothek v. Coler-v. Schjeming, XT. Bd. 2. Aufl.) 


Deszendenz und Pathologie. 

Vergleichend-biologische Studien und Gedanken 
von Geh.-Rat Prof. Dr. D. von liansemann. 
1909. gr. 8. 11 M. 


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Verband der Aerzte Deutschlands zur Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen. 


Schiffs arztstellen nur durch L. W. V. 


Fernsprecher 1870 


Cavete collegae! 


Drahtadresse: Aerzteverband Leipzig. 


Reedereien: 
„W oerm ann-Linie“ 
(W estafrika-Linie). 
„Deutsch-Ostafrika- 
Linie.“ 



Verband zur Wahrung 
der Interessen der Deut¬ 
schen Betriebskranken¬ 
kassen (Rhein. - Westf. 
Betr. - Krank. - K.-Verb.) 

Sitz: Essen (Ruhr). 


Angermünde, Brdbg. 
Amrum (Insel). 
Aßweiler i. Pfalz. 


Berlin u.Umgebung (Ma¬ 
thilde Rathenaustiftung). 
Bieber, Kr. Offenbach a. M. 
Bocholt, Westf. 
Bremen. 

Brühl (Bez. Köln a. Rh.) 

Colditz i. S. 

Dresden. 

! Eberswalde i. Brdbg. 
Ebingen.Wttbg. (Arztbez. 

Frohnstetten-Heinstetten). 
Ehrang (B. Trier) O.-K.-K. 

Eimbeckhausen, üann. 
Erkelenz, Rhld. 

Falkenberg bei Ahrens¬ 
felde. 

Feilnbach (O.-B.) 
Fiddichow i. Pomm. 
Frankfurt a. M. 
Frechen Bez. Köln a. Rb 

Geilenkirchen, 

Kr. Aachen. 

Gera, R.,Textil-B.-K.-K. 

; Gielsdorf und Wilken- 
I dorf b.Strausberg, Brdbg. 


Greiffenberg U.-M. 

Halle (Saale). 

Hamburg, B.-K. f. Staats- 
I angesteifte. 

Hamm i. Westf. 

| Hanau, San.-V. 
i Hausen (Kr. Limb. a. L.). 
Hohensolms b. Wetzlar. 
Hohentengen (Wttbrg), 
Hüllhorst, Westf. 

Itzstedt i- Schl.-Holst. 

Joachimthal, 

Kr. Angermünde. 

Kassel-Rothenditmold. 
Kemel, H.-N. 
Kirchberg-Jagst. 
Klein-Auheim, Kr. Offb. 
Köln a. Rh. Stadt-u.Landkr. 
Köln-Deutz. 

Können, Wttbg. 
Königsberg i. Pr. 
Korbach (Waldeck). 
Kupferhammer b. 
Eberswalde. 

Lauenburg i. Pom. 


Lindlar, Rhld. 

Minden, Westi. 
Moorburg b. Hamburg. 
Mülheim (Rhein). 
M.-Gladbach. 

Münder a. Deister. 
Munster, Hann. 

Nackenheim, Rhh. 
Neu-Isenburg, Kr. Offb. 
Neusfettin i.Pom. 
Niederwürzbach, Pfalz. 
Nordgermersleben 
(Kr. Neuhaldensleben), 

Oberbetschdorf i. Eis. 
Oberhausen i. Rhld. 
Obersept, O.-Els. 

Ober- u. Nieder-Ingel- 
heim, Rhh. 
Oderberg i. Mark. 

Pattensen i. Hann. 
Pinne i. Posen. 
Puderbach(Kr.Neuwied). 

du int b. Trier. 

Rastenburg, O.-Pr. 


Recklinghausen i. W. 
Rhein (O.-Pr.). 
Rothenkirchen- 
Preßig, Oberfr. 

Salzwedel, Prov. Sa. 
Schirmeck-Saales i.E. 
Schlettstadt, Eis. 
Schornsheim (Rhh.). 
Schwandorf (Bay.). 
Schwarzach i. Ba. 
Schwetzingen, Ba. 
Soldau O.-Pr. 

St. Ludwig, O.-Els. 
Stettin , Fab.-K.-K.-Vulk. 
Strausberg i. Brdbg. 
Strehla a. E. 

Templin, Brdbg. 
Thalneim i. Erzgeb. 

Urft (Schmidtheim) Kr. 
Schleiden. 

Wallhausenb. Kreuznach. 
Walsheim b. Blieskastel. 

Weibern i. Rbld. 
Weidenthal, Pfalz. 
Weilheim, Bay. 
Weisenau b. Mainz. 
Weißenfels (Saale). 


Wesseling, Rhprov. 
Wessling (O.-Bay.). 
Westd. Vers.-Kr. u. Unter- 
stützungs- Zuschuß- Kasse 
Köln a. Rh. 
Wiesbaden. 

Wriezen a. 0. 


Ueber vorstehende Orte und alle Verbandsangelegenheiten erteilt jederzeit Auskunft der Generalsekretär G. Kuhns, Arzt, Leipzig, Dufourstraße 18. If, 3prechzeit 
nachm. 3-6 (außer Sonntags). Kostenloser Nachweis von Praxis-, Auslands-, Schiffsarzt- und Assistentenstellen sowie Vertretungen. 


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Nr. 8. IV. Jahrgang. 


20. Februar 1910. 


Therapeutische Rundschau 

Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 


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Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 

Redaktion: Verlag und Expedition 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI, 17271. Telephon: Amt VI. 3020. 

IV. Jahrgang. Berlin, .30. Februar 1910. Nr. 8. 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M, für das Ausland. 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den Verlag 
sowie säintl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht K Tage vor (Jtiartalscliluss abhestellt sind. Inserate werden für die 4gespaltene 
Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 15.-- M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck Ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt. 


Originalien: 

E. Roth: Mesmerismus.113 

A. Moeller, Berlin: Häusliche Behandlung Lungenkranker . 116 
L. Sofer, Wien: Wiener Brief. 119 

Referate: 

Lothar Frankenstein, Berlin: Geburtshilfe und Gynäkologie 121 

L. Lipman-Wulf, Berlin: Lrologie.. . . . 121 

H. Loh risch, Chemnitz: Magen-, Darm- und Stoffwechsel¬ 
krankheiten .123 

v. Rutkowski, Berlin, und Lipschitz, Berlin: Varia .... 124 

Mitteilungen über Arzneimittel: 

W. Krüger, Magdeburg: Referate.125 


Technische Neuerscheinungen: 

Badehandhabe . 126 

Der Stangerotherm. 120 

Vorsicht bei der gebräuchlichen Sauerstoffen Wendung (Ref.: 

Rosen, Berlin). .127 

Bilcherbesprechungen: 

Leser: Die spezielle Chirurgie in 60 Verlesungen (Ref : 

. Schwalb ach, Berlin). 127 

W. Kühn: Neues niedizin. Fi emdwürterbuch für Schwestern, 
Samariter, Heilgehilfen, Krankenpfleger eic. ...... 127 

(’. H. Stratz: Der Kötper des Kindes (Bef.: Geißler, 

Neu-Ruppin).1-7 

Allgenieines.127 


ÖRKjINALIEN. 

Mesmerismus. 

Von Dr. E. Roth. 

Das Wort Behandlung zeigt, daß 
mit der Hand geheilt werden soll. 

Ehe wir zu dem Gegenstand selbst übergehen, wollen 
wir dem Mann einige Worte widmen, welcher dieser Rich¬ 
tung den Namen gegeben hat. Franz Anton Mes- 
m e r wurde am 213. Mai 1734 in Iznang, Filial der Pfarr- 
gemeinde Weiler, Amt Radolfzell, geboren; seine Jugend¬ 
jahre brachte er in der herrlichen Gegend des Bodensees 
zu, wo die Natur tiefen Eindruck auf ihn machte und er 
sich besonders zu den Quellen und Bächen hingezogen 
fühlte, deren Ursprung und Lauf er zu ergründen ver¬ 
suchte. Durch rlieses Herumtreiben und Leben in der freien 
Natur scheint ihm bereits als Kind und Knabe eine Natür- 
kraft zugeflossn zu sein, die nicht in der Stube erzogenen 
Menschen, aber gerne solchen zufließt, die in vielseitigem 
Umgang und Streit mit der Natur sind. Schiffer, Jäger, 
Hirten, Bergleute und Bauern verfügen vielfach über die 
Entwicklung eines besonderen Sinnes und einer besonde¬ 
ren Kraft, die sich dann bei Mesmer auch in seinem 
späteren Leben immer mehr entwickelte und die er im 
sogenannten Magnetismus auch zuerst erkannte und als 
Heilmittel erprobte und verwendete. 

Zu Wien studierte dann der Jüngling Medizin und 
übte auch in der Kaiserstadt die ärztliche Praxis aus. 
Seine Verheiratung mit einer Witwe daselbst brachte ihm 
kein Glück und keinen Segen, so daß er sicli wieder schei¬ 
den ließ. 

Im Laufe seiner 15 jährigen ärztlichen Tätigkeit kam 
er mehr und mehr auf den Magnetismus; er suchte ihn 
zuerst in der Elektrizität und später im mineralischen 
Magnetismus. Sein Grundsatz war: Es muß eine Kraft 
da sein, welche das All durchdringt und alle Körper auf 
Erden verbindet; man muß sie in seine Gewalt bekommen 
können. Die Kraft suchte er zuerst im Magnet. Diesem 
gleich betrachtete er den Menschen, seine Anwendung auf 
Krankheiten schien ihm das Richtige. Um das gestörte 
Gleichgewicht wieder in Harmonie zu bringen, strich er, 
den Magnet in der Hand, die Körper nach verschiedenen 
Polen. Er sah aber bald ein, daß er die beobachteten Wir¬ 


kungen dem Magnet, den er in seiner Hand hielt, nicht 
allein zuschreiben könne; so warf er den Magnet fort und 
übte mit seinen Händen allein die gleiche, noch unver¬ 
fälschtere Wirkung. 

So sind wir mitten drin im Mesmerismus. 

Und doch! Noch weniger bekannt als Mesmers Heil¬ 
methode ist die Tatsache, sagt Karl Kies e w etter, 
daß diese lange vor ihm ausgeiibt wurde und daß über 
ein Jahrhundert vor ihm Systeme über magnetische Be¬ 
einflussung aufgestellt worden waren, daß also M e s in e r 
die Entdeckung des Lebehsmagnetismus gleichsam als 
reife Frücht in den Schoß fiel. 

Gehen wir auf die Urkunden des menschlichen Ge¬ 
schlechts zurück, so finden wir, daß bei den alten Aegyp- 
tern wie anderswo die Kenntnis des Mesmerismus und des 
heilenden Einflusses eines Menschengeistes auf den anderen 
zu allen Zeilen vorhanden war und als sorgsames Geheim¬ 
gut von einzelnen Eingeweihten oder Gottbegnadeten nus¬ 
geübt und vererbt wurde. Beschwörungen wären wohl kaum 
zu allen Zeiten geübt worden, wenn sie nicht zuweilen wirk¬ 
sam gewesen wären, und daß eben nur einzelne Persönlich¬ 
keiten dise Macht besaßen, die Geister zu bannen, welche 
angeblich das Kranksein oder Besessensein hervorriefen, 
bestärkte natürlich den Glauben an die objektive Wahrheit 
des den Beschwörungen zugrunde liegenden jeweiligen 
Dogmas. Stets hat eine willenskräftige, durch die dem 
jeweiligen Kulturzustand entsprechende Beschwörung 
gläubig erregte Psyche auf andere Schwächere gewirkt! 

Wer kennt nicht eine Reihe von Bibelstellen aus dem 
Alten Testament, in denen von der Hand des Herrn und 
deren angeblichen Beziehungen zum Hellsehen, zur Pro- 
phetik und magischen Heilung die Rede ist. Gewiß ist, 
wir folgen immer Carl Kiesewetter, daß das Neue 
Testament überaus reichhaltig an Beispielen von der 
heilenden Kivft des Händeauflegens ist. 

Die Erfahrung, daß das heilmagnetische Massieren, 
Kneten Schmerz und Ermüdung, ja manches organische 
Leiden aufhebt, war den Griechen wie Römern von den 
altorientnlischen Völkern überkommen, hei denen diese 
Heilmethode bereits vor Jahrtausenden wie noch heute 
üblich ist. 

Der heilende Hauch und des stärkende Zusammen¬ 
leben mit jugendlichen Personen kehrt bei fast allen Vül- 

























114 

-Ct —i. 

kern wieder, mehr oder minder stark in Legenden--auf- | 
gebauscht und erweitert, sicher auch nur eine Abart des 1 
altbekannten Mesmerismus. 

Sn können wir überall dasselbe Beispiel der Hand¬ 
auflegung, des Debergangs magnetischer Kräfte von einem 
Individuum auf das andere verfolgen, wobei die Kehrseite 
des heilenden Einflusses von Wort und Hand in dein 
Problem des Hexenwesens zu suchen ist, insofern liier die 
Berührung der vom bösen Willen geleiteten unreinen 
Hand und der suggestive Einfluß des tückischen Wortes 
anstatt Heilung und Leben Krankheit und Tod bringt. 

Bereits in seiner Dissertation beschäftigte sich Mes¬ 
mer mit der medizinischen Anwendung der Astrologie: 
De influxu planetarum in Corpus kumanum; sein animali¬ 
scher Magnetismus war ursprünglich nicht die Lehre eines 
magnetischen Einflusses von einem Organismus auf den 
anderen, sondern der erweiterte kosmetische Magnetismus 
eines Paracelsus; erst auf dem Umweg über den 
Mineralmagnetismus gelangte dann später Mesmer zu 
dem, was wir heute animalischen Magnetismus nennen. 

Bereits 1775 suchte dann der junge Arzt weitere 
Kreise für seine Erfahrungen und Meinungen zu inter¬ 
essieren. ln seinem „Schreiben an einen auswärtigen Arzt 
über die Magnetkur“ ging er von der .Annahme einer des 
All durchdringenden und veibindenden Kraft aus, welcher 
man teilhaftig werden müßte, um alle Krankheiten, welche 
nur auf dem gestörten Gleichgewicht dieser Kraft beruh¬ 
ten, heilen zu können. Von seiner Theorie einer alles 
erfüllenden Urkraft geleitet, ging M e s m e r dann weiter 
und kann — immer nach den Worten Kiese Wetters 
zu der Annahme, die ihm seine Experimente aufdräng¬ 
ten, daß die Heilkraft mehr im Menschen selbst als im 
Magneten vorhanden sei; wie der Mensch das Eisen gleich¬ 
namig magnetisch mache, müßte auch der Mensch pola¬ 
risch auf den Menschen einwirken. Mesmer ließ also 
den Magneten fort und manipulierte ausschließlich mit 
den Händen. 

Allmählich drang sein Ruhm über die Bannkreise 
Wiens und die österreichischen Grenzpfähle. Doch fehlte 
noch die Anerkennung der Pariser Akademie, uni gleich¬ 
sam auf der Höhe zu sein. Und unser M e s m e r beschloß 
deshalb, die Hauptstadt Frankreichs aufzusuchen, nach¬ 
dem ihm in München noch Gelegenheit geboten war, einige 
glückliche Kuren auszuführen und es ihm geglückt war, 
zum Mitglied der dortigen Akademie ernannt zu werden. 

ln Paris gewann M e s m e r Fühlung mit C h a ries 
d ' E r Ion, welcher als Mitglied der Akademie und Leib¬ 
arzt des Grafen Artois einen großen Einfluß besaß. 
Dort erschienen auch zuerst die 27 Lehrsätze, die gewisser¬ 
maßen das System des Deutschen darstellten. 

Bald für, bald gegen M e s m e r neigte sich das Züng¬ 
lein der öffentlichen Meinung; doch überwog die Begeiste¬ 
rung für die neue Lehre, und eine Summe von einer halben 
Million Franken setzte Mesmer in den Stand, magne¬ 
tische Heil- und Lehranstalten zu errichten, in denen 
Kranke unentgeltliche Pflege genossen und Anhänger sei¬ 
ner Anschauungen theoretischen und praktischen Unter¬ 
richt im Mesmer sehen System erhielten. 

Hier entstand somit das famose Bannet, um welches 
die Kranken eine Kette bildeten, indem sie sich an Daumen 
und Zeigefinger hielten und die Konduktoren des Baquets 
auf die leidenden Teile richteten, während durch Klavier¬ 
spiel eine harmonische Stimmung hervorgerufen wurde. 

Freilich das Votum der Akademie in Paris fiel 
gegen Mesmer oder vielmehr gegen seine Lehre aus, 
da die ernannte Kommission mit Erlon sich zu tun 
machte und Mesmer selbst ignorierte. 

Ein Protest von E r 1 o u wie seitens M e s m e r s nützte 
zunächst nicht viel; ja, die medizinische Fakultät ging 
gegen die dem Mesmerismus huldigenden Acrzte energisch 


| vo,r und-verpflichtete sie, sich des Magnetisierens- zu eht- 
1 halten, widrigenfalls ihnen die-Erlaubnis zu praktizieren 
!- entzogen werden würde. 

Freilich nicht die Gesamtheit der Akademie ver¬ 
dammte Mesmer und seine Lehre; ja es entstand ihm 
in A. L. de J ussieu sowohl in der erster en wie in der 
medizinischen Fakultät der Pariser Akademie ein wohl¬ 
wollender Gönner, der in einem sehr ausführlichen Gut¬ 
achten sich auf die Seite des Geschmähten stellte, das viel*- 
' fach von der Schulmedizin geflissentlich ignoriert ist. Er¬ 
stand nicht an, von den Mitgliedern der Kommission selbst 
hervorgebrachte Wirkungen zu beschreiben und weitere 
eingehende Untersuchungen zu fordern. 

Die Revolution machte dann dem Mesmerismus in 
Frankreich so gut wie ein Ende; sein Leiter und Stifter 
verlor sein Vermögen und flüchtete, doch suchte er später 
Paris wieder auf. 

Mittlerweile war der Somnabulismus entdeckt worden, 
vielfach mit dem Mesmerismus verquickt und vermischt 
worden. 

M e s m e r selbst brachte diesen neuen Erscheinungen 
volles Verständnis entgegen, war aber von vornherein 
nicht blind gegen die mit denselben getriebenen Mi߬ 
bräuche und äußerte sich teilweise sein abweisend 
darüber in seinen „Erläuterungen über Somnabulismus und 
Magnetismus“, die 1786 erschienen. 

Klar und deutlich geht daraus hervor, daß die Hervor- 
rufnng des Somnambulismus, um sich bei den magnetisier¬ 
ten Kranken durch ihr inneres Schauen Rat zu holen, nicht 
in der Heillehre Mesmers liegt. Will man diesen Zu¬ 
stand zu anderen Zwecken als für den Nutzen des Kranken, 
zum Beispiel zur Angabe für Heilmittel für andere Per¬ 
sonen, zur Prophezeiung und zu Lug und Trug, wie es 
häufig zu Paris geschehen, anwenden, so gerät man da¬ 
durch auf Irrwege und diese Ueberzeugung- veranlaßt« 
auch Mesmer, den Somnambulismus als zu einem 
magnetischen Heilverfahren nicht gehörend anzusehen. 

In Deutschland zeichnete sich namentlich Bremen 
neben Straßburg durch das Eingehen auf den Mesmerismus 
aus, während auch sonst in unserem Vaterland der tierische 
Magnetismus eine günstigere Ansicht und Beurteilung in 
der gelehrten Welt durch die galvanische Entdeckung 
erhielt. 

Man hatte bereits früher eine sogenannte Lebens- 
atnnjsphäre um die Nerven vermutet. Dies wurde durch 
Reils vortreffliches Werk über die Nerven zur größten 
Wahrscheinlichkeit, und endlich durch Humboldtis 
galvanische Versuche an den tierischen Fasern wurde diese 
Lebensatmosphäre sichtbar dargestellt und dadurch der 
tierische Magnetismus unserer Physik näher gebracht. 

So kann es denn nicht wunder nehmen, daß Mes- 
m e r vielfach von den Gelehrten seinerzeit nicht begriffen 
wurde; er war durch seine Naturansicht und der daraus 
hervorgegangenen Entdeckung des Magnetismus seiner 
Zeit um etwa 40 Jahre voraus, er ahnte Naturkräfte, die 
viel später erst entdeckt werden sollten. 

Fast unbegreiflich ist, daß bei den späteren Fortschrit¬ 
ten die Person Mesmers so oft vergessen werden 
konnte, nicht nur von seinen Widersachern, sondern selbst 
von seinen Verehrern, Bewunderern und Ausiibern seiner 
Lehre. Man erklärt und rühmt die Heilkraft des Magne¬ 
tismus, man kämpft gegen seine Gegner, aber der Name 
Mesmer verschwindet so gut wie gänzlich auf Jahre 
hinaus aus den Schriften. 

Erst 1814 gibt dann K a r 1 Christian Wolf a r 1 
heraus: Mesmerismus oder System der Wechselwirkungen, 
Theorie des tierischen Magnetismus, die allgemeine Heil¬ 
kunde der Menschen zur Erhaltung des Menschen von 
Dr. F r i c d r i'e h Anton M e s m e r.“ 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 





Dieser Wolfart machte sich bereits in früheren 
Jahren mit dieser Krankheitsbehandlung bekannt, über¬ 
zeugte sich aber bald, daß diese wichtige Sache so gänzlich 
verkannt und der Geistesrichtung der Gelehrten und Un- 
gelehrten sehr verworren sei. Meist begnügte man sich, 
des Magnetismus als eines Irrtums zu gedenken, wobei der 
Name Mesmer gar nicht einmal erwähnt wurde! Ihn 
aber, W o 1 f a r t, erfüllte bald eine große Achtung gegen 
den so verkannten Geist, der so kühn und tief bis zur Quelle 
der Natur gelangt war, er wußte nicht, sollte er mehr über 
die wissenschaftliche Genialität des Entdeckers oder mehr 
über das schnöde Hinwegsehen, über das unrechtliche Be¬ 
nehmen bei angeblicher Prüfung der neuen Heil¬ 
methode, über das unbegreifliche Verkennen und Ver¬ 
gessen endlich, welches dem merkwürdigen Manne wieder¬ 
fahren war, erstaunen! . . . Kurz, er sucht den 78 jährigen 
Greis selbst auf und überträgt die ursprünglich französisch 
geschriebenen Schriften „in die doch eigentliche ursprüng¬ 
liche, in die deutsche Sprache“. 

Wie hoch Mesmer und seine Lehre vereinzelt ge¬ 
schätzt wurde, davon geben nahezu unzählige literarische 
Denksteine Auskunft. Auf die ungeheure Literatur hier 
einzugehen ist unmöglich, doch wollen wir J uatinus 
K erners gedenken, welcher in einem Buche Erinnerun¬ 
gen an F r. A. M e s m e r nebst Nachrichten von den letzten 
Jahren seines Lebens 1856 verfaßte. Dann sei Willi. 
W u r m genannt, dem wir eine Darstellung der mesmeri- 
schen Heilmethode nach naturwissenschaftlichen Grund¬ 
sätzen (München 1857) verdanken; er führt eine große 
Reihe von Schriften auf, die entweder direkt den Mesmeris¬ 
mus behandeln oder in denen sich zahlreiche Beobachtun¬ 
gen magnetischer Erscheinungen aus allen Zeiten und 
bei allen Völkern befinden. 

Unser W u r m geht etwas weit in seinen Anschau¬ 
ungen, will er doch unter anderem nachweisen, daß schon 
das neugeborene Kind Sinnbilder, also bleibende Eindrücke 
auf sein Nervensystem erhält und daß vieles, was ober¬ 
flächlich als Sitte, Gewohnheit, Geistesrichtung, Talent, 
Eigentümlichkeit, Rassenunterschied usw. betrachtet wird, 
hieraus zu erklären ist. Allerhand Tiere werden von vielen 
Leuten gehalten, um sich gelegentlich von ihnen Krank¬ 
heiten „abnehmen“ zu lassen, namentlich Rotlauf und 
Gicht, wobei häufig die benutzten Tiere die Krankheit be¬ 
kommen und daran zugrunde gehen. (Wie einfach sind 
doch diese Kuren und warum quälen sich so viele Kranken 
mit diesen und ähnlichen Leiden! E. R.) - 

Freilich auch heute noch Brauchbares finden wir bei 
W u r m , wenn er beispielsweise neben tierischem Magne¬ 
tismus und Hydrotherapie die Gymnastik empfiehlt, welche 
er als bewußte und willkürliche Aenderung elektromagneti¬ 
scher Zustände im Körper durch selbsteigene Kräfte direkt 
als Selbstmagnetismus bezeichnet. 

Selbst in seinen Anfängen hatte aber der Mesmeris¬ 
mus bald eine solche Verbreitung gefunden, daß 1787 das 
erste Heft eines Magnetischen Magazins für Niederdeutsch¬ 
land erscheinen konnte, mit der Begründung: „Die allge¬ 
meine Aufmerksamkeit, welche der tierische Magnetismus, 
seitdem er auch unter uns bekannt geworden, erregt hat, 
scheint die Vermutung zu rechtfertigen, daß dem lesenden 
Publico ein Gefallen geschehe, wenn es Alles, was bisher 
dafür oder dawider im Druck erschienen ist, in einer voll¬ 
ständigen und unpartheyischen Sammlung bey einander 
finden kann.“ 

Das Merkwürdigste findet man in diesem Magazin. 
So beispielsweise die Nachricht von einer Kitzelkur: Die 
Patienten und Patientinnen in den großen Städten von 
Paris in Frankreich an bis Bremen in Deutschland und so 
weiter herum, lassen sich jetzt durch Kitzeln kurieren. 
Die schwache Jungfer legt sich streckelangs auf die Bank 


und der Doktor oder wer sich dafür ausgiebt, grabbelt mit 
seinen Fingern umher. 

Man glaube aber nicht, daß selbst in dem vorvorigen 
Jahrhundert alle Welt dem Vorgehen Mesmers zu¬ 
stimmte. Bei Leibe nicht. Wir besitzen die unzweideutig¬ 
sten Beweise dafür in einigen literarischen Denkmälern. 
So erschien 1788 in Braunschweig ein Buch des Dr. W i 1 - 
heim Joseph i über den tierischen Magnetismus als 
einen Beitrag zur Geschichte der menschlichen Verirrun¬ 
gen. Er halte es für seine Pflicht, die neue Lust- und an¬ 
gebliche Heilmethode, welche unter dem Namen der 
Magnetisation und Manipulation bekannt ist, zu entlarven. 
Durch seine Abhandlung will der Verfasser namentlich 
die Bewohner Braunschweigs mit dem tierischen Magne¬ 
tismus etwas näher bekannt machen, er will die Erschei¬ 
nungen der magnetischen Personen erklären, einen jeden 
auf die schädlichen Folgen, welche für Körper und Geist 
sofort wie in der Folgezeit daraus entstehen können, auf¬ 
merksam zu machen suchen und über die seitens eines 
Herrn L eComte deSantilli in genannter Stadt au¬ 
gestellten Operationen einige Anmerkungen mitteilen. Er 
versucht dann das Lächerliche, aber zugleich die Sittsam- 
keit beleidigende und mancherlei Empfindungen hervor¬ 
bringende Verfahren bei der Magnetisation einigermaßen 
anschaulich zu machen. 

Wohl gibt unser Zweifler zu, daß Ausflüsse des einen 
Menschen auf den andern wirken können, doch wird die 
Wirkung aber gewiß nicht m groß sein, als sie angeblich 
sein soll. Unbegreiflich ist ihm die Behauptung, daß die 
magnetische Materie, dieser körperliche Stoff, den morali¬ 
schen Gesetzen gehorche, und von dem Wink, den Be¬ 
wegungen und der Denkkraft frommer und rechtschaffener 
Menschen abhänge, so daß diese sie erwecken und leiten 
können, wie sie wollen. Was die Zufälle und Erscheinungen 
der magnetischen Personen anbetrifft, so will J osephi 
bemerken, daß viele Betrügereien dabei seien; dann 
werden viele der angegebenen Zufälle und Erscheinungen, 
die an sich wahr sind, auch bei nicht magnetisierten Per¬ 
sonen öfters in noch weit höherem Grade wahrgenommen 
und sind allzeit Folgen einer durch irgendwelche Ursache 
überspannten Phantasie. Ein ganz törichter Wahn aber 
sei es, zu glauben, daß die bei verschiedenen magnetischen 
Personen erschienenen Zufälle Folgen des tierischen 
Magnetismus,seien; es sind diese Zufälle einzig und allein 
Folgen einer erhöhten Neugierde, einer aufgebrachten Ein¬ 
bildungskraft, von Friktionen und verschiedenen Be¬ 
rührungen, einer dunkelen Wirkung des Geschlechts: 
triebes, der sympathischen Reizbarkeit und eines festen 
Glaubens und einer festen Hoffnung. 

Nicht gering sind die üblen Folgen, welche der Körper 
wie die Seele erleidet, beide werden vergiftet, und wenn das 
Magnetisieren überhand nimmt, wird man den Schaden, 
vielleicht noch bei späten Enkeln wahrnehmen. Die erste 
und notwendig aus der Magnetisation entstehende Folge 
ist: sie spannt edle Empfindsamkeit zur lächerlichen 
Empfindelei lierah. Eine zweite ist außer der allgemeinen 
Schwächling Nervenkrankheit; dann wird sich eine Ab- 
sehwächnng des Geistes einstellen, weiterhin folgt Sitten¬ 
verderbnis, Ausschweifung, Onanie und Schamlosigkeit. 
Uebel ist auch die vielfach sich einstellende Schwärmerei 
und die Verbreitung mancherlei schädlicher Religions- 
irrtiimer, denn die Philosophie der rechten Magnetisierer 
ist auf die gnostisehe, welche im zweiten Jahrhundert 
herrschte, gegründet. 

Joseph i dünkt, gerade heraus , gesagt, daß wer 
daran zweifelt, daß der tierische Magnetismus Chalantanerie 
und eine Burleske sei, entweder wegen zu dicken Nebels des 
Hirns nicht sehen kann oder wegen Hang zur Schwärmerei, 
zum Wunderbaren und Uebernatürlichen nicht sehen will. 
Und lächerlicher kann doch wohl nichts sein als Erscliei- 


/ERS 


VER 















116 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 8 


nu ugeii einer unbekannten und unerwiesenen Wirkung 
zuzuschreiben, die sicdi doch durch andere bekannte und 
ausgemachte Ursachen ganz begreiflich und anschaulich 
machen lassen. 

Sapienti sat. Was soll man noch hinzufügen! 


Häusliche Behandlung Lungenkranker. 

Von Professor Dr. A. Moeller. Spezialarzt für Lungenleiden, 
in Berlin. 

(Nach einem auf dem Internationalen Hygiene-Kongreß gehaltenem 
Vortrage.) 

Die moderne Behandlungsmethode der Lungenleiden, 
1;; gienisch-diätetisch-hydratische Behandlung, läßt sich 
bei einigermaßen günstigen sozialen Verhältnissen auch 
zu Hause gut durchführen, und hei der spezifischen 
(Tuberkulinbehandlung) setzen viele Patienten ihre 
Arbeit ununterbrochen fort, was sicdi, wenn man Re¬ 
aktionen nach Möglichkeit zu vermeiden sucht, auch gut 
ermöglichen läßt. Ein Teil meiner Patienten schränkt 
seine Tätigkeit teilweise ein, was sich hei Frauen, die ja 
nur nötig haben, eine Hilfskraft in der Hauswirtschaft zu 
nehmen, leicht bewerkstelligen läßt; doch die männlichen 
Patienten gehen größtenteils ihrer Besch ii f t i g u n g 
w eiter nach. Es lassen sich mittels des Tuberkulins in 
der Behandlung Lungenkranker glänzende Resultate er¬ 
zielen. 

Das Tuberkulin wirkt in allen Orten gleich günstig 
ein auf den tuberkulösen Erkrankungsherd. Die früher so 
gefürchteten Gefahren für die Kranken sind bei der heute 
so methodisch ausgebildeten Tuberkulinbehandlung so gut 
wie ausgeschlossen. Wie alles Gute sich selbst Bahn bricht, 
so wächst auch stetig die Anzahl der Tuberkulin- 
f re u nde, während die der Tuberkulingegner, die meist 
seihst keine eigenen Versuche mit dem Mittel angestellt 
haben, mehr und mehr zurückgeht. Daß das Tuberkulin 
sich in Aerztekreisen mehr und mehr Freunde in letzter 
Zeit erwirbt, konnte ich daraus ersehen, daß ich unter 
meinen mit Tuberkulin behandelten Fällen viele Aerzte, in- 
und ausländische, hatte, und mehrere Aerzte mir ihre 
lungenkranken Familienangehörigen behufs Vornahme 
von Tuberkulinkuren überwiesen. Ich habe in den letzten 
Jahren über 50 000 Tuberkulininjektionen gemacht, aber 
niemals habe ich einen Nachteil hei diesen Injektionen be¬ 
obachtet. Im Gegenteil habe ich in den meisten Fällen 
einen guten Verlauf der Kur gesehen, d. li. eine stetig 
fortschreitende Besserung des Lungenbefundes hei gutem 
Allgemeinbefinden. 

Bezüglich des Aufenthaltes eines Lungenkranken 
wird nach Feststellung der Diagnose meist die Frage er¬ 
örtert, wo soll der Kranke nun zwecks Wiederherstellung 
der Gesundheit leben, in einem Kurorte, auf dem Lande 
oder zu Hause! Und da kann man im allgemeinen sagen, 
daß es weniger auf den Ort ankommt, wo der Kranke ge¬ 
nesen soll, sondern vielmehr, daß er unter steter ärztlicher 
Kontrolle während der Zeit seiner Erkrankung stellt. 
Sicherlich ist es in manchen Fällen schwierig, einen 
Kranken zu Hause eine regelmäßige Kur durchmachen zu 
lassen, mancherlei Schwierigkeiten sind zu überwinden, 
wie Absagen gesellschaftlicher Verpflichtungen, Ein¬ 
schränkung der Tätigkeit hei Frauen, Aufgehen schwerer 
Hausarbeit usw. Dennoch aber liegen oft die Verhältnisse 
so, daß die Kur zu Hause durchgeführt werden muß; hei 
dem einen langen die Mitte] nicht zum Aufenthalt in einem 
kostspieligen Badeorte oder in einer Kuranstalt — man 
denke an erkrankte Mitglieder einer zahlreichen Familie 
- - hei dem anderen mußte die Kur in letzterem Orte vor¬ 
zeitig abgebrochen werden, hei anderen erfordern drin¬ 
gende Umstände die Anwesenheit des Kranken in seiner 


Familie, auch muß bei vielen die Nachkur zu Hause fort¬ 
gesetzt werden, wieder andere sind ein- und mehrmals im 
Süden gewesen, ohne einen nennenswerten Erfolg erzielt 
zu haben oder hatten bald wieder einen Rückfall und 
liegen nun den Wunsch, zu Hause Kur zu machen. 

Somit sehen wir, daß mancherlei Gründe vorliegen, 
welche oft das Verbleiben im eigenen Heim erforderlich 
machen, und die Resultate, welche sich zu Hause erzielen 
lassen, sind, wenn den ärztlichen Anordnungen genau 
Folge gegeben wird, oft sehr befriedigende. So hatte ich 
noch ganz kürzlich eine junge Dame mit vorgeschrittener 
Erkrankung in Behandlung, in deren Sputum enorme 
Mengen von Tuberkelbazillen vorhanden waren. Ich habe 
ihr die nötigen Verordnungen gegeben, die sie zu 
Hause exakt durcliführte, mul wöchentlich 2—3 Tuber¬ 
kulin-Injektionen gemacht. Der Erfolg war ein ganz 
eklatanter. Das subjektive Befinden hob sich, der objek¬ 
tive Lungenbefund war nach nahezu 5 Monaten normal, 
Sputum und mit ihm Tuberkelbazillen verschwanden, und 
das Körpergewicht hob sich um 9 Pfund. Derartig günstig 
verlaufende Fälle hei exakter Durchführung der Kur zu 
Hause habe ich zahlreich erlebt, und vor allein, was man 
ja sonst weniger oft sieht, recht oft auch Dauererfolge, 
weil die Kranken in demselben Milieu, demselben Klima, 
gesund geworden sind, in dem sie später leben sollen, 
während hei klimatischen Kuren im Süden oder im Gebirge 
die Patienten, sobald sie in das alte Klima zuriiekkehren, 
wieder Rückfälle bekommen. 

Die Lungentuberkulose gehört zu den chronischen, 
d. h. zu den Erkrankungen, welche allmählich, schleichend 
entstellen; nur selten kommt die akute Form, d. h. die 
plötzliche entstehende und oft auch schnell verlaufende 
Form der Krankheit vor. In der Regel nimmt die Lungen¬ 
tuberkulose ihren Anfang in den Spitzen der Lungen. 

Die im Entstehen begriffene Tuberkulose verursacht, 
und darin liegt das überaus Heimtückische der Erkran¬ 
kung, in den allermeisten Fällen fast keine oder doch nur 
geringe Beschwerden; der davon Betroffene ahnt nicht, 
daß ihm eine ernste schwere Erkrankung droht, und zieht 
deshalb keinen Arzt zu Rate. Wären der großen Gefahr 
entsprechend die Beschwerden gleich ebenso groß, so wür¬ 
den nicht so viele hoffnungslose Fälle zu verzeichnen sein. 
Denn die Hauptbedingung zur Heilung liegt in dem Friili- 
erkennen und der Frühbehandlung der Erkrankung. Es 
wird daher von den Aerzten hei den Fällen, hei denen 
Verdacht auf Tuberkulose besteht, hei denen aber die Er¬ 
krankung durch die physikalische Untersuchung nicht mit 
Sicherheit festzustellen ist, durch probatorische Tuber¬ 
kulin-Injektionen die Diagnose sicher gestellt. Zur Be¬ 
handlung der an Lungentuberkulose erkrankten Menschen 
gehölt in erster Linie eine streng geregelte Lebensweise. 
Man muß dem Kranken genau vorschreihen, wie er zu 
Hans leben soll, was und wie er essen soll, wie lange und 
wann er spazieren gellen soll, wo und wann er Liegekur 
zu machen hat usw. Es lassen sich durch strikte Befolgung 
der Vorschriften in Anfangsstadien, zumal in Kombination 
mit Tuberkulin, vollständige Heilung und in vorgeschritte¬ 
nen Fällen wesentliche Besserungen so erzielen. Anfangs 
werden die Vorschriften manchem vielleicht als ein lästi¬ 
ger Zwang erscheinen, den er zu Hause kaum durch¬ 
führen zu können glaubt; aber nach kurzem schon, wenn 
er den wohltätigen Einfluß der Behandlungsmethode an 
sich merkt, wird er gern und willig die zu seinem Besten 
gegebenen Vorschriften befolgen. 

Es gehört mit zu den wichtigsten Maßnahmen hei der 
häuslichen Behandlung von Lungenkranken, ihnen einen 
ständigen Genuß von frischer Luft zu ermöglichen. Der 
Patient, welcher seinen Wohnsitz auf dem Lande hat, hat 
in dieser Beziehung viel vor dem Stadtbewohner voraus. 
Letzterer soll, falls die sozialen und sonstigen Verhältnisse 
es ihm ermöglichen, eine Wohnung am besten in einem 




3 910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


117 


Vororte resp. im Zirkumferenz der Stadt nehmen; auch soll 
er bei der Auswahl seiner W o h n u n g die meteorologi¬ 
schen Verhältnisse berücksichtigen, das heißt er soll sich 
vorher orientieren, welche Windrichtung in der betreffen¬ 
den Gegend vor der Stadt vorherrschend ist, damit er nicht 
unter dem von dem Wind ihm zugetragenen Dunst aus 
der Stadt leidet; also falls die Winde vorherrschend aus 
dein Westen kommen, soll er sich eine Wohnung im 
Westen, und falls sie aus dein Süden kommen, eine solche 
im südlichen Vororte resp. im südlichen Teile der Stadt 
nehmen. Palls es die lokalen Verhältnisse ermöglichen, 
soll er eine gegen Sturm und Wind geschützte Lage wäh¬ 
len, etwa ein an einem Hügelabhange gelegenes Haus be¬ 
ziehen; sodann wähle er die Wohnung so, daß die Front 
der Gemächer, die Fenster, insbesondere beim Schlaf¬ 
zimmer, nach Süden resp. Südosten sehen, damit die Strah¬ 
len der Sonne die Wohnung treffen; denn der günstige Ein¬ 
fluß der Sonnenbestrahlung ist bei einzelnen Fällen nicht 
zu verkennen. Womöglich sei die Wohnung mit Balkons 
versehen, auf denen der Patient Liegekur machen kann. 
Neben der staub- und rauchfreien Luft in windgeschützter 
Lage achte man bei Lungenkranken darauf, daß seine 
Wohnung trocken sei und auch das Terrain, auf dem das 
Haus gebaut, relativ trocken sei, insbesondere keine Nebel 
vorhanden seien. Ist in der Nähe der Wohnung noch ein 
schnell zu erreichender Wald resp. Park gelegen, was ja 
bei Auswahl einer Wohnung in einem Vororte der Stadt 
nicht selten eintreffen dürfte, in dem der Kranke seine 
täglichen Spaziergänge machen kann, so wäre damit das 
Ideal einer Wohnung für einen Lungenkranken ge¬ 
schaffen. 





log. 1. 


Es ist eine der Hauptaufgaben bei der häuslichen Be¬ 
handlung, dem Kranken einen möglichst ständigen Genuß 
frischer Luft zu ermöglichen. Der Patient soll sich Be¬ 
wegung im Freien machen, ohne diese Bewegung so weit 
auszudehnen, daß er sich abends müde oder angegriffen 
fühlt. Jede Ermüdung oder körperliche Ueberanstren- 
gung muß vermieden werden. Aber auch der ganz leicht 
Erkrankte würde nun bald ermüden, wenn er den ganzen 
Tag über spazieren gehen müßte, auch wenn er hier und 
da auf Bänken ausruhen könnte; er würde vom Sitzen und 
Gehen ermüdet werden. Letzteres wäre auch im Winter, 
wo die Bänke verschneit sind, oder bei Regenwetter aus¬ 
geschlossen. Hier nun dient die Liegekur (s. Fig. 1), die 
der Patieut in seinem Heim sehr gut durchführen kann; 
nur müssen ihn seine Angehörigen vor zu vielen Besuchern 
bewahren. Der Patient legt sich am besten auf einem 
Balkon resp. in einem möglichst nach Süden gelegenen 


Zimmer bei geöffnetem Fenster auf einen Liegesessel resp. 
Chaiselongue. Er muß vor direkter Sonnenbestrahlung, 
wie auch gegen Wind, Regen und Schnee geschützt liegen, 
etwa durch Markisen oder ähnliche Vorrichtungen, aber 
der Zutritt frischer Luft darf nicht gehindert sein. Der 
Liegestuhl muß mit einer Matratze versehen sein. Wäh¬ 
rend der Liegekur darf der Patient nicht frieren oder frö¬ 
steln. Er wird am besten in Kamelhaardecken eingehüllt, 
eventuell im Winter in Fußsäcken. Er soll aber nicht 
schwitzen, er muß eine angenehme Wärme empfinden. Er 
kann die Liegekur im Zimmer anfangen und später, wenn 
er mehr abgehärtet ist, draußen auf dem Balkon fortsetzen. 
Der Kranke soll zu Beginn der Kur eine halbsitzende Lage 
einnehmen, später allmählich das Kopfteil senken und eine 
mehr und mehr flache und zuletzt horizontale Lage ein- 
nehnien, wodurch in den Lungenspitzen eine regere Blut¬ 
zirkulation und ergiebigeres Atmen stattfinden kann. Dev 
Kranke soll während der Liegekur stets Rückenlage ent¬ 
nehmen, damit der Körper wirklich ausruhen und die 
Lunge ungehindert atmen kann. Während der Liegekur 
kann der Patient lesen, aber nicht schreiben, da ihn das an- 
strengen würde und die Liegekur dann keine Ruhekur 
mehr wäre. Solche Liegekur läßt sich auch hei kleinen 
Kindern durchführen. Bei zur Korpulenz neigenden Per¬ 
sonen ist die Liegekur einzuschränken. An wannen 
Sommertagen kann der Patient auch die Liegekur im 
Freien, im Garten machen, doch nie in Hängematten, die 
den Körper, besonders den Brustkasten, zusainmendrücken. 

Auf seinen Spaziergängen soll der Patient langsam 
gehen, durch die Nase atmen, wenig sprechen. 

Eine bestimmte Regel, was für Lungenkranke am vor¬ 
teilhaftesten ist, wollene, baumwollene oder leinene Unter¬ 
kleidung, gibt es nicht; man muß Rücksicht daran! neh¬ 
men, was der Kranke bislang zu tragen gewohnt war. 
Durchlässige, wollene Unterkleidung, je nach der Witte¬ 
rung von eng- oder weitmaschigerem Gewebe, verdient viel¬ 
leicht den Vorzug. Die sogenannte Refor m k I c i d u n g 
der Damen ist als unhygienisch aus vielen Gründen zu 
verwerfen; so z. B. drückt sie, wenn der Stoff nicht ganz 
leicht ist, auf die Schultern und ist, da hierdurch Blut¬ 
zirkulation und Atmung in den Lungenspitzen beeinträch¬ 
tigt werden, besonders hoi familiär belasteten Individuen 
sehr gesundheitsschädlich. .Auf die F u ß 1> e Klei d u n g 
ist besonders zu achten, daß sie fest sei und keine Feuchtig¬ 
keit durchläßt. Ueberscliule sind hei Schnee und Regen zu 
tragen. Im allgemeinen soll man sich betreffs der Klei¬ 
dung nach der Witterung und nicht nach der Jahressaison 
richten. 

Zur Ausführung der Parole „Tag und Nacht frische 
Luft“ gehört es auch, daß der Patient nachts frische Luft 
in seinem Schlafzimmer hat. Der Schlafraum soll ge¬ 
räumig sein, die Luft soll so rein sein, daß sie möglichst 
der Außenwelt gleichkommt; daher muß \orsorge getrof¬ 
fen werden, daß die ausgeatmete Luft des Schlafenden 
nach außenhin abziehen und reine Luft eintreten kann, 
doch so, daß kein Luftzug entsteht. Das geöffnete Fenster 
wirkt hei vielen Erkrankungen der Luftwege geradezu 
als Medizin; so z. B. bei Nachsehweißen der Lungen¬ 
kranken wirkt es geradezu spezifisch. Doch nicht nur für 
Kranke, sondern auch für Gesunde ist das Einatmen rei¬ 
ner, d. li. möglichst staub- und rauchfreier Luft für die 
Erhaltung gesunder Lungen durchaus notwendig. Manche 
Berufsarten (Kontoristen, Lehrer usw.j bringen es mit 
sich, daß der Ausübende tagsüber viel Staub einatmen 
muß. Besonders jedoch in fabrikreichen Vierteln ist es 
durchaus notwendig, im Interesse einer Gesunderhaltung 
resp. Gesundung der Lungen dafür zu sorgen, daß wenig¬ 
stens des nachts, wenn die Schornsteine weniger qualmen 
uml Straßenstaub weniger aufgewirbelt wird, den Lungen 
reinere Luft zugeführt wird. Man halte daher des Nachts 
die Fenster geöffnet. Ganz unbedingt notwendig ist dies 



118 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 8 


in Zimmern, in denen mehrere Personen schlafen, wo 
durch die Ausdünstungen und Ausatmungen die Luft ge¬ 
radezu vergiftet wird. Im Winter findet wegen der großen 
Temperaturunterschiede der Außen- und der Zimmerluft 
eine gewisse Ventilation schon durch Fenster- und Tür¬ 
ritzen wie auch durch die Poren der Wände statt. Ganz 
anders bei wärmerem Wetter, wo kein genügender Luft¬ 
austausch zwischen Außen- und Innenluft statthat, und 
daher die ausgeatmeten Stoffe nicht aus der Schlafzimmer¬ 
luft entweichen können. Es wird die Luft alsdann sehr 
verdorben; und dadurch, daß der Schlafende immer wieder 
die ausgeatmete, verbrauchte Luft einatmen muß, leidet 
sein Befinden, was sich beim Erwachen als Kopfschmerz 
und Unwohlsein kundgibt, welche Beschwerden beim Aus¬ 
gange in die frische Luft baldigst verschwinden. Kehrt 
man dann wieder in die schlechte Schlafstubenluft zurück, 
so merkt man sofort, wie verdorben die Luft ist, in der man 
so viele Stunden zugebracht hat. Bekanntlich verbringen 
wir ca. ein Drittel unseres Lebens im Bette; der Kranke 
naturgemäß noch mehr. 

Wenn man sich bei etwas wärmerem Wetter daran 
gewöhnt, hei offenem Fenster zu schlafen, so kann man es 
im Winter ruhig fortsetzen, ohne Erkältungen befürchten 
zu müssen; im Gegenteil, man härtet sich gerade dadurch 
ab. Ich bin überzeugt, daß manche meiner Patienten eine 
weniger gute Kur gemacht hätten, wenn sie bei geschlosse¬ 
nem Fenster geschlafen hätten. Bei vielen ist das geöffnete 
Fenster so zum Bedürfnis geworden, daß sie mir erklärten, 
nie wieder davon zn lassen, bei geschlossenem Fenster 
könnten sie nicht mehr frei atmen. 

Nun stieß ich hei diesen meinen Vorschlägen betreffs 
Offenhalten des Schlafzimmerfensters bei zahlreichen 
Patienten auf nahezu unüberwindliche Schwierigkeiten. 
Sie klagten darüber, daß es ihnen unmöglich sei, diese, wie 
sie selbst einsahen, gesundheitsfördernde Maßnahme 
durchzuführen, weil sie durch Wind und besonders durch 
Staub und Rauch in der unangenehmsten Weise belästigt 
würden, so daß sie nach einigen Versuchen, das Fenster 
nachts geöffnet zu lassen, doch wieder bald davon Abstand 
nehmen mußten. Auch Kippflügelfenster und ähnliche 
Konstruktionen, die ich den Patienten vorschlug, hatten 
nach ihren Angaben nicht den gewünschten Effekt, zumal 
da ja der Staub noch ungehindert Zutritt hatte. Ich emp¬ 
fehle daher meinen Patienten, ein Gazegeflecht in 
einem der Fenster anbringen zu lassen, wodurch die Luft 
ungehindert passieren kann, ohne Luftzug zu erzeugen, 
und wodurch Staub und Ruß abgehalten wird. 

So wird der Kranke allmählich Witterungseinflüssen 
gegenüber mehr und mehr unempfindlich; denn wir leisten 
dem Kranken wenig Dienste, wenn wir ihn nur lehren, 
wie er sich vor Schädlichkeiten zu hüten hat; wir müssen 
uns bestreben, ihn gegen schädliche Einflüsse mit ihren 
Folgen in Form von Erkältungen gewappnet zu machen. 

Hierzu leistet uns auch gute Dienste die Hydrotherapie 
(Wasserbehandlung). In der häuslichen Behandlung der 
Lungentuberkulose kommen zwei Anwendungsformen der 
Wasserbehandlung besonders in Betracht, nämlich die 
Brustpackungen und die Abreibungen; Maßnahmen, 
welche sich zu Hause unschwer von geschickten, leicht 
erkrankten Patienten allein, von den anderen mit Hilfe 
von Familienmitgliedern durchführen lassen. 

Als Einpackung kommt besonders die Kreuz¬ 
binde (Fig. 2) in Betracht. An Material ist dazu nötig 
ein 2 bis 2% m langes Leinentuch, doppelt zusammengelegt 
ca. 20 cm breit: ein in Jäckchenform zusammengelegter 
impermeabler Stoff und eine ca. 5 bis 0 m lange und 
ca. 24 cm breite Flanellbinde. Das Leinentuch wird in 
kaltem Wasser ausgerungen und in folgender Weise an¬ 
gelegt: Von der Brust ausgehend wird es über die linke 
Schulter gelegt, in schräg absteigender Richtung über den 
Rücken zur Achselhöhle geführt, unter dieselbe durch in 


gerader Richtung über die Brust unter die linke Achsel¬ 
höhle hindurch in schräg aufsteigender Richtung über den 
Rücken führend über die rechte Schulter geschlagen. Ueber 
dieses Leinentuch wird der impermeable Stoff gelegt, so 
daß er dasselbe in einfacher Lage bedeckt. Hierüber wird 
die Flanellbinde gelegt, und zwar ist hierbei besonders zu 
beobachten, daß der Flanell, den Rand des Leinentuches 
überall ca. 2 Fingerbreit überragend, gut anliegt. Man 
führt die Flanellbinde zuerst in Zirkeltouren um Brust 
und Rücken, steigt dann zur Schulter auf und arbeitet nun 
in Achtertouren von einer Schulter zur anderen, bis jede 
Stelle in mehreren Lagen bedeckt ist. 



Fig. 2. 


Die Einp a e k u n g e n werden dem Kranken abends 
angelegt und bleiben des Nachts über liegen. Bei besonders 
akuten Reizerscheinungen der Brustorgane, wo der Kranke 
überhaupt das Bett hüten muß, tut man gut, die Ein¬ 
packungen auch tagsüber anzuwenden. 

Die Abreibung des Oberkörpers macht man am besten 
mit 1 Teil Franzbranntwein und 2 Teilen Wasser. Die 
mildeste Form ist die Abwaschung. Man bedient sich der 
Abwaschung besonders bei schwächeren, anämischen 
Kranken als Einleitung zur Wasserbehandlung. Man 
macht dieselbe am besten morgens, wenn der Kranke noch 
im Vollbesitze der Bettwärme ist. Man braucht dazu einen 
Frottierhandschuh aus Luffastoff und ein kräftiges 
Frottierhandtuch. Bei besonders empfindlichen Personen 
setzt man dem Wasser vorteilhaft etwas Alkohol zu. Bei 
fiebernden, zu Schweiß neigenden Kranken setzt man etwas 
Zitronensäure zu. 

Von großer Bedeutung in der häuslichen Behandlung 
der Lungenkranken ist die diätetische Behandlung (Er¬ 
nährung). Es ist bekannt, daß unter den Tuberkulösen 
eine große Anzahl von Kranken sich befindet, welche von 
Jugend an „schlechte Esser“ waren. Man verordnet am 
besten häufige Mahlzeiten; sorgt dafür, daß sie schmack¬ 
haft zubereitet und appetitanregend serviert werden. Im 
allgemeinen empfiehlt es sich, die Speisen relativ fett zu¬ 
zubereiten. Die Kost soll eine gemischte sein. Die Mahl¬ 
zeiten sollen zu bestimmten Stunden stattfinden. Dadurch, 
daß die Zeit der Mahlzeiten mit großer Regelmäßigkeit 
innegehalten wird, wird sich bei den Kranken auch das 
Bedürfnis der Nahrungsaufnahme, also das Hungergefühl, 
zu einer bestimmten Zeit geltend machen, und somit wird 
der Appetit dann am regsten sein, wenn er befriedigt wer- 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


1.19 


den kann. Im allgemeinen pflege ich die weißen Fleiscli- 
sorten, Geflügel, Kalbfleisch, Fisch usw. den Lungen¬ 
kranken besonders zu empfehlen. 

Eine große Rolle in der häuslichen Behandlung 
Lungenkranker spielt die Milch. Sie ist ein Nahrungs¬ 
mittel von großem Werte, weil sie alle Stoffe in sich ver¬ 
einigt, welche zur Ernährung notwendig sind: Fett, Eiweiß, 
Kohlehydrate und Salze. Sie vermag also unter Umstän¬ 
den alle anderen Nahrungsmittel zu ersetzen, was von gro¬ 
ßem Wrte ist bei f i e b e r n d e n Kranken, die keine festen 
Speisen zu sich nehmen mögen oder bei Blutungen, bei 
denen man die Darreichung von festen Speisen zu ver¬ 
meiden sucht. Freilich so gut die Milch für Kinder aus¬ 
reichend ist, so ist sie doch nicht imstande, bei Erwachse¬ 
nen die Nahrung ganz zu ersetzen, da die Kohlehydrate 
nicht ausreichend vorhanden sind, wenn auch die in der 
Milch vorhandenen Fette die letzteren zu ersetzen imstande 
sind. Mehr als 1— 1V> Liter Milch pro Tag zu trinken, 
möchte ich nicht empfehlen, da durch größere Mengen die 
Gefahr einer sich ausbildenden Magenerweiterung ent¬ 
stellt. In Fällen, wo der Patient sich die Milch über¬ 
getrunken hat, kann man sie durch Zusatz von Kognak 
schmackhafter machen; wenn sie schlecht vertragen wird, 
macht man sie durch Zusatz von Kalkmilch leichter ver¬ 
daulich. Als Ersatz für Milch gibt man auch oft Kefir, 
Kumys und Yoghurt, insbesondere bei appetitlosen 
Kranken. Infolge des Alkoholgehaltes wirken diese Ge¬ 
tränke, die man besonders im Sommer gerne gibt, stimu¬ 
lierend. Auch dicke Milch verwende ich in den heißen 
Sommermonaten öfters. Von Wichtigkeit ist es zu wissen, 
daß warme Milch bei vielen Kranken Verstopfung ver¬ 
ursacht, weshalb man bei solchen Kranken auch kalte 
Milch mit warmer abwechselnd gibt resp. die Milch ab- 
gekühlt zu trinken anempfiehlt. Im allgemeinen wird die 
ungekochte Milcli ihres besseren Geschmacks wegen der 
gekochten vorgezogen; jedoch ist die gekochte Milch besser 
verdaulich als die rohe. Vielfach verordne ich abends 
vor dem Schlafengehen noch ein Glas Milch, was zugleich 
als gutes Schlafmittel dient. Immer empfehle ich 
heim Trinken der Milch etwas Brot oder Zwieback zu ge¬ 
nießen. Bei Erkältungen lasse ich Emser Krähnchen zu 
heißer Miel morgens zusetzen. — Als Tageseinteilung emp¬ 
fehle ich folgendes: 

Erstes Frühstück um 7M> Uhr (im Winter um 
S 1 /- Uhr) Kaffee oder Kakao, Brötchen mit Butter und 
1—2 Glas Milch. 

Zweites Frühstück um 10 Uhr: Brot mit Butter und 
Milch. 

Mittagessen um 1 Uhr: Suppe, Fleisch (Braten) mit 
Gemüse, Kartoffeln, Kompott, ev. noch süße Speise. Ein 
Glas Wein oder Bier. 

Nachmittags 4 Uhr: Kaffee oder Kakao, Brötchen 
mit Butter und 1—2 Glas Milch. 

Abendessen um 7 oder IV-z Uhr: Milchsuppe, Auf¬ 
schnitt resp. Eierspeise. Ein Glas Wein oder Bier. 

Blutarmen gebe ich öfters morgens und abends Sü߬ 
wein resp. Kognak oder Glühwein; letzteren besonders 
bei Frostzuständen vor Fieberattacken. Eier verordne ich 
in den verschiedensten Variationen, als rohe, gekochte 
Eier, Eidotter mit Kognak und Zucker, Eierbier, Eidotter 
mit Milch usw. 

Von alkoholischen Getränken kommen Wein, Bier 
and Kognak in Betracht, In richtiger Weise angewandt 
sind sie für Lungenkranke von Nutzen. Ich pflege zu den 
Mittags- und Abendmahlzeiten-1 Glas''/,,, 1) guten Bieres 
zu empfehlen, cs regt die Stimmung an und fördert die 
E ß Inst. Kognak hilft mitunter gegen die Nachtsehweiße 
bei Kränken. 

Bei Blut ii n g e n soll der Kranke sich zu Bett legen 
und heiße Sandsäcke an Füßen und Händen legen; sodann 



VERSITY OF MICHIGAN 


empfehle ich neben Gelatine-Einspritzungen, Gelatine¬ 
genuß in der Form der verschiedenen Gelfies (Gelee¬ 
pudding) ; Husten ist zu unterdrücken. 

Bei N a e li t s c h weiß e n helfen oft Essigeinreibuu- 
gen, Formalinahreihungen, sowie abends vor dem 
Schlafengehen kalte Milch mit Kognak. 

Gegen Husten empfehle ich Inhalationen von Koch¬ 
salzwasserdampf; ferner Araklialsumschlag (lauwarm). 

Eine vielmnstrittene Frage bei der Behandlung der 
Lungentuberkulose ist die Lungen- resp. Atemgymnastik. 
So groß der Wert ist, der der methodischen Atemgymnastik 
in der V o r b e u g u n g der Tuberkulose zuzuschreiben ist, 
so großen Schaden kann man damit bei schon bestehender 
Lungenerkrankung anrichten. Jedenfalls ist sie mit gro¬ 
ßer Vorsicht und nur in ausgesuchten Fällen anzuwenden. 
So z. B. empfehle ich Tiefatmen bei hinter dem Kopfe 
gekreuzten Händen, Spazieren und Ersteigen leichter An¬ 
höhen mit zwischen dem Ellbogen gestecktem Spazier¬ 
stocke, leichtes Hanteln, Freiübungen mit Armen und 
Beim n. 

Von großer Wichtigkeit in der häuslichen Behand¬ 
lung Lungenkranker ist natürlich die Erziehung 
zur Reinlichkei t. Ich will hier nur kurz 
hiiiweisen auf häufigen Wechsel der Leibwäsche, 
fleißiges Baden, auf die Wichtigkeit peinlichster 
Sauberkeit des Körpers. Der Patient soll beim 
Husten stets die Hand vor dem Munde halten, 
er soll niemals andere anhusten; das überflüssige Küssen 
(besonders der Kinder) ist zu vermeiden. Zur Reinigung 
des Zimmers nehme man öfters Seife und Soda, ungefähr 
1 Pfd. Soda auf einen Eimer Wasser. Niemals werde 
der Staub trocken aufgewischt; übrigens eine Regel, die 
nicht, nur für Krankenzimmer gilt, sondern auch bei 
Reinigung aller anderen Räume. 


Wiener Brief. 

Von Dr. L. Sofer, Wien. 

Urei große Debatten therapeutischen Inhaltes in den Wiener 
Gesellschaften liegen hinter uns. Fürs erste eine große Dis- 
hussion über die Behandln n g des Morbus Basedow! i. 
Hervorgerufen wurde sie durch einen Vortrag v. Ei s elsb e r gs 
aut' dem letzten Naturforschertag, der die Röntgenbestrahlung 
bei Basedow verwarf, lind insbesondere Komplikationen bei der 
Operation (Verwachsungen etc.l ihr in die Schuhe schob. 
Guido Holzknecht replizierte darauf in der „Gesellsch. 
der Aerzte“ in scharfer Weise, zog aber, wie der ganze Verlauf 
der Debatte zeigt, den Kürzeren. Sonst sei hervorgehoben: 
Carl v. No ordeu glaubt, daß man unter dem Eindrücke 
dessen, was man von chirurgischer Seite über die Gefahren der. 
Operation hört, sich nicht gänzlich ablehnend gegen -die. 
Röntgentherapie verhalten soll. Die Röntgentherapie wird sich 
die Erfahrung der Chirurgen gewiß zunutze machen; sie ist 
Indikationsfähig genug, um vielleicht Mittel und Wege zu finden, 
die nur zur Reduktion des Drüsengewebes führen, ohne Binde- 
gcwobsneubildung und Schrumpfung zu veranlassen. Was die 
Röntgentherapie bei Basedow Positives leistet, kann wohl noch 
nicht abschließend gesagt werden. In Fällen, die voraussicht¬ 
lich zur Operation kommen, werden wir allerdings in Zukunft 
nicht mehr, solaminis causa, einen letzteu Versuch machen, sie 
durch Röntgentherapie zu beeinflussen, um die voraussichtliche 
Operation zu umgehen. — Oskar Potges bestimmte in 
Gemeinschaft, mit Pr ihr am hei einem Basedow den Grund¬ 
umsatz vor und nach der Behandlung mit Röntgenstrahlen. Der 
pathologisch gesteigert" Grundumsatz wurde nach der Be¬ 
strahlung nicht nur nicht geringer, sondern wiederholt erheblich 
höher gefunden. Da aber inzwischen das Körpergewicht um 
einige. Kilogramm gesiiegen war, so ergab sich für das kg 
Körpergewicht berechnet, ein Gleichbleiben des Stoffver¬ 
brauches: dies bedeutet aber immerhin eine Steigerung, da wir 
annehmen müssen, daß ein Teil des Gewichtszuwachses auf nicht 
atmendes Fett zu beziehen ist. Es scheint also in diesem Falle 




UNIVERSIT 


120 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 8 


die Bestrahlung erfolglos gewesen zu sein. Moriz Bene¬ 
dict bezieht clen ungünstigen Verlauf des Leidens in früherer 
Zeit auf den Gebrauch von Jod und Digitalis. Erst durch sein 
-galvanotherapeutisches Verfahren begann eine neue Aura in der 
Behandlung des Leidens. Frühzeitig habe er aber die Hydro¬ 
therapie und die Eisentherapie zu Hilfe genommen, in der Form 
der Eisen-Arsenwässer (Roncegno). Diese therapeutische Trias 1 
bilde eine S t a n d a r d therapie. Die Erfolge seien so konstant 
und sicher, daß wohl nur in seltenen renitenten Fällen eine 
andere Therapie mehr leistet. Zu dieser Trias sei noch die 
Klimatotherapie zu gesellen. B. erörtert hierauf die Be¬ 
deutung der Zirkulationsstörungen. Die „Taches cerebrales“ 
bezeugen die Reizbarkeit der kleinsten Gefäße. Die Er¬ 
scheinungen im Gebiete der Art. thyreoidea und ophthalmica. 
seien der Erhöhung der Tätigkeit der „Lokalherzen“ zuzu- 
schreiben. B. weist es entschieden zurück, den primären „thy- 
reoiden“ Einfluß für alle Fälle von M. Basedow heranzuziehen. 
Das Serum Möbius wird als wertlos angesehen. Aber die. Mit¬ 
teilung Enders, daß er, besonders seit er das Trockenpräparat 
benutzt, die klimatische Heilwirkung rascher und sicherer ein- 
treten sah. ist besonders beachtenswert. Das Mittel mag als 
ausschließliches unwirksam sein; vielleicht ist es aber ein nütz¬ 
liches Hilfsmittel. Die Röntgenbehandlung ist zweifellos 
leistungsfähig. Wenn sie auch die spätere Operation er¬ 
schwert, so gefährdet sie doch schließlich nicht den Operations¬ 
erfolg. Zu beachten ist die auffallend rasche Zunahme des 
Körpergewichtes, die den Verdacht erweckt, die Bestrahlung 
wirke, als eine Noxe. Was die operative Therapie betrifft, so 
müßte man über ihre Ergebnisse sehr erfreut sein, wenn man 
keine andere wirksame Methode hatte. Wir können aber die 
meisten Resultate auch auf unblutigem Wege erreichen. 

Zweitens hatten wir eine Orthoform de batte. Alfred 
Fröhlich demonstrierte die Veränderungen, die das Blut durch 
Orthoform. Orthofonn nov. und salzsaures Orthoform erfährt. 
Sie besteht in einer durch Methämoglobinbildung bedingten 
schokoladenbraunen Verfärbung, die je nach der Löslichkeit des 
betreffenden Präparates rascher oder langsamer eintritt. Bei 
Anwendung des sehr wasserlöslichen salzsauren Orthoforms tritt 
die Braunfärbuug schon nach etwa einer halben Minute auf, 
daher muß vor der internen Anwendung von Orthoform. die 
wegen seiner eminent anästhesierenden Dauerwirkung in allen 
Fällen von Ulcus ventriculi und Darmgeschwüren bei Klinikern 
beliebt ist, sowie vor intramuskulären Injektionen, die zu 1 
summen mit Queeksilbervsrbindungen versucht wurden, gewarnt 
werden. Die Orthoformverwendung hat überall dort zu unter¬ 
bleiben, wo die Möglichkeit besteht, daß Orthoform in nennens¬ 
werten Mengen in die Blutbahn gelangt. F. hat Versuchstiere, 
denen er Orthoform in Operationswunden einstäubte, unter den 
Erscheinungen von Blutdissolution und Hämoglobinurie verloren. 
Dagegen steht, wie besonders betont werden soll, der externen 
Anwendung des Orthoforms nicht das Geringste im Wege. Es 
sei dem Ref. kein zweites Mittel untergekommen, daß eine ähn¬ 
liche intensive und prolongierte Anästhesie hervorbringen kann. 
1 eberall dort, wo es hur granulierende Flächen oder auf unver¬ 
letzte Schleimhaut gebracht werden kann, kann es auch weiter¬ 
hin verordnet werden. Moriz Weil hat mit Orthoform schon 
Tausende von Einblasungen in Nase, Larynx und Pharynx vor¬ 
genommen und an Schädigungen nur zweimal ein Exanthem ge¬ 
sehen, einmal nach 14 tägiger Einblasung wegen schwerer Dys¬ 
phagie bei Tuberc. laryngis, ein andermal nach einer einzigen, 
Einblasung in den Larynx; nach Aussetzen der Behandlung 
heilten beide ohne weitere Folgen. Redner hat das Orthoform 
bei Tonsilotomien nach der Blutstillung auf die frische Wunde 
geblasen, ohne je den geringsten Schaden zu sehen. Man braucht 
nur minimale Mengen anwenden, da ein leichter Schleier des 
Mittels genügt, um die Wunde zu anästhesieren. Daß man es in 
Salbenform nicht anwenden soll, weil es Ekzeme verursacht, ist 
schon lange bekannt. Schopf bezeichnet die schmerzstillende 
Wirkung der Salbe als problematisch. Ehrmann hat nach 
Orthoformsalben nicht selten toxische Dermatiden beobachtet. 
Besonders beim Pemphigus treten toxische Erytheme auf. 

Die dritte größere Debatte knüpfte sich an einen Vortrag 
Bauers über den Wert der W a s s e r m a n n sehen Reaktion 
für die i n t e r n e I) iagnostik u n d T h e r a p i e. R. M ii 1 - 
1 e r spricht in der Diskussion über den Wert des negativen 
Ausfalles und die Bedeutung der Grenzreaktionen. Die posi¬ 
tive. Reaktion ist als Ausdruck gesteigerter Affinität eines. 
Serums zu alkohollöslichen Organbestandteilen aufzufassen. 
Aehnliche Affinitäten konnten in letzter Zeit Müller und 


Süß im Serum von Tuberkulösen finden und zwar gegenüber 
Glyzerinbouillon, so daß die viel diskutierte Komplement¬ 
bindungsreaktion von tuberkulösen Sera mit Tuberkulin auch 
zum größten Teil als eine unspezifische Reaktion mit dem 
Vehikel und nicht mit den Bazillensubstanzen aufzufassen ist. 
M. glaubt durch besondere Anordnung der Reaktion (Ver¬ 
wendung aktiven Patientenserums in Verbindung mit Rinderherz) 
sie soweit verschärft zu haben, daß ein völlig negativer Aus¬ 
fall bei vorhandener Lues zu den größten Ausnahmen gehört. 
Selbstverständlich sind hier nur Fälle gemeint, bei denen nicht 
die Erkrankung im Stadium der Latenz sich befindet oder vor 
kurzer Zeit (3—4 Monate) eine Kur vorausgegangen ist. Man 
muß dabei in Kauf nehmen, daß manche Fälle ohne Lues Schwach 
bis mittelstark in verschiedenen Graden reagieren. In solchen 
Fällen kann man kein Urteil fällen, das für die Diagnose von aus¬ 
schlaggebender Bedeutung wäre. 0. Borges weist in Ueberein- 
stimmung mit ;M ü 11 e r darauf hin, daß die W asser m i\ n n sehe 
Reaktion nicht eine Alles- oder Nichtsreaktiou ist, sondern cs 
gibt einen kontinuierlichen Uebergang von der kompletten 
Lösung zur absoluten Hemmung. Nun fragt es sich, wie die 
verschiedenen Grade der Reaktion zu verwerten sind. Man 
könnte sich auf den Standpunkt stellen, nur absolute Hemmungen 
diagnostisch zu verwenden. Allein dadurch würden wir oft auf 
eine Aufklärung fraglicher Fälle verzichten. Ich glaube viel¬ 
mehr, daß man auch unvollständige Hemmungen unter gewissen 
Kautelen zur Diagnose heranziehen kann. Hier ist es nun 
wichtig, zu wissen, welche Erkrankun g e n au *ß er Lues 
einen Grad von positiver S e r u m r c a k t i o n ge - 
legentlich geben können. In diesem Punkte hat es der Dermato¬ 
loge viel leichter als der Internist; von Hautkrankheiten scheinen 
nur wenige sie zu geben. Der Internist muß aber erstens die 
Protozoenkrankheiten berücksichtigen. Ferner wurde auf der 
N o o r d e n sehen Klinik zuerst auf das Vorkommen von unvoll¬ 
ständigen Hemmungen bei ausgebreiteter Tuberkulose und Karzi- 
nomatose oder Sarkomatose hiugewiesen. Nach uns fiat man 
bei Scharlach, Malaria, Pneumonien und anderen Krankheiten 
ähnliche Verhältnisse gefunden. S. Goldstern weist darauf 
hin, daß eiu Fall von paroxysmaler Hämoglobinurie bei einem 
5 jährigen Knaben positive Reaktion aufwies, ebenso sein Vater. 
Dies spricht für die luetische Aetiologic der Krankheit. Doz. 
Ullmann weist darauf hin, daß seitens der Laboratorien nicht 
bloß die Angaben: positiv oder negativ gegeben werden sollten, 
sondern auch die verschiedenen Grade schwacher Hemmung, 
damit sie der Hausarzt in Verbindung mit anderen anamnesti¬ 
schen Daten, die ihm zur Verfügung stehen, zur Diagnosen- 
Stellung verwende. Anders steht die Sache bei der Lues 
late ns. Hier fehlt in vielen Fällen die unmittelbare Ver¬ 
anlassung zur Lüftung des Geheimnisses, und es ist die Frage, 
ob es zweckmäßig, ja erlaubt ist, dem Kranken die volle Wahr¬ 
heit zu sagen, da er sich völlig gesund weiß und nun mit einer 
nicht immer abänderungsfähigen Tatsache für Jahre hinaus 
belastet wird. In anderen Fällen, wo es sich um Eheschließungen, 
Eingehen von Lebensversicherungen handelt, wird den Klienten 
die Tatsache in der Regel mitgeteilt. Solange der Einfluß 
irgendwelcher Therapie auf bereits generalisierte und ältere Lues 
nicht endgültig feststeht, ist dieselbe nur mit außerordent¬ 
licher Vorsicht im speziellen Falle zur Anwendung zu bringen, 
jedenfalls in solcher Form, daß dem Kranken die Einsicht in 
das Ergebnis nicht zugänglich ist. Es ist oft besser, das ver¬ 
schleierte Bild von Sais nicht zu lüften. S. Erben wendet 
sich gegen die Behauptung Bauers, daß der positive Aus¬ 
fall der Komplemen'tbindungsreaktion ein Indikator sei für die 
Wiederholung der Schmierkur. E. hat eine Reihe von 
T a b i k e r n zusammengestellt, um sie wegen postluetischer 
Symptome (Augenmuskellähmung, apoplektiformer Insult) einer 
Schmierkur zu unterziehen. Mehrere von ihnen magerten bald 
ohne Zeichen intestinaler Quecksilbervergiftung ab und zeigten 
akute Ataxie. Durch wochenlanges Liegen gelang es erst, die 
Ernährung leidlich in die Höhe zu bringen, die Ataxie besserte 
sich aber nur wenig. Seitdem hütet sich E., die Tabiker zu 
schmieren, selbst wenn Wassermann positiv ist. Ueberhaupt 
wird der Tabiker leicht untergenährt; ferner kennt man zur 
Genüge, welche Bewegungsstörungen selbst bei Gesunden eine 
chronische Quecksilbervergiftung erzeugen kann (K ußmauls 
Muskeltollheit). Eine Reihe von Autoren sehen sogar im Queck¬ 
silber ein Hilfsmoment für das Entstehen des Tabes (Eulen- 
burg). Darum braucht man kein Antimerkurialist zu werden. 
Denn von 100 Syphilitischen, die geschmiert wurden, erkrankte 
nur 1 an Tabes, 1 an Paralyse, und 26 an anderen Nerven- 






1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


121 


Störungen. Es müssen noch andere Umstände dazutreten, die 
die Disposition zur Nervenerkrankung bringen. 

R u d o 1 f Fran k macht auf seine Methode des Nar ■ 
kotisierens aufmerksam: Es ist eine von vielen Chirurgen 
geteilte Ansicht, daß bei dem echten Chloroformtod (der Syn¬ 
kope) die Schrecklähmung (Shok) vielmehr als die giftige 
Wirkung des Chloroforms als verursachendes Moment anzusehen 
ist. Jedenfalls wird die Narkose von den psychischen Zuständem 
des Pat. sehr wesentlich beeinflußt: Angstzustände, Schreck¬ 
vorstellungen, unangenehme Sensationen, hervorgerufen durch 
den Geruch des Chloroforms. Auftreten von Klopfen und 
Hämmern in den Schläfen, Herzklopfen, das Gefühl des Ver¬ 
gehens beeinflussen im Beginne des Narkotisierens die Psyche 
des Pat. auf das intensivste und es ist vorstellbar, daß diese 
heftigen psychischen Erschütterungen ein irritables Herz zum 
Stillstand bringen können, noch lange bevor die Narkose¬ 
wirkung eingetreten ist. F. hat daher eine eigene Methode 
ausgearbeitet, die den Erfolg hat, daß er seit vielen Jahren 
keinen Narkosetodesfall zu beklagen hat. Die Methode be¬ 
steht darin, daß er prinzipiell die Pat. sich selbst narkoti¬ 
sieren läßt. F. sagt den Patienten: Sie werden sich selbst! 
narkotisieren, niemand wird sie zwingen oder halten. Sie sind 
vollständig frei. Sie halten sich selbst den Korb und zählen; 
ruhig und laut; wenn sie sich an den Geruch des Chloroforms* 
gewöhnt habeu, dann halten sie den Korb näher. Auf diese 
Weise gelingt es fast ausnahmslos, den Pat. ohne psychische 
Erregung iu das Exzitationsstadium zu bringen; erst wenn 
dieses eintritt kommt der Narkotiseur in Aktion und übernimmt 
den Korb. Wenn das Exzitationsstadium wenig ausgeprägt ist, 
so bringt sich der Pat. selbst bis in die Narkose. Das Selbst¬ 
halten des Korbes gibt dem Pat. eine Beschäftigung, welche ihn 
ablenkt und beruhigt, das Fehlen jedes Zwanges nimmt ihm die 
Angst. Diese Methode zeigt ihre gute Wirkung auch bei 
Kindern; es gelingt fast immer, sie dazu zu bringen, sich 
selbst zu narkotisieren. Die meisten Kinder setzen sich dazu 
auf, halten sich den Korb schön vor, schauen in ihn herein, ob 
die versprochenen Reiter aus ihm herauskommen und narkoti¬ 
sieren sich ohne Schwierigkeiten. Dabei muß der daneben- 
stehende Narkotiseur mit dem Pat. in stetem Kontakt bleiben, 
ihn lobeu: sehr gut, halten Sie den Korb näher etc. 


REFERATE. 

Geburtshilfe und Gynäkologie. 

Referent: Spezialarzt Dr. Lothar Frankenstein, Berlin. 

1. Neuere Versuche über die Hefebehandlung des weib¬ 
lichen Fluors. Von Dr. Otto Abraham, Berlin. Monats¬ 
schrift f. Geb. u. Gyn., 1910, Bd. 30. H. 1. 

2. Unblutige Vergrößerung der Conjugata vera. Von Dr. 
J. W. Tjeenk Willink, Amsterdam. Zentralblatt f. Gyn., 
1910, 34. Jahrg., Nr. 5. 

1. Gestützt auf die Erfahrungen, die in letzter Zeit von 
verschiedenen Seiten mit Bolus alba bei Fluor gemacht wurden, 
gibt Verf. eine Kombination von Bolus mit Hefe an, der noch 
Zucker und Nährsalze hinzugefügt sind, .um die Wirksamkeit 
der Hefe zu erhöhen. Bolus alba wirkt nur symptomatisch; 
durch ihre Eigenschaft Wasser anzuziehen, hört der Fluor nach 
mehrmaliger Anwendung auf, um nach Aussetzen dieser Therapie 
fast stets zu rezidivieren. Hefe ist ein Spezifikum gegen Gono¬ 
kokken etc., wie auch Laboratoriumsversuche erweisen. Der bis¬ 
herigen Anwendungsweise der Hefe in Form von Rheolkugeln, 
Zyminstäbchen etc. etc. hafteten gewisse Mängel an. Das Hefe- 
präparat ballte und klumpte sich in der Vagina zusammen, ohne 
in innige Berührung [mit der Portio und dem Schleim bezw. Eiter 
zu treten. Diesem Uebelstande ist durch den Zusatz von Bolus 
abgeholfen. Bei dem neuen Präparat tritt kraft der hygro¬ 
skopischen Eigenschaft der Bolus eine innige Berührung der 
Hefe mit der Schleimhaut ein, diese kann daher voll und ganz 
ihre Wirksamkeit entfalten. 

Das neue Präparat, das den Namen „Xerase*' bekommen 
hat, kommt in zweierlei Gestalt in den Handel: als Pulver und 
in Kapselform; letztere, aus Gelatine hergestellt, enthält ca. 3g 
des Pulvergemisches. Vor Anwendung wird Vagina und Portio 
gründlich von Schleim und Eiter gereinigt und getrocknet. Das 


Pulver wird im Spekulum mit Hilfe eines Pulverbläsers in 
Mengen von 3—5 g an Portio und unter Zurückziehen des 
Spekulums an die Scheide gebracht. Die Kapseln werden vor 
die Portio eingeführt und mit einem Wattetampon in dieser 
Lage gehalten. Nach 48 Stunden Entfernung des Tampons, 
Wiederholung des Verfahrens nach trockener Reinigung von 
Vagina und Portio. 

Bei Erosio, Erkrankungen des Vaginalgewölbes, Endo¬ 
metritis werden die Kapseln, bei Entzündungen des unteren 
Teiles des Vagina uud der Vulva das Pulver angewandt. 

Frische gonorrhoische Kolpitiden heilten nach dem Gebrauch 
von 2—5 Kapseln. Erosionen beanspruchen eine längere Behand¬ 
lung, bei ihnen ist bisweilen ein regelmäßiger Wechsel von 
Pulver und Kapseln angebracht. Bei Cervixkatarrh ist vor 
Anwendung der Kapseln eine gründliche Reinigung des Cervix 
vorzunehmen. Auch bei gonorrhoischen Erkrankungen des 
Corpus blieb nur in wenigen Fällen der Erfolg aus. Intrauterine) 
Hefe-Bolus-Applikation ist erst in einzelnen Fällen versucht 
worden, diese Anwendungsform daher noch nicht spruchreif. 

Ref. hat das Präparat in mehreren Fällen von Fluor an- 
gewendet und sich von der Wirksamkeit, speziell bei Gonorrhoca, 
überzeugt; nach 3—4 Sitzungen sistierte der vorher ganz profuse 
Ausfluß fast völlig. Wie weit es sich um Dauerheilung handelt, 
muß erst die Zukunft lehren. Jedenfalls ist es erfreulich, 
daß mit diesem Mittel eine breite Bresche in das kritiklose 
Ordinieren von Spülungen gelegt wird. 

Immer und immer wieder erfährt man von Frauen, daß 
ihnen ärztlicherseits Spülungen verordnet wurden ohne den 
geringsten Fingerzeig, in welcher Art und Weise dieselben 
auszuführen sind. Es ist daher nicht Wunder zu nehmen, wenn 
die Frauen diese Ordination in der für sie bequemsten Position, 
nämlich im Sitzen, bisweilen schon jahrelang geübt haben. 

Daß durch diese rein symbolische Handlung natürlich nie¬ 
mals der geringste Effekt erzielt werden konnte, ist bei Ueber- 
legung einleuchtend. Soll eine medikamentöse Spülung Erfolg 
haben, so muß die Frau sich in horizontaler Lage befinden, 
der heilenden Spülung eine Reinigungsspülung zur Entfernung 
des Schleims oder Eiters vorangehen, und nach der eigentlichen 
Spülung noch Vt —% Stunde ruhige Lage mit übereinander ge¬ 
schlagenen Beinen beobachtet werden. Erst dann wird die 
Scheide von der medikamentösen Flüssigkeit überall bespült 
werden und erst dann wird dem Medikament Gelegenheit ge¬ 
geben, längere Zeit seine Heilkraft zu entfalten. 

Hier zeigt sich die Ueberlegenheit der Xerase-Ordination; 
bei dieser handelt es sich um eine Dauerwirkung von vielen 
Stunden. 

2. Bei mäßigem Mißverhältnis zwischen Kopf und Becken 
hat Verf. mit Erfolg folgendes Verfahren angewandt: Unter 
die Lendenwirbelsäule, dicht oberhalb der Glutaei wird ein 
zusammengerolltes Kissen geschoben; hieraus resultiert eine 
bedeutende Lordose und eine Vergrößerung der Conjugata vera 
um 0,5 cm. Tn vier Fällen, bei denen trotz kräftiger Wehen 
der Kopf nicht ins Becken eintreten wollte, passierte er nach 
Anwendung dieser Lagerung das Becken, wodurch jeder weitere 
Eingriff überflüssig wurde, und der Partus spontan verlief; 
nur in einem Falle mit besonders großem Kopfe dauerte es 
etwas länger, ehe die gewünschte Wirkung ein trat. 


Urologie. 

Referent: Spezialarzt Dr. L. Lipman-Wulf, Berlin. 

1. Ueber sexuelle Belehrung in Fortbildungsschulen. Von 

Prof. Harttun g, Breslau. Mitteilungen der deutschen Ge¬ 
sellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Bd. 7, 
Nr. (>. 

2. Weitere Erfahrungen über die Behandlung der Syphilis 
mit Chininpräparaten. Von R. Lenzmannn, Duisburg. 
Deutsche med. Wochenschr., 1909, Nr. 49. 

3. Schularzt und sexuelle Aufklärung. Von Dr. M. Cohn, 
Berlin-C.harlottenburg. Mitteilungen der deutschen Gesellschaft 
zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, Bd. 7, Nr. 6. 

4. Bemerkungen zu einem Falle von kalkulöser Anurie. Von 
Prof. Alex Fraenkel, Wien. Wiener klinische Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 2. 

5. Tusch verf ähren und Dunkelfeldbeleuchtung. Von 

C. Posner, Berlin. Berliner klin. Wochenschr.', 1910, Nr. 3. 






122 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 8 


(>. Ueber die kochsalzarme Diät der Nierenkranken. Von 

Prof. Dr. Ferdinand Blumenthal, Berlin. Deutsche 
Acrzte-Zeitung, 1910, Heft 2. 

1. Verfasser schildert die durch Vorträge vor Fortbildungs¬ 
schülern in Breslau erhaltenen Eindrücke. Vor allem legt er 
großes Gewicht darauf, die Schüler über die Gefahren aufzu - 
klären, die sich aus der Masturbation ergeben, daran reiht 
sich eine Schilderung der Gefahren des ungezügelten Geschlechts¬ 
verkehrs. Detaillierte Schilderungen des Geschlechtslebens 
würden unterlassen, auch die Darstellung der Geschlechtskrank¬ 
heiten bewegte sich in großen Zügen. Die Schilderung der durch! 
Masturbation hervortretenden Schäden soll sich von Ueber- 
treibungen fernhalten, aber die Wahrheit, und gerade auch ernste 
Bilder sollen deu jugendlichen Hörern vorgeführt werden. ..Diese 
haften am besten in der Erinnerung und wenn überhaupt im 
Leben die Furcht abschreckend wirkt, so ist es hier der Fall." 

2. Verfasser hatte schon im vorigen Jahre über Versuche 
berichtet, die er mit der Anwendung intravenöser Chinininjektio¬ 
nen bei Syphilis angestillt hatte. Auf Grund dieser Versuche 
konnte er feststellen, daß das Chinin sicherlich eine Wirkung 
bei Lues entfaltet, wenngleich diese nicht in Parallele zu setzen 
ist mit der Quecksilberwirkung. In weiteren Versuchen hält er 
es für angebracht, da der Erreger der Syphilis früher oder 
später refraktär gegen ein ihn beeinflussendes Gift wird, bei 
einer äntisyphilitischen Kur verschiedene, den Erreger beein¬ 
flussende Mittel anzuwenden. Das souveränste Mittel ist das 
Quecksilber. Neben ihm soll aber bei einer Kur Jod, Arsazctin 
und Chinin gegeben werden. Durch dieses kombinierte Verfahren 
schwanden noch Symptome der Lu >s, die durch eine alleinige 
Quecksilber-Jödkali-Kur nicht beseitigt werden konnten. Ein an 
Gehirnlues leidender Patient verlor seine Parese des Okuloino- 
torius, die trotz intensiver Schmier- und Jodkur nicht weichen 
wollte, mich Chinin- und Arsazctin-Chininbehandlung voll¬ 
ständig. Bei einer fieberhaften Lues maligna heilten •Zungen- 
geschwüre und Periostitis des Kiefers, welche Quecksilber und 
Jodkali nicht beseitigt hatten, durch die kombinierte Kur. Ver¬ 
fasser glaubt, durch Anwendung von Chinin und Arsazctin neben 
Jod und Quecksilber mehr auf d >n Krankheitserreger einzu- 
wirkeu als bei den jetzt üblichen Kuren möglich ist. Die Not¬ 
wendigkeit eiuer erneuten Kur wird nicht durch das Auftreten 
subjektiver und objektiver Symptome, sondern durch den posi¬ 
tiven Ausfall der Wasser in a n n sehen Reaktion bestimmt. 

3. Verfasser tritt dafür ein, daß schon in der Volksschule 
vom Schularzt die Kinder über di 1 Gefahren der Geschlechts¬ 
krankheiten und der Onanie aufgeklärt werden. Gerade die 
Kinder der arbeitenden Klasse treten schon früh ins Leben 
hinaus uud haben nur zu einem Teil Gelegenheit, später in Fort¬ 
bildungsschulen Vorträge über sexuelle Fragen zu hören. Die 
von deu Eitern ausgehende Belehrung ist eine unzureichende* 

4. Es handelt sich um einen 39 jährigen Mann, der plötzlich 
nachts aus dem Schlafe geweckt wurde mit Schmerzen in der 
linken Bauchseite. Er urinierte noch am folgenden Tage. Dann 
aber sistierte die Harnentleerung durch volle 8 Tage, ohne Harn¬ 
drang, ohne Schmerzen zu verursachen und ohnebesondere Beein¬ 
trächtigung des Allgemeinbefindens. Allerdings bestand Blässe 
und gespannter, in den letzten Tagen beschleunigter Puls. Die 
Blase wurde leer befunden, es bestand keine Druckempfindlich¬ 
keit im ganzen Unterleibe, keine palpable Schwellung. Es konnte 
von einer Harnverhaltung keine Rede sein, sondern es bestand 
echte Anurie. Es handelte sich hier entweder um aseptische' 
Steinniere oder um hysterische Anurie. Bei Einschnitt auf die 
linke Niere fand man dann das Nierenbecken leer, die Niere war 
um das Doppelte vergrößert, hochgradige venöse S.tase vorhanden, 
im Becken einzelne Steinbröckel, die entfernt wurden. Wie der 
weitere Verlauf zur Evidenz ergab, besaß der Patient auch 
vor dem Anfall nur diese eine funktionierende Niere. Die rechte/ 
Niere war längst verödet. Auch der hypertrophische Zustand 
der operierten linken Niere ließ erkennen, daß diese k<tmpen- 
satorisch für beide zu arbeiten hatte. Verfasser bespricht.« 
daß alle unsere klinischen Untersuchungsmethoden trotz der 
so fortgeschrittenen funktionellen Nierendiagnostik und auch die 
vorhandenen klinischen Symptom ■ nicht ausreichen, um mit 
absoluter Sicherheit den Herd der Anurie. zu diagnostizieren. 
Im vorliegenden Falle hatte, der vorhandene linksseitige Bauch¬ 
schmerz deu richtigen Wegweiser gegeben, um auf die linke 
Niere einzugehen. Die Klinik und das Experiment weisen -hei 
bestehender Anurie darauf hin, daß bei individuell verschieden 
langer Toleranz erst dann sich Intoxikalionserscheinungen ein¬ 
stellen, wenn unter dem Einflüsse der zur Anurie führenden 


3F MICHIGAN 


Schädlichkeiten die Nieren irreparabel krankhafte Gewebsver¬ 
änderungen erleiden. Die Nieren sind dann nicht mehr fähig, 
die Entgiftung der zur Ausscheidung kommenden Stoffe vor- 
| zunehmen, während die Ausscheidung selbst viskarierend vom 
Darm und der Haut geleistet werden kann. Hierdurch erklärt 
I sich die individuell verschieden lange dauernde Euphorie bei 
bestehender Anurie. Im vorliegenden Falle bestand dies ver- 
[ hältnismäßige Wohlbefinden achtmal 24 Stunden. Es muß den 
Nieren neben ihrer exkretorischen Leistung der Harnausschei¬ 
dung noch die Funktion einer inneren Sekretion zugeschrieben 
werden. ■ Bei Anurie muß die durch gesteigerten intravenalen 
! Druck geschädigte Niere durch Operation sobald wie möglich 
entlastet werden, damit unter der Stockung der exkretorischen 
Funktion nicht auch die sekretorische gefährdet werde und 
I somit die urämische Vergiftung oiusetzi. Nach Spaltung der 
1 geschwollenen Nierenkapsel und der Niere stellte sich im vor¬ 
liegenden Falle bei Anlegung -einer Nierenfistel die Harnent¬ 
leerung wieder her. Die Fistel schloß sich allmählich, der 
Harn wurde per vias naturales entleert, der Patient im Laufe 
von 2 Monaten geheilt. 

5. Nach dem Bekanntwerden des Bur rischen Tuschver¬ 
fahrens für den Spirochätennachweis hat Posner Versuche 
darüber angestellt, ob sich diese Methode zur Untersuchung 
der Harnsedimente mit Vorteil verwenden läßt. Nimmt man 
zum Präparat einen kleinen Tropfen von Grüblers chinesi¬ 
scher Tusch 'in einer Verdünnung von 1:10g verreibt mit dem 
Präparat und untersucht mit Oelimmersion nach dem Eintrock¬ 
nen. so sind die Härnzylinder sdir gut nachweisbar, sie heben 
sich als scharf könturierte weiße Gebilde von dem dunklen 
Untergrund sehr gut ab. Die Lmkozyten erscheinen als weiße 
Flecken, in denen man am Trockenpräparat keine Struktur, 
namentlich keine Kerne erkennen kann. Besser treten die 

i Epithelzellen hervor, die sogar dadurch, daß sieh auf ihren l ni- 
I rissen hier und da reihenweise schräge Körnchen nieder- 
schlagen, besonders plastisch erscheinen. Spermien dagegen geben 
I schlechte Bilder, auch für Prostatasekret ist die Methode nicht 
rätlich. Trotz des leichten Aufsuche ns der Harnzylinder am 
trockenen Präparat bei Anwendung der Oelimmersion möchte 
Verfasser doch zu I ntersuchungen des Objekts im frischen 
i Zustand nach inniger Vermengung mit d -r Tusche unter dem 
Deckglas bei mittlerer Vergrößerung raten. So lange das 
Objekt noch nicht eingetrocknet ist, erhält man leidliche Bilder 
der Leukozyten, an denen man dann noch die Kerne und Granula 
einigermaßen erkennen kann. Die schwächere Vergrößerung er¬ 
laubt einen schnelleren und leichteren Ueberblick über etwa 
vorkommende pathologische Beimengungen. Einen Vergleich mit 
der Dunkelfeldbeleuchtung kann für klinisch-mikroskopische 
Zwecke, die Tuschmethode überhaupt kaum aushalten. Die 
Dunkelfeldbeleuchtung gibt uns nicht lediglich Konturzoich- 
nungen, sondern die Strahlen dringen, falls nicht starre Mem¬ 
branen vorhanden sind, in das Innere der Objekte ein, bis sie 
auf undurchlässige Hüllen stoßen. Hierdurch erklärt es sich, 
warum die. Zellkerne, die Granula usw. so scharf zum Aus¬ 
druck kommen und auch bei Har,nzylindern wesentlich mehr 
Einzelheiten zu erkennen sind, 

Es kommt, also bei der Dunkelfeldbeleuchtung zu der Kon¬ 
trastwirkung noch die physikalisch-optische Verschiedenheit der 
Objekte selbst hinzu. Es verdient daher trotz des kompli¬ 
zierteren Apparats am Mikroskop die Dunkelfeldbeleuchtung 
vor dem Tuschverfahren den Vorzug. 

6. Verfasser betont die Berücksichtigung der Kochsalz¬ 
ausscheidung der Nieren für die Diät der . Nierenkranken, auf 
die zuerst Bohne aufmerksam gemacht hat. Früher nahm 
man au, daß bei Kochsalzretention sich Oedeme entwickeln, 
bei Kochsalzausscheidung dagegen nicht. Neuere. Untersuchungen 
haben dagegen gezeigt, daß ein prinzipieller Standpunkt nach 
der Richtung hin, daß etwa die Kochsalzfrage bei den Urämi¬ 
schen ohne Oedeme vollständig auszuschalten sei, dafür aber 
in allen Fällen mit Oedemen ohne weiteres von Wichtigkeit 
sei, falsch ist. Es muß in jedem Falle von Nierenerkrankung 
die Toleranz der Niere für Kochsalz, die individuell verschieden 
ist, geprüft . werden. Wir finden im allgemeinen bei akuter 
Nephritis die Arbeitskraft der Niere ziemlich unverändert. Wir 
konstatieren mit der Ghlorzufuhr eine erhebliche Steigerung im 
Harn und nach Ausscheidung desselben den Abfall zur Norm. 
Das gibt eine günstige Prognose. Reagiert bei akuter Nephritis 
dagegen die Niere nicht prompt auf die vermehrte Kochsalz- 
zufuhr, so beweist dies, (laß bereits eine ernstere Störung, in 
der Funktion derselben stattgefunden hat. Die. Chlorprobe ist 


JNIVERSITY OF MICHIGAN 






1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


123 


daher eine funktionelle; sie ist bei chronischer Nephritis uner¬ 
läßlich, um einen Einblick über clie Arbeitsfähigkeit der Niere 
zu bekommen. 

Die Technik der Dechloruratiou besteht erstens in der Be¬ 
schränkung der Chlorzufuhr, zweitens in dem Anreiz zur Ver¬ 
ausgabung des zurückgehaltenen Chlors. Die Diät setzt sich 
zusammen aus rohem oder gesottenem Fleisch der ver¬ 
schiedensten Tiere oder aus Süßwasserfischen, aus Eiern, Kar¬ 
toffeln. aus Reis oder grünem Gemüse, Butter, Rahm, salz¬ 
freiem Brot, Zucker und Früchten. Die Nahrungsmittel dürfen 
nicht gesalzen werden. Als Getränk diene Wasser oder ein 
kochsalzarmes Wasser, Evian, Fachinger, Wildunger Wasser. Die 
Ausfuhr des retinierten Kochsalzes wird durch Diuretika ge¬ 
steigert. Am besten sind Theophyllinpräparate. Verfasser gibt 
sehr gern Euphyllin intramuskulär, das in sterilen Ampullen 
in den Handel kommt. Er spritzt dreimal täglich' den Inhalt 
einer Ampulle (in 2 ccm 0,48 g Euphyllin). Selbstverständlich 
kommen auch in Betracht die spezifischen Herzmittel, wie die 
Digitalispräparate. Daneben läßt Verfasser baden. Er bevorzugt 
kohlensaure Bäder und Sauerstoffbäder in Form der Brozon- 
bäder. 


Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Lohrisch, Chemnitz. 

1. Ueber Chlorose. Von Prof. C. v. Noorden. Medizin. 
Klinik, 1910, Nr. 1. 

2. Versuche zur Behandlung des Diabetes mellitus mit dem 
Zuelzerschen Pankreashormon. Von J. Forschbuch. 
Deutsche med. Wochensc-hr., 1909, Nr. 47. 

3. Zur Therapie der Gastroptose. Von Prof. v. Noorden. 
Therapie der Gegenwart, Januar 1910. 

4. Zur akuten Magendilatation. Von H. Hellend all, 
Düsseldorf. Medizinische Klinik, 1909, Nr. 46. 

5. Demonstration eines Magenpräparates nebst Bemerkungen 
zur Therapie des Kardiospasmus. Von Prof. A. Tietze, 
Breslau. Allgemeine med. Zentralztg., 1910, Nr. 1. 

0. Röhrenförmige Ausstoßung der Oesophagusschleimhaut 
im Verlaufe einer Salzsäurevergiftung. Von Emil Neiße r. 
Berliner kliu. Wochenschr., 1910, Nr. 1. 

7. Ueber die diätetische Behandlung von Darmkrankheiten. 
Von Prof. A. Ewald, Berlin. Zeitschr. f. ärztl. Fortbildung, 
1909, Nr. 10. 

1. Polyurie bei Chlorose ist prognostisch günstig. Solche 
Fälle pflegen der Aufbesserung der Blutbeschaffenheit viel 
weniger Widerstand entgegenzusetzen als Fälle mit verminderter 
Diurese, die auch liTcht selten Vorkommen. Man kann die Poly¬ 
urie der Chlorotischen sehr leicht unterdrücken, wenn man 
flüssigkeitsarme Kost nehmen läßt. Dann steigt auch sofort 
das spezifische Gewicht zu normaler Höhe an, also ein Ver¬ 
halten, das dem beim Diabetes insipidus beobachteten entgegen¬ 
gesetzt ist. Bei cler Chlorose ist die Polydipsie das Primäre, 
nicht die. Polyurie. Diese Polydipsie beruht darauf, daß bei 
schweren Chlorosen die Gewebsflüssigkeit mit Wasser au¬ 
gereichert ist, welche Wasseranreicheruug verschwindet, sobald 
die Chlorose der Heilung zustrebt. Durch die Wasserabgabe 
kann es zu einer nicht unbeträchtlichen Gewichtsabnahme, 
kommen, trotz reichlicher Nahrungszufuhr. Wenn man die 
Patientinnen in bezug auf Flüssigkeitsaufnahme in dieser Zeit 
der Besserung sieh selbst überläßt, trinken sie viel weniger 
Wasser als früher. Binnen einer Woche kann die Polyurie 
normaler Diurese gewichen sein. Der bei Chlorotischen häufig 
vorhandene, durch oberflächliche Atmung bedingte Hochstand 
des Zwerchfelles kann durch systematische Atemübungen (zu 
Hause am besten nach dem Müll ersehen System) beseitigt 
werden. Chlorotische, dis solche Uebunge v n fleißig und ge¬ 
wissenhaft ausführen, gewinnen innerhalb 1-2 Wochen wesent¬ 
lich an Marsch- und Steigfähigkeit, schon lange ehe eine 
Besserung der Blutbeschaffenheit nachzuweisen ist. 

Die Eisentherapie führt bei vielen Chlorotischen zu einer 
hartnäckigen Obstipation. Am häufigsten tun dies wohl die 
Präparate der Pharmakopoe. Günstiger ist in dieser Beziehung 
der Gebrauch der kohlensauren Stahlquellen (’Langenschwalbach, 
Franzensbad); sie eignen sich aber nicht für häusliche Be¬ 
handlung, sondern müssen stets an der Quelle getrunken werden, 
ln der Mitte zwischen beiden stehen die Wässer mit Schwefel- 
saurem Eisen (Lcviko, Roncegno, GuberqUelle, Val Sinestra). 
Diese letzteren machen aber auch nicht selten Verstopfung. 


I m die unangenehmen Wirkungen der Eisenpräparate auf Magen 
und Darm zu umgehen, hat man auch zur subkutanen Ein¬ 
verleibung des Eisens gegriffen. Diese bewährt sich in der Tut 
oft, aber durchaus nicht immer. Die. moderne Therapie macht, 
besonders in den romanischen Ländern, von solchen subkutanen 
Eiseninjektionen (in Verbindung mit Arsen oder auch ohne 
dasselbe) ausgedehnten Gebrauch. Es kommt aber auch hierbei 
oft zu starker Stuhlträgheit. Dies ist leicht zu erklären, denn 
wir umgehen durch solche Injektionen von Eisenpräparaten den 

Darm keineswegs, da das so einverleibte Eisen nicht durch 

den Urin, sondern durch die Darmsekretion entfernt wird. 

Diese Verstopfung beruht auf Bewegungsstörungen des Dick- 

darmes, besonders der Flexura sigmoidea und ist durch eine 
systematische diätetische Behandlung ausnahmslos leicht und 
dauernd heilbar.’ Sehr zu warnen ist vor der Behandlung der¬ 
artiger Obstipationen mit Abführmitteln oder gar mit Klystieren. 
Wenn durch häufige, insbesondere auch größere Klystiere, eine 
Mastdarmerschlaffung hinzugekommen ist, liegen die Dinge viel 
ungünstiger. Dann bedarf es noch einer langen und peinvollen 
Nachbehandlung, um diese Mastdarmträgheit zu überwinden, 
und oft müssen dann stets Glyzerinzäpfchen, Klystiere und 
kleine Oelklysmon zu Hilfe gezogen werden. 

Wo Eisen schlecht vertragen wird, kann das Arsen an - 
gewendet werden, welches ebenfalls einen günstigen Einfluß 
auf die Blutbildung ausübt. Die Solutio Fowleri kann ge¬ 
geben werden, wenn keine [Hyperästhesie des Magens besteht. Die 
arsenhaltigen Eisenwässer werden zwar vom Magen durch¬ 
schnittlieh gut vertragen, machen aber, wie oben erwähnt, 
häufig Verstopfung. Mit der subkutanen Injektion von Natrium 
kakodylicum und von Ferrum kakodylicum muß man außer¬ 
ordentlich vorsichtig sein. Im allgemeinen wirken diese Prä¬ 
parate ganz günstig, doch ist ihre Wirkung immer unsicher, 
da die Präparate durch die Gewehssäfte sehr schwer zersetzt 
werden. Vollzieht sich diese Zersetzung einmal aus unbekannten 
Gründen sehr rasch und vollständig, so sind überraschende Ver¬ 
giftungen (Polyneuritis, Neuritis optica) nicht auszuschließeu. 
Neuerdings wird die fast eisenfreie Dürckheimer Maxquelle (ent¬ 
hält im Liter 0,017 Arsentrioxyd und 13,8 Kochsalz) als vor¬ 
treffliches und natürliches Mineralwasser empfohlen. Sie wirkt 
ausgezeichnet und bringt die Arsenwirkung ohne Störungen 
vortrefflich zur Entfaltung. Namentlich für den Magen und 
Darm fällt jede Reizwirkung aus. Man beginnt mit der Ver¬ 
ordnung von 3 mal täglich 20 ccm nach den Mahlzeiten und 
steigt allmählich bis zu 3 mal täglich 100 ccm, womit die Tages- 
dosis von 5 mg Arsenik erreicht wird. 

Wichtig ist es, den Chlorotischeu verhältnismäßig viel Ei¬ 
weiß in der Nahrung zu verabfolgen, was man durch ein eiwei߬ 
reiches (Fleisch, Eier) erstes Frühstück leicht erreicht. Das 
Optimum der Eiweißzufuhr liegt zwischen 100 und 120 g. 

2. Nach der Zuelze r sehen Theorie ist die nach Adrenalin¬ 
in jektionen. beobachtete Glykämie und Glvkosurie durch Mobili¬ 
sierung des Leberglykogens zu erklären. In der Norm wird 
die Wirkung des ständig erzeugten Nebeimierenprodukt.es durch 
die antagonistische Tätigkeit des inneren Pankreassekretes para¬ 
lysiert, so daß also der normale Ablauf des Zuckölstoff¬ 
wechsels im Körper von einem gewissen Gleichgewichte beider 
Substanzen abhängig wäre. Der Pankreasdiabetes entsteht also, 
sobald die antagonistische Tätigkeit das Pankreas in Wegfall 
gekommen ist. Zuelzer konnte bei Versuchen an Menschen und 
Tieren zeigen, daß durch Zufuhr des fehlenden Pankreassekret.es 
in Form intravenöser Injektion von Pankreasextrakten die 
Zue.kerausscheidung gebessert werden konnte. Der Verf. hat nun 
diese Versuche mit einem Z u e 1 z e r sehen Pankreaspräparat 
nachgeprüft und fand wie Zuelzer. daß das Präparat, intra¬ 
venös eingespritzt, beim diabetischen Menschen und Hund in der 
Tat die Zuckerausscheidung beträchtlich herabdrückt. Leider 
verbietet sich die Anwendung des Zuelzerschen Prä¬ 
parates beim Menschen ohne weiteres, weil bei den beiden 
Kranken (schwere Diabetiker) kurze Zeit nach der Injektion 
das Bild einer schweren Intoxikation auftrat. Es zeigte sich 1 
eine schwere Prostration mit jagendem Puls, Erbrechen, Sto¬ 
matitis, schwerem Herpes labialis, Vermehrung der Leukozyten 
und hohem Fieber. Die Hormoneinspritzung produziert also 
unzweifelhaft ein schweres Krankheitsbild, das durchaus einer 
schweren bakteriellen Infektion gleicht. Aus diesem Grunde 
ist es auch zweifelhaft, ob in den betreffenden Fällen tatsäch¬ 
lich die eingetr'tene Verminderung der Zuckerausscheidung auf 
das. Präparat selbst zurückzuführeii war ; es besteht auch sehr 
wohl die Möglichkeit, daß die Zuckerausscheidung und die 



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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 8 


Urinmenge unter dem alleinigen Einfluß des Fiebers absanken. 
Diese höchst bedenklichen Nebenwirkungen bedeuten natürlich 1 
für die praktische Verwendbarkeit der Zuei zerschell Prä¬ 
parate eine unüberwindliche Schranke. 

3. Unsere Vorstellungen von der Gastroptose und von der 
Magenatonie haben seit der Einführung der Röntgenunter¬ 
suchung eine Wandlung erfahren. Eine echte Gastroptose kommt 
als Teilerscheinung einer allgemeinen Enteroptose zweifellos 
vor. In den Fällen aber, wo man bisher aus der Verbreitung 
des Plätschergeräusches und dem Resultat der Magenaufblähung 
Magenptose diagnostizierte, handelt es sich, wie jetzt 
feststeht, immer nur um eine Verlängerung des ganzen Magens, 
wobei die Pars pylorica gleichzeitig abnorm beweglich und 
schlecht fixiert erscheint. Magenptose und Magenatonie lassen 
sich heute nicht mehr scharf auseinanderhalten. Die Beschwerden 
bei diesen Zuständen des Magens sind meist rein nervöse. Der 
Patient empfindet eben die Belastung des Magens, während er 
normalerweise keine Empfindung davon haben sollte. Unter den 
therapeutischen Hilfsmitteln, die zur Bekämpfung der atopischen 
Pyloroptose dienen, sind als wichtigste zu nennen: I. Ver¬ 
meidung starker Belastung des Magens. Daher sind kopiöse 
Mahlzeiten und allzuschnelle Füllung des Magens zu vermeiden. 
Meist ist die gleichzeitige Aufnahme von festen und flüssigen 
Stoffen zu verbieten. II. Erleichterung schneller Entleerung 
des Magens durch Rückenlage nach den Hauptmahlzeiten mit 
leichter Wendung des Körpers nach rechts. 3. Anwendung 
solcher Arzneimittel, die erfahrungsgemäß und auch nach experi¬ 
menteller Prüfung den Vagustonus der Muskulatur erhöhen. 
Solche Mittel sind Strychnin, Physostigmin, Pilocarpin. LV. Auf¬ 
besserung des gesamten neurotischen Zustandes des Patienten, 
da die meisten Magenatoniker Neurotiker sind. Neben diesen 
Maßnahmen hat die Therapie zu versuchen, den gesunkenen, 
Magen wieder zu heben. Hier kommen in Betracht V. die An¬ 
legung von stützenden Binden. Verf. hält von der Wirkung 
de^r Leibbinden bezüglich einer tatsächlichen Hebung des ge¬ 
sunkenen Magens nicht viel, nur die subjektiven Beschwerden 
werden durch die Bauchbinden erleichtert. VI. Die Fett¬ 
anreicherung 'der Bauchhöhl“. Diese wird am besten durch 
Mastkureil vo rgen ommen. 

4. Der Verfasser’ weist auf das nicht seltene Vorkommen 
von akuten schweren Dilatationen des Magens im Anschluß an 
Laparotomien hin. Die Entwicklung des aus der Magenerweite¬ 
rung hervorgehenden Duodenalverschlusses wird begünstigt durch 
Enteroptose, Eigentümlichkeiten im Verlaufe des Duodenums, 
abnorme Länge oder auch Kürze des Mesenteriums. Lordose, 
Meteorismus des Querkolöns, Rückenmarkläsionen, chronische 
Perityphlitis. 

Bei der Behandlung dieser Erkrankung müssen zwei Ge¬ 
sichtspunkte in Betracht gezogen werden: 1. die Beeinflussung 
der Lähmung des Magens und 2. -die Entlastung des Magens. 
Ob die von Her ff vorgeschlagene Faradisation die Lähmung 
tatsächlich günstig beeinflußt, steht noch dahin. Die Ent¬ 
leerung des Magens dagegen hat durch systematische Anwendung 
der Magenausspülung bis zum Reinspülen, besonders in ihrer 
Wiederholung im rechten Augenblick, d. h. wenn nach der 
Magenausspülung der gelähmte Magen sich wieder aufzutreiben 
beginnt, in einer großen Reihe in der Literatur niedergelegten 
Fälle lebensrettend gewirkt. In der Verhütung extremer Grade 
von Auftreibung der Oberbauchgegend liegt die sicherste Pro¬ 
phylaxe für diese gefährlichen Zustände nach operativen Ein¬ 
griffen. Mit der Magenausspülung hat die völlige Sistierung der 
Ernährung per os einherzugehen. Bei sorgfältiger Beobachtung 
des Kranken wird es gelingen, den Krankheitszustand richtig 
abzuschätzen und mit Nährklystieren, Kampferinjektionen und 
Kochsalztransfusionen der Inanition vorzubeugen. In dieser Be¬ 
ziehung- haben sich dem Verf. die F r i e d r i c h sehen Trauben-| 
zuckerinfusionen gut bewährt. Bei eingetretenem Duodenal - 
Verschluß ist der Patient in Bauchlage oder Kn ieellenbogen - 
läge zu bringen. 

5. Bei einem 54 jährigen Mann bestanden schon seit vielen 
Jahren Magenbeschwerden, besonders Schmerzen. Dann traten 
schwere Magenblutungen auf. Gleichzeitig bestand ein starker 
Kardiospasmus. Bei der Sektion fanden sich zwei Geschwüre 
im Magen, eines am Pylorus und ein zweites bemerkenswerter- 
weise an der Kardia dicht am Eintritt des Oesophagus in den, 
Magen. Dieses letztere Geschwür hatte die Blutungen ver¬ 
ursacht. Der Verfasser weist darauf hin, wie außerordentlich: 
schädlich in einem derartigen Falle von Kardiospasmus mit 
Geschwürsbildung die M i k u 1 i c z sehe Operation (Dehnung der 


Kardia von einer Magenwunde aus) gewesen sein würde und 
stellt anheim, ob man in solchen Fällen nicht lieber 
eine V itze Ische Fistel anlegen soll. Die Möglichkeit de4 
Vorhandenseins eines Ulcus am Mageneingang bei hartnäckigem 
Kardiospasmus muß öfter als dies bisher geschah in Betracht 
gezogen werden. 

6. Ein Fall von Salzsäurevergiftung bei einer 25 jährigen 
Frau, welche am 9. Tage unter dem Gefühle des „Geschwollen- 
seins“ im Halse ein weißlich-graues, röhrenförmiges, 30 cm 
langes Gebilde erbrach, das am unteren Ende ausgefranst er¬ 
schien und an der einen Wand einen größeren Defekt zeigte. 
Der in diesen Defekt passende Schleimhautrest wurde noch am 
11. Tage entleert. Dieser Fall ist der dritte, bei dem die 
röhrenförmige Ausstoßung der Oesophagusschleirnhaut bei einer 
Salzsäurevergiftung beobachtet worden ist. Die Patientin bot 
dann schwerste Strikturerscheinungen dar, an denen sie schlie߬ 
lich starb. 

7. Verf. weist auf die Wichtigkeit der Stuhlgangsunter¬ 
suchungen für die Verordnung einer Diät für Darmkranke 
hin. Es sei nicht nötig, in allen Fällen die Schmid’tsche 
Probediät anzuwenden; er schlägt sogar weitgehende Modifi¬ 
kationen dieser Probsdiät vor. Was die speziellen Vorschriften 
für Darmkranke betrifft, so soll der Arzt den Kranken immer 
bis ins einzelne gehende schriftlich formulierte Kostordnungen 
aushändigen. Nur dann kann man einigermaßen sicher sein, 
daß die betreffende Verordnung wirklich durchgeführt wird. 
In der Behandlung von Darmkrankheitsn ist zwischen akuten 
und chronischen und solchen, die im Dünn- oder Dickdarm 
ihren Sitz haben, zu unterscheiden. Für die akuten Fälle ist 
zunächst keine Ernährung die beste Ernährung. Bei den 
chronischen Diarrhöen ist die Diät an der Hand der Stuhl¬ 
gangsuntersuchung fäulniswidrig, leichtest verdaulich und sorg- 
fältigst zerkleinert zu geben. Die neurogenen und koprogenen 
Diarrhöen erfordern eine milde, aber doch gleichzeitig kräftige 
und reichliche Kost, ln jedem Falle muß der Kaloriengehalt 
der Nahrung ein genügender sein. Beim chronischen Darm- 
verschluß hat die Diät möglichst flüssig und sehlackcnlos zu 
sein. Alle gärenden und blähenden Substanzen sind dabei streng 
zu vermeiden. Besonders von Milch ist in solchen Fällen Ge¬ 
brauch zu machen. Bei vollkommenem Darmverschluß kommen 
Nährklysmen in Frage. Der Nutzen der subkutanen Ernährung 
ist nur ein geringfügiger. Bei der Perityphlitis ist, solange 
die Erscheinungen nicht sp heftig sind, daß überhaupt jede 
Nahrungszufuhr zunächst ausgeschlossen ist, eine Diät zu 
w'ählen, welche bei Wahrung eines gewissen Nährwertes den 
Darm nicht belästigt, also vor allem keine groben und unver¬ 
daulichen Bestandteile enthält. Eine Verhütung der akuten 
Perityphlitis durch prophylaktische diätetische Maßnahmen ist 
eine Utopie. Bei den chronischen Formen der Perityphlitis mit 
Obstipation hat die Diät mild eröffnend zu sein mit Hilfe 
der bekannten Hilfsmittel übst, Gelees, süße Speisen usw. Die 
Diät bei der Behandlung der Darmneurosen mit Durchfällen 
entspricht der beim chronischen Darmkatarrh. Kommt es bei 
nervösen Schwächezuständen zu chronischer Obstipation, so 
würde es falsch sein, eine Kost zu reichen, welche die Kolk 
menge wesentlich vergrößert. Hier ist vielmehr eine Diät zu 
bevorzugen, welche durch Vermehrung der Gärung und ihrer 
Produkte einen direkten Reiz für die Darmnerven ausübt, so 
daß nicht der mechanische, sondern der chemische Faktor insi 
Spiel kommt. Im allgemeinen ist aber die diätetische Beein¬ 
flussung der Darmneurosen eine sehr unsichere und wechselvolle. 
Bei der Enteritis membranacea richtet sich die Diät danach, 
ob Durchfall oder Verstopfung besieht. In solchen Fällen ist 
zuweilen eine lakto-vegetabilische Diät von Nutzen. Bei der 
spastischen Obstipation ist die Diät nicht grobreizend zu ge¬ 
stalten, sondern mehr schlackenfrei, aber mild eröffnend. Für 
die Typhuskranken hält Ewald die in neuerer Zeit vielfach 
befürwortete reichlichere Ernährung dieser Kranken auf Grund 
seiner Erfahrungen nicht für nötig. 


Varia. 

Die Menstruationspsychose, ihre Beziehung zum Strafgesetz 
und zu der Zahl der Frauenselbstmorde. Von Wl. Slavik. 
Medizinische Blätter, 1910, Nr. 3. 

Eine große Zahl der Frauenselbstmorde geschieht zurzeit 
der Menses, also kurz vor der, während der oder kurz nacht 
der Periode. Daraus folgt, daß eine große Zahl der weib- 



1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


125 


liehen Selbstmörder während der Menstruationszeit einer transi¬ 
torischen Psychose unterliegt, während welcher die Bedingungen 
der Zurechnungsfähigkeit bestimmt ausgeschlossen sind. 

v. Rutkowsk'i, Berlin. 

Der Metreurynterschnitt. Von D ii h rssen. Gynäkolog. 
Rundschau, 4. Jahrg., Nr. 1, S. 1 ff. 

Dührssens Metreurynterschnitt bedeutet eine Verein¬ 
fachung des vaginalen Kaiserschnittes. Die Methode bewirkt 
bei Lebensgefahr für Mutter oder das Kind die räsche Ent¬ 
leerung des Uterus auch bei geschlossener und erhaltener Cervix 
auf vaginalem Wege ohne Eröffnung des Peritoneums. Es er¬ 
folgt zuerst die Metreuryse mit zwei vom Medizinischen Waren¬ 
haus geliefereten kegelförmigen Ballons (der eine uterin, der 
andere extrauterin). Die Vorbereitungen der Kreißenden sind 
die üblichen. Erweitert sich durch das Ziehen am intrauterinen 
Ballon die Cervix nicht, so sind weitere forcierte Extraktions- 
versuchc lebensgefährlich, da Einrisse zu befürchten sind. Nach 
Einleitung der Narkose gehe man jetzt zum Metreurynterschnitt 
über: Die vordere. Lippe wird sagittal gespalten, der Schnitt auf 
das vordere Scheidengewölbe fortgesetzt und das Scheiden - 
gewölbe durch einen 2 cm breiten Querschnitt von der Portio 
getrennt. Die Blase wird freigelegt und von der vorderen 
Cervixwand abgeschoben. Dann wird die vordere supravaginale 
Cervixwand gespalten mit kleinen sagittalen Schnitten, wobei 
noch bestehende Verbindungen mit der Blase zu lösen sind. Ist 
der Cervixschnitt dicht bis an die Plica vesicouterina heran¬ 
gegangen, so lege man durch das obere Ende des Schnittes' 
einen Fadenzügel, um später bequemer nähen zu können, und 
ziehe jetzt den Ballon heraus. Nach Ausführung der Uterus¬ 
spaltung folgt Wendung, Extraktion etc. Das in die Geburts¬ 
hille hineingetragene neue Moment i§t die Verbindung der 
mechanischen und blutigen Erweiterung. 

Kurt Lipschitz^ Berlin,. 

Zur Kaiserschnittfrage. Von Dr. Hildebrand, Lüne¬ 
burg. Zentralblatt f. Gynäk., Bd. 34., Nr. 4, S. 100 ff. 

Dem I) ii hrss e n sehen Metreurynterschnitt gegenüber emp¬ 
fiehlt H. in seinem Aufsatz, daß man in ländlichen Verhältnissen 
schneller und bequemer die alte Sectio caesarea vornehmen solle. 
Wo noch keine Infektion vorliegt und die Antiscpiik genau ge¬ 
wahrt würde, wäre die Operation nicht gefährlicher als jede 
Laparotomie. K u r t Lipschitz, Berlin. 

Ueber das Zusammentreffen von Gravidität und Diabetes 
mellitus. Von Neumahn. Zeitschr. für klinische Medizin, 
Bd. 59, H. 5 u. 6, S. 475 ff. 

N e u m a n n berichtete: In einer großen Zahl von .Schwanger¬ 
schaften wurde, besonders bei Beginn der Milchabsonderung, 
Zucker gefunden; dieser aber war charakteristischerweise nicht 
gärungsfähig. Auch sonstige Erscheinungen von Diabetes 
mellitus fehlten, sondern es handelte sich um eine rein physio-/ 
logische Laktosurie. Daß „Glycosuria ex saccharo et ex amylo“ 
bei Schwangeren ebenso wie bei allen andern Menschen vor¬ 
kommt, ist unbestritten der Fall. Ferner berichtet er über 
wirklichen Diabetes bei Schwangeren, setzt aber auseinander, 
daß dieser verhältnismäßig nur selten vorkommt, dafür 
aber sehr gefährlich ist. Therapeutisch ist nur die anti- 
d iahe tische Kur inne zu halten. Eine vorzeitige, schnelle 
Entbindung hat auf die Zuckerharnruhr keinen Einfluß. 
Auch Operation zwecks Verhütung des Komas ist nutzlos 
(cf. folgendes Referat). Das Stillen ist zuckerkranken Wöchne¬ 
rinnen zu verbieten, damit nicht die leichte Form in die schwere 
übergeht. Zuckerharnruhr und Schwangerschaft üben also keinen 
direkten Einfluß aufeinander aus. Die Gefahr liegt nur in 
der bösartigen Form, in der Diabetes bei jungen Leuten, auf- 
tritt. Da die Kinder solcher Frauen meist frühzeitig absterben 
und das Leben der Mutter in die größte Gefahr kommt (Koma ), 
so ist Ehe und Konzeption abzuraten. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Azetonurie in der Schwangerschaft. Von Friedmann, 
Krakau. Przeglad lekarski, 1908, Nr. 36. 

Entgegen der Ansicht, daß bei Diabeteskranken Operation 
oder künstliche Entbindung ohne Einfluß sei, berichtet Fr. Von 
einer VIII para, bei welcher man im 4. Monat starke Azeton¬ 
ausscheidung fand. ‘Die Kranke magerte zusehends ab. Nach’ 
künstlichem Abort war nach 8 Tagen kein Azeton mehr zu 
finden. Heilung. Friedmann führte die Azetonurie auf ge¬ 
wisse toxische Stoffe zurück, die von der Frucht stammten. 


Kurt Lipschitz, Berlin. 



JNIVERSITY OF MICHIGAN 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Ueber purgoantiseptische Beeinflussung des Darminhaltes. 

Von Dr. Dreuw, Berlin. Med. Klinik, 1910, Nr. 3. 

2. Kefyrogen in der Praxis. Von Dr. Suchy. Thorap. 
Zenlralbl., 1910, Nr. 1. 

3. Ueber das feste Wasserstoffsuperoxyd Pergenol. Von 

Zahnarzt Dr. med. Sachs, Berlin. Deutsche mod. Wochenschr., 
1910, Nr. 3. 

4. Zur BoÜusbehandlung. Von Dr. Nassauer. Münchener 
med. Wochenschr., 1910, Nr. 2. 

5. Ueber die Anwendung des Alypin. nitric. als ungiftigen 
Kokain-Ersatz bei der subkutanen Quecksilber-Therapie. Von 
Dr. Eck ermann, Berlin. Fortschr. d. Mediz., 1910, Nr. 3. 

6. Therapeutische Beobachtungen über Purjodal. Von kais. 
Rat Dr. Hellmer, Wien. Di» Heilkunde, 1910, Heft 1. 

7. Kalium hypermanganicum cryst. als gewebezerstörendes 
Mittel. Von Dr. Jul. Finck, Charkow. Münchener med. 
Wochenschr., 1910, Nr. 4. 

1. Gelegentlich einiger therapeutischer Versuche mit Eston 
zwecks interner Behandlung hartnäckiger Fälle von Ekzem 
machte I). die Beobachtung, daß das Eston eine leicht pur¬ 
gierende Wirkung entfaltet. Das stimmt mit den Erfahrungen 
Bickels überein, der außerdem noch eine antiseptische Wir¬ 
kung auf den Darminhalt feststellen konnte. D. hat seine Beob¬ 
achtungen an 55 Fällen von Obstipation verschiedener Herkunft 
angestellt, meist solche im Verlauf von Gonorrhöen, ferner 
15 mit Blasenkatarrh und 3 mit Urtikaria. Die Kranken be¬ 
kamen 2—5 g des sulfathaltigen Eston in Form von Tabletten. 
Eston ist pulverförmige, essigsaure Tonerde von der Formel 
AL» (OH ) 2 (C 2 H 3 Ooi 4 , die sich in Wasser nur wenig löst und 
10°/o Aluminiumsulfat enthält. Es gibt auch reines Eston, das 
sulfathaltige hat größere desinfizierende Kraft. Der Erfolg der 
Reichung von Eston war konstant eine breiige, selten dünn¬ 
flüssige. durchschnittlich 2—3 malige tägliche Entleerung, ohne 
Störung von seiten des Magendarmkanals (also keine Leib- 
schmerzen, Magenkollern, Aufstoßen etc.). Auch Patienten mit 
Nephritis vertrugen Eston. Bei sechs Kranken versagte Eston. 
Es wirkten dann 1,0 g schwere Tabletten mit Zusatz von je 
0,1 g Phenolphthalein. Nicht unwesentlich war die günstige 
Bceinflußung der Gonorrhöen und der Blasenkatarrhe. Es dürfte 
sich das Eston auch zur Behandlung infektiöser Darmkatarrhe 
eignen. Hergestellt werden die Tabletten von der chemischen 
Fabrik G o e d ecke & C o., Berlin. 

2. Die von derselben Fabrik hergestellten Kefyrogen- 
Tabletten werden zur Herstellung eines angeblich tadellosen 
Kefirs mit den bekannten Indikationen, vor allem zu Kefir¬ 
kuren empfohlen. Verfasser hat in einer Heilanstalt gute Er¬ 
folgt! mit den Kefyrogentabletteü gehabt. 

3. Vcrf. hat die Pergenollösungen mit gutem Erfolge be¬ 
nutzt zur Reinigung des Operationsfeldes, zum Auswaschen von 
Höhlen, von Wurzelkanälen, Desinfektion von Wurzelabszessen, 
Zahnfleischfisteln, bei Gingivitis, Soor. Verf. verwandte 1- bis 
3 proz. Lösungen und verordnete zum Zähneputzen, Mund¬ 
spülen etc. die Psrgenoltabletten. Dunkle, unsaubere und trübe 
Zähne wurden bei dieser Behandlung gebleicht. S. empfiehlt 
ferner die Mundpastillen, die wie Emscr Pastillen genommen 
werden. Ob der feste Aggregatzustand des Pergenols längere 
Haltbarkeit garantiert, wird die Zukunft lehren. 

4. N. lenkt wieder die Aufmerksamkeit auf die günstige 
Wirkung der Bolus alba, die er bekanntlich zur Behandlung 
der Scheide unter Benutzung eines eigens konstruierten Appa¬ 
rates empfohlen hat. Dieser Sikkator läßt sich auch in den 
Anus einführen zwecks Bestäubung der Mastdarmschleimha.ui; 
mit Bolus alba, z. B. bei Fisteln, Geschwüren, Katarrhen etc. Da 
die Bolus so 'billig ist (100 g = 10 Pfg), so kann diese Therapie, 
nicht genug empfohlen werden. Allerdings bedarf es einer ein¬ 
maligen Anschaffung des Sikkators (für 4,50 M. bei Hermann 
Katsch, München, Bayerstraße). Der Apparat ist zu sterili¬ 
sieren. Auf die interne Behandlung von Darmkatarrhen und Rhi¬ 
nitis mit Bolus alba mag nebenbei wieder hingewiesen werden. 

5. Auf der Suche nach eiuem geeigneten Kokainersatz als 
Zusatz j£ur subkutanen resp. intramuskulären Anwendung von 


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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 8 


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Quccks'ilberlösuugen stieß E. auf das Alypin. niiric. uncl kann 
auf Grund seiner Beobachtungen die Angabe Jeßners be¬ 
stätigen, daß ein Zusatz einer Vs—1 proz. Alypinlösung genügt, 
um Quecksilbor-C'yanat-Injektionen schmerzlos zu machen, ohne 
daß Kokain-Nebenwirkungen aultreten. Verf. wendete folgendes 
Rezept an: Hydrargyr. oxycyanat. 0,2, Alypin. nitric. 0,1, Aq. 
dest. ad. 20. Verf. hält das Alypin für einen ungiftigen Kokain- 
ersatz. 

(». Verl', hält die Radix Sarsaparillae für ein vorteilhaftes 
Mittel zur Bekämpfung ,von Spätstadien der Lues und bedauert 
das Verschwinden des Z i t t m a n n sehen Dekoktes, das außer 
Sarsaparilla noch Kalomel enthält, aus der Zivilpharmakopöe. 
Er empfiehlt deshalb das von Dr. Alois Hellmann (Apo¬ 
theker in Wien) hergestellte Purjodal, das die Sarsaparilla. 
in Form eines wohlschmeckenden Sirups mit Zusatz von .Jod¬ 
natrium enthält (2°/o). Verf. hat mit Erfolg das Präparat sowohl 
bei tertiärer Lues als auch bei Skrofulöse verordnet. (Dazu muß 
man bemerken: 1. Daß das Zittmanndekokt aus der Pharma¬ 
kopoe verschwunden ist, ist nicht bewiesen. Ich möchte den 
Apotheker sehen, der es nicht auf Ordination sofort und mit 
Freuden anfertigen würde. Eher dürfte es aus dem Arzneischatz 
der Aerzte verschwunden sein, zumal viele von dem Z i 11 - 
m an n sehen Dekokt. nichts halten — ob mit Recht oder Unrecht, 
sei dahingestellt. 2. Wenn der Herr Verf. auf die Wirkung der 
Sarsaparilla. schwört, warum versucht er es nicht, sie mal in 
Verbindung mit Jod zu ordinieren? Er würde sich den Dank 
der Apotheker eher erwerben, als wenn er einer neuen Spezialität 
auf die Beine hilft. Wir haben doch deren wirklich übergenug*:; 

7. Bei der Behandlung von lebendem tierischen Gewebe mit 
Kal. hypermang. in Substanz erhält man als Restprodukt eine 
eiterähnliche Masse, die mit schwarzen Partikeln durchsetzt ist. 
Diese bestehen aus wasserunlöslichem Mangansuperoxyd. Da kein 
freies Kali in der Masse nachzuweisen ist, nimmt Verf. an, daß 
sich dasselbe bei seinem Freiwerden an H s O gebunden hat und 
K OH geworden ist und daß diese die Aetzwirkung ausübt. Die¬ 
selbe beruht danach nicht allein auf O in statu nascendi, sondern, 
auch auf Kalilauge in statu nascendi. Bei Anwendung in Substanz 
soll nach xAnsicht des Verf! das Kal. hvp. nicht in die Blutbahn 
gelangen können und infolge seiner langsamen und stetigen Zer¬ 
setzung ungefährlich sein. Die Anwendungsweise ist denkbar 
einfach: Von gutem Heftpflaster schneidet man Stücke ab, 
welche um Zentimeterbreite die zu behandelnde Stelle rundherum 
überragen. In die Mitte eines jeden Stückes schneidet man) 
je, naph Bedarf ein rundes oder ovales Loch, gerade so groß, daß 
die erkrankte Hautstelle hineingeht und von der gesunden Um¬ 
gebung noch etwas izu sehen ist. Je nach Höhe des Trichters, den 
man machen will, klebt man einen Streifen auf den anderen, so 
daß Loch auf Loch kommt. Der entstandene Trichter oder Schacht 
wird mit feingepulvertem Kal. hyp. vollgefüllt und ein unver¬ 
letzter Heftpflasterstreifen übergeklebt. Darüber kommt ein 
Bindenverband; Gelenkstellen werden geschient. Nach 48 Stun¬ 
den ist ein Lupusgeschwür zerstört: Man findet ein schmutzig- 
eitriges Detrit, das fortgewischt wird, und an Stelle des Ge¬ 
schwürs ein kraterförmiges Loch. Die Ränder der Wunde s’ind 
scharf, die Umgebung weder gerötet, noch geschwollen, die ge¬ 
sunde Haut zerstört, soweit sie nicht durch das Pflaster 
geschützt war. Wenn die Zerstörung noch nicht weit genug ge¬ 
diehen ist. legt man ein neues Depot an. Das Aufschütten dfcsl 
frischen Kal. hyp. ruft einen vorübergehenden Schmerz hervor, 
der rasch verschwindet. Der ganze Prozeß verläuft unter 
leichtem Brennen. Nachbehandlung trocken oder mit Salbe. 
Schon am nächsten Tage findet man kräftige Granulationen. 
Die Heilung geht sehr schnell vor sich, die Narbe ist glatt, 
hypertrophiert und schrumpft nicht. Verf. hat diese Methode der 
Kal. hyp.-Anwendung benutzt bei Kankroid, Fungus, Granulom, 
Dekubitus, Ulcus cruris, Angioma cavernosum, Keloid, Kar¬ 
bunkel zur Zerstörung des Pfropfes. Vielleicht lassen sich auch 
Ulcera dura günstig beinflussen. Ferner hat er behandelt: Naevi, 
Angiome, Lipome, Papillome etc. Wenn die Geschwulst subkutan 
liegt, muß man das Loch im Heftpflaster kleiner schneiden als 
die Geschwulst groß erscheint. Die Versuche des Verf. bei der 
Behandlung tuberkulöser Fisteln sind noch nicht abgeschlossen. 
Diese Behandlung mit Kal. hyp. macht übrigens keine Flecken. 


Technische Neuerscheinungen, 

Biulehandliabe. 

Nach der „Deutschen med. Wochenschr.“ lmt 
J annusch, Dresden-Neugrnna, eine Badehandhabe 
konstruiert, die schwächlichen und gebrechlichen Personen 
die Möglichkeit gewährt, sich mühelos in der Wanne auf¬ 
zurichten oder in bestimmter Stellung sich zu halten. Die 
Vorrichtung besteht aus einem eisernen rundgebogenen 
Haken, der über den Wannenrand gelegt wird und einen 
Karabinerhaken mit Kette trägt, an dessn unterem Ende 
sich die Haltevorrichtung, ein Metallbügel mit Holz¬ 
handgriff, befindet. („Die Heilanstalt“, 1910, Nr. 1.) 

Rosfe n. 

Der Stangerotherm, 

ein elektrischer Wärmestromapparat. 

Schweizerisches Medizinal- und Sanitätsgeschäft, St. Gallen. 

Durch den „Stangerotherm“ wird die Elektrizität in 
jene Form von Wärme umgewandelt, welche dem Körper 
direkt als strömende Wärme durch inniges Ansclnniegen 
mitgeteilt wird. Diese Erwärmung hat eine viel inten¬ 
sivere tiefergehende Wirkung auf den Körper, als die 
strahlende, erst durch die Luft übertragene Wärme. 

Durch den „Stangerotherm“ wird die Anwendung so¬ 
wohl von feuchter als von trockener Kontaktwärme, auf 
den ganzen Körper zugleich, oder auf beliebige Körper¬ 
teile möglich, bei exakter Reguliermöglichkeit der 
Temperatur. 

Mit dem „Stangerotherm“ ist möglich: 

Einfache Erwärmung kalter Körperteile, z. B. kalter 
Füße und Beine bei langer Sitzarbeit, WarmkaLtmig au 
der gleichen Temperatur beliebig lange Zeit am Schreib¬ 
tisch als Fußmatte, im Bett als Bettunterlage. 

Vorwärmen und Warmhalten von Betten in Fällen 
von ungenügender Eigenwärme oder Schlaflosigkeit. 

Voll- oder Teilschwitzbäder und Prozeduren in oder 
außer dem Bett, durch ganz oder teilweises Umlegen von 
Stangerotherm intensive und doch angenehme und scho¬ 
nende Schwitzprozedur. 

Applikation von trockenen sowohl als feuchten, mit 
Heilflüssigkeiten, aller Art getränkten Kompressen, Er¬ 
wärmung und Warmhaltung derselben auf beliebiger 
Temperatur, wobei die Poren der Haut durch die Wärme 
geöffnet, die durch dieselbe zugleich verdunsteten Heil- 
stoffe aufsaugen bezw. absorbieren. 

Absorbieren und Warmhalten aller Arten Schleim, 
Brei, Fango, Radiogen, Schlammpackungen ete. 

Erzielung viel reichlicherer Ausschwitzungen als mit 
irgendeinem anderen Sehwitzapparat. 

Schwitzbäder können aufs bequemste in jeder Stel¬ 
lung sitzend oder liegend genommen, und während oder 
unmittelbar nach denselben ohne Lageveränderung kann 
ein erquickender Schlaf erzielt werden, da „Stangero¬ 
therm“ eine schmerzbetäubende, schlafmachende Wirkung 
ausübt. 

Beliebig lange, auf gleicher Temperatur anhaltende 
gleichmäßige, sowie jederzeit leicht und beliebig regu¬ 
lierbare Wärme und Hitzebehandlung des ganzen Körpers 
oder beliebiger einzelner Körperpartien. 

„Stangerotherm“ wird auch auf besonderen Wunsch 
noch extra mit wasserdichter, hitzeheständiger, leicht 
sterilisier- oder abwaschbarer Stoffzwischenlage geliefert, 
so daß Schweißabsonderungen, Feuchtigkeit etc. nicht ein- 
dringen können und die Stoffzwischenlage nach Gebrauch 
für sich gereinigt werden kann. 

„Stangerotherm“ kann überall appliziert werden, wo 
Elektrizität vorhanden, und ist nicht an den Ort gebunden. 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


127 


„Stangorotherm“ kann wie eine Decke aufgerollt und 
überallhin mitgenommen werden. 

..Stangerotlierm“ braucht keinen Raum. 

„Stangerotherm“ verursacht keine Installations¬ 
kosten, da es an jede elektrische Leitung von der betr. 
Voltzahl, gleichviel ob Wechsel- oder Starkstrom, an¬ 
geschlossen werden kann. 

Stromverbrauch bezw. Betriebskosten äußerst mini¬ 
mal. pro Stunde je nach Strompreis ein bis mehrere Cen¬ 
times, also über 20 mal geringer als bei elektrischen Licht- 
und anderen Schwitzbädern. 

Anschaffüngskosten gering. Rosen. 

Vorsicht hei der gebräuchlichen Sauerstoff¬ 
anwendung. 

In der „Münch, ined. Woehenschr.“, 1909, Nr. 48, 
macht Herr Di*. 0 s k a r R o s e n t h a 1 , Berlin, von. einem 
Vorkommnis Mitteilung:, das zur Vorsicht hei Benutzung 
der bekannten Sauerstoffzylinder zu Zwecken der Ein¬ 
atmung: u. a. mahnt. Behufs wissenschaftlicher Fest¬ 
stellungen sollte am Hunde die Resektion einer Lunge vor- 
genoinmen werden. Kurze Zeit nach Einleitung des 
! eberdruekes an dem durch Aether betäubten und gut 
intuhierten Tiere und noch vor Eröffnung der Pleura ging 
dasselbe unter Erstickungserscheinungen rasch zugrunde. 
Hei näherem Nachforschen nach der Ursache ergab sielt, 
dal.! der als Sauerstoffbehälter bezeiclinete Stalilzylinder 
nicht S a u e r s t o I* f , sondern Stickstoff 
enthielt. 

Bei der ständig zunehmenden Anwendung des Sauer¬ 
stoffes zu Narkosen- und Heilzwecken erscheint nach 
R. s Ansicht eine Mitteilung dieses Mißgeschickes um so 
mehr angebracht, als zur Anlegung des künstlichen 
Pneumothorax und zur Behandlung der Augiome jetzt 
auch Slickstoff- und Kohlensäurezylinder Verwendung in 
klinischen Betrieben gefunden haben. Es ergibt sich 
daraus wohl die Notwendigkeit, den Inhalt frischer Sauer¬ 
stoffzylinder, elie sie zur Einalmung verwendet werden, 
wenigstens der einfachen Prüfung mittels des glimmen¬ 
den Holzspanes zu unterwerfen. Rosen. 

Bücherbespreckungen. 


Die spezielle Chirurgie in 60 Vorlesungen. Von Loser. 
Rust a v F i scher, Jena 1909. Neunte Aufl., brosch. 26,50 M., 
geh. 29 M. 

Nach 1V- Jahren ist schon wieder eine neue Auflage 
Lese rs spezieller Chirurgie in 60 Vorlesungen erschienen, wohl 
ein Zeichen, daß der Verfasser bemüht ist, sein Lehrbuch stets 
auf voller Höhe zu halten. Wir haben in dom handlichen Bande 
alles gefunden, was für den praktischen Arzt und Studierenden 
wissenswert ist; die Ausstellungen, die wir zu machen haben, 
sind unbedeutender Art. Dankenswert anzuerkennen ist zunächst, 
daß ein Kapitel über die Mittelohroperationen cingefügt ist; 
dagegen vermissen wir eine Besprechung" der Meningitis serosa. 
Boi den Verletzungen der Blutgefäße (S. 259) am Halse fehlt 
ein Hinweis auf solche des Ductus thoracicus, die doch mehr¬ 
fach, z. B. hei Exstirpation carcinömatöser Drüsen, beobachtet 
und beschrieben sind. Die klinische Darstellung der Appendizitis 
erscheint mir zu kurz. — Aszitesflüssigkeit (S. 507) ist nicht allzu 
selten auch milchig getrübt. Bei der Diagnose der Nierenkrank¬ 
heiten (S. 689) wäre auf den Wert der Injektion von Farb¬ 
stofflösungen aufmerksam zu machen (z. B. bei Unmöglichkeit 
des l reterenkatheterismus, bei Knaben mit Nierentuberkulose). 
Gelegentlich der lokalen Exstirpation der Inguinaldrüscn 
(8. 1148) ist zuweilen elephantiasisartige Schwellung des betr. 
Beines beobachtet worden. Intermittierender Hydrops von Ge¬ 
lenken (S. 1189) ist oft auf intestinale Störungen zurück¬ 
zuführen. , 

In therapeutischer Beziehung möchten wir beim Exoph¬ 
thalmus pulsans (S. 15) andcuteu, daß die Unterbindung des 
Varix aneurysmaticus zuweilen auch ohne Ligatur der Carotis 


schon gute Erfolge gezeitigt hat. Mehr hervorzuheben wäre die 
Wirkung der dekompressiv m Trepanation (S. 85, 89) bei allen 
den Hirndruck vermehrenden Krankheiten, s. z. B. bei .früh¬ 
zeitiger dekr. Trepanation das Zurückgehen der Stauungspapille 
und der Erblindung. Bei Blutungen aus der Nase. <S. 15H 
pflegen die Nasenspezialisten vor Anwendung der Tamponade, 
die bei längerem Liegenlassen der Tampons Gefahren (Mittel¬ 
ohrentzündung.) nach sich zieht, sich die blutende Stelle auf¬ 
zusuchen und zu ätzen; Kälteapplikation auf den Nacken wirkt, 
oft unmittelbar blutstillend. — Wäre nicht bei der schmerzlosen 
Zahnextraktion ('S. 191) die Lökäianästhesie (Injektion) gegen¬ 
über der Chloroform- oder Aethernarkose mehr in den Vorder¬ 
grund zu stellen? Bei Strikturen des Oesophagus und der Harn¬ 
röhre kämen für den allgemeinen Praktiker zur Unterstützung 
der Bougierung noch Injektionen mit Fibrolysin resp. Thiosinamin 
in Betracht. Der Gebrauch dieses Medikamentes ist gleichfalls 
bei der Dupuytren sehen Kontraktur der Hand öfter (nicht 
stets) von Nutzen gewesen. Die Desinfektion von Wunden der 
Arbeiterhand (S. 901) ist heute wohl ebenso gut (wenn nicht 
besser als mit Wasser und Seife) mit Jodbenzin und Jodtinktur 
vorzunehmen. Neben Codivilla (S. 1165 u. 1271) verdiente 
auch Zuppinger hei der Behandlung der Verletzungen der 
unteren Extremitäten der Erwähnung. 

Sehen wir vou diesen kleinen Einwänden ab, so können wir 
das Werk nur loben; die Darstellung ist stets flüssig und leicht. 
Die Abbildungen (Bild 227 u. 231 sowie 380 u. 389 sind 
gleich) sind gut. Neben älteren und in neuerer Zeit heraus-, 
gekommenen Lehrbüchern der Chirurgie wird der „Leser" 
seinen Platz behaupten. Sch w a 1 b a e h , Berlin. 

Neues medizinisches Fremdwörterbuch für Schwestern, 
Samariter, Heilgehilfen, Krankenpfleger etc. Von W. Kühn. 

2. Aufl. Leipzig 1909, Krüger & Co. Preis 1,50 M. 

Von dem vorzüglichen kleinen Handbüchlein ist nach sehr 
kurzer Zeit eine zweite Auflage erforderlich geworden. Einige 
der ersten Auflage noch anhaftende kleine Mängel sind beseitigt 
und einige Lücken ausgefüllt worden. Neu aufgenommen wurden 
eine Anzahl von Ausdrücken, dis nicht eigentlich zur medizini¬ 
schen Terminologie, sondern als Fremdwörter gewissermaßen 
in die Grenzgebiete gehören. Der Wert des Büchleins für Unter¬ 
richtszwecke ist, wie ich mich selbst überzeugt habe, nicht zu 
unterschätzen. Geißler, Neu-Ruppin. 

Der Körper des Kindes. Von C. H. St ratz. 3. Aufl. 

Stuttgart 1909, Enke. Pr. 11,40 M- 

Verf. wird mit der neuen Auflage seines bekannten Buches 
nicht schlechter willkommen geheißen werden als mit den 
früheren, denn ,di > Umgestaltung und Erweiterung, die er mit 
ihm vorgenommen hat, ist so vorzüglich, daß es sicher noch 
gewonnen hat. Besonders fesselnd geschrieben ist das erste 
Kapitel, das den Liebreiz des Kindes behandelt und ihn uns in 
einer Reihe ausgezeichneter Bilder vorführt. Der weitere allge¬ 
meine Teil ist am wenigsten umgeändert, desto mehr aber der 
spezielle. Aus Zweckmäßigkeits- und räumlichen Gründen blieb 
der Abschnitt über die Kinder fremder Rassen fort. Vielfachen 
Wünschen-entsprechend bringt der Verf. eine längere Abhand¬ 
lung über die natürliche Pflege des gesunden Kindes und be¬ 
spricht hier Ernährung, Kleidung, Lebensweise, Körperpflege, 
individuelle und sexuelle Erziehung. In einem Schlußabschnitt 
gibt er Anweisungen, wie man praktisch über den Entwicklungs¬ 
gang des Kindes Notizen machen soll. Da jedes Kind eine Per¬ 
sönlichkeit ist, kann man natürlich feste Regeln, nach denen man 
verfahren soll, nicht aufstellen. Der Verleger hat das Buch in 
Druck und Bild gleich vornehm ausgestattet. 

G e i ß 1 ar , Neu-Ruppin. 


Allgemeines, 

Es kann nicht dringend genug gewarnt werden vor der 
physikalisch-chemischen Akademie von Palermo, welche jetzt 
wieder ihre Dekorationen (Diplom und Medaille) deutschen 
A.crzten anbietet; sie spekuliert auf die Eitelkeit der Aerzte 
und es gelingt ihr tatsächlich, immer noch' solche zu finden, 
welche je nach der Höhe des Preises mit goldenen und silbernen 
Medaillen dekoriert zu werden wünschen. Auffallend (ob ge¬ 
schwindelt?) ist nach dem beigegebenen Verzeichnis die Anzahl 






JNIVERSITY OF MICHIGAN 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 




•128 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 8 


der Koryphäen Europas, welche dieser Akademie angeblich 
äuge hören. Doch dürften auch diese Namen, wie das ganze 
Institut ja als Schwindelinstitut zu bezeichnen ist, wohl 
gefälscht sein. 

Die Deutsche pathologische Gesellschaft tagt in diesem 
Jahre vom 4.—6. April in Erlangen im Pathologischen In¬ 
stitute. Vorträge sind bei dem Vorsitzenden Prof. Dr. Hauser 
anzumelden. 

Eine der großartigsten Veranstaltungen auf hygienischem 
Gebiete verspricht die internationale Hygiene-Ausstellung in 

Dresden im Jahre 1911 zu werden; es sollen in Form einer 
umfassenden Gesamtdarstellung der Fachwelt und der Allgemein -( 
heit die gewaltigen Errungenschaften der modernen Hygiene 
vorgeführt werden. Sie wird sowohl räumlich ein gewaltiges! 
Unternehmen sein, da neben dem ausgedehnten Ausstellung^ 
Gelände auch noch ein Teil des Königl. großen Gartens mit. 
dazu verwendet werden wird, als auch von großer allgemeiner 
Bedeutung sein, da sie sowohl dem Fachmanne, dem Arzte, 
dem Verwaltungsbeamten, Ingenieur, Lehrer, Nationalökonomen 
ein übersichtliches Bild alles dessen geben wird, was auf hygie¬ 
nischem Gebiete geleistet worden ist, andererseits auch den Sinn, 
für Gesundheit und Gesundheitslehre''in der Bevölkerung ver¬ 
breiten wird. Die Materie wird in 12 Hauptgruppen eingeordnetj 
werden, die nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten gesondert, 
worden sind. Nur für die bei allen Völkern am meisten ver¬ 
breiteten Volkskrankheiten (Tuberkulose, Alkoholismus, Ge¬ 
schlechtskrankheiten, Krebs und Zahnerkrankungen) wurden 
Sondergruppen vorgesehen. Vorsitzender der Gruppe „Alkoholis¬ 
mus“ ist Obermedizinalrat Prof. Dr. von Grube r in Mün¬ 
chen, stellvertretende Vorsitzende sind Geheimrat Prof. Dr. 
Moelli in Berlin-Herzberge und Hofrat Prof. Dr. Kraepe- 
lin iu München. Dem Gruppenvorstande gehören weiter an: 
v. Bunge, Dr. Daum, Gonser, Helenius, H er dod, 
L^itinen, Legrain, V. Strauß und Torney, Weich - 
selbaum, Sims, Woodhead u. a. Folgender Plan wurde 
für die Gruppe aufgestellt: 1. Wirkungen des Alkohols (physio¬ 
logische, pharmakologische und toxikologische; psychische 
Wirkungen; der Alkohol als Ursache von Krankheit, Entartung 
und Tod). 2. Geschichte des Alkoholismus. 3. Produktion und 
Konsumption der alkoholischen Getränke. 4. Verbreitung des 
Alkoholismus. 5. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des 
Alkoholismus. 6. Bekämpfung des Alkoholismus; durch die 
Gesellschaft, durch freiwillige Organisationen, durch den Staat 
(Trunksuchtsgesetzgebung, Besteuerung der Alkoholika, 
Alkoholmonopol, Schankgesetzgebung, Gasthausreform, Local 
Option, Prohibition, Alkohol und Schule, Trinkerrettung, 
Trinkerasyle). 

Der IX. Kongreß der deutschen Gesellschaft für ortho¬ 
pädische Chirurgie wird seine Sitzungen in der Zeit vom 
29. März bis 3. April d. Js. in Berlin im La-ngebeckhausej 
.abhalten. Der Kongreß wird vormittags 9 Uhr dortselbst er¬ 
öffnet werden. In der ersten Sitzung wird Herr Prof. Dr. 
Gebhardt, Halle (a. G.), einen einleitenden Vortrag über 
„funktionelle Knochengestalt“ halten. In der -Nachmittags- 
sitzung von 2—4 Uhr findet die Generalversammlung statt. Herr 


Payr, Greifswald hat für diese Sitzung ein einleitendes. Referat 
„über die Behandlung der Gelenkversteifungen“ übernommen. 
Nach einer Pause soll um 5 Uhr eine Besprechung der 
„Skoliosenbehandlung in der Schule“ stattfinden, wofür Herrn 
Schultheß, Zürich, das Hauptreferat übertragen worden 
ist. Zu dieser Sitzung werden Regierungsvertreter der deutschen 
Bundesstaaten eingeladen werden. Bei genügender Zahl von 
Anmeldungen soll am Montag, den 28. März, früh gegen ü'/o Uhr, 
einer Einladung des Volksheilstättenvereins vom Roten Kreuz 
zufolge — ein gemeinsamer, für die Teilnehmer kostenfreier 
Ausflug nach Hohenlychen (Uckermark) zur Besichtigung der 
dortigen Anstalten für tuberkulöse Kinder und speziell des 
von Hoffa begründeten Oecilienheims für tuberkulöse 
Knochen- und Gelenkerkrankungen stattfinden. Am Abend soll 
im Langenbeckhause eine Sitzung zur Demonstration von Pro¬ 
jektionsbildern abgehalten werden. Vorträge und Mitteilungen 
sind — spätestens bis zum 15. Februar - bei dem Vorsitzenden 
Herrn Prof. Joachimsthal, Berlin W., anzumelden und 
eine kurze Inhaltsangabe des Vortrages beizufügen. 

Was kosten die schlechten Rassenelemente den Staat? Ein 
Freund der „Umschau“ (Frankfurt a. M. ■ hat derselben 500 M. 
zur Verfügung gestellt und es wurde beschlossen, diese zu 
einem Preisausschreiben zu verwenden für die beste 
Untersuchung über obige Frage. Sie wird in folgender Weise 
begründet: In allen Veröffentlichungen, welche sich mit der 
Verbesserung unserer Rasse beschäftigen, wird darauf hin- 
gewiesen, welche Unsummen der Staat, die Kassen und der 
Privatmann direkt und indirekt für Irrenhäuser, Zuchthäuser, 
Kranke ausgeben, an Personen, die sich selbst und den Mit¬ 
menschen eine ständige Last sind, die Tausende und Tausende 
tüchtiger Bürger von nützlicher Arbeit abwenden, um sie für 
sich selbst als Wärter, Beamte, Aerztc usw. in Anspruch zu 
nehmen. Wir arbeiten fast mehr für die gesellschaftlichen 
Krüppel, als für eine organisierte Aufzucht der guten ge¬ 
sunden Elemente! 

Leider liegen für diese Tatsachen bisher keine kritischen, 
zahlenmäßigen Daten vor, die auf Grund eingehender statisti¬ 
scher Zusammenstellung gewonnen sind. 

Deshalb wird der der „Umschau“ zur Verfügung gestellte 
Betrag von 500 M. für eine eingehende Untersuchung oben¬ 
genannter Frage ausgesetzt. Preisrichter sind die Herren Dr. 
Be ch hold, Herausgeber der „Umschau“, Prof. Dr. v. Gru- 
ber, Direktor des hygienischen Instituts der Universität 
München, und Prof. Dr. Hueppe, Direktor des hygienischen 
Instituts der deutschen Universität Prag. — Nähere Auskunft 
wird erteilt von der Redaktion der „Umschau“, Wochenschrift 
für die Fortschritte in Wissenschaft und Technik, Frankfurt 
a. M., Neue Kräme 19/21. 

Im Aerztlichen Vereine der Kreise Bochum, Hattingen und 
Witten kam es zu einer Spaltung, indem 74 Mitglieder austraten 
und unter dem Namen: „Neuer ärztlicher Standesverein der 
Kreise Bochum, Hattingen und Witten“ einen neuen Verein 
gründeten. Die Veranlassung hierzu bot der Antrag des Vor¬ 
sitzenden, sich entweder für Teilnahme an dem Aerzte- 
vereinsbund oder dem Reichsverband zu entschließen. 

(Ende des redaktionellen Ttiles.) 


Kleine Mitteilungen. 

Klinische Betrachtungen über Pyrenol. 

Von Sek'undärarzt F. Ripa. 

Aus dem städtischen Krankenhause in Baden-Wien. 

Medizinisch-Chirurgisches Zentralblatt, 1909, Nr. 52. 

Das auf den neuesten Forschungen über die Wirkung von 
Arzneistoffen aufgebaute Pyrenol brachte einen frischen Zug in 
die Therapie der Respirationserkrankungen. Nachdem dasselbe 
von zahlreichen Krankenhäusern „gewogen und für gut befunden 
wurde“, brachte man es auch am städtischen Krankenhause 
in Baden in ausgedehntem Maße in Anwendung. Eine Influenza- 
epidemie, von der etwa 50 Fälle auf die Station kommen, bot 
eine vortreffliche Gelegenheit zur Erprobung des Präparates. 
Pyrenol wurde in schweren Fällen in der relativ hohen Dosis 
von 4 mal täglich 1,0 verabreicht und auf diese Weise eine aus¬ 
gezeichnete Wirkung erzielt. An den drei Angriffspunkten für 
Pyrenol: Fieber, Schmerzen und Katarrh der Luftwege, wurde 
gleichzeitig eine günstige Wirkung entfaltet und dadurch der 
ganze Verlauf der Influenza milder gestaltet. Es waren eine 


Anzahl Patienten, die schon nach 5 tägigem Spitalaufenthalt 
entlassen werden konnten. Leichte Anfälle von Influenza, die 
nur geringe Temperatursteigerungen und geringe Katarrhe der 
Luftwege aufwiesen, konnten durch energische Pyrenoldosen 
(3—4mal täglich 1,0) schnell beseitigt werden. Gleich günstige 
Wirkung zeigt Pyrenol bei akuten Laryngitiden und Bronchi¬ 
tiden. Am meisten geschätzt wurde Pyrenol bei der Pneumonie, 
gleichviel ob sie als Komplikation der Influenza oder ohne die¬ 
selbe auftrat. 

Auf der Kinder-Abteilung boten Masern, Pneumonie ein 
häufiges Indikationsgebiet für Pyrenol; hier wurde Pyrenol mit 
Sir. Rub. Idaei in 2 proz. Lösung verabfolgt. 


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Vergl. Ablidlg. Prof. Scholtz, Königsberg, Nr. 12 ii. IS, Jnhrg. 1009 «lies. Zeitsclir. 


Verantwortlich: Für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35. Für „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski, Berlin-Rixdorf. 
Verlag: Gustav Ehrke Zeitschrilteuverlag, Berlin W. 9. — Druck von Carl Marschner, Buchdruckerei, Berlin SW. 6b. 

















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Handbuch der Pathologie des Stoffwechsels. 

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(Kissingen), Fr. Kraus (Berlin), O. Loewi (Wien), A. Magnus- 
i Levy (Berlin), M. Matthes (Köln), L. Mohr (Halle), C. Neuberg 
(Berlin), H. Salomon (Frankfurt a. M.), Ad. Schmidt (Halle). 
Fr. Steinitz (Breslau), H. Straus8 (Berlin), AV. 'Weintraud 
(Wiesbaden) herausgegeben von Carl von Noorden. 
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(Bibliothek v. Coler-v. Schjerning, XI. Bd. 2. Aufl.) 

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Vergleichend-biologische Studien und Gedanken 
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Betr. - Krank. - K.-Verb.) 

Sitz: Essen (Ruhr). 


Amrum (Insel). 
Aßweiler i. Pfalz. 


Berlin u.Umgebung (Ma-1 Gielsdorf und Wilken- ! Lindlar, Rhld. 


thilde Rathenaustiftung). 
Bieber, Kr. Offenbach a. M. 
Bocholt, Westf. 
Bremen. 

Brühl (Bez. Köln a. Rh.) 

Colditz i. S. 


dort b.Strausberg,Brdbg. 

Greiftenberg U.-M. 


Halle (Saale). 


Minden, Westi. 
Moorburg b. Hamburg. 
Mülheim (Rhein). 


Hamburg, B.-K. f. Staats- M.-Gladbach. 

angestelfte. Münder a. Deii 


! angestelfte. 

Hamm i. Westf. 

Hanau, San.-V. 

, Hausen (Kr. Limb. a. L.). 


Münder a. Deister. 
Munster, Hann. 

Nackenheim, Rhh. 


Hohentengen (Wttbrg.), Neustettin i. 


Eberswalde i. Brdbg. Hüllhorst, Westf. 
Ebingen, Wttbg. (Arztbez. | 
Frohnstetten-Heinstetten). Itzstedt i. Schl.-Holst. 
Ehrang (B. Trier)O.-K.-K. | 

Eimbeckhausen, Hann. Joachimthal, 
Erkelenz, Rhld. j Kr. Angermünde. 


Niederwürzbach,Pfalz. | 


Recklinghausen i. W. 
j Rhein (O.-Pr.). 
i Rothenkirchen* 
Preßig, Oberfr. 

Salzwedel, Prov. Sa. 
Schirmeck-Saales i.E. 
Schlettstadt, Eis. 
Schornsheim (Rhh.). 
Schwandorf (Bay.). 
Schwarzach i. Ba. 
Schwetzingen, Ba. 
Soldau O.-Pr. 


Falkenberg bei Ahrens¬ 
felde. 

Feilnbach (O.-B.) 
Fiddichow i. Pomm. 
Frankfurt a. M. 
Frechen Bez. Köln a. Rh 


Geilenkirchen, 

Kr. Aachen. 

Gera, R.,Textil-B.-K.-K. 


Kassel-Rothenditmold. Uber- ii. Nieaer-in 

Kemel H -N beim, Rnn. 

Kfrchberg-jagst. Oderberg i. Mark. 

Klein-Auheim, Kr. Offb. 

Köln a. Rh. Stadt-u.Landkr. Pattensen i. Hann. 
Köln-Deutz. Pinne i- Posen. 


Nordgermersleben 

(Kr. Neuhaldensleben), 

Oberbetschdorf i. Eis. 
Oberhausen i- Rhld. 
Obersept, O.-Els. 

Ober- u. Nieder-Ingel- 
heim, Rhh. 
Oderberg i. Mark. 


Köngen, Wttbg. 
Königsberg i. Pr. 
Korbach (Waldeck). 
Kupferhammer b. 

Eberswalde. 


Pinne i. Posen. Walsheim b. Bliesk 

Puderbach(Kr.Neuwied). Weibern i. Rbld. 

I Weidenthal, Pfalz. 

Quinf b. Trier. Weilheim, Bay. 


Rastenburg, O.-Pr. 


Weilheim, l’iaj 
Weisenau b. Mainz. 
Weißenfels (Saale). 


Wesseling, Rhprov. 
Wessling (O.-Bay.). 
Westd. Vers.-Kr. u. Unter- 
stützungs- Zuschuß- Kasse 
Köln a. Rh. 
Wiesbaden. 

Wriezen a. 0. 

Zingst, Pom. 


St. Ludwig, O.-Els. 
Stettin , Fab.-K.-K.-Vulk. 

Strausberg i. Brdbg. 
Strehla a. E. 

Templin, Brdbg. 
Thalneim i. Erzgeb. 

Urft (Schmidtheim) Kr. 
Schleiden. 

Wallhausenb.Kreuznach. 
Walsheim b. Blieskastel. 


Ueber vorstehende Orte und alle Verbandsangelegenheiten erteilt jederzeit Auskunft der Generalsekretär G. Kuhns, Arzt, Leipzig, Dufourstraße 18, II, Sprechzeit 
nachm. 3—6 (außer Sonntags). Kostenloser Nachweis von Praxis-, Auslands-, Schiffsarzt- und Assistentensteilen sowie Vertretungen. 

Druck von Carl Marsebner Berlin SW. 68. 


RSITY OF MICHIGAN 










TherapeutischeRundschau 


Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 


Redaktion: 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 
Telephon: Amt VI, 17271. 


Verlag und Expedition 

Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. 


Berlin, 27. Februar 1910. 


Nr. 9. 


Die ..Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M.. für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 PI. Zu beziehen durch den Verlag 
sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht K Tage vor (Jnartalscliluss abbestellt sind. Inserate werden für die 4gespaltene 
Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 15, M. Rcklamezcile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt. 


Originalieu: 

Axel Winckler, Bad Neimdorl: Hartes oder weiches Trink- 

wasser?.129 

Carl Hiss, Bad (lästern: Hoher die Behandlung der nervösen 
Dyspepsie mit Hochfrequenzströmeu.132 

Referate: 

Ot.fried 0. Fellner, Wien: Graviditätstoxikosen. Sammel- 
referat. . . . ..134 


K. Försterling, Mörs: Chirurgie.136 

H. Lehr, Stuttgart: Orthopädie . . . ... • 137 

Wern. II. Becker, Weilmünster: Neurologie und Psychiatrie 137 

11. B. Schmidt, Berlin: Radiologie. 139 

Winckler, Bad Nenndorl: Nahrungs- und Genußmittel . . 139 
v. Rutkowski, Berlin, und Lipschitz, Berlin: Varia . . 140 

Mitteilungen über Arzneimittel: 

W. Krüger, Magdeburg: Referate.141 

Allgemeines.143 


ORIGINALIEN. 


Hartes oder weiches Trinkwasser? 

Von Prof. Di. Axel Winckler, 

Kgl. dirig. Brimnenarzt am Bade Nenndorf. 

Je nachdem ein Trinkwasser beschaffen ist, kann es 
einem Menschen 1 Gesundheit und langes Leben oder Krank¬ 
heit und frühen Tod bringen. Die Keime im Wasser hat 
uns die Bakteriologie erkennen und beurteilen gelehrt. Die 
mineralischen Bestandteile weist uns die Chemie nach; 
aber wieviel davon in einem Trinkwasser notwendig oder 
nützlich sei, darüber sind die Gelehrten noch nicht einig, 
was sehr bedauerlich ist, da die Sache sowohl für die per¬ 
sönliche als auch für die öffentliche Gesundheitspflege 
ungemein wichtig ist. 

Auf die Frage: „Ist hartes oder weiches Trinkwasser 
vorzuziehen?“ geben die Sachverständigen in verschiede¬ 
nen Ländern sehr verschiedene Antworten. Die englischen 
Hydrologen ziehen das weiche Wasser vor. Frank¬ 
land lehrt: „Da der Mensch in seinen Speisen die zu 
seiner Ernährung nötige Menge Kalk findet, soll sieh sei)] 
Trinkwasser möglichst dem gelüfteten destillierten Wasser 
annähern.“ 

Diese Meinung ist in England seit etwa hundert Jah¬ 
ren verbreitet und namentlich durch die Makrobiotik eines 
Dr. Eowbotliam volkstümlich geworden. (Biologv, 
Hygiene and Hydropatliy; an inquiry into tlie cause of 
natural deatli from old age, 1842. With Supplement by 
(1. I). Hughes, Manchester mul London, 1.899, John 
Heywood.) R o w b o t h a m weist darauf hin, daß 
sich die ursprünglich weichen Gewebe unseres Körpers im 
Verlaufe der späteren Lebenszeit immer mehr mit erdiger 
Materie imprägnieren und daß dieser Prozeß ein charak¬ 
teristisches Merkmal des Alters sei. Im hohen Greisen- 
alter sei der menschliche Organismus so sehr mit erdigen 
Materien angefüllt, daß die Kippenknorpel verknöchert, 
die Knochen brüchig, die Muskeln zähe und trocken, die 
Arterien verkalkt gefunden werden und die zarten Teile 
der Sinnesorgane durch Sklerose beschädigt seien. An¬ 
häufung von erdigen Materien, hauptsächlich von Kalk, 
sei die eigentliche Ursache des natürlichen Todes. Mehr 
oder weniger erdige Materien seien in unseren Speisen 
und Getränken enthalten; mit ihnen gelangen sie in'unse¬ 


ren Körper, gehen nachweislich ins Blut über und werden 
größtenteils wieder ausgeschieden, teilweise aber in den 
Organen als ein Ballast abgelagert, der im Verlaufe der 
Jahre immer massenhafter und immer schädlicher wird. 
R o w b o t h a in sagt scherzweise, daß ein Mensch, der täg¬ 
lich ein Quart hartes Wasser trinke, sich binnen 40 Jah¬ 
ren so viele erdige Materie einverleibe, wie einer manns¬ 
hohen steinernen Säule entspricht. Wenn nicht der größte 
Teil davon durch Darm und Nieren ausgeschieden würde, 
wäre es mit dem Leben rasch zu Ende. Aber wenn sogar 
neun Zehntel der eingeführten Erden durch die Ans- 
scheidungsorgane wieder fortgeschafft werden, so bleibt 
doch ein Zehntel im Körper abgelagert zurück. Diese Re¬ 
tention von Erden sei schuld daran, daß wir den gedach¬ 
ten Altersveränderuugeii schließlich doch nicht entgehen 
können, aber es wäre töricht, diesem Prozeß durch eine 
kalkreiche Kost Vorschub zu leisten, ihn zu beschleunigen. 
Man dürfe deshalb von gewissen Speisen und Getränken, 
die einen großen Gehalt an erdigen Bestandteilen haben, 
nur wenig genießen, ln hartem Trinkwasser ist dieser 
Gehalt enorm groß; an Orten mit derartigem Wasser 
braucht man nur in die Küchengescliirre und Wasserkessel 
zu schauen, und kann an der Dicke des Kesselsteins schau¬ 
dernd ermessen, wieviel erdige Materie man in den Leib 
einfüllrt, wenn man solches Wasser trinkt. Wieviel Erden 
wir mit den verschiedenen Speisen einführen, können wir 
ohne weiteres aus den chemischen Analysen der Nahrungs¬ 
mittel ersehen und danach eine zweckmäßige Auswahl 
treffen. Der Kalk ist unter den Erden in Trank mul 
Speise quantitativ die Hautpsache und qualitativ die 
Hauptschädlichkeit. Die Reichen — meint R o w b o t h a m 
— leben meistens länger als die Armen, weil sie vorzugs¬ 
weise kalkarme Nahrungsmittel, wie z. B. Fleisch, genie¬ 
ßen, die Armen hingegen mehr von dem kalkreichen Brot 
essen. Und hei einer und derselben Kost leben die Mäßi¬ 
gen länger als die Fresser, weil die Mäßigen sich mit den 
kleineren Portionen von Speisen und Getränken absolut 
weniger erdige Materie einverleiben. 

Ein Schüler R o w b o t h a m s , Dr. H u g h e s , der m 
seinem 75. Lebensjahre das Buch seines Meisters neu 
herausgegegeben hat, erläutert dessen Lehre nicht übel 
durch folgendes Gleichnis: Wer seinem Körper, nachdem 
er das Wachstum vollendet hat, reichlich erdige Materien 
einzuver leiben fortführt, gleicht einem wahnsinnig ge- 


















130 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 9 


wordenen Baumeister, der nachdem er ein Haus erbaut 
hat, immer noch neue Mengen von Mauersteinen, Mörtel, 
Bauholz und anderen Baumaterialien herbeischafft und in 
dem Hause aufstapelt, bis alle Räume und Gänge damit 
vollgestopft, unwegsam und unbrauchbar geworden sind 
und das Gebäude unter der Last zusammenbricht. Dieser 
Autor geht noch weiter als R o w b o t h a m , indem er an¬ 
statt gewöhnlichen weichen Wassers filtriertes Regen¬ 
wasser oder destilliertes Wasser zu trinken empfiehlt. 

In gleichem Sinne haben noch andere englische und 
auch amerikanische Aerzte das harte Trinkwasser verpönt 
und weiches Trinkwasser für Gesunde und Kranke gefor¬ 
dert. Ich nenne außer dem schon erwähnten F r a n k - 
I a n d noch W i 11 i a m Lambe, T. L. N i c h o 1 s , 
C h a s. W. de La c y Evans, M. L. Holbro o k und 
die auch in Deutschland bekannten H e r m a n n W eher 
und P a r k es Weber, Verfasser eines trefflichen Lehr¬ 
buches der Balneologie; diese empfehlen, wenn das ge¬ 
wöhnliche Trinkwasser des Ortes sehr hart oder von 
zweifelhafter Reinheit ist, destilliertes Wasser zu trinken, 
„welches für manche Patienten künstlich lufthaltig ge¬ 
macht werden kann wie das Salutaris-Wasser“. 

In Frankreich hält man seit den Untersuchungen von 
Dupasquier und namentlich von Boussinganlt 
dasjenige Trinkwasser für das beste, welches ungefähr ein 
halbes Gramm mineralische Bestandteile im Liter enthält. 
Diese Mineralisation ist nach Ansicht der französischen 
Hydrologen erforderlich, um das Knochengerüst der Men¬ 
schen und Tiere in gutem Zustande zu erhalten. Obgleich 
diese Bestimmung eine willkürliche ist, wird sie dort offi¬ 
ziell anerkannt und ist vom Annuaire des eaux de la France 
als Norm angenommen worden. Mein alter Lehrer Bou- 
c h a r d a t, weiland Professor der Hygiene zu Paris, sagt 
in seinem Traite d’liygiene publique et privee (2 me edition, 
Paris 1883, p. 156), man könnte zwar einen noch stärkeren 
Mineralgehalt zulassen, wenn es sich hauptsächlich um die 
Bikarbonate des Kalks, der Magnesia und des Eisens 
handle, das Wasser keine schädliche organische Substanz 
enthalte und angenehm schmecke, aber aus äußerlichen 
Gründen sei es doch zweckmäßig, au jener Bestimmung 
festzuhalten, da das Wasser der städtischen Leitungen 
nicht nur zum Trinken benützt werde, sondern auch als 
Nutzwasser verschiedenen ökonomischen Zwecken dienen 
müsse, wozu härtere Wasser ungeeignet seien. 

In Deutschland hat man bis vor kurzem, wie in Frank¬ 
reich, nur eine mäßige Härte des Trinkwassers für nötig 
und nützlich erachtet; neuerdings sind aber mehrere Auto¬ 
ren aufgetreten, die ein recht hartes verlangen und 
weiches Trinkwasser gänzlich verwerfen. 

Ein solcher Lobredner des harten Trinkwassers ist 
der Geheime Hofrat Prof. Dr. Hempel, Chemiker in 
Dresden, dessen Vortrag über „Die Trinkwasserversor¬ 
gung der Städte vom chemischen Standpunkt“ im Novem¬ 
ber 1908 von der „Baineologischen Zeitung“ veröffent¬ 
licht worden ist. Hempel behauptet, daß die Menschen 
dort, wo der Boden und die Gewässer kalkreich sind, kraft¬ 
voll, lebensfroh und vergnügt seien, während die auf 
weiches Wasser angewiesenen Bewohner des Hochgebirges 
ernst seien und daß man unter diesen viele Idioten finde. 
Man vergesse heutzutage, daß der Mineralgehalt eines 
Trinkwassers für die menschliche und tierische Ernährung 
wichtig sei. Der bakteriologische Befund dürfe nicht in 
erster Linie in Frage kommen, ebensowenig das Interesse 
der Dampfkesselbesitzer, die stets weiches Wasser forder¬ 
ten. Das Wasser der alten Pumpbrunneu in Dresden sei 
gern getrunken worden, aber das jetzige Leitungswasser 
mit nur 0,118 g Fixa im Liter sei zu weich. Er habe ver¬ 
sucht, das Wachstum eines Knaben dadurch zu fördern, 
daß er ihm kalk- und salzreicheres Wasser zu trinken gab; 
zu diesem Zwecke wurden die erforderlichen Salze dem 
sehr weichen Wasser aus dem artesischen Brunnen zu 


Dresden zugesetzt; der Erfolg habe die gehegten Erwar¬ 
tungen weit übertroffen. H e m p e 1 gibt die Losung aus: 
„Weiches Wasser für das Waschhaus, die Dampfkessel und 
Lokomotiven, hartes Wasser in die Trinkkaraffen!“ und 
schließt mit dem Vorschläge, man möge in den großen 
Städten aus dem vorhandenen weichen Wasser durch 
künstliche Zusätze hartes Gesundheitswasser zum Trinken 
bereiten und dieses den Einwohnern billig liefern. 

Eine größere Arbeit von gleicher Tendenz ist das Buch 
des Hofrats Dr. C. Böse: „Erdsalzarmut und Entartung.“ 
(Berlin 1908.) Der Verfasser hat sich die ungeheure Mühe 
gegeben, in 164 Ortschaften die Zähne von 87 617 Volks¬ 
schulkindern und die Härte des Trinkwassers zu unter¬ 
suchen, und bringt nun die Zahnverderbnis in Beziehung 
zur Erdsalzarmut des Trinkwassers. Je härter das Trink¬ 
wasser eines Ortes, desto besser seien daselbst die Zähne. 
Ferner bemüht sich Röse, auf Grund eines kleineren 
Materials auch Militärtauglichkeit der jungen Männer, 
Stillungsunfähigkeit der Frauen und Rachitis der Kinder 
als Folgen der Weichheit des Trinkwassers nachzuweisen. 
Er polemisiert heftig gegen das kalkarme Leitungswasser 
der großen Städte; dieses weiche Wasser verschulde es, 
daß die großen Städte die Massengräber unserer Volks¬ 
gesundheit seien. Wer seinen Kindern die Vorteile erd- 
salzreiclier Ernährung sichern wolle, müsse schon vor 
ihrer Geburt bei sich selbst mit der Zufuhr von Erdsalzen 
beginnen. Erdige Mineralwässer möge man trinken. Zahl¬ 
reiche Kalk- oder Erdsalzsanatorien müßten errichtet 
werden. 

Kürzlich hat auch einer unserer angesehensten Phar¬ 
makologen, Prof. Kion k a in Jena, in einer Abhandlung 
„Ueber Mineralwasserwirkungen“ (S.-A. aus der „Deut¬ 
schen Klinik am Eingänge des 20. Jahrhunderts in aka¬ 
demischen Vorlesungen“, Berlin und Wien, 1909, S. 775) 
von s c li ä d l i c h e n El n w i r k u n g e n gesprochen, die 
s c hwach mineralisiertes oder gar destilliertes 
Wasser „auf die Epithelien der Verdauungswege, sodann 
auf den gesamten Organismus durch übermäßige Ausfuhr 
mineralischer Stoffe ohne gleichzeitigen Ersatz durch 
andere ausübt“. 

Hat man von diesen Aussprüchen deutscher Gelehrter 
Kenntnis genommen und hört alsdann die ernsten Be¬ 
denken und schweren Beschuldigungen, welche die engli¬ 
schen Aerzte und Hygieniker gegen das harte Trinkwasser 
erheben, so ist man verblüfft. 

„Denn ein vollkonnnner Widerspruch 

Bleibt gleich geheimnisvoll für Kluge wie für Toren.“ 

Ich rekapituliere: Die englischen Autoritäten ver¬ 
langen, daß Trinkwasser weich sei, die französischen, daß 
es mäßig hart sei, und die deutschen verlangen neuerdings, 
daß es hart sei. 

Was die einander widersprechenden Autoren an Argu¬ 
menten vorgebracht haben, habe ich berichtet. Bevor ich 
nun meine eigene Ansicht darlege, will ich die wissen¬ 
schaftlichen Daten erörtern, worauf sich ein Urteil grün¬ 
den läßt. 

Die ganze uns hier beschäftigende Streitfrage dreht 
sich im Grunde um das Kalkbedürfnis und den Kalkstoff¬ 
wechsel des Menschen. Leider ist dieses Gebiet sozusasren 
voll Glatteis, worauf man bei jedem Schritte auszugleiten 
befürchten muß. Nur kritisch vorgehend dürfen wir hof¬ 
fen, der Wahrheit nahezukommen. 

Der Kalk ist neben der Phosphorsäure weitaus der 
vorherrschende Mineralstoff des menschlichen Körpers.- 
Was die Autoren Demineralisatiön nennen, bedeutet in 
erster Linie Entkalkung, und Retention von Mineral- 
stoffen bedeutet zunächst Ueberladung mit Kalk. Der 
allergrößte Teil, über 80%, der Asche unseres Körpers be¬ 
stellt daraus. Liebreich (Enzyklopädie der Therapie, 
Berlin 1896, Bd. 1, S. 545) schätzt bei einem 62,5 kg 
schweren Manne den festen Rückstand auf 22,4375 kg oder 




1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


131 


35,9%, den Aschengehalt auf 2715,5 g oder 4,3%. Von 
diesen 2715,5 g würden die Kalksalze 2200,5 ausmaekeu, 
also 3,5% des Körpergewichts oder 81,3% der Asche. 
Nach einer anderen Angabe enthält der Körper eines er¬ 
wachsenen, 80 kg schweren Menschen 1750 g Kalzium. 

Daß ein eingeäscherter Mensch soviel Kalk liefert, 
kommt aber hauptsächlich auf Rechnung des Skeletts, der 
Knochenerde, und ist weiter nicht auffallend. 

Hingegen merkwürdig und zum Nachdenken an¬ 
regend ist die T at s a c li e , d aß das Blut nur 
ä ii 1.1 er st wenig Kalk enthält, nur 1%, höchstens 
2% der Reinasche. 

Was folgt daraus ? Wenn nur so wenig Kalk im Blute 
kreist, so erkennen w i r d a r a u s , daß w i r n u r 
w i n z i ge M e n gen N a h.rungskalk a s s i in i - 
Her e n u n d daß unser Kalk st offwechsel 
m i n i m a 1 i s t. (Nebenbei bemerken wir, daß sich aus 
dieser Langsamkeit des Kalkstoffwechsels der schleppende 
Verlauf aller Knochenkrankheiten und die langsame 
Heilung verletzter Knochen ungezwungen erklären läßt.) 
Wenn wir noch so viel Nahrungskalk in den Verdauungs- 
traktus einführen, so nimmt das Blut, wie eben die Blut- 
analyse zeigt, doch niemals mehr als jene Kleinigkeit auf; 
was darüber ist, wird nicht benutzt, ist gleichsam eine 
Bürde, deren wir uns wieder entledigen. 

Die Ausscheidung der resorbierten Kalksalze erfolgt 
zum kleinsten Teil durch die Nieren; nur 5—10% davon 
erscheinen im Harn, das übrige wird mit dem Kot entleert. 
Die Hauptmenge des Kalks beschreibt einen intermediären 
Kreislauf: sie wird vom Dünndarm resorbiert und kommt 
in den tieferen Dannpartien durch die hier-befindlichen 
Drüsen der Mucosa wieder zur Ausscheidung in den Dick¬ 
darm hinein. Sonach geben die im Harn erscheinenden 
Kalkmengen keinen Maßstab für die Resorptionsverhält¬ 
nisse; es müssen über einen längeren Zeitraum ausge¬ 
dehnte Kotanalysen hinzukommen; der Kalkgelialt der 
nicht ausgenützten Ingesta muß berücksichtigt werden; 
kurz, die Forschung begegnet großen Schwierigkeiten. 
Diese mögen Ursache sein, daß die Untersucher zu auf¬ 
fallend verschiedenen Resultaten gelangt sind. Bunge 
gab noch das tägliche Kalkbedürfnis des Menschen auf 
3,3 g an, aber die neueren Untersucher haben erheb¬ 
lich w eiliger gefunden, Oberndorffer im Mittel 
nur 1,5 g, Ii e n v a 1 1 blieb mit nur 0,688 bis 0,860 g Kalk 
im Gleichgewicht, und Bertram bedurfte in einem 
Selbstversuch nur 0,4 g. Da die letzten Forscher sämt¬ 
lich nur winzige Werte gefunden haben, dürfen wir in 
Uebereinstimmuug mit vielen neueren Autoren annehmen, 
daß der tägliche Kalkbedarf eines erwachsenen Menschen 
etwa % g beträgt. Das ist angesichts der Befunde von 
R e n v a1 1 und Bertram eher zu hoch als zu niedrig 
gegriffen. Nach W i 1 k e , der in seinem soeben erschie¬ 
nenen „Grundriß der Stoffwechselkrankheiten und Konsti- 
tutionsfi! ‘ - alien“ (Wiesbaden 1909, S. 23) gleichfalls den 
täglichen Bedarf des Erwachsenen an Kalk auf 0,75 g an¬ 
gibt, beträgt das Kalkbedürfnis des Kindes im ersten 
Lebensjahre 0,5 g täglich, was relativ mehr, aber absolut 
doch auch recht wenig ist. Friedleben berechnete den 
täglichen mittleren Kalkbedarf des lieranwachsenden 
Jünglings auf nur 0,17 g! Jedenfalls bedarf der Körper, 
sobald der Aufbau seines Knochengerüstes vollendet ist, 
nur noch einer minimalen Kalkzufuhr, wie jene angeführ¬ 
ten physiologischen ITutersuchungsergebnisse. unzweifel¬ 
haft erkennen lassen. 

Auf Grund dieser Daten einerseits, der bekannten 
Aschenanalysen andererseits und unter Berücksichtigung 
der F ö rste r sehen Annahme, daß 60% der eingeführten 
Kalksalze resorbiert werden, urteile ich, wie schon andere 
vor mir geurteilt haben, d a ß m a n i n d e n g e w ölin- 
liehen Speisen gen u g u n d ii b e r g e n u g K a 1 k 
e rhält, so d a ß die Sorge um eine Ergäu- 


z u n g d e r K a 1 k z u f u h r e t w a m i 11 e 1 s h arte n 
T r i n k w assers überflüssig i s t. Die Prä¬ 
sumtion eines Kalkmangels ist von v o r nherei n u n - 
wahrscheinlich. Ist doch der Kalk, mit Kohlen¬ 
säure verbunden, die verbreitetste Substanz der 
Erdoberfläche und deshalb in allen unseren Nahrungs¬ 
pflanzen enthalten! Vollends wer auch Milch und Eier 
genießt, treibt eine förmliche Lnxnskonsumtioii 
von Kalk (die, wie wir später sehen werden, für ältere 
Personen sogar bedenklich werden kann). Aber auch die 
sich ohne Milch und ohne Eier ernährenden echten Vege¬ 
tarier brauchen keinen Kalkmangel zu befürchten. Ein 
nur von Vegetabilien lebender Mensch führt nach Hein¬ 
rich Bauernfeinds sorgfältiger Berechnung („Die 
polare Verteilung der Aschen- oder Mineralstoffe“, Ans¬ 
bach 1898, S. 60) täglich 2,24 g Kalk ein, also das Drei¬ 
fache dessen, was er nötig hat. Eine wirklich kalkarme 
Kost zusammenzustellen, ist außerordentlich schwierig. 
Prof. R u m p f, der eine solche Kost therapeutisch erpro¬ 
ben wollte, kombinierte sie ans 250 g Fleisch und je 100 g 
Brot, Fisch, Kartoffeln und Aepfeln, was sonderbare 
Speisekarten ergibt, worauf niemand von selbst verfallen 
würde. Diese Kost enthielt immerhin noch 0,52 g Kalk 
und Magnesia, mithin über ein halbes Gramm Erdsalze, 
was sicherlich noch mehr ist als das physiologische Mini¬ 
mum. Aber weil eben fast alle unsere Nahrungsmittel 
Erdsalze enthalten, ist es unmöglich, eine Kost zu kon¬ 
struieren, die unseren Körper in dieser Hinsicht wirklich 
Mangel leiden ließe. 

Für den Nahrungskalk der Kinder brauchen wir eben¬ 
sowenig zu sorgen wie für den der Erwachsenen. Der Säug¬ 
ling findet selbstverständlich Kalk genug in der Mutter¬ 
milch, und noch viel mehr erhält das der Brust entwöhnte 
Kind in der Kuhmilch, die drei- bis viermal kalkreicher 
ist als die Frauenmilch. Diese überreichliche Kalkmenge 
mag zum Wachstum und zur Konsolidierung des Knochen¬ 
gerüstes dienlich sein, weshalb die Kuhmilch ihren Ruf als 
gutes Kindernahrungsmittel wohl verdient. Sobald aber 
das Wachstum des Skeletts vollendet ist, Kalkbedarf und 
Kalkstoffwechsel auf ein Minimum gesunken sind, stellt 
sich bei vielen Menschen eine instinktive Abneigung, bei 
manchen sogar unüberwindlicher Ekel vor diesem kalk¬ 
reichsten Nahrungsmittel ein. 

Ein Kind würde selbstverständlich auch ohne Kuh¬ 
milch Kalk genug erhalten. „Würde ein Kind aus¬ 
schließend mit Kartoffeln genährt und erhielte es davon 
täglich nicht mehr als ein Pfund, — eine zur Fristung 
des Lebens ungenügende Menge! — es wäre schon damit 
der tägliche Bedarf zum Ausbau des Skelettes ums Dop¬ 
pelte gedeckt. Es ist hieraus zu ersehen, daß man keinen 
Grund hat, kalkführendes Trinkwasser mit Rücksicht auf 
die kartoffelessende Bevölkerung für ein Nahrungsbedürf¬ 
nis zu erklären.“ (F r i e d 1 e b e n , Archiv der Heilk., 
1861, 139.) 

Nur in einigen Krankheiten, die den biochemischen 
Haushalt des Organismus aufs tiefste zerrütten, z. B. bei 
der Rachitis, bei der Tuberkulose und bei der uratischen 
Gicht, scheint eine wirkliche Kalkverarmung des Körpers 
zustande zu kommen. Dann ist aber keineswegs ein Mangel 
an Nahrungskalk die Ursache, sondern die Unfähigkeit des 
kranken Körpers zur Kalkresorption und Kalkapposition. 
Deshalb kann z. B. einem rachitischen Kinde hartes Trink¬ 
wasser so wenig nützen wie irgendein pharmazeutisches 
Kalkpräparat. Wenn ein kranker Organismus seinen 
eigenen Kalk größtenteils ausscheidet und den ihm zu¬ 
geführten wie einen Fremdkörper hindurchpassieren 
läßt, ist es ein irrationelles Bemühen, ihn mit Kalk füttern 
zu wollen. 

Die Irrlehre, daß wir in unserer Nahrung zu wenig 
Kalk vorfänden, wie überhaupt die ganze Legende vom 
Nährsalzmangel, ist im Lager der Kurpfuscher entstanden 



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132 THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. Nr. f) 


und hat erst nach und nach bei manchen Aerzten Glauben 
gefunden, neuerdings sogar einige Gelehrte merklich be¬ 
einflußt. Der Urheber dieser Irrlehre war ein zu Henns- 
dorf unterm Kynast privatisierender ehemaliger Apo¬ 
theker namens Julius Hensel, der die Heilkunst 
und gleichzeitig die Landwirtschaft reformieren wollte und 
hauptsächlich als Erfinder eines Steinmehldüngers be¬ 
kannt geworden ist. Dieser geistreiche aber phantastische 
Autor hat in seinem 1882 zu Philadelphia erschienenen 
Hauptwerke „Das Leben“ zuerst die These aufgestellt, die 
gebräuchliche Kost der Europäer enthalte zu wenig 
Mineralstoffe. Um diesem Mangel abzuhelfen, brachte er 
„physiologische Erden“, „physiologisches Salzwasser“ und 
andere mineralische Spezialitäten auf den Markt. Diese 
pharmazeutischen Präparate wurden wenig gekauft, da 
Hensel sich nicht auf die geschäftliche Reklame ver¬ 
stand, aber seine Lehre vom Nährsalzmangel fand unter 
Sektierern aller Art begeisterte Anhänger. Sie wurde 
namentlich von den Naturheilkundigen, die der beständi¬ 
gen „Wasseranwendungen“ b la Prießnitz müde ge¬ 
worden waren, begierig aufgegriffen und ausgenützt. Dr. 
Hei n r i c h L a h m a n n , Besitzer der Naturheilanstalt 
Weißer Hirsch bei Dresden, entwickelte die H e n s e 1 sehe 
Theorie in seinem Buche über „die diätetische Blut¬ 
entmischung“, freilich ohne H e n s e 1 zu nennen. Er ver¬ 
suchte diese Lehre exakt zn begründen, was ihm jedoc-h 
mißlungen ist. Er nahm nämlich die Kuhmilch, die doch 
eigentlich für das wachsende Kalb bestimmt ist und selbst¬ 
verständlich einen großen Kalküberschuß für dessen 
Knochenbildung enthalten muß, als Normal nälir- 
gemenge für den Menschen an und verglich ihren 
Mineralgehalt mit dem einer will k ii r 1 i c h aus gleichen 
Teilen Fleisch, Roggenmehl, Kartoffeln und Erbsen zu- 
sannnengestellten Kost, die er als Beispiel des „gebräuch¬ 
lichen Nährgemenges“ der europäischen Völker annimmt, 
obgleich höchstens die Zuchthäusler eine Kost genießen, 
die zu einem Viertel aus Hiilsenfriiehten bestellt. Aus sol¬ 
chen gekünstelten Prämissen folgert er, daß unsere ge¬ 
bräuchliche Nahrung an Natron um das Sechsfache, an 
K a 1 k u m d a s E If fache z u a r m sei! Ferner ver¬ 
gleicht er den aus der Tageskost einer Familie berechne¬ 
ten Mineralgehalt wiederum mit dein Mineralgehalt der 
— Kuhmilch, und findet natürlich ein Defizit an Kalk und 
Natron. Dem naheliegenden Einwurf, weshalb er denn 
nicht die Frauenmilch als Prototyp der menschlichen Nah¬ 
rung seinen Kalkulationen zugrunde legte, weicht er aus 
mit der kahlen Ausflucht, daß er „die meisten Analysen 
der Frauenmilch wegen der falschen Ernährung des 
Menschengeschlechts nicht für normal erachten kann“. 
Man weiß aber aus sämtlichen Analysen der Frauenmilch, 
daß sie viel weniger Natron und sehr viel weniger Kalk 
enthält als die Kuhmilch, so daß jener künstlich kon¬ 
struierte Natron- und Kalkmangel illusorisch wird. Be¬ 
denkt man vollends, daß die Frauenmilch nur für das 
wachsende Kind bestimmt ist, mithin viel Kalk für die 
Kalzifikation der Knochen liefern muß, während der er¬ 
wachsene Mensch mit seinem fertigen Skelett nur ein mini¬ 
males Kalkbedürfnis hat, so muß man einsehen, daß man 
aus der Zusammensetzung irgendwelcher Milch überhaupt 
keinen Maßstab für das Nährsalzbedürfnis eines erwachse¬ 
nen Menschen entnehmen darf. La hm au ns Versuche, 
eine aus Nälirsalzmangel abgeleitete Dvsämie als Ursache 
aller Krankheiten zu statuieren, zeigt, wie einseitig man 
wird und zu welchen Uebertreibungeu und Fehlschlüssen 
man gelangt, wenn man alles durch die Brille einer vor¬ 
gefaßten Tdee betrachtet. 

Nachdem ich La h mann widerlegt habe, muß ich 
mich auch mit dem neuesten Nährsalztheoretiker Rose 
befassen, der in seinem bereits von mir erwähnten Buche 
„Erdsalzarmut und Entartung“ dem weichen Trinkwasser 
viel Böses nachsagt und ihm, vor allem die Zahnverderbnis 


zur Last legt. Die kolossale Menge statistischen Materials, 
die R ö s e in seinen Tabellen beibringt, hat mich nicht zu 
überzeugen vermocht. Denn es lassen sich schwerwiegende 
Tatsachen dagegen anführen, die Rose selbst nicht un¬ 
bekannt geblieben sind. Zum Beispiel erfreuen sich die 
Bewohner Ostfrieslands guter Zähne, obgleich sie absolut 
weiches Wasser, nämlich Regenwasser aus Zisternen 
trinken! Rose versucht (S. 14) diese ihm unbequeme 
Tatsache, die seine Theorie umwirft, dadurch zn entkräf¬ 
ten, daß er erstens sagt, diese Leute benutzen „teilweise“ 
auch das dortige harte Grundwasser — was sehr selten Vor¬ 
kommen dürfte, da dieses Wasser wegen seines scheußlichen 
Geschmacks fast untrinkbar ist und die Bevölkerung eben 
deshalb zum Regenwasser greift; — zweitens tränken sie 
viel Milch. Nun, mit diesem Argument schlägt Rose 
sich selbst. Denn eben das spricht ja gegen die Not¬ 
wendigkeit harten Trinkwassers, daß man schon in der 
Nahrung Erdsalze zur Genüge vorfindet! Ein halbes Liter 
Kuhmilch enthält schon 0,8 g Kalk, also mehr als den täg¬ 
lichen Kalkbedarf, von den übrigen Nahrungsmitteln gar 
nicht zu reden. — Aus einer schwedischen Statistik hatte 
Förberg ähnlich wie Röse einen Zusammenhang 
zwischen Trinkwasserhärte und Güte der Zähne ableiten 
wollen, wogegen F, c k s t r ö in in einer scharfen Kritik 
eingewendet hatte, daß die Bewohner der Insel Gotland 
schlechte Zähne haben, obgleich Boden und Gewässer die¬ 
ser Insel kalkreich sind. Die Sache stimmt also nicht. 
Allerdings hat R öse der Ecks t r ö m sehen Kritik eine 
Antikritik entgegengesetzt; diese Abhandlung war mir 
leider nicht zugänglich. Die Widerstandsfähigkeit der 
Zähne gegen die Karies hängt zwar von der Härte des 
Zahnschmelzes, diese Härte aber wolil mehr vom Gehalt 
des Schmelzes an Fluor als von den zugeführten Kalk- und 
Magnesiamengen ab. (Schluß folgt.) 


Ueber die Behandlung der nervösen Dyspepsie 
mit 11 ochfrequenzströmen. 

Von Dr. Carl Hiss. Bad Gastein. 

Seit Tesla s vorzüglicher Beweisführung von den 
Möglichkeiten der elektrischen Hochfrequenzströme im 
Jahre 1880 beobachtete die medizinische Welt mit wach¬ 
sendem Interesse die Rolle, welche diese elektrische Form 
bei der Behandlung von Krankheiten zu spielen imstande 
sein wird. Es war jedoch das Ergebnis der experimen¬ 
tellen Untersuchung des hervorragenden französischen 
Gelehrten und Arztes d'A r s o nval und von W. J. Mor¬ 
ton, daß diese elektrischen Ströme ihre richtige An¬ 
erkennung als therapeutisches Agens fanden. DArson- 
v a 1 s erste Mitteilung erschien vor der französischen 
Akademie im Jahre 1890. Bald nachher vollendete 
O u d i n einen Apparat, welcher elektrische Entladungen 
von ungeheurer Spannung und Frequenz erzeugte. G u - 
s 1 a v Rons modifizierte die von (Jüdin, Eivierc 
und Don in er angegebene Methode, welche ausschlie߬ 
lich in der Applikation von Effluvien von einem Hoch¬ 
spannungstransformator bestand, indem er nach einer 
langen Reihe von experimentellen Untersuchungen zeigte, 
daß elektrische Ströme von außerordentlich hoher Span¬ 
nung und Frequenz imstande sind, Medikamente in lebende 
Gewebe zu treiben. Im Jahre 1902 erklärte Morton im 
technologischen Klub in New York, daß es möglich sei, 
durch künstliche Fluoreszenz in lebenden Geweben, her¬ 
vorgerufen durch innere oder äußere Anwendung von ge¬ 
wissen fluoreszierenden Substanzen, die Wirkung der 
Hochfrequenzströme zu erhöhen. Seit dieser Zeit wird 
diese Methode mit sichtlichem Erfolge geübt. 

Die Funkenentladung gehört zu den ältesten stati¬ 
schen Anwendungsformen, Ihre erste Anwendung zur Be- 



1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


183 


haudlung vom verschiedenen Krankheiten geschah im 
Jahre 1734 vom Abbe N ol 1 e t. In späteren Jahren hat 
B e n j a m i n F r a n k 1 i n den Apparat zur Erzeugung 
von statischen Entladungen bedeutend verbessert. Die 
Maschine, welche von diesen ersten Beobachtern verwen¬ 
det wurde, war immer vom Reibungstypus. F r a n k - 
lins Maschinen in Verbindung mit den Leydener 
Flaschen, setzten ihn instand, Funken von hinreichender 
Länge durch Ladung und Entladung der Kondensatoren 
zu erzeugen. Die primitive Form zur Erzeugung von 
Funken, welche eine mühsame und ungenügende war, und 
wahrscheinlich zusammen mit der Unwissenheit des Modus 
operandi verhinderte die günstige Aufnahme von seiten 
der Aerzte. Jedoch F r a n k 1 i u , der gelehrte Laie, soll, 
wie berichtet, viele Kuren mit dieser Methode günstig 
durchgeführt haben. Erst durch das starke Interesse, 
welches Charcot und Vigoureaux der statischen 
Elektrizität entgegenbrachten, indem sie in der Lage 
waren, einen Induktionsstrom von großer Energie und 
für therapeutische Zwecke wirksam anzuwenden, kam die 
statische Maschine zu Ehren und wurde von den- Aerzten 
als therapeutischer Faktor anerkannt. Es ist unzweifel¬ 
haft das große Verdienst von Morton und seiner Schü¬ 
ler, daß die größere Vervollkommnung der Holtz- 
Masehine, sowie der anerkannte therapeutische Wert der 
statischen Modalitäten in das ärztliche Gebiet Eingang 
fanden. Mit Hilfe dieser Maschinen konnte man Funken 
von viel größerer Energie als früher hervorbringen und 
infolgedessen therapeutisch auch kräftiger wirken. 

Die alte IIoltz-Maschine, welche wir noch vor 20 Jah¬ 
ren bei vielen hervorragenden Neurologen stehen sahen, 
war in vielen Fällen ganz unfähig, die nötige Energie für 
therapeutische Zwecke zu erzeugen. Die alten Aerzte, 
welche ihre voreingenommene Meinung von dem Werte 
der statischen Elektrizität hatten, indem sie dieselbe noch 
von der unwirksamen Type der alten Maschine kannten 
und nicht die richtige Kenntnis von ihrer Wirkung hatten, 
waren diejenigen, welche mit ihrem Einfluß dem Fort¬ 
schritte in der therapeutischen Anwendung der Elektrizi¬ 
tät im Wege standen. Die Entwicklung einer Präzisions- 
technik, sowie das korrekte Verständnis des Modus ope¬ 
randi haben die Elektrizität anf den richtigen Platz in 
der Therapie gestellt. 

In der komplizierten Maschinerie des Organismus 
repräsentiert der Magen einen Teil vitaler Wichtigkeit. 
Freilich können wir ihn nicht vom Rest der Maschinerie 
trennen, hauptsächlich nicht vom Dünn- und Dickdarm. 
Tatsache ist, daß die Lage des Magens für die Zubereitung 
des physiologischen Nährmaterials von größter Bedeutung 
ist. Fm nun dieser Indikation gerecht zu werden, ist es 
klar, daß wir unser Augenmerk auf die Herstellung der 
strukturellen und funktionellen Unversehrtheit des Magens 
richten müssen. Es würde uns aber weit aus dem Rahmen 
unseres Themas führen, wollten wir hier alle therapeuti¬ 
schen Indikationen besprechen. Wir wünschen uns hier 
nur auf die Verwendung des Hochfrequenzstromes und 
zwar in Form der Funkenentladung zu beschränken. 

Es muß hervorgehoben werden, daß, wenn ein Funke 
vom Patienten zur Entladung kommt, er eigentlich die 
Entladung einer an der Oberfläche geladenen Leydner 
Flasche darstellt. Mit anderen Worten, die Oberfläche des 
Patienten ist von einem elektrostatischen Felde umgeben, 
und die Metallelektrode, verbunden durch den Metallkon¬ 
duktor mit der Erde, ist auf eine bestimmte Distanz ge¬ 
bracht, bei welcher ein Funke zur Entladung kommt. Wir 
unterscheiden zwei Arten von Funkenentladungen, den 
indirekten Funken und den Resonatorfunken, hervor¬ 
gebracht von einem Tesla-Transformator oder einem 
Solenoid, oder durch Kombination eines Tesla-Transfor¬ 
mators mit einem Solenoid in Verbindung mit Konden¬ 


satoren. Die Intensität der Fnnkenentladung wird ver¬ 
ändert durch Regulierung der Funkenstrecke, durch die 
Kombination vom einem Solenoid und einem Tesla, oder 
durch Erdung einer Seite der Teslaspule. Die so erzeugten 
Funken sind kürzer als die indirekten und erzeugen ein 
stechendes Gefühl, welches verschieden ist von dem des 
indirekten Funkens. 

Die Erfahrung hat gelehrt, daß bei der Behandlung 
der nervösen Dyspepsie keine elektrische Form so wirksam 
ist na den normalen Zustand wiederhorzustellen vermag, 
wie der Hochfrequenzfunken. Die Hochfrequenzströme 
haben eine sichtbar tonisiereude Wirkung auf die Nerven¬ 
versorgung des Magens und zwar direkt oder indirekt 
durch den Vagus. Die Besserung in der Verdauung und 
das Nachlassen der subjektiven Beschwerden, welche bald 
folgen, sind wahrscheinlich eine Folge der Herstellung 
eines mehr normalen Zustandes in der Zirkulation und 
Blutversorgung der Magendrüsen. Sie sind nicht wahr¬ 
scheinlich eine Folge von spezieller Reizung der Magen- 
driisen, weil in jenen Fällen, wo ein angeborener Mangel 
in der Sekretion besteht, keine Besserung in dieser Be¬ 
ziehung folgt, selbst wenn die elektrische Behandlung 
lange Zeit fortgesetzt wird. Der den ungstreifteu Muskel¬ 
fasern verliehene Tonus befähigt den Magen, nach jeder 
Mahlzeit sich selbst zu entleeren, wodurch die Zurück¬ 
haltung von ungenügend verdauten Speiseresten aufhört 
und hiermit die Resorption von abnormen Verdauungs¬ 
produkten, sowie die Folgeerscheinungen der Autointoxi¬ 
kation entfallen. Außer der täglichen Behandlung mit 
Hochfrequenzströmen bekommt der Patient eine genau 
vorgeschriebene Diät, auf welche wir noch spater zurück- 
kummen wollen, um die Schwierigkeiten zu verringern, 
mit denen der Magen zu kämpfen hat. Im Anfangsstadium 
werden die Kranken in der Magengegend vermittels einer 
Drahtelektrode „bestrahlt“, welche in einer bestimmten 
Entfernung so gehalten wird, daß zwischen Elektrode und 
Haut direkt Funken überspringen. Der Patient hat dabei 
das Gefühl, als wenn ein Regen von warmem Sand auf die 
Haut auffallen würde, und nach einigen Minuten spürt 
er häufig peristaltische Bewegungen des Magens. Eine 
andere Form der Behandlung besteht darin, daß vermittelst 
einer dünnen Aluminiumblechplatte, welche so zugeschnit¬ 
ten wird, daß die ganze Magengegend bedeckt ist und 
durch Zwischenschiebung eines feuchten Flanell-Lappens 
direkter Kontakt hergestellt wird. Bei dieser Form der 
Behandlung spürt der Patient kaum etwas. 

Die Wirkung ist in den meisten Fällen auffallend und 
prompt, und zwar: 

1. Allgemeine Anregung und Besserung der geistigen 
sowie körerlichen Tätigkeit; pein mehr natürlicher und er¬ 
frischender Schlaf. 

2. Vermehrter Appetit und verbesserte Verdauung; 
Nachlassen und dann vollständiges Sistieren sämtlicher 
subjektiver Beschwerden; Rückkehr von Hoffnung, Kraft 
und physischer Ausdauer. 

Wir schreiben diese Resultate der regenerierenden 
Wirkung der Hochfrequenzströme auf den Plexus solaris 
zu. Was das Gehirn für die animalischen Funktionen des 
Organismus, ist der Plexus solaris für vegetative Maschi¬ 
nerie des Körpers. Er ist die Zentralstation für die Er¬ 
nährung und als solche die Hauptquelle des physischen 
Lebens. Der Solarplexus ist vermittels seiner Hilfs¬ 
geflechte, Ganglien und Nervenfasern mit jedem Körper¬ 
teil in Verbindung. 

Bei der Behandlung der nervösen Dyspepsie müssen 
wir uns vor Augen halten, daß die Elektrizität allein nicht 
genügend ist, um eine Heilung zu erzielen und daß die 
Allgemeinbehandlung des Patienten von großer Wichtig¬ 
keit ist, n. z. wegen des Schadens, welchen der Organismus 
durch Anwesenheit von Toxinen und anderen Produkten 





134 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 9 



mnugellmfteu Stoffwechsels erlitten hat. Die Diiit ist 
se.hr wichtig, besonders in bezug aut' das Volumen und das 
Gewicht. Der Allgemeinzustand erfordert Aufmerksam¬ 
keit, 1. weil das symptomatische Bild häufig die wirkliche 
Störung verhüllt und 2. weil die Anwesenheit von Toxinen 
einen Zustand von Unterernährung hervorbringt, welcher 
sich in verschiedener Form manifestieren kann und eine 
Menge von sekundären Störungen verursacht. Wenn 
diese sekundären Folgen von längerer Dauer sind, können 
degenerative Veränderungen in bestimmten Teilen des 
Nervensystems auftreten. Es ist unsere bestimmte und 
wohl begründete Meinung, daß degenerative Störungen im 
Nervensystem immer die Folge von primären ätiologischen 
Zuständen sind. 

Wir haben die benigne Form von der schweren ner¬ 
vösen Dyspepsie zu unterscheiden. Zunächst orientieren 
wir uns über den Grad der Krnnkheitssymptome und über 
die Aufnahmefähigkeit des Magens, um die Abstufung der 
Diät zu etablieren. Wir sehen dann, ob wir den Patienten 
zu einer vollständigen Liegekur veranlassen müssen oder 
ihn seinen Beschäftigungen nachgehen lassen können, 
ln den leichten Formen ist sogar ein gewisser Grad von 
Beschäftigung angezeigt, um den Patienten vom Gegen¬ 
stand seiner Gedanken abzulenken, um ihn zu zerstreuen 
und um gewisse Gedanken zu entfernen, welche sein Ge¬ 
hirn ermüden und sein Nervensystem deprimieren. Alle 
Neurastheniker haben es nötig, neu belebt, ermutigt und 
aufgerichtet zu werden, und diese psychotherapeutische 
Tätigkeit darf keinesfalls vernachlässigt werden. Wir 
sollen den Patienten über die Natur seiner Krankheit auf¬ 
klären, ihm die Sicherheit seiner Genesung beweisen, so¬ 
wie seine moralische Energie heben. Es ist nicht zu be¬ 
fürchten, vom Kranken in eine nähere Diskussion gezogen 
zu werden. Der Kranke hat das Bedürfnis, über eine 
Menge von Punkten, die ihn beunruhigen, orientiert zu 
werden. Er ist gewöhnlich sehr weitschweifig und jede 
seiner Fragen erfordert eine präzise Antwort, die ihm Ge- 
nugtiing verschafft. Man darf ihn weder abweisen, noch 
auslachen, man soll sich für seine Beschwerden inteis 
essieren und mit ihm in seinen Leiden sympathisieren. 
Man soll ihm die geringe Bedeutung seiner nervösen 
Störungen beweisen, sowie daß sie nicht organischer Natur 
sind. Mit Geduld und Ausdauer wird es gelingen, ihn zu 
überzeugen, welcher dann getröstet fortgeht und uns Ver¬ 
trauen bewahrt. Nach einigen Tagen jedoch kommt er 
wieder, um abermals Trost zu suchen; der Erfolg der ersten 
Besprechung ist nämlich schon verschwunden. Wir müssen 
ihm wieder neuen Vorrat von Mut mitgeben, und solange 
fort, bis die Wirkung der elektrischen Behandlung sich 
einzustellen beginnt. Zu dieser Zeit, wo der Patient eine 
kleine Mahlzeit ohne Beschwerden einzunehmen vermag, 
haben wir bereits gewonnenes Feld, er gellt seiner vollen 
Genesung entgegen. 

Bei der schweren Form der nervösen Dyspepsie 
dauert die Behandlung lange, der Erfolg ist häufig un¬ 
sicher, wenig anhaltend und hängt von der Aetiologie der 
Erkrankung ab, sowie vom neurasthenischen Zustande 
und von hereditären Einflüssen. Diese bessern sich um 
so schneller und um so sicherer, als die moralischen Fak¬ 
toren, die sie hervorgerufen haben, ihre Wichtigkeit ver¬ 
lieren oder überhaupt schwinden. Jedesmal, wenn der 
psychische Einfluß der Nahrungsanstrengung hervor¬ 
gerufen wird, sei es infolge von Schwierigkeiten des 
Kanons oder des Schluckens', sei es infolge von bestimm¬ 
ten Gerüchen oder von einer zu großen Menge der Vor¬ 
gesetzten Speisen, beginnt sich der Kranke zu unter¬ 
suchen, zu analysieren, sich zu bemühen, zu konstatieren 
— und er konstatiert immer — eine hervorgerufene Stö¬ 
rung. Zum Schluß kommen solche Patienten so weit herab, 
daß sie nur halbflüssige oder überhaupt nur flüssige 


Nahrung und dazu noch in sehr kleinen Quantitäten zu 
sich nehmen können. 

In so einem Falle müssen wir vor allem dem Patienten 
eine bestimmte Diät mit besonderer Berücksichtigung der 
Qualität und Quantität verordnen, wobei zu achten ist, 
daß wir uns nicht an die Angaben des Patienten zu halten 
haben, etwa „wegen des nicht vorhandenen Appetits oder 
wegen des nicht in Ordnung befindlichen Darmes“. Man 
darf also, den Klagen der Patienten nicht immer nach¬ 
geben, sondern ihn überreden, daß sein Heil in der 
Wiederernährung liegt, daß seine Genesung um so schneller 
eintreten werde, als seine Ernährung eine sichere und voll¬ 
ständige ist. Wir müssen psychotherapeutisch auf die 
Patienten wirken, indem wir die Einwendungen der 
Kranken bekämpfen, ihre Leiden auf den richtigen Wert 
zurückführen und ihnen Mut suggerieren. 

Viele nervöse Dyspeptiker leiden an Obstipation. Der 
Gebrauch von Purgantien ist nicht empfehlenswert, wir 
ziehen Suppositorien oder Lavements vor. In gewissen 
Fällen muß die hohe Irrigation verabreicht werden, und 
zwar unter schwachem Druck, um keine Koliken hervar- 
znrufen. 

Zum Schluß möchten wir noch über die elektrische 
Behandlung einiges hinzufügen. Die Hochfrequenz¬ 
ströme wirken bei verständigem Gebrauch nicht schmer¬ 
zend, sondern analgesierend. Der Strom ist unter voll¬ 
ständiger Kontrolle des behandelnden Arztes. Als Maß 
der Dosierung dient der Grad der erzeugten Kontraktion, 
verhindernd .jede unangenehme oder tetanisierende Wir¬ 
kung'. Tägliche Applikation von 2-—3 Wochen wird ge¬ 
wöhnlich die Symptome mildern. Es ist angezeigt, mit 
einer kurzen Funkenstrecke zu beginnen, gerade genug, 
daß der Patient einen schwachen vibratorischen Impuls 
empfindet; falls der Patient doch noch Schmerzen hat, muß 
die Funkenstrecke noch mehr verkürzt werden. Jede 
Sitzung dauert 10—15 Minuten. Eine Funkenstrecke von 
nicht mehr als 6 cm darf angewendet werden, und die 
Schnelligkeit der Unterbrechung soll nicht 300 in der 
Minute überschreiten. Nach Verlauf von zwei Wochen 
nehmen wir die Behandlung abwechselnd jeden zweiten 
Tag mit der Vakutim-Elektrode vor. Mitunter verwenden 
wir auch Hochfrequenz-Effluvien über dem Kopfe. 


REFERATE, 

Graviditätstoxikosen. 

Sam melref erat 

von Frauenarzt Dr. OLfried O. Fellner, Wien. 

Nach F.oulkrod beruht die Schwangerschaftstoxämie auf 
j Störungen der Funktion der Schilddrüse und der Nebenschild- 
j driise, des Fötus und vor allem der Leber, wie auch der 
I Plazenta und der Niere. Lei Schwangeren kommen häufig Darm- 
i Störungen vor. Die dort entstehenden Gifte werden resorbiert 
j und sollten nun in der Leber entgiftet werden. So wird die 
j Leber wie auch die Schilddrüse bedeutend in Anspruch ge¬ 
nommen und es kommt zu einer Hypersekretion.. Bleibt diese 
I aus, so entstehen Hyperemesis, Eklampsie, sowie auch Er¬ 
nährungsstörungen der Frucht. Man gebe in solchen Fällen 
Thyreoidin 0,2 täglich, vor der Gehurt 0,6; Bei Eklampsie 
! kann man bis auf 1,3 gehen. 

• Nach Diesing treten bei Urvölkern niemals Schwanger- 
schaftsbeschwerden auf. Diese beruhen auf einer großen Reiz¬ 
barkeit des Nervensystems; auf einer Nichtaufnahme der über¬ 
wiegend eiweißhaltigen Kost, aus der Schwefel durch die Ver¬ 
dauung frei gemacht wird. Die effektive Resorption der für 
den Organismus erforderlichen Stoffe, die wir erfahrungsgemäß 
. einnehmen müssen, entzieht dem Nährungsbrei, die geringe 
Menge Eisenverbindungen und stößt die große Menge schwefel¬ 
haltiger Verbindungen zurück, bevor es zu ihrer völligen Zer- 


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1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


136 


Setzung kommt.. So erbrechen die Schwangeren den größten 
Teil des Genossenen. Die Atemnot der Schwangeren ist die Folge 
der Funktion des Blutschwefels. Man verordne daher eisen- 
haltige Med i kamente. 

Olive au fand bei allen Album inurischen eine zwar nicht 
im Verhältnis mit dieser stehende Blutdrucksteigerung. Nicht 
jede Blutdrucksteigerung hat Albuminurie zur Folge. Uebersieht 
man nicht Gefäßspannung und die Urin Veränderung, so kann 
man schwer Albuminurien übersehen. Milchdiät hat nicht 
immer guten Erfolg. Die Steigerung des Druckes nimmt nur 
sehr langsam ab. Wenn man aber gleichzeitig Mistel anwendet, 
so erzielt man rasche Heilung. Andererseits hat die Anwendung 
von Mistel allein keinen Erfolg. Sic ist der subkutanen und 
intramuskulären Kochsalzinfusion weit überlegen, '"indem ihre 
Wirkung andauert. Man injiziert den Extrakt 2 mal täglich 
in die Glutaei. Auf die Eklampsie hat diese Behandlungsmethode 
keinen Einfluß. 

Die Hyperemesis gravidarum wird nach Wygodsky 
durch eine schwere Intoxikation verursacht. Bei uneuropathi- 
schen Individuen genügt schon eine leichte Intoxikation, um 
zu den schwersten Erscheinungen zu führen, doch nur die 
schwersten Intoxikationen endigen letal. W. berichtet über 
eine Patientin, welche von Beginn ihrer ersten Schwangerschaft 
erbrach. Der Puls wurde immer rascher, stieg bis auf 140, 
ebenso auch die Temperatur auf 37,4 bis 38,1 und die Kräfte 
verfielen. So entschloß sich W. zur Einleitung des Abortus. 
Nach drei Monaten war die Patientin gesund. Zwei Jahre 
später kam es zu einer neuerlichen Schwangerschaft, die wieder 
im Anfang zu Erbrechen führte. Nach zwei Wochen betrug die 
Temperatur 37,4. Die Patientin befand sich leidlich wohl. In 
weiteren 14 Tagen trat das Erbrechen im stärksten Maße auf, 
die Pulszahl stieg auf 100, die Temperatur stieg auf 38, im 
Harn fanden sich Spuren von Eiweiß. Das Erbrechen ließ 
wieder nach, aber der Allgemeinzustand wurde schlechter. Die 
Pulszahl stieg noch mehr, es trat schließlich Koma auf, das 
nach kurzer Zeit wieder verschwand. Nach einer Woche war 
die Pulszahl auf 160 gestiegen, die Temperatur auf 38,5, worauf 
W. den Abort einleitete. Am nächsten Tage starb die Patientin. 
W. hält das Ansteigen der Temperatur für ein schlechtes 
Zeichen und meint, daß in solchen Fällen der Abortus in¬ 
diziert ist. 

Bei einer Patientin Alexandroffs trat in den ersten 
Monaten der Schwangerschaft anhaltendes Erbrechen auf. Seit 
ihrem 18. Lebensjahre litt sie oft an Kopfschmerzen mit Er¬ 
brechen. Sie wurde in einer Anstalt entsprechend behandelt. 
Das Erbrechen ließ zwar nach, aber der objektive Zustand 
war sehr unbefriedigend. Es trat allgemeine Schwäche auf. 
Fünf Tage, nachdem sie nach Hause entlassen worden war, 
stellten sich Schmerzen im Leibe und Blutung ein. Man gab 
ihr die Eisblase auf den Leib. Im Urin fand sich 0,03’% 
Eiweiß und 0,3% Zucker. Es stellten sich Augenstörungen 
ein iufolge einer Apoplexia retinae beider Augen. Im Laufe 
einer Woche besserte sich der Zustand. Nach einigen Tagen 
begann die Patientin zu delirieren, was wieder zurückging. 
Eiweiß und Zucker waren geschwunden. Fünf Tage nach dem 
Anfall kam es zu psychischen Störungen, zur Kontraktur des 
linken Kniees. Gedächtnisschwund trat auf. Die Patientin 
spricht flüsternd, die Muskeln der Extremitäten werden überall 
schmerzhaft. Schließlich kam es zum Abortus, dann setzte 
ein Dämmerzustand ein mit Anfällen von Raserei. Neun Mo¬ 
nate nach der Entbindung fing Patientin an herumzugehen, 
später kam es dann zum Verfolgungswahn. Es handelte sich 
also um eine Iv o r s a k o f f sehe Psyche, die im Anschluß an 
eine Hyperemesis auf trat. Nach A. kann sich die Sekretion 
des Ovariums infolge der funktionellen und anatomischen Ver¬ 
änderungen in der Schwangerschaft vermindern oder kann voll¬ 
ständig schwinden. So eine gestörte oder bereits verminderte 
Tätigkeit des Ovariums wird mit der Ausbildung der Plazenta 
durch die Sekretion der letzteren ersetzt. Wenn nun beim 
Auftreten einer Toxämie bei der Schwangerschaft, eine ge¬ 
wisse Widerstandslosigkeit in dem einen oder anderen Organ 
lokalisiert oder eine ungenügende Entwicklung der Organe vor¬ 
handen ist, so sinkt auch mehr die Resistenzfähigkeit des Or¬ 
ganismus dem sich bildenden Gifte gegenüber. 

Allmann berichtet über einen Fall von Graviditäts¬ 
pyelitis. Es ist höchst wahrscheinlich, daß die Gravidität selbst 
die Myelitis verursacht, doch ist der strikte Beweis für die 
Existenz einer spezifischen Schwangerschaftsmyelitis bis jetzt 
nicht erbracht worden. 



IVERSITY OF MICHIGAN 


Reiche n stein fand in 11,8% sämtlicher Untersuchter 
Fälle von Gravidität 0,2 bis 0,7 Dextrose. Nach Darreichung 
von Saccharose war die Häufigkeit im Auftreten von Zucker 
eine größere als bei Verabreichung von Dextrose. Auffallend 
häufig trat alimentäre Lävulosurie auf. Wenn diese wirk¬ 
lich auf funktionelle Störung der Leberzelle zurückzuführen 
ist, so gehört diese Veränderung zu den ständigen Attributen 
der Schwangerschaft, auf welche Chovstek, Hofbauer 
und Fellner aufmerksam gemacht haben. Unwillkürlich 
drängt sich auch die Vermutung auf, daß die während der 
Gravidität so oft vergrößerte Schilddrüse infolge ihrer ver¬ 
mehrten oder veränderten Sekretion die Ursache der alimen¬ 
tären Dextrosurie während der Schwangerschaft sein kann. Es 
ist aber nicht zu entscheiden, ob die Ursache in dem Pankreas 
oder der Schilddrüse, eventuell in den Epithelkörperchen zu 
suchen ist. Der die physiologischen Grenzen nicht über¬ 
schreitende Zustand ist als Folgeerscheinung der Ovarien oder 
des Uterus (Fellner) während der Gravidität auf andere 
Drüsen mit innerer Sekretion, welche den Kohlehydratstoff¬ 
wechsel regulieren, zu betrachten. 

Williams meint, daß, wenn auch die Probe nach Feh - 
1 i n g in der Schwangerschaft positiv ausfällt, das noch immer kein 
Beweis für das Bestehen einer Diabetes ist, denn die Glykosurie 
kann auch hervorgerufen werden durch die Laktosurie, sie 
kann auch eine vorübergehende alimentäre oder rekurrente 
Glykosurie sein. Man muß sich daher davon überzeugen, ob 
der Zucker Glykose oder Laktose ist. Ist die Menge eine große 
und tritt sie früh auf, so bedeutet dies eine ernste Gefahr. 
Dann ist aber Abortus oder die Frühgeburt einzuleiten. 

F e 11 n e r berichtet von einem Fall von Hyperemesis, an 
den sich ein schwerer Ikterus anschloß, Eklampsie und Ikterus 
sind ätiologisch gleiche Krankheitsbilder. Die menstruelle Leber- 
hyperämie wird wahrscheinlich durch Produkte der inneren 
Sekretion des Ovariums bedingt. Auch die Schwangerschafts¬ 
leber dürfte auf diese innersekretorische Tätigkeit zurückzu- 
führen sein. Ein Teil der Veränderungen der Schwangerschaftsi- 
leber läßt sich aber nicht durch die Sekretion des Ovariums 
erklären, sondern muß einen anderen Grund haben, vielleicht 
liegt derselbe in der inneren Sekretion des Uterus. 

Durst berichtet von einer osteomalacischen 25jährigen, 
welche die Erkrankung zum ersten Male vor 2(4 Jahren in 
der vierten Schwangerschaft durchgemacht hatte, und bei der 
in der neuerlichen Schwangerschaft wieder Beschwerden auf¬ 
getreten waren, die im fünften Monat stärker wurden. Der 
Beckenausgang war stark verengt, man machte daher die supra- 
väginale Amputation mit Kastration und erzielte ein lebendes 
Kind. Heilung. 

Monin berichtet über sechs Fälle von Osteomalacie im 
17. bis 40. Lebensjahre. Zwei Traumen entstanden spontan. 
Nach der Geburt fiel das Beckeln zusammen. Zweimal wurde 
der Kaiserschnitt ausgeführt. Dreimal wurde perforiert, ein¬ 
mal bei totem Kind. Ein Kaiserschnitt wurde bei infizierter 
Gebärmutter aus absoluter Indikation gemacht. 

Re bau di teilt mit, daß bei einer von schwerer Osteo- 
malacie befallenen, mittels hypodermatiseher Einspritzungen von 
Adrenalinlösung 1: 1000 geheilten Frau weitere Schwangerschaft 
eintrat, ohne daß sich subjektive oder objektive, auf das osteo 
malacische Syndrom zu beziehende Störungen einstellten. Es 
kann behauptet werden, daß das Adrenalin, wenn auch, nicht 
in allen Fällen, so doch in .einigen, prophylaktisch in aus,'-, 
gezeichneter Weise wirkt, da es den osteomalacischen Störungen 
vorbeugt, welche sich in nachfolgenden Schwangerschaften all¬ 
mählich verhängnisvoll steigern würden. 

Stefanelli und Le vi rekurrieren bei der Osteomalacie 
wieder auf die infektiöse Ursache. Sie untersuchten zwei Fälle. 
Die eine Frau war in elendem Zustande und starb nach 
14 Tagen. Die zweite war mit Phosphorkalk und Eisenarsenik 
behandelt worden und wurde geheilt entlassen. Im ersten Falle 
konnte man aus dem Blute einen Mikroorganismus züchten, 
nicht aber aus der Cerebrospinalflüssigkeit. Bei der Seklion 
züchtete man aus allen Organen einen Diplokokkus und über¬ 
trug ihn auf Tiere, welche auch Krankheitssymptome, nicht aber 
solche der Knochen aufwiesen. Auch im zweiten Falle ließ 
sich aus dem Blute ein Diplokokkus züchten, doch mißlangen 
Impf versuche. 

Eine Patientin Cramers war im 8. Monat der Schwanger¬ 
schaft unfähig zu gehen. Nach der Geburt trat Besserung auf, 
nach einem Jahr wieder Verschlechterung. Insbesondere, bei 
jeder Menstruation. Die Verschlechterung wurde noch ärger zu 







UNIVERSIT 


I 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 9 


136 


Beginn einer neuerlichen Schwangerschaft. Es wurde deshalb 
Kastration in der 7. Woche ausgeführt. Hierauf verschwanden 
die Beschwerden und die-Schwangerschaft verlief ungestört. Da 
die Geburt auf natürlichem Wege unmöglich war, führte C. 
nach dem suprasymphysären Fasciennquerschnitt den transperi¬ 
tonealen Kaiserschnitt mit Amputation des Uterus aus. Be¬ 
merkenswert ist, daß erst vier Wochen nach dem Partus die 
ersten Ausfallserscheinungen auftraten. Nach C. ist die Osteo- 
malacie eine Stoffwechselerkrankung. Das Ovarium tritt zu 
dieser Erkrankung insofern in Beziehung, als es physiologischer¬ 
weise einen erheblichen Einfluß auf das Knochenwachstum und 
den Knochenstoffwechsel besitzt. 

Himmel bau er berichtet von einer bis dahin immer ge¬ 
sunden Frau, welche im 5. Monat der 7. Schwangerschaft an einer 
akuten Exazerbation einer chronischen Nephritis erkrankte. 
Unter urämischen Erscheinungen trat plötzlich vollkommene 
Amaurose ein, nachdem schon seit mehreren Tagen das Seh¬ 
vermögen sich progredient verschlechtert hatte. Neben hoch¬ 
gradiger Papilloretinitis und retinaler Hämorrhagic fand sich 
eine bedeutende Netzhautabhebung. Es wurde der Abort ein- 
geleitet. Die. Ablatio retinae kehrte fast völlig zurück, doch 
blieb die totale Erblindung bestehen, da Opticusatrophie ein¬ 
trat. H. ist der Ansicht, daß eine Retention der Schwanger¬ 
schaftstoxine durch die gestörte Nierenfunktion und überdies 
das Hinzukommen urämischer Stoffe ganz besonders deletär 
wirken. Unverständlich bleibt, warum nach Elimination der 
toxischen Schwangerschaftsprodukte und Besserung der Funk¬ 
tion, kein Einfluß auf das Sehvermögen zu erzielen war. Durch 
das Auftreten eines Hydrocephalus internus wurde ein Druck 
auf das Ohiasma ausgeübt, der dann auch die Atrophie 
bedingte. 

Literatur. 

1. Fo ulkrod: Schwangerschaftstoxämie. Journ. of Aine.r. 
Assoe., 1909, 6. 

2. Diesing: Das Wesen der Schwangerschaftsbesehwerden 
und ihre Verhütung. Monatsschr. f. Geburtsh., 1909, 5. 

3. A. B. Olive au: Studie über die Steigerung des Blut¬ 
druckes bei albuminurischen Schwangeren. Inaug.-Diss., Bor¬ 
deaux 1908. 

4. . J. C. Wygodsky: Zur Aetiologie der Hypercmesis 
gravidarum. Journal f. Geburtsh., 1908, 12. 

5. Th. Alexandr of f: Ein Fall von Hypercmesis gravi¬ 
darum kompliziert mit einer K orsakoff sehen Psychose. 
Monatsschr. f. Geburtsh., November 1908. 

6. J. All mann: Zur Frage der Graviditätsmyelitis': 
Inaug.-Diss., Kiel 1909. 

7. M. Reichenstein: Glykosurie und Schwangerschaft. 
Wiener klin. Wochenschr., 1909, 42. 

8. J. W. Williams: Die klinische Bedeutung der Gly¬ 
kosurie während der Schwangerschaft. Am. Journ. med. Scienc. 
Philadelphiae, 1909, 1. 

9. O. O. F e 11 n e r: Menstruelle Leberhyperämie — Schwan¬ 
gerschaftsleber. Med. Klinik, 1909, 2. 

10. F. Durst: Sectio caesarea nach Porro wegen Osteo- 
malacie. Lieusicki viestnik, 1908, 5. 

11. L. M. Monin: Sechs Fälle von Osteomalacie. Journ. f. 
Geburtsh., 1908, 12. 

12. R« bau di: Erfolg des ersten, mit der Methode Bossi 
behandelten Falles von Osteomalacie. Gynäk. Rundschau, 

1909, 11. 

13. P. Stefanelli und R. Levi: Beitrag zur Kenntnis 
der menschlichen Osteomalacie. Rev. di clin. med., 1908. 

14. H. Gramer: Ovarium und Osteomalacie. Münchener 
med. Wochenschr., 1909, 15. 

15. K. H i m m e 1 b a u e r: Ueber Amaurose in der 
Schwangerschaft. Münchener med. Wochenschr., 1909, 42. 


Chirurgie. 

Referent: Dr. K. Förstorling’, dirig. Arzt des Krankenhauses, 
Mörs. 

1. Zur Frage der Trepanation bei Schädelbasisbrüchen. Von 

Dr. Luxemburg, Cöln. Deutsche Zeitsehr. für Chirurgie. 

Bd. 101, S. 177. 

2. Ein Beitrag zur Lehre vom subkutanen Intestinal¬ 
prolaps. Von Dr. Es au, Oschersleben. Ibid., S. 187. 


3. Die operative Behandlung der Pseudarthrose nach Frak¬ 
turen. Von Dr. C reihe, Göttingen. Ibid., S. 2(57. 

4. Beitrag zur Kenntnis der menschlichen Aktinomykose. 
Von Prof. Dr. Shiota, Tokio. Ibid., S. 289. 

5. Ligamentum mesenterio-mesencolicum und Ileus. Von 
Prof. Neumann, Berlin. Ibid., S. 402. 

6. Chirurgische Tuberkulose der Mesenterial- und Bronchial- 
drüsen. Von Dr. T hiemann, Jena. Langenbecks Archiv, 
Bd. 91, S. 245. 

7. Beiderseitiger Spaltfuß und Spalthand, kombiniert mit 
partiellem rechtsseitigen Rektor alisdefekt. Von Dr. Orth, 
Ensheim. Ibid., S. 282. 

8. Zur Frage der operativen Behandlung der Lungenver- 
ietzungen. Von Dr. v. Möller, Berlin. Ibid., S. 295. 

1. Auf englische Empfehlungen hin ist in der Barden- 
h e u e r sehen Klinik im letzten Jahre fünfmal bei Basis¬ 
frakturen mit gutem Erfolge trepaniert werden. In allen Fällen 
gute Resultate. Auffallend war die sehr schnelle Besserung 
unmittelbar nach dem Eingriff, obwohl meist einige Tage vor¬ 
her vergeblich darauf gewartet war. In vier Fällen fanden 
sich Blutungen sub- oder epidural. — Es wird deshalb emp¬ 
fohlen, bei Basisfrakturen mit Hirndrucksymptomen zu trepa¬ 
nieren. Als Ort der Wahl dient die motorische Region. 

2. Nach einem heftigen Stoß gegen den Leib fand s*ich 
eine Vorwölbung in der rechten Seite an der Stelle des 
Traumas. Die Operation zeigte, daß sämtliche Schichten der 
Bauchdecke, mit Ausnahme der unverletzten Haut, durchtrennt 
waren und daß sich in einer unter der Haut gelegenen Tasche 
Darm und Netz gefunden hatte. Baucheingeweide waren unver¬ 
letzt geblieben. — Glatte Heilung nacht schichtweise r Naht der 
Bauchdecken. 

3. An der Braun sehen Klinik ist bei Pseudarthrosen, 
resp. verzögerter Konsolidierung, noch häufig die alte 
Dieffenbach sehe Methode des q u e r e n Eintrei bens von 
Elfenbeinstiften in die Frakturenden angewendet worden. Die 
Resultate sind hiernach zum Teil besser gewesen als nach An¬ 
frischung und Naht. Inwiefern diese Erfolge der Methode zur 
Last zu legen sind, läßt sich nur schwer entscheiden. Jedenfalls, 
scheinen nach den Krankengeschichten die angefrischten Fälle 
durchschnittlich die ungünstigeren gewesen zu sein, während die 
D ie f f en ba chsche Methode, weil ein einfacherer Eingriff 
auch schon in solchen Fällen angewendet wurde, wo vielleicht 
ohne denselben Konsolidation noch eingetreten wäre. Vcrf. zieht 
auch selbst nur vorsichtige Schlüsse aus dem Material. 

4. Sehr ausführliche Arbeit, die von sehr fleißigem 
Literaturstudium zeugt. — Die Gesichts- und Halsakfinomykose 
ist gutartig und zeigt große Tendenz zur Heilung. Es ist nur 
empfehlenswert, Abszesse zu spalten und auszukratzen. Radikale 
Entfernung im Gesunden wird nur gemacht bei kleinen, leichi 
zu beseitigenden Geschwülsten. Die Brustaktinomykose ist pro¬ 
gnostisch schlechter. Es sind aber auch hier operative Ma߬ 
nahmen, wie Rippenresektion, Spaltungen und Auskratzungen 
durchaus angebracht, da hierdurch event. Rettung des Lebens 
möglich ist. Interne Therapie ist nutzlos. - Am Unterleib loka¬ 
lisiert sich die Erkrankung am häufigsten in der Blinddarm- 
gogend, kann aber auch an allen Teilen und Organen des 
Bauches Vorkommen. Diagnose meist schwer im Anfang zu 
stellen. Bei zirkumskripter Erkrankung ist Exstirpation event. 
mit Darmresektion zu empfehlen. Sonst Inzision und Aus¬ 
kratzung. Uebertragungsversuch? auf Kaninchen ergaben, daß 
die Pilze lange lebensfähig bleiben, aber keinen progredienten 
Prozeß erzeugen. — Bakteriologische Untersuchungen ergaben, 
daß bei menschlicher Aktiuomykose mindestens zwei Spezies 
in Betracht kommen, deren Virulenz sehr verschieden ist, ebenso 
wie die. geographisch? Verbreitung. — Literaturverzeichnis von 
245 Nummern. 

5. Bisweilen wird eine mehr oder weniger vorspringende 
Bayichfellfalte beobachtet, die vom unteren Teile der Flexurn. 
sigmoidea schräg nach oben innen zum Mesenterium verläuft, 
das Ligament, mesenterio-mesencolicum (G r u b c r). Ueber 
dieses Band war infolge starker Füllung der Flexur der unterste 
Teil des Dünndarms abgeknickt und so ein Ileus hervorgerufen 
worden. Operation brachte Heilung. 

ß. Die isolierte Tuberkulose der Mesenterialdrüsen ist bisher, 
nur selten Gegenstand operativer Behandlung gewesen. T. gibt 
neben 15 Fällen aus der Literatur 11 eigene bekannt. Die Dia¬ 
gnose ist sehr schwer zu stellen, vor der Operation oft unmöglich. 
Meist bestehen schon länger Beschwerden, hohe Temperaturen, 
häufig auch intensive Schmerzanfälle mit Erbrechen und hohem 





\ 


1910 THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 187 


Fieber. Fühlbare Tumoren oder auch der Verdacht der Appen¬ 
dizitis führen zur Operation, zumal sich die Krankheit .meist 
in der rechten Unterbaucjiseite lokalisiert. — Man versuche, die 
Drüsen zu exstirpieren; Abszesse werden drainiert. — Die 
Prognose ist (bei frühzeitiger Behandlung gut (15,4°/o Mortalität). 

Es wird weiter ein altes tuberkulöses Einpyema pleurae be¬ 
schrieben, das erst nach Entfernung einer verkästen Hilus- 
drüse, zu der die Fistel führte, ausheilte. 

7. Die Beschreibung ist fast vollständig in der Ueberschrift 
enthalten. Unter Zuhilfenahme der Röntgenbilder kommt Verf. 
zu dem Schluß, daß sowohl exogene wie endogene EntstehungS- 
ursachen vorhanden gewesen. Beachtenswert ist, daß sowohl 
bei diesem Kinde, wie dem zuvor geborenen, Plazentarlösungen 
erforderlich waren und daß die Mutter zweimal danach abortiert 
hat. Es spricht das für Erkrankungen der Uterusschleimhaut, 
die vielleicht im ursächlichen Zusammenhang mit der Mi߬ 
bildung stehen. 

(S. Es ist höchst erfreulich, daß von so berufener Seite, 
wie Körte, vor der Befolgung des S tu key sehen Rates, bei 
allen Stichverletzungen der Lunge Men Thorax breit zu er¬ 
öffnen, nach der Lungenwunde zu suchen und diese zu nähen, 
gewarnt wird. Ref. hat seinerzeit im Referat (diese Zeitschr.* 
1909, S. 849) sich schon dahin ausgesprochen. Die statistische 
Zusammenstellung ergibt einwandfrei, daß ohne Operation die 
Resultate Ungleich besser sind (0°/o: 36°/o Mortalität). Es mag 
hier ja ein Zufall mitspielen; aber unter den S tu ckey sehen 
Fällen sind mehrere, die nach der Beschreibung ohne Operation 
nicht gestorben wären. Der sofortige operative Eingriff 
bei Bruststichen ist nach Verf. indiziert 

I. bei sehr schwerer primärer Blutung, 

II. andauernder und wiederholter Blutung, 

III. schwerem Pneumothorax und Zellgewehsemphysem, 

IV. sekundärem Pneumothorax. 

Diesen Forderungen kann man sich nur voll und ganz an¬ 
schließen. 


Orthopädie. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Lehr, Stuttgart. 

1. Ueber Operationen bei habitueller Luxation der Knie¬ 
scheibe. Von Dozent Dr. Hübscher, Basel. Zeitschr. für 
orth. Chir., Bd. 24, Heft 1 u. 2. 

2. Zwei Fälle von angeborener Fingergelenksankylose, zu¬ 
gleich ein Beitrag zur Kenntnis der seltenen Spaltbildungen 
der Hand. Von Priv.-Doz. Dr. Hilgenreiner, Prag. Ibid. 

8. Zur Kasuistik und Aetiologie der angeborenen Ver¬ 
wachsung der Vorderarmknochen in ihrem proximalen Ab¬ 
schnitte. Von Prof. Dr. Lieb lein, Prag. Ibid. 

4. Das Hüftschaukelscharnier. Von Prof. Dr. Vulpius, 
Heidelberg. Ibid. 

5. Zur orthopädischen Chirurgie des veralteten Klump¬ 
fußes. Von Dr. v. d. Osten - Sacken, Petersburg. Ibid. 

6. Ueber Wirbelsäulenverletzungen durch Betriebsunfall. 

Von Dr. R e d a r d , Paris. Ibid. 

7. Die nervösen Folgeerscheinungen der einseitigen und 
doppelseitigen Ischiadikusdehnung. Experimentelle und klinische 
Studie. Von Dr. Neri, Bologna. Ibid. 

8. Klinodaktylie und Störung des Knochenwachstums. Von 
Dr. Bibergeil, Berlin. Ibid. 

1. Zusammenstellung der zahlreichen Operationsmethoden 
unter Hinzufügen einer eigenen, die darin besteht, daß durch 
Abspalten eines inneren Drittels des Lig. patellare ein Zügel 
erhalten wird, an dem sich die nach oben und außen verirrte 
Patella wieder in ihre Gleitbahn herabführen läßt. Das Ende 
dieses Zügels wird unter einer Beriostbrücke an der inneren 
Tibiafläche befestigt. Das horizontale Halteband der Kniescheibe 
wird auf der Innenseite verkürzt. 

2. Mitteilung zweier Fälle von angeborener Gelenksankylose 
im ersten Interphalangealgelenk des Kleinfingers beiderseits bei 
Mutter und neugeborenem Kind, mit je einer Mißbildung am 
ulnaren Rande der einen Hand (Spaltbildung an der rechten 
Hand der Mutter, überzähliger Kleinfinger an der linken Hand 
des Kindes). Kritische Zusammenstellung der Literatur. Die 
Prognose Her Behandlung muß immer zweifelhaft gestellt 
werden. 

3. Erklärung der Mißbildung durch eine Störung bestimmter 
Entwickluugsvorgänge, deren Ursache im Fötus selbst gelegen 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 


und vererbbar ist. Operatives Eingreifen liefert nur mangelhafte 
Resultate, dagegen wird die fehlende Rotationsfähigkeit des 
Vorderarmes um seine Längsachse durch Rotation im Schulter¬ 
gelenke teilweise ausgeglichen. 

4. Beschreibung eines neuen kombinierten Hüftscharniers, 
das durch Abbildungen illustriert wird. 

5. Empfehlung eines Pelottenhebels als Hilfsmittel des 
Klumpfußredressements bei Kindern und Erwachsenen. Das 
Redressement selbst soll in mehreren Etappen schonend vor¬ 
genommen werden. 

6. Kranke, mit einer Rückenmarksverletzung, die stets 
eine Knochenläsion voraussetzt, werden nur ausnahmsweise ohne 
dauernde funktionelle Störungen gesund. In anderen Fällen 
scheinen die anatomischen Verletzungen zunächst äußerst gering 
zu sein und dennoch zeigen sich später funktionelle Störungen, 
wie Neuralgien, Kontrakturen und Bewegungseinschränkung, 
die die Erwerbsfähigkeit herabsetzen. Von den traumatischen 
Spätdeformitäten der Wirbel stellt der Verf. die meisten Fälle 
Kümmellscher Krankheit als Fälle von Ala 1 um Pottii mit 
ziemlich langsamem Verlauf hin, eine Annahme, die eine latente 
Tuberkulose der Verletzten zur Voraussetzung hat. Uystoro- 
traumatische Wirbelerkrankungen sind zwar sehr selten, kommen 
aber doch in Ausnahmefällen zweifellos vor. 

Die Röntgenaufnahme ist zur Diagnose bei allen Patienten 
mit Rückgratverletzungen unerläßlich. 

7. Sowohl das Tierexperiment als die Beobachtung am 
Krankenbett zeigen, daß die gleichzeitige Dehnung beider Nervi 
ischiadici ein Eingriff ist, der zu schweren cerebralen Reiz- 
crscheinungen führen kann. So hat Verf. schwere klonische 
Krämpfe wiederholt beobachtet, bei hereditär neuropathisch be¬ 
lasteten Kindern, nach gleichzeitig vorgenommener Einrenkung 
beider Hüften wegen angeborener Hüftluxation. Ein letaler 
Ausgang war [nicht fcu beklagen, weil bei den ersten Andeutungen 
dieser Cerebralerscheinungen die Gipsverbände entfernt wurden. 
Bei der Korrektion von Deformitäten bei Kindern mit neuropa¬ 
thisch hereditärer Belastung muß man schrittweise und mit 
großer Vorsicht arbeiten, um solche schweren Folgezustände 
zu verhüten. 

8. Beschreibung eines Falles von lateraler Klinodaktylie, 
der deshalb besonderes Interesse beansprucht, weil der später 
abgesetzte Finger histologisch untersucht werden konnte. Es 
zeigte sich, daß die Phalangen des daumenwärts abgewichenen 
vierten Fingers eines 14 Monate alten Kindes bereits vollständig 
entwickelte Epiphysen besaß. Im übrigen handelte es sich um 
normalen Knochen, der nur in seiner Entwicklung dem übrigen 
Skelettsy&tem weit voraus war. 


Neurologie und Psychiatric. 

Referent: Irrenarzt Dr. Wern. H. Becker, Weilmiinster. 

1. Ueber spinale Kinderlähmung. Von Oberarzt Dr. 

Eichelberg, Göttingen. Deutsche med. Woclienschr., 1910, 
Nr. 3. 

2. Psychoanalyse bei einer melancholischen Depression. 

Von Dr. Mae der, Zürich. Zentralblatt für Nervcnheilk. u. 
Psychiatrie, N. F., zweites Januarheft, 1910, Bd. 21. 

3. Beitrag zur Lehre von der Herzneurose (Angstneurose). 

Von Dr. Wulff, Berlin. Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
Nr. 2. 

4. Ueber Dementia praecox auf dem Boden der Imbe¬ 
zillität. Von Dr. Plaskuda, Lübben N.-L. Allgem. Zeit¬ 
schrift für Psychiatrie, 1910, Bd. 67, H. 1. 

5. Trauma, Dementia paralytica und Unfallrente. Von 
Aledizinalrat Dr. Gerlach, Königslutter. Allgem. Zeitschr. 
für Psychiatrie, 1910, Bd. 67, H. 1. 

6. Zur Pathologie und Therapie des Stotterns. Von Dr. 
S t c i n h ar d t, Nürnberg” Deutsche Aerzteztg., 1910, H. 1. 

7. Zur Frage der Permeabilität der Meningen. Von Dr. 
Kafka, Prag. Mediz. Klinik, 1910, Nr. 2. 

1. Die im Jahre 1909 auch die südlichen Kreise der Pro¬ 
vinz Hannover durchziehende Epidemie spinaler Kinderlähmung 
hat dem Verfasser Gelegenheit geboten, an dem die Göttinger 
psychiatrische und Nervenklinik passiert habenden Kranken- 
material diese Krankheit näher zu studieren. Er gibt seine 
gesammelten Erfahrungen wieder: In der einen Hälfte der 
Erkrankungen begann dieselbe mit Magen-Darmerscheinungen, 
in der anderen mit einer Affektion der Luftwege. Prodromal- 


3AN 






■iH 








138 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 9 



erscheinu»gen waren Hyperästhesie des ganzen Körpers und 
weinerliche Stimmung;. Auf das zuerst erscheinende fieberhafte 
Stadium folgte das der Lähmung. Die Spinalflüssigkeit zeigte 
nur im erstgenannten Stadium Drucksteigerung und Lympho¬ 
zytenvermehrung, nachher fast immer wieder völlig normale 
Verhältnisse. Da unter den 34 Krankheitsfällen 5 Schuster - 
kinder waren, alle Kinder nachweislich längere Zeit mit dem 
Erdboden in Berührung gekommen wa^en, so spricht Verfasser 
den Verdacht aus, daß die Infektionsübertragung durch die 
Erde die gewöhnliche Uebertragungsart sei. Als Inkubations¬ 
zeit nimmt E. .10 bis 11 Tage an. Zum Schluß folgen noch 
einige Vorschläge sanitätspolizeilicher Art, vor allem der der 
obligatorischen Anzeigepflicht der Krankheit seitens der be¬ 
handelnden Aerzte. 

Soweit die recht interessanten Ausführungen E.s, die der 
Praktiker vielleicht ganz gern noch um einige prognostische 
(quoad Lähmungen besonders!) und therapeutische Winke er¬ 
gänzt gesehen hätte. 

2. Darlegung eines Einzelfalles. Ein psychopathisch be¬ 
lasteter Landwirt hat stets etwas ,,Feminines“ gehabt, es fehlt 
eine starke Lustbetonung im heterosexuellen Verkehr, besteht, 
eine leicht homosexuelle Anlage, ohne daß es zu Exzessen 
in der Beziehung gekommen wäre. Von Jugend auf ist er 
stark abhängig gewesen von einem energischen Vater, einem 
herrschsüchtigen älteren Bruder, nachher einem mißtrauischen, 
die Zügel der Gutsgewalt mit Zähigkeit festhaltenden Schwieger¬ 
vater. Nach des letzteren Tode war Patient plötzlich Allein¬ 
herrscher auf seinem Besitztum und konnte sich in diese Rolle 
nicht hineinfinden, hatte das Befehlen nicht gelernt. Gleich¬ 
zeitig entfremdete er sich, wie er nach mehreren psychoanalyti¬ 
schen Sitzungen zugab, seiner Frau, fing an, „wie Bruder und 
Schwester zu leben“ und Masturbation zu treiben. Dann setzte 
die in Rede stehende Depression ein, die in der Diagnose der 
Züricher psychiatrischen Klinik als ,,melancholische Depression 
(wahrscheinlich beim manisch-depressiven Irresein'“ gedeutet 
wurde. Die Heilung war ersichtlich eine Folge der psycho¬ 
therapeutischen Sitzungen, in denen Patient eine deutliche zu¬ 
nehmende Erleichterung empfand, in denen ihm vom Verfasser 
das teilweise Ungerechte der Vorwürfe gegen seine Frau vor- 
gehalten und die Wiederaufnahme eines Ehrenamts in seiner 
heimatlichen Kommune zur Stärkung des Selbstbewußtsein u. a. 
anempfohlen wurde. 

3. Der Aufsatz erzählt die Krankengeschichte eines 
38 jährigen Mannes, .der ohne organisches Grundleiden über 
Herzbeschwerden und Impotenz klagte. Es stellte sich heraus, 
daß der früh zur Masturbation gelangte dadurch und durch 
äußere Umstände dem Handschuhfetischismus in die Arme ge¬ 
triebene, später psychisch impotent und Neurotiker gewordene, 
körperlich gesunde Patient durch die unbedachte Aeußerung 
eines Arztes zu dem schwer zu erschütternden Glauben an 
einen bestehenden Herzfehler gekommen war, der ihn von einem 
Arzt zum anderen jagte. Warme Bäder mit zweckmäßigem 
Zusatz und Psychotherapie im Sinne Freuds schafften während 
12 tägiger Behandlung im „Kurhaus Langwitz“ eine wesent¬ 
liche Besserung. 

Im ganzen kein sehr ungewöhnlicher Fall, der dem 
Nervenarzt kaum etwas Neues bietet. Aber lehrreich bleiben 
solche Fälle immer für den Praktiker, der stets seine Wortq 
wägen soll und niemals vergessen darf, bei neuen Fällen die 
Neurose differentialdiagnostisch ins Auge zu fassen. Von diesem 
Standpunkte aus ist es nur zu empfehlen, den Artikel auch 
im Original zu lesen. 

4. Unter 100 Fällen von Dementia praecox auf der Frauen- 
scite der Idiotenanstalt Liibben findet Verfasser 15 Fälle, aus 
deren Anamnese mit ziemlicher Sicherheit der Schluß auf an¬ 
geborene Imbezillität gerechtfertigt erscheint. ‘Acht der wieder - 
gegebenen Fälle gehörten der hebephrenischen und sechs der 
katatonischen Form an, während in einem Fall die spezielle 
Diagnose zweifelhaft war. Alles waren abgelaufene Fälle, End¬ 
stadien. Im Gegensatz zu Kraepelin, der in diesen Fällen 
eine bereits in der Kindheit beginnende Erkrankung an Dementis 
praecox annimmt, stellt Verfasser sich auf den Standpunkt 
W e y g a n d t s , Jahrmärkers und Bleulers, nämlich den 
der „Pfropfhebephrenie“, wo also die imbezille Veranlagung 
lediglich die Bedeutung einer psychopathischen Anlage überhaupt 
hat. Die auf dem Boden des Schwachsinns entstandene Dementia 
praecox zeigt keine charakteristischen Eigentümlichkeiten im 
Verlauf und Ausgang, nur ist der Verlauf ausnahmslos ein 



JNIVERSITY OF MICHIGAN 


schwerer. Diese Sondergruppe der Dementia praecox hat mit 
den Frühformen des Jugendirreseins nichts zu tun. 

Die Zukunft der psychiatrischen Wissenschaft wird lehren, 
ob sich die letztgenannten Thesen des Verfassers sämtlich 
werden halten lassen. 


5. Von dem Chefarzt der braunschweigischen Landesirrem- 
anstalt werden uns 7 Paralysefälle vorgeführt und im An¬ 
schluß daran der Zusammenhang mit dein in 4 Fällen psychi¬ 
schen, in 3 Fällen körperlichen Trauma erörtert. In der ersten 
Patientengruppe fallen Trauma und Ausbruch der Paralyse zeit¬ 
lich zusammen, in der zweiten liegen zwischen dem ersteren 
und dem Ausbruch der Paralyse mehrere Monate, im Fall 7 
sogar mehrere Jahre. Der Verfasser kommt zu folgendem Er¬ 
gebnis: Eine Paralyse, die in voller Entwicklung unmittelbar 
auf ein Trauma folgt, ist stets, auch wenn an dem Verletzten 
vor dem Trauma keinerlei Gesundheitsstörungen bemerkt 
wurden, die plötzliche Verschlimmerung einer schon vor dem 
Trauma vorhandenen Paralyse. In Fällen, wie denen der 
Gruppe II, ist die Möglichkeit, daß der paralytische Krankheits¬ 
prozeß erst durch das Trauma ausgelöst wurde, nach dem 
heutigen Stande der Psychiatrie wenigstens noch nicht ganz 
auszuschließen. Zur Begründung von Rentenansprüchen ist der 
Nachweis notwendig, daß das Trauma für diese Schädigung der 
Gesundheit und Erwerbsfähigkeit eine ins Gewicht fallende, 
mitwirkende Ursache gewesen ist. 

6. Das Stottern ist das augenfälligste Symptom einer 
allgemeinen Nervosität und besteht in tonischen Krämpfen der 
Muskelgruppen, die die Atmung, die Phonation oder die Artiku¬ 
lation besorgen. Das Sprechunvermögen bei gewissen Buch¬ 
staben ist nicht etwa anatomisch begründet, sondern beruht 
auf diesen neurotisch ausgelösten, psychisch bedingten Krämpfen; 
daher seine Aehnlichkeit mit Agoraphobie und anderen Phobien. 
Die angestrengtesten Versuche des Stotterers, über die für ihn 
gefährlichen Klippen 1 beim Sprechen hinwegzukommen und die 
dadurch hervorgerufene Lachlust der Umgebung verstärken nur 
noch das Uebel. Den Eltern stotternder Kinder ist in erster 
Linie anzuraten, nicht etwa mit Strenge vorzugehen. „Die Ab¬ 
lenkung der Gedanken, der Aufmerksamkeit vom mechanischen 
Sprechvorgang“ ist der wichtigste Faktor sowohl für die Pro¬ 
phylaxe als auch für die Therapie, die erstens in einer zweck¬ 
mäßigen Regulierung der In- und Exspirationen beim Sprechen 
und andererseits in der Stärkung des Selbstvertrauens des Pat. 
besteht. Mit dieser Psychotherapie muß eine Allgemeinbehand¬ 
lung und Roborierung des Nervensystems einhergehen. 

Der Ansicht verschiedener namhafter Psychiater (Hegar, 
Cramer, Pick u. a.), daß der Stotterer fast stets ein. 
Degenerierter sei oder daß Stottern wenigstens als Degene¬ 
rationszeichen aufgefaßt zu werden verdiene, scheint Verfasser 
demnach nicht beizutreten. Immerhin hätte Referent in dieser 
längeren Spezialabhandlung ganz gern einen Hinweis auf eine 
derartige herrschende gegenteilige Meinung wenigstens erwähnt 
gesehen. 

7. Zur Klärung der Frage, was an vom Blut gebil¬ 
deten Antikörpern in den Liquor cerebrospinalis übergehe, 
wurden an der psychiatrischen Universitätsklinik zu Prag unter 
Unterstützung seitens des hygienischen Institutes folgende Ver¬ 
suche gemacht: Bei 5 ausgesprochenen Fällen von Paralyse 
und 5 sicher luesfreien Fällen von Dementia praecox wurden 
dreimal — im ganzen 4 ccm — Injektionen „von der mit 
Karbol versetzten, sicher abgetöteten Aufschwemmung eines 
Vibrios“ (Agarkultur) unter die Brusthaut vorgenommen. Zehn 
Tage nach der letzten Injektion wurden Liquor und Blut ent¬ 
nommen und mit diesen beiden Flüssigkeiten Komplement- 
bindungs- und Agglutionationsversuchc angestellt. Resultat: die 
verhältnismäßig grobe Methode der Komplementbindung zeigte 
im Blute nur in 3 Fällen Antikörper, von denen 2 Paralysen, 
1 eine Nichtparalyse war, im Liquor nie; der Agglutina¬ 
tionsversuch aber wies sie im Blute überall nach, im Liquor 
nie. Verfasser zieht daraus, wohl mit einigem Recht, den 
Schluß, daß die Permeabilität der Meningen bei der Paralyse 
nicht wesentlich erhöht scheint, und daß der bei Paralytikern 
so häufig zu findende positive Ausfall der Wassermann- 
sehen Reaktion wohl auf der lange Zeit dauernden Ueber- 
produktion von Antikörpern, ferner auf der Summierung der 
stets nur ganz geringen Mengen von hindurchgetretenen Stoffen 
beruhe. 





UNI\ 


OF MICHIGAN 


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1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


139 


Radiologie. 

Referent: Dr. H. E. Schmidt, Berlin. 

1. Eine Methode zur wesentlichen Vereinfachung und Ver¬ 
billigung der Radiographie. Von Dr. Franz Kroneckcr, 
Berlin. ,Med. Klinik, 1910, Nr. 4. 

2. Zur Diagnostik von Schulterverletzungen durch die 
Röntgenaufnahme von oben. Von Dr. A. Pfister, Königs¬ 
berg’. Med. Klinik, 1910, Nr. 5. 

H. Die Röntgendiagnostik der Lungenkrankheiten. Von Prof. 
11 a n s A r n s p e r ge r , Heidelberg. Reichs-Medizinal-Anzeiger, 
1910, Nr. 1. 

I. Der Verfasser empfiehlt ein von der Firma Stolze & 
( o., Charlottenburg A\ estend, Kirschenalle© 19—21, hergestelltes 
Bromsilberpapicr als Ersatz für die Platten, wenn es sich um 
An 1 nahme der Knochen und Gelenke von Extremi- 
t ä t e n Erwach s e n e r oder um nicht zu s t a r k e K i n - 
d e r handelt, Schädel, Rumpf, Schulter und Becken Erwachsener 
geben zwar auch recht gute Bilder, stehen aber an Schärfe und 
Deutlichkeit den Plattenradiogrammen nach. Die Aufnahmen 
werden ohne Verstärkungsschirm gemacht, die Expositionszeit 
ist kaum größer als bei der Platte, die Technik wesentlich ein¬ 
facher und der Preis erheblich niedriger. 

Eine Fläche Röntgenpapier kostet nur ein Drittel soviel 
wie eine Platte, gleicher Größe. Vervielfältigung ist allerdings 
nicht möglich, doch kann man zwei fesp. drei Papierflächen 
übereinander gelegt belichten und erhält dann zwei resp. drei 
fast gleich gute Bilder. 

2. Schilderung eines Falles von Schulterverletzung, in 
welchem die Röntgen-Aufnahme von vorn keine Fraktur oder 
Luxation ergab, während die Aufnahme von oben nach unten 
(Film in der Achselhöhle) zeigte, daß in der Tat nicht nur eine 
Luxation des Humerus nach hinten, sondern auch eine Fraktur 
des Humeruskopfes vorlag. 

3. Der Verfasser gibt in kurzer, zusammenfassender und 
trotzdem sehr anschaulicher Darstellung eine Schilderung der für 
die Deutung der Röntgenbilder, besonders bei der Lungentuber¬ 
kulose, wichtigen Punkte. Die Arbeit ist zu kurzem Referat 
nicht geeignet, und Interessenten müssen auf das Original ver¬ 
wiesen werden. 


Nahrungs- und Genußmittel. 

Von Prof. Dr. med. Winckler, Bad Nenndorf. 

Eier. 

Idiosynkrasie gegen Eier-Eiweiß. Von Dr. Schönherr, 
Schreiberhau. Fortschritte der Medizin, 1910, Nr. 3. 

Sch. berichtet über einen Fall von Zootrophotoxismus, 
indem ein 56 jähriger Arzt, der in seiner Jugend wegen einer 
Lungenspitzenaffektion jahrelang reichlich Hühnereier gegessen 
und infolgedessen einen Ekel vor diesem Nahrungsmittel be¬ 
kommen hatte, regelmäßig erkrankte, sobald nur die geringste 
Spur von Eiereiweiß in seinen Magen gelangte. Diesmal hatte 
er von einer mit Eiweiß zubereiteten süßen Nachspeise gegessen 
und sich dadurch Erscheinungen einer schweren gastrointesti¬ 
nalen Autointoxikation zugezogen: Speichelfluß, Uebelkeit, Er¬ 
brechen, Stuhldrang, Kälte der Haut, Benommenheit, Herz¬ 
klopfen. Der Betroffene war nicht etwa magenleidend, hatte 
überhaupt kein örtliches Leiden, sondern war nur wegen Ab¬ 
magerung und Schlaflosigkeit ins Sanatorium eingetreten. Der 
I rin war' normal. Die Intoleranz dieses Arztes gegen Eier¬ 
eiweiß ging soweit, daß sogar der Zusatz von etwas Eiweiß 
zur Glasur einer sonst eiweißfreien süßen Speise ihn krank 
machte. 

Milch. 

Darf man einen dreiprozentigen Fettgehalt der Kuhmilch 
verlangen? 

Der „Verein der nach Leipzig liefernden Milch! - 
Produzenten zu Leipzig“ hielt am 12. Februar d. J. im Eta¬ 
blissement ,,Sanssouci“ eine Generalversammlung ab, die sich 
zu einer Protestversammlung gestaltete, wodurch der Rat der 
Stadt Leipzig zur Aenderung seiner Milchregulative veranlaßt 
werden sollte. Es paßt den Milchlieferanten nicht mehr, daß 
der Rat einen dreiprozentigen Fettgehalt der Vollmilch 
fordert; sic beabsichtigen sogar, eine Klage beim Oberver¬ 
waltungsgericht anzustrengen, um eine Herabsetzung des Mini¬ 
malfettgehaltes auf 2,7 oder 2,8% zu bewirken. Der Verein 


hatte einen Redner aufgestellt, Geh. Rat Professor Dr. 
Kirchner, der sich die größte Mühe gab, für die Inter¬ 
essen der Milchviehbesitzer zu plädieren. Er behauptete, da 
die Milch ein Naturprodukt wechselnden Gehaltes sei, könne 
man gar nicht bestimmen, welches der richtige Fettgehalt sei: 
jede Normierung sei willkürlich. Prof. »Schloß m a n n habe 
ermittelt, daß in 200 Städten, die einen bestimmten Fettgehalt 
der Vollmilch verlangen, dieser Gehalt von 2,3 bis 3,2% 
schwanke. Einige große Städte, wie München, Nürnberg und 
Wiesbaden, kämen ganz gut ohne solche Vorschrift aus! — 
Wir hoffen, daß der Rat der Stadt Leipzig an seiner vernünftigen 
und maßvollen Vorschrift festhalten werde. Das Kaiserliche 
Gesundheitsamt in Berlin sagt in seinem ,,Milch -Merkblatt“, 
daß der Fettgehalt der Vollmilch, die als Gemisch der Milch Ver¬ 
schiedener Kühe in den Handel komme, in der Regel zwischen 
2,7 und 4,3% betrage. Folglich ist die Vorschrift 
von drei Pro&ent sehr tief gegriffen und steht 
dem Minimum nahe! Daß es den Milchlieferanten er¬ 
wünscht wäre, fettarme Milch als Vollmilch verkaufen zu dürfen, 
ist begreiflich. Allein das Publikum bedarf, doch eines gewissen 
Schutzes, wenn nicht der Milchpantscherei Tür und Tor ge¬ 
öffnet werden soll. Es steht den Milchlieferanten ja frei, minder¬ 
wertige Milch als „Magermilch“ zu verkaufen! Unter diesem 
Namen kommt die bei der Butterbereitung zurückgebliebene. 
Milch auf den Markt; diese, nur J A% Fett oder noch weniger 
enthaltend, ist, wie das Kaiserliche Gesundheitsamt erklärt, 
„für die Säuglingsernährung wegen des geringen Fettgehalts 
ungeeignet“. Im Interesse der Säuglinge und überhaupt der 
Kinder dürfen die gesundheitepolizeilichen Anforderungen an 
den Milchhandel nicht allzusehr ermäßigt werden. Gerade in 
Leipzig sind strenge Vorschriften vonnöten. Wir erinnern daran, 
daß B r ti n i n g bei 28 Leipziger Marktmilchproben in 93% 
Streptokokken gefunden hat, und zwar in Mengen von 100 bis 
1.000 000 im Kubikzentimeter. Auch in München, dessen 
Milchverhältnisse Kirchner so sehr anpries, scheint die 
Milch nicht immer einwandfrei zu sein; wenigstens hat 
T r o m m s d o r f in München in sogenannten Kindermilchställen 
die Milch von 25 bis 30%, sogar in einem Musterstalle mit aus¬ 
gesuchtem Schweizervieh von 4° o aller Kühe Streptokokken- 
haltig gefunden. Die Streptokokkenzahl ge*ht aber dem Gehalte 
der Milch an Eiterkörperchen parallel und läßt auf 
Euterentzündung der Tiere schließen. Wenn wir also verhüten 
wollen, daß unsere Kinder Milch von kranken Kühen erhalten, 
müssen wir vor allen Dingen eine schärfere Stall¬ 
kontrolle verlangen! Diese Forderung ist noch 
wichtiger als die Kontrolle des Fettgehaltes' 
d e r M arktmilch. Wenn man bedenkt, daß die Landwirte 
und Milchhändler neuerdings die Milchpreise so hoch hinauf¬ 
geschraubt haben, daß für Vollmilch in vielen Städten bereits 
22 Pfennig, für Vorzugsmilch (sogen. Kontrollmilch» Kurmilch, 
Kindermilch) sogar 40 Pfennig (!) bezahlt werden, so erscheint 
es gerecht, daß die Qualität dieses Nahrungsmittels behördlicher¬ 
seits noch strenger als bisher kontrolliert werde. Die Zuständp 
in den Kuhställen und die Behandlung der Milch sind sehr ver¬ 
besserungsfähig. Der Gesundheitszustand des Milchviehs bedarf 
weit schärferer Kontrolle. Behring hat in einem am 8. Fe¬ 
bruar 1908 vor dem deutschen Landwirtschaftsrat gehaltenen 
Vortrage mitgeteilt, daß in seinem Versuchsstalle bei einem Be¬ 
stände von 30 Melkkühen etwa 90% trotz gesunden Aussehens 
und reinlicher Haltung große Mengen von »Strept.o- und 
Staphylokokken mit der Milch ausschieden. 

Fleisch und Milch. 

Ein Versuch, die Rinder-Tuberkulose in Ungarn auszu¬ 
rotten. 

Aus Preßburg wird gemeldet, daß der ungarische Ackerbau - 
minister die Ausrottung der tuberkulösen Kühe angeordnet hat. 
Jede mit Tuberkulose behaftete Kuh soll durch den mit der 
Ausrottung beauftragten Tierarzt dem Eigentümer „im Wege 
eines Ausgleichs“ abgekauft und alsbald geschlachtet werden. 
Der Eigentümer erhält, nur den Wert des Fleisches, das er 
auf Wunsch selbst verkaufen darf. Die Eigentümer von Kühen 
werden von der Behörde darauf aufmerksam gemacht, daß ihnen 
das Melken der tuberkulösen Kühe amtlich verboten wird, falls 
sie in den Verkauf der Tiere nicht einwilligen. Angesichte' 
der ungeheuren Verbreitung der Rindertuberkulose wird 
diese gutgemeinte Maßregel unausführbar bleiben. Wir wollen 
diese Verbreitung durch einige statistische Angaben illustrieren. 
G e r I a c h hat die Hälfte der Kühe in den Molkereien 



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TY OF MICHIGAN 




UNIVERSI 





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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 0 


innerhalb der B,ainmieilu Hannovers, tuberkulös gefunden (0 ru e - 
v e 1 ls Notizen, 1877, c>. (170). B ollingcr sagt, ,,düß von 
den Kühen, wie sie zur Schlacht bank kommen, mindestens 5",», 
in manchen Gegenden 7-8% mit Perlsucht behaftet sind" 
(Münchener med. Wochenschrift vom 17. u. 24. .Juli 18881. Bell 
in New York faud unter 11 Kühen aus dortigen Molkereien 
10 m i t, erweicht e n tube r k u 1 ö sen Herden! Dr. 
Spillshann in Nancy hat eine Statistik des Gesundheitszu¬ 
standes der Milchkühe im französischen Bezirk Hautes Vosgues 
geliefert, wonach 3 0 bis 40% dieser Tiere tuberkulös sind. 
Wenn also der ungarische Ackorbauminister die Rindertuber¬ 
kulose ausrotten will, so wird er vielleicht ein Drittel aller 
Rinder im Lande schlachten lassen müssen. Schwerlich wird 
der Staat die Mittel zur Entschädigung der Eigentümer auf- 
bringen können. Falls aber das plötzliche Massenangebot tuber¬ 
kulösen Fleisches den Preis drücken und die Entschädigung 
illusorisch machen wird, werden die Landwirte mit Recht oppo¬ 
nieren. Kurz, die neue Maßregel erscheint uns unausführbar. 

B ier. 

Rückgang des Bierkonsums in Deutschland. 

Die soeben für die ersten drei Quartale des Jahres 1909 
bekannt gegebenen Zahlen des Malzverbrauchs im Gebiete der 
norddeutschen Brausteuergemeinschaft lassen bereits erkennen, 
daß der Biergenuß in Deutschland im Jahre 1909 gewaltig ab¬ 
genommen hat. Denn der Malzverbrauch zum Zwecke der Bier- 
herstellung betrug während der genannten drei Quartale nur 
4 933 444 D.-Ztr. gegen 5 651 121 D.-Ztr. in der entsprechen¬ 
den Zeit des Vorjahres, was einen Rückgang von mehr als 12°/o 
bedeutet. Noch stärkere Abnahme zeigt die Einfuhr ausländi¬ 
schen Bieres; die Einfuhr betrug im Jahre 1909 für Faßbier 
353 684 Hektoliter gegen 425 198 Hektoliter im Jahre 1908; 
der Rückgang beläuft sich also fast auf 17%, und der Rück¬ 
gang des Imports von Flaschenbier beträgt ungefähr 20%. Nun 
datiert die Abnahme im Bierkonsum allerdings nicht erst seit 
einem Jahre, hat aber jetzt größere Dimensionen angenommen; 
im Jahre 1908 hatte sich der Malzverbrauch schon um 7% ver¬ 
ringert, 1909 aber um 12%, und die Biereinfuhr hatte sich 1908 
um 2,6%, 1909 aber um 17% verringert. — Die Ursachen dieses 
bemerkenswerten Rückgangs sind vermutlich: die wachsende 
Erkenntnis vom Nutzen der Mäßigkeit und der vermehrte Steuer¬ 
druck, der die minderbemittelten Bevölkerungsklassen zur Ein¬ 
schränkung entbehrlicher Genüsse gezwungen hat. Auch die 
Agitation gegen das ,,Tschechenbier“ ist offenbar wirksam ge¬ 
wesen, denn die Biereinfuhr aus Oesterreich-Ungarn nach 
Deutschland ist von 405 221 auf 332 605 Hektoliter zurück¬ 
gegangen, während die Einfuhr von Porter und Ale aus Eng¬ 
land um eine Kleinigkeit gestiegen ist, nämlich von 19 875 auf 
20 989 Hektoliter. Die Bierausfuhr ist fast unverändert ge¬ 
blieben, indem zwar die Ausfuhr von Faßbier von 520 149 Hekto¬ 
liter auf 537 572 Hektoliter gestiegen, die Flaschenbierausfuhr 
aber von 351 933 auf 345 333 Hektoliter gefallen ist. Das Aus¬ 
land hat sich also im Genuß deutschen Bieres keine Be¬ 
schränkung auferlegt. 


Varia. 

Todesfälle bei Skopolamin-Morphium-Narkose. Von Rime , 
Berlin. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 3. 

Verfasser berichtet über zwei Todesfälle bei Anwendung 
der Skopolamin-Morphium-Narkose. Allerdings handelte es sich 
um Pat. mit schweren Gefäßveränderungen, und es wurde in 
mehrstündigen Intervallen die starke Gesamtdosis von 0,0012 
Skopolamin, hydrobromic. -j- 0,03 Morph, mur. injiziert. 

v. Rutkowski, Berlin. 

Ueber die allgemeine Behandlung von Vergiftungen!. Von 

E. Härnack, Berlin. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 3. 

Die Behandlung der akuten Vergiftungen ist eine eva¬ 
kuierende, antidotarische und symptomatische. Die Evakuierung, 
d. h. Entleerung des Giftes, geschieht mittels der Magenpumpe, 
Brechmittel, Laxantien, Diaphoretika, Diuretika, Skarifikatio- 
nen und des Aderlasses. Das antidotarische Verfahren besteht 
in der Anwendung von Gegenmitteln und Gegengiften. Erstere 
wirken direkt auf das Gift chemisch ein, indem sie es chemisch! 
umwandeln oder zerstören und es in beiden Fällen unschäd¬ 
lich machen, letztere wirken nicht auf das Gift selbst, sondern 
auf das durch die Giftwirkung alterierte lebende Substrat ein 
und heben so die Giftwirkung auf. Die der Indicatio sympto* 


matica dienenden, Mittel sind Sauerstoffinhalatioue.il, hydro¬ 
therapeutische Prozeduren, sowie exzitierende oder beruhigende 
Medikamente. — Bezüglich der chronischen Vergiftungen sind 
besonders wichtig die durch Schwermetalle, wie Blei und Queck¬ 
silber, und die durch chronische Genußmittel, z. B. Alkohol, 
erzeugten Vergiftungen. Die Therapie dieser Vergiftungen be¬ 
steht im wesentlichen in der Prophylaxe und der Anwendung 
symptomatischer Mittel. v. R u t k o w s k i , Berlin. 

Akute Lysolvergiftung durch vaginale Irrigation und der 
therapeutische Wert der Irrigationen überhaupt. Von 

C h v o j k a. Zentralblatt f. Gyn., 34. Jahrg., Nr. 3, S. 75 f. 

Zahlreich sind die Vergiftungen Schwangerer durch Lysol- 
irrigation im letzten Monat der Schwangerschaft. Dagegen fand 
C h. in zahlreichen Fällen, daß durch Unterlassung der Irrigation 
nie Schaden angerichtet wurde, gleichgültig, ob es sich um 
fiebernde Kreißende handelte, die mit abgestorbener Frucht, 
kamen oder um Plazentaretention nach einer Fehlgeburt etc., 
nie wurde der Uterus ausgespült. Nur bei Retention des 
Wochenflusses, je im Verhältnis der pathologischen Lochien 
fand eine Ausspülung mit 50 proz. Alkohol statt. (B u m m 
empfiehlt, immer mit essigsaurer Tonerde oder einem ähn¬ 
lichen unschädlichen Mittel zu spülen. Ref.) 

Kurt L i p s c h i t z , Berlin. 

Ueber physikalische Therapie bei Herzkrankheiten. Von 

Plate. Fortschritte der Medizin, 28. Bd., Nr. 1. 

Für das Wichtigste hält der Verf., mit der Behandlung 
möglichst frühzeitig zu beginnen. Durch die Arbeiten der 
letzten Jahre wurde die wichtige Erfahrung gewonnen, daß für 
den Blutkreislauf nicht nur die Arbeit des Herzens, sondern auch 
Vorgänge im peripheren Zirkulationsgebiet von großem Ein¬ 
fluß sind. Als Frühsymptome bei Herzkrankheiten werden an¬ 
geführt: leichte Ermüdung, Auftreten von Dyspnoe bei geringer 
Bewegung, starke Vermehrung des Gewichtes in kurzer Zeit 
(Oedeme), ungleiches Verhältnis in Flüssigkeitsaufnahme und 
Ausscheidung im Urin etc., ferner ist auf Quinckes Nykt- 
urie zu achten. Schon diese zeigt, womit die Behandlung 
zu beginnen hat: Der Kranke muß horizontal und zwar im 
Bett liegen, da die Abkühlung der Körperoberfläche vermieden 
werden muß, wodurch die Kontraktion der Hautgefäße herbei- 
geführt würde. Hartnäckige Oedeme sollen nicht durch Hoeh- 
lagerung oder Massage beseitigt werden, da dadurch die Flüssig¬ 
keit nur weiter heraufgetrieben wird und den Kranken noch 
mehr belästigt, sondern durch Drainage und lokale Schwitz - 
prozeduren durch Bügel, die über die Beine gestellt werden, 
und an denen sich elektrische Glühlampen befinden, Aufrecht¬ 
sitzen auf einem Stuhl außerhalb des Bettes soll den Kranken 
auf ihren Wunsch gestattet werden. Im Bett soll das Herz 
daran gewöhnt werden, größere Arbeit zu leisten: Man läßt 
aktive und passive Bewegungen ausführen, daneben herz- 
kräftigende Atembewegungen machen. Der Kranke soll nie 
nüchtern aufstehen, am besten nach dem zweiten Frühstück, 
ferner soll er nur kleinere Mahlzeiten einnehmen, damit nicht, 
der aufgeblähte Magen das Zwerchfell und damit das Herz aus 
seiner Lage bringt. Aus dem gleichen Grunde ist für gründliche 
Darmentleerung zu sorgen. Nützlich ist bei Fettleibigen oft 
eine Unterernähr ungskur. Herzkranke sollen nur Orte 
mittlerer Höhenlage aufsuchen. Höher gelegene Orte sind nur 
Basedowkranken zu empfehlen. Beengende Kleidung und 
Tabakgenuß sind strengstens zu untersagen. Massage und passive 
Gymnastik schonen das Herz, aktive- und Widerstandsgymnastik 
strengen es an. Vibrationsmassage wird vielfach warm emp¬ 
fohlen. Zur Behandlung der Zirkulation dient das Wasser. 
Warmes Wasser erweitert die Gefäße, kaltes verengert sie. 
(Schädlich.) Bei nervösen Herzleiden empfehlen sich neben an¬ 
regende Behandlungsmethoden (Abwaschungen, Bäder etc.), be¬ 
ruhigende Mittel, wie Einpackungen, prolongierte lauwarme und 
elektrische Bäder. Bei Hyperästhesie der Nerven ist Kälte 
(im Nacken) indiziert, die jedoch bei Koronarsklerose zu ver¬ 
meiden ist. Zum Schluß weist Verf. darauf hin. daß Hoch¬ 
frequenzströme im Stadium der Präsklerose gute Wirkung, im 
Stadium der Arteriosklerose selbst schlechte Wirkung haben. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Zur Frage der intravenösen Narkose. Von P. Janssen, 
Düsseldorf. Münchener med. Wochenschr., 1910, Nr. 3. 

Verfasser machte bei Tieren Versuche mit der intravenösen 
Aetherinstillationsnarkose. Zur tropfenweisen Dosierung be¬ 
nutzte er eine nach seiner Angabe von F. A. Esch bäum, 



1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


14i 


Bonn, konstruierte Spritze. Um Gerinnselbildung in der Kanüle 
während der Instillationspause zu vermeiden, wird die Hohl¬ 
nadel iu eine Nebenvene 1 cm vor ihrer Einmündung in den 
Hauptstamm eingeführt und dann in die Vene vorgeschoben, 
bis sie eben an die Hauptvene heranreicht. Die Methode auch' 
bei Menschen anzuwenden, hält Verfasser vorläufig für zu 
gefährlich, weil die bisherigen Präparate auf die Blutbestand¬ 
teile zu deletär wirken. v. Rutkowslti, Berlin. 

Ueber Nierendekapsulation zur Behandlung der Eklampsie. 

Von Lichtenstein. Zentralblatt für Gynäkologie, 34. Jahrg., 
Nr. 2, S. lff. 

L. behauptet, daß durch die Dekapsulation noch diejenigen 
Eklampsiefälle zu retten sind, die man als verloreil betrachtet, 
und stützt sich auf drei Fälle, die an der Universitäts-Frauen -j 
klinik in Leipzig operiert wurden. Die Indikation ist nach 1 
der Entbindung erst gegeben, wenn alle bisherigen Mittel ohne 
Erfolg angewandt wurden. Es wurde stets doppelseitig de- 
kapsulicrt und der Schrägsehnitt längs der 12. Rippe gemacht. 
In die Tiefe brauchte nur stumpf eingegangen zu werden. 
Am Schluß sind Fascie und Muskel gut zu verschließen, um 
eine Hernie zu vermeiden. 

Kurt Lipschitz, Berlin.. 

Zur Behandlung der Krampfanfälle nach orthopädischen 
Operationen. Von Schau z , Dresden. Zentralblatt f. Chirurgie. 

Schanz beobachtete eine größere Anzahl von Fällen, wo 
nach Redressement von Knie- und Hüftdeformitäten, nach Osteo- 
klasicn, nach Klumpfußkorrektionen etc. epileptische Krämpfe, 
eintraten. Auf dem VI. Kongreß der Deutschen Gesellschaft 
für orthopädische Chirurgie machte v. Aberl e hierüber Mit¬ 
teilung in seinem Vortrag: „Ueber Fettembolie nach ortho? 
pädischen Operationen“, und erklärte die Krämpfe dadurch, daß 
aus dem Knochenmark Fett in die Blutbahn gepreßt wird. Die 
schwersten Fälle führen unter Lungenerscheinungen direkt zum 
Tode, die leichteren unter Hirnerscheinungen zu Krämpfen. 
Sch. erklärt dies dadurch, daß in die Gehimkapillaren Fett¬ 
tröpfchen cingeschwemmt werden und sah als geeignetes Mittel, 
die Kapillaren zu durshspüleu und zu erweitern, eine Kochsalz- 
infusion an. Dadurch wird außerdem das Fett verdünnt. So 
erzielte er gute Erfolge, indem er bei Eintritt der Krämpfe» 
Va—1 Liter auf verschiedene Einspritzstellen verteilte. Bei den 
schweren Stellen, wo gleich nach der Operation Lebensgefahr 
eintritt, empfiehlt er die intravenöse Infusion. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Das Wetter und unsere Arbeit. Von Grosse, Bremen. 
Zeitschrift für Balneologie, 1910, Nr. 19. 

Unsere Leistungsfähigkeit ist in gewisser Abhängigkeit von 
der Wetterlage. Diese alte Erfahrung ist durch Wissenschaft-, 
liehe Untersuchungen bestätigt und in klare begriffliche Fassung 
gebracht: Muskelkraft und Gedächtnis sind von Temperatur 
und Luftdruck abhängig, die Assoziationskraft jedoch nur von 
crstcrer. v. Rutkowski, Berlin. 

Katgut oder unresorbierbares Fadenmaterial? Von Mad¬ 
ie n e r. Zentralblatt für die ges. Medizin, Bd. 37, Nr. 1. 

Verf. geht davon aus, daß das teure Katgut den Anforde¬ 
rungen der modernen Chirurgen nicht genüge, und daß durch 
Kuhns Forderung, es müsse „ab ova keimfrei sein“, die 
Herstellung noch bedeutend verteuert würde. An der Hand 
von 757 verschiedenen Operationen, im speziellen an der Radikal¬ 
operation von (124) Leistenbrüchen zeigt er die Vorteile der 
versenkten Seide, vorausgesetzt, daß diese den zwei Forderungen 
Rockers, „aseptische und antiseptische Imprägnation“ voll¬ 
ständig genüge. Ein weiteres Haupterfordernis ist: „Das Kaliber 
des Fadens muß klein sein“. Eine große Anzahl von Mi߬ 
erfolgen sei auf die Nichtbeachtung dieser Regel zurückzu- 
führen. Bedauert wird, daß die Fadennummern nicht einheitlich 
seien. Zuletzt verlangt Verf. noch die Zugkräftigkeit des 
Fadens und empfiehlt den Ramiezwirn (cf. Zentralbl. f. Chirurg., 
1908, Nr. 3), der aus indischer Nesselfaser gewonnen wird. 
Indem Verf. noch zum Schluß darauf hinweist, daß Katgut beim 
Gebrauch von Gummihandschuhen zwischen den Fingern beim 
Anziehen gleitet und der Knoten leicht quillt, kommt er zu 
dem Ergebnis, daß Katgut nur da zu benutzen ist, wo Fremd- 
ktrrperbildung um den Faden zu befürchten ist oder wo die 
Entfernung aus Hohlorganen Schwierigkeiten macht. 

Kurt Lipschitz, Berlin, 


DF MICHIGAN 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Ueber den Wert der Jodpinselung zur Desinfektion 
der Haut vor Operationen. Von Dr. Fr. R. Brewitt, Lübeck. 
Münchener med. Wochenschr., 1910, No. 6. 

2. Ueber Erfolge mit der ausschließlichen Alkoholdes¬ 
infektion und deir Jodtinkturdesinfektion. Von Dr. Nast- 
Kolb, Stuttgart. Ibidem. 

3. Kalium hypermangan. cryst. als gewebezerstörendes 
Mittel. Von Dr. R. Blumen, Bayreuth. Ibidem. 

4. Ein Beitrag zur Eiseintherapie. Von Dr. Abdullah! 

beg Rukvica, Sarajevo. Oesterreich. Aerzteztg., 1910, Nr. 2. 

5. Ueber Arsen-Hämatose. Von Dr. A. Joachim, Reka- 
winkel bei Wien. Mediz.-chirurg. Zentralblatt, 1910, Nr. 2. 

6. Theoretische Betrachtungen über Cholestearin bei 

Schwarzwasserfieber als Heilmittel, mit praktischem Versuch. 
Von Dr. Grimm, Berlin. Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
Nr. 4. III 

1. Verf. hat an 500 Fällen des Lübecker Krankenhauses 
seit 1. April 1909 die im Jahre 1908 von Gros sich emp¬ 
fohlene Anwendung der Jodtinktur zur Desinfektion des Ope¬ 
rationsfeldes angewandt und ist mit den Erfolgen sehr zu¬ 
frieden, da sie bei der sonst üblichen Seifenwasser-Alkohol;- 
Sublimat-Desinfektion oder den sonst gebräuchlichen Methoden 
auch nicht besser waren, die Umständlichkeit der letzteren aber 
wegfällt. Das Verfahren ist denkbar einfach: z. B. bei Laparo¬ 
tomie, wenn möglich, Bad mit Säuberung mittels Seife und 
Bürste. Rasieren der Operationstetelle, eventuell Formalin - 
Umschlag für die Nacht. Bei Beginn der Narkose Jodtinktür- 
anstrich mit Haarpinsel, nach 5 Minuten zweiter Anstrich. 
Auch nach diesem kurzes Abwarten, da sonst Reiz auf die 
Schleimhäute des Operateurs ausgeübt wird. Möglichst trocken 
operieren, da sonst Jodanstrich allmählich abgewaschen wird. 
Ein Nachteil des Jodstriches ist eine sofort nach der Pinselung 
auftretende Rötung der Haut mit Jucken und Brennen. Um dies 
zu vermeiden, wandte Verfasser das Heusn ersehe Jodbenzin 
an (Tct. Jodi 10,0, Benzin ad 750,0, Paraffin, liquid. 250,0). Da¬ 
durch wird der Juckreiz vermieden, das Brennen beseitigt, das 
überflüssige Jod aufgelöst. Das Paraffin legt sich als feine 
feste Haut auf die entzündliche Partie und schlie/ßt sie von 
der Außenwelt ab. Auch im Gesicht und am Skrotum tritt 
kein Ekzem auf. Das Jodbenzin eignet sich auch zum Um- 
pinseln von Fisteln etc., um die dieselben umgebende Haut zu 
schützen. Nur bei der Bi ersehen Venenanästhesie ist der 
Jodstrich für den Operateur etwas unbequem, da er die Venen 
viel schlechter unterscheiden kann. Beim Verbände mit Heft¬ 
pflaster darf dieses nicht mit der jodierten Haut in direkte 
Berührung kommen. ,da sich sonst Blasen auf der Haut bilden, 

2. Nast-Kolb berichtet über die am Stuttgarter Katha¬ 
rinen-Hospital geübte Desinfektionsmethode : Kurzes Abwaschen 
der Hände mit Seife ohne Bürste in lauwarmem Wasser, gründ¬ 
liches, systematisches Abreiben mit 95 proz. Alkohol 5 Minuten 
lang. Zum Abreiben werden nur Gazetupfer benutzt. Operiert 
wird mit Gummihandschuhen. Auch den Jodstrich für die zu 
operierenden Gebiete hat Verf. erprobt; er empfiehlt denselben 
bei der Behandlung frischer Verletzungen, während er von der 
Methode bei ausgedehnten Bepinselungen der Haut nicht so 
sehr entzückt zu sein scheint, denn er hat in 3 Fällen, wo 
er Jodstrich wählte, Blasenbildung und Ekzem beobachtet. 
Ucbrigens hat Verf. die Haut trocken rasiert und kurz vor 
der Operation den Jodstrich angewendet. Es ist möglich, daß 
durch das Trockenrasieren die Haut für das Jod empfindlicher 
wurde. 

3. Ueber die gewebezerstörende' Wirkung des Kali liyper- 
mang. wurde in letzter Nummer ausführlich referiert. Jetzt be¬ 
richtet Blumm über eine etwas andere Methode, die er bei 
Phlegmonen, Panaritien, Abszessen und Furunkeln anwendet: 
Nach ausgiebiger Spaltung und Entleerung des Eiters wird 
die ganze Wundhöhle mit Kal. hypermäng. cryst. ausgefüllt 
und dann verdünnter Holzessig bis zum Ueber fließen darüber 
geschüttet; es setzt sofort eine heftige Entwickelung von 
Sauerstoff ein. Die über die Wunde zu legende Gazekompresse 
ist mit 6 proz. Holzessiglösung getränkt. Nach 24 Stunden ist 
die Wundhöhle mit krümeligen Massen ausgefüllt, nach deren 



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142 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 9 


Medicinal = Wasser und diätetisches Getränk ersten Ranges. 

Bei Nieren- und Blasenleiden, 
Harngries, Hanrbeschwerden und Gicht, 
bei Zuckerharnruhr, bei Catarrhen der 
Athmungs- und Verdauungsorgane wird 
die Bor® und Lithium® hältige Heilquelle 



mit ausgezeichnetem Erfolge angewendet. 



Harntreibende 
Wirkung. 
Eisenfrei. 
Leicht verdauli ch. 
Angenehmer 
Geschmack. 
Absolut rei n. 
Constante 
Zusammensetzung. 





Wirksames Präservativ 
gegen bei 

Scharlach 

auftretende Jtieren- 
affektionen. 

Besonders jenen Personen 
empfohlen, welche zufolge 
sitzender Lebensweise an 

Harnsaurer Siathese und Hämor¬ 
rhoiden, sowie gestörtem Stoff¬ 
wechsel leiden. 



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“SALVATOR“ ist in allen grösseren Mineralwasserhandlungen vorräthig, die Herren Aerzte jedoch, 
welche “SALVATOR“ zu persönlichem Gebrauche benöthigen, geniessen Ausnahmepreise und sind 
in diesem Falle höflichst gebeten sich direct zu wenden an 

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MICHIGAN 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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THERAPE ü TISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 9 


Anstalt; 3. jedem Abstinenzverein für solche geheilten Trinker, 
die mit seiner Hilfe gebessert oder durch ihn nach der Anstaltsi- 
kur vor ‘Rückfall dauernd bewahrt geblieben sind, Jahresprämien. 
Der um Sitz der Versicherungsanstalt arbeitenden Fürsorgestelle, 
für Alkoholiker hat diese Behörde überdies ein geeignetes; 
Sprechzimmer und die tatkräftige Mitwirkung mehrerer Beamten 
zugute kommen lassen. 

Betreffs der Demonstration der Ausbreitung von Tuber¬ 
kulose und Alkoholismus fertigte der bekannte Vorsteher des. 
statistischen Bureaus in Paris, Berti 1 Ion, zwei Karten an, 
welche deutlich den Einfluß des Alkohols auf die Entstehung 
der Tuberkulose zeigten; in den nördlichen Departements, wo 
mehr Schnaps getrunken wird, ist die Tuberkulose weiter ver¬ 
breitet als in den südlichen Teilen Frankreichs, wo mehr Wein 
getrunken wird. Hierauf bezieht auch Bertilion die größere 
Ausbreitung der Tuberkulose auf die männliche, als auf die 
weibliche Bevölkerung. 

Unter den zahlreichen Adressen, welche Hof rat Politzer 
anläßlich seines 50 jährig e n D o k t o r j u b i 1 ä u m s zu- 
gingen, waren besonders zwei wegen ihrer klassischen Form 
interessant. Die erste, von den italienischen Otologen gewidmete, 
hat den Senator Prof. B a c c 1 1 i zum Verfasser. B a c e 11 i zählt 
zu jenen nur mehr seltenen Gelehrten, die das klassische Latein 
vollkommen beherrschen. Die Adresse an Politzer lautet: 
Auf der Vorderseite des Einbandes: ,,Intellectum dat — Qui 
auditum.“ Die Adresse selbst lautet: ,,A dam Politzer 

Quinquaginta ab hinc annis Laurea fronde redimito Oto- 
iatrorum Magistro Principi Italica Otologiae Familia Nestorcam 


aetatem Faustam Felicom. Ab Roma aelerna Ominatur Scripsit 
Guido Bacelli.“ Die zweite, von den Schülern in den Ver¬ 
einigten Staaten Nordamerikas eingesendete Adresse hat folgen¬ 
den Wortlaut: ,,To Professor Doctor Adam Politzer 
Founder and Upbuilder of modern Otology Patient investigator 
and truthful recorder Earnest stimulator of scientific Work 
Wise Administrator and leader Precminent author and admirable 
teacher who In the fifty y >ars of professinal labor The dubilee' 
of which is now celebrated, has won the affcction and esieem 
of his pupils and colleagues, as well as attained the forem’o.sf 
place in his chosen brauche of Science. This greeting from pupils 
of the l'nited states of America is here inscribed.“ 

Krankenversicherung im Jahre 1908. Der ,,Reichsanzeiger“ 
veröffentlicht die Hauptergebnisse der Krankenversicherung für 
das Jahr 1908, der wir folgendes entnehmen: Die Zahl der 
Krankenkassen steigt von Jahr zu Jahr sehr langsam; sie be¬ 
trug zu Ende 1908 im ganzen Reich > 23 240 gegen 23 232 im 
Jahre 1907, hat also nur um 8 und in vier Jahren um 43 
zugenommen. Die ärztliche Behandlung erforderte 67,69 Mi 11. 
Mark gegen 63,33 im Vorjahre. Die Verwaltungskosten sind 
von 16,69 auf, 18,17 Mill. Mk. gestiegen und betragen damit 
auf den Kopf des Mitgliedes 1,47 Mk. gegen 1,38 Mk. im 
Vorjahre; die Zunahme ist stärker als bisher. 

In Halle sucht die „Gesellschaft zur Bekämpfung der 
Säuglingssterblichkeit“ mit der städtischen Fürsorgc.stelle für 
Säuglinge das Ammenwesen auch für Minderbemittelte zu regeln. 
Sie weist Müttern, welche selbst nicht stillen können, zuver¬ 
lässige, gesunde Frauen nach, welche in die Wohnungen kommen, 
zwecks Stillens. Die Kosten trägt die Zentrale. 


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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Entfernung keine nekrotischen Fetzen mehr zu sehen sind. Es 
erfolgt nunmehr rasche Heilung. 

4. Verf. berichtet über ein neues, festes, d. h. in Pillen-, 
lonn abgegebenes Eisenpräparat Feolat h a n , über dessen Zu¬ 
sammensetzung sowie Herkunft er sich jedoch ausschweigt. 
Er war mit der Wirkung zufrieden und hat unangenehme Neben¬ 
wirkungen nicht gesehen, wenn er dreimal täglich 2 Pillen gab, 

5. Die Arsen-Hämatose von Apotheker Paul in Graz 
enthält organisches Eisen in 0,04 proz. Lösung als glyzero- 
phosphorsaures Salz, 0,05°/« Arsen, ferner China-Alkaloide,, in 
tanninfreiem aromatisierten Dalmatinerwein. Verf .hebt die 
rasche Appetitsteigerung nach Gebrauch des Mittels hervor, 
das gern genommen und gut vertragen wurde. Wieviel Verf. 
von der Arsenhämatose verabfolgte, behält er für sich. Dafür 
folgen zum Schluß die üblichen Krankengeschichten. 

G. Eine Reihe von Autoren suchten bisher in ihren Arbeiten 
zu beweisen oder gingen von der Tatsache als bewiesen aus, daßi 
das Cholcstearin sowohl in vitro wie in vivo imstande ist, 
zahlreiche Blutgifte verschiedener Herkunft unwirksam zu 
machen. Das regte den Verf. an, mit Cholestearin Versuche bei 
Schwarzwasserfieber zu machen. Denn bei dieser Krankheit 
müssen hämolytische Gifte mitwirken, da man selbst mit 
höchsten Dosen von Chinin nicht imstande ist, bei einem Tier 
Hämoglobinurie zu erzeugen. Jedoch muß man auf Grund 
klinischer Erfahrungen dem Chinin eine ätiologische Rolle zu- 
erkennen: wenigstens sind die Fälle, wo Schwarzwasserfieber 
ohne vorherige Chinindosis auftritt, sehr selten. Vielleicht be¬ 
ruht die ungünstige Wirkung des Chinins darauf, daß die durch 1 
dasselbe abgetöteten Malariaparasiten soviel endogene Gifte er¬ 
zeugen. wie sie in normalen Fällen nicht Vorkommen. Gegen diese 
hämolytischen Gifte mit Cholestearin vorzugehen, war das Be¬ 
streben des Verfassers. Wegen des häufigen Erbrechens des 
Kranken mit Schwarz'wasserfieber wäre es ideal gewesen, das 
Cholestearin, das G. von Merck in Darmstadt bezog, sub¬ 
kutan oder intravenös zu injizieren. Da das gepulverte Prä¬ 
parat sich aber nur in Aether, Chloroform, siedendem Alkohol 
oder fetten Oelen löst, die ersten drei Lösungsmittel jedoch 
nicht anwendbar sind, und das Cholestearin aus den Oelen in 
starker Konzentration wieder ausfiel, so waren die genannten 
Applikationsmethoden nicht zu gebrauchen. Verf. gab deshalb 
das Mittel per os, und zlwar in Dosen von 3,0 g pro die. 
am besten in konzentrierter Milch (Cream) und zugegossenem 
kalten Tee. Davon kann der Patient beliebige Mengen schluck¬ 
weise trinken. Verf. hat bei einem schweren Falle von Schwarzl- 
wasserfieber Heilung gesehen, möchte aber vorerst nur auf 


Die 100-Jahrfeier der Hufelandschen Gesellschaft fand am 

1. Februar d. Js. unter großer Beteiligung statt. Die an,- 
gekündigten Vorträge über Huf cland als Arzt und Balneologo 
wurden von Brieger, Strauß und von Hansemann ge¬ 
halten. Die Gesellschaft ernannte R. Koch, Erb, Franz 
König und W. A. Freud zu Ehrenmitgliedern, sowie auch 
eine Anzahl von ln- und Ausländern zu korrespondierenden Mit¬ 
gliedern. 

Die Stadt Berlin will ein Krankenhaus für weibliche 
Geschlechtskranke erbauen; es soll in Rummelsburg errichtet 
werden und Platz für 150 Patientinnen bieten. 

Nach einem Urteil des preußischen Kammergerichts vom 
28. November 1908 kann, wie die „Zeitschrift für Medizinal- 
beamte“ mitteilt, das Rauchen für einzelne Teile eines Kur¬ 
ortes, wo sich Hals- und Lungenkranke aufhalten, verboten 
werden. 

Der Verein deutscher Laryngologen tagt in diesem Jahre 
am 10. und 11. Mai in Dresden. Mitteilungen und An¬ 
fragen sind an den Schriftführer Dr. Blumenfeld zu 
richten. 

Der sechste Kongreß der Deutschen Röntgen-Gesellschaft 

findet am Sonntag, den 3. April 1910, morgens 9 Uhr pünktlich, 
in Berlin im Langenbeckhause statt. Er ist auch dieses Jahr 
wiederum so gelegt worden, daß die Teilnehmer an dem 
Chirurgen- und Orthopädenkongreß Gelegenheit haben, dem 
Röntgenkongreß beizuwohnen. Die Ausschußsitzung findet am 
Sonnabend, den 2. April, abends 7 Uhr pünktlich, im Langen¬ 
beckhause statt. Die Eröffnungs- und Geschäftssitzung beginnt 
am Sonntag, den 3. April, 9 Uhr präzise. Vorträge und Demon¬ 
strationen werden möglichst umgehend (spätestens bis zum 
5. März 1910) an den Schriftführer der Gesellschaft, Herrn 
Dr. Immelmann, Berlin W. 35, Lützowstr. 72, erbeten. 

Ein Vermächtnis von 400 000 M. hat in London der dort 
kürzlich verstorbene Chemiker Dr. Mond zum Besten der 
Errichtung eines Genesungsheimes für Arme in Kassel ge¬ 
macht. 

Maßnahmen im Kampf gegen den Alkohoiismus. Die Luiules- 
versicherungsanstalten handeln in ihrem eigenen Interesse, wenn 
sie der Bekämpfung der Trunksucht Aufmerksamkeit schenken. 
Das eigene Interesse wahrend, fördern sie aber zugleich das 
Gemeinwohl in hohem Maße, zumal wenn sie so einsichtig und 
durchgreifend zu Werke gehen, wie in der Rheinprovinz. Die 
rheinische Landesversicherungsanstalt gewährt: 1. jeder Trinker¬ 
fürsorgestelle ihres Bereiches eine namhafte Jahresbeihilfe; 

2. jedem versicherten Trinker nach einem gewissen Versicherungs¬ 
zeitraum die Wohltat des Heilversuchs in einer entsprechenden 


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Bremen. 

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Amrum (Insel). 
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‘ Ebingen, Wttbg. (Arztbez. 
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Erkelenz, Rhld. 

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felde. 

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Frankfurt a. M. 

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Gebhardshain Westerw. 
Geilenkirchen, 

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Gielsdorf und Wilken¬ 
dorf b.Strausberg, Brdbg. 


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Hohentengen (Wttbrg ), 
Hüllhorst, Westf. 

Itzstedt i- Schl.-Holst. 

Joachimthal, 

Kr. Angermünde. 

Johannisburg 0 -Pr.,Kr. 

Kassel-Rothenditmold. 
Kemel, II -N. 
Kilianstädten, H.-N. 
Kirchberg-Jagst. 
Klein-Auheim, Kr. Oflfb. 
Köln a. Rh. Stadt-u.Landkr. 
Köln-Deutz. 

Köngen, Wttbg. 
Königsberg i. Pr. 
Korbach (Waldeck). 
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Minden, Westi. 
Moorburg b. Hamburg. 
Mülheim (Rhein). 

M.-Gladbach. 

Münder a. Deister. 
Munster, Hann. 

Nackenheim, Rhk. 
Neu-Isenburg, Kr. Offb. 
Neustadt a. d. Wied. 
Neustettin i. Pom. 
Niederwürzbach.Pfalz. 
Nordgermersleben 
(Kr. Neuhaldensleben), 

Oberbetschdorf i. Eis. 
Oberhausen i. Rhld. 
Obersept, O.-Els. 

Ober- u. Nieder-Ingel- 
heim, Rhh. 
Oderberg i. Mark. 

Pattensen i. Hann. 
Pinne i. Posen. 
Puderbach(Kr.Neuwied). 

Quint b. Trier. 

Rastenburg, O.-Pr. 


Recklinghausen i. W. 
Rhein (O.-Pr.). 
Rothenkirchen- 
Preßig, Oberfr. 

Salzwedel, Prov. Sa. 
Schirmeck-Saales i.E. 
Schlettstadt, Eis. 
Schornsheim (Rhh.). 
Schwandorf (Bay.). 
Schwarzach i. Ba. 
Schwetzingen, Ba. 
Soldau O.-Pr. 

St. Ludwig, O.-Els. 
Stettin, Fah.-K.-K.-Vulk. 
Stockstadt, Rh. 
Strausberg i. Brdbg. 
Strehla a E. 

Templin, Brdbg. 
Thalheim i. Erzgeb 

Urft (Schmidtheim) Kr. 
Schleiden. 

Wallhausenb.Kreuznach. 
Walsheim b. Blieskastel. 

Weibern i. Rhld. 
Weidenthal, Pfalz. 
Weilheim, Bay. 
Weisenau b. Mainz. 
Weißenfels (Saale). 


Wesseling, Rbproy. 
Wessling (O.-Bay.). 

Westd. Vers.-Kr. u. Unter- 
stützungs- Zuschuß- Kasse 
Köln a. Rh. 

Wiesbaden. 

Wriezen a. O. 

Zingst, Pom. 


Ueber vorstehende Orte und alle Verbandsangelegenheiten erteilt jederzeit Auskunft der Generalsekretär G. Kuhns, Arzt, Leipzig, Dufourstraße 18, II, Sprechzeit 
uachm. 3—6 (außer Sonntags). Kostenloser Nachweis von Praxis-, Auslands-, Schiffsarzt- und Assistentenstellen sowie Vertretungen. 


Druck von Oarl Marschner Berlin SW. 68. * 


MICHIG 


UNIVERSn 










w 


TherapeutischeRundschau 

Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 


Redaktion: 

Professor Dr. med. A. Mocller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 
Telephon: Amt VI, 17271. 


Verlag und Expedition 

Gustav Ehrkc Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. 


Berlin, 6. März 1910. 


Nr. 10. 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M„ einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den Verlag 
sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor tjuartnlscliluss abbestellt sind. Inserate werden für die 4gespaltcne 
Zeile oder deren Raum mit 50 Pi. berechnet. Beilagen per Tausend 15, M. Rcklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


OrigiItalien: 

Axel \\ inck 1er. Bad Nenndorf: Hartes oder weiches Trink¬ 
wasser? (Schluß) ..145 

A. Heermann, Cassel: Der Atmimgssclileier.148 

Kougrcßberichte: 

Max Hirsch, Bad Kudowa: Der XXXI. Balneologenkongroß 149 

Referate: 

Mohr. Bielefeld: Chirurgie.152 

Paul Greven, Aachen: Augenheilkunde.153 

H. Loliris eh, Chemnitz: Magen-, Darin- und - Stoff wechsel- 
» krankheiten.154 


Inhalt. 


Eugen Neter, Mannheim: Kinderheilkunde. . . . . . A viv 
M. Peltzer, Steglitz: Militärsanitatswesen . . . . . . . 
A. Moeller, Berlin: Schulhygiene . . . 
llauffe, Ehenhaiwen, und M. Peltzer, Steglitz: Varia . . 
Mitteilungen über Arzneimittel: 

W. Krüger, Magdeburg: Referate ..... . . 1 . ;' 
Technische Neuerscheinungen: 

H. Zuppinger, Zürich: Automatisch wirkende Apparate zur 
permanenten Exteusion der Ober- und l nterschenkelfrakturen 

Rücherbcsprecliungen.. • 

Allgemeines... • 


ORIGIN ALI EN. 

Hartes oder weiches Trinkwasser ? 

Von Prof. Dr. Axel Winekler. 

Kgl. dirig. Bruiineuarzt am Bade Nemidorf. 

(Schluß.) 

Wenn man die Trinkwasserhiirten mit den Mor- 
t a I i t ii t s z i f f e r n der Orte anstatt. mit den Zuliii- 
befiuidcn in Parallele brächte, würde man vielleicht er¬ 
sehen, d a ß d i.e e n g li s c li e n H y g i e n i k e r r ecllt 
Ii a b e u , d a s w e i c h e T r i n k w asser f ii r e i n e n 
so wichtigen G e s n n <1 li e i t s f a k tor z u Ii a 1 - 
I e n , <1 a I! es die m eil schliche L e b e n s d a u e r 
m e r k i i c. ii li e e i n I'1 n 1.11, Es ist auffallend, daß 
Slädte mit sehr hartem Trinkwasser, selbst wenn sie gün¬ 
stig gelegen und hygienisch gut eingerichtet sind, sehr 
ungünstige Stcrliliehkeitszjffern aufweisen. Nach Ver¬ 
öffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts betrug 1 
die Zahl der Sterbefälle für das Tausend der Bevölkerung 
im Durchschnitt der Jahre 1892 bis 1897 in Göttingen,22 
und in Würzburg 23; beide Städte haben aber enorm 
hartes Trinkwasser. Hingegen die Sterblichkeit in der mit 
sehr weichem Wasser versorgten Großstadt Hamburg be¬ 
trug nur 18 und in Bremen, dessen Wasser ebenfalls weich 
ist, nur 17. Dagegen können Zalmbefunde doch kaum in 
Betracht kommen. Vulgär gesprochen: was nützen gute 
Zähne, wenn man damit frühzeitig ins Gras beißen muß? 
R ö s e meint zwar (S. 60), die Zähne seien gewissermaßen 
„der Spiegel des menschlichen Körpers oder das Wasser¬ 
standsrohr am Dampfkessel des Organismus“. So kann 
nur spezialistiselie Einseitigkeit urteilen. Der gute Zu¬ 
stand des Gebisses ist k e i ii w e s c'h 11 i c h. e s Kriterium 
der guten Gesundheit eines Menschen. Er ist auch eben 
deshalb keine Bedingung der Langlebigkeit. Dr. M e i - 
wert, der alle über 90 Jahre alten Personen in Dresden 
— 17 Männer und 32 Frauen — befragt hat, deren 
Adressen ihm die Königlich Sächsische Staatsregierung 
aus den Volkszälilungsindividualkarten vom 1. Dezember 
1000 überlassen hatte, schreibt: „Hu fei and glaubte, 
den Zahnlosen die Aussicht auf ein hohes Alter abspreclien 
zu müssen. Aber ganz entgegen aller Erwartung konnte 
ich mich überzeugen, daß seinen natürlichen oder künst¬ 
lichen Zähnen kaum jemand sein hohes Alter zu ver¬ 
danken hat. Unter den von mir Interviewten wenigstens 


/ER! 


war Zahnlosigkeit die Regel und auch künstlicher Zahn¬ 
ersatz nicht beliebt. Die zahnlosen Kiefern kauten tadel¬ 
los und wurden, wie ich mich oft überzeugen konnte... mit 
Fleischstückchen von gewÖnhilcher Größe und Konsistenz 
spielend fertig.“ — Der von Reise versuchte Nachweis, 
daß,die Bevölkerung kalkarmer Gegenden weniger militär- 
tauglich sei, erstreckt sich nur auf einzelne Teile Deutsch¬ 
lands, ermangelt also genügender statistischer Beweis¬ 
kraft. l'cbrigeiis ist Militärtauglichkeit kein wissen¬ 
schaftlich feststehender Begriff, und die Militärärzte ver¬ 
fahren hei den Musterungen in verschiedenen Orten und 
zu verschiedenen Zeiten nicht völlig gleichmäßig. Die von 
R ö s e (S. G0) hervorgehobene Tatsache, daß das kalkarme 
Erzgebirge minderwertiges Rekruteinnaterial liefert, 
ist wahrlich nicht auf das weiche 1 rink- 
wasser zurückzuführen, sondern einfach daran!, daß (!io 
armen Gebirgsbewohner seit vielen Generationen von Kar¬ 
toffeln und Zichorienkaffee existieren und infolgedessen 
degeneriert sind. 

Nach dieser Kritik der von den Nälirsalzfreunden 
La li m a n u und Rose angeführten Sclieingründe nehme 
ich den Faden meiner Abhandlung wieder auf. 

Wir haben gesellen, daß Jedermann, jung und alt, in 
der gewöhnlichen Kost Kalk genug vorfindet, mehr als 
die dreiviertel Gramm, deren man täglich bedarf. Was die 
treue Begleiterin des Kalks, die Magnesia betritt!, Sl > 
ist die Befürchtung, nicht genug davon zu bekommen, ab¬ 
surd. Denn die meisten unserer Nahrungsmittel außer 
Milch und Eiern enthalten noch bedeutend mehr Magnesia 
als Kalk. Glücklicherweise werden diese Magnesiamasseii 
nur teilweise resorbiert, und doch findet man im mensch¬ 
lichen Harn jederzeit viel mehr Magnesia als Kalk, bis 
doppelt so viel ( X e ulianer). 

In jeder Hinsicht sind also die Neuerer, die über 
Nährsalzmaugel geklagt und zu deren Abhilfe mineralische 
Speisezusätze oder hartes Trinkwasser vorgescldaireii 
haben, in einem Irrtum befangen gewesen. Ihre Irrlehre 
wirkt aber im Publikum fort. Zahllose hypochondrische 
Laien, durch die Lektüre naturheilkundiger Traktätchen 
mit Furcht vor dem 'Nährsalzmangelgespenst erfüllt, kon¬ 
sumieren jetzt eifrig Pflaiizennälirsnlzextrakl, Nälirsalz- 
kakao, Nälirsalzbananenkakno, Nährsalztee, Nährsalzbrot, 
Nälirsalzpnrterzwieback und ähnliche Erzeugnisse des Ge- 
werbefleißes. Anstatt froh darüber zu sein, daß mail viele 
vegetabilische Nahrungsmittel durch Auswässern, Schälen, 


VER 
















146 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 10 












Enthülsen, Kochen von einem Teil des mineralischen 
Ballastes befreien kann, bilden sich die guten Leute ein, 
dal! sie n o c h n ic h t g e n u g Mineralien in den Leib be¬ 
kommen, haben deshalb die Kochkunst reformiert, ver¬ 
werfen das Waschen und Kochen der Gemüse, die sie nur 
noch dämpfen, essen Kleienbrot statt der Semmeln, 
schälen Aepfel und Birnen nicht, kurz, sind auf jede Weise 
darauf bedacht, sich „die kostbaren Nährsalze zu erhalten“. 

Es wäre unrecht, über diese sonderbaren Schwärmer 
zu lachen, da sie sich durch ihre Kalkfütterung mit der 
Zeit Schaden zufügen. I) e n n a n d a u ernde reich¬ 
liche Z u f u h r v o li N a li r u u g s k a 1 k ist für den 
menschlichen Körper nicht nützlich, auch nicht etwa 
gleichgültig, sondern positiv s c h ä d 1 i e h. Das folgt 
aus exakten Untersnchungeu, die Prof. R u m p f an¬ 
gestellt hat. Dieser ausgezeichnete Kliniker hat im 
.Jahre 1807 auf dem 15. Kongreß für innere Medizin in 
Berlin als Ergebnisse von über 300 Versuchen vor¬ 
getragen: 

a) Bei r e i c h 1 i c h e r Z u f u h r v o n lv alk- 
salzeu findet eine Ansa m in 1 u n g , e i n e 
wesentliche Zur ii c k h a 1 t u n g v o n 
K a 1 k i m K ö r p e r s t a 11. Diese betrug z. B. 
innerhalb 6 Tagen 11,193 g Kalk oder pro Tag 

1.86 g! 

b) A u o h in de n Fäll e n m i t Verkal k u n g 

der Arterien besteht eine V e r m i n d e - 
i* u n g d e r K a 1 k a u s f u h r g e g e n ii b e r 

d e r E i n f u h r. ln einem Falle, dessen Röntgen¬ 

aufnahmen Rumpf vorlegte, wurden in 6 Tagen 

nur 0,0621 g Kalk pro Tag durch den Harn aus- 
geschieden. 

Ein anderer Forscher, v o n L i m b e c k , hat als Re¬ 
sultat einer Reihe von Untersuchungen festgestellt, da ß 
K a 1 k u n d P ho s p li o r s ii u r c i m G reis e n a 1 t e r 

in viel gering e r e r AI enge a u s g e s e h i e d e n 

w c r d e n als i m j ii n g e r e n Alt e r. „Diese Erschei¬ 
nung erklärt die Häufigkeit der Gefäßverkalkung im 
Greisenalter und macht auch das Auftreten der Gicht im 
höheren Lebensalter verständlicher.“ (Dr. C. Mord- 
hörst, „Leber die Schädlichkeit der Kalksalze bei Gicht 
und im höheren Lebensalter.“ Deutsche Mediziiial-Zeitung, 
1898, No. 52/53.) 

In der .lugend entledigt sich der menschliche Organis¬ 
mus leicht eines ihm aufgebürdeten Kalküberschusses, 
aber im Alter, wo alle Aussclleidungsorgane schwächer 
arbeiten, schwindet diese Fähigkeit, und es kommt früher 
oder später zur K a I k r e t e n t i o n. Kalkanhäufung 
und Kalkablagerung charakterisieren das Greisenalter. 
„Uns drückt ein Erdenrest, zu tragen peinlich“ — und der 
Erdenrest nimmt überhand, bis es endlich beißt: „Erde 
zu Erde, Asche zu Asche.“ 

Wohltätig erscheinen Anhäufung und Ablagerung 
von Kalk nur im Verlaufe anderer Kranklieitsprnzesse, in 
Entzündungsresidu.'ii, z. B. in pleuritischen Schwarten und 
in tuberkulösen Herden, auch in Geschwülsten, wie 
Myomen, Dermoidzysten, Struma fibrosa. In diesen Fällen 
erscheint die oft massenhafte Kalkablagerung als ein 
Heilungsversuch der Natur, als der zweckmäßige Schlu߬ 
akt eines pathologischen Prozesses, wodurch die Krank¬ 
heitsherde ausgefüllt, abgekapselt, in eine harte, stein¬ 
ähnliche, für die Nachbargewebe unschädliche Masse ver¬ 
wandelt weiden. 

Im übrigen ist die Zurückhaltung und Ansammlung 
abnormer Kalkmengen mißlich; sie wird Ursache einer 
Senilitas praecox, gefährdet Gesundheit und Leben der 
Greise und kennzeichnet Alterskranklieiteii. Das „Maluni 
senile“ ist ein Beispiel davon. Professor v o n N o o r d e n 
hat Kalkreteiition in zwei Fällen von Arthritis deformans 
einwandfrei naehgewiesen. Was eine andere Alters- 
kranklieit, die Arteriosklerose, anbelangt, so hat der friib- 


VERSIT 


verstorbene Professor Gubler in Paris zuerst auf den 
Zusammenhang der Gefäßverkalkung mit einer mineral¬ 
reichen Ernährung aufmerksam gemacht. Aber erst Pro¬ 
fessor R u m p f hat in seiner liiehrerwälmten Arbeit be¬ 
wiesen, daß bei reichlicher Zufuhr von Kalksalzen ein 
großer Teil davon im Körper zurückbleibt, so daß anzu¬ 
nehmen ist, daß diese Kalkretentio n a ivc li i u 
For m v o n V e r k -a 1 k u n g der Gefäße st a 11 - 
finden könne. (Berliner klin. Wochenschr., 1897, 
Nr. 13.) Rumpf hat deshalb kalkarme Kost bei Fällen 
von Arteriosklerose in Vorschlag gebracht und folgerich¬ 
tig auch das Trinken gekochten oder destillierten Wassers 
dabei angeraten. Neuere Pathologen und Kliniker haben 
andere Ansichten über diese Krankheit geäußert, die 
gegenwärtig sozusagen eine Modekranklie'it geworden ist. 
Man hat sie bald für, eine Abnutzungs-, bald für eine Ab- 
hetzungskranklieit erklärt, auch infektiöse und toxische 
Ursachen angeschuldigt, auf den Befund der Adrenalin¬ 
wirkungen hingewiesen und noch viele andere Erklärun¬ 
gen versucht. Mir scheint jedoch, daß R u m p f der Wahr¬ 
heit am nächsten gekommen sei, daß also Abweichungen 
in der chemischen Zusammensetzung des Blutes und der 
Gewebe, namentlich Kalküberladung, mit den degenerati- 
ven Veränderungen der Gefäße einhergehen. Diese Ansicht 
stimmt überein mit Untersuchungen von G a z e r t (Deut¬ 
sches Archiv für klinische Medizin, Bd. 62), der in der 
normalen Aorta einen Kalkgehalt von nur 0,43% der 
Trockensubstanz fand, aber in erkrankten eine Vermeh¬ 
rung um das 15 fache bis 20 fache. R u m p f will übrigens 
die kalkarme Diät nur in einzelnen Fällen von Arterio¬ 
sklerose und nur zeitweise angewendet wissen, verwahrt 
sich gegen eine schablonenhafte Verallgemeinerung dieser 
Kur und meint auch, daß die Kalkablagerung in die 
kranken Arterien in manchen Fällen einen Heilungsvor¬ 
gang bedeuten könne (Medizin. Klinik vom 1. Januar 1905, 
S. 99). In der Tat darf man hier ebenso wie bei der Ver¬ 
kalkung von Tuberkeln, Myomen, Kröpfen usw. an ein 
Heilungsbestreben der Natur denken, da die Kalkablage¬ 
rungen in die atheronlatös erweichte, geschwürig gewor¬ 
dene Innenlmut der Arterien die gefährlich erweichten 
Stellen einigermaßen festigen. (Zu diesem Zwecke braucht 
man selbstverständlich einem alten Körper keine besonde¬ 
ren Kalkmengen zuzuführen; er hat deren schon mehr als 
genug aufgespeichert.) Professor L. von Schrötter 
in Wien hat sich durch die R- u m p f sehen Versuche wenig¬ 
stens soweit überzeugen lassen, daß er in einer Abhandlung 
„Zur Therapie der Arteriosklerose“ (Therapie der Gegen¬ 
wart, Januar 1899, S. 35) zugibt: „Jedenfalls soll im kri¬ 
tischen Alter die Anwendung kalkhaltiger Mineralwässer, 
wenn sie aus irgendeinem anderen Grunde angezeigt wäre, 
wohl überlegt werden.“ Und durch gleiche Erwägungen 
veranlaßt schreibt Professor Hoff mann (in 
v o n L e y d e n s Handbuch der Ernährungstherapie und 
Diätetik, 1898, Bd. 1, S. 603) : „Früher glaubte ich, wenn 
jemand kalkreiches Wasser trinke, so würde der Organis¬ 
mus davon nur ein Geringes aufnehmen, der Ueberfluß 
werde einfach mit dem Darm abgeführt. Jetzt aber unter¬ 
liegt es keinem Zweifel mehl', daß man durch kalkreiche 
Nahrung auch einen kalkreichen Körper erhalten kann.“ 
Der p r i n z i p ie 1 1 e In terschied in der Denk¬ 
weise der Gegner und der Freunde des weichen Trink¬ 
wassers liegt darin, daß jene nur darauf sinnen, was sie 
mittels des Wassers in ihren Körper li frei n 1> r i n g e n , 
diese aber daran denken, was sie durch Wassertrinken 
Ii i n a u s s e li a f f e n können. „Die Aufsaugung des 
Wassers wird um so leichter sein, je weniger Salzgehalt das 
Wasser enthält.“ ( L e r s c h , prakt. Balneologie und 
Hydroposie, >S. 386.) Weiches Wasser wird rascher auf¬ 
gesogen als hartes, hat zudem stärkere auflösende Kraft - 
es ist das Lösungsmittel pur exeellenee! — befreit daher 
den Körper rasch von vielen Schlacken. Es tritt schnell 


/ERS 






1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


147 


ins Rliit über, vermehrt eine Zeitlang dessen Volumen und 
bewirkt so eine Verminderung des Prozentgehalts des 
Serums an Salzen, die unter Umständen wünschenswert 
ist. Da bei dem in den Darmtraktus eingeführten weichen, 
d. h. reinen Wasser die osmotische Span- 
n u n g s d i f ferenz d i e groß t-e ist, erfolgt schnell¬ 
stens eine Abgabe von Blutsalzen in den Magen und Darm, 
und auch dieser Umstand vermindert die Konzentration des 
Blutes; diese Verminderung hat alsbald eine Verdünnung 
der Ausscheidungen, insbesondere des Harns, zur Folge, 
w odurcli etwaiger Neigung zu Konkre¬ 
ment b i 1 d n 11 g i n d e n II n r n wegen e n t - 
g e g e n g e w ir kt w i r d. Durch die erleichterte 
Osmose wird die intrazelluläre Zirkulation lebhafter; diel' 
'S t o f fwechsel wird auch dadurch b es eh leunigt, 
daß die reichlicher fließenden Sekrete mehr Stoffe in Zir¬ 
kulation bringen. Die bei regelmäßig wiederholten Zu¬ 
fuhren weichen Trinkwassers eintretenden Isotonie- 
sehwankungen der Gewebe gleichen sich zwar rasch wie¬ 
der aus, infolge vermehrter Wasserausscheidungen durch 
die Nieren, durch Lungen, Haut, Speicheldrüsen usw., wir¬ 
ken aber doch im Sinne einer Durchs p ii lang de r 
G e w e b e , welche die Ausscheidung der entstandenen 
S e 1 b s t g i f t e (Leukomaine, Toxine), Stoff wechsel- 
s c h 1 a c k e n (Harnsäure) und E r m ii d u u gepro- 
d u k t e (Milchsäure usw. erleichtert. Diese Auswaschung 
des Körpers, diese Abschwemmung der giftigen Stoffwechsel- 
jirodukte auf den Wegen des Harns, mit einem Worte, diese 
E u t g i f t u n g des Organismus ist der größte Nutzen, deu 
wir uns durch das Trinken weichen Wassers verschaffen 
und den uns hartes nur unvollkommen leisten kann. Wenn 
Alb recht von Haller den Wassertrinkern nach¬ 
sagt, daß sie „lange einen guten Appetit, scharfe Sinne 
und das Gedächtnis behalten und zahlreiche Beispiele von 
Langlebigkeit liefern“, so beziehen wir auch diese Folgen 
vornehmlich auf den Genuß w eichen Wassers,' das den 
Organismus gründlicher reinigt als hartes. Daß die Fern¬ 
haltung erdigen Ballastes einerseits und die Befreiung 
von Selbstgiften andererseits zur Lehensverlängerung bei¬ 
tragen könne, ist keine unzulässige Annahme, weshalb uns 
die anfangs erwähnten makrobiotischen Ratschläge des 
Br. R o w b o t ii a m mindestens ebenso zweckmäßig er¬ 
scheinen wie der Gebrauch der abführenden Pilulae ad 
longam vitam des P a racelsxis oder die jetzt so sehr be¬ 
liebte „Veredelung der Darmflora“ durch die saure Milch 
des Professors Mets c h u i k o f f. Uebrigens ist es doch 
merkwürdig, daß alle diese Methoden auf Entgiftung des 
Organismus hinauslaufen; es mag wohl in allen das gleiche 
Körnchen Wahrheit stecken. 

Wo kein weiches Trinkwasser, sondern nur hartes zu 
haben ist, muß man dieses verbessern; das ist eine wich¬ 
tige hygienische Aufgabe. In allen Ortschaften mit sehr 
hartem Wasser — und deren gibt es in Deutschland leider 
viele! — müßte die Gesundheitspolizei dem Publikum emp¬ 
fehlen, das zum Trinken bestimmte Wasser gründlich, näm¬ 
lich 5 Minuten lang, z u k o c h e n. Dadurch wird wenig¬ 
stens kohlensaurer Kalk ausgefällt, wenn auch schwefel¬ 
saurer und salpetersaurer, als „bleibende Härte“, nicht be¬ 
seitigt werden. Ein nebensächlicher, nicht zu verachten¬ 
der Vorteil dieses Verfahrens isl die Abtötung der Mikro¬ 
organismen des Wassers. Merkwürdigerweise ist dieses 
Verfahren der Trinkwasserverbesserung schon im Alter¬ 
tum hier und da geübt worden. Hern d o t berichtet (im 
1. Buche, Klio, cap. 188), der Großkönig K y r o s habe auf 
seinen Reisen Wasser aus dem Flusse Ohoaspes bei Susa 
mitgeführt; „der König trank kein anderes Wasser; man 
bewahrte es ihm in silbernen Gefäßen auf, nachdem es ge¬ 
kocht worden war“. H i p p o k r a t e s (De victus ratione 
in aeutis) verbot das Trinken ungekochten Wassers in 
akuten Krankheiten. Auf dem indischen Feldzuge 
A Icxan ders des G r o ß e n wurden bei der Belage- 


UNIVEF 


mag von Petra dreißig Sclmeegrubeii gemacht, worin ge¬ 
kochtes Wasser zum Trinken wieder abgekühlt wurde. Audi 
Kaiser N e r o trank gekochtes und durch Eis wieder abge¬ 
kühltes Wasser; diese „decoeta Neronis“ wurden noch spä¬ 
ter vielfach gebraucht. B u f o s von Epliesus schrieb 
um 100 n. Cbr.: „Das beste Wasser ist das, was man in 
irdenen Töpfen kocht, alsdann abgekühlt unddann vor dem 
Trinken aufs neue erhitzt bat.“ 

Noch besser ist der schon erwähnte Rat der Doktoren 
11 e r in a n n W e b e r und P a r k e s W e b e r , daß man 
an Orten mit sehr hartem Wasser destilliertes Wasser 
trinken soll; doch wird dieser Rat nur selten befolgt, da 
das Destillieren umständlich ist und der Blasengeschmack 
manchem nicht zusagt. Vornehme Chinesen trinken de¬ 
stilliertes Wasser, ebenso manche Brasilianer; allgemein 
gebräuchlich ist dieses Getränk auf den amerikanischen 
Kriegsschiffen, an einigen regenlosen Küsten und auf 
ebensolchen Inseln. Daß zahlreiche englische und ameri¬ 
kanische Aerzte ihre Patienten destilliertes Wasser trinken 
lassen, habe ich schon erwähnt. Nachträgen will ich die 
Notiz, daß Dr. Ray ne seine Kopfkranken kein anderes 
Wasser als destilliertes trinken läßt; über die guten Er¬ 
folge 'dieser Maßregel hat er im „Lanc-et“ vom 18. Juli 
1903 berichtet. Ich verordne destilliertes Wasser zu 
„Schwemmkuren“ bei Krankheiten der Harnwege, wo 
Gries und Harnsand fortzuspülen sind, ferner verordne ich 
es bei gichtischer saurer Dyspepsie, bei nervöser Gastral- 
gie, bei Leberanschoppung, bei Neigung zu Gallensteiu- 
hildung, bei katarrhalischem Ikterus und bei den auf in¬ 
testinaler Autointoxikation beruhenden. Krankheitszuslän- 
den. Wer noch an das alte Märchen von der Schädlich¬ 
keit des Genusses destillierten Wassers glaubt, den ver¬ 
weise ich auf meine Abhandlung: „Ist destilliertes Wasser 
ein Gift ?“ (Baineologische Zentral-Zeitung. 1905, Nr. 7 
und 8). 

Indem ich diese Abhandlung beschließe, möchte ich 
die Frage, ob hartes oder weiches Trinkwasser zu erstre¬ 
ben sei, den Vertretern der öffentlichen Gesundheitspflege 
zu weiterer Prüfung empfehlen. Wer da meint, das sei 
eine akademische Frage ohne praktische Tragweite, weil 
man das Wasser so nehmen müsse, wie es eine Gegend just 
darbiete, irrt sich. Viele Gemeinden haben bei ihrer 
Wasserversorgung die Auswahl zwischen Wässern ver¬ 
schiedener Provenienz und verschiedener Härte. Sehr har¬ 
tes Wasser von 25 bis 30 deutschen Härtegraden, das einige 
Hydrologen noch par complaisance als Trinkwasser zu¬ 
lassen, taugt mir zur Besprengung der Straßen und zur 
Spülung der Aborte und Siele. Im Notfall ist Trinkwasser 
von 15 bis 20 Graden deutscher Härte zulässig; gut ist 
a b e r n u r w e i c Ii e s T r i n k w a s s e r , d. Ii. ein sol¬ 
ches, das weniger als 15 deutsche Härtegrade hat, mit an¬ 
deren Worten: d a s w eiliger als 1 5 G e w i e b t s- 
teile Kalk in 1 00 000 Gewichtsteile u 
Wasser enthält; es muß jedoch auch in bakterio¬ 
logischer Hinsicht einwandfrei sein. — Beispiele dafür, daß 
Gemeinden die Auswahl zwischen Wässern von sehr ver¬ 
schiedener Härte hatten, sind im Rüs eschen Buche zu 
finden. Die Stadt Nordhausen am Harz hätte sich mit 
leichter Mühe kalkreiclies Leitungswasser beschaffen kön¬ 
nen. hat es aber vorgezogen, Wasser einem Stauweilier 
im nahen kalkarmen Harzgebirge zu entnehmen. Die Stadt 
Gotha, die früher Wasser aus harten Brunnen entnahm 
und kalkreiches Grundwasser in nächster Nähe hätte er- 
boliren können, hat sich gleichfalls eine Stauweihenvasser- 
leitung im kalkarmen Gebirge eingerichtet, die gänzlich 
kalkfreies Tagewasser liefert. Beide Fälle haben den 
Zorn Röses erregt, der sich bis zu dem Aussprache ' er¬ 
steigt, die Stadt Nordbausen sei nun durch ihr weiches 
Wasser zu einem Entartungszentrum für ganz Thüringen 
geworden! Offenbar hält Böse nichts von der uralten 
Weisheit, die im Lehrgedichte der Schule von Salerno 



/ERS 
















C 





148 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 10 


f dOOOn. Ohr.) ausgesprochen ist. nämlich daß das weichste 
Wasser von allen, das Regennasser, das ge¬ 
sündeste sei"). Ich beglückwünsche ,icnc städtischen 
Verwaltungen und deren Techniker zu ihrer verständigen 
Trinkwasserversorgung. Ich beglückwünsche ebens i 
unsere deutschen Großstädte Berlin. Breslau, Dresden. 
Leipzig, Hamburg zu ihrem weichen Leitungswasser, wo 
durch sich ihre Morbiditäts- und Mortalitätsvorlüiltnisse 
bedeutend verbessert haben. Mögen die Wasserbautecluii 
ker unbeirrt fortfahren, die Gemeinden entweder mit wei¬ 
chem Wasser aus tiefen Grundwasserbecken oder in Er¬ 
mangelung solcher mit filtriertem Flußwasser zu ver¬ 
sorgen. Wenn Sonderlinge jetzt nach recht hartem Trink 
wasser rufen und z. B. den kuriosen Vorschlag matdien, 
man solle der Stadt Berlin das kalkreiche Wassel der 
Quelle Ruhmessprung vom Eichsfelde zuleiten, so möge 
man dergleichen Anträge ruhig ad acta legen. 

_ 

Der Atmungssclilcier. 

Von Dl- a. Heermann, Cassel. 



Ufo 





Bekanntlich spielen die Atmungsübungen in der Heil¬ 
gymnastik seit langer Zeit eine große Rolle; ihre Bedeu- 
lurg ist aber im Laufe der letzten Jahrzehnte noch mehr 
und mehr gewachsen, seitdem man einerseits gesehen hat. 
wie außerordentlich mangelhaft die meisten Menschen ge¬ 
wöhnlich atmen, ja daß sie vielfach erst in Sanatorien, 
Bäder und Sommerfrischen geführt werden müssen, ehe sie 
einen tiefen Atemzug zu machen leinen; seitdem man 
andererseits den großen Wert erkannt hat, den die Atmung 
abgesehen von ihrer Aufgabe der Lungendurchlüftung für 
die Blut- und Lymphbewegung, die geordnete Tätigkeit der 
Bauehorgnne und die Kräftigung des ganzen Körpers 
besitzt. 

In dem Behandlungsplan der Tuberkulose, des 
Asthmas, der chronischen Bronchitis, der Pleuritis, der 
Perikarditis, der Heizseh wache, der chronischen Nasen- 
und Halsleiden, der Sprachstörungen, der Sklerose, der 
Darmträgheit, der Chh rose lind der Anämie ist die 
Atmungsülnuig ein integrierender Bestandteil geworden. 
Die richtige Ausführung derselben, namentlich die Be¬ 
tätigung des Zwerchfells, ist aber für die Patienten nicht 
immer leicht, sondern oft recht ermüdend, gebraucht zu¬ 
nächst, zumal bei Kindern, eine gewisse Zeit zum Erlernen 
oder erfordert besondere künstliche Hilfsmittel wie 
Saugmaske, manuelle Unterstützung durch Arzt und Pfle¬ 
ger, Beschwerung des Unterleibes, „Lungenstärker“ oder 
Atmungsstühle. 

Ich habe deshalb zu dem gleichen Zwecke seit Jahren 
noch eine andere Methode erprobt, welche mit stetsvor- 
ba ndenem Material ausführbar ist und sich in vielen 
Fällen gut bewährt hat. Sie besteht einfach darin, daß 
Nase und Mund mit einem mäßig luftdurchlässigen Tuche, 
z. B. einem Tasehentnche, mit einem dichten Gazestücke 
oder ähnlichem bedeckt werden. Man kann alsdann die 
Beobachtung machen, daß sieh sofort automatisch ohne 
irgendwelche Anleitung die Einatmung sowohl wie die 
Ausatmung erheblich vertieft, und zwar gerade durch die 
erwünschte Erweiterung der Zwerchfellatmung, und daß 
fliese Atmung ohne Mühe und Anstrengung lange Zeit 
fortgesetzt werden kann. 


Wo es auf die Lehmig nur einer Lungenseite an¬ 
kommt, wird der Kranke in der üblichen Art auf die ge¬ 
sunde Seite gelagert oder mit dieser gegen eine feste Stütze 

*i „Est pluvialis aqua super onmeg sanu, l&etosque 
„Eeddit potantes, bene dividit et bend-soMt.“ 


IHI 



OF MICHIGAN 



angestammt; sonst kann er aber beliebig liegen oder mit 
dem umgebundenen Tuche sitzen und umhergehen, wobei 
die Uebungsdauer ebenso wie auch bei den sonstigen Me¬ 
thoden zwischen Minuten und mehreren Stunden schwankt. 

Aber nicht nur bei den oben erwähnten chronischen, 
sondern auch bei akuten Erkrankungen der oberen Luft¬ 
wege bewährt sich diese überaus einfache Prozedur. Neben 
der atmungvertiefenden Wirkung ist hier zugleich die Vor¬ 
wärmung der Atmungsluft offenbar von Wichtigkeit. 
Unter dem Tuche vermindern sich die Verstopfung der 
Nase, der Hustenreiz, die Atembeschwerden und die Kopf- 
schmerzeu zuweilen in recht sichtbarem Grade. 


Die beistellende Abbildung zeigt als Beispiel einen 
Patienten mit einem solchen Atinungssebleier, einem drei¬ 
eckigen, an einem Zipfel geteilten Stück eines Seihtuches, 
wie es zum Auspressen von Eruelitsaft benutzt wird, einen 
Patienten, welcher bei akuten Katarrhen der Luftwege 
stets eine Verschwellung der Nase und anhaltenden Husten 
mit asthmatischen Anfällen bekam. Keins der angewand¬ 
ten Mittel (Schnupfpulver, Sebnupfsalben, Inhalieren, 
Menthol - Ipecacuanha, Brom - Althäa, Kodein, Jodkali, 
künstliche Atmung und N ii g e 1 i s Hustenhandgriff) hatte 
genügenden Erfolg; unter dem Tuche dagegen wurde die 
Nase frei, milderte sich immer prompt der Hustenreiz 
und trat Beruhigung ein, welche während der Nacht in 
guten Schlaf überging. 

Leichtere Katarrhe können sogar, wenn die Methode 
sofort bei dem ersten Krankheitsgefühle angewendet wird, 
vollkommen unterdrückt werden. 

Deshalb ist mir dieselbe auch in der täglichen Praxis 
zu einem unentbehrlichen und nützlichen Hilfsmittel ge¬ 
worden. 











1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


149 


Kongressberichte 


Der XXXI. Balneologenkongreß. 

Referent: Dr. Max Hirsch, Bad Kudowa. 

Der XXXI. Balneologen-Kongreß fand unter zahl¬ 
reicher Beteiligung der Balneologen Deutschlands, Oester¬ 
reichs sowie auch des Auslandes vom 28. Januar bis zum 
1. Februar 1910 in Berlin statt. Das Programm war auch 
dieses Mal an höchst interessanten Vorträgen aus dem Ge¬ 
biete der Balneologie sowie der verwandten Wissenschaften 
außerordentlich reich. Die lebhafte Diskussion, die, sich 
an eine Reihe der Vorträge anschloß, sprach für das rege 
Interesse, das die Vorträge hei dem größten Teile der Ge¬ 
sellschaft hervorriefen. 

Der Kongreß wurde in üblicher Weise von dem Vor¬ 
sitzenden eröffnet und mit dem Jahresbericht durch den 
verdienstvollen Generalsekretär und Begründer der Ge¬ 
sellschaft, Herrn Geheimrat Dr. Brock, Berlin, 
eingeleitet. Aus diesem Bericht sei besonders die 
Einladung des Herrn Prof. Dr. von Bokay, 
Budapest, zum TX. Internationalen Kongreß für 
Hydrologie hervorgehoben. In dieser Einladung be¬ 
tonte Herr von Bokay die hervorragende Bedeutung 
der Balneologischen Gesellschaft für die Wissenschaft, 
welche die Gesellschaft dazu berechtigt, auf dem Inter¬ 
nationalen Kongresse die führende Rolle zu spielen. Aehn- 
lioho Anerkennungen wurden auch gelegentlich dieses Kon¬ 
gresses der Gesellschaft durch so hervorragende Männer 
wie Herrn Geheimrat Prof. Dr. Senator, Berlin, und 
Herrn Hofrat Prof. Dr. W internitz, Wien, zuteil. Tn 
Anerkennung seiner hervorragenden Verdienste um die 
Balneologie wurde der allgemein beliebte und hoch¬ 
geachtete Wirkt. Geheimrat Exzellenz Prof. Dr. Bäum- 
ler in Freilmrg i. Br. zum Ehrenmitglied der Balneolo- 
gischon Gesellschaft ernannt. 

Die Reihe der Vorträge eröffnete Herr Geheimrat 
Prof. Dr. K r a u s , Berlin, mit dem Thema: „Ueber einige 
funktionell-diagnostische Methoden, welche für die Balneo¬ 
logie von Interesse sind.“ Vortr. behandelte namentlich die 
in neuester Zeit in Aufnahme gekommenen, höchst inter¬ 
essanten funktionell-diagnostischen Untersuchungsmetho¬ 
den bei den Erkrankungen des Zirkulationsapparates. Die 
Tatsache, daß .jeder Badearzt ein eng begrenztes Gebiet zu 
bearbeiten habe und so gewissermaßen Spezialist auf die¬ 
sem Gebiet sei, muß ihn veranlassen, der Diagnostik eine 
erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen und auf keine brauch¬ 
bare Untersuchungsmethode zu verzichten. In der Kreis-- 
laufpathologio will Vortr. den alten Begriff „Herz¬ 
schwäche“ beseitigt sehen und dafür lieber den Begriff 
„Kreislaufinsuffizienz“ setzen; denn nicht die Schwäche 
des Herzmuskels allein sei der springende Punkt, sondern 
die Störung des gesamten Kreislaufsystems. Nach einer 
eingehenden, vielleicht mitunter zu spezialisierten Schilde¬ 
rung der Physiologie des Kreislaufs hebt K. die Bedeu¬ 
tung des Elektrokardiogramms hervor, das nicht nur die 
Gesamttätigkeit des Herzens vor Augen führt, sondern 
auch ein Bild über die Funktion der einzelnen Kammern 
gibt. Dabei ist die Technik des Elektrokardiogramms und 
die Deutung seiner Kurven sehr einfach, so daß seine An¬ 
wendung durchaus empfehlenswert sei. Eine Reihe von 
höchst interessanten Kurven zeigten den Wert des Elektro¬ 
kardiogramms. Sodann widmet Vortr. eine eingehende 
Schilderung dem hydraulischen Druck, der in der Kreis¬ 
laufpathologie eine große Rcdle spielt. Die besten Auf- j 
Schlüsse über diesen Vorgang glaubt Vortr. durch das Ver¬ 
fahren von Pie sch zu erhalten, das allerdings ziemlich 
kompliziert ist. Eine große Bedeutung hat die Blutvertei¬ 
lung an der Peripherie, zumal ja die Bäder ihre Wirkung 
von der Peripherie aus,entfalten. Vortr. glaubt, daß die 
funktionell-diagnostischen Methoden gerade bei denjeni¬ 


gen Zuständen eine große Bedeutung haben, welche sich 
an der Grenze zwischen dem normalen und pathologischen 
Gesundheitszustand bewegen, also dem Gebiet, das ganz 
besonders haincologische Behandlung erfordert. 

Mit dem immer noch außerordentlich aktuellen Gebiet 
der Radiumemanatiou beschäftigten sieh einige Redner 
unter großem Interesse der gesamten Zuhörerschaft. 

Zunächst teilte Herr Geheimrat Prof. Dr. 11 i s , Ber¬ 
lin, seine „Studien über Radiumemanation“ mit. Vortr. 
hat in seiner Klinik die Aufnahme und Ausscheidung des 
Radiums untersucht und die früheren Angaben von Dr. 
Loe wenl hal, Braunsehweig, bestätigt. Auch die kli¬ 
nischen Untersuchungen des Vortr. haben gezeigt, daß die 
Zeit der Wirksamkeit des Radiums eine beschränkte ist. 
weil die Emanation den Körper schnell verläßt. Soll das 
Radium nun einen nachhaltigen Einfluß auf den Organis¬ 
mus ausiiben, so dürfte es notwendig sein, Vorkehrungen 
zu treffen, die dahin wirken, das Radium längere Zeit dem 
Organismus zugänglich zu machen. In letzter Zeit sind 
auch Apparate konstruiert worden, welche diesem Zweck 
in vorzüglicher Weise dienen. Es hat sieh gezeigt, daß das 
Radium einen starken Einfluß auf den Stoffwechsel aus- 
iibt. Daß diese Tatsache für die Praxis von großer Be¬ 
deutung ist, dürfte wohl außer Zweifel stehen; aber cs hißt 
sich zurzeit noch nicht sagen, wieweit diese Bedeutung sich 
erstreckt. So ist z. B. festgestellt worden, daß die Harn¬ 
säure durch das Radium stark beeinflußt wird, und zwar 
insofern, als sie aus der schwerlöslichep in die leichtlös¬ 
liche Form iibergefiihrt wird. Damit wäre das alte Postulat 
erfüllt, das man in der Behandlung der Gicht und der harn¬ 
sauren Diathese gestellt hat. An der ganzen Radium 
therapie ist aber noch der eine große Uebelstand, daß die 
Dosierung der Kinnnationsdosis noch nicht genügend fest¬ 
gestellt ist. Auf diesem Gebiete wird cs noch mancher 
wissenschaftlichen Arbeit bedürfen. Daß man bei der einen 
Form der Gicht mit dein Radium Heilerfolge erzielte, die 
hei der anderen Form ausblieben, dürfte wohl darauf 
zuriiekzufiihren sein, daß die Gicht mannigfache Formen 
zeigt und mannigfache Ursachen hat. Es ist demnach nicht 
ausgeschlossen, daß die einzelnen Fälle von Gicht auch 
untereinander noch differenziert sind. Was die Anweu- 
dnngsform der Radiumemanation angeht, so hat sieh bis 
jetzt die Trink- und Inhalationsbehandlung mit Radium 
wesentlich mehr bewährt als die Bäderanwemlnng. Vortr. 
ist der Aussicht, daß auf dem Gebiete der Radhimforschung 
noch viel zu leisten ist, daß aber von der Radhimforschung 
für die Therapie noch viele Vorteile zu erwarten sind. In¬ 
struktive Demonstrationen erläuterten den höchst inter¬ 
essanten Vortrag, dem sich wertvolle Demonstrationen aus 
dem Gebiete des Radiums durch Herrn Dr. Loe wen- 
t li a 1 , Braunschweig, anschlossen. Zunächst setzte er aus¬ 
einander, in welcher Weise der Radiumemanationsgehalt 
von natürlichen Heilquellen zur Einatmung benutzt werden 
kann. Sodann demonstrierte er mit Skizzen und Apparaten 
ein solches „Emanatorium“, in welchem mehrere Patienten 
sieh gleichzeitig aufhalten können, ferner einen Masken¬ 
apparat zur Einzelbehandlung mittels Radiogenwasser. 
Außerdem zeigte er höchst interessante Apparate zur Er¬ 
zeugung und Erhaltung der Radiumeinanation, worauf 
Herr Geheimrat Prof. Dr. H i s in seinem Vortrage hin¬ 
gewiesen hatte, sowie zur Reinhaltung und Regulierung der 
Luft hei Rndiumversucheu. Alle diese Apparate dürften 
für die Praxis von großer Bedeutung sein. 

Herr Dr. W e i s z , Pistynn, erörtete das Thema: 
„Ueber ungeregelte Verhältnisse bei Bestimmung und Be¬ 
wertung der Radiumemanation.“ Nach seinem Dafür¬ 
halten liegen die Schwierigkeiten: 1. im Wesen der ge¬ 
bräuchlichen Meßinstrumente, 2. in der unbestimmten 
Methodik, die in wichtigen Details keine Normen kennt, 
ß. in der Vielfältigkeit, Ungleichmäßigkeit und Unbestän¬ 
digkeit der zu untersuchenden Materialien und 4. in der 
Frage der Einheit. Hierzu sei folgendes bemerkt: 






150 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 10 


Ad 1. Die Meßapparate arbeiten individuell, und der¬ 
selbe Apparat arbeitet dem Charakter der Emanation ent¬ 
sprechend zeiteinheitlich verschieden, zu Beginn mit un¬ 
gleichmäßig stärkerem Valtabfall. Die Apparate sind auch 
thermisch außerordentlich empfindlich, was bisher eben¬ 
falls nicht beobachtet wurde. Ad 2. Indem man auf eine 
jeweilig verschiedene Minutenzahl mangels bestimmter 
Normen auf eine Stunde umrechnet, ergeben sich willkür¬ 
liche Daten. Da ferner die Emanation zum Teile Fläehen- 
wirknng ist, hängt das Resultat auch von dem Grade der 
Verdünnung, Größe der Gefäße usw. ab. Ad ii. Die Ver¬ 
schiedenheit der Strahlen einerseits, die sozusagen zur Tat¬ 
sache gewordene Zerfallstheorie der radioaktiven Stoffe 
andererseits zwingt zur Vermutung, daß therapeutisch die 
Emanation nicht ganz gleichbedeutend ist mit Radioaktivi¬ 
tät im weiteren Sinne, wie ja Radioaktivität nicht gleich¬ 
bedeutend ist mit Radium selbst. Mit Hilfe der elektro- 
skopiselien Methode können wir uns höchstens von der 
Emanation einen Begriff machen, nicht aber von der 
Summe der verschiedenen Strahlungsarten und aller Be 
gleiterscheinungen, die der Umwandlungsprozeß im Ge¬ 
folge hat. Deswegen scheint der Standpunkt verfrüht zu 
sein, Wasser, das nur Emanation enthält, mit irgendeiner 
radioaktiven oder radimnhaltigeu Heilquelle ausschlie߬ 
lich auf Grundlage des Elektrcskops zu vergleichen resp. 
zu identifizieren. Ad -1. Es führt zu Mißverständnissen, daß 
sich hei den künstlichen Produkten eine ca. hundertmal 
kleinere Einheit eingebürgert hat, als es auf balneologi- 
sehem Gebiete die Mache-Einheit ist. Aber auch letztere 
führt durch die nachträgliche Multiplikation mit 1000 zu 
Vergrößerungen, welche die natürlichen Verhältnisse un¬ 
liebsam verschieben. Es bleibt wohl nichts anderes übrig, 
als endlich zur realen Einheit überzngehen. Was endlich 
die D o s i e r u nj de r B ä d e r betrifft, scheine nach dem 
heutigen Stande der Wissenschaft die Ueberlegenheit 
radioaktiver Piscinen (Bassinbäder) geradezu verblüffend 
zu sein. 

Herr Dr. Krieg, Baden-Baden, teilte seine Unter¬ 
suchungen über „die physiologische Wirkung der radium- 
haltigen Kochsalzquellen von Baden-Baden“ mit, aus denen 
hervorgehoben werden kann, daß durch die radiumhaltigen 
Kochsalzquellen von Baden-Baden die Atmungszahl und 
Körpertemperatur wenig beeinflußt wird, daß sie jedoch 
eine große Wirkung ausüben auf die Zahl der Pulse, den 
Blutdruck, die Form der Pulse, die Diurese sowie auf die 
Ausscheidung von Harnstoff und Harnsäure. Den Einfluß 
der Koclisalzquellen führt Vortr. auf drei Faktoren zurück, 
auf die Emanation, auf die Radiumsalze und das Radiothor 
sowie auf die Wirkung der Salze in den Quellen überhaupt. 
Vortr. gibt seiner Ansicht dabin Ausdruck, daß ein wirk¬ 
licher Ersatz der Thermalquellen durch bloße Radium¬ 
präparate nicht möglich ist. Man sollte sich daher davor 
in acht nehmen, durch künstliche Rädiumbäder natürliche 
Thermalquellen ersetzen zu wollen, die ebensowenig einen 
Ersatz für die natürlichen Heilquellen bieten können, wie 
andere künstliche Mineralwässer. 

Aus der sehr regen Diskussion spi hervorgehoben, daß 
Herr Prof. Dr. Bickel, Berlin, betonte, er freue sich 
darüber, daß der Widerstand, den man im Anfang seinen 
experimentellen Untersuchungen und den daraus ent¬ 
stellendem Resultaten entgegengesetzt, jetzt geschwunden 
sei, und daß man seine Ansicht teil?, daß die Emanation 
in den Quellen viele Erscheinungen der natürlichen 
Brunnen erklärten. Herr Dozent Dr. IS t. r unser, Wien, 
hob die schmerzlindernde Wirkung der Radiumemanation 
hervor, speziell bei Tabikern. Feiner hob er hervor, daß 
die Gammastrahlen des Radiums, welche die Haupt- 
wii'kung ausübten, aus den anderen Stfahlen so entständen, 
wie die Röntgenstrnhlen aus den Knthodenstrahlen, daß 
ferner die Gammastrahlen eine gewiss? Aehnlichkeit mit 



den Röntgenstrahlen hätten, wenn sie auch mit ihnen nielil 
identisch wären. Herr Dr. La-chmann, Landeck, 
stimmte Herrn l)r. Weisz bei, daß Verbesserungen auf 
dein Gebiete der Rndiiimeiminationsmessung durchaus not¬ 
wendig wären. Namentlich müßte eine Einheit auf die¬ 
sem Gebiete erreicht werden. Denn mit den verschieden¬ 
sten Meßapparaten könnte man aus derselben Quelle mit 
Leichtigkeit die verschiedensten Ergebnisse lierausreclmeii. 
Znm Schluß betonte er die interessante Tatsache, daß man 
durch die Radinmenianationsforscliung alte empirische 
Grundsätze in der Balneologie bestätigt hätte, für die man 
bis dabin keine Erklärung gefunden hätte. Schließlich 
wies Herr Dr. F u e r s t e n b e r g , Berlin, noch darauf 
hin, daß man von emanationshaltigen Bädern keinen Er¬ 
folg erwarten könne, daß aber die Trink- und namentlich 
Inhalationskuren gute Erfolge zeigten. Es trete nach ihnen 
eine Reaktion auf, welche mit der Besserung des Zustandes 
parallel geht. 

Herr Geheimrat Prof. Dr. H e f f t e r , Berlin, sprach 
„über Jodwirkung“. Er hob hervor, daß man unbedingt 
der Ansicht von W. H e u b n e r zustimmen müsse, daß die 
Jodwirkung als eine Salzwirkung anzusehen ist. Inner¬ 
lich eingenommene Jodalkalien werden schnell durch den 
Harn wieder ausgeschieden; aber es erscheint nur ein 
Bruchteil der aufgenommenen Jodmasse im Harn, die indi¬ 
viduell schwankt, aber bei den einzelnen Individuen ziem¬ 
lich konstant bleibt. Wo ist nun das nicht ausgesehiedene 
Jod geblieben ? Im Stuhlgang oder in den anderen Exkreten 
erscheint es auch nur in minimalsten Mengen, und so 
müssen wir annelünen, daß es sieh im Körper angespeichert 
hat. Allerdings können wir nicht genau sagen, in welcher 
Form. Die Ausscheidung von Jod nach der Jodkali- 
aufnalime verläuft sehr unregelmäßig. Nach den wissen¬ 
schaftlichen Untersuchungen der letzten Jahre scheint bei 
der Jodanspeioherung die Schilddrüse eine große Rolle zu 
spielen, eine Frage, die aber noch lange nicht geklärt ist. 
Auch die Erscheinung des Jodismus ist vielfach studiert 
worden. Man glaubte, daß Zusätze von Natriumnitrat den 
Jodismus beschleunigten und daß man gegen den Jodismus 
solche Mittel anwenden müßte, welche das Natrium nitrat 
zerstörten. Aber auch diese Frage bedarf noch sehr der 
Klärung. In der Diskussion machte Herr Dr. Meyer, 
Kissiiigen, (darauf aufmerksam, daß nach seiner Ansicht 
die kolorimetrische Joduntersuchung, deren sich der Vortr. 
bedient hatte, ungenügende Resultate gebe und daß er 
selbst sich damit bemüht habe, eine besser? Methode zu fin¬ 
den, daß aber seine Versuche leider vergeblich waren. Der 
Vortr. wies jedoch darauf bin, daß die kolometrischen 
Untersuchungen allerdings nur dann gute Resultate geben, 
wenn man eine gewisse Uebung besäße. 

Herr Dr. R o t h s c h i 1 d , Soden a. T., teilte „weitere 
Erfahrungen mit seinem Mischtuberkulin“ mit. Vortr. hat 
ein neues Heilmittel gegen die Tuberkulose angegeben, das 
in mancher Beziehung dem K o c 1> sehen Neiituberkulin 
■ ähnlich ist, aber sich dadurch charakterisiert, daß es durch 
Zusammensetzung und Mischung unter sich verschiedener 
Bazillenstämme hergestellt ist. Vortr. ging nämlich von 
der Ansicht ans, daß verschiedene Tuberkelbazillenstämme 
bei verschiedenen Individuen ganz bestimmte Wirkungen 
entfalteten, in einem Falle sich sehr bewährten, im anderen 
dqgegen versagten. Aus diesem Grunde' leitete ihn der 
Gedanke, ein Tuberkulin herzustellen, das möglichst ver¬ 
schiedene Formen der Tuberkulose in sich enthält und so 
die meisten Garantien jjewährt, mit ein und demselben 
Tuberkulin bei den verschiedensten Arten der Tuberkulose 
Erfolge erzielen zu lassen. Vortr. hat sein Mischtuberkulin 
in 74 Fällen angewandt und in 40 Fällen vollständige 
Heilung erzielt, wobei er an den Begriff Heilung sehr 
strenge Anforderungen stellt. Vortr. ist der Ansicht, daß 
die von ihm angegebene Variation des Tuberkulins leichte 


JIVERSIT 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


151 


Wille- von Tuberkulose sicher, mittclschwe.re wahrscheinlich 
heilen dürfte. 

In der Diskussion machte Herr Dr. S c h m i u c k e , 
Elster, darauf aufmerksam, daß man mit den großen Dosen 
Tuberkulin, von denen in letzter Zeit viel die Rede ist, doch 
sehr vorsichtig sein soll. 

Herr Prof. Dr. Schubert, Eberswalde, erörterte 
das Thema „Höhenklima und Waldklima“. Vortr. be¬ 
tonte die Bedeutung- der Witterungsverhaltnisse für das 
Wohlbefinden des Menschen. Deshalb sollten auch die 
Aerzte sich mit dem Studium des Klimas eingehender be¬ 
fassen. Eine eigenartige Rolle nimmt in klimatischer Be¬ 
ziehung die Höhenlage ein, und zwar dadurch, daß man hei 
geringer Entfernung große Differenzen erzielen kann. Die 
Teniperaturdifferenz von 1 km Höhe im Gebirge entspricht 
einer solchen von 1000 bis 2000 km in horizontaler Ent¬ 
fernung'. Von großer Bedeutung sind für das Klima des 
Gebirges die Vertikalen, Strömungen der Luft. Auch üben 
die Temperaturverhältnisse einen wesentlichen Einfluß auf 
den Feuchtigkeitsgehalt der Luft aus, und zwar steigt der 
Feuchtigkeitsgehalt hei dampfgesättigter Luft mit der Zu¬ 
nahme der Temperatur regelmäßig an. Bei unseren Ge¬ 
birgen findet sich aufwärtssteigende Luft auf der Südseite 
der Berge und in den Zyklonen, absteigende Luft an der 
Seeseite. Der Einfluß des Waldes auf das Klima ist viel- 
•faeli umstritten worden. Deshalb hat die preußische forst¬ 
liche Versuchsanstalt in Eberswalde eingehende Unter¬ 
suchungen über die Bedeutung des Waldes auf das Klima 
angestellt. Der Wald hat keinen nennenswerten Einfluß 
auf die Temperatur und die Feuchtigkeit der Luft, dagegen 
auf die abendliche Abkühlung, auf den Wind und der. 
Niederschlag. Aber damit ist die Bedeutung des Waldes 
noch nicht erschöpft, da er als Gelegenheit zu Spazier¬ 
gängen, durch die Schönheit seines Anblickes und andere 
ästhetische Momente eine hervorragende Bedeutung hat. 

Herr Dr. Tobias, Berlin, berichtete „Weitere Er¬ 
fahrungen über die Glühlichtbehandlung des Bronchial¬ 
asthmas“. Vortr. ist der Ansicht, daß hei der Einwirkung 
der Glühliclitbäder auf das Bronchialasthma die schwei߬ 
treibende Wirkung nicht als die Hauptsache anzusehen ist, 
da man mit anderen diaphoretischen Maßnahmen nicht 
denselben Effekt erzielen könne. Ehe man zur Behandlung 
des Bronchialasthmas mit Glühlichtbädern gellt, ist es 
wichtig, eine sichere Diagnose zu stellen. Denn zn starkes 
Emphysem mit Bronchitis oder die Komplikation mit 
Tuberkulose verbieten die Glühlichtbehandlnng. Auch 
spielt der Zustand des Herzens sowie die allgemeine Dis¬ 
position eine große Rolle. Was die Technik anlangt, so soll 
das Glühlichtbad höchstens 1.5 Minuten lang dauern; dann 
wird es gut vertragen und erzeugt hinreichenden Schweiß. 
Die Dauer der Kur soll auch nicht zu lauge sein. Auch 
dürften Unterbrechungen der Kur einen günstigen Einfluß 
haben. Dagegen möchte Vortr. die Kombination der Glüh¬ 
lichtbäder mit hydrotherapeutischen Prozeduren nicht emp¬ 
fehlen. 

In der Diskussion betont Herr Sanitätsrat Dr. Denn e, 
Neuenahr, die Wichtigkeit der genauen Dosierung der Zeit 
der Lichtbäder. 

Herr Prof. Dr. Matt lies, Cöln, behandelte das 
Thema: „Welche Anforderungen sind an die Einrichtungen 
des Badehauses an einer modernen Klinik zu stellen?“ 
Vortr. ist der Ansicht,'daß die einfachen Bäder auf den 
einzelnen Abteilungen des Krankenhauses gegeben werden 
sollen; ebenso die permanenten Bäder und die kohlensauren 
Bäder, da sie keine zu große Apparatur erfordern und die 
Nähe dos Krankenbettes, besonders bei den permanenten 
Bädern, von großer Bedeutung ist. Für die größeren Bade¬ 
apparate sind jedoch Zentralisationen der Badeeinrichtun¬ 
gen notwendig. Die Zentralstation muß mit den einzelnen 
Abteilungen durch heizbare Gänge verbunden werden. Auf 


dir Einrichtung von Moorbädern sollte mail lieber verzich¬ 
ten, da ihre Herstellung eine sehr komplizierte ist und sie 
nicht so exakt gegeben werden könnten, wie in den speziel¬ 
len Kurorten. Die Moorsalzc, welche den Ersatz für die 
Moorbäder darstellen sollen, hält Vortr. für unvollkommene 
Produkte. Schwefelbäder sind aus technischen Gründen 
auch lieber wegzulassen. Ebenso sollte auf Wechsel¬ 
duschen mit langsam zu verändernder Temperatur, nament¬ 
lich in kleineren Krankenhäusern, lieber verzichtet werden. 
Bassinbäder sind schöne Einrichtungen, aber zu kostbar 
und unzweckmäßig für Kranke, da die Wärter die Kranken 
nicht besorgen können. Ueberfliissig sind auch Wellen¬ 
bäder. Das beste .Material für Wannen ist Holz. Der 
Uuheraimi der Badeanstalt muß zentral liegen. In ihm 
müssen Wärme- und Kühlleitungen vorhanden sein. Die 
heißen Badeprozeduren aller Art müssen mit dem Dusche¬ 
raum in direkter Verbindung stehen, während vom Sand- 
lind aus es möglich sein soll, die Kranken direkt ins Freie 
zu bringen. Mit dem Badehaus sind auch die anderen 
Räume für physikalische Therapie zu verbinden, mit Aus¬ 
nahme der gymnastischen Apparate, die der chirurgischen 
Abteilung anzugliedern sind. Sehr erwünscht ist die Unter¬ 
bringung aller Räume in einer Etage, am liebsten zu ebener 
Erde, aber keinesfalls im Kellergeschoß, da. Baderäume viel 
Licht haben müssen. Eine Abtrennung der physikalischen 
Therapie von der Klinik, d. h. eine eigene physikalische 
Heilanstalt mit eigener Leitung hält Vortr. für falsch. Die 
physikalische Therapie ist von der inneren Klinik nicht zu 
trennen. Sie muß wie die übrige Materia medica Gegen¬ 
stand der Klinik bleiben, und die Vorlesungen über physi¬ 
kalische Therapie sollten auch von Klinikern gehalten 
werden. 

In der Diskussion wendet sich Herr Priv.-Doz. Dr. 
I) e t e ]■ m a n n , St. Blasien, gegen die zentralen Dusche- 
aulagen, Herr Dr. L a <i u e u v, Berlin, hält die Bedeutung 
der Verbindung der hydrotherapeutischen mit der mediko- 
i liech anisdien Anstalt für wichtig. Herr Dr. T o b ins, 
Berlin, spricht sieli ebenfalls gegen die Moorextrakte aus, 
empfiehlt aber Moorpackungen und Moorsitzbäder. Herr 
Kais. Rat Dr. Loebel, Dorna, hält die Holzwannen in 
vielen Fällen nicht für empfehlenswert, da sie nicht sauber 
genug zu lullten sind. Herr San.-Rat Dr. Lenne, 
Neuenahr, empfiehlt aus nationalökonomischen Gründen 
den Versuch zu machen, statt des italienischen Fango das 
Eifelfango anznwenden, das Herr Prof. M a tt li o s eben¬ 
falls empfiehlt, da es dem italienischen gleichwertig ist. 
Herr Dr. F «erste n b erg, Berlin, weist auf die Bedeu¬ 
tung des Dampfstrahls hin und empfiehlt einen von ihm 
hergestellten Apparat, der leicht transportabel ist und eine 
Reihe von Vorzügen besitzen soll. 

Herr Prof, Dr. G u t z m a n n , Berlin, sprach über 
„Atemvoluminessung“. Vortr. demonstrierte ein bequemes 
und sicheres Verfahren, um das Luftvolumen zu messen, 
das in der Rulieatnmng entsteht sowie beim Tiefatmen, 
Sprechen und Singen. Die ein- und ausgeatmete Luft be¬ 
wegt zwei sehr leicht gebaute blasebalgartige Instrumente, 
welche die einzelnen Bewegungen automatisch anzeigen 
und zugleich den Apparat ventilieren. Die gewonnenen 
Kurven gestatten eine bequeme Messung der At emvolumina. 
Zum Schluß demonstrierte Vortr. eine Reihe von Kurven, 
welche die Bedeutung dieser Messung und die Einfachheit 
ihrer Technik charakterisieren. 

Herr Prof. Dr. Kisch, Marienbad, erörterte das 
Thema: „Plötzliche Todesfälle in den Kurorten“. Wenn 
auch eine Statistik über die plötzlichen Todesfälle in den 
Kurorten nicht bestellt, so scheint doch festzustehen, daß in 
gewissen Kurorten die plötzlichen Todesfälle sieh' häufiger 
ereignen als in den Städten. Das ist aus leichtbegreii'Hehen 
Gründen in denjenigen Kurorten der Fall, welche von 
Kranken aufgesucht werden, die zum plötzlichen Tod ver- 




152 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 10 


anlagt sind. In erster Linie yi 11 das von einer Reihe von 
Herzkranken. Die meisten plötzlichen Todesfälle sind auf 
unerwartet eingetretene Herzlä Innungen zuriiekzuführen. 
Diese Erscheinung tritt besonders hei zwei Gruppen von 
Herzkranken auf, nämlich hei hochgradigem Fettherz und 
bei starker Arteriosklerose. Auch eine Zerreißung des 
Aneurysmas kann zum plötzlichen Tode führen. Häufig 
wiederkehrende schwere Anfälle von Angina pectoris, wo¬ 
bei eine Sklerose der Koronararterien vorhanden ist, sind 
ein Alarmsignal, daß in absehbare]'Zeit ein plötzlicher Tod 
droht; ebenso ein irreguläres Pulsbild des Herzens und ein 
Delirium cördis. Unter solchen Verhältnissen können 
scheinbar ganz geringfügige Anlässe den Anstoß zum plötz¬ 
lichen Tode geben, wie reichliche Mahlzeiten, Bergsteigen, 
Verstopfung und verschiedene Momente im Kurleben, wie 
der Gebrauch der Bäder, der Trinkkur etc. Es sollten solche 
Kranke schon von ihren Hausärzten belehrt werden, im 
Bade recht vorsichtig zu sein und sich unter die Aufsicht 
eines Kurarztes zu begehen. 

Herr Dr. Krone, Sooden a. d. Werra, sprach über 
„Inhalationstherapie mit besonderer Berücksichtigung der 
Sooleinhalationen“. Auf Grund vorgenommener Blut- 
untersuchuugen spricht Verf. den Gradierwerken, und zwar 
wegen des dort entwickelten Ozons einen günstigen Einfluß 
auf die Blutzusammensetzung zu. Sculann betonte er, daß 
nach seinen Erfahrungen wir in der Abgabe frei zerstäub¬ 
ter Soole in den Inhalatorien ein mit Recht angewandtes 
und schwel- entbehrliches Glied unseres therapeutischen 
Handelns hei allen Katarrhen der Respirationsorgane an- 
zusehen haben. 

Herr Dr. Siebelt, Flinsberg, berichtete über das 
Thema: „Kur und Körpergewicht“. Vortr. hebt hervor, daß 
die meisten Krankheiten mit oft recht bedeutenden 
Schwankungen des Körpergewichts einhergehen. Diese Tat¬ 
sache ist besonders wichtig für eine große Reihe von chro¬ 
nischen Krankheiten, wie sie gerade in Kurorten zur Be¬ 
handlung kommen. Vortr. zeigt, daß man meistens hei 
kühlen und lauwarmen Bädern Erhöhungen des Gewichtes 
beobachtet, Lei heißen, namentlich Moor- und Schlamm¬ 
bädern dagegen Erniedrigungen. Bei blutarmen Personen 
nimmt auch mit der Steigerung des Gewichtes der Blut- 
fai'bstoffgehalt zu. Da das Körpergewicht als ein wert¬ 
voller Index für das Wohlbefinden seines Trägers anzu- 
sehen ist, sollte man ihm im allgemeinen ein größeres Inter¬ 
esse entgegenbringen, als es jetzt allgemein üblich ist. 

Herr Di'. Fuerstenberg, Berlin, erörterte die 
„physikalische Behandlung' der Ischias“. Nach seinen Er¬ 
fahrungen stellt es außer Frage, daß man mit der Iscliias- 
behändlung in den letzten Jahren ein gutes Stück vorwärts 
gekommen ist. Die besten Behandlungsmethoden in der 
Therapie der Ischias dürften die hydrotherapeutischen 
Maßnahmen sein, sowie die Injektionsbehandlungen nach 
L a n g e und S c h 1 e ie li. Für leichte Fälle kommen auch 
Bestrahlungen, Galvanisation und andere physikalische 
Faktoren in Betracht. In schweren Fällen wird man aber 
mit ihnen allein nicht gut auskommen. Massage sollte man 
im akuten Stadium vollständig meiden oder nur ganz vor¬ 
sichtig anwenden.. Dagegen hat sie im chronischen Sta¬ 
dium gute Erfolge zu verzeichnen. Von den hydriatischen 
Maßnahmen haben sich als die wirksamsten erwiesen die 
sogenannten Bewegungsbäder und die schottische Dusche. 
Mit diesen beiden Prozeduren kann man in 85 c /o der Fälle 
Heilung oder wesentliche Besserung erzielen. Die Diät 
sollte wegen der mannigfachen Beziehungen der Ischias zu 
den Stoffweehselerkrankungen eine vorwiegend vegetabi¬ 
lische sein. 

Ilcir Priv.-Doz. Dr. I) e t e r in a n n , St. Blasien, er¬ 
stattet:' sein Referat „Heber-die Beziehungen der Viskosität 
des Blutes zu den Körperfunktionen“. Vortr. ist der An¬ 
sicht, daß die Anglicderiing der Viskosität des Blutes an 


JNIVERSITY OF MICHIGAN 


die übrigen chemisch-physikalischen. Eigenschaften der 
Körperflüssigkeiten für die Physiologie des Blutes von 
größter Bedeutung sei. Vortr. hat gezeigt, daß die Blut 
zellen als körperliche Elemente für die Viskosität des Blu¬ 
tes keine Bedeutung hätten; dagegen spielt eine große Rolle 
der Gasgehalt des Blutes. Setzt man dem Blut Sauerstoff 
hinzu, dann wird die Viskosität des Blutes herabgesetzt, 
während durch Kohlensäurezusatz die Viskosität erhöht 
wird. Eine große Rolle für die Viskosität des Blutes spie¬ 
len die Wechselbeziehungen der Kolloide mit den Salzen. 
Ein stufenweise!' Salzzusatz zu einer elektrisch neutralen 
Eiweißlösung beeinflußt die Hitzegeriiiiiung und die innere 
Reibung in gesetzmäßiger Weise. Durch diese Versuche 
kann man einen Einblick-in die Ziistaiidänderungen der 
Eiweißkörper gewinnen. Auch die Jodsalze vermindern 
die Viskosität. Allerdings ist diese Tatsache von Deter- 
m a n n angezweifelt worden. Vortr. möchte auch dagegen 
Einspruch erheben, die Versuche an Glaskapillaren so ohne 
weiteres auf den lebenden Körper zu übertragen. Die 
Viskosität schwankt hei gesunden Menschen je nach der 
Körperbewegung, der Nahrungs- und Fliissigkeits- 
anfnahiüe und anderen Reizen mitunter ganz erheblich. 
Starke Eiweißdarreiclning ändert weder die Viskosität noch 
den Stickstoffgehalt des Blutes; jedoch ist es interessant, 
daß hei jahrelang eiweißarm lebenden Personen die 
Viskositätswerte sehr gering sind. Eine isolierte Zunahme 
der Viskosität müßte auf die Zirkulation eine verlang¬ 
samende Wirkung ausüben; jedoch gibt ('s heim Gesunden 
eine solche Reihe ausgleichender Momente, daß man von 
einem Einfluß der Viskosität auf die Zirkulation nicht, 
reden kann. Dagegen scheint hei Kranken eine Aenderung 
der Viskosität einen Einfluß auf die Zirknlationsgesckwin- 
digkeit auszuüben. Thermische Reizungen üben einen Ein¬ 
fluß auf die Zirkulation aus, ebenso Veränderungen iin 
ZellstnffweehseT. Störungen des Blutes verändern die 
Viskosität in erheblichem Maße. Vorfr. ist der Ansicht, 
daß die Viskositätsiintersuchiingeii eine große Rolle spie¬ 
len und zur Lösung mancher wissenschaftlicher Fragen 
beitragen dürften. 

In der Diskussion betonte Herr Geheimrat Prof. Dr. 
E w a 1 d , Berlin, daß er die Bedeutung der Viskosität des 
Blutes für die einzelnen Krankheiten nicht anerkennen 
möchte. Vorläufig dürfte die Viskosität noch nicht genü¬ 
gend zu verwenden sein. Herr Dozent Dr. S t r a s s e r , 
Wien, ist der Ansicht, daß die Viskosität auch zu den For¬ 
men der roten Blutkörperchen in gewisser Beziehung steht. 
Herr Dr. A d a m , Berlin, betont, daß man bei den Viskosi- 
tätsnntersuc'lmngen auf das Volumen der roten Blutkörper¬ 
chen Gewicht legen müsse und ferner noch auf eine Reihe 
von anderen Erscheinungen, 1 welche die Untersuchungen 
der Viskosität derart erschwerten, daß sie in das Labora¬ 
torium hineingeliörten. Herr Dr. B. Fellner jnn., 
Franzensbad, schließt sich diesem Urteil an und möchte be¬ 
tonen, daß die Viskosität für die Kreislanfpatliologie keine 
Bedeutung habe, daß vielmehr da die mechanischen 
Momente von größerer Wichtigkeit wären. Schließlich hält 
auch Herr Geheimrat Prof. Dr. H i s , Berlin, die Erwartun¬ 
gen, die man an die Viskosität stellt, für übertrieben. 

(Sclilu ß folgt.) 


REFERATE. 

Chirurgie. 

Referent: Spezialarzt Dr. Mohr, Bielefeld. 

1. Gastroenteroanastomose und Magenresektion. Von 

A. v. Bergmann, Riga. St. Petersburger med. Wochen¬ 
schrift, 1909, Nr. 52. 

2. Zur unilateralen Pylorusausschaltung. Von v. Eisels- 
borg, Wien. Wiener klin. Wochenschr., 1910, Nr. 2. 



IsflBBÜ 


UNIVERSITY 


ilGAN 



1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


3. Gastroenterostomie oder Resektion bei Ulcus ventri- 
culi. Von H o o h e. n e g g , Wien. Ibidem. 

4. Drei Fälle von Milzexstirpation. Von Otto, ll iuianu- 

stadt. Ibidem. 

ö. Wangenplastik mit am Sternalrand gestieltem, gegen 
die Schulter verlaufendem Brusthautlappen. Von v. Hacker, 
Graz. Ibidem. 

(i. Zusammenstellung de* Appendizitismaterials aus dem 
allg. Krankenhaus in Malmö. Von Bauer, Malmö. Berliner 
klin. Wochensclir., 1910, Nr. 2. 

7. Ueber die Erfolge der radikalen operativen Therapie der 
benignen Stenosen und der Magengeschwüre. Von Jedlicka. 
Prag. Mod.-Ohir. Zentralblatt, 1910, Nr. 4. 

1. Auf Grund seines Materials von 78 Gastroenterostomien, 
27 Magepresektioiien und 12 Jejunostomien kommt Verf. zu 
folgenden Schlüssen: Die v. Hack ersehe Gastvoenterostomia 
retrocolica posterior verdient den Vorzug vor allen andern, 
die erst in Frage kommen, wo die erstere unausführbar ist. 
B( i i der Resektion ist die direkte Vereinigung von Magen- und 
Darmlumen anzustreben. Die Exstirpation des .Magenujcüs ist 
nur in den seltensten, besonders günstig liegenden Fällen in¬ 
diziert. ‘'Magenkarzinome, deren Radikaloperation ohne 
Pankreasverletzung nicht auszuführen ist, sind einstweilen nicht 
zu resezieren. Der Murphyknopf hat nur bei großen schlaffen 
Magenerweiterungen einen Wert, sonst ist er überall durch die 
Naht zu ersetzen. Die v. E i s e 1 s b e r g sehe Operation ist 
die rationellste Methode zur Beseitigung der Magenerweiterung. 

2. Die T eberlegung, daß in den Fällen, in welchen wegen 
Blutung aus einem frischen Geschwür des Pylorus die Gastro¬ 
enterostomie ausgeführt wird, das Geschwür doch nicht ganz 
sicher ausgeschaltet ist, ebenso wie auch der Reiz des Geschwürsj 
durch die Ingesta und die dadurch hervorgerufenen Schmerzen 
nicht ganz verhindert werden, hat den Vorf. veranlaßt, die 
Gastroenterostomie zur unilateralen Pyiorusausschaltung zu er¬ 
weitern.- Nach oder vor der Gastroenterostomie wird der Magen 
kardialwärts von dem am Pylorus gelegenen Geschwür oder 
r l mnor zwischen zwei Klemmen gefaßt und durchtrennt, und 
jedes der beiden Lumina blind vernäht. Bericht über 12 Fälle. 

8. Auf Grund seiner guten Resultate hält Verf. gegenüber 
Payr, .welcher die Exzision das Magengeschwürs bei be¬ 
stimmten Lokalisationen vorzieht, daran fest, daß die Gastro¬ 
enterostomie auch bei nicht am Pylorus lokalisiertem Ulcus 
Heilung bringt; sie ist das ungefährlichere Verfahren und 
schützt besser als die Resektion vor neuerlichem Auftreten 
eines Ulcus. 

4. Die betreffenden Fälle betrafen große Milztumoren, von 
denen einer auf der sog. B a n t i sehen Krankheit beruhte. Zwei 
Heilungen, ein Exitus im Kollaps nach dar Operation. 

o. Zur Meloplastik verwendete Verf. in drei Fällen einen 
Lappen der Brusthaut, der seine Basis am Sternalrand hatte 
und sich parallel den Rippen gegen die Schulter hinzog. Die 
Gefäßversorgung ist in einem derartigen Lappen eine relativ 
günstige. Es handelte sich zweimal um Ersatz der Schleimhaut 
allein, einmal gleichzeitig der Wangenhaut (nach Entfernung 
eines Karzinoms). Der Lappen heilte stets ein. 

6. Verf. wendet sich gegen die Schlüsse, die Albu (Berliner 
klin. Wochensclir., 1909, Nr. 26 27; aus der Sammelforschung 
der Berliner med. Gesellschaft gezogen hatte. Zunächst rechnet 
er bei seinem eigenen Material einen bedeutend höheren 
Prozentsatz von Rezidiven aus, nämlich 48—60°/o (Albu: 31°/o); 
dieser hohe Prozentsatz spricht sehr für sofortige Entfernung 
des Wurms im akuten Anfall. Verf. zeigt ferner, daß das! 
Prinzip der Frühoperation in einer sehr großen Anzahl von 
Fällen durchgeführt werden kann. 

7. a) Gutartige Geschwülste des Pylorus entzündlichen Ur¬ 
sprungs (Ulcus): Exstirpation des Geschwürs mittels Pylor- 
cktomie; die Gründe dieser Indikation sind: 1. Die häufige 
Umwandlung der Geschwürsbasis in ein Karzinom. 2. Durch 
die Operation können annähernd normale anatomische Verhält¬ 
nisse wieder hergestellt werden. 3. Die Resultate sind sowohl 
bezüglich der Operationsgefahr als der Dauerresultate besser 
als bei anderen Verfahren, b) Magengeschwüre mit Sitz ent¬ 
fernt. vom Pylorus. Bei der hypaziden, indolenten Form ergibt 
die bloße Exzision des Geschwürs gute Resultate, bei der 
hyperaziden Form mit Pylorospasmus muß, um Dauerresultate 
zu erzielen, außer dein Geschwür auch die muskuläre Stenose 
(durch Exstirpation des Pylorus) entfernt werden, c) Pylorospas,- 
mus oder Gastrospasmus ohne Ulcus: Die Sphinkterektomie 
bringt Heilung, jedoch nur dann, wenn der Pyloruskrampf 


gaslralcn Ursprungs ist und sich nur auf den Sphinkter be¬ 
schränkt. <1* Der Eiuwand. daß die Magenresektion bei gut¬ 
artigen Stenosen und bei Ulcus ein überaus gefährlicher Eingriff 
sei. wird durch Verfassers Resultate widerlegt: von 41 Pylorus- 
resektioiicn und Gesclnvürsexzisiorien endeten nur zwei Fälle 
tütlieh. 


Augenheilkunde. 

Referent: Augenarzt Dr. Paul Greven. Aachen. 

1. Lähmung sämtlicher Augenmuskeln als Spätfolge eines 

Unfalls. Von Dr. med. Robert Hack (aus der Univorsitäts- 
Augcnklinik Würzburg). Mediz. Klinik, 1910, Nr. 5. 

2. Ein Fall von pulsierendem Exophthalmus. Von Dr. R. J. 

Schaefer , Remscheid. Deutsche med. Wochensehr., 1910. 
Nr. 3. 

3. Augenbäder. Von Dr. Hesse, Pirna. Wochensclir. für 
l iier, und Hyg. des Auges. 13. Jahrg., Nr. 17. 

4. Ein Beitrag zur Frage der Aufhellung von Linsen¬ 
trübungen. Von Dr. E. Wiegmann, Hildesheim. Wochen¬ 
schrift für Thor, und Hyg. des Auges, 13. Jahrg., Nr. 17. 

5. Zur Behandlung der lymphatisch-skrofulösen Augen- 
krenkheiten. Von Dr. .1. Eisenstein, Primararzt des Allgem. 
Krankenhauses in Szegedin. Deutsche med. Wochense.hr., 1910, 
Nr. 4. 

1. Einem in einer Seifensiederei beschäftigten Arbeiter fiel 
auf dem Formboden ein 190 kg schwerer eiserner Form teil 
gegen den Hinterkopf. Es entstand eine klaffende, bis auf das 
Periost reichende Wunde am Hinterkopf, der Knochen selbst 
blieb unverletzt. Normale Heilung. 2Ö°/o Rente für ein halbes 
Jahr wegen Kopfschmerzen, besonders über der Stirn, und 
Schwindelgefühls. Ein Jahr nach dem Unfall erfolgte eine 
Augenuntersuchung auf die Klage des Verlelzten hin, er sehe 
nicht mehr so gut wie früher. Befund völlig normal und Ab¬ 
lehnung der Rente. Stark 2 1 i» Jahre nach dem Unfall beantragt 
der Verletzte eine neue Untersuchung, da er fortwährend auf 
linken Auge leide. Befund: Totale Lähmung des linken Okulo- 
motorius und Abduzens, fast vollkommene Lähmung des Troch- 
learis und Lähmung des Trigeminus, welch’ letztere Unempfind¬ 
lichkeit und Geschwürsbildung der Hornhaut hervor¬ 
gerufen hatte, Urner Unempfindlichkeit der Haut der 

Stirn, Wangen, Lider der linken Gesichtshälfte. Seh¬ 

schärfe links = 1 Der ursächliche Zusammenhang mit 
dem Unfall muß mit größter Wahrscheinlichkeit bejaht 
werden. Es ist kaum ein Zweifel, daß sich im Anschlüsse an 
die Verletzung chronische Wucherungsprozesse in der Augen¬ 
höhle (Knochenwucherung oder wirkliche Geschwuistbildung') 
entwickelt haben, die eine Kompression der Nerven in der Augen- 
i höhle herbeiführten. Die vorgeschlagene Rente von 33 1 ; h 1> o wird 
j bewilligt. Drei Jahre später, im ganzen fast sechs Jahre nach 
dem Unfall, erfolgte eine neue Untersuchung. Befund: Zu 
den früheren Lähmungen war noch eine solche des Nervus 
facialis hinzugekomnien und eine deutliche Vortreibung des er¬ 
krankten Augapfels. S' = Uso- Röntgenaufnahme negativ. Eine 
Aenderung der Rente’ war nicht angezeigt. 

2., Schaefer berichtet über einen Fall von pulsierendem 
Exophthalmus infolge Arteriosklerose. Zuerst versuchte er, nach 
dem Vorschläge von Sattler, die Unterbindung der Vena 
ophthalmica superior, was indessen nicht gelang, da eine Veite 
hei sehr starker Blutung nicht herauszufinden war. Auch die 
Vena ophthalmica inferior war nicht zu finden. Es wurde 
dann einige Tage hindurch, die zeitweise Digitalkompression 
der Carotis communis zur Unterbrechung der Blutzirkulation 
ausgetührt. Aber der Exophthalmus wurde immer stärker. Es 
blieb nichts anderes übrig, als das steinharte. erblindete Auge 
zu enuldeieren. Bei der Enukleation trat, wie erwartet, aus der 
sehr erweiterten Ärteria ophthalmica eine starke Blutung auf, 
weshalb zur Unterbindung der Carotis communis unterhalb ihrer 
Teilungsstelle geschritten wurde. Diese Operation führte dann 
endlich zur Heilung. 

3. Hesse hat durch die Firma Sandow, Hamburg, ein 
..Augenbad“ zusammenstellen und in Vertrieb bringen lassen, 
welches besteht aus einer Mischflasche, Augenbadewanne und 
einem Röhrchen mit 20 Tabletten aus künstlichem Emser Salz 
und Borax, nebst Gebrauchsanweisung. Die Kranken können 
sich seihst das Auge ausspülen. Hesse empfiehlt die An¬ 
wendung besonders bei uleerösen skrofulösen Hornhaut¬ 
prozessen, sowie auch bei allen akuten Katarrhen. Er gebraucht 







THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 10 


.154 


»1ms Augenbad «auch bei Hornlia utdef akton .mich Verletzungen, 
Entfernung von Ernmdkör.pern, Verbrennungen und Verätzungen, 
um eine Infektion zu verhüten. Vcrf. stellt sieh die Wirkung 
der hauptsächlich Natrium biearbonienm und Natrium biboraci- 
cum enthaltenden Augenbäder so vor, daß dadurch eine Ab¬ 
sonderung der Wundsekrete angeregt wird, indem die Lymphe, 
die ja die erwähnten Salze in geringerer Konzentration resp. 
gar nicht enthält, nach dem Gesetze der Osmose in besonder.* 
reichlichem Maße produziert wird, und (laß der Lvmphstrom 
gegen den Defekt hin gesogen wird. 

4. Im Anschlüsse an * die Beobachtung von Becker über 
Rückbildung von Linsentrübungen (jüngst in dieser Zeitschrift 
referiert' berichtet Wiegmann über die Aufhellung von 
Linsentrübungen bei Cataracta complicata infolge von Uveitis. 
Die Papillen waren gerötet und verwaschen, der Fundus in 
totp trübe. Venen stärker gefüllt. Zahlreiche Glaskörper- 
trübungen. Die Linsen wiesen zahlreiche periphere Trübungen 
auf, die in teils feinen, teils breiteren Speichen, vornehmlich 
in der hinteren Corticalis, bestanden. Die Linsenmitte blieb klar. 
Vis : '/ 20 . Nach Behandlung mit Ungt. cinereum sowie Sublimat- 
pillen bedeutende Besserung. Nach 3 Monaten Vis = 1 Pa¬ 
pillen klar und deutlich, desgleichen der Fundus. Die Glas¬ 
körperflocken auf einem Auge ganz, auf dem anderen bis auf 
kleine Reste verschwunden. In den Linsen fanden sich nur noch 
einige wenige feine periphere Speichen. Die größte Anzahl der 
zum Teil breiteren Trübungen hatte sich resorbiert, und zwar 
war die Aufhellung der Linse Hand in Hand mit der Besserung 
des übrigen Augenleidens gegangen. 

. 5. Nach Eisensteins Ansicht ist Borsäure das beste 
bisher bekannte Heilmittel der Kerato-Conjunctivitis lymphatica. 
fauch eczematosa, phlyctaenulosa genannt), sowie aller aus dieser 
hervorgegangenen, auf derselben lymphatisch-exsudativen Dia- 
these beruhenden oder durch sie beeinflußten Affektionen der 
Konjunktive und Kornea. Verf. brauchte anfangs dis Borsäure 
nur in den hartnäckigeren Fällen, in denen das allbekannte 
Kalomel versagte. Aber “er erzielte mit Borsäure, so gute 
Resultate, daß er jetzt seit mehr als 10 Jahren überhaupt 
kein Kalomel mehr benutzt hat. Die Anwendungsweise ist ein¬ 
fach genug: Man stülpt die Lider um, was bei photophobi¬ 
schen Patienten oft durch das bloße energische Auseinander¬ 
ziehen der Lidränder mittels Zeigefinger und Daumen der 
linken Hand gelingt, und streut mir dem Pinsel eine nicht zu 
dünne Schicht der feinpulverisierten Borsäure auf ihre Hinter- 
fläche: darauf läßt, man die Lider los, dis sich sofort auf! 
den Bulbus zurücklegen und verreibt dann das Pulver mit 
dem auf das Oberlid gelegten Daumen der rechten Hand 
je nach der Empfindlichkeit des Patienten — mehr oder weniger 
energisch. Bei tieferen Ulcerationen ist es bloß ein vorsichtiges 
Verteilen. Nach dieser das Auge einigermaßen reizenden Proze¬ 
dur träufelt man einen Tropfen 1 proz. Kokainlösung ein. Natür¬ 
lich benutzt Verf. daneben auch in schweren Fällen, wie nament¬ 
lich bei Kornealgeschwürsu, andere ophthalmiatrische Hilfs¬ 
mittel, ebenso die Allgemeinbehandlung des Grundübels. Auch 
bei der Behandlung des Trachoms fällt der Borsäure eine 
wichtige Rolle zu, wenn dieses lymphatisch veranlagte. In¬ 
dividuen befällt, wie Verf. als Leiter eines Trachomspitals er¬ 
fahren hat. 


Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Lohriseh, Chemnitz. 

1. Einige Bemerkungen zur Bewertung der Azetonkörper- 
^usscheidung beim Diabetiker sowie über den Wert von Hafer¬ 
kuren. Von H. Lüthje. Therapie der Gegenwart, Januar 1910. 

2. Ueber Diabetestherapie. Von Prof. C. v. No orden. 
Medizr Klinik, 1909, Nr. 35. 

3. lieber den Zusammenhang zwischen Affektionen der 
Genitalorgane mit Störungen der Magen- und Darmverdauung. 
Von C. Weg eie. Mediz. Klinik, 1910, Nr. 1. 

4. lieber konstitutionelle Fettsucht. Von C. Pariser. 
Mediz. Klinik, 1909, Nr. 32 u. 33. 

5. Ein Beitrag zur rektoskopischen Diagnostik. Von 
P. Danielsohn. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 2. 

(L Zur Therapie des Diabetes insipidus. Von O. Min¬ 
kowski. Therapie der Gegenwart, Januar 1910. 

7. Günstiger Verlauf eines Falles von schwerem jugend¬ 
lichen Diabetes. Von S. P. Swart. Berliner klin. Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 4. 


VERSIT 


«s. Ein Fall von anscheinend geheiltem kindlichen Dia¬ 
betes. Von H ü r t e r. Mediz. Klinik, «Januar 1910. 

1. Wenn die Eisenchloridreaktion fehlt, so kann man mit 
für praktische Zwecke hinreichender Genauigkeit annehmen, 
daß die vorhandene abnorme. Säuerung des Körpers zunächst 
nicht ernstere Gefahren involviert. Solange der Diabetiker bei 
Fleisch-Fettkost keinen Zucker ausscheidet, also den aus dein 
Eiweiß gebildeten Zucker noch verbrennt, hält sich die Azeton - 
körperbildung in Grenzen, die dem Organismus nicht gefährlich 
werden. Alkalieinfuhr kann die Azetoukörperausscheiduug er¬ 
heblich steigern, entweder dadurch, daß das Alkali die in Be¬ 
tracht kommenden Säuren durch Bindung der entsprechenden 
Säuren erst in einen für die Nieren ausscheidungsfähigen Zu¬ 
stand bringt, denn die. Säuren verlassen wohl nie in freiem Zu¬ 
stande den Körper, oder dadurch, daß ein Teil der Azete.ssig- 
säure, der sonst in der Ausatmungsluft als Azeton zur Aus- 
scheidupg kommt, durch die Niere als Azetessigsäure Verbindung 
ausgeschieden wird, sobald das erforderliche Alkali zur Ver¬ 
fügung sieht. Die Gefährlichkeitsgrenze der Azetonkörper¬ 
bildung ist natürlich immer schwer festzustellen. Sicher spielt 
dabei auch eine gewisse „Gewöhnung“ eine Rolle: man kann 
immer wieder beobachten, wie beim Diabetes die schädliche- 
Wirkung der pathologischen Säuren abhängig ist von der Zeit¬ 
dauer, während welcher die Azetonurie bestand. Lange be¬ 
stehende Azetonurio wird immer besser ertragen als kurze 
Zeit bestehende. 

Nach L. ist die erfolgreiche Behandlung schwerer Diabetiker 
ohne tägliche genaue quantitative Bestimmung der Azetonkörper 
und des Ammoniaks unmöglich. .Jeder Diabetiker, auch der 
leichte, sollte, wenigstens •einmal eine mehrwöchentliche An¬ 
staltsbehandlung durchmachen. 

Was die v. N o o r d e n sehe Haferkur betrifft, so ist L. 
der Ansicht, daß in Fällen, welche überhaupt besserungsfähig 
sind, die Haferstärke besser vertragen wird als andere Stärke- 
Sorten. Der Versuch, diese merkwürdige Tatsache zu erklären, 
ist bisher nicht einwandfrei, gelungen. Nach L. ist folgende Er¬ 
klärung möglich: Die meisten Formen des Diabetes sind so 
aufzufassen, daß die mangelhafte. Ausnutzung des Zuckers die 
Folge einer fermentativen Erschöpfung resp. in den schwersten 
Fällen die Folge der mehr oder weniger vollkommenen Ver¬ 
nichtung der hier in Betracht kommenden Fermentfunktion ist. 
Bei dieser Auffassung wird die große Bedeutung der Funktions- 
sehonung für die Hebung der Toleranz am besten verständlich. 
Sehen wir doch bei solch einer konsequent durchgeführten 
'Toleranzschonung selbst Fälle, die zu. Anfang durchaus'schwere 
waren, außerordentlich viel besser werden, ja unter Umständen 
zu einer relativen Ausheilung kommen. Wir können uns aber 
weiter auch vorstellen, daß eine geschädigte oder erschöpfte 
Fermentfunktion durch bestimmte exzitatorische Mittel gereizt 
und gestärkt werden kann und so scheint cs L. auch denkbar, 
daß eine solch exzitatorische Wirkung der Haferstärke resp. 
irgendeinem Bestandteil des Hafers zukommt. 

2. Die Fähigkeit der Diabetiker, Kohlehydrate ordnungs¬ 
gemäß zu assimilieren, ist in den einzelnen Fällen durchaus 
verschieden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, vor Fest¬ 
stellung der Diät die Toleranz des einzelnen Kranken für 
Kohlehydrate aufzufinden und erst auf diese Ermittelungen hin 
die indizierte Kostordnung zu bestimmen. Wichtig ist ferner 
für die Diätvorschriften die Beurteilung einer eventuell be¬ 
stehenden Azetonurie. Das Auftreten von Azetessigsäure, Oxy- 
buttersäure und Azeton ist durchaus nicht immer ein erns'ted 
Warnungssignal, sondern häufig nur eine natürliche Folge be¬ 
sonderer Beköstigungsarten und eine Erscheinung, die bei ganz 
gesunden Menschen unter gleichen Beköstigungsverhältnissen 
genau in derselben Art und Stärke auf treten würde. Sie hat 
dann natürlich gar kei^e üble prognostische Bedeutung. Diese 
Erkenntnis ist wichtig, weil viele Aerzte beim Auftreten der 
Az'etonkörper im Urin sofort laxere Diätvorschriften geben 
und die Patienten damit der Vorteile berauben, die eine längere 
Durchführung der strengeren Verordnungen für den allgemeinen 
Kräftezustand, für die Hebung der Toleranz und für die Sicher¬ 
stellung der Zukunft gezeitigt hätten. Zu den Fällen, die von 
vornherein prognostisch sehr schlecht zu beurteilen sind, ge¬ 
hören die Erkrankungen im jugendlichen Alter. Fälle von 
jugendlichem Diabetes, die zunächst als schwere. Formen auf- 
treten und dann doch ausheilen oder wenigstens den Charakter 
leichter Glykosurie annehmen, zählen in der Tat zu den größten 
Seltenheiten. Verf. ist ‘in der Lage, einen solchen Fall eines 
22 jährigen Mannes mitzuteilen. Derselbe wurde unter .dem Ein- 


/ERSIT 








1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


155 


Busse von Gemüse- mul Hafertagen dauernd zuckerfrei. Solche 
Erfolge lassen sich aber auch nur erreichen, wenn die Kranken; 
in einem früheren Stadium der Krankheit in systematisch-diäte¬ 
tische Behandlung* kommen. Denn dies ist die Zeit, in der 
nicht nur für den Augenblick, sondern für die ganze Zu¬ 
kunft des Diabetikers am meisten geleistet werden kann. In 
wirklich bösartigen Fällen wird freilich die Behandlungsart den 
(lang der Dinge kaum beeinflussen. Wo aber von vornherein ein 
gutartiger oder besserungsfähiger diabetischer. Prozeß vorliegt, 
ist, es für die Zukunft des Patienten geradezu ausschlaggebend 4 
ob sie in früheren Stadien der Krankheit in eine für ihre in¬ 
dividuellen Verhältnisse richtige Lebens- und ^Ernährungsweise 
hineinkommen oder nicht. 

3. Es finden sich bei beiden Geschlechtern in jedem Lebens¬ 

alter von den Entwicklungsjahren an ‘Magendarmstörungen, 
welche von organischen und von funktionellen Affektionen der 
Genitalorgane abhängig sind. Es kommen auch voneinander 
unabhängige Erkrankungen auf beiden Gebieten vor, wobei es 
sich dann meist um gleichzeitige organische Magenerkrankungen 
handelt. Die Tatsache des Zusammenhanges zwischen Affektio¬ 
nen der Genitalien und Magenleiden ist natürlich für die The¬ 
rapie von V ichtigkeit. Zunächst ist durch genaue Untersuchung 
der Magen-Darmfunktionen das Bestehen eines selbständigen 
organischen Leidens nach Möglichkeit auszuschließen. Dann 
wird man zunächst gut tun, die ätiologische Störung in der 
Genitalsphäre anzugreifen, ohne jedoch die sekundären Ver¬ 
dauungsstörungen ganz unberücksichtigt zu lassen. Besonders 
was die Diät anbelangt, wird man zunächst roborierend Vor¬ 
gehen, aber dabei den etwaigen Veränderungen der Motilität 
oder Sekretion Rechnung tragen. Bei sexuellen lieberreizungen 
und Verirrungen kann durch Aufklärung und vernünftige Be¬ 
lehrung sowohl prophylaktisch als auch kurativ viel Gutes 
gewirkt werden. Hier hat die. Psychotherapie ein weites Feld 
berechtigter Tätigkeit. In schwereren Fällen muß noch eine 
Lokalbehandlung der Sexualorgane von kundiger Hand dazu 
kommen. Eine gleichzeitige Allgemeinbehandlung mittels Hydro¬ 
therapie, Seebädern, Chinin, Eisen, Fellows’ Syrup, Brom¬ 
salzen kann dabei von großem Nutzen sein, ebenso die Elek- 
Irizitäl. Bei Komplikationen mit Chlorose ist die letztere mit 
entsprechender Ernährung, durch Eisenpräparate, Brunnenkuren 
usw. zu bekämpfen. Gegen die Hyperemesis gravidarum sind die 
bekannten Narkotika und Sedativa, in schweren Fällen die 
Isolierung oder nötigenfalls die Einleitung des künstlichen 
Abortes resp. der Frühgeburt in Anwendung zu bringen. 
Schwere Frauenkrankheiten (Parametritis, Adhäsionen, Tu¬ 

moren» erfordern chirurgisches Eingreifen. Die in solchen 
Fällen so häufige spastische Obstipation ist durch geeignete 
Diät, Verordnung von Regulin und eventuell Oeleinläufen zu 
bekämpfen. 

4. Nach P. ist die konstitutionelle Fettsucht eine rein 

thyreogene Erkrankung. Daher ist in diesen Fällen die Be¬ 
handlung mit Thyreoidin indiziert. Die Thyreoidea wirkt akku¬ 
mulierend. Das zur Behandlung nötige Quantum ist immer ein 
geringes. P. verwendet nur die Schilddriisentabletten von Merk 
a 0,1 g der Drüsensubstanz. Er beginnt für 3 1 Tage mit 

1—2 Tabletten pro Tag, steigt dann für . 8—10 Tage 

auf 3 Tabletten, sinkt dann für 8 Tage auf 2 Tabletten, 
für weitere 5—8 Tage auf 1 Tablette und setzt dann 

ca. 8 Tage aus, worauf der Turnus von neuem be¬ 

beginnt. Intervalle sind deshalb zu machen, weil unbe¬ 
dingt oft kurze, Nachwirkung vorhandeji ist. Die Maximaldosisi 
von P. beträgt also nur 1 / 3 — V d der früher gebräuchlichen 
Durchschnittsdosis. Der sicherste und bequemste Maßstab für 
die Erkenntnis beginnender Akkumulation ist der Puls. Wenn 
dieser beschleunigt ist, ca. 100—110 Schläge, soll man das 
Thyreoidin 2—4 Tage aussetzen und körperliche Ruhe (Bett¬ 
ruhe nicht notig) innehalten lassen. Dann geht der Puls in 
3—4 Tagen wieder zur Norm zurück und man nimmt die Kur 
mit einer Tablette wieder auf. Die Pulsbeschleunigung ist jeden¬ 
falls sehr zu beachten. Nach zweifachem, höchstens dreifachem 
Turnus der Thyreoidindarreichung kann man eine Pause von 
(5—8 Wochen machen, vielleicht noch etwas länger; das hängt 
ab von dem Maße, wie das Gewicht sich verhält resp. wieder 
ansteigt. An sich aber soll man der grundlegenden Anschau¬ 
ung immer eingedenk sein, daß der Träger konstitutioneller 1 
Fettsucht ein organisches Manko hat, das sich immer wieder 
bemerkbar machen muß und das deshalb von Zeit zu Zeit wieder 
durch eine physiologische Substitutionstherapie, ausgeglichen 
werden muß. Für die Verhältnisse des praktischen Lebens ist 


neben der Thyreoidindarreichung eine Entfettungsdiät nötig. 

Bei einem hartnäckigen Falle von Pruritus ani wurde die 
Ersuche durch den rektoskopischen Nachweis der Anwesenheit 
von Oxyuren im Rektum ermittelt. Der Befund von Oxyuren - 
eiern im Stuhlgang ist wegen der den Oxyuren eigenen Bio¬ 
logie, im Gegensatz zu den Tänien und Askariden, äußerst, 
sollen. Es hat deshalb keinen Zweck, nach Oxyureneiern zu 
suchen: man soll lieber in solchen sFällen, wie bei allen auf 
den Enddarm als Sitz der Krankheit hinweisenden Zuständen, die 
Rektoskopie zu Hilfe nehmen. 

6. Eine umfassende Definition des Diabetes insipidus isl 
schwer zu geben. Es gibt auch Fälle von hysterischer Polv 
dypsie. Entscheidend für die Diagnose ist das Verhalten bei 
Wasserentziehung in ihrer Rückwirkung auf die Blutkonzen¬ 
tration und die Feststellung des Verlustes der Konzentrations¬ 
fähigkeit des Harns in den Nieren. Gibt, man z. B. mehr Koch¬ 
salz ohne Wasservermehrung, so wird Kochsalz nicht aus¬ 
geschieden. Daher ist der Hauptpunkt in der Therapie die 
Kochsalzentziehung. Diese ist aber auch nicht in allen Fällen 
wirksam, z. B. nicht bei Tumoren des Kleinhirns. Einschränkung 
der Wasserzufuhr ist. zwecklos und nur dann angezcigi, wenn 
nach Kochsalzgaben die Harnkonzentration ansteigt. Die Medi¬ 
kamente versagen im allgemeinen. Nicht selten ist eine anti- 
luetische Behandlung von Erfolg. 

7. Eine 29 jährige Frau mit schwerem Diabetes wurde unter 
dem Einflüsse von strenger Diät, Eiweißeinschränkung, Ge¬ 
müse- und Hafertagen innerhalb einiger Wochen zuckerfrei und 
war dies noch 10 Monate später. 

8. Es handelte sich um ein 10 */2 Jahre altes Mädchen mit 
schwerem Diabetes, welches bei strenger Diät und Gemüsetagen 
vollkommen zuckerfrei wurde,, gute Gewichtszunahme zeigte 
und 7 Monate nach der Entlassung aus dem Krankonha.use 
noch zuckerfrei \^ar. Für die Heilung dieses Falles war be¬ 
sonders der Umstand günstig, daß der Diabetes sehr zeitig 
entdeckt wurde und daß es die äußeren Verhältnisse ermög¬ 
lichten, die diätetischen Verordnungen rechtzeitig und streng 
durchzuführen. 


Kinderheilkunde. 

Referent: Kinderarzt Dr. Eugen Neter. Mannheim, 

1. Ein Beitrag zur infantilen Tabes. Von S p i t z m ii 11 e r. 

Mediz. Klinik, 1910, Nr. 4. 

2. lieber spinale Kinderlähmung. Von Eichelberg: 
Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 3. 

3. Akute eitrige Peritonitis salpingitischen Ursprungs im 

K.' descJter. Von Reichenbach. Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910. Nr. 3. 

4. Die Kinderheilkunde im Universitätsunterricht Deutsch¬ 
lands. Von Feer. Archiv für Kinderheilkunde, 1910, H. 4—(i. 

1. Tabes im Kindesalter ist bereits in einer Reihe von Fällen 
beobachtet worden, ln dem vorliegenden Falle handelt es sich 
um einen 13 jährigen Knaben. Im .9. Lebensjahr trat Enuresis 
nocturna auf; seit einem Jahr fällt der Umgebung der 
schwankende Gang des Knaben auf. Der Befund ergibt verschieden 
weite Pupillen und absolute Pupillenstarre; Romberg positiv; 
Ataxie. Patellarreflexe fehlen, desgl. Kremasterrcflex. Fast 
permanentes Harnträufeln. Wassermann'sche Reaktion posi¬ 
tiv hei völligem Fehlen anamnestischer Anhaltspunkte für Lues. 

2. Erwähnenswert aus dem E i c. h e 1 b e l* g sehen Artikel ist 
nur der Hinweis auf die Möglichkeit der Ucbertragung von 
Poliomyelitis-Erregern durch Erde. 

3. Bei dem von Reichenbach erwähnten Falle war das 
8 jährige Mädchen wegen Perityphlitis operiert worden. Die 
Autopsie ergab eine eitrige Staphylokokken-Endometritis und 
-Salpingitis mit sekundärer Peritonitis. Das Kind war 
V 2 Jahr zuvor wegen Vulvovaginitis in ärztlicher Behandlung 
gewesen. 

4. In seinem Vortrag bespricht der Heidelberger Kliniker 
ausführlich die Notwendigkeit einer besseren Ausbildung der 
Mediziner in der Kinderheilkunde. Er hält es für dringend 
notwendig, daß jede medizinische Klinik eine Kinderklinik mit 
moderner Säuglingsabteilung und eine Kinderpoliklinik besitzt ; 
diese Institute müssen unter der Leitung eines etatmäßigen Pä¬ 
diaters stehen. Die Kinderheilkunde muß als ein Prüfungsfach 
in das Staatsexamen aufgenommen werden und es muß die 
Prüfungsabnahme durch den Fachprofessor erfolgen. 


/ERSITY OF 


VEF 









M 






156 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 10 


Militärsanitätswesen. 

Referent: Genoraloberarzt a. D. Dr. M. Peltzer, »Steglitz. 

Der Schutz der Lazarettschiffe im Seekriege. Von Dr. jur. 
H. Wehberg, Düsseldorf. Deutsche med. Wochenschrift, 
10. Februar 1910. 

Verf.. cler bereits mehrfach an anderen Stellen über 
völkerrechtliche Fragen geschrieben hat, bespricht diesmal die 
wichtigsten Resultate der neueren Völkerrechtskonferenzen über 
die Lazarettschiffe, nämlich der 1906 erneuerten Genfer Kon¬ 
vention und der ersten Haager Friedenskonferenz im Jahre 1899, 
welche, letztere bekanntlich das 1907 erweiterte internationale 
,,Abkommen, betr. die Anwendung der Grundsätze der Genfer 
Konvention auf den Seekrieg“ zeitigte. .Ohne auf Einzelheiten, 
die am besten in den Originalen nachzulesen sind, einzugehen, 
können wir W. nur zustimmen, wenn er es als wünschenswert 
bezeichnet, daß nicht jedes Kriegsschiff einer Kriegspartei die 
Herausgabe der Verwundeten, Kranken oder Schiffbrüchigen 
verlangen kann, die dann als Kriegsgefangene behandelt werden 
dürfen, weil sie nach ihrer Heilung von neuem in den Dienst[ 
des Feindes treten können. Diese sollten vielmehr wie das 
Lazarettpersonal behandelt, d. h. nicht kriegsgefangen gemacht 
werden, da allein schon die Hinüberschaffung der Verwundeten, 
von den Lazarettschiffen auf die feindlichen Kreuzer Gefahren 
für die Verwundeten in sich birgt. Weniger einverstanden sind 
wir mit den einleitenden Worten des Aufsatzes, in denen es 
heißt, die Bestrebungen zur Humanisierung des Krieges würden 
von den Anhängern dieses für wertlos gehalten, weil ein Krieg 
um so schneller beendet werde, je grausamer er geführt würde. 
Zu diesen Grausamkeiten gehöre die Plünderung der Privat¬ 
personen, die grausame Behandlung der Kriegsgefangenen, die 
Vernachlässigung der Pflege der Verwundeten, welche Dinge 
infolge der Erbitterung des Gegners den Krieg nur in die Länge 
zögen, anstatt ihn abzukürzen. Uns ist nicht bekannt, wo und 
wann in unserem Zeitalter solche Grundsätze ausgesprochen 
sind, bekannt ist uns nur, daß als größte Wohltat des Krieges) 
allerdings seine möglichst schnelle Beendigung hingestellt wird, 
aber nicht durch Anwendung von Grausamkeiten, wie die ge¬ 
nannten, sondern durch TTeberwindung des Gegners, durch Sieg. 
Um dieses Ziel zu erreichen, muß natürlich auch der Gegner 
in jeder möglichen, im Kriege erlaubten anderen Weise als 
nur durch den Waffen gang geschwächt werden. Plünderung und 
Vernachlässigung der Pflege der Verwundeten ist jedoch unseres 
Wissens hierzu von keiner Seite befürwortet worden. Wir per¬ 
sönlich haben wenigstens in zwei Feldzügen, die wir selbst mit¬ 
gemacht haben, nichts davon bemerkt. Daß wir solche Grund¬ 
sätze, wo immer sie aufgsstellt würden, ebenso verurteilen 
wie V'., bedarf keiner Versicherung. 


Schulhygiene. 

Med.-Rat Henkel, München, veröffentlicht über Schul¬ 
ärzte in Nr. 5 der ,,Münchener med. Wochenschr." recht be¬ 
merkenswerte Ausführungen. Dieselben gipfeln in folgenden 
Sätzen: 

1. Eine schulärztliche Einrichtung soll an allen Orten be¬ 
stehen, wo nur immer ein Arzt ist. 

2. Die Aufgabe des Schularztes im allgemeinen ist die 
individuelle Hygiene des Schulkindes. 

3. Die Grundarbeiten des Schularztes sind: 

a) Die Untersuchungen der eintretenden und austretenden 
Schulkinder; 

b) die Führung der Sanitätsliste, des Gesundheitsbogens,' 
welcher für das ganze Reich eine Fassung erhalten soll: 

c) die Ueberwachung der Kinder während der Schulzeit; 

d) eine einfache gleichartige Berichterstattung nach Schluß 
jedes Schuljahres. 

Am 1. April d. J. eröffnet das Berliner Lokal-Komitee für 

Zahnpflege in den Schulen die zweite Schulzahnklinik. 

Der Magistrat Berlin hat in einer Stadtverordneten-Aus¬ 
schußsitzung 10 000 M. für die Schulzahnkliniken bewilligt. 

Wie die ,,Deutsche zahnärztl. Zeitung“ mitteilt, übernahm 
Se. Majestät der König von Schweden das Protektorat über das 1 

„Internationale Komitee für öffentliche Mundhygiene“. Die 

,,Afton-Tidningen“ in Stockholm bringt folgenden Bericht über 
die konstituierende Versammlung: Die Versammlung nahm, wi<j 


zu erwarten war, einen großzügigen und repräsentativen Verlauf 
in dem Hause des Aerztevcreins. Unter den ausländischen Gästen 
sahen wir außer Professor dessen aus Siraßburg die Finn¬ 
länder Aspel and und Weber mit. dem Nestor Dr. B e n - 
sow aus Helsingfors, der trotz seiner 82 Jahre die weite 
Reise durch Schnee und Eis nicht gescheut hatte. Eine große 
Zahl von Aerzten und Pädagogen hatte sich eingefunden mit dem 
Kultusminister Staatsrät L i n d s 1. r ö m. Nach einer Begrüßung 
durch den •Oberstatthalter ergriff zunächst der Zahnarzt Dr. med. 
Otto Ulmgren das Wort. Er wies darauf hin, wie in der 
modernen Medizin heute immer mehr das Streben sich geltend 
macht, nicht nur die Krankheiten zu heilen, sondern vielmehr 
sie zu verhüten. Es wird heute allgemein ein gesehen, daß 
die Befolgung der . von der Hygiene vorgeschriebenen Gesetze 
das beste Mittel im Kampf gegen Krankheit ist. Die Mundhöhle 
als Eingangspforte in den Körper verdien^ die besondere Be¬ 
achtung der Hygiene. Die Zahnkaries ist die verbreitetste unter 
allen Krankheiten. Außer den Mißständen, welche sie selbst mit 
sich bringt, erhöht sie die Empfänglichkeit des Menschen für 
andere Krankheiten und bildet oft selbst die Ursache für Er¬ 
krankungen der Augen. Ohren, Nase und Kieferhöhlen. Auch 
viele Träger von Infektionskrankheiten finden in der kranken 
Mundhöhle einen besonders günstigen Nährboden. Unter Hin¬ 
weis auf die Untersuchungsresultate in Schweden betonte Dr. 
Ulmgren die Notwendigkeit, den Kampf gegen diese Krank¬ 
heit im ganzen Lande aufzunehmen. Darauf erhielt das V ort 
der hervorragende ausländische Fachmann, dessen Vortrag in 
gewissem Sinne als Hauptnummer des Abends angesehen werden 
kann. Professor .Jessen überraschte die Zuhörer dadurch, 
daß er ausgezeichnet dänisch sprach. Sein Vortrag wurde durch 
eine Reihe trefflicher Lichtbilder illustriert. r. 


Varia. 

Die Behandlung des Schnupfens und der Influenza mit 
Lichtbädern empfiehlt Dr. R. May, Zielenzig N.M., in Nr. 42, 
1909, der Mediz. Klinik. 

Gegen den Tatbestand ist nichts' einzuwenden, aber neu ist 
er durchaus nicht. Denn bald nach Bekanntwerden des elektri¬ 
schen Lichtbades wurde auch der Schnupfen als leicht fa߬ 
bares Paradigma und brauchbares Versuchsobjekt mit Licht¬ 
bädern behandelt. Referent hat allerdings nie so glatte Erfolge 
erlebt, wie sie der Autor beschreibt, obwohl auch die Nach¬ 
behandlung fast die gleiche war, und meint, daß auch der 
Autor bei größerer und jahrelanger Erfahrung manchen \ er- 
sager kennen lernen wird. Der Enthusiasmus für das Lichtbad 
scheint Ref. noch relativ jungen Datums zu sein. So erklärt 
sich wohl auch die ohne alle praktische Erfahrung gegebene 
Empfehlung des Lichtbades im Anfangsstadium der Pneumonie. 
Referent ist ein großer Freund der Schwitzprozeduren bei Pneu- 
monikern, hat auch reichlich viel Pneumoniker in allen Stadien 
mit Erfolg schwitzen lasseu, würde sich aber sehr hüten, einen 
Pneumoniker, und sei er der kräftigste, in den Lichtkasten zu 
setzen, eben weil er das Lichtbad aus mehr als neunjähriger 
Erfahrung kennt. Die sitzende Stellung und die starke' 
strahlende Wärme, wenn sie auch nach Erfahrung des Ref. 
nicht mit Leichtigkeit die Knochen durchdringt, sind unerträg¬ 
liche Dinge genug für einen Pneumoniker. Der schwitzt viel 
besser und gefahrloser im Wasserbad, insbesondere' im heißen 
Armbad, bequem im Bett gelagert. Auch der am Schnupfen und 
Influenza Erkrankte hat das heiße Wasserbad, das Schwitzen im 
Bett nach Zufuhr heißer Getränke eher und — was auch nicht 
ganz unwichtig ist — billiger zur Hand, als das elektrische 
Lichtbad. Wir haben zum Glück noch einfache Prozeduren 
genügend, welche ohne besondere teuere Apparate in ‘jedem 
Haushalt durchzuführen sind und im Endeffekt den mindestens 
gleichen Erfolg zeigen. Diese zu kultivieren ist eine lohnende, 
dankbare Aufgabe des praktischen Arztes. 

Hauff c, Ebenhausen. 

Die Schweigepflicht des Arztes unter besonderer Berück¬ 
sichtigung des Strafge-,etzvorentwurfs. Von Dr. jur. 
H. Lieske, Leipzig. Deutsche med. Presse, 1910, Nr. 4. 

Der Vorentwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch 
schlägt u. a. für den unbefugten Bruch des ärztlichen Berufs¬ 
geheimnisses eine Erweiterung des Strafmaßes vor, indem er 
an Stelle der bisherigen Strafandrohung (1500 M. oder Gefängnis 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


157 


bis zu 3 Monaten) Geldstrafe bis zu 2000 M„ Haft oder Ge¬ 
fängnis bis zu 6 Monaten setzen inötfhte, ohne die vor- 
geschlagene Neuerung innerlich zu begründen. Auch im übrigen 
sind, wie L. es ausdrückt, die Wünsche der Aerzte in dem 
Vorentwurf ignoriert. Diese beziehen sich insbesondere darauf, 
daß der Gesetzgeber in der einen oder anderen Richtung 
Stellung zu der Frage nimmt, wann der Arzt ausnahmsweise 
zur Preisgabe eines ihtti kraft seines Berufes anvertrauten Privat¬ 
gehe iihnissfes befugt ist. Statt dessen „vertraut“ der Entwurf 
auf die Praxis (der Rechtsprechu.ng und die Auslegung des Wortes 
„unbefugt“. Bei dieser Lage der Dinge beschäftigt sich der 
Aufsatz Lieskes mit der Frage der ärztlichen Schweige¬ 
pflicht überhaupt und tut dies mit einer solchen Fülle klarer 
und überzeugend wirkender juristischer Betrachtungen, daß wir 
nur wünschen können, sie fänden im Reichstage Ausdruck und 
Anerkennung. Leider sind wir numerisch dort nur schwach ver¬ 
treten. Dr. P e 11 z e r , Steglitz. 

Generalarzt a. D. Dr. Schill. Dresden, macht in kurzer 
Mitteilung auf die diuretisch > und gleichzeitig verstopfende 
Wirkung der Birnen aufmerksam, die er durch die wasseraus¬ 
scheidende Wirkung erklärt. Die erste Beobachtung machte 
Sch. im Feldzuge 1870/71. Die verstopfende Wirkung cler 
Birne (der gekochten übrigens weniger als der frischen und 
getrockneten. Ref.) ist bekannt, die diuretische Wirkung selten 
beachtet. (Deutsche med. Wochenschr., 1909, Nr. 47.) 

H a u f f e , Ebenhausen. 


Mitteilungen über Arzneimittel, 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Ueber Jodomenin bei Arteriosklerose. Von Dr. Gum- 
p e r t, Berlin. Therapie der Gegenwart, Februar 1910. 

2. Ueber die Anwendung des AIsols bei Haut- und Ge¬ 
schlechtsleiden. Von Dr. M. L r> w i 11 , Berlin. Ibidem. 

3. Veronalnatrium bei Seekrankheit. Von Dr. G aller, 
Schiffsarzt der H. A. P. A. G. Ibidem. 

1. • Jod omenin ist eine Verbindung von Jodwismut und 
Eiweiß, welche durch verdünnte Säuren und saure Agentien nicht 
angegriffen, von alkalischen Flüssigkeiten in Jodalkali und Wis¬ 
muteiweiß zerlegt wird. Daher wird Jodomenin auch nicht 
vom Magensaft angegriffen; es belästigt also den Magen in 
keiner Weise, sondern wird erst im Darm gespalten. Das sich 
bildende Wismuteiweiß belästigt den Darm in keiner Weise. 
Das Präparat besitzt angenehmen Geschmack. Gumpert hat 
35 Fälle von Arteriosklerose, und zwar jeden länger als zwei 
Monate mit Jodomenin behandelt und- beobachtet, daß in allen 
Fällen Dosen von 3—0 Tabletten täglich dauernd gut vertragen 
wurden. Bei einer älteren Frau, die bereits früher Magen¬ 
störungen gehabt hatte, stellte sich nach vierwöchentlichem Ge¬ 
brauch von Jodomenin ein Jodschnupfen ein, der nach Aus¬ 
setzen des Präparates verschwand. Vierzehn Tage später wurden 
Mengen von 2 mal täglich 1 Tablette. gut vertragen. Ein Ar¬ 
beiter vertrug sogar 12 Tabletten täglich ohne die geringsten 
Störungen. Die arteriosklerotischen Erscheinungen wurden fast 
ohne Ausnahme wesentlich gebessert. Notwendig ist eine 
monatelange Darreichung des Mittels (wie auch des Jods), mit 
Pausen von 8—14 Tagen in jedem Monat. 

2. Lewitt weist auf die Vielseitigkeit des Athen- 
s! t a e d t scheu AIsols in der dermatologischen Praxis hin. 
Das Präparat ist eine Verbindung voll essigsaurer und wein¬ 
saurer Tonerde, also ein Doppelsalz, das als ungiftiges Anti¬ 
septikum von Wichtigkeit ist. Am besten wird es als Alsol-, 
c reine gebraucht, welche Va proz. Alsol in wässeriger Lösung 
enthält, und zwar in feinster Emulsion. Die Creme ist eine 
kühlende, milde, absolut ungiftige Wundsalbe, die nicht ranzig 
wird und auch bei längerer Aufbewahrung ihre Wirkung nicht 
verliert. Sie ist leicht von der Haut zu entfernen und fleckt 
nicht. Wegen der kühlenden Wirkung verwende man sie als 
Mittel bei Juckreiz (bei Intertrigo, nässender Dermatitis, akuten 
Ekzemen). Bei 'Akne vulgaris war die Wirkung günstig. Bei 
Personell, die Salben und Pasten nicht vertragen, verwende man 
Als o lpuder, der in Blechdosen mit Streudeckeln in den 
Handel kommt. Bei Hyperhidrosis der Hände und Füße 
Waschungen mit Liquor Alsoli und zwischen die Zehen Watte- 


bäuschchen mit Alsolcreme. Sehr gut soll Alsolpuder bei Fu߬ 
schweiß sein. Bei Impetigo contagiosa steht Alsolcreme den 
Präzipitatsalben nicht nach. Bei .Verbrennungen leichteren 
Grades wirkte Alsolcreme angenehm kühlend und schmerz¬ 
lindernd. Verf. hobt besonders die schnell erfolgende Heilung 
hervor. Alsol eignet sich sehr zu Scheidenspülungen, da es 
die Schleimhaut nicht reizt, nicht fleckt, nicht riecht und die 
Gunnnischläuche nicht angreift. Es wurde bei akuter Gonorrhoe 
zu Spülungen’ein Eßlöffel des 50 proz. Liquor Alsoli auf 1 Liter 
lauwarmen Wassers angewandt. Dann wurden Tampons ein¬ 
gelegt. die in 1 proz. Lösung getränkt waren. Statt derselben 
wandte Verf. später die von der Firma A t hegst a. e d t & 
Bedeker h'rgestellten Alsol-Vaginal-Kapseln mit gutem Er¬ 
folge an. Bei (‘infachem Fluor albus bewährten sich *4 proz. 
A Isolspiil ungon. Das von dem gonorrhoischen Ausfluß hor- 
vorgeruieuc Ekzem der Vulva, wurde mit Alsolcreme behandelt. 

3. Da bei Seekranken sehr oft das erst kurz zuvor Ge¬ 
nossene wieder erbrochen wird, so empfiehlt es sich, statt 
des neuerdings g *gen Seekrankheit empfohlenen, aber schwerlös-. 
1 ichen Veronals das. leicht lösliche Veronalnatrium zu ver¬ 
wenden. Denn dieses löst sich in ganz wenig Flüssigkeit, 
und reichliche Flüssigkeitszufuhr ist bei Seekrankheit bekannt¬ 
lich vom l'ebcl. G aller gab bei seinen Schiffsreisen bei 
schwerem Wetter innerhalb 24 Stunden 2 mal 0,5 g in möglichst 
wenig Wasser. Gelang *s dem Patienten, wenigstens 10 Minuten 
das Präparat bei sich zu behalten, und dies war mit wenigen 
Ausnahmen der Fall, so hatte er 10 bis 12 Stunden Ruhe. In 
leichteren Fällen genügt eine einmalige Anwendung, am besten 
abends vor dem Zubet t ‘gehen. Die Tabletten sind besonders 
praktisch für den Schiffsgebrauch. G aller hält das Veronal¬ 
natrium für ein relativ gutes Mittel gegen Seekrankheit. 


Technische Neuerscheinungen. 

Automatisch wirkende Apparate zur 
permanenten Extension der Ober- und Unter- 
sclieukelfrakturen. 

Von Dr. H. Zuppinger, Dozent in Zürich. 

I)ip Behandlung dev Ober- und Unterscheukelbriiclie 
durch permanente Extension ist bisher mit einem Uebel- 
starnl behaftet gewesen. Um eine genügende Wirkung 
zu erzielen, war eine große Kraft, d. h. ein großes Ge¬ 
wicht nötig. Bai'denheuer geht Dis auf HO kg, und 
seihst so sind Verkürzungen nicht ganz zu vermeiden. Diese 
grüßen Gewichte aber sind es, die bei der Befestigung am 
Bein immer Schwierigkeiten bereiten. Sie ziehen oft den 
Verband in kurzer Zeit herunter, sie bringen die Gefahr 
der Zirkulationsstörung und des Dekubitus. 

Aus welchem Grund aber verwendet man diese großen 
Gewichte, oder was wird aus der verwendeten großen 
Kraft ’■ Je nach der Anordnung wird Vs bis V» der Kraft 
verwendet zur Ueberwindung der Reibung zwischen Glied 
und Unterlage; ein Teil wird oft verwendet zur Hebung, 
zur Aufwärtsbewegung des Gliedes. Der Rest der Kraft 
spannt die Weichteilc um die Fraktur so weit, bis die 
Spannung der Kraft das Gleichgewicht hält. .Je nachdem 
nun die Spannung der Weichteile schon vor der Extension 
gering oder groß war, tritt dieses Gleichgewicht unter 
einer starken 1 oder kleinen Verlängerung der Weichteile 
ein, und es wird dabei die Verkürzung, die durch die Frak- 
tnr gesetzt ist, ausgeglichen oder nicht. I nd es kann nicht 
genug hervorgehoben werden, daß die ganz besondern 
FlastizitätsVerhältnisse der Muskulatur eine Steigerung 
der Spannung über einen gewissen Grad nicht nur nutzlos, 
sondern auch gefährlich macht. Das ist bisher viel zu 
wenig beachtet worden. 

Fs soll demnach die permanente (aber auch die kurze) 
Fxtension bei möglichst erschlafften Weichteilen ausge¬ 
führt werden; unter Weichteilen sind hauptsächlich die 
.Muskeln zu verstehen. 



168 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 10 


B»i gestrecktem Knie ist die Wadenmuskulatur ge¬ 
spannt "und ebenso Biceps nnd Semimenbranosus. Die 
Spannung dieser Muskeln macht eine sehr große Kraft 
nötig zur Ausgleichung der Verkürzung. Wird dabei 
etwa noch das Hüftgelenk flektiert, so steigert sich nicht 
selten die Verkürzung; bei Rechtwinkelstellung des Fußes 
entsteht sogar bei Extension nicht ganz selten Rckur- 
vation oder stärkere Verkürzung. 



Wird aber das Knie gebeugt, so spannen sich die ge¬ 
nannten Muskeln ab, es darf das Hüftgelenk sogar stark 
flektiert werden, Rechtwinkelstellung im Fußgelenk 
spannt allerdings den Soleus in schädlicher Weise. 

Bei gebeugtem Knie wird nun die Kraft, die zur Auf¬ 
hebung der Verkürzung nötig und zuverlässig ist, recht 
klein: sie beträgt bei der Obersehenkelfraktur eines kräf¬ 
tigen Mannes höchstens 5 kg, bei der Untersehenkelfrak¬ 
tur höchstens 3 kg. Größere Gewichte machen Distrak¬ 
tion. 

Die Apparate nach Z u p p i n g e r üben nun die per¬ 
manente Extension bei gebeugtem Knie aus und zwar 
durch das Gewicht des gebrochenen Gliedes. Es muß also 
dieses Glied durch die extendierende Kraft nicht aufwärts 
bewegt werden. Die Reibung ist bei diesen Apparaten 
fast gänzlich eliminiert. Statt der 10 -30 kg des bis¬ 
herigen Verfahrens ziehen an der Angriffsstelle nun höch¬ 
stens noch 5 kg. Damit wird die Befestigung sehr viel 
leichter ausführbar, und Zirkulationsstörungen und der¬ 
gleichen leicht zu vermeiden. Daß auch dem Patienten 
das mäßig gebeugte Knie und der viel geringere Zug eine 
große Erleichterung sind, kommt ebenfalls einigermaßen 
in Betracht. Die Hauptsache aber ist die sichere Korrek¬ 
tur der Verkürzung bei Ober- und Unterschenkelfrak- 
turen, wenn die Apparate rechtzeitig und richtig zur An¬ 
wendung gebracht werden. 

Die Zugwirkung kommt folgendermaßen zustande. 
Der Apparat für die Oberschenkelfrakturen besteht außer 
dem Gründbrett und der zwangsläufigen Führung aus 
einer Auflage für das ganze Bein samt Fußbrett. Der¬ 
jenige Teil der Auflage, der den Oberschenkel trägt, die 
Blechrinne, wird kurz, wenn das Fußende gehoben wird; 
er wird länger, wenn das Fußende niedersinkt. Wird also 
bei erhobenem Fußende das Bein auf die Auflage gelegt 
und der Fuß am Fußbrett befestigt, so drückt das Gewicht 
des Beines die Auflage abwärts. Die Abwärtsbewegung 
kann sich aber nicht vollziehen, ohne daß das Knie sich 
vom Becken entfernt. Dieses Abwärtssinken des Beines 
mit der gleichzeitigen Verlängerung des Oberschenkels 
findet ihr Ende, wenn die Spannung der Oberschenkel- 
nmskulätur der extendierenden Kraft, also dem Gewichte 
des Beines, das Gleichgewicht hält. Durch Versetzen der 
Spreize zwischen den emporragenden Schrauben des 
Grundbrettes gegen das distale Ende hin wird die exten¬ 


dierende Kraft vermindert, vergrößert hingegen durch 
Versetzen der Spreize proximalwärts. 

Bei dem Apparat für Unterschenkelfrakturen ist die 
Auflage für den Oberschenkel mit dem Grundbrett fest 
verbunden und dient der Kontraextension. Die Unter¬ 
schenkelschiene ist in der Art beweglich, daß bei Er¬ 
hebung des Fußendes dieses sich zugleich dem Knie nähert, 
beim Niedersinken sich vom Knie entfernen muß. Der 
aufgelegte Unterschenkel, dessen Fuß am Fußbrett be¬ 
festigt ist, drückt die Schiene nieder und bewirkt so einen 
Längszug. Die Stärke des Zuges wird reguliert durch die 
Stellung der Spreize. 

Daraus ergibt sich die Anwendung der Apparate. Die 
Auflagen werden mit Binden und Watte in ihrer ganzen 
Länge gepolstert, ebenso das Fußbrett. Die Lücke in der 
Gegend der Kniekehle wird ebenfalls mit weichem Mate¬ 
rial verschlossen. Dann wird der Unterschenkel mit dem 
Verband versehen, der die Befestigung mit dem Fußbrett 
vermitteln soll. Dieser Verband kann aus schräg ver¬ 
laufenden Heftpflasterstreifen bestehen, wie ich ihn früher 
angegeben habe, und der sich während 25 Jahren vorzüg¬ 
lich bewährt hat. Bei den Oberschenkelfrakturen reicht 
der Verband bis gegen das Knie hin, bei den Unter¬ 
schenkelfrakturen darf er die Frakturstelle nach oben 
etwas überschreiten. Bei den Malleolen werden am Ver¬ 
band zwei feste Schnüre angebracht. Es wird nun das ge¬ 
brochene Bein durch Flexion im Hüftgelenk und mit 
mäßiger Biegung im Kniegelenk emporgehoben, der ge¬ 
polsterte Apparat untergeschoben, das Fußbrett gelockert, 
die Schiene am Fußende gehoben und eingeschoben. Tn 
dieser Stellung wird sie gehalten, bis das Bein darauf ab¬ 
gelegt, das Fußbrett an die Sohle herangeschoben und fest¬ 
geklemmt ist. Endlich werden noch die Schnüre um das 
Fußbrett herumgenommen und zusammengeknüpft. Wird 
nun die Schiene losgelassen, so sinkt sie etwas nieder, die 
Schnüre spannen sich und der Zug setzt ein. 

Die Verkürzung gleicht sich nun in einigen Stunden 
aus, und von da an soll der Zug niemals gesteigert werden, 
wenn nicht die Heilung so lange dauern soll, wie beim 
bisherigen mehrfachen Gipsverband.' Im übrigen ist täg¬ 
lich nachzusehen, ob die Schiene nicht an der Grenze ihrer 
Beweglichkeit angelangt sei. In diesem Falle, der anfangs 
der Behandlung oft einmal vorkommt, ist die Schraube des 
Fußbrettes zu lösen, das Fußbrett samt Fuß kräftig anzu¬ 
ziehen, während eine andere Person die Schiene etwas er¬ 
hebt und einschiebt, und endlich das Fußbrett wieder 
festklemmt. 



Bei normalem Verlauf bleiben subkutane Unter¬ 
schenkelfrakturen 21- 25 Tage, subkutane Oberschenkel¬ 
frakturen 26—30 Tage in dieser Extension. Darauf kurzer 
Schienenverband, der Bewegung in den benachbarten Ge 
lenken etwas gestattet, daneben sanfte Massage. Schräg¬ 
frakturen und solche mit seitlicher Dislokation würden 
7- 10 Wochen nicht belastet, Querfrakturen am Unter¬ 
schenkel bereits in der sechsten Woche, des Oberschenkels 
in der achten. 

Die Apparate, sind patentiert und zu beziehen bei 
F. Hausmann & Co., St. Gallen (Schweiz), 

Rosen. 


C. 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


159 


Bücherbesprechungen. 

Jahreskurse für ärztliche Fortbildung. In 12 Monatsheften. 
•J. F. L e h m a n n s Verlag, München. 

Nach eingehender Begründung der Bejahung der Frage: 
Braucht der heutige Arzt eine andauernde, wissenschaftliche und 
praktische Fortbildung auf dem Gebiete der Medizin?, heben die 
Herausgeber obiger Schrift hervor, daß es ganz unerläßlich 
ist, einen geeigneten literarischen Ersatz für die persönlichen 
Kurse (wie sie in Großstädten sowie auf Universitäten gehalten 
werden) zu schaffen, wenn anders die große Masse der Aerzte 
vom Segen der Fortbildungsbestrebungen nicht ausgeschlossen 
bleiben soll. Zentralblätter und Jahrbücher sind für den 
Praktiker von geringem Werte. —r. 

Die Heilanstalt. Fachblatt für Bau, wirtschaftlichen und 
sanitären Betrieb von Heilanstalten. Leipzig, Verlag der Heil¬ 
anstalt, 1910. 

Das Blatt hat den Umkreis seiner Erörterungen erweitert 
und vertieft, um mehr noch wie bisher dem gesteckten Ziele 
nahe zu kommen, den Heilanstalten des deutschen Sprachgebietes! 
iu allen Fragen, die den Bau, die Einrichtung, den wirtschaft¬ 
lichen und sanitären Betrieb die Verwaltung usw. betreffen, ein 
treuer Berater zu sein. Die Schrift hat außer einer Anzahl neuer 
sachverständiger Mitarbeiter einen aus hervorragenden Fach¬ 
leuten bestehenden Beirat gewonnen, der ihr mit Rat und Tat 
zur Seite stehen und unter dessen spezieller Aufsicht das Blatti 
künftig erscheinen wird. —r. 

Riedels Berichte, Riedels Mentor 1910. 

Aus der 54. Auflage dieses in weitesten Fachkreisen be¬ 
kannten und beliebten Werkes ist zunächst eine Stelle aus dem 
Vorworte bemerkenswert, welche sich gegen das Arzneimittel- 
fabrikautentum auf unwissenschaftlicher Basis wendet. Im 
wissenschaftlichen Teile interessieren neben einer Arbeit über 
Verbindungen des Hexamethylentetramins mit Suceinimidsilber 
und Berichten über die neueren Erfahrungen mit dem Riedel - 
sehen Permutit-Wasserreinigungsverfahren besonders die anä¬ 


mischen Mitteilungen Über die Prüfung vieler Arzneimittel, 
zum größten Teil solcher, welche weder in die Pharmakopoe 
noch in das Ergänzungsbuch zur Pharmakopoe (herausgegeben 
vom Deutschen Apothekervereine) Aufnahme gefunden haben. 
Auch bei diesen Gelegenheit geht die Firma J. D. Riedei 
A.-G. durchaus konform mit den neueren, auf die Identität 
und Reinheit der Arzneistoffe gerichteten Bestrebungen. 

Der die im letzten Jahre eingeführten bezw. bekannt ge¬ 
wordenen Präparate behandelnde Teil zeigt wieder eine über¬ 
raschende Fülle von Einzelpräparaten, deren Zusammenstellung 
eine fleißig:* Arbeit, darstellt. — r. 

La Province dentaire. Verlag Lyon, 3 rue siella. 

Unter oigebm Titel erscheint eine Zeitschrift für alle Fragen 
hygienischer Art. welche die Zahnheilkunde betreffen, unter 
Mitwirkung hervorragender Gelehrter Frankreichs. Die erste 
vorliegende Nummer enthält u. a. interessante Arbeiten über 
gingivale Autoinokulationen, über Vaccine etc. ' 

Le Traducteur — The Translator — II Traduttore — drei 

Halbmonatsschriften zum Studium der französischen, englischen, 
italienischen und deutschen Sprache. 

Diese Lehrschriften, welche soeben einen neuen Jahrgang 
beginnen, machen sich zur Aufgabe, das Studium der fremden 
Sprachen, wenn Vorkenntnisse schon vorhanden sind, auf inter¬ 
essante und unterhaltende Weise weiterzuführen. Die dem Ur¬ 
text nebenan gestellte genaue -Uebersetzung führt dem Leser in 
beiden Sprachen den richtig gewählten Ausdruck vor, wodurch 
der Wortschatz vermehrt und die Genauigkeit in der Wieder¬ 
gabe des Sinnes erlernt werden kann. Jede Nummer enthält 
neben einer durchlaufenden größeren Erzählung mannigfaltigen 
Lese- und Lehrstoff. .Gespräche, kaufmännische Briefe, l.'eber- 
setzuugsaufgaben, sowie eine besondere Rubrik für Brief-, Post¬ 
karten- und Zeitungs-Austausch. Wer sich mit Sprachstudium 
befaßt, dem seien diese überall gut eingeführten und bekannten 
Zeitschriften aufs Wärmste empfohlen. 

Probenummern für Französisch, Englisch oder Italienisch 
kostenlos durch den Verlag des Traductcur in La Chaux-de- 
Fonds ( Schweiz). 



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Nach den ärztlichen Urteilen (siehe Literatur) sind die Jod-Eigone als jodhaltige 
Eiweisskörper empfehlenswerte Ersatzmittel des Jodoform und der Jodalkalien. 

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9 ,0 ö f Otitis u. s. w. 

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2. Jod*Eigon-Natrium ca. 15°/ 0 gebundenes Jod ( durum, Gummata, luetischen 

3. Pepto-Jod-Eigon ca. 15% gebundenes Jod f Plaques, Laryngitis, Arterio 

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160 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 10 


Allgemeines. 

Das preußische Oberverwaltungsgericht hat das Verbot der 
Polizei in Preußen, wonach die von der Naturheilkiinstlerin 
Minna Kube gehaltenen Vorträge mit Lichtbildern (wie ,,Liebe 
und Ehe“, „Wie die Frau den Mann fesseln kann“) verboten 
sind, anerkannt. Es wurde festgestellt, daß diese Vorträge 
geeignet waren, das Scham- und Sittlichkeitsgefühl bei Frauen 
und Mädchen zu verletzen. 

Der „Verein chemische Reichsanstalt“ hat in seiner letzten 
Mitgliederversammlung beschlossen,, für den Bau der chemi¬ 
schen Reichsanstalt in Berlin einen Zuschuß von 900 000 M. 
zu bewilligen. Es soll für diese Summe ein Teil des Baues, 
wie auch der inneren Einrichtung bestritten werden. Doch es 
knüpft der Verein die Bedingung an diese Bewilligung, daß vom 
Staate das Grundstück, vom Kultusministerium ein Ordinariat 
für den Präsidenten der Anstalt genehmigt werden. 

Die Provinz Westpreußen erhält an Stelle des eingehenden 
Laboratoriums in Marienwerder ein neues staatliches bakterio¬ 
logisches Institut in Danzig. 

Die amtliche deutsche Arzneitaxe für 1910 ist erschienen. 
Sie berücksichtigt die Einstandspreise der Arzneimittel durch 
entsprechende Erniedrigung oder Erhöhung der Preise, wie 
usuell. Sie berechtigt die Erhebung der Nachtruhe-Schutz¬ 
gebühr von 0,50 M. von 9 Uhr abends bis 7 Uhr morgens; 
während bisher ja diese Zeit von 10 Uhr abends bis 6 Uhr früh 
galt. Abgelehnt dagegen ist die Forderung, die Dispensations- 
gebühr für Anfertigung von ärztlichen Verordnungen von 15 auf 
20 Pfennig zu erhöhen. 

Ein neues Journal ist von den missionsärztlichen Vereinen 
Deutschlands gegründet worden, die ,,Aerztliche Mission“, 
redigiert von Dr. Feldmann. Alle diese Vereine hatten sich 
bekanntlich kürzlich zu einem Verbände zusammengeschlossen. 


Tuberkulose - Wohlfahrtsfest. Das Damen - Komitee des 
Tuberkulose - ,V e r e i n s in S c h ö n e b e r g wi rd in den 
Sälen der Gesellschaft der Freunde in der Potsdamer Straße 
ein Fest veranstalten, dessen Erträgnisse der Schöneberger 
Fürsorgestelle für T u b e r k u 1 o s e zufallen werden. 
Ueber Zeit und Art der Veranstaltung wird der Verein noch 
Näheres mitteilen. 

Die Freie Hochschule Berlin gibt das Programm für düs 
Winter-Quartal Januar—März 1910 heraus. Die Zahl der 
Dozenten beträgt etwa 60, von denen über 40 Vorlesungen a.n- 
gekündigt haben. Die Vorlesungen kann jedermann besuchen. 
Die IJörgebühren betragen für den Zyklus 4 M., für den 
Doppelzyklus 8 M. Für Vorträge mit Lichtbildern erhöht sieh 
das Honorar um 1 M. Mitglieder des Zentral-Vereins für Freie 
Hochschulen, deren Jahresbeitrag durch Selbsteinschätzung be¬ 
stimmt wird, aber mindestens 2 M. beträgt, genießen eine Er¬ 
mäßigung von 25°,o. General-Sekretär Herr Adolf Deutsch, 
Berlin O. 27, Blankenfelderstr. 4. 

In das Präsidium des Deutschen Zentral-Komitees zur Be¬ 
kämpfung der Tuberkulose wurden gewählt die Herren Bankier 
Robert v. Mendelssohn, Berlin, als Schatzmeister an 
Stelle des verstorbenen Ernst v. M e n d e 1 s s o h u , und Dr. 
v. B ö 11 i n g c r . Elberfeld. 

In Paris soll ein Laboratorium für Forschungen über Radio¬ 
aktivität eingerichtet werden. Das Institut Pasteur hat 
400 000 Fr. bewilligt zum Bau des Institutes. —r. 


1 nachProfessorDr.BlaschkosVorechfc 

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gerichtet Prospekte stehen kostenlos 
zur Verfügung. 


Verantwortlich: Für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35. Fiir ,.Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski, Berlin-Uixdorf. 
Verlag: Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9. — Druck von Carl Marschner, Buchdruckerei, Berlin SW. 68. 




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Redaktion : Verlag und Expedition 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

_ Telephrn: Amt VI, 17271. Telephon: Ami VI. 3020. 

IV. Jahrgang. Berlin, 13. März 1910. Nr. 11. 

Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M.. für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den Verlag 
sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements prelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Qiiartalschluss abbestellt sind. Inserate werden für die 4gespaltene 
Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren .Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck Ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt. 


ürigi nalicn: 

Scherk, Bad Homburg v. d. TI.: Die pathologische JTerinent- 

wirkung hoi Diabetes.101 

Wern. H. Becker, Weilmünster: Zur Frage der Anstalts- 
bediirftigkeit Geisteskranker.163 

Kongrcßberichte: 

Max Hirsch, Bad Kudowa: Der XXXI. Balneologenkongreß 
(Schluß).104 

Referate: 

W. Knick: Leber Kuhns perorale Intubation. Auto-Sammel¬ 
referat .108 

Mohr, Bielefeld: Chirurgie. 170 

Lothar Frankenstein, Berlin: Geburtshilfe und Gynäkologie 171 | 


Geißler, Neu-Ruppin: Pathologische Anatomie.171 

II. E. Schmidt, Berlin: Radiologie.172 

Hager, Magdeburg: Italienische Literatur.172 

v. Rutkowski, Berlin,’und Kurt Lipschitz. Berlin: Varia 173 
Mitteilungen über Arzneimittel: 

W. Krüger, Magdeburg: Referate.173 

Technische Neuerscheinungen: 

Ein neues aseptisches Licht- und Warmluftbad.173 

lHicherbesprechungen: 

R. Wittmann: Der Sanitätsdienst im Zukunftskriege (Bef.: 

Geißler, Neu-Ruppin) .. 175 

Allgemeines.170 


ORIGINALIEN. 

I)ic pathologische Ferment Wirkung bei Diabetes. 

Von San.-Bat Dr. Seherk. Bail Homburg v. d. H. 

Bei den verschiedenen Arbeiten, welche in den letzten 
Jahren iyßer die - gestörte -FermentWirkung geliefert, sind, 
müssen zwei Punkte besonders hervorgehoben werden, wenn 
man diesen ätiologischen Paktor bei der Pathogenese der 
Zuckerkrankheil unbestritten anerkennen will. In ersler 
Linie ist zu beachten, daß es sich bei der Einwirkung des 
hydrolytischen Pankreasfermentes auf die Spaltung des 
Amyluni um einen Prozeß handelt, welcher sich im In¬ 
te s l i n a 11 r a k t u s abwickelt. Infolgedessen wird das in 
seiner Molekülekonfiguration modifizierte K. H. in den Blut¬ 
strom aufgenommen. Während Lepine annahm, daß ein 
vom Pankreas geliefertes glykolytisches Ferment 
direkt in den Blutstrpm übertrete und unter normalen Ver¬ 
hältnissen dort seine zuckerzerstörende W irkung ausübe, 
dieses Ferment dagegen bei Pankreasleiden minderwertig 
ausfalle 'und die Dextrosurie bewirkt, können wir heut¬ 
zutage von der Aufnahme eines glykoiy tischen Blutfermentes 
absehen. Die Hylpothese ist nicht stichhaltig, daß die 
K. H. im zirkulierenden Blutstrom durch Einwirkung eines 
spezifischen Fermentes der Verbrennung unterliegen, die¬ 
selben werden ebenso wie die Eiweißkörper und die.Fette 
der Intraorganoxydation unterliegen und eisen¬ 
haltigen Erythrozyten dienen als Vermittler, indem sie den 
erforderlichen Sauerstoff zu den. verschiedenen Geweb- 
slellen als Transporteure befördern. 

Daß der Nachweis eines diastatischen oder eines glyko- 
lyüschen Fermentes im Blütslrome mit den größten 
Schwierigkeiten verbunden ist, kann nicht bestritten, werden, 
denn der zirkulierende Blutstrom wird bekanntlich bei dem 
kleinsten Eingriff, wie derselbe bei Experimenten nicht 
zu vermeiden ist, in seinem chemischen Verhalten verändert. 

In verschiedenen Abhandlungen über die fermentativen 
Prozesse habe ich stets hervorgehoben, daß es sich bei 
einer vollkommenen Fermentwirkung um /.wei Phasen 
handelt, nämlich um die Umformung der Moleküleanordnung 
und um den Verbrennungsvorgang. 

Beide Faktoren können gehemmt sein, es kann aber 
auch die Oxydation minderwertig ausfallon;, wenn bei Sauer¬ 
stoffmangel der hydrolytische Prozeß normal verläuft. 


Im letzteren Falle haben wir mit den nichtdiabelischen 
Dexirosurien zu rechnen, wie dieselben erst kürzlich von 
Blumenthal 1 ) zusammengestellt sind. 

Wiewohl einzelne Autoren eine fakultative lieber- 
produktion von Glykosen immer noch neben der mangel¬ 
haften Oxydation als begleitendes ätiologisches Moment bei 
der Entwicklung des Diabetes auf. .die Wagschale legen, 
genügen nach den Fortschritten, welche das Studium der 
Fermentwirkung in den letzten’Jahren zu verzeichnen hat, 
meiner Ansicht nach, die gestörte Hydrolyse und die fehler¬ 
hafte Dexlroseoxydation, um alle verschiedenen Ursachen 
einer Diabeteserkrankung mit allen bekannten Symptomen 
richtig zu deuten. 

Es steht heutzutage fest, daß die Bexlroseausscheidiuig 
ein charakteristisches Symptom der Zuckerkrankheit ist, 
da nicht nur Rohzucker und Maltose, sondern auch die 
Amylazeen sowie Glykogen schließlich Dextrose liefern, so 
sind die spezifischen Fermente zu berücksichtigen, welche 
bei den Zuckerkranken ihre Aufgabe nicht in vollem Maße 
erfüllen. Daß eine Lävulosürie, eine Laktosurie oder Penlos- 
urie mit einer Diabeteserkrankung nicht in Zusammenhang 
zu bringen ist, sondern zu den Glykosurien zu rechnen ist, 
geht aus den neuen Forschungen deutlich hervor. 

Von großer Bedeutung sind die Forschungsresullate, 
welche über das Wesen der alimentären Glykosurie nu- 
gestellt sind. Es wird immer nur die Zuckerart ausge¬ 
schieden, welche in Ueberfluß dem Organismus zugeführl 
wird. 

Wie aus den Untersuchungen von Gin s B er g, Bo r g - 
null ler, Eichhorst und Schönborn hervorgeht, ist 
bei der alimentären Glykosurie Zu beachten, ob der Zucker, 
welcher massenhaft dem Körper einverleibt wird, die Leber 
passiert, also in den Blutstrom übergeführt wird und nicht, 
linier Ausschluß der Leber als nicht invertierter Zucker in 
Chylus und Lymphe übergetreten isl und dann direkt im 
Harn erscheint. * L 

Die Bildung von Leberklykogen aus K. II. isl demnach 
bei alimentären Glykosurien herabgesetzt. 

Die Lymphgefäße des Darmes sind an der Hesorpliun 
der Feite und der Eiweißkörper beteiligt, erst wenn der 

i) p r of. Dr. Ferdinand Blumen thal: lieber niclit- 
iliabetische Glykosurien. Verlag: Carl Marli old, Hallo a. S. 
1909. ..| ÜB 


iT f 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 


UNIVERSIT 


:higan 


















162 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 11 


in der Nahrung enthaltene Zucker stark vermehrt wird, gehl 
ein Teil desselben in den Chylus über. 

Unter normalen Verhältnissen nehmen die Lymphgefäße 
an der Resorption der in der Nahrung enthaltenen Kohle¬ 
hydrate wenig Anteil. Der Zucker geht direkt in den Blut¬ 
strom über, die Blutgefäße liegen unmittelbar unter dem 
Epithel, so daß der Zucker infolge seiner großen Diffu- 
sibililäl nach H e i d e n h a i ns 2 ) Annahme niemals die mehr 
zentralgelegenen Lymphgefäße der Darmzellen erreicht. 

Daß die differenten Resorptionsverhältnisse der ver¬ 
schiedenen Zuckerarten im Intestinaltraktus mit den fermen¬ 
tativen Prozessen in Verbindung stehen, wird neuerdings 
durch die Untersuchungen von Röhmann und Nagano 
bestätigt. Die Resorptionsgeschwindigkeit ist am größten 
beim Rohrzucker, kleiner bei der Maltose und am kleinsten 
von den Nichtleitern beim Milchzucker. Letzterer passiert 
unverändert die Darmwand, Während die ersten der Spaltung 
ausgesetzt, sind. 

Auch die Monosaccharide haben verschiedene Re¬ 
sorptionsgeschwindigkeit; nach der d-tlalaktose folgen die 
d-Glukose und d-Fruktose, am langsamsten verläßt die 

d-Mannose den Darm 3 . 

Es ist einleuchtend, von welcher Bedeutung diese Ver¬ 
hältnisse zur Deutung der alimentärenGlykosurien im Gegen¬ 
satz zur diabetischen Dextrosurie sind. 

Nicht nur die Unterschiede der ResorptionsverhälLnisse 
der verschiedenen Zuckerarten sind in Betracht zu ziehen, 
sondern die Funktion der betreffenden Fermente, denen 
die Kohlehydrate bestimmte Angriffspunkte darbieten, ist 
zu berücksichtigen. Es handelt sich hierbei nicht nur um die 
zuckerspallenden Enzyme des Intestinaltraktus, sondern die 
Aufgabe der Leberzellenfermente ist ebenfalls auf die W-ag- 
schale zu legen. Nicht nur die Glykogenbildung, sondern 
auch die Umbildung des Glykogen in Giykose ist zu be¬ 
achten, also Fermente, welche teilweise durch Wasser 1 
aduition, teilweise anhydrierend einwirken. 

Da unter normalen Verhältnissen des Glykogendepot 
in der Leber und die Glykogenlager in den Muskeln aus¬ 
reichen, um das Verbrennungsmaterial, welches die ver¬ 
schiedenen Zellen zur Bestreitung ihres Chemismus, an 
Dextrosi verbrauchen, vollkommen gedeckt wird, so liegt 
auf der Hand, tlaß bei einem gestörten fermentativen Vor¬ 
gang, d. h. wenn eine Dextrose aus dem Glykogen ge¬ 
liefert wird, welche ihrer Molekülekonfiguration nach nicht 
zum Zellenhaushall verwertet werden kann, die Leber arm 
an Glykogen wird. Es wird eine gewaltige Nachfrage sein 
nach gutem Brennmaterial, die pathologisch konfigurierte 
Dextrose ist nicht zu gebrauchen. 

Damit fälll auch der letzte Einwand, welcher von 
anderer Beile gegen die Verbrennungstheorie gemacht wird, 
in sich zusammen. Erst nachdem die Glykogenlager ohne 
Erfolg ausgebrauchl, nicht ausgenutzt sind, wird das K. II - 
molekülc der Eiweißsubstanzen in Angriff genommen, ein 
Prozeß, welcher für eine ausgesprochene Defizitwirtschaft 
bei Diabeteserkrankung spricht. 

Fassen wir schließlich alle Faktoren, welche hei der 
Entwicklung des Diabetes durch eine gestörte Fermenlwir- 
kung gedeutet werden können, zusammen, so liefert uns das 
Verhalten des respiratorischen Quotienten, wie v. N norden 
in seinem bekannten Werke „Die Zuckerkrankheit und ihre 
Behandlung“ hervorgehoben hat, einen wertvollen Beweis 
für die Richtigkeit dieser Theorie. 

Da durch Genuß von Traubenzucker hei Diabetikern 
der herabgedrückte respiratorische Quotient im Gegensatz 
zum Gesunden nicht vergrößert wird, so lassen sich diese 
Tatsachen kaum anders deuten, als daß die Zellen des 
diabetischen Organismus die Zersetzung des Traubenzuckers 
ableh neu. 

3 ) Halliburton: Lehrbuch der ehern. Pathologie und 
Physiologie, S. 353. 

:l 1 Dr. R. Hoher: Die physikalische Chemie in der Physio¬ 
logie der Resorption, der Lymphbildung und der Sekretion. 
Physik. Chemie und Medizin, Bd. I, S. 327. 


Diese Ablehnung der Zellen ist auf die herabgesetzte 
Verbrennungsfähigkeit der Diabetikerdextrose zurück¬ 
zuführen, welche die Folge ihrer modifizierten Moleküle¬ 
konfiguration ist, die durch mangelhafte Spaltung der hydro¬ 
lytischen Enzyme bewerkstelligt wurde. 

Um einen vulgären Vergleich heranzuziehen, so ist all¬ 
bekannt, daß nicht jede Kohlenart in jedem Ofen verbrennt 
werden kann, es muß stets den Kohlenstoffmolekülen Ge¬ 
legenheit gegeben sein, sich mit Sauerstoff zu Kohlensäure 
zu verbinden, und die Wasserstoffmoleküle müssen derartig 
gelagert, sein, daß sie sich mit Sauerstoff zu Wasser ver¬ 
einigen. können. 

Daß die Diabetikerdexlose eine andere • Verbrennungs¬ 
fähigkeil als die normal konfigurierte auf weist, läßt sich 
durch verschiedene Experimente an Tieren beweisen, wie 
Leo und andere Autoritäten dieselben durchgeführt haben. 

ln analoger Weise, wie die Lävulose schon unter nor¬ 
malen Verhältnissen leichter verbrennbar ist, wie Dextrose, 
genügen geringe Verschiebungen der Moleküle, tun die Ver¬ 
brennungsfähigkeit zu modifizieren. 

Bringen wir mit diesen Verhältnissen noch die Ursachen 
in Zusammenhang, durch welche eine Fermentwirkung 
innerhalb des Organismus geschädigt werden kann, so wird 
durch Aufzählung dieser Faktoren das ätiologische Bild 
vervollständigt. 

Nicht, .nur destruktive Prozesse oder Neubildungen in 
den drüsigen Organen, welche die verschiedenen Fermente 
liefern, sondern auch neurogene Momente können zu einer 
Insuffizienz der Zellen, also zu einer quantitativ oder quali¬ 
tativ minderwertigen Fermentproduktiou führen. Nach 
diesen pathogenetischen Verhältnissen wird auch die Art 
der Erkrankung sich richten, es werden die leichten Formen 
im Gegensatz zu den schwersten Fällen sich in dieses 
Schema.zwanglos einreihen lassen. 

Es wird auch weiter nicht auffallend sein, daß einzelne 
K. H. bei der Behandlung der Zuckergehalt des Urins nicht 
vermehren, während andere Zuckerarten den Krankheils¬ 
zustand verschlimmern, denn es wird .stets zu beachten sein, 
welche spezifischen Fermente ihre Aufgabe nur minder¬ 
wertig erfüllen können, während andere Enzyme in nor¬ 
maler Weise produziert werden. Da jeder K. H. sein eigen¬ 
artiges Enzym zur Spaltung beansprucht, so sind die ver¬ 
schiedenen Formen der Erkrankung zu kennzeichnen. 

Immerhin können wir bei Verwertung der fermentativen 
Prozesse in der Deutung der Diabetesursache eine pankrc.v 
lisehe und eine hepatogene Form festhallen. 

Bei der letzteren kann das Pankreas norm il funk- 
Jionieren, doch wird die pathologisch konfigurierte Dextrose 
in diesem Falle bei einem gestörten Leberzellcnchcmismus 
durch die mangelhafte Einwirkung interner Fermente auf das 
Glykogen geliefert. 

Bei dem pankrealischen Diabetes ist die Deutung der 
mangelhaften Hydrolyse auf bestimmte K. 11. direkt geklärt, 
inwieweit bei dem weiteren Abbau im intermediären Stolf- 
wochsel die Fermente der Leberzellen dann mitbetei igt sind, 
müssen weitere Forschungen ergeben. 

Beachten wir die suDliI<■ Empfindlichkeit und die große 
Mannigfaltigkeit der verschiedenen Fermente, wie dieselben 
im Organismus vertreten sind, so ist uns verständlich, daß 
die Erkenntnis der F.ermentwirkung nur langsam fort¬ 
geschritten ist, doch genügen schon heute die Erforschung 
der Bildungsweise aus den Profermenten und die gegen¬ 
seitige Unterstützung bestimmter Fermente in der Wir¬ 
kungsweise, um sich ein Bild zu entwerfen, nach welchem 
wir diese Vorgänge auch unter pathologischen Verhältnissen 
berücksichtigen müssen. 

Daß unsere Therapie sich nach der Pathogonese richten 
muß, braucht nicht erst hervorgehoben zu werden, doch 
werde ich mich bemühen, in der nächsten Arbeit die Aen- 
dorangen, welche die Behandlungsweise der Zuckerkranken 
in den letzten Jahren von diesem Gesichtspunkte aus er¬ 
fahren hat, näher zu beleuchten. 


JNIVERSITY OF l 


)F MICHIGAN 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


163 


Zur Frage der Anstaltsbedürftigkeit Geistes¬ 
kranker. 

Von Dr. Wern. H. Becker, 

(staatsärztlich geprüft.) Arzt an der Irrenanstalt Weilmünster. 

Die wichtigste Frage, die sich der mit der Behandlung 
eines psychisch Erkrankten betraute Arzt immer wieder vor- 
zulegen hat, ist die der Notwendigkeit einer Anstaltsbehand¬ 
lung. Der praktische Arzt befindet sich da oft in einem 
heiklen Dilemma. Bei der psychiatrischen Schulung, wie 
er sie heute von der Universität mitzubringen pflegt, Sieht 
er oft schon dringende Indikation, wo die Angehörigen sich 
noch mit Händen und Füßen gegen die Internierung des 
Kranken sträuben. Leider bestehen ja immer noch, selbst 
in gebildeten Kreisen, unausrottbare Vorurteile gegen die 
„Irrenanstalten“, die jetzt gemeiniglich — eine Konzession 
an die. Bemäntelungssucht der Familie, die das Unglück hat, 
eins ihrer Mitglieder in der Anstalt zu haben — „Heil- 
und-Pflegeanstalten“ genannt werden. Gilt es doch selbst 
in unserem aufgeklärten Zeitalter immer noch quasi für 
etwas Ehrenrühriges, in der Anstalt zu sein oder gewesen 
zu sein. Begünstigt wird dieses Vorurteil durch falsche 
Vorstellungen, die man sich vielerorts von den Zwangs¬ 
maßregeln macht, die in Irrenanstalten gang und gäbe seien, 
obgleich unserem humanitären Jahrhundert in dieser Be¬ 
ziehung eher ein zu Wenig als zu Viel nachgesagt werden 
kann. Endlich ist die Besserwisserei des Laientums, diese 
\ orstufe der Kurpfuscherei, eine Ursache des Horrors gegen 
die Anstaltsbehandlung. Das Publikum sträubt sich merk¬ 
würdigerweise immer wieder gegen die Anerkennung des 
Grundsatzes, daß im Zweifelsfalle trolz der vielgeschmähten 
Kinderschuhe, in denen die Psychiatrie noch stecke, der 
Arzt doch noch besser den Geisteszustand eines Menschen 
zu beurteilen weiß als der Laie, und unter den Aerzten 
Wieder der Irrenarzt der Sachverständigste ist. 

Viele solcher irrigen Ansichten hat der Hausarzt zu¬ 
nächst zu bekämpfen, ehe er an die Realisierung seiner 
Vorschläge bezügl. Ueberführung seines Pflegebefohlenen 
in eine Anstalt denken kann ; deshalb nehme ich keinen An¬ 
stand, diese erste und ureigenst hausärztliche Tätigkeit in 
das neuerdings mehrfach bearbeitete Thema der Therapie 
der Geisteskrankheiten hinz.uzurechnen. Wann ist denn nun 
Aiislaltsbehandlung indiziert? Kraepelin 1 ) beantwortet 
diese Frage negativ, indem er die Anstaltsbehandlung für 
entbehrlich hält „nur bei ganz leichten Formen psychischer 
Verstimmung, bei vielen Formen des Entartungsirreseins, 
schleichend verlaufenden oder abgeschlossenen Verblö¬ 
dungen und dergl.“ In positivem Sinne könnte die Antwort 
lauten : Erstens wenn eine Gefahr für Leib und Leben des 
Kranken selber oder eines mit ihm in Berührung Kom¬ 
menden im Verzüge ist, und zweitens, wenn die Anstalts¬ 
behandlung bedeutend bessere Chancen für die Heilung 
bielet, als die häusliche Pflege. Bestimmte Diagnosen lassen 
sich demnach für die Indikation der Anstaltsbehandlung 
nicht wiedergeben, höchstens könnte man von der Neur¬ 
asthenie, der Hysterie, 'die Imbezillität, von dem ma¬ 
nisch-depressiven Irresein mit langen Intervallen, von 
den ganz chronisch verlaufenden Paranoiaformen, einigen 
Fällen von seniler Demenz und manchen Endstadien der 
Dementia, praecox sagen, daß hier-häufig keine dringliche 
Indikation bestände. Viel kommt, auf die Art der häus¬ 
lichen Verhältnisse an, deren Komfort ja unter Umständen 
der Anstalt ähnliche Zustände zu schaffen gestattet, und der 
Arzt hat demnach von Fall zu Fall zu entscheiden, sich 
also vor allen Dingen unter gewissenhaftem Ermessen die 
Frage vorzulegen, die den ersten, den wichtigeren der beiden 
genannten Punkte für die Indikationsstellung betrifft: Kann 
dieser Kranke sich seihst (durch Selbstmord, Selbstverstüm¬ 
melung, freiwilliges Hungern u. dergl.) oder seiner Um¬ 
gehung (z. B. als „verfolgter Verfolger“, als Halluzinant, 
als Personenverkenner)' gefährlich werden oder ist solches 

*) Kraepelin, Psychiatrie, Bd. 1, 8. Aufl., Leipzig 1909. 


mit Sicherheit, auszuschließen? Danach tue er dann seine 
Schritte und setze das Vollgewicht seiner hausärztlichen 
Vertrauensstellung ein, unbekümmert um die Wünsche der 
Angehörigen, um die öffentliche Meinung oder die Sen¬ 
sationslust bezw. den Fanatismus eines Teiles der Presse, 
welcher bald schreit, da ß. nfan einen Geisteskranken jahrelang 
frei herumlaufen lasse, bis er ein nicht wieder gut zu 
machendes Verbrechen begangen habe, bald sich liebevoll 
eines „unschuldig im Irrenhause Eingekerkerten“ annimmt. 

Die Frage, wann ein Geisteskranker die Anstalt wieder 
verlassen kann, brauche ich hier wohl nur kurz zu streifen ; 
sie ruht nicht auf den Schultern des einzelnen Arztes, 
sondern untersteht der Entscheidung des Anstaltsleiters, 
dem die anderen Anstaltsärzte beratend zur Seite stehen, 
und der strenge Vorschriften hat, keinen Geheilten noch 
einen Tag länger festzuhalten und keinen Gemeingefähr¬ 
lichen auf die Menschheit ohne weiteres wieder loszulassen ; 
und dieser Anstaltsleiter — in Deutschland immer ein Arzt — 
verfügt stets über längere psychiatrische Erfahrung, die ihn 
befähigt, von Fall zu Fall ein sicheres Erteil zu fällen. In 
erster Linie werden die heilbaren Formen wieder zur Ent¬ 
lassung kommen, wie die akute halluzinatorische Verwirrt¬ 
heit, die infektiösen, toxischen und delirösen Störungen;; 
dann aber auch stationär werdende, wie manisch-depressives 
Irresein, epileptisches und hysterisches Irresein, progressive 
Paralyse; endlich auch die sogenannten „Heilungen mil 
Defekt“, wie sie bei der Dementia praecox hin und wieder 
beobachtet werden. 

Irrenärztliche Vereine und Psychiaterkohgresse betonen 
immer wieder, daß die heute bestehenden Anstalten quan¬ 
titativ und qualitativ nicht ausreichen. Auch befürwortet 
man eine Scheidung zwischen jugendlichen Kranken, die 
besonderer Fürsorge durch angesehlosseuen Unterriehl be¬ 
dürfen, einerseits und den erwachsenen Geisteskranken an¬ 
dererseits, wie das vielfach bereits geschehen ist. Ferner 
strebt man nach einer Vermehrung der Sonderanstallen, 
namentlich für Epileptische und Idioten. Den Bau einer 
größeren Anzahl von Sanatorien für unbemittelte Neur¬ 
astheniker empfiehlt neuerdings Gramer 2 ) sehr. 

Da über die Aufnahmebedingungen in Kreisen prak¬ 
tischer Aerzte noch vielerorts Unklarheit herrsch!, so seien 
die einschlägigen Bestimmungen, soweit sie Preußen be¬ 
treffen, hier noch wiedergegeben. Es würde zu weit 
führen, hier auch die Gesetze der übrigen Bundesstaaten 
noch anzuführen, sie möge der Leser in Spezialschriften, 
z. B. der von Burger 3 ) nachlesen. 

Preußen unterscheidet zwischen privater und öffent¬ 
licher Anstalt. In Privatanstalten isl im allgemeinen ein 
längeres Zeugnis durch den zuständigen Kreisarzl oder 
den Leiter einer öffentlichen Irrenanstalt erforderlich. Dieser 
beamtete Arzt darf aber nicht Arzl der Anstalt sein, in 
die der Kranke aufgenommen werden soll. Statt dieses 
Zeugnisses genügt auch das Attest eines einfachen appro¬ 
bierten Arztes, wenn der Antrag von dem Vormund des 
Kranken ausgehl, oder wenn der Fall sehr dringend ist. Im 
letzteren Falle muß allerdings der Kreisarzt innerhalb 
24 Stunden benachrichtigt werden und binnen 3 Tagen 
eine Nachuntersuchung vornehmen. Aber die Dringlich¬ 
keit der Aufnahme sehen Roth und LeppmannL nicht 
nur in einer erheblichen äußeren Unruhe oder Gewalttätig¬ 
keit des Kranken, sondern auch in anderen Gründen, z. B. 
wenn Verzögerung dem Heilzweck schaden könnte, oder die 
Krankheit akut steigl usw. Die Aufnahme darf aber nur 
innerhalb einer Frist, von 2 Wochen nach der letzten in 
dem Zeugnisse angeführten Untersuchung erfolgen. Das 

-) Gramer: Die Ursachen der Nervosität, und ihre Be¬ 
kämpfung. Bericht des deutschen Vereins -für öffentliche Ge¬ 
sundheitspflege. Braunschweig 1909, Vieweg. 

») Burger: 'Die Aufnahme von Geisteskranken in Irren¬ 
anstalten in den größeren deutschen Staaten. Tng.-Diss., 
Tübingen 1905. 

4 ) Schlokow: Der Kreisarzt. Fünfte Aufl., bearbeitet 
von Roth u. Leppmann, Bd. 1, Berlin 1901.. 






164 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 11 


Zeugnis hal Zeit und Art der letzten Untersuchung (Datum!), 
Veranlassung und Zweck der Ausstellung, die dein Unter¬ 
suchenden gemachten Mitteilungen einerseits und die 
eigenen Wahrnehmungen andererseits, Angabe der Krank¬ 
heitszeichen und die Gründe für die Anstaltsbedürftigkeil 
zu enthalten. 

Die Aufnahme in öffentliche Anstalten regelt sich nach 
Schloekow (1. c.i folgendermaßen: Die Angehörigen 
haben bei der Ortspolizeibehörde den Aufnahmeantrag zu 
stellen. Diese requiriert zur Untersuchung den zuständigen 
Kreis- oder Kommunalarzl, welcher einen Fragebogen über 
den Kranken auszufüllen hat. Auf Grund des hierin wieder¬ 
gegebenen Gutachtens erfolgt dann die Entscheidung, ob 
die Aufnahme genehmigt werden kann. Dringlichkeit des 
Falles (siehe oben) macht manchmal eine Abkürzung dieses 
umständlichen Verfahrens wünschenswert, und für solche 
Fälle genügte bei den meisten Verwaltungen ein einfaches 
ärztliches Attest, in ^welchem die Geisteskrankheit und die 
dringende Anstaltsbedürftigkeit bescheinigt ist. In einigen 
Verwaltungen besteht auch für eilige Fälle noch die Be¬ 
stimmung, daß das Aufnahme,attest durch den beamteten 
Arzt oder durch zwei approbierte Aerzte ausgestellt wird. 

In solchen Orten wird der Hausarzt die Hinzuziehung 
eines Kollegen nicht umgehen können. Doch kann ich aus 
eigener Erfahrung berichten, daß die Sache einfacher zu 
handhaben ist, als sie auf dem Papier aussieht; denn es 
bedarf nicht et,wa der eingehenden Konsultation mit einem 
Nervenarzt oder Psychiater, sondern jeder approbierte Arzt 
ist hier zur vollgültigen ,,Gegenzeichnung“ berechtigt, die 
nur eine Schutzmaßregel der betr. Verwaltung gegen etwaige 
spätere Angriffe seitens wieder freigelassener Querulanten 
oder jener gewissen oben erwähnten Presse darstellt. 

Sodann sei noch bemerkt, daß diese Aufnahme¬ 
atteste durchaus nicht, wie andere ärztliche Zeugnisse die 
Diagnose zu enthalten brauchen. Eine psychiatrische 
Diagnose ist manchmal selbst in der Anstalt, nach mehr¬ 
monatlicher Beobachtung noch schwierig, oft erst kat- 
amnestisch zu stellen. Der Arzt scheue sich deshalb nicht,, 
die spezielle Diagnose fortzulassen und kurz zu beschei¬ 
nigen . N. N. leidet an Geisteskrankheit mit Erregungs¬ 
zuständen, Geisteskrankheit mit erheblicher Depression, 
Geisteskrankheit mit begründetem Selbstinordverdacht, 
Geisteskrankheit mit Verfolgungsideen, die ihn für seine 
Umgebung gefährlich machen u. dergl. mehr. 

Zum Schluß möchte ich noch darauf hinweiseu, daß 
der Hausarzt, wenn er die Unterbringung eines Kranken 
in die Irrenanstalt für notwendig hält und durchgesetzt 
hal, dem Kranken ruhig und bestimmt mitteilt, daß seine 
Weiterbehandlung in einer Anstalt geschehen wird. Es 
dürfen seitens der Angehörigen keine Schwindelmanöver 
bei der Lieberführung ausgeführl werden. Dadurch werden 
die Patienten gegen ihre Familie aufgebracht und gegen die 
Anstaltsärzte mißtrauisch; Verfolgungsideen werden z. B. 
hierdurch direkt unterstützt. Irrenärzte haben es ohnehin 
nicht leicht, sich das Vertrauen ihrer Kranken zu erringen, 
deshalb mache der in der Praxis stehende Kollege es ihnen 
nicht noch schwerer. Lieber Gewalt oder besser Hyosciu- 
Morphiumspritze als Ueberlistung und Verrat! 


Kongressberichte, 

Oer XXXI. BaliicologenkongrelJ. 

Referent: Dr. Max Hirsch, Bad Kudowa. 

(Schluß.) 

Herr Professor Dr. Strauß, Berlin, sprach über die 
„Stellung der Karelischen Milchkur in der Entfettungs- 
behandlung“. \ ortragender möchte sich gegen eine schema¬ 
tisierende Entfettungskur wenden und betonen, daß man jede 
Entfettung stets individuell vornehmen müsse. Die K ar e 11- 



JNIVE 


)F MICHIGAN 


sehe Kur 'wurde in allen Fällen gut vertragen. Namentlich 
waren das Hunger- und das Durstgefühl sehr gering und 
die Gewichtsabnahme bedeutend. Letztere führt Vor 
tragender auf die Flüssigkeitsentziehung zurück und zum 
Teil auch auf die Kochsalzretention. Aus diesen Gründen 
empfiehlt er in der Nachbehandlung eine flüssigkeits- und 
kochsalzarme -Diät. Besonders empfiehlt es sich, die Kareli¬ 
sche Milchkur nur auf kurze Zeil auszudehnen und öfter zu 
wiederholen; ebenso bewährt sich oft eine Einschiebung 
von Milchtagen. Geeignet ist die Karelische 'Kur für 
schwere und mittelschwere Formen von Fettsucht mit Herz¬ 
störungen sowie hei Nierenkrankheiten und Gicht. 

Herr Dozent Dr. Strasser, Wien, berichtete über 
„Wärmeregulation im Bade“. Vortragender stellte Versuche 
an, um nach der von Stern angegebenen Methodik die 
Wärmeregulation im Bade zu untersuchen. Dabei hat sich 
die L i e b e r m e i s t e r sehe Lehre von dem gleichmäßigen 
Gang der regulatorisehen Bewegungen gegen Abkühlung 
und Erwärmung bei Gesunden und Fiebernden bestätigt. 
Mit der ursprünglichen Sternschen .Methodik der sehr 
langsamen Abkühlung und Erwärmung, welche den Reiz 
der ‘Temperaturdifferenz .umgehen sollte, kam \ ertragender 
zu denselben Resultaten wie Stern, und neue Versuche 
mit einem vom Vortragenden konstruierten rhermometer, 
welcher eine kontinuierliche Beobachtung der Rektum- 
temperatur im Bade gestattet, zeigten, daß die Resultate 
prinzipeil nicht verschieden waren; nur konnte er recht 
häufig beobachten, daß das regulatorische Zittern und 
Schwitzen aufgetreten ist, ehe die Temperatur gefallen oder 
angestiegen wäre. Vortragender kommt zu dem Schlüsse, 
daß die Gegenregulation des Organismus so außerordentlich 
fein eingestellt ist., daß sie nicht nur auf wirkliche Ver¬ 
änderungen der Temperatur, sopder.u schon ,auf. drohende 
Temperaturveränderungen reagiert. Die Promptheit der 
.wärmeregulatorischen Funktion der, Haut zeigt sich auch 
darin, daß bei Leuten, deren Temperatur nach dem Bade 
in der Zeit der sogenannten primären Nachwirkung weiter 
fällt, kein Muskelzittern zu sehen ist. Es löst also die 
Haut die chemische Regulation nicht mehr aus, wenn von 
außen her die Gefahr der weiteren Abkühlung nicht, mehr 
besteht. Die Versuche mit Gasbädern ergaben, daß sowohl 
'Sauerstoffbäder als auch ganz besonders Kohlensäurebäder 
eine relativ starke Abkühlung gestalten bei ziemlichem 
Wärmegefühl der Haut. Kohlensäurebäder von ungefähr 
30 Grad Celsius sind schonende abkühlende Bäder, niedrig 
temperierte sind dagegen sehr brutale abkühlende Ma߬ 
nahmen, welche lange Zeit nachher auch die chemische Re¬ 
gulation stark in Anspruch nehmen. Lokale Ueberhitzung 
brachte auch Schweißausbruch ohne Aenderung der Körper¬ 
temperatur hervor. Bei der vorsichtigsten Anordnung der 
Versuche scheint, es, daß man den nervösen Reflexreiz nicht 
vollständig ansschalten kann. 

Herr Professor Dr. L. Kutt.ner, Berlin, sprach über 
die „diagnostische Bedeutung okkulter Magen- und Darm¬ 
blutungen“. Vortragender weist zunächst darauf hin, daß 
nur diejenigen Versuche in Krage kommen können, welche 
bei gleichzeitiger fleischlosen Kost, angestellt worden sind. 
Okkulte Blutungen können ihren Sitz haben in der Speise¬ 
röhre, wofür Vortragender eine Reihe von interessanten 
Präparaten demonstrierte, welche die Verschiedenheit der 
Ursachen der Speiseröhreiiblut'ungen zeigt. Von Magen¬ 
krankheiten führen Geschwüre, Geschwülste usw. zu 
okkulten Blutungen, jedoch können sie auch durch nervöse 
Störungen verursacht sein, z. ß. bei tabischen Krisen und 
durch nervöses .Erbrechen. Bei chronischem Magenkatarrh 
kommen ebenfalls häufig okkulte Blutungen vor. Aus ihrem 
Vorhandensein oder fehlen lassen sich keine bestimmten 
Schlüsse auf diese oder jene Magenkrankheit, stellen. 

Aus dem Duodenum entstehen viele Formen von Blu¬ 
tungen Besonders aber sind es Geschwüre, welche okkulte 
Blutungen in den Fäces veranlassen. Ebenso Geschwüre 
des übrigen Darmkanals sowie bösartige Geschwülste, Po- 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 







1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU, 





i 

I 

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166 


lypcu usw. Auch Infektionskrankheiten und allgemeine 
Krankheiten können Blutungen im Mageu-Darmkanal hervor- 
rufen, z. li. Tuberkulose und Typhus. Vortragender ist 
der Ansicht, daß die Bedeutung der okkulten Blutungen 
für die Diagnose durchaus'überschätzt wird und daß man 
aus den okkulten Blutungen nur in den seltensten Fällen 
Schlüsse auf diese oder jene Krankheit ziehen kann. 

ln der Diskussion weist Herr Geheimrat Prof. Dr. 
Ewald, Berlin, darauf hin, daß er die Skepsis des Vor¬ 
tragenden nicht ganz teile, während Herr Professor Dr. 
Strauß, Heidin, eine Mittelstellung in dieser Frage ein¬ 
nehmen möchte. 

Herr Professor Dr. G o t I; s c h a 1 k, Berlin, besprach 
die „Balneotherapie der Menstrualionsstöruugen“. Vortr. 
betonte die Notwendigkeit, die Menstrualionsstöruugen nach 
Möglichkeit kausal zu behandeln. Die Amenorrhoe ist in 
manchen Fällen, namentlich bei schweren Erschöpfungs¬ 
krankheiten, eine Art Selbsthilfe der Natur und soll nicht be¬ 
handelt werden. Ist Fettsucht die Ursache der Amenor¬ 
rhoe, dann kommen salinische Heilquellen therapeutisch in 
Frage. Eine allgemein Ionisierende Balneotherapie ist dann 
am Platze, wenn die Amenorrhoe auf Chlorose oder auf 
psychische Schädlichkeiten zurückzuführen ist. Bei akuten 
Infektionskrankheiten als Ursache der Amenorrhoe kommen 
örtliche heiße Moor- und Fangoumschläge in Betracht. Pro¬ 
trahiert« kalte Seebäder, Kaltwasserkuren und intensive 
Abkühlungen der unteren Extremitäten sind bei der Ame¬ 
norrhoe zu vermeiden. Was die Menorrhagie angeht, so 
soll man zunächst die bösartigen Ursachen ausschließen, 
für welche eine Balneotherapie nicht in Frage kommt. In¬ 
dizier! isl die Bäderbehandlung bei der Menorrhagie, wenn 
es sich um eine fungöse Hyperplasie der Schleimhaut und 
um die sogenannte chronische Metrilis handelt, ferner bei 
allen Exsudaten, chronischen entzündlichen Adnexerkran- 
kungoii, bei Erkrankungen des Eierstocks lind Atonien. ln 
all diesen Fällen kommt das allgemein roborierende Ver¬ 
fahren in Frage. 

Bei multiplen intramuralen Uterusmyomen sind die jod¬ 
halligen Soolbäder angebracht, und hei chronischer Kopro- 
slase die salinischen Heilquellen. Hinsichtlich der Dys¬ 
menorrhoe isl die Balneotherapie angezeigt bei Reizbarkeit 
des Nervensystems in Form von tonisierenden Maßnahmen, 
bei entzündlichen Adnexerkrankungen in Form der Moor- 
und Soolbäder, bei Koprostase und der Dysmenorrhoea 
membranacea in Form von anregenden Maßnahmen, schlie߬ 
lich bei chronischer Endometritis und alten Exsudaten als 
roborierende Kur. Neben der Balneotherapie soll man aber 
die interne Allgemein behänd lang sowie die gynäkologische 
Therapie nicht außer achl lassen. 

In der Diskussion fragt Herr Kaiserl. Rat Dr. Lo eb e I, 
Dorna, ob der Vortragende die Bäder auch während der 
Menstruation gestattet. Früher hätte man sie so rigoros 
verboten, heute sei man in dieser Hinsicht nicht so streng; 
Vortragender stehe selbst auf dem Standpunkte, während 
der Menstruation ruhig baden zu lassen. Herr Kaiserl. Rat 
Dr. Fell n e r, Franzensbad, teilt einige wichtige Erfah¬ 
rungen auf dem Gebiet der Balneotherapie der Menstrua¬ 
tionsstörungen mit. Herr Dr. Nenadovics, Franzens¬ 
bad, empfiehlt Moorbäder auch bei gewissen Formen von 
Myomblntungen, die sehr schnell gestillt werden könnten. 

Herr Dr. Fleischer, Berlin, demonstrierte eine we¬ 
sentliche Verbesserung und Verbilligung des Turgotorio- 
graphen nach Prof. Str auß zur Messung und Registrie¬ 
rung des Pulses. 

Herr Dr. Fis ch, Franzenbad, machte Mitteilungen 
über die „therapeutische Anwendung der Intensiv-Frank- 
linisation“. Die.Intensiv-Franklinisation besteht, in der An¬ 
wendung einer sehr intensiven und dennoch recht, ange¬ 
nehm empfundenen Hochspannungselektrizität von mehr 
als 100 000 Voll Spannung. Die Hochspannungselektrizität 
wird durch eine sehr kräftige Influenzmaschine erzeugt, 


die auf das Vom Vortragenden eigensl hierzu konsl ruierle 
„l’olyeleklroid“ übertrugen wird und zur Beslrahlnng des 
mens« blieben Körpers einer oder mehrerer Personen zu 
gleicher Zeil und von langer Dauer dient. Die Beslrahlnng 
kann entweder direkt auf die bloße Hanl erfolgen, oder 
noch besser durch die Kleidung hindurch. Es genügen 
schon wenige Silzungen, um die Wirkung der Hochfrequenz¬ 
ströme zu zeigen, die sich in Besserung des Appetits und 
der Verdauung, in Anregung des Stoffwechsels und der 
Zirkulation sowie in der Kräftigung des Organismus zeigen. 
Die Wirkung zeigt sich in einem leichten Gefühl von 
Kribbeln und Wärme sowie dem angenehm vorhei- 
streirhenden elektrischen Wind. Bei vielen Herz-, Nerven- 
und Stoffwechselkrankheiten läßt sich mit diesem Apparat 
eine so gute Wirkung erzielen, daß man ihn als einen wesent¬ 
lichen Fortschritt der physikalischen Therapie ansprechen 
darf. 

Herr Dr. Bur winkel, Nauheim, berichtete über den 
„Aderlaß, ein unentbehrliches Heilmittel in der Medizin“. 
Vortragender isl der Ansicht, daß der Aderlaß in seiner 
Bedeutung noch immer unterschätzt wird. Nach seiner 
Erfahrung setzt der Aderlaß den Blutdruck herab, ver¬ 
mindert die Viskosität des Blutes, erhöht dessen A Ika- 
loszenz und oxydierende Kraft, wirkt resorpl-ionsbefördernd 
und diuretisch. beschleunigt den Lymphstrom, befreit das 
IIIlil von toxischen Stoffen und regl die blutbildenden Organe 
zu gesteigerter Tätigkeit an. Demnach müßte er sich bei 
einer großen Reihe von Krankheiten bewähren, vor allem 
bei Kreislaufstörungen, speziell zur Entlastung des Gefä߬ 
systems und zur Herabsetzung des Blutdrucks. Vortragender 
geht soweit, nicht nur vollblütigen Leuten mil hohem lllul- 
druck den Aderlaß zu empfehlen, sondern auch anämischen, 
selbst bei sinkender Herzkraft. Stauungsherzfehler und 
schwere Kompensalionsstörungen lassen auch den Aderlaß 
geholen erscheinen. Bei Kreislaufstörungen als Folge des 
Emphysems sowie verschiedener Lungenslöruugen möchte 
Vortragender einen ausgiebigen Aderlaß angewendef sehen. 
Bei Apoplexien, Pneumonie, Rheumatismus, Eklampsie und 
einer Reihe anderer Krankheiten empfieh.il er gleichfalls 
den Aderlaß, der durch Schröpfkröpfe und Blutegel nicht 
zu ersetzen ist. 

Herr Dr. Steyerthal, Kleinen i. M„ besprach die 
„Therapie der progressiven Paralyse“. Vortragender gehl 
zunächst darauf ein, «laß man gewohnt ist, die Prognose 
der echten Paralyse als eine sehr schwere anzusehen. Das 
mag vielleicht daher kommen, daß inan vielfach eine echte 
Paralyse diagnostiziert, wenn andere unheilbare Krank¬ 
heiten vorliegen. Die progressive Paralyse bietet nach der 
Ansicht des Vortragenden nicht immer die absolut schlechte 
Prognose. Es kommen vielmehr auch abortive Formen von 
progressiver Paralyse vor, welche in Heilung übergehen. 
Deshalb empfiehlt Vortragender, diese Fälle zusammen und 
mehr zu berücksichtigen als bisher, da sie einen Angriffs¬ 
punkt für die Therapie geben können. 

In der Diskussion stimmte Herr San.-Hat v. C h I a - 
powski, Kissingen, dem Redner bei und ermahnte, die 
Frage weiter im Auge zu behalten. 

Herr Dr. Schürmayor, Berlin, zeigte eine Reibe 
vorzüglicher Bilder über die „pathologische Fixation bezv. 
Lageveränderungen der Abdominalorgane“ und besprach 
den Wert der Röntgendiagnose, durch die wir nicht nur eine 
Reihe von Krankheiten der inneren Organe, speziell der 
Abdominalorgane, einwandsfrei feststellen könn n, was ohne 
Röntgendiagnose fast' unmöglich ist, sondern wir können 
auch die Fortschritte durch die Behandlung und namentlich 
die physikalische .Therapie studieren. .Es ist sehr wichtig, 
daß man sich durch die Röntgenuntersuchung von Zeil zu 
Zeil über den Fortschritt, den man durch eine Behandlung 
erzielt, orientiert. So zeigte Vortragender Fälle von Sen¬ 
kung der Abdominalorgane, speziell des Colon trnnsversmn 
und des Magens, die durch eine vom Vortragenden ange- 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 


UNIVER 













16G 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 11 


gebcne Fächerbinde in die Röhe geschoben wurden. Ebenso 
kann man bei Verwachsungen und ihrer Behandlung die 
Erfolge der Therapie durch Röntgenstrahlen gut kon¬ 
trollieren. Es ist doch als ein großer Fortschritt anzu- 
sohen, daß man mittels der‘Röntgenstrahlen auf einfachstem 
Wege eine Autopsia in vivo machen kann, indem man ein¬ 
fach den Patienten etwas Wismut in Kartoffelbrei nehmen 
läßt und dann das Abdomen mit Röntgenstrahlen durch¬ 
leuchtet. Es wäre zu wünschen, daß sich diese Kon- 
frollierung der Therapie durch die Röntgenstrahlen mehr 
einführt. 

Herr Professor Dr. F. Blumenthal, Berlin, gab 
einen übersichtlichen Bericht über die „Fermentwirkung 
in Krebsorganen“. Vortragender betont, daß jede Krebs¬ 
zelle einmal eine Epithelzelle war. Es isl jedoch unent¬ 
schieden, ob sie embryonalen oder epithelialen Charakter 
trug. Immerhin ist durch irgend einen Vorgang, vielleicht, 
durch einen Parasiten, die Krebszelle entstanden. Von 
großei Bedeutung ist, daß die Krebszellen sich in ihrer 
chemischen Zusammensetzung von den übrigen Zellen unter¬ 
scheiden, und zwar enthalten die Krebszellen weniger Glo¬ 
buline und mehr Albumine. Auch die Eiweißkörper, die 
man aus den Krebsgeschwülsten extrahiert, sind chemisch 
wesentlich verändert. Der Entstand, daß die Krebszellen 
anders zusammengesetzt sind als die anderen Organzellen, 
macht es erklärlich, warum die Krebszellen sich den Fer¬ 
menten von außen gegenüber anders verhalten als andere 
Gewebe. Pepsin wirkt auf Krebszellen nur schwer ein, da¬ 
gegen sehr leicht Trypsin, was zur Trypsintherapie dos 
Krebses geführt hat. Auch sind in den Krebszellen selbst 
fermentative Vorgänge beobachtet worden, welche sich sonst 
im Organismus nicht zu finden scheinen. Charakteristisch 
isl für die Krebszellen ihr heterolytisches Ferment, welches 
das Eiweiß anderer Gewebe abzubauen vermag, wozu die 
Fermente der übrigen Gewebe nicht imstande sind. Auch 
ist die Krebsgeschwulst auffallend schwach an katalytischer 
Wirkung gegenüber . anderen Geweben. Aus diesen Tat¬ 
sachen kann man besonders die Bösartigkeit der Krebs¬ 
geschwülste erklären. Das heterolytische Ferment schädigt 
das Nachbargewebe durch Abbau seines Eiweißes, wodurch ; 
sich sein infiltratives Wachstum erklärt ; es schädigt auch I 
das übrige Gewebe dadurch, daß das eiweißlösende Ferment 
in die Zirkulation gerät und hier und da einen locus minoris 
resistentiae für die Ansiedlung von Krebszellen schafft, 

Herr Dr. Schuster, Aachen, teilte seine „Erfah¬ 
rungen mit kombinierter Duschemassage bei Gehirn- und 
Rückenmarkserkrankungen“ mit. Die Technik der Dusche¬ 
massage ist die, daß ein warmer Wasserstrahl von 10 m 
Fallkraft ö 20 Minuten lang langsam von einem Körperteil 
zum andern gleitet, während der Kranke in der erwärmten 
Badezelle halb im Wasser sitzt. Zugleich werden reibende, 
knetende und klopfende Massageprozeduren vorgenommen. 
Daran schließt sich ein Vollbad an. Dieses Verfahren, 
welches eine zugleich schönende und doch intensive Wir¬ 
kung auf die Haut, Muskeln und Nerven ausübt, und bei 
Rheumatismus und Gicht schon jahrhundertelang mit Erfolg 
angewandt wird, hat Vortragender bei schweren Erkran¬ 
kungen des Zentralnervensystems mit überraschender Wir¬ 
kung angewandt. Der Erfolg war der, daß fast gelähmte 
Muskeln stark Ionisiert wurden und daß die Ueberempfind- 
lichkeil und Schmerzhaftigkeit des Hautnervensystems 
günstig beeinflußt wurde. Besonders hebt Vortragender 
hervor, daß die Anwendung der Duschemassage auf die 
Schmerzen der Tabes außerordentlich günstig einwirken. 

Herr Prof. Dr. Bickel, Berlin, sprach über die „Grund¬ 
lagen der Diätetik bei Verdauungskrankheiten“. Bei der 
diätetischen Behandlung der Verdauungskrankheiten emp¬ 
fiehlt Vortragender vor allem die Berücksichtigung der 
Funktionsstörung, die sowohl eine motorische als auch 
eine sekretorische, resorptive und fermentative! sein kann. 
Allen diesen vier Funktionen gegenüber sind die verschie¬ 


denen Nahrungsmittel zu prüfen, wenn man einen Diät- 
zeltel aufstellen will. Gegenwärtig berücksichtigt man noch 
nicht alle die Funktionen des Magen-Darmkanals, sondern 
man nimmt nach dem Vorgangs von Penzoldt nur auf 
die Motilität des Magens Rücksicht, Vortragender hat ein 
neues Diätschema aufgestellt unter Zugrundelegung der 
Sokretionsverhiiltnisse des Magens und ihres Einflusses auf 
die Verdauung. Eine Kombination des P e n z o ] d t sehen 
und des Bickel sehen Schemas dürfte sich in vielen 
Fällen als durchaus wertvoll zeigen. Vortragender gibt 
dann einen Ueberblick über die Ursachen, aus denen eine 
Speise in der oder jener Weise die Motilität oder die Se¬ 
kretion beeinflußt. Diese Fragen sind besonders in seinem 
Laboratorium von ihm und seinen Schülern untersucht 
worden. Die Beeinflussung der Motilität durch die Nahrungs¬ 
stoffe sowie der exzitosekretorischen Wirkungen durch die 
Nahrungsmittel sind von seinen Schülern studiert worden 
und haben zur Klärung des Einflusses der Speisen auf 
verschiedene Magenfunktionen wesentlich beigetragen. 

Herr Dr. B. Fellner jun., Franzensbad, berichtete 
über „Herz- und Gefäßwirkung alter und neuer Kohlensäure¬ 
bäder“. Vortragender hat für seine Untersuchungen an 
natürlichen Kohlensäurebädern den von ihm konstruierten 
Pulsometer in Anwendung gebracht. Als Einwirkung der 
kohlensauren Bäder fand er eine Regulation des Blut¬ 
druckes, Vergrößerung der Pulsamplitude, zwei- bis drei¬ 
fache Vergrößerung des Sekundenvolumens. Man konnte 
sehen, wie die peripheren Gefäße sich erweiterten, der 
Widerstand nachließ, das Herz langsamer und kräftiger 
arbeitete und besser ernährt wurde. Allerdings ist es bei 
der Anwendung der kohlensauren Bäder von großer Wichtig¬ 
keit, eine langsame und vorsichtige Dosierung, anzuwenden. 
Der Blutdruck wird,, wenn er hoch war, herabgesetzt, wenn 
er zu niedrig war, erhöht, also reguliert. Aus diesem 
Grunde ist der hohe Blutdruck ebensowenig wie eine leichte 
Kompensationsstörung ein Grund, das kohlensaure Bad zu 
verbieten. Kühle kohlensaure Bäder stellen an den Or¬ 
ganismus sehr starke Anforderungen und sind aus diesem 
Grunde in der Herztherapie wenig empfehlenswerte Ma߬ 
nahmen. Interessant isl die Tatsache, die für die Therapie 
von größler Bedeutung sein dürfte, daß kohlensaure Moor¬ 
bäder einen gleichen Effekt haben wie die kohlensauren 
Stahlbäder. 

Herr Dr. Selig, Franzensbad, sprach über „Röntgen¬ 
untersuchungen des Herzens im Kohlensäurebad“. Hin¬ 
sichtlich der Süßwasserbäder fand Vortragender, daß das 
heiße Bad eine Verkleinerung, das kalte eine Vergrößerung 
des Herzens im allgemeinen hervorruft. Bei den Kohlen- 
säurebädern hat nicht nur die Temperatur, sondern auch 
der Kohlensäuregehalt des Bades eine prinzipielle Bedeu¬ 
tung, da auch kalte Kohlensäurebäder imstande sind, das 
Herz zu verkleinern, während kalte Süßwasserbäder das 
Herz für gewöhnlich vergrößern. Darin liegt eben der 
Wert der Kohlensäurebäder. Die natürlichen Kohlensäure¬ 
bäder können schon hei mittleren Stärkegraden eine Vo¬ 
lumenabnahme des Herzens hervorrufen, da ilie minera¬ 
lischen Bestandteile des Wassers ihre spezielle Wirksam¬ 
keit entfalten. Daß sowohl ein einzelnes Kohlensäurehad 
wie eine Folge von Kohlensäurebädern das Herz verkleinern 
kann, ist durch orthodiagraphische Untersuchungen fest¬ 
gestellt worden. Doch sind ilie Größenabnahmen nicht so 
ungeheuerlich, als es andere Autoren beobachtet haben. 

Die Kohlensäurebäder bilden eines der hervorragend¬ 
sten Mittel, um Herz und Gefäßsystem in ausgiebigster Weise 
zu beeinflussen, doch ist auch ihre Wirkung individuell we¬ 
sentlich beeinflußt. Die natürlichen Kohlensäurebäder 
wirken energischer als die künstlichen. 

In der Diskussion betont HerrDr. Schmi ucke, Elster, 
daß nicht die Kohlensäure, sondern die Temperatur für 
die Größenwirkung maßgebend sei, und hebt die Bedeu¬ 
tung der Funktionsprüfung des Herzens hervor, während 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


167 


Vollragender au der Bedeutung der Kohlensäure für die 
Grüßenwirkimg des Herzens feslhäll, aber zugibt, daß indi¬ 
viduelle Schwankungen nicht auszüschallen sind. 

Herr San.-Rai Dr. v. Chlapowski, Kissingen, be¬ 
richtete über die „Wirkung des Magnesiumoxyds und 
-Hyperoxyds bei stenokardischen Anfällen“. Vortragender 
fand eine schnelle Coupierung der stenokardischen Anfälle 
durch diese beiden Präparate. Daraus zieht erden Schluß, 
daß die dyspeptischen Formen der Stenokardie nicht so 
selten sind. Man muß also bei stenokardischen Anfällen 
eine strenge Diät halten. Die Tatsache, daß die Kohlen¬ 
säure bäder bei den schweren Fällen der Stenokardie so ge¬ 
fährlich sind, möchte Vortragender darauf zurückführen, 
daß nach ihnen der Appetit sich bessert, was die Patienten 
veranlaßt, weniger auf die Diät zu achten. Bei diesen 
dyspeptischen Stenokardien glaubt Vortragender, Nitrite 
und Nitrate sowie Morphium entbehren und durch Mag¬ 
nesium ersetzen zu können. Herztonica sind nur nach 
ganz bestimmten Indikationen zu gebrauchen. Was bei dem 
Magnesiumoxyd das wirksame Prinzip ist, möchte Vor¬ 
tragender nicht entscheiden. 

ln der Diskussion wies Herr Dr. B. Fellner jr„ Fran¬ 
zensbad, darauf hin, daß viele Fälle, welche im ersten 
Moment sich als Angina pectoris darstellen, tatsächlich 
Splanchnicuskrämpfe sind. In solchen Fällen helfen cin- 
' fache Abführmittel. Sonst ist er in der Behandlung der 
Stenokardie auch nicht für Nitrite, empfiehlt vielmehr das 
heiße Handbad sowie Sauerstoffanwendung. 

Herr Dr. Helwig, Zinnowitz, berichtete über den 
„Einfluß des Seeklimas auf das Blutbild“. Verfasser konnte 
unter dem Einfluß'des Seeldimas eine Zunahme des Hämo¬ 
globins der roten Blutkörperchen feststellen. In der ersten 
Zeit der Einwirkung des Seeklimas zeigten sich vielfach 
Schrumpfungs- und Zerfallsvorgänge der roten und weißen 
Dl ulzellen, denen aber schnell Neubildungen folgten. Der 
letzteren Erscheinung geht eine Hebung des Gewichts und 
eine Besserung des Allgemeinzustandes parallel. An einigen 
Tabellen demonstrierte Vortragender die physiologische Wir¬ 
kung des Seeklimas, dessen Erfolg durch die Reizhöhe und 
die Reaktionskraft des Organismus - gegeben ist.. Zum 
Schluß wendet sich Vortragender gegen die jelzt. übliche 
Unterscheidung zwischen der Ostsee und der Nordsee, wo¬ 
nach die erstere als Heilfaktor für erethische, die letztere 
für torpide Patienten benannt wird. 

Herr Dr. Schrainck e, Elster, sprach über „Thermo- 
pcnelration“. Vortragender wies darauf hin, daß es durch die 
Apparate für drahtlose Telegraphie möglich geworden ist, 
den elektrischen Strom durch den Körper so hindurch¬ 
zuleiten, daß im Gewebe selbst höhere und sogar hohe 
Wärmegrade entstehen. Er demonstrierte einen Apparat, 
und zeigte, daß im Innern eines Fleischstückes eine so 
hohe Wärme gebildet wurde, daß Fleisch gebraten wurde, 
während die Elektroden kühl blieben. Eine Reizwirkung 
durch die Elektroden auf die Haut tritt hei der Applikation 
nicht ein. Bis jetzt, hat man von der Thermopenetration 
gute Erfolge gesehen bei der Gicht, bei rheumatischen 
Krankheiten, vor allem bei der gonorrhoischen Arthritis, 
Ischias mul Neuralgien. 

Herr Dr. Rothschuh, Aachen, berichtete „über 
die Verwendung der deutschen Thermen für die Zwecke der 
sozialen Versicherung“. Vortragender betonte zuerst, daß 
(>s .ein Mißstand sei, daß die Krankenkassen die Verwendung 
der natürlichen Quellprodukte für ihre Mitglieder nicht zu 
ließen, sondern die Nachahmungen dafür empfehlen. Nach¬ 
dem aber verschiedentlich doch festgestellt ist. daß diese 
Nachahmungen nicht gleichwertig sind mit den natürlichen 
Ouollprodukten, muß das Bestreben daliin gehen, diese Vor¬ 
schriften der Krankenkassen aus der Well zu schaffen. 
Weiter zeigte der Vortragende,' daß der Besuch von Kur¬ 
orlen für Mitglieder der Krankenkassen und der übrigen, 


sozialer Versicherungen sich dadurch wesentlich ver- 
leucrlc und miluulor unmöglich würde, daß die Kosten 
lür Wohnung und Verpflegung sich zu hoch stellten. Aus 
diesem Grunde sollten für Krankenkassen, Berufsgenossen- 
schaflen und andere in denjenigen Kurorten, die für ihre 
Mitglieder häufig in Frage kommen, Institute errichtet 
worden, die ihrem Charakter nach zwischen Sanatorium 
und Krankenhaus ständen. Solche Institute sind bereits in 
einigen Kurorten eingerichtet worden und hätten sich bereits 
vortrefflich bewährt. Daß den Vorteilen solcher Anstalten 
auch gewisse Nachteile gegenüberständen, selzl ihren Werl 
nicht, erheblich herab. ‘ 

Herr Dr. W e i d e n b a um . Neuenahr, teilte seine Er¬ 
fahrungen mit der „physikalischen Therapie in der inneren 
Medizin“ mit. Vortragender hat sich seit einer Reihe von 
Jahren der Bierschen Methode der Hyperämie als Heil¬ 
mittel zur Behandlung der inneren Krankheiten bedient 
und damit gute Erfolge erzielt Hoi Leberanschwcllung, 
Gallensteinkolik, Nierensteinkolik, Ischias, bei Erkrankungen 
der Hanl und der Nerven infolge von Zuckerkrankheit sowie 
bei arteriosklerotischer Gangrän und bei Asthma von seiten 
des Herzens oder 'der Respirationsorgane. 

In der Diskussion wendet sich Herr l)r. Meyer, 
Kissingen, gegen, die Heißluftdusche bei Zuckerkrankheil, 
wovon übrigens der Redner gar nicht gesprochen hatte, 
da Heißluftdusche und Biersehe Hyperämiebchandliing 
sehr verschiedene Begriffe sind. 

Herr Dr. Hirsch, Kudowa, gab einen Heberldick über 
„Hufelands bal neologische Lehren". Zu Hufelands 
Zeilen lagen Bäder und Badewesen sehr im Argen, deshalb 
ging Hufelands Bestreben dahin, das Badewesen zu 
fördern. Zunächst gab er die „Nötige Erinnerung an die Bäder 
und ihre Wiedereinführung in Deutschland“ heraus und 
hob die Bedeutung der Bäder für die Volksgesundheit hervor. 
Von allgemein hygienischer Bedeutung erschienen Ihm in 
unserem Klima nur die lauwarmen Bäder, während heiße 
Bäder, Dampfbäder sowie kalte Bäder den Charakter von 
Heilmitteln trügen. Auch durch geeignete Zusätze suchte 
Hufeland den Bädern einen bestimmten Charakter zu 
geben, so durch Milch, Kleie, Malz, Seife und aromatische 
Substanzen. Hufelands Interesse für die natürlichen 
Heilquellen war ein außerordentlich großes. Er führte es 
auf seinen Vater und auf F r i e d r i c li H o I I m a n n zurück, 
ferner auf eine Reise durch einen großen Teil Deutschlands, 
auf der er die. wichtigsten Bäder kennen lernte. Er rich¬ 
tete „Die Aufforderung an die Brunnenärzte Deutschlands“, 
die Erfahrungen mit ihren Brunnen mitzuteilen, da gerade 
die ärztliche Erfahrung am kranken Menschen für. die Be-, 
wertung des Brunnens von größter Bedeutung sei. Sodann 
gab er das klassische Werk „Praktische I ebersicht der vor¬ 
züglichsten Heilquellen Deutschlands“ heraus und belonle 
da die Nützlichkeit der -Beschreibung der Kurorle durch 
Aerzle, welche nicht im Kurort wohnen. Auch den Un¬ 
terricht in der Balneologie an den Cmversilälen hält er 
für außerordentlich notwendig. Sodann trat er der damals 
sehr verbreitetem Ansicht entgegen, daß künstlich uach- 
geahmlc Mineralwässer den natürlichen Heilquellen gleich 
kämen. 

Vortragender gehl zum Schluss)' darauf ein, daß es 
der Einfluß der H u f et andsehen Lehren sei, der unter 
späteren Generationen den auch jetzt noch mit rührigem 
Eifer fiii die Gesellschaft tätigen Generalsekretär, Herrn 
(leheimrat Brock, seinerzeit veranlaßt hat, eine Balnen- 
logischc Gesellschaft ins Leben zu rufen, die in Hufe¬ 
lands Sinne die praktische Balneologie auf den Boden der 
Wissenschaft zu stellen für ihre Pflicht hält. 

Herr Dr. Nenadovics, Franzensbad, sprach „zur 
Genese der Arteriosklerose“. Nach einer Uebersichl der 
I heoi-ien der Arteriosklerose stellt Vortragender seine eigene 
Theorie auf: Für das primäre, Stadium sieht er die physio- 




NIVERSITY OF 


IICHIGAN 


UNIVERSITY 




1C8 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. II 


logisch-pathologische relative Insuffizienz der Herz- und 
Gefäßmuskulatur an, als sekundäres die Hypertrophie der 
Gefäßwandung und als tertiäres die Degeneration des hyper¬ 
trophischen Gewebes. Die Insuffizienz des Herzmuskels 
spielt gegenüber den großen Arterien dieselbe Rolle, wie 
die Insuffizienz der glatten Muskulatur der kleinen Arterie 
gegenüber ihrer Wandung. Auf Grund seiner Theorien gibt 
Vortragender zum Schluß eine Erklärung über die jugend¬ 
liche Arteriosklerose, die relative Seltenheit der Sklerose 
hei Frauen, das seltenere Vorkommen der Pulmonalarterie 
gegenüber der Aorta und das verhältnismäßig seltene Vor¬ 
kommen in der arbeitenden Klasse. An die Stelle der 
mechanischen Momente setzt Vortragender die biologischen 
Momente hinsichtlich der Entstehung der Arteriosklerose. 

Die Schlußsitzung des Kongresses fand in dem Hörsaal 
der ehemaligen Lassarschen Klinik statt. 

Herr Sanitätsrat Dr. Isaac, Berlin, demonstrierte eine 
Reihe höchst interessanter Fälle aus dem Gebiete der Haut¬ 
krankheiten, wobei er namentlich differentiell-diagnostische 
Momente zugrunde legte. 

Herr Sanitätsrat Dr. Friedländer, Berlin, erörterte 
„die Bedeutung der W assermannsehen Reaktion für 
die Balneotherapie“. Zunächst demonstrierte er eine Reihe 
interessanter Fälle, bei denen die ff asserman nsche 
Reaktion hinsichtlich der differentiellen Diagnose gulo 
Dicnsle geleistet hat. Sodann wies er nach, welchen Wert 
die W ass ermann sehe Reaktion für jeden Praktiker hätte. 
Hinsichtlich der Technik bevorzugte er die ursprüngliche 
Wassermaitnsehe Vorschrift, während die sogenannten 
Verbesserungen oft ,wertlos, wenn nicht gar Verschlech¬ 
terungen sind. Durch die W as s e r m a nn sehe Reaktion 
kann man feststellen, wie lange der Patient als Syphilitiker 
anzusehen ist und welchen Erfolg die Therapie gehabt 
hat. Die W a s s e r m a n n sehe Reaktion ist auch der Spi- 
roehäten-Untersuchung überlegen. Einen großen Wert hat 
die W a. s s e r m a n n sehe Reaktion bei hereditär belasteten 
Kindern, bei der Ammenuntersuchung, bei einer großen 
Reihe von Erkrankungen der inneren Organe, dos Nerven¬ 
systems und vor allem hei der Tabes, da von ihrer Reak¬ 
tion die Behandlung ähhängt. Daß sie für die Differenlial- 
diagnose in der Dermatologie eine große Rolle spielt, i'sl 
sei bstredend. 

Herr Dr. Fritz, Besser, Berlin, demonstrierte „die 
Technik der W as s e r m an n sehen Reaktion“,. Zunächst 
zeigt er an Experimenten die Grundlagen der modernen 
limnimiiätslehre, welche der Wassermann schon Reak¬ 
tion als Basis diente und führte zum Schluß die ein¬ 
zelnen Phasen der Reaktion an. 

Herr Dr. Karo, Berlin, besprach „die Behandlung 
der Nieren- und Blasentuberkulose“. Vortragender betonte 
(Icil Werl des Tuberkulins auch für die Nieren- und Blasen- 
luberkulose gegenüber der radikalen Operation und belegte 
seine Behauptungen mit einer Reihe von Kranken¬ 
geschichten. Das Tuberkulin empfahl er in Kombination 
mit Chinin, Kreosot und Atoxyl zu geben. 

Der Kongreß war von wissenschaftlich großer Bedeu¬ 
tung, und as wurde mit großem Beifall aufgenommen, daß 
der Vorsitzende Herrn Geheimrat Brock für seine Mühen 
dankte, die den Kongreß so zu aller Zufriedenheit aiisfallen 
gelassen hätten. Der größte Teil der Mitglieder der Gesell¬ 
schaft blieb in Berlin, um an der Zentenarfeier der Hufe- 
landschen Gesellschaft teilzunehmen. 

Das nächste Jahr soll der Kongreß wiederum in 
Berlin stattfinden. 



JNIVERSITY OF MICHIGAN 


REFERATE. 

Heber Kulms perorale Intubation. 

Autosammelreferat von W. Knick. 

I. Teil. 

1. Ueber die Kuhnsche Tubage. Aus der chirurgischen 
Abteilung des St. Hedwigskrankenhauses in Berlin. (Direktor: 
Prof. Dr. Hotter.) Von Dr. Albe r t D i r k , Assistenz¬ 
arzt. Deutsche med. Wochenschr., 1906, Nr. 40. 

2. Die Kuhnsche Tubage mit Berücksichtigung des Ueber- 
druckverfahrens. Aus der chirurgischen Klinik der königl. 
Charite in Berlin. (Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Hilde - 
br and.) Von Dr. Fritz Lotsch. Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1907. 

3. Zur operativen Behandlung der Nasenscheidewanddefonui- 
täten. Von Prof. Dr. K r e t s c h m n n n . Magdeburg. Verhand¬ 
lung der deutsch-otologischen Gesellschaft auf der 17. Versamm¬ 
lung in Heidelberg, G. und 7. Juni 1908. Verlag Gustav 
Fischer, Jena. 

4. Zur operativen Behandlung der Nasen.scheidewandeformi- 
täten. Von Prof. Dr. Kretsch m a n n , Magdeburg. Münchener 
med. Wochenschr., 1908, Nr. 41. 

1. Im letzten Jahre haben wir die schweren Operationen 
in der Chirurgie des Kopfes mit der peroralen Intubations- 
narkose nach Kuhn ausgeführt und mit dieser Methode sehr 
gute Erfahrungen gemacht. Es handelte sieh um sieben Fälle. 

In keinem der angeführten Fälle wurde die Kokainisierung 
des Rachens bezw. des Kehlkopfes der Tubage vorausgeschickt, 
sondern es wurden die Patienten zunächst in der gewohnten 
Weise mit Chloroform annarkotisiert. Dies An narkotisieren ge¬ 
schah stets ziemlich schnell, und es ist zu empfehlen, womöglich 
eine leichte Asphyxie herbeizuführen, um in diesem Stadium der 
Reflexlosigkeit, bei dem die Reizbarkeit der oberen Luftwege 
aufgehoben ist, die Einführung des Tubus am leichtesten ho-1 
werkstelligen zu können. War die gewünschte Tie^e Rer Nar¬ 
kose erreicht, so wurde der Mund mit dem Heister oder O’Ihvyer 
geöffnet uud die Zunge mit einer.Kugelzange hervorgezogen; 
letztere Manipulation erleichtert das Abtasten des Kehlkopf- 
oinganges. 

Die. Einführung des Tubagerohres erfolgte nun genau nach 
den Iv u h n sehen Angaben, nach denen ich das Verfahren noch¬ 
mal kurz beschreibe (folgt Beschreibung). 

Wenn ich zum Schluß unsere Erfahrungen zusammcnfas.se, 
so sind dieselben in jeder Beziehung als günstig zu bezeichnen^ 
Als besondere Vorzüge der Tubage in der Kopf Chirurgie möchte 
ich hervorlieben: 

Die Intubation macht den Operateur völlig unabhängig vom 
Narkotiseur und umgekehrt. Der Narkotiseur ist imstande, mit 
-kleinsten Dosen des Narkotikums eine gleichmäßige Narkose von 
beliebiger Tiefe herzustellen und zu unterhalten, und er ist mit. 
seiner Narkose dem Operateur in keiner Weise hinderlich. Alle 
die scheußlichen Zustände der Halbnarkose, des Hustens, 
Würgens und Brechens fallen somit weg, und andererseits sind 
Asphyxien nicht zu befürchten, da die oberen Luftwege stets 
irei sind. Da kein Blut in den Larynx oder Oesophagus fließen, 
kann, ganz gleich ob man in liegender Stellung oder am hängen¬ 
den Kopf operiert, so ist die Frage der Blutstillung eine viel 
einfachere. Kurz: die blutreichen Operationen am Kopf ge¬ 
stalten sich in dieser Beziehung nicht schwieriger als Eingriffe 
an anderen Körperregionen. Nachteile für die Operierten haben 
wir in keinem Falle beobachtet. Nur der Patient mit der 
Gaumenspalte — die Operation nahm längere Zeit in Anspruch, 
zum Teil, weil wegen außergewöhnlich starker Blutung lange 
tamponiert werden müßte — klagte am ersten Tage über Be¬ 
schwerden beim Schlucken, sonst hatten die Patienten hinterher 
keine Ahnung von den Vorgängen in ihrem Larynx während 
der Operation. Weder Heiserkeit noch Schling- oder Schluck- 
schmerzen, noch sonstige Beschwerden wurden beobachtet, und 
von seiten der Lungen haben wir in keinem Falle Reizerschei¬ 
nungen gesehen: keine Bronchitiden, keine Pneumonien. Dem¬ 
nach möchten wir diese Methode nicht nur als unschädlich für 
den Patienten, sondern direkt als ein schonendes Verfahren be¬ 
zeichnen, das den großen Vorteil der kontinuierlichen Narkose 
bietet, dis ja bekanntermaßen in ihren Nachwirkungen längst 
nicht so unangenehm ist, als der frühere, nicht zu vermeidende* 
Wechsel von Halb- und Voll-Narkose. 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 




191Ö 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


169 


^ir worden die Tubage künftig auch bei den sogenannten 
sohlechten Narkosen den Husten- und Brech-Narkosen — in 
Anwendung bringen — und sind überzeugt, daß wir zu gleich 
günstigen Resultaten kommen werden. Eine weitere Verwendung 
des Verfahrens zur Ueberdrucknarkose erscheint uns gleichfalls 
der Nachprüfung wert. 

2. Kuhn hat das unbestreitbare und unbestrittene Ver¬ 
dienst, die Idee, das Luftrohr bis zum Hautnivean, bis zui 
den Lippen, zu verlängern, in eine praktisch verwertbare Form 
gebracht zu haben. Er hat das getan durch Verwendung eines 
biegsamen MetalIschlauchs. 

.... Die Schwierigkeit der Einführung wird sicherlich 1 
vielfach überschätzt. Das gilt auch für die O’Dwy ersehe 
Intubation, mit der ja das Verfahren technisch durchaus ver¬ 
wandt ist. Wer die O’Dwyer sehe Intubation beherrscht,, 
kann auch den Kuhn sehen Tubus einführen. Eine Schwierig¬ 
keit ist nur bei sehr großen Individuen vorhanden, bei denen die 
Zeigefingerspitze des Inhibierenden nicht bis auf den Kehlkopf- 
eingang reicht. Man muß zufrieden sein, wenn man die 
Epiglottis hochklappen kann, so daß sie mit ihrem obersten 
Zipfel gegen den Zungenrücken gedrückt wird. Gelingt das, so 
gelangt man mit dem Tubus ohne weiteres in den Larynx. 
Liegt der Tubus, so wird sofort die Chloroformnarkose, und 
zwar Hie Tropfuarkose, eingeleitet. Das geschieht mittels eines 
Trichters. 

.... Die Indikationen für das Verfahren hat Kuhn selber 
auf dem Chirurgenkongreß im Jahre 1905 angegeben. Erstlich 
.soll das Verfahren angewendet werden bei allen „Operationen, 
die Mund- und Rachenhöhle, die Zunge, größere Teile der Lippen 
und der Nase betreffen.“ 

Was wir bei diesen Operationen verhindern sollen, ist die 
Aspirationsgefahr, dafür sind verschiedene Vorschläge gemacht 
worden. Der radikalste war die Tracheotomie und der Abschluß 
der Luftröhre durch Tamponkanülen etc. Das ist wohl jetzt 
vollkommen verlassen, wenigstens ist dieses Verfahren, das früher 
eigentlich gang und gäbe war, sehr selten geworden. Als Ersatz 
wurde erstens der hängende Kopf angewandt, zweitens die 
»Schräglage von’Kocher, weiter ist noch zu erwähnen die wohl 
jetzt am häufigsten benutzte Sitzlage und Halbnarkose, und 
schließlich kommt das K u h n sehe Verfahren in Betracht. Alle 
Verfahren haben ihr Für und Wider: der hängende Kopf zu¬ 
nächst eine 'stärkere Blutung und das umgekehrte. Operations¬ 
feld; die Schräglage muß doch nicht ganz ausreichen, da 
Kocher selbst rät, immer mit einem B e 11 o q u e sehen Röhr¬ 
chen die Choanen zu tamponieren. 

Daß es möglich ist, in Sitzlage und Halbnarkose auch die 
schwierigsten Operationen auszuführen, weiß ich aus meiner 
Assistentenzeit; aber schön sind die Operationen nicht, denn 
die Ruhe leidet ganz erheblich, und das Nervensystem nicht 
nur des Operateurs, sondern auch der Assistenten wird ganz 
erheblich beansprucht. Als letztes Verfahren bleibt die 
K u h n sehe Tubage. Man kann damit ohne jede Gefahr der 
Aspiration operieren, man kann tupfen, man hat eine Ue-ber- 
sicht, die jedenfalls durch das Rohr nicht gestört wird. . . . 

.... Die zweite Indikation, die K u h n nennt, ist die 
schlechte Narkose. Ich habe gerade in dieser Hinsicht Er¬ 
fahrungen in Magdeburg gesammelt und bei einer größeren 
Anzahl von Laparotomien das Verfahren angewandt. Das Pressen 
hört durch das Offenstehen der Glottis zwar nicht ganz auf, 
aber es wird erheblich gemildert. In Fällen von sogenannter 
schlechter Narkose, die den Operateur und Narkotiseur zur Ver¬ 
zweiflung bringen können, kann man manchmal mit gutem Er¬ 
folge die Tubageröhre einführen und dadurch daß Pressen ganz 
erheblich vermindern; man kann, wenn das Herz keine tiefe 
Narkose zuläßt, doch z. B. eine Bauchnaht ausführen, ohne 
allzu sehr gestört zu werden. 

Ferner hat K u h n das Verfahren für Asphyxie n emp¬ 
fohlen, und-es ist ganz klar, daß es dort Vorteile hat. Es (soll 
jetzt neuerdings in jedem Rettungskasten ein Tubagerohr. sein. 
Ob jeder Arzt in der Lage sein wird, die Tubageröhre einzu- 
iühren, möchte ich bezweifeln. Wichtiger erscheint mir die 
vierte Indikation, die Ueberdrucknarkose. 

.... Wenn man den K u h n sehen Tubus einlegt, die Ab¬ 
dichtung durch Rachentamponade .vernimmt und, den Tubus an 
eine Druckleitung anschließt, so werden wir den nötigen Ueber- 
druck erlangen; wenn wir seitlich durch irgendein Rohr, 
z. B. mit dem Juncker sehen Apparat, eine Narkose einleiten, 
■so werden wir alles haben, was wir brauchen. Wenn man das 



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Ventil vermeiden will, so kann man nach dem Vorgauge von 
Brauer einen Luftkasten ein fügen. ... 

.... Welches Verfahren in der Lungenchirurgie die besten 
Erfolge für die Zukunft ergeben wird, können wir heute noch 
nicht entscheiden ; ob wir dem K u h n sehen Tubus eine Druck¬ 
leitung angliedern mit einem Wasserventil oder einem Luft - 
kästen, oder ob wir auf die Abdichtung verzichten und durch, 
ein kleines seitliches Röhrchen einen stärkeren ITeberdfuck in 
den Kuhn sehen Tubus einleiten. 

3 .Die Operationen, welche ich bisher ausgeführt 

habe, sind in allgemeiner Narkose vorgenommen worden, und 
zwar kam jedesmal die perorale Tubage nach Kuhn zur An¬ 
wendung. Die Vorteile dieses Verfahrens beruhen einmal darin, 
daß eine Unterbrechung der Operation nicht stattfindet, wenn 
man genötigt ist, die Narkose wieder zu vertiefen, und zweitens 
ist eine Aspiration von Blut in die Luftwege — beim Ein- 
reißen der Schleimhaut blutet es ja durch die. Choanen 
nicht zu befürchten, wenn man den Hypopharynx und Pharynx 
gut austamponiert hat. Nach meiner Meinung ist die Anwendung 
der Allgemeinnarkose’ welche die orale Resektionsmethode er¬ 
fordert, kein Nachteil gegenüber der nasalen; denn wenn auch 
bei letzterer örtliche Anästhesierung mit völlig aufgehobener 
Schmerzempfindung erreicht werden kann, so stellt doch der 
Eingriff immerhin hohe Anforderungen an die psychische Wider¬ 
standskraft des zu 'Operierenden, die nicht jeder erfüllen kann 
und [erfüllen [wird. 

.... Ich habe vielleicht einige 30 Narkosen gemacht. 
Das Verfahren wende ich an bei Operationen an den Neben¬ 
höhlen der Nase. 

Ueble Zufälle habe ich nicht erlebt. 

Unter den ersten Anwendungen wurde vielleicht zu viel 
Chloroform (ein anderes Anästhetikum habe ich nicht ver¬ 
wendet.) zugeführt, es kam zu Atemstillstand. Ich habe damals' 
den Tubus entfernt. Jetzt lasse ich ihn in solchen Fällen! 
liegen und mache künstlich,' Atmung. Unmittelbar nach der 
Narkose tritt zuweilen Stimmlosigkeit auf, die nach einer 
Stunde verschwunden ist. Außer einer mitunter auftretenden 
leichten Rötung der Stimmhän.cleiy habe ich im laryngoskopi - 
sehen Bilde, das nach 24 Stunden aufgenommen wurde, keine 
Störung konstatieren können. 

Dem Mandrin habe ich die Krümmung der für Manipula¬ 
tionen im Kehlkopf bestimmten Instrumente gegeben, er führt 
sich für mich so leichter ein. Die Vorrichtung,'welche ein Zu¬ 
sammenbeißen der Zähne verhüten soll, habe ich entfernt; eine 
Schädigung des biegsamen Metallrohres danach nicht erlebt. 
Durch die Entfernung habe ich den Vorteil, daß die Zahnreihen 
mehr genähert werden, die Spannung der Oberlippe, welche bei 
Highmorshöhlenaufmeißlungen von der Fossa canina in die Höhe 
gezogen werden muß, auf diese Weise vermindert wird. Als 
Tampon des Hypopharynx verwende ich eine 5 m lange Mull¬ 
binde, die allmählich eingestopft wird. 

4 .Mein Vorgehen, daß ich bisher in 3 Fällen in 

Auwendung gezogen habe, gestaltet sich folgendermaßen (Be¬ 
schreibung). 

.... Wie schon kurz erwähnt, empfiehlt sich die Vor¬ 
nahme der geschilderten Operation in Allgemeinnarkose. Ich 
habe mich wenigstens bei meinen Fällen stets derselben be¬ 
dient. Wer die örtliche xAnästhesie bevorzugt, mag immerhin 
den Versuch machen, ob dieselbe, für den in Frage kommen¬ 
den Eingriff genügt. Für die allgemeine Narkose empfiehlt, 
sich, wie bei allen Nasenoperationen, die Intubationsnarkoscj 
nach Kuhn. Infolge des Umstandes, daß die Gase des Nar¬ 
kotikums durch das bewegliche Metallrohr direkt in den Larynx 
geleitet werden, ist eine Unterbrechung der Operation, um 
die Narkose wieder genügend tief zu gestalten, wie es bei An¬ 
wendung der Gesichtsmaske die Regel ist, nicht nötig. Das ist 
schon ein ganz bedeutender Vorteil, aber fast noch wichtiger 
ist der Umstand, daß die Ivuhnsche Methode ein Tamponieren 
des Hypopha-rynx, des Pharynx und der ganzen Mundhöhle 
gestattet, die Gefahren der Blutung durch die Choanen also 
aufhebt. Auf eine Blutung durch die Choanen muß man aber 
immer gefaßt sein. Wenn auch, falls es gelingt, den Schleim¬ 
hautschlauch beiderseits ohne Kontinuitätstrennung vom »Sep¬ 
tum zu lösen, eine Blutung in den Nasenrachenraum nicht statf- 
finden würde,' so kann man doch darauf nicht mit absoluter 
Sicherheit rechnen. Vielfach reißt eben die Schleimhaut doch 
an irgendeiner Stelle ein, und damit ist dem Blutstrom der 
Weg in den'Nasenrachenraum eröffnet. Es kann nur wieder von 


CHIGAN 


Wmnm 

UNIVERSI 







170 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 11 



neuem darauf hingewieseu werden, daß die Kuhn sehe Methode 
der Intubationsnarkose bei allen operativen Maßnahmen der 
Nase und der Nebenhöhlen eine große Erleichterung für den 

Operateur schafft. 

(Fortsetzung folgt.) 


Chirurgie. 

Referent: Spezialarzt Dr. Mohr, Bielefeld. 

1. Beiträge zur Blutleere der unteren Körperhälfte nach 

Momburg. Von zur V e r t h , Berlin. Münchener med. Wochen- 
# schrift, 1910, Nr. 4. 

2. Zur Behandlung der post-poliomyelitischen schlaffen Läh¬ 
mungen. Von Wittek, Graz. Wiener klin. Wochensehr., 1910. 
Nr. 4. 

3. Ein Fall von doppelseitiger isolierter Luxation des Os 

lunatum. Von v. Frisch, Wien. Ibidem. 

4. Die sog. „Mastitis chronica“ und das Mammakarzinom. 

Von Brehm, Libau. St. Petersburger med. Wochenschrift, 
1910, Nr. 2. 

5. Ein Fall von Hautkarzinom nach Trauma. Von Hen¬ 
rich. Hamburg. Münchener med. Wochenschr., 1910, S. 137. 

ß. Traumakarzinom und Zahnprothese. Von Hahn, Bres¬ 
lau. Berliner klin. Wochenschr., 17. Januar 1910. 

7. Beitrag zur Bekämpfung drohender Gangrän. Von 
Schepclmann, Halle. Reichsmedizinal-Anzeiger, 1910, Nr. 2. 

8. Akute Leberverfettung nach Resektion eines Leberlappens. 
Von Rinne, Berlin. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 4. 

9. Ueber die Verlötung unsicherer Nahtlinien durch freie 
Autoplastik. Von König, Altona. Ibidem. 

10. Die Entzündung und Einklemmung des Wurmfortsatzes 
im Bruchsacke. Von Thon, Bremerhaven. Ibidem. 

11. Gastro-Entero-Duodenostomie. Von Bürdenko, Dor¬ 
pat. Russische med. Rundschau, 1910, H. 1. 

12. Subphrenisches Hämatom infolge Stichverletzung. Von 
Aenstoots, Duisburg. Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
Nr. 2, S. 75. 

13. Zur Kasuistik der Resektion des Nervus vagus beim 

Menschen. Von Dechanow. Russische med. Rundschau, 1910, 
Heft 1. 

1. Nach den bisherigen Erfahrungen sind die Gefahren der 
M o m b u r g sehen Abschnürung der unteren Körperhälfte für 
den Darm gering, wie Verf. auch durch den Autopsiebefund 
eines an Herzschwäche nach ausgedehnter Reckenresektion ver¬ 
storbenen Knaben beweist. Bei einwandfreier Technik scheinen 
nur alte, schwer herzkranke und dekrepide Leute den An¬ 
forderungen der Abschnürung an das Herz nicht gewachsen zu 
sein, unter 20 Fällen Verfassers nur einer. Die Blutdrucksteige¬ 
rung läßt sich durch Beckenhochlagerung vor Anlegung des 
Schlauchs wahrscheinlich nicht einschränken, von letzterer ist 
daher abzusehen. Dagegen-'ist die Anlegung Es marchscher 
Binden an beiden Oberschenkeln, wo der Eingriff es zuläßt, vor 
der Abschnürung in der Taille zu empfehlen. Verf. schließt 
sich Biers Ansicht an: M o m b u r g s Verfahren ist einfach 
und schön. Wo allerdings der T r e n de 1 e n bu r gsehe Speer 
zur unblutigen Durchführung des Eingriffs genügt, ist letzterer 
vorzuziehen. 

2. Durch Poliomyelitis paretisch gewordene Muskulatur 
wird durch Ueberdehnung funktionsuntüchtig, und kann sich 
durch Verkürzung wieder erholen, wie Verf. an einem mit 
Sehnentransplantation behandelten Falle zeigt. Geschädigte 
Muskeln müssen also baldigst operativ verkürzt werden; durch 
Exzision eines entsprechenden Hautlappens muß das betreffende 
Gelenk in einer Stellung fixiert werden, daß normale Ent¬ 
fernungen zwischen den Ansatzpunkten der Muskeln erhalten 
werden, und durch die Hautnarbe eine spätere Ueberdehnung des 
Muskels vermieden wird. Dann läßt man die Kinder gehen und 
bekämpft nach Ablauf eines Jahres zurückgebliebene Lähmungen 
durch Sehnenüberpflanzung ocler Arthrodese. 

3. Fall von gleichzeitiger Verrenkung des Mondbeins volar - 
wärts, Exstirpation des Knochens an beiden Händen. Nach¬ 
behandlung mit Heißluftbädern und aktiven Bewegungen. 

4. Um Hie Frauen mit Mastitis chronica endgültig von der 
Krebsfurcht zu befreien, um sich vor Rezidiven nach Entfernung 
der verhärteten Stellen zu schützen, und vor allem, um Hie 
Möglichkeit späterer Krebsentwicklung abzuschneiden, ist als 
einzig rationelles Verfahren die totale Entfernung der ganzen 
Brustdrüse anzusehen, wobei man die Warze erhalten kann und 


VERSITY OF 


weder die Pektoralfascie niifniunnt noch di' 1 Achselhöhle aus¬ 
räumt. Mitteilung zweier Fälle. 

5. Hautkarzinom der Ellenbeuge, welches sich auf der 
Narbe, einer alten Verbrennung nach wiederholte Stößen gegen 
die Narbe entwickelte. Das durch Probeexzision gesetzte Trauma 
führte zu einer enormen Vergrößerung der uleerierten Ge¬ 
schwulst, daher Exartikulation des Arms im Schultergelenk mit 
Ausräumung der Achselhöhle. Trotzdem rasches Rezidiv, welches 
nach dem Sektionsbefund in der Tiefe bis auf die Rippen ge¬ 
wuchert war. 

6. Fall von Zungenkarzinom, welches aus einer gering¬ 
fügigen, durch die scharfen Kanten eines einzeln stehenden 
Weisheitszahnes hervorgerufenen Verletzung sich entwickelt 
hatte. Trotz baldiger Operation Exitus. Durch recht¬ 
zeitige zahnärztliche Hilfe — zahnärztliche Prothese zur 
Beseitigung der scharfen Ränder kann mancher Krebsi 
entwicklung vorgebeugt werden. Auch nach stattgehabter 
Operation eines Zungenkarzinoms sowie überhaupt bei 
jeder größeren Wunde im Bereich des Mundes ist die zahnärzt ¬ 
liche Prothese, welche glatte Flächen schafft, ein wichtiger Heil¬ 
faktor. 

7. Fall von drohender Fingergangrän nach blutiger Streckung 
eines kontrahierten Fingers. Durch das Verfahren von N ö ß k e 
(cf. früheres Referat > gelang es, den Finger zu erhalten. 

8. Nach Resektion eines sehr beweglichen und erhebliche Be¬ 
schwerden verursachenden Lappens einer luetischen Leber trat 
einige Tage später eine akute Leberdegeneration ein, welcher 
Pat. in wenigen Tagen erlag, ohne daß ein erklärlicher Zu¬ 
sammenhang mit der Operation gefunden werden konnte. Als 
Ursache dieser akuten gelben Leberatrophie mußte eine allge¬ 
meine konstitutionelle Ursache, wahrscheinlich infolge der alten 
Lues angenommen werden. 

9. Auch der sorgfältigste Verschluß mancher Bauchhernien 
sowie von Schleimhaut tragenden Kanälen und Höhlen, zumal 
ohne Seroauskleidung, führt leicht zu Lü'öken in der als un¬ 
sicher anzusehenden Nahtlinie. Es ist daher angezeigt, diese 
Nahtlinien durch breit über sie hingelegte Gewebsstücke zu 
„verlöten“. Diese Verlötung hat durch ungestielte Lappen zu 
geschehen; als Material empfiehlt sich Periost, Fascie, event. 
auch Gefäßwand. Diese Verlötung ist, wie Verf. an einzelnen 
Krankengeschichten zeigt, bisher mit Erfolg hei Bauchhernien, 
bei Blasennähten, bei der Plastik der Harnröhre verwendet 
worden, verdient aber noch weitere Ausbildung. 

10. Sieben Krankengeschichten, welche fast alle Formen des 
Krankheitsbildes zeigen, welches im Anschluß hieran geschildert 
wird. Die Therapie kann nur operativ sein, der Appendix wird 
am besten stets entfernt. Nach der Herniotomie wird der Schnitt 
verlängert, bis man die Bauchhöhle soweit eröffnet hat, um be¬ 
quem an die Ansatzstelle des Wurmfortsatzes heranzukommen. 
Bei Schenkelhernien wird also das Leistenband nach oben bis 
zur Eröffnung der Bauchhöhle durch trennt, und am Schluß der 
Operation wieder vernäht. 

11. Tierexperimente über die beste Methode der Gastro¬ 
enterostomie. Das vereinfachte Verfahren ist folgendes: es wird 
eine Gastroenterostomie an beliebiger Stelle angelegt, hiernach 
wird eine Dünndarmschlinge zum Duodenum geleitet und eine 
Duodenoenterostomia. und etwas weiter abwärts eine Enter- 
ostomie gemacht. Jetzt gehen die Ingesta zum Teil oder 
ganz durch das Duodenum, und di> Verdauung kann in gewöhn¬ 
licher. Weise von statten gehen. Auch wurde später keine 
Pankreasatrophie oder Atrophie der Duodenalschleimhaut beob¬ 
achtet, wie sie bei Kontrolltieren nach der gewöhnlichen Gastro¬ 
enterostomie stets auftrat. 

11. Nach einem Messerstich mit Einstich im ß. rechten 
Zwischenrippenraum bei der Brustwarzenlinie trat ein Sym- 
ptomenbild ein, welches als subphrenisches Hämatom, vermutlich 
infolge von Leberverletzung, angesprochen wurde. Die Probe - 
punktion bestätigte die Diagnose. Heilung bei abwartender Be¬ 
handlung. 

12. Bei der Operation einer rezidivierten Drüsenmatastase 
des Halses nach Zungenkarziuom mußte die Vena jugularis in¬ 
terna in 3 cm Länge mitentfernt werden; hierbei wurde teils 
infolge der Nachbarschaft, teils durch einen ungünstigen Zufall 
der Nervus vagus in gleicher Länge reseziert, ohne daß zunächst» 
auffallende Erscheinungen von seiten des Pulses aufgetreten 
wären; es blieb nur eine unbedeutende Heiserkeit zurück. Der 
Fall bestätigt also die Ungefährlichkeit der einseitigen Resektion 
selbst des gesunden Stammes des Nervus vagus, sobald diese 
unterhalb des oberen Kehlkopfnerven ausgeführt wird. 






1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 



171 


Geburtshilfe und Gynäkologie. 

Referent: Spezialm-zt Dr. Lothar Frankenstein, Berlin. 

1. Ovarien 4 \\ Jahre nach Uterusexstirpation. Von Dr. 

Karl Pronai, Wien. Zentralblatt für Gynäkologie, 1910, 
Nr. 6. 

2. Zum Kapitel: Manuelle Plazentalösung. Von Prof. 
Peters, Wien. Ibidem, Nr. 7. 

3. Die Tamponade bei Behandlung der Placenta praevia. 

Bi’- Karl Heil, Darmstadt. Münchener med. Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 5. 

1. Anläßlich einer Karzinomrezidivoperation wurden bei 
einer Frau, der 4 1 4 Jahre zuvor der Uterus vaginal entfernt 
worden war, die damals zurückgebliebenen Ovarien mitexstir- 
pierl. Histologische Untersuchung derselben ergab, daß die 
Zahl der Primordialfollikel vermindert war, die in den größerem 
Follikeln vorhandenen Eier beginnende Degeneration zeigten, 
die Anwesenheit von nur sehr wenigen, stark geschrumpften 
Corpora candicantia, kein Corpus luteum, daß aber andererseits 
durch die vorhandenen Primordialfollikel und reifenden Follikel 
für einen gewissen Nachwuchs gesorgt sei. Die Ovarien waren 
zwar noch wohl erhalten, jedoch nicht mehr ganz funktions¬ 
tüchtig^. 

Die sich widersprechenden Anschauungen der verschiedenen 
Autoren werden kurz gestreift. Besonders Amerikaner und 
Franzosen sind für Mitentfernung der Ovarien eingetreten, da 
sie an den zurückgelassenen Ovarien Tumorbildung beobachteten. 
Andererseits sind einige Jahre nach der Totalexstirpation des 
Uterus die Ovarien von einzelnen Operateuren völlig unver¬ 
ändert und funktionstüchtig gefunden worden. Eine dritte 
Gruppe hat beobachtet, daß die Ovarien zwar anfangs funktio¬ 
nieren, jedoch schließlich der Atrophie anheimfallen. 

Mit Rücksicht auf die bedeutsame Rolle, die die Ovarien 
im Organismus spielen, plaidiert Verf. dafür, sie nach Mög¬ 
lichkeit zu schonen und zu erhalten. Ref., der sich mit dieser 
Frage speziell beschäftigt hat und vor mehreren Jahren im 
Anschluß von 5 Fällen von Tumorbildung im zurückgelassenen 
Ovar, die in der I) ü h rs s e n sehen Klinik zur Beobachtung 
und Operalion kamen, warm für ein möglichst radikales Ver¬ 
fahren eintrat, möchte heute seine Anschauungen etwas 
modifizieren. Im Vergleich zu den vielen Tausenden von Total- 
(Exstirpationen des Uterus mit Zurücklassung der Ovarien stehen 
die Fälle von Tumorbildung in diesen in keinem Verhältnis 
und dürften kaum die Prozentzahl der Ovarialerkrankungen 
überhaupt überschreiten. Andererseits ist das Los einer Frau, 
die in der Blüte der Jahre ihrer Keimdrüsen beraubt ist. 
häufig ein so trauriges, daß man lieber eine Frau einer event v 
zweiten Operation aussetzen, als aus übertriebener Prophylaxe 
eines für den Organismus so wichtigen Organes wie das Ovar 
berauben wird. Das Grundprinzip des wahrhaft humanen Opera¬ 
teurs muß stets das sein, möglichst konservativ vorzugehen. 
Allerdings ist es erforderlich, bei jeder Uterusexstirpation sich 
von dem Zustande der Ovarien zu überzeugen; sollten sie 
schwere Veränderungen zeigen, so sind sie mit zu entfernen. 

2. Die manuelle Plazentalösung ist ein für die Frau sehr 
gefährlicher Eingriff, weist nach verschiedenen Statistiken eine 
Mortalität bis 13°/o und eine Morbidität bis ÖÖ°,'o auf. Trotz 
sorgfältigster Desinfektion von Vulva und Scheide werden mit 
der Hand beim Berühren dieser Gebiete Keime in die Uterus¬ 
höhle verschleppt. Um diese Infektionsmöglichkeiten auszu- 
schalten, die durch Berührung der nicht keimfrei zu machenden, 
Vulva und Scheide gegeben sind, fordert Verf. prinzipiell die 
Hand unter Leitung des Auges in den sichtbar gemachten, 
Uterus einzuführen. Das Verfahren gestaltet sich derartig, 
daß unter allen Kautelen der Asepsis und Antisepsis die Mutter¬ 
mundslippen gefaßt und bis in die Vulva herabgezogen werden, 
dann läßt sich bequem, ohne Berührung der Vulva und Scheide, 
der Eingriff vornehmen und die Plazenta herausholen; hierbei 
wird, zumal bei Anwendung von Gummihandschuhen, jede In¬ 
fektionsmöglichkeit auf ein Minimum reduziert. 

3. Die Ausführungen Verf.s gipfeln in folgenden Schlu߬ 
sätzen: Ich halte die Tamponade aucK jetzt noch immer da 
für zweckmäßig und berechtigt, wo sie als Ersatz für die aus 
irgendwelchen Gründen nicht ausführbare Metreuryse in Be¬ 
tracht kommt, d. h. also bei geringer Anämie der Mutter in 
allen Fällen von geringer Muttermundsweite und noch derbem 
Mutterhalse bei lebendem und lebensfähigem Kinde, um durch 
die Tamponade eine für Wenden und Ausziehen des Kindes ge¬ 
nügende Cervixerweiterung zu erzielen. 



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Nicht die Tamponade an sich ist gefährlich wegen der In¬ 
fektionsgefahr, nur die nicht aseptische und nicht technisch¬ 
vollkommene. Ausführung derselben. 

Verf. empfiehlt, die Frau in Seitenlage zu bringen. Die 
Vagina ist sorgfältig Von Blutgerinnseln zu reinigen und zu 
desinfizieren. Als Tamponadematerial bedient man sich der 
D ti h r s s e n sehen Büchse, die in keiner geburtshilflichen 
Tasche fehlen darf. Will man die Cervix tamponieren, so ist. 
die Portio anzuhaken. Es folgt die feste und allseitige Tampo¬ 
nade des Scheidengewölbes. Als Abschluß folgt eine Tampo¬ 
nade mit Watte, worauf auch Dührssen stets besonderes 
Gewicht legt. Allzustarker Druck auf die Urethra ist zu 
vermeiden. 

Unersetzlich ist dies Verfahren für den praktischen Arzt, 
der eine blutende Kreißende nach einer Klinik dirigieren will. 


Pathologische Anatomie. 

Referent: Stabsarzt Dr. GeiSSleP, Neu-Ruppin. 

1. Ueber die Histogenese des Karzinoms. Von Walz. 

Mediz. Korrespönd.-Blatt, 1909, Nr. 5. 

2. Ueber die Unterscheidung der Menschen- und Tierknochen. 

Von T. Wada. (Aus dem gerichtl. med. Inst, der kais. Univ. 
in Kioto, Japan.) Vierteljahrsschr. für gerichtl. Mediz., 1909, 
Bd. 37, H. 2. 

3. Ueber Regeneration in der Leber. Von A. Carraro. 

Aus dem path. Institut in Bonn. > Virch. Arch., Bd. 195, H. 3. 

1. Verf. geht zuerst auf die Theorien Virchows über das 
Karzinom ein und wendet sich dann zu der Lehre von 
T h i e r s c h und Waldeyer, demzufolge das Karzinom eine 
atypische, epitheliale Wucherung ist. Die Grundsätze, durch 
welche diese Lehre gestützt wird, werden genauer mitgeteilt, 
ebenso die Theorien, welche versuchten, die W aldeyer- 
ThieTsche Lehre zu erschüttern. Für die Parasitenlehre 
haben sich bisher feste Stützpunkte nicht finden lassen. 
B i b b e r t hat in den Streit über das Wesen des Krebs es] 
noch eine neue Ansicht hin eingetragen, -e-r--sioht im bildlichen, 
Sinne die Krebszellen selbst als Parasiten an, ähnlich wie man 
das mit den Leukozyten kann. Die Krebszellen als fremde 
Gebilde stehen nicht in inniger Gemeinschaft mit dem Binde¬ 
gewebe wie sonst Epithelzellen. Für die Annahme ,,Parasiten“ 
spricht ferner die Eigenbeweglichkeit der Krebszellen, ihr 
Wachstum und die Bildung der Metastasen, die durch den Ver¬ 
such möglich gemachte Uebertragung von Zellen auf art- 
gleiche Individuen. Das Wachstum der Karzinome erfolgt aus 
sich heraus, nicht durch Umwandlung von Nachbargewebo. Der 
Theorien über das Tiefenwachstum der Karzinome gedenkt Verf. 
ausführlicher, gleichzeitig auch der C o h n h e i m sehen Theorie 
und der Ansichten über die Bedeutung des ,,Reizes“ für die 
Entstehung von Karzinomen. 

2. Der Gerichtsarzt hat oft bei Untersuchung von Knochen- 
Stückchen Antwort zu geben auf Fragen nach Lebensalter, Ge¬ 
schlecht, verstrichener Zeit seit dem Tode, Identität, Ver¬ 
letzungen an diesen Stücken und nach Giften. Die Beant¬ 
wortung dieser Fragen hat meist erst dann Bedeutung, wenn 
sichergestellt ist, ob man Menschenknochen vor sich hat. Bei 
mehreren ganzen Knochen. Teilen von Skeletten, ist die Unter¬ 
scheidung von Tier und Mensch nicht schwer, anders, wenn 
nur einzelne Knochen oder kleine Stückchen zur "Verfügung 
stehen. Bei frischen Knochen ist die biologische Methode an¬ 
wendbar. Eine andere Methode stellt die Menge der Hävers- 
sehen Kanäle an Querschnitten in Vergleich. Das Ergebnis 
war: Die durchschnittliche Zahl der Hävers scheu Kanäle 
des Menschenknochens ist geringer als die bei Tierknochen, 
dagegen ist, ihre Weite auffallend größer. Knochen neugeborener 
Kinder gleichen betreffs Zahl und Weite der Kanäle nicht 
denen von Erwachsenen, ähneln vielmehr denen von Affen. 
Gleichwohl ist der Unterschied nicht schwer, denn bei Kindern 
sind die Grenzen zwischen den Haversschen und inter¬ 
stitiellen Knochenlamellen ganz verwischt und die konzentrischen, 
Anordnungen der Knochenlücken um die Kanäle noch weniger 
ausgeprägt; bei Affen sind die Haversschen Lamellen scharf 
begrenzt, ihre Knochenliicken deutlich konzentrisch angeordnet. 
Verbrannte Knochen untersucht man zweckmäßig, indem man 
Gelatine-Einbettungspräparate herstellt und im auffallenden 
Licht mikroskopiert. Unvollständig verbrannten, tiefschwarzen 
Knochen verbrennt man aufs neue im Porzellantiegel, bis er 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 










172 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 11 


cluukclgrau erscheint, dann bettet man ihn in Gelatine ein. 
Bei ganz weiß kalzinierten Knochen färbt man die Gelatine 
Einhettung’spräparate mit alkoholischer Methylenblau- oder Gen- 
tionaviolettlösung und schleift ein wenig, bis der Farbstoff an 
der Knochenfläche kaum sichtbar wird. 

3. Daß die Leber die Eigenschaft besitzt, sich zu regenerieren, 
kann jetzt nicht mehr bezweifelt werden. Das beste Beob¬ 
achtungsobjekt beim Menschen bietet die Leber bei akuter, 
gelber Leberatrophie. Als Ausgangspunkt sieht ein Teil der 
Forscher die Gallengänge, ein anderer die alten Leberzellen an. 
Spritzt man Kaninchen Aether in die Pfortaderäste, so kommt 
es zu ausgedehnten Nekrosen im Parenchym. Verf. stellte solche. 
Versuche an. In anderen Fällen brachte er Lebergewebe durch 
Chloräthyl zum Gefrieren, es kam zur Nekrose, und in noch 
anderen spritzte er große Mengen (5—6 ccm) Aleuronat-Emul¬ 
sion in Kochsalzlösung in die Mesenterialvene. Letztere Methode 
erwies sich aber für seine Zwecke als ungeeignet. Bei seinen 
mikroskopischen Untersuchungen fand er beginnende Regene¬ 
ration schon nach 48 Stunden. Sie erfolgte aber nur in ziem¬ 
lich hochgradig zerstörtem Lebergewebe. Waren nur kleine 
Gewebsteile vernichtet, so sah man zunächst einige Andeutungen 
von Regenerationsprozessen. bald aber ersetzte das stark sich 
entwickelnde Bindegewebe das untergegangene Gewebe. Die lieu- 
gebildeten Leberzellen entstanden immer durch Sprossung und 
nachfolgende Differenzierung von soliden Strängen aus den 
erhaltenen Parenchymzellen. Nach umfangreicher Zerstörung 
des Lebergewebes beobachtete man auch in von der Regene¬ 
rationszone s’ehr entfernten Leberzellen zahlreiche Mitosen 
(kompensatorische Hyperplasie). Die Epithelzellen der neu- 
gebildeten Gallengänge wandelten sich niemals in Leberzellen 
um. Das neugebildete Lebergewebe hatte eine andere Struktur 
als das normale. Es entstand ein Netz von Zellbalken, welche 
mit Blut erfüllte Hohlräume einschlossen. Mit diesem Netz 
traten die neugebildeten Gallengänge in Berührung. An den 
Grenzen der kleinen, infolge von Erfrierung entstandenen 
Nekrosen bildeten sich aus dein vorhandenen Parenchym Riesen¬ 
zellen, 'die das Bestreben des Organs zur Regeneration an- 
deuteten, aber bald wieder zu Grunde gingen. In dem Binde¬ 
gewebe, das allmählich die nekrotisierte Zone ersetzte, bildeten 
sich viele Bindegewebsriesenzellen. 


Radiologie. 

Referent: Dr. H. E. Schmidt, Berlin. 

1. Die Behandlung der roten Muttermale mit Licht und 
Radium nach Erfahrungen an 40 Fällen. Von Prof. Kro- 
mayer. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 7. 

2. Behandlung der Kehlkopftuberkulose mit Röntgenstrahlen 
(Tiefenbestrahlung). Von Prof. Dr. Wilms. Ibidem. 

3. Zur Motilitätsprüfung des Magens mittels Röntgen¬ 
strahlen. Von Dr. Schlesinger. Berliner klin. Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 7. 

1. Kromayer gibt von den 40 Fällen, die er bisher 
mit Licht oder Radium oder gleichzeitig mit Licht und Radium 
behandelt hat, eine Auswahl von 18, deren Krankengeschichten 
in extenso mitgeteilt werden. Aus diesen ist ersichtlich, daß: 
durch Lichtbehandlung allein nicht ein einziger geheilt ist; 
günstigstenfalls wurde eine erhebliche Abblassung erzielt. Viel 
besser sind die Resultate der Radium-Behandlung oder der 
kombinierten Anwendung von Licht und Radium, die in der Tat 
meist zu völliger Beseitigung der Gefäßnaevi führt. Referent 
hält bei größeren flachen und bei den tumorartigen Naevis vas- 
culosis die Röntgen-Behändlung der Radium-Behandlung für 
überlegen (cf. Deutsche med. Wochenschr., 1909, Nr. 52!). 

2. Mitteilung eines Falles von Larynxtubcrkuloso, 
der durch Röntgen-Bestrahlung geheilt wurde. Es handelte sich 
um ein unregelmäßig gerändertes, zackiges Geschwür an der 
hinteren Larynxwand, das fast die ganze Fläche zwischen den 
Aryknorpeln einnahm. Nach 2 Bestrahlungen (Volldosis nach 
Sabouraud-Noire, Aluminiumfilter) war das Ulcus voll¬ 
kommen vernarbt. 

Ferner dürfte es von Interesse sein, daß hier von chirurgi¬ 
scher Seite vor radikalem Vorgehen bei der Gelenk - und 
Knochentuberkulose gewarnt wird, da hier häufig 
Rezidive auftreten, während diese Affektionen nach Rönt¬ 
gen-Behandlung vollkommen auszuheilen 
pflegen. 

3. Auf Grund seiner ausführlich mitgeteilten Versuche 
kommt der Verfasser zu dem Schlüsse, daß der Wismutbrei, 


der zur Motilitätsprüfung verwandt wird, im Magen nicht 
sedimentiert und daß damit, der Hauptvorwurf, welcher der 
Motilitätsprüfung des Magens mit Röntgeiistrahleii bisher ge¬ 
macht wurde, nicht stichhaltig ist:, daß ferner die röntgen¬ 
ologische Methode den bisherigen Prüfungsmethoden an Ge¬ 
nauigkeit keinesfalls nachstelit und außerdem für den Pa¬ 
tienten die schonendste Untersuchungsmethode ist. 


Italienische Literatur. 

Von Sanitätsrat Dr. Hager, Magdeburg-N. 

1. Meningo-encefalite sifilitica con vasto ematoma: le in- 
jecioni endovenose di sublimato nella sifilide cerebrale. Von 
T r-e r o t o 1 i. II policlinico sez. med., November 1909. 

2. Considerazioni sul problema immunitorio nel corso del 1* 
infezione tifica. Formazione di focolai ascessuali e potere 
agglutinativo del siero di sangue. Von Quadro ne. Gazzetta 
degli osped., 1909, S. 148. 

3. L’ittioformio nella terapia delle malattie intestinali e del 
tifo. Von Cantani. Gazzetta degli osped, 1909, S. 14(5. 

4. Contributo alla cura dell’ozena per mezzo delle correnti 
di alta frequenza e di alta tensione. Von de Palma. Annali 
di elettricita medica e terapia fisica, Dezember 1909. 

1. T. berichtet aus der Klinik Perugias über schwere 
Fälle von Gehirnsyphilis und rühmt die von Bacel 1 i im Jahre 
1890 eingeführte intravenöse S u b 1 i m a t t h e r a p i e in 
solchen Fällen. 

Mit dieser Behandlung 0,01 pro dosi uiL;d pro die erzielt 
man noch Heilung in schweren Fällen von Lues, welche jeder 
anderen spezifischen Kur, auch längeren subkutanen Injektionen 
Widerstand leisteten. Sie sind namentlich angezeigt in schweren 
Fällen von Gehirnlues, bei welchen die kleinste Verzögerung fin¬ 
den Kranken verhängnisvoll zu werden droht. Ihre Wirkung 
ist eine erheblich schnellere und energischere, wie die aller 
anderen bisher angewandten Kuren. 

2. Die Anschauung, daß die Bildung von Abszessen im 
Ablauf akuter Krankheiten, namentlich des Typhus, in einem 
gewissen Zusammenhang mit der Abschwächung des infektiösen 
Prozesses stehe, haben eine Reihe älterer Autoren vertreten. 
Andere gingen so weit, durch Injektion von Terpentinöl 
bei infektiösen Krankheiten Eiterherde zu erzeugen, um so auf 
den infektiösep Prozeß günstig einzuwirken. Indessen handelt 
es sich nicht um die gewöhnlichen, im Deferveszenzstadium auf¬ 
tretenden Abszesse und andererseits nicht um Erzeugung künst - 
licher Eiterherde auf der Al£me des infektiösen Prozesses oder 
jenseits derselben. 

Qu. erwähnt aus dem Stadthospital zu Turin drei schwere 
Fälle von Typhuserkrankungen, in welchen es nach Kampfer- 
injektionen zu eitrigen Abszessen kam. Tn allen Fällen waren 
im Eiter Typhusbazillen nachweisbar und besonders auffallend 
war das Ansteigen des Agglutinationsvermögens während der 
Bildung der Abszesse. 

Es ist für durchaus möglich anzusehen, daß der Typhus¬ 
keim aus dem Blutstrom in die Gewebe eingewandert und hier 
durch kleine Gewebsläsionen festgehalten, immunisierende Re- 
aktionsprodukte erzeugt, welche in der gleichen Weise wirken 
wie künstlich subkutan eingeführte Impfstoffe. 

3. Ichtyoform ist ein schwärzliches Pulver von etwas 
petroleumartigem Geruch, geschmacklos, unlöslich in Wasser, 
fast unlöslich in Aether, wird durch verdünnte Säuren nicht 
angegriffen. Es wird vom Mägen, auch in starken Gaben von 
6—8 g am Tage, gut vertragen, passiert den Darm zum großen 
I eil unverändert, gibt den Fäzes eine braun-schwarze Farbe, 
welche von dem Quantum des" nicht resorbierten Mittels abhängt! 
Seine antiseptische Wirkung auf Zersetzungsprozesse im Darm 
soll auf der Abspaltung von Formaldehyd beruhen und auf der 
Wirkung desselben in statu nascendi, welche sich auf die ganze, 
Ausdehnung der Darmschleimhaut erstreckt. Es wird von ver¬ 
schiedenen Autoren als ein vorzügliches Mittel bei allen putriden 
Diarrhöen und Darmkatarrhen gerühmt und namentlich neuer¬ 
dings bei Darmtuberkulose als das beste symptomatische 
Mittel empfohlen. 

C. prüfte das Ichtyoform in der Klinik Neapels an einer 
Reihe von 20 Typhuskranken. Den meisten derselben war vor- 
hei Ivalomel in purgierender Form gegeben und alsdann wurde 
mit Ichtyoform in der Dosis von y 2 g bis 1 g alle zwei 
Stunden begonnen; in der zweiten Woche wurde diese Behand¬ 
lung fortgesetzt; in der dritten Woche war in allen Fällen 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


173 


außer in zwei schweren, die Rekonvaleszens eingeleitet und es 
wurde mit dem Mittel heruntergegangen. 

In allen Fällen wurde das Mittel gut vertragen und sein 
Einfluß auf Diarrhoe, Meteorismus, Schmerzen des Unterleibes, 
ferner auf das Allgemeinbefinden, Sensorium und Milderung 
des ganzen Krankheitsverlaufs war ein unverkennbarer. C. be¬ 
trachtet es nach seinen Erfahrungen als das beste Mitteil, 
welches wir gegen tuberkulöse und typhöse Darmkatarrhe zur¬ 
zeit besitzen. Seine Wirkung wird am augenfälligsten durch 
die schnelle Abnahme des Indikan» im Urin illustriert. 

4. Die Therapie der Ozaena hat zu erzielen 

a) die vollständige Entfernung der Krusten, 

b) die Antisepsis der freigelegten Geschwürsflächen und 
der erkrankten Choanen, 

c) die organische Regeneration der Schleimhaut. 

Diese dreifache Aufgabe erfüllt die Behandlung mit elek¬ 
trischen Strömen von hoher Spannung und hoher Frequenz: 
sie äußern eine trophische Wirkung auf die Nasalschleimhaut, 
regen die Drüsensekretionen an und modifizieren die Zirkula¬ 
tionsbedingungen. 

Am Ivontaktpunkte der Elektrode folgt auf die Ischämie 
der Schleimhaut, welche sich im Anfang äußert, eine inten¬ 
sive und dauernde Hyperämie, welche eine Veränderung der 
Osmose und des elektrischen Koeffizienten der Gewebe und 
des Blutes bewirkt, zugleich mit vermehrtem Zufluß von Leuko¬ 
zyten und Serum. Bei dieser Behandlung hört, wie de Palma 
in zwei Fällen demonstriert, der üble Geruch auf; die Sekretio¬ 
nen verändern sich in günstiger Weise, hören auf, sich inj 
Form von anhängenden Krusten zu verdichten, während die 
Schleimhaut ihre Trockenheit, ihr blasses und geschwüriges 
Aussehen verliert, rosig und feucht wird und sich vasku- 
larisiert. 


Varia. 

Die Unterstützung der Zahnentwicklung in den ersten 
Lebensjahren. Von J u n g , Berlin. Deutsche zahnärztliche Ztg., 
1910, Nr. 5 

Zur Kräftigung des Knochensystems und des Kauapparates, 
diesen als Unterabteilung des Knochensystems betrachtet, muß 
dem Kind in den ersten Lebensjahren eine kräftigende Beikost 
gegeben werden. Als Typus eines guten Präparates, als Neben- 
kost hat sich der Op e Ische Nährzwieback erwiesen. 

v. Rutkowski, Berlin. 1 

Modifizierung der Hautdesinfektion des Operationsfeldes 
nach Grossicli. Von Bogdan. Zentralblatt für Chirurgie, 
Bd. 37. Nr. 3, S. 75 ff. 

Nach den Erfahrungen von Grossich wurde die Wirkung 
der Jodtinktur beeinflußt, wenn -vorher eine Seifenwaschung 
vorgenommen war. B. empfiehlt die gründliche Abreibung mit 
1 prum. Jodbenzin und darauffolgender Einpinselung mit Jod¬ 
tinktur. Tn über 800 Fällen hatte er damit vorzügliche Erfolge 
erzielt. Abgesehen von vorübergehenden Oedemen hat Verfasser 
keine üblen Folgen gesehen, und auch die Oedeme traten nur 
an feineren Häuten, wie dem Skrotum, auf. 

K u r t Lipschitz, Berlin. 


Mitteilungen über Arzneimittel. 


Referate. 

Referent: Dp. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Erfahrungen und Beobachtungen über Eglatol. Von Dr. 

F r i e dr. B a r uch , Rudolfsspital, Wien. Deutsche Aerzte- 
Zeituug, 1910, H. 3. 

2. Ueber das Camphoromenthol. Von Dr. K. Helbich, 
Sep.-Abdr. Die Heilkunde. 

3. Zur Frage der Eisen-Mangan-Therapie. Von Dr. Jos. 
Höhn, Bad Radein. Oesterreich. Aerzte-Ztg., 1910, Nr. 3. 

1. Eglatol ist eine Verbindung des Chlorais mit Anti- 
pyrin, Karbaminsäureäthyl (Urethan), Menthol und Koffein und 
stellt eiue dickflüssige, wasserhelle, klare Flüssigkeit dar von 
aromatischem Geruch und neutraler Reaktion ; es ist in Alkohol 
und Aether völlig, in Wasser teilweise löslich. Verf. hat das 
Präparat als Schlaf- und Beruhigungsmittel angewendet, und 
zwar als Sedativum in Gaben von 0,5 g 2—3 mal täglich, 
bis zu Gaben von 2,0 g täglich, ohne daß schädliche Wirkungen 



auf traten. Günstig war seine Wirkung als Schlafmittel und bei 
einem Falle von Status epilepticus. Das Präparat soll, wenn 
möglich, nicht auf den leeren Magen genommen werden. Ob 
bei dauerndem Gebrauch Gewöhnung eintritt. kann Verf. nicht 
beurteilen. 

2. Das von dem Apotheker V ostrebal, Prag, dargestellte 
Camphoromenthol (Baisamum Camphoromenthol chloro- 
formatum) ist eiue hellgelbe, klare Flüssigkeit von eigenartigem, 
nicht unangenehmem Gerüche, die aus japanischem Menthol- 
Kampfer in der ölig balsamischen Mischung des Baisamum vitae 
Hoffmanni und aus Spiritus melissae comp., Ol. Lavendelae, 
Ol. Citri, Ol. Caryophyll., Ol. Macid., Ol. Aurant. flor., Ql 
Cinmamom. und Perubalsam besteht. Dieser Lösung wird noch 
Chloroform und etwas Aether zugesetzt. Besonders hat sich 
Camphoromenthol Vostrebal bewährt als äußeres Anästhetiküm, 
Antineuralgikum und Antirheumatikum zur Linderung der 
Schmerzen bei Arthritis uretica, acuta und chronica, Poly- 
arthritis rheumaitica, Rheumatismus musculorum, Lumbago,'Neur¬ 
algin trigemini, Neuralgia intercostalis, Ischias, Hemikrania, 
Neuritis peripherica, Otitis und Otalgia, Pleuritis sicca, Pernio - 
nes und Tabes. Verf. faßt seine Beobachtungen dahin zusammen: 
..Das Camphoromenthol ist nicht-ein Wundermittel, welches interne 
Medikamente zwecklos machen würde; es ist aber ein vorzüg¬ 
liches Linimentum analgeticum, welches dem Aerzte. den Vorteil 
bietet, daß es ihm eine magistrale Verschreibung erspart, ohne 
ihn dabei ob seiner Zusammensetzung in Ungewißheit zu'lassen.“ 
Außerdem ist es verhältnismäßig billig, da 50 g nur 80 Heller 
kosten. 

3. F erro m a n g a n i n ist eine, klare, braunrote Flüssigkeit 
von angenehmem aromatischen Geschmack, die 0,5% Eisen als 
Eisenhydroxyd, 0,1% Mangan als Manganhydroxyd, ferner 18% 
Zucker und 12% Kognak enthält. Der Rest besteht aus Wasser 
und aromatischen Substanzen. Besonderer Wert wird vom Ver¬ 
fasser darauf gelegt, daß die Verbindung des Eisens mit dem 
Manganhydroxyd in statu nascendi eingegangen ist (!). Dreimal 
täglich 1 Likörglas wird von dem schönen Mittel verzapft, und 
eine Kur soll sich auf 3—4 Wochen erstrecken. Verf. rühmt 
die ..prompte Einwirkung auf die Blutbeschaffenheit, infolge 
rascher Resorbierkeit und Assimilierbarkeit“. Wo das Präparat 
angefertigt wird verschweigt Verf. 


Technische Neuerscheinungen. 

Ein neues aseptisches Licht- und Warmluftbad 

von Ingenieur Carl Beez, Berlin. Friedrichstr. 133. 

Das neue aseptische Licht- und Warmluftbad bietet 
den bis jetzt gebräuchlichen elektr. Lichtbädern gegen¬ 
über folgende große Vorteile: Vollkommene Aseptik, die 
Möglichkeit der Trennung von Licht und Wärme, Wärme 
getrennt von Licht beliebig abzustufen, Zirkulation der 
Luft im Kasteninnern, Berührung des Patienten mit den 
Lampen unmöglich, Dreifarbenlicht durch einfaches Vor¬ 
setzen von farbigen Scheiben. 

Zunächst sehen wir aus der Abbildung, daß die Glüh¬ 
lampen überhaupt nicht direkt im Kasteninnern, sondern 
hinter dicken Glasscheiben, gewissermaßen außerhalb des 
Kastens, in Schächten angebracht sind, wodurch erreicht 
wird, daß das ganze Kasteninnere vollständig glatte, ab¬ 
waschbare Flächen bildet und womit gleichzeitig die Mög¬ 
lichkeit einer Berührung der Glühlampen und deren 
Fassungen vollständig ausgeschlossen ist. Hierdurch ist 
vollständige Aseptik und Sicherheit erreicht. 

Ließen wir es konstruktiv bei obiger Ausführung be¬ 
wenden, so könnte der Einwand erhoben werden, daß nach 
einiger Betriebszeit die Glasscheiben Kontaktwärme ab¬ 
geben. Um daher die in den Lampenschächten entstehende 
Wärme vollständig zu beseitigen oder aber, wie wir später 
sehen werden, diese Wärme zur Erzeugung eines Warm- 
luftstromes nutzbar zu' machen, stehen die Lampen¬ 
schächte oben mit einem im Innern rund um den Kasten 
führenden Kanal in Verbindung. In diesen Kanal ist ein 
elektrisch betriebener Ventilator eingeschaltet, welcher die 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 





174 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 11 


Medicinal = Wasser und diätetisches Getränk ersten Ranges. 

Bei Nieren- und Blasenleiden, 
Harngries, Hanrbeschwerden und Gicht, 
bei Zuckerharnruhr, bei Catarrhen der 
Athmungs- und Verdauungsorgane wird 

die Bor* und Lithium =hältige Heilquelle 



mit ausgezeichnetem Erfolge angewendet. 



Harntreibende 
Wirkung. 
Eisenfrei. 
Leicht verdaulich. 
Angenehmer 
Geschmack. 
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Zusammensetzung. 




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Wirksames Präsemtiu 
gegen bei 

Scharlach 

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affektionen. 

Besonders jenen Personen 
empfohlen, welche zufolge 
sitzender Lebensweise an 

Harnsaurer öiaihese und Hämor¬ 
rhoiden, sowie gestörtem Stoff¬ 
wechsel leiden. 



Aerztliche Gutachten und sonstige Brunnenschriften stehen gratis und franco zu Diensten. 

“SALVATOR“ ist in allen grösseren Mineralwasserhandlungen vorräthig, die Herren Aerzte jedoch, 
welche “SALVATOR“ zu persönlichem Gebrauche benöthigen, geniessen Ausnahmepreise und sind 
in diesem Falle höflichst gebeten sich direct zu wenden an 

August Schuttes 

Szinye-Lipöczer Salvatorquellen-Unternehmung 

Budapest, V. Rudolf-Rakpart 8. 







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THEEAPEUTISCB.fi RUNDSCHAU. 


warme Luft aus den Lampenscliäcliten absaugt und bei 
a durch eine Rohrleitung 1 nach außen abläßt. Auf diese 
Weise wird es also ermöglicht, nur ein reines Licht¬ 
strahlenbad ohne Kontaktwärme zu verabreichen. 


in das Kasteninnere zu blasen. Dies wird durch Ver¬ 
schließen der Rohröffnung bei a ohne weiteres bewerk¬ 
stelligt, die warme Luft wird dann durch die Rohrleitung 
weiter nach unten, durch das Rohr am Boden des Kastens, 
zu Füßen des Patienten, in das Kasteninnere getrieben. 

Der auf diese Weise im Kasteninnern auftretende 
warme Luftstrom wird vom Patienten aufs angenehmste 
empfunden und bringt gleichzeitig den großen Vorteil be¬ 
ständiger Lufterneuerung, zu welchem Zweck in den 
Außenwänden der Lampenschächte unten kleine Öffnun¬ 
gen vorgesehen sind, durch die neue Luft zutreten kann. 

Um aber nun den Apparat auch als elektrisches Licht- 
und Wärmebad für höhere Wärmegrade benützen zu 
können, ist Vorsorge getroffen, die Wärme zu steigern, 
über diejenige hinaus, die von den Lampen allein ab¬ 
gegeben wird, und zwar durch Einsetzen eines beliebig 
ein- und ausschaltbaren elektrischen Heizkörpers, wie bei 
der bekannten Heißluftdusche, in die Ventilatorleitung. 

Die vielseitige Verwendbarkeit des Apparates wird 
noch dadurch erhöht, daß man durch Vorsetzen von farbi¬ 
gen Glasscheiben von die Lichtschächte ohne weiteres be¬ 
liebige, z. B. rote oder blaue Lichtbäder verabreichen 
kann. 

Das neue aseptische Licht- und Warmluftbad ermög¬ 
licht also die verschiedensten Behandlungsarten wie: mit 
Licht allein, Licht mit Glühlampenwärme, Licht mit ge¬ 
steigerter Wärme, Warmluft allein, örtliche Behandlung 
einzelner Körperteile mit heißer Luft und Dreifarbenlicht 
mit oder ohne Wärme. Rosen. 


1 £*.: * 


Biieherbesprechungen, 


Der Sanitätsdienst im Zukunftskriege. Ein Kriegstagebuch. 

Von R. Wittmann. Berlin'1910, Mittler & So hu. Preis 

3,50 M. 

Die Militärbehörden wenden seit einer Reihe von Jahren 
der sanitätstaktischeu Ausbildung der Sanitätsoffiziere ein 
dauernd sich steigerndes Interesse zu. Dementsprechend be¬ 
gegnet man jetzt auch vielfach Abhandlungen und Büchern,, 
die das Interesse für diesen wichtigen Zweig wecken und über 


Wollen wir nun auch noch die Kontaktwärme be¬ 
nützen, also ein Lichtstrahlenbad mit Wärme verab¬ 
reichen, so ist es nur nötig, die aus den Lichtschächten 
herausgezogene Wärme nicht ins Freie zu leiten, sondern 


M V den, offizinellcn Nudelholzteer darllellt. Mehrjährige Erfahrungen in der Praxis 

haben ergeben, daß dem Pittylen die unangenehmen Eigenfchaften des Teers 
penetranter Geruch,lokale Reizungen, reforptive Nebenwirkungen, vollftändig fehlen, und 
daßesfaltniemals vertagt, wührendbekanntlich derTeerinfolgefeinerwechfelndenZufammen- 
V fetäung unficher in der Wirkung ilt und von der Mehrzahl der Patienten nicht vertragen wird. 

Speziell hat (ich gezeigt, daß die P1TTYLEN-SE1FEN durch die Zuverläffigkeit ihrer Wirkung, 
durch das Fehlen jeglicher Reizerfcheinungen und durch ihren angenehmen Geruch den bisher gebräuchlichen feerfeifen 
weit überlegen find, fodaß fie immer mehr an Stelle der Teerfeifen benutzt werden. 

Wir bitten die Herren Aerzte, welche Pittylen noch nicht angewandt haben, Mulfer-Kollektionen und Literatur 
von uns einzufordern, 

Dresdener Chemifches Laboratorium 
Lingner. 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 








176 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 11 



ihn aüfklärend und belehrend wirken wollen. In ganz eigen¬ 
artiger Form sucht der Verf. dies zu erreichen. Er läßt einen 
Regimentsarzt ein Kriegstagebuch schreiben und unterbreitet) 
es uns. An der Hand der außerordentlich frischen und lebendi.-/ 
gen Schilderung werden wir bekannt gemacht mit den ärzt¬ 
lichen Maßnahmen während der ersten Mobilmachungstage bis 
zum Ausrücken, der Tätigkeit der im Aufmarschgebiet arbeiten¬ 
den Hygieniker, Sanitätsdienst auf der Bahnfahrt, dem Marsch 
und in der Ortsunterkunft, den Vorbereitungen des Sanitäts¬ 
personals zum Gefecht und seiner Arbeit während desselben 
auf dem Truppenverbandplatz, dem Wirken der Sanitäts¬ 
kompagnie während der Schlacht, dem ärztlichen Dienst in 
der Verteidigungsstellung und auf dem Rückzuge. Um den 
Leser auch mit den rückwärtigen Sanitätsformationen bekannt 
zu machen, läßt Verf. den Tagebuchschreiber verwundet 
werden und nun die verschiedenen sanitären Einrichtungen bis 
zur Heimat durchlaufen. Hier findet er nach seiner Genesung 
wieder Verwendung im Nachweisebüreau und übernimmt später 
Funktionen in der Festung und bei. einer Belagerungsarmee, 
die nach erfolgreichem Sturm die feindliche Festung nimmt. 
Bald kommt es zum Frieden. — Im Anhang findet sich eine 
Zusammenstellung der Feldausrüstung und der Kriegsgehälter 
der Sanitätsoffiziere. 

Das Buch zeugt von einem hervorragenden Fleiß und einer 
ebensolchen Umsicht. Die fesselnde Schilderung erhält den Leser 
in dauernder Spannung. Ich empfehle seine Kenntnis nicht 
nur jedem aktiven Militärarzt, sondern ganz besonders den 
Herren von der Reserve und Landwehr, denen das Eindringen 
in diese in den Dienstvorschriften verstreut behandelten Fragen 
erfahrungsgemäß einige Mühe zu machen pflegt. 

Geißler, Neu-Ruppin. 


Allgemeines. 


Die Internationale Gesellschaft für Rassenhygiene ver¬ 
sendet ihre Einladung zur Generalversammlung. Am 12. und 
13. März 1910 finden in Berlin folgende Versammlungen stat!: 


1. Generalversammlung der Internationalen Gesellschaft für 
Rassenhygiene, 12. März, ß 1 /? Uhr, im Lokal des Klubs der 
Landwirte, Dessauerstraße 14. Für alle Mitglieder der • Ge¬ 
sellschaft. Tagesordnung: Entlastung des Ausschusses in bezug 
auf Aenderung der Satzungen, um die Funktionen der General¬ 
versammlung einer Delegiertenversammlung zu übertragen. 

2. Konstituierende Versammlung der Deutschen Gesellschaft 
für Rassenhygiene, 12. März, 4 Uhr, im Lokal des Klubs 
der Landwirte. Für alle deutsch sprechenden Mitglieder. Tages¬ 
ordnung: Konstituierung der Deutschen Gesellschaft. Beratung 
von Satzungen. Wahl von Beamten. 

3. Delegiertenversammlung der Internationalen Gesellschaft, 
12. März. 5 Uhr, im Lokal des Klubs der Landwirte, Für die 
erwählten Delegierten. Tagesordnung: Rechenschafts-Bericht 
des Vorstandes. Anerkennung der neu gebildeten Gruppen. 
Satzungs-Aenderungen in bezug auf die geplante Umwandlung 
der Gesellschaft. Beratung der Art der Veröffentlichungen in 
der Presse. 

4. Zwangloses Zusammensein der auswärtigen Mitglieder 
mit. .den Mitgliedern der Berliner Ortsgruppe, 12. März, 8 Uhr 
abends, im Lokal des Klubs der Landwirte. Für alle Mitglieder 
und für Gäste. 

5. Generalversammlung der Internat. Gesellschaft, 13. März, 
11 Uhr vorm., im Hörsaal des Museums für Völkerkunde. An¬ 
sprachen und Vorträge von Obermedizinal rat Professor Dr. 
Max von Gruber (München), Dr. Al fr. Ploetz, Mün¬ 
chen, und Geheimen Medizinalrat Professor Dr. Hugo Rib- 
bert, Bonn. Für alle Mitglieder und für Gäste. 

6. Ueber am 13. März, nachm., noch etwa notwendig 
werdende geschäftliche Verhandlungen wird nach den Vor¬ 
trägen im Hörsaal des Museums für Völkerkunde noch Genaueres 
angekündigt werden. 

Anfragen sind zu richten an Herrn Dr. R. Thurnwald, 
Berlin W. 15, Joachimsthalerstrafie 25 oder an Herrn Dr. 
A. Ploetz, München, Klemensstr. 2, vom 8. März ab: Ber¬ 
lin SW. 11, Stuttgarter Hof, Anhaltstr. 12. 


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Verlag: Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9. — Druck von Carl Marschner, Buchdruckerei, Berlin SW. 68. 


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(Bibliothek v. Coler-v. Schjerning, XI. Bd. 2. Aufl.) 

Deszendenz und Pathologie. 

Vergleichend-biologische Studien und Gedanken 
von Geh.-Rat Prof. Dr. D. von Hansemann. 

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Colditz i. S. 


Halle (Saale). 

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Hanau, San.-V. 

Hausen (Kr. Limb. a. L.). 
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Hüllhorst, Westf. 


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Minden, Westi. 
Moorburg b. Hamburg. 
Mülheim (Rhein). 

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Falkenberg bei Ahrens- 

Feilnbach (O.-B.) Kassel-Rothenditmold. 

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Frankfurt a. M. Kilianstädten, H.v\. 

Frechen Bez. Köln a. Rh Kjrchbera-Jagst. r- 


i Recklinghausen i. W. 
Rhein (O.-Pr.). 
Rothenkirchen- 
Preßig, Oberfr. 

Salzwedel, Prov. Sa. 
Schirmeck-Saales i.E. 
Schlettstadt, Eis. 

I Schornsheim (Rhh.). 

; Schwandorf (ßay.). 


Klein-Auheim, Kr.Offb. 


Nackenheim, Rhh. i Schwandorf (Bay.). 
Neu-Isenburg, Kr.Offb. Schwarzach i. Ba. 
Neustadt a. d. Wied. Schwetzingen, Ba. 

Neustettin i. Pom. Soldau O.-Pr. 

Niederwürzbach, Pfalz. St. Ludwig, O.-Els. 
Nordqermersleben Stettin , Fah.-K.-K.-Vulk. 
(Kr. Neuhaldensleben), Stockstadt, Rh. 

Strausberg i. Brdbg. 
Oberbetschdorf l. Eis. Strehla a. E. 
Oberhausen i. Rhld. 

Obersept, O.-Els. Tempelburg, I’om. 

Ober-u. Nieder-lngel- Templin, Brdbg. 

heim, Rbb. Thalheim i. Erzgeb 

Oderberg i. Mark. 

Urft (Schmidtheim) Kr. 
Pattensen i. Hann. Schleiden. 

Pinne i. Posen. 

Puderbach(Kr.Neuwied), Wallhausenb.Kreuznach. 


l u Umgebung (Ma- 
Rathenaustiftung). 


I Kölna. Rh. Stadt-u.Landkr. | Pattensen i. Hann. 
Gebhardshain Westerw. Köln-Deutz. Pinne i. Posen. 

Geilenkirchen, i Köngen, Wttbg. i Puderbach(Kr.Neu\ 

Kr. Aachen. Königsberg i. Pr. 

Gera, R.,Textil-B-K.-K. i Korbach (Waldeck). Quint b. Trier. 
Gielsdorf und Wilken- Kupferhammer b. 

dorfb.Strausberg,Brdbg. ! Eherswalde. Rastenburg, O.-Pr. 


Weisenau b. Mainz. 
Weißenfels (Saale). 
Wesseling, Rhprov. 
Wessling (O.-Bay.). 
Westd. Vers.-Kr. u. Unter- 
stützungs- Zuschuß- Kasse 
Köln a. Rh. 
Wiesbaden. 

Zingst, Pom. 


Walsheim b. Blieskastel. 

Weibern i. Rhld. 
Weidenthal, Pfalz. 
Weilheim, Bay. 


Ueber vorstehende Orte and alle Verbandsangelegenheiten erteilt jederzeit Auskunft der Generalsekretär G. Kuhns, Arzt, Leipzig, DufourstraBe 18, II, Sprechzeit 

nachm. 3-6 (außer Sonntags). Kostenloser Nachweis von Praxis-, Auslands-, Schiffsarzt- und Assistentenstellen sowie Vertretungen. 

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Redaktion: I Verlag und Expedition 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI, 17271. || Telephon: Amt VI, 3020. 

IV. Jahrgang. Berlin, 20. März 1910. Nr. 12. 

Die ..Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den Verlag 
sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluss abbcstellt sind. Inserate werden für die 4gespaltenc 
Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 15,— M. Reklamezeilc 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird- Rabatt gewährt. 

Nachdruck Ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt. 


Origi Italien: 

Jung, Berlin: Was. kann der praktische Arzt bei Zahnleiden 

tun?.177 

A. N. Popow. Li bau: Künstliche Blutleere der unteren Körper¬ 
hälfte nach Moni bürg.179 

Referate: 

W. Knick: Leber Kuhns perorale Intubation. Auto-Sammel- 

referat (Schluß).182 

C. Bachem, Bonn: Pharmakologie.184 

Wern. 1L. Becker. Weilmünster: Neurologie und Psychiatrie 184 
Winckler, Bad Nenndorf: Nahrungs- und Genußmittel . . 186 

M. Peltzcr, Steglitz: Militärgesundheitsdienst.187 

Schulzahnpflege.188 

Ilaul'fe, Bbenhauscn, und v. Rutkowski, Berlin: Varia . . 188 


ORIGINALIEN. 

Was kann der praktische Arzt bei Zahnleiden 
tun? 

Von Prof. Dr. Jung 1 , Berlin. 

Es soll im Nachstehenden untersucht-werden, inwieweit 
auch der nicht spezialistisch ausgebildete Arzt zahnärztlich, 
tätig sein kann, wenn die .Umstände dies erheischen. Olt 
genug liegen ja die Verhältnisse so, daß zahnärztliche Hilfe 
nur schwer oder überhaupt nicht zu beschaffen ist. 

Wir können zu diesem Behufe die Zahnkranken rück- 
sichllich der Therapie einteilen in: 

I. solche, welche bestehender Schmerzen halber ärzt¬ 
liche Hilfe auf suchen; 

11. solche, welche lediglich aus prophylaktischen und 
ästhetischen Gründen zum Arzt kommen. 

Gruppe I wird hier allein interessieren und bezüglich 
der Details zu verfolgen sein. 

Stellen wir zunächst die Frage, wie Zahn¬ 
schmerzen entstehen, so ist die Beantwortung nicht 
ganz einfach. Gar mancherlei Ursachen können Schmerz 
an den Zähnen bedingen, so 

1. Karies, 

2. Erkrankungszustände der Pulpa, 

3. Erkrankungszustände der Wurzelhaut, 

4. Erkrankungszustände der U m g e tu n g 
des Zalhnes, wobei dieser primär oder s ü - 
kundär beteiligt ist. 

Ad 1. Die Karies kann Schmerzen herbeiführen, indem 
sie das Zahnbein der schützenden Schmelzdecke beraubt. 
Schädlichkeiten, wie Gährungssäuren, Temperaturschwan¬ 
kungen, Genuß saurer und süßer Speisen usw. versetzen 
das an sich im normalen Zustande kaum besonders empfind¬ 
liche Zahnbein dann rasch in einen Zustand der Hyper¬ 
ästhesie derart, daß beim weiteren Vordringen des kariösen 
Prozesses eine Empfindlichkeit einsetzt, so daß der Zahn 
schon auf sehr schwache Reize (leichter Luftzug, Genuß 
kühler Getränke usw.) in oft außerordentlich starker Weise 
schmerzfta fl reagiert. 

Es richtet sich nach der Individualität des Patienten, 
ob er in diesem Stadium zahnärztliche Hilfe nachsucht. 
Oft genug geschieht das nicht; der Patient hofft, daß die 
Schmerzen wohl von selbst wieder vergehen möchten, was 
tatsächlich auch in sehr vielen Fällen eintrifft. Schreitet 


Mitteilungen über Arzneimittel: 

W. Krüger, Magdeburg: lleierate.180 

Technische Neuerscheinungen: 

Franz llosenfeld: Feber ein neues Instrument zur automati¬ 
schen Perkussion verbunden mit einem Phonendoskop (Ref.: 

Rosen, Berlin).189 

Biicherbesprechungen: 

Strauß, Berlin, und Otto Rigler, Leipzig: Aphorismen und 

Denksprüche von Chr.AV. Hufeland (lief.: Peltzer, Steglitz) 190 

A: Schünwerth: Hotters Typische Operationen .... 190 

F. v. Esmarch: Die erste Hilfe bei plötzlichen XJnglücksiällen. 

25. Auflage (Ref.: Geißler, Neu-Ruppin).191 

Allgemeines. Bll 

nämlich die Karies weiter fort, so zerstört sie jene oberste 
Schicht der das Zahnbein durchsetzenden Zahnfasern, die 
sogenannte Odontoblastenschicht, welche vornehmlich der 
Träger der vitalen Eigenschaften des harten Zahnbeines ist 
und als solcher auch die Schmerzempfindung aufkommen läßt 
bezw. übermittelt. Sind die Odontoblasten zerstört, so fällt 
dies weg; die Karies dringt dann ohne erhebliche Schmerz - 
bereitung tiefer in das Gewebe ein, allmählich bis in die 
Nähe der Pulpa, am ersl hier neuerdings Schmerzen zu ver¬ 
ursachen. Oft vergehen aber Monate und Jahre, bis das 
Zerstörungswerk so weit vorgeschritten ist. 

Bleiben wir bei den geschilderten fällen zunächst 
slehen, so ergibt sich für die Therapie folgendes: 

Wir brauchen zur Behebung der Schmerzen lediglich 
die Weiterwirkung der Reize zu unterbinden, mit anderen 
Worten, den Kariesdefekt auszufüllen. Das kann in ein¬ 
fachster Form geschehen durch einen festen Wattetampon, 
besser durch geeignete Guttapercha- oder Zementpräparate. 
Nur werden wir gut tun, die Höhle wenigstens oberflächlich 
zu reinigen, damit nicht darin verbliebene saure Massen 
usw. unter dem Verschluß doch noch weiterwirken. 

Lege artis geschieht das in folgender Weise: Zunächst 
sprilzen wir die-Kavität mit einer kleinen Spritze und 
blutwarmem Wasser aus, um darin befindliche Speise¬ 
reste zu entfernen. Sodann wird das zerfallene Zahnbein 
mit Hilfe kleiner Ex k a vatoro n ausgeschabt genau so. wie 
der Chirurg ein Gewebe mit dem scharfen Löffel bearbeitet, 
und nun neuerdings ausgespritzt. 

Etwa (>—8 Exkavatoren, wie sie jede Instrumentenhand¬ 
lung führt, reichen für fast alle Fälle aus und sollten nebst 
einem kleinen M'undspiegel, einigen: Sonden, Pinzette, Spateln 
und Stopfinstrumenten im Instrumentarium keines Arztes 
fehlen, zumal die Anschaffungskosten sehr geringe sind. 

Der Zahn wird dann durch Umpacken von Y\ atte- 
bäuschchen trocken gelegt, die Höhle selbst mit kleinen 
Stückchen Wundschwamm und einer gebogenen Pinzette 
ausgetrocknet und nun der Verschluß eingebracht. Er kann 
bestehen in einem der Größe der Kavität entsprechenden 
festen kleinen Wattetampon, welche in dünne Maslixlösung 
getaucht wurde; in den. Zahn eingebracht, erhärtet der Pfropf 
dann unter Verdunsten des Lösungsmittels und bildet, so 
einen Abschluß, der einige Tage ganz gut hält, dann aller¬ 
dings einen üblen Geruch anzunehmen pflegt., indem Fiiulnis- 
liaklerien eimvandern. 

Der Mastixwatteverschluß soll deshalb immer nur ein 
temporärer sein, vom Arzte also lediglich dann vorgenommen 




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178 


THERAPEUTISCHE RUN])SCHAU. 


Nr. 12 


werden, wenn die Möglichkeit einer besseren Behandlung 
nach einigen Tagen in Aussicht steht. Ist das nicht der 
Fall, d. h. wird voraussichtlich längere Zeit vergehen, bis 
eine sachgemäße Behandlung angefangen werden kann, so 
ist es rationeller, die Höhle gleich etwas gründlicher zu ex¬ 
kavieren und mit einem leicht wieder entfern baren Zement 
zu verschließen. Ein solches kann der Apotheker bereiten 
nach der Vorschrift: 


I. H. 

Zincum oxyd.. . . 80,0 Aqua.05,0 

Zincum sulfuric.. . 12,0 Gummi arab. . . . 25,0 

Mastix.8,0 Alkohol.10,0 

Acid. oarb. . . . gtt. III 


Das Zinkoxyd muß via sicca paratuni sein, bis zur 
Weißglut erhitzt und dann fein verrieben werden. Das 
Zinksulfat wird erhitzt, bis es sich aufgebläht hat und dann 
sofort pulverisiert und fein durchgesiebt. 

Vermischt man I und II mit einem Spatel auf einer 
Glasplatte, so entsteht ein gipsähnlicher Brei, welcher be¬ 
quem in den Zahn gebracht werden kann und dort in einigen 
Minuten erhärtet. Er hält an Stellen, die durch den Kau¬ 
druck nicht allzu stark direkt getroffen werden, oft mehrere 
Wochen und selbst Monate ganz gut; ineist besser als für 
diesen Zweck feilgebotene weiche Guttapercha¬ 
präparate. Sollen diese verwendet werden, so erwärmt 
man ein passendes Stück über die Flamme und stopft es in 
die Zahnhöhle ein, die hierbei aber peinlich trocken sein 
muß. 

Es ist klar, daß der auf die eine oder andere Weise 
improvisierte Verschluß der Kavität keine Dauerplombe re¬ 
präsentieren kann und soll. Er soll lediglich so lange im 
Zahn verbleiben, bis dieser wieder vollkommen schmerz¬ 
frei ist; dann wird er entfernt und nach erfolgter grünid- 
I iclrer Reinigung der Kavität durch einen solidem ersetzt. 
Wie das zu geschehen hat, mag aus den Lehrbüchern über 
das Füllen der Zähne entnommen werden. 

Geht die Karies-Zerstörung tiefer, bis in die Nähe der 
Pulpa, so genügt der einfache, mechanische Abschluß meist 
nicht. "Hier müssen wir noch eigentliche schmerzstillende 
Mittel anwenden, da wir ja gesehen haben, daß die 
Schmerzen jetzt durch Einwirkung der Reize auf die Zahn¬ 
pulpa zustande kamen. Das kann eintreten, noch bevor' 
diese vollständig freigelegt ist, da Säuren, Temperatur- 
Schwankungen usw. auch durch eine dünne Dentinschicht 
einwirken können. Das Resultat ist je nach der Stärke und 
Dauer der Reizwirkungen naturgemäß verschieden und wird 
variieren von der einfachen entzündlichen Reizung bis zur 
hochgradigen eigentlichen Entzündung mit ihren Folge- 
zuständen, wie wir sie noch zu betrachten haben. 

Das weitaus geeignetste Mittel für unsere Zwecke ist 
hier die konzentrierte Karbolsäure, da sie sowohl direkt 
schmerzstillend, als auch stark antiphlogistisch wirkt. Wir 
bringen also in die gut getrocknete Höhle ein kleines damit 
getränktes Wattebäuschchen ein und verschließen, wie vor¬ 
her, mit dem weichen Zementbrei, indem wir diesen an die 
Wände des Defektes streichen,, um nicht durch direkten 
Druck auf das feuchte Bäuschehen dessen Inhalt aus¬ 
zupressen. Es ist aus diesem Grunde hier also Gutta¬ 
percha nicht am Platze. Bei kalter Witterung sei das 
Karbol wie auch die Glasplatte, auf welcher das Zement ge¬ 
mischt wird, etwas angewärmt, da kalte Stoffe ja Schmerz 
machen. 

Ad 2. Hai der Zahn schon des Nachts geschmerzt, so 
liegt mehr als eine entzündliche Reizung der Pulpa vor 
und es genügt die antiphlogistische Behandlung, wie eben 
beschrieben, dann nicht mehr oder doch nur vorübergehend. 
Zur dauernden Behebung der Schmerzen wird jetzt viel¬ 
mehr die Abtötung der Pulpa erforderlich. 

Das Kriterium hierfür ist gegeben im Zustand der Höhle 
nach erfolgter Reinigung: ergibt sich nach Entfernung der 
kariösen Masse, daß der Zerstörungsprozeß bis zur Pulpa 
selbst vorgedrungen ist und diese freigelegt hat, so 
ist sie unter allen Umständen abzutöten; blieb noch eine, 


wenn auch nur sehr dünne intakte Dentinschicht über ihr 
erhalten, so kann sie konserviert bezw. zunächst wie vorher 
behandelt werden, um die Schmerzen zu beseitigen. 

Das Abtöten erfolgt mit Arsenpräparaten; etwa mit 
einer Pasta nach der Vorschrift: 

Acid. arsenicos 

Coc. mur. ... ää 0,5 
Glycer. q. s. ut fiat pasta rnollis. 

Eine stecknadelkopfgroße Portion, zugleich mit dem 
Kai'bolbäuschchen, wie vorher aufgebracht, genügt voll¬ 
ständig. Die arsenige Säure ätzt dabei als direktes Nerven¬ 
gift die Pulpa innerhalb 24 Stunden ab. Zu vermeiden ist 
hierbei ganz besonders jede Druckanwendung beim Ab¬ 
schluß der Pasta mit dem Zementbrei, andernfalls treten 
sehr heftige Schmerzerscheinungen auf, die stundenlang 
a Inhalten. 

Bei sachgemäßer Ausführung der Arseneinlage finden 
wir den Zahn am nächsten Tage vollkommen schmerzfrei; 
soll er jedoch auch auf die Dauer schmerzfrei bleiben, so 
muß die abgeätzte Pulpa aus dem Wurzelkanal entfernt 
und dieser selbst gefüllt werden. Andernfalls gehl die 
zurückgelassene tote Gewebsmasse in Fäulnis über mit der 
Folgeerscheinung einer Wurzelhautentzündung einfach 
in der Weise, daß Fäulnisbakterien einwandern und durch 
das Foramen apicale an der Wurzelspitze des Zahnes auf das 
Periost übergreifen, dieses in Entzündung setzend. 

Hinsichtlich der technischen Schwierigkeiten kann diese 
„Wurzelbehandlung“ aber niemals Sache des Nichtspezia¬ 
listen sein. Ist deshalb zahnärztliche Hilfe für den Pa¬ 
tienten im vorliegenden Falle nicht zu beschaffen, so bleibt 
vorerst weiter nichts zu tun, als die Paste am Tage nach, 
der Einlage herauszunehmen, den Rest derselben durch Aus¬ 
spritzen und Ausschaben mit dem Exkavator zu entfernen 
und den Patienten anzuweisen, selbst täglich den Defekt 
mit einem frischen Wattebäuschchen zu verstopfen, um zu 
verhindern, 'daß sich ^Spe ise re s te—f e s ls oUeu, Ein festerer 
Verschluß, auch ein solcher aus Mastixwatte, ist unzulässig, 
da er zur Verhaltung der Fäulnisgase, welche in der frei¬ 
liegenden abgetöteten Pulpa entstehen müssen, und damit 
zu Schmerzen führen würde, genau wie dies bei einer 
Sekretverhaltung der Fall isl. Sobald wie möglich muß der 
Patient dann spezialistische Behandlung aufsuchen. 

Ad 3. Wird eine entzündete Pulpa nicht abgetötet, so 
erfolgt das Absterben beim Fortschreiten der Entzündung 
von selbst zumeist in der Weise, daß sich das blulüberfüllle 
Gewebe in der engen Wurzelspitzenöffnung stranguliert. Die 
tote Pulpa geht, dann auch hier so, wie dies soeben be¬ 
züglich der durch Arsen abgetöleten Pulpa ausgeführt wurde, 
in Fäulnis über und gibt dadurch leicht den Anstoß zu einer 
Entzündung der Wurzelhaut, indem die angesammelten Ent- 
zündungs- und Fäulnisstoffe durch die Wurzelspitze hin¬ 
durch als Entzündungserreger auf die den Zahn umgebende 
Wurzelhaut einwirken. Der Zahn wird dann zunächst gegen 
Druck empfindlich, schmerzt beim Schließen der Kiefer 
bezw. Zusammenbeißen und dementsprechend auch beim 
sanften Beklopfen mit dem untersuchenden Instrument. Im 
Verlauf der nächsten Tage nimmt die Empfindlichkeit zu, so 
daß schließlich die leiseste Berührung äußerst intensive 
Schmerzen verursacht; gleichzeitig stellt sich ein kollaterales 
Oedem ein und es entsteht als Schlußeffekt das typische 
Bild der „dicken Backe“. 

In all diesen Stadien muß sich die Hilfe des prak¬ 
tischen Arztes darauf beschränken, durch Freimachen der 
Passage im Wurzelkanal den Fäulnisgasen bezw. den Ent¬ 
zündungsprodukten Abfluß zu schaffen, da eine eigentliche 
Behandlung der kranken Wurzel auch hier Sache des Spe¬ 
zialisten bleiben wird. Ifs ist also die Zahnhöhle von Speise¬ 
resten. zu reinigen, gut auszuspritzen und der Eingang in 
die Pulpenkammer bezw. in den Wurzelkanal möglichst 
freizumachen. Alsdann kann ein Tropfen Karbolsäure oder 
besser noch etwas Chlorphenol in die Wurzel eingebracht 
und der Zahn: lose mit einem Wattebäuschchen verschlossen, 
werden. Heiße Mundspülungen mit einem aromatischen 






1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


179 


Tee. (Kamillen usw.), 2- bis 3 mal täglich, unterstützen die 
Zuführung frischen Blutes in das entzündete Gewebe und 
damit die Elimination der eingedrungenen schädlichen 
Stoffe. 

Es kann, so eine Restitutio ad integrum erfolgen; meist 
jedoch, und bei Nichteinleitung einer Behandlung fast durch¬ 
weg, ist die Abszedierung das Endergebnis: es kommt zur 
Fluktuation im entzündeten Gewebe, und es mag dann das 
entstandene „Zahngeschwür“ im Bereiche des Zahnfleisch¬ 
überzuges inzidiert, werden, um den Prozeß zu kupieren, 
wenn nicht schon vorher die Zange in ihre Rechte treten 'und 
der schmerzhafte Zahn auf Wunsch des Patienten entfernt 
werden soll. 

Ad 4. Unter den Krankheiten der Umgebung des Zahnes, 
wobei dieser p r i m ä r beteiligt ist, wären hier hauptsächlich 
die Fis t el b il du nge.n zu erwähnen. Sie verlangen 
durchweg die Extraktion, wenn Spezialbehandlung nicht zu 
beschaffen ist, jedoch sei ausdrücklich darauf verwiesen, daß 
ein sehr hoher Prozentsatz fistelkranker Zähne durch eine 
sachgemäße Wurzelbehandlung gerettet werden kann. 

Eine sekundäre Beteiligung der Zähne bei Erkran¬ 
kung der Umgebung haben wir in der sehr häufigen Alveo¬ 
larpyorrhoe, deren Behandlung ebenfalls eine streng 
speziälistische bleiben muß, und ausnahmsweise im Gefolge 
von Infektionskrankheiten, die ein Absterben der 
Pulpa von innen her bewirken können (Typhus, Influenza 
usw.), von deren lokaler Therapie das Gleiche gilt. 

Prinzipielle Schwierigkeiten für den praktischen Arzt, 
einfache und selbst komplizierte zahnärztliche Maßnahmen 
auszüführen, liegen nicht, vor, wenn er nur eine einiger¬ 
maßen geschickte Hand hat; jedoch muß zur .Vornahme solcher 
Behandlungen, welche über den vorstehend skizzierten 
Rahmen hinausgehen, ein etwas reichhaltigeres Instrumen¬ 
tarium inktusive Bohrmaschine zur Verfügung stehen. Auch 
ist die Absolvierung eines praktischen Enterrichtskursas 
naturgemäß anzuempfehlen, wenn sich hierzu Gelegenheit 
bietet; wenn schon auch die autodidaktische Ausbildung an 
Hand eines entsprechend abgefaßten Lehrbuches bis zu 
einem gewissen Grade sehr wohl durchführbar ist. Im 
allgemeinen dürfte sich jedenfalls auch in Aerztekreisen 
bald die Notwendigkeit heraussteilen, ganz allgemein au 
der Frühbehandlung der Zähne, wie sie die modernen Für- 
sorgcbeslrebungen (Schulzahnpflege) als notwendig hin- 
sleilen, teilzunehmcn und so für die Volkswohlfahrt durch 
Schaffung geordneter Mundverhältnisse als die Grundlage 
für die Ausbildung einer gesunden Generation mitzuwirken. 


Aus dem städtischen Krankenhaus^ in Libau. 

Künstliche Blutleere der unteren Körperhlilftc 
nach Momburg. 

Von £>r. A. N. Popow. 

Im Juni vorigen Jahres hat l)r. Momburg eine neue 
Molliode der künstlichen Blutleere vorgeschlagen, welche 
die Möglichkeit gewährt, aus dem Blutkreislauf die ganze 
unlere Hälfte des Körpers vom Nabel ab mit allen in der 
selben liegenden Organen, die bekanntlich nicht selten zu 
tätlichen Blutungen Anlaß geben, auszuschalten, an der man 
bisweilen mit großem Blutverlust einhergehende Opera¬ 
tionen ausführen muß. 

Diese Methode stellt im wesentlichen nichts anderes 
als eine ’Uebertragung der Esmarchscheu. Blutleere der 
Extremitäten auf das Abdomen dar und besteht, wie es der 
Erfinder selbst beschreibt, in folgendem: lim die Taille, 
zwischen dem linieren Rippenrand und dem Becken wird 
in liegender Position des Kranken ein fingerdickes Gummi¬ 
rohr unter vollständiger Ausnutzung seiner Elastizität, an¬ 
gelegt, Die Anlegung wird langsam, in einigen Gängen 
(2 I sind gewöhnlich genug) bis zum vollständigen Ver¬ 
schwinden der Pulsation in der A. femoralis ausgeführl. 
Letzteres ist besonders wichtig, weil die weitere Zusammen¬ 
ziehung, wenn dieser Puls erhalten bleibt, vollkommen 


zwecklos isl. und nur mehr oder minder größere Verletzungen 
zur Folge haben kann. Ri e 1 ä n d e r empfiehlt, das Gummi- 
rohr an der Seite, mil der es die Haut berührt, mit Fett 
einzureiben, um nicht durch Reibung Erosionen entstehen 
zu lassen. 

Die Methode von Momburg hat trotz ihrer Neuheit 
bereits eine gründliche experimentelle Erforschung er¬ 
fahren. Besonders lehrreich sind die von Prof. Höhne, 
Rimann und Wolff erhobenen Befunde. Aus den Ex¬ 
perimenten von Prof. Höhne gehl hervor, daß bei Ka¬ 
ninchen schon bei mäßiger Zusammenziehung des Abdomens 
mittels Gummirohrs vollständige Kompression der Aorta 
abdominalis erzielt wird. Der aus der durchschnittenen 
Femoralarterie springende Blutstrahl hört soforl auf, sobald 
das Gummirohr angelegt wird, und slellt sich wieder ein, 
sobald das Rohr abgenommen oder gelüftet wird. 

Bei einem Tiere, welches nach einer 2^/2 ständigen 
Kompression des Abdomens mittels Gummirohrs gelötet 
wurde, wurden die komprimiert gewesenen Teile der Bauch¬ 
organe untersucht, wobei sich folgendes ergab: die Haut¬ 
decken und das Peritoneum parietale zeigten gar keine 
Veränderungen; aus dem Darmstück, das der Kompression 
ausgesetzt war, war der Inhalt verdrängt; an einigen ein¬ 
zelnen Stellen waren kleine Blutergüsse in der Schleimhaut 
zu sehen, jedoch war das Darmlumen von Blut vollständig 
frei; irgend eine wesentliche Harnstauung in den Freieren 
und in den Nierenbecken war nicht vorhanden; der M. ileo- 
sacralis schien gar nicht tangiert zu sein. Mäßigen Druck 
können die Kaninchen ziemlich lange, bis zwei Stunden 
und darüber, gut vertragen. Starke Zusammenziehung mit 
dem Gummirohr erzeugt hei den Tieren Paralyse der hin¬ 
teren Extremitäten, die je nach der Intensität Und der Dauer 
der Kompression verschieden ist. Prof. Höhne hat ferner 
hemerkl, daß aus den durchschnittenen Aa. epigastricae 
inferiores dabei auch nicht die geringste Blutung statt findet. 
Dies berechtigt zu dem Schlüsse, daß starke Kompression 
auch die Kommunikation zwischen der A. mammalis interna 
und der A. epigastrica inferior unterbricht. Um sich von der 
Vollständigkeit und Vollkommenheit der Aortenkompression 
zu überzeugen, eröffnete man bei dem Versuchstiere die 
Bauchhöhle unterhalb der mit dem GummiroJir- zusammen¬ 
gezogenen Stelle und verletzte die Aortenwand: das große 
Gefäß blutete in der Tat nicht. Eine Blutung stellte sich 
aber sofort ein, sobald man das Gummirohr etwas lüftete. 
Bei der Injektion einer Lösung von Berliner Blau in den 
oberen Teil der Bauchaorta wurde, selbst wenn die Injek¬ 
tion unter hohem Druck stattfand, au keiner Stelle Dtircli- 
dringen der injizierten Flüssigkeil über den vom Guinmi- 
rohr komprimierten Ring hinaus beobachtet. Die Wirkung 
der Einschnürung des Abdomens erstreckt sich auch auf 
die Aa. spermaticae. Bei einem weiblichen Tiere li.it Prof. 
Höhne die ganze Hälfte der inneren Geschlechtsorgane 
entfernt, ohne auch nur die geringste arterielle Blutung 
beobachlet zu haben. 

Die von Rimann und Wolff behufs Studiums der 
physiologischen Veränderungen, die im tierischen Organis¬ 
mus unter dem Einflüsse der Blutleere nach der Methode 
von Momburg auftreten, an Kaninchen ausgefiihrten Ex¬ 
perimente, deren Resultate von Trendelenburg auf dem 
vorjährigen Kongreß der deutschen Chirurgen kurz mil- 
geteilt wurden, haben folgendes ergeben: Die Kompression 
der Aorta findet in der Höhe des 3. bis 4. Lumbal Wirbels 
statt : außer der Aorla werden die V. cava, A. mesaraica. 
inferior, teilweise die V. mesaraica inferior, die A. und 
V. mesaraica superior komprimiert. Der Blutdruck in der 
Carotis, mittels einer in dieselbe eingeführten Glaskanüle 
gemessen, steigt im Augenblick der Einschnürung des Ab¬ 
domens mittels des Guminirohrs im Durchschnitt um 
24,2 mm der Quecksilbersäule; bei der Entfernung dos 
Guminirohrs sinkl derselbe uni 40,8 Hg. Um Vergleiche an- 
zustellen, haben die Autoren nach Eröffnung der Bauch¬ 
höhle nur an die Aorta und die V. cava Klemmpinzetten 
angelegt; der Blutdruck stieg hierauf auch nicht im ge- 




180 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 12 


längsten. Als aber außerdem auch,die A. mesaraica Superior 
ausgeschaltet wurde, slieg der Blutdruck sofort um l(i mm 
lfg. Die Steigerung des Blutdrucks, die jedesmal bei der 
Blutleere nach M o m b u r g eintritt, muß somit auf Rechnung | 
der Kompression der A. mesaraica superior samt Kom¬ 
pression der Aorta und der Vena cava gesetzt werden. 

Thölo aus Hannover berichtet über seine ver¬ 
gleichenden Messungen des Blutdrucks am Oberarm bei 
einfacher Kompression der Aorta und bei Umschnürung 
mittels Gummirohrs nach Mora bürg. Der Blutdruck vor- j 
ändert sich dabei in anderer Weise, als man es auf Grund 
der Gesetze der Hämodynamik erwarten könnte, und zwar: 
er sinkt während der Kompression der Aorta und steigt 
nach Beendigung der Kompression; bei der Umschnürung 
mit dem Gummirohr nach Mom bürg steigt der Blutdruck 
in hohem Grade, sinkt nach Beendigung derselben bis zum 
früheren Niveau oder noch tiefer. 

Die Methode von llomburg ist in den knapp zwei \ 
Jahren, die seit ihrer Beschreibung verstrichen sind, von 
vielen bereits am Menschen angewendet worden. Außer | 
Momburg selbst, der seine Methode in vier Bällen an¬ 
gewendet hat, haben künstliche Blutleere der unteren Kör¬ 
perhälfte' hervorgerufen : Bier, H ö h n e, D ii li r s s e n , 
Rim ann, Weber, A x h a u s e n , Page n s lech e r u. a. 
Alles'in allem ist die Methode von Momburg nach der 
von mir gesammelten Literatur bis jetzt in 92 Fällen an¬ 
gewendet worden, darunter 24 mal bei verschiedenen chi- I 
rurgischen Operationen am Becken und Oberschenkel und 
68mai in der geburtshilflichen Praxis. Zu den chirur- i 
gischen Operationen, die 'unter Blutleere nach der Methode 
von. Momburg ausgeführt worden sind, gehören: hohe 
Oberscheukelamputationen, Enukleation und Resektion des 
Oberschenkels im Hüftgelenk, Resektion des Os il. wegen 
Tuberkulose, Resektion des Beckens wegen Sarkom, Ex¬ 
stirpation von Mastdarmkarzinom, perineale Prostatektomie 
und einige, andere. In der Geburtshilfe und Gynäkologie 
hat die M o m b u r g sehe Methode, wie aus den oben mit¬ 
geteilten Zahlen ersichtlich, eine umfangreiche Anwendung 
gefunden. Dies erklärt sich einerseits durch die besondere 
Häufigkeit gefährlicher Blutungen in der geburtshilflichen 
und gynäkologischen Praxis, andererseits durch die be¬ 
sondere spezifische Wirkung der Blutleere auf die Kon- 
traklibililät des Uterus. Sigwart und nach ihm Höhne, 

W e b e r u. a. haben die Methode von M > m b u r g in Fällen 
von bedrohlicher Blutung bei Uterus-Atonie angewendet und 
bemerkt, daß dabei nicht nur die Blutung, die bis dahin 
durch keine Mittel gestillt werden konnte, aufhört, sondern 
auch rasche und intensive Kontraktion des Uterus eintritt. 
Die Gebärmutter, welche einen schlaffen, weichen. Stark 
hüllenden Back darstellte, begann sofort sich zu kontra¬ 
hieren, sobald das Gummirohr nach Momburg angelegt 
wurde, und aus einem weichen Organ wurde sie nach 
Weber steinbart; so blieb sie bis zur Entfernung des 
Gmnmirohrs. Außer bei Uterus-Atonie wurde die Methode 
von Momburg bei Blutung bei Blasenmole, bei manueller 
Ablösung der Placenta, bei Retention der Fruchthäute an¬ 
gewendet. Weber hat die Momb'urgsehe Methode bei 
dieser letzteren angewendel und besonders günstige Re¬ 
sultate erzielt.. Höhne glaubt, daß die manuelle Ablösung 
der Plazenta in einigen Fällen mit Erfolg durch die BinI- 
leere nach Momburg ersetzt werden kann. 

Die Schlaffheit und Nachgiebigkeit der Bauchwand bei 
Wöchnerinnen geben wegen der vorangegangenen starken 
Dehnung derselben durch den schwangeren Uterus ein be¬ 
sonders günstiges Feld für- die Anwendung der ,VI o in b u r g - 
sehen Methode in der Geburtshilfe ab. Die Binde wird dank 
dieser Methode leicht und zuverlässig aiigelegt, und sie ver¬ 
ursach!. wovon sieh Sigwart überzeugt hat, keinen we¬ 
sentlichen Schmerz. 

Die Dauer der Blutleere nach Momburg war in den 
bis jelzl. beschriebenen Fällen verschieden. Die meisten j 
Autoren, haben die Binde bis 45 Minuten liegen lassen. I 
Hof bauer ließ,sie bei vaginaler Exstirpation eines Uterus- | 


myoms 75 Minuten lang liegen, D ührssen bei Exstirpation 
des Uterus mit Enukleation von karzinomatösen Knoten 
aus dem kleinen Becken 2 Stunden 15 Minuten, ohne daß 
die Patientin irgendwelchen Schaden an ihrer Gesundheit 
genommen hat. Die größte Dauer der Anwendung der 
Binde betrug, wie aus einer Mitteilung von Momburg 
hervorgeht, 2 Stunden 20 Minuten. Bei der 24 Stunden 
nach der Entfernung der Binde vorgenommenen Sektion 
fand man in diesem Falle sowohl wie auch in anderen 
Fällen mit geringerer Liegedauer der Binde keine Ver¬ 
letzungen der Bauchorgaue, und es wurde feslgeslellt, daß 
der Tod infolge der Grundkrankheit erfolgt war. Infolge¬ 
dessen meinte Momburg, daß in gewissen Fällen diu 
Binde auf dem Abdomen ohne jeglichen Schaden ebenso 
wie die Esmärchsche Binde auf den Extremitäten liegen 
kann. 

Die durch die praktische Anwendung der Mo mb urg- 
schen Methode . erzielten Resultate sind im allgemeinen 
günstig. Die Mehrzahl der Autoren ist mit der neuen Me¬ 
thode zufrieden und setzt auf dieselbe große Hoffnungen 
für die Zukunft.. Bier bezeichnet sie als „einfach und 
schön“. Höhne mißt ihr große Bedeutung im Kampfe 
gegen puerperale Nachblutungen bei und erblickt einen be¬ 
sonderen Vorzug vor der einfachen Kompression der Aorta 
darin, daß dabei gleichzeitig auch die Aa. spermaticae kom¬ 
primiert werden, die gleichfalls den Geschlechtsorganen Blut 
zuführen und eine vollständige Blutleere derselben unmög¬ 
lich machen, wenn sie nicht komprimiert sind. In manchen 
Fällen isl die Mom b urgsehe Methode seiner Meinung 
nach direkt lebensrettend. Krönig hält dieselbe für eine 
wertvolle Bereicherung der Therapie der puerperalen Blu¬ 
tungen und empfiehlt den praktischen Aerzlen deren An¬ 
wendung in geeigneten Fällen. In der Fcldchirurgie sowie 
bei manchen Unfällen kann die Methode von großer B<u. 
deutung sein. Ledere, der die Methode in 3 Fällen, 
darunter bei perinealer Prostatektomie, angewendet hat, lobt 
dieselbe in hohem Maße. Die perineale Prostatektomie 
kann, wie ■ er versichert, bei Mom burgscher Blutleere 
im wahren Sinne des Wortes ideal ausgeführt werden. Nur 
Ri e 1 än d e r, der die Methode in 9 Fällen angewendet hatte, 
erzielte nicht die erhofften Resultate. Neben vollständigem 
Mangel einer Wirkung auf die Blutung, was seiner Meinung 
nach durch ungenügende Entleerung des Darmes bei seinen 
Patienten erklärt werden kann, will er Veränderungen des 
Allgemeinzustandes der Patienten bemerkt haben, haupt¬ 
sächlich Pulsveränderungen und Kollaps, in einem Falle 
auch Diarrhoe und Harnretention. Rimann und Wolff 
haben bei der Exstirpation eines Mastdarmkarzinoms bei 
einem 70 jährigen Greise bezw. bei einer 42 jährigen Frau 
die M o m b urg sehe Binde wegen Kollaps und Verschwinden 
des Pulses entfernen müssen. 

Trotz der im allgemeinen günstigen Urteile über die 
Blulleere nach Momburg, Irotz der günstigen Resultate, 
die von der Mehrzahl der Autoren erzielt worden sind, 
wurden auch verschiedene, bisweilen sehr ernste und gefähr¬ 
liche Komplikationen beobachtet, die die Lichtseiten der 
Methode teilweise verdunkeln und manche Autoren vor 
deren Anwendung zurückschrecken. Von 92 Fällen haben 
(i Komplikationen wahrnehmen lassen, und zwar: je 1 Fall 
von Mund- und Nasenblutung, von Diarrhoe, von Anzeichen 
einer Insuffizienz der Biscuspidaiis und andauernder Aryth- 
.mie und 3 Fälle von Kollaps und Verschwinden des Pulses. 

Bei der Betrachtung der Komplikationen ergibt es sich, 
daß die Mehrzahl derselben zum Herzen und zur Herztätig¬ 
keil in direkter Beziehung steht. Diese Komplikationen sind 
unter dem Einflüsse derjenigen Veränderungen eingelreten, 
die im Blutkreislaufsystem bei Einschnürung des Abdomens 
mittels elastischer Binde entstehen. Die Tierexperimente 
und die klinischen Beobachtungen haben deutlich gezeigt, 
worin diese Veränderungen bestehen, nämlich in bedeu¬ 
tenden Schwankungen des Blutdrucks, , die sowohl beim 
Anlegen wie auch nach dem Entfernen der Binde eintreteri. 
Ein gesundes Herz überwindet diese Schwankungen, ein 


MICHIGAN 


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1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


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schwaches hört auf ztt fuuktioixiercn. Von dieser Erwä¬ 
gung ausgehend, hält T r e n il e 1 e n b u r g die Mömhurg- 
sehe Methode bei Greisen und bei Personen mit schwacher 
Herztätigkeit für unanwendbar. 

.Ich selbst habe die Mo m bürg sehe Methode 5 mal, 
darunter einmal an. einem gesunden Manne experimenti 
causa, angewendet. 

In diesem letzteren Falle handelte es sieh um einen 
28jährigen Arbeiter mit gut entwickelten Muskeln. Nach 
vorangehender subkutaner Morphiuminjektion wurde ihm 
um das Abdomen die Binde in 6 Touren angelegt. Trotzdem' 
wurde der Puls in der A. femoralis zeitweise, wenn auch 
schwach, so doch deutlich gefühlt. Trotz Morphium wurde 
über Schmerzen geklagt; die Atmung war erschwert; die 
Gesichtsvenen spannten sich, bald trat Schweiß hervor. 
Nach Anlegung Ider Binde wurde Steigerung der Pulsfrequenz 
beobachtet, die nach 2 Stunden 3 Minuten verschwand. 
Die Binde lag 7 Minuten. Komplikationen waren nicht 
eingetreten. 

Hierauf wurde die Methode 4 mal bei Patienten ange¬ 
wendet, an denen Oborschf ukeloperationen ausgeführt 
wurden, imd zwar einmal bei Amputation des Oberschenkels, 
einmal hoi Resektion und zweimal bei Soquestrotomie wegen 
Osteomyelitis. Ich möchte die Krankengeschichten in kurzen 
Auszügen mitteilen. 

1. P. W., 18 Jahre all. V erletzung der rechten Unteren 
Extremität bei einem Eisenbahnunfall. Am 26. Mai 1909 
Amputation des Oberschenkels in Chloroformnarkose. Nach¬ 
dem ein schwarzes, fingerdickes Gummirohr in 3 Touren 
um das Abdomen gelegt war, fühlte man in der Femoral- 
arlerie keinen Puls mehr, bei der Durchschneidung der¬ 
selben auch nicht die geringste Blutung. Die Binde lag 
40 Minuten. 

27. Mai. Hochgradige Diarrhoe bis lO.nal täglich, ohne 
Blut, mit geringen Schmerzen vor der Dofükation. 

28. Miai. Wiederum alles normal. Keine weiteren Ver¬ 
änderungen. 

2. A. P., 16 Jahre alt. Am 6. Oktober 1909 Resektion 
des Hüftgelenks in Chloroformnarkose. Vor Anlegung der 
Binde Puls 160, nach Anlegung derselben Puls in der Radial- 
arlerie vollkommen verschwunden. Nach 5 Minuten trat, 
keine Besserung ein, infolgedessen wurde, um einer Gefahr 
zu entgehen, die Binde abgenommen. Nach Entfernung 
der Binde besserte sich der Puls gleichfalls nicht, infolge¬ 
dessen wurde das Chloroform durch Aether ersetzt. Hierauf 
bedeutende Besserung. Puls voll, regelmäßig, 80. Im wei¬ 
teren Verlaufe keine Komplikationen. 

3. S. S., 29 Jahre alt. Osteomyelitis des linken Ober¬ 
schenkelknochens im oberen Drittel. Am 10. Juni 1909 
Sequestrotomie in Chloroformnarkose. Anlegung der 
Gummibinde in 3 Touren um die Taille. Vollständiges Auf¬ 
hören der Pulsation in der Femoralarterie. Die Binde lag 
35 Minuten. Vor Anlegung derselben Puls 96, nach der An¬ 
legung 60. Während des Erbrechens, welches gegen Ende 
der Operation infolge Nachlassen der Narkose eingetreten 
war, zeigte sich in der Operationswunde eine kleine Blutung; 
letztere entstand augenscheinlich infolge von Nachlassen 
der Kompression der Aorta, was durch Spannung der Rauch¬ 
wand während des Erbrechens bedingt war. Nach der Ent¬ 
fernung der Binde vollständiges Verschwinden des Pulses 
für kurze Zeit (4—6 Sekunden), dann Steigerung der Puls¬ 
frequenz bis 120—130, worauf der Puls normal wurde. 

10. Juni. Gegen Abend einmaliger Stuhl, ohne Blut. 

11. Juni. Zweimal Stuhl; mehrmaliger Sluhldrang. 
Schmerzen im Abdomen nicht, vorhanden. Im weiteren 
Verlaufe keine Komplikationen. Vollständige Genesung. 

4. O. R., 16 Jahre alt. Osteomyelitis. Am 16. Juni 
1909 Sequestrotomie in Chloroformnarkose. Anlegung der 
Binde in drei Touren. Puls vor der Anlegung 88, nach 1 der¬ 
selben 66. Die Binde lag 35 Minuten. Gegen Ende der 
Operation Erbrechen, infolge von Spannung der Rauchwand 


während des Erbrechens war die Kompression der Aorta 
keine vollständige, mul in der Oporalimisu mide stellte sich 
Blutung ein. Die Hautdecken der Köipeihälile unterhalb 
der Binde bekamen eine blau-duiikelrnle Färbung. Unmittel¬ 
bar hierauf wurde der Puls sehr weich, klein und so frequent, 
daß man ihn nicht sehen konnte. Wegen drohender Gefahr 
wurde die Binde sofort entfernt, worauf sich der Puls sofort 
erholte. Weiterer Verlaut ohne Komplikationen. 

In zwei Fällen wurde also Diarrhoe beobachtet, die 
zweifellos mit der Methode der Blutleere in Zusammen¬ 
hang stand. Auch andere Autoren, beispielsweise 1 r a n k e, 
haben Diarrhoe beobachtet. Die Ursachen derselben sind 
vorläufig unbekannt. F.s ist möglich, daß unter dem Ein¬ 
flüsse der Stauung in den Venen eine Transsudalion in den 
Darm staltfindet; vielleicht handelt es sich hier um Steige¬ 
rung der Peristaltik und um relative Schwächung der Sphink- 
teren. Das Verschwinden des Pulses im Falle 2 kann auf 
die Einschnürung des Abdomens kaum zumckgei'iihrt 
werden; höchstwahrscheinlich spielte hier das Chloroform 
die Hauptrolle. 

Was in den Fällen 3 und 4 die Aufmerksamkeit auf 
sich zieht, ist die Beeinflussung der Momburgschen .Me¬ 
thode durch das Erbrechen, welches während der Narkose 
su häufig eintrill. Dieser Einfluß besteht darin, daß infolge 
der Kontraktion der Bauchmuskeln die Elastizität der Binde 
gewissermaßen überwunden und die Kompression der Aorta 
ungenügend wird und das.Blut in die blutleere Kürperluilfte 
(‘.inzudringen beginnt. Zurück fließt das Illut aber nicht, 
weil die Cava, die im Vergleich zur Aorta eine geringere 
Elastizität besitzt, und in der ein niedrigerer Blutdruck 
herrscht, permanent komprimiert bleibt. Man hat es hier 
somit mit dem zu tun. was man bei der Erzeugung v on 
künstlicher Stauungshyperämie mit der Bi-ersehen Binde 
beobachtet: die abgcschnürlc Körperhälile wird mit Blut 
überfüllt; die Hautdecken bekommen eine blau-dunkel rote 
Färbung, wie dies in meinem Falle beobachtet wurde, und 
es entsteht eine Stauungshyperämie in der ganzen linieren 
Körperhälile, während im übrigen Teil des Blutkreislaufes 
eine Anämie eintritl, die, falls sie nicht, rechtzeitig bemerkt 
wird, für den Kranken verhängnisvoll werden kann. 

Sowohl auf Grund meiner experimentellen Erhebungen, 
wie auch auf Grund der Erhebungen der übrigen Autoren, 
glaube ich sagen zu können, daß die M o m bürg sehe Me¬ 
thode vor den Methoden der Aorta Kompression, die bis 
jetzt angewendet wurden, einen wesentlichen Vorzug be¬ 
sitzt. Sie ist leicht und einfach, bei genügender Vorsicht 
ungefährlich. Sie verdient infolgedessen vollkommene Be¬ 
achtung und kann in manchen Fällen unersetzbare Dienste 
leisten. Die einzige gefährliche Komplikation ist die Stö¬ 
rung der Herztäligkeil, was man aber stets rechtzeitig be¬ 
merken und beseitigen kann. Man braucht nur genau auf 
den Puls zu achten. 

Literatur. 

1. Mombm’g: Die künstliche Blutleere der unteren 
Kürperhälfte. Vorläufige Mitteilung. Zentralblatt für Ghirurg., 
1908, Nr. 23. 

2. — Zur Blutleere der unteren Körperhälfte. Ebenda. P.)l)S, 
Nr. 41. 

3. F. Franke: Zu der vorläufigen Mitteilung von Stabs¬ 
arzt Dr. Homburg: Künstliche Blutleere der unteren Kürper¬ 
hälfte. Berichtigung. Ebenda, 1908, Nr. 31. 

4. Rimann: Zur künstlichen Blutleere der unteren 
Körperhälfte nach Momburg. Deutsche Zeitsehr. für Chirurg., 
19118, Iid. 94. 

a. F. Weber: Zur Anwendung der Blutleere der unteren 
Körperhälfte nach Momburg in der Geburtshilfe. Zentralhl. 
für Gynäkologie, 1909, Nr. 41. 

(I. H. Rimann und W. Wolt I': Klinische und xpeiinien- 
telle Beiträge zur Frage der ,H o m b u r gsehön Blutleere. 
Deutsche Zeitsehr. Mir Chirurgie, Bd. 98. 

7. A. Ri ei ander: Feber die Anwendung des Mam¬ 
burg sehen Schlauches bei Posipartumblütungen. Zentral!)!, für 
Gynäkologie. 19U9, Nr .28. 


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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 12 


(S. (). Höhne: Ueber die Bedeutung der künstlichen 

Blutleere, der unteren Körperhälfte für die Geburtshilfe und 
Gynäkologie. Ebenda, 1909, Nr. 10. 

9. W. Sig war t: Ueber die Anwendung der Blutleere 
der unteren Körperhälfte nach M o m bürg in der Geburtshilfe. 
Ebenda, 1909, Nr.. 7. 

10. Willems: De l’hemostase preventive dans les opera- 
tions pörtant sur le bastein et la racine des membres! 
inferieurs. Archives internationales de Chirurgie, 1909, Bd. 4, 

H. 3. 

11. Axhausen: Zur künstlichen Blutleere der unteren 
Körperhälfte nach Momburg. Deutsche med. Wochenschr.. 
1908, Nr. 49. 

12. Momburg: Die künstliche Blutleere der unteren 
Körperhälfte. Zentralbl. für Chirurgie, 1909, Nr. 31. 

13. G. Ledere: La compression elastique du tronc. 
Gazette des hopitaux, 1909, Nr. 70. 

14. B. Kr önin g: Beitrag zur Anwendung der Aorten - 
kompression nach Momburg bei einer Blutung in der Nach¬ 
geburtsperiode. Deutsche med. Wochenschr., 1909, Nr. 46. 

15. Meyer: Praktische Ergebnisse der Geburtshilfe und 
Gynäkologie, 1909, T. 1, Kap. 1. 

16. I. S. Ka labin: Ueber die Behandlung der puerperalen 
Gebärmutterblutungen durch Umschnürung mittels elastischer 
Binde. Journal für Goburtsh. und Gynäk., Bd. 23, Nr. 11. 

17. Hof bau er: Deutsche med. Wochenschr., 1909, Nr. .1. 


REFERATE. 

Heber Kulms perorale Intubation. 

Autosammelreferat von W. Knick. 

I. Teil. 

(Schluß.) 

5. Ueber Intubationsnarkosen bei Gesichtsoperationen. Aus 

der chirurgischen Neben- und Unfallabteilung der königl. 
Charite. (Direktor: Prof. Dr. Ä. Köhler.) Von Oberarzt Df. 
Lotsch, Assistenten der Klinik. Charite-Annalen, 33. Jahrg. 

6. Ueber die Kuhnsche perorale Tubage. Mitteilung von der 
oto-laryngologischen Abteilung des St. Josefs-Hospitals (Prof. 
Dr. E. Schmiegel ow). Von L. Mahler, Kopenhagen. 
Monatsschr. für Ohrenheilkunde und Laryngo-Rhinologie, 1909, 
43. Jahrg., Nr .12. 

5. Bei den großen Operationen am Gesicht, vor allem, 
wenn Mund- und Rachenhöhle dabei breit eröffnet werden müssen, 
sind es zwei Ereignisse, die diese Operationen besonders gefähr¬ 
lich machen, die Verlegung der Atemwege durch Blut und die 
Aspiration. Es sind eine ganze Reihe von Methoden angegeben, 
um diesen Gefahren zu begegnen; hierher gehört die. Operation 
am hängenden Kopf, die Schräglage Kochers, die Operation 
in sitzender Stellung des Patienten und Halbnarkose, die präli¬ 
minare Tracheotomie nach Trendelenburg. Ihnen reiht 
sich als jüngste Methode die perorale Intubation nach Iv u h n 
au. Die oben aufgezählten Methoden haben alle ein Für und 
Wider. Die präliminare Tracheotomie beseitigt am sichersten 
die Möglichkeit der Asphyxie und Aspiration, aber sie ver¬ 
langt eine besondere, blutige Voroperation. Das war der Grund, 
weshalb dieses Verfahren nur wenig Anwendung gefunden hat. 
Bei der Operation am hängenden Kopf fließt das Blut in den 
Nasenrachenraum; erfahrungsgemäß ist aber bei dieser Lage 
die Blutung erheblich stärker, auch hindert bis zu einem ge¬ 
wissen Grade das umgekehrte Gesichtsfeld. Die Halbnarkose in 
Sitzlage stört die Ruhe der Operation in ganz erheblichem 
Maße und stellt an die Nerven des Operateurs sehr große 
Anforderungen. Die Schräglage Kochers genügt bei den 
größeren Operationen nicht ganz, was auch daraus hervorgeht, 
daß Kocher selbst in seiner Operationslehre für derartige 
Eingriffe die vorherige Tamponade der Choanen anrät. 

Bei dieser Lage der Dinge ist es nicht recht Verständlich, 
warum die aus dem Anfang unseres Jahrhunderts stammende Me¬ 
thode der peroralon Intubation derart langsam sich eingebürgert 
hat. Die Methode. Kuhns beruht darauf, daß er durch einen 
biegsamen Metallschlauch, der zum Teil in den Kehlkopf ein- 
geführt wird, das Luftrohr bis zu den Lippen verlängert. Ist 
dies technisch nicht allzu schwierig und vor allem ohne Schädi¬ 
gung von Stimmlippen und Kehlkopfschleimhaut möglich, so 


muß dieses Verfahren genau dieselben Vorteile bilden wie die 
präliminare Tracheotomie, ohne mil dieser den Nachteil einer 
besonderen, blutigen Operation zu teilen. 

Im folgenden will ich über Erfahrungen berichten, die wir 
an der chirurgischen Klinik der Charite bei 10 größeren Ge¬ 
sichtsoperationen mit der K u h n sehen Tubage gesammelt haben. 
Sie verteilen sich auf die Zeit von Mitte September 1908 bis 
Ende Februar 1909. 

Als Instrumentarium bedienten wir uns des Ku huschen 
Origiualmodells, und, da es sich in allen 10 Fällen um Er¬ 
wachsene handelte, so kamen lediglich der Männer- resp. der 
Frauentubus zur Verwendung. 

Die Einführungsteehnik entspricht im wesentlichen der bei 
der O ’ I) w y e r sehen Intubation, so daß jeder, der die. 
O ’ D w y e r sehe Methode beherrscht, auch mühelos den K u h n - 
sehen Tubus einzuführen vermag. Zur Erlernung der Technik 
gehört keine besondere Geschicklichkeit und auch keine allzu 
große Uebung. 

Die Frage, in welchem Augenblicke man den Tubus ein- 
führen soll, ist verschieden beantwortet worden. Kuhn hat 
empfohlen, den Patienten vorher durch Uebung mittels Speise¬ 
röhrenbougierung etwas an di? Einführung zu gewöhnen (vcrgl. 
Kuhns Gebrauchsanweisung). Vor der endgültigen Einführung 
soll die Schleimhaut von Rachen, Kehlkopf und subglottischem 
Raum mit Kokainlösung anästhetisch gemacht werden. Wie ich 
aus eigener Erfahrung weiß, ist so die Intubation durchaus 
möglich; ja sie gelingt bei geeigneten, d. h. bei besonders 
ruhigen und indolenten Individuen zuweilen auch ohne alle 
Anästhesie. Aber zu den Annehmlichkeiten gehört die Intu¬ 
bation bei vollem Bewußtsein sicherlich nicht. Kann man dem 
vor einer Operation ohnehin aufgeregten Patienten diese Proze¬ 
dur — wozu vor allem auch die Anästhesierung des Larynx 
gehört — ersparen, so sollte, man es tun. Ich glaube sogar, 
daß es der Verbreitung der peroralen Intubation nur nützen 
kann, wenn sie ohne Behelligung des Patienten angewendet 
wird. Gegen den, Vorschlag, den Patienten vorher zu narkoti¬ 
sieren, ist mit einem gewissen Recht geltend gemacht worden, 
daß dann die Gefahr des reflektorischen Herztodes im Beginn 
der Narkose, die nach Anästhesierung des Kehlkopfes in Weg¬ 
fall’ kommt, bestehen bleibt. - Wir haben jedoch jetzt in dem 
P a c k a r d - S u d e c k sehen Aetherrausch (s. Zentralblatt für 
Cliir.. 1908, Nr. 18.) ein ausgezeichnetes Mittel, um einmal 
gefahrlos, zum andern für den Patienten unbewußt, die In¬ 
tubation vorzunehmen. Ich habe in der weitaus größten Zahl 
der von mir intubierten Fälle. (50—60) den Tubus im Aether¬ 
rausch eingeführt und kann diese Methode empfehlen. Zur 
Ocffnung des Mundes hat sich der selbst halte.ndei 
O ' D wyer sehe Mundsperrer, den auch Iv u h n empfiehlt, am 
besten bewährt. Es ist bei Verwendung des Aetherrausches nötig, 
die Intubation bei liegendem Patienten auszuführen, was etwas 
schwieriger ist als am sitzenden. Die Schwierigkeit besteht 
darin, daß zuweilen die Zeigefingerspitze, besonders bei großen 
Männern, den Kehldeckel nicht erreicht. Für diesen Fall er¬ 
leichtert ein mäßiges Anheben des Kopfes die Erreichung des 
Ziels. 

Wird der Tubus erst im Rausch und sachgemäß eingeführt, 
und ebenso wieder vor dem Erwachen (s. später) entfernt, 
so merkt der Patient nichts von dem ganzen Verfahren und 
genießt nur die Vorteile. In den Fällen, in denen erst nach¬ 
träglich, d. h. nach vorheriger gewöhnlicher Narkose die In¬ 
tubation eingeleitet wird, erübrigen sich die vorstehenden Be¬ 
merkungen, denn selbstverständlich ist die Intubation in voller 
Narkose eher noch leichter. 

Von ausschlaggebender Wichtigkeit für den ruhigen Ver¬ 
lauf der folgenden Intubationsnarkose ist es, daß die Intu¬ 
bation gleich beim ersten Mal gelingt. Das ist bei einigen 
Uebung durchaus erreichbar! Es tritt dann keine merkliche 
Schelimabsonderung durch den Einführungsreiz ein. Nach mehr¬ 
fachen Intubationsversuchen dagegen sammelt sich leicht Schleim 
in Trachea und Tubus an; er ist meist so zähe, daß. 
eine Aspiration mit der von Kuhn angegebenen Speichelpumpe 
Schwierigkeiten macht. Es ist dann nach meinen Erfahrungen 
geratener, den Tubus herauszunehmen und nach Reinigung 
wieder einzuführen. Mit zunehmender Uebung wird dieses 
Schleimrasseln, das nebenbei gesagt, meist nur den Operateur, 
nicht den Patienten beeinträchtigt, immer seltener, um 
schließlich gar nicht mehr aufzutreten. Liegt der Tubus 
erst einmal richtig, was ohne weiteres durch den 
starken Exspirationsstrom an der Rohrmündung kenntlich ist, 




1910 


THERAPEUTISCHE! RUNDSCHAU. 


ISO 


so wird ov durch ein Gummiband um den Nacken befestigt. Un¬ 
mittelbar nach der Intubation muß die Narkose begonnen werden, 
da sonst mit dem Aufhören des Rauschzustandes ein unan¬ 
genehmer Kampf mit dem erwachenden Patienten beginnt. Auf 
Grund unserer Erfahrungen darf ich behaupten, daß alle diese 
Schwierigkeiten praktisch viel geringer sind, als sie dein Leser 
erscheinen mögen. Die Narkose wird derart eingeleitet, daß auf 
einen mit Flanell bezogenen Metalltrichter, der durch ein bieg¬ 
sames Metallrohr mit dem Tubus verbunden ist, das Narkotikum 1 
geträufelt wird. Wir haben zur weiteren Narkose nur Chloro¬ 
form benützt. Der Verwendung von Aether steht höchstens die 
mangelhafte Vorerwärmung der Atmungsluft infolge des Tubage - 
rohrs entgegen. Erfahrungsgemäß ist der Verbrauch von Nar¬ 
kotikum ein verschwindend geringer. Die durchschnittliche 
Chloroformmcnge beträgt weniger als 0,5 ccm pro Minute. 
Für die Operationen im Gesicht bietet das Verfahren den 
großen Vorteil, daß nach Einlegen des Tubus der Rachen in 
absolut sicherer Weise durch Kompressen, die am besten mit 
Oel goträukt werden, austamponiert werden kann. Dadurch wird 
einmal eine, sichere Abdichtung des Tubus gegen den Kehl¬ 
kopf erreicht, zum zweiten bei energischem Einstopfen der Kom¬ 
pressen in den Oesophagus das Aufsteigen von Mageninhalt 
in den Rachen unmöglich gemacht. Es sei gleich hier bemerkt, 
daß erfahrungsgemäß Erbrechen bei den Inhibierten nicht auf- 
t ritt. vielleicht deshalb, weil eine direkte Wirkung von im 
Speichel gelösten Chloroform auf den Magen fortfällt. Ein 
dritter Vorteil der Rachentamponade besteht darin, daß sich 
das bei der Operation fließende Blut lediglich vor den Tampons: 
sammeln kann, von wo es mit Leichtigkeit durch Tupfen zu 
entfernen ist. 

Es ist einleuchtend, daß nach der Intubation die Luftpassage 
alsolut gesichert ist, und zwar unabhängig von jeder Körper¬ 
lage, ebenso ist eine Aspiration ausgeschlossen. Gerade für die 
Gesichtsoperationen, die uns im folgenden besonders beschäftigen 
sollen, bietet das K u h n sehe Verfahren jedoch noch einige 
weitere nicht unerhebliche Vorteile. Es ist zunächst die Möglich¬ 
keit für den Narkotiseur, abseits vom Operationsgebiet stehen 
zu können, so daß dadurch für den Assistierenden Platz ge¬ 
wonnen wird. Noch wichtiger ist die Sicherung der Asepsis. 
Bei der Intubationsnarkose können alle Teile des Gesichts, je 
nach Bedarf, steril abgedeckt werden. Gerade dieser Umstand 
verdient besonders hervorgehoben zu werden und ist vielleicht 
geeignet, der Intubation manche Anhänger zu werben. Bei 
liegendem Tubus ist natürlich auch ein Zurücksinken der Zunge 
unmöglich. Damit fällt das auf die Dauer lästige Vorhalten des 
Unterkiefers ganz fort, ebenso sind Zungeninstrumente, die stets 
später Schmerzen verursachen, unnötig. Die Intubations¬ 
narkosen verlaufen auffallend ruhig und angenehm. 

Mit Ausnahme der Fälle, in denen vor der eigentlichen Ge¬ 
sichtsoperation eine Drüsenausräumung oder Gefäßligatur 
<s. Fall 4, 7 und 9) nötig war, wurde der Tubus gleich zu Be¬ 
ginn im Aetherrausch eingeführt. In allen Fällen verlief die In¬ 
tubationsnarkose glatt und ungestört. Der Verbrauch an Nar¬ 
kotikum war sehr gering, Würgen oder Erbrechen erfolgte nie, 
desgleichen erwies sich in allen Fällen die mit ölgetränkten 
Kompressen ausgeführte Rachentamponade als absolut dicht. 
Schleimrasseln in Tubus oder Trachea wurde nie bemerkt, die 
Luftpassage war stets völlig frei. Das Metallrohr des Tubus 
wurde möglichst seitlich gelagert und hinderte — was be¬ 
sonders betont werden muß — auch bei den größten Ein¬ 
griffen nicht (s. Fall 1 und 8). Die Beherrschung der Blutung 
bietet keine größere Schwierigkeiten als anderswo; das Opera¬ 
tionsgebiet war stets äußerst übersichtlich zu gestalten und 
infolge Wegfalls der 'Möglichkeit von Asphyxie und Aspiration 
operierte man unter denselben Bedingungen wie an anderen 
Körperabschnitten. Die Extubation erfolgte kurz vor dem Er¬ 
wachen. Keiner der Patienten hat nachträglich, selbst auf dahin 
gerichtete Fragen, irgendwie über Heiserkeit, Hustenreiz oder 
sonstige Sensationen im Kehlkopf geklagt. Der Tubus erwies 
sich in allen Fällen nach der Herausnahme als völlig frei von 
Blut, auch die Oelkompressen waren nur an der einen Seite 
blutig getränkt. 

Nach diesen Erfahrungen wird in Zukunft für Operationen 
der geschilderten Art die Kuhn sehe Intubationsnarkose an 
unserer Klinik zur Anwendung kommen. Bei dem gänzlichen 
Fehlen irgendwelcher schädlicher Folgen erscheint es ratsam, 
auch bei Gehirn- und Rückenmarksoperationen mit ihren oft 
für die Luftpassage wenig geeigneten Körperhaltungen des Pa¬ 
tienten sich der Vorteile des Iv u h n sehen Verfahrens zu be¬ 


dienen. Hierher gehörige Erfahrungen haben wir bisher eben¬ 
sowenig gesammelt, wie solche bei der Operation des kindlichen 
Wolfsrachens usw. 

H. Auf der otolaryngologischen Abteilung des St. Josefs - 
Hospitals ist die Kuhn sehe perorale Tubage in 25 Fällen 
an gewendet. 

In 15 von diesen Fällen wurde die Operation wegen Nasen¬ 
nebenhöhlenleiden vorgenommen. Die perorale Tubage ist uns 
hierbei von großem Nutzen gewesen, besonders wegen der durch 
sie ermöglichten guten und ruhigen Narkose, die nicht wie 
sonst bei diesen operativen Eingriffen beständig unterbrochen 
zu werden brauchte. 

Es ist von großem Vorteil, daß der Operateur seine Auf¬ 
merksamkeit nicht auf die Narkose zu richten nötig hat und der 
Schwierigkeit überhoben ist, die Luftwege von der starken 
Blutung frei zu halten. Der Unterschied von den früher an- 
gewendeten Methoden, die Narkose zu leiten (z. B. mit 
Junckers Apparat, wo man eine Leitungsröhre in den Mund 
legen muß u. a.), ist. so bedeutend, daß wir kein Bedenken ge¬ 
tragen haben, die K u h n sehe Intubation stets da anzuwenden, 
wo es sich um eine in der Narkose auszuführende Operation 
der Nasennebenhöhlen handelte. 

Die Vorteile bestanden vor allem darin, daß wir Zeit ge¬ 
wannen und die nötige Ruhe fanden zu arbeiten, und daß die 
Narkose bei weitem nicht so tief zu sein brauchte. Jeder, der 
Nasennebenhöhlenleiden operiert, der mit der Unruhe der Halb¬ 
narkose und dem häufigen Schlucken und Erbrechen zu kämpfen 
gehabt hat und der weiß, wie mitgenommen der Patient nach der 
Operation ist, wird diese neue Methode mit Freuden begrüßen 
können. Auch bei Operationen von bösartigen Neu¬ 

bildungen im Nasenrachenraum und im Oberkiefer hat uns diese 
Methode sehr gute Dienste geleistet. Operative Eingriffe an 
diesen Stellen haben sowohl für den Operateur wie für den 
Zuschauer etwas unbedingt Unangenehmes und Unästhetisches an 
sich; auch sind die Schwierigkeiten bei der Narkose und den 
Blutungen recht bedeutend. Man operiert oft bei einer durch 
die schwierigen Umstände bedingten Halbnarkose, und die 
Zyanose bei eventueller Anwendung des „hängenden Kopfes" 
hat für jeden etwas Abschreckendes, und das ganze ist fin¬ 
den Operateur schwierig. Die Operation wird oft schnell aus- 
geführt und man kann sich des Gefühls nicht erwehren, daß 
es an der nötigen Gründlichkeit und Sicherheit fehlt, zum 
Beispiel bei der Exstirpation der Tumoren in diesen Gegenden, 
da wiederholte Revisionen des Operationsfeldes wegen der unge¬ 
nügenden Narkose schwierig sind. Diese Uebelstände fallen bei 
Kuhns peroraler Tubage weg; hier kann man die Operation 
bei guter Narkose und geringerer Blutung in Ruhe vornehmen, 
und das Operationsfeld revidieren. 

Bei Operationen im Munde und im Rachen haben wir 
die K u h n sehe Intubation ebenfalls mit Erfolg angewendet. 
Durch die genaue und feste Tamponade, die man um den und 
über dem Larynx anlegen kann, wird es möglich, die ganze 
Mundhöhle und den Rachen abzuschließen, wodurch der Zugung 
zum Munde viel leichter wird, weil der Mund weit aufgesperrt 
und das Operationsfeld gewissermaßen dem Operateur näher ge¬ 
bracht werden kann, ohne daß die Atmung behindert wird. Die 
Methode ist bei diesen Operationen fünfmal in Anwendung ge¬ 
kommen. Zweimal wurde wegen eines Krebses bis zu zwei 
Drittel der Zunge entfernt und gleichzeitig umfangreiche Ent¬ 
fernung der regionären Drüsen vorgenommen, und einmal mußte 
mittels temporärer Resektion des Unterkiefers ein Sarkom aus 
den Tonsillen entfernt werden. 

Wie man sieht, sind die Resultate, welche wir bei Ope¬ 
rationen in den erwähnten Gegenden erzielt haben, als unbe¬ 
dingt günstig zu bezeichnen. Was am meisten in die Augen 
springt, ist die gute Narkose, welche die Intubation ermöglicht. 
Der Narkotiseur ist vollständig unabhängig vom Operateur und 
ist imstande, den Kranken durch kleine Dosen in einer ruhigen 
und ununterbrochenen Narkose zu halten. Die Uebelstände, die 
mit einer Halbnarkose verbunden sind, werden vermieden und 
der Operateur kann arbeiten, ohne genötigt zu sein, seine Auf¬ 
merksamkeit auf die Narkose zu richten. Die Blutungen sind 
wegen der ruhigen Respiration, und weil der Kranke nicht von 
Husten, Schlucken und Erbrechen heimgesucht wird, geringer. 
Eine Asphyxie braucht man nicht zu befürchten, da der Larynx 
vollständig geschlossen ist, so daß weder Blut noch Sekret 
in die Lungen gelangen kann. Also auch für den Patienten 
hat die Methode große Vorteile und oft hat er keine Ahnung 
davon, daß er einer Operation im Larynx ausgesetzt gewesen ist. 







1S4 THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. Nr. 12 


Krankhafte Erscheinungen, wie Heiserkeit und Schlingbeschwer¬ 
den, die auf die Intubation zurückgeführt werden könnten, haben 
wir nicht beobachtet, und ebensowenig haben wir Bronchial- 
katarrh und Pneumonie als Folge der Operation sich entwickeln 
sehen. 


Pharmakologie. 

.Referent: Privatdozent Dr. C. Bachem, Bonn. 

1. Phosphor, Lebertran und Sesamöl in der Therapie der 
Rachitis. Von Sch ab ad, Petersburg. Zeitschr. für kl in. Med., 
Bd. 69, S. 435. 

2. Ueber den Nachweis der Lävulose im Harn nach 

Borchardt. Von Rosenberger, München. Zentralblatt für 
innere Medizin, 1910, Nr. 7. 

3. Verbindungen des Jodoforms. Von G. Cohn, Pharma¬ 
zeutische Zentralhalle, 1910, Nr. 8. 

4. Ueber eine chemisch nachweisbare Ursache der klinisch 
beobachteten Thiosinaminwirkung. Von S t a r k e n stein, 
Prag. Therap. Monatsh., 1910, Nr. 2. 

5. Ueber die Ausscheidung von anorganischem und orga¬ 
nisch-gebundenem Brom durch den Urin nach Einfuhr organi¬ 
scher Brompräparate. Von L. Bilinkis, Tiraspol. Therap. 
Monatsh., 1910, Nr. 2. 

6. Zur Vergiftung mit Holzessig. Von Weijnreidh, 
Basel. Therap. Monatshefte, 1910, Nr. 2. 

1. Auf Grund der Stoffwechselversuche an rachitischen 
Kindern kommt Verfasser zu folgenden Ergebnissen: 

Aus den Bestandteilen des Phosphorlebertrans vermehrt 
Lebertran an und für sich die Kalkretention bei Rachitis* 
Phosphor per se übt keinen günstigen Einfluß auf die 
Kalkretention aus, beim Zusatz zu Lebertran verstärkt aber 
Phosphor die günstige Wirkung des Tranes. Das zum Ersatz 
des Lebertrans oft empfohlene Sesamöl wirkt auf den Kalk- 
stof'fwechsel bei Rachitis nicht ein. Die günstige Wirkung 
des Lebertrans und des Phosphorlebertrans auf die Kalkretention 
bei Rachitis kann durch den Einfluß auf die Seifenbildung im 
Darme nicht erklärt werden. Lebertran und Phosphorlebertran, 
bei gleichzeitiger Verbesserung der Kalkrertention bei Rachitis, 
vermehren auch, die Phosphorretention und verbessern die 
Stickstoff- und Fettresorption. 

2. Im Gegensatz zu W. V o i t und in Uebereinstimmung 
mit Borchardt hat Verf. die Probe auf Fruchtzucker im 
Harn bei verschiedenen Krankheiten bei Untersuchung von 
95 Urinen nur zweimal positiv gefunden. Dagegen wird die 
B.sche Probe auch von anderen Harnbestandteilen als Lävulose 
oft mehr oder minder täuschend gegeben. Sie tritt ferner 
nicht ein, wenn Formaldehyd im Harn vorhanden ist, d. h. 
auch nach Einnahme von Urotropin, Helmitol oder Borovertin. 
(Einzelheiten über die Methodik dieser Probe s. ZentralbP. 
für innere Medizin, 1908, Nr. 40.) 

3. Im Gegensatz zu Chloroform und Bromoform bildet das 
Jodoform mit anderen Stoffen leicht Additionsverbindungen. So 
lagert sich Jodoform an: 1. an Basen, 2. an schwefelhaltige' 
Substanzen, 3. an Schwefel und Stickstoff enthaltende Basen, 

4. an Eiweißkörper. Von diesen Verbindungen mannigfaltigster 
Art, sind nur wenige im medizinischen Gebrauch. So das 
Jodoform-Hexamethylentetramin, auch Jodoformin genapnt, das 
Jodoform-Aethylhexamethylentetraminhydrojodat oder Jodofor- 
mal und das Jodoformogen, eine Additionsverbindung des Jodo¬ 
forms an Eiweiß. Bei der Darstellung dieser Präparate ging 
man meist von dem Bestreben aus, geruchlose und doch wirk¬ 
same Jodoform-Ersatzmittel zu erhalten. 

Die übrigen in dieser Arbeit genannten Körper haben nur 
chemisch-pharmazeutisches Interesse. 

4. Das Ergebnis der chemischen Untersuchung ist in Kürze 
folgendes: Das Thiosinamin (Fibrolysin > zeigt eine deutliche, 
die Umwandlung von Kollagsn in Leim fördernde Wirkung. Als 
Träger dieser Wirkung im Molekül des Allylthioharnstoffes kann 
die Allylgruppe angesehen werden, da die gleiche Wirkung mit 
einer Reihe anderer Allylverbindungen zu erzielen ist, nicht 
aber mit ähnlichen Körpern, denen die Allylgruppe fehlt. Diese 
Wirkung wird durch die Gegenwart von Serum bedeutend unter¬ 
stützt. Da alle Versuche bei Körpertemperatur ausgeführt 
wurden, ist eine Uebertragung der gewonnenen Resultate auf den 
Organismus wohl möglich und diese beobachtete Förderung der 
Hydrolyse des Kollagens zu Leim kann als eine Erklärung an¬ 
gesehen- werden für die klinisch vielfach beobachtete Wirkung 


der Thiosinamin- und Fibrolysin-Injektionen, Narbengewebe zu 
erweichen und dehnbar zu machen. Da es Verf. nicht unwahr¬ 
scheinlich erscheint, daß die nützliche. Wirkung der Allylderivate, 
von der chemischen Großindustrie aufgcnommo.n werden wird und 
eine Reihe homologer Präparate in den Handel kommen dürften, 
so ist es gewiß von Bedeutung, in der beschriebenen Methodik] 
einen Maßstab für verschiedene derartig wirkende Substanzen 
gestellt zu haben. 

5. Die in den Organismus eingeführten Bromalkalien 
werden als solche und niemals an organische Substanz ge¬ 
bunden, durch den Urin ausgeschieden. Durch den Stuhl kommt 
bei der üblichen Brortitherapie wenig oder gar kein Brom zur 
Ausscheidung. Die organischen Brommedikamente der aliphati¬ 
schen Reihe werden im allgemeinen im Organismus' so zerlegt, 
daß der größte Teil des Broms als Alkalibromid zur Aus¬ 
scheidung gelangt; doch geht gewöhnlich auch ein Teil als 
organisch gebundenes Brom in den Harn über. Die einzelnen 
Präparate verhalten sich hierin sehr verschieden. Aromatische 
Verbindungen, bei denen das Brom am Ring haftet, spalten im 
Organismus kein Brom ab. 

6. Veranlassung zu eingehenden Versuchen an Tieren bot 
eine Vergiftung, die etwa folgendermaßen verlief: Eine im 
dritten Graviditätsmonat stehende Frau hatte mittels einer extra 
zurecht gebogenen Uteruskanüle ca. 100 ccm einer schwarzen 
Flüssigkeit, die sich später als roher Holzessig identifizieren 
ließ, in die Vagina und den Uterus gespült zwecks Herbei¬ 
führung eines Abortes. Es ergaben sich bei der Sektion Ver¬ 
ätzungen der Scheide, der Portio und des Uterusinnorn. Da 
experimentelle Untersuchungen über diese Vergiftung bisher noch 
nicht Vorlagen, prüfte W. die Frage an Tieren und konnte, 
dabei feststellen, daß der Holzessig in großen Gaben vom 
Körper resorbiert wird und giftig wirkt, einerlei ob es sich 
um den reinen oder rektifizierten handelt. Die Dosis letalis 
schwankt pro kg Tier (Kaninchen, Meerschweinchen) zwischen 
10 und 15 ccm. Die Giftwirkung des Holzessigs kommt nach 
W. nur der Essigsäure zu; die Symptome, welche die Frau 
bot, stimmten mit denjenigen der vergifteten Tiere überein i 
schweres Koma, schwacher Puls und starke Beeinflussung der 
Respiration. 

Größere Vorsicht als bisher dürfte bei den Spülungen mit 
Holzessig zu empfehlen sein. Jedoch ist Ref. der Ansicht, daß 
außer der Essigsäure auch die zu 6—10% darin enthaltenen 
Teerprodukte, an der Vergiftung mitbeteiligt sein können. 


Neurologie und Psychiatrie. 

Referent: Irrenarzt Dr. 'Wern. H. Becker, Woilmimster. 

1. Ueber eine neue Anwendungform der Suggestion in der 
gynäkologischen Praxis. Von Dr. II al lauer, Berlin. Deutsche 
mcd. Wochenschr., 1910, Nr. 10. 

2. Blutuntersuchungen bei Morbus Ba«edowii. Von Dr. 
Roth, Budapest. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 6. 

3. Ueber Aphasie. Von Dr. Goldstein. Beiheft zur Med. 
Klinik, 1910, Heft 1. 

4. Eine biologische Reaktion im Liquor cerebrospinalis bei 
organischen Nervenkrankheiten. Von Dr. H a u p t m a n n , 

Eppendorf. Medizinische Klinik, 1910, Nr. 5. 

5. Die Diagnose der Hysterie. Von Dr. S. Meyer, Danzig. 
Medizinische Klinik, 1910, Nr. 7. 

6. Zwangszustände, ihre psychischen Wurzeln und ihre 
Heilung. Von Dr. Stecke 1, Wien. Medizinische Klinik, 1910, 
Nr. 5—-7. 

7. Zum „Nil nocere“ in der Neurologie. Von Prof. Dr. 
Oppenheim, Berlin. Berliner klin. Wochenschr., 1910, Nr. 5. 

8. Ergebnisse und neuere Untersuchungen über die 
Hemmungsreaktion im Blut]e von Geisteskranken. Von Dr. 
Geißler, Köln. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 7. 

9. Ueber Schlafmittel und ihre Wirkung. Von Prof. Dr. 
Frankel, Wien. Medizinische Klinik, 1910, Nr. 8. 

10. Die Wirkung von Narkotika-Kombinationen. Von Dr. 
Homburg er, Heidelberg*. Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
Nr. 7. 

1. In der Straßmann sehen Frauenklinik zu Berlin übt 
Verfasser seit zwei Jahren eine Kombination von . Narkose und 
Hypnose aus, dis er Suggestivnarkose nennt. Die Patientin wird 
ebenso wie zur richtigen Narkose vorbereitet. Anfangs werden 
ca. 15 Tropfen Chloroform gegeben und dann durch Suggerie- 





THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


liehen körperlichen Krankheiten, über auch Neurasthenie, De- 
menIia praecox, manisch-depressives Irresein u. a. m.) nur ein¬ 
mal, nämlich bei einem Fall von heftigem Kopfschinerz ohne 
organische Grundlage, ein positiver Erfolg erzielt, d. h. Oho- 
lestearin nachgewiesen, ebenso bei alten Hirnblutungen und 
Erweichungen sowie bei genuiner Epilepsie in 0°/o der Fälle; 
dagegen bei frischen und mittelalten Hirnblutungen und Er¬ 
weichungen war das Resultat in 85,7°/o, bei Tabes dorsalis in 
83%, bei Lues cerebrospinalis in 65%, bei multipler Sklerose 
in 46% und bei Hirn- resp. Rückenmarkstumor in 100% der 
untersuchten Fälle positiv. Verfasser kommt zu dem Schluß, 
daß im Liquor cerebrospinalis bei gewissen organischen Nerven¬ 
krankheiten, zu denen z. B. die Paralyse der Irren nicht! 
zu gehören scheint, Stoffe auftraten, die sich durch Hemmung 
der Saponinhämolyse gegenüber Menschenblutkörper nach- 
weisen lassen. 

5. Verfasser verwirft die Art der Diagnostizierung per 
exclusionem bei der Hysterie. Mit der alleinigen Ausschließung 
organischer Erkrankungen sei es nicht getan. Erstens kommt 
die Hysterie neben den organischen Leiden irgendwelcher Or¬ 
gane vor und zweitens können wir uns mit unseren unvoll¬ 
kommenen Kenntnissen nicht anmaßen, a priori' jegliche ana¬ 
tomisch begründete Störung mit Sicherheit auszuschließen. Es 
muß deshalb vielmehr Wert auf die. Stigmata hysterischer Leiden 
gelegt werden. Das Hysterieprodukt als solches wird daran 
erkannt, daß es von dem vergleichbaren organisch bedingten 
Symptom abweicht. Es können zwar letztere gut kopiert werden, 
aber der ärztliche Scharfsinn, der besonders das erstmalige’ 
Aultreten von Anfällen irgendwelcher Art sich beschreiben läßt, 
wird sich nicht täuschen lassen/ Insbesondere ist ein durch; 
Nervina oder gar Morphium gar nicht zu mildernder Schmerz 
in hohem Grade hysterieverdächtig. 

6. Der Verfasser ist ein begeisterter Anhänger der Freud - 
sehen Lehre, die seit zwei Jahren so viel von sich reden macht. 
Der in der ,.Vereinigung Wiener Mediziner“ im vorigen Jahre 
gehaltene Vortrag ist gespickt mit einer Menge von Kranken¬ 
geschichten. Selbst wenn man der Theorie von der Psycho¬ 
analyse Freuds ziemlich fern steht, wie Referent mit den 
meisten deutschen Psychiatern, wird man einen Zusammenhang 
gerade von Zwangszuständen mit sexuellen Erlebnissen für 
manche Fälle zugeben und demnach auch die hier gegebene Heil¬ 
kraft der Psychoanalyse. Aber die Erklärungsversuche S t. s 
gehen zu weit. Daß die Mictio im Vorstellungskreis eines 
Patienten ein Ersatz der Pollution sein soll, daß bei einem 
stotternden Kinde die geheime Angst vor der Entdeckung der 
getriebenen Onanie die Ursache seines Leidens darstellen soll, 
oder die Kleptomanie eine unbewußte Betätigung sexueller 
Triebe bedeuten soll, geht noch an. Aber daß ein kaufmänni¬ 
sches Geschäft ,,ein häufiges Symbol für Vagina“ ist, Haß 
eine andere Form der Liebe ist, Gold der Lohn einer Mait.resso 
ist bei einem Manne, dessen Mutter ,,Golde“ heißt u. dergl. — 
Verfasser verzeihe mir, aber das geht in meinen Köpf nicht 
hinein. Auch wirkt St., wie so viele Freud sehe Schüler, 
zu wenig überzeugend durch den Ton seines Vortrages. Er 
arbeitet zu viel mit Axiomen, die noch längst keine allgemein 
anerkannten Lehrsätze sind und scheut sich dabei auch nicht 
vor gelegentlichen persönlichen Angriffen gegen diejenigen, 'die 
die Freud sehen Lehren sich noch nicht zu eigen zu machen 
vermochten. So spricht er von ,,Nichtsehen w o 11 e n" bei einem 
französischen Kollegen und von einem „Affekt der Ablehnung“ 
bei ihm, der eine 1895 bereits erschienene französische Arbeit 
nicht zur Psychoanalyse bei einer Patientin benutzt hat. Das 
geht doch wieder einmal über die Grenzen wissenschaftlicher 
Polemik hinaus und ist wenig geeignet, der Freud sehen 
Theorie, deren Kern sicher gut ist und nicht geleugnet werden 
soll, neue Anhänger zuzuführen. 

7. Der Autor berichtet von einem Fall, wo der Chirurg, 
obwohl der Neurologe zur Trepanation der rechten Schläfen- 
gegend rät, zur Entfernung eines Hypophysentumors die linke 
Stirnschläfengegend wählt und dadurch totale Aphasie und Hirn- 
prolaps erzeugt; er weist darauf hin, daß auch die segens¬ 
reiche Hirnpunktion in der Hand der kompetentesten Chirurgen 
nicht als ein Unbedenkliches angesehen werden kann; es folgen 
darauf vier Krankengeschichten, die zeigen, daß auch die Lum¬ 
balpunktion unter Umständen irreparablen Schaden anzurichten 
vermag, besonders bei Neubildungen des Gehirns. Kurz berührt 
werden dann die schon öfter in der Literatur beklagten Fälle 
von Lähmungen nach Schlösser sehen Injektionen. 


Miiig von ivnniigkeii und ochlatrigkcit, die bei dem natürlichen 
Einschlafen sich cinstellenden Empfindungen wachgerufen. Im 
ganzen werden nur 20—40 Tropfen Chloroform verbraucht. 
Unter den 300 Fällen boten 60—70% einen vollen, etwa 20%. 
einen halben und 10% einen geringen oder gar keinen Erfolg. Es 
eignen sich nur kleine Eingriffe: Probekürettagen, Cervixdila¬ 
tation, Einleitung und Ausräumung von Aborten mit Finger oder 
Kürette, Diszision der Cervix, Aufrichtung des retroflektierten 
Uterus, Ausbrennen von Karzinomen, Abbrennen einer Karun - 
kula der Harnröhre u. dergl., nicht zu vergessen auch der Ge¬ 
burtsakt. Verfasser empfiehlt auch die Verbindung der 
Suggestivnarkose mit der Lumbalanästhesie. 

Die Suggestivnarkose ist völlig ungefährlich und hat keine 
üblen Nachwirkungen. Mißlingt die Hypnose, so kann man ohne 
weiteres zur Narkose übergehen. Ein Narkotiseur ist oft ent¬ 
behrlich. Ueble Nebenwirkungen wurden nur bei hysterischen 
brauen in Gestalt aller Art hysterischer Anfälle beobachtet. 
Erotische Träume sind nicht selten. Als therapeutische Ma߬ 
nahme empfiehlt Verf. die Suggestivnarkose bei Vaginismus, 
Dyspareunie, Perversionen des Geschlechtstriebes, Hyperemesis 
gravidarum und Dysmenorrhoe. 

2. R. hat 6 Patienten, die an Morbus Basedowii litten, be¬ 
züglich der qualitativen Beschaffenheit des Blutes untersucht 
und dabei meist verringerten Hämoglobingehalt, normale Zahl der 
roten Blutkörperchen, daneben auch. Leukopenie, Lymphozytose 
und Mononukleose gefunden. Die absolute und relative Lympho¬ 
zytose nebst Mononukleose geringen Grades ließ sich noch in acht 
zweifelhaften Fällen nachweisen, so daß Verfasser in der Blut- 
nntersuchung ein bedeutungsvolles Diagnostikum sieht. 


zunächst eine längere geschichtliche Einleitung: die Entdeckung 
Brocas vom Sprachzentrum in der 3. Stirnwindung; die Lehre 
W ernickes von der Lokalisation des motorischen Sprach¬ 
zentrums ebenda, aber des sensorischen in der 1. Schläfen-, 
windung. und von den 5 verschiedenen Arten der Sprach¬ 
störung; die Erweiterung von \\ ernickes Schema unter 
Heranziehung eines Begriffszentrums zu 7 Aphasieformen durch 
L i c h t h e i m; die weiteren Theorien W ernickes; die darauf 
wieder aufbauenden Freuds, der zuerst besonders einzelne 
Zentren für die einzelnen Bestandteile der Sprache leugnete, 
•B a s t i a n s , S t o r c h s u. a. Mit letztgenanntem Autor nimmt 
Verfasser ein Sprachfeld s. str. an, indem er die Unter¬ 
scheidung zwischen Klangerinnerungsbildern und Sprach- 
hewegungsbildern verwirft. Es wird uns dann ein kompliziertes) 
Schema vorgezeichnet, in welchem das motorische und das 1 
akustische (V e r n i c k e sehe ) Zentrum zwei ruhende Pole 
bilden, die aber mit verschiedenen Leitungsbahnen, in erster 
Linie mit dem Sprachbegriffsfeld, dann aber auch mit einem 
optischen Perzeptionsfeld, taktilen Perzeptionsfeld, Geschmacks¬ 
und Gcruchsperzeptionsfeld und mit motorischen Focis der ge¬ 
samten Körpermuskulatur, wie im besonderen der rechten Hand, 
in Verbindung stehen. Hiernach unterscheidet G. eine sub- 
kortikale sensorische Aphasie, eine kortikale sensorische 
und motorische Aphasie, eine transkortikale sensorische und 
motorische Aphasie und sucht darin alle Fälle von Sprach¬ 
störung unterzubringen; er widmet dann noch eine längere Be¬ 
sprechung den Störungen der Schriftsprache, bei denen er wieder 





186 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 1*2 



Verfasser erinnert dann an die Idiosynkrasien mancher Pa - 
ii eil teil gegen gewisse Arzneimillol, nament lieh gegen neu« 1 , noch 
zu wenig erprobte, weist dabei auf die Atoxylcrblindung der 
letzten Jahre und die gleiche Schäden anrichtende Darreichung 
größerer Arsazetindosen hin und schließt eine Krankengeschichte 
von eingetretener Optikusatrophie nach einer Arsenkur daran. 
Zum Schluß empfiehlt der bekannte Neurologe eine ganz be¬ 
sondere Beachtung der bedenklichen Nebenwirkungen von 
Arzneimitteln in den einschlägigen Aufsätzen der medizinischen 
Wochenschriften und therapeutischen Blätter. 

8. Eine weitere Nachprüfung der bekannten aufsehen¬ 
erregenden Kobragiftreaktion M u c h s und Holz m a lins, vor¬ 
genommen in der psychiatrischen Klinik der Kölner Akademie 
unter der Aegide Aschaff enburgs. Verfasser rekapituliert 
zunächst die Resultate der bisherigen Versuche. Man hat im 
ganzen zu wenig die Wirkungsweise der einzelnen Faktoren, 
welche die Reaktion bedingen, beachtet. Die Auswahl der Blut¬ 
körperchen. die Herstellung der Kobragiftlösung, die Ver¬ 
wendungsweise des Serums erheischen eine aufmerksame und ziel- 
bewußte Behandlung. Unter Anwendung dieser Ivautelen erneute 
Untersuchungen haben bei Verfasser das Resultat ergeben, daß 
sich die Psychosen an dem positiven Ausfall der Reaktion am 
stärksten beteiligen, und unter diesen wieder die Dementia, 
praecox-Gruppe. 

9. Wie vor zwei Jahren Thoms in Berlin vor einer 
größeren Aerzteversammlung den chemischen Aufbau und die 
Wirkung unserer Schlafmittel dargelegt hat, so hat jetzt auch 
Frankel in Wien sich der dankenswerten Aufgabe unterzogen, 
einem weiteren Kreis von Medizinern das Verständnis für die 
Wirkung der einzelnen Schlafmittel näher zu bringen. Verfasser 
teilt die Schlafmittel in drei große Gruppen ein: in solche., 
welche Halogen, solche, welche Alkylradikale, und solche, welche 
Karbonylgruppen enthalten. Drei Umstände erwirken die 
Geltendmachung der hypnotischen Kraft des einzelnen Mittels: 
Erstens muß die Substanz chemisch so gebaut sein, daß sie 
in die nervösen Zentralorgane gelangt; zweitens hängt ihre 
Wirkung von der Lipoidlöslichkeit ab; dazu kommt noch eine 
dritte, uns bis heute aber unbekannte Eigenschaft. 

Das Nähere über die einzelnen- bekannten Schlafmittel 
möge der Leser im Original nachlesen. 

10. Tierversuche Bürgis, welche feststellten, daß zwei 
gleichzeitig oder nacheinander eingeführte Narkotika stärker 
wirken, als man nach einer einfachen Addition der zwei Einzel - 
effekte erwarten würde, besonders wenn die beiden Narkotika 
nicht nahe verwandt sind, veranlassen den Verfasser, auf 
eine eigene Publikation vom Jahre 1904 zurückzugreifen. Er 
hatte damals dem Trional und Veronal kleine Morphiumdosen 
zugesetzt; es erwiesen sich da kleine Auf- und Abwärts¬ 
bewegungen der Höhe der Morphiumdosis um 1 i Zentigramm 
bereits als außerordentlich different. Ferner rekapituliert Ver¬ 
fasser noch Versuche mit refrakten Dosen Trionäls und Veronalä 
und mit Kombinationen von Antipyreticis mit Alkaloiden bezw. 
Hypnoticis der Fettreihe. 


Nahnings- und Genußmittel. 

Von Prof. Dr. med. Winckler, Bad Nenndorf. 

Gewürze. — Oel. 

Nutzen der Gewürze und des Speiseöls. Die Schlagworte der 
Naturärzte, die bei uns wenig Eindruck mehr machen, scheinen 
in England noch den Reiz der Neuheit zu haben. Denn ein 
ärztlicher Mitarbeiter der medizinischen Zeitschrift „Lancet“ 
gibt, sich ernstlich Mühe, den Unverstand der naturärztlichen 
Anpreisung „reizloser Kost“ darzutun. Er wundert sich 
darüber, daß es jetzt Leute gibt, die das Kochsalz als ,,mildes: 
Gift.“ betrachten, den Pfeffer ins Pfefferland zurückwünschen, 
den Essig als Erzeuger von. Anämie und Gicht (!) verlästern, 
den Senf ebenso wie den Pfeffer scheuen und das Olivenöl nicht 
zulassen, weil es ,»schwer verdaulich“ sei und ,,die Einwirkung 
des Magensaftes auf den Speisebrei verzögere“. Der englische 
Arzt charakterisiert diese Beschuldigungen als lächerliche Irr- 
tümer. Der Mensch empfinde genau, welches Gewürz dieser oder 
jener Speise zugesetzt werden müsse; das Verlangen nach be¬ 
stimmten Gewürzen beruhe geradezu auf einem untrüglichen In¬ 
stinkt. Die berühmten Versuche von Pawlow hätten ein¬ 
wandfrei bewiesen, daß die Gewürze eine große und wichtige 
Rolle nicht etwa bloß als Anreger des Appetits, sondern auch 


GAN 


bei der Verdauung spielen. Vom Essig sei außerdem zu rühmen, 
daß er zähe Fasern in den Speisen erweiche und so der Ver¬ 
dauung vorarbeite. Die Anklagen gegen das Oel seien einfach 
absurd. Dem könnt: 1 man hinzufügen, daß die meisten 

gekochten Speisen ohne ein Gewürz fast unverdaulich sind. 
So sind z. B. Kartoffeln ohne Salz absolut ungenießbar. Hypo¬ 
chondern, die sich durch ,.reizlose Kost“ schädigen, empfehle 
man die Lektüre des trefflichen Buches von Dr. Wilhelm 
S t e r n h e r g: ..Kochkunst und ärztliche Kunst; der Geschmack 
in der Wissenschaft und Kunst.“ Stuttgart 1907, Verlag von 
Ferdinand Enke.) Lehrreich ist auch die Abhandlung von 
Professor L i c b r e ich: ,,lieber den Nutzen der Gewürze für 
die Ernährung.“ (Vortrag, gehalten am 2. November 1903 in 
der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Gesundheits¬ 
pflege zu Berlin, abgedruckt in den ,,Therapeutischen Monats¬ 
heften“, Februar 1904.) 

Schweinefleisch. — Magermilch. — Butter. 

Schweinetuberkulose, erzeugt durch Fütterung mit Mager¬ 
milch aus genossenschaftlichen Molkereien. Professor Dr. 
A. Eber in Leipzig hat im „Leipziger Tageblatt“ vom 
26. Februar d. J. eine Abhandlung über „die Bekämpfung der 
Tuberkulose in den Schweinebeständen“ veröffentlicht, welche 
wichtige neue Tatsachen anfuhrt und zum Nachdenken an- 
regt. Wir erfahren daraus, daß die Schweinetuberkulose noch 
zu Anfang der achtziger Jahre eine verhältnismäßig selteno 
Krankheit war und erst seit der Entstehung der Genossen- 
schafts- und Sammelmolkereien überhandgenommen hat. Da 
sich nämlich unter der zusammengegossenen Milch vieler Kühe 
häufig Milch von einigen tuberkulösen Kühen befindet und die 
nach der Butterbereitung restierende Magermilch an die 
Molkereigenossen verteilt und von ihnen an Kälber und 
Schweine verfüttert wird, ist eine auffallende Zunahme 
der Kälbertuberkulose und eine nicht minder erschreckende 
Verbreitung der Schweinetuberkulose erfolgt. Durch die Reichs¬ 
fleischbeschau-Statistik ist festgestelli, daß im Durchschnitt 
der Jahre 1905 bis 1907 in Deutschland rund ll 1 /-» Millionen 
Schweine jährlich geschlachtet worden sind, worunter 
rund 403 000 tuberkulös befunden wurden. Nach Eber handelt 
es sich um echte F ü 11 c r u ngst u bcrkulose. Früher be¬ 
seitigte der Milchviehbesitzer jede mit Eütertuberkulose be¬ 
haftete Kuh bald aus seinem Stalle, um größerem Schaden zu 
entgehen; jetzt hat er kaum Veranlassung zu solcher Vorsicht, 
denn das kranke Tier nützt ihm noch, so lange es reichlich 
Milch gibt, indem die Molkereigenossenschaft die gesamte Misch- 
milch des Stalles abnimmt. Bemerkenswert ist folgender Aus¬ 
spruch unseres Gewährmannes: „W e n n jetzt i r g e n d w o 
in dem Bezirk eine oder z w o i K ü h e m i t Euter- 
tuberkulöse behaftet sind, so reichen die von 
dies e n Tieren t ä g 1 i c h i n d e r Milch aus¬ 
geschiedenen Tuberkelbazillen aus, um die Ge¬ 
samtmilch der Molkerei zu infizieren.“ So wird 
durch die Magermilch der Molkereigenossenschaften die Tuber¬ 
kulose unter den Schweinen verbreitet. Dem Leser drängt sich 
selbstverständlich die Frage auf: W e n n schon die M a ger- 
milch aus den Genossenschafts - und Sammcl- 
molkereien so gefährlich ist, daß nach ihrem Ge¬ 
nuß Schweine erkranken, obgleich diese Tierart von Haus aus 
gar nicht zur Tuberkulose disponiert ist, wie steht es dann 
mit dem Hauptpro d u k t aus der verdächtigen Milch, 
mit, der Butter? Auf diese berechtigte aber heikle Frage 
geht Eber nicht ein, weil nur die gefährdete Schweinezucht 
in den Rahmen seines Themas fällt; er streift diese Frage nur. 
Gegen Ende seiner Abhandlung sagt er sehr richtig: „Da 
gibt es nur ein Mittel der Abwehr: Pasteurisierung de n 
M i 1 c h vor ihrer V e r a r b e i t, u n g; damit würde auch zü - 
gleich eine wichtige Forderung der allgemeinen Hygiene, für 
den Menschen eine garantiert tuberkelbazillenfreie 
Butter zu gewinnen, in der idealsten Weise erfüllt.“ Einst¬ 
weilen, bis dieser Vorschlag allgemein ausgeführt werden wird, 
muß der Hygieniker den modernen Genossenschaftsmolkerei- oder 
Sammelmolkerei-Betrieb, der sich infolge der Erfindung und 
allgemeinen Einführung der Milchzentrifuge entwickelt hat, auf 
Grund der Eberschen Darlegungen für einen Rückschritt, 
mindestens für eine sehr verbesserungsbedürftige Einrichtung 
halten, welche sicherlich die Schweine, möglicherweise auch die 
Menschen gefährdet. 

Branntwein. 

Enormer Rückgang des Branntweinkonsums in Deutschland. 

Was Belehrungen, Bitten und Warnungen seitens der Hygieniker 


JNIVERS 






1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


187 


in Jahrzehntun nicht bewirken konnten, hat ein von der sozial- 
dunioki a i is<• 1 1'>11 Parteileitung ungeordneter Boykott mit einem 
Schlage bewirkt: eine starke Einschränkung des Schnaps - 
Verbrauchs. Deutschland konsumierte 

' °J, n ^' ^kt-br. bis 31. .Jan. 1907/08: 854 000 hl Trinkbranntwein, 

vorn 1. Oktbr. bis 31. Jan. 1908/09 :• 863 000 hl Trinkbranntwein* 

vom 1. Oktbr. bis 31. Jan. 1909/10: 577 000 hl Trinkbranntwein. 

Der Verbrauch von Trinkbranntwein ist also u m ein 
1) r i 11 e 1 z u r ü c k g e g a n gen, um 286000 Hektoliter binnen 
vier Monaten! Die guten Folgen werden sich bald bemerklieh 
machen; Krankheiten von der Lebercirrhose bis zum Deli¬ 
rium tremens, — Vergehen und Verbrechen — von der ein- 
geschlagenen Fensterscheibe bis zum eingeschlagenen Schädel — 
werden seltener werden. Aber da die plötzliche Mäßigkeit der 
Sehnapstrinker nicht auf wirklicher Erkenntnis der Gefahren des 
Alkohols, sondern bloß auf Parteileidenschaft beruht, wird sie 
voraussichtlich nicht lange andauern. Bisher hatte die. Schnaps- 
pest beständig zugenommen, so daß Deutschland unter den 
Kulturländern als Branntwein konsumierendes Land neuerdings 
an dritter Stelle steht, nachdem es von 1895 bis 1899 noch 
an fünfter stand. 

Diabetiker-Gebäcke. 

Ueber Diabetiker-Gebäcke des Handels (Zusammensetzung 
und Anwendung) hat Prof. Dr. A. Magnus -Le vy in der 
,,Berliner klinischen Wochenschrift“ vom 7. Februar 1910 eine 
höchst lehrreiche, praktisch wichtige Arbeit veröffentlicht. Wir 
Ienien daraus erstens, daß der wirkliche Kohlehydrat-(Stärke 
Gehalt der Diabetikergebäcke durchweg bedeutend größer ist 
:ils die Fabrikanten angeben. Der Kohlehydratgehalt beträgt 
z. B. im 


wirklich: angeblich: 


Rin 

[Icmannschen 

Diabetikf 

sr-Schwarzbrot . . 

46°/o 

210/0 

Rin 

[lemannschcn 

Diabefik 

er-Veil 

ßbrot . . . 

37o/o 

25o/o 

Rin 

demannschen 

lliubelit 

;er-Gra 

hambrot 

46o/o 

16 % 

Gei 

rickes Droit’« 

ich -Porte 

rbrot 


20 °,o 

120/0 

Gu 

mperts Diabf 

■tiker-Wi: 

■ißbrot 

doppelt 

370/,, 

2 6,5 0/0 

Gu 

mperls Diabe 

tiker-We 

ißbrot 

einfach . . 

42 o/o 

34,(5° 0 

Kl. 

»plers Glidinebrot . 



33 % 

20° 0 

du 

mperts Diab.- 

liker -Zwieback 

doppelt . . 

27 0/0 

17,8 »/o 


Der Autor 

folgert 

hieraus 

mit Recht 

: „Be 

im Verlaß 

a u 

f fl i e A n g 

abe n di 

3 r F a 

b r i k ante 

n k a n 

n der D i a. - 

l>o 

t i k e r s o m 

. it sch 

w e r 

g e s c h ä d i 

g t w 

erden.“ — 

Zw 

eite ns lernen 

i wir aus den, 

in einer zweiten 

Tabelle zu- 


sammengestellten, 45 vollständigen Analysen von Brotersat#- 
sorten, Diabetikerbroten, Diabei ikerzwiebacken, Diabetiker- 
stangen und -Makronen, Diabetikerdelikatessen, Diabetiker¬ 
mehlen und gewöhnlichen (Nichtdiabetiker-j Gebacken, die 
chemische Zusammensetzung jedes Gebäcks genau kennen. 
Da aus dieser Tabelle klar ersichtlich wird, daß die eigent¬ 
lichen Dia b e t i k e r b rote n u r wenig kohlehydrat -. 
ä r in e r sind als die gemeinen Brotsorten , möchte 
ich annehmen, daß diese Diabetiker-Gebäcke entbehrlich seien. 
Magnus - Le vy sagt selbst: ,,Es ist möglich, ohne, sie äuszu- 
kommen; Naunyn hat sio fast nie benutzt.“ ln der Tat, da 
gemeines Kommißbrot 50, Schwarzbrot 51 und westfälischer 
Pumpernickel sogar nur 46°/o Kohlehydrate enthält, hingegen 
Aleuronatbrot 44, Rademanns Diabetiker-Schwarzbrot 45,8, 
Gumperts Diabetiker-Einfach-Weißbrot 42°/o, so erscheinen 
die Unterschiede recht geringfügig. Dazu kommt — drittens —, 
daß kein einziges Diabetikergebäck, auch nicht das kohlehydrat¬ 
reichste, den Wohlgeschmack eines gewöhnlich guten Bäcker¬ 
brotes erreicht! Trotz alledem zieht Magnus-Le vy nicht 
den Schluß, daß diese G’ebäcke völlig entbehrlich s:>ien; er 
verlangt aber bessere Garantien bezüglich ihrer Zusammen¬ 
setzung. — Bei der ungeheuren Verbreitung des Diabetes mellitus 
und angesichts des wachsenden Konsums der Diabetiker-Gebäcke 
sollte jeder praktische Arzt von der verdienstlichen Abhand¬ 
lung Magnus-Levys, wenigstens von seinen in der zweiten 
Tabelle übersichtlich zusammengestellten wertvollen Analysen 
Kenntnis nehmen. 

Milch- und Mehlspeisen. 

Herabsetzung der Darmfäulnis durch Milch-Mehldiät. Kürz¬ 
lich ist das berühmte Werk des Professors Combe: „Die in¬ 
testinale Autointoxikation und ihre Behandlung“, übersetzt von 
San.-Rat Dr. C. Wegele, bei Ferdinand Enke in Stutt¬ 
gart (1909) erschienen. Wir entnehmen diesem anregenden 
Buche, das den deutschen Aerzten dringend empfohlen sei, 



einige wichtige Angaben. Die Darmfäulnis kann durch eine 
spezielle Diät wesentlich beeinflußt werden und zahlreiche, auf 
Selbstvergiftung beruhende Kraukheitszuslände können damit 
rationell behandelt werden. Gesteigert wird die Darmfäulnis 
durch Fleisch und Hülsenfrüchte, in etwas geringerem Maße, 
durch Eier, auch durch Fette. Fäulniswidrig wirken Milch 
und Milchprodukte, sowie. Mehlspeisen mit Ausnahme der 
Hülsenfruchtmehle (Bohnenmehl, Erbsenmehl, Linsenmehl u 
Die Milch ist ein fäulniswidriges Nahrungsmittel infolge ihres 
Gehalts an Milchzucker, von dem sich durch Einwirkung aerober 
Dünndarmbazillen — Bac. coli und lactis aerogenes Milch¬ 
säure und Bernsteinsäure abspalten. Diese Säuren vermögen 
die anaeroben Fäulnisbakterien des Dickdarms in der Zer¬ 
setzung des Kaseins der Milch und des Eiweißes der stickstoff¬ 
haltigen Nahrungsmittel, die sich in ihrer nächsten Umgebung 
finden, zu behindern. In diesem Sinne gibt man reine Milch, 
Magermilch, Molken, Buttermilch, Sauermilch, Quarkkäse; auch 
Kumys und Kefir können verordnet werden. Was die mehl- 
haltigen Speisen betrifft, so kommt nach Combe in Betracht* 
daß ihr Eiweißgehalt geringer ist als der Mcs Fleisches, der 
Eier und der Hülsenfrüchte, daß dieses Eiweiß weniger leicht, 
fault und daß diese Speisen einen schlechten Nährboden für die 
proteolytischen Bakterien abgeben, ferner, daß ihre Verdauung 
den Darm wenig in Anspruch nimmt, indem das Ptyalin des 
Speichels eine eventuelle Insuffizienz des Pankreas bei der 
Amylolyse ersetzen kann. Nach alledem sei die ,,milch-mehl- 
haltige Diät die eigentliche fäulniswidrige Diät“. Sie sei 
indiziert bei allen auf gastrointestinaler Autointoxikation be¬ 
ruhenden Affektionen, insbesondere bei gastrischen Krisen, 
Cholangitis, bei manchen Fällen von Tachykardie, Arhythmie, pal- 
pitante, dyspeptischem Asthma, Neurasthenie, Stirnkopfschmerz, 
Gedächtnisschwäche, Migräne, pseudoepileptischen Zufällen, 
gastrischer Hypochondrie, intestinaler Psychose, Wachstums- 
Störungen, dyspeptischer Albuminurie und bei Anämie, nament - 
lieh bei perniziöser Anämie. Die Bedenken, die von verschiedenen 
• Seiten gegen die Milch-Mehlspeisendiät erhoben worden sind, 
sucht, Combe zu widerlegen. Als solche Bedenken führt er 
an: daß eine solche Diät den Kranken nicht genügend kräftige, 
ihm zu wenig Flüssigkeit zuführe und dadurch die Harnaus¬ 
scheidung herabsetze, bei Kindern Barlowsche Krankheit er¬ 
zeuge, eine Säuredyskrasie hervorrufe, Diabetes mellitus ver¬ 
ursachen könne, durch Reizlosigkeit den Appetit beeinträchtige 
und bei der mit Durchfällen einhergehenden chronischen Ent¬ 
zündung des Dickdarms und auch des Dünndarms, sowie bei 
Dünndarmdyspepsie ohne Entzündung, schädlich sei. Von diesen 
vielen Bedenken läßt Combe die letzten beiden Kontra- 
indikationen gelten, außerdem die Gefahr der Entstehung einer 
S ä u r e d y skrasic als Folge der bedeutenden Milchsäure - 
bildung im Darmkanal aus den eingeführten milch zucker-, Stärke¬ 
mehl- und milchsäurehaltigen Nahrungsmitteln. Er meint aber 
diese Gefahr dadurch beseitigen zu können, daß er den 
Säuerungsprozeß bei den sauren Milchprodukten, die er reicht, 
niemals 24 Stunden überschreiten läßt. I m m e r h i n s c h e i n t 
u n s a u c. h diese. Form vegetarisc h e r Diät n i c h t 
u nbedenklic h z u sei n. 


Militärgesundheitsdienst. 

Rcf.: Generaloberarzt a. D. Dr. M. Peltzer. Steglitz. 

Die Verhütung der venerischen Erkrankungen im Heere. 

Von Privatdozent Dr. V. K. Ruß, k. u. k. Regimentsarzt. 
Die Umschau, 1910, Nr. 7, S. 131. 

Eine Maßregel, deren Zweckmäßigkeit uns persönlich aus 
mehrfachen Gründen zunächst noch zweifelhaft erscheint, ist in 
der österreichischen Armee eingeführt. Um die Infektionskeime, 
welche der Soldat bei einem Koitus etwa in sich aufgenommen; 
hat, „noch vor Beginn ihrer Wirksamkeit aus dem Körper zu 
eliminieren oder zu vernichten“ und dadurch der Weiterver¬ 
breitung der venerischen Erkrankungen im Heere einen Riegel 
vorzuschieben, wird in den Kasernen ein Kästchen mit folgen¬ 
dem Inhalt bereit gehalten; „Ein braunes Glasfläschchen mit 
3 proz. Albarginlösung, ein Gefäß mit Vs prom. Sublimatlösung, 
in welchem vier Tropfgläschen stehen und zwei Tonschalen, 
deren eine mit 1 prom. Sublimatlösung getränkte Tupfer ent¬ 
hält. während die andere leer ist.“ Dieses Kästchen soll der¬ 
art auf gestellt sein, daß jeder von einem Ausgange heim- 







ISS 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 12 


kehrende Mann sich unbeobachtet seine Genitalien desinfizieren 
kann. Er zieht mittels eines Tropfglases einige Tropfen Al har- 
ginlösung aus dem Fläschchen, bringt sie durch Druck auf die 
Gummikappe in die Harnröhrenmündung und hält diese kurze 
Zeit mit Daumen und Zeigefinger geschlossen. Dann nimmt er 
einen Sublimattupfer, wischt damit den jetzt austretenden. 
Albargintropfen ab, reinigt das ganze Genitale und wirft den 
gebrauchten Tupfer, in die leere Tonschale. Diese, spätestens 
3 Stunden nach dem Koitus durchzuführende Prozedur ist vom 
Militärarzt zu demonstrieren. Auch soll der Mann angewiesen 
werden, sofort nach dem Koitus zu urinieren und sich die 
Genitalien mit Seife und Wasser zu waschen. Wir glauben, 
den zahlreichen Bedenken, welche wenigstens bei uns gegen eine 
Einführung dieser Maßregel in die Armee sprechen dürften, nicht 
erst einzeln Ausdruck geben zu brauchen, sic liegen nach 
unserer Ansicht auf der Hand. In - Oesterreich sollen aller¬ 
dings die venerischen Infektionen danach von ca. 55—62°/ 0 o 
der Kopfstärke auf 5Q?/ 0 o, in einzelnen Truppenteilen sogar 
auf ein Minimum gesunken sein. Ein endgültiges Erteil be¬ 
hält sich Verf. noch vor. 


Schulzahnpflege. 

Durch den vorjährigen, glänzend verlaufenen zahnärztlichen 
Kongreß wurde die Aufmerksamkeit der Schulärzte auf die 
Wichtigkeit einer guten Mund- und Zahnpflege als Vorbeugungs¬ 
mittel gegen Infektionskrankheiten und insbesondere Tuber¬ 
kulose gelenkt. Von ganz besonderem Interesse waren die Vor¬ 
träge, welche in der Sektion Mundhygiene unter dem Vorsitz 
von Professor Jessen in Straßburg über Beziehungen zwischen 
Mundleiden und Zahnkrankheiten zu Allgemeinleiden gehalten 
wurden. — Es wird jetzt mehr und mehr anerkannt, daß die 
Schulzahnkliniken von weittragender Bedeutung sind und es 
wendet sich jetzt vielfach die Wohltätigkeit diesem Gebiete zu. 
So lesen wir im „Generalanzeiger“ für Mannheim: „Der Stadtrat 
beschließt auf Antrag der Schulkommission, vom nächsten 
Schuljahr ab an der hiesigen Volksschule —' ausschließlich 
Bürgerschule und Fortbildungsschule — die geordnete Zahn¬ 
pflege in der Weise einzuführen, daß die Untersuchung und 
Behandlung der Schulkinder dem hiesigen Zahnärzte verein, unter 
dessen Mitgliedern den Behandlungsbedürftigen freie Wahl zu- 
steht, übertragen wird. Die Mittel zur Deckung des voraus¬ 
sichtlich entstehenden Aufwands für 3 /i Jahr in Höhe von 
19 958 M. werden in den Voranschlag der Volksschule pro 1910 
eingestellt.“ 

Der rührige Vorkämpfer für die Idee der Schulzahnkliniken, 
Professor Jessen, Straßburg, weilt, wie die „Deutsche Zahnärzt¬ 
liche Zeitung“ mitteilt, zurzeit in Skandinavien, um dort in 
einigen großen Versammlungen für seine Ideale einzutreten. 
Das uns zugesandte Exemplar der verbreitetsten Tageszeitung 
Dänemarks „Politiken“ vom 26. Januar gibt hiervon in Wort 
und Bild den weitesten Kreisen Nachricht... Die Abbildung stellt 
Professor Jessen auf dem Katheder im großen Sitzungs¬ 
lokale der Medizinischen Gesellschaft zu Kopenhagen dar, weiter¬ 
hin den Präsidenten der Gesellschaft Oberarzt Flöystrup und 
den Vorstand des Aerztlichen Vereines in Kopenhagen, Dr. 
S c h e e 1 , auch Zahnarzt Thorlaksen, welcher eine Schilde¬ 
rung von den bis jetzt zur Bekämpfung der Karies unter den 
Schulkindern in Dänemark unternommenen Schritte gab. Ueber 
die Sitzung selbst berichtet „Politiken“: „Es war eine aus¬ 
nahmsweise notable Versammlung von Kopenhägener Aerzten 
und Zahnärzten, welche gestern abend ihrem geehrten Gast, 
Herrn Professor Jessen, ein fröhliches Willkommen bot, als 
dieser berühmte Arzt und Zahnarzt den Katheder im Saale der 
Medizinischen Gesellschaft betrat. Professor Jessen hielt einen 
ausgezeichneten Vortrag über Zahnpflege in den Gemeinde- 
schulen, unter Vorführung vortrefflicher Lichtbilder, die wir 
leider nicht wiedergeben können. Hieran schloß sich eine Dis¬ 
kussion. Alle Redner waren einig, daß die Errichtung von 
Schulzahnkliniken eine wichtige Aufgabe sei, welche immer 
dringender wird, man habe aber Angst wegen der Kosten. Mit 
Professor Ernst Jessens Besuch hier oben ist der Anstoß 
gegeben zu einem neuen Kampf, der Bestrebung, die Zähne der 
Aufwachsenden gesund zu halten. Ein jeder, welcher in diesem 
Kampf mithelfen will, sollte sich einmelden in den „Dänischen 
Verein für Kinderzahnpflege“. —r. 


Varia. 

Das Saucrstoffbad in der ärztlichen Hauspraxis bespricht 
Dr. Julius B a e d e k e r im Februarheft der Therapie der 
Gegenwart. 

Die Arbeit ist um deswillen besonders beachtenswert, weil 
sie zeigt, was der praktische Arzt bei gutem Willen durch¬ 
führen kann, ohne sich und den Patienten zu belasten. Es ist 
sehr erfreulich und voll anzuerkennen, daß der Autor in der 
Praxis Messungen des Pulses, Blutdrucks, der Atmung. Herz- 
größe, Herztöne, vorgenommen hat und seine Ergebnisse in 
einer Tabelle übersichtlich bringt. Auf den Inhalt sei hier 
im einzelnen nicht eingegangen, das sei vielmehr Aufgabe des 
Lesers, der dabei Freude haben wird. Möchten recht viele, 
praktische Aerzte dem Autor nacheifern, dann wird der Wider¬ 
wille gegen Bäder bei den Laien und damit identisch die 
Kontraindikation bei den Aerzten viel seltener werden. 

, H a u f f e , Eben hausen. 

Reils Qualm- und Feuerbäder vor 100 Jahren. Von Roth, 
Halle. Reichs-Medizinal-Anzeiger, 1910, Nr. 3. 

Vor einem Säkulum richtete J. G. Reil in dem Witte - 
kinder Bade mit Wasserdämpfen geschwängerte Qualm- und 
Feuerbäder ein gegen Gicht, Steifheit der Glieder, Ankylosen, 
Anschwellung der Beinhaut, Knochenschmerz und die Folgen 
„unglückseliger Quecksilber kuren“. Gesunde sollen 1 bis 
4 Stunden, Kranke bis zu 12 Stunden ausharren. Die Tempe¬ 
ratur betrug 100—160° Fahrenheit. Immerhin paßt das Qualm- 
bad nicht für solche Personen, die. „zuviel Empfindlichkeit, ein 
schlaffes Gewebe der festen Teile und eine Neigung zur Auf¬ 
lösung der Säfte“ haben. Sehr groß ist die Wirkung der 
Qualmbäder „auf das Geschäft der Ausdünstung“. „Müssen nicht 
in diesem Zustand alle Residuen der zoochemischen Prozesse 
mit Macht ausgestoßen, die Lebensflammen nach außen ge¬ 
trieben, die Wasseransammlungen zerteilt, die rheumatischen 
Affekte getrennt und die Oszillationen des Säftekreislaufes 
überall in Gleichgewicht gebracht werden ? 

v. R u t k 1 o w s k i, (Berlin., 

Der Einfluß atmosphärischer Veränderungen auf das Be¬ 
finden. Von Fr. v. d. Velden. Aerztliche Rundschau, 1910, 
Nr v . 4. 

Die atmosphärischen Schwankungen, nämlich die Verände¬ 
rungen des Luftdruckes, der Temperatur und der Luftfeuchtig¬ 
keit, üben, von ihren äußersten Extremen abgesehen, auf das 
Befinden des gesunden Menschen keinen Einfluß aus, werden aber 
des kranken, halbkranken und empfindlichen Menschen leicht 
unangenehm. Diese suchen sich daher ihnen zu entziehen und 
vermehren dadurch ihre Empfindlichkeit. Um gesund zu bleiben, 
muß man den atmosphärischen Einflüssen Zutritt zu seinem 
Körper gewähren, natürlich nur in gewissen Grenzen, jede 
Uebertreibung schadet. Hat man erst mittels Kaltwasserproze- 
duren eine gewisse Abhärtung erreicht, so tue man dann in 
dieser Beziehung des Guten nicht zuviel. Eine leichte, gas¬ 
durchlässige Kleidung macht hinreichende Wärmeentziehung. 
Auch die Annahme, daß im Luftbad die Ausdünstung der Haut, 
besser vonstatten geht, als in leichter Kleidung, ist falsch. 
Denn die warme Haut perspiriert besser als die durch die 
Kälte anämisierte. Auch Sonnenbäder sind schädlich, da unsere 
unpigmentierte und unter den Kleidern atrophisch gewordene 
Haut nicht ohne weiteres am ganzen Leib der Sonne ausgesetzt 
werden kann, ohne darunter zu leiden. 

v. Rutk*owski, Berlin.. 

Der Wert der feineren Pulsuntersuchung in der Praxis. 

Von B. Fellner jun., Franzensbad. Reichs -Medizinal-Anzi., 
1910, Nr. 3. 

Verfasser ist der Ansicht, daß ein Sphygmogramm niemals 
die Höhe der Pulswslle richtig wiedergibt. Er benutzt deshalb 
zur Feststellung der Pulsamplitude das Sphygmomanometer von 
Riva-Rocci, verbunden mit der auskultatorischen Methode 
von Fellner und Korotkoff. Man achtet hierbei auf den. 
Gefäßton der Arterie, welcher bei der Kompression derselben 
entsteht und bei noch stärkerem Druck wieder verschwindet. 
Die beiden Druckgrenzen, innerhalb welcher die Arterie tönt, 
entsprechen dem systolischen und diastolischen Blutdruck. Qie 
Differnz beider ist das mathematische Maß der Pulsamplitude. 

v. Rutkowski, .Berlin. 







1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


189 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Lieber die Behandlung (Heilung?) pseudoleukämischer 
Drüsenaffektionen mit Arsazetin. Von Priv.-Doz. Dr. Nae- 
gcli, Zürich. Ther. Monatshefte, Februar 1910. 

2. Zur Beurteilung des Arsazetins (Ehrlich) und seiner 
Einwirkung auf den Sehnerven. Von Dr. Franz Hammes, 
Trier. Deutsche med. Wochenschr., 1910, Nr. 6 . 

3. Das Glyzerin in der Behandlung der Anguillulose. Von 
Dr. L. Preti, Pavia. Ther. Monatshefte, Februar 1910. 

4. Ein Beitrag zur Jothiontherapie. Von Dr. Hans 
Leyden. Ibidem. 

5 . Lieber ambulante Epilepsiebehandlung mit besonderer 
Berücksichtigung des Sabromin. Von Dr. Froehlich, Ber¬ 
lin. Ther. d. Gegenwart, Februar 1910. 

1. Naegeli berichtet über drei Fälle pseudoleukämi¬ 
schen Drüsenaffektionen, bei denen er das Ehrlichsche Ar¬ 
sazetin angswendet hat, und zwar hei zwei Fällen mit 
gutem, bei dem einen sogar mit erstaunlichem Erfolge. Hier 
handelte, es sieh um einen 40 jährigen Mann, bei dem anhaltendest 
hohes Fieber zur Kachexie und zu drohendem Exitus geführt 
iiatte. Eine Probelaparotomie ergab ausgedehnte retroperitoneale 
Lymphknotenanschwellung, die als malignes Granulom ange¬ 
sprochen wurde. Unter interner Anwendung von 4 mal täglich 
0,05 Arsazetin in Pulvern trat in 2 Tagen sofortige und an¬ 
haltende Entfieberung bei dem seit 7 Monaten hoch fiebernden: 
Manne ein. Rapid fortschreitende Besserung und Gewichts¬ 
zunahme von 31 Pfd. in 2 Monaten; vollkommene Hei¬ 
lung. Die verbrauchte, Gesamtdosis betrug 11,8 g Arsazetin. 
ln letzter Zeit waren täglich nur 2 Pulver zu 0,05 g verab¬ 
folgt worden. Niemals Intoxikationserscheinungen. Auch im 
Fall III Besserung bis zu völliger Arbeitsfähigkeit, ohne In¬ 
toxikationserscheinungen. Im Fall II keine Besserung, auch eine 
Zeitlang zeitweilig auftretendes Flimmern in den Augen beim 
Sehen in die Weite. Später ist trotz Steigerung der Dosis diese 
Erscheinung' nicht wieder aufgetreten. Die. sonst beobachteten 
Arsazetinschädigungen i Albuminurie und Sehstörungen ) haben 
N. veranlaßt, nicht subkutan das Mittel zu verabreichen. Es 
zeigte sieh, daß Dosen von 4X0,05 g und noch kleinere Dosen 
außerordentlich wirkungsvoll sind. Die Art der Wirkungsweise 
stellt sich N. so vor, daß das Arsazetin auf den Erreger des 
malignen Granuloms (einen solchen" nimmt er wegen des 
Fiebers, der Leukozytose und vor allem wegen des histologi¬ 
schen Bildes der Drüsen an) direkt einwirkt, aber in ganz 
besonderer und eigenartiger Meise, da. eine gewöhnliche 
A l* s e li Wirkung nicht vorlieg't. Denn bei. Arsenreiehung hat 
N. in 20 Fällen von malignem Granulom nie Entfieberung und 
Gewichtszunahmen oder Heilungen gesehen. Die Beobachtungen 
N a eg elis fordern zur Nachprüfung auf. 

2. Verf. berichtet über einen Fall von Sehnervenatrophie, 
die im Anschluß an Arsazetinverabreichung eingetreten war. 
Vier Wochen nach der erstell Injektion bestand vollkommene 
Amaurose und Albuminurie. Der Kranke, hatte, jeden 2. Tag 
eine Einspritzung einer lOproz. Lösung erhalten, im ganzen 
0 8 g Arsazetin. Wegen der üblen Erfahrung, die Verf. gemacht 
hat, warnt er die praktischen Aerzte vor allgemeiner An¬ 
wendung des neuen Präparates, bevor nicht weitere Erfahrungen 
gesammelt sind. v — Dazu ist zu bemerken: Der Kranke H.s! 
hat vor der Arsazetiukur Injektionen von Natrium arseiiicosnm 
in 7 Dosen von 0,2—0,5 mg, im ganzen 2,4 mg erhalten. Im 
Verlaufe dieser Einspritzungen trat Herzinsuffizienz mit 
Oedemen und hypostatischen Lungenerscheinungen auf, welche 
auf Digit alisinf us zurückging'. Die letzte Arseninjektion 
wurde sieben Tage vor der erstell Arsazetineinspritzung ge¬ 
mocht Es fragt sich also, oh nicht etwa eine Kumulation, 
oder sonstige Schädigung infolge der voraufgegangenen Arsen¬ 
kur Vorgelegen hat, und ob nicht etwa die Albuminurie auf' 
die vorübergehende Herzinsuffizienz zurückgeführt werden muß, 

ße 3 Die Anguillula intestinalis i.Nematodenart.) 
ruft, im Darin schwere Veränderungen hervor, Zustände, 
die unter dem Namen Anguillulose bekannt sind. Bisher reichten 
die Mitt»l nicht aus, den Parasiten völlig ans dem Darm zu 
vertreiben, z. B. das Thymol, Ext.r. aeth. lilicis maris. Chloro- 
formwasscr usw. Verf. gab 25 g reines neutrales Glyzerin und 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


gleich danach nochmals 25 g in Gelatinekapseln (zwecks Vor- 
Zögerung der Absorption des Glyzerins»; nach 2 Stunden noch 
30 g rektal. Dio Patienten empfanden nur leichtes Brennen, 
im Schlunde. Diese Behandlung, zweimal wöchentlich vor- 
genommen, erzielte völliges Fehlen der Anguillulalarven im 
i Stuhle. 

4. Bei Nasenschleimhautkatarrhen wandte L e y d e n bei sich 
und anderen 5 proz. Jothion-Glyzerin in Form von .Pinselungen 
an, wonach momentan diu Atembeengimg unter Auslösung von 
Niesreizen nachließ. Bei einem nässenden Hautekzem im Ge¬ 
siebt eines Kindes brachte folgende Komposition Heilung: Rp. 
Jothion 2,5, Alcoh. abs. 10,0, Glyzerin <wasserfrei) ad 50,0. 
Frauen mit Fluor alb. unbestimmter Herkunft wandten mit 
Erfolg (jeden 2. Abend im Bett einzuführende) Jothion-Globuli 
an, die von der Viktoria-Apotheke in Berlin SW. hergestellt 
werden und folgende Zusammensetzung haben: ca. 11 g Gelatine 
werden in 100 g wasserfreiem Glyzerin durch Erwärmen ge¬ 
löst. Dann wird 5 g Jothion hinzugesetzt. Die halberkaltete! 
Masse wird in Globuli-Form gegossen. Nach 3—4wöchentlicher 
Behandlung war meist der Ausfluß beseitigt-; ebenso Erosionen 
der Portio. 

5. Neben lakto-vegetabilischer, möglichst salzfreier Diät, hei 
welcher aber keine Unterernährung stattfinden darf, empfiehlt 
Verf. das Sabromin zur Bekämpfung der Epilepsie. Er hat 
mit dem Präparat ausgedehnte Versuche vorgenommen und an 
14 Kranken 3U> kg verbraucht. Er bezeichnet seine Erfolge als 
„geradezu glänzend“ und fand, daß man täglich 3- 4 g geben 
muß. Die Tabletten werden zerkaut und mit Wasser her¬ 
untergespült. Empfindliche Kranke- sollen das Mittel nur bei 
gefülltem Magen nehmen. Wichtig ist es, daß das Präparat 
Monate hindurch genommen wird. Erst allmählich darf man mit 
der Quantität zurückgehen. Verf. hat bei Sabromin nie eine 
Bromakne gesehen oder schlechte Bekömmlichkeit des Präpa¬ 
rates. Trotz der geringen Menge des eingeführten Broms er¬ 
zielt man gleiche Resultate wie bei den ßromalkalien. 


Technische Neuerscheinungen. 

Ucber ein neues Instrument zur automatischen 
Perkussion verbunden mit einemPhonendoskop. 

Von Dr. Franz Rosenfeld. 

Spezialarzt für Nasen-, Hals- und Lungenleiden. 

Während die Wissenschaft auf allen Gebieten der LJnter- 
suchungsmethoden außerordentliche Fortschritte gemacht 
hat, während man Mittel und Wege gefunden hat, Instru¬ 
mente zu benutzen, die mit fast absoluter Sicherheit die 
Krankheit erkennen lassen, ist dies auf einem der wich¬ 
tigsten Gebiete, der Perkussion, nicht der Fall. Ich meine 
damit, daß wir noch heute die Perkussion auf dieselbe Art 
ausiiben, wie scholl vor vielen Jahrhunderten, entweder 
dadurch, daß wir einen .Finger der einen Hand auf die 
Brustwand au liegen und mit. einem Finger der andern Hand 
die Schallunterschiede zu bestimmen versuchen, oder die 
Finger durch .Hammer und Plessimeter ersetzen. Jeder 
Arzt perkutiert anders als der andere, der eine laut, der 
andere leise, der eine mit dem Finger, der andere mit. 
dem Hammer und Plessimeter. Und nirgends finden wir 
größere Differenzen in der Bestimmung der inneren Organe, 
der Schallunterschie.de .und dadurch auch ofl der Krken- 
nung des betreffenden Leidens, als hier. 

Wir sind alle Selbsttäuschungen unterworfen. Schon 
die Anamnese des Patienten beeinflußt uns leider oft, bei der 
nachher vorgenommenen .Untersuchung vielleicht perku¬ 
torisch Schalldifferenzen .zu finden, die wir sonst nicht 
gefunden hätten; schon der Bau des Thorax zwingt uns 
oft unwillkürlich, den Finger oder das Plessimeter nicht 
unmittelbar auf die Unterlage aufzudrücken, und der Schall 
ist dann sofort ein anderer, als er sonst wäre. Jeder 
von uns ist ja leicht in der Lage, eine Dämpfung durch 
leichtes Anheben des Fingers zu perkutieren, die nie vor¬ 
handen ist, und so können für den Patienten und auch für 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 




190 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 12 



den Arzt aus einer falschen Perkussion Konsequenzen enl- 
stehen, die nicht zu übersehen sind, da sie für die Erkenntnis 
der Erkrankung und deren Behandlung maßgebend sein 

sollen. 

Die Perkussion ist eine Kunst, die nicht jeder erlernen 
kann, sie soll auch eine Kunst bleiben, selbst wenn man 
ihr den subjektiven Charakter nimmt und sie dem 
Willen des Arztes entzieht. Ich habe nun auf Grund jahre¬ 
langer Versuche unternommen, ein Instrument herzustellen, 
das u n a b hängig v o n d e in U n t e r s u c h e n d e n den 
Schlag stets mit der gleichen Stärke wiedergibt, und uns 
somit die Möglichkeit schafft, subjektive Fehler auszu¬ 
schallen. 



Fig. l. 


Das Wesentliche des Instrumentes ist also der stets 
gleiche Schlag, ausgelösl durch den Druck der Plessi¬ 
meterplatte. 

Mit dem Perkussionsinstrument kann zweckmäßig auch 
ein Phonendoskop verbunden werden, so daß der Arzl 
auch hiermit auskultieren kann. 

Auf der Zeichnung isl der Erfindungsgegenstand in 
einer Ausführungsform beispielsweise veranschaulicht. 

Fig. 1. Das Instrument in der Ruhestellung. 

Fig. 2. Das Instrument in der Benutzungsstellung. 

Die Auslösung des Apparates erfolgt durch den beim 
Aufsetzen der Plessimeterplatte auf die zu untersuchende 
Körperstelle entstehenden Druck. Der an der Platte be¬ 
festigte Hebel ist um den Festpunkt drehbar, und wird durch 
die Feder in der aus der Zeichnung ersichtlichen Eage ge¬ 
halten. Zusammen mit der drehbar angelegten Gabel dreht 
sich der Hebel mit der Achse um einen fixierten Punkt. Die 
an der Achse befindliche Kurbel wird mit einer gelagerten 
und drehbaren, mit konischer Spitze versehenen Schiebe- 
slaiige vorwärts .bewegt, und der an der Gabel befindliche 
Hammer vom Stift in dem Augenblicke ausgelöst, wo der 
Hebel die höchste Stellung erreicht hat. Gleichzeitig wird 
die Gabel durch die um die Achse gelegte Spiralfeder 
herunter geschnellt und schlägt dann den Hammerkopf gegen 
die Plessimeterplatte, wie aus der punktierten Stellung in 
Fig. 2 zu ersehen ist. Durch die Aufwärtsbewegung des 
Hebels geht der Ansatz des anderen Hebels nach unten und 
schafft so der Gabel freien Raum. Schlägt dann der 
Hammerkopf gegen die Platte, so nähert sich auch die 
Gabel dem Ansatz des Hebels. 



Fig. 2. 


Beim Aufhören des Druckes gegen die Platte nehmen 
sämtliche Hebel unter Einwirkung einer Feder, die auch 
die Spiralfeder auf der Achse zurückdreht, ihre Ausgangs¬ 
stellung wieder ein. Um ein geräuschloses Arbeiten des 
Apparates zu erzielen, schlägt der Ansatz des Hebels gegen 
eine Gummirolle. 

Um nun auch durch Untersuchungen den Beweis zu 
erbringen, daß das von mir konstruierte Instrument den 
Anforderungen entspricht, .habe ich bei einer Reihe von 
Patienten Bestimmungen der Herzgrenzen augestell! und 
dieselben durch Herrn Kollegen Dr. Eugen Jacobsohn 
röntgenologisch nachprüfen lassen. Dieselben ergeben 
in 'fast allen Fällen beinahe dieselben llerzgrößenbeslim 


VERSITl 


mungen, wie ich sie durch meinen Apparat vorher fest- 
gestelll und auf den Thorax aufgezeichnet hatte. 

Das Instrument ist zu beziehen durch die Zentrale 
für ärztlichen und Hospital-Bedarf, Berlin, Karlslr. iiß. 

Rose u. 


Bücherbespreehungen. 

Aphorismen und Denksprüche von Chr. W. Hufeland. Hur - 

ausgegeben unter Mitwirkung von Prof. Dr. Strauß, Berlin, 
von Dr. Otto Ri gier, Leipzig. Mit einem Bildnis Hufe- 
lands. Leipzig 1910, bei J. A. Barth, 1,50 M. 

Die Gedenktage unserer großen Toten zeitigen gewöhnlich 
eine ganze Literatur, die uns von neuem ein Bild des Ver¬ 
ewigten in Worten und Werken gibt, damit er auf die Nach¬ 
welt fortwirkt. So ist es auch mit Hufeland, dessen 
Namen zu erwähnen wir erst kürzlich bei dem Rückblick auf 
die Geschichte der Kaiser-Wilhelms-Akademie für das militär- 
ärztliche Bildungswesen Gelegenheit hatten, dessen Andenken 
lebendig gehalten wird in der Hufeland-Gesellschaft, der 
weiteren Kreisen aber wohl nur als der Verfasser der Makro¬ 
biotik oder der Kunst, das menschliche Leben zu verlängern, 
sowie als derjenige Arzt bekannt ist, der 1806 nach der Schlacht 
bei Jena die königliche Familie auf der Flucht begleitet hat. 
Vor uns liegen ,,Bemerkungen“ eines Ungenannten zu der am 
1. Februar d. Js. stattgehabten Hundertjahrsfeier der Hiifc- 
land-Gesellschaft in der Zeitschrift „Moderne Medizin“, ferner 
ein Aufsatz von H. Lungwitz in derselben Zeitschrift, 
„Hufeland als Mensch und Arzt“, sowie endlich das oben 
angezeigte kleine Buch von Strauß und Rigler, das wir 
mit dem größten Vergnügen gelesen haben und dem wir nur 
recht viele weitere Leser wünschen können. Wir erwähnen 
die „Bemerkungen“ und den Lungwitz sehen Aufsatz, weil 
sie eine vortreffliche Einleitung zu dem Ri gl ersehen Büchel¬ 
chen darstellcn und uns das Verständnis der in diesem gesammelten 
Aphorismen und Denksprüche insofern näher bringen und vor- 
mitteln, als sic uns vorher einerseits einen Blick- auf die. 
Hufeland-Gesellschaft und deren Hundertjahrfeier werfen 
lassen, andererseits uns den großen sympathischen Menscheu und 
bedeutenden Arzt anschaulich schildern. Beides muß in der 
Tat Hufeland gewesen sein, und man hat beim Lesen seiner 
Denksprüche unwillkürlich den «Eindruck, als würde man dadurch 
selbst gehoben und besser. Möchten ihm recht viele nach- 
eifern ! An Interesse gewinnt die R i g 1 e r sehe Festgabe noch 
dadurch, daß Rigi e r selbst ein Urenkel H u f e 1 a n d s ist. 
Angeregt durch Prof. Strauß hat er zu den vorliegenden 
Aphorismen eine Reihe von Aussprüchen Hufelands bei¬ 
gesteuert, die bisher noch nicht veröffentlicht waren, sich aber 
in den hinterlassenen Papieren seines. Riglers, Vaters, eines 
Enkels Hufelands, vorfänden. Prof. Strauß, zurzeit 
1. Schriftführer der Hufeland-Gesellschaft. hatte hiervon 
erfahren, und so kam mit seiner Unterstützung das Buch im 
Januar d. Js. zustande. Wir wiederholen: möge es recht viele 
Leser finden und möge der Geist Hufelands in uns allen 
fortwirken! 

Ein hei dieser Gelegenheit ebenfalls warm Von uns emp¬ 
fohlenes ähnliches älteres Buch ist das von Prof. J. B. 
Ughetti: „Zwischen Aerzten und Klienten.“ Erinnerungen 
eines alten Arztes. Deutsch von Dr. Giovanni G a 11L 
Mit einem offenen Brief von Mantegazza. Wien u. Leipzig 
1900, bei W. Braumüller. 

Nachtrag. Bei der Korrektur geht uns noch der Abdruck 
einer Skizze von Prof. Dr. J. Pagel aus dem in Hartem 
deutsch erscheinenden „Janus“, 1910, zu, betitelt „Zur älteren 
Geschichte der H\i f e 1 an dsehen Gesellschaft.“ 

Dr. P c 11 z e r , Steglitz. 

Rotters Typische Operationen. Kompendium der chirurgi¬ 
schen Operationslehre. 8. Aufl. Herausgegehen von A. Schün- 
Werth. München 1909, Lehmann. Pr. 8,00 M. 

R o 11 e r s kleines Handbuch der typischen Operationen hat 
in Aerztekreisen eine weite Verbreitung gefunden und erfreut 
sich einer allgemeinen Beliebtheit. Die jetzige Auflage wurde 
von S c h ö n w e r t h besorgt. Die Fortschritte der Chirurgie 
aus den letzten Jahren wurden berücksichtigt und, soweit es 
sieh für ein kleines Handbuch, das doch vornehmlich dem 


/ERSITY OF MICHIG 


p 




Bei Dermatosen (Seborrhoe, Pruritus ela) 


Allein. Fabrikant: Arthur Wolff |r., Breslau X 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


praktischen Arzte gewidmet ist, als nötig erweist, rlie neueren 
Opera t ionsmethoden besprochen. Was mir an dem Buch so ganz 
besonders gefällt, und worauf ich auch bei dieser Neuauflage 
hinweisen möchte, das ist die bei jeder Operation gewählte 
Einteilung: Ganz kurzer, zusammenfassender Ueberblick, dann 
Wiedergabe der Topographie, Ausführung der Operation, 
Anatomie der Wunde, Würdigung des Resultates bei verschiede¬ 
nen Methoden und des Vorteils, den diese oder jene bietet. 
Es ist zu erwarten, daß das Buch auch weiterhin sich viele 
Freunde erwerben wird, zumal es zu den preiswertesten seiner 
Art gehört. Geißler, Neu-Ruppin. 

Die erste Hilfe bei plötzlichen Unglücksfällen. Von 

F. v. Esmarch. 25. Auflage, 121. Tausend. Leipzig 1910, 
F. C. W. Vogel. Pr. 1,80 M. 

Auch Bücher haben ihre Jubiläen. Ein solches Jubiläum 
ist dem Esmarch sehen Büchlein beschieden, das jetzt in 
25. Auflage seinen Weg in die Oeffentlichkeit nimmt. Ein 
solches Ereignis spricht eine bessere Sprache als lobende Be¬ 
sprechungen es vermögen. Und dennoch spreche ich hier aus, 
ich kenne kein Buch seiner Art, nach dem man besser unter¬ 
richten kann und das sich dem Verständnis der Schüler besser 
anpaßt. Der Jubiläumsausgabe viel Glück auf den Weg! 

Geißler, Neu-Ruppin. 


Die diesjährige Generalversammlung des. Zentralkomitees 

zur Bekämpfung der Tuberkulose ist auf den 11. Mai fest¬ 
gesetzt worden. Eine Ausschußsitzung findet am Tage vorher 
statt. 


Gefährliche Augemverletzungen sind in letzter Zeit durch 

das Propellerspiel, welches durch das große Interesse für Luft¬ 
schiffahrt im vorigen Jahre entstanden ist. verursacht worden, 
so daß öffentlich davor gewarnt werden muß. 

Daß der praktische Arzt nicht allzu „wissenschaftlich“ auf 
alle neuen Errungenschaften schwören soll, lehrt folgende Ge¬ 
schichte, deren Schauplatz wir aus naheliegenden Gründen nicht 
nennen wollen. Eine anämische junge Frau mit etwas Fluor 
albus hatte zweimal abortiert. Obgleich sowohl sie als ihr Ehe¬ 
mann bei genauester Abtastung nirgends verdächtige Drüsen 
oder Narben zeigten, auch anamnestisch nicht das geringste 
aus dem sehr einfach verlaufenen Jugendleben zu eruieren war, 
wollte der Hausarzt doch die W a s's ermann sehe Reaktion 
an wenden und siehe — sie war positiv. Nochmals genaueste 
Durchforschung und Abtastung auch durch einen erfahrenen 
Syphilidologen, aber ohue Resultat. Der ganzen Charakter¬ 
anlage des jungen Ehemannes nach war ein Verschweigen irgend¬ 
welcher verdächtiger Affektion undenkbar. Inzwischen war aber 
der eheliche Friede untergraben und beide Eheleute der Ver¬ 
zweiflung nahegebracht. Als nun aber der Arzt äußerte, daß 
dann offenbar die Eltern des Ehemannes syphilitisch gewesen 
sein mußten, übermannte den ohnehin durch die Gemüts¬ 
bewegungen der letzten Wochen überreizten Patienten derartig 
die Entrüstung, daß er den Arzt ohrfeigte. Ob es deshalb 
zu öffentlichen Erörterungen und gerichtlicher Klage kommen 
wird, vermag unser Gewährsmann nicht mitzuteilen. Jeden- 


Allgemeines 


Die Berliner Stadtverordneten-Kommission hat angeblich be¬ 
schlossen, Stationen II. Klasse in den Krankenhäusern einzu- 
richten, und hat nunmehr an die leitenden Aerzte die Anfrage 
gerichtet, wie sie sich zur Honorierung durch die Patienten 


Die freie Arztwahl ist in Altena bei der städtischen Ge¬ 
rn e i n d e k r a n k e n k a s s e eingeführt worden; auch die an¬ 
deren Kassen dieser Stadt dürften sich bald der freien Arzt¬ 
wahl anschlicßen. 

Zur Reichsversicherungsordnung hat die medizinische Fakul¬ 
tät zu Tübingen eine Eingabe gemacht, in der sie folgendes! 
hervorhebt: „Vor allem liegt der Fakultät entsprechend ihrer 
Stellung am Herzen, die unersetzlichen Vorteile der freien 
Arztwahl für den ärztlich mi Stand zu betonen.“ 

Der III. Kongreß der französischen Aerzte findet vom 7. bis 

10. April in Paris statt. Das Programm umfaßt folgende Ver¬ 
handlungsthemen: Das Gesetz von 1902 über das öffentliche Ge¬ 
sundheitswesen. Die Erhöhung der ärztlichen Honorare. 

Die Fehlgeburt vom sozialmedizinischen Gesichtspunkt aus. — 
Ungesetzliche Ausübung der Medizin; ärztliche Stellvertreter. - 
Verwaltungsorganisation der Krankenhäuser im Auslande und in 
Frankreich. Das Armen-Hospital. Freie Arztwahl und Ver¬ 
sicherungsgesellschaften. — Freie Arztwahl und große Ver¬ 
waltungen. Beschränkung oder Nicht-Beschränkung der Zahl 
der Studierenden in den Medizinschulen. Der Conseil Medical 
superieur. — 

Die Kongreßleitung wird die deutschen Aerzte zur Be¬ 
teiligung an dem Kongresse einladen. — Alle Anfragen sind 
zu richten an den Generalsekretär des Kongresses Herrn Dr. 
Leredde , Paris 31, Rue la Boetie. 


ln Brütt (Oesterreich) hatte ein Arzt in einem Ehe¬ 
scheidungsprozesse, wo er als Zeuge geladen war, über eine 
Erkrankung seines Patienten eine Auskunft gegeben. 
Hieraufhin war gegen den Arzt Klage wegen Verletzung des 
Berufsgeheimnisses angestrengt worden; der Gerichtsbeschluß 
kam zu einem für den Arzt freisprechendeu Urteil, da der Arzt 
verpflichtet sei, auf amtliche Anfrage Auskunft zu geben. 

Die Differenz in Prag, wo die ungenügenden Gehaltsver¬ 
hältnisse die Assistenten (vier Assistenten, von denen nur zwei 
besoldet waren, hatten 260 Kranke zu behandeln) der beiden 
psychiatrischen Kliniken veranlaßt hatten, zum 1. Januar ihre 
Stellung zu kündigen, ist beige legt, nachdem die Gehalts¬ 
aufbesserungen, welche die Aerzte. verlangten, bewilligt worden 
sind. 


Vcrgl. Ablidlg. Prof. Sclioltz, Königsberg, Xr. 1*2 u. IS, Jalirg. 1!HM> dies. Zeitschr. 


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F MICHIG. 
















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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


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(Kissingeu), Fr. Kraus (Berlin), O. Loewi (Wien), A. Magnus- 
Le vy (Berlin), M. Matt lies (Köln), L. Mohr (Halle), C. Neuberg 
(Berlin), H. Salomon (Frankfurt a. M.), Ad. Schmidt (Halle), 
Fr. Steinitz (Breslau). Ii. Strauss (Berlin), W. Wointraud 
(Wiesbaden) herausgegeben von Carl von Noorden. 
Zweite Auflage, gr. 8. I. Band. 1906. 26 M. II. Band. 1907. 24 M. 


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von Professor Dr. Paul Friedr. Richter. 

1906. gr. 8. 8 M. 

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und Prophylaxe der Infektionskrankheiten 

von Stabsarzt Prof. Dr E. Marx. 

Zweite Auflage. 8. Mit 2 Tafeln. 1907. 8 M. 
(Bibliothek v. Coler-v. Schjerning, XI. Bd. 2. Aufl.) 

Deszendenz und Pathologie. 

Vergleichend-biologische Studien und Gedanken 
von Geh.-Rat Prof. Dr. D. von Hansemann. 

1909. gr. 8. 11 M. 


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Johannisburg G.-Pr.,Kr. 

Kassel-Rothenditmold. 
Kemel, H.-N. 
Kilianstädten, H.-N. 
Kirchberg-Jagst. 
Klein-Auheim, Kr. Offb. 
Köln a. Rh. Stadt-u.Landkr. 
Köln-Deutz. 

Könpen, Wttbg. 
Königsberg i. Pr. 
Korbach (Waldeck). 
Kupferhammer b. 
Eberswalde. 


Lindlar, Rhld. 

Minden, Westi. 
Moorburg b. Hamburg. 
Mülheim (Rhein). 

M.-Gladbach. 

Münder a. Deister. 
Munster, Ilann. 

Nackenheim, Rhh. 
Neu-Isenburg, Kr. Offb. 
Neustadt a. d. Wied. 
Neustettin i. Pom. 
Niederwürzbach, Pfalz. 
Nordgermersleben 
(Kr. Neuhaldensleben), 

Oberbetschdorf i. Eis. 
Oberhausen i. Rhld. 
Obersept, O.-Els. 

Ober- ii. Nieder-Ingel- 
heim, Rbh. 
Oderberg i. Mark. 

Pattensen i. Hann. 
Pinne 1. Posen. 
Puderbach(Kr.Neuwied). 

Quint b. Trier. 

Rastenburg, O.-Pr. 


Recklinghausen i. W. 
Rhein (O.-Pr.). 
Rothenkirchen- 
Preßig, Oberfr. 

Salzwedel, I’rov. Sa. 
Schirmeck-Saales i E. 
Schlettstadt, Eis. 
Schornsheim (Rbh.). 
Schwandorf (Bay.). 
Schwarzach i. Ba. 
Schwetzingen, Ba. 
Soldau O.-Pr. 

St. Ludwig, O.-Els. 
Stettin , Fab.-K.-K.-Vulk. 
Stockstadt, Rh. 
Strausberg i. Brdbg. 
Strehla a. E. 

Tempelburg, Pom. 
Templin, Brdbg. 
Thalheim i. Erzgeb 

Urft (Schmidtheim) Kr. 
Schleiden. 

Wallhausenb. Kreuznach. 
Walsheim b. Blieskastel. 

Weibern i- Rhld. 
Weidenthal, Pfalz. 
Weilheim, Bay. 


Weisenau b. Mainz. 
Weißenfels (Saale). 
Wesseling, Rhprov. 
Wessling (O.-Bay.). 
Westd. Vers.-Kr. u. Unter¬ 
stützungs-Zuschuß- Kasse 
Köln a. Rh. 
Wiesbaden. 

Zingst, Pom. 


Ueber vorstehende Orte und alle Verbandsangelegenbeiten erteilt jederzeit Auskunft der Generalsekretär G. Kuhns, Arzt, Leipzig, Dufourstraße 18, II, Sprechzeit 
nachm. 3-6 (außer Sonntags). Kostenloser Nachweis von Praxis-, Auslands-, Schiffsarzt- und Assistentenstellen sowie Vertretungen. 


Verantwortlich: Für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35. Für „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski, Berlin-Rixdorf. 
Verlag: Gustav Ehrke Zeitschriften Verlag, Berlin W. 9. — Druck von (Jarl Marschner, Buchdruckerei, Berlin SW. 03. 


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Redaktion : Verlag und Expedition 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. \ 

Telephcn: Amt VI, 17271. Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. Berlin, 27. März 1910. Nr. 13. 

Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den Verlag 
sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Qnartalschliiss abbestellt sind. Inserate werden für die 4gespaltene 
Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 13,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt. 


Originalien: 

0. Amrein, Arosa: Einige Erfahrungen bei Asthma bronchiale 193 
E. Roth, Halle a. S.: Die Anschauungen über Tuberkulose im 
Altertum und in späteren Zeiten.196 

Referate: 

W. Knick: lieber Kuhns perorale Tubage. Sainmelautoreferat, 

II. Teil. 199 

Mohr, Bielefeld: Chirurgie.200 

H. Lehr, Stuttgart: Orthopädie.201 

A. Moeller, Berlin: IAingenkrankheiten.202 


Eugen Neter, Mannheim: Kinderheilkunde.203 

Kurt Lipschitz, Berlin, und Krüger, Magdeburg: Varia . 203 
Mitteilungen über Arzneimittel: 

W. Krüger, Magdeburg: Referate. 204 

Technische Neuerscheinungen: 

Ein praktischer Wärmeerzeuger für Zentralheizungen . . . . 204 

Neuer Apparat zur Erzeugung von Hochfrequenzströmen . . 205 

Bücherbesprechungen: 

Pharmazeutische Produkte der Farbenfabriken vorm.Friedrich 
Bayer & Co., Elberfeld und Leverkusen. Ergänzungsband 205 
Allgemeines .. 205 


ORIGINALIEN. 

Einige Erfahrungen bei Asthma bronchiale. 

Von Dr. O. Amrein (Arosa). 

Wenn ich im folgenden einige persönliche Erfahrungen 
und Beobachtungen über Asthma bronchiale ver¬ 
öffentliche, so geschieht es aus dem Grunde, weil bei den 
so vielfach unberechenbaren Momenten, die einen typischen 
Asthmaanfall auslösen und bei den so mannigfachen thera¬ 
peutischen Versuchen, mit denen man gegen das Leiden zu 
Felde zieht und ganz besonders bei den hier speziell in 
Frage kommenden individuellen Faktoren immer wieder 
neue Gesichtspunkte von Nutzen sein können. Zudem habe 
ich im Hochgebirge von Arosa in den letzten zehn Jahren 
eine größere Reihe von Asthmatikern behandelt und da¬ 
durch, daß in meiner eigenen Familie einer der hart¬ 
näckigsten der mir bekannten Fälle von Asthma vorliegt, 
hatte ich Gelegenheit, diesen einen Fall von Asthma über 
Jahre hinaus ganz besonders genau zu verfolgen und zu 
studieren. 

Was nun zunächst die klimatische Behandlung des 
Asthmas anbetrifft, so steht nicht in Frage, daß gewisse 
Kiimate besonders günstig, andere ganz besonders ungünstig 
auf die Asthmatiker einwirken. Es ist dabei, wie überhaupt in 
der Beurteilung dieses Leidens, zu unterscheiden der ak u t e 
A s | hm aanf a 11 als solcher von den du-ch verschie¬ 
dene durchgemachte Anfälle entstehenden konsekutiven 
Z u stände n. Das Asthma bronchiale wird jetzt wollt über¬ 
einstimmend als eine Art Neurose aufgefaßt. Der primäre 
Sitz der Krankheit ist nicht der Lungen- resp. Bronchien¬ 
apparat, sondern verschiedene Momente lösen den nervösen 
Anfall, der den Spasmus der Bronchiolen zur Folge hat, 
aus. Es ist ja häufig diskutiert worden, ob dieser Spasmus 
der Bronchiolen- oder Bronchienmuskulatur das Primäre 
sei und die Veränderung der Bronchialschleimhaut mit Ab¬ 
sonderung des zunächst zähen, gallertartigen Sekretes, das 
Asthmafäden und -Kristalle enthält, das Sekundäre. (Nach 
meiner Beobachtung bilden sich die letzteren, die Asthma¬ 
krislalle, fast immer erst nach der Entleerung des Sekretes. 
Bei direkter mikroskopischer Untersuchung des aus¬ 
gehusteten Schleimes fehlen sie häufig, um nach kurzer Zeit 
an der Luft sich dann zu bilden.) Es gibt auch häufig 


Fälle, wo ein vorher bestehender Bronchialkatarrh zur Aus¬ 
lösung des Asthmäanfalles führt; aber meist tritt der Anfall 
als solcher ohne vorhergehende sekretorische Erschei¬ 
nungen auf. Dieses läßt sich bei vielen Patienten im ein¬ 
zelnen verfolgen. Mitten in der Nacht tritt ein Kitzeln im 
Halse oder ein Hüsteln, oft mitten im Schlafe ein, ein 
trockener Reiz, der, wenn zurzeit entdeckt, noch coupiert 
werden, kann, wenn sich selbst überlassen, aber zum Spas¬ 
mus führt, nach welchem dann die Lösung in Form der 
Bronchitis, oft über 8, 10 und 14 Tage hinaus andauernd, 
auftritl. In diesem Falle waren vorher keine bronchitischen 
Erscheinungen dagewesen, kein Auswurf, kein Husten, und 
nachher schwinden die bronchitischen Erscheinungen auch 
wieder völlig und das nächste Mal setzt der Anfall in 
ähnlicher Weise wieder ein. 

Nun kann aber statt der rem nervösen Auslösung des 
Anfalles auch der Fall eintreten, daß der Patient, mehr 
oder weniger stets zu Schnupfen oder Katarrh geneigt, eine 
akute Erkältung akquiriert, die in den oberen Luftwegen 
anfängt und dann „hinunterrutscht“. Nachdem dann schon 
eine Bronchitis da ist, löst diese wieder ihrerseits den 
Asthmakrampf aus. Wiederholen sich die Anfälle häufig, so 
treten die konsekutiven Veränderungen der mehr oder we¬ 
niger chronischen Bronchitis, des Lungenemphysems, event. 
sogar mit Herzmuskelschwäche verbunden, auf. 

Auf diese verschiedenen Zustände wirken nun die ver¬ 
schiedenen Kiimate in oft überraschender Weise ein. Wenn 
auch an dem Satze viel Wahres ist, daß jeder Asthmatiker 
sein Privatklima habe, so gibt es doch auch allgemeine 
Gesichtspunkte, die bei verschiedenen Patienten zusammen¬ 
passen. Schlecht sind nach meiner Erfahrung: Einge¬ 
schlossene Talkessel, Gegenden mit stagnierender Luft, so 
Holland (Kanalluft), Venedig (Lagunen), dann dem Föhn¬ 
wind stark ausgesetzte Gegenden, das schweizerische Rhein¬ 
tal (Ragaz), die italienischen Seen (speziell Comersee). Sehr 
gut dagegen sind offene, dem Winde zugängliche Gegenden,' 
Hochebenen (München, Mailand), oft auch große Städte 
(London, New (York). Stagnierende Luft beengt den ge¬ 
sunden Menschen schon in gewissem Maße und löst, bei dem 
Asthmatiker ein ßeklemmungs - und Angstgefühl 
aus. Dieses Angstgefühl ist. häufig, ja in der Mehrzahl, 
unbewußt, aber doch da, und es stellt sich mit Vorliebe 
ein, wenn der Patient an einen Ort kommt, wo er schon 
einen oder mehrere Anfälle durchgemacht hat. Das be- 















194 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 13 


sondere Luftgemisch ruft wieder denselben Reiz auf das 
Nervensystem hervor, und da bereits hier, an dem Ort, 
in dem Haus, in dem /immer, kurz in dem Luftgemisch, ein 
Anfall erfolgte, wird durch unbewußtes Angstgefühl um 
so leichter wieder ein Anfall ausgelöst. Daß dabei der 
Patient, nicht „bewußt“ Angst hat, beweisen mir verschie¬ 
dene Fälle, wo Patienten, trotzdem sie schon wiederholt an 
diesem oder jenem Ort kläglich gelitten hatten, doch wieder 
guten Glaubens dorthin gingen und direkte Warnungen in 
den Wind schlugen. Dort angekommen, trat dann doch die 
Auslösung des nervösen Reizes wieder auf, trotzdem der 
Wille, das Öberbewußtsein, dagegen kämpfte; die Orgau- 
gefiihle aber setzten im Unterbewußtsein doch wieder den 
Angstzustand her. Deshalb sollle auch ein Asth¬ 
matiker gru n d s ii t z 1 i c h n ich! a n O r 1 e n z u r ii c k - 
geh a lt.cn werd e n , wo i n k ur z e r 7 . e i I m eh re r e 
Anfälle erfolgte n. Gerade durch Wechseln des Ortes, 
manchmal nur wenige Stunden weil, kann hier das Angst¬ 
gefühl zum Verschwinden gebracht werden. Auf der an¬ 
deren Seite wirkt überaus günstig der Fall ein, daß ein 
Klima, ein Ort gut. vertragen wurde, und es tritt dann 
kein Angstgefühl und kein Anfall auf. Asthmatiker lassen 
sich durch ihre Organgefühle scharf in der Beurteilung 
ihnen zükommender Luftgemische und Gegenden bestimmen. 
Sie scheuen meist geschlossene Wälder, niedere Zimmer 
usw. Man sollle meinen, solche nervösen Stimmungen, 
wie sie dem Asthmaanfall zugrunde liegen, könnten durch 
Suggestion, wachend oder in der Hypnose, beeinflußt 
werden. Es sind auch in der Tat solche Heilungen 
publiziert; aber iri der Mehrzahl der Fälle scheitert diese 
Therapie. Sehr häufig verhalten sich die Asthmatiker re¬ 
fraktär gegen Hypnose. 

Um nun wieder auf die klimatische Frage 
zurückzukommen, so gehören zu den für Asthmatiker 
günstigen Klimafen da.s M e e r - und das G e h i r g s k I i m a. 
Von beiden sali ich gute Erfolge und verschiedentlich konnte 
ein drohender Anfall durch sofortige Reise ans offene Meer 
oder ins Gebirge direkt coupiert werden. In der großen 
Mehrzahl der Fälle tritt in diesen beiden Klimafen während 
der ganzen Kurdauer kein weiterer Anfall auf oder dann 
gelinder. In beiden Irill. dazu poch die spezielle günstige 
Beeinflussung der so k u n d ii r e ii k a I a r r h a li¬ 
sch e n Erscheinungen, der Bronchitis, des Luft- 
röhrenkafarrhs mit trockenem Reizhusten. Im Meerklima 
wirkt, die weiche, feuchte, salzhaltige Luft, günstig in 
dieser Beziehung ein. Im Gebirge ist es die trockene 
und reine Luft, das Freisein von Staub. Zudem wirkt das 
Gebirgsklima anregend und abhärtend auf die meist 
gegen Zugluft und Kälte empfindlichen Asthmatiker. Man 
erzielt mit Mochgebirgsbehandlung überraschend günstige 
Resultate. Freilich ist ein langer Kuraufenthalt (übrigens' 
auch am Meer! notwendig; denn nur zu gern treten hei der 
frühen Rückkehr ins Talklima wieder Rückfälle auf, die 
aushleihen, wenn eine lange Zeit im Hochgebirge Kur ge¬ 
mach! wird. Viele Asthmatiker haben sich übrigens dauernd 
in Hochgebirgskurorten niedergelassen und sind dort völlig 
gesund und arbeitsfähig geworden. So wohl sich meist die 
Asthmatiker im Hochgebirge fühlen, so gibt es doch auch 
in diesem Klima verschiedene Wittcmngszuslände, die An¬ 
fälle Hervorrufen können, vor allem der Föb n, der warme 
Fallwind, hei dessen Vorherrschen sich jedermann schlaff 
und müde fühlt. Ich erblicke in dem schnellen Wechsel 
des Luftdruckes und der Lufttemperatur das ursächliche 
Moment, das zunächst gerade auf das Nervensystem ein¬ 
wirkt und hei dem Asthmatiker auch im Gebirge das Angst - 
und Beklemmungsgefühl hervorrufl. Der Asthmatiker 
muß im ganzen große Kontraste der Tempe¬ 
ratur und Kontraste der L u f t m i s c h u n g e n v c r- 
m cid en. Es ist unglaublich, wie viele schlechte Luft viele 
Asthmatiker ertragen. Ich kenne solche, die sich ganz be¬ 
sonders wohl in der mit Kohlenstaub übersättigten, qual¬ 


menden Luft der Untergrundbahnen großer Städte be¬ 
finden, 1 ), .oder die sich gerne im dichten Rauch und Nebel 
aufhalten (wenn nicht katarrhalische akute Zustände der 
Luftwege vorhanden sind). Wenn sie dann aber aus 
wa rm en Lokalen in die f ri s che Luft oder au s 
der kalten Luft in ein warmes Zimmer treten, 
tritt ein Beklemmungsgefühl, auf, das später zum Asthma¬ 
anfall führt. Auch bei der Hochgebirgskur rate ich meinen 
Asthmakranken sehr, solche Kontrastwirkungen stets zu 
vermeiden, im Momente des Sonnenunterganges ins Haus 
und später eventl. wieder hinaus zu gehen usw. In 
der Kräftigung des Allgemeinbefindens, des 
Nervensystems, neben dem günstigen Ein¬ 
fluß auf die Beschaffenheit der Respirations¬ 
organe, besteht die Hauptwichtigkeit der Hochgebirgs¬ 
kur. 

Sind klimatische Kuren nicht möglich oder tritt 
während solcher hin und wieder Neigung zu Anfällen auf, 
so muß doch zu Coupieru ngsmi11e 1 n Z u f 1 uch t 
g e no m m e n werden. Der hydrotherapeutisch e 
Apparat (warme' Packungen, namentlich auch mit Essig, 
heiße Fußbäder, Frottage und Abreibungen) kann von 
großem Nutzen sein und wird viel zu wenig angewandt. 

Sehr beliebt sind bei den Patienten die R ä u c h e - 
rangen mit den verschiedensten Asthmapulvern, Asthma- 
papieren (Salpeterpapieren), von denen das Schiffmanri¬ 
sche und das Neumey ersehe wohl die verbreitetsten 
sind. Aber diese Räucherungen reizen die Schleimhäute zu 
sehr und die roten, entzündeten Augen der Asthmatiker, 
die sie benutzen, sprechen genügend davon. C hl oral - 
hydrat und Atropin, letzteres innerlich oder subkutan 
in steigenden und wieder zurückgehenden Dosen angewandt, 
können in gewissen Fällen sehr wirksam sein, sind aber 
doch immer etwas riskiert, und für längere Zeit nicht an¬ 
zuraten. Von den Inhalationsmitte]n ist der Tuckersehe 
Apparat der wirksamste. Er hat in letzter Zeit große Ver¬ 
breitung gefunden. Leider ist er ein Gehcimmittel und 
wird zu unverhältnismäßig hohen Preisen verkauft. Ver¬ 
schiedene Analysen haben versucht, die Bestandteile des 
Mittels genau festzustellen, welches durch einen ganz vor¬ 
trefflichen Sprayapparat, als feinster Nebel durch die Nase 
.eingeatmet wird. Daß Kokain, Atropin, Natrium nitrosum 
und daneben Pflanzenalkaloide und -Extrakte in kleinsten 
Mengen vorhanden seien, ist behauptet worden. Die genaue 
Zusammensetzung ist aber bis jetzt noch nicht, bekannt. 
Ich habe durch verschiedene Chemiker die Flüssigkeit analy¬ 
sieren lassen, aber stets die Antwort erhalten, es handle 
sich um Beifügung von Alkaloiden in so kleinen Mengen, 
daß sie nicht bestimmt, werden könnten - . Die Zusammen¬ 
setzung ist nun aber eine äußerst wirksame und von keiner 
Nachahmung erreicht. Ich habe bei'vielen Patienten, hei 
denen das Tuck ersehe Mittel gewirkt, hat, ein völliges 
Versagen anderer, z. B. des ß rüg e 1 m a n n sehen, ge¬ 
sehen. l ebrigens ist der Tuckersche Apparat trotz der 
vom Erfinder ausdrücklich betonten Behauptung, schädliche 
Nebenwirkungen seien völlig ausgeschlossen, doch mit. Vor- 

1 ) Interessant ist in dieser Beziehung auch die Wahr¬ 
nehmung', daß Keuchhustenkinder in Untergrundbahnen sich 
wohl befinden. Ein mir bekannter Londoner Kollege sagte 
mir, daß Kinder aus dem Volke, die an Keuchhusten leiden, 
häufig dorthin gebracht werden, wo die Mutter mit ihnen 
während halber und ganzer Stunden umherfährt, und daß 
dort eine Milderung des Anfalles auftrete. Ich kam darauf 
durch den Umstand, daß ich selber in London in der Unter¬ 
grundbahn mit einem Keuehhustenkind im Coupe zusammentraf' 
und die Mutter mir erklärte, da unten sei ihrem Kinde am 1 
wohlsten. Die heftigen Anfälle würden dadurch gemildert und 
der Hustenreiz lasse überhaupt nach. 

- Einhorn gibt folgende Zusammensetzung an: Kokain 
nitric. l,028°/o Glyzerin 32,16°/o, Atropin, nitric. 0,581%, 
Wasser 66,23°/o. 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


195 


sicht zu gebrauchen. Bei mäßiger Anwendung kann er ja 
allerdings über lange Zeit benutzt werden. Es tritt dann 
nur hin und wieder Trockenheit im Gaumen auf, eventl. mit 
Schluckbeschwerden, weil die Speichelabsonderung durch 
die Atropineinwirkung nachläßt. Bei zwei Patienten sah 
ich leichte Augenstörungen infolge. Eindringens dos Ver¬ 
dunstungsnebels in die Augen. Ein anderer Patient be¬ 
richtete mir, er hätte den Apparat aussetzen müssen, weil 
er ihm heftiges Herzklopfen verursacht hätte. Vor allem 
aber muß darauf Bedacht genommen werden, daß nar¬ 
kotische Mittel daneben nicht oder nur mit größter Vor¬ 
sicht gebraucht werden. 

Ich erlebte diesbezüglich bei einem Patienten eine böse 
Geschichte. Derselbe hatte behufs einer kleineren zahnärzt¬ 
lichen Operation am Nachmittag Kokain ins Zahnfleisch ein¬ 
gespritzt bekommen, hatte den ganzen Tag über starkes Asthma- 
geplänlcel verspürt und benutzte den Apparat von Tucfeer 
sehr häufig und sehr lange. Er konnte damit immer wieder 
für einige Zeit sich Erleichterung verschaffen, um doch schlie߬ 
lich in der Nacht von einem heftigen Anfall ereilt zu werdeiu. 
Der Hausarzt, der den Patienten seit seiner Kindheit häufig 
wegen Asthma behandelt hatte und genau kannte, gab (wie 
cs dieser ungemein heftige Anfall immer notwendig machte 
eine Morphiumeinspritzung (0,02'. Patient schlief rasch ein, 
die Atmung Hörte aber plötzlich auf. Die Angehörigen be¬ 
richteten dem Arzte aufs neue, der, als er kam, eine völlig^ 
Apnoe und tiefste Bewußtlosigkeit vorfand mit weiten reaktions¬ 
losen Pupillen und minimalem Pulse. Während fast zwei 
Stunden wurde künstliche Atmung angewandt. Kampfer sub¬ 
kutan verabreicht. Sauerstoff ansgeströmt, bis die Atmung 
wieder einsetzte. Als ich an dem Orte -erschien, war der 
Patient wieder im stärksten Asthmasturin drin. Sobald 
die Atmung wieder anfing, ging auch das heftige Asthma¬ 
gepfeife wieder los. In der fast zweistündigen Apnoe hatte 
sich der Bronchialkrampf nicht gelöst und der Anfall dauerte 
fünf Tage lang wie gewohnt weiter. Einen zweiten ähnlichen 
Kollaps erlebte ich mit dem Patienten auf der Reise in Venedig 
einige Jahre später. Wieder hatte er den Tag durch den 
Tuck er sehen Apparat ziemlich häufig gebraucht und. bekam 
in der Lagunenluft Venedigs in der Nacht heftig Asthma. Bei 
der zweiten Morphiumeinspritzung am folgenden Morgen trat 
dann der Kollaps ein, der aber nach einer Injektion mit 
Kampferäther sich sofort verlor. 

Ich warne deshalb jetzt stets meine Asthmapatienten, 
die einen Tnckcrsehen Apparat, haben, vor übermäßigem 
Gebrauch desselben. Er leistet Vortreffliches, wenn er im 
Beginn sofort, angewandt werden kann und derselbe wird 
deswegen von vielen wie ein Talisman stets in der Tasche 
mitgetragen. Dann genügen wenige Inhalationen, um einen 
drohenden Anfall zu verscheuchen, ist aber der Anfall 
in vollem Anzuge, dann weg mit dem Tuck er scheu 
Apparat! Er ist dann auch unwirksam und kann verhängnis¬ 
voll werden, wenn später doch noch narkotische Mittel an¬ 
gewandt werden müssen. Es ist sehr schade, daß die 
genaue Zusammensetzung des Mittels von dem Erfinder, 
resp. clem Geschäftsführer, als Geheimnis behalten wird. 
Das Mittel könnte eine viel größere Verbreitung finden und 
segensreicher wirken, wenn es der genauen Kontrolle der 
Aerzle unterstellt würde, statt nur Gegenstand eines sehr 
guten Geschäftes zu sein! 

Der heftige und bösartige Asthmaanfall verlangt fast 
immer Morphium. Es. liegt mir fern, Morphium früh an¬ 
zuwenden und ich bin sonst sehr zurückhaltend mit dem 
Morphium. Bei den Asthmaanfällen läßt sich aber nichts 
anderes machen. Man riskiert nur mehr beim zu langen 
Zuwarten. Ich habe Blutbrechen, Bluthusten, akute Herz- 
dilalation und nachherige Herzschwäche hei Anfällen be¬ 
obachtet, die man sich selbst überließ, während eine recht¬ 
zeitige Morphiuminjektion den Anfall meist leichter ge¬ 
staltete. In den schwersten Fällen ist es sogar nötig, den 
Patienten während einiger Tage ganz unter Morphium 
zu halten. Es können dann 2—3 Morphiumeinspritzungen, 
eventuell noch mehr, in 24 Stunden nötig sein. Es ist 
das mit kleinen und mittleren Dosen sehr wohl möglich. 



DUUfed by 


u,-. u. w-. 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


wenn man sorgfältig darüber wacht, wann die Wirkung 
nachläßl und vor der neuen Exazerbation wieder eine 
Spritze gibt.. Während 5, 11 und 8 Tagen kann bei den hef¬ 
tigsten Anfällen jede Nahrungsaufnahme unmöglich sein. 
Infolge Lungenblähung und dem dadurch bedingten Tief¬ 
stand des Zwerchfells und Druck desselben auf den Magen, 
tritt häufig fortwährendes Erbrechen ein. Eisstücke, leicht 
kohlensäurehaltige Getränke, mit etwas Kirsch oder Kognak 
versetzt, oder leichter Tee mit Milchzusatz, werden am 
ehesten .vertragen. Ich habe immer gesehen, daß selbst 
nach den stärksten Anfällen das Morphium sofort wieder 
ausgcselzt werden kann und es tritt keine Angewöhnung an 
das Mittel in der kurzen Zeit ein. Sobald sich wieder eine 
freie Atmung einsteilt, fühlt sich der arme gequälte Patient 
so erleichtert, wenn er auch zerschlagen und mitgenommen 
ist, daß er das Aussetzen des Morphiums recht gut verträgt. 
Allerdings möchte ich ausdrücklich warnen, die chronischen 
Asthmatiker mit Morphium zu behandeln. Es sind dies 
die Fälle, die nicht zu den ganz starken Anfällen führen, 
die aber auch nie ganz frei werden, die immer und stets 
eine leichte Atembeengung haben, meist Fälle mit chro¬ 
nischer Bronchitis. Hier versagt der Tuckersche Apparat 
meist. Hydrotherapeutische und klimatische Kuren wirken 
eventuell günstig ein. Hier soll auch. Wenn immer möglich, 
kein Morphium verabfolgt, werden, da sonst Angewöhnung 
an das Mittel eintritl. 

In den anfallsfreien Zeiten kann auch eine metho¬ 
dische A t. e m g y m n a s t i k von Nutzen sein. Nament¬ 
lich die bekannte Methode, bei der Aus- und Einatmung 
dem Patienten vorzuzäMen, ihn selber nachzählen zu lassen, 
und die Inspirations- und Exspirationsphase nach dem 
Zählen zu beeinflussen, isi sehr zu empfehlen: 

1 — 2 Inspiration.1 — 2 — 3 — 4 Exspiration 

1 — 2 — 3 Inspiration . . 1 - - 2 — 3 Exspiration 

1 — 2 — 3 — 4 Inspiration. . 1 — 2 — 3 Exspiration 

Man kann so die Inspirationsphase gegenüber der ver¬ 
längerten Exspirationsphase, vergrößern und die Exspira- 
t.ionsphase allmählig verkleinern. Doch vertragen das auch 
nicht alle Patienten und es kann das Exerzitium direkt zu 
einem Anfalle reizen. Was dem einen von Vorteil ist, 
versagt bei dem andern häufig. Auch die p n e u in a t i s c h e 
Kammer, die vielen gut tut, vermehrt andern, wie mir 
verschiedene Patienten berichteten, das Beengungsgefühl. 

Durch Zufall kam ich in der letzten Zeit auf eine Art 
hygienischer Hebung, die wenigstens in einem, aber be¬ 
sonders schweren Falle, außerordentlich und überraschend 
günstig einwirkte. Es ist das Reiten .Man gestatte mir, 
dazu kurz den einen Fall zu schildern: 

Trotz aller Vorsichtsmaßregeln und allen möglichen Ver¬ 
suchen gelang es in diesem Falle 1 in meiner eigenen Familie ’ 
nie, auch hei bestem Wohlsein und bei an und für sich nicht 
ungünstiger Witterung, das Hochgebirge Arosas zu verlassen 
und in das Tal zu reisen, ohne daß in der ersten oder in einer 
der nächstfolgenden Nächte sich ein heftiger Anfall eingestellt, 
hätte. Seihst hei der direkten Reise an das offene Meer, ohne 
Unterbrechung 'der Aufenthalt am Meer wirkt sonst gerade 
in diesem Falle besonders günstig ein trat einmal ein heftiger 
Anfall auf. Wir fanden uns schließlich mit der Tatsache ab, 
daß stets für unsere Ferienreise ins Tal auch nach sehr langer 
Unterbrechung dieser Tribut eines häßlichen und bösen An¬ 
falles entrichtet werden müsse und rechneten damit. Im Be¬ 
griff, eine größere Seereise zu machen, mußten wir uns für 
ein bestimmtes Datum und für ein bestimmtes Schiff ein- 
schreiben und um nicht durch einen Anfall an der recht¬ 
zeitigen Einschiffung verhindert zu sein, reiste der Patient 
zuerst für vierzehn Tage ins Tal, um dann dort in Gottes 1 
Namen den üblichen Asthmasturm durchzumachen und dann 
reisjefähig zu sein. Es erfolgte in der ersten Nacht, wir 
früher auch schon etwa einmal, kein Anfall, in der zweiten 
und in der nächstfolgenden auch nicht, so daß wir andern fast 
ungehalten darüber wurden, weil wir dachten, die Tücke des 
Schicksals werde uns dann den Anfall kurz vor dem bestimmten 
Termin bringen und uns an der Abreise hindern. Da be¬ 
richtete mir der Patient, er sei schon nach der ersten Nacht 


3AN 


UNIVER 




196 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 13 


am folgenden Tage Reiten gegangen, schon lange sei ihm rlas | 
Reitenlernen im Kopfe gewesen und da er gerade gute Ge 
legcnheit gehabt hätte, reiten zu lernen, hätte, er damit au¬ 
gefangen. Verschiedene Male, sei er mit. Asthmabeklemmung 
hingegangen und hätte Angst gehabt, kaum reiten zu können 
und in der Nacht sicher einen Anfall zu bekommen. Es sei 
merkwürdig, daß er nach der Reitstunde immer sich so er¬ 
leichtert und in der Atmung vollständig frei gefühlt habe. 
Kurz, ohne jeden Asthmasturm kam der Patient damals zum 
ersten Mal seit acht Jahren ins Tal und konnte sich ohne 
Anfall akklimatisieren und die. Reise verlief ohne Störung, 
außer einem leichteren Anfall während derselben infolge einer 
schweren Bronchitis, Im folgenden Frühjahr planten wir wieder 
eine größere Reise. Wieder bewährte sich ein tägliches Reiten 
während 10 Tagen, um auch wieder ohne Anfall durchzukommen, 
und ein drittes Mal im vergangenen Herbst ebenfalls. Dieses, 
dritte Mal war ganz besonders interessant und zeigte die 
geradezu erstaunliche Einwirkung des Reitens in diesem 
speziellen Falle. Schon vor der Abreise, war in Arosa immer 
etwas Asthmageplänkel vorhanden gewesen und nach der Reis" 
ins Tal in Zürich ganz besonders. Stets aber war der Patient 
vom Reiten mit freier Atmung und wohl zurückgekehrt An 
einem drückenden, schwülen Föhntage wurde die Reise nach 
München unternommen und die Nacht dort war äußerst kritisch, 
und nur durch Gebrauch des Tuck ersehen Apparates konnte 
ein richtiger Asthmasturm hintan gehalten werden. Das erste 
am folgenden Tage war, sich nach einer Reitschule umzu¬ 
sehen' und völlig bewährte sich auch hier wieder die Stunde 
Reiten. Da dann günstigere Wirkung eintrat, fühlte sich der 
Patient später auch ohne Reiten wieder wohl. An einem andern 
Orte aber drohte wieder ein Anfall durch eine leichte Er- 
kältungsbronchitis. Sogar jetzt wurde, der drohende Anfall 
durch das Reiten verhindert. Nur mit Hilfe dieses Reitens 
hatte' der Patient, alles zusammengenommen, nun über ein 
Jahr ohne Anfall verbringen können. Merkwürdigerweise kam 
es. dann nach der Heimkehr in Arosa selber zu einem heftigen: 
Anfall, weil eine neue Erkältung von der Reise her mitgebracht’ 
wurde, die, zu einer starken Bronchitis führte. Reiten war hier 
aus .äußeren Gründen dann nicht möglich gewesen. 

Die Erfahrung in diesem einen Falle beschäftigte mich 
in hohem Grade und ich fing an, mich umzusehen, ob das 
Reiten in Beziehung auf das Asthma als Verhütungsmittel 
desselben schon empfohlen worden sei, fand aber nichts in 
der mir zugänglichen Literatur. Hingegen berichtete mir 
ein junger österreichischer Edelmann, der wegen Asthma 
hier in Arosa in meiner .Behandlung war, daß er merk¬ 
würdigerweise, trotzdem er seit seiner Kindheit an Asthma 
litt, vor einigen Jahren seinen Einjährigendienst in bestem 
Wohlsein hätte machen können. Er sei damals stets jeden 
Tag geritten und erinnere sich sehr wohl, wie gut ihm dies 
bekommen sei. Er hätte aber dem Reiten weiter keine lle- 
deutung geschenkt und nach dem Dienst dieses auch nicht 
mehr betrieben. Eine uns bekannte an Asthma leidende 
Dame berichtete uns, daß sie in Sumatra, wohin 
sie geheiratet hatte, zu reiten anfing, da dort alle Damen 
reiten und ganz frei von Asthma geworden sei. In München 
sagte mir zudem der Reitlehrer, daß er früher einen asthma¬ 
tischen Offizier unter seinen Klienten gehabt hätte, der 
stets zum Reiten in die Reitschule kam, wenn er an Asthma 
litt und stets erklärt hätte, wie gut. es ihm lue. Es ist ja 
nicht jedermann in der Lage, sich ein Pferd zu halten, aber 
in größeren ;Städt.en sind überall Reitinstitute und Reit¬ 
schulen vorhanden und ein Reitkursus kommt dann noch 
bedeutend billiger zu stehen, als ein langer Kuraufenthalt 
irgendwo. Ob das Reiten auf künstlichen Appar aten, z. II. 
auf dem Reifsattel der Sand ersehen Apparate, auch wirk¬ 
sam ist, wäre erst noch zu erproben 3 ). Wenn das Reiten, 
wie in diesem einen Falle, zur Verhütung von Asthma von 
gutem Einfluß ist, so können verschiedene Momente dabei in 
Frage kommen. Einmal wirkt das Reiten mechanisch; 
das Geschüttel und Gerüttel des trabenden und gallopic- 

3 ) Anmerkung bei der Korrektur: Ich habe in der letzten 
Zeit angefangen, Asthmapatienten mit Vibrationsmassage zu be¬ 
handeln; doch berechtigen die wenigen Fälle noch vorläufig zu 
keinem Schlüsse. 



renden Pferdes mag an und für sich ja gewiß imstande sein, 
einen Krampf der Bronchialmuskulalur zu lösen. Wenn 
es so wäre, so würde ja. auch ein künstlicher Rcitapparat ge¬ 
nügen können und die Sache bedeutend verbilligen und ver¬ 
einfachen. Aber es fragt sich sehr, ob nicht gerade das 
Reiten auf einem Pferd, das doch nicht so regelmäßige 
Schüttelbewegungen wie ein Apparat machte, bei dem es sich 
zudem um ein aufmerksames A u f p a s s e n und ei n 
sleles Balancieren handelt, durch die damit gegebene 
nervöse Ahle n k ung ganz speziell ein wirkt. Ich glaube, 
daß eben beides, die Ablenkung also als rein nervöses 
Moment, zusammen mit dem mechanischen Moment des 
Geschütteltwerdens, • zu einer Wirkung sich erklären läßt. 
Haben die Patienten einige Male mit Erfolg geritten, dann 
kommt auch hier wieder der große Vorteil der psychischen 
Erfahrung, des .Bewußtwerdens und Bewußtseins, daß das 
Reiten gut tue, dazu. Es braucht natürlich etwas energische 
Naturen dazu, aber was tut der arme, geplagte Asthmatiker 
nicht alles, was für Schätze von Geld gibt er fort, was für 
Opfer bringt, er nicht für geheime Mittel und verlockende 
Reklamen, für lange, kostspielige Kuren, um von seinem 
qualvollen Feinde befreit zu werden. Der Versuch des 
Reitens, ohne schädliche Nebenwirkungen, im. Gegenteil 
verbunden mit dem bekannten gute n E i n f 1 u ß desselben 
auf den .gesamten Stoffwechsel (welcher Faktor 
übrigens auch sehr mit in Rechnung zu ziehen ist), ist wohl 
wert, weiter geprüft zu werden, und wenn dann auch nur 
in einer beschränkten Anzahl von Fällen eine Erleichterung 
verschafft werden könnte, so wäre das schon sehr zu be¬ 
grüßen. 

Die Anschauungen über Tuberkulose im 
Altertum und in späteren Zeiten» 

Von Dr. E. Roth. 

Während wir über die Geschichte der Tuberkulose iu 
der Gegenwarl und in jiingst verflossenen Jahrzehnten so 
ziemlich unterrichtet zu sein pflegen, herrscht in der Regel 
eine ziemliche Unsicherheit darüber, wie weit zurück wir 
die Kenntnisse in dieser Krankheit zu verfolgen imstande 
sind bezw. welche Ansichten die damaligen großen Aerzte 
über diese Geißel der Menschheit gehegt haben. 

Wohl geben die Werke von L. Waldenburg von 
1861) und Predöhl 1888 hinreichenden Aufschluß über 
diese Fragen, doch sind sie in der Regel nicht zur Hand oder 
zu weitläufig, um durchstudiert zu werden. Als dritte 
Quelle nenne ich die Beiträge zur Geschichte von der Lehre 
zur Tuberkulose von W. V o i g I , 1890, der bis in die ältesten 
Zeiten zurückgeht. 

So führt er in bezug auf Hippokrat.es aus: Dieser 
unterscheidet drei Arten von Schwindsucht und rechnet 
dabei zu der eigentlichen Schwindsucht, der Lungen noch 
die des Rückenmarks, weil hierbei eine ähnliche Ab¬ 
zehrung des ganzen Körpers einzutreten pflegt; wie bei 
der vorgenannten. Neben der Schilderung der eigentlichen 
Phthise, läuft .aber beständig einher die Schilderung von 
der Eiterbrüstigkeit. Eine dieser Kra.nkheitsformen gehl 
in die andere über, insofern aus solchen Schwindsüchtigen 
Eiterbriistige werden, wenn der Körper nämlich feuchter 
geworden ist; umgekehrt werden aus Eiterbrüstigen 
Schwindsüchtige, wenn der Körper trockener wird. 

Hinsichtlich der Aetiologie spielen die sogenannten 
Flüsse eine oder die Hauptrolle; sieben Arten Flüsse gibt 
es. Schleim und Galle stehen an der Spitze, wobei für 
ersten* die Luftröhre den Weg zur Lunge öffnet. Dieser 
Körperteil bemüht sich zwar, den Fremdkörper auszuhusten, 
doch setzt sich der Schleim vielfach fest, er wird trocken 
und verstopft die Ausgänge, um dann in Kiter überzugehen, 
wodurch Geschwüre entstehen und Fäulnis sich einstellt. 
Dadurch wird die Temperatur hinaufgesetzt, und die er¬ 
hitzten Lungen ziehen noch mehr Schleim aus dem Körper. 
Die Geschwüre vermehren sich, platzen und bersten. 


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JNIVERSITY OF MICHIGAN 


UNIVER 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


197 


Hämoptoe infolge Zerreißen eines Blutgefäßes, ein ver¬ 
nachlässigtes Aneurysma können weiter ätiologisch wirken, 
Arbeit und gymnastische Uebungen lassen zuweilen Blut¬ 
gefäße zerreißen, heftige Gemütsbewegungen bewirken An¬ 
sammlungen schlechter Säfte und von Galle; Verwundungen 
kommen als ätiologische Punkte in Betracht, Pleuritis und 
Pneumonie in ihren Nachwirkungen oder nach schlechter 
Heilung. 

Als Symptome der Eiterbrüstigkeit und Phthise müssen 
nach den Ausführungen von W. Voig I bei Hippokrates 
gelten: Schmutzig belegte Zunge, Schmerzen in der Brust, 
Husten, eitriger Auswurf, körnig .ausgeworfener Eiter von 
harter Beschaffenheit, beklommener Atem, heisere Stimme, 
Anschwellung der Knie und Füße, starke Schweißabson¬ 
derung, hauptsächlich des Nachts, gekrümmte Nägel, und 
durchweg gegen das Ende profuse Diarrhöen. 

Neben den Eiteransammlungen in der Brust unterscheidet 
H i p p o k r a t e s Geschwülste und Geschwüre, cpi^äru undi'teß 
tubercula el ulccra der Uebersetzer. Ob freilich damit 
Tuberkel im landläufigen Sinne in unserer Umgrenzung ge- 
nieinl sind, muß wohl dahin gestellt, bleiben. Ist doch 
das ganze Mittelaller hindurch viel die Rede von Tuberkula. 
Aber dieser Ausdruck wurde dann lediglich im deskriptivem 
Sinne gobrauchl zur Bezeichnung knötchenförmiger Neu¬ 
bildungen der verschiedensten Abstammung. Unsere eigent¬ 
lichen Tuberkeln, sagte bereits Waldenburg, waren ent¬ 
weder gar nicht gekannt oder wurden, wo man sie fand, als 
seltene Kuriosa behandelt. 

Die Drüsentuberkulose kannte Hippokrates bereits, 
wenn auch sein Begriff über diese Gebilde sich mit dem 
unsrigen nicht deckt, so sah man damals das Gehirn als die 
größte Drüse an, welche überflüssige Säfte nach dem 
Körper abführt und abstößt. Diese fließen ab und bilden 
so die Grundlage zur Tuberkelbildung. 

Möglich ist es gibt weder Beweise dafür noch da¬ 
gegen , daß Hippokrates bereits größere Knoten in 
den Lungen bei Mensch oder Tier gesehen hat, doch hielt 
er sicherlich diese Knoten nicht für etwas Besonderes, 
sondern betrachtete sie als einfache Eiterherde. 

C e 1 s u s , der etwa 30 vor bis 50 nach Christus lebte, 
lehnt sich hinsichtlich der Entstehung der Phlhise eng au 
Hippokrates an: 707 /« Tubcrkulum erklärt er für ein 
dem Furunkel ähnliches Geschwür, nur runder und aus- 
gedebnler, so daß eine Uebereinstimmung mit unserem 
Tuberkel vollständig entfällt. Dazu kommt, daß Celsus 
nichts vom ipl,ua in der Innige erwähnt; nach seinen An¬ 
sichten isl die Lungtenschwindsucht nur eine Art Tabes oder 
Abzehrung. 

Klareren Ansichten begegnen wir bei Aretaeus Ca¬ 
li r a d o x, welcher eine scharfe Unterscheidung zwischen der 
eigentlichen Phthise oder Pye und der i/jtuhi. unserem Em¬ 
pyem, zutage fördert. Erstere besteht in einer EiterarjSamm- 
iung in der Lunge, welche diesen Fremdkörper zu entfernen 
suclil. Entwickelt sich Liier in der lirusl oder in der 
Seile, und bricht er durch die Lungen durch, so hat man 
es mit Empyem zu tun; entsteht aber bei diesem Vorgang 
ein Geschwür in den Lungen, so tritt wieder die Bezeichnung 
tfMets ein. Hatte man bis dahin namentlich auf Grund 
hippokratischer Weisheil das verschiedene Verhalten des 
Auswurfs' in Wasser und Feuer als ein sicheres dia¬ 
gnostisches Zeichen der Phthise gehalten, so wies unser 
Kapradozicr die Unhaltbarkeit dieser Lehre nach. 

Der sonst so große G a 1 e u steht nach W a 1 d e n b u r g, 
an Klarheit und Schärfe der Darstellung unserer Krankheit 
sowohl Hippokrates, wie Aretaeus bei weitem nach. 
Alles, was neuere Forscher mit Tuberkel bezeichnen, ist 
diesem Arzte, unbekannt geblieben. Er hat sicher niemals 
Knoten in der Lunge gesehen, was ja auch nicht wunder 
nipinit, da man an Leichensektionen in größerem Umfange 
weder damals noch jahrhundertelang später dachte, wo¬ 
durch allein eine Vergleichung gesunder und kranker Teile 
ermöglicht wird. 1 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Verhärtungen und Knoten in den Lungen des Schlacht¬ 
viehes waren wohl bekannt, namentlich infolge des jüdi¬ 
schen Ritus, aber von einem Zusammenhänge zwischen 
Knoten und der Phthise wußte man nichts. Man suchte 
das Wesentliche der Phthise nur im Geschwür und im 
Defekt, wie wir es auch bei Maimonides ausgeführt 

I i i ii 1 <-11. 

Sn ziehen sich die Anschauungen bis in das Mittelalter 
hinein. Neues wird kaum produziert. Man stützt sich auf 
die Lehren der Allen. Line durchgreifende' Reform wurde 
ja aiu-li i• cst möglich mit dem Aufblühen der Anatomie, 
und dieser Teil der medizinischen Wissenschaft fing erst 
in Ul und 17. Jahrhundert an, sich zu entfalten und zu 
blühen. 

Da fielen denn gar bald die Knotern aiuf, welche oftmals 
zahlreich in der Lunge sich zeigten. Aber zunächst belegte 
man sie a.ucli ferner mit dem gemeinsamen Namen Tuberkel, 
veb Ina jedem Klinten gegeben wurde, gleichgültig, welcher 
I les 1 1 ; 1 11 fi 1 1 1 eil er vai und welcher Abstammung. 

Krsi im Verlaufe des 17. Jahrhunderts tauchte dann hei 
Franziskus De lehne Sylvins die Grundidee auf, 
dab man nur dann voll einer wahren Phthise zu sprechen 
vei möchte, wenn ein I leus pulmonum vorhanden seil Das 
l.nngi ngewebc wird verändert oder zerstört, wenn infolge 
von Verletzungen die richtige Ernährung dieses Organes , 
aufgehoben isl oder wenn 2. ein I lens erzeugt wird. 

Sylvins leihe zum ersten Male mit, wie die harten 
Tu In rkeln erweichen, wie sie erst etwas Eiter enthalten, 
dann aber vollständig vereitern. Er kennt außer den 
größeren Tuberkeln auch kleinere, vielleicht sogar die 
V ii m 11 ii dm kein. Er nimnil auch bereits einen anatomischen 
und m m lischen Zusammenhang zwischen den Tuberkeln 
und ihm Driiseu an, wie er auch als erster anatomische 
Liezn Innigen zv Ischen Phthise und der Skrofulöse darstellt;- 
leider war dieser leiziere Hinweis geraume Zeit einersegens- 
rm< In i Mm Wicklung dm Lehre von der Tuberkulose hiaüer- 
li Ii. oliwnbl er bereits Vererbung, wie Ansteckungsinöglich- 
keil der Phthise kennt. 




Ein ungefährer Zeitgenosse von Sylvins, Thomas 
Willis, 1622- 1675, läßt zuerst das Dogma fallen, als ob 
Phthise identisch mit Ulcus pulmonum sei. Bei ihm heißt 
es: pulmonum phthisis a mala pulmonis confirmationae 
orta, alle schlecht oder wenig geheilten Brustkrankheiten 
gehen in Phthise über, die auf einer Schrumpfung des 
ganzen Körpers beruht, ihren Grund aber in der schlechten 
Beschaffenheit der Lungen hat. Für ihn ist die Lehre des 
Hippokrates ein überwundener Standpunkt, daß seröse 
Flüssigkeit oder irgendeine andere für die Lungen verderb¬ 
liche Masse vom Gehirn komme und vermittels der Luft¬ 
röhre in die Lungen eindringe. Entstehen kann die Phthise 
aus vielerlei Ursachen. Er führt nähere und entferntere 
an. gibt inwendige und answendige an, will angeborene und 
fremde gelten lassen. 

Sicher hat dann Bonn et. (1620 1689 die Miliar¬ 

tuberkulose gesehen und sein Bearbeiter .Mangel konnte 
deren in Lunge, Leber, Milz und Niere, in den Mesenterial¬ 
drüsen, wie im Darm nachweisen, ohne daß einer von 
ihnen Schlußfolgerungen oder eingehende Betrachtungen 
an diese doch immerhin merkwürdigen Gebilde geknüpft 
hülle. 

1689 erschien dann von Richard Morlon die 
Phthisiologie, die etwa ein Jahrhundert später ins Deutsche 
übersetzt wurde. Er sah das Wesen der Lungenschwind- 
sucln in einer mit Fieber verbundenen Auszehrung des 
ganzen Körpers, die von der fehlerhaften Beschaffung und 
endlich erfolgenden Schwärung ihren Ursprung nahm, 
Ursprünglich isl die Lungenschwindsucht, wenn sie in erster 
Linie auf einer .bösartigen Diathese und lllceration der 
Lunge beruht, sekundär, insofern die Lunge durch voraus- 
gegangenen Eiter bereits affiziert ist. Jedenfalls sondert 
sich das wegen fehlerhafter Beschaffenheit scharfe Blut- 



UNIVER 


N 








198 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 13 


wasser in den weichen and drüsigen (leweben der Lunge 
ab, verstopft sie, entzündet sie und bringt sie endlich zur 
Schwärung. Als hauptsächlichstes lirkennungszeichen der 
Schwindsucht ist der trockene Husten anzusprechen. 

Der große Fortschritt bei Bonnet besteht darin, daß 
er die Lungenschwindsucht stets aus Lungenverhärtung und 
Tuberkeln, niemals auf andere Weise sich bilden läßt. Zum 
ersten Male begegnen wir hier der Anschauung, daß der 
Tuberkel eine oder die notwendige Vorstufe der Lungen- 
ulceration sei. 

Im einzelnen unterscheidet Morton noch 15 Arten 
von Schwindsucht, von denen die wichtigste die skrofu¬ 
löse ist. 

Leiden wir auch in der Folgezeit nicht Mangel an 
großen und hervorragenden medizinischen Forschern, wie 
Sydenham, Boerhave, v an S wi e ten , Mor- 
gagni usw., so bleiben doch die Fortschritte auf dem 
Gebiete der Phthise so gut wie Null, wenn auch beispiels¬ 
weise letzterer sich mit der Frage wohl beschäftigt, ob die 
Tuberkeln wirklich ganz mit Drüsen zu dentifizieren seien. 

Erst einem William Stark, der 1770 starb, war 
es Vorbehalten, den Karren etwas weiter zu schieben. Er 
hat das Verdienst, die Miliartuberkulose, die bisher immer 
nur nebenbei als seltener Befund erwähnt worden war, 
zuerst ausführlich beschrieben und ihr einen würdigen 
Platz in der pathologischen Anatomie der Lungen ange¬ 
wiesen zu haben. Der Verfechter seiner Ideen, Reid, 
kann dann die Ehre in Anspruch nehmen, die Phthise von 
den Skrofeln getrennt zu haben, die Tuberkeln von den 
Drüsen. 

In dem Hufelandjahr können wir an diesem Arzte 
nicht Vorbeigehen, wenn er auch in seiner gekrönten l’reis- 
schril't in der Skrofelkrankheit nur erklärt: die Lungenknoten 
werden durch Skrofelschärfe auf dieselbe Weise aus 
präexistierenden Drüsen erzeugt, wie die Halbskrofeln aus 
Zervikaldrüsen. 

Einen wirklichen Fortschritt vermögen wir aber erst 
wieder bei Mathew B'allie (1774—1816) zu erwähnen, 
der die großen Lungenknoten aus dem Miliartuberkel durch 
Konfluieren derselben hervorgehen läßt. Er scheidet auch 
die durch Konglomeration von Miliartuberkeln entstandenen 
Knoten von anderen Einlagerungen. Die bedeutendste seiner 
Leistungen besteht wohl aber darin, daß er nicht nur von 
den Tuberkeln der Lunge redet und ihr Entstehen aus sehr 
kleinen Knötchen sehr genau beschreibt, sondern bereits 
die Tuberkulose anderer Organe erörtert. Freilich gibt er 
nur locker aneinander gereihte pathologisch-anatomische 
Tatsachen an ; an eine genetische und klinische Ver¬ 
knüpfung der gleichnamigen Affektionen der verschie¬ 
denen Organe wagt er sich nicht heran. Wenn auch 
la phthisie tuberculeuse die gewöhnlichste Erkrankung ist, 
so habe man doch auch wohl zu achten auf die Phthisie 
granuleuse, Phthise avec melänose, Phthisie ulcereuse, cal- 
culcuse, cancereuse. Bei der Lungenschwindsucht habe 
man die beginnende, bestehende und Phthise dritten Grades 
zu unterscheiden. Bei der ersten schließen die Lungen 
eingekapselte und nicht eingekapselte Tuberkeln ein. Bei 
der zweiten ist eine gewisse Zahl der Tuberkeln in ihrem 
Mittelpunkt schon erweicht oder in Eiterung übergegangen. 
Bei der dritten Art sind nur noch wenig rohe Tuberkeln 
vorhanden. 

Bayle nimmt als Ausgangspunkt seiner Betrachtungen 
den Lungentuberkel und gab ihm den Namen Miliar¬ 
tuberkel, der seitdem in der Wissenschaft erhalten blieb. 

Ein ungefährer Zeitgenosse, Portal, schuf dann eine 
große, langdauernde Verwirrung in der Lehre von der 
Tuberkulose, insofern er die steotomatöse (unsere käsige; 
Materie, welche Bayle skrofulöse Materie nennt, mit der 
Bezeichnung tuberkulös belegt; sonst äußerte er seine An¬ 
sicht dahin, daß die Skrofulöse nicht die einzige, sondern 
nur eine der verschiedenen Ursache der Phthisis sei. 


Als eigentlichen Begründer der Lehre von der Tuber¬ 
kulose feiert dann L. W a 1 d e n b u r g aber Bayle, dessen 
epochemachendes Werk: Recherches sur la phthisie pul 1 
monaire 1810 erschien. Er wies zuerst darauf hin, daß 
nicht nur die Tuberkeln der verschiedensten Organe eine 
gleiche Beschaffenheit und einen gleichen Entwicklungs¬ 
gang hätten, sondern auch miteinander in einem genetischen 
und klinischen Zusammenhang stehen. Die Phthisis tube- 
rosa ist kein lokaler, allein auf die Lungen beschränkter 
Prozeß ; mehr, sondern eine den ganzen Körper heimsuchende 
Allgemeinerkrankung. Durch seine Anschauungen wurde 
die Lehre von der Phthisis einer Reform unterworfen, die 
fast als ein gänzlicher Umsturz aller bisherigen, seit Jahr¬ 
tausenden eingewurzelten Doktrinen und als eine vollstän¬ 
dige Umwandlung aller herrschenden Begriffe betrachtet 
werden durfte. 

Bayle betont u. a. dabei auch, die Phthisis werde 
niemals durch Entzündungen hervorgerufen; weiter geht 
dann Laennec, der die Einheit aller Phthisen hervor¬ 
hebt. Während bisher die Skrofulöse dem weitaus all¬ 
gemeinen Begriffe entsprach, und die Tuberkulose gleich¬ 
sam nur als eine Spezies derselben erschien, wird jetzt 
umgekehrt die tuberkulöse Diathese zu dem umfassenderen 


Begriffe i 

‘rhobe 

n, von 

d ei- 

die Drüsenskrofeln gleichsam 

nur eine 

Abart 

sind. 





Jetzt; 

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die t u her 

kulöse Materie für das 


allein Maßgebende. Während Laennec unter Tuberkeln 
eine Neubildung versteht und jede andere Ursache der 
Phthise, zumal die Entzündung, ausschließt, erklärt 
Broussais die Lungenschwindsucht gerade für eine ent¬ 
zündliche Krankheit und den Tuberkel als ein Produkt der 
Entzündung. 

Die Mit- und Nachwelt, wußte sich zu helfen und adop¬ 
tierte dap scheinbar Uebereinstimmende in den Lehren der 
beiden großen Meister, sie identifizierte die Phthisis mit 
der Tuberkulose. 

Ein weiterer Abschnitt — wir näheren uns moderneren, 
bekannten Zeiten und können uns kürzer fassen — setzte 
dann mit V i 11 e m i n ein, der 1865 der Pariser Akademie 
die erste Mitteilung über seine Versuche mit der Ueber- 
tragung der Tuberkeln machte. Dieser Arzt schloß nach 
der Darstellung von Predöhl aus seinen ersten Versuchen, 
die Lungenphthise ist (wie die tuberkulösen Krankheiten 
im allgemeinen) eine spezifische Affektion. Ihre Ursache 
liegt in einem überimpfbaren Agens. Die Tuberkulose ge¬ 
hört in die Klasse der virulenten Krankheiten und verdient 
in der nosologischen Reihe ihren Platz neben der Syphilis, 
steht aber vielleicht dem Rotz und Wurm näher. Die 
Tuberkulose ist eine impfbare Krankheit, ihr liegt ein spe¬ 
zifisches Virus zugrunde. Nur durch dieses und aut keine 
andere Weise kann die Tuberkulose hervorgerufen werden. 
Es bedarf zur Erkrankung eines von außen kommenden, in 
der Atmosphäre befindlichen, das eigentümliche Tuberkel¬ 
gift enthaltenen Keimes. Als eine. Folge ergab sich dann: 
was man früher Skrofulo.se nannte, ist bald Tuberkulose, 
bald Skrofulöse. 

Die menschliche Tuberkulose ist mit der Perlsucht 
des Rindviehs identisch, behauptete Villemin. 

Das weitere ist durchschnittlich bekannt. Das Für 
und Wider rief eine Unmenge von Arbeiten hervor, eine 
Unmasse von Kontrollversuchen wurde angestellt, histo¬ 
logische Untersuchungen suchten auf ihrem Wege die 
Wahrheit zu entdecken, kurz, die experimentelle Forschung 
halte alle Hände voll zu tun. 

Aber erst unser Robert Koch schuf dann Klarheit, 
und Weiteres hinzuzufügen, ist unnötig. Er zeigte, daß die 
in den tuberkulösen Substanzen vorkommenden Bazillen 
nicht nur Begleiter des tuberkulösen Prozesses, sondern die 






1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU, 


199 


Ursachen desselben sind; er machte den Tuberkelbazillus 
zum Kriterium der Tuberkulose, er ist der Held, der den 
gordischen Knoten zerhieb. 


REFERATE. 

Heber Kulms perorale Tubage. 

Sammelautoreferat von W. Knick. 

II. Teil. 

1. Dr. E u g e n H o p m a n u , Spezialarzt für Hals, Nasen, 
Ohren, Cöln a. Rh.: 

.... Ich bin seit Jahren ein überzeugter Anhänger der 
peroralen Tubage, die bei allen Operationen an Nase und 
Nasennebenhöhlen und im Rachen, besonders bei Basisfibromen, 
eine ideale Narkose ermöglicht. Ich habe die Methode auch 
mehrmals schon in Diskussionen auf Kongressen unseren Spezial¬ 
kollegen empfohlen, in Bremen 1907 auf dem Otologentage 
zusammen mit Prof. Dr. Kretschmann, Magdeburg . . . 

2.Herr Geh. Rat. Prof. Dr. Hopmann, Cöln, ist 

ein treuer Anhänger der Methode geworden, deren Vorzüge 
ihm besonders bei der Exstirpation einiger Basisfibrome nach 
seiner Methode per vias naturales in die Augen gefallen sind . . . 

Er faßt sein Urteil folgendermaßen zusammen: 

Die perorale Tubage, die ich durch meinen Sohn kennen 
lernte, erachte ich als eine schätzenswerte Bereicherung' 
des operativen Hilfsmittelapparates; besonders die Sicherheit, 
die sic dem Eindringen von Blut in die Luftröhren gegen¬ 
über gewährt und dann die ungemeine Verminderung der zur 
Narkose erforderlichen Chloroformmenge, sowie die ruhige und 
schnell eintretende Narkose selbst und die beim Arbeiten nicht 
störende Unterhaltung derselben — was bei Gesichtsoperatio¬ 
nen sich sehr angenehm bemerkbar macht - sind Vorzüge, 
denen gegenüber die Unbequemlichkeit der Vorbereitung (Ein¬ 
führung der Kanüle, Einstopfung usw. • nicht ins Gewicht 
fallen. 

In einer Arbeit 'Deutsche med. Wochenschr,, 1908, Nr. 39) 
,,Ueber’den Wert des Tastsinnes beim Operieren“ publiziert 
er folgenden Fall: 

Großes, hartes Schädelbasisfibrom mit in die Fossa retro- 
maxillaris hineingewachsenem Fortsätze bei einem 17 jährigen 
Feldarbeiter. Der Kranke litt schon als Kind an häufigem 
Nasenbluten, Nasen Verstopfung und Kopfschmerz, erheblicher 
aber erst seit zwei Jahren. Im Januar und März 1907 wurde 
er an einer Nasengeschwulst operiert, von der größere Stücke 
abgetrennt wurden, ohne daß dadurch die Verstopfung sich 
irgendwie besserte; im Gegenteil nahm sie bald noch mehr zu 
als vordem; ebenso wurden Nasenbluten und Kopfschmerz 
häufiger und stärker. 

Bei der Inspektion der Mundhöhle sah man das Velum von 
rechts stark vorgewölbt und gerötet; hob man es mit der 
Sonde auf, so kam ein Tumor von der gleichen Farbe, wie 
in der Nasenhöhle zum Vorschein. Derselbe füllte, wie ge¬ 
naues Nachforschen mit dem Spiegel und dem Finger ergab, 
den ganzen Nasenrachenraum aps, kam aus der rechten Choane, 
mit deren oberer Rundung er fest verschmolzen war, zum 
Vorschein und verlegte auch die linke Choane. 

Die Operation führte ich am 19. September unter An¬ 
wendung der Kuhn sehen peroralen Tubage aus, die für solche 
Operationen warm empfohlen zu werden verdient, nicht nur 
wegen ihrer ruhigen Narkose und der bequemen, die Operation 
in keiner Weise behindernden Unterhaltung, sondern ganz be¬ 
sonders noch, weil sie gestattet, den Kranken in aufrechter 
Haltung (im Sitzen) zu operieren, während man früher der¬ 
artige blutreiche Operationen bei hängendem Kopfe, aüsführen 
mußte und sie dadurch nur noch blutreicher gestaltete. 

Operation. 

.... In den folgenden Monaten mußten noch einige 
Knochenfragmente und an den Geschwulsträndern hängen - 
gebliebene Fetzen bezw. kleinere Gewebsrestchen, die rhino- 
sjkopisch festgestellt werden konnten, entfernt werden. Die 
Heilung ist, wie eine noch vor wenigen Wochen vorgenommene; 
genaue Untersuchung bestätigte, eine ganz vollständige und 
keine Spur eines Rezidivs bis jetzt, wo schon fast ein Jahr 
nach der Operation verflossen ist, vorhanden. 


Der Tumor wog 46 g; seine an der unteren Keilbein¬ 
fläche inserierende Basis war 9 qcm groß: mit dem aus zwei 
Knollen bestehenden Aste hatte er die Größe der Faust eines 
12 jährigen Kindes. Die mikroskopische Untersuchung ergab 
Fibrosarkom mit vielen erweiterten Gefäßen. 

3. Aus der chirurg. Abteilung der Huyssen-Stiftung in 
Essen. Dr. Moria n', dirigierender Arzt. 

.... Ich teile mit, daß wir die perorale Intubation, seit¬ 
dem wir sie kennen gelernt haben, gern und mit ausgezeich¬ 
netem Erfolge anwenden. 

Noch dieser Tage tat sie mir, wie in einem gleichen Falle 
vor einem Jahre bei einem Fibrosarkom der Schädelbasis i.Fibro- 
cartilago basilaris), ausgezeichnete Dienste. Wir haben sie bei 
eingreifenden Nasen Operationen, bei'Kiefer- (Ober- wie Unter-» 
Resektionen, Zungen-Tonsillen- und Mundbodenkarzinomexstir¬ 
pationen stets verwandt, auch bei der Gaumenspaltennaht von 
halb und ganz Erwachsenen. Sie hat mich in keinem Falle 
im Stiche gelassen. Unangenehme Nacherscheinungen traten 
wider Erwarten nicht auf. Kurz, ich schätze die perorale 
Intubation und möchte sie nicht mehr entbehren, ich fühle 
mich dem Erfinder dieser Methode gegenüber in dankbarer 
Schuld. 

4. Prof. Dr. Habs, Magdeburg, ding. Arzt am städt. 
Krankenhaus. 

Wir haben hier auf meiner Abteilung seit dem 26. Januar 
1907 mit Intubationsnarkosen begonnen und im ganzen die¬ 
selbe fünfundfünfzigmäl angewandt. 

Ich verwende dieselbe jetzt ausschließlich bei Operationen 
an Mund, Zunge, Rachen, Gesicht (Kuhn sehe I. Indikation <. 

.... Irgend üble Folgen der Intubation habe ich in meinen 
Fällen nicht gesehen. 

5. Geh. Sanitäts-Rat Prof. Dr. Bar denh euer, Cöln, 
Direktor des städtischen Krankenhauses. 

.... Zur Beurteilung der peroralen Intubation teile ich 
Ihnen mit, daß wir die Tubage in passenden Fällen häufig 
mit Erfolg brauchen. 

6. Dr. med. Reimar, Spezialarzt für Laryngologie, 
Görlitz. 

Die perorale Intubationsnärkosenmethode hat sich mir bei 
Stirnhöhlenaufmeißelungen ausgezeichnet bewährt und hat mir 
sehr gute Dienste geleistet. Bbi Aufmeißelung der Stirnhöhle 
allein, besonders wenn deren Ausführungsgang eng ist, kann 
man Blutungen in die Luftwege ja durch Tamponade des An¬ 
fanges des Ausführungsganges von der Stirnhöhle her sehr 
leicht, verhüten. Muß man aber außer der Stirnhöhle von ihr 
aus noch die Siebbeinzellen freilegen, so ist die Methode selbst¬ 
verständlich durchaus sicher, um Blutungen in die tiefen Luft¬ 
wege zu verhüten, während die sonst wohl angewandte vorher¬ 
gehende Tamponade des Nasen inner n unzuverlässig ist, da freie 
Arbeiten von Stirnhöhle und Siebbeinzellen in das Naseninnere 
hinein sehr behindert' und die Tamponade des Nasenrachen¬ 
raumes vielleicht auch nicht immer ganz sicher und wegen 
der Gefahr von Mittelohrentzündung auch nicht ganz un¬ 
bedenklich ist. 

Ein weiterer großer Vorzug ist der, daß das Operationsfeld 
frei ist, und man nicht mit der Narkosenmaske in Kollision 
gerät, und daß man das Gesicht sowohl für die Narkosen,- 
kontrolle als auch für den Ueberblick über das Operations¬ 
feld im Verhältnis zum übrigen Gesicht, speziell den Augen¬ 
höhleninhalt, frei vor sich hat. 

Sehr angenehm überrascht ist man von der großen Ruhe 
und Gleichmäßigkeit der Narkose. 

Als nicht nur unnötig, sondert) eher sogar störend für 
die Hörkontrolle und die allgemein freie Beweglichkeit, haben 
wir sehr bald den Hörschlauch weggelassen. Das Atemgeräusch 
ist. auch ohne, ihn ausgezeichnet gut hörbar. 

Die Einführung des Instrumentes, mag ja die ersten Male, 
etwas unangenehm sein, besonders für solche Aerzte, die sons'tf 
mit dem Kehlkopf nichts weiter zu tun haben, da die Orientie¬ 
rung bei dem narkotisierten Patienten mittels des eingeführten 
Fingers doch ihre Unannehmlichkeiten hat. Auch ich hatte die 
ersten Male nicht das Gefühl ruhiger Sicherheit, was zum. 
Teil daran lag, daß es gerade unglücklicherweise Leute mit 
sehr langem Halse waren, so daß ich trotz meiner langen 
Finger nicht sofort den Kehlkopf erreichte. Ohne Narkose 
vorher einführen, wollte ich nicht, um dem Patienten un¬ 
nötige Angst und Belästigungen zu ersparen. Unangenehm ist 
es, wenn der Patient spitze kariöse Zähne hat; ich habe 
mich da einige Male sehr daran gerissen. 


tot* 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 






200 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. lc 


An der Gebrauchsanweisung hatte ich zuerst nicht die 
Art der Befestigung des Gummischlauches am Kopfe ver¬ 
standen. Als sehr einfache Befestigung fand ich dann: ich 
binde den Gummischlauch an der einen kurzen Metallschleife 
mit Schnur fest, gehe dann um den Kopf herum, ziehe den 
Schlauch durch die andere kurze Metallschleife und binde ihn 
hier mit einer einfachen Schleife fest, die dem Zuge des Gummi,- 
schlauches absolut fest standhält, aber andererseits durch Ziehen 
an dem freien Ende des Schlauches leicht gelöst werden kann. 

Will man einmal rasch den Tubus herausnehmen (.ich habe 
cs im Anfang einmal getan, weil ich infolge einer äußeren 
Störung, ich kann mich nicht mehr recht genau erinnern, wie 
und was es war, geglaubt hatte, daß der Tubus falsch läge; 
es zeigte sich aber, daß er richtig gelegen hatte', so braucht 
man den Gummischlauch nur einfach über die Metallbügel - 
zunge abzuheben. Die Tamponade habe ich so gemacht, daß 
ich rechts und links vom Tubus eine lange feuchte Kompresse 
in den Pharynx eintamponierte, so daß sie zusammen einen 
abschließenden Ring bildeten. Es scheint mir dies einfacher 
und leichter als mit einem langen Streifen, bei dessen An¬ 
wendung ich das erstemal das Gefühl hatte, nicht bequem auf 
die andere Seite hinüber zu können, so daß ich darauf verzeichtete 
und sofort noch einen anderen Streifen auf die andere Seitq 
ein tamponierte. 

Ich hatte schon längst vor, über die Methode bei Stirn- 
höhleneiterungen zu publizieren, bin aber leider bis jetzt noch 
nicht dazu gekommen, nur im hiesigen ärztlichen Verein habe 
ich darüber gesprochen und habe auch Kollegen angeboten, 
ihnen zur Kenntnisnahme die Instrumente zu leihen. 

Wesentliche Nachbeschwerden der Patienten habe ich 
nicht erlebt. In der ersten Zeit nach der Operation war manch¬ 
mal etwas Schluckschmerz vorhanden, der sich aber bald ver¬ 
lor. Von großem Nutzen dürfte die Methode auch für Septum¬ 
resektionen bei Kindern sein. Es wird zwar behauptet, daß 
die submuköse Nasenseptumresektion auch unter Lokal¬ 
anästhesie auszuführen möglich sei. Ich glaube dies nicht, 
vorausgesetzt natürlich, daß es 1 sich nicht nur um die Resektion 
eines kleineren deviierten Knorpelteils, sondern um hoch¬ 
gradige Deviationen des knorpligen und knöchernen Septums 
handelt. Nicht, daß man den Eingriff durch lokale Anästhesie 
nicht schmerzlos oder wenigstens erträglich gestalten, könnte; 
aber nach meinen Erfahrungen bei zahlreichen erwachsenen 
Patienten Ist die Operation in einzelnen Stadien, besonders Ab¬ 
tragung des Kuochens ganz unten Spina nasal. > und ganz oben, 
doch sehr schmerzhaft und unangenehm. 

7. Pr. Sturmann, Spezialarzt für Kehlkopf, Nase, usw.. 
Berlin. 

.... Ich verfüge über eine stattliche Erfahrung, da ich 
stets bei Nebenhöhlen- und Mundoperationen event. auch einmal 
bei Nasenoperationen die perorale Tubage verwende, gleich¬ 
gültig, ob ich mit Aether oder Chloroform resp. Chloroform- 
Sauerstoff narkotisiere. Für die Anwendung des letzteren habe 
ich mir ein Schaltstück mit Ventil machen lassen, wie eq 
sich an der üblichen Metallmaske befindet. Das die Atemzüge 
begleitende Klappern des Ventils ist eine angenehme Kontrolle. 

.... Inzwischen habe ich eine Arbeit über meine intra- 
nasale Radikaloperation der Kieferhöhle für das ,»Archiv für 
Laryngologie“ abgeliefert. Ich habe in dieser Arbeit auch, über 

die Tubage gehandelt.Für die Intubationsnarkose mache 

ich auch sonst Propaganda und habe Gelegenheit gehabt, sie 
einer ganzen Anzahl von Kollegen zu demonstrieren. Jeder, 
der Erfahrungen mit der Narkose hat. ist von der Methode 
begeistert. 

8. Dr. Sagebiel, Spezialarzt-für Kehlkopf, Nase usw., 
Stettin. 

.... Mit der peroralen Tubage bin ich sehr zufrieden, 
da sie mir sehr gute Dienste geleistet hat. Ich verwende sie 
jetzt seit über drei Jahren, wenn es sich darum handelt, 
Patienten mit Kieferhöhlen-, Siebbein- und Keilbeinhöhlen- 
eiterungen einer größeren Operation zu unterwerfen, wenn 
das Leiden allen sonstigen Beeinf 1 usßnngversuchen getrotzt hat. 

Die Blutung war mir früher recht oft sehr störend und 
die Narkose schlecht, da sie ja bei derartigen Eingriffen oft 
unterbrochen werden muß. Seitdem ich jedoch die Tubage an- 
wende, werde ich erheblich schneller fertig, da die Narkose 
ruhig weitergeht, und die Blutung gar nicht mehr stört. Be¬ 
sonders hebe ich den geringen Chloroform vor brauch hervor, den 
ich in allen Fällen, wo der Tubus eingeführt wurde, beobachtet 
habe. 


Ich habe die Tubage in über öü Fällen angewandt; nur 
zweimal mißlang sie aus mir nicht geklärter Ursache. Es 
handelte sich um jüngere Männer, deren Herz etwas suspekt auf 
Myodegeneration vor. Sofort, wenn der Tubus cingeführt wurde, 
was leicht gelang, traten Krampfzustände und hochgradige 
Zyanose auf, die auch nicht nachließen, wenn der Tubus etwas 
gelegen hatte, und die etst nach der Entfernung des Tubus] 
auf horten. Eine Kokainisierung half auch nichts. Ob Adre¬ 
nalin-Kokain nicht geholfen hätte? Knick.) 

Ich bemerke noch ausdrücklich, daß ich einige Fälle aus 
äußeren Gründen ohne Tubage operiert habe. Jedesmal war 
der Gegensatz so groß, daß jeder der Kollegen, die mich mit’ 
Tubage hatten arbeiten sehen, ihren Vorzug anerkennen. 

Betreffs der Einführung hat sich mir die Erfahrung auf- 
gedrängt, daß eine geringe Kokainisierung der Epiglottis das 
Einlegen des Rohres wesentlich erleichtert; desgleichen ist 
es sehr zweckmäßig, die Zunge mit der Zungenzange nach vorn 
ziehen zu lassen. Es gelingt, dann leicht, auch bei stark ge-, 
knickter Epiglottis, in den Larynx hineinzukommen. 

Nachteile habe ich nicht beobachtet, abgesehen von 
ca. 24 Stunden anhaltendem Schluckschmerz, über den ver¬ 
schiedene Patienten klagten, und den ich auf die Tamponade 
zurückführe. Ich habe sehr oft laryngoskopiert, einen Tag 
nach der Tubage. und nie im Kehlkopf Läsionen gefunden. 

Ich habe hier im vorigen Jahre im wissenschaftlichen Ver¬ 
ein einen ausführlichen Vortrag über die Tubage gehalten. 

9. Dr. Eduard Schmitt, Karlsruhe i. B. 

Wir sind im Besitz des Instrumentariums und haben bis 
jetzt in drei Fällen Gelegenheit gehabt, dasselbe anzuwenden., 
Der erste Fall glückte uns nicht; es lag an der noch nicht 
einwandfreien Technik; es handelte sich um Halslymphome. 
Wir brachten den Patienten trot zMorph.-Scopolaminum kaum 
in Narkose. Zwar führten wir das Verfahren ganz durch, aber 
es war für den Operateur nicht angenehm. 

Die zwei anderen Fälle betrafen Zahnextraktionen umfang¬ 
reichster und schwierigster Natur. Hier bewährte sich die 
perorale Erfindung glänzend. Es wäre nicht möglich gewesen 
diese eingreifenden Zahn Operationen so gut auszuführen ohm* 
perorale Intubation. 

10. Dr. C. R e i nh a‘r d t, aus dem •schlesischen Kranken- 
hause zu Teschen. Zur t e m p orären A u f k 1 a p p u n g 
beider Oberkiefer nach Koch e r. Zenl ralbla-tt für 
Chirurgie, 1908, Nr. 19. 

.... Eine prophylaktische Maßnahme zur Verhinderung der 
Aspiration bei dieser und ähnlichen Operationen verdient gewiß 
alle Beachtung; es ist dies die perorale Intubation nach Kuhn; 
sie kann nötigenfalls auch während der Operation ausgeführt 
werden. 


Chirurgie. 

Referent: Dr. Mohr, Bielefeld. 

1. Die chirurgische Behandlung der Magengeschwüre. Von 
Port, Nürnberg. Die Heilkunde, Separatabdruck. 

2. Ueber den Einfluß der Fibrininjektionen auf Karzinom. 
Von Bergei, Hohensalza. Med. Klinik, 1910. Nr. 6. 

.3. Zur Frage der operativen Behandlung des Morbus Base- 
dowii. Von Lowinsky, Berlin. Die Therapie der Gegen¬ 
wart, Februar 1910. 

4. Ueber Omarthritis mit Brachialgie und ihre Behand¬ 
lung. Von Herzog, Mainz. Therap. Monatsh., Febr. 1910. 

5. Zur Behandlung der malignen Gesichtsfurunkel. Von 

W. Keppler, Berlin. Münch, med. Wochenschr., 1910, Nr. 7. 

6. Gastrotomie wegen Fremdkörper. Von Borchardi, 
Berlin. Berliner klin. Wochenschr., 1910. S. 329. 

1. Verf. versucht, auf Grund der in der Literatur nieder¬ 
gelegten Erfahrungen die Grenzen der operativen Behandlung 
des Magengeschwürs zu bestimmen. Eine Chirurgie des Magen¬ 
geschwürs gibt es überhaupt nich't. Was wir chirurgisch an- 
greifen, ist nicht das Geschwür, sondern die Stenose, die Stau¬ 
ung der Ingesta im Magen. Bei Stenosen werden mit der opera¬ 
tiven Behandlung des Magengeschwürs durchgehend glänzende 
Erfolge erzielt, welche sich über Jahre gehalten haben, während 
bei den wenigen Fällen ohne Stenose nur Mißerfolge berichtet 
werden. Weder die Resektion noch die Gastroenterostomie wirkt 
direkt heilend auf das Ulcus, die einzig sichere Wirkung der 
Operation ist die dauernde oder zeitweise Beseitigung der die 
Ausheilung des Ulcus hindernden Passagestörung. Warum das 







1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


201 


Geschwür nach Beseitigung. der Stenose ausheilt, wissen wir 
nicht. 

-• Verf. betrachtet clie Entzündung an der Grenze zwischen 
krankem und' gesundem Gewebe beim Karzinom als Abwehr¬ 
bestreben des Körpers, welcher eine schützende Zone gegen 
Weiterwucherung und Metastasenbildung zu bilden sucht. Dem¬ 
entsprechend verursachen auch Infektionen, welche interkurrent 
Karzinome oder Sarkome befallen, oft eine Rückbildung des 
Tumors. Diesen Vorgang versucht Verf. therapeutisch auszu- 
nutzen, indem er durch Fibrin-Einspritzungen in bequemer und 
unschädlicher Weise eine dosierbare, aseptische Entzündung her¬ 
vorruft. Benutzt wurde das sterile, haltbare Präparat von 
E. Merck. Nach Vorversuchen an karzinomkranken Hunden, 
welche günstig ausfielen, ging Verf v dazu über, auch bei in¬ 
operablen Karzinomen des Menschen Fibrininjektionen in und 
um die Tumoren vorzunehmen. Hierbei zeigte sich, daß die 
üurch die Injektionen erzeugte aseptische Entzündung insofern 
einen als günstig zu deutenden Einfluß auf das Karzinom aus¬ 
zuüben vermag, als sie nicht bloß das Wachstum desselben zu 
hemmen, sondern auch Rückbildungs- und Nekrotisierungs¬ 
prozesse des karzinomatösen Gewebes hervorzurufen imstande 
ist, und zwar auf eine dem benachbarten gesunden Gewebe und 
dem ganzen Organismus nicht schädliche Weise. 

3. Daß es zweifellos Fälle von Basedowscher Krankheit 
gibt, in denen die Schilddrüse gar keine Rolle spielt, in denen 
also von operativer Behandlung keine Rede sein kann, zeigt 
ein vom Verf. mitgeteilter Fall, in welchem es sich ursprünglich 
um Struma ohne Basedow nach Ansicht des Verf. gehandelt 
hat, während zurzeit Basedow ohne Struma vorliegt. Die vor 
acht Jahren vorgenommene Strumektomie hat demnach den 
Ausbruch der Basedowschen Krankheit mindestens nicht ver¬ 
hütet. 

4. Verf. beobachtete eine Anzahl von Fällen, die zunächst 
lange unter der Diagnose ,,Neuralgie“, ,,Neuritis“ gingen, weil 
die Schmerzen nie im Schultergelenk, sondern besonders heftig 
an der Außenseite des Oberarms empfunden wurden. Die Be¬ 
handlung blieb erfolglos, bis die Versteifung im Schulter¬ 
gelenk festgestellt, und durch passive manuelle Bewegungen 
zur Heilung gebracht wurde. Aetiologisch kommen für die 
Omarthritis, außer Rheumatismus und Gicht, leichte Traumen 
des Arms in Betracht, infolge deren der Arm fixiert würde, 
und das Schultergelenk durch die Ruhigstellung versteifte. 

5. Iv. empfiehlt auf Grund zahlreicher Beobachtungen der 
Berliner chirurgischen Klinik bei malignen Gesichtsfurunkeln 
eine energisch und konsequent durchgeführte Stauungsbehand¬ 
lung an Stelle der bisher üblichen radikalen Eingriffe. Ebenso, 
wie beim Milzbrandkarbunkel führt ein abwartendes, konser¬ 
vatives Verhalten zum Ziel, während durch die Inzisionen hier 
wie dort oftmals erst die Verschlimmerung und vor allem die 
Verallgemeinerung des Prozesses eingeleitct wird. Auch bei 
schweren Nackenkarbunkeln, deren Sitz die Anlegung der 
Staubinde gestattete,, war die Staubehandlung von Erfolg. Zwölf 
K ra nkengeschichten. 

6. Zwei Fälle von Gastrotomie wegen Fremdkörper; der 
eine betraf einen Nagelesser, es wurden 103 Nägel. 3 Schrauben, 
1 Messingkette, 2 Nadeln entfernt. 


Orthopädie. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Lehr, Stuttgart 

1. Indicatio morbi und Indicatio orthopaedica. Von Prof. 
Dr.- 0. V ulpius, Heidelberg. Zeitschr. für orthop. Chir.. 
24. Bd., 1. u. 2. Heft. 

2. Einige Urteile über meine vereinfachte mechanische Be¬ 
handlungsmethode der Coxitis. Zugleich eine Antwort auf 
Vulpius’ Artikel ,.Indicatio morbi und Indicatio ortho¬ 
paedica“.* Von Prof. Dr. A. Lorenz, Wien. Zeitschr. für 
orthop. Chir., 24. Bd., 3. u. 4. Heft. 

3. Ueber „schnellende Hüfte“. Von Dr. G. Holtmann, 
München. Zeitschr. für orthop. Chir., 24. Bd.. 1. u, 2. Heft. 

4. Ueber Pneumokokkenarthritiden. Von Denis G. Ze - 
sas. Ibidem. 

5. Zur Verdickung der Tuberositas tibiae. Von Dr. 
G. H o li m a n n , München. Ibidem. 

G. Ein weiterer Beitrag zur Abduktionsbehandlung der 
Schenkelhalsfraktur. V on Roval W h i t m a n , New York. 
Ibidem. 



7. Die Periarthritis humero-scapularis. (Duplaysche Krank¬ 
heit.) Von D e n i s G. Z e s as. Ibidem. 

8. Zur Arbeit des Herrn Dr. Blenke, betr. die ortho¬ 
pädischen Turnkurse in Düsseldorf. Von Med.-Rat Dr. 
F. S c h r a k a m p , Düsseldorf. Ibidem. 

9. Erwiderung auf die vorstehenden Bemerkungen des Herrn 
Mcdizinalrat Dr. Schrakamp zu meiner Arbeit, betr. die 
orthopädischen Turnkurse in Düsseldorf. Von Dr. A. Blenke, 
Magdeburg. Ibidem. 

1. Lorenz hatte in letzter Zeit wiederholt zunächst 
im Hinblick auf die Coxitistherapie die Forderung aufgestellt, 
zuerst der Indicatio morbi zu genügen, d. h. das kranke 
Hüftgelenk durch fixierende Gipsverbände ohne Extension und 
ohne Stellungsverbesserung zur völligen Ausheilung zu bringen 
und dann nötigenfalls die Indicatio orthopaedica durch Be¬ 
seitigung (subkutane Osteotomiej etwa entstandener Deformi¬ 
täten zu erfüllen. 

Vulpius verlangt von vornherein Fixation und Ent¬ 
lastung in korrigierter Stellung leichte Flexion und Ab¬ 
duktion 1 . 

2. Zurückweisung der Angriffe von Vulpius s. voriges 
Referat) unter Heranziehung einer Reihe von günstigen Er¬ 
teilen aus der Literatur, wie sie namhafte Fachleute nach der 
Prüfung der Methode aussprechen. 

3. Die Erscheinung der schnellenden Hüfte kann zwei ganz 
verschiedene Ursachen haben. Das schnappende Geräusch kann 
entweder durch die sog. willkürliche Subluxation des Schenkel- 
köpf es entstehen, der beim Beugen des Oberschenkels sich über 
den hinteren Pfannenrand etwas- verschiebt und beim Strecken 
wieder einschnappt oder durch das Hinübergleiten des Tractus 
iliotibialis über den Trochanter major beim Beugen des Ober¬ 
schenkels nach vorne, während er beim Strecken wieder in 
seine alte Lage zurückspringt. Die Unterscheidung ist oft nicht 
leicht, um so mehr als beide Möglichkeiten kombiniert Vor¬ 
kommen können. Falls keine subjektiven Beschwerden vor- 
'handen sind, ist eine Therapie unnötig. Macht das Geräusch 
die Patienten nervös oder werden sie leicht müde, so ist bei 
Fällen der zweiten Kategorie die, Vernähung des Stranges hinteij 
dem Trochanter zu empfehlen. Diese Operation wurde auch in 
dem Fall des Verf. mit gutem Erfolg ausgefühn. 

4. Zusammenstellung der Literatur der immerhin seltenen 
Erkrankung. Die Pneumokokkenarthritiden können während 
oder nach der Lungenaffektion auftreten. In seltenen Fällen 
kommen sie vor dem Ausbruch der Pneumonie zur Entwick¬ 
lung und in ganz vereinzelten Beobachtungen bleiben sie im, 
Gelenke lokalisiert, ohne daß eine Lungeninfektion zustande 
kommt. Das Schultergelenk wird von der Metastase am meisten 
bevorzugt. Von den übrigen Gelenken wird das Kniegelenk 
relativ am häufigsten befallen. Die Prognose der Gelenk¬ 
entzündung ist um so ungünstiger, je frühzeitiger sich die¬ 
selbe der Pneumonie anschließt. Die therapeutischen Be¬ 
strebungen sind bisher nur von geringem Erfolg begleitet ge¬ 
wesen. 

5. Beschreibung zweier Fälle von Verdickung der Tubero¬ 
sitas tibiae, die infolge häufigen Knieens auf harter Unterlage 
entstanden waren. Verf. sieht in der durch Inspektion und 
Röntgenbild festgestellten Verdickung callöse Massen, die nach 
Einknickungen oder Infraktionen entstanden sind. Die Behand¬ 
lung ist stets eine langwierige. Verf. schützte die schmerz¬ 
hafte Stelle vor Druck durch ein U-förmiges Stück Sattler¬ 
filz nach Art der bekannten Hühneraugenringe, der mit Heft¬ 
pflasterstreifen befestigt wu>'de. Bei heftigeren Schmerzen ist 
man genötigt, zu P r i e ß n i t z sehen Umschlägen und event. 
zum fixierenden Verband zu greifen. 

6. Um bei einer Schenkelhalsfraktur ein gutes funktio¬ 
nelles .Heilungsresultat zu erzielen, ist ein unmittelbares und 
vollständiges Redressement der Deformität notwendig, mag die¬ 
selbe nun durch vollständige Knochentrennung oder durch Ein¬ 
keilung des Fragments bedingt sein. Eine sichere Fixation ist 
solange erforderlich, bis die Gefahr einer Verschiebung der 
Fragmente beseitigt ist. Zur Einrichtung der Fraktur wird 
zunächst das gesunde Bein in gestreckter Stellung bis zur 
normalen Grenze abduziert. Dadurch daß man dasselbe während 
der Dauer der Operation in dieser Stellung halten läßt, wird 
das Becken fixiert. Nun wird das verletzte Bein in leichte 
Flexion gebracht, bis zur normalen Grenze nach einwärts 
rotiert und unter beständiger Traktion abduziert. Gleichzeitig 
wird der Trochanter nach unten gedrückt, bis er wieder in 
seine normale Linie zur R. N.-Linie tritt. In dieser Stellung 


JNIVERSITY OF MICHIGAN 




202 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 1 l 


wird ein gut anmodellierter Gipsverband von der Achselhöhle 
bis zu den Zehen angelegt. In einzelnen Fällen hat Verf. 
das Resultat noch durch Eintreiben eines Drillbohrers gesichert. 
Die Heilungsdauer beträgt bis zur vollen Wiederherstellung 
ein Jahr. 

7. Die Erkrankung tritt in akuter und chronischer Form 
auf. Die akute ist seltener und zeigt sich mitunter nach, 
brüsken Bewegungen des Armes, nach heftiger Torsion des¬ 
selben oder nach Quetschungen der Schultergegend. Der Kranke 
hat dabei das Gefühl, als ob das Gelenk ausgerenkt sei. Es : 
besteht eine deutliche, 'druckschmerzhafte Vorwölbung unter 
dem Akromion; der Arm steht adduziert und im Ellenbogen - 
gelenk flektiert. Seitliche Erhebung des Armes ist aktiv er¬ 
schwert und passiv nur unter Schmerzen ausführbar; Pendel - 
bewegungen und passive Rotationen sind dagegen schmerzlos. 
Das Bild der chronischen Form besieht in Abflachung der 
Schultergegend, Einschränkung der Abduktion und in 
Schwellung und Schmerzhaftigkeit unter dem Akromion. Reibe- 
geräusche sind, falls sie vorhanden, prognostisch günstig, da 
sie. gegen eine Verödung des affizierten Schleimbeutels sprechen. 
Die akute Form erheischt vorerst eine Immobilisation des 
Armes, die aber 6—8 Tage nicht überschreiten darf. Sind 
starke Schmerzen vorhanden, so helfen P r i c ß n i t z sehe Um¬ 
schläge und Jodpinselungen. Nachher folgt medikomechanische 
Behandlung. In chronischen Fällen ist oft eine Sprengung 
v.on vorhandenen Verwachsungen in Narkose notwendig. Nach 
kompletter Mobilisation wird der Arm 48 Stunden in einem 
Watteverband ruhiggestellt und alsdann wird mit der Nach¬ 
behandlung begonnen. 

8. und 9. Auseinandersetzung beider Autoren, die gegen¬ 
über der im 3. Jahrg., Nr. 39, der ,,Therap. Rundschau“ 
bereits referierten Arbeit von Blenke keine neuen Gesichts¬ 
punkte bringt. 


Lungenkraiikheiten. 

Referent; Prof. Dr. A. Moeller. Spezialarzt für Lungenleiden, 
Berlin. 

1. „Disposition oder Exposition.“ Zur Frage der Patho¬ 
genese der Schwindsucht. Von Dr. S. Unter he r g e r . 
§t. Petersburger med. Wochenschr., 1910, Nr. 1. 

2. Wie ist nach den bisher gemachten Erfahrungen die 
Auslese der Lungenkranken in Volksheilstätten zu treffen? 
Von Dr. A. Brio n. Straßburger med. Zeitung, 1910. H. 1. 

3. Zur Bestimmung der Zahl der Tuberkelbazillen im 
Untersuchungspräparat. Von Dr. E. Brandenburg- 
Schöneberg, Sternberg. Med. Klinik. 1910, Nr. 5. 

4. Ueber die Lungentuberkulose im Röntgenbilde. Von 
Dr. 0. von Dehn, Reval. St. Petersburger med. Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 2. 

5. Die Umwandlung vom Menschen stammender Tuberkel¬ 
bazillen des Typus humanus in solche des Typus brovinus. Von 

Prof. Dr. Eber. Münchener med. Wochenschr., 18. Jan. 1910. 

6. Ist der Nachweis von Tuberkelbazillen im Stuhl von 
Phthisikern für die Diagnose Darmtuberkulose verwertbar? Von 

F. Klose. Münchener med. Wochenschr., 18. Januar 1910. 

7. Theorie und Praxis. Eine Erwiderung. Von P. K. 
Pel. Berliner klin. Wochenschr., 17. Januar 1910. 

8. Zur Technik der Tuberkulinbehandlung und -Diagnostik. 

Von Dr. L. Piesen. Prager med. Wochenschr., 1910, Nr. 4. 

9. Ueber Plazentartuberkulose und ihre Beziehungen zur 
kongenitalen Tuberkulose. Von Dr. Sitzenfrey, Gießen. 
(Frauenklinik, Gießen 1910. 1 

10. Die Röntgejnjiagniostik der Lungenkrankheiten. Von 

Prof. Dr. Arnsperger. Reichsmedizinal-Anz., 1910, Nr. 3. 

1. Verf, führt aus, daß bei der Pathogenese der Schwind¬ 
sucht die vererbte Disposition die prävalierende Rolle spielt. 
Die vererbte Disposition ist nach ihm kein Wort: „pour masquer 
notre ignorance“, sondern sie stellt einen Faktor dar, mit.' 
dem zu rechnen ist. Er kommt zu dem Schlüsse, daß Exposition, 
bei der Entstehung der Schwindsucht nicht gleichbedeutend 
mit Disposition ist. Exponiert ist bei der Ubiqultät der 
Tuberkelbazillen jeder Mensch, aber es erkrankt an Schwind¬ 
sucht nur derjenige, der die ausgesprochene Disposition dazu, 
ererbt hat. Der historische Mensch trägt in sich Dispositionen! 
zu allen Krankheiten in manifester oder latenter Form. Die 
Disposition zur Schwindsucht ist nach den neuesten Forschungen 
somit jedem Menschen angeboren, aber nicht immer in so hohem 


Grade, daß der durch den Bazillus Infizierte sofort an Schwind¬ 
sucht zugrunde geht. Die angeborene Disposition ist zuweilen 
so gering, daß bei einer verhältnismäßig großen Exposition 
der Mensch an tuberkulösen Herden, aber nicht an Schwindsucht 
erkrankt. Da in ca. 90% alle Menschen Reste überstandener In¬ 
fektion in den Lungen in sich tragen, so sterben mehr Men¬ 
schen in i t Tuberkulose als a n Tuberkulose. 

2. Brion führt die Aufnahmebedingungen für Lungen¬ 
kranke in Sanatorien auf; er gibt an, daß es wichtig sei,' 
die Frühstadien festzustellen. 

3. Verf. hält die Anzahl der Tuberkelbazillen, welche beim 
Tuberkulösen im Sputum gefunden werden, für belanglos betr. 
der Prognose. Betreffs der Zählmethode verwirft er die 
G a f f k y sehe und Gabrilowit s c h sehe Methode der Zäh¬ 
lung und schlägt vor, folgende Einteilung zu. machen: 

Nr. 1 — im ganzen Präparat 1—4 Bazillen, 

Nr. 2 = im ganzen Präparat 5—12 Bazillen. 

4. Dehn gibt gleich .zu, daß ein katarrhalischer Spitzen¬ 
prozeß ohne Verdichtung des Parenchyms nie mit Hilfe der 
Röntgenstrahlen sich nachweisen läßt. Im Röntgenbilde sind 
viele Einzelheiten vorhanden, welche zu Fehlschlüssen verleiten 
können. Doch glaubt er, daß wir in den Röntgenstrahlen 
ein souveränes Mittel besitzen, zu bestimmen, wie weit ein 
Lungenprozeß vorgeschritten ist. 

5. Eber gelang es bei seinen Versuchen in 3 von 7 Fällen 
menschlicher Lungentuberkulose ein Halten des tuberkulösen 
Materials in der Bauchhöhle der Versuchsrinder zu erzwingen. 
Er kommt zu folgendem Schlüsse: Durch die Versuche ist dar- 
getan, daß es bei geeigneter Versuchsanordnung möglich ist, mitj 
vom Menschen stammendem tuberkulösen Materiale, aus dem 
Tuberkelbazillen mit den Eigenschaften des Typus humanus zu 
züchten sind, durch Uebertragung auf Rinder Veränderungen 
hervorzurufen, aus denen Tuberkelbazillen isoliert werden 
können, die sich bei Weiterimpfung auf Rinder für diese hoch¬ 
gradig virulent erweisen und auch im Kultur- und Kaninchen- 
versuche wie Bazillen ‘des Typus bovinus verhalten. Als die 
zweckmäßigste Form der Ueberimpfung für die Typenumwand- 
luug hat sich bei unseren Versuchen die Einimpfung in die 
Bauchhöhle, erwiesen. Das Hallen der _voin Menschen stammenden 
Tuberkelbazillen in der Bauchhöhle wird durch'” Verwendung' 
von Orgauteilen tuberkulöser Meerschweinchen insbesondere der 
mit Bouillon verriebenen Milz 1 wesentlich erleichtert. In der 
vorstehend mitgeteilten Versuchsreihe ist es gelungen, in 3 
von 7 .wahllos zur Verfügung gestellten Fällen von Lungentuber¬ 
kulose des Menschen Sektionsmaterial 1 eine Umwandlung des 
Bazillentypus in dem oben erläuterten Sinne durchzuführen. 
Der Ausgang dieser Versuche ist ein weiterer Beweis für die 
nahe Verwandtschaft der beim Menschen und beim Rinde vor¬ 
kommenden Tuberkuloseformen. 

6. Klose untersuchte in einer Lungenheilstätte eine große 
Anzahl von Fäces Lungenkranker und kam zu dem Ergebnis, 
daß in fast allen Fällen, in denen er Tuberkelbazillen im 
Sputum fand, ihr Nachweis auch im Stuhlgang des Patienten 
glückte. Abgesehen von 6 Fällen, in denen die klinischen, 
Symptome die Annahme einer Darmtuberkulose rechtfertigten, 
und bei denen die Tuberkelbazillen in den Präparaten auchi 
bedeutend zahlreicher auftraten, war bei keinem ande¬ 
re n' d e r 5 4 Patienten i r g e n d ein Anhalts p u n k t. 
d a f ü r v o r h a n d e n. Hier konnten die Tuberkelbazillen also 
nur von v erschluc k t e m Sput u m herrühren. Wenn sich 
nun also schon bei Heilstätteninsassen ein Versehluckeu von 
Sputum und damit ein Auftreten von Tuberkelbazillen im 
Stuhlgang mit absoluter Sicherheit, wie die Untersuchungen 
zeigen, nicht ausschließen läßt, wie viel weniger wird irfan 
es in der Praxis tun dürfen. Er möchte auf Grund dieser Unter¬ 
suchungen behaupten, daß der Nachweis von Tuberkelbazillen 
im Stuhlgang bei gleichzeitig bestehender offener Lungentuber¬ 
kulose mit positivem Bazillenbefund im Sputum zu der Dia¬ 
gnose Darmtuberkulose allein in keiner Weise berechtigt, da die 
Herkunft der Bazillen aus dem Auswurf nicht bestimmt aus¬ 
geschlossen werden kann. 

7. Der bekannte Kliniker Pel wendet sich in der Erwide-* 
rung scharf gegen W o 1 f f - E i s n e r , welcher „sich erlaubt “ 
habe, in einer Diskussion über Tuberkülinbehandlung zu sagen, 
daß Pel die Tuberkulinbehandlung mißachte. Pel sagt, er sei 
erstaunt, als „Mißachter der <Theorie“ zu gelten. 

8 . Piesen gibt einige praktische Winke bei der Her¬ 
stellung von Tuberkulinlösungen und der Applikation des 
spezifischen Mittels. 





1910 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


203 


9. Verf. schildert seine in den letzten 3VW Jahren angestellten 
Untersuchungen an 26 Plazenten tuberkulöser Mütter; er fand 
unter den 26 Plazenten 7 mal tuberkulöse Veränderungen mit 
Tuberkelbazillen. 

10 Der Aufsatz schildert die Erfahrungen, welche bisher 
bei der Röntgendiagnostik der Lungenkrankheiten gesammelt 
worden sind. Verf. schließt seine Beobachtungen mit der Be¬ 
merkung. daß die Röntgenuntersuchung in Verbindung mit den 
anderen Methoden wertvolles zu leisten imstande ist. 


Kinderheilkunde. 

Referent: Kinderarzt Dr. Eugen Neter, Mannheim. 

1. Die natürliche Ernährung der Säuglinge in Berlin. Von 

Prof. Neumann. Ergebnisse der Säuglingsfürsorge, H. 5. 
Verlag von Deu ticke, Leipzig. 95 S., Pr. 3,50 M. 

2. Ueber den Wert von Merkblättern in der Säuglings¬ 
fürsorge. Von Dr. Michaelis. Ebenda. 

3. Unterricht in Säuglingspflege. Von Lilie Ober ■ 
warth. Ebenda. 

4. Die Unterstützung der stillenden Mutter und ihr Erfolg. 

Von Prof. Neumann. Ebenda. 

1. Prof. Neu mann bespricht im ersten Artikel die natür¬ 
liche Säuglingsernährung in Berlin unter Zugrundelegung der 
Volkszählungsergebnisse. Die. auf neuen Gesichtspunkten ge¬ 
stützte Betrachtung stellt dln seit 1890 fortschreitenden Rück¬ 
gang des Stillens als nicht so erheblich hin als man vielfach' 
annimmt. Unter Einberechnung der Ammenernährung erhalten 
jetzt die Kinder der drei ersten Lebensquartale bei allen Be- 
völkerungsgruppen annähernd gleich häufig Frauenmilch. Die 
natürliche Ernährung unterbleibt bei gewissen Gruppen von 
Frauen für fast alle ihre Kinder, und dieses Unterlassen wird 
zu einem großen Teile durch körperliche Unzulänglichkeit ver¬ 
ursacht. In zwei Punkten ist diesen beklagenswerten Ver¬ 
hältnissen gegenüber ein gewisser Optimismus erlaubt. Erstens 
lehrt eine individuelle Beratung und Unterstützung, daß diese 
körperliche Behinderung sich vielfach überwinden läßt, und 
zweitens ist die Aufklärung über die Wichtigkeit der natür¬ 
lichen Ernährung im Begriffe, Flüchte zu tragen. Von dem 
Jahr 1900 bis zum Jahr 1905 hat bei den Bemittelten die 
Darreichung der eigenen Brust zugenommen, und ist bei den 
Unbemittelten der Rückgang geringer geworden. 

2 . Bei einer Umfrage in der Neuman n sehen Säuglings- 
fürsorgestelle kam Michaelis zu folgendem Resultate: Fast 
”/,[ der Mütter liest das Merkblatt. Schaden durch etwaige 
mißverständliche Auffassung seines Inhaltes wurde nicht kon¬ 
statiert; hingegen konnte nachgewiesen werden, daß Fehler 
in der Ernährung nicht so häufig dort, wo das Merkblatt ge¬ 
lesen worden war, Vorkommen wie bei jenen Frauen, die von 
dem Blatt nichts wußten. Ein Einfluß auf die Häufigkeit des 
Stillens ließ sich nicht feststellen. Die Versuchsreihe des Ver¬ 
fassers ist indessen zu klein, um allgemeine Schlußfolgerungen, 
zu ermöglichen. 

3. Frau Lilie Ober warth (eine Kollegenfrau er¬ 
teilte in der N e u m a n n sehen Wöchnerinnenunterkunft Unter¬ 
richt in Säuglingspflege mit praktischen Hebungen. Die Teil¬ 
nehmerinnen ' rekrutierten sieh aus allen Bevölkerungskreisen; 
mit Rücksicht auf das verschiedene Verständnis und Bedürfnis 
wurden zwei Parallelkurse für Bemittelte und Unbemittelte ein¬ 
gerichtet. Durch eine Rundfrage an die früheren Schülerinnen 
versuchte Oberwarth die Wirkung einer solchen Be¬ 
lehrung festzustellen; und da zeigte sich, daß hinsichtlich! 
Selbststillens und Säuglingssterblichkeit man von einem sehr 
günstigen Einfluß der Teilnahme an einem solchen Kurs zu 
sprechen berechtigt ist. Frau Oberwarth empfiehlt dringend 
die Einführung solcher Kurse in die Fortbildungsschulen für 
Mädchen. 

4. Die Bedeutung der Stillprämien läßt sich nach Neu - 
m a n n nicht präzisieren. Der statistische Erfolg ist nur gering 
im Verhältnis zu den großen Aufwendungen. Es läßt sich aber 
nicht verkennen, daß die materielle Unterstützung 'für viele 
Frauen die alleinige Veranlassung abgibt zum Aufsuchen der 
Beratungsstellen und dadurch eine, fortlaufende Ueberwachung 
des Säuglings ermöglicht. 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 


Varia. 

Ein Beitrag zur operativen Behandlung der Epilepsie. 

Von Birchner. Zentralblatt für Chirurgie, Bd. 37, Nr. 1. 

K rause führte Horsleys Vorschlag, „bei genuiner und 
traumatischer Epilepsie das primär krampfende Zentrum aus¬ 
zuschneiden“, aus und gab eine Operationstechnik an, mit einem 
— allerdings sehr komplizierten — Apparat, das krampfende 
Zentrum rasch zu lokalisieren. Ein wesentlich einfacheres Ver¬ 
fahren wandte H. Birchner in der kantonalen Kranken¬ 
anstalt iu Aarau an und zwar mit gutem Erfolge. Die zur 
Operation iu Betracht kommende Gehirnpartie wird durch einen 
Wagner sehen Knochen-Periost-Weichteillappen breit frei¬ 
gelegt, die — meist stark gespannte — Dura mit Kreuzschnitt 
eröffnet und zurückgeklappt. Es folgt „das wichtige Prozedere 
der Massage“ der freigelegten Gehirnoberfläche, wobei mit dem 
Daumen 3—5 Minuten gehörig die ganze Rindenpartie massiert 
wird. Hiernach kann die Dura geschlossen oder nach Roche r 
zu einer Ventilbildung verwendet werden, 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Beitrag zur Therapie des Kardiospasmus. Von Frankl. 

Fortschritte der Medizin, Bd. 28, Nr. 2, S. 47 ff. 

Die medikamentöse Behandlung des Kardiospasmus mit 
Brom, Anästhesin etc. hat sich als unwirksam erwiesen, des¬ 
gleichen Pinselungen des Oesophagus mit Eükain etc. Sonden- 
behandlungen hatten da keinen Zweck, wo es darauf ankam, die 
Kardia längere Zeit zu dilatieren. Die von Mikulicz emp¬ 
fohlene Operation birgt nach dessen eigner Ansicht eine eminent 
große Gefahr für den Patienten in sich. All diesen Methoden 
stellt Verf. die glänzenden Erfolge gegenüber, die er mit dem 
Geißlers che li Dilatator iu m erreicht hat. Dieses be¬ 
steht aus drei Hülsen: Einer inneren, die mit der dickwandigen 
Sonde mit kleinen Löchern in Kommunikation steht. Die zweite 
Hülse besteht aus dichtem engmaschigen Seidengewebe, welches 
die Dehnbarkeit des aufblähbaren Ballons beseitigt, und drittens 
aus einer Gummihülse zwecks Ermöglichung der Schlüpfrigkeit. 
Durch die Zylinderform des Ballons ist die Lokalisation in der 
: Kardia leicht möglich. Ein weiterer Vorzug ist die leichte 
Dosierbarkeit des Druckes, mit dem man die Dilatation vor¬ 
nimmt. Der Geißlerscho Apparat kann mit Recht als Ersatz 
des operativen Verfahrens angesehen werden. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Die Prophylaxe der Embolie nach gynäkologischen Operatio¬ 
nen. Von Veit. Zentralblatt für Gynäkologie, Bd. 34, Nr. 1. 

Ohne zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die postoperative 
: Lungenarterienembolie eine mechanische oder parasitäre Genese 
hat, rät Veit als Prophylaxe gegen die mechanische Embolie 
[ das Frühaufstohen nach Operationen und im Wochenbett. Da 
er aber auch von der Einwirkung und dem wesentlichen Ein¬ 
fluß von Fäulnisbakterien fest überzeugt ist und zahlreiche 
Fälle von Embolie mit Veneninfektion in Zusammenhang bringt, 
| so rät er, die Versorgung der Venen, bevor die operierende Hand 
j irgendwie Gefahr gelaufen ist, nicht mehr aseptisch zu sein; auf 
' jeden Fall müssen die Venen versorgt sein, bevor man an die. 
Eröffnung keimhaltiger Organe geht. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Die operative Behandlung der Thrombophlebitis septica im 
Wochenbett. Von Osterloh, Dresden. Fortschr. d. Medizin. 
! Bd. 28, Nr. 2. 

Osterloh nimmt gegen den Ausspruch B u m m s Stellung, 
daß bei der Thrombophlebitis strept. —- falls diese akut auf- 
tritt — Unterbindung der Venen ohne Erfolg sei, in chronischen 
Fällen dagegen dadurch Heilung erfolgen könne. Eine Folge 
dieses Ausspruches sei, daß häufig die Operation zu spät vor- 
genommen werde (cf. Koblancks Veröffentlichungen, Zeit¬ 
schrift f. Geb. u. Gyn., Bd. 161, S. 581 ff.). Osterloh 
selbst berichtet über einen solchen Fall, wo man bei zu später 
Operation schon die V. hypogastriea thrombosieri findet, so daß 
ein mit einer Aneurysmanadel herumgeführter Faden die Wand 
einriß und sich aus der Venenwunde schmieriger Eiter ergoß, 
so daß man den Exitus nicht mehr verhindern konnte. Im Hin¬ 
blick auf die Sektion dieses Falles rät Verf. bei sicherstehen¬ 
der Diagnose ein bis zwei Tage nach der Einlieferung die Ope¬ 
ration vorzuuehmen, zumal dann noch die Kränke bei verhältnis¬ 
mäßig guten Kräften ist; ferner sei dann noch nicht a.nzu- 
nehmen, daß die Thrombose event. schon bis in die V. cava 
vorgeschritten sei und so jeden Operationsversuch von vorn¬ 
herein illusorisch mache, K u r t Lipschitz, Berlin. 


i OF MICHIGAN 


universiti 





204 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 13 


Zum Nachweis von Eiweiß im Harn veröffentlicht 
Y. Ogur'o in der ,,Zeitschr. f. exper. Pathol. u. Therap/j 
Bd. 7. Heft 1 (Referat in der Pharmaz. Zentralhalle, 1910, 
Nr. 7) eine neue Methode: Er säuert 5—6 ccm klaren Urin 
mit verdünnter Essigsäure stark an, setzt etwa 1 ccm Jod¬ 
tinktur zu und schüttelt durch. Darauf wird unter tüchtigem 
Schütteln bis zur völligen Entfärbung gesättigte wässerige 
Lösung von Natriumbisulfit hinzugefügt. Bei Gegenwart von 
Eiweiß wird der Harn trübe oder enthält Flocken. 

Zu einer anderen Probe entfärbt man Jodtinktur mit der 
Bisulfitlösung und filtriert. Dieses Reagenz ist haltbar. Zu 
dem klaren, mit Essigsäure stark ungesäuerten Harn gibt man 
etwa V 3 seiner Raummenge vom Reagenz zu und schüttelt 
gut durch. Eiweiß wird durch Trübung oder Flocken er¬ 
kannt. lv r ii g e r , Magdeburg. 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger. Magdeburg. 

1. Lieber Thiosinaminvergiftung. Von Dr. Fr. Hayn. 
Ass.-Arzt an der Hautklinik in Würzburg. Münch, med. 
Wochenschr., 1910, Nr. 7. 

2. Ueber Aphrodisiaka. Von Prof. Dr. K a f e m a n n , 
Königsberg i. Pr. Ibidem. 

3. Klinische Beobachtungen über die Wirkung des Panto- 
pon (Sahli). Von Dr. Heimann, Ass.-Arzt an der Univ.- 
Frauenklinik in Breslau. Ibidem. 

4. Zur Therapie des Stickhustens: Eine Behandlung mit 
Chininsalbe auf dem Wege durch die Nase. Von Dr. Fi. Ber¬ 
lin e r. Ibidem. 

5. Die Wirkung von Narkotikakombinationen. Von Dr. 

A. Homburger. Psych. Poliklinik. Heidelberg. Deutsche 
med. Wochenschr.. 1910, Nr. 7. 

6. Ueber Novojodin und über Oophorin-Yohimbin-Lezithin- 
Tabletten. Referat in Pharmazeut. Zentralhalle, 1910, Nr. 7. 

1. Das Thiosinamin, bekanntlich ein Derivat des Senföls, 
bildet farblose Kristalle von bitterem Geschmack und lauch¬ 
artigen Geruch, die in kaltem Wasser schwer, in warmem Wasser, 
Alkohol und Aether leichter löslich sind. Fibrolysin ist die 
in Wasser leicht lösliche Doppelwirkung des Thiosinamins mit 
dem Natriumsalizylat, die von Merck in sterilen Ampullen 
in den Handel gebracht wird. Die Meinungen über die erfolg¬ 
reiche Wirkung gehen auseinander; jedenfalls galt das Mittel 
bisher wenigstens für unschädlich, und auch in den Merck- 
sehen Jahresberichten sind nur wenige Fälle von unangenehmen 
Nebenwirkungen ausgeführt, so daß man das Thiosinamin resp. 
Fibrolysin im allgemeinen bisher für gefahrlos hielt. Da ist 
es dankenswert, wenn jemand den Mut hat, auf Grund einer 
größeren Beobachtungsreihe un,d der in" der Literatur an¬ 
geführten Fälle auch mal eine gegenteilige Ansicht zu äußern, 
wie folgt: Verf. berichtet 1. über Arzneiexantheme in Ge¬ 
stalt eines urtikariaähnlichen, stark juckenden Ausschlages. 
Auch masernartige Exantheme wurden beobachtet; 2. über 
Auftreten von Fieber; 3; von Kopfschmerzen, Uebelkeit, Er¬ 
brechen, Mattigkeit; 4. von Erbrechen, hochgradiger Apathie, 
Temperatursteigerung von 39,1°, leichten Delirien 6 Stunden 
nach der Injektion; 5. über Auftreten von Appetitlosigkeit, 
Magendrücken, Gelenksehnierzen nach der 12. und von schweren 
Intoxikationserscheinungen nach der 18. Spitze; 6. über Ein¬ 
treten von Haut- und Schleimhautblutungen. Verfasser be¬ 
lichtet über einen eigenen Fall von Thiosinaminiutoxikation: 
Ein kräftiger Mann erhielt in 2—3 tägigen Pausen 0,2 des 
Mittels. Nach 4 Injektionen bekam er jedesmal Fieber mit 
Schüttelfrost und hochgradige Schwäche. Diese Beobachtung 
ist analog den aus der Literatur bekannten. Demnach scheint 
bei Thiosinamin eine wohl charakterisierte Idiosynkrasie vor- 
ziukommen, wobei prodromale Kopf- und Gliederschmerzen 
nach den ersten Injektionen auf spätere schwere Reaktion hin- 
vveisen. Daher ist äußerste Vorsicht bei der Anwendung ratsam. 

2. Angeregt durch die Beobachtungen mehrerer Autoren, 
daß die Kombination mehrerer Heilmittel, die gleichsinnig oder 
in verschiedener Richtung wirken, häufig noch einen Heil¬ 
effekt erzielt, wo sie in der Vereinzelung versagt, hat Kafe- 
ln an n eine Kombination aphrodisischer Stoffe durch die 
chemische Fabrik Dr. A. Bernard Nacht. Herstellen lassen, 



wobei er folgende Mittel wählte: 1. Ambra, 2. Menthol- 
menthylester, 3. Yohimbin, 4. Muira Puama, 5. Calc. glvcerin. 
phosphor. Er empfiehlt kurze flüchtige Anwendung der Mittel, 
um zu Erfolgen zu gelangen. Genauere Angaben fehlen noch. 

3. Pantopon ist das von Sahli empfohlene neue Prä¬ 
parat, das die Gesamtalkaloide des Opiums enthält und von 
der Firma Hoffmann - La Roche & Co. hergestellt wird. 
Das Präparat ist wasserlöslich und daher zur subkutanen In¬ 
jektion zu verwenden. Verf. gab bei postoperativen Zuständen 
eine Pravazsche Spritze einer 2 proz. Lösung unter Be¬ 
nutzung von Ampullen, die 1,1 ccm enthalten. Innerlich kann 
man 15—20 Tropfen einer 2 proz. Lösung oder Tabletten zu 
0,01 g anwenden. 

4. Stfitt interner Darreichung des Chinins oder Ein- 
stäubung in die Nase wendet B. Chininsalbe an, und zwar je 
nach dem Alter des Kindes 1,0—2,5 auf 10—15 g Adeps suillae, 
wovon ein erbsengroßes Stück 3—4 mal täglich mit einem 
Glasstäbchen in jedes Nasenloch eingebracht wird. B. beob¬ 
achtete nach 8 Tagen eine Abnahme der Krampfanfälle. 

5. Auch Homburger beobachtete, daß zwei gleich¬ 
zeitig oder nacheinander eingeführte Narkotika stärker wirken, 
als man nach einer einfachen Addition der zwei Einzeleffekte 
erwarten würde. Wenn z. B. Dosen von 1—2 g Tri anal oder 
0,5—1,0 g Veronal sich nicht als genügend erwiesen, so ge¬ 
nügten Kombinationen von kleinen Morphiummengen 11 j bis 
1 cg; mit kleinen Veronaldosen ! l i V* g \ um Schlaf zu er¬ 
zielen. und zwar zeigte es sich, daß Auf- und Abwärts¬ 
bewegungen der Morphiummengen um 4 cg schon von außer¬ 
ordentlich differenter Wirkung waren. Homburger be¬ 
stätigt auch die Beobachtung von B|irgi, wonach eine Arznei - 
dosis stärker wirkt, wenn man sie in Teilmengen ,,gebrochen“ 
gibt, als wenn man sie auf einmal verabfolgt. Die sogenannte 
kumulative Wirkung der Körper ist so zu erklären, daß eine 
sozusagen fraktionierte Resorption stattfindet, eine Resorption 
in Teilmengen in gebrochenen Dosen, wobei die Kumu¬ 
lation durch die summierenden Teilwirkungen vorgetäuscht 
wird. H. hat noch weitere Beobachtungen angestellt: Für 
Bromsalze Lieberhöhung durch Chloralhydrat, aber 'nicht durch 
Morphin: für Chloralhydrat durch Morphin. Die Wirkung von 
Veronal und Trional erfuhr durch Phenacetin, Aspirin’ und 
Pyramidon keine Steigerung. 

6. Wir lesen zwei kurze Referate über neue Präparate, 
die wir unseren Lesern nicht vorenthalten möchten: 

Novojodin besteht aus gleichen Teilen Talkum und Hexa- 
methylentetramindijodid, G,;H U >N 4 J ; .. und stellt ein lockeres, 
hellbraunes, völlig geruchloses Pulver dar. Es ist, in allen 
Lösungsmitteln fast, unlöslich, läßt sich aber mit Olivenöl» 
flüssigem Paraffin, Glyzerin und Kollodium zu 10- bis 20 proz. 
Aufschwemmungen verteilen, aus denen es sich nur langsam 
absetzt. I 11 Berührung mit Wundausscheidungen oder ge¬ 
wissen chemischen Stoffen spaltet es Jod und Formaldehyd 
ab, und zwar im günstigsten Falle 32 v. H. des erstereri 
und 20 v. H. des letzteren. Trocken bei gewöhnlicher Wärme 
aufbewahrt ist es vollständig haltbar, auch wenn es dem Lichte 
ausgesetzt wird. Dagegen darf es nicht über 80" C. erhitzt 
werden. Infolgedessen muß es zu seiner Sterilisation in 
24stündigen Zwischenräumen dreimal je eine Stunde auf 70 
bis 80° (\ erhitzt werden. Seine Anwendung als Wundanü- 
septikum und zur Behandlung entzündlicher Erkrankungen der 
Geschlechtsteile ist eine umfangreiche. Darsteller: Chemische 
Fabrik Dr. R. Scheuble und Dr .A. H o c. h s t e 11 e\ r in 
Tribuswinkel. 

Oophorin-Yohimbin -Lezithin-Tabletten nach Bab werden 
zur Beseitigung der infantilen Unfruchtbarkeit verwendet. Jede 
Tablette enthält 0,5 g Oophorin (Landau 1 , 0,0005 g salz¬ 
saures Yohimbin und 0,025 g Lezithin. Darsteller: Dr. Freund 
und Dr. Redlich in Berlin NW 6. Zentralbl. f. Gynäkol.. 
1909, Nr. 45.) 


Technische Neuerscheinungen. 

Ein praktischer Wärmeerzeuger für Zentral¬ 
heizungen. 

Neuerdings isl inan immer mehr bestrebt, die großen 
schmiedeeisernen Kessel der Zentralheizungen durch klei¬ 
nere aus Gußeisen mit-ganz im Wasser liegender Feuerung 


3AN 


UNIVERSIT 








1910 


TTTttftAPttTmsrmR P.TTNTlRnTTATT- 



zu ersetzen. Die Gründe hierfür sind ohne weiteres- ein¬ 
leuchtend. Gußeisen ist ein Material, das jede Konstruk¬ 
tion ermöglicht und widerstandsfähiger als Schmiedeeisen 
und Stahl gegen chemische Einflüsse ist, wie solche bei 
der Feuerung eintreten. Durch die Anordnung mehrerer 
kleiner gußeiserner Kessel, die, ganz nach, dem verfügbaren 
Platz nebeneinander oder voneinander räumlich getrennt, 
aufgestellt werden können, fällt die bei den schmiede¬ 
eisernen Großkesseln so lästige Einmauerung weg. Ihr 
Hauptvorzug diesen gegenüber ist aber der, daß mit ihnen 
der infolge der Jahreszeiten recht schwankende Wärme¬ 
bedarf am besten gedeckt, werden kann. Als besonders 
praktisch haben sich nun seit, einer Reihe von Jahren die 
Original-GIiederkessel der Strebeiwerke in Mann¬ 
heim erwiesen, bei denen ganz besonderer Wert auf eine 
wenig Raum beanspruchende Form und gleichmäßige Ma¬ 
lerin! Verteilung gelegt ist, wodurch lange Haltbarkeit garan¬ 
tiert wird. Sie entsprechen all den Anforderungen, 1 die an 
einen praktischen Wärmeerzeuger zu stellen sind: rasches 
Anheizen, völlige Ausnutzung des Brennmaterials, Dauer¬ 
brand, bequeme Reinigung, einfache Bedienung und Re¬ 
paratur. Ein von den Strebeiwerken herausgegebenes Heft 
zeigt auf zirka 40 Seiten eine Reihe öffentlicher Gebäude, 
in welchen die Original-Strebelkessel batterieweise in¬ 
stallier! worden sind. Wir sehen darunter u. a. auch ver¬ 
schiedene größere Heilanstalten, so die städtischen Kranken¬ 
häuser in Stettin, Hamm i. W., die Königl. Anatomie in 
München; die Kesselräume sind im Bilde vorgeführt; sie 
zeigen, wie verschieden die Aufstellung der Kessel erfolgen 
kann. Sind Raumschwierigkeiten vorhanden, so kann die 
Kesselbatterie verteilt in verschiedenen Räumen ungeordnet 
werden. Slarke Mauerpfeiler u. dergl. bilden kein Hinder¬ 
nis mehr, jede Ecke kann zweckmäßig ausgenntzt werden. 
Im Selbstverlag der Strebeiwerke ist eine Schrift erschienen, 
die sehr klar und erschöpfend das Problem der ,,Heizung 
von Heilanstalten“ behandelt und eine Anzahl von Feder¬ 
zeichnungen von Heilanstalten enthält, die mit Warmwasser¬ 
heizung bezw. Niederdruckdampfheizung ausgestattet, sind 
und mit Original-Strebelkesseln betrieben werden. 

R o s,en. 



Strömen. 

Von Carl Beez, Ingenieur, Berlin, Friedrichstr. 133. 

Alle bis jetzt bekannten Hochfrequenz-Apparate haben 
den großen Nachteil, daß sie durch den getrennten, um¬ 
ständlichen Aufbau der einzelnen Teile mul Spulen zu un¬ 
handlich sind, viel Platz versperren und nebenbei meist 
sehr teuer sind. Da in letzter Zeit die lokale Anwendung 
der hochfrequenten Ströme auf dem Gebiet der Hautkrank¬ 
heiten sich vorzüglich bewährt hat und sehr gute Erfolge 
erreicht wurden, z. B.' bei Psoriasis, nässendem Ekzem, 
Lichen ruber acuminatus, Acne mentagra, Acne pustulosa 
usw., so dürfte diese Behandlungsart in kurzer Zeit all¬ 
gemeine Anwendung finden; umsomehr da der Apparat zur 
Erzeugung dieser hochfrequenten Ströme ohne weiteres an 
einen vorhandenen Röntgen-Induktor angeschlossen werden 
kann. Wie bereits oben erwähnt, sind die bis jetzt be¬ 
kannten Apparate ziemlich teuer, und glaube ich deshalb 
durch Herstellung eines neuen leistungsfähigen und billigen 
Apparates einem wirklichen Bedürfnis entsprochen zu 
haben. Der oben abgebildete vollständige Apparat, besteht 
aus einem großen Standglas, welches innen und außen 
belegt, den Kondensator bildet. In dieses Standglas sind 
dann sowohl die Induktions- als auch die Resonatorwick¬ 
lung so zusammengebaut, daß das Ganze einen einzigen 
wenig umfangreichen Apparat bildet. Die Entladungsfunken- 
strecke ist ebenfalls fest auf dem Deckel des Standglases 
angebracht. Die beiden Klemmen der Funkenstrecke 
werden durch zwei Leitungsdrähte mit den Sekundär- 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 


klemmen des Röntgeninduktors verbunden, und der Apparat 
ist zur Funktion fertig. Die. Stromabnahme für die Hoch¬ 
frequenz-Elektroden geschieht mittels isolierter Leit.ungs- 
schnur, welche an die am Kopf des Apparates befindliche 


Oese angelegt wird. Die verschiedenen nachstehend ange¬ 
führten Elektroden ermöglichen die Behandlung der er¬ 
krankten Körperstellen durch Effluven, durch Kontakt¬ 
wirkung oder mil Vakuumelektroden, welche in Körper¬ 
höhlen eingeführt werden können. Bei allen Behandlungs¬ 
arten hat der Patient keine unangenehmen Empfindungen. 
Preis des kompl. Apparates. 90 M. R o s en. 


Bücherbespreckungen. 

Pharmazeutische Produkte der Farbenfabriken vorm. 
Friedrich Bayer & Co., Elberfeld und Leverkusen. Ergänzung«- 

band, 2. Jahresbericht, 1906—1908.. 

Die Elberfelder Farbenfabriken bringen über ihre pharma¬ 
zeutischen Produkte ein 328 Seiten umfassendes Nachschlage - 
buch, das eine Uebersicht über die neueren und älteren Präpa¬ 
rate dieser Firma bietet und so einerseits der Reklame dient 
und, indem es die respektable Leistungsfähigkeit der F r. 
Bayer sehen Fabrik vor Augen führt, andererseits auch es 
dem Arzt 'und dem Apotheker i ermöglicht, über irgend ein 
Präparat sich schnell zu. orientieren.. Denn es werden im erstens 
Abschnitt über die neueren Präparate die Darstellung, die 
physikalisch-chemischen und pharmazeutischen Eigenschaften, die 
klinischen Erfahrungen und Indikationen und die An wen dun gs- 
weise besprochen, während der zweite Abschnitt kritische. 
Sammelreferate der älteren Präparate bringt. Reichliche Lite¬ 
ratur wird jedem derselben angefügt; zum Schluß folgt ein 
Indikationsregister. Wir empfehlen das Buch der Beachtung 
der Kollegen. Krüger, Magdeburg. 


Allgemeines 

Die deutsche Kranken-, Unfall- und Invalidenversicherung 
in englischer Beleuchtung. Die angesehene englische Zeitschrift 
,,H arper’s Magazin e“ bringt einen Aufsatz von M a d g c 
Jenison über die deutsche soziale Gesetzgebung. Auf die 
politischen Erörterungen des Verfassers gehen wir nicht ein, 
nur auf die sachlichen Betrachtungen, die er an die offiziellen 
statistischen Angaben knüpft. ,,Zwölf Millionen Personen sind 
gegen Krankheit versichert, vierzehn Millionen gegen Erwerbs¬ 
unfähigkeit und Alter, neunzehn Millionen gegen Unfall. Wenn 
man die Frauen und Kinder mit in Rechnung bringt, die 
durch Versicherung des Familienvaters mitgeschützt sind, so 
darf man die Anzahl der Deutschen, die der Zwangsversicherung 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 





206 THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. Nr. 13 

Medicinal »Wasser und diätetisches Getränk ersten Ranges. 

Bei Nieren- und Blasenleiden, 
Harngries, Harnbeschwerden und Gicht, 
bei Zuckerharnruhr, bei Catarrhen der 
Athmungs- und Verdauungsorgane wird 

die Bor® und Lithium “hältige Heilquelle 



mit ausgezeichnetem Erfolge angewendet. 


Harntreiben de 
Wirkung. 
Eisenfrei. 
Leicht verdaulich. 
Angenehmer 
Geschmack. 
Absolut rei n. 
Constante 
Zusammensetzung. 




tfiNTOR FOft^ 


Wirksames fräseruatiu 
gegen bei 

Scharlach 

auftreteude Jfiereti- 
affektionen. 

Besonders jenen Personen 
empfohlen, welche zufolge 
sitzender Lebensweise an 

Karnsaurer Siathese und Hämor¬ 
rhoiden, sowie gestfirtem Stoff¬ 
wechsel leiden. 

mmmß 


Aerztliche Gutachten und sonstige Brunnenschriften stehen gratis und franco zu Diensten. 

“SALVATOR“ ist in allen grösseren Mineralwasserhandlungen vorräthig, die Herren Aerzte jedoch, 
welche “SALVATOR“ zu persönlichem Gebrauche benöthigen, geniessen Ausnahmepreise und sind 
in diesem Falle höf liehst gebeten sich direct zu wenden an 








THERAPEUTISCHE RUNESCHATT. 


unterworfen sind, auf die Hälfte der Gesamtbevölkerung des 
Reichs veranschlagen.“ Die amtlichen Angaben über die Zahl 
der Versicherten bezweifelt Jenison nicht, wohl aber die 
Angaben über die Höhe der Verwaltungskosten. „Nach dein 
Jahrbuch der Statistik des Deutschen Reichs betragen die Ver¬ 
waltungskosten des Versicherungsdienstes nur sechs Prozent der 
jährlich erhobenen Beiträge, aber es ist absolut gewiß, daß 
diese Ziffer der Wirklichkeit nicht entspricht. Nach sicheren 
Kalkulationen kompetenter Fachmänner absorbieren die Ver¬ 
waltungskosten vielleicht die Hälfte (?) Tier Einnahmen. Um 
den Zwangsversicherungs-Dienst in Gang zu halten, besoldet 
der Staat eine Armee von Angestellten jeden Ranges.“ Die 
Zwangsversicherungen haben aber nicht nur Legionen von Be¬ 
amten nötig gemacht, sondern auch zahllose Pro-zesse hach 
sich gezogen. Die Unfallversicherung habe bewirkt, daß all¬ 
jährlich bloß in Berlin sechzehntausend gerichtliche Termine in 
Unfallsachen stattfinden. Von dem ganzen staatlichen Ver¬ 
sicherungswesen hätten Beamte und Rechtsanwälte den Haupt¬ 
nutzen. Soweit J e n i s o n. Nur e i n Körnchen Wahrheit steckt 
in seinen Betrachtungen, nämlich, daß die Unfallversicherung 


in ihrer .jetzigen Form zu erschreckend vielen Rechtsstreitig¬ 
keiten Veranlassung gibt, da jeder Betroffene eine möglichst 
hohe Rente herauszuschlagen sucht. Andere Schattenseiten 
unserer im allgemeinen höchst segensreich wirkenden Ver¬ 
sicherungsgesetzgebung sind dem englischen Kritiker ent¬ 
gangen, z. B. der nachteilige Einfluß auf den Volkscharakter. 
Die Krankenversicherung züchtet eine Menge Simulanten, 
namentlich in Zeiten der Arbeitslosigkeit, wie jeder Kassen¬ 
arzt genugsam erfahren hat. Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit 
und Selbstvertrauen werden untergraben, weil der Arbeiter sich 
darauf verläßt, gegen Krankheit, Unfall und Alter versichert 
zu sein. Bedenken erregt auch die schwere Belastung, welche 
die genannten obligatorischen Versicherungen der deutschen In¬ 
dustrie aufgebürdet haben; diese Last kann wohl so lange 
getragen werden, wie die wirtschaftlichen Verhältnisse günstig 
bleiben, wird aber unerträglich werden, sobald einmal andauernd 
schlechte Zeiten für die Industrie kommen. Alsdann bleibt frei¬ 
lich der einfache Ausweg, die Versicherungsbeiträge und 
-Leistungen herabzusetzen, um unsere Konkurrenzfähigkeit auf 
den Weltmärkten aufrecht zu erhalten. Win ekler. 


hinzugezogen und ein neues innerliches Wasserstbf'fsuper- 
oxydpräparat, das Oxygar der chemischen Fabrik Helfenber£>\ 
A. G. vorm. Eugen Dieterich, einer eingehenden ex¬ 
perimentellen Untersuchung unterworfen. Das Oxygar wurde 
sowohl irisch wie auch in den älteren Präparaten, also in 
den verschiedensten Stärken in Anwendung gebracht. Verfasser 
haben nun gefunden, daß gerade das Wasserstoffsuperoxyd ein 
hervorragendes Darmdesinfiziens ist und fassen ihre Unter¬ 
suchungen über das Oxygar als Wasserstoffsuperoxydpräparat 
wie folgt zusammen: 

„Eingegeben wurde das Oxygar dreimal, täglich eßlöffel¬ 
weise in etwas Wasser und wurde in dieser Form auch von 
sämtlichen Patienten ohne Widerwillen genommen. Auffallend 
war in mehreren Fällen die günstige Beeinflussung der sub¬ 
jektiven Beschwerden, die in einer Rubrik der Tabellen be¬ 
sonders erwähnt sind.“ 

Wir verweisen hierbei auf die ausführlichen Tabellen der 

‘ÖTiginalarbeit. 

„Gehen wir die Untersuchungsresultate im einzelnen durch, 
so können wir zunächst feststellen, daß, wie bereits frühem 
erwähnt, in sämtlichen Fällen, mit Ausnahme eines für die 
Untersuchungen ungeeigneten, mit schweren anatomischen Ver¬ 
änderungen des Darmes einhergehenden Falles eine zum Teil 
nicht unerhebliche Herabsetzung der Gasbildung nach Eingabe 
des Mittels, und zwar gewöhnlich 2—3 Tage darauf, eintrat, 
eine Herabsetzung, die während der Darreichung des Oxygars 
ziemlich konstant blieb und nach Aussetzung dieses Mittels 
noch 1—2 Tage, anhielt, um dann wieder einer erhöhten Gas¬ 
bildung Platz zu machen, die schließlich die früheren Grade 
erreichte. Besonders charakteristisch tritt uns diese Wirkung 


Kleine Mitteilungen. 

Untersuchungen über die Bakterienmenge der Fäces unter 
normalen und pathologischen Verhältnissen und ihre Beein¬ 
flussung durch Kalomel und Wasserstoffsuperoxyd (Oxygar). 

Von Dr. F r i-t z B e r g e r , Magdeburg, 
und Dr. I w a ho Tsuchiy a aus Tokio. 

Verfasser haben es unternommen, vergleichende 'Unter¬ 
suchungen anzustellen über Darmantiseptika, insbesondere über 
Kalomel einerseits und Wasserstoffsuperoxydpräparate anderer¬ 
seits. Unter Bezugnahme auf ein reichliches Untersuchungs- 
material, welches in tabellarischer Form vereinigt ist, fassen 
die Autoren ihre Ergebnisse über die Kalomelwirkung folgender¬ 
maßen zusammen: 

,,V ir müssen sagen, daß das Kalomel, wenn es auch den 
Darm in einen Reizzustand versetzt, der sich in der Aus¬ 
scheidung einer eiweißhaltigen Substanz kennzeichnet, trotz 
der- dadurch für das Bakterienwachstum an sich geschaffenen 
günstigeren Bedingungen eine Herabsetzung der Bakterienmenge 
in manchen Fällen herbeizuführen imstande ist, d. h.. daß es 
ein Darmantiseptikum von guter Brauchbarkeit ist. 

Da aber die erwähnten Reizerscheinungen auf den Darm 
eine immerhin unerwünschte Nebenwirkung dieses Mittels sind, 
und je nach der Art des Falles in so verschiedener Heftig¬ 
keit auf treten, daß die gute Wirkung des Kalomel dadurch in 
Frage gestellt wird, dürfen wir das Kalomel nicht als das 
Ideal eines Darmantiseptikums hinstellen.“ 

In bezug auf die Untersuchungen der Superoxyde wurde 
einerseits das M e r c k sehe Perhydrol in verschiedener Stärke, 
weiterhin auch zum Vergleich Formaldehyd- 'und Silberlösung 


statt Teer 


■ HH I \ L Der Wert unserer geruchfreien, reizlosen Pittylen-Präparate 

HM l V'''^ ist überall schnell erkannt worden, und ihre Verwendung in der Haut- 
M Therapie an Stelle des übelriechenden, öfter lokale Reizungen und resorptive 

n Nebenwirkungen auslösenden Nadelholzteers ist jetzt allgemein. 

|—Zahlreiche Herren Aerzte sprechen sich ganz begeistert über die Wirkung der Pittylen- 
Präparate aus und betonen besonders, wie schnell das Pittylen bei oft jahrelangen hartnäckigen 
Uebeln, die aller Behandlung Trotz geboten haben, seine heilende Wirkung äussert. Ganz speziell 
y haben sich die Pittylen-Seifen einer ausgedehnten Verwendung zu erfreuen; die einfache 
' Anwendungsform verbunden mit der zuverlässigen schnellen Wirkung findet allgemeinen Beifall. 

Wir bitten die Herren Aerzte, welche Pittylen noch nicht angewandt haben, Muster-Kollektionen und Literatur von 


uns einzufordern. 


Dresdener Chemisches Laboratorium .Lingner. 


ilGAN 


JNIVERSITY OF MICHIGAN 




208 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 



mann, Dresden, das Oxygar auch. nach Monaten noch einen 
reichlichen entsprechenden Wnsserstoffsuperoxydgehalt zeigt und 
also auch nach längerem Lagern, wenn der Wässerstoffsuper¬ 
oxydgehalt naturgemäß etwas zurückgegangen ist, noch als 
durchaus zweckentsprechendes Präparat bezeichnet werden muß. 

Vergl. Pharm. Zeitung, 1909, Nr. 85.' 


in einem Fall entgegen, bei dem wir zweimal hintereinan,dpr 
mit Eingabe und Wiederaussetzen des Mittels Wechsel t°n. 

Daß durch das Mittel eine Reizung dos Darmes in keinem 
der Fälle stattgefunden hat, geht sowohl daraus hervor, daß 
die Konsistenz der Stühle gleichmäßig blieb und nicht weicher 
wurde, als auch aus der Tatsache, daß niemals nach Eingabe 
des Mittels die geringste Menge gelösten Eiweißes in den in 
allen Fällen daraufhin untersuchten Stühlen auftrat.“ 

,,Wir glauben, das Schwinden des Eiweißes als besten Be¬ 
weis dafür ansehen zu können, daß das Oxygar nicht nur keinen 
Reiz auf die Darmschleimhaut ausübt, sondern sogar im Gegen¬ 
teil den durch abnorme Gärungen und Zersetzungen bedingten 
Reiz zu beseitigen, also heilend zu wirken imstande ist. wie 
dies auch cler in vielen Fällen nach Einnahme des Mittels aus 
dünnbreiiger, schaumiger, in eine dickbreiige Konsistenz über¬ 
gehende Stuhl beweist. In den meisten Fällen können wir 
auch nach Eingabe des Oxygar ein Zurückgehen des Prozent- 
gehalten der trockenen Fäces an trockenen Bakterien beobachten, 
während allerdings die absolute, d. h. die während eines Tages 
entleerte Bakterienmenge nur in einigen Fällen eine deutliche 
Abnahme auf weist.“ 

Die Gesamtergebnisse lassen sich wie folgt zusammenfassen: 

,.Trotz gegenteiliger Behauptung ist es möglich, durch 
starke Antiseptika (Kalomel eine Verminderung der Bakterimi- 
menge im Darminhalt zu erzielen, wenn auch die durch diese 
Mittel hervorgerufene Reizung der Darmschleimhaut eine un¬ 
günstige Nebenerscheinung ist, die manchmal die Ueberhand 
gewinnt. 

Wir besitzen in dem HAK, in geeigneter Form Oxvgar- 
Helfenberg gegeben, ein gutes Darmdesinfiziens, das frei von 
schädlichen Nebenwirkungen auf die Darmschleimhaut ist und 
vor allem Darmgärungen auf das Günstigste beeinflußt, unter 
gleichzeitiger Herabsetzung der Bakterienmenge.“ 

In bezug auf die Haltbarkeit des Oxygar möchten wir 
npeh berichten, daß nach Untersuchungen von Dr. Hefel- 


Das deutsche Haus muß endlich von den Geschmackslosig- 
keiten der vergangenen Jahrzehnte befreit werden, diese Forde¬ 
rung wird und muß immer wieder erhoben werden, denn der 
moderne Konkurrenzkampf treibt den Menschen weit mehr wie 
früher in die reißenden Lebensstrudel, so daß ihm die welt¬ 
fernen, lebensunwahren Bilder, mit denen er früher sein Heim 
schmückte, nichts mehr bieten können. Sein Auge braucht 
farbenkräftige Ausschnitte aus der Wirklichkeit, wenn es nach 
der Farbenarmut des heutigen Stadtbildes fähig sein soll, sich 
an Kunstwerken zu beleben. Diese Bedingungen erfüllen die 
Teubnerschen Künstlersteinzeichnungen, über die ein soeben er¬ 
schienenes illustriertes Verzeichnis ausführliche Auskunft gibt, 
in bester Weise. Friedrich Naumann spricht darin über 
das ,.Ansehen der Bilder“, Dr. Karl Storck über „Künstle¬ 
rische Volkskultur“. Die Steh n Zeichnungen sind nicht Kopien, 
sondern Originalwerke von modernen Meistern, die uns lehren 
können und sollen, unsere Heimat mit den Augen des Künstlers 
zu sehen und zu genießen. Sie haben den weiteren Vorzug, 
daß sie in pekuniärer Hinsicht keine Schranken mehr auf- 
richten. Ihr Preis von 1 — 6 M. ermöglicht die Anschaffung 
auch dem wirtschaftlich Schwachen. Es sei noch bemerkt, daß 
die Verlagsbuchhandlung den neuen Katalog, der schon selbst 
ein kleines Kunstwerk darstellt, gegen Einsendung von 30 Pfg. 
versendet, doch ist er auch in allen besseren Buch- und Kunist';- 
handlungen zu haben. Es wird ihn kein Interessent aus der 
Hand legen, ohne etwas gefunden zu haben, das seinem persön¬ 
lichem Geschmack durchaus gerecht wird. 


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von Geli.-Rat Prof. Dr. I). von Hansemann. 

1909. gr. 8. 11 M. 






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Therapeutische Rundschau 

Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 


. Redaktion: 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 
Telephon: Amt VI, 17271. 


Verlag und Expedition 

Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI, 3"20. 


IV. Jahrgang. Berlin, 3. April 1910. Nr. 14. 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch 
den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluß abbestellt sind. Inserate werden für die 
4 gespaltene Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Originalien: 

L. Sofer, Wien: Wiener Brief.. 

P. Greven, Aachen: Erfahrungen mit Aetylmorphinjodid 

in der Augenheilkunde. 

F. Freudenberg, z. Zt. Brüssel: Etwas über den Eis¬ 
beutel . 

Referate: 

C. Bachem, Bonn: Pharmakologie. 

Wern. H. Becker. Weilmünster: Neurologie und Psychi¬ 
atrie . 

P. Gr Sven, Aachen: Augenheilkunde. 

E. Silbermann, Berlin: Herzkrankheiten. 


Inhalt: 


209 

211 

213 

214 

215 

216 
218 


M...Peltzer, Steglitz: Militärsanitätswesen. 

Öffentliches Sanitätswesen. 

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deutsche Verlagsgesellschaft m. b. H., Wiesbaden. — Wie 
soll der Kranke im Kurort leben. Von Dr. med. E. Hirsch 

Allgemeines. 


218 

219 

219 

220 

221 

221 


ORIGINALIEN. 

Wiener Brief. 

Von L. Sofer, Wien. 

Bernhard Sperk spricht über Kaseinfettdiät. 
Eschenca hatte schon im Jahre 1866 auf die Bedeutung 
des Zuckers bei den Gärungsvorgängen im Darm hin¬ 
gewiesen. Auf Grund klinischer Erfahrungen hat Finkel- 
stein unabhängig die Rolle des Zuckers für die Ätiologie 
der akuten Ernährungsstörungen erkannt. Nach ihm sind 
die Darmsymptome rein alimentären Ursprungs. Der Entero- 
katarrh der Widerhoferschen Schule geht in den Begriff 
des Stadium dyspepticum nach Finkeistein auf. Daher ist auch 
die Therapie akuter Ernährungsstörungen bei Kindern 
eine Ernährungstherapie und mit Rücksicht auf die Rolle 
des Zuckers in der zuckerarmen resp. zuckerfreien Nahrung 
gelegen. Nachdem der akute Enterokatarrh eine auf den 
Darm lokalisierte Schädigung ist, also der Hauptsache nach 
einen Reizzustand des Darmes bedeutet, können die Darm¬ 
symptome auch als ein Maß für den Zustand und die Reaktion 
auf die eingeführte Nahrung gelten. Die Beurteilung des 
Stuhles bei der Therapie des akuten Enterokatarrhs ist 
demnach ein wichtiges Kriterium für jeden ernährungs¬ 
therapeutischen Eingriff. Nachdem in schwereren Formen 
des akuten Enterokatarrhs die relative Zuckerentziehung in 
der Nahrung nicht ausreicht, so muß man häufig zu völlig 
zuckerfreier Nahrung greifen. Eine solche stellt das durch 
Labung der Kuhmilch gewonnene Kaseinfett, in Sacharintee 
oder in Ringer’scher Lösung bis zum entsprechenden 
Volumen aufgefüllt, dar. In der allergrößten Anzahl der 
Fälle, d. h. in solchen, wo die Fettresorption nicht wesent¬ 
lich gestört ist, folgen den spritzenden, sauren, dyspeptischen 
und schleimigen Entleerungen feste, meist alkalisch rea¬ 
gierende seltene Stühle. Diese Diät wird nur solange als 
unbedingt notwendig beibehalten. In den Fällen von 
schlechter Fettresorption und Fettzersetzung (Fettgärung) 
muß auch das Fett zum Teile oder gänzlich ausgeschaltet 
werden, so daß das Kind nur eine Kaseinaufschwemmung 
erhält, also auf reine Eiweißdiät gesetzt wird. Die Gefahr 
der längeren Verwendung von Kaseinfettdiät-Tee besteht in 
den häufig zu beobachtenden Uebertemperaturen und 


j Neigung zu Kollapsen, besonders bei schwer geschädigten 
und heruntergekommenen Kindern. Ob es die Entziehung 
der Kohlehydrate oder die Einwirkung der Calciumjonen 
resp. der Mangel der Natrium-Jonen ist, werden die nächsten 
Untersuchungen lehren. Die Prophylaxe des akuten Entero¬ 
katarrhs besteht in der individuellen Dosierung des Zuckers. 
Die Ernährung der Säuglinge im Wiener „Säuglingsschutz 1 , 
erfolgt mit einer zuckerarmen Milch, einer Einheitsmischung. 
Die individuelle Dosierung des Zuckers erfolgt durch Zu¬ 
gaben von Rohrzucker, Milchzucker, Nährzucker in ver¬ 
schiedener Höhe. Zur bequemen Durchführung dieser 
Methode will Sp. die verschiedenen Zucker in Tabletten 
pressen lassen, ln der Diskussion bemerkt Erwin 
Popper, daß man analoge Erfolge, wie mit der Kaseinfett¬ 
diät auch mit der sauren Magermilch resp. Buttermilch 
ohne jeden Zusatz erreicht. Ursache ist ebenfalls der 
geringe Zuckergehalt (ein Teil des Milchzuckers ist 
vergoren), wozu bei saurer Magermilch der Vorteil der Fett¬ 
armut kommt, denn die Ernährungsstörungen sind meist 
gemischter Natur, d. h. durch Zucker und Fett bedingt. 
Für reine Fälle von Zuckerintoleranz hat die Kasein-Fettdiät 
den Vorteil der völligen Zuckerfreiheit gegenüber der sauren 
Magermilch, ihr Nachteil besteht in der völligen Entziehung 
: der Molke, ist es in einer Salzverarmung und konsekutivem 
Wasserverlust des Organismus und in ihrem hohen Fettgehalt. 
Im Schlußwort bemerkt Sperk, daß für das Haus die Her¬ 
stellung von Kaseinfett-Tee etwas schwierig ist. Dafür und 
für die Herstellung der Milchmischungen mit verschiedenem 
Zuckergehalt eignen sich am besten eigne Milch¬ 
laboratorien nach amerikanischem System. (Pädiatrische 
Sektion des Vereins für Innere Medizin.) Ueber die medi¬ 
kamentöse Behandlung der Trigeminusneuralgie 
sprach Alfred Fuchs: Was das Morphium betrifft, so ist 
es ein verläßliches Mittel, um den einzelnen Anfall zu 
kupieren; natürlich müssen wir aber mit seiner Anwendung, 
namentlich in Form von Injektionen außerordentlich vor¬ 
sichtig sein; denn wie bei jeder chronischen schmerzhaften 
Erkrankung des Zentralnervensystems insbesonders, ist die 
Gefahr der Gewöhnung und des Morphinismus eine sehr 
große; F. verwendet das Morphium da, wo es nicht zu 
umgehen ist, prinzipiell nur am Abend, um wenigstens 
einige Stunden Schlafes zu retten, denn bei Schmerzen sind 
alle Schlafmittel unwirksam. Sonst geht F. dem Morphium, 
























210 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 14 


wie auch seiner Kombination mit Skopolamin ängstlich 
aus dem Weg, eher erwiesen sich „Morphium sparend“, d. h. 
die Wirkung des Morphiums fördernd die Inhalation einiger 
Tropfen Chloroform. Hingegen empfiehlt F. das Ako¬ 
nitin. Um einen Erfolg damit zu erzielen, sind 
zwei Bedingungen notwendig: I. Die Verwendung eines 
wirksamen und gut dosierten Präparates und 2) die 
Einhaltung eines Systems, das auf der kombinierten Wirkung 
des Akonitins mit einer energischen Abführbehandlung 
beruht. Die Beschaffung eines wirksamen P.äparates ist 
nicht leicht. Das offiziell erhältliche Präparat tinctura 
aconiti radicis (Ph. perman. 0,5—1,5 pro die) ist ganz un¬ 
verläßlich. Die Wirkungsdifferenz der verschiedenen 
Präparate überhaupt dürfte nach Ewald auf dem ver¬ 
schiedenen Gehalt an unzersetztem, starkwirkenden Akonitin 
und den weniger stark wirkenden Spaltungsprodukten 
beruhen. Daher sind die Präparate, die das Akonitin 
in dosierten, mit einer festen Masse überzogenen Pillen 
enthalten, wirksamer. F. benutzt daher Pillen, die 2 /io mg 
Akonitin pro Pille enthalten. Sehr verschieden wird die 
Maximaldosis für Akonitin angegeben. Ewald nennt nach 
der Belgischen Pharmakopoe 4 mg! per dosi, 3 eg per die! 
die Maximaldosis F. läßt maximal 2 mg nehmen. Unter 
ärztlicher Kontrolle könnte man noch einen weiteren Auf¬ 
stieg wagen, da die ersten Intoxikationssymptome sehr 
prägnant sind, nämlich Parästhesien an der Zunge, den 
Lippen und an den Händen (meist im Ulnarisgebiet). 
Diese Symptome mahnen dann zum Rückzug; F. hat 
Intoxikationssymptome nie beobachtet, fragt aber jedesmal 
darnach. Eine kumulative Wirkung ist deshalb nicht zu 
befürchten, weil mit der Akonitindarreichung jedesmal eine 
energische Abführkur verbunden wird. Der erste, der auf 
den großen Nutzen systematischer und forcierter Darm¬ 
entleerungen bei Trigeminusneuralgie hinwies, war 
Gossenbauer. G. empfahl gleichzeitig mit der durch 
hohe Eingießungen und Purgantien vorzunehmenden Ent¬ 
leerung des Darmes eine blande Diät bei Bevorzugung 
von Milch. Wagner verschreibt am ersten i age meist 
Kalomel in 10 stündlichen Dosen von 0,1, dann wird die 
Behandlung mit Bitte, wasser fortgesetzt und zwar früh, 
mittags und abends 1 / 2 1 Bitterwasser. In hartnäckigen 
Fällen wird aber die Dosis aufs Doppelte und mehr 
erhöht. Diese großen Mengen von Bitterwasser werden 
anstandslos vertragen; sie erzeugen wasserflüssige Ent¬ 
leerungen, die nach 1—2 Tagen an Zahl sehr abnehmen, 
4—5 mal am Tage erfolgen, gar keine Schmerzen erzeugen 
und eminenten Nutzen für die Therapie der Neuralgie 
bringen. (Wien. med. Doktoren - Kollegium). Carl 
v. Noorden sprach über die Therapie der Gastroptose! 
Die beiden früher auseinandergehaltenen Begriffe: Magentox 
(resp. Pylorusptose) und Magenatonie lassen sich heute 
nicht mehr scharf trennen. Die neueren klinischen, ins¬ 
besondere die Röntgenbilder, gestatten beide Begriffe mit¬ 
einander zu verbinden und von „atonischer Pyloroptose“ 
zu reden. Die Beschwerden, die wir gewöhnt sind, auf 
Magenatonie zu beziehen, können sehr häufig nicht be¬ 
friedigend erklärt werden, wenn schwache Magenspülung 
als auch Durchleuchtung zeigen, daß der tatsächliche Ablauf 
der Magenentleerung nichts zu wünschen übrig läßt. Die 
Beschwerden spielen sich dann nur auf subjektivem Gebiete 
ab, es besteht nervöse Dyspepsie. Was nun die Therapie 
der atonischen Pyloroptose betrifft, so sind die wichtigsten: 
A. Vermeidung starker Belastung des Magens; daher sind 
kleinere häufige Mahlzeiten den größeren seltenen vorzu¬ 
ziehen. B. Erleichterung schneller Magenentleerung durch 
Rückenlage nach den Hauptmahlzeiten mit leichter Wendung 
des Körpers nach rechts. C. Tonisierende Arzneimittel: 
Den Tonus der Magenmuskulatur: Strychnin, Physostigmin, 
ferner Pilocarpin. D. Einwirkung auf den gesamten 
Nervenstatus des Patienten. Daneben hat es die Therapie 
stets im Auge zu behalten, den gesunkenen Magen wieder 


anzuheben. In dieser Hinsicht waren besonders früher 
stützende Binden beliebt. Hier hat aber N. durch Röntgen 
festgestellt, daß die Binden, welcher Art sie waren, gar 
keinen Einfluß auf den objektiven Befund haben. Dagegen 
geben die meisten Patienten eine subjektive Besserung zu. 
Weiter hat N. sehr gute Resultate gesehen von der- Fett¬ 
anreicherung der Bauchhöhle. Vor allem fiel N. auf, 
daß trotz starker und während der Behandlung wachsenden 
Beanspruchung des Magens die Entleerungszeiten atonischer 
Mägen immer kürzer werden, ebenso nach mehrwöchent¬ 
licher diätetischer mästender Behandlung. Das Röntgen¬ 
verfahren gibt uns jetzt die Möglichkeit, viel genauer den 
Einfluß der Behandlung auf Stand und Verhalten des Magens 
kontrollieren zu können. N. ließ bei 9 Fällen von atonischer 
Pyloroptose, die er mit Mastkuren behandelte, die Magen¬ 
formen vor und nach der Behandlung aufzeichnen. In 
allen Fällen wurde eine bemerkenswerte Hebung der Pars 
pylorica gefunden. Wo sich vor der Behandlung der an 
die Pars pylorica grenzende Magenteil sackförmig unter 
der Belastung ausbauchte, war diese Ausbauchung später 
verschwunden. Wo man bei der ersten Aufnahme abnorme 
Weitung der mittleren Magenparthien und schlechte Um¬ 
spannung des Inhalts fand, waren diese Verhältnisse später 
erheblich besser geworden oder völlig normaler An¬ 
spannung gewichen. Sicher ist die Fettanreiche&ung der 
Bauchhöhle an der Hebung des Magens mitbeteiligt. Der 
größte Teil des Erfolges dürfte aber wohl auf die Besserung 
der Atonie selbst zurückzuführen sein. (K. K. Gesellschaft 
der Ärzte in Wien.) 

J. Koschier stellt eine 50jährige Frau mit einem seit 
9 Jahren bestehenden Epithelium des Nasen-Rachen- 
raumes vor. Die Nase und der Pharynx sind mit teil¬ 
weise exulcerierten Tumormassen erfüllt, der Nasenrücken 
ist aufgetrieben, das rechte Auge ist infolge retrobulbärer 
Neuritis amaurotisch und vorstehend. Das Epithelium ist 
vom Dache des Pharynx ausgegangen und hat niemals 
Schmerzen verursacht. Sehr treffend weist K. darauf hin, 
daß der Fall, wenn er nach irgend einer Methode operiert worden 
wäre, als ein glänzendes Beispiel von Dauerheilung in der 
Literatur geführt worden wäre. (K. K. Gesellsch. d. Aerzte.) 

E. Urbantschitsch stellt ein Mädchen mit geheilter 
Aktinomykose des Warzenfortsatzes vor. Der Eiter 
wurde durch Incision entleert, auf die Wunde unguent 
cinereum aufgelegt, und innerlich wurden täglich 8 g Jod¬ 
kali durch 2 Monate gegeben. In der Diskussion bemerkt 
Sternberg, daß er in einem Falle Heilung durch Injection 
von Jodtinctur erzielt hat. (Ebenda.) 

James Eisenberg berichtet über Schmerzlinderung 
bei normalen Geburten: Gauser hat zur Schmerz¬ 
linderung den Skopolamindämmerschlaf empfohlen, bei 
welchem Bewußtseintrübung mit Amnesie eintritt. Bei 
Nachprüfungen stellt sich jedoch heraus, daß das Verfahren 
gefährlich ist, ungleichmäßig wirkt, durch Schädigung der 
Bauchpresse die Geburt verzögert und von hallucinatorischen 
Zuständen begleitet ist. Diese Methode eignet sich daher 
nicht für das Privathaus. Seit Jahren wird nun im Aus¬ 
lande eine von Ziemssen im Jahre 1853 angegebene 
Methode angewendet. Beim Herannahen einer Wehe 
atmet die Gebärende 10—15 Tropfen Chloroform ein, in 
den Wehenpausen wird die Maske entfernt. Auf diese 
Weise wird der Wehenschmerz auf ein Minimum herab¬ 
gedrückt, das Bewußtsein bleibt erhalten, die Uteruskon¬ 
traktionen werden nicht beeinflußt; E. nennt das Chloro¬ 
formhalbschlaf. Er ist schon bis zu 31 Stunden ausgedehnt 
worden, nur in seltenen Fällen werden durch ihn die 
Wehen geschwächt. In letzter Zeit hat Hallauer eine Be¬ 
seitigung des Wehenschmerzes durch Suggestion empfohlen. 
Dieses Verfahren ist jedoch nur bei neurotischen Individuen 
anwendbar, ferner kann eine lang dauernde Hypnose das 
Nervensystem schädigen. E. hat Versuche über den Chloro¬ 
formdämmerschlaf angestellt. 




Nr. 14 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


211 


Es wurden auf den Narkosekorb 10—15 Tropfen 
Chloroform aufgegossen und durch 1 Minute atmen 
gelassen, nach 2—3 Minuten wurde wieder der Narkose¬ 
korb aufgelegt. Häufig tritt schon nach der ersten Ein¬ 
atmungsperiode eine Herabminderung oder sogar eine voll¬ 
ständige Aufhebung der Schmerzempfindung bei erhaltenem 
Bewußtsein und erhaltenen Reflexen ein. Die tactile Sensi¬ 
bilität ist nicht gestört. E. glaubt, daß hier die Suggestion 
keine Rolle spielt, da Versuche mit anderen Substanzen 
kein Resultat ergeben haben, unangenehme Nebenwirkungen 
wurden nicht beobachtet. Stiassny bemerkt in der Dis¬ 
kussion, daß bei Skopolamin-Morphinnarkose öfters der 
Tod der Frucht beobachtet wurde. Q. Lotheissen 
empfiehlt zur Erprobung in der Geburtshilfe die Aethyl- 
chloridnarkose (ihre Wirkung ist eben zu flüchtig. Anm. 
d. Ref.). H. Peham bemerkt, daß die Wehenlinderung bei 
uns im Gegensatz zum Ausland deshalb nicht allgemein 
verbreitet ist, weil bis jetzt kein gefahrloses Mittel für 
dieselbe bekannt ist. Der Chloroformtod kann schon nach 
den minimalsten Dosen eintreten. Im letzten Stadium der 
Geburt kann man den Chloroformhalbschlaf anwenden. 
Die Skopolamin-Morphinnarkose eignet sich nicht zur all¬ 
gemeinen Einführung, weil sie durch Ausschaltung der 
Bauchpresse die Austreibungsperiode verzögert und den 
Tod des Kindes verursachen kann. W. Latzko weist 
darauf hin, daß die allgemeine Anwendung des Chloro¬ 
formhalbschlafes wohl möglich ist, das in England und 
Amerika im weitesten Maße angewendet wird. Die Todes¬ 
fälle nach der Einatmung einiger Tropfen Chloroforms sind 
nicht auf das Narkosemittel zu beziehen. L. hat von der 
Anwendung des Chloroformhalbschlafes keine Nachteile 
gesehen; es könnte wohl auch Aether zur Schmerzlinderung 
in der Geburtshilfe verwendet werden. 

In der Gesellschaft für physikalische Medizin wurde 
über die Therapie der Fettsucht debattiert. A. Bum 
weist darauf hin, daß, wenn in der Bilanz der Fettsucht¬ 
behandlung die Diätotherapie den negativen Einnahmequo¬ 
tienten bedeutet, die Mechanotherapie die leistungsfähigste 
Art der Vermehrung der Ausgaben darstellt. Als ernstes 
Therapeuticum kommt allein jene Form der Gymnastik in 
Frage, die als dosierbare Widerstandsbewegung bezeichnet 
wird. Es muß dies angesichts der Tatsache ganz besonders 
hervorgehoben werden, daß die Mehrzahl der Aerzte hier 
nicht genau differenziert. So angezeigt ungebundene Be¬ 
wegung, nicht aller intensiver Sport, zu welchem auch das 
„Deutsche Turnen“ und der Sport gezählt werden muß, in 
der Prophylaxe der Obesitas sind, als Therapeuticum kann 
nur die genau dosierbare Tätigkeit bezeichnet werden. Nur 
bei jugendlichen Individuen mit leistungsfähigem Herzen 
ist unter bestimmten Bedingungen Sportbewegung, nament¬ 
lich in Form der Rasenspiele, des Schwimmens, Reitens 
und Bergsteigens, zu gestatten. Rudern, „Deutsches Turnen“, 
Radfahren und Fechten sind minder empfehlenswert. Drin¬ 
gend muß aber auch dorten, wo der Sport als Prophylacticum 
empfohlen wird, vor maximalen Bewegungen und Anstren¬ 
gungen, wie sie Wettkämpfe, Turniere, Matches bedingen, 
gewarnt werden. Die Wage allein gibt den Fettverlust 
nicht verläßlich an, da durch dosierte Bewegung Muskel¬ 
ansatz Zustande kommt; neben der Wage ist daher das 
Messband zu benutzen, das bei entsprechender Bewegungs¬ 
therapie Abnahme des Leibesumfangs zeigt. Eine rasche 
eingreifende Entfettung, sei es durch Verringerung der Ein¬ 
nahmen, sei es durch das Gegenteil oder die Kombination 
beider Methoden ist auch bei herzgesunden fetten Personen 
abzulehnen. Die bei der Fettsucht geübte lokale Massage, 
die nach Laienansicht das Fett an den Praedilectionsstellen, 
(Mammae, Bauchdecken, Nates etc.) zum Schwinden bringt, 
ist durchaus unbegründet. Nicht aus der grobmechanischen 
Wirkung der Massage kann man ihre therapeutische An¬ 
wendung ableiten, sondern aus der dynamischen die Stick¬ 
stoffausscheidung durch Anregung der Zelltätigkeit und 


Steigerung des Eiweißzerfalls infolge Beschleunigung der 
Zirkulation begünstigenden Wirkung der allgemeinen Körper¬ 
massage, die durch passive Muskelknetung und hierdurch 
bedingte Steigerung der Diurese die Wirkung der fraglos über- 
Iegenen'Gymnastik unterstützt. Max Kahane bemerkt, daß für 
das Zustandekommen starker Fettanhäufung im Organismus 
eine erhöhte Arbeitsleistung der hauptsächlich im Dienste 
der Fettassimilation stehenden Organe, Leber und Pankreas, 
erforderlich ist; aus dieser lange Zeit erhöhten Arbeits¬ 
leistung lassen sich die häufigen Erkrankungen der Leber 
und des Pankreas erklären. Mannigfacher Art sind die 
Beziehungen zwischen den Blutdrüsen und dem Fettstoff¬ 
wechsel. Man beobachtet, daß gesteigerte Tätigkeit mit 
wahrscheinlich qualitativer Veränderung des Schilddrüsen- 
secrets, z. B. bei Morbus Based. sehr rasch Abmagerung 
herbeiführt, ebenso die Darreichung von Schilddrüsenprä¬ 
paraten in größeren Dosen, während anderseits Schilddrüsen¬ 
präparate in kleineren Dosen die Fettassimilation begünstigen. 
Der reichliche Fettansatz nach Kastration im Klimaktericus 
spricht dafür, daß die innere Secretion der Keimdrüsen 
einen Schutz gegen abnorme Fettanlagerung gewährt; 

Erfahrungen mit Aetylmorphinjodid in der 
Augenheilkunde. 

Von Dr. Paul Greven, Augenarzt in Aachen. 

Im Jahre 1899 machte Wolffberg (Wochenschrift für 
Ther. u. Hyg. des Auges, III No. No. 1, 4, 16, 27) seine 
ersten Mitteilungen über die lymphagoge Wirkung des 
Diains am Auge Dionin ist Aethilmorphinchlorid. Bringt 
man von diesem Pulver eine geringe Menge in den Binde¬ 
hautsack des menschlichen Auges, so erfolgt unter dem 
Gefühl von ziemlich heftigem Brennen vermehrte Tränen¬ 
sekretion und ausgedehnte Injektion der Conjunctiva bulbi et 
palpebrarum. Nach einigen Minuten tritt hinzu, manchmal 
sehr stürmisch, eine Chemosis der Bindehaut, sodaß diese 
in einem wallartigen Wulst, von glasig durchscheinendem 
Aussehen, die Hornhaut umgibt. Die Hornhaut selbst 
zeigt dabei erhöhten Glanz und bald mehr, bald weniger 
herabgesetzte Schmerzempfindlichkeit. In einzelnen, be¬ 
sonders stürmisch verlaufenden Fällen beteiligen sich auch 
die Lider an der Dioninreaktion, indem sie sich röten und 
ödematös anschwellen. Alle diese Erscheinungen sind in 
der Regel nach 3—6 Stunden abgelaufen, können aber auch 
in Ausnahmefällen bis zu 24 Stunden anhalten. Den ganzen 
Vorgang bezeichnet Wolffberg als Lymphstauung, die er 
so erklärt, daß das Dionin einen besonderen Reiz auf die 
Epithelien der Blutkapillaren und dadurch Sekretion des 
Blutplasmas in das umgebende Gewebe auslöst. Diese 
Lymphüberschwemmung bewirkt eine gesteigerte Vitalität 
der Gewebe, besonders der Hornhaut. Und so empfiehlt 
denn auch Wolffberg das Dionin als Hülfsmittel besonders 
bei der Behandlung von Hornhauterkrankungen, speziell der 
traumatischen, skrophulösen und parenchymatösen Keratitis. 
In großer Zahl erschienen seitdem die Veröffentlichungen über 
die Dioninanwendung am Auge, und es wurde bald für 
alle möglichen Erkrankungen des Sehorgans empfohlen, so 
bei Hornhautflecken, Iritis, Chorioiditis, Glaukom, ja sogar 
bei Neuritis retrobulbaris, Netzhautablösungen und Netz¬ 
hautblutungen. Vielleicht ist Dionin imstande, seine Wirkung 
auch in der Tiefe des Auges zu entfalten, wie aus einer 
Beobachtung Arlt’s (Wochenschrift für Ther. u. Hyg. des 
Auges XI, 25) bei einer Netzhautblutung hervorzugehen 
scheint. Trotzdem aber ist das ursprünglich allzu große An¬ 
wendungsgebiet des Dionins wesentlich eingeengt worden, 
worauf noch jüngst Adam hinwies (Sitzung der Berlin, 
ophthalm. Gesellsch. v. 16. XII 1909 und Münch. Med. 
Wochenschr. 1910 No. 7). Immerhin bleibt es ein überaus 
wertvolles und schätzenswertes Hülfsmittel in der Augen¬ 
heilkunde. Auch ich habe schon seit Jahren Dionin häufig 





THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 14 


212 


angewendet und manchmal sehr gute Erfolge seiner Wirkung 
gesehen, besonders auf dem eigentlichen Anwendungs¬ 
gebiete des Mittels, bei Erkrankungen der Hornhaut. 
Freilich blieb in anderen Fällen auch mal jeder Erfolg aus, 
wie das ja im ärztlichen Leben bei jedem anderen Medi¬ 
kament ebenso der Fall sein kann. 

Ein Uebelstand bei der Anwendung des Dionins in 
der Augenheilkunde ist die Angewöhnung des mensch¬ 
lichen Auges an dasselbe und dadurch bedingtes Aus¬ 
bleiben der oben geschilderten Reaktion. Hiergegen muß 
man sich schützen durch nicht zu häufige Applikation des 
Mittels. Ein weiterer Mißstand ist die anfängliche Schmerz¬ 
haftigkeit nach der Applikation. Freilich ist diese indivi¬ 
duell sehr verschieden: so würde ich noch in diesen Tagen 
von einer Patientin mit Ulcus corneae gefragt, ob sie die 
Dionintropfen nicht häufiger, wie anfangs verordnet, ge¬ 
brauchen dürfte, da sie nach dem Einträufeln ein deutliches 
Nachlassen der Schmerzen, und zwar sofort, verspüre, 
während es auf der anderen Seite Patienten gibt, die eine 
weitere Dioninanwendung wegen ihrer Schmerzhaftigkeit 
nicht mehr gestatten wollen. 

Sylla (Wochenschrift für Ther. und Hyg. des Auges 
XII, 14) machte nun die Beobachtung, daß Dionin noch 
besser wirkte, wenn er gleichzeitig Jodoform einpulverte 
(bei Hornhautgeschwüren, -Verletzungen und -Infiltraten), 
und er kam auf den Gedanken, ob es nicht möglich wäre, 
Dionin mit dem Jod, dem er diese Steigerung der Dionin¬ 
wirkung zuschrieb, in direkte chemische Verbindung zu 
bringen. Diese Erwägungen führten alsbald zur Her¬ 
stellung von jodwasserstoffsaurem Aetylmorphin, welches 
ein weißes Pulver darstellt, schwer in Wasser löslich ist 
und behufs längerer Haltbarkeit am besten in dunklen 
Gläsern aufzubewahren ist. 

-Seit einem halben Jahre habe ich dieses neue Mittel 
in zahlreichen Fällen angewendet, besonders bei Er¬ 
krankungen der Hornhaut, und ich kann im großen und 
ganzen die Erfahrungen, die Sylla mit dem Mittel in der 
Praxis gemacht hat, bestätigen. Das Einlegen des Pulvers 
in den Bindehautsack ruft nicht so heftiges Brennen hervor 
wie bei Dionin, und die resorbierende Wirkung scheint 
mir, wohl wegen des Jodgehalts, größer zu sein. Zuerst 
nahm ich Veranlassung, das neue Mittel zu versuchen in 
einem Falle von traumatischem Epitheldefekt der Hornhaut, 
der lange Zeit der üblichen Therapie trotzte. Es bestand 
außerdem bei dem 75jährigen Patienten narbige Verkürzung 
der Lider mit Verschluß der Tränenpunkte, Eversion der 
unteren Lider und chronische Bindehautentzündung. 
Dionin übte auf die Hornhauterosion keine Wirkung aus. 
Aber gleich nach der ersten Anwendung von Aetylmorphin- 
jodid trat eine wesentliche Verkleinerung des Epitheldefektes 
ein, und in wenigen Tagen war vollständige Heilung ein¬ 
getreten. Desgleichen sah ich bei ekzematöser Keratitis 
der skrophulösen Kinder von Aetylmorphinjodid gute 
Wirkung, indem es den Krankheitsprozeß wesentlich ab¬ 
kürzte. Ebenso bei Ulcus corneae, wo es zu schneller 
Reinigung des Geschwürs führte, welches dann bald zur 
Heilung gelangte mit einer so feinen und durchsichtigen 
Narbe, wie man es sonst meistens nicht gewohnt ist. Noch 
vor wenigen Tagen hatte ich einen Patienten in Behandlung, 
der mit großem, fast zentralem, eitrig belegten Ulcus corneae 
4 Tage nach einer Steinsplitterverletzung bei gleichzeitiger 
Dacryocystoblennorrhoea zu mir kam. 2 Tage nach der 
ersten Anwendung von Aethylmorphinjodid war das Ge¬ 
schwür auf die Hälfte verkleinert und zeigte in der anderen 
Hälfte eine gereinigte, spiegelnde Oberfläche. 5 Tage nach 
der ersten Behandlung (im ganzen drei mal Aetylmorphin¬ 
jodid) war das Geschwür in eine spiegelnde, epithelisierte 
Delle verwandelt, und die zurückgebliebene Trübung dei 
Hornhaut ist auffallend licht und durchscheinend. Dabei 
muß ich bemerken, daß der betreffende Patient in seiner 


Indolenz so weit ging, daß er sich seine Dacryocystoblen- 
norrhoe unter keinen Umständen und auf keinerlei Art be¬ 
handeln lassen wollte, nachdem er vor langer Zeit eine 
langwierige Sonderbehandlung durchgemacht hatte. 

Des weiteren wurde ich von der Wirkung des Aethyl- 
morphinjodids sehr befriedigt in zwei Fällen von Herpes 
corneae febrilis. Der eine dieser Fälle kam in meine Be¬ 
handlung mit sehr starkem Reizzustand des Auges bei 
großem, baumartig verästelten Epitheldefekt der Hornhaut, 
nachdem er über 14 Tage lang anderwärts mit Unguentum 
ophthalmicum behandelt worden war. Am dritten Tage 
nach der ersten Anwendung von Aethylmorphinjodid war 
der Epitheldefekt kleiner, indem er sich vom oberen Rande 
der Hornhaut her regenerierte; 10 Tage nach der ersten Be¬ 
handlung war der Defekt ganz geschlossen, und das Auge 
war nach 3 weiteren Tagen vollkommen reizlos (in ganzen 
wurde dreimal Aethylmorphinjodid, natürlich neben Atropin, 
in den Bindehautsack gebracht). In dem anderen Falle von 
Herpes corneae war der Epitheldefekt am heunten Tage 
nach der ersten Einstreuung von Aethylmorphinjodid ver¬ 
heilt. Auffallend ist also in beiden Fällen die verhältnis¬ 
mäßig sehr kurze Dauer der Erkrankung, während doch 
im allgemeinen das Herpesgeschwür eine langwierige Er¬ 
krankung ist und etwa 4—8 Wochen zu seiner Wiederher¬ 
stellung beansprucht. 

Auch bei Iritis habe ich verschiedentlich das neue Mittel 
versucht. Eine erhebliche Beeinflussung des Krankeits- 
prozesses habe ich aber davon nicht gesehen, es hat aber 
auch in keinem einzigen Falle geschadet. Bei einem Patienten 
glaube ich sogar das schnelle Verschwinden eines Pupillar- 
exsudates dem Aethylmorphinjodid zuschreiben zu können, 
da sich das Exsudat bei der zuerst allein angewendeten 
Atropinanwendung nicht resorbieren wollte, vielmehr während 
des Atropingebrauchs erst entstand. Einige Patienten gaben 
spontan an, nach der Anwendung von Aethylmorphinjodid 
trete ein Nachlassen der Schmerzen ein. 

Zum Schlüsse sei noch bemerkt, daß ich das jodwasser¬ 
stoffsaure Aethylmorphin noch bei einer alten Neuroretinitis 
haemorrhagica (Thrombose der Vena centralis) des Versuches 
halber angewendet habe, aber ohne Erfolg. Ich hatte frei¬ 
lich auch keinen Erfolg von diesem Versuch erhofft; denn 
es handelte sich um einen alten vernachlässigten Fall, bei 
dem alle übrigen therapeutischen Maßnahmen eine wesent¬ 
liche Verbesserung nicht hatten herbeiführen können. 

Wenn ich nun aus meinen bisherigen Beobachtungen 
das Fazit ziehe, so muß ich sagen, daß ich das Aethyl¬ 
morphinjodid als schätzenswertes Hülfsmittel in der Augen¬ 
heilkunde betrachte, vor allem auf dem Gebiete der entzünd¬ 
lichen und traumatischen Hornhauterkrankungen. Dabei 
scheint es mir durch seinen Gehalt an Jod eine stark resor¬ 
bierende und antiseptische Wirkung zu entfalten. Auch ist 
seine Anwendung nicht so schmerzhaft wie die des Dionins. 
Ich verwende das Aethylmorphin hydrojodicum nur als 
Pulver, indem ich eine kleine Menge davon auf die Con- 
junctiva des Unterlides bringe, wo es rasch zerfließt. 


Nachschrift: Als vorstehender Aufsatz im Manuskript 
bereits fertig vorlag, kam mir eine neue Arbeit von Sylla 
über: „Dionin und Aethylmorphinjodid“ (Wochenschr. f.Ther. 
u. Hyg. des Auges XIII No. 21) zu Gesicht. Meine oben 
mitgeteilten Erfahrungen mit Aethylmorphinjodid werden 
von Sylla bestäFgt. Ueber Sylla’s weitere Beobachtungen 
ist an anderer Stelle dieser Zeitschrift referiert. 




Nr. 14 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


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Etwas über den Eisbeutel. 

Von Dr. med. Franz Freudenberg, z. Z. Brüssel. 

Die mit der sogenannten Naturheilmethode liebäugelnden 
Herren Kollegen haben sich gewöhnt, den Eisbeutel in 
Grund und Boden hinein zu verdammen und halten denselben 
durch hydriatische Maßnahmen für vollkommen ersetzbar. 
Tausend ärztliche Praktiker aber, nicht Anhänger des alten 
Schlendrians, sondern Beobachter mit offenen Augen, haben 
im Lauf ihrer Tätigkeit von dem Eisbeutel so gute Dienste 
erfahren, daß sie denselben um keinen Preis missen möchten. 
Natürlich heißt es „unterscheiden“. Die Eisblase, wie jedes 
differente Mittel — und indifferente Mittel gibt es ja über¬ 
haupt nicht, denn, was nicht schaden könnte, kann auch 
nicht nutzen — ist ein Messer mit zwei Schneiden. Für 
Wirkungen in erheblicher Tiefe ist sie nicht geeignet. 
Wollten wir, um auf eine bedeutende Tiefe eine Kälte¬ 
wirkung auszuüben, uns des Eisbeutels bedienen, so würden 
wir durch Kontraktion der oberflächlichen Gefäße vielleicht 
gerade diejenigen Gewebe, welche wir entlastet sehen 
möchten, in einen hyperaemischen Zustand versetzen und 
so das Übel, anstatt zu bessern, verschlimmern. Da aber, 
wo wir mit Sicherheit imstande sind, ein erkranktes Organ 
vermittels des Eisbeutels zu beeindrücken, hat dieser — 
mit seiner gleichmäßigen Kältewirkung — je nach den Ver¬ 
hältnissen seine vollberechtigte Indikation. Als klassisches 
Beispiel führe ich hier nur gewisse entzündliche Zustände 
des relativ oberflächlich liegenden Testikels an. 

Ich erwähnte des Umstandes der gleichmäßigen 
Kälteeinwirkung. Hier hakt mein Vorschlag an, den ich im 
Nachstehenden den Lesern unterbreiten möchte. Ich brauche 
nicht zu befürchten, daß die Besprechung dieses Gegen¬ 
standes in einer den Interessen des ärztlichen Praktikers 
dienenden Zeitschrift als allzu geringfügig erscheinen dürfte. 
Denn dem echten Therapeuten ist auch die kleinste tech¬ 
nische Verbesserung seines Arbeitsmaterials willkommen. 
Die folgende, zuerst in französischen Zeitschriften empfohlene 
Modifikation des Eisbeutels habe ich praktisch erprobt und 
bewährt befunden. Dieselbe hat vor dem alten Verfahren 
eine Reihe von Vorteilen voraus. 

Das Eis wird kleingehackt und mit Hanfmehl zu einem 
elastisch steifen Brei angerührt. Mit diesem Eisbrei wird 
nun die Blase gefüllt. Durch diese Breiform mit ihrer 
relativen Konsistenz wird eine weit gleichmäßigere Kälte¬ 
einwirkung erzielt als bei der alten Füllungsmethode. Bei 
dieser kann von einer wirklichen Gleichmäßigkeit nur so 
lange die Rede sein, als die Eisstücke noch ungeschmolzen 
diese ausfüllen. Sobald nur mehr einzelne Eisstückchen 
im Schmelzwasser flottieren resp. sich in den Faltungen 
der Gummiwandung ablagern, wird das Bild ein vollkommen 
anderes. 

Neben dem durch seine größere Gleichmäßigkeit in der 
Kälteeinwirkung bedingten Vorteil hat der Eisbrei auch 
mechanische Vorzüge. Der von ihm ausgehende Druck ist 
ein elastischer; er wird weit angenehmer empfunden als die 
mit Eisstücken gefüllte Blase. Noch schärfer vielleicht tritt 
diese Differenz beim Fortschreiten des Schmelzungsprozesses 
hervor. Der Eisbrei behält diesen Charakter ziemlich kon¬ 
stant bis zum Schlüsse, während sich bei der alten Methode 
alsbald eine ungleiche Belastung geltend macht. Ein fernerer 
mechanischer Vorteil ist dadurch geboten, daß sich die mit 
dem Eisbrei gefüllte Gummiblase kappenartig um ein zube¬ 
einflussendes Organ herum legen läßt. Auf diese Weise läßt 
sich mit dem Kälteeffekt auch noch der Vorteil einer gleich¬ 
mäßigen elastischen Kompression verbinden. 

Unnötig zu sagen, daß der Eisbeutel, statt mit Stück¬ 
eis, mit Brei gefüllt, weit besser aufliegt. Wer einmal diese 
Modifikation bei Auflegen des Beutels z. B. auf den Kopf 
des Kranken versucht hat, der ist für sie gewonnen. Das 
ewige in die Stirn Rutschen oder das seitliche Herabgleiten 
bei der zunehmenden Schmelzung des Eisbeutelinhaltes hat 


ein Ende. Der Brei bleibt Brei. Und statt des flucktuierenden 
Schmelzwassers und der in ihm sich verschiebenden Eis- 
partikels ist ein gleichmäßiges, ruhiges, seine Form und seine 
Lage behauptendes Material geboten. 

Und zum Schluß noch ein weiterer Vorzug. Weit ent¬ 
fernt durch das Zerhacken in winzige Bröckchen rascher 
zu schmelzen, als bei der Füllung größerer Stücke in den 
Beutel, sichert das Eis in Breiform sogar eine längere Dauer 
der Kältewirkung. Es ist bekannt, wie zähe jeder Brei die 
einmal innehabende Temperatur festhält. Wiesen doch zur 
Zeit die wackern Züricher den Straßburgern ihre Bündnis¬ 
fähigkeit dadurch nach, daß sie einen Topf mit Brei noch 
warm nach Straßburg flößten. Und so langsam, wie Brei 
Wärme abgibt, nimmt er sie auch an. 

Alles in allem genommen, ich halte die angegebene 
Modifikation für eine gute und bei der geringen damit ver¬ 
bundenen Mühe wohl eines Versuchs in der Praxis wert. — 

Literatur. 

1. Peukert: Tabes dersalis im Geschlechtsleben der Frau. 
Monatsschr. für Geburtsh., 2. H. 09. 

2. Sachs: Ueber einen seltenen Befund von intracellularen 
Streptocoucohetten im Spinalpunktat. Monatsschr. für Geburtsh. 2. 09. 

3. De Suov: Fall von Gehirnabscess. (Pseudoeklampsie). 
Niederl. Gesellsch. für Gynäk., Febr. 09. 

4. Pelicand: Ueber Meninpitis und die Schwangerschaft. These 
de Lyon 08 

5. Lafont: Ueber Cerebrospinalmeninpitis im Wochenbett. These 
de Paris 08. 

6. Planchu: Kaiserschnitt bei einer Epileptischen. Lyon med. 
18. 08. 

7. E. Martin: Die Sterilisation tuberkulöser schwangerer Frauen 
durch die Totalenstirpation des graviden Uterns mit seinen Adnessen. 
Münchn. med. Wochenschr. 24. 09. 

8. L. Magnetta: Studie über die Evolution der Lungentuberkulose 
nach der Geburt und nach dem spontanen oder künstlichen Aboches. 
Lyon 08. 

9. Rose: Miliartuberkulose im Wochenbett. Münchn. med. 
Wochenschr. 38. 09. 

10. M. de Malde: Einleitung der Frühgeburt bei krupöser 
Pneumonie. Rassegnadi osh. 6. 08. 

11. Großkopf: Einfluß der Schwangerschaft, der Geburt und 
des Wochenbettes auf die oberen Luftwege. Arch. für Largepol. 
Bd. 21. H. 3. 

12. Thiery: Ueber Herzerkrankungen in Schwangerschaft und 
Wochenbett. Manp. Dirs. Nancy. 08. 

13. Wetterpren: Pyclihs während der Schwangerschaft. Hygica. 
8. 08. 

14. Rissmann: Langdauernder Steinverschluß des Choledochus 
und des Diverticulum Valeri. Transduodcuale Operation in der Gravi¬ 
dität. Zentralbl. für Gynäk. 20. 09. 

15. Lemercier M.: Darmverschluß und Schwangerschaft. Gaz. 
des hopit. 1. 2. 09. 

16. Hilton: Appendicitis des Puerperiums. Surpery V. 4. 

17. Delmas: Eitriger Gelenkrheumatismus bei der Schwangeren. 
Gaz. des höpit. 91. 08. 

18. Atkinson: Tod durch Masern im Wochenbett. Brit. med. 
Journ. Anh. 08. 

19. Graude: Die Chininsalze und das Euchinin bei Malaria¬ 
erkrankung in der Schwangerschaft. Gaz. depli. osped. 9. 09. 

20. Bataille: Ueber Grippe im Wochenbett. Manp. Dirs. 
Nancy. 08. 

21. Sire: Infektionskrankheiten und Schwangerschaft. Manp. 
Dirs. Matpellier. 08. 

22. M. Hirsch: Ueber Syphilis in Schwangerschaft und Wochen¬ 
bett. Zentralbl. für Gynäk. 35. 09. 

23. K. Barsch: Ueber die Vererbung der Syphilis auf Grund 
serologischer und baklanologischer Untersuchungen. Münchn. med. 
Wochenschr. 38. 09. 

24. P. Barund R. Dannay: Studie über die Lerodiagnostik bei 
Leberorganen und Neugebornen. L’olstelrigue. 1. 09. 

25. Wechselmann: PostcOnceplionelle Syphilis und Wasser- 
mannsche Reaktion. Deutsche med. Wochenschr. 15. 09. 

26. Bab: Das Problem der Luesübertragung auf das Kind und 
die akute Lues der Frau im Lichte der modernen Syphilisforschung. 
Zentralbl. für Gynäk. 15. 09. 







214 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 14 


REFERATE. 


Pharmakologie. 

Referent: Privatdozent Dr. C. Bachem in Bonn. 

1. lieber das Harneisen. Von O.Wolter, Rostock, Biochemische 
Zeitschrift, 1910, Band 24, Seite 108. 

2. Ueber das Resorptionsvermögen der Haut für Anilin¬ 
farbstoffe mit und ohne Anwendung des elektrischen Stromes 
(Jontophorese) und über Jontophorese im allgemeinen. Von 
Jamada und Jodlbauer, Arch. internat. de pharmacodyn. et de 
therap., Band 19, Seite 215. 

3. Adrenalin, ein Antidot gegen Strychnin? Von Januschke, 
Wien. Wiener klinische Wochenschrift, 1910, Nr. 8. 

4. Fruchtabtreibung mit Asarum europaeum. Von v. Sury, 
Basel. Münchener medizinische Wochenschrift, 1910, Nr. 1. 

5. Zur Neuausgabe des Arzneibuchs für das Deutsche Reich 
(ohne Angabe des Verfassers). Pharmazeutische Zeitung, 1910, Nr. 18 
und 19. 

6. Die Vergiftung mit Salzsäure. Von Geissler, Breslau. 
Vierteljahresschrift für gerichtliche Medizin, Band 37, Seite 1. 

1. Der erste Teil dieser Untersuchungen befaßt sich mit der 
Bestimmung des Eisens im Harn, der zweite mit der Menge desselben. 
Verfasser konnte feststellen, daß es für eine Reihe verschiedener Tier¬ 
arten und den Menschen erwiesen ist, daß stets im 24 ständigen Harn 
meßbare, aber nicht alle Tage gleichgroße Mengen von Eisen aus¬ 
geschieden werden. Die chemische Zusammensetzung dieser Eisen¬ 
verbindung ist nicht bekannt, es erscheint aber nicht als anorganisches, 
sondern in nicht ionisierter Form als organisches Eisen. Diese unbekannte 
organische Eisensubstanz gehört zu den Kolloiden. Es hat sich ferner 
gezeigt, daß das organisch gebundene Harneisen im normalen Harn 
verschiedener Tierarten (Hund, Kaninchen, Rind, Hammel, Ziege) aus 
zwei Komponenten zusammengesetzt ist: ein Teil ist locker gebundenes, 
ein anderer Teil fest gebundenes Eisen, das sich nur in der Harnasche 
nachweisen lässt. Die Normalzahl für das Gesamteisen eines 20 kg 
schweren Hundes beträgt pro die 1 mg Eisen (als Fe berechnet); sie j 
schwankt erheblich mit der Ernährung und geht z. B. bei Brotkost 
herab und bei Fleisch- und Blutnahrung in die Höhe. 

Im normalen menschlichen Harn kommt locker gebundenes Eisen 
meist in nicht meßbarer Menge vor, es wird vielmehr als festgebundes 
Eisen ausgeschieden. Durchschnittlich scheidet der Mensch etwa 1 mg 
täglich bei gemischter, blutarmer Kost an Eisen aus. Im Menschen¬ 
harn tritt bei einer Reihe von Krankheiten außer dem festgebundenen 
auch locker gebundenes Eisen auf. Bei Blutkrankheiten ist das Eisen 
gesteigert, hauptsächlich durch Auftreten von locker gebundenem Eisen. 

Beim eisenarm genährten Hunde und beim Menschen läßt sich 
eine Steigerung der Eisenausscheidung durch längere Zufuhr arznei¬ 
licher Eisenpräparate erreichen. Durch Subkutaninjektion selbst kleiner 
Mengen von Eisenpräparaten läßt sich bei Tier und Mensch leicht 
eine Steigerung der Ausscheidung von Harneisen erzielen, meist jedoch 
nur unter Schädigung des Nierenepithels. 

2. Die Autoren fassen ihre Versuchsergebnisse folgendermaßen 
zusammen. Die sauren Anilinfarbstoffe (Eosin) werden, trotz ihrer 
äußerst geringen Lipoidlöslichkeit, von der Haut der Warm- und Kalt¬ 
blüter absorbiert und finden sich in meßbarer Menge im Blute, in der 
Galle und im Harn. Bei Fröschen ist nach 6 ständigem Aufenthalte 
in 1/100 mol. Lösung bei Zimmertemperatur im Blute 0,26 mg und im 
Harn 0,05 mg Eosin vorhanden. Der Eosingehalt in der Galle ist sehr 
schwankend. Bei Mäusen betrug der Eosingehalt nach ebensolangem 
Aufenthalt in einer 1/50 mol. Lösung bei Körpertemperatur im Blute 
0,004-0,01 mg, im Harn 0,001-0,0015 mg, in der Galle 0,053 mg. Hier¬ 
aus ist zu ersehen, daß bei den Mäusen das im Blute vorhandene 
Eosin sehr rasch mit der Galle zur Ausscheidung gelangt. Durch Ver¬ 
wendung von elektrischem Strome (Jontophorese) läßt sich die Auf¬ 
nahme von Eosin durch die Haut bei den Kaltblütern nicht nachweis¬ 
bar steigern, wohl aber bei den Warmblütern (Mäusen). Diese 
vermehrte Aufnahme zeigt sich besonders im Harn (6 fache Menge) 
und in der Galle, während das Blut keine oder nur äußerst geringe 
Vermehrung des Eosingehaltes aufweist. Sowohl die säuern Anilin¬ 
farbstoffe (Eosin) als auch die basischen (Safranin, Methylenblau) 
werden von der Haut der Kaninchen und insbesondere der Hunde nur 
sehr wenig aufgenommen; nur die oberflächlichen Epidermisschichten 
zeigen sich selbst nach mehrstündiger Einwirkung gefärbt. Unter dem 
Einflüsse des elektrischen Stromes wird die Absorption viel stärker, 
was sich einerseits in der intensiveren Färbung, andererseits in der 
Tiefenwirkung äußert, entsprechend der Annahme einer Jontophorese 


tritt dies bei Eosin als saurer Farbstoff an der Kathode, bei Safranin 
und Methylenblau als basische Körper an der Anode auf. Das Wesen 
der Jontophorese besteht nicht allein darin, daß die Anionen von der 
Kathode aus, die Kationen von der Anode aus in den Körper gewisser¬ 
maßen hineingetrieben werden; das wesentliche besteht vielmehr in 
den durch den Strom bewirkten Hautveränderungen, nämlich Säure¬ 
bildung an der Anode, Alkalienhäufung an der Kathode. Denn eine 
Jontophorese tritt auch dann ein, wenn dem eigentlichen Resorptions¬ 
versuche die Durchleitung des elektrischen Stromes vorausgeht und 
erst dann die Resorption (aber ohne Strom) erfolgt. Es wäre sehr 
wohl denkbar nach Ansicht der Verfasser, daß durch die Anwendung 
der Jontophorese und die hierdurch hervorzurufende Steigerung der 
Aufnahmefähigkeit der Zellen für die Anilinfarbstoffe, die therapeutischen 
Erfolge mit den fluoreszierenden (photodynamischen) Stoffen bei Haut¬ 
erkrankungen sich steigern ließen. 

3. Falta und Ivcovic glaubten gefunden zu haben, daß Adrenalin 
ein Antidot gegen Strychnin sei. Eine Nachprüfung durch Januschke 
ergab dagegen folgendes: Adrenalin ist nicht imstande, beim Frosch 
den durch Strychnin geschaffenen Vergiftungszustand des Zentral¬ 
nervensystems aufzuheben. Solche Adrenalin - Strychninmischungen, 
welche bei subkutaner Applikation am Meerschweinchen ungiftig bleiben, 
bewirken bei intravenöser Injektion typische Strychninvergiftung. Die 
von anderen Autoren betonte Verzögerung der Giftresorption aus 
Lymphräumen durch Adrenalin würde hierdurch ihre Bestätigung finden. 

Das durch Strychnin in Diastole stillgestellte Froschherz, kann 
durch Adrenalin wieder zum Schlagen erweckt werden. Dies ist je¬ 
doch kein spezifischer Antagonismus, sondern lediglich eine Reiz¬ 
wirkung; denn den gleichen Erfolg haben auch andere chemische 
Reize, wie Kampfer, Barium, Stophanthin und Atropin sowie mechanische 
und elektrische Reize. 

4. Das zur Familie der Aristolochien gehörige Asarum europaeum 
oder der Haselwurz enthält in Wurzeln und Blättern einen giftigen 
Stoff, das Asaron (Propenyltrimethoxybenzol), welches emetisch und 
kathrtisch wirkt. Als Abortivum dient die Pflanze bei uns selten. Im 
vorliegenden Falle handelte es sich um eine Gravida, die eine starke 
Abkochung der Pflanze trank. Die Folgen waren starke Gastroen¬ 
teritis mit Prostration und nach einigen Tagen Ausstößen eines toten 
Kindes. Magen und Darm waren noch nach 2 Monaten angegriffen. 

5. Die demnächst zu erwartende Pharmacopöa germanica Ed. V. 
wird gegen die bisherige Ausgabe, die seit 1901 gilt, wesentliche 
Aenderungen und Verbesserungen erfahren. Der Textentwurf, der 
bereits vorliegt, weist z. B. unter anderen Neuerungen die Hinzufügung 
der chemischen Formeln, der Molekulargewichte, des Zwecks der 
Reinheitsproben usw. Alte, in der heutigen Pharmakotherapie über¬ 
flüssige Mittel sollen gestrichen werden, so u. a. Acidum hydrobromicum, 
Albumen ovi siccum, Ammonium chloratum ferratum, Aqua Picis, Elixir 
amarum, Ferrum citricum, Ferrum sesquichloratum, Fol. Jaborandi und 
Nicotianae, Fructus Papaveris immaturi, Fungus chirurgorum, Herba 
Conii, Liquor ammonii acetici, Lithium salicylicum, Oleum Papaveris 
und Sirupus Papaveris, Tartarus boraxatus, Vinum Colchici und Vinum 
Ipecacuanhae. 

Dagegen finden wir eine Reihe von Präparaten, die zur Neu¬ 
aufnahme vorgeschlagen sind; ich nenne nur: Acetum Sebadillae, 
Acid. acetylo-salicylic., Aether chloratus, Aethylmorphium hydrochlor. 
(Dionin), Argent. colloidale, Argent. proteinicum, Benzoylaethyldimethyl- 
aminopropanolum hydrochlor. (Stovain), Calcium hypophosphorosum, 
Chloroformium pro narcosi, Collemplastra (Kautschukpflaster), Cortex 
Rhamni Purshian. (Sagrada), Diacetylmorph. hydrochl. (Heroin), Emulsio 
olei jecoris aselli comp. Folia cocae, Guajacolum carbonic. Hexamethyl¬ 
entetramin, Hydrogenium peroxydat. sol. (Wasserstoffsuperoxyd), 
Lactylphenetidinum (Lactophenin), Liquor Aluminii acetico-tartarici 
(Alsollösung), Liquor Ferri oxychlorati dialysat., Methyleeum ditannicum 
(Tannoform;, Natrium acetylo-arsanilicum (Arsazetin), Natrium arsani- 
licum (Atoxyl), Natrium nitrosum, Novocain (unter chemischem Namen) 
verschiedene Pasten, Phenolphtalein., Pyrazolonum dimethylaminophenyl- 
dimethylic. (Pyramidon), Semen Sabadillae, Serum antitetanicum, Solut. 
Natrii chlorati physiologica, Spiritus saponis kalini, Tanalbinum, Tanni- 
num acetylicum (Tannigen), Theophyliiunum, Traumaticinum, Eukain 
(unter chemischem Namen), Tropakokainuni hydrochlor., Unguentum 
argenti colloidalis, Urea diaethylmalonylica (Veronal), Vaseliun malbum 
und flavum. Außer den genannten noch einige, im Ganzen 76. Die 
Maximaldosen stehen ebenfalls vorläufig fest; es hat den Anschein, 
als ob man hier zu ängstlich vorgehe, da die allgemein üblichen Dosen 
als Maximaldosen sanktioniert werden sollen; so hat man z. B. dem 
Laktophenin 0,5 g, dem Veronal die gleiche Menge, dem Dionin 0,03 g 
zugedacht. 

Dagegen ist es freudig zu begrüßen, daß die neue Pharmakopoe, 
ebenso wie die letzte Ph. Helvetica, einen wichtigen Anhang durch die 







Nr. 14 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


215 


Aufnahme von Reagentien und volumetrischen Lösungen zu ärztlichen 
Zwecken erhalten soll. 

6. Vorliegende für den Toxikologen dankenswerte Zusammen¬ 
stellung bringt kasuistische Beiträge zur Salzsäurevergiftung mit klinisch- 
und anatomisch-histologischen Untersuchungen sowie experimentelle 
Nachprüfungen. Dabei ist die medizin-gerichtliche Bedeutung besonders 
gewürdigt. Einige typische Fälle werden durch Abbildungen der 
pathologisch-anatomischen Befunde erläutert. 

Einzelheiten sind im Original nachzulesen. 


Neurologie und Psychiatrie. 

Referent: Irrenarzt Dr. Wern. H. Becker, Weilmünster. 

1. Zur Tuberkulinbehandlung der Paralytiker, Von Prof. 
Dr. Pilcz-Wien. Psychiatrisch-Neurologische Wochenschrift, Nr. 49, 
1909/10. 

2. Mitteilung über einen Fall von Psychose nach Fleisch¬ 
vergiftung. Von Dr. Max Raether-Andernach. Deutsche Medizinische 
Wochenschrift, Nr. 8, 1910. 

3. Die Kriminalanthropologie nach Lombroso. Von Dr. Sofer. 
Medizinische Blätter, Nr. 7, Wien, 1910. 

4. Die physikalische Behandlung der Ichias. Von Dr. Fürsten¬ 
berg-Berlin. Medizinische Klinik, Nr. 10, 1910. 

5. Die allgemeine Symptomatologie und Therapie der Hirn¬ 
geschwülste. Von Dr. Bychowski. Deutsche medizinische Wochen¬ 
schrift, Nr. 10, 1910. 

6. Hysterie und moderne Psychoanalyse. Von Hofrat Dr. Fried¬ 
länder, Hohe Mark i. T. Psychiatrisch-Neurologische Wochenschrift 
Nr. 46—50 (Fortsetzung). 

7. Hysterischer und spastischer Darmverschluß von Dr. Nord- 
mann, Schöneberg. Deutsche medizinische Wochenschrift, Nr. 10, 1910. 

8. Das Auftreten der spinalen Kinderlähmung (Heine-Me- 
dinsche Krankheit) in Vorpommern. Von Prof. Dr. Peiper, Greifswald. 
Deutsche medizinische Wochenschrift, Nr. 9, 1910. 

9. Blutschwitzen bei einer Hysterischen. Von Dr. Enge-Lübeck. 
Zentralblatt für Nervenheilkunde und Psychiatrie, Erstes Märzheft 1910. 

10. Zur Kasmistik der sexualen Aetiologie nervöser Symp¬ 
tome. Von Dr. Marcinowski — Haus Sielbeck. Zeitschrift für Psycho¬ 
therapie und medizinische Psychologie, Bd. II, Heft 1, 1910. 

11. Die Prognose der traumatischen Neurose und ihre Beein¬ 
flussung durch die Kapitalabfindung. Von Dr. Wimmer, Kopen¬ 
hagen. Zentralblatt für Nervenheilkunde und Psychiatrie, N. F., Bd. 21, 
Zweites Februarheft, 1910. 

12. Die Aufnahme in Irrenanstalten. Von Dr. F. Sioli, Galk- 
hausen. Reichs-Medizinal-Anzeiger, No. 4, 1910. 

1. Die rühmlich bekannte Behandlungsweise der Paralytiker mit 
Tuberkulininjektionen wird von dem Verfasser, wie schon öfter a. a. O., 
abermals verfochten, und zwar an der Hand von auf der einen Seite 
64 nicht injizierten und auf der andern Seite 60 mit Tuberkulin 
behandelten, wahllos und sine ira et studio in zwei Lager geschiedenen 
Paralytikern. Von den 60 behandelten Paralytikern leben noch 9, 
starben im 1. Jahre 19, im 2. 21, im 3. 7, im 4. Jahre 2, zusammen 60. 
— Von den 64 nichtinjizierten leben noch 5, starben im 1. Jahre 37, 
im 2. 18, im 3. 2, im 4. Jahre 2, zusammen 64. 

Hieraus zieht Verfasser den Schluß, daß 1. die Fälle, welche im 
1. Jahre des Anstaltsaufenthaltes starben, bei den nicht behandelten 
Paralytikern beträchtlich überwiegen, 2. daß von den noch lebenden 
paralytischen Kranken die größere Zahl injiziert war. Verfasser berichtet 
im Anschluß daran dann noch von einem Fall von matatorischer Form 
der Dementia praecor, der auch in auffallender Weise auf Tuberkulin¬ 
injektionen reagierte und in Heilung überging. 

Es spricht tatsächlich vieles für Versuche, diese Behandlungsweise 
noch zu prüfen. Es ist dem Referenten nur nicht recht ersichtlich, 
weshalb jetzt nur noch von „Tuberkulin“ die Rede ist; früher schrieb 
doch die Wiener Schule ausdrücklich hierfür „Alttuberkulin“ vor. 

2. In der Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt des Rheinlandes wurde 
der seltene Fall beobachtet, daß eine Psychose sich an eine Fleisch¬ 
vergiftung, und zwar den Genuß verdorbenen Pferdefleisches, anschloß. 
Nach R.’s Bericht ist in der Literatur der letzten 40 Jahre nur ein 
einziger Fall ähnlicher Art beschrieben. Allerdings ist die exogene 
Schädlichkeit des Ptomaintoxies in dem Andernacher Fall nicht die 
einzige Noxe, die ätiologisch in Betracht gekommen ist. Einem jahre¬ 
langen Alkoholmißbrauch, vor allem aber einem angeborenen, auch 
durch Degenerationszeichen stigmatisierte Imbecillität ist auch eine 
gewisse Rolle zuzuschreiben, so daß die Fleischvergiftung nur 
ein auslösendes Moment darstellen würde. 


VERSITY OF 


Abgesehen von einer mehrtägigen stuporähnlichen Benommenheit, 
die Verfasser bei seinem Patienten beobachtete, scheint ihm das 
Krankheitsbild ziemlich genau identisch zu sein mit denen, die 
Kraeplin in seinem Lehrbuch als „Vergiftungsdelirien“ zusammenfaßt. 
Der Fall endigte mit Genesung nach 7 wöchentlichem Kranksein; die 
ersten 5 Tage war Patient im Hospital zu E. gewesen, dann aber, 
nachdem die anfänglichen Magen-Darmerscheinungen mehr zurückge¬ 
treten, und statt dessen Angst und notorische Unruhe sich gezeigt 
hatten, in die Anstalt zu Andernach überführt worden. 

3. Der germanistische Professor würde die Sofer’sche Behandlung 
des Aufsatzthemas kaum als „genügend“ bezeichnet haben, denn der 
Verfasser geht nur etwa im ersten Drittel auf das Thema ein, in den 
übrigen zwei Dritteln kehrt der Name Lombroso nicht wieder und ist 
auch nicht mehr von Kriminalanthropologie und Kriminalpsychologie 
die Rede. Vielmehr geht Verfasser dann zu einer Darlegung seiner 
idealen Auffassung des Juristenberufs über, wobei ein langes Zitat aus 
einem Pelmannschen Aufsatz und andere Aussprüche diverser Autoren 
aller Fakultäten mithelfen. Dennoch ist die Arbeit interessant zu lesen, 
und wenn Verfasser sowohl dem Richter, als auch dem psychiatrischen 
Sachverständigen die Mahnung erteilt, tief in die Materie einzudringen, 
in der Seele des Angeklagten zu forschen und vor allem die Fähigkeit, 
derartige Forschung vorzunehmen, mitzubringen an den viel Verant¬ 
wortung tragenden Richtertisch, so ist dies ebenso, gutzuheißen wie 
der treffliche Hinweis, daß die Psychiatrie keine so exakten Lehrsätze, 
wie die Mathematik z. B., kennt, sondern abhängig ist von der indi¬ 
viduellen Auffassung des einzelnen. 

4. Nach Aufzählungder hauptsächlichsten arzneilichen Ischiasbehand- 
lungs-Methoden, unten Ref. gern noch die blutdruckherabsetzende 
Nitroglycerindarreichung erwähnt gesehen hätte, und der größeren 
chirurgischen Eingriffe, bespricht Verfasser kurz die Behandlung mit 
Radiumamanationen, die Lichttherapie, die Massage, die Diätkuren und 
die diversen modernen Injektionsarten. Letzterer souveränen Behand¬ 
lungsart gleichwertig ist die in Briegers hydrotherapeutischer Universitäts- 
an^talt bei Ischias vielerprobte Wasserheilmethode, die bei diesem 
Leiden in Gestalt der „wechselwarmen Prozeduren in der Dusche¬ 
massage und der Bewegungsbäder“ von Brieger und Fürstenberg zur 
Anwendung gebracht wird. In akuten Fällen verordnen sie in den 
ersten Tagen vollkommene Bettruhe mit heißen Umschlägen am Tage 
und erregenden zur Nacht. Dann gehen sie zu Bewegungsbädern und 
zur schottischen Douche über; Massage ist erst nach Ablauf der akuten 
Erscheinungen angebracht. Leichtere oder schon auf dem Wege der 
Besserung befindliche Kranke werden ambulant behandelt, indem sie 
3—4 mal wöchentlich ins Institut bestellt werden. 

Mit dieser Behandlungsmethode wurden etwa 85°/ 0 Heilungen re¬ 
spektive sehr gute Besserungen erzielt. Behandlungsdauer 4 bis 6 bis 
8 Wochen. Es wurden Fälle hydrotherapeutisch geheilt, die vorher 
vergeblich mit Injektionen behandelt worden waren. Über umgekehrte 
Fälle fehlt dem Verfasser das Urteil. 

5. Die Hirngeschwulst, zu der man aus praktischen Rücksichten auch 
Amuryma, Gumma, Hydrocephalus, Parasiten, Tuberkulose u. a. hin¬ 
zurechnet, wird lebensgefährlich nicht so sehr durch seine spezifische 
biologische Eigenschaft, als vielmehr auf Grund der topographischen 
Verhältnisse, die dem Carebrum kein Ausweichen gestatten. Metastasen 
der Hirngeschwülste kommen kaum vor. Allgemeine Symptome sind 
intensive Kopfschmerzen mit charakteristischer Kopfhaltung, Erbrechen, 
Konvulsionen, verlangsamter gespannter Puls, Fehlen der Sehnen¬ 
reflexe und Stauungspapille. Veränderungen im Röntgenbild, psychische 
Störungen und Sistieren der Sexualfunktionen können die Diagnose 

! stützen. Dazu kommen spezielle Herdsymptome. Die Therapie fordert, 
wenn die bedrohlichen Erscheinungen nicht sofortiges chirurgisches 
Eingreifen erheischen, den Versuch einer Hg=Kur, aber stets unter 
Kontrolle der okulistischen Erscheinungen, deren Zunahme Aussetzen 
der Kur und wiederum chirurgische Maßnahmen nötig macht. Aehnlich 

I steht es mit der Darreichung von Jodpräparaten. Die Lumbalpunktion 
hat sich manchmal als gefährlich erwiesen, eher schon mag man, auch 
aus diagnostischen Rücksichten zur Neisser-Pollakschen Gehirnpunktion 
greifen. Das zuverlässigste Mittel zur Bekämpfung des erhöhten 
Hirndrucks oder eventuellen Tumorexstirpation ist die Trepanation. 
„Wo jede lokale Indikation fehlt, vird man die Gegend des physiolo¬ 
gisch am wenigsten differenzierten rechten Pariatallappens für die 
Operation wählen“. 

6. Vortragender geht dann näher auf die Frendsche Therapie ein, die 
er in ihrer ursprünglichen Form der kathartischen oder Abreaktions¬ 
methode als „für manche Fälle sehr brauchbar“ ansieht, indem sie, wie 
Jung nachher dargelegt hat, bestrebt ist, den normalen lehrest zu 
stärken, wie es aber die alte Schule auch schon tat. Dagegen wird 
mit Bezzola dagegen polemisiert, daß die Sexualität immer die Grund- 

| ätiologie bilden solle, wie Steckei das bedingungslos unterschrieben 


/ER 





216 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 14 


hat. In diesem Falle sei die Frendsche Methode eine wahrhaft heikle. 
Nach einigen weiteren Citationen folgt dann die größtenteils ab¬ 
sprechende Kritik, die die neue psychoanalytische Methode seitens 
deutscher Koryphäen der Psychiatrie auf dem II. internationalen Kon¬ 
greß für Psychiatrie in Amsterdam gefunden hat. 

In der nunmehr folgenden Kritik sucht Vortragender zu erklären, 
woher die Verschiedenheit der Ansichten und wie speziell die eigen¬ 
artigen Forschungsergebnisse der Wiener Schule kommen, wobei einer¬ 
seits Autogestion der Ärzte und andererseits das spezifische durch die 
steigende Popolarität der Frendschen Hypothesen in Wien usw. zu¬ 
sammenströmende Material als Ursachen angenommen werden. Der 
Tenor der Zusammenfassung des Vortrages gipfelt in folgenden Sätzen: 

Eine Kausale, auf alle Fälle von Hysterie anwendbare Therapie 
esitzen wir nicht. Die kathartische (Abreaktions-) Methode von Breuer- 
Frend ist theoretisch für die Psychologie der Hysterie sehr fruchtbar 
gewesen, praktisch verwendbar ist sie nur für gewisse traumatische 
Hysterien. Die psychoanalytische Methode ist sicherlich nicht das 
einzige Mittel, um Hysterien günstig zu beeinflussen; sofern sie mit 
dem detaillierten Eingehen auf sexuelle Angelegenheiten und Perver¬ 
sitäten verknüpft ist, wird sie mit Recht von vielen Autoren abgelehnt. 

7. „Eine allgemeine Nervenerkrankung, besonders die Hysterie“ sind 
nicht selten als das Grundleiden zu betrachten. Drei in der chirur¬ 
gischen Abteilung des Auguste Viktoria-Krankenhauses beobachtete 
Fälle scheinen diesen Satz zu bestätigen. 

Fall 1. 25jähriges Mädchen. Diagnose: Hysterischer Ileus. 
Therapie: Darmspülungen, Morphium, Umschläge. Geheilt entlassen 
nach 17 Tagen. 

Fall 2. 45jähriger Herr. Diagnose: Pleus spastikus (ausgebreitete 
Sensibilitätsstörungen am ganzen Körper, besonders am linken Bein 
und rechten Arm). Therapie: Laporotomie, Morphium, Atropie (Bauch¬ 
schnitt wegen anfänglichen Peritonitisverdachtes). Geheilt. 

Fall 3. 66jähriger Herr. Diagnose: Ileus durch Spasmus der 

Darmmuskulatur (keinerlei Nervenerscheinungen), Therapie: Ileostomie, 
Tod durch Kräfteverfall und Inanition. Auch die Sektion gab keinen 
Aufschluß über das Grundleiden. 

Verfasser faßt den Fall 3 als eine Seltenheit auf und nimmt hier 
eine Störung in der Nervensteuerung als Grund des Spasmus an 
(reflektorischer Spasmus nach Wilms). In allen Fällen soll man 
möglichst das Grundleiden zu eruieren suchen und darf hier sehr wohl 
auch an Hysterie denken. In diesem Falle kann die Therapie so lange 
konservativ sein, als das Allgemeinbefinden des Patienten gut bleibt. 

8. Verfasser hat 51 Fälle zusammengestellt, von denen 20 auf die 
Stadt Anklam, die anderen auf die ländliche Umgegend kamen. Die 
Art der Verbreitung ließ sich nicht eruieren, wenn auch die Infektiosität 
der Krankheit zweifellos erscheint, was aber nicht die Kontagiosität 
involviert. Aber es ist doch Römer, Marburg, gelungen, das Virus 
durch Verimpfung von Gehirnmasse, aus der Ponsgegend stammend, 
von einem tödlich verlaufenen Falle von Kinderlähmung durch 
intracerebrale Impfung auf einen Affen zu übertragen; von diesem 
wieder auf ein zweites Tier. Das Krankheitsbild begann in fast allen 
Fällen mit hohem Fieber und Kopfschmerzen, Durchfällen und Brech¬ 
reiz. Lähmungserscheinungen wurden schon häufig während des 
Fiebers beobachtet oder aber erst nach Abfall des Fiebers bemerkt. 
Der Tod erfolgte in 11,7 Proz. In 10 Fällen fand Rostitutio ad 
integrum statt, in den anderen Fällen blieben Ausfallserscheinungen 
zurück. Wegen der mangelnden ätiologischen Klärung schlägt Ver¬ 
fasser vor, als Sammelnamen lieber die Bezeichnung „Medin-Heine’sche 
Krankheit“ zu wählen. 

9. Die Hämatohidrosis ist zwar von Binswanger bereits beschrieben 
worden, jedoch von ihm als mit Vorsicht den seltenen Hysteriesymptomen 
zuzurechnen bezeichnet worden, da nach seiner Beobachtung stets 
schwere Stoffwechselstörungen (Nephritis, perniciöse Animie) neben 
der Hysterie bestanden hätte. Deshalb hält Verfasser es für im all¬ 
gemeinen Interesse liegend, wenn er einen neuen, in der Staatsirren¬ 
anstalt Lübeck einwandfrei beobachteten Fall eingehend wiedergibt. 
Die vom Verfasser gestellte Diagnose Hysterie ist wohl kaum an¬ 
zuzweifeln, einzeln aufgetretene Kotatonische Symptome stoßen die 
erstere Diagnose nicht um. Das Blutschwitzen wurde zweimal mit 
Sicherheit konstatiert. Unbemerkte Hartverletzungen oder Kunstprodukte 
konnten durch längere ärztliche Beobachtung diagnostisch ausgeschaltet 
werden. Stoffwechselstörungen ließen sich noch nicht diagnosticieren, 
so daß Verfasser die hysterische Basis äls gegeben annimmt. 

10. Drei Fälle werden uns vorgeführt, in denen nervöse Krankheits¬ 
erscheinungen in sexuellen Erlebnissen wurzelten und die durch Auf¬ 
deckung des Zusammenhangs heilten, also ganz Freud’cher Teorie 
entsprechend. In den zwei ersten Fällen handelte es sich um krampf¬ 
artige Schmerzen im rechten Deltoideus, die beide Male mit mastur- 
batrischen Excessen zusammenhingen; im dritten Fall lag eine 


I Angstneurose mit Zwangsvorstellungen und mannigfaltigen Phobien 
vor, die auf ein psychisches Trauma in der Kinderzeit (großes schauer- 
romantisches Bild von einem Lustmord) zurückzuführen war. 

Referent muß dem Verfasser beistimmen in dem Betonen, daß 
hier nichts „hineinexaminiert“, die Deutung durchaus nicht „gesucht“ 
sei, er „voraussetzungslos“ die Psychoanalyse vorgenommen habe und 
das Resultat ohne seinen oder der Patienten Willen entstanden sei, 
und soweit ist überhaupt den Ansichten des Verfassers beizupflichten. 

Was aber weniger anspricht, ist zum Schluß die Lobespreisung 
| all dessen, was die Freud’sche Schule uns in der letzten Zeit geboten 
hat. Bedurfte es der Heranziehung des „etwas drastischen Materials 
der Wiener Schule“ und der Verurteilung der Mehrzahl deutscher 
Psychiater, die dies Beweismaterial ablehnen, um seine 3 Fälle zur 
Anerkennung zu bringen? = Ich meine, sie hätten auch schon für 
sich gesprochen. 

11. Der Aufsatz ist die Wiedergabe eines Vortrages, gehalten beim 
II. Internationalen medizinischen Kongreß für Unfallverletzte in Rom 
im vorigen Jahre, und beleuchtet in interessanter Weise, wie der 
dänische Staat sich gegen die hohen Forderungen der Unfallneurotiker 
wehrt. Ausgehend von der Erfahrung, daß eine Kapitalabfindung die 
Prognose der Rentenhysterie wesentlich günstiger gestaltet, als die 
Rentenfestsetzung, ist in Dänemark eine vorläufige, relative un.l 
partielle Entschädigung gestattet, sobald das Vorhandensein einer 
traumatischen Neurose beim Verletzten festgestellt ist. Durch diese 
vorläufige Kapitalabfindung wurden bereits 51,9% aller vom Verfasser 
beobachteten Fälle geheilt. Wenn aber die nach der zweiten definitiven 
Abfindung geheilten traumatischen Neurosen noch hinzu gerechnet 
werden, und man die Fälle, die durch das Vorhandensein tatsächlicher 
organischer Schädigungen neben den rein psychisch bedingten Symptomen 
komplizierterer Natur waren, ausschaltet, dann ergibt sich eine Heilung 
von 93,6%. Hieraus zieht W. den Schluß, daß die Furcht vor einer 
„Abfindungshysterie“ jedenfalls etwas verfrüht ist, und daß sich durch 
die Kapitalabfindung heilen läßt, was eben heilbar ist, d. i. die reine 
und unkomplizierte traumatische Neurose. Die Abfindungssumme 
betrug bei der ersten Rate etwa 1000, bei der zweiten zirka 1300 Mk. 

Das einzige Bedenken, was Verfasser gegen diese Art der staatlichen 
Entschädigung hat, ist das, daß viele Proletarier, die bis dahin gewohnt 
waren, von der Hand in den zu Mund leben, eine weise Nutznießung 
der vorher nie gesehenen großen Summe Kapitals nicht werden auszu¬ 
üben verstehen. Tatsächlich wurde auch einer der W.sehen Patienten 
chronischer Alkoholist. 

12. Soll die Arbeit orientieren, insbesondere der praktische Arzt darin 
finden, welche Vorbedingungen zu erfüllen sind zur Aufnahme seines 
Patienten in eine Irrenanstalt, dann wird leider die Gründlichkeit 
vermißt, indem auf die Verschiedenheit der Aufnahmebedingungen in 
den Einzelstaaten und den einzelnen preußischen Provinzen zu wenig 
eingegangen wird. Noch weniger hören wir von den einzelnen 
Krankheitsformen, die unbedingt in die Anstalt gehören oder allenfalls 
draußen hausärztlich weiter behandelt werden können. 

Soll die Arbeit aber die Aerzte zusammenscharen zu einer Abwehr 
der so verderblichen modernen antipsychiatrischen Bewegung, die bald 
schreit, daß ein Geistesgesunder unschuldig interniert gewesen sei, ein 
Opfer raffinierter Intrigue und mangelnden Gesetzesschutzes, bald über 
die zu frühe Entlassung eines noch Gemeingefährlichen sich aufregt, 
dann ist der Zweck erfüllt und dieser Nummer des im neuen Ge¬ 
wände seit Beginn dieses Jahres sich uns darbietenden Reichsmedizinal- 
Anzeigers möglichste Verbreitung in Aerztekreisen und unter den diese 
Frage interessierenden Laien, inkl. eines gewissen konservativen Abge¬ 
ordneten, zu wünschen. In dem Wunsche besonders einer gesetzlichen 
Regelung der Frage in dem Sinne, daß eine möglichst schleunige Zu¬ 
führung Geisteskranker zur Anstalt gewährleistet wird und daß deshalb 
| der Gesetzgeber von der „Laienkommission“, die das Gegenteil be- 
i wirken würde, absehen möge, kann man dem Verfasser, dem Träger 
! des Namens eines Sozialpsychiaters von namhaftem Ruf, nur voll und 
ganz beistimmen. 


Augenheilkunde. 

Referent: Augenarzt Dr. Paul Greven, Aachen. 

1. Die Entstehung der Kurzsichtigkeit. Von Dr. Georg 
Levinsohn, Priv.-Doz. in Berlin. Med. Klinik 1910 Nr. 9. 

2. Ueber Beziehungen der Lähmung des Nervus veulo- 
motorius zu Krankheiten der Nase, beziehungsweise der Keil¬ 
beinhöhle. Von San.-Rat Dr. Ziem, Danzig. Ibidem. 

3. Mitteilung über die Anwendung von Dionin. Von Dr. Reif, 
Ziegenrück, Ibidem. 





Nr. 14 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


217 


4. Zur Verhütung des Irisprolapses nach der Staroperation 
ohne Iridectomie. Von Dr. Franz Geis, Assist, der Universitäts- 
Augenklinik, Breslan (Geh. Rat Uhthoff). Berliner Klin. Wochenschr. 
1910, Nr. 7. 

5. Augenverletzung durch „Rasillit“. Von Dr. Curt Cohen, 
Augenarzt in Breslau. Ibidem. 

6. Das Farbenbenennungsvermögen als Intelligenzprüfung bei 
Kindern. Von Dr. F. Warburg. Die Umschau 1910 Nr. 4. 

7. Ein seltener Fall von schwerer perforierender Bulbus¬ 
verletzung mit Infektion, und Heilung unter Erhaltung von 
Visus. Von J. O. Tockel, Med. Praktikant an der Augenklinik Dr. 
Treitel , Königsberg i. Pr. Berl. klin. Wochenschr. 1910 Nr. 6. 

8. Über die durch rasche Kopfbewegungen ausgelösten 
Nystagmusanfälle, ihre diagnostische Bedeutung und ihre 
theoretische Erklärung. Von Dozent Dr. Bäräny, Wien, Ass. der 
Universitäts-Ohrenklinik (Prof. Urbautschitsch) Wiener Mediz. 
Wochenschrift 1910 Nr. 4. 

9. Einige therapeutische Beobachtungen. Von Dr. Bruno 
Sylla in Bremen. Wochenschrift für Ther. u. Hyg. des Auges XIII 
Nr. 20. 

1. Die Maßnahmen zur Verhütung der Kurzsichtigkeit, die ja 
hauptsächlich auf dem Gebiete der Schule getroffen werden, haben 
bisher den gewünschten Erfolg nicht gehabt. Denn der Prozentsatz 
der Kurzsichtigen ist nicht bedeutend gesunken. Der Kampf gegen 
die Kurzsichtigkeit hat also wohl nicht am richtigen Punkte eingesetzt, 
d. h. unsere Auffassung über die Entstehung der Kurzsichtigkeit ist 
noch eine ganz unsichere. Es steht nun aber wohl fest, daß die Kurz¬ 
sichtigkeit durch Naharbeit entsteht, und diese Tatsache hat dazu 
geführt, daß man für die Entstehung der Kurzsichtigkeit die bei der 
Naharbeit wirksamen Kräfte, d. h. die Akkomodation und die Konver¬ 
genz, angeschuldigt hat. Man glaubte, daß bei der Akkomodation durch 
die Spannung des Ciliarmuskels die Aderhaut angezogen und der Glas¬ 
körperdruck dadurch vermehrt werde, und daß infolge dieser Druck¬ 
vermehrung das Auge ausgedehnt, d. h. kurzsichtig werde. Bei der 
Konvergenz aber soll diese Ausdehnung des Auges durch Kompression 
des Bulbus durch die geraden Augenmuskeln zustande kommen. Beide 
Auffassungen sind indessen irrig. Experimente haben ergeben, daß 
Akkomodation niemals den Druck erhöht, sondern eher etwas herab¬ 
setzt, und daß weiterhin auch die Kontraktion der äußeren Augen¬ 
muskeln niemals eine Druckerhöhung hervorruft. Auch die Stilling’sche 
Theorie, die den Obliquus superior für die Ausdehnung des Bulbus 
verantwortlich macht, ist irrig. Nun weist Levinsohn in der vor¬ 
liegenden Arbeit auf die Schädlichkeit hin, die das Auge erfährt durch 
die Beugung des Kopfes und des Körpers bei der Naharbeit, wobei 
die Schwerkraft auf das Auge einwirkt. Durch Versuche hat Verfasser 
festgestellt, daß das Auge bei Beugung des Kopfes und Körpers mit 
einer gewissen Kraft nach abwärts gezerrt wird und in dieser Stellung 
der Schwerkraft unterliegt. Die Schwerkraft wirkt vertikal ein, der 
Sehnerv aber stellt einen Zug dar, der den Bulbus nach oben und 
innen zieht. Die Wirkung auf das Auge wird sich demnach in der 
Diagonale der beiden Kräfte bemerkbar machen und die Stelle des 
Sehnerveneintrittes nach innen und etwas nach oben ziehen, oder die 
temporale und etwas nach unten gelegene Begrenzung des Sehnerven¬ 
eintritts wird dem stärksten Zug ausgesetzt. Das ist aber auch die 
Stelle, wo die myopischen Veränderungen fast stets sich zeigen. Ver¬ 
fasser hat nun auch tatsächlich bei jungen Hunden und Katzen, die 
er in eine Lage brachte, daß der Kopf herabhing, eine Erhöhung der 
Refraktion erzielt, was bisher nie gelungen ist. Es handelt sich also 
um einen Zug, der höchstwahrscheinlich die nachgiebige Skleralkapsel 
allmählich verlängert ohne intraokulare Drucksteigerung. Neben der 
Kopfhaltung kommt dann noch als Faktor für das Zustandekommen 
von Myopie eine gewisse Anlage hinzu und das Alter des Individuums, 
da Kurzsichtigkeit so gut wie immer erworben wird während der Zeit 
des Wachstums. 

2. Ziem berichtet über einen Fall von vorübergehender Lähmung 
des Nervus oculomotorius bei gleichseitiger Eiterung der Nasen- und 
Keilbeinhöhle. Er glaubt, daß die Anschwellung in der Nasenhöhle 
sich nach rückwärts bis in die Keilbeinhöhle fortgesetzt und dann 
weiter auch eine Stauung im Gebiete des an der äußeren Wand der¬ 
selben, an manchen Stellen dicht verlaufenden Nervus oculomotorius 
hervorgerufen hat. Interessant ist, daß die Lähmung trotz aller mög¬ 
lichen Therapie erst zurückging, als der Kranke seine feuchte, modrige 
Wohnung mit einer gesunden, luftigen vertauschte. 

3. In der Augenheilkunde hat Reif das Dionin besonders zur Er¬ 
weiterung der Pupillen in Verbindung mit Atropin angewendet. Auf 
eine sehr ausgedehnte Anwendung von Atropin scheint R. sehr großen 
Wert zu legen, u. a. bei „traumatischem Katarrh“, bei dem eine ener¬ 
gische Erweiterung der Pupille geboten sei. Nach meiner Ansicht 


aber sollte man doch mit Atropin nicht allzu freigebig sein, sondern 
dasselbe nur gebrauchen, wenn eine strenge Indikation dazu vorliegt. 
Denn man muß doch immer bedenken, daß ein Tropfen Atropinlösung 
eine Auge tagelang, ja bis zu einer Woche leistungsunfähig macht für 
Naharbeit. 

4. An der Breslauer Universitätsaugenklinik verfährt Uhthoff seit 
• 2 1 / 2 Jahren bei sämtlichen Katarakextraktionen ohne Iridektomie folgender¬ 
maßen: Nach der gewöhnlichen einfachen Lappenextraktion mit Binde¬ 
hautlappen wird, nachdem die Iris gut mit dem Spatel reponiert ist, 
und der Bindehautlappen gut liegt, 1-2 Tropfen 1% Eserin in den 
Bindehautsack eingeträufelt, um durch kräftige Kontraktion des Sphinkters 
dem Irisvorfall vorzubeugen. Am anderen Morgen wird, wenn die 
Pupille rund und eng ist, von jeder weiteren Maßnahme abgesehen, 
ist jedoch die Pupille etwas verzogen, so wird nochmals Eserin ge¬ 
geben und eventuell auch noch den folgenden Tag. Atropin wird 
niemals vor dem dritten oder vierten Tage eingeträufelt. Auf Grund 
der Erfahrungen von 170 Fällen glaubt Verf., daß die Einträufelung 
von 1 o/o Eserin unmittelbar nach der Extraktion ohne Iridektomie den 
Prozentsatz des Irisprolapses bedeutend herbsetzt, daß diese Eserin¬ 
einträufelung sicherlich keine schädliche Wirkung auf den Heilungs¬ 
prozeß ausübt, sondern eher noch diesen günstig beeinflußt, ferner 
daß die Anwendung des Eserins nach der Starextraktion ohne Iridek- 
tomine auf die erwähnte Art und Weise uns berechtigt, die Indikations¬ 
stellung zu dieser Operation etwas zu erweitern, daß endlich Diabetes 
und Nephritis sicherlich wenigstens keine Gegenindikation bilden. 

5. Cohen berichtet über einen Fall von einer ernsthaften arte- 
fiziellen Conjunktivitis, hervorgerufen dadurch, daß eine geringe Menge 
von „Rassilit“ dem Patienten durch Unvorsichtigkeit ins Auge geriet. 
Vor grösserem Schaden wurde Patient bewahrt, weil sein Auge sofort 
gründlich ausgespült wurde. Rassilit ist ein Pulver, welches zu einem 
Brei angerührt, auf die Barthaare aufgetragen wird und diese ohne 
Zuhilfenahme eines Messers in zwei bis drei Minuten hinwegtilgt. 
Vor diesem Rasiermittel ist übrigens schon häufiger gewarnt worden. 
Tierversuche, die Cohen nach jener Beobachtung anstellte, ergaben, 
daß Rassillit für das Auge ein höchst gefährlicher Körper ist und im 
wesentlichen dasselbe Bild hervorruft wie eine schwere Kalkverätzung: 
Nekrosen der Bindehaut und Hornhaut, narbige Degeneration der 
Hornhaut und dadurch bedingte völlige Erblindung. Diese stürmischen 
Erscheinungen treten bereits nach etwa 3 Minuten auf. Diese verätzende 
Wirkung erklärt sich aus seiner chemischen Zusammensetzung, denn 
die Analyse des Rassilits ergibt stark alkalische Reaktion und als 
Hauptbestandteile Schwefel, Kalk und Magnesia. 

6. Um ein Urteil über die Intelligenz von Kindern zu gewinnen, 
benutzte Warburg das Farbenbenennungsvermögen als Prüfung bei 
1800 Kindern von Normal- und Hilfsschulen. Das Farbenbenennungs¬ 
vermögen ist wohl zu trennen von der Farbentüchtigkeit; denn diese 
ist fast ausnahmslos angeboren, jenes aber beruht auf der Entwicklung 
der Intelligenz. Die Zahl der benannten Farben steht sowohl bei den 
Mädchen als bei den Knaben in völligem Einklang mit der Intelligenz. 
Die Zahl der richtigen Antworten steigt von Klasse zu Klasse; und 
die Intelligentesten einer Klasse wissen die meisten Farbennamen. 
Die Resultate der Farbenprobe stimmten meist überraschend mit den 
Erfahrungen der Lehrer überein. Am meisten wurde Weiß richtig be¬ 
nannt, nämlich in 99%, dann in langsam absteigender Reihenfolge 
Schwarz, Rot, Gelb, Grün, Blau, Grau, Violett, letzteres in 29%. In 
den Hilfsschulen ist die Farbenbenennung bedeutend schlechter wie in 
den Normalschulen. 

7. Tockel berichtet ausführlich über eine schwere Verletzung des 
Auges durch Kuhhornstoß: perforierende Kornealwunde im Limbus 
mit Glaskörpervorfall und Infektion. Die eingeschlagene Therapie be¬ 
stand in Abtragung des Glaskörpervorfalles mit folgender konjunktivaler 
Deckung, wodurch das Eindringen neuer Keime durch die Wunde ver¬ 
hindert wurde. Die Bekämpfung der Infektion wurde durch Dar¬ 
reichung von hohen Quecksilberdosen in Form von Inunktionen mit 
grauer Salbe (2 x tgl. 4 g) und subkonjunktivalen Einspritzungen von 
Hydrargyrum oxycyanatum und später von 4% Kochsalzlösung unter¬ 
stützt. Daneben Schwitzen und strenge Bettruhe. Nachdem das Auge 
reizlos geworden war, Ausführung einer Iridektomie zu optisch-thera¬ 
peutischen Zwecken. Danach konnte der Kranke schließlich Finger in 
2 Meter Entfernung erkennen. 

8. Die von Barany zuerst beschriebene Erscheinung beruht in folgen¬ 
dem: Bei einer bestimmten Art von Patienten ruft plötzliche Neigung 
des Kopfes nach rückwärts, plötzliches Bücken, plötzliches Neigen des 
Kopfes nach rechts oder links, plötzliche Drehung des Kopfes 
nach rechts oder links einen Nystagmusanfall mit Schwindel 
hervor, der meist ca. % Minute dauert. Die Richtung des Nystagmus 
ist von der Richtung der Kopfbewegung bis zu einem gewissen 
Grade abhängig: Neigung nach rechts Nystagmus rotatorius nach 





218 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 14 


rechts Neigung nach links Nystagmus rotatorius nach links. Auch 
die Drehung sowie die Neigung nach rückwärts und nach vorn oder 
das Aufsetzen aus Rückenlage rufen meist einen rotatorischen Nystagmus 
hervor. Diese Schwindel- und Nystagmusanfälle kommen vor in den 
ersten Tagen nach akuter Labyrinthzerstörung und bei allen zirkum¬ 
skripten Erkrankungen des Vestibularapparates, peripheren oder 
zentralen Ursprungs. 

9. Für die skrofulösen Erkrankungen der Nase, die so häufig auch- 
das Auge in Mitleidenschaft ziehen, empfiehlt Sylla die Anwendung 
der Bleno-Lenieltsalbe (mit Envaselin hergestellt), oder aber noch besser 
die mit Encerimm anhydrium angefertigte Lenieltsalbe (Lenielt ist ein 
Präparat von essigsaurer Tonerde), zunächst lOprozentig, später bei 
geringer werdender Sekretion 5 prozentig. Man löffelt die Salbe mit 
einem Glasstäbchen in ziemlicher Menge in die Nase hinein und ver- 
schliesst dann für etwa */ 2 Stunde die Nasenlöcher mit einem Watte 
bausch. Ueberhaupt hat sich dar Encerimm auhydrieum Verfasser als 
Konstituens für alle vorkommenden Augensalben bestens bewährt. 

Als gutes Schwitzmittel in der Augenheilkunde empfiehlt Sylla das 
Diaspirin (Bayer). Es ruft nicht die geringsten Beschwerden seitens 
des Magens und des Herzens hervor und bewirkt sicher und schnell 
ausgiebiges Schwitzen. Die dem Aspirin eigene schmerzlindernde 
Wirkung ist bei dem Diaspirin ebenfalls vorhanden. 


Herzkrankheiten. 

Referent: Badearzt Dr. Silbermann, Kudowa-Berlin. 

1. Ueber physikalische Therapie bei Herzkrankheiten. Von 
Dr. Erich Plate, Hamburg. Die Therapie des Arztes, Bd. 1. 

2. Ein Beitrag zur Therapie der Herz- und Nervenkrank¬ 
heiten. Von Dr. Josef Jakubec, Wien. 

3. Ueber die Herz- und Gefäßwirkung des Strophantins 
bei gesunden und kranken Menschen. Von Dr. Otto Vagt, 
Tübingen. Med. Klinik 1909, 49, 50, 51. 

4. Zur nasalen Beeinflussung der Herzneurose. Deutsch, 
med. Woch. 1910, 8. 

1. Ohne etwas wesentlich Neues zu bringen, hat Verfasser kurz 
die verschiedenen zur Anwendung gelangenden Behandlungsmethoden 
zusammengestellt, unter denen er der Gymnastik, Vibratrion und Massage 
einen größeren Platz einräumt, als den heute weit mehr angewandten 
Kohlensäurebädern. Daß diese „immer eine Anstrengung für das 
Herz bedeuten, die gute Reservekräfte voraussetzt“ dürfte eine Ansicht 
sein, die nicht allgemein geteilt wird. 

2. Verfasser hat in einer grösseren Anzahl von Fällen von Herz- 
insufficienz den Syr. Kolaeconys. Hell mit gutem Erfolge gegeben, wie 
aus den angeführten Krankengeschichten hervorgeht und empfiehlt 
daher dieses Mittel, das bisher bei Herzinsufficienzen noch nicht zur 
Anwendung gelangt war, auch für diese Fälle 

3. Angeregt durch die Untersuchungen von Gottlieb und Magnus, 
die durch Injektion großer toxischer Dosen (1—2 mg pro kg Tier) Stro¬ 
phantin eine starke Contraktion im Splauchnicusgebiet bei gleichzeitiger 
Dilatation der peripheren Gefässe und großer Blutdrucksteigerung 
erzielt hatten, hat Verfasser eine Reihe von Versuchen an gesunden 
und kranken Menschen vorgenommen, um auch die Wirkung thera¬ 
peutischer Dosen auf die Gefäße zu prüfen. Zu diesem Zweck werden 
gleichzeitig Plethysmogramme ; L vom Vorderarm mittels der Wasser¬ 
plethysmographen, Blutdruckmessungen mit dem Recklinghausen’schen 
Blutdruckapparat und Fachogramme von Truncus anonymus bezw. der 
Carolis mit dem Flammentachographen aufgenommen. Besondere Be¬ 
achtung wurde auch dem psychischen Einfluss derartiger Untersuchungen 
auf die Resultate geschenkt und soweit als irgend möglich aus¬ 
geschaltet. 

Zu den Untersuchungen wurde die intravenöse Injektion von 1 mg 
Strophantin Bochringer angewandt und zwar zunächst nur an Herz¬ 
gesunden. Das Resultat war, daß in diesen Fällen eine Beeinflussung 
der Gefäßweite in der Peripherie nicht nachweisbar war. Denn die 
schon durch die Vorbereitungen zur Injektion stark abgesunkene Ple- 
thymograpruckurve zeigte nach der Injektion einen nur noch so ge¬ 
ringen weiteren Abfall, und erhob sich überdies so rasch wieder zur 
Norm, daß von einer Einwirkung des Strophantins in therapeutischen 
Dosen auf die Gefäßweite keine Rede sein kann. Dagegen zeigte das 
Fachogramm eine charakteristische Veränderung der Herztätigkeit. 
Während die Frequenz deutlichTabnahm, nahm das Schlagvolumen zu; 
das Fachogramm zeigte neben einer t deutlichem Steigerung des systo¬ 
lischen Flammenzipfels' auch eine Verlängerung des gesamten Puls¬ 
bildes. Ebenso zeigte auch der Blutdruck Veränderungen; Maximal¬ 
druck sowohl als auch Amplitude zeigten z. T. erhebliche, z. T. ge¬ 


ringere, aber immer noch nachweisbare Erhöhungen, die im wesent- 
I liehen auf die Vergrößerung des Schlagvolumens zurückzuführen sein 
dürften. Die Blutdruckerhöhungen hielten jedoch nur »/ 4 —1 Stunde 
an. Die Untersuchungen am Kranken ergaben die genau gleichen 
Resultate wie beim Gesunden, und daß hier die Einwirkung auf das 
Herz eine wesentlich intensivere war; Veränderungen in der Gefäss- 
weite in der Peripherie konnten auch hier nicht nachgewiesen werden. 
Zum Unterschiede vom Gesunden dauerten beim Kranken Blutdruck¬ 
steigerung und Pulsverlangsamung tagelang an, während dort die 
Wirkung des Strophantins schon nach einer Stunde etwa abge¬ 
klungen war. 

4. Koblanck, Berlin, veröffentlicht einen ihm von einem Kollegen 
zur Verfügung gestellten eigenen Krankheitsbericht, der die Bedeutung 
nasaler Strömungen für die Herztätigkeit zeigt. Patient litt seit längerer 
Zeit an Angstzuständen, Beklemmungen, Schmerzen in der Herzgegend, 
die sich bis zu schweren anginösen Anfällen steigerten. Dazu gesellten 
sich anfangs seltenere, später immer häufigere sehr quälende Extra¬ 
systolen, kurz die Erscheinungen wiesen, trotz des Vorhandenseins 
einer leichten Aorteninsufficienz, auf eine Herzneurose hin. Aufenthalt 
in einer Klinik, kohlensaure Bäder, Brom, Valeriana bra hten keine 
wesentliche Beeinflussung der Beschwerden; auch die Herzmittel 
blieben ohne Erfolg. Die Arbeit von Koblanck über nasale Reflex¬ 
neurosen brachten dann den Patienten dazu, seine Nase, an der er 
schon seit Jahren litt, und die in den letzten Monaten dauernd un¬ 
durchgängig war, untersuchen zu lassen, wobei sich das Vorhandensein 
einer großen Menge Schleimpolypen herausstellte. Nach Entfernung 
derselben waren die stenocardischen Anfälle verschwunden und blieben 
es auch; auch die Extrasystolen wurden seltener und weniger quälend. 
Als dieselben jedoch nach wenigen Tagen wieder in der früheren 
Weise auftraten, wurde die Nase nochmals untersucht und am Septum 
rechts hinten oben eine abnorme, schwellkörperähnliche Vorwölbung 
gefunden. Schon nach leichter Verätzung dieser Stelle wurde eine 
deutliche Beeinflussung der Pulsfrequenz konstatiert. Durch Elektro¬ 
lyse wurde diese Stelle dann vollkommen zerstört, und da infolge 
Berührung der Stelle mit gegenüberliegenden Schleimhautstellen die 
Arythmic noch nicht vollkommen geschwunden war, wurde auch die 
anliegende rechte mittlere Muschel reseciert, worauf nach 12 Stunden 
nach Entfernung der vorhandenen Blutgerinnsel fast vollkommene 
Heilung der Arythmic eintrat. Den Zusammenhang der Erscheinungen 
glaubt Patient auf eine Beteiligung von Sympathicusfasern beziehen 
zu dürfen. 

Militärsanitätswesen. 

Ref.: Generaloberarzt a. D. Dr. M. Peltzer, Steglitz. 

1. Die Ausbildung von Desinfektoren in der Armee. Von 

Ministerialrat Prof. Dr. Dieudonne, Generaloberarzt ä 1. s. des Sanitäts¬ 
korps München. Med. Wochenschrift 1910, 1. März. 

2. Einfluß des Zahnverlustes auf die Militärdiensttauglich¬ 
keit. Von Stabsarzt Dr. Arnulf Neuner. Ebenda. 

1. Anordnung und Beaufsichtigung der Desinfektion ist Aufgabe 
der Sanitätsoffiziere, doch liegt es in der Natur der Sache, daß die 
Beaufsichtigung keine dauernde, ununterbrochene sein kann, und daher 
viel auf die Gewissenhaftigkeit der die Desinfektion ausführenden 
Sanitätsmannschaften ankommt. So groß diese aber auch sein mag, 
eine fehlerfreie Durchführung der Desinfektion wird nur durch ein 
volles Verständnis der Grundlagen der Desinfektionslehre überhaupt 
gewährleistet. Hieraus ergibt sich das Bedürfnis, eine, wenn auch 
zunächst nur kleine Zahl von Desinfektoren, diese aber so gründlich 
auszubilden, daß sie nicht nur selbständig Desinfektionen vornehmen 
und beaufsichtigen, sondern auch ihrerseits wieder anleitend und be¬ 
lehrend wirken können. Unter diesen Gesichtspunkten sind seit 1905 
beim Operationskursus für Militärärzte in München Desinfektorenkurse 
für Sanitätsunteroffiziere in Verbindung mit dem schon vorher be¬ 
standenen Kursus in der Herstellung von Transportverbänden usw. 
eingeführt, deren erste von Dieudonne selbst geleitet wurden, und 
es ist höchst interessant, zu sehen, in welcher rationellen und metho¬ 
dischen Weise den Schülern hierbei das Wesen der Infektion und der 
Desinfektion zum Verständnis gebracht wird. Um nur ein Beispiel 
anzuführen, so wurde zur Veranschaulichung der Kontaktinfektion den 
Teilnehmern eine geringe Menge Prodigiosuskultur in die Hohlhand 
eingerieben, dann gaben sie sich gegenseitig die Hände, strichen mit 
der Hohlhand über eine sterilisierte Kartoffelscheibe, und es machte 
einen großen, eindringlichen Eindruck auf sie, als ihnen am nächsten 
Tage das Resultat vor Augen geführt wurde. Wir können die Ein¬ 
führung dieser Methode in der Armee nur befürworten. Eine richtige 





Nr. 14 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


219 




Desinfektion ist eine der wichtigsten Maßnahmen zur Seuchen¬ 
bekämpfung, namentlich auch im Kriege. 

2. Nach Spalte B, Ant. 1 A der Heerordnung macht der Mangel 
sämtlicher Schneide-, Augen- und ersten Backenzähne in einem Kiefer bei 
sonst gutem Gebiß und guter Ernährung bekanntlich nur bedingt, d. h. 
nur zum aktiven Dienst ohne Waffe oder in der Ersatzreserve 
tauglich, offenbar deshalb, weil in diesem Falle die Sprache 
undeutlich wird und daher keine deutliche Antwort gegeben, keine 
deutliche Meldung erstattet werden kann, der Betreffende im Kriege 
aber sehr wohl ein Gewehr tragen kann. Nach den Beobachtungen 
Neuner’s bei der Musterung und Einstellung tritt nun aber eine Be¬ 
einträchtigung der Deutlichkeit der Sprache schon bei einem viel ge¬ 
ringeren Grade des Zahnverlustes als dem in der H.-O. angegebenen 
ein, sodaß er für die Anerkennung der Tauglichkeit bezw. bedingten 
Tauglichkeit etwas andere Gesichtspunkte aufstellen zu müssen glaubt- 
Dasselbe gilt hinsichtlich bei Spalte D der Anl. 1 A der H.-O., nach 
welcher der Mangel sämtlicher Schneide-, Augen- und ersten Backen¬ 
zähne in einem Kiefer im allgemeinen nur landsturmdienstfähig macht, 
wenn gleichzeitig mehrere Zähne in dem anderen Kiefer fehlen oder 
der Ernährungszustand sichtlich beeinträchtigt ist. Hier fragt es sich, 
von welchem Grade an der Zahnverlust die Ernährung beeinträchtigt. 
Um der Lösung dieser Frage näher zu kommen, sah N. die Wägungs¬ 
ergebnisse von Mannschaften mit verschiedenen Graden von Zahn¬ 
verlust mit den Wägungsergebnissen des Durchschnitts vergleichen 
und ist auf diese Weise zu Resultaten gelangt, die ebenfalls eine 
andere Beurteilung als die in der H.-O. vorgeschriebene bedingen 
würden. Es wird Sache der Prüfung sein, ob und inwieweit höheren 
Orts diesen Forschungen Rechnung zu tragen ist. Uns persönlich 
leuchten sie theoretisch ein. Die Prüfung wird dadurch erleichtert, 
daß N. seine Vorschläge gleich in die Form bestimmt formulierter 
Paragraphen gekleidet hat. 


Öffentliches Sanitätswesen. 

Ref.: Generaloberarzt a. D. Dr. M. Peltzer, Steglitz. 

1. Die Freiverkäuflichkeit von Kampfer-Vaseline und Tama¬ 
rindensaft. Vierteljahrsschr. für öffentl. San.-Wesen u. gerichtl. Med., 
Januar 1010, S. 119. 

2. Kritik der gegenwärtig gebräuchlichen Methoden zur 
Verhinderung der Milchverderbnis durch Schmutz und Bakterien 
vom Standpunkt der öffentlichen Gesundheitspflege. Von Ober¬ 
arzt Dr. Kunow, Detmold. Ebenda. 

3. Rauch- und Rußplage. Ebenda, S. 222 u. f. f. 

4. Zum Nachweis von Blut. Vierteljahrsschrift für gerichtliche 
Medizin und öffentliches Sanitätswesen 1910 3. Folge, 39. Band, Suppl. 

1. In einer Drogenhandlung wurden 6 Tuben Kampfer-Vaseline 
und 4 Flaschen Tamarindensaft, mit Zucker eingekocht gefunden, die 
nach Ansicht des revidierenden Kreisarztes im Sinne der Kaiserlichen 
Verordnung vom 22. 10. 1901 dem freien Verkehr entzogen sind und 
deshalb beschlagnahmt wurden. Es kam darüber zum Prozeß, in 
dessen weiterer Folge die wissenschaftliche Deputation für das Medizinal¬ 
wesen unterm 30. 6. 1909 sich in einem Obergutachten dahin aussprach, 
daß die Kampfer-Vaseline als ein zu kosmetischen Zwecken herge¬ 
stelltes Gemisch von 2, dem freien Verkehr überlassenen Stoffen, die 
in den Apotheken ohne Verordnung abgegeben werden dürfen und 
weder Kreosot, Phenylsalicylat noch Resorzin enthalten, im Sinne der 
genannten Verordnung dem freien Verkehr überlassen ist. Tamarinden- 
saft, mit Zucker eingekocht, ist dagegen als eine Zubereitung zu be¬ 
trachten, die nur in Apotheken feilgehalten werden darf und nicht, wie 
behauptet wurde, ein Obstsaft. 

2. Die gegenwärtig gebräuchlichen Methoden und Maßregeln zur 
Verhütung der Verderbnis der Milch, über welche wir an dieser Stelle 
bereits mehrfach referiert haben, werden von Kunow-Detmold a. a. O. 
der Reihe nach einer eingehenden Kritik unterzogen. Sie alle zerfallen 
bekanntlich in 2 grundsätzlich verschiedene Verfahren, in das anti- und 
das aseptische. Ersteres versucht die ohne besondere Vorsichtsma߬ 
regeln gewonnene Milch nachträglich schmutz- und bakterienfrei zu 
machen, letzteres will von vornherein eine einwandfreie Milch gewinnen 
und sie in diesem Zustand bis zum Genuß erhalten. Das Resultat, 
zu dem K. auf dem Wege seiner Kritik gelangt, klingt für die Gegen¬ 
wart nicht gerade sehr tröstlich. Die Idealmethode ist natürlich die 
aseptische; diese aber soweit auszubauen, daß sie auch für den Gro߬ 
betrieb, d. h. für die gesamte zum Konsum gelangende Milch, ange¬ 
wandt werden kann, ist eine Aufgabe, die erst durch Heranbildung 
einer Generation von Landwirten zu lösen ist, denen die Grundsätze 


der aseptischen Milchgewinnungsmethode in Fleisch und Blut über¬ 
gegangen sind. Bis dahin wird aber wohl noch viel Wasser - in die 
Milch laufen. Wir verweisen außer auf unsere Referate in Nr. 29 u. 37 
der Therapeutischen Rundschau von 1909 besonders auch auf das über 
Thiersch, Milchställe, in der Zeitschrift für Stadt-Hygiene (Herausgeber 
Lungwitz), 1909. 

3. Einen nachahmenswerten Schritt zur Bekämpfung der Rauch- 
und Rußplage (vergl. hierzu auch unser Referat in Heft 5 der Zeit¬ 
schrift für Stadt-Hygiene, 1909), hat wie aus einem Erlaß des Kultus¬ 
ministers an die Regierungspräsidenten (außer Hannover) vom 29.10.1909 
hervorgeht, der Verein für öffentliche Gesundheitspflege in Hannover 
gethan, indem er ein „Merkbuch in Sachen der Rauch- und Rußplage“ 
und ein „Merkblatt für die zweckmäßige Behandlung der Kohlen und 
Öfen“ herausgegeben und diese Drucksachen durch Vermittelung des 
Polizeipräsidenten allen Hausbesitzern der Städte Hannover und Linden 
hat zugehen lassen. Die wissenschaftliche Deputation für das Medizinal¬ 
wesen hat dieselben im allgemeinen als durchaus zweckmäßig aner¬ 
kannt, worauf dann der Minister mittels des genannten Erlasses mit 
Rücksicht darauf, daß einerseits wegen der Verschiedenheit der klima- 

I tischen Verhältnisse eine einzige Druckschrift für die ganze Monarchie 
sich nicht empfiehlt, andererseits Polizeiverordnungen wenig Erfolg 
versprechen, den einzelnen Vereinen für öffentliche Gesundheitspflege 
das Weitere überläßt. Dazu würden zweckmäßig Kommissionen ein¬ 
zusetzen sein, in denen Hygieniker und Techniker nicht fehlen dürfen. 
Wir zweifeln nicht, daß das Erscheinen derartiger Merkschriften be¬ 
sonders auch für Berlin allseitig begrüßt werden würde. Unsere Dienst¬ 
boten wissen meist mit dem Heizen und der Behandlung der Öfen 
wenig Bescheid. Dazu kommt, daß man neuerdings, wenigstens für 
Privatwohnhäuser, von der Zentralheizung wieder mehr abzukommen 
und zur Ofenheizung zurückzukehren scheint. 

4. Zum Nachweis von Blut, oder unter Umständen auch für die all¬ 
gemeine nicht bloß für die forensische Praxis von Wichtigkeit ist, 
speziell über den Nachweis von Blut mittels der van Deen’schen 
Guajak-Reaktion, sprach am 2. Sitzungstage der 5. Tagung der Deutschen 
Gesellschaft für gerichtliche Medizin in Salzburg (20.—22. 9. 1909) 
J. Kratter — Graz. Er kam darauf zurück, daß er bereits 1907 auf 
der 3. Tagung derselben Gesellschaft in Dresden über das nämliche 
Thema gesprochen und dabei auf die von ihm und seinen Schülern 
seit mehr als 30 Jahren geübte hochempfindliche alte und einfache 
Methode hingewiesen, diese aber trotzdem anscheinend noch nicht ge¬ 
nügend Eingang gefunden habe. Die abweichende Beurteilung, die 
die Methode mehrfach anderweitig gefunden, habe ihren Grund vor 
allem in technischen Fehlern, die er deshalb beleuchtet und denen 
gegenüber er die Bedingungen bespricht, von deren Erfüllung der 
glatte und unzweideutige Ablauf der Reaktion abhängig ist. Der er- 
erwähnte Bericht von 1907 über die von Kratter ausgestaltete 
van Deen’sche Guajak-Blutprobe findet sich in den Verhandlungen 
der 3. Tagung der Eingangs genannten Gesellschaft. (Vierteljahrsschrift 
für gerichtliche Medizin 1908, Suppl.) Aus der Diskussion ergab sich 
die Anerkennung des Wertes der Methode. — An demselben Tage 
sprach Kalmus — Prag über das von Hoppe-Seyler entdeckte, eben¬ 
falls zum forensischen Blutnachweis benutzte Hämochromogen und 
seine Kristalle im Allgemeinen, ferner Mita speziell über die von ihm 
auf Veranlassung Kratter’s im Institut für gerichtliche Medizin in 
Graz ausgeführten Versuche darüber, welchen Wert die Hämochromogen- 
inethode einerseits an sich, andererseits im Vergleich zu den Hämin- 
kristallen als Mittel zum forensischen Blutnachweis habe. Dazu werden 
2 Tafeln mit den verschiedenen Formen der Hämochromogenkristalle 
aus Pferde-, Katzen-, Rinder- und Menschenblut beigebracht. 


Varia. 

Die klimakterische resp. präklimakterische Atherosklerose, 
eine Folge innersekretorischer Störungen. Von Schuster, Bad 

Nauheim. Fortschritte der Medizin, 1910, Nr. 9. 

Die klimakterische und präklimakterische Atherosklerose ist als eine 
Folge von innersekretorischen Störungen aufzufassen, weil Hyperfunktion 
der Ovarien zur Hyperfunktion der Thyreoiden führen kann. Beide, 
einzeln oder zusammen, können Hyperfunktion der Nebennieren er¬ 
zeugen. Und diese ruft, wie man experimentell nachweisen kann, Um¬ 
stände an den Arterien, besonders an der Aorta hervor, die der Atheros¬ 
klerose sehr ähnlich sind. v. Rutkowski, Berlin. 

Die Essigsäureprobe zur Unterscheidung der Exsudate und 
Transsudate. Von M. Engländer, Wien. Wiener med. Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 10. 

Bei Ascistesflüssigkeiten ist manchmal die Entscheidung, ob 
ein Exsudat oder Transsudat vorliegt, mittels der Moritz’schen und 


/er 










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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 14 


Rivalta’schen Essigsäureproben schwer zu treffen. In diesen Fällen ist 
die von Anneberg inaugurierte quantitative Eiweißbestimmung ein 
wesentliches Hilfsmittel. Beide Methoden zusammen, also die qantita- 
tive Eiweißbestimmung und die Moritz-Rivalta’schen Proben, ergänzen 
sich im klinischen Einzelfalle so unterstützend, daß dieselben einen fast 
unentbehrlichen Hilfsfaktor ergeben, zumal da mittels der Anneberg’schen 
Eiweißdiagnostik auch die klinische Diagnose über die Entstehungart 
des Ergusses festgestellt werden kann. v. Rutkowski, Berlin. 

Ueber die Wandlungen und den heutigen Stand der Typhus¬ 
therapie. Von Vogl, München. Münch, med. Wochenschrift, 1910, Nr.9. 

In den Jahren 1840—-1860 war bei den Typhuskranken in der Mün¬ 
chener Garnison, 30%—50% Mortalität bei anfangs eingreifender Be¬ 
handlung mit Abführmitteln, dann bei mehr exspektativer Behandlung, 
aber immer bei höchst unhygienischen Verhältnissen. Die Mortalität 
sank auf 25%—15,0% in den Jahren 1860—1868 bei Umgestaltung der 
Hygiene und exspektativer Behandlung, ev. mit Chinin. 1868—1882 
war die Mortalität zwischen 15% und 5% bei Ein- und Durchführung 
der Kaltwasserbehandlung, teils kombiniert mit medikamentöser Anti- 
pyrese. Seitdem beherrscht die Hydrotherapie die Behandlung des 
Typhus und zwar ist nach Ansicht des Verfassers die Strenge ihrer 
Handhabung, die den größten Erfolg sichert. Jeden Kranken im 
Jünglings- und Mannesalter läßt Verfasser sofort am Aufnahmetag bei 
Typhusverdacht, wenn die Temperatur 39,5° C. in recto mißt, ein kaltes 
Bad von 15° R. nehmen von % ständiger Dauer mit nachfolgender 
Va ständiger, trockener Packung. Während des Bades wird Hinterhaupt 
und Nacken kalt begossen und der ganze Körper gerieben. Während 
des Intervalles bis zum Wiederansteigen der Temperatur (in recto( 
reichliche Zufuhr von halbkonsister Nahrung. Wiederholung des Bades 
nach 2—3 Stunden Tag und Nacht. Nur dann, wenn man aus Oppor¬ 
tunitätsgründen vom Vollbad absieht, soll als Ersatz ein kalter „Ganz¬ 
wickel“ dienen. Diese feuchte Einwickelung soll viermal in der Stunde 
gemacht werden. Am Schluß der ganzen einstündigen Prozedur ist zur 
Beseitigung der Wärmestauung die Anwendung eines flüchtigen Kälte¬ 
reizes unerläßlich. v. Rutkowski, Berlin. 

Ueber die Hydroxylionenkonzentration des pathologischen 
Blutes. Von C. Kreibisch,Prag. Wienerklin.Wochenschrift, 1910, Nr.10. 

Bezüglich der Hydroxylionenkonzentration resp. Alhelescenz des 
Blutes ergeben die Versuche des Verfassers, daß gegenüber Quecksilber 
das Blut entweder ohne deutliche Verminderung noch Vermehrung der 
Hydroxylionen reagiert, oder mit einer deutlichen Verminderung, die 
nach 2 Tagen zur Norm zurückkehrt, oder mit einer Hydroxylionen- 
vermehrung, manchmal allerdings erst nach 2 Tagen. Nach Aufnahme 
größerer Dosen von Natriumbikarbonat erfolgt eine deutliche Zunahme 
der Hydroxylionenkonzentration. Zusammengehalten mit der Alheles- 
cenzsteigerung bei Quecksilber lassen die Befunde bei Prarys und Lues 
die Annahme zu, daß der Organismus gegen Gifte im weitesten Sinne 
mit Alhelescenzsteigerung reagiert, rasch und vorübergehend, wenn ihm 
das Gift einmal, langsam und dauernd, wenn ihm dasselbe fortgesetzt 
zugeführt wird. v. Rutkowski, Berlin. 

Zur Regelung des gemeinärztlichen Dienstes. Von Effler 

Danzig. Halbmonatsschrift für soziale Hygiene und Medizin, 1910, Nr. 8/9. 

Verfasser will bezüglich des gemeinärztlichen Dienstes Behandlung 
von der hygienischen Fürsorge streng getrennt wissen. Er ist für eine 
große Zahl von Armenärzten mit freier Arztwahl und für eine möglichst 
geringe Anzahl von Fürsorgeärzten. Armenärzte sollen nebenamtlich 
angestellt werden, dagegen ist für die Fürsorgeärzte die hauptamtliche 
Beschäftigung auf dringendste zu wünschen, v. Rutkowski, Berlin. 

Der Arabische- oder Utu-Balsam in moderner Auffassung. 

Von Laszky. Therapeutisches Centralblatt, Jahrg. V, Nr. 1, p. 4ff. 

Der früher ebenso geschätzte wie schwierig zu gewinnende fast 
unbezahlbare Utu-Balsam ist jetzt der Gesamtheit zugänglicher geworden. 

Er erfüllt besonders bei Lungenkrankheiten seine doppelte Aufgabe, 
den krankhaften Prozeß in der Lunge zu heilen und der Sauerstoff¬ 
armut des Körpers vorzubeugen. 

Nach Prof. Berg ist der echte arabische Balsam ein dünnfließendes 
honiggelbes Harz aus der Rinde des Balsamodendron. Da er den Sauer¬ 
stoff in statu nascendi hat, wirkt er antiseptisch, resorptionsfördernd, 
sekretionsbeschränkend, schmerzlindernd und regt die Heilung von Sub¬ 
stanzverlusten an. 

Ferner bildet der Utubalsam ein „Ozonwerk an der krankhaften 
Stelle“, und zerstört dadurch die krankheiterregende Keime; außerdem 
ruft er eine bedeutende Leukocytose hervor, die selbst wieder Ozon 
produziert, so daß die erkrankten Partieen förmlich in Ozon baden. 


Bei den chronischen Bronchialkatarrhen, bei Lungengangrän, Bron¬ 
chitis putrida und Bronchablenorrhoe, spielt sich bei der Balsamkur 
derselbe Heilungsprozeß ab, da der Balsam gegen den Staphylo- und 
Streptocercus ebenso wirkt, wie gegen den Tuberkelbazillus. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Die Therapie der Appendicitis. Von Zahradnicky, Deutsch- 
brod. Medizinische Blätter XXXIII, Nr. 1 und 2. 

Nach Erfahrungen des Verfassers recidivieren 3 / 4 aller Appendicitis- 
j fälle. Die schwersten Anfälle pflegen nach dem zweiten und dritten 
Anfall aufzutreten, wo perforative Peritonitiden eine häufige Erschei¬ 
nung zu sein pflegen. 

Verfasser weist darauf hin, daß das Peritoneum eine große Dosis 
Infektion verträgt und diese durch Resorption unschädlich mache, vor¬ 
ausgesetzt, daß diese Dosis nicht zu stark sei. Er empfiehlt deswegen 
die Operation im Anfall, zumal im anfallsfreien Stadium wegen der 
starken Adhäsionen, in denen die Appendix eingelagert sei, und wegen 
der Abscesse in derselben die Operation zu den kompliziertesten 
Bauchoperationen zu zählen sei. 

Z. besteht fest darauf, daß die Behandlung der Appendicitis eine 
chirurgische sei. Er nimmt die Operation nach folgenden Grundsätzen vor: 

1. Im Anfall ist einzig und allein die Frühoperation angezeigt, 
außer bei ganz leichten Fällen. 

2. Im intermediären Stadium operiert man prinzipiell nicht, sondern 
lasse die Entzündung zur Ruhe kommen und operiere im an¬ 
fallfreien Stadium. 

3. Im anfallfreien Stadium operiere man immer, besonders wenn 
sich die Anfälle oft wiederholen, und zwar nach jedem Anfall. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Kefyrogen in der Praxis. Von Suchy: Therapeutisches Zentral¬ 
blatt V No. 1 p. 1 ff. 

Die Grundlage einer jeden Ernährungstherapie ist ein ausreichender 
Milchgenuß. Ein großer Teil der Patienten ist aber außer stände, 
sei es aus psychischen, sei es aus physischen Gründen, längere Zeit ein 
größeres Quantum Milch zu sich zu nehmen. 

Viel lieber nehmen viele Patienten den wohlschmeckenden, wegen 
seiner Kohlensäure kühlenden Kefyr, den man auch „als Vehikel“ für 
! viele Mittel (Arsen, Eisen, Kreosot etc.) verwenden kann. 

Die umständliche Bereitung des Kefyrs ist in ein neues Stadium 
getreten, seitdem die Firma Goedecke & Co. in Leipzig Tabletten- 
Kefyrogen herstellt, das ein Kefyrferment von höchster Gährungs- 
fähigkeit enthält. Außerdem stellt sich hiermit die Herstellung viel 
billiger. 

Nachdem Autor die Kur genau beschrieben hat, berichtet er über 
die Krankheiten, bei denen er mit Kefyrogen glänzende Erfolge erzielt 
hat: Tuberkulose und Skrophulose, nervöse Leiden, Anämie, Chlorose, 
Magen- und Darmkrankheiten. Kurt Lipschitz. 

Ovarien 472 Jahre nach der Uterusexstirpation. Von Pronai: 
Zentralblatt für Gynäkologie, 1910, No. 6, pag. 182ff. 

Pronai äußert sich nach Erfahrungen in der Praxis zu der Streit¬ 
frage, ob es gut sei, nach Exstirpation des Uterus auch gleichzeitig 
die Ovarien zu entfernen, und ist nach dem makro- und mikros¬ 
kopischen Befund der Ansicht, es sollten nicht gleich beide Ovarien 
entfernt werden, da sonst der Funktionsausfall zu unvorbereitet und 
überstürzt wäre und die Folgen zu schwer seien. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 


Technische Neuerscheinungen. 


Optisches Instrument 
zur Untersuchung von Körperhöhlen. 

Bei optischen Instrumenten zur Untersuchung von Körperhöhlen 
wurden bisher als Verschlußstücke für die Eintrittsöffnungen entweder 
plankonvexe oder einfache Glasplättchen verwendet, wenn nicht ein 
I Prisma als Verschlußstück diente. Hans Kollmorgen in Berlin ist 
für diese Zwecke ein Instrument geschützt worden, welches eine 
negative Linse als Verschlußstück hat. Durch diese Anordnung läßt 
sich das Gesichtsfeld des optischen Teiles mehr beeinflussen. 

O, Wagler. 



Nr. 14 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


221 


Elektrodenhalter 

für elektromedizinische Zwecke, insbesondere 
für die Thermopenetration. 

Die Neuerung betrifft einen Elektrodenhalter für elektromedizinische 
Zwecke, der Verbrennungen der Hautoberfläche beim Kosen der Elek¬ 
troden dadurch verhindert, daß er den Strom selbsttätig abschaltet, 
bevor die Elektroden den behandelten Körperteil verlassen. 

Der aus Isoliermaterial bestehende Griff trägt im Innern einen mit 
der Leitungsschnur verbundenen Kontakt c. Dem Kontakt c gegen¬ 
über befindet sich in einer den jeweiligen Spannungsverhältnissen 
entsprechenden Entfernung der Kontakt d, mit welchem unter Zuhilfe¬ 
nahme des Zwischenstückes e die Elektrode f leitend verbunden ist 
Eine ständige Verbindung der beiden Kontakte d und c wird durch 
eine Feder verhindert, welche die Elektorde stets nach außen drückt. Ein 
Herausspringen der Elektrode wird durch einen Ring verhindert. 

Wird die Elektrode zwecks Behandlung an einen Körperteil gedrückt, 
so wird die Feder zurückgepreßt und die beiden Leiterstücke c und d 
kommen miteinander in Berührung, wodurch der Strom eingeschaltet 
wird. Bei Abnahme der Elektrode von dem Körperteil wird, bevor die 
Elektrode den Körper verläßt, der Strom bei c und d unterbrochen, 
wodurch Verbrennungen der Oberfläche des Körpers vermieden werden. 
Es ist hierbei vollkommen gleichgültig, ob das Abnehmen der Elek¬ 
trode absichtlich oder unabsichtlich geschieht, weil der Strom schon 
vorher durch den aufgehobenen Druck auf die Feder automatisch 
unterbrochen ist. 

Werden bei der Behandlung mehrere Elektroden benutzt, so ist es 
erforderlich, die selbsttätige Abschaltevorrichtung an jeder einzelnen 
Elektrode anzubringen. Zu beziehen durch C. Lorenz Aktiengesellschaft, 
Berlin SO. 26. 


Dampferzeuger mit Heißwasserapparat. 

Wie auf allen Gebieten der Industrie Verbesserungen gemacht 
werden, so ist auch von der Firma Moosdorf & Hochhäusler, 
Sanitätswerke in Berlin in der Einrichtung von Badeanstalten durch 
die Verbindung eines Dampferzeugers mit einem Heißwasserapparat 
ein Fortschritt getan worden, durch welchen eine ganz wesentliche 
Ersparnis an Zeit, Arbeit und Material eintritt. Der Apparat besteht 
aus einem Dampferzeuger, ganz von starkem Kupfer gefertigt, mit 
Standrohr, Manometer, Wasserstandsglas, Luft- und Sicherheitsventil 
und Zapfhahn für heißes Wasser. Der Dampferzeuger hat hohen gu߬ 
eisernen Untersalz, in welchem sich die Feuerung befindet. Das Stand¬ 
rohr mit Standrohrtopf nach polizeilichen Vorschriften bewahrt den 
Kessel vor Explosionsgefahr; ferner aus einem Heißwasserbehälter 
ganz von starkem Kupfer mit Verschraubung zum Anschluß an die 
Wasserleitung und zum Fortleiten des heißen Wassers nach den 
Wannen. Er wird auf einen von Ziegeln gemauerten Sockel gestellt, 
welcher mit einem Schacht zum Herausnehmen des Russes versehen 
ist. Die Flamme geht vom Dampferzeuger durch den Heißwasser¬ 
behälter. Der durch das Sicherheitsventil entweichende Dampf wird 
durch eine in den Heißwasserbehälter eingebaute Rohrschlange ge¬ 
leitet und dient mit zum Erwärmen des Wassers. Die ganze Höhe 
des Apparates ist 230 cm, der Inhalt des Heißwasserbehälters 175 Liter. 
Diese Anordnung empfiehlt sich für kleine Kuranstalten für stündlich 
3 Wannenbäder und 3 Dampfkasten. Bei solchen Anlagen, wo stündlich 
5—12 Wannenbäder und 3—8 Kastenbäder verabreicht werden sollen, 
ist der Heißwasserkessel mit einer besonderen Feuerung ausgestattet, 
so daß bei forziertem Betriebe beide Feuerungen in Tätigkeit sind, 
während bei geringem Bedarf an heißem Wasser das Inbetriebhalten 
der Feuerung des Dampferzeugers allein genügt. Falls Dampfbäder 
zu gewissen Zeiten garnicht verabreicht werden, der Dampf auch nicht 
anderweitig zur Heizung dieses oder jenes Apparates oder Raumes 
gebraucht wird, wird man zweckmäßig nur den Heißwasserkessel 
feuern. Da der Apparat mit den polizeilich vorgeschlagenen Sicher¬ 
heitsvorrichtungen ausgestattet ist, so ist derselbe laut Verfügung des 
Ministers vom 14. April 1898 konzessionsfrei. 

Ein neues Modell eines Untersuchungsstuhles 
für das ärztliche Sprechzimmer. 

Von Dr. Marx in Worms. 

Vor längerer Zeit schon kam man auf die Idee, Untersuchungs¬ 
stuhl und Chaiselongue miteinander zu verbinden. Es gibt bereits 
einige Modelle die beiderlei Anforderungen gerecht werden. Die bis- 


Diaitizerf 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 


herigen erschienen nicht einfach genug und blieben deshalb häufig 
unbenutzt stehen. Das Untersuchungssofa unterscheidet sich von den 
; bisherigen ganz wesentlich dadurch, dass nur die Hälfte des Divans 



für den Untersuchungsstuhl benützt wird, der Kopfteil des einen wird 
nach Wegnahme eines Kissens, das leicht abknöpfbar ist, zum Sitzteil 
des anderen. Sowohl Rückenteil als auch Sitzteil sind in jeder ge¬ 
wünschten Winkelstellung festzustellen. An Stelle der Fussstützen sind 



leicht Kniestützen anzubringen. Der Autor benutzt seit mehreren 
Monaten in seiner Sprechstunde diesen Untersuchungsstuhl und ist mit 
demselben in jeder Hinsicht zufrieden. Mit einigen wenigen Griffen 
hat man aus dem gewöhnlichen Divan den Untersuchungsstuhl her¬ 
gestellt. Die Möbelfabrik Ciusdorf & Co. in Worms hat ihn an¬ 
gefertigt und Musterschutz genommen. Münchener Med. Woch., 
! 1910, Nr. 8. 


Injektions-Besteck „Universum“ 

D. R. G. M. No. 409931. 

Durch die kleinen Canülen, welche durch ihre verschiedenen 
Formen auf beiliegende Spritze aufgesteckt 10 verschiedene Injektions- 
Spritzen darstellen und sich zusammen in einem Etui befinden, ist für 
jeden Arzt ein praktischer und eleganter Apparat geschaffen, welchen 



er zu Haus bequem zur Hand hat und bei ärztlichen Besuchen mit 
sich führen kann. Universum ersetzt die gangbarsten Harn-Spritzen, 
Ohr-Spritzen, Nasen-Spritzen, Glycerin-Spritzen, Wund-Spritzen, Clystir- 
Spritzen. Der Apparat bietet durch seine einfache Zerlegbarkeit eine 
leichte und intensive Reinigung, welche durch seinen vielseitigen Ver- 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 




222 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 14 


wendungszweck von hoher Bedeutung ist. Universum bietet jedem 
Arzt durch seine angenehme Zusammenstellung und Lagerung be¬ 
queme und schnelle Handhabe. Universum ist durch die leichte Ab¬ 
nahme des Gummikolbens ein vollständig aseptischer Apparat. Er ist 
bequem und unauffällig in der Tasche zu tragen. Universum ist aus 
extra starkem Kaliglas hergestellt und massis gearbeitet, wodurch ein 
so häufiges Zerbrechen wie bisher vermieden wird. Dem Besteck sind 
eine Anzahl Reserve-Gummikolben beigegeben, so dass bei nächstem 
Gebrauch der Stempel stets mit einem neuen Kolben versehen werden 
kann. Fabrikant H. Reichel & Co., Cassel. 


Bücherbesprechungen. 

Die Centralluftheizung und das Einfamilienhaus. West¬ 
deutsche Verlagsgesellschaft m. b. H., Wiesbaden. 

Die Bedeutung der Heizung unserer Wohnräume für die Gesund¬ 
heit. Wir müssen den größten Teil des Jahres in geheizten Räumen 
zubringen und deshalb ist die Heizungsfrage für uns eine sehr wichtige. 
Die Centralheizung — schon den Römern bekannt — ist dabei nicht 
nur die bequemste, sparsamste, sondern — was die Hauptsache ist — 
auch der Gesundheit am zuträglichsten, sie ist ideal, wenn sie uns 
unentbehrliche frische Luft ganz rein und mit nötigem Feuchtigkeits¬ 
gehalt angewärmt in den Raum führt. Der bekannte Kgl. Brunnen¬ 
arzt Dr. Scheibe behandelt in der uns vorliegenden Schrift „Die 
Centralluftheizung und das Einfamilienhaus“. Eine hygienische und 
praktische Untersuchung (Preis 60 Pfg. Westdeutsche Verlagsgesell¬ 
schaft, Wiesbaden) alle diese Fragen in leichtverständlicher Form. Wer 
über Mängel der Heizung klagen muß oder eine neue Anlage beab¬ 
sichtigt, wird dafür Interesse haben. — r. 

Wie soll der Kranke im Kurorte leben? Aerztliche Rat¬ 
schläge von Dr. med. E. Hirsch, Bad Nauheim, Berlin 1909, Alfred 
Pulvermacher & Co. 

Verfasser hat in diesem Büchlein einen Ueberblick über all die 
Verhaltungsmaßregeln für Kurgäste in Badeorten gegeben. Vor allem 
ist hervorzuheben, daß vom therapeutischen Winken in anerkennens¬ 
werter Weise Abstand genommen ist, und nur hygienische 
Momente berücksichtigt wurden, sowie allgemeine Punkte, die für alle 
Patienten in gleicher Weise zutreffen. Mit Recht hebt Verfasser her¬ 
vor, daß die Verordnungen für den Aufenthalt im Kurort in erster 
Linie von dem behandelnden Arzte am Kurplatze erteilt werden sollen 
Zunächst gibt Verfasser einen Ueberblick über die Reise nach dem 
Kurort und das Verhalten des Patienten bei der Ankunft im Badeorte. 
Was die Vornahme der Kur angeht, so hebt Verfasser mit Recht her¬ 
vor, daß kein Kranker, wo er auch immer sei, ohne badeärztliche Be¬ 
handlung seine Kur vornehmen dürfe. Vor allem soll er es nicht 
riskieren, Kurmittel differenter Art auf eigene Faust zu nehmen. Ebenso 
soll er hinsichtlich der Wohnung auch die größte Sorgfalt walten lassen. 
Hinsichtlich der einzelnen Kurorte hebt Verfasser hervor, daß die Luft¬ 
kurorte nur dann für den Kranken einen Wert haben, wenn ihre Heil¬ 
faktoren auch genau dosiert und beobachtet würden. Vor allem warnt 
er vor übermäßiger Anstrengung während einer Luftkur. Ebenso wie 
die Luftkuren sollten auch Seebäder und Salinen mit einer 
Lungengymnastik verbunden werden, weil bei ihnen die Inhalation 
eine große Rolle- spielt. Bei den Trinkkuren gibt Verfasser an, zu 
welchen Tageszeiten sie am besten vorgenommen werden und teilt 
moderne Anschauungen über die Ernährung bei den Trinkkuren mit. 
Hinsichtlich der Badekuren hebt der Verfasser hervor, daß sie nicht 
auf zu nüchternem Magen und ebensowenig auf zu vollem Magen an¬ 


gewendet werden dürfen. Außerdem sollte der Patient vor und nach 
dem Bade möglichst viel ruhen. Es sei besser, kein Bad zu nehmen, 
als in Hast und Unruhe. Bezüglich der Diät teilt Verfasser die all¬ 
gemein akzeptierte Ansicht mit, daß es keine spezielle Diät für einen 
Kurort gibt, sondern nur für den Kranken, und plädiert dafür, daß der 
Patient in jedem Kurort Gelegenheit haben muß, die ihm vorge- 
j schriebene Diät zu erhalten. Verfasser deutet auch in seiner Broschüre 
den Trinkzwang an. Es ist aber nicht richtig, wenn er sagt, daß in 
den meisten Hotels und Restaurants der Trinkzwang abgeschafft ist. 
Im Gegenteil, er herrscht in ihnen noch so stark vor, daß man nicht 
begreifen kann, wie Kurverwaltungen eine derartige Unsitte in den 
Restaurants, die ihrer Verwaltung unterstellt sind, dulden. Die Bro¬ 
schüre schließt mit einigen recht guten Bemerkungen über Ver¬ 
gnügungen und Zerstreuungen, sowie mit Winken hinsichtlich der 
Rückreise nnd der Nachkur nach Badekuren. Alles in allem können 
wir sagen, daß die Lektüre dieser Broschüre den Patienten* der in 
einen Kurort reist, viel Nutzen bringen wird, vorausgesetzt, daß er 
sich die darin empfohlenen Ratschläge zu Herz-en '-nimmt und sie 
ordentlich ausführt. Autorreferat. 


Allgemeines. 

Das Zentralkomitee für das ärztliche Fortbildungswesen in 
Preußen versendet folgenden Aufruf: Kollegen! Die französische 
Aerzteschaft hat die deutschen Aerzte zur Beteiligung an ihrem nächsten 
in Paris vom 7.—10. April stattfindenden Kongreß eingeladen. Die 
Einladungen sind gerichtet an den Deutschen Aerzte-Vereinsbund, den 
Reichsauschuß für das ärztliche Fortbildungswesen und 
den Verein der deutschen medizinischen Fachpresse. Die Verhandlungs¬ 
themen betreffen durchweg wissenschaftliche und wirtschaftliche Fragen, 
die den deutschen Aerztestand seit langer Zeit beschäftigen; es dürfte 
deshalb vielen willkommen sein, aus eigener Anschauung Kenntnis zu 
nehmen, in welcher Weise die Lösung dieser Fragen in unserem 
Nachbarlande angestrebt wird. Über dieses sachliche Interesse hinaus 
scheint es erwünscht, daß tunlichst zahlreiche deutsche Aerzte der 
freundlichen Einladung der französischen Aerzte Folge leisten, um dar¬ 
zutun: daß die bedeutsamen humanitären und sozialen Aufgaben 
unseres Standes das durch keine Landesgrenze gehinderte kollegiale 
Zusammenarbeiten der Aerzte aller Nationen notwendig machen. 

Bei genügender Beteiligung ist die Veranstaltung einer gemein¬ 
samen Fahrt geplant. Meldungen sind zu richten an das Büro des 
Kaiserin Friedrich-Hauses, Berlin NW. 6, Luisenplatz 2 4. 

Der Polizeipräsident von Berlin erläßt unter dem 
22. Februar 1910 folgende Bekanntmachung: Nach § 2 Absatz 2 
der Dienstanweisung für die Hebammen im Königreich Preußen hat 
die Hebamme, wenn bei einer Geburt oder während des Wochenbetts 
ein Arzt zugezogen wurde, diesem das Tagebuch zum Einträgen der 
geleisteten Kunsthilfe und seines Namens vorzulegen. 

Auf eine Eingabe des Vereins Berliner Hebammen hin hat sich 
der Herr Minister der Medizinalangelegenheiten damit einverstanden 
erklärt, daß in diesen Fällen der Zuziehung eines Arztes Abreiß- 
Zettelblocks im Format und mit den 15 Spalten des vorgeschriebenen 
Tagebuchs verwendet werden können, und daß die von dem Arzt 
unterschriebenen, von der Hebamme vorher vorschriftsmäßig ausge¬ 
füllten Zettel an den entsprechenden Stellen des Tagebuchs einge¬ 
klebt werden. 



Kathreiners Malzkaffee 

enthält kein Koffein, ist auch frei von an¬ 
deren Reizstoffen und außerordentlich billig. 


/ 








Nr. 14 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


223 


Vorschriftsmäßige Blocks mit 48 gummierten Zetteln können von 
der Verlagsbuchhandlung von Elwin Staude hier, W. 35, Steglitzer- 
straße 11, zum Preise von 60 Pfennigen pro Stück, einschließlich freier 
Zusendung, bezogen werden. 

Der Polizeipräsident von Berlin erläßt unter dem 
22. Februar 1910 folgende Bekanntmachung: Das amtliche Ver¬ 
zeichnis der zur Annahme von Praktikanten ermächtigten Krankenhäuser 
und medizinisch-wissenschaftlichen Institute im Deutschen Reiche ist 
im Verlage von Julius Springer hier N. 24, Monbijouplatz 3, in einer 
Neuauflage nach dem Stande vom 1. Mai 1910 erschienen. 

Vorstehendes bringe ich den beteiligten Kreisen mit dem Bemerken 
zur Kenntnis, daß das Verzeichnis den Praktikanten eine gewünschte 
Handhabe bei der Wahl einer geeigneten Anstalt bietet. 


Alkoholbekämpfung bei der Eisenbahn. Die zur Bekämpfung 

des Alkoholmißbrauchs empfohlenen Maßnahmen der preußischen 
Staatsbahnverwaltung sind nicht nur weiter durchgeführt, sondern zum 
Teil auch dahin ausgebaut worden, daß die Mitwirkung von 
Mäßigkeitsvereinen mit gutem Erfolge in Anspruch genommen 
und die Unterbringung dem Trünke ergebener Bediensteten in 
Trinkerheilstätten durch Gewährung von Unterstützung erleichtert 
worden ist. Die Bewilligung der Unterstützungen erfolgt bei einzelnen 
Eisenbahndirektionen unter der Verpflichtung der Bediensteten, nach 
der Entlassung aus der Heilstätte zur Sicherung des Kurerfolges einem 
Enthaltsamkeitsverein beizutreten, bei anderen unter dem Vorbehalt 
teilweiser Wiedereinziehung. Die Zahl der wegen Trunkenheit 
bestraften Beamten ist erfreulicherweise geringer geworden. 


Der Deutsche Kolonialkongreß findet in Berlin voraussichtlich 
vom 6. bis zum 8. Oktober 1910 statt. Das Präsidium wird wie j 
früher in den Händen des Herzogs Johann Albrecht zu Mecklenburg 
liegen. Die Verhandlungen werden teils im Plenum, teils in Sektionen 
stattfinden; es sind folgende Sektionen gebildet und die dabei genannten 
Herren zu Obmännern der Sektionen ernannt worden: 1. Geographie, 
Ethnologie und Naturkunde der Kolonien und überseeischen Interessen¬ 
gebiete (Paul Staudinger, Berlin). 2. Tropenmedizin und Tropen¬ 
hygiene (Geh. Rat Gaffky, Berlin). 3. Die rechtlichen und politischen 
Verhältnisse der Kolonien und überseeischen Interessengebiete (Kontre- 
admiral z. D. Strauch, Friedenau). 4. Die wirtschaftlichen Ver¬ 
hältnisse der Kolonien und überseeischen Interessengebiete (Fabrik¬ 
besitzer Supf, Berlin). 5. Die Besiedlung deutscher Kolonien und 
die Auswanderung in fremde Länder (Regierungsrat a. D. Prof. 
Dr. Leidig, Berlin). 6. Die weltwirtschaftlichen Beziehungen 
Deutschlands und seiner Kolonien (Generalsekretär des deutschen 
Handelstags, Dr. Soetbeer, Berlin). Vorträge sind schriftlich bis 
zum 15. Mai 1910 beim Vorsitzenden des Vortragsausschusses Paul 
Staudinger, Berlin W. 30, Nollendorfstraße 33, anzumelden. Ge¬ 
schäftsstelle des Kongresses im Bureau der Deutschen Kolonial¬ 
gesellschaft, Berlin W. 9. Schellingstr. 4. 


Verlängerung der Lebensdauer in Deutschland. Im reichs¬ 
statistischen Amte sind, wie die „Nordd.Allg. Zeitg.“ vom 10. Februar 1910 
berichtet, neue Sterbetafeln für das Jahrzehnt 1891 — 1900 berechnet 
und in Band 200 der Statistik des Deutschen Reiches veröffentlicht 
worden. Der Vergleich mit den Sterbetafeln des Jahres 1887, die aus 
den Sterblichkeitsverhältnissen der Jahre 1871/72 bis 1880/81 berechnet 
waren, ergibt folgendes Resultat: Die „mittlere“ Lebensdauer des 
männlichen Geschlechts ergab in den siebziger Jahren 35,58, in den 
neunziger Jahren 40,56 Jahre; für das weibliche Geschlecht entsprechend 
38,45 und 43,97 Jahre. Die „wahrscheinliche“ Lebensdauer ist von 
den siebziger bis zu den neunziger Jahren bei dem männlichen 
Geschlecht von 38,1 bis 48,85, bei dem weiblichen von 42,5 auf 
54,9 Jahre gestiegen. Es ist somit eine recht bedeutende Besserung der 
Sterblichkeitsverhältnisse in der deutschen Bevölkerung nachgewiesen. 


Bei Dermatosen (Seborrhoe, Pruritus etc.) 


Canal fA I nßcfl Professor Dr.Blaschko $ Vorschr. 1 

z.B. meö.puriss., c.Ol.rusci, c.Sulfur., 

——————— c. Liq. carb. öeterg.,*c. Resurfin etc. 

Es sichert angenehmste und wirksamste Applikation J 

~SBB 




Marke 


Dieterich- 



Helfenberg. 


Jod-Eigone 

,,Eigon“ Wortmarke. 

Nach den ärztlichen Urteilen (siehe Literatur) sind die Jod-Eigone als jodhaltige 

Eiweißkörper empfehlenswerte Ersatzmittel des Jodoform und der Jodalkalien. 

I indiziert bei Ekzemen, Erythem, Ozaena, 

1. Jod-Eigon ca. 20% gebundenes Jod ( 0(itis usw 


2. Jod-Eigon-Natrium ca. 15% gebundenes Jod 

3. Pepto-Jod-Eigon ca. 15% gebundenes Jod 


indiziert bei Ulcus molle und 
durum, Gummata, luetischen 
Plaques, Laryngitis, Arterio¬ 
sklerose usw. 


Rp.: Jod-Eigon plv. 

(1 Originalglas zu 20, 50 od. 100 g) 
D. S. äußerlich. 


Rp.: Jod-Eigon-Natrium 
oder Pepto-Jod-Eigon 
solve in Aqua dest. 


5,0 

25,0 


Rp.: Jod-Eigon-Natr. oder 
Pepto-Jod-Eigon 
Glycerin 15,0, Aq. dest. 135,0 
D. S. 3 X täglich 1 Eßlöffel. 


|D. S. 3X tägl. 10—15 Tropfen. 

Wissenschaftliche Literatur und Proben gratis und franko. 

Ausstellung unserer Fabrikate im Kaiserin Friedrich-Hause, Berlin NW.6, LuisenpIatz2-4, Saal 5, Chem. Industrie. 

Chem. Fabrik Hellenberg fl.-G., vorm. Eugen Dieterich, in Helfenberg (Sachsen). 


Schutzmarke. 





Diüitizäi bv - 

SITY OF MICHIGAN 


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UNIVERSn 


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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Darlehens- und Sterbekasse der L. V. 

Der Vorstand der L. V. hat unter diesen Namen eine neue 
Wohlfahrtseinrichtung für die standestreue Ärzteschaft geschaffen; 
dieselbe bildet eine besondere Abteilung des L. V. und ist mit Rechts¬ 
fähigkeit ausgestattet. Sie bezweckt, den Mitgliedern in Bedarfsfällen 
Darlehen unter kollegialen Bedingungen und ein Sterbegeld zu 
gewähren. Mitglied dieser Kasse kann jedes Mitglied des L. V. werden, 
das den Verpflichtungsschein des Ärztevereinsbundes oder einen 
gleichartigen Revers unterzeichnet hat. An Sterbegeld werden nach 
fünjfähriger Wartezeit für je vier Mark Jahresbeitrag je 200 Mark 
gewährt, bei einer einmaligen Einschreibegebühr von zwei Mark. 
Mitglieder im Alter von mehr als 60 Jahren müssen den doppelten 
Jahresbeitrag entrichten. Das Sterbegeld darf 2000 Mark nicht über¬ 
steigen. Kollegen, welche der Kasse selbst Darlehen geben, erhalten 
neben 4%iger Verzinsung ihrer Einlagen für je 500 Mark geliehenes 
Kapital 100 Mark Sterbegeld. 

Durch Bekanntmachung in den „Ärztlichen Mitteilungen ' lädt der 
Verwaltungsausschuss der genannten Kasse die Mitglieder des L. V. 
zur Beteiligung ein. Anfragen beantwortet das Generalssekretariat, 
Leipzig, Dufourstr. 18. 


im März v. J. das Sicco-Präparat in einer Zuschrift an deutsche Ärzte 
herabgesetzt. Durch diese Angaben tatsächlicher Art waren die Tat¬ 
bestandsmerkmale des unlauteren Wettbewerbs gegeben. Der Aktien- 
Gesellschaft Hommels Haematogen gelang es nicht, den Wahrheits¬ 
beweis für die verbreiteten Behauptungen zu erbringen. Infolgedessen 
erfolgte kostenpflichtige Verurteilung und Androhung einer fiskalischen 
Strafe von 500 M. für jede Wiederholung der herabsetzenden Behaup¬ 
tungen im Bezirke des Königl. Amtsgerichts II-Berlin, während gleich¬ 
zeitig der klagenden Firma Publikationsbefugnis in drei Fachzeitungen 
auf Kosten der Beklagten zugebillligt wurde. 


Mittelschlesien, Waldenburger Gebirge. 

Heilkräftig bei: Alkalische Quellen: 

Katarrhen der Oberbrunnen und 

Ti, Kronenquelle 

fitmungsorgane Gebirgsluft — Gurgelhallen — In- 

(Nase, Hals, Kehlkopf, halatorien - Pneumatisch Einzel- 

i, : \ r apparate und pneumatisch. Kammer. 

Bronchien, Lunge) _ ... . , ,, . 

Bader (Mineral- u. kohlens.) 
Emphysem, Asthma Hydrotherapie — Massage — 

Verdauungsorgane, Fango, 

ßarnwege (Blase). Mediko- mechanisches Institut. 

Milch- u. Molkenkur-Anstalt. 
Gicht — Diabetes Chemisch-bakt. Laboratorium. 

Prospekte: Fürstliche Brunnen- und Badedirektion und die Annoncen- und 
Verkehrsbureaus. 

Brunnenversand: Oberbrunnen Firma Gustav Strieboll. 
Kronenquelle: Administration der Kronenquelle. 


Ende des redaktionellen Teiles. 


Kleine Mitteilungen. 

Unlauterer Wettbewerb. Patent-Kronen-Haematogen gegen 
Hommels Haematogen. (Landgerichts-Entscheidung.) 

Vor dem Landgericht II-Berlin gelangte am 20. Januar ein Prozeß 
zur Entscheidung, den die Sicco-Gesellschaft gegen Nicolay & Co. bzw. 
die Aktien-Gesellschaft Hommels Haematogeri in Zürich wegen un¬ 
lauteren Wettbewerbs angestrengt hatte. Letztgenannte Firma hatte 


Schreiberhau im Riesengebirge 


680 in über dem Meeresspiegel 


Luftkurort allerersten Sanges 


Villa Irene 


Christliche Pension von Fräulein v. Skai 


Die Villa liegt am Wege nach der alten 
schlesischen Baude .'. Schöne, ruhige, 
staubfreie Lage nahe am Walde .-. Beste 
Gelegenheit zuSki und RodelsportZehn 
Zimmer mit Doppelfenstern und gut 
heizenden Kachelöfen .-. Komfortabel ein¬ 
gerichtet Prospekte stehen kostenlos 
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Verantwortlich: Für den redaktionellen Teil: Proi. Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35. Für „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski, Berlin-Rixdorf. 
Verlag: Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9. Druck: Alliance, Druckerei- & Verlags-Centrale, G. m. h. H., Berlin O. 17, Warschauerstraße 34 36. 


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IV. Jahrgang. Berlin, 10. April 1910. 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das . 
den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tagt 
4 gespaltene Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt: 


Originalien: 


Esch, Bendorf: Zu Lahmanns Ernährungsreform .... 225 

Ragnar Berg, Dresden: Hartes oder weiches Trinkwasser 227 
Adler, München: Ueber die Heilungsaussichten der Tuber¬ 
kulose beim Menschen.228 

Silbermann, Kudowa: Gynoval bei Herzbeschwerden. . 229 

Referate: 

Wern. H. Becker, Weilmünster: Neurologie und Psychiatrie 229 

A. Moeller, Berlin: Lungenkrankheiten. 230 

Küster, Freiburg i. B.: Bakteriologie und Serologie . . . 231 

Axel Winckler, Nenndorf: Nahrungs- und Genußmittel . 232 


ORIGINALIEN. 


Zu Lahmanns Ernährungsreform. 

Eine Bemerkung zu Wincklers Artikel „Hartes und weiches 
Trinkwasser“ in Nr. 9 der Therap. Rdsch. 

Von Dr. Esch, Bendorf. 

Auf das von Winckler behandelte Thema selbst möchte 
ich hier nicht näher eingehen. Dagegen sehe ich mich ver¬ 
anlaßt, den Passus aus der Arbeit hervorzuheben, der sich 
mit einer Anschauung des leider zu früh verstorbenen 
Dr. Lahmann beschäftigt. Wincklers Ausführungen be¬ 
dürfen da nämlich hinsichtlich einiger Punkte der Richtig¬ 
stellung in medizinisch-historischem Interesse. 

W. sagt Folgendes: 

„Die Irrlehre, daß wir in unserer Nahrung zu wenig 
Kalk vorfänden, wie überhaupt die ganze Legende vom 
Nährsalzmangel ist im Lager der Kurpfuscher entstanden 
und hat erst nach und nach bei manchen Aerzten Glauben 
gefunden, neuerdings sogar einige Gelehrte merklich beein¬ 
flußt. Der Urheber dieser Irrlehre war ein zu Hermsdorf 
unterm Kynast privatisierender ehemaliger Apotheker namens 
Julius Hensel, der die Heilkunst und gleichzeitig die 
Landwirtschaft reformieren wollte und hauptsächlich als 
Erfinder eines Steinmehidüngers bekannt geworden ist. 
Dieser geistreiche aber phantastische Autor hat in seinem 
1882 zu Philadelphia erschienenen Hauptwerke „Das Leben“ 
zuerst die These aufgestellt, die gebräuchliche Kost der 
Europäer enthalte zu wenig Mineralstoffe. Um diesem 
Mangel abzuhelfen, brachte er „physiologische Erden“, 
„physiologisches Salzwasser“ und andere mineralische 
Spezialitäten auf den Markt. Diese pharmazeutischen Prä¬ 
parate wurden wenig gekauft, da Hensel sich nicht auf 
die geschäftliche Reklame verstand, aber seine Lehre vom 
Nährsalzmangel fand unter Sektierern aller Art begeisterte 
Anhänger. Sie wurde namentlich von den Naturheilkundigen, 
die der beständigen „Wasseranwendungen“ ä ia Prießnitz 
müde geworden waren, begierig aufgegriffen und ausgenützt. 
Dr. Heinrich Lahmann, Besitzer der Naturheilanstalt 
Weißer Hirsch bei Dresden, entwickelte die Hensel sehe 



Mitteilungen über Arzneimittel: 

Krüger, Magdeburg: Referate . . 

K. Försterling, Mors: Chirurgie 
M. Peltzer, Steglitz: Militärmedizi 
Abramowski, Gilgenburg, v. Ruti 
Ebernhausen und Geissler, Nei 

Technische Neuerscheinungen: 

J. Spanier, München: Selbsttätige Punktionssp 
Allgemeines.. 


Theorie in seinem Buche über „die diätetische Bi 
mischung“, freilich ohne Hensel zu nennen. Er versu 
diese Lehre exakt zu begründen, was ihm jedoch mißlung 
ist. Er nahm nämlich die Kuhmilch, die doch eigentlic. 
für das wachsende Kalb bestimmt ist und selbstverständlich 
einen großen Kalküberschuß für dessen Knochenbildung 
enthalten muß, als Normalnährgemenge für den Menschen 
an und verglich ihren Mineralgehalt mit der einer \ili- 
kürlich aus gleichen Teilen Fleisch, Roggenmehl, Kartoffeln 
und Erbsen zusammengestellten Kost, die er als 'Beispiel 
des „gebräuchlichen Nährgemenges“ der europäischen Völker 
annimmt, obgleich höchstens die Zuchthäusler eine Kost 
genießen, die zu einem Viertel aus Hülsenfrüchten besteht. 
Aus solchen gekünstelten Prämissen folgert er, daß u/rsere 
gebräuchliche Nahrung an Natron um das Sechsfache, an 
Kalk um das Elffache zu arm sei! Ferner vergleicht 
er den aus der Tageskost einer Familie berechneten Mineral¬ 
gehalt wiederum mit dem Mineralgehalt der — Kuhmilch, 
und findet natürlich ein Defizit an Kalk und Natron. Dem 
naheliegenden Einwurf, weshalb er denn nicht die Frauen¬ 
milch als Prototyp der menschlichen Nahrung seinen Kalku¬ 
lationen zugrunde legte, weicht er aus mit der kahlen Aus¬ 
flucht, daß er „die meisten Analysen der Frauenmilch wegen 
der falschen Ernährung des Menschengeschlechts nicht für , 
normal erachten kann“. Man weiß aber aus sämtlichen Analysen 
der Frauenmilch, daß sie viel weniger Natron und sehr viel 
weniger Kalk enthält als die Kuhmilch, so daß jener künst¬ 
lich konstruierte Natron- und Kalkmangel illusorisch wird. 
Bedenkt man vollends, daß die Frauenmilch nur für das 
wachsende Kind bestimmt ist, mithin viel Kalk für die/ 
Kalzifikation der Knochen liefern muß, während der er¬ 
wachsene Mensch mit seinem fertigen Skelett nur ein 
minimales Kalkbedürfnis hat, so muß man einsehen, daß 
man aus der Zusammensetzung irgendwelcher Milch über¬ 
haupt keinen Maßstab für das Nährsalzbedürfnis eines er¬ 
wachsenen Menschen entnehmen darf. Lahmanns Ver¬ 
suche, eine aus Nährsalzmangel abgeleitete Dysämie als 
Ursache aller Krankheiten zu statuieren, zeigt, wie einseitig 
man wird und zu welchen Uebertreibungen und Fehl¬ 
schlüssen man gelangt, wenn man alles durch die Brille 
einer vorgefaßten Idee betrachtet.“ — 

In dieser Darstellung finden sich einige Irrtümer, die 
zum Teil allerdings vielleicht darauf zurückzuführen sind, 




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Nr. 15 


te, 
sei: 
chade 
ie nicht 
_hen Ver- 
t, weil die 
jroßbetriebe 

,t nenne, ist 

anstandeten Ver- 
Nährgemenge der 
darüber folgendes: 
idstoffen für unseren 
wir nicht, ebensowenig 
>vir quantitativ an Eiweiß usw. 
spunkt gewährt uns aber ein 
Frauen- oder die Kuhmilch, da 
ilicher Organismus aufgebaut und 
kann. — Auf den ersten Blick 
=r 1 ich, daß man die Nahrung 
.1 it aer Milch in Vergleich ziehen 
ndn aber die prozenttischen Werte 
.rgibt sich eine weitgehende Ueberein- 

Wasser Eiweißstoffe Fett Zucker Nährsalze 


.)■ 


emnilch . . . 

87,0 

2,3 

3,9 

6,2 

0,4 

nmilch . . . 

87,4 

3,4 

3,6 

4,8 

0,7 

»st. Nahrungsbedarf 
des Erwachsenen . 

83,0 

3,8 

2,5 

11,9 

0,9 


(Den 3. Posten findet L. durch Reduktion der von 
Moleschott-Vierordt in Landbis’ Physiologie angege¬ 
benen Zahlen auf 100). Der von Winckler speziell be¬ 
sprochene Kalkgehalt der Frauenmilch beträgt, wie in der 
XV. Aufl. der„Dysämie“ hervorgehoben wird, 16,6% derSalze, 
was für eine ca. 4000 g betragende Tagesration des Er¬ 
wachsenen 3 g ausmachen würde. Diesen 3 g Kalk der Frauen¬ 
milch stehen 0,9g gegenüber, die in einer Königs „Chemie der 
menschlichen Nahrungsmittel“ entnommenen, aus Brot, Fleisch, 
Kartoffeln, Milch, Butter, Erbsen zusammengesetzten Tages¬ 
ration für einen erwachsenen Arbeiter enthalten sind. 

Auf diese Tabelle, in der die Erbsen nur den 
10. Oewichtsteil einnehmen, paßt aber Wincklers 
Vorwurf der willkürlichen Zusammensetzung, der bei 
der anderen von ihm erwähnten berechtigt erscheint, durch¬ 
aus nicht. 

Wir sehen also, daß sich ein Kalkdefizit findet, auch 
wenn man, wie Fahmann es hier tut, statt der von W. 
mit Recht beanstandeten Kuhmilch die Frauenmilch der 
Berechnung zu gründe legt. 

Aber man l^ann ruhig auch noch den Vergleich der 
Frauenmilch mit der üblichen Kost der Erwachsenen preis¬ 
geben, trotzdem auch die Schule ihn anstellt 


*) Zum gleichen Resultat gelangten Siegert und Lungwitz „Stoff¬ 
wechselversuche über denEiweißbedarf des Kindes“, Halle, Marchold 19 jS: 

„Prinzipiell ist zwischen einem Kinde jenseits der Säuglingsperiode 
und einem Erwachsenen hinsichtlich der Ernährungsfrage kein Unter¬ 
schied: Beide leben von gemischter Kost. Natürlich ist bei Bestimmung 
der Speisemenge der lebhaftere Stoffwechsel des wachsenden Organis¬ 
mus zu berücksichtigen, aber, was die Relation der einzelnen Nähr¬ 
stoffe angeht, so herrscht ein ganz überraschendes Gleichmaß. Das 
physiologische Paradigma: Ei weiß 1, Fett 4, Kohlehydrat 7, 
wie es in der Frauenmilch gegeben ist, findet bei ver¬ 
nünftiger Ernährung durch alle Lebensalter hindurch An¬ 
wendung — wie auch für jedes Tier in derart eigenen Milch die 
Verhältniszahlen seiner Ernährung absolut gegeben sind. Man braucht 
diese Koeffizienten nur mit der, der Entwicklungsstufe des Individuums 
adäquaten, die Quantität bestimmenden Zahl zu multiplizieren, um 
das physiologische Ernährungsmaß für jedes Alter zu finden.“ 


)F MICHIGAN 


(s. o. Anm.). - Die grundlegende Bedeutung der 
Lahmannschen Ernährungsreform im allgemeinen 
ist damit noch keineswegs erschüttert, ja sie ist es 
so wenig, daß vielmehr auch die offizielle Medizin nach 
langem Sträuben jetzt immer weitgehender in die von ihm 
gewiesenen Bahnen gedrängt wird. Ich brauche da nur 
an die Arbeiten von Albu, Baelz, Bornstein, Bunge, 
Determann, Ewald, Kolisch, Kümmell, Richter, 
Ritter, Rubner, Siegert, Teilhaber usw. zu er¬ 
innern, der französischen Autoren und der von der 
„Schule“ mehr oder weniger divergierenden Forscher wie 
Bachmann, Bircher-Benner, Chittenden, v. Düring, 
Fassbender, Haig, Hindhede, Fiebe, Meyer, Stille 
usw. garnicht zu gedenken. 

Sie alle bekämpfen mit Fahmann — vielfach aller¬ 
dings ohne ihn zu kennen bezw. zu nennen, weil seine 
Arbeiten „nicht wissenschaftlich“ sind — die bis vor 
kurzem herrschende und auch jetzt leider noch sehr weit 
verbreitete Eiweißüberschätzung und Ueberfütterungssucht, 
sie alle plädieren für Einschränkung der „kräftigen“ Fleisch-, 
Ei- und Milchkost zu gunsten einer Ernährungsform, die 
den bisher so verachteten Vegetabilien den gebührenden 
Platz einräumt, ohne sich von dem Popanz des zu großen 
Volumens und der Schwerverdaulichkeit schrecken zu 
lassen, der von den einseitigen Eiweiß- und Schonungsthera¬ 
peuten aufgestellt war. 

Der mangelhafte Kalkgehalt der heute üblichen Kost 
wird ausser von den letzterwähnten Autoren besonders 
deutlich von Kleinsorgen (Ther. Mon. 1905 Nr. 6) hervor¬ 
gehoben. Er sagt: „Während sowohl die Nahrung der 
Karnivoren (Fleisch und Knochen) wie diejenige der Herbi- 
voren die nötige Menge Kalksalze enthält, ist die vom heu¬ 
tigen Kulturmenschen vorwiegend genommene Kost Fleisch, 
Brot, Kartoffeln als direkt ungeeignet anzusehen und 
muss nicht nur für die Knochenbildung, sondern auch für 
den ganzen Organismus Störungen nach sich ziehen. Bleich¬ 
sucht und andere Schwächezustände sind neben dem Eisen- 
auch auf Kalkmangel zurückzuführen. Es muss den Wurzel- 
und Blattgemüsen, den Salaten und dem Obst ein weit 
breiterer Raum gewährt werden. 

Was aber den von Winckler erwähnten Ursprung 
dieser Erkenntnis aus Kurpfuscherkreisen betrifft, so be¬ 
handelt man die, so viele Auswüchse und Schattenseiten 
aufweisende volkstümliche Bewegung der Naturheilkunde, 
die andrerseits aber doch nur eine Reaktion gegen den 
Zeitgeist der,,Ueberexaktheit“ darstellt,m.E. am besten dadurch, 
dass man sich, ebenso wie Lahmann das Oute und Berechtigte 
von ihr zu nutze macht. Der Ernährungsreform, sagt Deter¬ 
mann sehr mit Recht, ist es ähnlich gegangen wie der Hydro¬ 
therapie. Nachdem man die nicht dem Schoße der Schul¬ 
medizin entsprungenen Methoden anfänglich als indiskutabel 
abgelehnt hatte, haben sie sich allmählich doch Anerkennung 
errungen.“ 

Lahmann war einer von den ersten unter den zeit¬ 
genössischen Aerzten, die die Einsicht besaßen, in dem 
besprochenen rationellen Sinne vorzugehen und gerade 
darin liegt sein Hauptverdienst, wie das s. Z. Burwinkel 
so treffend ausgeführt hat. ln dem Artikel „Lahmanns 
Bedeutung für die praktische Heilkunde“ (Deutsche Aerzte- 
Zeitung 1906 Nr. 6) weist er auf den in hohem Maße 
fördernden Einfluß hin, den Lahmann auf die Entwicklung 
unseres Faches ausgeübt hat, indem er es wagte, über 
wissenschaftliche Fragen selbständig zu denken. So war 
er einer der ersten, die gegenüber dem einseitigen Kon- 
tagionismus die Bedeutung der fehlerhaften Konstitution 
und der unrationellen Lebensweise betonten ln der 
richtigen Ernährung erblickte er das Hauptmittel, um eine 
von der Norm abweichende Zusammensetzung des Blutes 
und der Körpersäfte zu verhüten bezw. zu verbessern. Er 
trat ferner ein für Regelung der Zirkulations-, Oxydations- und 
Fvakuationstätigkeit des Organismus durch die physikalischen 


UNIVERSIT 


HIGAN 




Nr. 15 


THERAPE 


Faktoren der Hydrotherapie, des Luftbades, der Massage, 
der durchlässigen Kleidung usw. Ohne je fanatischer 
Gegner von „Arznei und Operation“ zu sein, warnte er 
vor kritiklosem Operieren, einseitigem Spezialistentum, ge¬ 
dankenlosem Medizinieren, wie es z. B. in der Antipyrese 
zum Ausdruck kam. 

Sicherlich werden, so schließt Burwinkel, seine 
Ideen und Lehren immer mehr Anerkennung und Ver¬ 
breitung gewinnen und eine spätere Zeit wird über ihn 
gerechter urteilen als die Gegenwart. 

ln diesem Sinne sollen die obigen Zeilen wirken, eben¬ 
so wie die vorjährigen Ausführungen in Nr. 15 der Th. R., 
die der Vollständigkeit wegen hier noch einmal kurz reka¬ 
pituliert seien: 

Mendels Aufsatz: „Die Kochsalzarme Diät als Heilmittel 66 (M. m. W. 
1909, Nr. 9 u. 10) ist wiederum ein typisches Beispiel für die, 
bereits früher in diesem Blatte (1908, S. 211 und 421) von uns 
hervorgehobene Tatsache, daß von Outsidern und anderen 
„Ketzern“ vorweggenommene Erkenntnisse, die man offi¬ 
ziell anfänglich totschwieg oder gar verlachte, nachträg¬ 
lich von der Wissenschaft neu produziert und als 
„moderne Errungenschaften“ gepriesen werden. 

Hierhin gehören vor allem die Lehren Lahm an ns. Diesem leider 
zu früh verstorbenen Praktiker im weitesten Sinne hat man trotz einiger 
Einseitigkeiten und Uebertreibungen bereits in so vielen Punkten Recht 
geben müssen, daß die gerade unter den Aerzten so weit verbreitete 
Unkenntnis seiner Schriften jetzt nicht mehr wohl zu rechtfertigen 
sein dürfte. 

Nachdem Lahmanns Kampf gegen unsere falsche Nahrungs¬ 
zusammensetzung, insbesondere die Eiweißüberschätzung, seitens der 
Wissenschaft bereits fsst auf der ganzen Linie Aufnahme und Fort¬ 
setzung gefunden hat, wird nunmehr auch der von ihm so besonders 
betonte Kochsalzmißbrauch in den Bereich der wissenschaftlichen 
Untersuchungen gezogen, allerdings wiederum ohne Kenntnis bezw. 
Erwähnung der ihm gebührenden Priorität. 

Mendel führt folgendes aus: Noch bis vor 10 Jahren herrschte 
die Anschauung, daß das Na Ci, wenigstens innerhalb der normalen, 
in den Nahrungsmitteln enthaltenen Mengen für den menschlichen Körper 
indifferent sei. Aber auch die normale Na Cl-Zufuhr erhöht bei 
gesunden Menschen die Flüssigkeitsmenge im Organismus um ein 
Quantum, das mehr als '/.'s der gesamten Blutmenge erreichen kann. 
Noch vielmehr ruft also übertriebener Kochsalzgenuß das hervor, was 
Cohnheim als hydrämische Plethora bezeichnet hat. 

Während diese nun an sich noch keine Störungen hervorzurufen 
braucht, liegt die Sache ganz anders, wenn zu der Kochsalz-Wasser- 
Retention noch weitere, die Zirkulation schädigende Momente hinzu- 
kommen, z. B. Gefäßveränderungen, Nephritis, Herzaffektionen, 
konstitutionelle Schwäche etc. Diese werden vielfach erst nach 
Einleitung einer kochsalzarmen Diät der Therapie zugänglich. 
Im einzelnen betont M. folgendes: 

Die Ueberfüllung des Organismus mit Na Cl-haltiger Flüssigkeit, 
die hydrämische Plethora beeinflußt den Verlauf lokaler Entzündungen 
in entscheidender Weise, indem sie deren klinisches Bild nach der 
schädlichen Seite hin verändert, es entstehen mächtige Pleuraexudate, 
starkeGelenkhydropsien,kolossale nässende Ekzeme, der „Salzfluß“ 
der Alten, das besonders bei pastösen Kindern auftretende Säuglings¬ 
ekzem etc. 

Im Zusammenhang damit werden die einschlägigen Arbeiten von 
Finkeistein, Bohn, Czerny, Feer, Langstein, Mendelsohn 
besprochen und zum Teil sehr interessante Belege dafür beigebracht, 
daß bei all diesen Leiden Herabsetzung der Na Cl-Zufuhr nicht nur die 
Ex- und Transsudation vermindert, sondern auch die Resorption und 
Ausscheidung der Krankheitsprodukte beschleunigt. — 

Auch Meyer-Bernstadt (Die Verwässerung des 
Organismus, München, Gurelin 1909, 0,75 M.) bespricht den 
durch übertriebene Fleischzufuhr, Kochsalzmißbrauch 
und übermäßige Flüssigkeits-, insbesondere Alkoholaufnahme 
gebildeten Circulus octiosus, sowie die leider noch so 
vielfach vernachlässigte Tatsache, daß unsere Konstitution 
in der Hauptsache durch die Art der Ernährung bedingt ist. 

Besondere Anerkennung verdient es, daß Meyer 
Lahmanns Priorität in dieser Erkenntnis anerkennt und betont. 


Ihig 


Vorstand des p 


Unter obige 
Zeitschrift ein Aui 
hat. Nur möchte ic, 
zu können, den V 
Winckler um freundh 
bitten: 

1. Nach kurzer Einleitui 
Rose und Kionka geht Vei 
Menschen ein und sympathisit 
von Renvall, Bertram undFi 
die Warnung unbekannt gebliebet 

an die Untersuchungsresultate vt Hertram 

knüpfen: „Das sind nur die Z .ysiologischen 

„Minimums“! Man hüte sich abi ern Gebiete der 

Stoffwechselforschung in dense r zu verfallen, 

der in der sog. Lehre vom Ei na soviel Ver¬ 
wirrung angerichtet hat. Die les Minimal¬ 
bedarfs . . . hat wohl hervo Jag ueoretisches 

und experimentell-physiologischoo iteresse, für 
die Ernährungspraxis aber und auch fü>- Pathologie 
und Therapie hat nur die Ermittelung de; normalen 
Durchschnittes bei natürlichen Ernährungsver¬ 
hältnissen (verschiedenster Art) einen brauchbaren 
Wert!“ 

2. Gemäß seiner Auffassung des Kalkbedarfs bestreitet 
Verfasser, daß ein Kind hinsichtlich Kalk unterernährt werden 
kann, einerlei ob natürliche oder künstliche Nahrung gereicht 
wird. Kennt Verfasser nicht die Arbeiten von Förster-), 
Zweifel 3 ), Blauberg 4 ) und Schlossmann'), aus denen 
einstimmig hervorgeht, daß der kindliche Organismus 
trotz der überreichen Zufuhr von Kalk mit Kuhmilch 
bei Ernährung mit Muttermilch weit mehr Kalk 
absorbiert? 

3. Woher weiß Verfasser, daß Lahmann Hensel 
plagiiert hat? 

4. Verfasser behauptet, Lahmann verfechte einseitig 
den Satz, daß wir zu wenig Natr.on und Kalk zu uns 
nehmen; weshalb verschweigt Verfasser die Hauptsache 
von Lahmann’s Theorie: zu wenig Natron und Kalk im 
Verhältnis zu den gleichzeitig eingeführten Säuren? 

5. Nachdem Verfasser so Lahmann „widerlegt“ hat, 
nimmt er Röse’s Arbeiten, richtiger Arbeit, vor. Weshr h 
hat Verfasser, da er so grosses Interesse für die Frage hat, 
nicht auch die anderen Arbeiten von Röse geh-sen? 
Dann hätte er wenigstens gefunden, daß Röse nicht ein¬ 
seitig ist. 

6. Und wenn Verfasser Röse’s Arbeit „Erdsalzarmut 
und Entartung“ zitiert, weshalb hat er sie dann nicht studiert? 

7. Wenn Verfasser Rumpf anführt, der bei über 
300 Versuchen gefunden hat, daß Kalk „auch in den Fällen 
mit Verkalkung der Arterien“ im Körper stark zurückbehalten 
wird, weshalb verschweigt er dann, daß diese Versuche bei 
Nephritikern und auch Nephritikern mit Arterios¬ 
klerose ausgeführt wurden, wo die Kalkaus¬ 
scheidung durch die Nieren schon auf ein 
Minimum gesunken war? 

8. Wenn tatsächlich bei pathologischen Prozessen (z. B. 
Arteriosklerose) abnorme Kalkablagerungen statthaben, 


4 


ä 


1) Physiologie u. Pathologie des Mineralstoffwechsels. Berlin, 
Springer, 1906. 

2) Mitteil. a. d. Münch, morph. physiol. Gesellsch. 1879, Nr. 3. 

3) Aetiologie, Praphylaxis und Therapie der Rachitis, Leipzig 1900. 

4) Zeitschr. f. Biologie 19C0, 40. 

5) Archiv f. Kinderheilk. 1905, 40. 


r 



NDSCHAU. 


Nr. 15 


von Blaii 
gehaltenen V .. 
„Irrlehre“ auch 


„atmvemm- 
geschah, um 
usw. zu ver- 
ei der großen 
Kranken Nieren 

.eine deutsche, seiner 
rbeit der letzten zwanzig 
..öse’s und Lahmann’s 
^s seren solchen 64 notiert. 
ien Gelehrten, „von Hensel 
ochweigt Verfasser dann, daß 
.rten dieses letzten Dezenniums 
ueses entsetzlichen Volkverderbers 
vier an einem Tage (März 1908) 
nd Little in der Medical Society 
en? Weiß Verfasser, daß diese 
<vie Tigerstedt „beeinflußt“ hat? 


Ueberdie h-.<ungsaussichten der Tuberkulose 
des Menschen. 

Von Dr. Adler, München. 

Die Verhütung der Tuberkulose gehört in das Gebiet 
der Hygiene; denn alles, was die Hygiene erstrebt und 
ersinnt, ist auch gegen den Erreger der Krankheit, den 
Tuberkelbazillus, gerichtet. Es ist ohne weiteres klar, daß 
der in der Widerstandskraft minderwertige Organismus 
dem vollkräftigen gegenüber leichter erkrankt, und daß die 
Gefahr einer Erkrankung um so geringer wird, je früher 
eine geeignete Vorbeugung zur Anwendung kommt. Das 
Ziel ist daher, dem Körper eine normale Widerstands¬ 
fähigkeit zu verleihen in Fällen angeborener oder erwor¬ 
bener Disposition und nach vorausgegangenen schwächenden 
Krankheiten. Neben einer regelmäßigen, kräftigen, nicht 
übermäßigen Ernährung sind die in Betracht kommenden 
Faktoren Körperruhe und Luft, eine zweckmäßige Kleidung, 
leichte Muskelarbeit, Atemgymnastik und Abhärtungen 
durch Luft und Wasser. 

Eine Immunisierung, ähnlich der Immunisierung gegen 
die Pockenkrankheit, mit Hilfe von menschlichen und 
artverwandten Tuberkelbazillen, vermag bis jetzt keine der 
bis jetzt bekannt gewordenen Methoden in sicherer und 
gefahrloser Weise zu erreichen. Eine Hauptaufgabe in 
der Verhütung liegt natürlich in der Vernichtung des 
Tuberkelbazillus. Jeder Mensch entleere deshalb seinen 
Auswurf, auch bei einfachen Hustenkrankheiten, möglichst 
in ein Spuckgefäß. Der reinliche Tuberkulöse ist für seine 
nächste Umgebung durchaus ungefährlich. 

Die Behandlung der Tuberkulose ist bis heute auf 
Resultate langjähriger Erfahrung angewiesen. Hat diese 
doch gelehrt, daß die Quintessenz einer erfolgreichen 
Behandlung in der Aufbesserung der Konstitution beruht 
und zwar wird diese Kräftigung am besten erreicht durch 
die diätetische, hygienische und klimatologische Heilmethode. 

Die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, sind Hebung 
des Stoffwechsels, Erhöhung der Nahrungsausnutzung, 
Verbesserung der äußeren Umgebung, ausgiebiger Genuß 
einer reinen Luft und Beeinflussung der Seele. Von alters 
her steht daher die Behandlung an geeigneten Kurorten 
im Vordergründe. 

Was die Ernährung betrifft, hat sich eine leistungs¬ 
fähige Magen- und Darmverdauung als der beste Schutz¬ 
apparat im Kampfe gegen die Tuberkulose bewiesen. Eine 
der Grundlagen der Behandlung bildet demnach die Zufuhr 
einer sehr guten und abwechslungsreichen Kost; jedenfalls 


sind häufigere und kleinere Mahlzeiten angezeigt. Wenn 
es die Verdauungsorgane gestatten, empfiehlt sich vor 
allem Milch und dessen Präparate, unter Umständen 
zwischen den Mahlzeiten, vor dem Schlafengehen und auch 
während der Nacht zu geben. Sodann ist ein reichlicher 
Genuß von Fett, frischer Butter usw. vorteilhaft. 

Besonders wichtig ist die Zufuhr einer möglichst 
staubfreien Luft und ist die Freiluftbehandlung in ihrer 
hohen Bedeutung für die Tuberkulosebehandlung allgemein 
anerkannt. Jedoch darf die Kräftigung des Organismus 
nur allmählich stattfinden. Wir bestreben uns daher, 
möglichst günstige Außenbedingungen zu schaffen, unter 
denen der Heilungsprozeß in der Lunge ruhig verlaufen 
kann. 

Wohl in den seltensten Fällen wird indessen die 
hygienisch-diätetische Heilmethode auch nur teilweise ver¬ 
einbar sein mit dem Berufe und der ganzen Lebensführung 
, des Patienten. Die Loslösung aus der bisherigen und 
j Versetzung in eine neue Umgebung ist hier erfahrungs¬ 
gemäß von größter Wichtigkeit. 

So empfiehlt es sich von selbst, den Patienten an 
| einen nicht zu nahe an seinem Wohnsitz gelegenen Ort 
gehen zu lassen, wo er den bisherigen Schädlichkeiten 
j entzogen, lediglich seiner Gesundheit leben kann. Natürlich 
wird bei der Wahl eines Ortes vor allen Dingen das 
Klima bestimmend sein, und es ist entschieden weitge¬ 
bauten Orten der Vorzug zu geben. Täler und geringe 
Höhen im Sommer, Süden im Winter, bieten die Möglichkeit 
einer reizarmen, schonenden Behandlung; Gebirge und See 
dagegen üben von Anfang an eine an Reizen und An¬ 
forderungen reiche Wirkung auf den Organismus aus. 
Man wird daher immer individualisieren müssen, ob der 
schonenden oder der anstrengenden Methode der Vorzug 
zu geben ist. Erstere wird hauptsächlich in Frage kommen 
bei Beginn der Kur bei schwächlichen Leuten im Anfangs¬ 
stadium. Die Kur soll hier den Organismus soweit 

kräftigen, daß er ohne Schaden den energischer wirkenden 
Klimaten ausgesetzt werden kann, die die Aufgabe 
definitiver Heilung besser erfüllen als die Ebene. Anders 
liegen die Voraussetzungen infolge der Verschiebung der 
klimatischen Eigenart für das Hochgebirge im Winter. Denn 
im Winter erzielt das Hochgebirge dank seiner intensiven 
Besonnung und seiner viel geringeren Luftfeuchtigkeit auch 
gute Resultate. Gewiß, der Tuberkulöse kann in jedem 
Klima gesunden, vorausgesetzt, daß er seiner Gesundheit 
Rechnung trägt, aber eben deswegen kann eine erfolgreiche 
Kur nur an solchen Orten durchgeführt werden, die auch 
gewissen klimatischen Voraussetzungen in bezug auf Lage, 
Bodenbeschaffenheit, Windschutz usw. entsprechen. 

Für sämtliche tuberkulösen Prozesse lassen sich auch 
mit Vorteil die Mineralwasserkuren in Anwendung bringen 
und speziell diese sollten mehr Eingang und Berücksichtigung 
finden. Hierdurch wird der Stoffwechsel erleichtert, es 
findet eine Aufsaugung der stagnierenden, die Organe über¬ 
schwemmenden Gewebsflüssigkeiten statt und hierdurch 
eine Neubildung widerstandsfähiger Zellen an Stelle der 
erkrankten. Das Wasser dient einesteils zur Zuführung 
und Anbildung neuen Stoffes, andernteils zur Auflösung 
und Ausscheidung der verbrauchten und unbrauchbar ge¬ 
wordenen Stoffe. 

Aber auch die medikamentöse Behandlung werden wir 
nicht entbehren können. Jedoch ist diese nur in An¬ 
wendung zu ziehen, wenn Appetit und Verdauung nicht 
beeinträchtigt werden. Mit Vorliebe werden hier Kreosot, 
Guajakol, Kreosotal, Sisolin und andere Präparate verordnet, 
die erfahrungsgemäß auf die Verbesserung des Appetits 
und der Ernährung einen günstigen Einfluß zu haben pflegen. 

In den letzten Jahren hat die Behandlung mit Tuber¬ 
kulin immer mehr Anhänger gefunden. Die Tuberkulin¬ 
reaktion ist eine spezifische tuberkulöse Reaktion und beruht 
auf einer Ueberempfindlichkeit der Tuberkulösen gegen das 


/ER: 


:] in 





Nr. 15 - 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


229 


Gift der Tuberkelbazillen. Wenn das Tuberkulin auch kein 
universales und radikales Heilmittel ist, so vermag es doch 
eine bestimmte Form der Lungentuberkulose in einer solch 
günstigen Weise zu beeinflussen, wie dies in gleicher Weise 
mit keiner anderen Behandlungsweise möglich ist. Wir 
sind dadurch der spezifischen Behandlung näher gerückt. 

Zur Anregung des Stoffwechsels, zur Kräftigung und 
Erhöhung der Widerstandsfähigkeit sind ferner geeignet 
kalte Abreibungen, Duschen, Körperbewegung und Atem¬ 
gymnastik. Selbstverständlich müssen diese wichtigen Heil¬ 
faktoren einer steten genauen Kontrolle und Individualisierung 
unterliegen. Was den Beginn einer Kur betrifft, so muß 
ein Kranker so früh als möglich fortgeschickt, d. h. seinen 
häuslichen Verhältnissen entzogen und in geeignete klima¬ 
tische und Ernährungsverhältnisse versetzt werden, und es 
ist daher die wichtigste Aufgabe des Arztes, die Krankheit 
so frühzeitig als möglich zu erkennen. In allen Fällen 
möge der Kranke nie vergessen, daß die Behandlung der 
Tuberkulose eine zielbewußte und konsequent durchge¬ 
führte Kur erfordert und in der Zeit nicht nach Wochen, 
sondern nach Monaten, sogar Jahren zu bemessen ist, aber 
dann auch bessere Aussichten auf Erfolg bietet, wie kaum 
eine andere chronische Krankheit. Denn die Tuberkulose 
ist eine heilbare Krankheit. Ob man einen Kranken nach 
einem offenen Kurort oder in eine geschlossene Anstalt 
(Sanatorium) schickt, hängt vom einzelnen Falle ab. Die 
geschlossene Anstalt bietet den Vorzug strenger Disziplin, 
sorgsamer ärztlicher Ueberwachung und einer in der Zeit 
genau geregelten, zweckmäßigen Nahrungs- und Luftzufuhr. 
Sie ist daher dringend zu empfehlen allen denjenigen 
Kranken, die keine genügende Garantie bieten, die klimatisch¬ 
diätetische Methode mit der nötigen Ausdauer und Strenge 
durchzuführen. Jedoch kann auch diese Methode in einem 
offenen Kurorte gebraucht werden, nur müßte diese mit- 
derselben Gewissenhaftigkeit und Dauer durchgeführt werden 
wie in einer Anstalt. 

So haben wir gesehen, daß die Tuberkulose bei ent¬ 
sprechendem Verhalten so gut heilen kann, wie jede andere 
Erkrankung, vorausgesetzt, daß sie noch nicht zu weit vor¬ 
geschritten ist. Daher ist auch die Angst der meisten 
Menschen von ihrer Unheilbarkeit meistens unbegründet. 
Ist der Krankheitsverlauf der menschlichen Tuberkulose über¬ 
haupt ein langsamer, so kann eine Neubildung von Binde¬ 
gewebe den tuberkulösen Prozeß begrenzen, abkapseln und 
durch Schwielenbildung zum Stillstand resp. zur Heilung 
bringen, was die pathologische Anatomie tagtäglich beweist. 
Werden doch an den meisten Menschen, die nicht an 
Tuberkulose gestorben sind und während ihres Lebens 
entweder gar keine oder nur geringe Gesundheitsstörungen 
gezeigt haben, Narben und nur verheilte tuberkulöse Herde 
in ihrer Lunge konstatiert. 


Gynoval bei Herzbeschwerden. 

Von Dr. Silbermann, Kudowa. 

Das allgemeine Bestreben an Stelle der Pflanzeninfuse 
und spirituösen Extrakte die eigentlich wirksamen Bestand¬ 
teile der Pflanze zu isolieren und in der Medizin zu ver¬ 
wenden, um eine reinere, von Nebenwirkungen möglichst 
freie gleichmässigere Wirkung zu erzielen, hat auch eine 
ganze Anzahl von Baldrianpräparaten gezeitigt, die, im 
Prinzip in ihrer Wirkung kaum verschieden, doch durch 
irgendwelche Nebenwirkungen dem Patienten nicht gleich¬ 
mäßig angenehm sind. Während der eine, wie beim Validol 
den Mentholgeschmack nicht vertragen kann oder ihn 
wenigstens unangenehm empfindet, verursacht bei einem 
anderen ein anderes Präparat wiederum Magenbeschwerden, 
mit zum Teil sehr lästigem, langandauerndem üblem Auf¬ 
stoßen und erzeugt dadurch auch eine Abneigung gegen 
das Mittel. Und wer erfahren hat, welch großen Einfluß beim 


nervösen Patienten die Sympathie für ein Mittel oder Antipathie 
dagegen - und diese ist durch unangenehmen Geschmack 
oder dergleichen leicht auszulösen — wird in seiner Praxis 
die weitestgehende Rücksicht darauf nehmen müssen. Ich 
habe es daher freudig begrüßt, als ich in dem Gynoval ein 
Mittel kennen lernte, das nur in ganz vereinzelten Fällen 
und auch da nur bei sehr empfindlichen Patienten, ein 
kurzdauerndes Aufstoßen verursachte. Es hat daher den 
Anschein, als ob der Baldrian in der Form, wie es im Gynoval 
enthalten ist, den Magen weniger belästigt, als andere 
Präparate. Ich habe das Gynoval in einer großen Anzahl 
der verschiedensten Fälle angewandt, will mich jedoch hier 
nur auf die Fälle nervöser oder organischer Herzerkrankungen 
beschränken, in denen symptomatisch das Präparat gegeben 
wurde. 

Die hauptsächlichste Indication für die Anwendung von 
Gynoval gaben Herzklopfen und Angstzustände ab, bei 
denen eigentlich in fast allen Fällen eine gute Wirkung 
erzielt wurde. Vor allem wurde in den Fällen wo diese 
Angstzustände des Nachts eintraten, durch Gebrauch zweier 
Pillen vor dem Schlafengehen ein ruhiger, guter Schlaf 
erreicht. Aber auch in den Fällen von erhöhter Pulsfrequenz 
auf nervöser Basis konnte ein günstiger Einfluß beobachtet 
werden, wenn auch derselbe sich nicht immer sofort, sondern 
erst nach mehrmaligem Gebrauch einstellte. Im übrigen aber 
ist zu berücksichtigen, daß in allen diesen Fällen, in denen 
es sich ja nur um ambulatorische Behandlung handelte, 
eine genaue Beobachtung nicht möglich war und ich zum 
Teil auf die Angaben der Patienten selbst angewiesen war, 
die, wie ja bekannt, nicht immer ganz zuverlässig sind, 
zumal bei dem weiblichen Teil der nervösen Patienten, der 
nur selten völliges Wohlbefinden oder Besserung zugibt. 
Andererseits aber ist auch nicht außer acht zu lassen, daß 
die Patienten gleichzeitig ihre Badekur machten, und daß 
infolgedessen die Grenzen zwischen der Wirksamkeit des 
einen und anderen Faktors ein wenig verwischt sind. 
Zweifellos aber ist mir nach den Beobachtungen, die ich 
direkt machen konnte, daß das Mittel in fast allen Fällen 
von guter Wirkung war und zum Mindesten allen anderen 
Baldrianpräparaten an Güte und Wirksamkeit gleichsteht; 
vielleicht sogar könnte man es wegen der geringeren 
Belästigung des Magens über dieselben stellen. Ein Versuch, 
auch diese geringen Störungen zu beseitigen durch Be¬ 
nutzung der erst im Darm löslichen Geloduratkapseln, 
erscheint mir nicht sehr glücklich. Denn da es bei der 
zumeist symptomatischen Anwendung des Baldrian darauf 
ankommt, eine möglichst rasche Wirkung zu erzielen, 
können wir das Präparat nicht in Kapseln geben, die erst 
im Darm gelöst werden und dadurch eine Verzögerung 
des Eintritts der Wirkung um drei bis vier Stunden her¬ 
beiführen. 

Man möge die geringe Wirkung des Gynovals auf 
den Magen hoch anschlagen oder nicht, in jedem Falle 
wird das Mittel da ^u empfehlen sein, wo aus irgend 
welchem Grunde ein anderes Mittel nicht vertragen wird. 


REFERATE. 


Neurologie und Psychiatrie. 

Referent: Irrenarzt Dr. Wern. H. Becker, Weilmünster. 

1. Hysterie und moderne Psychoanalyse. Von Hofrat Dr. 

Friedländer, Hohe Mark i. T. Psychiatrisch-Neurologisce Wochen¬ 
schrift, Nr. 45. 

2. Beitrag zur Lehre vom Querulantenwahn. Von Dr. 

Löwy, Marienbad. Zentralblatt für Nervenheilkunde und Psychiatrie, 
Erstes Februarheft, 1910. 




230 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 15 



3. Einige Versuche mit Eglatol in der Psychiatrie. Von 
Dr. Wern. H. Becker, Weilmünster. Moderne Medizin. 

4. Ueber die häufigsten Berührungspunkte zwischen Neu¬ 
rologie und Gynäkologie. Von Dr. v. Holst. St. Petersburger 
Medizinische Wochenschrift, Nr. 1, 1910. 

5. Moralischer Schwachsinn im Kindesalter. Von Prof. 
Dr. Stoelzner, Halle a. S. 

6. Ueber krankhafte moralische Abartung im Kindesalter. 
Von Prof. Dr. Anton, Halle a. S. 

1. Der über dieses Thema beim vorjährigen internationalen 
mediz. Kongreß in Budapest als Redner aufgetretene Verfasser pole¬ 
misiert in wohltuender Weise gegen die Kampfesart, mit der gegen¬ 
wärtig für und wider die Theorien Frends gestritten wird. Wenn 
Frend selber seine Gegner „einsichtslose Uebelwollende“ nannte, sein 
Anhänger Groß alle, die ohne Frend’sche Methode behandeln, für 
Ignoranten erklärte, Sadger die Prüderie der Aerzte schuld sein läßt 
an der nötigen Weiterverbreitung derselben, Hellpach die Frend’sche 
Hypothesen, „bis zum Ueberdruß“ hat lesen müssen und die „Sieges¬ 
gewißheit“ der Frend’schen Anhänger ernstlich zurückweist, Förster 
die Behauptungen Frends schlecht fundiert und der Publikation unwert 
findet, so seien an Stelle der Belehrung und Beweisführung Tempa- 
rament und Dogma getreten. 

2. An die Veröffentlichung zweier Fälle von Querulanten wird 
eine längere Kritik geknüpft der Frage, welchem Krankheitsbild der 
Querulantenwahn am besten zugerechnet werde, er, der früher eine 
Unterabteilung der» Paranoia war und diesen Platz fest zu behaupten 
schien, bis Wernicke denselben als „zirkumscripte Psychose“ bezeichnete. 
Heilbronner und Verfasser reihten dann einen Teil der Querulanten 
den Neurosen an; Blenler meinte, je nach der Individualität würde der 
Querulant hysterisch, paranoisch oder funktionell psychotisch; Spech 
hingegen ordnete 1908 den Querulantenwahn dem manisch-degressiven 
Irresein ein. Indem denn auch noch Bonhöffer, Mendel und Wil- 
manns bzgl. ihrer Stellungnahme zu der Frage zitiert werden, entwickelt 
Verfasser seine Ansicht darüber, wohin seine 2 Querulanten zu rechnen 
sind. Er zählt sie zu den Neurosen, deren Ursache in dem „uner¬ 
ledigten Affekt“ liegt. 

3. Verfasser hat 20 gr Eglatol, d. i. „entgiftetes Chloralhydrat“, bei 
10 Patientinnen der Landesirrenaustalt Weilmünster versuchsweise an¬ 
gewandt. Es handelte sich um lauter abgelaufene Fälle, bei denen 
nur leichte, vereinzelt auch mittelschwere Erregungszustände zu be¬ 
kämpfen waren. Soweit die wenigen Versuche Rückschlüsse gestatten, 
glaubt Verfasser in der Kapselform und in dem teureren Preis einen 
Nachteil, in dem Ausbleiben schädlicher Nebenwirkung und in der be¬ 
deutenden Höhe der wirklich erst toxischen Dosis einen Vorteil des 
neuen von Horowitz, Berlin hergestellten Mittels zu sehen. Ueber 
etwaige Gewöhnung und daraus resultierender verminderter Wirksam¬ 
keit konnten bei dem relativ geringen Quantum keine Erfahrungen 
gesammelt werden. 1,5 gr Eglatol scheinen 2 gr Chloralhydrat und 
4 gr Paraldehyd etwa an hypnotischer Wirkung gleichzukommen. 

(Autoreferat.) 

4. Das beiden Disziplinen angehörende Grenzgebiet wird in 
einem auf dem baltischen Aerztekongreß zu Dorpat gehaltenen Vortrag 
eingehend beleuchtet. Menstruationsbeschwerden allerlei Art, oft ver¬ 
bunden mit migräneartigem Kopfschmerz, aber ohne genügende nach¬ 
weisbare gynäkologisch-spezialistisch festzustellende anatomische Ver¬ 
änderungen sind zunächst therapeutische Aufgaben des Nervenarztes, 
der diese Molimina als ein zeitweises Versagen des sonst noch zu den 
gesunden zu rechnenden Nervensystems anzusehen hat. Die Amenor¬ 
rhoe stellt häufig ein Frühsymptom einer beginnenden Dementia prae- 
racox Kaepelins dar. Eine ähnliche Rolle kann die Menorrhagie spielen. 
Das Klimakterium bildet wieder eine gefährliche Klippe für wider¬ 
standsunfähige Konstitutionen. Bildet sich einmal eine wirkliche Jnvo- 
lutionsmelancholie Kraepelins heraus, so ist nur in 32% der Fälle 
Genesung zu erwarten. Nervöse Begleiterscheinungen von Schwanger¬ 
schaft und Wochenbett werden erst dann in Behandlung des Nerven¬ 
arztes kommen, wenn eine echte Psychose im Spiele ist, sonst mit 
Recht dem Frauenarzt Vorbehalten bleiben. Daß sexuelle Abstinenz 
des Nervensystem der Frauen schädige, gehört ins Reich der Fabel. 
Eher schon kann das frustane sexuelle Erregung, wenn sie sich lange 
und oft wiederholt. Gynäkologische Leiden, vor allem die Retroflexio- 
uterie, haben längst nicht die Bedeutung für das Nervensystem, die 
man ihr früher zusprach; das gilt auch für die kleincystische Degene¬ 
ration der Ovarien. Die Charkotsche Erklärung der Ovarie ist eine irr¬ 
tümliche. Wirklich vorhandene gynäkologische Leiden gehören natür¬ 
lich in Behandlung des Frauenarztes, nicht des Nervenarztes. 

5. Moralischer Schwachsinn ist ein relativer Begriff, er ist ver¬ 
schieden je nach dem Moralbegriff derZeit, nach Volksrasse, nach 
Bildungsstufe und nach — Lebensalter; im Kindesalter mit kleinerem 


Maßstabe zu messen, als beim Erwachsenen. Die Debilität kann auf 
vorwiegend intellektuellen, vorwiegend ästhetischen oder vorwiegend 
moralischem Gebiete vorhanden sein. Moralische Defekte machen sich 
am unangenehmsten sozial bemerkbar und werden am verhängnis¬ 
vollsten für die Debilen. Verfasser hält im Kindesalter folgende Symp¬ 
tome für besonders charakteristisch: „Die Anhänglichkeit an Eltern 
und Bekannte ist auffallend gering. Auch haben solche Kinder keine 
Freunde, sondern höchstens Kumpane, die ihnen bei der Begehung 
ihrer Streiche behilflich sind. Das gesunde Mitgefühl mit anderen 
Menschen pflegt nicht nur zu fehlen, es ist oft geradezu in sein Gegenteil 

verkehrt.“. Die Prognose ist in allen deutlich ausgesprochenen 

Fällen trübe. Therapie: Dressur an Stelle der Erziehung und keine 
Hineinpressung in einen „standesgemäßen“ Beruf, sondern Erlernung 
eines Handwerks, zu dem die geistigen Fähigkeiten ausreichen. 
Ferner müßte die schulärztliche Beobachtung den moralischen Schwach¬ 
sinn möglichst frühzeitig feststellen und aktenmäßig fixieren. Bei 
schwerer oder wiederholter Kollision mit dem Strafgesetzbuch wäre 
das zweckmäßigste, dauernde Unterbringung in Arbeitskolonien. De¬ 
portation, wie sie Weygandt kürzlich vorgeschlagen, verdient eine 
Würdigung seitens der maßgebenden Kreise. 

6. Gleichzeitig mit dem eben besprochenen Vortrag hat auch 
Anton in der Vereinigung Sächsisch-Thüringischer Kinderärzte in 
Leipzig am 28. November 1909 dieses Thema erörtert. 

A. betont zunächst, daß Tiefstand der Moral und Verödung der 
entsprechenden Gefühle nicht mit entsprechende i Intelligenzstörungen 
einhergehen muß. Die „moralische Abartung“ kommt, wenigstens 
phasenweise, vor: 1. bei den leichteren Formen der Manie, 2. bei der 
seroilen Charakteränderung. Aehnliche Phasen finden sich manchmal 
„als erstes Wetterleuchten der Paralyse“, bei Alkoholismus, bei Schädel¬ 
erschütterungen und bei der Epilepsie. Ebenso besteht manchmal eine 
moralische Abartung seit früher Jugend. Schlechte Erziehung und 
verderbende Eindrücke, Abstammung von trunkfälligen oder epi¬ 
leptischen Eltern, Inzucht oder allzu oft repartierte Rassenkreuzung in der 
Ahnentafel sind häufig ätiologisch zu beschuldigen. Manchmal stellt 
sich das Leiden auch erst zur .Pubertätszeit ein. Symptome: Abnormer 
Mangel an höheren Gefühlskategorien, Unvermögen zu menschlicher 
Einfühlung, krankhafte Impulsivität mit ungehemmtem Triebleben, nega- 
tivistische Willensrichtung und andererseits gesteigerte Suggestibilität. 
Vortragender erinnerte hierbei an die Aehnlichkeit mit dem katatonischen 
Symptomenkomplex. 

Der Zustand ist ein andauernder, mitunter lebenslänglicher. 


Lungenkrankheiten. 

Referent: Prof. Dr. A. Moeller, Spezialarzt für Lungenleiden, 
Berlin. 

1. Ueber den diagnostischen Wert der Seroreaktion der 
Tuberkulose, mit besonderer Rücksicht auf die Kobrareaktion. 
Von Dr. Pekanovich. Deutsche med. Wochenschrift 1910, Nr. 4. 

2. Ein Beitrag zur Behandlung der Tuberkulose der Lungen. 
Von Hofrat Dr. Stepp-Nürnberg. Fortschritte der Medizin 1910, Nr. 6. 

3. Mitteilungen über die Behandlung der Lungentuberkulose 
mit I. K. Spengler. Von Dr. Roth-Meiningen. Münchener med. 
Wochenschrift 1910, Nr. 6. 

4. Bemerkungen zur spezifischen Therapie der Lungen¬ 
tuberkulose. Von Dr. G. Richter in Bonn a. Rh. Münchener med. 
Wochenschrift 1910, Nr. 7. 

5. Zur Frage der Entstehung des Lungenemphysems. Von 
Dr. O. Bruns-Marburg. Berliner klinische Wochenschrift 1910, Nr. 6. 

6. Ueber die Bedeutung der Rindertuberkulose für die 
Entstehung der Tuberkulose im Kindesalter. Von Privatdozent 
Dr. M. Hohlfeld. Münchener med. Wochenschrift 1910, Nr. 5. 

7. Der Einfluß von Notjahren auf die Tuberkulosefrequenz 
Von Dr. Linden. Die Umschau 1910, Nr. 8. 

8. Prinzipien in der Behandlung der Skrophulose am 
Strande. Von Dr. Koloman-Szegö. Wiener kl. W. 1910. 

9. Miliartuberkulose im Anschluß am Abort. Von Dr. Weil. 
Münchener med. Wochenschrift 1910, Nr. 7. 

10. Die Infektionsgefahr unter Ehegatten bei Lungen¬ 
schwindsucht. Blätter für Vertrauensärzte der Lebensversicherung 1910, 
Heft 1. 

11. Beitrag zur Frage der Beeinflussung des elastischen 
Gewebes durch Tuberkulose. Von Privatdozent Dr. Oppenheim. 
Wiener klinische Wochenschrift 1910, Nr. 6, 







Nr. 15 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


231 


12. Ein Fall von Lungenerkrankung im Anschluß an ein 
Trauma. Von Dr. Friedrich. Oesterreichische Aerzte - Zeitung 
1910, Nr. 3. 

13. Zur Frage der Tuberkulose-Infektion des Menschen 
durch Perlsuchtbazillen. Von Dr. B. Möllers. Deutsche medizinische 
Wochenschrift 1910, Nr. 5. 

14. Expiratorisches Keuchen als Symptom der Lungen- 
driisentuberkulose im ersten Lebensjahre. Von Dr. Schick. 
Wiener klinische Wochenschrift 1910, Nr. 5. 

15. Die Sammelforschung des Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amtes über Milchgenuß und Tuberkulose. Von H. Kossel in 
Gießen. Deutsche medizinische Wochenschrift 1910, Nr. 8. 

L Verfasser schildert zunächst die verschiedenen Theorien und 
Methoden des Antinachweises von Tuberkulin. Sodann geht er auf 
seine eigenen Untersuchungen ein. Er hat von 62 Tuberkulösen nur 
bei 54 ein positives Resultat erhalten (in 87%); der größte Teil der 
fehlenden 8 Fälle fällt in das erste Stadium. Diese Reaktion hätte 
gerade für die Erkennung des Anfangstadiums der Tuberkulose großen 
Wert, zu welcher Zeit noch keine deutlichen physikalischen Symptome 
nachweisbar sind. Verfasser fand von den zum 3. Stadium zählenden 
Fällen nur bei 60% eine positive Reaktion. — Sodann fand der Verfasser 
von 38 sicher nicht tuberkulösen Menschen 10 mal (27,8%) eine 
positive Reaktion. 

2. Stepp stellt eine 30—40% Mentholsalbe her, welche er einreiben 
läßt und hat damit angeblich — erbeschreibt 18 Fälle — gute Resultate 
bei der Behandlung von Lungentuberkulose erzielt. 

3. Roth hält eine Beeinflussung der Krankheitsprozesse durch I. K. 
für ausgeschlossen. Betreffs leichterer Fälle kommt Verfasser zu dem 
Resultat, daß eine geringe spezifische Wirkung auf die Krankheits¬ 
prozesse zwar nicht abzusprechen ist, doch konnte er bei allen seinen 
Fällen, die er mit I. K. behandelte, keine Heilerfolge erzielen. 

4. Richter empfiehlt die ambulante Behandlung der Tuberkulösen 
mit Tuberkulin und wendet sich gegen die Aerzte, welche ihren 
Patienten abraten, sich spezifisch behandeln zu lassen. 

5. Verfasser teilt seine Ansicht über die Entstehung des Lungen¬ 
emphysems mit. (Die Arbeit muß im Text gelesen werden, da sie 
nicht in Kürze sich referieren läßt.) 

6. Verfasser führt zunächst die verschiedenen Ansichten über 
Artgleichheit resp. Artungleichheit der Menschen- und Rindertuberkulose 
aus. Er sagt, man solle, wolle man die Tuberkulose im Kindesalter 
bekämpfen, auch gegen die Perlsucht ankämpfen; freilich in erster Linie 
müsse sich der Kampf gegen die Menschentuberkulose richten; denn 
der Mensch sei auf diesem Gebiete der größte Feind. 

7. Linden weist statistisch auf Grund von Beobachtungen, welche 
in Finnland angestellt wurden, nach, daß in den Heimstätten der 
Armen mit ihren dunklen Wohnungen die Wirkungen der Notjahre am 
besten zu beobachten waren; ungenügende, ungesunde Nahrung neben 
sanitären und sozialen Mißverhältnissen bewirkten eine Steigerung der 
Tuberkulosefrequenz. Verfasser schließt aus seinen Beobachtungen, 
daß die Arbeit zur Bekämpfung der Tuberkulose schon im Kindesalter 
zu beginnen hat; Schutz der Proletarierkinder vor der Infektion, Heilung 
der Tuberkulose, solange sie noch lokalisiert in den Drüsen sitzt. 

8. Verfasser schildert die Behandlung der skrophulösen Kinder 
am Strande und zwar liegt der Methode zugrunde die Behandlung mit 
Tuberkulin bei Vermeidung lokaler oder allgemeiner Reaktion. Die 
Anfangsdosis wird auf Tausendstel eines Milligrammes festgesetzt | 
und die Dosis jeden dritten Tag erhöht oder nach Bedarf wiederholt. 
Er legt bei Erethisehen größeres Gewicht auf eine langsame und 
ausgedehnte Behandlung durch kleine Dosen wie auf einen raschen 
Anstieg der Dosen. 

9. Verfasser beschreibt einige Fälle, in denen die Tuberkulose des 
Uterus zunächst die Ursache des Abortes wurde und dann nach 
Eröffnung der Blutbahnen des Uterus auch die Quelle bildete, von der 
die Ueberschwemmung des ganzen Körpers, speziell auch der Lungen 
ausging; ebenso wie ja im Anschluß an eine Operation an einem ; 
tuberkulösen Organ nicht selten eine Miliartuberkulose, ebenfalls durch j 
eine Inoculation in die Gefäßbahn, stattfindet. Der Infektionsmodus ist 
derselbe wie er beim Eindringen von Streptococcen, Staphylococcen und i 
sonstigen pathogenen Bakterien in die Blutbahn stattfindet, sodaß man 
in obigen Fällen eine puerperale Tuberkulosesepsis annehmen könnte. ! 

10. Ebenso wie Gollmer in Gotha hat auch Rüge-Berlin anläßlich ' 
einer Untersuchung der einschlägigen Erfahrungen der Lebens¬ 
versicherungsgesellschaft „Nordstern“ gefunden, daß die Infektionsgefahr 
in der Ehe betreffs Uebertragung von einem Ehegatten auf dem andern 
sehr minimal ist, daß bei solchem Nachweis einer Uebertragung es 
sich vielmehr ausnahmslos um Personen handelte, welche schon von 
Hause aus nach Heredität, Status oder Anamnese der Prädisposition 
zur Tuberkulose verdächtig waren und somit die gegen die Infektion 
erforderliche Widerstandskraft vermissen ließen. 


11. Verfasser stellte Experimente an und kam zu folgendem 
Resultate betreffs der Beeinflussung des elastischen Gewebes durch 
Tuberculosie: Eine spezifische, dem Tuberkelbazillus und dessen 
Toxinen ausschließlich zukommende Wirkung auf das elastische Gewebe 
konnte von uns nicht nachgewiesen werden; ohne Entwicklung von 
Zellinfiltraten war eine Schädigung der Elastika nie zu beobachten. 
Dabei war die Art der Infiltrate ohne Bela g; Ansammlung von Rund-, 
Epitheloid- und proliferierenden Bindegewebszellen veranlaßten die Un¬ 
möglichkeit, die elastischen Fasern tinktoriell darzustellen. Wir können 
daher die Tuberkulose nicht als Ursache für das Fehlen der Elastika 
bei den atrophisierenden Dermatitiden ansehen, speziell bei der Der¬ 
matitis atrophicans maculosa, wo die elastischen Fasern unabhängig 
vom Auftreten der Infiltrate zugrunde gehen. 

12. Friedrich schildert einen Fall, wo ein aus gesunder Familie 
stammendes, selbst gesundes Individuum, welches bis zum Momente des 
Unfalles ununterbrochen arbeitete, einen solchen Unfall erlitt, welcher, 
ohne die den Brustkorb bildenden Knochen zu verletzen, wahrscheinlich 
ein Platzen der Lunge und fortsetzungsweise eine trockene Brustfell¬ 
entzündung und eine Entzündung des mittleren Lungenlappens verur¬ 
sachte; einige Monate später trat als Folgeerscheinung des entzündlichen 
Prozesses in beiden Lungenlappen eine Schrumpfung und nach dieser 
eine Atelektesie ein, welche ihrerseits wieder das Einsinken des 
oberen Teiles des Brustkorbes und infolge Verringerung der Atmungsober¬ 
fläche eine vikaiierende Lungenektesie nach sich zog. 

Schlechte Wohnungs- und Ernährungsverhältnisse verursachten, 
daß sich zu diesen Veränderungen später im Oberlappen der ander- 
seittgen, bisher gesunden Lunge Tuberkulose gesellte. 

13. Möllers beschreibt einen Fall von Lungentuberkulose, wobei man 
eine Infektion mit Perlsichtbazillen vermutet hatte, die von ihm an- 
gestellte Kontrolluntersuchung dagegen den Tuberkelbazillus hominis als 
Ursache der Erkrankung eruierte. 

14. Verfasser schildert, wie ihm das Symptom des expiratorischen 
Keuchens als diagnostisch brauchbares und relativ häufiges Symptom 
der Lungendrüsentuberkulose des ersten Lebensjahres aufgefallen sei. 
Das Symptom ist charakterisiert durch ein in Ruhe des Kindes meist 
weithin hörbares Keuchen in der ganzen Zeit des Exspiriums. Es klingt 
am ähnlichsten dem Geräusch bei Asthma bronchiale und kapillärer 
Bronchitis. Das Inspirium ist völlig frei. Die Frequenz der Respi¬ 
ration ist nicht verändert. Die Ursache ist die Kompression eines 
Hauptbronchus — meist des rechten — durch eine vergrößerte und 
verkäste Lyniphdrüse an der Bifurkationsstelle. 

15. Verfasser führt zunächst die vom Kaiserlichen Gesundheitsamt 
gefundene Statistik aus und kommt bei seinen Betrachtungen zu dem 
gleichen Ergebnis wie Weber: „Die Gefahr, welche dem Menschen 
durch den Genuß von Milch und Milchprodukten eutertuberkuloser Kühe 
droht, ist im Vergleiche zu der Gefahr, welche der mit offener Lungen¬ 
tuberkulose behaftete Mensch für seine Nebenmenschen bildet, nur 
sehr gering.“ 


Bakteriolgie und Serologie. 

Referent: Privatdozent Dr. E. Küster, Freiburg i. B. 

1. Mitteilung über einen Fall von Psychose nach Fleisch¬ 
vergiftung. Von M. Raether. Deutsche Med. Woch. 1910. Nr. 8. 

2. Ueber eine besondere Wirkung der Extrakte tuberkulöser 
Organe des Meerschweinchens. Von R. Kraus und R. Volk. 
Wiener Klin. Woch. 1910. S. 289. 

3. Zur Frage des Zusammenhanges zwischen Wassermann¬ 
scher Reaktion und Quecksilberbehandlung. Von E. Epstein 
und E. Pribram. Wiener Klin. Woch. 1910. S. 290. 

4. Ueber eine Typhusepidemie mit initialem hämorrhagi¬ 
schen Exanthem. Von Hans Curschmann. Münch. Med. Woch. 
1910. Nr. 8. 

5. Ueber den bakteriologischen Befund bei einem Fall von 
Käsevergiftung. Von H. Dold. Deutsche Med. Woch. 1910. Nr. 8. 

1. Bei einem imbecillen Menschen, bei dem sich auch einige 
Degenerationserscheinungen vorfanden, trat im Anschluß an eine Fleisch¬ 
vergiftung stuporähnliche Benommenheit ein, die 4 Tage anhielt und 
sich dann in weiteren 4 Tagen unter auffallender Somnolenz voll¬ 
ständig löste, während nervöse Erscheinungen noch etwa 14 Tage an¬ 
hielten. Bemerkenswert ist noch eine persistierende fast komplette 
Amnesie, die sich über etwa 10 Tage erstreckte. Der Autor rechnet 
das ganze Krankheitsbild den „Kraepelinschen Vergiftungs-Delirien“ zu. 

2. Die Autoren konnten feststellen, daß die Extrakte tuberkulöser 
Organe von Meerschweinchen in physiologischer Kochsalzlösung intra¬ 
venös gesunden Meerschweinchen und Kaninchen infiziert, giftig wirkten. 




232 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 15 


Die geimpften Tiere gehen entweder sofort nach der Injektion zu 
Grunde oder sie verfallen alsbald in einen komaähnlichen Zustand, in 
dem sie nach einer halben Stunde verenden. Sektionsbefund negativ. 
Gleiche und größere Mengen von Extrakten von Organen derselben 
tub. Tiere ohne mikroskopisch nachweisbare tuberkulöse Veränderungen 
sowie auch Organextrakte gesunder Tiere sind wirkungslos. 

3. Die Autoren konnten feststellen, daß ein Zusatz von Sublimat 
von 0,025 mg. zu einem ccm Luetikerserum in vitro imstande ist, die 
Komplementablenkung des Serums (die positive Wassermannsche 
Reaktion) aufzuheben, Tierversuche und Untersuchungen am Menschen 
ergaben weiter, daß die Serumreaktion bei Lues während und un¬ 
mittelbar nach einer Quecksilberkur durch den Quecksilbergehalt des 
Serums beeinfußt wird. Als Erklärung bieten sich folgende Möglich¬ 
keiten: entweder der Sublimat- oder Quecksilbergehalt des Serums ist 
zwar infolge der Gegenwart eines Schutzkolloides nicht imstande Blut¬ 
körperchen zu lösen, genügt aber, um das hämolysierende System zu 
verstärken oder er verändert jene durch die Krankheit erworbene physi¬ 
kalische Eigenschaft des Luetikerserums, durch welche die Reaktion 
bedingt wird. 

4. Nach einleitenden Bemerkungen über die Seltenheit hämor¬ 
rhagischer Typhusexantheme, die auch mit Hautblutungen, Hämor- 
rhagien des Zahnfleisches, der Nase, des Darmes, der Nieren und der 
serösen Häute einhergehen können, beschreibt C. eine von ihm in 
Mainz beobachtete Epidemie, bei der (in mittelschweren Fällen) Petechien 
als Initialexanthem auftraten. Die Fälle traten bei einer in kümmerlichen 
Verhältnissen lebenden Familie auf und wurden auf den Genuß von 


verdorbener Zwetschgenlatwerge zurückgeführt. In sieben Fällen der 
gleichen Familie war der Beginn akut, stürmisch, bei den meisten mit 
Erbrechen, in zwei Fällen mit heftigem Schüttelfrost einsetzend. Schon 
am zweiten bis dritten Krankheitstag traten auf Brust und Schultern, 
zweimal auch am Bauch, zahlreiche bläulichrote hanfkorn- bis linsen¬ 
große Flecken auf; das Fieber stieg sehr rasch, oft an einem Tag bis 
zur maximalen Höhe, hatte aber dann einen typischen Verlauf; nur 
zwei Patienten litten an Durchfall; Agglutinationsproben nach Ficker 
in fünf Fällen positiv. Der Autor glaubt, daß auf Grund dieser 
Reaktion und des in zwei Fällen gelungenen Nachweises von Typhus¬ 
bazillen im Stuhl die Differentialdiagnose Typhus-Fleckfieber endgültig 
zu Gunsten des ersteren entschieden sei. 

5. In einer Familie von 5 gesunden Personen trat 6 Stunden nach 
dem Abendessen (amerikanischer Hartkäse) Uebelkeit, Erbrechen, Leib¬ 
schmerzen und Diarrhoe auf; Herz- und Sehstörungen waren nicht vor¬ 
handen. Die chemische Untersuchung des Käses auf metallische Gifte, 
auf toxische Proteine, sowie auf Tyrotoxicon fiel negativ aus. Durch 
Verfiitterung des Käses an Laboratoriumstieren konnte keine kiank- 
machende Wirkung konstatiert werden. Kulturell ließen sich in dem 
Käse massenhaft Bakterien mit allen Merkmalen des Bakterium acidi 
lactici (Hueppe) = Milchsäurebazillen, nachweisen. Das Bakterium ent¬ 
faltet bei der Impfung keine pathogene Wirkung, doch bewirkt Ver¬ 
bitterung von Bouillonkulturen bei Kaninchen Diarrhoen. Bei dem 
Fehlen jeder anderen Erklärung müssen durch das massenhafte Vor¬ 
kommen dieses Bakteriums die Krankheitserscheinungen verursacht ge¬ 
wesen sein. 


Nahrungs- und Genußmittel. 

Alkohol beim Diabetes mellitus? 

Welche Biere darf der Diabetiker trinken? Ist ihm Alkohol überhaupt zuträglich? 

Von Prof. Dr. Axel Winckler, Kgl. dirig. Brunnenarzt am Bade Nenndorf. 

Diese Fragen erörtert Dr. med. R. Förster, Oberassistent der Vierteljahrsrundschau 1910, No. 1). Der Autor hat alles zusammen¬ 
ernährungsphysiologischen Abteilung des Instituts für Gährungsgewerbe getragen, was zu Gunsten alkoholischer Getränke beim Diabetes von 
der Königlichen Landwirtschaftlichen Hochschule zu Berlin, in einer verschiedenen Klinikern gesagt worden ist und stellt folgende Tabelle 


Abhandlung: 

So 

„Alkohol in der Therapie des Diabetes“ (Aerztliche ; auf: 


A 

Erlaubt: 

Verboten: 

ov v. Noorden 

1U 

i 

3 

Benedict und 
Török 

Möglichst kohlehydratfreie Weine % 1 Flasche, bei vollkommenem Ausschluß der Kohlehydrate 
eine um %—% größere Menge neben 1—2 Gläschen Cognac, Kirschwasser und dergl. Ev. für 

20 g Brot ca. 0,3 1 Lagerbier. 

40 g Alkohol, entsprechend ‘/ 2 Liter Rheinwein in den heikelsten Fällen. Die doppelte Menge bei 
schwierigen Entziehungskuren; anstelle des Weines können zuckerfreie oder -arme Champagner¬ 
sorten, extraktarme helle Biere oder Rum in Tee verabreicht werden. 

Biere bei strenger Diät. 

Naunyn 

Bei strenger Fleischdiät Cognac bis 100 g und Branntweine, da diese unter 1 % Zucker enthalten, 
speziell für Diabetiker fabrizierte zuckerfreie Champagner und gewisse am Bodensee vorkommende 
Weine, welche nicht wie die meisten anderen Weinsorten bis 1 % Zucker und ebenso zucker¬ 
ergebende Substanzen enthalten, sondern davon völlig frei sind. 

Südweine (da bis 11 % 
Zuckergehalt), Cham¬ 
pagner (bis 12% Zucker¬ 
gehalt). 

Seegen 

Bordeauxweine, Rhein- und Mosel-, österreichisch-ungarische Tischweine, alle nicht süssen und 
nicht übermäßig alkoholreichen Weine. In sehr mäßiger Menge auch Cognac. 

Champagner, Obst- und 
Fruchtweine, Likör, 

Most und süße Biere. 

Pavy *) 

Cantany *) 

Trockener Sherry, Bordeaux, Branntweine und sonstige nicht versüßte Spirituosen, spärlich auch 
Burton Ale und nur wenig Portwein. 

Wasser oder Selterswasser mit 10—30% rectifiziertem Alkohol mit kleinen aromatischen Zusätzen 
von Fenchel, Zimmt- oder Pfeffermünzwasser. In ganz leichten Fällen ein wenig Bordeaux, alte 
Rotweine erst, wenn der Urin drei Monate zuckerfrei ist. 

Ale, Porter und Biere, alle 
süßen Weine und Liköre. 

Dickensen *) 

Alle ungesüßten Spirituosen, Cognac, Whisky und ungesüßter Wacholderbranntwein (Gin), Rum, 
roter und weißer Burgunder (Chablis, Graves), Mosel, sehr trockner Sherry. Bedingt Bitterbier. 

Alle übrigen Biere, 
Schaumweine, Most, alle 
süßen Weine, Portwein, 
Madeira und Liköre, 

von Mering 

40—70 g Alkohol in Form von leichten Weinen (bis zu 1 Liter), Cognac, Aira: usw. Bier in 
Fällen von sehr gelindem Verlaufe, dann unter Anrechnung der in 1 Liter Bier enthaltenen 40 g 
Kohlehydrate gegen 70 g Brot. 


Hirschfeld 

In leichten und mittelschweren Fällen 200—400 ccm Rotwein, in schwereren zeitweise 200 g guter 
Kornbranntwein von 30—35% Alkohol in 24 Stunden. In besonders hilfsbedürftigen, Fällen eher 
in konzentrierter Form und nicht regelmäßig, sondern in Abständen von mehreren Tagen. 



*) Nach von Mering. 


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Nr. 15 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


233 



Sodann gibt Dr. Förster Anleitung zur Ersetzung des bei den 
Diabetikern am meisten beliebten Pilsener Bieres durch deutsche Biere, 
indem er auf die Analysen hinweist, welche Professor Dr. Schönfeld 
am Institut für Gährungsgewerbe zu Berlin über Kohlehydrat und 
Alkoholgehalt von Bieren angestellt hat. Die Ergebnisse dieser Analysen 
sind in folgender Tabelle übersichtlich zusammengestellt: 


Kohlehydrate 

Alkohol 

Grätzer Bier etwa 22—25 g 

2-2,4 o/ 0 


Lichtenhainer 
Berliner Wei߬ 


bier*) schwä- 


chere Sorte „ 

26—30 „ 

2,5—2,8 % 

stärkere Sorte „ 

30—35 „ 

2,8—3,3»/ 0 

Helle Biere nach 

Pilsener Art „ 

30—40 „ 

3,5—4,00/„ 

Bisweilen aber auch 

mehr nämlich „ 

40-50 „ 

3,3-3,8 o/„ 

Echte Pilsener 

Biere „ 

38—43 „ 

3,7—4,0% 

Münchener Biere 
u. nach Münch. 

Art gebraute 

Biere 

35—60 „ 

3-4,0 o/o 

Kohlehydrate 

Alkohol 

Bockbier etwa 

60—70 „ 

4-4,8»/„ 

Porter „ 

65—80 „ 

6,0—7,0 °/o 


Für kontraindiziert hält Förster die Alkoholica nur in den seltensten 
Fällen von Diabetes, die durch Alkoholismus entstanden seien, außer¬ 
dem bei Nierenreizung und bei Schwäche des Herzens und der 
Gefäße. 

Es ist begreiflich, daß Angestellte eines Instituts für Gährungs¬ 
gewerbe geneigt sind, für den Alkohol zu plädieren; wir dürfen aber 
unsere Bedenken nicht unterdrücken: Den von Förster angeführten 
Autoritäten stehen andere nicht minder gewichtige Autoritäten gegen¬ 
über, welche den Diabetikern die Alkoholica im allgemeinen und das 
Bier im besondern widerraten. Dujardin-Beaumetz sagt in seinem 
Lehrbuche L’Hygiene alimentaire (Paris 1889, p. 183): „Ich glaube — 
und das ist auch die Ansicht von Bouchardat — daß man den 
Genuß alkoholischer Getränke bei der Zuckerharnruhr möglichst ein¬ 
schränken muß.“ Williamson, der unzählige Diabetiker behandelt 
hat, schreibt im „Practitioner“ (1909, 4.), die Gastwirte seien am 
meisten gefährdet, Bier- und Weingenuß seien der Entwicklung 
des Diabetes günstig. In dem in Bad Neuenahr verbreiteten, vom 
San.-Rat Dr. Teschenmacher verfaßten Diätzettel werden zwar 
herbe Weine und reiner Branntwein gestattet, aber keine Biere. Auch 
ich würde mich nicht dazu entschließen können, Diabetikern Bier zu 
gestatten oder gar zu empfehlen. Nach meinen Erfahrungen verfallen 
zahlreiche fette Biertrinker dem Diabetes. 

„Odda“. 

lieber Verbesserung der Nahrungsausnutzung durch Zugabe 
bestimmter Nährstoffe. 

Stoff wechselversuche mit Odda MR hat Dr. Karl Born¬ 
stein in Leipzig, Spezialarzt für Krankheiten der Verdauung und des 
Stoffwechsels, einen Aufsatz in der „Medizinischen Klinik“ vom 
20. März 1910 veröffentlicht. Bisher war bekannt, daß Odda ein von 
v. Mehring erfundenes Kindermehl sei, bestehend aus einer Mischung 
von dextrinisiertem Weizen- und Hafermehl, Eidotter und 
Kakaobutter. Aus vorliegender Abhandlung erfahren wir, daß die 
Sorte MR, für Magenkranke und Rekonvaleszenten bestimmt, noch 
etwas „Kakao Prometheus“ beigemischt enthalte.. Bornstein 
meint aus zahlreichen sorgfältigen Selbstversuchen, über deren Er¬ 
gebnisse er ausführlich berichtet, schließen zu dürfen, daß besagtes 
Oddapräparat ein gutes Hilfsmittel in der Diättherapie sein müsse. Es 
sei leicht einzunehmen, werde fast restlos verdaut, helfe auch die 
sonstige Nahrung besser verdauen und wirke so gewissermaßen als 
Verdauungspulver. Der Autor gibt an, er habe es mit Nutzen bei 
allen möglichen Erkrankungen im Magendarmtraktus, unter anderem 
bei Ulcus ventriculi und bei Achylia gastrica angewendet. — Wir hegen 
wenig Sympathie für künstliche Nahrungsmittel. Leichtverdauelich 
Krankensüppchen aus Weizen- oder Hafermehl mit Eidotter usw. 
bereitet jede geschickte Köchin schmackhafter (und billiger). Gegen 
die Darreichung halbverdauter Kohlehydrate — dextrinisierten Mehls 
— läßt sich ebensoviel einwenden wie gegen die Darreichung halb¬ 
verdauten — peptonisierten Eiweißes. Wir stimmen Dr. Sternberg 


' Mk Digiti:« by 

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bei, der in seinem Buche über „Kochkunst und ärztliche Kunst“ (Stuttgart, 
Verlag von Ferd. Enke, 1907, S. 60) schreibt: „Kein einziges künst¬ 
liches Nährpräparat ist imstande, den Appetit anzuregen. Kein ein¬ 
ziges sämtlicher Nährpräparate vermag die Appetitlosigkeit zu beseitigen. 
Kein einziges künstliches Nährpräparat besitzt den Wohlgeschmack. 
Es gibt nicht ein einziges Nährpräparat, das nicht den Geschmack 
der Speisen verderben würde, selbst wenn es schon an sich ganz ge¬ 
schmacklos wäre“. — Professor Ewald sagt: „Alle die Nutrosen, 
Sanosen, und andern osen, ine, oie, one usw. haben eine dreifache 
Skala des Geschmacks, nach der sie beurteilt werden: erst kommt 
der Erfinder, dem sie stets und unter allen Umständen „vortrefflich“ 
schmecken, zweitens der Gesunde, der schon zufrieden ist, wenn das 
Ding leidlich oder garnicht schmeckt und nicht wie Sand auf der 
Zunge liegt, drittens der Kranke, dem bald jedes Nährpräparat wider¬ 
wärtig ist, sodaß man möglichst viel verschiedene Präparate 
zur Hand haben muß“. Von diesem Gesichtspunkt aus kann auch 
Odda willkommen geheißen werden. 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Hydrargyrum jodatum pultiforme und Hydrargyrum 
bijodatum pultiforme in der Augenheilkunde. Von Oberstabsarzt 
Dr. v. Ammon. Münch. Med. W. 1910, Nr. 9. 

2. Ueber die Behandlung des Ulcus cruris mit Scharlach¬ 
rot. Von Dr. Kurt Pein, Berlin. Ther. d. Gegenwart. März 1910. 

3. Haben sich in der Rhino-Laryngologie die Ersatzmittel 
des Kokain bewährt? Von Medizinalarzt Dr. Max Senator in Berlin. 
Münch. Med. Wschr. 1910, Nr. 10. 

4. Kurzer Beitrag zur Wirkung des Novaspirins. Von 
Dr. Ed. Hartmann. Allg. Wien. med. Zeitg. 1910, Nr. 9. 

5. Ueber die Anwendung von Bronchitin-Lüdy während 
einer Masernepidemie. Von Dr, Rud. Uhlicz in Schönfeld b. 
Karlsbad. Oestreich. Aerztezeitg, 1910, Nr. 5. 

6. Bromophor. Von Dr. Linke, Wiederau. Therapeut. Neuheit. 
März 1910. 

7. Ein Beitrag zur Spirosalwirkung. Von Dr. Walter, Fürth. 
Die Heilkunde 1910, Heft 2. 

8. Ueber die praktische Verwendung des Sajodins. Von 

Dr. O. Kohlbach in Essay. Allg. Wien. med. Zeitg. 1910, Nr. 7. 

9. Vioform. Von Dr. Peters, Eisenach. Therapeut. Neuigkeiten 
1910, Februar. 

10. Cystopurin. Von Dr. Linke, Wiederau. Ibidam. 

11. Erfahrungen mit Estonpräparaten. Von Dr. W. Korner, 
Wien. Prag. med. Wschr. 1910, Nr. 8. 

12. Statistisches zur Hetolbehandlung. Von Dr. Wißmann 
Lindenfels. Fortschr. d. Medizin 1910, Nr. 5. 

13. Coryfin, ein reizloses Mentholderivat. Von Dr. Brait- 
maier, Kiel. Therap. d. Gegenwart, März 1910. 

1. Zur Behandlung skrofulöser Augenerkrankungen wird meist die 
Pagenstechersche „gelbe Salbe“ benutzt, während die Anwendung 
von jodhaltigen Quecksilbersalben aus unbekannten Gründen nicht 
beliebt ist, obwohl doch der günstige Einfluß des Jods bei den ge¬ 
nannten Affektionen klinisch unverkennbar ist. Verf. wandte deshalb 
das Hydrargyr. jodat. in Salbenform an, fand aber, daß es zu stark 
reizte, weil das Quecksilberjodür, wie sich aus der mikroskopischen 
Untersuchung der Salbe ergab, in großen, zum Teil scharfkantigen 
Schollen, in derselben ungleichmäßig verteilt war. Dies vermied 
v. Ammon dadurch, daß er das Quecksilberjodür auf nassem Wege 
gewann und ohne vorherige Trocknung zu einer Salbe verarbeitete. 
Ebenso hat er Salben aus schlammförmig gewonnenem Hydrargyr. 
bijodat. hergestellt. Ueber die beiden Verfahren muß das Original 
nachgelesen werden. Beide Salben enthalten den wirksamen Arznei¬ 
körper in ungemein feiner Verteilung, die jene des Quecksilberoxyds 
in der Pagenstecherschen Salbe noch übertrifft. Nach A.’s Beob¬ 
achtungen wird das Ung. Hydrafg. jodat. pultiforme (1 Prozent) bei allen 
Erkrankungen der Hornhaut, Bindehaut und Lider, die auf krofulöser 
Grundlage beruhen, angewandt. Besonders bei den Randphlyktaenen 
leistet sie gute Dienste; ferner bei Hornhautphlyktaenen und zwecks 
Rückbildung neu entstandener Gefäße. A. sah auch Erfolge bei 
Rhagaden am äußeren Lidwinkel bei Blepharospasmus. Das An¬ 
wendungsgebiet für das Ung. Hydrarg. bijodat. (0,3—0,5 Prozent) ist 


3AN 



UNIVERSIT 





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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 15 



viel enger begrenzt. A. wandte diese Salbe nur bei chronischer 
Blepharitis mit stärkerer Schuppenbildung an. Er schildert das Ver¬ 
fahren eingehend. 

2. P. berichtet über seine Erfahrungen mit Scharlachrot bei Ulcus 
cruris an der dermatologischen Abteilung des Virchow-Krankenhauses. 
Er benutzte Sprozentige Scharlachrotvaseline, die mittels Mullkom¬ 
pressen auf die Wunden ohne wasserdichten Stoff aufgelegt wurde. 
Je alle 24 Stunden wurde ein Verband mit Scharlachrot- und Bor¬ 
vaseline gemacht. Dadurch wurden stärkere entzündliche Reizungen 
vermieden. Die Epithelisierung ging außerordentlich schnell von¬ 
statten, merkwürdigerweise besonders im Anfänge der Behandlung. 
Auch prognostisch ungünstige Fälle heilten gut. Das frische Epithel 
ist solide. Während Ulcus cruris gut heilten, übte Scharlachrot auf 
Ulcera mollia oder dura und auf Wundflächen operierter Bubonen 
keine Wirkung aus, solange das spezifische Virus noch aktiv war. 
Erst nach Reinigung durch spezifische Mittel oder Allgemeinbehandlung 
trat Heilung ein. 

3. Verf. hat oft bei Nasenoperationen beobachtet, daß nach 
Pinselungen mit Alypin oder Novokain die Schmerzempfindung 
zwar herabgesetzt, aber nicht völlig aufgehoben war, wie man es beim 
Kokain sonst nicht gewohnt war. Dieses rief stets genügende 
Anästhesie hervor. Bei den submukösen Injektionen hat sich die 
Ueberlegenheit des Kokains besonders evident erwiesen. Auch die 
durch Adrenalin oder Suprarenin bedingte verzögerte Resorption des 
Alypins resp. Novokains vermochte die Wirkung dieser beiden Mittel 
nicht zu heben und verbessern. Bei Nasen- und Rachenoperationen 
bewirkte eine lOprozentige Kokainlösung stets genügende Anästhesie; 
die gleichen Operationen wurden bei Alypin- resp. Novokainästhesie 
nicht in der gewohnten und erforderlichen Weise ermöglicht. Dasselbe 
beobachte Verf. bei Kehlkopfoperationen, bei Tracheo- und Broncho¬ 
skopie. Auch die anämisierenden Eigenschaften des Kokains gehen 
den anderen Präparaten zum größten Teil ab. Verf. hält das Kokain 
für nicht so giftig, wie es immer hingestellt wurde, und hält ferner 
die Sterilisation, soweit sie bisher erreicht wurde, für völlig ausreichend. 
Im übrigen beruft er sich in dieser Beziehung auf das Urteil seiner 
Fachkollegen, die größtenteils der gleichen Ansicht wären. 

4. H. berichtet, über seine Erfahrungen mit Novaspirin, einer 
Verbindung der Salizylsäure mit Methylenzitronensäure, das von den 
empfindlichsten Patienten gut vertragen wurde. Verf. wandte es in 
den üblichen Dosen bei Muskel- und Gelenkrheumatismus an; be¬ 
sonderes bei Influenza brachte es die quälenden Nebenerscheinungen 
derselben prompt zum Schwinden. 

5. Nach U.’s Ansicht muß der Arzt bei Masern sein Haupt¬ 
augenmerk auf die Komplikation dieser Infektionskrankheit, und da 
wiederum besonders auf diejenigen der Lungen richten, weil sie meist 
am folgenschwersten für die Zukunft sind. Ob aber jeder Arzt mit 
den Maßnahmen U.’s, die er zu diesem Zwecke trifft, einverstanden 
sein wird, ist mindestens fraglich. U. gibt nämlich „in allen Fällen 
ein Infusum von Dipitalis und Senna, dem er irgendein Salizylpräparat 
hinzusetzt“. Dadurch will er stets eine objektive und subjektive 
Besserung des Allgemeinzustandes erreichen; das Expektorans macht 
das Entstehen von pneumonischen Herden sehr unwahr¬ 
scheinlich, sollte jedoch trotzdem eine schwerere akute Lungen¬ 
erkrankung eintreten, so findet sie ein durch Digitalis ge¬ 
festigtes, ausdauerndes Herz vor, wodurch wiederum im Falle 
dieser ernsteren Komplikation die Prognose eine viel günstigere wird. 
Um nun das Eintreten von Tuberkulose zu verhindern, was durch die 
erwähnten Maßnahmen allein noch nicht möglich wäre, muß nach U.’s 
Forderung — man höre — eine Kreosotverbindung oder ein Derivat 
desselben gegeben werden. Und da soll das Bronchitin von 
Lüdy & Co. in Burgdorf (Schweiz) angewendet werden; denn es 
enthält außer Thiocol noch Extr. Thymi composit. Verf. gab also — 
bei 21 Fällen von Masern — von vornherein Bronchitin je nach dem 
Alter des Patienten 1—6 Kaffeelöffel, bei Säuglingen V 2 —1 Kaffeelöffel 
mit der Tagesration, wenn sie die Flasche kriegen. Das Mittel wird 
gern genommen. Der therapeutische Erfolg soll gut sein, besonders 
bei prophylaktischer Anwendung. 

6. Neuerdings werden Hauterkrankungen lokal mit Harz bedeckt, 
dem ein Medikament beigemischt ist. Ein solches Präparat ist 
Bromophor, das nach Angaben Eichhoffs von der Firma Chemische 
Fabrik Paul Stoepel, Elberfeld, angefertigt wird und Dibromanzinol- 
säure ist. Das auf die Haut gepinselte Mittel hinterläßt ein Häutchen, 
das 25 Prozent organisches Brom enthält. Es soll nach Eichhoffs 
Angaben gegen Pruritus und Wundrose angewendet werden. L. warnt 
aber vor seiner Anwendung im Gesicht, da er bei seiner eigenen Frau 
die scheußlichsten Schmerzen, die stundenlang anhielten, danach auf- 
treten sah. Auch der Preis des Mittels wird nicht erwähnt. 

7. W. hat am Krankenhause Fürth bei Muskelrheumatismen und 


chronischen Gelenkrheumatismen die neue Spirosallösung verwendet 
und in den meisten Fällen eine prompte schmerzstillende Wirkung ge¬ 
sehen. Die Lösung wurde teils aufgestrichen, teils kräftig eingerieben 
und die Stelle mit undurchlässigem Verband bedeckt. Eine Hautreizung 
wurde nie beobachtet. Die Spirosallösung (Spirosal 10,0, Spirit, 
rectificat. 20,0) ist auch im Handel fertig erschienen. Sie kostet 1 Mk., 
wenn das Rezept den Zusatz (Bayer) trägt und bei vielen Kranken¬ 
kassen in dieser Form zugelassen. 

8. Verf. spricht sich über Sajodin sehr lobend aus, da er bei 
vielen Fällen gute Jodwirkung und keine unangenehmen Neben¬ 
erscheinungen gesehen hat. Er gibt Luetikern jetzt alternierend Jod¬ 
kali und Sajodin mit bestem Erfolg. Es scheint, als wenn nach 
längerem Sajodingebrauch die Empfänglichkeit für Jodismus herab¬ 
gesetzt und dann Jodkali besser vertragen würde. 

9. Peters möchte nachdrücklichst auf die Güte des Vioforms 
hinweisen. Dasselbe wird von der Gesellschaft für chemische Industrie 
in Basel hergestellt und ist ein Ersatzpräparat des Jodoforms, und 
zwar ein Derivat des antiseptischen Chinolins, ein Jodchloroxychiniolin. 
Vioforin ist ein graugelbes, sehr voluminöses Pulver von etwas 
süßlichem Geruch, luft-, licht- und feuchtigkeitsbeständig, sterilisierbar, 
in Wasser gemischt, in Alkohol schwer löslich. Es ist sekretions¬ 
beschränkend, austrocknend, desodorierend, blutstillend und ungiftig. 
Diosynkrasien gegen Vioform sind bisher nicht beobachtet worden. 
Es ist Wunden gegenüber absolut reizlos, unbeschränkt haltbar und 
im Gebrauch sehr billig. Die Anwendungsweise ist noch vielseitiger, 
als die des Jodoforms, schon wegen der Ungiftigkeit, 10 g Vioform 
kosten 1,45 Mk. 

10. Von der Chemischen Fabrik Joh. A. Wülfling in Berlin W. 48 
wird Cystopurin in den Handel gebracht, ein Additionsprodukt von 
Hexamethylentetramin und Natriumazetat. Davon kosten 20 Tabletten 
zu 0,5 g 1,50 M. Die Tabletten lösen sich in warmem oder kaltem 
Wasser. Bei Zystitis wirkt es prompt, wenn der Blasenkatarrh auf 
schwere Erkältungen der Unterleibsorgane zurückzufühlen war. Manchmal 
schien ein Stillstand in der Besserung einzutreten. L. griff dann zu 
seinem Hexamethylentetramin und kehrte nach dessen prompterWirkung 
später zum Cystopurin zurück. 

11. Verfasser hat Versuche mit Estonpräparaten (Chemische Fabrik 
Dr. Friedländer) angestellt und mit allen dreien, dem Formeston, Eston 
und Subeston gute Erfolge gesehen. Sie sind der einfachen essigsauren 
Tonerde durch ihre trockene Form überlegen und bei längerem 
Gebrauch absolut unschädlich. Sie wirken antiseptial, adtringierend, 
auftrockend, desodorierend, sind leicht handlich und können oft an¬ 
gewendet werden, wo eine Anwendung der flüssigen Tonerde nicht 
möglich ist. 

12. Um den Wert der Heilbehandlung immer von neuem den 
Aerzten vor Augen zu führen und dafür Propaganda zu machen, gibt 
Wißmann auf Grund der Erhebungen der „Freien ärztlichen Gesell¬ 
schaft zum Studium der Tuberkulose mit besonderer Berücksichtigung 
der Heilbehandlung“ einige statistische Daten über die Erfolge mit 
dieser Kur. Danach sind von 643 Fällen 541 mal Erfolge erzielt worden 
(== 88%), und zwar wurden 139 Fälle gebessert, 120 seit über einem 
Jahre geheilt, 107 seit 2 Jahren, 117 seit 3, 12 seit 4, 46 seit 5 und 
mehr Jahren. 75 sind ohne Erfolg behandelt, von 27 fehlen Nach¬ 
richten. Die Statistik umfaßt alle Arten der Tuberkulose und da 
nur solche, welche sicher als Tuberkulose diagnostiriert wurden. W. 
setzt hinzu, daß hierbei bei 293 Fällen „die Diagnose durch 
Quamuese und physikalische Untersuchung gesichert war“. Ob das 
nicht den Gegnern der Heilbehandlung als Waffe dienen kann, indem 
sie sagen, von diesen 293 Fällen wäre vielleicht mancher längst aus¬ 
geheilte Fall noch als aktive Tuberkulose angesehen worden? Noch 
ist hinzuzufügen, daß die Beobachtungen sich erst auf das erste Jahr 
erstrecken. Es wäre ganz interessant gewesen, zu erfahren, wieviele 
Kollegen sich mit der Heilbehandlung befaßt haben, und man wird 
auf die nächstjährige Statistik mit Spannung harren. 

13. Im Menthol finden wir die Wirkung eines schwachen Anti- 
septikynes, Anaesthetikums und Antiphlogistikums. Da aber immerhin 
leichte Aetzwirkungen beobachtet sind, die leichte Flüssigkeit zudem 
nur eine momentane Wirkung zuläßt, so ist eine Verbesserung des 
Menthols, die die genannten Uebelstände beseitigt, zu begrüßen. Eine 
solche liegt entschieden im Coryfin vor. Dasselbe ist der Aethyl- 
plykosäureester des Menthols und stellt eine farblose, ölige Flüssigkeit 
dar, die im frischen Zustande nahezu geruchlos ist. Durch schwache 
Alkalien sowie durch die in Berührung mit der Haut hervor¬ 
gerufene Verseifung tritt der Mentholgeruch hervor. Durch die all¬ 
mähliche Verseifung tritt eine langsame Resorption des Mittels ein, 
und man kann nach einigen Stunden, wenn das Mittel appliziert 

' wurde, Mentholplykuronsäure im Harn nach weisen. Infolge der all- 

1 mählichen Mentholwirkung merkt man daher direkt nach der Ein- 


/EP 






Nr. 15 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


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pinselung mit Coryfin nichts. Erst später tritt das dem Menthol 
eigentümliche Kältegefühl auf, dessen schmerzstillende Wirkung aber 
protabierter ist, als beim Menthol. Durch die Resorption und Spaltung 
des Esters wird eine gefäßverengende Wirkung ausgeübt; es tritt also 
eine Abschwellung der Neukosa ein. Nach Verfasser sind Pepin¬ 
selungen der Stirn bei allen möglichen Arten von Kopfschmerz sehr 
wohltuend. Bei Halsentzündungen und Kehlkopfkatarrh sind Inhala¬ 
tionen von wenigen Tropfen Coryfin auf heißem Wasser sehr an¬ 
genehm und bringen Erleichterung. Ebenso auch das Zergehenlassen 
eines Stückchen Zuckers im Munde, auf das man einige Tropfen Coryfin 
geträufelt hat. Verfasser macht auf die in letzter Zeit auf den Markt 
gebrachte Neuerung aufmerksam, wodurch einer vielgestaltigen An¬ 
wendung des Coryfin gewährleistet wird. Das Präparat wird von den 
Elberfelder Farbenfabriken in den Handel gebracht. Ein kleines 
Fläschchen kostet 1,50 M. 


Chirurgie. 

Referent: Dr. K. Försterling, dirig. Arzt des Krankenhauses Mörs. 

1. Zur Kenntnis des malignen Granuloms. Von Dr. Fabian 
(Zürich), Arch. f. klin. Chirurg., Bd. 91, S. 317. 

2. Klinische Studie über die Kontusionen und Distorsionen 
der Wirbelsäule und ihre Folgezustände an der Hand von 
56 Fällen eigener Beobachtung. Von Dr. Müller (Berlin), Ibid. S. 331. 

3. Staseblutungen bei Compression der Brust und des 
Unterleibes. Von Dr. Koch und Dr. Rönne (Kopenhagen), Ibid., S. 371. 

4. Ueber das Ulcus pepticum jejuni nach Gastroenteros- 
komie. Von Dr. van Roojen (Amsterdam), Ibid., S. 581. 

5. Experimentelles und Kritisches über die bakteriologische 
Bedeutung der Hautdrüsen und deren Sekrete bei der asep¬ 
tischen Chirurgie. Von Dr. Ritchie (Edinburg), Ibid., S. 449. 

6. Zur Frage des plastischen Ersatzes der Dura mater. Von 
Dr. Kirschner (Greifswald), Ibid., S. 541. 

7. Behandlung der Luxationskompressionsfracturen der 
Wirbelsäule. Von Prof. Robertson (Santiago), Deutsche Ztsch. f. 
Chirurg., Bd. 103, S. 179. 

8. Thrombophlebitis migrans der oberflächlichen Venen 
bei Thromboangiitis obliterans. Von Dr. Buerger (New York), 
Mitt. aus den Gronygeb., Bd. 21, S. 353. 

1. Der Name Pseudoleukämie (Morbis Hodgkin) ist ein Sammel¬ 
begriff, der besser fallen gelassen und durch anatomisch begründete 
Namen ersetzt wird. Es sind das: 1. Generalisierte Lymphdrüsen- 
tuberkulose, 2. Lymphtosarkomatose, 3. Malignes Granulom. Einen 
Fall letzterer Art beschreibt Verfasser. Als Aetiologie kommen im 
allgemeinen in Betracht: abgeschwächte Tuberkulose, Syphilis, andere 
unklare Noxe. Da dieser Patient eine Lues überstanden hatte vor 
zwölf Jahren, die anstandslos heilte und nie wieder Erscheinungen 
machte, ist sie als Grund am wahrscheinlichsten. Klinisch resp. 
pathologisch-anatomisch fanden sich derartige Granulationsknoten nahe¬ 
zu im gesamten lymphatischen System, Lungen, Milz, Niere und Wirbel¬ 
körper. Bestanden hat chronisches wechselndes Fieber, polynukleäre 
neutrophile Leucocytose bei Verminderung der Leucocyten. Prognose 
ist immer letal. 

2. Eine vorzügliche Studie, deren Lektüre dringend zu empfehlen 
ist. Verfasser hat 56 Fälle leichtester Wirbelsäulen- resp. Rücken¬ 
kontusionen zusammengestellt, die nie einen irgendwie nennenswerten 
objektiven Befund boten, sondern meist über Schmerzen im Rücken 
und Bewegungsstörungen klagten. Ihre Behandlungszeit betrug durch¬ 
schnittlich neun Monate und noch ca. V 5 Erwerbsbeschränkung blieb 
zurück. Die Ursache wird treffend analysiert: Der Verletzte geht meist 
erst einige Tage nach dem Unfall zum Kassenarzt. Dieser, übermäßig 
beschäftigt, findet zwar nichts Objektives, kann auch aus Zeitmangel 
nicht stets wieder genau untersuchen und glaubt die Beschwerden. 
Verordnet werden Einreibungen, Umschläge usw. So geht das 13 Wochen 
weiter. Nun hat sich bei dem Pat. der Glaube an eine schwere 
Verletzung bereits derartig eingenistet, daß er nur schwer zu vertreiben 
ist. Verfasser fordert deshalb, daß die Berufsgenossenschaften in 
solchen Fällen das Heilverfahren sofort übernehmen und den Kranken 
sofort einem entsprechenden Krankenhause oder einer Unfallanstalt 
überweisen. Es wird damit sowohl dem Kranken wie den Berufs¬ 
genossenschaften gedient. 

Die Studie spricht von großer Erfahrung und trifft durchweg genau 
das Richtige. 

3. Sehr erhebliche Stauungsblutung nach Einklemmung der Ober¬ 


bauchgegend in einen Elevator. Starke Verstärkung und Schwellung 
des Kopfes und Oberkörpers. Einige Tage später stellte sich Amau¬ 
rose auf einem Auge ein, die auch bestehen blieb; Ursache war eine 
Opticusatrophie wie sich bei weiterer Beobachtung ergab. Derartige 
Augenstörungen sind unter 58 Fällen zwölfmal beobachtet worden. 

4. Bericht über 81 teils aus der Literatur, teils aus eigenen Beob¬ 
achtungen stammenden Fälle. Das Auftreten des Ulcus pepticum jejuni 
fällt meist in die ersten zwei Jahre nach der Operation; die Operations¬ 
art scheint ohne Einfluß auf die Entstehung zu sein. Nach Ansicht 
des Verfassers kann das Ulcus entstehen unter dem Einflüsse sauren 
Magenbreies auf die durch scharfe oder stumpfe Gewalt lädierte Darm¬ 
wand bei solchen Leuten, die zu Magengeschwür neigen. Besondere 
Disposition schafft nach Atheromatose der Gefäße. Therapeutisch ist 
chirurgisch erst einzugreifen, wenn längere interne Behandlung nutzlos 
gewesen ist. Es ist das Ulcus weit im Gesunden zu entfernen und 
hinterher eine Jehamanfistel anzulegen, um das Ulcus gut heilen zu lassen. 

5. Nach seinen experimentellen Untersuchungen ist Verfasser der 
Ansicht, daß die Schweißdrüsen der normalen Haut und ihre Aus¬ 
führungsgänge Bakterien nicht oder wenigstens nicht für längere Zeit 
beherbergen; der Chirurg kann deshalb die Schweißsekretion als 
Quelle der Reinfektion außer Acht lassen. Auch der Inhalt der Haar¬ 
follikel hat keine praktische Bedeutung für den Operateur, da er bei 
der Reinigung mit entfernt werden kann. 

6. Hanel hatte Condomhäutchen hierfür empfohlen. K. rät zur 
Benutzung eines frei transplantierten Stückes der Fascia lata, das unter 
geringer Spannung an der Dura rings festgenäht wird. Dieses Material 
sei stets zur Hand und steril. 

7. Verfasser will jede Kompressionsfraktur der Wirbel mit Rücken¬ 
marksverletzung sofort operiert wissen wenn sie durch Röntgenstrahlen 
festgestellt ist. Die Laminectomie allein genügt nicht; es muß an der 
Rückseite der Wirbelkörper eine Rinne für das Mark hergestellt 
werden. Falls durch die nächstgelegenen Nervenwurzeln das Rücken¬ 
mark trotzdem in seiner verkrümmten Lage gehalten wird, so sind diese 
zu resezieren, um einen geraden Verlauf des Markes zu erzielen. — 
Es wird leider nur ein glücklich verlaufener Fall beschrieben, obwohl 
anfangs von mehreren die Rede ist. Bei der großen Wichtigkeit der 
ganzen Frage wäre es wünschenswert gewesen, alle einschlägigen 
Fälle anzuführen. — Bei der traurigen Prognose der Rückenmarks¬ 
verletzungen ohne Operation sind nämlich alle operativen Eingriffe, 
die Erfolg versprechen, durchaus angebracht. 

8. Verfasser hat 11 Fälle der Art beobachtet und beschreibt sie 
näher. Es handelt sich stets um russische Juden in verhältnismäßig 
jüngerem Alter. Er kommt in der Hauptsache zu folgenden Schlüssen: 
Die Thromboangiitis obliterans ist häufig mit einer Thrombophlebitis 
der oberflächlichen Venen der Arme und Beine verbunden; man achte 
deshalb bei letzterer Erkrankung stets auch auch die tieferen Gefäße. 
Wahrscheinlich haben beide Erkrankungen dieselbe Ursache; diese ist 
jedoch noch vollständig unbekannt; lokale Infektionen, Krampfadern 
haben keinen Einfluß darauf. Der Verlauf ist meist sehr langwierig 
und endet meist mit Amputation der Gliedmaßen. 


Militärmedizin. 

Ref.: Generaloberarzt Dr. M. Peltzer, Steglitz. 

Ueber Verstümmelungen der Augen zum Zwecke der 
Militärdienstentziehung. Von Oberarzt Dr. Günther, München. 
Med. Wochenschrift 1910, Nr. 12. 

Wir haben s. Z. an dieser Stelle über künstliche Leistenbrüche 
referiert, die sich russische Militärpflichtige anlegen lassen, um sich 
der Einstellung zu entziehen, wobei auch die Merkmale erwähnt 
wurden, an denen solche Artefakte zu erkennen sind. Meist sind es 
die in der russischen Armee noch vorhandenen Feldscherer, die sich 
gewerbsmäßig mit Herstellung von vom Militärdienst befreienden 
Leiden und Gebrechen an denen befassen, die davon befreit sein 
wollen, und zwar unter dem Vorgeben, daß sie nach endgültiger Be¬ 
freiung ihrer „Klienten“ vom Dienst die früheren normalen Verhältnisse 
bei ihnen wieder herstellen würden. Sie fabrizieren Geschwülste, 
Gelenkversteifungen und andere schöne Dinge. Wie weit diese Ver¬ 
brechen gehen, dafür liefert die in der Ueberschrift angeführte Ver¬ 
öffentlichung Günthers aus der Universitätsaugenklinik in Breslau 
(Direktor: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Uhthoff) einen traurigen Beleg, 
wie denn überhaupt nicht selten vom Dienst befreite junge Russen 
in unseren östlichen Kliniken auftauchen, um sich dort von den ihnen 






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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


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künstlich beigebrachten körperlichen Fehlern womöglich wieder be¬ 
freien zu lassen (G. war s. Z. Assistent der Breslauer Augenklinik'. 
Zwei junge Russen hatten sich von einem Bader eine Hornhautwunde 
beibringen lassen, in die dann eine ätzende, vielleicht auch infektiöse 
Masse eingerieben wurde. Das Endresultat war beide Male sekun¬ 
däres Glaukom und völliger Verlust des Auges. Mit dem einen dieser 
Patienten waren noch 15 andere junge Leute zu dem Feldscher ge¬ 
gangen, um sich frei machen zu lassen. 

Militärsanitätswesen. 

Ref. Generaloberarzt Dr. M. Peltzer, Steglitz. 

1. Die Wehrkraft des Deutschen Reiches. Von Robert 
Schmidt, München. Soziale Hygiene und Medizin 1910. Nr. 617. 

2. Die Erziehung zum Führer. Von Hauptmann Karl Koelsch. 
Die Umschau 1910, Nr. 9. 

1. Die gegenwärtig in großer Zahl auftretenden statistischen 
Arbeiten, welche sich mit der Wehrkraft des Deutschen Reiches be¬ 
schäftigen, legen Zeugnis dafür ab, wie sehr man bestrebt ist, den 
Faktoren nachzugehen, welche nach vereinzelten Angaben neuerdings 
geeignet erscheinen, diese Wehrkraft herabzusetzen (Abnahme der 
Geburtenziffer und der körperlichen Tauglichkeit usw.). Wir erinnern 
in dieser Beziehung an unsere an fieser Stelle erstatteten Referate 
über die Arbeiten von v. Vogl, Schwiening, Griesbach, Nicolai, 
Claaßen u. a. Aus der vorliegenden Arbeit von R. Schmidt entnehmen 
wir mit Genugtuung, daß die Wehrkraft unseres Reiches, auf der wohl 
auch zum größten Teil seine Macht und sein Ansehen sich gründet, 



Belang ist, ob unsere Soldaten vom Lande oder aus der Industrie 
stammen und ob der eine oder andere Reichsteil zu den besseren 


Rekrutenquellen zählt, so können wir ihm im allgemeinen darin gewiß 
nur zustimmen, vorausgesetzt, daß der Ausfall, den einzelne Teile 
unzweifelhaft aufweisen (Bayern, die Industriestädte, die Gymnasien), 
nicht zu groß wird, so daß ihn die anderen Teile nicht mehr decken 
können. Von diesem Gesichtspunkt aus behalten die Bestrebungen 
und Vorschläge v. Vog’s (vergl. Th. R. 1910, NT.'T) ihren Wert. 

2. Die Erziehung zum Führer, wie sie in dem vorliegenden 
Aufsatz Hauptmann Koelsch in vortrefflicher Weise predigt, ist nicht 
nur für den Front-, sondern auch für den Sanitätsoffizier insofern von 
großem Interesse und Wert, als auch letzterer nicht nur im Frieden, 
sondern besonders auch im Kriege in den leitenden Stellungen, nament¬ 
lich als Chefarzt und als Divisionsarzt, zu seinem Teil eine Führerrolle 
zu spielen berufen ist. Aus eigener Erfahrung können wir den Worten 
K.’s beispielsweise nur das Eine hinzufügen, daß, so überraschend es 
auf den ersten Blick klingen mag, auch das Befehlen gelernt sein will, 
d. h. das Befehlen im militärischen Sinne: kurz, klar, erschöpfend, 
zweifelsfrei. Daß mit der Erziehung, wie sie K. im Auge hat und die 
wir — in erster Linie allerdings für den Offizier — für die einzig 
richtige halten, eine völlige Umwälzung unserer heutigen Jugend¬ 
erziehung verbunden ist, darüber ist sich Verfasser nicht im Unklaren, 
doch mehren sich die Zeichen, welche eine derartige Umwälzung in 
nicht zu ferner Zeit in Aussicht stellen. Dahin gehören namentlich 
alle neuzeitlichen Sportbestrebungen. Einen sehr hübschen Vergleich 
wendet K. bei Erwähnung der sog. Koedukation an, indem er sagt: 
„Das heranwachsende Mädchen hat in den Schülerjahren einen anderen 
Ausdehnungsgrad des Denkens und Fühlens als der junge Mann. 
Werden beide Geschlechter in den gleichen Bildungsgang gezwängt, 
so gleichen sie 2 zusammengenieteten Metallstreifen von verschiedenen 
Ausdehnungskoeffizienten.“ 


Varia. 

1. Comment se transmet la scarlatine. Von J. Comby. 
(Ardives de medicine des enfants, aoüt 1909). 

2. Die Behandlung inoporeller Carcinome mit Aceton. 
Von Jovey. (Medical Record, Nov. 1909). 

3. L’urordaction, diagnostic precoie de la tuberculose. Von 
Malmejac. (Pune medic. de Sept. 1909). 

4. Le traitement de l’ost^o-arthrite tuberculeuse gapenau, 
chez l’enfant, doitetre re’solument conservateur. Von Giovanni 
Impallomeni. (Revue d’Orthopedic Nov. 1909). 

5. Der Pruritus melis, seine Ursachen und seine Behand¬ 
lung. Von Hill. (Lancet Octr. 1909). 


I 6. Etüde anatonio-pathologique des oreillons.. Von Dopteret 
j Repace. (Archives de Medicine experimentale, Bept, 1909). 

7. Die Tuberkulose der Wäscher in Mailand. Von Gatti. 
S (Gazzetta med. italiano, Octr. 1909). 

8. Die Behandlung des Lupus erytheniatoides. Von Morris 
Malcolm. (Lancet Sept. 1909). 

9. Das Ernährungsreginie bei Typhus. Von Coleman. 
| (Journal of the American med. Auci., Octr. 1909). 

1. Scharlach ist namentlich beim Ausbruch der Krankheit an¬ 
steckend und zwar durch die nasalen, buccalen und playngialen Secrete, 
welche die Kranken und ihre Umgebung ausscheiden. Verfasser spricht 
den Hautschuppen die Rolle der Ansteckungsträger, für die man sie 

I bislang immer gehalten hat, ab. Er hält daher die Desinfektion der 
Räume für lästig und überflüssig und empfiehlt nur die zeitige Isolierung 
des Kranken und die Desinfektion und Vernichtung seiner insektiösen 
Secrete. 

2. Verfasser empfiehlt die Behandlung inopereller Carcinome mit 
Aceton, namentlich eigene sich diese Behandlungsweise beim Uterus 
carcinome nach vorhergegangenem Carettement. Die Blutungen hören 
in der Regel sofort auf, um nicht mehr wieder zu kehren, die Secochin 
wird bald geringer, um schließlich ganz zu verschwinden. Der üble 
Geruch ist bald nicht mehr wahrnehmbar. Das Aceton ist nicht an¬ 
wendbar in den unteren Teilen der Vagina und in der Vulra, da es 
hier Schmerzen verursacht, hier ersetzt man es durch Acetonlisulfat, 
aus welchem bei der Berührung mit dem Secret, Aceton frei wird. 

3. Verfasser hat gefunden, daß der Urin tuberkulöser, wenn man 
ihn 14 Tage, ja selbst 3 Wochen der frischen Luft aussetzt seine 
Acidität behält. Bewahrheitet sich das, so hätten wir ein Frühdignos- 
tikum par exellence für Tuberkulose gewonnen. 

4. Die chirurgischen Interrentionen wie Resection, Arthectomie, 
Synovectomie, Arthrotomie, sind bei der Ostroasthritis Tuberkulosa des 
Kindes auf die Procriptionsliste zu setzen, denn einmal wird der 
Knochenwachstum gehindert, sodann abersieht man oft Verschlimmerung 
des Leidens, ja oft genug kommt es zur Generalisation. Der Prozent¬ 
satz der Heilungen ist ein erheblich geringerer als beim konserrativen 
Verfahren. Je früher die konserrative Behandlungsmethode einsetzt, 
um so befriedigender sind in anatomischer und funktioneller Hinsicht 
die Resultate. 

5. Der Pruritus analis wird durch Laesionen entweder des Becken¬ 
ödem oder des Rectum verursacht, welche eine anormale Feuchtigkeit 
in der Analgegend hervorrufen. Die häufigsten Ursachen sind folgende: 
Ulicechonin und oberflächlich Abräumen der Analschleimhaut (75 0 /,>), 
solche des Rectum und der Flexusa signuilla infolge chronischer Obsti- 
patrie, ferner Hypertrophie der Analpapillen und Entzündung der 
Morgegnischen Krypten, innerliche Haemorrhoiden und Prolaps des 
Rectum, endlich kleine Polypen des Analrohres. Die Behandlung hat 
für Beseitigung der Ursachen und für Hautpflege zu sorgen in Form 
von Salben ferner ist Argentuns nicht unangebracht. 

6. Bei einem Soldaten, welcher an Synkope im Verlauf einer mit 
Parotittries vergesellschafteten Orchitis zu Grunde ging, wurde in der 
Parotis eine interstitielle Entzündung gefunden, eine ödömatöse Ge- 
websdurchtränkung, und eine Läsion der Ausführungskanäle, charak¬ 
terisiert durch Epitteldespurmation. Wenn die Parotis also nur ober¬ 
flächlich Krankheitsuridneu aufweist, so treten dagegen bei den 
Testikeln und der Epilydimis sehr erhebliche Veränderungen auf: 
Periarteriitis und Periphletitis, Odem und] Coapulationsnekrose des 
Interstitiums und selbst der Epittelien der Samenkanälchen. Alles in 
allem sind die Erscheinungen viel stärker als bei der Parotitis. 

7. Die Wäscher und Wäscherinnen in Mailand werden nicht zu 
häufig von der Tuberkulose befallen (6o/° der Männer und 6,5°/o der 
Frauen), während diejenigen von Paris außerordentlich häufig dieser 
Krankheit erliegen (75%). Folgendes ist der Grund dieses Unter¬ 
schiedes: Die Wäscherinnen in Mailand brauchen die Wäsche nicht 
eher als bis der sie enthaltende Sack gekocht ist, dann erst wird er 
geöffnet und geleert, während dieses in Paris nicht geschieht. Mit 
Hilfe dieser einfachen hygienischen Maßnahmen wird vielen Menschen 
das Leben erhalten, denn sonst sind die Infektionsmöglichkeiten in 
Mailand und in Paris dieselben. 

8. Vor allen Dingen vermeide man es das Wort Lupus vor dem 
Kranken auszusprechen, man bezeichne sie als langwierige Flechten¬ 
bildung. Zu verbieten ist: Alkohol, Kaffee, Tee, gewürzte Speisen; 
Wenn möglich, soll der Kranke den Winter in einem warmen Klima 
zubringen. Die Verdauung ist zu regeln (Salol, Bismuth, Chinin je 
nach dem Fall). Ichthyol anuliert gegeben reguliert die Zirkulation 
und desinfiziert den Intertinalkanal. Lokale Behandlung: Compunen 
von Zinksulfat oder Bleisubacetat. Keine Salben, Ichthyol- oder Heha’sche 
Seife, Recorcincollodium, Pyrogallusseife in Pflasterform; das Resorcin 
muß vermieden werden, falls entzündete Plagnes vorhanden sind; ferner 






Nr. 15. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


237 


gebe man Jodliniment, und wende leichte Skarifikationen oder lauteri- 
sationen an. Schließlich ist das Radium zu versuchen. 

9. Verfasser ist davon überzeugt, daß nach seinen Erfahrungen 
das partielle Hungersystem in der Akme des Typhus viel zur Ver¬ 
schlimmerung der Erkrankung beiträgt. Man muß dem Kranken 
genügend Nahrung zuführen. Man kann etwa 40 Kalorien täglich auf 
das Kilogramm Körpergewicht nehmen u. z. gebe man Milch, Sahne, 
Milchzucker, Eier, leicht verdauliches gebratenes Fleisch und genügend 
Butter. Dr. Abramowski. 

Kreisassistenzarzt, Gilgenburg. 

Die Haftung der Stadtgemeinde für Versehen des Kranken¬ 
hauspersonals. Von A. Freymuth. Die Heilanstalt. 1910. Nr. 4. 

Nach einer Entscheidung des Reichsgerichtes haftet die Stadt¬ 
gemeinde dafür, wenn ein Kranker in einem städtischen Krankenhause 
durch die Schuld des Pflegepersonals zu Schaden kommt. 

v. Rutkowski (Berlin). 

Ueber normalen Darm und normale Darmentleerung. Von 

Dr. S. Federn, Wien. Medic. Klinik. 1909. Nr. 49. 

Darmatonie besteht in viel größerem Umfange als gewöhnlich an¬ 
genommen wird. Um aber die Funktion des Darmes richtig beurteilen 
zu können, muß man die bisher wenig genutzte Perkussion des Darmes 
mehr pflegen. „Der Darm funktioniert nur dann normal, wenn er den 
in einer gegebenen Zeit, z. B. 24 Stunden, gebildeten Kot vollständig 
entleert.“ Der Kot soll dauernd im Darm fortbewegt werden, nirgends 
länger haften, erst über dem Spincter internus sich ansammeln. Der 
Arzt legt leider, je wissenschaftlicher er ist, desto weniger Wert auf 
die Darmtätigkeit. Bei jeder Darmatonie ist der Blutdruck erhöht, 
umgekehrt hat aus erhöhtem Blutdruckbefund der Autor stets auf 
mangelhafte Darmfunktion geschlossen. „Nicht nur bei chronischen 
Störungen des zentralen Teiles des Nervensystems- wiefür die peripheren 
Teile und für das Gefäßsystem ist die Darmatonie von fundamentaler 
Bedeutung, auch für die akuten Krankheiten, z. B. der Gelenkrheuma¬ 
tismus, wie für diejenigen, welche durch Infektion verursacht werden, 
wie die Pneumonie“. 

Der Autor steht mit diesen Ausführungen nicht so vereinzelt, 
als er meint. Ganz unabhängig von ihm hat Schweninger dem Studium 
des wechselnden Füllungszustandes des Darmes stets viel Wert bei¬ 
gelegt. Und wenn er falsch verstanden wurde und für sein vorzugs¬ 
weises Beobachten der dicken Bäuche den Zunamen eines Spezialisten 
für Fettleibigkeit zudiktiert erhielt, oder gesagt wurde, er könne nur 
Neurastheniker behandeln, so teilt er das gleiche Schicksal mit Federn. 
Referent hat in seinen Arbeiten über Behandlung der Entzündungen, 
Bl. f. kl. Hydrath. (Nr. 9, 1904), Behandlung der Gelenkrheumatiker, 
Therapie der Gegenwart (Nr. 2, 1906), mit voller Absicht auf den Wert 
der Darmbeobachtung dabei hingewiesen, aber gerade diese Sätze 
haben kaum Verständnis gefunden. Referent kann das Studium der 
flott geschriebenen Arbeit Federns nur empfehlen und möchte sich 
auch dessen Urteil anschließen, daß die kommenden Jahre die Einsicht 
der großen Wichtigkeit der Kenntnisse der Darmfunktion für die Be¬ 
handlung der Kranken uns bringen werden. „Die Medizin kann die 
Naturheillehre nur dank ihrer Fortschritte überwinden und dies vor 
allem in einer rationellen Behandlung des Darmes, weil ein großer 
Teil der chronischen Leiden, die nicht Infektionskrankheiten sind, vor 
allem durch Darmstörungen verursacht werden, und auch bei jenen 
sind sie, wie bei der Tuberkulose, von großer Wichtigkeit.“ 

Hauff e (Ebernhausen). 

Über die Narkose bei künstlich verkleinertem Kreislauf. 

Von R. Klapp. Therap. Monatsh. 1910, Jan. — Die Widerstands¬ 
fähigkeit gegen Chloroform ist bei den Menschen äußerst verschieden; 
sie wird, wie es scheint, durch die verschiedenen Mengen kreisenden 
Blutes bedingt, denn man kann beobachten, daß Alkoholiker, die doch 
sonst große Mengen Chloroform brauchen, schon auf geringe Mengen 
hin einschlafen, wenn sie einen größeren Blutverlust erfahren haben. 
Verfasser überträgt diese Beobachtung auf die Praxis, indem er 
mehrere Gliedmaßen (beide Oberschenkel) erst kräftig staut und dann 
nach Esmarch völlig abschnürt. Bei Aetheranwendung empfiehlt es 
sich, mit einer Art Aetherrausch zu beginnen. Beobachtungen an 
einem größeren Material haben gezeigt, daß der Verbrauch an Narkose¬ 
mitteln, besonders Chloroform, ein geringerer ist, ein auffallend 
rasches Erwachen aus der Narkose erfolgt und in einem Falle von 
Atemstillstand nach Lösung der Binden die Atmung von selbst 
wieder regelmäßig einsetzte. Geissler, Neu-Ruppin. 


SSaB v • ; 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 


Technische Neuerscheinungen. 


Selbsttätige Punktionsspritze 

nach Dr. med. J. SPANIER, München. 

Durch die selbsttätige Punktionsspritze ist der Arzt in der Lage, 
die Punktion mit nur einer Hand auszuführen, um mit der anderen 
den zu punktierenden Körperteil fixieren zu können und so dem Ab¬ 
brechen der Punktionsnadel durch unvorhergesehene Bewegungen des 
Patienten vorzubeugen. Schmerzempfindungen, die durch Ver¬ 
schiebungen und Zerrungen während des Anziehens des Kolbens bei 
der gewöhnlichen Spritze unvermeidlich waren, können vermieden 
werden. Das Vordringen der Nadel und die Saugtätigkeit der Spritze 
vollzieht sich nahezu gleichzeitig, was den ganzen Akt der Punktion 
zeitlich außerordentlich abkürzt; schließlich; tritt bei Oeffnung des 
Hahnes die Saugwirkung des ganzen luftleeren Raumes sofort in 
Kraft, wodurch sich die Wirkung bedeutend intensiver gestaltet, 
als bei den bisher gebräuchlichen Spritzen. 



Die einfache Handhabung ergibt sich aus der Zeichnung. 

Der Kolben wird bei geschlossenem Hahn angezogen, der Zylinder 
auf diese Weise evacuiert. Ein an der Kolbenstange befindlicher Zapfen 
wird durch einen Spalt des Spritzendeckels hindurch geleitet und durch 
eine Drehung der Kolbenstange um ihre Achse werden Zapfen 
und Kolben fixiert, und der Zylinder in evacuiertem Zustand erhalten. 
Nach vollzogenem Einstich der Nadel wird durch Druck auf den Hebel 
die Oeffnung des Hahnes bewerkstelligt. 

Der Spritze dient als Grundlage die im Gebrauche bestbewährte 
Record-Spritze« mit 5 ccm Inhalt. 

Um die Punktionsspritze auch als Injektionsspritze benützen 
zu können, dient ein an der Spritze angebrachter Bügel, der in eine 
Rinne am Hebel paßt, und den Hebel und den Hahn im geöffneten 
Zustande fixiert. Auf den Normalconus der Spritze paßt jede Record - 
Nadel. 

Preis M. 20,—. Zu beziehen durch Ludwig Frohnhäuser, 
München, Sonnenstrasse 15. 


Allgemeines. 


Kantonsspital Luzern. An Stelle des verstorbenen Herrn Dr. 
Amberg ist vom Regierungsrate Herr Augenarzt Dr. Friedrich Stöcker 
in Luzern als Oberarzt der Augenabteilung der kantonalen Kranken¬ 
anstalt gewählt worden. 

Vom 18. bis 21. April wird zu Wiesbaden unter dem Vorsitze 
des Herrn Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Fr. Kraus (Berlin der 27. Kon¬ 
greß für innere Medizin tagen. Die Sitzungen finden im Neuen 
Kurhause statt. Das Bureau befindet sich ebendaselbst. Als schon 
länger vorbereitete Verhandlungsgegenstände stehen auf dem Pro¬ 
gramme: 

Die spezifische Erkennung und Behandlung der Tuber¬ 
kulose. Berichterstatter: Herr Schütz (Berlin) und Herr Penzoldt 
(Erlangen). 

Die Entstehung und Behandlung der sekundären 
Anämien. Berichterstatter: Herr D. Gerhardt (Basel). 

Weitere Vorträge sind u. a. angemeldet: 

Zur Tuberkulose von den Herren: Citron, Engländer, Fischer, 
Jessen, Jochmann, Karo, Knoll, Krüger, Marmorek, Mendel, Meyer, 
Philippi, Rothschild, Ruppel. 

Zur Anämie von den Herren: Hofbauer, Morawitz, Treupel. 


NI 



238 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 15 



Ueber Magenkrankheiten von den Herren: Curschmann, 
Eisner, Fleiner, Grafe, Groß, Krehl, Lefmann, Loening, van der Velden. 

Ueber Herz und Gefäße von den Her en: Fellner, Groedel, 
Kretschmer, Müller, Nenadovicz, Nicolai, Ratner, Schott. 

Zur Bekämpfung der Prostitution in Rußland. Eine vom 
Medizinalrat eingesetzte Kommission unter dem Vorsitz des Leib¬ 
medikus L. Berthe ns on hat allgemeine Grundlagen für die Organi¬ 
sation der Aufsicht über die Prostitution im Reiche aufgestellt, welche 
bereits im Januar 1906 vom Medizinalrat gutgeheißen und wesentlich 
in folgendem bestehen. Unter der Aufsicht über die Prostitution hat 
man eine solche durch ein Gesetz angeordnete Organisation zu ver¬ 
stehen, die in möglichst vollkommener Weise die Ergreifung sanitärer 
und prophylaktischer Maßregeln sicherstellt und zugleich jeden Anlaß 
zu Rechtsverletzungen ausschließt. Dementsprechend sind sowohl die 
Bordelle zu schließen, deren Fortbestehen vom sanitär-prophylaktischen 
Standpunkt nicht zu rechtfertigen ist und den gegenwärtigen humanitären 
Anschauungen widerspricht, als auch alle anderen Formen des durch 
Reglementierung sanktionierten Zusammenlebens von Prostituierten zu 

1. Das Zentralkomitee für das ärztliche Fortbildungswesen 
in Preußen veröffentlicht die unentgeltlichen Fortbildungs¬ 
kurse für praktische Aerzte in Berlin und Provinz Brandenburg 
für Sommer 1910. 

Bemerkungen für die Teilnehmer. 1. Berechtigung zur Teil¬ 
nahme. Zur Teilnahme an den Fortbildungskursen ist jeder Arzt 
des Stadtkreises Berlin und der Provinz Brandenburg gegen 
Lösung nicht übertragbarer Karten berechtigt. Jede Karte gilt für einen 
einzelnen Fortbildungskurs und wird gegen eine Einschreibegebühr von 
je 2 M. verabfolgt. Diese Einschreibegebühr wird, sofern die Karte aus 
irgend welchen Gründen unbenutzt bleibt, nicht zurückerstattet. 

2. Art der Meldung. Die Karten sowie die Verzeichnisse 
der Fortbildungskurse sind im Bureau des Kaiserin Friedrich-Hauses 
für das ärztl iche Fortbildungswesen (Schalter für Kartenausgabe) 
zu erhalten, wo auch Auskunft über die Kurse erteilt wird (nur 
schriftlich, oder wochentäglich 9—2 Uhr persönlich). 

Schriftlichen Bestellungen sind ein frankiertes Couvert 
mit der Adresse des Bestellers und die Einschreibegebühr für die 
gewünschten Karten beizufügen (nicht in Metallgeld im Couvert). 
Alle schriftlichen Bestellungen und Postanweisungen sind zu richten an: 
Herrn Kassierer Zürtz: Kaiserin Friedrich - Haus, NW. 6, Luisen¬ 
platz 2—4. 

Persönliche Meldungen werden wochentäglich von 9 Uhr vor¬ 
mittags bis 2 Uhr nachmittags angenommen. Hierbei ist ein offenes 
frankiertes Couvert abzugeben, welches mit der Adresse des Be¬ 
stellers versehen ist und die schriftliche Bestellung enthält; zugleich ist 
die Einschreibegebühr zu erlegen. 

Telephonische Bestellungen von Karten und Verzeichnissen 
können nicht berücksichtigt werden. 

3. Termine der Meldungen, a) bei Vormerkungen. 

Es haben diejenigen, welche sich bei einem früheren Zyklus von 
Fortbildungskursen für eine bestimmte Disziplin vorgemerkt haben, für 
dieselbe am 8. und 9. April das Vormeldungsrecht. 

b) Beginn der neuen Meldungen am 11. April. 

4. Art der Kartenausgabe. Die Teilnehmerkarten gelangen vom 
11. April an täglich nach Schalterschluß zur Versendung. Sofern bis 
zum täglichen Schalterschluß (2 Uhr) für einen Kurs mehr Meldungen 
eingegangen sind, als Plätze zur Verfügung stehen, werden die zu¬ 
lässigen Teilnehmer durch das Los bestimmt. Die Uebrigbleibenden 
werden für dieselbe Disziplin des nächsten Kurszyklus vorgemerkt und 
erhalten die Eingeschreibegebühr zurück. 

5. Zuschriften für das Zentralkomitee. Alle Zuschriften sind 
zu richten an das: Bureau des Zentralkomitees, N. W. 6, Luisen¬ 
platz 2—4 (Kaiserin Friedrich-Haus für das ärztliche Fort¬ 
bildungswesen). 

Der internationale Kongreß gegen Lebensmittelverfälschung 
zu Paris hat in diesem Jahre eine Menge Bestimmungen getroffen, die 
so detailliert sind, daß es uns an Raum zur Wiedergabe mangelt. 
Hoffentlich werden die berufenen Stellen — Gesundheitspolizei und 
Gesetzgebung — dieses wertvolle Material benützen, um Vorschriften 
zu erlassen, die den Nahrungsmittelfälschern ihr Handwerk erschweren. 

Ein selbständiges Zentralinstitut für Mikrobiologie und Bak¬ 
teriologie soll demnächst errichtet werden. Dasselbe soll alle Zweige 
der Bakteriologie umfassen und auch das Berliner Institut für Gärungs¬ 
gewerbe in sich aufnehmen. Ob dies Institut als Reichsinstitut errichtet 
werden soll, ist noch nicht definitiv geregelt. 


VERSIl 


In Rostock findet vom 27.—29. Juni ein Fürsorge-Erziehungstag 
statt. Bei dem regen Interesse der Aerzte an diesem Zweige sozialer 
Betätigung ist zu erwarten, daß auch von dieser Seite eine rege Be¬ 
teiligung bevorsteht. 

Der Reichsausschuß für das ärztliche Fortbildungswesen 

hat in seiner am Sonnabend stattgehabten Sitzung die Ministerial¬ 
direktoren Förster und Naumann in Anerkennung ihrer verdienst¬ 
vollen Bemühungen um die ärztliche Fortbildung zu außerordentlichen 
Mitgliedern ernannt. 

Der Geschäftsausschuß der Berliner ärztlichen Standes¬ 
vereine beschloß in der am 4. d. M. abgehaltenen Sitzung: die An¬ 
nahme von Honoraren für die Behandlung von Aerzten und Arzt¬ 
familien ist nicht als standesunwürdig zu betrachten. Es ist dieser 
Beschluß, welcher hoffentlich auch an anderen Orten nachgeahmt 
wird, als berechtigt und wohlbegründet zu betrachten. 

Ein Spezialkrankenhaus für Lungen- und Kehlkopfleidende 

soll in Berlin errichtet werden und zwar für Kranke jeden Alters und 
Geschlechts. R. Koch, der Ehrenbürger von Berlin ist, wurde um ein 
Gutachten über das Projekt, wie es dem Magistrat zugegangen ist, 
gebeten. 

Rockefeller (New York) stiftete dem Rockefeller-lnstitut 40 000 M., 
welche Prof. Ehrlich (Frankfurt a. M.) zur Unterstützung seiner Arbeiten 
überwiesen wurden. 

Ein Ministerialerlaß vom 2). November 1909 verfügt, daß auf die 
Reederkreise dahin einzuwirken sei, daß behufs Bekämpfung der 
Geschlechtskrankheiten bei Seeleuten den Kapitänen und Schiffs- 
Offizieren Anweisungen zu geben seien, dafür zu sorgen, daß die 
Mannschaften im Erkrankungsfalle baldigst ärztliche Hilfe haben, resp. 
zur Prophylaxe von den Schiffsärzten oder Schiffsoffizieren Belehrung 
über das Wesen der Krankheiten erhalten. 

Die Krankenhausdeputation ist betreffs der Selbstmord-Affäre 
im Rudolf Virchow-Krankenhause auf Grund angestellter Unter¬ 
suchungen zu dem Ergebnis gekommen, daß die Schwester, welche 
sich das Leben nahm, durchaus ordnungswidrig gehandelt hatte und 
der Verweis ein berechtigter gewesen ist. 

Die Berliner Stadtvertretung genehmigte einen vom Magistrat 
gestellten Antrag, daß die Wohnungen der an Lungen- und Kehlkopf¬ 
tuberkulose Leidenden beim Umzug kostenfrei desinfiziert werden. 

Um die besonders in letzter Zeit stark anschwellende Zahl der 
Privatdozenten einzudämmen, hat die medizinische Faktultät zu 
Berlin beschlossen, die Privatdozentur nur auf 5 Jahre zu verleihen. 
Es sollen die Privatdozenten, welche nach Ablauf dieser Zeit nicht von 
neuem um die Erlaubnis zur Venia legendi einkommen, von der Liste 
gestrichen werden. 

Der HamburgerSenat hat beschlossen, eine Versorgungskasse für 
Hebammen zu gründen und dieselbe durch einen Zuschuß sicher 
zu stellen. 

Die Stadt Wilmersdorf hat beschlossen, an die Tuberkulose- 
Fürsorgestelle eine Fürsorgestelle für Alkoholkranke anzuschließen. — 
Desgleichen wurden einleitende Schritte zur Errichtung eines städtischen 
Krankenhauses getan. Es wurde ein Rundschreiben betreffs Not¬ 
wendigkeit eines eigenen Krankenhauses an alle Aerzte von Wilmersdorf 
versandt. 

Die Deutsche Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege 
ernannte Herrn Stadtrat Marggraff zum Ehrenmitglied. An Stelle des 
verstorbenen I. Vorsitzenden Wehmer wurde Geheimrat Schmidtmann 
gewählt. 

Ein neues Seehospiz an der adriatischen Küste. Die Gesell¬ 
schaft der Kinderfreunde in Triest hat vor kurzem ihr neuerbautes See¬ 
hospiz in Valdoltra an der Istrianer Küste eröffnet. Die neue Anstalt, 
welche über 1 000 000 K gekostet, ein modernes, allen Anforderungen 
der Wissenschaft entsprechendes Kinderspital, ist zur Aufnahme von 
Kindern im Alter von 3—15 Jahren eingerichtet und dient speziell zur 
Behandlung von skrofulösen, lymphatischen, anämischen Affektionen, 
sowie der Tuberkulose der Haut, der Drüsen und der Knochen und 


/EF 




THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


wird besonders auch als Rekonvaleszentenheim nach schweren Krank¬ 
heiten des Kindesalters, für welche ein Aufenthalt an der Meeresküste 
im Süden vorgeschrieben wird, empfohlen. 

Zum Schwesternkonflikt im Buckower Krankenhause teilt die 
Heilanstalt folgende Einzelheiten mit: Seit der Gründung des neuen 
Krankenhauses, die vor einem Jahre erfolgte, bestanden dauernd Un¬ 
stimmigkeiten zwischen den Schwestern, an deren Spitze die Oberin 
Fräulein v. Wittersheim stand,und dem Aerztekollegium. Die Streitigkeiten 
wurden hauptsächlich dadurch hervorgerufen, daß die Oberin sich den An¬ 
ordnungen der Aerzte in den Personalangelegenheiten entgegensetzte 
und Beurlaubungen der Schwestern sowie Diensteinteilungen nach 
eigenem Gutdünken festsetzte. Da hierdurch oft die Pflege der Patienten 
gestört wurde, sah sich die Direktion zu scharfen Maßnahmen gegen 
die Oberin und die ihr unterstellten Schwestern veranlaßt, die darin 
gipfelten, daß sie der Oberin jede fernere eigenmächtige Handlung auf 
das entschiedenste untersagte. Gegen diese Maßnahme protestierten 
jedoch die Oberin und 40 von den 50 Schwestern des Krankenhauses 
und drohten mit ihrer Kündigung, falls dieser Beschluß der Direktion, 
der auf Anraten der Aerzte erfolgt ist, nicht aufgehoben würde. Durch 
die Forderung der Schwestern fühlten sich nun die Assistenzärzte 
beleidigt und baten ihrerseits den Magistrat Rixdorf um Entlassung. 
Der Magistrat ging jedoch nach reiflicher Prüfung der Angelegenheit 
auf das Gesuch der Aerzte nicht ein, sondern beschloß die Kündigung 
der Oberin und von 18 Schwestern — die übrigen hatten inzwischen 
ihr Entlassungsgesuch zurückgezogen — anzunehmen. Darauf verließen 
die Oberin und fünf Schwestern das Hospital. Die übrigen Schwestern 
haben ihre Stellung am 1. April d. Js. verlassen. Da inzwischen bereits 
für Ersatz der entlassenen Schwestern gesorgt ist, dürfte eine Störung 
in der Pflege der Patienten nicht eintreten. 

Das Leipziger Tageblatt vom 22. März d. Js., bringt folgende 
interessante Notiz: 

Zehn Milliarden. Die bevorstehende Ausdehnung der Kranken¬ 
versicherungspflicht auf landwirtschaftliche Arbeiter und Dienstboten und 
die geplanle Hinterbliebenenversicherung werden die jährlichen Auf¬ 
wendungen für die deutsche Arbeiterversicherung sehr erheblich steigern. 
Um über diese Aufwendungen ein klares Bild zu bekommen, sind 
sowohl die entstehenden neuen Kosten als auch die für den jetzigen 
Umfang bereits entstandenen Kosten nach dem Stande des Jahres 1907 
errechnet worden. Hiernach ergibt sich nach vollen Millionen gerechnet 
folgende jährliche Belastung: 


Krankenversicherung (neu) . . 

. . 60 Millionen 

Hinterbliebenenversicherung . 

. . 67 

Krankenversicherung (jetzige) . 

. . 332 

Unfallversicherung. 

. . 172 

Invalidenversicherung .... 

. . 228 

Insgesamt. 

. . S59 


Berücksichtigt man hierbei den jährlichen Zuwachs der Bevölkerung, 
so ergibt sich, daß schon in sehr naher Zeit die jährlichen Aufwendungen 
für die soziale Gesetzgebung eine Milliarde erreichen! Seit dem 
Inkrafttreten der sozialpolitischen Gesetze bis zum Ende des Jahres 1907 
sind nun von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und dem Reich Gesamt- 
Aufwendungen von über acht Milliarden gemacht worden. Rechnet 
man hierzu nach dem gegenwärtigen Stande der Versicherung jährliche 
Aufwendungen von 732 Millionen, so ergibt sich, daß die Gesamtkosten 
unserer sozialen Gesetzgebung bis zum Ende dieses Jahres zehn 
Milliarden erheblich übersteigen. (Winckler.) 

Der 111. internationale Kongreß für Schulhygiene findet vom 
.2.-7. August d. Js. in Paris statt. Das Programm ist ein sehr reich¬ 
haltiges. (Auskunft erteilt Prof. Dr. Griesbach in Mülhausen i. E.) 

Im Reichsamt des Innern waren 10000 M. in den Etat gesetzt 
worden für Förderung des ärztlichen Fortbildungswesens, welches 
hauptsächlich sich auf Versicherungswesen, Gewerbehygiene und 
Seuchenbekämpfung erstrecken sollte. Es ist nun von der Budget- 
Kommission des Reichstages dieser Betrag gestrichen worden mit der 
Begründung, daß nicht das Reich, sondern die einzelnen Bundes¬ 
staaten sich für Förderung des Studiums der sozialen Medizin zu 
interessieren hätten. 

Im Ministerium werden zur Zeit Beratungen gepflogen betreffs 
der Verleihung des Doktortitels an Tierärzte. 

Eine außergewöhnliche Beförderung ist Herrn Wirkl. Geh. Ob. Med.- 
Rat Prof. Dr. Schmidtmann zuteil geworden; er wurde zum Kurator 
der Universität Marburg ernannt. 


Die Darlehnskonimission der Aerztekamnier für die Provinz 

Brandenburg und den Stadtkreis Berlin hat sich konstituiert; zum Vor¬ 
sitzenden hat sie S. Alexander gewählt. Es können schon jetzt Ge¬ 
suche um Darlehen in Höhe bis zu 500 M von Kollegen gemacht 
werden, welche im Kammerbezirk ansässig sind. 

Im Kaiserin Friedrich-Hause wurden vor kurzem kinomato¬ 
graphische Vorführungen veranstaltet, die von Aerzten und Nicht¬ 
ärzten sehr zahlreich besucht waren. Es wurden anschauliche Bilder 
vorgeführt, wie z. B. die Herzbewegungen, Spitzenstoß, Wirkungen 
von Toximen, wie Nikotin usw. Die sehr instruktiven Vorführungen 
fanden reichlichen Beifall. 

Bei J. Springer, Verlagsbuchhandlung in Berlin, ist soeben das 
Verzeichnis der zur Annahme von Praktikanten ermächtigten 
Krankenhäuser und medizinisch-wissenschaftliche Institute im 
Deutschen Reiche erschienen; der Preis beträgt 1,40 M. Auch die 
an einzelnen Stellen dem Praktikanten gewährten Vergünstigungen 
sind aufgeführt. 

Der XVII. Internationale medizinische Kongreß soll im Jahre 
1913 in London abgehalten werden. Im Sitzungssaal der Royal 
Society of Medicine fand eine Versammlung zwecks Vorbesprechung statt. 

Eingeborene als „Heilgehilfen“. Der Regierungsarzt Dr. Runge 
ii Käwieng hat eine größere Anzahl von Eingeborenen aus ver¬ 
schiedenen Dörfern im Norden Neu-Mecklenburgs ^der zweitgrößten 
Insel des Bismarckarchipels) in der Behandlung von Wunden u ’d in 
der Darreichung von Arzneien be den gewöhnlichsten Krankheiten 
ausgebildet und sie dann in ihr^ Heimat entlassen mit Medikame iten 
und in t der Weisung, ihre Dorfgenossen bei leichteren Krankheiten 
zu behandeln und bei schweren Krankheitsfällen auf die Patienten ein¬ 
zuwirken, daß sie das Hospital aufsuchen. Auf diese Weise wurden 
zwo f Mann in verschiedenen Dörfern Nord-Neu-Mecklenburgs stationiert. 
Bei einer Kontrollreise fand der Regierungsarzt, daß die Medikamente 
durchweg ordnung-gemäß verwendet waren, einer der „Heilgehilfen“ 
hatte sogar bei den Leuten se'nes Dorfes auf eigene Faust eine Art 
Chininprophylaxe ehgeführt. Die Leute fangen an, die europäischen 
Heilmittel mehr hochzuschätzen und zu dem Arzt, sowie zu senen eir.- 
g borenen Gehilfen Vertrauen zu gewinnen. 

Der Vorstand des L. V. hat eine Darlehns- und Sterbekasse 
des Leipziger Verbandes ins Leben gerufen; die Kasse beabsichtigt, 
den Mitgliedern im Bedarfsfälle Darlehen unter mäßigen Bedingungen 
und ein Sterbegeld zu gewähren. Mitglied dieser Kasse kann jedes 
Mitglied des Leipziger Verbandes werden, das den Verpflichtungs- 
schein des Deutschen Aerztevereinsbundes oder einen gleichartigen 
Revers anderen Wortlautes unterzeichnet hat. Die Kasse gewährt 
unter Einhaltung einer fünfjährigen Wartezeit bei einer einmaligen 
Einschreibegebühr von 2 Mark für je 4 Mark Jahresbeitrag ein Sterbe¬ 
geld von 200 Mark. Mitglieder, welche bei der Aufnahme das 
60. Lebensjahr angetreten haben, müssen den doppelten Jahresbeitrag 
entrichten. Kollegen, welche der Kasse selbst Darlehen geben, er¬ 
halten neben einer vierproz. Verzinsung ihrer Einlagen für je 500 Mark 
geliehenes Kapital 100 Mark Sterbegeld. 


I Noridal-Zäpfchen I 

gegen 

Haemorrhoiden, 

Blutungen, Pruritis, Tenesmus, Mastdarm¬ 
katarrh, Schrunden und Wundsein der Anal¬ 
gegend, schmerzhafte Stuhlentleerung. 

Wirkung ohne irgendwelche Sekundär-Erscheinung. 

Literatur: Prof. Boas-Berlin, Kehr-Halberstadt, Pickardt- 
Berlin, Weiß-Berlin, Landsberg-Berlin, Zi be 11-Miinchen, 
Wright-London, Silvestri-Rom, Dawson-London. 

Proben und Literatur gratis und frank . 

Kontor chemischer Präparate Berlin C 2/28. 


4 












240 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 15 


Die Vorstände der einzelnen Abteilungen der internationalen 
Hygiene-Ausstellung zu Dresden im Jahre 1911 sind vor kurzem zu 
einer Vorbesprechung zusammengetreten. Es hatten sich über 200 
Herren, Hygieniker, Vertreter der Kunst und Wissenschaft, Regierungs¬ 
beamte und Interessenten eingefunden, um Programm und Arbeitsplan 
zusammenzustellen. Es wurden von Prof. Bumm, Rubner, Renk, 
Kommerzienrat Lingner u. a. Vorträge gehalten. Die Stadt Dresden 
hat t / 2 Million Mark zur Deckung der Unkosten beigesteuert. Auch 
Frankreich hat die Einladung zur Beteiligung an der Ausstellung 
offiziell angenommen. Das Wolff’sche Telegraphenbureau verbreitete 
die Nachricht, dass der Fürst Albert von Monaco einen Herrn zum Vor¬ 
trage über die Hygienische Ausstellung befohlen habe (!). 

Gelegentlich der internationalen Hygienischen Ausstellung in 
Dresden findet der III. internationale Wohnungshygiene- 
Kongreß ebenfalls im Jahre 1911 statt. 

Für das von der Stadt Aachen eingerichtete Säuglingsfürsorge¬ 
heim spendete der Geheime Justizrat Springsfeld 40 000 M. 

Ueber das Recht des Arztes zur Verweigerung des Zeugnisses 

oder Gutachtens. (Urteil des Reichsgerichts vom 8. Oktober 1909.) 
Der Arzt Dr. A. hat sein Gutachten gemäß § 76 Abs. 1, § 52 Nr. 3 
Str. P. O. unter Berufung auf seine Pllicht zur Verschwiegenheit ver¬ 
weigert. Das ist nicht zu beanstanden. Denn er durfte sein Gutachten 
nicht nur in Ansehung dessen verweigern, was ihm bei Ausübung 
seines Berufes mündlich oder schriftlich von Person zu Person anvertraut 
war, sondern auch bezüglich anderer Wahrnehmungen, die er 
bei der in Frage kommenden Gelegenheit infolge seiner Zuziehung als 
Arzt gemacht hatte. Hinsichtlich des Verteidigers (§ 52 Nr. 3 Str. P.O.) 
sagen die Motive ausdrücklich, zur Verweigerung des Zeugnisses genüge 
es, daß der Zeuge in seiner Eigenschaft als Verteidiger von der betr. 
Tatsache Kenntnis genommen habe. Nach dem Zwecke des Gesetzes 
muß das gleiche aber auch für Aerzte (§ 52 Nr. 3 Str. P. O.) 
gelten. 


Ein Volksschullehrer in Cöln erhielt dieser Tage von einem 
Apotheker in Bonn einen Prospekt über Verhütung der Empfängnis 
zugesandt; er verklagte den Apotheker wegen Beleidigung und er¬ 
wirkte dessen Bestrafung. 

Zu einem höchst peinlichen Konflikt kam es vor kurzem zu Frank¬ 
furt a. M. beim Kaufmannsgericht, als zwei Aerzte sich unter Berufung 
auf das ärztliche Berufsgeheimnis weigerten, über eine Krankheit 
einer Patientin Auskunft zu geben; es wurde ihnen mit Haft gedroht. 
Die Kranke wollte die Aerzte nicht von der Schweigepflicht entbinden. 
Der Konflikt wurde durch einen Vergleich der beiden Parteien be¬ 
endet, sodaß die Aerzte nicht mehr vorgeladen wurden. 

In der Schweiz ist das Prinzip der freien Arztwahl staatlich 
anerkannt. Für die vom Bunde einzurichtende Unfallversicherung ist 
die freie Arztwahl als Grundsatz aufgestellt worden. 

In Franzensbad werden für den Monat Mai d. J. wieder 10 Frei¬ 
stellen für kurbedürftige Aerzte eingerichtet werden. Bewerbungen 
sind an das Präsidium des Aerztekurhauses in Franzensbad zu richten. 


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Ernst Weeber, pharmaceutisches Laboratorium, Aachen. 



Verantwortlich: Für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35. Für ,, Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski, Berlin-Rixdorf. 
Verlag: Gustav Elirke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9. — Druck: Alliance, Druckerei- & Verlags-Centrale, G. m. b. H., Berlin ü. 17, Warschauerstralie 34,'.%. 










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Druck: Alliance, Druckerei- £ Verlags-Centrale, G. m. b. H., Berlin 0.17, Warschauerstraße 34/36. 


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Redaktion: Zahnärzte Bernstein, Dallmann, Dr. julius Misch, Müller-Stade, Max Schreiber. 


Verantwortlicher Redakteur für den 
sozialpolitischen Teil: 

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Verantwortlicher Redakteur für den 
wissenschaftlichen Teil: 

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Redaktion: 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 
Telephon: Amt VI, 17271. 


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Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. Berlin, 17. April 1910. Nr. 16. 


Die ,,Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 PI. Zu beziehen durch 
den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluß abbestellt sind. Inserate werden für die 
■4 gespaltene Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt: 


Originalien : 

A. Welsh, Sidney: Neue Beobachtungen über Krebs und 

Geschwulstwachstuni.241 

J. Baedeker, Berlin: Die äußere Salizylbehandlung mit 
Spirosal.. 246 

Referate: 

Mohr, Bielefeld: Chirurgie.248 

H. Lohrisch, Chemnitz: Magen-, Darm-und Stoffwechsel¬ 
krankheiten .248 

P. Greven, Aachen: Augenheilkunde.250 


Axel Winckler, Nenndorf: Nahrungs- und Genußmittel . 251 

H. Busch, Berlin-Halensee: Hals-, Nasen- und Ohren¬ 
krankheiten .251 

Kurt Lipschitz, Berlin: Varia.253 

Technische Neuerscheinungen: 

Selig, Franzensbad: Ein neuer Blutdruckmeßapparat . . 254 

B. Alexander, Bad Reichenhall: Inhalationsapparat mit 
Kühler und Kondenswasserverhütung.254 

Allgemeines.255 


ORIGINALS EN. 

Neue Beobachtungen über Krebs und 
Geschwulstwachstum.*) 

Von A. Welsh, Prof. d. Pathologie an der Universität zu Sidney. 

Einleitung. 

Von allen Geißeln der Menschheit ist nur eine bisher 
durch das wissenschaftliche Studium der Krankheiten, J 
welche wir mit Pathologie bezeichnen, unbeeinflußt geblieben. [ 
Pocken gehören, mit Ausnahme von isolierten Ausbrüchen, 
der Vergangenheit an. Die Pyämie, welche einst jede 
chirurgische Operation gefährlich gemacht hat, ist anti- j 
septischen und aseptischen Maßnahmen unterlegen. Diph- j 
therie und Wut haben die Hälfte ihres Schreckens verloren. 
Bubonenpest kann, trotz des kolossalen Mißerfolges in 
Indien, in einem wohlgeleiteten Staatswesen erfolgreich | 
bekämpft werden. Ausbrüche von Typhus und Cholera ! 
sind im wahren Sinne des Wortes vermeidbar. Das Vor¬ 
herrschen der Malaria mit ihrer langen Reihe von Ent¬ 
kräftung und Tod, ist dadurch bedingt, daß den Moskitos 
günstige Gelegenheit zur Entstehung gegeben wird. Und 
daß Tuberkulose immer noch von allen Krankheiten 
menschliches Leben am meisten zu zerstören vermag, ist 
eine für Aerzte wie für Laien unglaubliche Tatsache, denn | 
sie ist lediglich bedingt durch, die Mißachtung dessen, was J 
die Pathologie mit nicht mißzuverstehender Sprache gelehrt | 
hat. Doch Krebs und Tumoren sind nach wie vor weit¬ 
verbreitet. Wenn auf diesem Gebiete eine Aenderung 
erfolgt ist, so hat sie sich wahrscheinlich nicht in der 
Richtung einer Abnahme vollzogen, und, selbst wenn 
eine Abnahme vorliegt, so hat die Pathologie keinen 
Teil daran. Man kennt keinen Weg zur Verhütung oder 
keine sicheren Maßnahmen zur Heilung. Man kann nur 
Erleichterung schaffen und dies wird erreicht durch 
sorgfältige, ausgedehnte und schnelle Entfernung - und 
auch dies ist im besten Falle unsicher. 

The Scottish medical and surgical journal 1906, June. Deutsch von 
Dr. v. Boltenstern-Berlin. 



Kein Problem in der Pathologie ist demnach so dringend, 
kein Problem so trügerisch wie das über die Natur und 
den Ursprung des Tumorenwachstums und, bis in die 
jüngste Zeit hinein, ist das Interesse ungeschwächt geblieben, 
hat man erneute Tätigkeit entfaltet, sie zu erforschen. Unter 
dem gnädigen Protektorat Sr. Majestät des Königs ist die 
Imperial Cancer Research Fund in einer in der Geschichte 
der Medizin ohne Beispiel dastehenden Weise eingerichtet, 
während die hervorragendsten Forscher, welche für den 
Fortschritt der Wissenschaft geradezu verantwortlich sind, 
von dieser einzigartigen günstigen Gelegenheit hervor¬ 
ragenden Gebrauch gemacht haben. Auch anderswo in 
Europa und in Amerika sind ähnliche Einrichtungen ge¬ 
schaffen, und unter ihren Auspizien sowohl als unabhängig 
von ihnen ist manche gute Arbeit geschaffen. Das Ergebnis 
ist, daß seit dem letzten Kongreß, als Vorträge über Krebs 
von größtem Interesse und Wert von Prof. Allen und anderen 
Teilnehmern gehalten wurden, Beobachtungen und Hypo¬ 
thesen höchst bemerkenswerter und anregender Art ver¬ 
öffentlicht sind. Noch freilich ist ihre volle Bedeutung 
nicht sicher, und ihre noch unbekannte praktische Tragweite 
kann nicht das gegenwärtige Interesse an der Aufklärung 
von Begriffen noch ihren bleibenden Wert als Stufe zur 
Erlangung wissenschaftlicher Wahrheit schmälern. Auf 
einige dieser neueren Arbeiten die Aufmerksamkeit zu lenken 
ist der Zweck der vorliegenden Arbeit, obwohl der zur 
Verfügung stehende Raum nur einen sehr fragmentarischen 
Ueberblick gestatten kann. 

Es ist unnötig, spitzfindige Definitionen einzuführen 
oder die Beziehung des Geschwulstwachstums zu den als 
entzündlich bekannten Verhältnissen zu erörtern. Ich brauche 
die Ausdrücke Tumor, Gewächs und Neoplasma als durch¬ 
aus gleichbedeutend, und der Ausdruck Krebs schließt alle 
mehr malignen Formen in sich, ohne Rücksicht auf ihre 
Struktur. Gelegentlich wird ein allgemeiner Ausdruck 
gebraucht anstelle des mehr umschriebenen: Krebs oder 
maligne Geschwulst, weil m. E. eine Erklärung der Natur 
und des Ursprungs der am meisten malignen Formen (Krebs 
und Sarcom) schließlich auch auf die wenigst malignen 
(gutartigen) Formen anwendbar sein muß. Die verschiedenen 
Grade der Malignität und die verschiedenen Faktoren, 
welche die Malignität bedingen, sind nur abhängig von 
Eigenschaften, welche allen Neoplasmen gemeinsam sind 



SITY OF MICHIGAN 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


















242 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 16 


obwohl sie nicht immer im gleichen Grade vorhanden sind, 
Die Unterscheidung zwischen malignem und gutartigem 
Tumor, so wichtig sie in der klinischen Praxis ist, hängt 
nicht von einer wesentlichen Artverschiedenheit ab, da alle 
Neoplasmen in gleicher Weise unabhängig von den Bedürf¬ 
nissen des Mutterorganismus und von den Gesetzen sind, 
welche das Wachstum des Muttergewebes regeln, und über¬ 
dies eine gewisse wechselseitige Unabhängigkeit und eine 
echte Vitalität in ihren sie zusammensetzenden Zellen zeigen. 
Der Unterschied hängt ebenso von dem Grade, bis zu 
welchem sich diese fundamentalen Eigenschaften entwickelt 
haben, als auch von gewissen zufälligen Verhältnissen ab, 
z. B. von der Leichtigkeit, mit welcher die Zellen des Indi- 
vidiums mechanisch durch die Tumormassen verdrängt 
werden können, und deren Fähigkeit in die benachbarten 
Gewebe einzudringen, sie zu infiltrieren. 

Künstliche Erzeugung und Transplantation von 
Neubildungen. 

Vor fünfzig Jahren begründete der wissenschaftliche 
Genius eines Virchow die moderne experimentelle Pathologie 
auf zwei allgemein-biologischen Prinzipien: 1. daß jede Zelle 
im Körper aus einer praeexistierenden Zelle hervorgegangen ist, 
und 2. daß die Reaktionen der lebenden Zellen menschlicher 
Gewebe im wesentlichen den Reaktionen anderer tierischer 
Zellen gleichen, sodaß man berechtigt ist, aus dem, was 
bei Tieren in Erscheinung tritt, auch auf das zu schließen, 
was beim Menschen sich ereignet. Diese beiden Prinzipien 
sind von fundamentaler Bedeutung hinsichtlich der Krebs¬ 
forschung, zumal es bekannt ist, daß Tiere an Neubildungen 
leiden, deren strukturelle Einzelheiten oft identisch mit denen 
der bei Menschen vorkommenden Tumoren sind. Angesichts 
dieser Prinzipien und Tatsachen ist es längst anerkannt, daß 
die künstliche Erzeugung und Transplantation von Tumoren 
auf Tiere einen wesentlichen Punkt für das eigentliche 
Studium von Neoplasie oder Tumorenwachstum darstellen. 

Zu diesem Zwecke sind unzählige Versuche angestellt, 
und als die Forschung unter dem abschreckenden Einfluß 
beständig negativer Resultate stand, wurde ein frischer 
Stimulus durch die Entwicklung der Bakteriologie gegeben. 
Die Aehnlichkeit zwischen Krebsinvasion und anderen 
infektiösen Prozessen, welche das Geheimnis ihres Ursprungs 
opfern mußten, nährte die Erwartung, daß auch beim Krebs 
die Ursache in einer Art von Mikroben gefunden werden 
würde. Viele verschiedene Parasiten sind in den Krebs¬ 
zellen beschrieben, einige wurden in Reinkultur gewonnen, 
und wenige ließen, Tieren eingeimpft, Zellproliferationen 
entstehen, welche mit Tumoren gewisse Aehnlichkeit 
besaßen. Aber diese Aehnlichkeiten waren nur ober¬ 
flächlich und trügerisch. Ungeachtet der grossen Zahl und 
der gelegentlich glänzenden Art solcher Arbeit muß man ge¬ 
stehen, daß bisher niemand imstande gewesen ist, eine unzwei¬ 
deutige Neubildung durch die Einwirkung eines Parasiten 
hervorzubringen. 

Wenn gesundes Gewebe von einem Tier auf ein anderes 
übertragen wird, kann die Impfung gelingen oder auch 
nicht gelingen. Die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges ist 
grösser, wenn die Impfung bei einem anderen Tier derselben 
Gattung gemacht ist. Eine solche künstliche Uebertragung 
kann ein hypertrophisches übermäßiges Wachstum verur¬ 
sachen, wenn die Transplantation aus einem weniger gefä߬ 
reichen in eine gefäßreichere Stelle erfolgt ist; doch erwirbt 
sie niemals das unabhängige, ungeregelte, charakteristische 
Wachstum eines Tumors in dem Sinne, in welchem wir das 
Wort gebrauchen. Das oft erwähnte Experiment von Lambert 
Lack, welcher 1900 die Ovarialzellen eines Kaninchen über 
sein Peritoneum aussäte und mehr als ein Jahr später eine 
ausgedehnte karzinomatöse Infiltration der Bauch- und 
Brusteingeweide fand, ist auch anderer Interpretation zu¬ 
gänglich. Dies eigenartige Experiment ist zudem vielfach 
mit unzweifelhaft negativem Erfolge wiederholt worden. 


Im Juli 1903 habe ich eine Reihe von Transplantationen von 
Epithelzellen aus dem Chorion, Ovarium, Thyreoidea, 
Nebennieren und Epidermis bei Tieren wie Fröschen, 
Meerschweinchen, Katzen und Beutelmardern, auf 
einen anderen Teil desselben Tieres, auf ein anderes Tier 
derselben Gattung (des gleichen öder entgegengesetzten 
Geschlechts und verschieden alt) und auf Tiere verschiedener 
Gattung vorgenommen; indes, mit einer zweifelhaften Aus¬ 
nahme, habe ich nur die lange Reihe von Mißerfolgen, auf 
diese Weise Tumoren zu erzeugen, um eine neue bereichern 
können. Der Ausnahmefall betraf ein Meerschweinschen, in 
dessen Peritonealsack Chorionepithel von einem anderen 
Meerschweinchen eingeführt wurde, und welches, als es 
später starb, in seinem Becken eine große Menge frisch 
extravasierten Blutes aufwies, in welchem proliferierendes 
Chorionepithel gefunden wurde. 

Wenn die transplantierten Zellen in Tiere verschiedener 
Spezies eingeführt werden, so werden sie in der Regel, 
aber nicht unbedingt, durch Zytolysine zerstört, indem das 
lebende Gewebe ihnen gegenüber wie gegenüber fremdem 
Eiweißmolekülen reagiert. Gelegentlich indes werden fremde 
Zellen ertragen und können auch als untrennbare Teile in den 
neuen Organismus aufgenommen werden. Blutkörperchen 
z. B. brauchen nicht unbedingt der Hämolyse zu verfallen, 
wenn sie in Tiere verschiedener Art transfundiert werden, 
und übertragene Epidermis vom Kaninchen und vom 
Hunde kann auf entblößten Oberflächen beim Menschen 
anwachsen. Es ist wichtig, diese Tatsache zu wissen, 
weil sie beweist, warum nicht Krebse gelegentlich auch 
auf fremde Arten übertragen werden sollten. Es ist 
bekannt, daß Epitheliome mit Vorliebe im Narbengewebe 
von alten Verbrennungen oder auf anderen Geschwüren 
entstehen, und es würde interessant sein, sicher zu stellen, 
ob diese Fähigkeit größer ist, wenn keine Uebertragung 
stattgefunden hat, oder wenn Uebertragungen von einer 
anderen Person früheren oder späteren Alters oder von 
Tieren, deren Lebensdauer kürzer als die des Menschen 
ist, stattgefunden haben, ob in der Tat die Anwesenheit 
eines Epithels von verschiedener Lebensbedingung irgend 
eine Beziehung zum Auftreten des Epithelioms hat. 

Die sekundäre Verbreitung (Metastase) gewisser maligner 
Neubildungen kann als ein Vorgang natürlicher Trans¬ 
plantation angesehen werden, und beweist die Möglichkeit 
der Uebertragung derartiger Tumoren auf andere Teile 
desselben Individiums. Daß dies gelegentlich bei der Ex¬ 
zision einer malignen Geschwulst geschehen kann, darauf 
ist wiederholt hingewiesen worden. Wenn ein Karzinom 
während der Entfernung angeschnitten wird, können Krebs¬ 
zellen aus der Schnittfläche entweichen oder durch das 
Messer in benachbartes Gewebe gelangen. Sie werden hier 
implantiert und geben zu einem lokalen Rezidiv Veran¬ 
lassung. Weiterhin kann eine Geschwulst von beschränkter 
Malignität gelegentlich Veranlassung zu einer ausgedehnten 
Infiltration geben, z. B. wenn ein Zystenadenom des 
Ovariums reißt und die freien Epithelialzellen das Peri¬ 
toneum infizieren. 

Da nun einmal eine natürliche oder künstliche Disse¬ 
mination gewisser Tumorzellen so leicht in dem Individuum 
vor sich gehen kann, in welchem sie ursprünglich wachsen, 
kann man auch durchaus erwarten, daß solche Geschwülste 
zuletzt auf andere ähnliche Individuen transplantiert werden 
können. Indes ist eine solche Erwartung gar weit davon, 
realisiert zu werden. Menschliche Neubildungen sind, 
soweit meine Kenntnis reicht, niemals auf andere Tiere 
übertragen worden, ungeachtet zahlreicherversuche, von denen 
Shattock und Ballance eine sehr ausgedehnte Reihe im 
Jahre 1890 unternommen haben. Ebensowenig bin ich 
von dem sicheren Nachweis der erfolgreichen Uebertragung 
einer Neubildung auf ein Tier differenter Art überzeugt. 
Auch wenn Impfungen bei Tieren derselben Art gemacht 





Nr. 16 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


243 


worden sind, so ist, ausgenommen, wenn es sich um gewisse 
infektiöseGranulome handelt, welche keine echten Neoplasmen 
sind, in der Regel das Ende ein Mißerfolg, und bei 
Gelegenheit der letzten Versammlung des Kongresses im 
Februar 1902 konnten nur wenige vereinzelte Erfolge erwähnt 
werden. Dagegen stellen solche Berichte von Mißerfolgen 
die ernsten Hindernisse für die Untersuchung des Geschwulst¬ 
wachstums vor Augen. 

Der Erste, welcher systematisch Erfolge bei der Trans¬ 
plantation von Tumoren erzielte, war Jensen in Kopenhagen, 
dessen Ergebnisse bis 1903 nicht allgemein bekannt ge¬ 
worden sind, ln demselben Jahre veröffentlichte Borrel 
in Paris eine andere Reihe, und 1904 erschien der erste 
wissenschaftliche Bericht der Imperial Cancer Research Fund, 
in welchem weitere Beispiele angeführt werden. Alle diese 
Erfolge sind durch Transplantation von Tumoren von einer 
Maus auf eine andere gewonnen. Bei keinem anderen Tier, mit 
alleiniger Ausnahme der Ratte, welche demselben Genus wie 
die Maus angehört, ist eine erfolgreiche Transplantation eines 
Neoplasmas auch von einem anderen Individuum derselben 
Spezies ausgeführt. Versuche, maligne Geschwülste des 
Pferdes, des Hundes, der Katze, der Ratte und des Karpfens 
auf andere Tiere derselben Spezies zu übertragen, haben 
nach der Cancer Research Fund nur Mißerfolge aufzuweisen, 
obwohl bei Hunden, Katzen und Ratten über 900 Impfungen 
vorgenommen wurden. Im Dezember 1904 machte ich den 
Versuch, ein sqamöses Epitheliom von einem Beutelmarder 
(Dasyurus Viverrinus) durch Impfung auf 15 andere und 
zehn Katzen zu übertragen. Doch fast alle diese Tiere 
starben innerhalb einer Woche an virulenter Septikaemie 
und die wenigen überlebenden zeigten bis heute keinerlei 
Anzeichen einer Neubildung. 

In demselben Jahre habe ich durch die Güte von 
Herrn A. S. Le Soef vom Zoologischen Garten in Sidney, 
Krebsfälle von einer Löwin und einer Tigerin erhalten; beide 
waren alte Tiere und starben merkwürdigerweise innerhalb 
weniger Tage nacheinander. Ich habe jetzt eine Geschwulst 
von einem Frosche (Hyla aurea) untersucht, welche ich 
wenige Wochen später durch die Güte von Dr. Chapman 
erhalten-habe, und mit diesem bin ich imstande gewesen, 
andere Frösche zu infizieren, ohne indes bisher entscheiden 
zu können, ob es sich um ein echtes Neoplasma oder nur 
um eine Form infektiösen Granuloms handelt. Ich habe 
bis jetzt noch keine Neubildung bei einer Maus erhalten 
können. Indes ist das nicht überraschend, da ja von den 
3000 zahmen Mäusen, welche durch die Cancer Research 
Found untersucht wurden, nur zwölf mit malignen Neu¬ 
bildungen gefunden wurden, und nicht alle von diesen 
übertragbar waren. 

Jensens Originaltumor war ein Epitheliom bei einer 
weißen Maus. Bei der Impfung auf andere Mäuse erhielt 
er zuerst 30 bis 60 Prozent erfolgreiche Transplantationen, 
und das beweist, daß es sich um den am leichtesten über¬ 
tragbaren aller bisher geprüften Tumoren gehandelt hat. 
Er wächst noch, wie eine Reinkultur von Bakterien, in 
verschiedenen Laboratorien des europäischen Kontinents, 
in England und in Amerika, sodaß er in den nachfolgenden 
Mäusegenerationen gedeiht. In seiner Lebensdauer (drei¬ 
einhalb Jahr) hat er schon die natürliche Lebenszeit einer 
Maus überschritten und insgesamt hat er die von vielen 
Tausenden von Mäusen bereits übertroffen. Diese große 
Kraft und Ausdauer der Geschwulst kommt nur der natür¬ 
lichen Verbreitung von aufeinander folgenden Mäuse¬ 
generationen gleich und deutet auf eine enorme potentielle 
Vitalität in den Zellen der Neubildung hin, eine Vitalität, 
der vergleichbar, welche die Fortdauer der Rasse gewähr¬ 
leistet. Auch ist dies kein vereinzeltes Phänomen. Die 
Erzeugung von Gewebe durch Transplantation von anderen 
Mäusekrebsen kann nicht weniger schnell vor sich gehen. 


Jensen hat sehr sorgfältig und genau die Bedingungen 
der erfolgreichen Transplantation und die Natur des Pro¬ 
zesses studiert. Seine Resultate sind anderweitig hin¬ 
reichend bestätigt, vorzüglich durch die Cancer Research 
Fund. Er fand, daß die Zellen der Neubildung aus dem 
Körper eine geraume Zeit isoliert werden können, ohne 
der Kraft, einen frischen Tumor hervorzurufen, verlustig zu 
gehen. Unter sterilen Verhältnissen in Eis aufbewahrt, 
können die Krebszellen noch zur Entstehung einer neuen 
Geschwulst Anlaß geben selbst nach 18 Tagen, während 
alle Impfungen fehlschlagen, wenn man sie weniger als 48 
Stunden Körpertemperatur aussetzt. „Der von der Cancer 
Research Fund von Professor Jensen erhaltene Tumor 
wurde durch die Post von Kopenhagen unter sterilen 
Vorsichtsmaßnahmen befördert und zur Impfung, 15 Tage 
nachdem er Kopenhagen verlassen hatte, benutzt“ (First 
Scientific Report). Diese Tatsachen beweisen auch von 
einem anderen Gesichtspunkt die hervorragende Vitalität, 
mit welcher die Zellen der Neubildung ausgestattet sind. 

In ihren allgemeinen Eigenschaften ähneln solche 
transplantierten Geschwülste sehr den sekundären (meta¬ 
statischen) Disseminationen, wie sie natürlich im Verlaufe 
vieler maligner Tumoren Vorkommen. Die sie zusammen¬ 
setzenden Zellen sind die direkten Abkömmlinge der Zellen 
der Primärgeschwulst. Handelt es sich um epitheliale 
Tumoren, welche allein übertragen worden sind, so 
schwankt das Stroma an Menge, es wird durch die 
Reaktion des befallenen Gewebes erzeugt. Diese Tat¬ 
sachen sind ebenso erweislich, wenn es sich um natürliche 
Metastasen handelt, wie bei der Entwicklung von emboli- 
schen Herden in der Leber. Die längsten Reihen von 
Nachimpfungen hindurch besteht jeder nachfolgende Tumor 
aus Zellen, welche strukturell mit denen des Originaltumors 
identisch sind. 

Die Uebertragbarkeit von Neubildungen von Mäusen 
ist in bemerkenswerter Ausdehnung durch Rassenunter¬ 
schiede unter den geimpften Mäusen bedingt. So begegnet 
ein ursprünglich in einer deutschen Maus wachsender 
Krebs geradezu einem Antagonismus, wenn er einer fran¬ 
zösischen Maus eingeimpft wird, und gibt einen sehr 
niedrigen Prozentsatz von Erfolgen; doch wenn er an die 
neue Rasse sich gewöhnt hat, steigt der Prozentsatz der 
Erfolge und kann zuletzt dem gleichkommen, welcher 
durch direkte Impfung des Originaltumors bei deutschen 
Mäusen erzielt wird. Solche spezifischen Unterschiede 
zwischen verschiedenen Rassen derselben Spezies zeigt die 
Möglichkeit einer noch feineren Reaktion als die durch 
spezifische Präzipitine hervorgerufene, welche die ent¬ 
sprechenden Eiweißmoleküle verschiedener Tierspezies unter¬ 
scheiden kann, nicht aber die verschiedener Rassen inner¬ 
halb der gleichen Spezies. (Scientific Report, Nr. 2, T. II.) 

Wenn eine Neubildung auf andere Mäuse der gleichen 
Rasse verimpft wird, so erscheint die Neubildung unab¬ 
hängig von Faktoren wie Alter oder Geschlecht der ge¬ 
impften Mäuse zu sein. Der oft hohe Prozentsatz von 
Erfolgen steht in entschiedenem Widerspruch zu der rela¬ 
tiven Seltenheit von primären Neubildungen bei den 
gleichen Tieren. Die für erfolgreiche Transplantation einer 
Neubildung erforderlichen Bedingungen können also nicht 
mit den für das primäre Wachstum notwendigen identisch 
sein, eine Tatsache, welche darauf hinweist, das bei der 
Entstehung einer Neubildung die Zellen Eigenschaften er¬ 
worben haben, welche sie in den Stand setzen, unter ihrer 
ursprünglichen Entwicklung verwandten Bedingungen das 
Wachstum fortzusetzen. 

Erscheinungen von Zellteilung in pathologischen 
Neubildungen. 

Eine der hervorragendsten Beobachtungen neueren 
Datums beim Tumorwachstum bezieht sich auf die Er¬ 
scheinungen der Zellteilung. Um selbst besser verstanden 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 16 


zu werden, gestatte ich mir, an die Hauptpunkte dieses 
Vorganges zu erinnern, wie er sich in gesunden Geweben 
vollzieht. 

Ausnahmsweise kann eine Zelle sich durch den 
Prozeß der Amitose oder der direkten Teilung sich teilen, bei 
welcher der Kern einfach eingeschnürt und in zwei Teile 
getrennt wird, indem auch die Zelle sich eingeschnürt und 
später in zwei Zellen sich scheidet, deren jede einen Teil 
des originären Kerns enthält. Diese Art der Zweiteilung 
ist auf sehr hoch spezialisierte oder degenerierende Zellen 
beschränkt, wie sie im Drüsenepithel oder in temporären 
embryonalen Hüllen sich finden (Wilson). 

Die für die Entwicklung von tierischen und pflanz¬ 
lichen Geweben charakteristischeren Zellteilungen sind 
außerordentlich kompliziert und stellen einen Vorgang in¬ 
direkter Teilung oder Mitosis dar, von welcher nur ein 
kurzer Abriß gegeben werden kann. Hier erfährt der Kern 
vorläufige Veränderungen in seiner physikalischen und 
chemischen Natur, als Vorphasen der Mitose. Das 
Chromatinnetz wird allmählich in ein Fadenwerk mit inten¬ 
siveren Farbreaktionen umgewandelt, das Spirem. Zuerst 
fein und dicht verwoben, bildet das Fadenwerk das ge¬ 
schlossene Spirem; später wird es kürzer und dicker und 
bildet das offene Spirem. Zuletzt bricht es in Abständen 
durch und gibt zur Entstehung getrennter Chromatinmassen 
Anlaß, in der Regel in der Form kurzer gebogener Stäbchen, 
bekannt als Chromosomen. Diese Chromosomen werden 
rund um die Fäden von spindelförmiger Struktur ange¬ 
ordnet, welche unterdessen innerhalb der Zellen in Er¬ 
scheinung getreten sind. Jedes Chroinosoma spaltet sich 
der Länge nach (Metaphase) in zwei genau gleiche Frag¬ 
mente, welche allmählich längs des Spindelfadens sich 
abtrennt (Anaphase), so daß die Hälfte jedes Chromosoma j 
gegen jeden Pol der Spindel sich wendet. Die Endphase I 
oder Telophase besteht in der Teilung der Zelle selbst in 
der Aequatorialebene der Spindel, sodaß jede Tochterzelle 
eine der Gruppen der Chromosomen enthält, aus welchen 
der entsprechende Tochterkern wieder aufgebaut wird. Das 
Fundamentalbegebnis bei der Mitose ist die scharfe Tren¬ 
nung jedes Chromosomas in die Hälfte an jedem Pol der 
Spindel, weil es sicherstellt, daß jeder Tochterkern genau 
eine Hälfte des ursprünglich in dem Mutterkern enthaltenen 
Chromatin enthält. 

Von der Zeit der ersten Teilung des befruchteten Eies 
an und durch alle Zellteilungen hindurch, welche bis zur 
Bildung des Körpers des Embryos vor sich gehen, bleibt 
dieser Typus des Mitose bestehen und kann als somatische 
Mitose bezeichnet werden. Ueberdies wird die Zahl der 
Chromosomen, welche durch jeden die Teilung vor¬ 
bereitenden Kern gebildet werden, nicht verändert. Sie 
bleibt konstant nicht nur während der Entwicklung des 
Individuums, sondern durch alle Individuen derselben 
Spezies und schwankt auch nicht in der Zahl. So wird 
diese Zahl beim Menschen, beim Rind, beim Meerschwein¬ 
chen und bei der Zwiebel auf 16 angegeben, bei Mäusen, 
Salamander, bei der Forelle und der Lilie auf 24, bei eini¬ 
gen Nematoden ist sie niedriger als 2 oder 4 und bei 
gewissen Krustazeen höher als 168 (Wilson). 

Doch nicht alle Zellen, welche aus der wiederholten 
Segmentierung des befruchteten Eies resultieren, bilden den 
Körper des neuen Individuums. Nach einer gewissen 
Anzahl von Teilungen werden die jüngst gebildeten Zellen 
berufen, verschiedene Rollen zu übernehmen. Einige bilden 
den Embryo und gestalten durch kombinierte somatische 
Teilungen den Körper des ausgewachsenen Organismus. 
Andere bilden die Embryonalhüllen und -Anhänge und 
noch andere bleiben, als Vorläufer der reproduktiven Zellen, 
frühzeitig abgesondert und werden dem Embryo einverleibt. 
Dies ist der Fall bei den Zellteilungen in der dritten 
Gruppe, auf welche ich jetzt die Aufmerksamkeit lenken will. 


Zuerst vervielfältigen sich die reproduktiven Zellen auf 
dieselbe Weise wie die Körperzellen es tun. Indes, wenn 
sie sich ihrer Reife nähern, zeigen sie Kernteilungstypen, 
welche eigentümlich different sind von den für die Körper¬ 
zellen festgestellten. Die Mitosen, welche der Reifung der 
Sexualelemente vorangehen, sind als Reduktionsteilungen 
bekannt, weil einer der deutlichsten Divergenzpunkte in 
der Reduktion der Chromosomenzahl auf genau der Hälfte 
der für die somatischen Mitosen charakteristischen Zahl 
besteht. Von diesen Teilungen gibt es zuletzt zwei und 
bei den höheren Tieren nur zwei Mitosen, von denen eine 
als die heterotype, die andere als die homotype unterschieden 
werden (Fleming). Bei der heterotypen Teilung nehmen 
die reduzierten Chromosomen besondere Formen an und 
erscheinen oft als Fäden oder Stäbchen oder Kugeln, und 
ihre Teilung in der spindelförmig gewundenen Zelle erfolgt 
nicht longitudinal, sondern transversal. In weitere Einzel¬ 
heiten einzugehen bedarf es nicht. Es genügt, die Tat¬ 
sache zu betonen, daß die Röduktionsteilungen von ge¬ 
wöhnlichen somatischen Teilungen verschieden sind, daß 
sie unter natürlichen Umständen nur in einem Gewebe, 
dem reproduktiven Gewebe, auftreten und dort nur zu 
einer Phase ihrer Entwicklung gelangen und zwar der, 
welcher der Reifung der Sexualzellen voraufgeht. 

Daß dies in manchen Punkten nicht verstandene 
Phänomen eine wesentliche Vorbedingung für die Fort¬ 
pflanzung neuer Individuen darstellt, wird durch seine fast 
universelle Verbreitung angedeutet. Es ist bei allen unter¬ 
suchten höheren Organismen gefunden, in gleicher Weise 
bei Tieren und Pflanzen, und weist darauf hin, daß es die 
Reifung oder ein Endstadium der Reifung der lediglich für 
die Reproduktion bestimmten Zellen ist. Bei Tieren ist auf 
alle Fälle, wenn alle die entscheidenden Mitosen erfolgt 
sind, die Zelle vollauf vorbereitet mit einer reifen Zelle des 
entgegengesetzten Geschlechts sich zu vereinigen und bis 
diese Vereinigung sich vollzieht kann, abgesehen von ab¬ 
normen und ausnahmsweisen Verhältnissen, keine weitere 
Entwicklung eintreten. 

Eine neue Generation wird durch die Vereinigung 
zweier reifer Sexualzellen oder Gameten hervorgebracht — 
das Spermatozoon und das reife Ei. Jede Gamete enthält 
in ihrem Kern die Hälfte, der Chromosomenzahl, welche 
für die somatische Mitose des aus ihrer Vereinigung her¬ 
vorgehenden Organismus charakteristisch ist, und die Ver¬ 
einigung zweier Gameten stellt die volle Chromosomenzahl 
in der resultierenden Zelle — dem befruchtenden Ei - 
wieder her, und diese ist die erste einer neuen Generation. 
Und durch alle Zellengenerationen des neuen Organismus 
wird die volle Chromosomenzahl erhalten, ausgenommen 
bei den Reifungsteilungen seiner reproduktiven Zellen, 
wenn sie an die Reihe kommen und ihre Endvorbereitungen 
für die Vereinigung treffen, welche die nächstfolgende 
Generation herbeiführt. 

Wir haben jetzt die Erscheinung der Zellteilung, wie 
sie beim Krebs oder anderen pathologischen Neubildungen 
auftritt, zu betrachten. Zytologen sind seit vielen Jahren 
mit der Tatsache vertraut, daß Störungen im Mechanismus 
der Mitose bei Krebszellen sehr gewöhnlich sind, und daß 
bei Tumoren mit rapidem Wachstum die Vorgänge der 
Zellteilung außerordentliche Störungen aufweisen können 
(Klebs, Hansemann, Galeotti, erwähnt bei Wilson). Solche 
Störungen bedingen asymmetrische Mitosen, indem die 
Chromosomen ungleich auf die Tochterkerne verteilt werden, 
und multipolare Mitosen, in welchen mehr als eine Spindel 
sich bildet. Auch Amitosen oder direkte Teilungen kommen 
nicht selten vor. Aehnliche abnorme Mitosen können 
künstlich erzeugt werden durch die Wirkung von Reizen 
oder Giften, z. B. in den Epidermiszellen des Salamanders 
durch Antipyrin, Jodkali usw. (Galeotti, erwähnt von Wilson). 






Nr. 16 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


245 


Indes blieb es Farmer, Moore und Walker überlassen, j 
eine gewisse Ordnung in diesen Störungen festzustellen, 
und diese Entdeckung, welche der Royal Society im 
Dezember 1Q03 mitgeteilt wurde, war ebenso einfach wie 
bedeutsam. Sie fanden, daß an der primären Ursprungsstelle 
und in einer Zone hinter dem wachsenden Rand der 
malignen Geschwulst, die Tumorzellen sich nach der Art 
der heterotypen Mitosen des reproduktiven Gewebes 
teilen. Nicht nur die Chromosomen der sich teilenden 
Kerne war auf annähernd die Hälfte der somatischen 
Teilungen herabgesetzt, sondern die Aehnlichkeit dehnte sich 
auch auf andere Punkte und oft auf die geringsten Einzel¬ 
heiten aus, einschließlich der Anordnung der Chromo¬ 
somen in Form von Fäden, Stäbchen und Kugeln und ihrer 
transversalen Verteilung an der spindelförmigen Zelle. Mit 
anderen Worten: sie zeigten in den neugebildeten Zellen der 
primären Krebsgeschwulst Vorgänge von Zellteilung, welche 
alle biologischen Untersuchungen als charakteristisch für 
die Reifung oder als ein Endstadium der Reifung der die 
Vereinigung vorbereitenden reproduktiven Zellen erkannt 
haben. 

Nach der Bestätigung durch die hohe Autorität von 
Professor Farmer und seinen Mitarbeitern ist die Aehnlichkeit 
des Krebsgewebes in einem gewissen Stadium der primären 
Neubildung mit reproduktivem Gewebe eine Tatsache von 
höchster Bedeutung hinsichtlich des Tumorwachstums. Das 
Auftreten der kritischen Mitosen zeigt an, daß die Zelle in 
die Endphase ihrer Existenz als Zelle einer älteren Generation 
gelangt ist, und daß sie nun bereit ist, den Beginn eines 
frischen Lebenslaufs, eines neuen Wachstums von Zellen, 
eines unabhängigen Organismus zu machen. Es bedeutet 
noch nicht, daß schon eine neue Zellegeneration entstanden ist. 

Eine weitere erhebliche Aehnlichkeit zwischen den 
Krebszellen und denen der reproduktiven, gametogenetisehen 
Gewebe ist neuerdings von denselben Forschern beschrieben, 
ln Krebszellen sind häufig deutliche bläschenartige Körper 
eingeschlossen, welche kleine, dunkel sich färbende Granula 
enthalten. Doch ihre Natur ist lange ein Rätsel gewesen. 
Gelegentlich sind sie als eine Form parasitischer Protozoen 
beschrieben, deren Anwesenheit die Zelle zu unverhältnis¬ 
mäßiger Proliferation reizt und den erregenden Faktor in 
der Aetiologie des Geschwulstwachstums darstellt. Die 
Anwesenheit solcher Zelleinschlüsse hat die Grundlage für 
viele Hypothesen über den parasitischen Ursprung des I 
Krebses gebildet. Der von Professor Farmer und seinen 
Mitarbeitern angestellte Vergleich schafft eine ganz neue 
Lösung. Sie weisen darauf hin, daß in den Endmetamor¬ 
phosen der Spermatozoen bei den Vertebraten ein blasiger 
Körper, eine archoplasmische Blase, welche ein oder mehrere 
dunkel sich färbende Granula enthält, neben dem Kern sich 
entwickelt und einen solchen Umfang erreichen kann, daß 
sie den Kern einkerbt und deformiert. Die Blase mit ihrem 
Inhalt persistiert schließlich als sogenannte „Kopfkappe“ des 
Spermatozons. Diese Erscheinung ist eine hervorragende 
und, soweit bekannt, konstante Eigenschaft der Sperma- 
togenesis bei den Vertebraten und hat bekanntlich auch 
noch weitere Verbreitung. In seinem allgemeinen Aeußeren ; 
ähnelt die archoplasmische Blase genau den blasigen Ein- j 
Schlüssen der Krebszellen und, wie andere Autoren daraus I 
schließen, „ist es vielleicht nicht reiner Zufall, daß, gerade 
wie bei der Zellteilung, so auch bei den Zelleinschlüssen, 
ein Parallelismus zwischen den Zellen des reproduktiven 
Gewebes und denen der krebsigen Geschwülste gefunden 
werden könnte“. Sie betrachten jedoch in dieser Hinsicht 
die Krebszellen nicht als identisch mit Sexualzellen. 

Von den neuesten Beobachtungen des Imperial Cancer 
Research Fund, für welche Bashford und Murray ver¬ 
antwortlich sind, behandelt die Mehrzahl die Natur und 
Verteilung der Mitosen in Krebszellen. Die Arbeiten von 
Jensen und von Borrel über die Uebertragbarkeit des Krebses 


auf Mäuse und der von Farmer, Moore und Walker über 
die Aehnlichkeit zwischen gewissen Krebszellen und denen 
der reproduktiven Gewebe eröffneten eine Aussicht, welche 
sie selbst auszunutzen sich beeilten. Während sie die 
Schwierigkeiten betonten, welche der Interpretation der 
zahlreichen Formen abnormer Mitosen in Krebszellen ent¬ 
gegenstehen, zeigten sie, daß heterotype Formen nicht 
nur in Krebsen menschlicher Herkunft Vorkommen, sondern 
auch in denen niederer Tiere und selbst bei sehr weit von 
einander verschiedenen Typen, wie Pferd, Hund, Rind, 
Katze, Maus und Forelle, daß in der Tat die Aehnlichkeit 
der Krebszellen in einem gewissen Lebensstadium mit der 
Reifung nahen reproduktiven Zellen eine bei allen Krebsen 
der Vertebraten vorhandene Erscheinung darstellt. 

Während sie so die Beobachtungen von Farmer und 
seinen Mitarbeitern bestätigten und erweiterten, lehrten sie 
noch andere bedeutende Erscheinungen. Ich meine, daß 
nach ihrer Erfahrung somatische Typen von Mitosen, in 
welchen die Kernteilung die Höhe erreicht, nichtreduzierte 
Chromosomenzahl in vollentwickelten Tumoren gewöhn¬ 
licher sind als reduzierte Teilungen, und daß ohne Beziehung 
zum Alter und zur Ausdehnung des Krebses, gewöhnliche 
somatische Mitosen fast durchweg in gewissen Stadien und 
unter gewissen Wachstumsbedingungen vorhanden sind. 
Die Zellen vervielfältigen sich' am fortschreitenden Rand der 
malignen Geschwulst, der primären wie sekundären, und 
sie vervielfältigen sich auch, wenn sie, von der Tumormasse 
abgelöst, der initialen Proliferation verfallen, welche eine 
natürliche Metastase oder eine künstliche Transplantation 
auslösen. Nicht allein also das heterotype und postheterotype 
Gewebe stellt nur einen kleinen Teil einer ausgedehnten 
Neubildung dar, sondern die Zellen, welche der Zeit nach 
die jüngsten und der Abstammung nach wahrscheinlich die 
ältesten sind, zeigen fast durchweg somatische Mitosen. 
Haben sich einmal reduzierte Teilungen im reproduktiven 
Gewebe gezeigt, so werden die Zellen, welche der Zeit nach 
die jüngsten, der Abstammung nach die ältesten sind, bei 
Tieren nur durch die reifen und reifenden Sexualzellen 
repräsentiert, und sie vermehren sich bei Tieren wie bei 
Pflanzen bekanntlich nur durch Mitosen, in welchen die 
Chromosomenzahl auf die Hälfte reduziert ist. Nicht alle 
Zellen der Krebsgeschwulst können daher als mit repro¬ 
duktiven Zellen vergleichbar betrachtet werden. Nach einer 
gewissen Zeit muß irgend ein Umstand dazwischen kommen, 
welcher die somatischen Mitosen wiederherstellt, und ab¬ 
gesehen von parthogenetischer Entwicklung, bei welcher das 
Ei durch einen der Polarkörper befruchtet wird, ist nur 
ein Ereignis bekannt, welches diese Wirkung haben kann. 

Es ist, wie wir schon gesehen haben, die Vereinigung 
zweier, schon durch die Folge von reduzierenden Teilungen 
für die Vereinigung vorbereiteter Zellen, welche die volle 
Chromosomenzahl in den resultierenden Zellen wiederher¬ 
stellt und eine neue Generation begründet. Diese Erscheinung 
ist zudem beschrieben worden (Bashford und Murray). Bei 
transplantierten Mäusekrebsen, werden dunkler als ge¬ 
wöhnlich gefärbte, in stumpfen amoeboiden Fortsätzen 
endende Kerne gefunden. Häufig legt sich einer dieser 
Fortsätze der benachbarten Zellwand dicht an. Gelegentlich 
kann der Zellkern in Berührung mit dem einer benachbarten 
Zelle. und sichtlich mit ihm in Zusammenhang stehend 
gesehen werden. Soweit ich es beurteilen kann, ist diese 
Verbindung der Testierenden Kerne nur in gewissen Wachs¬ 
tums- und Entwicklungsstadien der auf Mäuse transplantierten 
Tumoren beobachtet worden. Obwohl sie bisher aber an 
der primären Stelle des Krebses noch nicht entdeckt worden 
ist, beharrt der Bericht des Cancer Research Fund auf der 
Ansicht, daß irgend ein der Konjugation gleichwertiger 
Umstand erforderlich wie angemessen ist, um die fragliche 
Wachstumserscheinung als verschieden von der Entstehung 
des Krebses zu erklären. Es ist bewiesen, daß nur eine 





246 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 16 


neue Zellgeneration, welche in allen wesentlichen Hinsichten 
einen neuen Organismus darstellt, mit dem unabhängigen 
und autonomen, für eine Neubildung charakteristischen 
Wachstum ausgestattet sein kann. 

Farmer wie Bashford ziehen einen Vergleich zwischen 
den Beziehungen gewisser Zellgenerationen bei Pflanzen 
und der Beziehung einer Neubildung in einem tierischen 
Organismus. Ich schlage vor, mehr eine Beziehung zwischen 
den rückläufigen Zellgenerationen bei Tieren zu betonen, 
welche eine noch bündigere Analogie darstellt. Bei Marsu- 
pialier, und in größerer Ausdehnung bei den höheren Tieren 
überhaupt, sitzt die neue, das befruchtete Ei hervorrufende 
Generation eine Zeit lang vollkommen parasitisch auf der 
alten Generation — dem mütterlichen Organismus — und 
die Beziehung des fötalen Chorionepithels zur mütterlichen 
Dezidua ist im Wesen die einer Neubildung von beschränkter 
Malignität, soweit wenigstens lokale Infiltration und unab¬ 
hängiges Wachstum in Frage kommen. 

Das Chorionepithel ist schon eine neue und auch in 
Bezug auf den mütterlichen Organismus parasitische Gene¬ 
ration, aber sein Wachstum ist begrenzt und seine natürliche 
Lebenszeit ist auf die Schwangerschaftsperiode der Art 
beschränkt. (Fortsetzung folgt.) 


Die äußere Salizylbehandlung mit Spirosal. 

Von Dr. Jul. Baedeker, prakt. Arzt in Berlin. 

Schon seit Jahrzehnten herrscht das Bestreben, die 
innere Salizylbehandlung möglichst durch äußere Behand¬ 
lungen zu ersetzen! 

Der Grund hierfür liegt einerseits darin, daß die Er¬ 
krankungen, gegen die man Salizyl anzuwenden pflegt, zu 
den andauernsten gehören, die wir kennen, insbesondere 
die rheumatischen Gelenk- und Muskelerkrankungen — und 
weil eben mit Recht eine Abneigung dagegen besteht, den 
Organismus an ein inneres Medikament zu gewöhnen. 
Zweitens hat das Salizyl speziell zahlreiche Nebenwirkungen 
— besonders betr. Herz und Magen — die seiner inneren 
Medikation Einhalt gebieten. Seit das Salizylsäure Natron 
durch Aspirin, Salipyrin usw. ersetzt wird, ist glücklicher¬ 
weise die Anzahl dieser unerwünschten Nebenwirkungen 
bedeutend verringert! Drittens haben wir bei der inneren 
Medikation des Salizyls stets den Eindruck, als wenn im 
Grunde eine gewisse Verschwendung notwendigerweise 
mit dem Medikament getrieben werden müßte! Ueber- 
schwemmen müssen wir ja den ganzen Körper mit 
Salizyl, lediglich, um eine rein lokale Wirkung mit dem¬ 
selben nur an einem oder zwei bestimmten Gelenken resp. 
Muskeln auszuüben! Aus allen diesen Gründen wendet 
man schon längst statt der inneren Salizyltherapie mit Vor¬ 
liebe die bekannten äußeren Behandlungsmethoden an: 
spirituöse Einreibungen, heiße Luft, heißen Wasserdampf, 
Lichtbestrahlung usw. — Jedoch gerade in den schwereren 
Formen rheumatischer Erkrankungen konnte durch all dieses 
das Salizyl nicht ersetzt werden! Da kam man auf den 
Ausweg, eben das Salizyl selbst auch äußerlich in 
Form von Einreibungen an den erkrankten Stellen zu ver¬ 
wenden! Das Mesotan der Firma Bayer war wohl das 
therapeutisch Beste dieser äußerlich zu gebrauchenden Salizyl- 
präparate. Leider tritt so häufig bei Mesotan Hautreizung, 
ja bei ungenügenden Kautelen auch Hautentzündung auf, 
sodaß der Arzt, dem einmal dies passierte, nur noch ungern 
Mesotan anwendet. — Uebrigens wird neuerdings eine 
Mesotancreme in den Handel gebracht, bei dem durch 
Zusatz von Stearin dieser Nachteil ausgeschaltet sein soll. — 

Da trotzdem das Prinzip bei dem Mesotan ein durch¬ 
aus richtiges war, stellte die Firma Bayer nunmehr ein 
Salizylpräparat her, das nicht die hautreizende Componente 
des Mesotans besitzt. Dieses Präparat ist das schon ziem¬ 


lich bekannte „Spirosal“. Freilich wird Spirosal nicht 
ganz so gut resorbiert wie das zersetzte Mesotan. Letz¬ 
teres wird zu 25% von der Haut resorbiert, Spirosal wird 
nur zu 16% resorbiert, also etwa ein Sechstel der ein¬ 
geriebenen Menge kommt bei Spirosal zur Re¬ 
sorption! Dafür erleben wir bei ihm — sachgemäße An¬ 
wendung vorausgesetzt — so gut wie nie Hautreizungen, 
wenigstens nie bei Spirosal-Einreibung. Es ist desgl. 
geruchlos. Spirosal entsteht durch Einwirkung von 
Aethylenchlorhydrin auf salizylsaures Natrium und ist 
chemisch der Monosalizylsäureester des Aethylenglycols. 

Die Tatsache der Resorption ist leicht zu beweisen! 
Goß man ein auch nur kleines Quantum auf die intakte 
Haut — etwa % Teelöffel der von Bayer in den Handel 
gebrachten Spirosal-Alkohol-Mischung genügte dazu —, 
und verrieb dieses Quantum ohne jede Anstrengung kurze 
Zeit auf der Haut — 1—2 Minuten sind hinreichend 
so tritt im Harn, der danach gelassen wird, deutlich die 
charakteristische Violettfärbung bei Zugießen weniger, 
mit Wasser verdünnter Eisenchloridtropfen auf! Diese 
Reaktion ist bekanntlich tür das Vorhandensein von Salizyl 
beweisend! Ebenso stellte ich die gleiche Reaktion fest, 
wenn ich ohne jede aktive Einreibung lediglich ein Glied 
oder Gelenk mit Watte umgab, die mit Spirosal - das 
mit Alkohol und Oel verdünnt wird getränkt war, wo¬ 
rauf diese Watte mit einem impermeablen Stück, etwa 
Billroth-Taffet bedeckt wurde! Das Ganze wurde dann 
mittelst Binde sanft an die Haut angedrückt! 

War so die Tatsache der Salizylresorption an sich 
ohne Zweifel, so war doch durchaus nicht in gleicher 
Weise gewiß, wenigstens nicht a priori, ob die resorbierten 
Salizylmengen zu therapeutischen Erfolgen ausreichten! 
Von dem Spirosal wird, wie erwähnt, nur ein Sechstel re¬ 
sorbiert. Eingerieben aber soll werden nach den bisherigen 
Angaben 4 mal täglich 1 Kaffeelöffel der Bayer’schen 
Spirosal-Alkohol-Verdünnung! Diese ist nach dem Ver¬ 
hältnis 1:2 hergestellt! Rechnen wir den Kaffeelöffel zu 
6 gr. so enthält derselbe hiernach 2 gr. Spirosal. Danach 
würde bei jeder Einreibung nur 1 / a gr. resorbiert, d. h. pro 
Tag 1,3 gr.! Bei der inneren Salizylbehandlung werden 
aber pro Tag mindestens 3,0 salizylsaures Natron an¬ 
gewandt. Danach konnte man sehr wohl theoretisch es als 
fraglich erscheinen lassen, ob die bisher übliche Spirosal- 
Therapie genügend Salizyl an den Organismus abgibt, 
um Heilerfolge zu zeitigen! Aus diesem Grunde ersuchte 
mich die Fabrik, die das Spirosal herstellt, Bayer in Elber¬ 
feld, darum, in der Praxis bei den einschlägigen Fällen 
Spirosal anzuwenden und so die Heilwirkung desselben 
zu erproben. 

Der Winter mit seinen zahlreichen an die Influenza 
sich anschließenden rheumatischen und neuralgischen Er¬ 
krankungen, gab mir ein zu einer Kasuistik genügendes Material, 
und seien nun im Folgenden einige meiner Resultate mit 
Spirosal berichtet: 

A. Gelenkrheumatismus. 

Fall 1. Karl M., 12 J., Gemeindeschüler. Rheumatism. 
articular. in linker Schulter und beiden Kniegelenken, 39,8 
Temp., Schwellung und völlige Unbeweglichkeit der ge¬ 
nannten Gelenke! — Verordnet: 4 mal täglich Einreiben 
mit der Bayer’schen Spirosal-Mischung, je 1 Kaffeelöffel, 
nachher Bedecken mit Flanell. Nach 2 tägiger Anwendung 
gelinde Besserung der Schmerzen, objektiv keine Aenderung. 
Danach wird Spirosalbehandlung insofern verstärkt, als ich 
dem Einreiben folgen lasse: eine Einwickelung der ge¬ 
nannten Gelenke mit einem Spirosalverband nach der Art 
der reinen Alkoholumschläge. Nach 24 Stunden dieser 
Therapie sinkt die Temperatur zum ersten Mal unter 39 
und tritt einige Beweglichkeit der Gelenke ein. Nach 
8 Tagen dieser Behandlung ^völlige Heilung! 







Nr. 16 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


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Fall 2. Frieda B., 13 J. Rheumatism. articular. in 
beiden Kniegelenken; Purpura rheumatic. Spirosalbehandlung 
mit Spirosalverband nach obiger Angabe — Fall 1 —. 
Nach 14 Tagen völlige Heilung der Gelenke und der Pur¬ 
pura. Temperatur ging 1 Stunde nach dem 2. Spirosal¬ 
verband von 40,2 auf 38,8 herunter. 

Fall 3. Elise P., 9 J. Rheumatism. artic. nach Schar¬ 
lach. Das schon auf 37,4 gesunkene Fieber steigt wieder 
bis 38,7. Täglich 4 mal Einreiben des doppelten Quantums 
wie Vorschrift. Völlige Heilung. 

Fall 4. Berthold B., 31 J. Rheumatism. artic. nach 
Influenza. Linker Ellbogen und Handgelenk schmerzhaft 
geschwollen, unbeweglich. — Bloßes Einreiben mit Spirosal 
und nachfolgende trockne Flanellumwicklung ist fast erfolg¬ 
los! Nach Spirosalverband analog Fall 1 erhebliche Besse¬ 
rung der Schmerzen, Schwellung und Bewegungsstörung 
bleiben. Nun wird Behandlung unterstützt durch Aspirin 

4 mal täglich 0,5 gr. Nach fünftägiger kombinierter Be¬ 
handlung in dieser Weise beginnende Heilung. Keine 
Reizung. 

Fall 5. Fr. Auguste F., 33 J. Nach Typhus: Rheu¬ 
matism. articul. am rechten Knie- und linken Schultergelenk. 
Nach Spirosalbehandlung allein — auch mit Spirosalum- 
schlag nach Fall 1 — außer geringer Besserung der 
Schmerzen kein Erfolg. Dagegen bei Zugabe geringer 
Aspirin-Dosen — Aspirin 0,5 fünfmal am Tag — wird 
nach dreitägiger Durchführung dieser kombinierten Behand¬ 
lung deutlich die Heilung eingeleitet; insbesondere ist 
nach fünftägiger Behandlung Beweglichkeit des Gelenkes 
wiedergekehrt. 

Im ganzen wurden 12 Fälle mit Spirosal behandelt, 
8 schon bei alleiniger Spirosalbehandlung positiv, die 
übrigen 4 Fälle erst bei Kombination mit innerlicher 
Aspirinbehandlung erfolgreich. 

B. Muskel-Rheumatismus. 

Fall 1. Walter S., 36 J. Rheumatismus der Waden¬ 
muskulatur links, sodaß er vor Schmerz nicht stehen kann. 
Seitdem Patient dreimal täglich sich mit Spirosal einreibt und 
danach trocknen Flanellverband anlegt, haben die Schmerzen 
soweit nachgelassen, daß er auch stehend arbeiten kann, 
was vordem unmöglich war. 

Fall 2. Fritz O., 39 J. Rheumatismus in der Schulter¬ 
muskulatur beider Seiten! Völlige Heilung nach fünftägiger 
Spirosal-Einreibung; 4 mal täglich 1 Kinderlöffel verrieben. 

Im ganzen 5 Fälle mit Spirosal behandelt, 4 positive, 
1 negatives Ergebnis. 

C. Neuralgie. 

Fall 1. Frau Clara G. Ischias. Neuralgie auf neu- 
rasthenisch-hysterischer Basis. Nach 4 Tagen Spirosal- 
Einreibung völlig geheilt. 

Fall 2. Fr. Ottilie O. Trigeminus-Neuralgie. Nur 
während des Einreibens selbst leichte Besserung. Kein 
nachhaltiger Erfolg der Spirosal-Behandlung. 

Fall 3. Frau Agnes S. Intercostal-Neuralgie. Spi¬ 
rosal allein bewirkt wenig Besserung. Kombination von 
Spirosal-Einreibung und warmen hydropathischen Um¬ 
schlägen bewirkt nach achttägiger Anwendung Heilung. 

Fall 4. Frau Johanna G. Subscapularis-Neuralgie. 
Nach Spirosal-Einreibung erhebliche Linderung. Heilung 
erst nach Kombination von Massage und Spirosal-Behandlung. 

Fall 5. Herr Friedrich L. Trigeminus und Occipitalis- 
Neuralgieen. Spirosal-Behandlung in jeder Form erfolglos. 

Fall 6. Herr Alfred S. Subscapularis-Neuralgie. Nach 
Spirosal-Behandlung etwas gebessert, Heilung erst nach 
Kombination von Bädern und Spirosal-Behandlung. 

Im ganzen 10 Fälle behandelt, 2 zweifellos positiv, 

5 nach vorheriger anderer Therapie positiv, 3 negativ. 

D. Pleuritis. Nur trockne Pleuritis wurde behandelt. 


Fall 1. Herr W. Hermann PI., 32 J. Links Pleuritis 
sicca. Ohne Fieber! Nach 8 Tagen Spirosal-Einreibung 
mit nachfolgendem Spirosalverband analog A. Fall 1 völlige 
Heilung. 

Fall 2. Frau Else M., 34 J. R. Pleuritis sicca. 38,4 
Fieber. — Spirosal-Einreibung und -Verband erzeugt wesent¬ 
liche subjektive, doch nicht objektive Besserung. Kombi¬ 
nation von innerlich Aspirin 5 mal täglich 0,5 und Spirosal- 
Behandlung läßt nach zweitägiger Anwendung deutlich be¬ 
ginnende subjektive und objektive Heilung erkennen, unter 
Sinken der Temperatur von 38,3 auf 37,6. 

Im ganzen 4 Fälle behandelt. 2 positiv mit Spirosal 
allein, 2 positiv bei Kombination mit hydropathischer resp. 
innerer Behandlung. 

E. Parametritis. 

Fall 1. Frau Berta N., 23 J. Rechtsseit. Parametritis 
mit geringem, nicht genau der Größe nach zu bestimmenden 
Exsudat. Wird durch Spirosal-EinreibungundSpirosal-Verband 
nach 3 Tage lang durchgeführter Behandlung wesentlich 
gebessert. Exsudat fast völlig geschwunden. 

Fall 2. Frau Franziska R., 28 J. Beiderseitige Para¬ 
metritis ohne Exsudat und ohne Fieber. Nach 3 Tage 
lang durchgeführter Spirosal-Behandlung — nämlich Ein¬ 
reibung 4 mal täglich je 1 Kinderlöffel Spirosal mit nach¬ 
folgender trockner Flanelleinwicklung — wesentliche 
Besserung, sodaß die vorher bettlägerige Frau aufstehen 
kann. 

Im ganzen 4 Fälle, alle mit positivem Ergebnis behandelt. 

Mein Gesamturteil möchte ich etwa in folgenden Sätzen 
zusammenfassen: 


1. Es ist als festgestellt zu erachten, daß eine äußere 
Salizylbehandlung durch Spirosal zwar nicht stets, jedoch 
in einem großen Prozentsatz der in Betracht kommenden 
Fälle die typischen therapeutischen Erfolge der inneren 
Salizylbehandlung hervorruft! 

2. Als Indikationen für die äußere Salizylbehandlung 
mit Spirosal gelten die gleichen Erkrankungen, bei denen 
innerlich Salizyl erfolgreich angewendet zu werden pflegt, 
in erster Linie Gelenk- und Muskel-Rheumatismus, trockene 
Pleuritis und Parametritis in leichteren Fällen. Neuralgieen 
reagieren — außer solchen auf neurasthenisch-hysterischer 
Basis — in der Regel erst nach einer Vorbehandlung mit 
Massage oder auf hydropathischem Wege (Bäder und Um¬ 
schläge) auf Spirosal. 

3. Um mit der Spirosal-Therapie Erfolg zu haben, 
muß darauf Rücksicht genommen werden, daß die zur 
Resorption gelangende Salizylmenge nicht zu gering ist. 
Sie soll die Hälfte bis zwei Drittel der bei innerlicher 
Salizylbehandlung verabreichten Salizylmenge betragen. Ins¬ 
besondere ist bei Spirosal-Bayer-Mischung das Quantum 
von viermal täglich ein Teelöffel meist zu gering. Um 
Erfolge zu erzielen, ist, in der Regel wenigstens, ein Quantum 
von viermal täglich ein Kinderlöffel = 10 g Spirosal-Bayer- 
Mischung zu verreiben. Da die Spirosal-Bayer-Mischung, 
wie sie in den Handel kommt, 1 Teil Spirosal zu 2 Teilen 
Alkohol enthält, die von Spirosal zur Resorption gelangende 
Menge aber y 8 beträgt, so gelangt bei der zuletzt genannten 
Behandlung (je ein Kinderlöffel viermal täglich zu verreiben) 


pro Dosis 


10 

3X6 


= etwa 


0,5; 


pro Diel: 2,0 Spirosal durch 


Resorption in den Kreislauf. Bei einfacher Spirosal-Ein- 
reibungs-Behandlung erlebte ich nie Hautreizung. 

4. Wo die Spirosalbehandlung durch Einreibung allein 
nicht zum Ziele führt, wird dieses oft erreicht, wenn der 
Einreibung ein Verband mit Spirosal folgt. Dieser Verband 
ist nach Art der Alkoholverbände auszuführen, d. h. mit 
durchlöchertem impermeablen Stoff ist die mit der Spirosal- 
verdünnung getränkte und auf den zu behandelnden Körper¬ 
teil gelegte Watte zu bedecken 1 Hautreizungen kommen 






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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 16 


hierbei vor. Oft kann das in dieser liegende Hindernis 
dadurch umgangen werden, daß man einem bestimmten 
Zeitraum der Behandlung mit Spirosalverbänden — etwa 
je IV 2 bis 2 Tagen — einen Tag ohne Spirosalverband 
folgen läßt, an dem die Haut mit Salbe und Puder lindernd 
beeinflußt wird. Auch bei der einfachen Einreibungs- 
Behandlung ist der Einreibung ein Bedecken der betr. Stelle 
mit Flanell oder Flanellbinden folgen zu lassen. 

5. Wo Spirosalbehandlung allein in keiner Form genützt, 
kann man sie durch innere Salizylbehandlung so unter¬ 
stützen, daß der gewünschte Heilerfolg eintritt. Die hierbei 
zur innerlichen Behandlung heranzuziehenden Quantitäten 
von Salizyl sind weit geringer, als sie bei alleiniger innerer 
Salizylbehandlung angewandt werden müssen. 

6. Die Reihenfolge der therapeutischen Effekte der 
Spirosalbehandlung pflegt eine derartige zu sein, daß zuerst 
die subjektiv-bessernde schmerzstillende Wirkung eintritt, 
und später erst die Beeinflussung der objektiven Symptome, 
wie auch die des Fiebers, im günstigen Sinne erfolgt. 


REFERATE. 

Chirurgie. 

Referent: Dr. Mohr-Bielefeld. 

1. Zur Technik chirurgischer Operationen unter absoluter 
Emanzipation von persönlicher Assistenz. Von L. Meyer, Berlin. 
Therap. Monatshefte, 24. Jahrgang, März, 1910. 

2. Ein neues Verfahren bei Anästhesien durch Rachistovaini- 
sierung. Von A. Poenaru, Craiova. Wiener klin. Wochensclir. 
1910, No. 6. 

3. Die Heilung des perforierten Magengeschwürs. Von 

Martens, Berlin. Berliner klin. Wochenschr. 1910, No. 10. 

4. Hysterischer und spastischer Darmverschluß. Von 

Nordmann, Berlin. Deutsche Med. Wochenschr. 1910, No. 10. 

5. Zur Methode der Dickdarmresektion. Von A. Tietze, 
Breslau. Berliner klin. Wochenschr. 1910. 21. Februar. 

6. Zur Frage der Myositis ossificans traumatica nach 
Luxatio cubiti posterior. Von Rubaschew, Charkow. St. Peters¬ 
burger Med. Wochenschr. 1910, No. 6. 

1. M. erörtert die Frage, welche größeren Operationen für die 
Behausung des Kranken in Frage kommen und beschreibt die Methoden 
der Anästhesie, Aseptik und Technik, welche mit möglichster Verein¬ 
fachung des Apparates unbeschadet der Betriebssicherheit ausgeführt 
werden können. Eine Anzahl von Instrumenten, welche das Operieren 
ohne Assistenz erleichtern, werden abgebildet. 

2. Die Ungleichmäßigkeit der Erfolge bei den bisherigen Methoden 
der Spinalanalgesie ist nach Verfasser darauf zurückzuführen, daß Stovai'n 
sich zersetzt und einen milchigen Niederschlag bildet, wenn es mit 
einem alkalischen Medium, ähnlich der Zerebrospinalflüssigkeit, zu¬ 
sammengebracht wird. Da es nicht möglich ist, die bei jedem 
Individuum gefällte Menge Strovain zu kennen, so besitzt man gar 
keine Sicherheit über die angewendete Dosis und deren Effekt. Um 
diesen Uebelstand zu vermeiden, setzt Verfasser eine geringe Menge 
Milchsäure der Adrenalin-Stovainlösung zu. Er erzielte so stets voll¬ 
kommene Anästhesie ohne Zwischenfälle. Zusammenstellung von 
275 Fällen, in denen Verfassers Betäubungsverfahren verwendet wurde. 

3. Verfasser erörtert Symptome und Behandlung des perforierten 
Magengeschwürs und stellt die Resultate anderer und seine eigenen 
zusammen. Von 15 radikal operierten Fällen brachte er 11 zur Heilung. 
Viel mehr als auf die Technik kommt es auf rechtzeitige Erkennung 
und Indikationsstellung an. Die von ihm geheilten Fälle wurden 
2 1 j 2 —26 Stunden nach der Perforation operiert; später Operierte kamen 
nicht mehr durch. Wichtig ist geeignete Nachbehandlung. Wenn es 
Verfasser gelang, 8 Fälle hintereinander durchzubringen, so beweist 
das, daß die Prognose an sich nicht ungünstig ist, wenn rechtzeitig 
diagnostiziert und operiert wird. 

4. Durch' einen Spasmus in der Muskulatur eines Darmabschnitts 
kann ein Darmverschluß entstehen. Die Ursache des Krampfes liegt 
zuweilen in einer allgemeinen Nervenerkrankung, besonders in der 
Hysterie. Es gibt Fälle, in denen die sorgfältigste Untersuchung des 


| Kranken ergebnislos bleibt und weder die Operation noch die Sektion 
Aufschluß über das Wesen des Spasmus bringt. Die Therapie kann 
beim Vorliegen eines nervösen Grundleidens konservativ sein, solange 
das Allgemeinbefinden des Patienten gut bleibt. Wenn es sich ver¬ 
schlechtert, ist die Enterostomie zur Entleerung der geblähten Schlingen 
indiziert, um der Sterkorämie vorzubeugen. Die Prognose des Ein¬ 
griffs ist bei einem nicht gelähmten Darm gut, besonders wenn ein 
Nervenleiden die Ursache des Spasmus ist, dagegen schlecht, wenn 
die Darmlähmung, die anscheinend häufig mit dem Spasmus verge¬ 
sellschaftet ist, nicht zu überwinden ist. Mitteilung mehrerer eigener 
Beobachtungen. 

5. Verfasser kommt unter Mitteilung seiner Operationsresultate 
zu dem Schluß, daß die Behandlung der Dickdarmtumoren im Stadium 
des bestehenden Darmverschlusses von der Behandlung der Tumoren 
ohne Ileus durchaus verschieden ist. Eignen sich im Ileus die Fälle 
überhaupt zur Resektion, so kommt nur ein zweizeitiges Verfahren, am 
meisten das von Mikulicz, in Frage. Bei inoperabeln Tumoren versucht 
Verfasser auch im Ileus die einfache Colostomie durch Enteroanastomose 
zu ersetzen. Von den Tumoren, die ohne Darmverschluß operiert 
werden, konkurriert bei Erkrankungen des Blinddarms und aufsteigenden 
Kolons das einzeitige Operationsverfahren erfolgreich mit dem von 
Mikulicz angegebenen. Die extraperitoneale Versorgung der Dickdarm¬ 
naht in der Tiefe der Bauchwunde erscheint Verfasser als ein wichtiger 
Bestandteil des Verfahrens. 

6. Mitteilung von 3 Fällen. Die Knochenmassen entwickeln sich 
meist auf dem Boden entzündlicher Prozesse im Muskel. Die Operation 
war in zwei Fällen überflüssig, da der Ausgang auch ohnedies 
günstig war. 


Magen-, Darm- und Stoffwechselkrankheiten. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Loh risch, Chemnitz. 

1. Morbus Basedowii und seine physikalisch-diätetische 
Behandlung. Von W. Winternitz, Wien-Kaltenleutgeben. Monats¬ 
schrift für die physikalisch-diätetischen Heilmethoden. Januar 1910. 

2. Diagnose und Therapie des Morbus Basedowii. Von 
F. Chvostk. Wiener klinische Wochenschrift 1910. Nr. 6. 

3. Intravenöse Chemotherapie der Basedowschen Krank¬ 
heit. Von F. Mendel. Therapie der Gegenwart 1910. Februar. 

4. Ueber Flatulenz und deren Behandlung. Von I. Boas. 
Berliner klinische Wochenschrift 1910. Nr. 3. 

1. Winternitz hat mit der physikalischen Therapie, insbesondere 
mit der Wasserbehandlung beim Morbus Basedowii durchweg recht 
gute Resultate erzielt. Die physikalische Behandlung vermag den 
meisten beim Morbus Basedowii in Betracht kommenden Indikationen 
gerecht zu werden. Hydrotherapie, Mechano- und Elektrotherapie sind 
vasomotorische Therapien, und es sind ja beim Morbus Basedowii in 
erster Linie vasomotorische Symptome, die wir zu bekämpfen haben: 
Herzpalpitationen, Frequenzsteigerung der Herzaktion, ungleichmäßige 
Blutverteilung, vasomotorische Hauterscheinungen, Hyperhydrosis, 
pulsierende und schwirrende Struma und zum Teil der Exophthalmus 
sind als vasomotorische Erscheinungen zu deuten. 

Mit Hilfe der Hydrotherapie nun vermag man nahezu mit physi¬ 
kalischer Sicherheit die Herzaktion auch des Basedowkranken zu 
beruhigen und zu verlangsamen, die Blutverteilung in wirksamerWeise 
zu beeinflußen, die Schweißsekretion zu vermindern oder zu beseitigen 
und die abnorme Hautbeschaffenheit zu verbessern. Auch auf die 
nervösen Symptome gewinnen wir oft mit thermischen Eingriffen 
Einfluß, ebenso sind Innervationsveränderungen und allgemeine Toni- 
sierung damit zu erzielen. Ganz besonders aber vermag man mit 
Hilfe der Hydrotherapie die Beschleunigung des Stoffwechsels der 
Basedowkranken, mit anderen Worten die Abmagerung, zu vermindern. 

Die gewöhnlichen Methoden der Herzkühlung (Herzschlauch, Eis¬ 
kühler) bleiben beim Basedow öfters unwirksam, ln diesen Fällen 
empfiehlt Winternitz kalte Applikationen im Nacken und an der 
Wirbelsäule. Es scheint, daß die Abkühlung in der Nähe der Nerven- 
zentra im verlängerten Marke viel wirksamer ist als die thermische 
Beeinflußung der Herzgegend. Die Kälteeinwirkung auf die Wirbelsäule 
wird oft noch einem anderen Symptome gerecht, nämlich dem Zittern 
der Extremitäten, weil nach Winternitz die Reflexerregbarkeit durch 
langdauernde Kälteapplikationen auf die Wirbelsäule herabgesetzt wird. 
Winternitz verwendet Rückenkühler mit durchfließendem Wasser, die 
man stundenlang anwenden kann. Man schleiche sich dabei mit der 
Wassertemperatur allmählich ein und aus, indem man mit Wasser von 
12—14° beginnt, allmählich auf WasSer von 0° herabgeht und dann 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


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wieder auf 12—15° Wassertemperatur steigt. Die Schläuche werden 
stets auf einem feuchten Umschlag, der dem Nacken oder der Wirbel¬ 
säule angelegt wird, appliziert. Das Ganze wird dann mit einem 
trockenen Tuch bedeckt. Der Kranke nimmt ruhige Rückenlage im 
Bette ein. Behufs Erwärmung der gekühlten Rückenhaut ist es nach 
Abnahme der Schläuche wünschenswert, methodische Rückenhackungen 
auszuführen. Danach soll die Pulsfrequenz beträchtlich sinken. 

Mit den lokalen Prozeduren werden allgemeine Prozeduren ver¬ 
bunden. Hier sind vor allem die feuchten Ganzpackungen zu nennen. 
Es gibt nach Winternitz keine mächtigere, die Zirkulationsvorgänge 
und die Innervation beruhigendere Einwirkung als die methodisch 
ausgeführten feuchten Ganzpackungen. Diese müssen durch ein darauf 
folgendes kühles Halbbad von etwa 25—30° C. in der Dauer von zwei 
bis drei Minuten beendet werden. Zur Verstärkung der Wirkung auf 
Herz und Gefäße sind Wechselpackungen zu verwenden. Nach diesen 
systematisch angewendeten Packungen hat Winternitz Stillstand der 
Abmagerung und Zunahme des Körpergewichtes beobachtet. 

Die genannten Prozeduren sind nicht gleich bei jedem Patienten 
anzuwenden. Bei sehr Empfindlichen beginne man mit Teil Waschungen 
oder wechselwarmen Teil Waschungen oder Uebergießungen oder Halb¬ 
bädern, bis die Reaktionsart des Kranken genau erforscht und ent¬ 
sprechend umgestaltet ist. 

Gegen die nicht seltenen Diarrhöen bewähren sich kalte Abreibungen, 
Sitzbäder und während der Nacht erregende Dunstumschläge um den 
Unterleib (Leibbinden), da solche erfahrungsgemäß die Verdauung 
bessern und die Ernährung und Assimilation heben helfen. 

Die Tagesarbeit des Basedowkranken würde sich also folgender¬ 
maßen gestalten: Morgens feuchte Einpackung von 1 / 2 —1 ständiger 
Dauer, unmittelbar darauf Halbbad von 25—30° C. zwei bis drei 
Minuten. Die Reaktion wird danach meist im Bett abgewartet. Vor¬ 
mittags Rücken- oder Nackenschlauch mit durchfließendem Wasser bis 
zu einer Stunde. Nachmittags Wiederholung dieser Prozeduren. Abends 
vor dem Schlafengehen einfache oder doppelte feuchte, gut trocken 
iiberbundene Leibbinde für die Nacht. Bezüglich der Diät schwärmt 
Winternitz nicht für Mastkuren, da in vielen Fällen Magen und 
Dann großer Schonung bedürfen. Die Ernährung sei reichlich, ln 
manchen Fällen muß mit strengen Milchkuren begonnen werden, die 
auch bei Diarrhöen nicht kontraindiziert sind. Die Diarrhöen selbst 
erfordern schonende Diät unter Verwendung der natürlichen adstrin¬ 
gierenden Nahrungsmittel. Die Nahrung soll oft und in kleinen 
Mengen gegeben werden. Sehr gut bewähren sich häufig vegetabilische 
Diät und die Verabreichung von Milch thyreopriver Ziegen. 

2. Der wichtigste Grundsatz in der Behandlung des Morbus 
Basedowii ist: Geduld, sowohl von seiten des Arztes als auch von 
seiten des Patienten. Nichts ist unzweckmäßiger als ziellos bei nicht 
sofortigem Erfolge wieder ein neues Verfahren einzuschlagen, wieder 
irgend ein neues Medikament zu versuchen. 

Zunächst ist mit allen zu Gebote stehenden Mitteln eine Beruhigung 
und Ruhigstellung des Kranken zu versuchen, am besten so, daß der 
Kranke aus den häuslichen Verhältnissen herausgebracht und in irgend 
einer passenden Heilanstalt untergebracht Wird. Bei schweren Formen 
empfiehlt sich absolute Liegekur. Veränderungen, (Genitalaffektionen, 
Nerven-, Magen- und Darmaffektionen), die möglicherweise als aus¬ 
lösendes Moment in betracht kommen, sind gleichzeitig zu behandeln. 
Bezüglich der Ernährung befürwortet Verf. eine stark gemischte Nahrung 
mit reichlicher Kohlehydrat- und Fettzufuhr, nicht einseitige starke 
Fleischernährung. Ueberreichliche Nahrungszufuhr ist im allgemeinen 
nicht nötig, doch sind bei stark herabgekommenen Fällen Mastkuren 
am Platze. Wenn Milch vertragen wird, so ist diese in häufigen 
kleinen Mengen zu geben. Von hervorragendem Einflüsse auf die 
Krankheit ist der Aufenthalt im Hochgebirge. Man beginne vorsichtig 
mit Höhen von 500 600 m und steige allmählich, gehe aber nicht 
über Höhen von 1000—1200 m hinaus. Seltene Fälle, welche das 
Höhenklima nicht vertragen, befinden sich oft an der See wohl. Neben 
der klimatischen Therapie nimmt die elektrische Behandlung den her¬ 
vorragendsten Platz ein und zwar die Galvanisation. Der Verf. wendet 
die Sympathikusgalvanisatipn an (Anodenplattenelektrode am Sternum, 
Kathetenknopfelektrode hinter dem rechten Kieferwinkel, langsames 
Einschleichen des Stromes, schwache Ströme, 1—2 Milliampere 1—3 
Minuten lang, langsames Ausschleichen) und die Querdurchleitung 
durch die Schilddrüse (zwei Plattenelektroden zu beiden Seiten der 
Struma in einem Abstande von zirka 5 cm, langsames Ein- und 
Ausschleichen des Stromes, 1—2 Milliampere, 1—3 Minuten Dauer, 
dann Strom wenden oder Elektrodenwechsel und Wiederholung der 
Prozedur). Der Effekt einer solchen Prozedur auf den Puls ist meist 
ohne weiteres ersichtlich. Die Pulsfrequenz sinkt oft nicht unbeträchtlich. 
Wenn in seltenen Fällen Pulsbeschleunigung auftritt, so ist dann die 
Kathode am Sternum und die Anode am Kieferwinkel zu applizieren. 


Die Sitzungen finden meistens jeden zweiten Tag, zeitweilig aber 
täglich statt. Die Behandlung muß aber mit Unterbrechungen lange 
Zeit fortgesetzt werden. Unterstützend kommen hierzu hydriatische 
Prozeduren, doch warnt Verf. vor den eingreifenden Prozeduren. Je 
milder und indifferenter eine Prozedur, desto besser. Die Anwendung 
des Kühlschlauches mit nicht zu kaltem Wasser auf die Herzgegend 
und auf die Struma tut oft gute Dienste. Bei Diarrhöen kommt 
trockene oder feuchte Wärme auf den Leib. Arzneimittel sind meist 
ohne Erfolg. Herzmittel sind nur am Platze, wenn Herzinsuffizienz 
besteht. Nicht genug kann vor der Anwendung des Jods und der 
Schilddrüsenpräparate gewarnt werden. Das Möbius’sche Serum, 
Rhodagen und die Milch thyreopriver Ziegen haben sich dem Verf. 
nicht bewährt. Er gibt von Medikamenten bei großer Unruhe höchstens 
Veronal in kleinen Dosen ä 0,1 einige Male täglich, eventl. kombiniert 
mit Brom. 

Mit dieser Behandlungsmethode hat Verf. im allgemeinen recht 
gute Erfolge erzielt, doch kann die Behandlung Wochen, Monate und 
noch länger dauern. 

Ein operativer Eingriff ist dann auszuführen, wenn die interne 
Therapie ohne Effekt geblieben ist, wenn die Trachea gedrückt wird, 
wenn die Operation aus kosmetischen Rücksichten von Frauen verlangt 
wird und ganz besonders wenn eine Abkürzung des Verfahrens aus 
sozialen Verhältnissen notwendig ist- Besonders der letzte Punkt ist 
wichtig; sind Basedowkranke nicht in der Lage, sich entsprechend 
lange zu schonen, die notwendigen therapeutischen Maßnahmen durch¬ 
zuführen, handelt es sich um rasche Herstellung der Arbeitsfähigkeit 
und um Abkürzung des Heilverfahrens, dann ist der operative Eingriff 
i am Platze, bei dem aber auch die größeren Gefahren mit in Kauf 
genommen werden müssen. Die Gefahren der Operation liegen in 
den anatomischen Verhältnissen des Operationsfeldes, in dem Blut¬ 
reichtum der Basedowstruma, in den Herzveränderungen und den 
postoperativ auftretenden pulmonalen Erkrankungen. Ferner müßten 
Fälle mit persistenter Thymus völlig ausgeschaltet werden; leider ist 
die Diagnose einer neben dem Basedow bestehenden Thymus meist 
unmöglich. Recidive nach Operationen kommen vor. 

Was die Röntgenbehandlung der Struma betrifft, so sind bisher 
die Dauerresultate sicher nicht günstiger als die mit der Galvanisation 
der Schilddrüse erzielten. Man hat es bei der Röntgenbehandlung 
nicht immer in der Hand, tiefere Strukturveränderungen in der Struma 
zu vermeiden. 

3. Man unterscheidet eine rein thyreogene Form und eine neurogene 
Form des Basedow. Nur diejenige Basedowtherapie wird einen Erfolg 
erzielen können, die berücksichtigt, daß die Schilddrüse nicht immer 
das primär erkrankte Organ ist, und die deswegen nicht nur auf die 
Veränderung der Schilddrüse, sondern auch auf das geschädigte und 
. zu Erkrankungen disponierte Nervensystem einwirkt. Dieser Forderung 
soll eine von Mendel seit einigen Jahren eingeführte Basedowbehandlung 
entsprechen, nämlich die gleichzeitige intravenöse Applikation von Jod 
und Arsen, zweier Heilmittel, die in der Therapie des Basedow schon 
längst eine Rolle spielen, deren hervorragende Wirksamkeit aber erst 
durch ihre Kombination und ganz besonders durch die spezielle Art 
ihrer Verwendung bedingt werden soll. Bei der Einführung dieser 
| Therapie ging Mendel davon aus, daß die Verteilung der Arzneistoffe 
nach Ehrlich im tierischen Organismus keine gleichmäßige ist, sondern 
daß viele Medikamente zu bestimmten Funktionen eine besondere 
Affinität besitzen und daß sie gerade dieser elektiven Speicherung in 
ausgewählten Zelterritorien ihre pharmakologische Wirksamkeit ver¬ 
danken. Diese normale Verteilung der Arzneistoffe kann durch ver¬ 
schiedene Umstände verändert werden: Einmal durch pathologische 
Vorgänge im Organismus, die imstande sind, die Affinität einzelner 
Organe zu bestimmten Arzneistoffen zu erhöhen; ferner können wir 
ein Arzneimittel in von uns beabsichtigte Bahnen dadurch lenken, daß 
wir es mit einem geeigneten Stoffe verkoppeln, der ihm als Lastwagen 
dient und es mit Hilfe seiner Affinität zu bestimmten Organen 
dahin bringt, wo es seine Heilwirkung ausüben soll; schließlich ist 
| noch die Art der Applikation von Einfluß auf den Grad der Affinität, 
insbesondere bewirkt nach Mendel die intravenöse Injektion der 
Medikamente eine verstärkte Ablagerung und festere chemische Ver¬ 
ankerung körperfremder Stoffe in denjenigen Organen, zu denen sie 
eine chemische Affinität besitzen. Alle diese Momente müseen zur 
Erklärung der Heilwirkung der neuerlichen Mendelschen Behandlungs- 
Methode herangezogen werden. Die organischen und funktionellen 
Veränderungen der Schilddrüse, die kombinierte Anwendung von Jod 
und Arsen und ganz besonders ihre intravenöse Applikation sind 
Faktoren, welche die Richtung und Verteilung dieser Medikamente im 
Sinne einer verstärkten Thyreotropie und Neurotropie beeinflussen. 

Mendel injiziert mittelst der Liebergsehen zwei Gramm-Spritze 
mit Platin-Iridiumnadel stets zwei ccm folgender Lösung: 



250 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 16 


Rp. Atoxyl 1,0 

Natr. jodat. 4,0 
Aqu. destill. 20,0 
MD ad vitr. nigr. 

Jede einzelne Dosis enthält dann 0,1 Atoxyl und 0,4 Natrium jodatum 
und wird je nach der Intensität der Erkrankung täglich oder alle zwei 
Tage und mit fortschreitender Besserung wöchentlich zweimal und 
schließlich nur einmal injiziert. Bei dieser Behandlungsmethode hat 
Mendel gute Erfolge erzielt. Sie führt zwar in vielen Fällen nicht 
zur endgültigen Heilung, aber sie bildet doch immerhin ein wirksames 
Palliativmittel selbst bei solchen Erkrankungen, die jeder anderen 
Therapie Trotz geboten haben. Am schnellsten weichen die thyreo¬ 
toxischen Symptome, während die organischen Veränderungen zu ihrer 
Rückbildung einer längeren Einwirkung des Medikamentes bedürfen. 
Mendel läßt seine Lösung unter dem Namen Jodarsyl in zuge¬ 
schmolzenen Glastuben steril von der Berliner Firma Bernhard Hadra 
in den Handel bringen. 

4. Das Wesen der Flatulenz besteht in einem abnorm reichlichen 
und dann schmerzlosen Abgang von Gasen oder aber in einer vor¬ 
übergehenden mit mehr oder weniger Schmerzen verbundenen Gas¬ 
sperre (Colika flatulenta). Um die Flatulenz richtig behandeln zu 
können, ist es nötig, sich vorher in jedem einzelnen Falle über deren 
Ursachen zu informieren, deren es eine größere Zahl gibt. Bei der 
ersterwähnten Form der Flatulenz kann es sich um exogene Gaseinfuhr 
(Luftschlucken bei Schnellessern, gashaltige Getränke und Nahrungs¬ 
mittel), andererseits um endogene (alimentäre) Gasbildung handeln. 
Die alimentäre Flatulenz wird durch gleichzeitige [chronische Obstipation 
gefördert, ferner durch Katarrhe des Dünn- und Dickdarmes, kann 
auch ihren Ursprung schon im Magen (Achylia gastrika, motorische 
Insuffizienz) haben. Viel ernster gestalten sich die Verhältnisse bei 
derjenigen Form der Flatulenz, die als Symptom chronischer Darm¬ 
verengerung auftritt und dann meist mit Kolikschmerzen und aus¬ 
gesprochen chronischer Darmtympanie verbunden sind. Eine weitere 
praktisch wichtige Form der Flatulenz ist die, die sich bei Stauungen 
im Unterleibskreislaufe infolge von Herzklappenfehlern, Arteriosklerose 
und Sklerose der Baucharterien entwickelt. Nach der verschiedenen 
Aetiologie der Flatulenz hat sich naturgemäß die Therapie zu richten. 
Handelt es sich um nervöse Schnellesser und Aerophagen, so wird 
man nur durch Regelung der Esshygiene und - durch systematische Ein¬ 
wirkung aut das gesamte Nervensystem Erfolge erzielen. Bei chronischer 
Obstipation muß die Behandlung dieser das Ziel sein, so daß jede 
Stagnation im Darmbereiche aufs peinlichste verhütet wird. Gelingt 
es dabei nicht, die Flatulenz zu bessern, so ist der ganze Diätplan 
einer sorgfältigen und systematischen Revision zu unterziehen und 
eventl. alle in Frage kommenden Nahrungs- und Genußmittel der 
Reihe nach in Bezug auf ihre flatulenzsteigernde Wirkung gesondert 
auszupirobieren, was immerhin große Geduld und ruhiges Abwarten 
erfordert. Zu dem am häufigsten gasbildenden Nahrungsmittel gehört 
die Milch, welche dann eventl. auszuschalten ist; ebenso der Kefir, 
die Buttermilch und auch dieYoghurtmilch. Auch Eier und Eierspeisen 
wirken häufig stark gasbildend, und man sollte besonders im Winter, 
wo keine frischen Eier zu haben sind, bei Kranken mit Darmkatarrhen, 
habitueller Obstipation und Flatulenz nur den allervorsichtigsten 
Gebrauch davon machen. Von größter Wichtigkeit ist eine weitere 
Vorsichtsmaßregel; sie betrifft den Blutgehalt des Fleisches. Bekanntlich 
werden alle Eiweißkörper in bezug auf faulige Zersetzung im Darm¬ 
kanal vom Blute und seinen Bestandteilen übertroffen. Man wird 
also eventl. rohes oder roh gebratenes Fleisch aus der Diät ausschalten. 
Darmkatarrhe und Erkrankungen des Magens sind zweckmäßig zu 
behandeln. Was die medikamentöse Behandlung der Flatulenz betrifft, 
so ist man heutzutage von der Ueberschätzung antifermentativer Mittel 
mit Recht zurückgekommen. Nach Boas gibt es, abgesehen von den 
Abführmitteln, nur ein Mittel, das sowohl bei Magen- als auch bei 
Datmgärungen wirklich gute Dienste leistet: das sind die Salizyl- 
präparate, von denen Boas besonders die Magnesia salicylica in 
Tablettenform 1—2 g dreimal täglich oder als Schachtelpulver ver¬ 
wendet. Eine Heilwirkung karminativer Tees und ähnlicher Mittel 
besteht nicht. Die chronische Flatulenz kann auch mittelst Darmrohren 
behandelt werden, die stundenlang ins Rektum eingelegt werden, wofür 
Boas Hartgummiröhren mit breiter Ausgangsöffnung empfiehlt. Der 
Erfolg derselben ist aber ebenfalls zweifelhaft. 

Wo es sich um Passagehindernisse im Darm handelt, die auf 
chirurgischem Wege nicht beseitigt werden können, gibt es nur einen 
rationellen Weg, die quälende Gasgärung in Schranken zu halten, 
nämlich passend gewählte Abführmittel zu verabreichen, z. B. Rizinusöl 
und Bitterwasser. Bei Herzfehlern und Stauungen wird man versuchen, 
die Flatulenz durch Besserung dieser Leiden zu vermindern; der Erfolg 
ist zweifelhaft. 


Augenheilkunde. 

Referent: Dr. med. P. Greven, Augenarzt in Aachen. 

1. Die muskuläre Augenschwäche und ihre Behandlung. 
Von Dr. Ernst A. H eimann in Berlin-Charlottenburg. Deutsche 
Mediz. Wochenschrift 1910. Nr. 4. 

2. Ist Schutz der Augen vor ultraviolettem Licht notwendig? 
Von Prof. Dr. Best, Dresden. Mediz. Klinik 1910. Nr. 7. 

3. Sonnenblendung durch eine neue zahnärztliche Behand¬ 
lungsmethode. Von Dr. Wilhelm Feilchenfeld, Augenarzt in 
Charlottenburg. Deutsche Mediz. Wochenschrift 1910. Nr. 6. 

4. Totale Vereiterung der Hornhaut nach einer Schiei- 
Operation. Von Dr. Robert Wirtz, Augenabteilung des Katharinen- 
Hospitals in Stuttgart (Chefarzt San.-Rat Dr. Krailsh eimer). Zeitschr. 
für Augenheilkunde XXIII. 1. 

5. Untersuchungen zur Pathologie des Pemphigus conju- 
tivae. Von Dr. C. Adam, Assistent der I. Universitäts-Augenklinik, 
Berlin (v. Michel). Ibidem. 

6. Neuerungen am Innenpolmagnet. Von Priv.-Doz. Dr. 
Otto Hallauer, Basel. Ibidem. 

1. Im allgemeinen wenig beachtet ist die häufigste Ursache der 
muskulären Augenschwäche, nämlich die Insuffizienz der Konvergenz. 
Die hauptsächlichsten Beschwerden dieser Anomalie sind schnelle Er¬ 
müdung der Augen bei Naharbeit, Drücken und Brennen in den Augen, 
auch Tränenfluß und Stirnkopfschmerz. Man sollte daher in jedem 
Falle von asthenopischen Beschwerden auf eine Insuffizienz der Kon¬ 
vergenz fahnden. Man stellt diese Untersuchung an, indem man einen 
vorgehaltenen Gegenstand so weit dem Auge nähert, bis die Kon¬ 
vergenz versagt, d. h. bis Doppeltsehen auftritt. Man muß noch auf 
eine Entfernung konvergieren können, die einem Drittel der verlangten 
Arbeitsentfernung entspricht. Ferner kommt nun noch die Prüfung 
der Gleichgewichtslage des Auges in betracht. Diese bestimmt man 
mit Hilfe des Graefe’schen Prismenversuches. Die Beseitigung der 
Beschwerden, die eine muskuläre Augenschwäche mit sich bringt, 
erreicht man durch Verordnung von Prismengläsern. In ganz hoch¬ 
gradigen Fällen, wo die Verordnung von Prismengläsern nicht den 
gewünschten Erfolg hat, kommt dann noch die Rücklagerung (Tenotomie) 
des Rectus externus oder die Vorlagerung des Rectus internus in Frage. 

2. In letzter Zeit ist von verschiedenen Augenärzten auf angebliche 
Schädigungen der Augen durch ultraviolette Strahlen hingewiesen 
worden. Vor allem werden Beschwerden, die gelegentlich durch die 
modernen hellen Lichtquellen entstehen, dem ultravioletten Anteil der¬ 
selben zugeschoben. Da unsere Lichtquellen mit zunehmender Licht¬ 
fülle auch steigenden Gehalt an ultravioletten Strahlen aufweisen, so 
wird die Notwendigkeit eines Schutzes der Augen gegen letztere ge¬ 
folgert. Ohne die Möglichkeit einer Schädigung des Auges durch ein 
Uebermaß von ultravioletten Strahlen zu bestreiten, hält Best den 
Fall der Schädigung des Auges durch übermäßige Lichtfülle (d. h. eben 
der sichtbaren Strahlung) für weit häufiger gegeben und er fordert 
demgemäß Abschwächung des gesamten Strahlenbereichs, besonders 
aber der leuchtenden Strahlung. Er widerlegt dann die Ansicht von 
der großen Gefährlichkeit lediglich der ultravioletten Strahlen und 
kommt zu dem Ergebnis, daß sowohl die ultravioletten, wie diö leuch¬ 
tenden Strahlen bei sehr hoher Intensität das Auge schädigen können, 
daß aber unter gewöhnlichen Bedingungen (künstliche Lichtquellen 
inkl. elektrischem Bogenlicht, Tageslicht, Schneelicht, Sonne) die Mög¬ 
lichkeit der Schädigung durch die sichtbaren Strahlen prävaliert, und 
daß wir uns gegen eine zu hohe Strahlungsintensität schützen müssen 
durch Brillen, die den gesamten Strahlungsbereich abschwächen, mehr 
aber noch den leuchtenden Anteil wie den ultravioletten. Das tun 
graue Schutzgläser. Prinzipiell sind davon zu unterscheiden Schutz¬ 
gläser bei Augenerkrankungen, insbesondere Lichtscheu durch innere 
und Netzhautaffektionen. Hier handelt es sich nicht um objektives 
Uebermaß von Lichtstrahlung, sondern um Ueberempfindlichkeit der 
Netzhaut. Da aber die Netzhaut am stärksten empfindlich ist gegen 
den hellsten Spektralbereich im Gelb, so ist die althergebrachte, empirisch 
gefundene blaue Schutzbrille hier eher zweckmäßig als selbst die graue. 

3. Ein Patient wurde von einem Zahnarzt mit konzentriertem 
blauem Sonnenlichte in der Weise behandelt, daß durch einen großen 
Trichter mit enger Oeffnung, abgeschlossen durch eine blaue Sammel¬ 
linse, das grelle Sonnenlicht auf einen Schneidezahn gerichtet wurde, 
der nach erkranktem Nerven gebleicht werden sollte. Da das Licht 
drei Stunden hindurch einwirken sollte, mußte Patient, wenn die Sonne 
den Trichter nicht mehr traf, diesen immer wieder richten, indem er, 
mit dem rechten Auge durch die Linse blickend, die Sonne einstellte. 
Am Tage nach dieser Behandlung zentrales Skotom auf dem rechten 
Auge. Sonst Augenbefund normal. Das Skotom ist auch nach mehr 
als drei Monaten noch nachzuweisen. Es muß also, zweifellos infolge 





Nr. 16 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


251 


der Sonnenbestrahlung, eine Läsion der Netzhaut bestehen, die ophthal¬ 
moskopisch zwar nicht nachzuweisen ist, und über deren Art sich nichts 
Sicheres sagen läßt. 

4. Wirtz berichtet über den Verlust eines sehenden Auges im 
Anschlüsse an eine Schieioperation (Rücklagerung, verbunden mit Vor¬ 
lagerung nach Fröhlich). Es handelte sich um eine Patientin, die 
aus einem anderen Krankenhause nach dreiwöchentlicher Behandlung 
an Angina als geheilt überwiesen wurde. 48 Stunden nach der Opera¬ 
tion fand sich beim Verbandwechsel eine blennorrhoische Conjunctivitis 
mit dem klinischen Bilde der Gonoblennorrhoe, eine diphtheritische 
Entzündung der Operationswunde und totale eitrige Infiltration der 
Kornea. Die Untersuchung des Eiters ergab: Streptokokkus longus, 
der sich ebenfalls in großen Mengen im Rachen fand. Die Patientin 
hatte sich also wohl Streptokokken in den Konjunktivalsack gebracht, 
wo sie erst nach der Operation günstige Wachstumsbedingungen fanden, 
die blennorrhoische Entzündung der Conjunctiva hervorriefen, die 
Operationswunde infizierten und auf Blut- und Lymphbahnen in die 
Kornea eindrangen. Deshalb ist nach einer Angina vor Operationen 
am Auge besondere Vorsicht nötig. Der Ablauf der klinischen Er¬ 
scheinungen oder die Integrität der Bindehaut erlauben die Operation 
noch nicht ohne weiteres. Man muß sich vielmehr durch kulturelle, 
bakteriologische Untersuchung über den Keimgehalt derselben unter¬ 
richten und bei Anwesenheit von Streptokokken vor dem Eingriff eine 
desinfizierende Behandlung einleiten. 

5. Adam hatte Gelegenheit, einen Pemphigus des Auges an 
einem tödlich verlaufenen Falle anatomisch-pathologisch zu untersuchen 
und so die wenigen bisher bekannten anatomischen Befunde über 
diese Krankheit, die im allgemeinen nicht zum Tode führt, zu ergänzen. 
Das Wichtigste aus den Ergebnissen seiner Untersuchungen ist, daß 
der Pemphigus des Auges zweifellos als Teilerscheinung des all¬ 
gemeinen Pemphigus aufzufassen ist. Das Wesentliche am Pemphigus 
des Auges ist nicht die Blasenbildung mit ihren Folgeerscheinungen, 
sondern eine Entzündung der subepithelialen und adenoiden Schichten 
der Bindehaut mit Uebergang in Vernarbung. Die Verkleinerung des 
Bindehautsackes ist daher auch auf eine narbige Umwandlung der 
lokalen Infiltrationsherde zurückzuführen. Die Hornhaut erkrankt unter 
den Erscheinungen einer Abstoßung und unregelmäßigen Regeneration 
des Epithels. 

6. Hai lau er hat den Innenpolmagnet auf einem fahrbaren Stativ 
angebracht, das im ganzen Raum leicht beweglich ist. Magnetextrak¬ 
tionen können mit dem neuen Modell sowohl am sitzenden, zurück¬ 
gelehnten als auch am liegenden Patienten ausgeführt werden. 


Nahrungs- und Genußmittel. 

Von Prof. Dr. Axel Winckler, 

Kgl. dirig. Brunnenarzt am Bade Nenndorf. 

Konditorwaren. 

Gesundheitsschädliche Konfitüren kommen jetzt so reichlich 
in den Handel, daß die „Blätter für Volksgesundheitspflege“ eine 
öffentliche Warnung erlassen haben, deren Inhalt wir kurz wiedergeben ! 
wollen. In den letzten Jahren haben sich im Konditorgewerbe Mi߬ 
bräuche eingeschlichen, die gerügt zu werden verdienen. Erstens: 
Bei der Herstellung von Marzipan und Makronen begnügen sich 
manche Konditoren nicht mit Mandeln, sonern setzen dem Teig 
Bittermandelöl zu, offenbar um an Mandeln zu sparen. Die Zeitung 
wundert sich darüber, daß sich Gewerbetreibende ohne Giftschein in 
den Besitz einer so gefährlichen Substanz setzen können. Außerdem 
begehen sie eine strafbare Nahrungsmittelverfälschung, da das Publikum 
Mandeln in dem Gebäck zu genießen glaubt, während das Bitter¬ 
mandelöl nicht immer durch Destillation aus bitteren Mandeln mit 
Wasser gewonnen wird, sondern auch aus ganz anderen Stoffen | 
hergestellt wird (z. B. durch Erhitzen von Benzylchlorid mit Bleinitrat 
und Wasser, oder durch Zersetzung von Benzalchlorid mittels Schwefel¬ 
säure).— Zur Ehrenrettung der Konditoren wollen wir doch Pinners ! 
Repetitorium der organischen Chemie (Berlin 1890, S. 245) zitieren: i 
„Bittermandelöl (Benzaldehyd) ist nicht giftig, während das rohe 
Bittermandelöl wegen seines Gehalts an Blausäure giftig wirkt.“ Der 
Gewährsmann der „Blätter für Volksgesundheitspflege“ führt allerdings 
einen Vergiftungsfall aus Berlin an: „Eine Dame erkrankte mit starkem 
Erbrechen, Atemnot und schwerer Benommenheit, das Erbrochene 
hatte einen ausgesprochenen Geruch nach Mandeln, und als Ursache 
des ziemlich schweren, subjektiv mindestens sehr unangenehmen An¬ 
falls konnte der Arzt eine Blau säure Vergiftung feststellen, veranlaßt 
durch den Genuß eines halben Stückes Makronenkuchen, der intensiv 
nach Blausäure roch.“ Offenbar hatte der unwissende Konditor rohes 


Bittermandelöl seinen Makronen zugesetzt, welches Blausäure mit 
enthielt. Die Fachzeitungen der Konditoren sollten ihre Leser über 
diese Sache belehren! — Sehr viel bedenklicher erscheint uns 
eine zweite Unsitte der Konditoren: das Füllen von Bonbons, 
Pralines usw. mit Kognak oder andern Alkohlicis. Das Blatt 
sagt ganz richtig: „Die Hauptkonsumenten von Pralines und Süßig¬ 
keiten sind Frauen und Kinder, also im allgemeinen doch des Alkohols 
ungewohnte Personen, wenigstens sollen sie das sein, und wenn man 
bedenkt, das der erwachsene Mann nicht mehr als 30 Gramm Aethyl- 
alkohol = 60 Gramm Kognak pro Tag zu sich nehmen darf, wenn er 
nicht seine Gesundheit in schwerer Weise schädigen will, so wird 
man ohne weiteres einsehen, daß die zulässige Grenze bei diesen des 
Alkohols ungewohnten Persönlichkeiten noch um vieles tiefer liegt. Wer 
die starke Reaktion des kindlichen Organismus auf Alkohol kennt, muß sich 
daher entschieden dagegen wenden, daß den Kindern Alkohol in der 
Form der Bonbons gereicht wird, und das geschieht oft trotz aller 
Vorsicht, da bei gemischtem Zuckerwerk der Verkäufer die einzelnen 
Sorten ganz willkürlich zusammenwirft. Jeder Tropfen Alkohol ist für 
das Nervensystem des Kindes Gift, und daß selbst Mädchen von bald 
20 Jahren solchem versteckten Alkoholmißbrauch erliegen können, 
beweist die mehrfach eingetretene Tatsache, daß man solche nasch¬ 
haften jungen Damen betrunken in ihrem Zimmer gefunden 
hat. Wenn die Fabrikanten von Pralines und Bonbons heute tat¬ 
sächlich mit dieser entarteten Geschmacksrichtung des Publikums 
rechnen und Kognak-Pralines fertigen müssen, so sollten diese unter 
besonderem Verschluß mit entsprechender Aufschrift gehalten werden, 
damit sie wenigstens nicht in die für die Kleinen bestimmten Süßig¬ 
keiten gelangen; aber auch unsere erwachsenen Töchter sollen von 
solchem verderblichen Genuß abgehalten werden; es ist unrichtig, 
ihnen mit Bewustsein alkoholhaltige Pralines zu schenken, da auch 
für ihr Nervensystem und ihre Entwicklung diese ganz gewiß kein 
Vorteil sind.“ — Wenn doch einmal das Sündenregister der Konditoren 
aufgerollt werden soll, so könnte man drittens der Verwendung 
von Margarine und andern schlechten Fetten zu Kuchen 
und Torten gedenken, die vormals nicht in solchem Umfange 
gebräuchlich war und gegenwärtig gar manchen schweren Magenkatarrh 
verschuldet. Noch andere Gepflogenheiten in der Konditorbranche sind 
tadelnswert. Einem gedruckten Plakat, das ein Hamburger Konditor 
an seinem Ladenfenster ausgehängt hat, entnehmen wir folgende Mit¬ 
teilung: Marzipan soll aus gleichen Teilen Mandelmasse und Zucker 
hergestellt werden, neuerdings kommen aber schlechte Marzipane in 
den Handel, die nur zu einem Viertel aus Mandelmasse, zu drei 
Vierteln aus Zucker und Kartoffelsirup bestehen und mit Bittermandelöl 
versetzt sind. Diese Mitteilung bestätigt, was wir oben berichtet 
haben, ist aber aijßerdem noch interessant durch die Angabe, daß 
Kartoffelsirup verwendet wird. Dieser Süßstoff ist so minderwertig 
und widerlich, daß seine Verwendung zu Konditorwaren schlechter¬ 
dings nicht gebilligt werden kann, umso weniger, als Zucker doch 
billig genug ist. 


Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Busch, Berlin-Halensee. 

1. Zur traumatischen Aetiologie des Nasenscheidewand¬ 
abszesses. Von Oberstabsarzt Dr. Anderaya. D. m. W. 1910, No.4. 

2. Die Behandlung der akuten Entzündung der Rachen¬ 
wände und der Gaumenmandeln. Von Dr. Haläsz. Aerztl. 
Vierteljahrs-Rundschau 1910, No. 1. 

3. Die Indikationen zur Aufmeißelung des Warzenfort¬ 
satzes bei der akuten Otitis media. Von Dr. Wolferz. St. Petersb. 
Med. Wochenschrift 1910, No. 3. 

4. Die tonsilläre Behandlung der sogen, rheumatischen 
Erkrankungen. Von Dr. Sc hichhold. M. M. W. 1910, No. 6. 

5. Beziehungen entzündlicher Mandelaffektionen zu In¬ 
fektionskrankheiten. Von Curschmann. M. M. 1010, No. 6. 

6. Tracheotomia transversa. Von Dr. Franck. M. M. W. 
1910, No. 6. 

7. Die Diagnose und Therapie des Highmorshöhlenempyems. 

Von Dr. v. Rimscha. St. Petersb. Med. W. 1910, No. 4. 

8. Die Schule für Schwerhörige. Von Prof. Dr. Hartmann. 
D. M. W. 1910, No. 5. 

9. Die Behandlung der akuten Mittelohrentzündung. Von 

Prof. Dr. Hartmann Fortschritte d. Med. 1910, No. 4—5. 

10. Ueber Schmerzempfindungen im Bereiche des Gehör¬ 
organes. Von Dr. E. Ur bantsch its ch. Med. Klinik 1910, No. 6. 

1. Die meisten Nasenscheidewandabszesse sind traumatischen 
Ursprungs, jedoch kann das Trauma so gering sein, daß es dem 




252 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 16 


Kranken nicht zum Bewußtsein gekommen ist. Ferner entstehen 
Septumabszesse bei Thyphus, Variola, Erysipel und von erkrankten 
Schneidezahnwurzeln aus. Die Diagnose wird gestellt aus der blau¬ 
roten, prallen, fluktuierenden Geschwulst am Septum, die eine erhebliche 
Nasenverstopfung machen kann. SJceist ist Fieber vorhanden; sind die 
Nasenbeschwerden gering, und unterläßt man es, die Nase zu unter¬ 
suchen, so kann man zu Fehldiagnosen kommen (fieberhafter Magen¬ 
katarrh, Influenza). Gewöhnlich ist ein Bruch der knorpeligen Nasen¬ 
scheidewand nachweisbar. Andereya hat 5 Fälle beobachtet. Die 
Therapie besteht in der Inzision des Abszesses und orthopädischen 
Maßnahmen, um bleibende Nasenverengerung nach der Knorpelfraktur 
zu verhindern. 

2. Zur Behandlung der akuten Entzündung der Rachenwände und 
Gaumenmandeln empfiehlt Haläsz Pinselungen mit Jodglyzerin, 
wodurch die Schluckschmerzen und die Mandelschwellungen sehr schnell 
beseitigt werden. Haläsz reibt in den ersten Krankheitstagen täglich 
eine stärkere Lösung (Jod. pur. Kal. jodat, ^ 1,0 Glyzerin 25,0) mit 
einem Wattepinsel energisch in die Schleimhäute ein und geht, wenn 
die Beschwerden geringer geworden sind, zu einer schwächeren Lösung 
(Jod. Kal. jodat. äl 0,75 Glyzerin 25,0) über. Gurgelungen und interne 
Mittel sind weiter nicht nötig. Diese Behandlung soll in beginnenden 
Fällen das Leiden coupieren können. 

3. Bei einer Otitis media acuta ist nach Wolferz eine Knochen¬ 
erkrankung anzunehmen, bezw. die Aufmeißelung indiziert in folgenden 
Fällen: 

1. Bei Schwellung (Infiltration, nicht Oedem) des Warzenfortsatzes 
oder im knöchernen Gehörgang. 

2. Wenn die Druckempfindlichkeit nach 1—2 Wochen nicht schwindet 
bezw. erst im weiteren Verlaufe eintritt. 

3. Bei Temperaturanstieg, wenn anderweitige Erkrankungen ausge¬ 
schlossen werden können. 

4. Bei Facialisparese. 

5. Bei bestehender Eiterung und rapider Gehörsabnahme. 

6. Beim Auftreten von Schwindel und Nystagmus. 

7. Wenn sich bei einer Eiterung nach längerer Zeit das Trommel¬ 
fell nicht aufhellt. 

8. Bei andauernden Pulsationen und Schmerzen im Ohr. 

4. &eh i eh hold-nimmt als -feststehend an, daß der Erreger 
rheumatischer Erkrankungen in mit Eiter gefüllten Mandelgruben seinen 
Sitz hat; bei einer auftretenden Mandelentzündung kämen dann die 
Keime oder deren Toxine in den Kreislauf und machten einen rheu¬ 
matischen Anfall. Auch Eiteransammlungen in anderen Organen, 
z. B. kariösen Zähnen, könnten eine rheumatische Erkrankung auslösen. 
Man könne Rheumatismus ohne Salizyl oder ähnliche Präparate heilen 
durch Entfernung der Mandeln; man müsse sie jedoch völlig mit dem 
Conchotom beseitigen, weder Schlitzung der Lakunen noch die 
Tonsillotomie mit der Guillotine sei ausreichend. Auch frische Herz- i 
komplikationen bei Gelenkrheumatismus sollen günstig beeinflußt 
werden. Außer bei Rheumatismus wirke die Tonsillartherapie auch 
bei Nierenentzündungen. 

5. Curschmann weist auf die Bedeutung hin, welche die Ton- i 
sillen als Eingangspforte bei septischen Prozessen haben. Mancher 
Fall von sogen, kryptogenetischer Sepsis, gewisse Formen von 
Nephritis werden auf primäre Mandelerkrankungen zurückgeführt 
werden können. Ebenso bestätigt Curschmann den Zusammenhang 
von Tonsillitis und akutem Gelenkrheumatismus bezw. akuter Endo¬ 
karditis. Wenn auch ein solcher Zusammenhang noch nicht für alle 
Fälle feststeht, so rät Curschmann doch, die Mandeln genau zu 
inspizieren, insbesondere die oberen Pole der Mandeln nach Zurück¬ 
ziehen der Gaumenbögen zu betrachten und in Fällen, in welchen eine 
Erkrankung gefunden wird, die von Schichhold (vergl. lfd. No. 4) 
vorgeschlagene Therapie anzuwenden. 

6. Fran ck wendet sich gegen den Längsschnitt bei der Tracheotomie 
und befürwortet eine gerade Schnittführung. Die Vorteile sind nach 
ihm eine klare Topographie mit peinlicher Gefäßschonung ohne Ver¬ 
schiebung des Isthmus der Schilddrüse, ferner klafft die Tracheotomie¬ 
wunde spontan, ohne daß man, abgesehen vom Messer, Instrumente 
brauchte, ferner bekäme man eine primäre Heilung der Wunde mit 
Erhaltung des Trachealrohres und vor allen Dingen eine unsichtbare, 
nicht eingezogene Hautnarbe. 

7. v. Rim sch a berichtet zunächst über die Diagnose des 
Highmorshöhlenempyems. Es ist durchaus nicht nötig, daß Eiter im 
mittleren Nasengang nachgewiesen wird, man findet z. B. bei subjek¬ 
tiver Kakosmie, ja bei Nasen- und Ohrbeschwerden Kieferhöhlen¬ 
eiterungen. Deshalb wird man, nicht nur, wenn man Eiter unterhalb 
der mittleren Muschel findet, sondern auch bei unsicheren Symptomen 
eine Probepunktion der Höhle vom unteren Nasengang machen. 
Bläst man dann durch den Troikart Luft ein, so hört man bei einem 


Empyem Rasseln, Pfeifen oder Schnurren, je nach der Konsistenz 
des Sekretes. In diesem Falle spült man die Höhle aus. Auch bei 
Fehlen von Eiter im mittleren Nasengang müssen wir bei recidivierenden 
Polypen daselbst oder bei Anschwellung des vorderen Endes der 
mittleren Muschel an die Möglichkeit einer Oberkieferhöhleneiterung 
denken. 

Bezüglich der Therapie muß man zwischen akuten und chronischen 
Formen, ferner zwischen Empyemen, die von einer kranken Zahnwurzel 
ausgehen und solchen, die nach Infektionskrankheiten, besonders 
Influenza, entstehen, unterscheiden. Zahnempyeme heilen meist schon 
nach Entfernung des kranken Zahnes, fast immer aber nach einigen 
wenigen Spülungen. Akute Influenzaempyeme verlangen Bettruhe, 
man verordne Kompressen, leichte Diät, sorge für Stuhlentleerung, 
gebe gegen Schmerzen Phenacetin. Diese Maßnahmen genügen meist 
zur Heilung. Bei chronischen Zahnempyemen bohrt v. Rim sch a 
nach Extraktion des Zahnes die Alveole an (Cowpersche Methode) 
und spült die Höhle einige Zeit lang, zuerst mit gekochtem Wasser, 
später mit Borsäure. Ist die Zahnätiologie negativ, so empfiehlt der 
Autor sofort die Radikaloperation und zwar nach Luc-Caldwell in 
der Denkerschen Modifikation. Das Resultat war in allen seinen 
Fällen befriedigend, meist sogar recht gut. 

8. Hart mann hat in Berlin schon vor 7 Jahren mit Unterstützung 
der städtischen Behörden eine Schwerhörigenschule ins Leben gerufen. 
Z. Zt. bestehen schon 17 derartige Klassen in Berlin. Die Einrichtung 
hat sich recht gut bewährt. Jeder Lehrer, der das Examen für den 
Taubstummenunterricht abgelegt haben muß, erhält nicht mehr als 
10 Schüler. Die Aufnahme wird in der Weise veranlaßt, daß die 
Rektoren der Volksschule diejenigen Kinder, welche wegen unge¬ 
nügenden Gehörs dem Normalunterricht nicht folgen können, auch 
solche Kinder, welche taub geworden sind, aber sprechen können, und 
solche, welche mit guten Hörresten nicht sprechen gelernt haben, 
zur ohrenärztlichen Untersuchung schicken. Hier konnte häufig durch 
Behandlung bestehender Mittelohreiterungen, adenoider Wucherungen, 
von Katarrhen durch Politzern eine derartige Hebung des Hörver¬ 
mögens erzielt werden, daß die Kinder am Normalunterricht weiter 
mit Erfolg teilnehmen konnten. Was den Grad der Schwerhörigkeit 
betrifft meint Hart mann, daß im allgemeinen Kinder, die auf beiden 
Ohren Flüstersprache nur auf 0,5 m und darunter hören, in die Sclnver- 
hörigenklasse aufzunehmen sind. In der Schwerhörigenschule muß 
besonders auch das Absehen vom Munde geübt werden, ferner müssen 
bei mangelhafter Sprache Artikulationsübungen angestellt werden. 

Die Schwerhörigenschule hat bisher schon segensreiches geleistet, 
viele Kinder, die in der Normalschule wegen ihres mangelhaften 
Gehörs für schwachsinnig gehalten wurden, stellten sich in der Schwer¬ 
hörigenschule als gut begabt heraus und machten schnelle Fortschritte. 

9. Bei heftigen Ohrschmerzen gibt Hart mann zunächst Ein¬ 
träufelungen von 10 'Voigem Karbolglyzerin, welches häufig imstande 
ist, die Entzündung zu coupieren. Auch warme Ohrbäder mit Salz¬ 
wasser, Kamilleninfus, Oel, Prießnitz’sche Umschläge oder Kataplasmen 
wirken schmerzstillend. Innerlich verordnet der Autor Aspirin oder 
salizylsaures Natron; bei Nasen- und Rachenkatarrh läßt er 2—3mal 
einen 1—2%igen Kokainspray anwenden. Nach Paracentese oder Spon¬ 
tandurchbruch soll der Gehörgang mit einem sterilen Gazestreifen 
locker gefüllt und ein steriler Ohrverband gemacht werden, erst am 
3.—4. Tage soll das Ohr durch Ausspritzen mit Borsäure oder Wasser¬ 
stoffsuperoxyd gereinigt werden. Die Paracentese rät Hartmann zu 
machen bei hochgradigem Fieber, heftigen Schmerzen, stärkerer Vor¬ 
wölbung des Trommelfells, wenn Karbolglyzerin, Umschläge und Aspirin 
nicht geholfen haben. Bleiben die Schmerzen trotzdem bestehen, so 
rät Hart mann zur Eisapplikation auf dem Warzenfortsatz. Zitzen¬ 
bildungen am Trommelfell müssen abgetragen oder gespalten, Granu¬ 
lationen durch Betupfen mit Chromsäure geätzt werden. 

Nasenrachenkatarrhe, Polypen, adenoide Wucherungen, hypertrophische 
Enden der unteren Muscheln sollen entfernt werden. Die Luftdouche 
darf erst angewendet werden, wenn die Schmerzen verschwunden und 
die Entzündungserscheinungen im Rückgänge sind. Bei Fortbestehen 
profuser Eiterung trotz Paracentese, von Schmerzhaftigkeit und ent¬ 
zündlicher Schwellung des Warzenfortsatzes soll derselbe aufgemeißelt 
werden, ebenso bei Durchbruch des Eiters auf die Schuppen oder die 
innere Fläche des Warzenfortsatzes oder bei Labyrinthentzündung. 
Sinusthrombose, Hirnabszesse müssen entsprechend behandelt werden. 
Nach Ablauf der Entzündung muß versucht werden, das Gehör durch 
Politzern oder Katheterismus zu bessern. 

10. Die Schmerzempfindungen im Bereiche des Gehörorgans teilt 
Urbantschitsch ein in Entzündungsschinerz, Irradiationsotalgie, neu¬ 
rotische Otalgie und traumatischen Schmerz. 

Entzündungsschmerzen findet man bei allen Formen der Ent¬ 
zündung des äußeren | Ohres, bei Komedonen, phlegmonöser 



Nr. 16. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


253 


Entzündung, Herpes, auch bei Carcinom: therapeutisch sind wirksam Um¬ 
schläge mit Burow’scher Lösung, Bleiwasser oder 70%igem Alkohol. 
Bei Erfrierung verordnet der Autor zunächst Abreibungen mit Schnee, 
später Bestreichen mit Jodtinktur oder Jodkollodium, bei Neigungen zu 
Recidiven Massage mit Jod Menthol - oder Kampfersalben. Die 
durch Insektenstiche hervorgerufene Dermatitis traumatica behandelt er 
mit Salmiakgeist. 

Schmerzen im Gehörgang treten besonders bei der Otitis externa 
auf, die Urbantschitsch mit Tampons behandelt, welche stündlich 
mit 4 5 Tropfen 70 %igen Alkohols befeuchtet werden. Darüber 
können Umschläge gemacht werden. Reife Furunkel sind zu incidieren. 

Bei Schmerzen infolge Trommelfellentzündungen gebraucht der 
Autor Lösungen von Kokain (3 5%) Thigenolglyzerin (4 : 20), 5°/q Kar¬ 
bolglyzerin, welche vorher auf Körpertemperatur zu erwärmen sind. 
Dieselben Mittel sind neben Umschlägen bei Schmerzen in Folge von 
Mittelohrentzündungen anzuwenden; das beste Mittel bei hochgradigen 
Schmerzen ist die Paracentese. Ist der Warzenfortsatz beteiligt, so wirken 
schmerzstillend kühle Umschläge oder Einreibungen von Credescher 
Silbersalbe, sowie Blutegel. Lassen die Schmerzen nicht nach, so 
kommt die Aufmeißelung in Frage. Sind chronisch eitrige Entzün¬ 
dungsprozesse im Mittelohr mit Schmerzen verbunden, so ist meist die 
Operation die einzige Therapie. 

Für die Ohrschmerzen, die von anderen kranken Organen irradi- 
ciert werden, kommt zunächst die dentale Otalgie in Betracht. 

Caries der unteren Backenzähne löst häufig Otalgien aus, auch 
von gefüllten Zähnen können infolge thermischer Insulte Ohrschmerzen 
ausgehen. Nicht immer läßt sich die Zahnkrankheit sofort nachweisen, 
Untersuchung mit Röntgenstrahlen bezw. mit dem Induktionsstrom 
wird meist die Diagnose stellen lassen. Andere Irradiationsotalgien 
kommen vor bei akuten Entzündungen der Gaumentonsillen und der 
Rachenmandel, bei Brechungsanomalieen des Auges, bei Glaukom, bei 
Ulcerationen im Rachen und Kehlkopf, bei Zungenkrebs, Entzündun¬ 
gen des Kiefergelenkes etc, besonders bei Kehlkopftuberkulose. 

Unter neurotischer Otalgie versteht Urbantschitsch Ohr- 
schnierzen infolge Irritation eines das Ohr versorgenden Nerven. Bei 
derartigen Neuralgien muß man nach Konstitutionskrankheiten, (Anämie, 
Chlorose), Infektionskrankheiten (Malaria) Intoxikationen durch Metall¬ 
gifte, Neurasthenie, Hysterie, Tabes, Diabetes, Gicht, Rheumatismus for¬ 
schen. Neben der Bekämpfung des Grundleidens ist der faradische 
Strom anzuwenden, auch Massage und Antineuralgica sind zweckmäßig. 
Zu den traumatischen Ohrschmerzen rechnen besonders auch die 
durch chirurgische Eingriffe bedingten, z. B. bei der Paracentese. Diesen 
Eingriff kann man durch Kokain-Karbolsäurelösung weniger schmerzhaft 
gestalten. Gehörgangsfurunkel kann man unter 10° ( o Kokainlösung 
mit Tonogenzusatz schmerzlos incidieren, bei periostalen Abszessen 
wendet man Aethylchlorid und Infiltration mit Schleichscher Lösung an. 
Auch Felsenbeinaufmeißelungen können mit Lokalanästhesie ausgeführt 
werden, jedoch nur wenn kein subperiostaler Abszess vorhanden ist. 

Bei traumatischem Ohrschmerz durch Insekten im Ohr müssen 
letztere durch Eingießen von Wasser oder Oel, durch Chloroform, 
Aetherdämpfe oder Tabaksrauch entfernt werden. 


Varia. 

Die primären, entzündlichen Erkrankungen des Nierenbeckens und 
ihre Behandlung. Von Mirabeau. Zentralblatt für die gesamte 
Therapie 1910, Nr. 2 p 57 ff. 

Bei Nierenerkrankungen ist es vor allem nötig, eine genaue 
Differenzialdiagnose zu stellen und die äthiologischen Momente fest¬ 
zustellen. Dies ist nach Einführung der neueren diagnostischen Hilfs¬ 
mittel, Cystoskopie, Röntgenstrahlen, Kryoskopie des Blutes usw., 
bedeutend erleichtert worden. 

Es wurde experimentell festgestellt, daß eine Niereninfektion 
durch Bakterien nur stattfindet, wenn eine lokale Schädigung hinzutritt. 

Erfahrungsgemäß ist für die Nierenbecken das schädigende Moment 
gewöhnlich die Behinderung des Urinabflusses. Bei Männern kommen 
meistens in betracht die Folgezustände der Gonorrhoe, bei Frauen 
Uterusverlagerungen (durch Tumoren, Schwangerschaft usw.). 

Andere schädigende Momente sind in Traumen, Steinen, Geschwülsten 
usw. zu suchen. 

Die Differenzialdiagnose hat von der Pyelitis im engeren Sinne 
streng zu trennen, ob die Niere selbst miterkrankt ist (Pyelonephritis). 

Als Symptome für die akute Pyelitis kommen in betracht: 

1. Die Allgemeinsymptome der Infektionskrankheiten. Charak¬ 
teristisch ist das Verhältnis zwischen Temperatur und Puls, indem 
sich die Pulshöhe in niedrigeren Grenzen hält, als der Temperatur 
entsprechen würde. 


2. Die Schmerzen neben der Wirbelsäule in der Gegend des 
M. quadratus lumborum. 

3. Die oft festzustellende Anschwellung (perkutorisch, palpatorisch, 
Uretherenkatheterismus). 

4. Die Urinuntersuchung: (Albuinen, Bakterien, Lymphocyten). 

5. Die (schon erwähnte) Harnstauung. 

Bei der chronischen Pyelitis handelt es sich meist um ascendierende 
Prozesse, die von infektiösen Blasenerkrankungen ausgehen. (Infektion 
durch Gonorrhoe, Fremdkörperreizung, zentrale Erkrankungen des 
Nierensystems.) Jedoch führt diese chronische Pyelitis meist zur 
Pyelonephritis. 

Die Behandlung der Pyelitis kann intern, lokal und operativ sein. 

Unter Bettruhe, reichlicher Flüssigkeitszufuhr, reizloser Diät gehen 
die Erscheinungen oft zurück. 

Medikamentös verwendet man gegen die Schmerzen Mörphium- 
injektion (IV 2 —2 eg) oder Suppositorien von Opium und Belladonns. 

Gegen die Bakterien: Keimtötende Mittel. 

Zur Schmerzlinderung kommen noch in betracht: Applikation von 
Kälte und Wärme in die Nierengegend. 

Zur Desinfektion der Harnwege eignet sich am besten Urotropin 
(Hexamethylentetramin). 

Nierenreizende Mittel (Balsame usw.) sind streng zu vermeiden, 
zur Diurese kommt nur verstärkte Flüssigkeitszufuhr (bis 51) in 
betracht (bei intakter Niere). 

Zur lokalen Behandlung kommt die Spülung des Nierenbeckens 
(durch Katheterismus) in betracht. Ferner alle Maßnahmen, welche 
die lokale Urinstauung beseitigen. 

In Fällen, wo auch der Uretherenkatheterismus versagt, muß die 
Behandlungsmethode eine operative sein (Pyelotomie). 

Die Pyelitis ist meistens einseitig. Kurt Lipschitz, Berlin. 

Phosphor, Lebertran und Sesamöl in der Therapie der Rachitis. 

Von Schabad. Zeitschrift für klinische Medizin 1910. Band 69, 
Heft V p. 435 ff. 

Phosphorlebertran bewirkt eine starke Kalkretention bei Rachitikern, 
ohne Einfluß auf den Kalkstoffwechsel gesnnder Kinder auszuüben. 
Hand in Hand damit geht Phosphorretention, sodaß die Patienten 
aus dem Stadium der blühenden Rachitis in den der Genesung versetzt 
werden'. Die Wirkung kommt durch das Zusammenwirken beider 
Bestandteile zu stände. Phosphor allein übt keine Wirkung aus, 
Lebertran allein vermehrt die Kalkretention, jedoch nicht in dem Grade 
wie die Kombination beider. Sesamöl, das als Ersatz von Lebertran 
empfohlen wurde, hat keinen Einfluß auf den Kalkstoffwechsel bei 
Rachitis. 

Der günstige Einfluß der Kombination aufj die Kalkretention ist 
nicht, wie Birk und Freund es behaupten, auf den Einfluß auf die 
Seifenbredung im Darm zurückzuführen. 

Gibt man aber eine Kombination von Lebertran und Phosphor¬ 
lebertran, so tritt gleichzeitig mit der Verbesserung der Kalkretentation 
auch Vermehrung der Phosphorretentation ein. Die Stickstoff- und 
Fettresorption wird entschieden gebessert. Kurt Lipschitz, Berlin. 

Höhenklima und Blutbildung. Von Marinz und Morawitz. 
Deutsches Archiv für klinische Medizin 1910. Band 98, Heft 4, p. 302. 

An sich selbst und an Versuchstieren stellen Verfasser fest, daß 
ein Einfluß des Höhenklimas auf die Blutbildung sicherlich vorhanden 
ist, daß aber eine bedeutende Zunahme der Blutkörperchen in kurzer 
Zeit nicht besteht. Ihre Resultate fassen sie in folgenden Worten 
zusammen: 

1. Steril aufgefangenes Menschenblut verbraucht unter normalen 
Verhältnissen nur sehr wenig Sauerstoff und zwar anscheinend ziemlich 
konstante Mengen. 

2. Merklich größer wird der Sauerstoffverbrauch nach mäßigen 
Aderlässen im Stadium verstärkter Blutbildung. 

3. Eine Erhebung um 3000 m bewirkt innerhalb von 10 Tagen 
keine merkliche Erhöhung des Sauerstoffverbrauches des Blutes. Die 
Blutbildung wird also wahrscheinlich durch eine solche Erhebung 
weniger angeregt, als durch Aderlässe von 300—400 ccm. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Ueber puerperale Osteomalakie. Von Vozabova, Prag. Me¬ 
dizinische Blätter 1910, Nr. 6. 

Bei der Osteomalakie (einer Krankheit der Knochen, Muskeln und 
Gelenke) ist Gravidität, Menses und Laktation erschwert. Die Therapie 
ist eine operative, diätetische, hydrotherapeutische und medizinale. 
Bei der internen Therapie verdienen die Adrenalineinspritzungen 
Bossis hervorragende Beachtung, das souveräne Mittel bleibt Fehlings 
Kastration. Auf Entstehung der Osteomalakie soll nicht nur Ovarium 
und Nebenniere, sondern auch die Schilddrüse, Pankreas und andere 
Organe Einfluß haben. Kurt Lipschitz, Berlin. 


/ERS 


VER 






254 THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. Nr. 16 


Zur Frage der intravenösen Narkose. Von Kiittner. Zentralblatt 
für Chirurgie, 1910, Nr. 7, p. 233 ff. 

Verfasser berichtet über 23 Fälle von intravenöser Narkose, die 
er nach den Angaben von Burkhardt (Münch, med. Wochenschr. 1909, 
Nr. 46) ausgeführt hat. Die glänzenden Vorteile dieser Narkose 
werden nach Küttners Anschauungen von der großen Gefahr nichtig 
gemacht, daß bei der intravenösen Narkose leicht sich ein Thrombus 
bilden kann. Kurt Lipschitz, Berlin. 

Manuelle Placentalösung. Von Peters. Zentralblatt für Gynä¬ 
kologie 1910, Nr. 7, p. 225 ff. 

Peters geht davon aus, daß in den Kliniken die manuelle Placenta¬ 
lösung durch Eingehen der Hand in die Vagina vorgenommen werden 
kann, da dort alle Maßnahmen einer gründlichen Asepsis getroffen 
werden können. 

Dem ist aber nicht so in der Privatpraxis, wo die Hände der 
praktischen Aerzte keinen Vergleich aushalten können mit klinisch 
desinfizierten Händen, wo häufig der Arzt erst zugezogen wird, wenn 
die Hebamme mit nicht einwandfreien Fingern vielleicht schon häufig 
untersucht hat usw. 

Peters empfiehlt darum für die Privatpraxis, nach der Infektion 
der äußeren Genitalien die Portio vor die Vulva herabzuziehen und 
dann die Placenta auszuräumen. Ein mehrmaliges Eingehen mit der 
Hand müsse, wenn irgend möglich, vermieden werden. 

Zu beachten ist auch die Gefahr der Luftembolie. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 


Technische Neuerscheinungen. 


Ein neuer Blutdruckmeßapparat. 

Von Dr. Selig (Franzensbad). 

Die Forderungen an ein praktischen Zwecken dienendes 
Instrument sind: Richtige Wertangaben, leichte Transportier- 
barkeit, stete Oebrauchsfertigkeit, Billigkeit. Das Basch’sche 
Sphygmomanometer hat den Nachteil, daß die Gummi- 
pelotte eine sehr kurze Lebensdauer besitzt, das Taschen¬ 
sphygmomanometer von Sahli ist leicht transportabel, 
muß aber vor dem Gebrauch erst zusammengestellt werden, 
der Blutdruckapparat von Riva Rocci ist gegenwärtig der 
vollkommenste, doch nicht leicht transportabel und etwas 
kostspielig. Nach demselben Prinzip ist auch der Apparat 
von Haak und jener von Stille. Während allen diesen 
Apparaten das palpatorische Prinzip zugrunde liegt, wird 
bei dem Tonometer von Gärtner das Wiedererröten der 
vorher anämisierten Fingerbeere als Kriterium angesehen. 
Diesem sehr verbreiteten Instrumente haften mehrfache 
Fehler an. Einmal sind die Blutdruckverhältnisse in den 
einzelnen Arteriae digitalis verschieden, sodaß bisweilen 
jeder Finger andere Werte angibt, außerdem spielt das Ver¬ 
hältnis von pneumatischem Ring zur Fingerdicke eine große 
Rolle. Hochgradig anämische, ödematöse, schwielig verdickte, 
angiospastische und paralytische Finger sind von der Messung 
ausgeschlossen. Nach gleichem Prinzip hat auch Verdin 


einen Apparat angegeben. Der Apparat von Herz ist 
minimal groß, doch für richtige Messungen unzulänglich. 

Prof. Raudnitz hat Vorjahren einen Apparat allerdings 
nur für Bestimmungen der Schmerzempfindlichkeit usw. als 
allgemeines Tonometer angegeben. Das Prinzip, welches 
diesem Apparate zugrunde liegt, ist jenes der Gewichtsbe¬ 
lastung, welche von Kries 1875, Waldenburg 1880 ver¬ 
wendet wurde. Bei unserem Apparate wird der Druck 
durch Kompression einer Spiralfeder bewirkt, welche auf 
einer Skala mittels eines Zeigers den Wert in kg angibt. 
Dasselbe Prinzip ist bei der Federwage. Die Aichung der 
Skala erfolgte empirisch durch Gewichtsbelastung, wiewohl 
nach dem Hookschen Elastizitätsgesetz die elastischen 
Deformitäten den sie erzeugenden Kraftmomenten direkt 
proportional sind. Die Feder behält auch nach langem 
Gebrauche ihre Elastizität, da die Elastizitätsgrenze keines¬ 
falls überschritten wird. M. Bloch in Paris hat 1888 einen 
ähnlichen Apparat konstruiert, doch ist derselbe ganz in 
| Vergessenheit geraten. Auf rechnerischem Wege ist es 
leicht möglich, unsere Werte in mm Hg auszudrücken. 
Denn 1 kg Druck entspricht einer Quecksilbersäule von 
76 cm pro 1 qcm. Die Pelotte hat eine Oberfläche von 
1,646 qcm. 

Vergleiche mit dem Apparate von Riva Rocci zeigen 
indessen keine Uebereinstimmung der Quecksilberwerte, da 
die Methode der Blutdruckmessung beim Riva Rocci’schen 
Apparate durch eine zirkuläre Kompression des Oberarmes, 
bei unserem Instrumente durch einen Druck in vertikaler 
Richtung erfolgt. Dennoch läßt sich aus den Vergleichs¬ 
werten mit dem Riva-Rocci'schen Apparate sagen, daß Werte 
von 0,5—0,8 kg einem niedrigen Blutdruck (80— 90 mm Hg 
nach Riva Rocci), solche von 0,8—1,2 kg einem normalen 
Blutdruck (110 mm Hg Riva Rocci) und solche über 
1,2 kg einem erhöhten Blutdruck entsprechen. 

Die Messung erfolgt an der Radialis durch Kompression 
der Feder bis zum Verschwinden des Pulses bei peripher 
vom Apparate palpierendem Finger. Bei Ueberdruck durch 
Nachlassen der Feder bis zum Einschließen des Pulses. 
Die Vorteile des Instrumentes sind: Unnachgibiges Material, 
stete Gebrauchsfertigkeit, minimalste Größe und Billigkeit. 
Zu beziehen von Hammermüller, Mechaniker am deutschen 
physikalischen Universitäts-Institute Prag, Preis 10 K. 

(Fortschritte der Medizin 1910, Nr. 10.) 

_ Rosen. 

Inhalationsapparat mit Kühler und Kondens- 
wasserverhütung. 

Von Dr. med. Bruno Alexander (Bad Reichenhall). 

Musterschutznummer: 367 055. 

Der Apparat besteht aus dem gewöhnlichen Dampf¬ 
erzeuger und Zerstäuber nach Siegle. Zur Abkühlung des 
Dampfes ist das Inhalationsrohr durch einen kleinen Kasten 
geführt, in welchen Eis und Wasser gebracht wird. Die 
Bildung von Kondenswasser am Ende des Inhalationsrohrs 


Kathreiners Malzkaffee 

entfaltet keinerlei Nebenwirkungen, ist wohl¬ 
schmeckend und billig. 













THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


sorgen. Insbesondere liegt die Reinigung in den Schulen zum Teil 
noch schwer im Argen. Daß gerade die Kinder außerordentlich viel 
Schmutz und Staub hineinbringen ist natürlich, sie wirbeln denselben 
aber auch vielmehr durcheinander wegen ihrer Lebhaftigkeit. Die 
Reinigung ist im allgemeinen nicht genügend unsere Kasernen 
werden viel besser gereinigt. Die Städte müßten zur Reinigung der 
Schulen große Staubsaugeapparate haben. Ferner käme noch be¬ 
sonders in einem nassen Winter in Betracht, daß die Kinder nicht 
mit nassen Füßen den Unterricht verbringen. So ist uns ein Fall be¬ 
kannt, wo wir in einer Stadt mit schlechtem Reinigungswesen, jeden 
Morgen die Schulkinder durch Pfützen gehen sahen. Den Kindern 
der Armen könnten in diesen Fällen Strümpfe und Pantoffeln für die 
Schulzeit gewährt werden. Wir können vorerst die Tätigkeit der 
Schulärzte mehr als eine prophylaktische auffassen; gerade auf diesem 
Gebiete warten ihrer viele Aufgaben, die schließlich auch den Päda¬ 
gogen über manche Dinge die Augen öffnen werden. 


ist dadurch verhütet, daß dieses Ende abgeschrägt ist. Die 
schnabelförmige Gestalt des Inhalationsrohrs ermöglicht die 
direkte Naseninhalation ohne einen besonderen Nasenansatz. 

Der Apparat wird vornehmlich zur Naseninhalation von 
physiologischer oder stärkerer Kochsalz-, Alsol- und Resorzin- 
iösung empfohlen. 

An wendungsweise: Die Anwendungsweise ist ohne 
weitere Beschreibung ersichtlich. Der Apparat steht auf 
einem Brett und muß durch Unterlagen so hoch gestellt 
werden, daß der Inhalierende bequem sitzen kann. Die 
Nase wird in das Rohr gehalten, sodaß der Schnabel des 
Rohrs dem Nasenrücken aufliegt und bei etwas zurückge¬ 
bogenem Kopf inhaliert. 

Wie bei allen Inhalationsapparaten ist auf gut passende 
Winkel und sorgfältige Reinigung und Abtrocknen des 
Apparates zu achten. Die Winkel sind durch jedes 
Instrumentengeschäft zu ersetzen. 

Preis: 20 Mark. 

Firma: H. Schenkolewski, Berlin W., Hohenstaufenstr. 44. 

(Medizinische Klinik 1010, Nr. 10.) 

Rosen. 


ln der Sitzung des n.-ö. Landtages vom 18. d. M. sprach Abge- 
geordneter Kranister über den Aerztemangel auf dem flachen 
Lande. Er führte aus: „Der Staat müsse die Aerzte in solchen Ge¬ 
meinden, wo sie nicht leben können, ordentlich subventionieren, damit 
sie standesgemäß leben können. Bei schweren Geburten sei in der 
Regel kein Arzt anwesend, und es komme vor, daß, da die Aerzte der 
Umgebung mit Arbeit überbürdet und selten zu Hause anzutreffen seien, 
viele Gebärende sterben müssen. Er richte an den Landesausschuß 
und den Statthalter, der die ärmlichen Verhältnisse im Waldviertel 
genau kenne, die Bitte, zu trachten, daß in diesen Gegenden die Aerzte 
eine entsprechende Subvention erhalten.“ 


Allgemeines 


Die Stadt Chemnitz will nach dem R. M. Anzeiger dem Beispiel 
anderer Städte folgen und ebenfalls Schulärzte im Hauptamte an¬ 
stellen. Bisher waren für etwa 42000 Volksschulen in 34 Schulen 
17 Schulärzte nebenamtlich beschäftigt. Vom 1. April d. J. an werden 
drei Schulärzte von Seiten der Stadt angestellt, die unter Verzicht auf 
jede Privatpraxis ihre ganze Zeit und Kraft der Schule widmen sollen. 
Die Korrespondenz der deutschen Lehrervereine bemerkt hierzu, daß 
eine derartige Sache nur halb sei, solange man sich auf die bloße 
Beobachtung und Untersuchung der Schüler beschränkt. Mit der 
schulärztlichen Kontrolle allein sei der Gesundheit der zu kontrollierenden 
Kinder noch nicht gedient. Sie verlangt, daß den Kindern nach der 
schulärztlichen Kontrolltätigkeit unentgeltliche Behandlung zuteil wird. 
Es geht aus der Mitteilung nicht klar hervor, ob die genannte Korre¬ 
spondenz meint, daß die drei Schulärzte selbst die Behandlung über¬ 
nehmen sollen, was sich wohl durch die Zeit verbieten würde, oder 
ob die betreffenden Kinder zwangsweise der Armenbehandlung anheim¬ 
fallen sollen. Es ist nicht recht ersichtlich, wie sich die Korrespondenz 
der deutschen Lehrervereine die Durchführung denkt. Jedenfalls ist 
zu wünschen, daß vorerst alle Städte Schulärzte anstellen, die eine 
Ueberwachung der Schulkinder und der Hygiene in den Schulen be¬ 


Auch in Oesterreich sollen jetzt Schulärzte angestellt werden 
und zwar in Wien vorläufig probeweise in einem Gemeindebezirke. 
Auf je 1500—2ü00 Kinder soll ein Schularzt entfallen. Der Schularzt 
wird alle Schulrekruten einer Untersuchung zu unterziehen haben, 
wobei die Sinnesorgane besonders berücksichtigt werden sollen. Zwei¬ 
mal monatlich wird eine Amtsstunde abgehalten werden, um den 
Lehrern und Angehörigen der Kinder Auskünfte und Ratschläge zu 
erteilen. Eine Behandlung der Schulkinder findet nicht statt, die 
kranken Kinder sind an die Aerzte der betreffenden Familien zu 
weisen. Nur jene Kinder, die schon derzeit in amtsärztlicher Behand¬ 
lung stehen, werden weiterhin den Amtsärzten überwiesen. Die Schul¬ 
ärzte haben über ihre Erfahrungen wissenschaftliche Berichte zu er¬ 
statten. 


Honoraranspruch bei Versäumnis einer verabredeten Kon¬ 
sultation seitens des Patienten. Urteil des Amtsgerichts Hamburg 
(V. Zivilabteilung) vom 22. Juni 1909. („Zeitschrift für Med.-Beamte“ 
Nr. 24, 1909.) 


Der Wert unserer geruchfreien, reizlosen Pittylen-Präparate 
ist überall schnell erkannt worden, und ihre Verwendung in der Haut- 







256 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 16 


Kläger beansprucht 10 Mark, weil die Ehefrau des Beklagten mit 
ihm eine „Konsultation“ für eine bestimmte Tagesstunde vereinbart 
habe, aber nicht erschienen sei. Es handelt sich zweifellos um einen 
Dienstvertrag. Mit der vereinbarten Konsultation ist offenbar gemeint, 
daß Kläger sich verpflichtet hat, zu einer bestimmten Zeit seine Dienste 
als Zahnarzt zu leisten. Unstreitig ist die Ehefrau des Beklagten mit 
der Annahme der Dienste in Verzug geraten. Kläger kann nach 
B. G. B. § 115 für die ihr geleisteten Dienste eine Vergütung bean¬ 
spruchen. Er muß sich jedoch dasjenige einrechnen lassen, was er 
infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart, oder durch ander¬ 
weitige Verwendung seiner Dienste erworben hat. Es war Sache des 
Beklagten, einen solchen Abzug nachzuweisen. Dieser Beweis ist 
nicht angetreten. Wird berücksichtigt, daß Kläger sich eine Stunde 
für die Ehefrau des Beklagten frei gehalten hat, erscheint mit Rück¬ 
sicht auf den Umfang seiner Praxis eine Vergütung von 10 Mark an¬ 
gemessen. Die Gesamtkosten trägt der Beklagte. 


Vorbeugung und Behandlung der Krankheiten im Kindes¬ 
alter einschließlich des Säuglingsalters. Der vom Zentralkomitee 
für das ärztliche Fortbildungswesen in Preußen in Prof. Dr. 
H. Neumann’s Kinderhaus, Blumenstr. 78 vom 30. Mai bis 18. Juni 
veranstaltete Kurszyklus umfaßt den nachstehenden Arbeitsplan: 
Dienstag, den 31. Mai: Dr. Salomon: Aeußere Augenkrankheiten, 
Dr. E. Oberwarth: Natürliche Ernährung (einschließlich der Ernährung 
durch Ammen). Donnerstag, den 2. Juni: Dr. S. Kalischer: Organische 
Nervenkrankheiten, Dr. E. Oberwarth: Ernährungsstörungen des 
Brustkindes. Sonnabend, den 4. Juni: Dr. H. Maaß: Chirurgische 
Tuberkulose, Dr. Orgler: Exsudative Diathese und Tuberkulose. 
Montag, den 6. Juni: Dr. Schwerin: Ohreiterungen im Kindesalter, 
Dr. Orgler: Krankheiten der Niere. Mittwoch, den 8. Juni: Dr. 
P. Friedberg: Diagnose und häusliche Behandlung der Skoliose. 
Freitag, den 10. Juni: Dr. Schwerin: Erkrankung des Nasenrachen¬ 
raums, Dr. Orgler: Herzkrankheiten. Dienstag, den 14. Juni: Dr. 
Salomon: Refraktionsanomalien, Verschiedenes, Dr. Japha: Syphilis. 


Donnerstag, den 16. Juni: Dr. Kalischer: Funktioneile Nervenkrank¬ 
heiten, Dr. Japha: Ernährungsstörungen des Säuglings. Sonnabend, 
den 18. Juni: Dr. H. Maaß: Angeborene und erworbene Verkrümmungen, 
Dr. Japha: Rachitis und Säuglingskrämpfe. Meldungen für den Kurs¬ 
zyklus, der nur Aerzten zugängig ist, sind zu richten an das Bureau 
des Kaiserin Friedrich-Hauses, Berlin, N.W. 6, Luisenplatz 2-4. 

Oberbürgermeister am Ende- Dresden teilte in derDeutschen 
Gesellschaft für Volksbäder folgendes mit: Es wurden in Deutsch¬ 
land im Jahre 1908 2847 öffentliche Warmbadeanstalten gezählt; 
das ist — nach der Bevölkerungsziffer von 1905 berechnet - eine 
Badeanstalt auf ca. 21 000 Personen. In diesen 2847 Anstalten waren 
insgesamt 18 996 Badewannen, 11111 Brausen und 232 Schwimmbassins 
vorhanden. Am günstigsten lagen die Verhältnisse in Bremen (auf 
100 000 Einwohner berechnet 1,1 Schwimmbassin, 88,4 Badewannen, 
46,3 Brausen); in Anhalt (50,0 Badewannen, 31,0 Brausen); dann 
folgen Baden, Württemberg, Sachsen. In Oldenburg ist am wenigsten 
in dieser Hinsicht geschehen. Hiernach leben nicht viel mehr als 
zwei Fünftel aller Einwohner des Reiches in Orten mit 
öffentlichen Warmbadeanstalten, von 1000 Einwohnern nur 
425, in Preußen nur 420, in Baden nur 414, in Württemberg nur 
389, in Bayern nur 342. Am günstigsten liegen die Verhältnisse im 
Königreich Sachsen mit 600 auf 1000. Nach der Volkszählung vom 
Jahre 1905 hat sich ergeben, daß von den mehr als 3000 Einwohnern 
zählenden Gemeinden 1092 mit einer Gesamtbevölkerung von 
6 507 969 überhaupt keine öffentlichen Warmbadeanstalten besitzen. 


Bei Dermatosen (Seborrhoe, Pruritus et& 



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Verantwortlich: Für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35. Für „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski, Berlin-Rixdorf. 
Verlag: Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9. — Druck: Alliance, Druckerei- & Verlags-Gentrale, G. m. b. H., Berlin O. 17, WarschauerstrafJe 34/36. 










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von Prof. Dr. W. Stoeckel. 

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von Dr. med. C. S. Engel. 

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herausgegeben von Prof. Dr. A. Hoche. 

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(Berlin), H. Salomon (Frankfurt a. M.), Ad. Sch m idt (Halle), 
Fr. Steinitz (Breslau), H. Strauss (Berlin), W. Weintraud 
(Wiesbaden) herausgegeben von Carl von Noorden. 
Zweite Auflage, gr.8. I. Band. 1906. 26M. II. Band. 1907. 24 M. 

Stoffwechsel und Stoffwechselkrankheiten. 

Einführung in das Studium der Physiologie und Pathologie des 
Stoffwechsels für Aerzte und Studierende 
von Professor Dr. Paul Friedr. Richter. 

1906. gr. 8. 8 M. 

Die experimentelle Diagnostik, Serumtherapie 
und Prophylaxe der Infektionskrankheiten 

von Stabsarzt Prof. Dr. E. Marx. 

Zweite Auflage. 8. Mit 2 Tafeln. 1907. 8 M. 
(Bibliothek v. Coler-v. Schjerning, XI. Bd. 2. Auf).) 

Deszendenz und Pathologie. 

Vergleichend-biologische Studien und Gedanken 
von Geh.-Rat Prof. Dr. D. von Hansemann. 

1909. gr. 8. 11M. 


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Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 


Redaktion: 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 
Telephon: Amt VI, 17271. 


Verlag und Expedition 

Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. Berlin, 24. April 1910. Nr. 17. 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30'Pf. Zu beziehen durch 
den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluß abbestellt sind. Inserate werden für die 
4 gespaltene Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per Tausend 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt: 


Originalien: 

A. Welsh, Sidney: Neue Beobachtungen über Krebs und 

Geschwulstwachstum (Schluß) ..257 

Lenne, Neuenahr: Zur Behandlung des frischen Magen¬ 
geschwürs .262 

O. Schenker, Berlin: Manuelle Behandlung und Atmungs¬ 
gymnastik bei Lungenemphysem und Asthma bronchiale . 262 

Referate: 

O. Fellner, Wien: Krankheiten und Schwangerschaft . . 263 

H. Lehr, Stuttgart: Orthopädie.265 

L. Lipmann-Wulf, Berlin: Urologie.266 


Grum ach, Berlin: Hautkrankheiten.268 

M. Peltzer, Steglitz: Militär-Sanitätswesen.269 

Kurt Lipschitz, Berlin: Varia.269 

Technische Neuerscheinungen: 

H. Trautmann: Ueber Pasteurisierung von Säuglingsmilch 270 

Dr. Henschel’slnhalator..* . . . . 271 

Bücherbesprechungen: 

Jahrbuch der Schlesischen Bäder, Heil-, Pflege- und Kur¬ 
anstalten mit Anschluß von Oesterreich-Schlesien u. Böhmen 271 

Allgemeines.271 


ORIGINALIEN. 

Neue Beobachtungen über Krebs und 
Geschwulstwachstum.*) 

Von A. Welsh, Prof. d. Pathologie an der Universität zu Sidney. 

(Schluß.) 

Die neue Generation — neoplastisch und embryonal 
zugleich — wächst unabhängig von den Bedürfnissen des 
elterlichen Organismus, doch ist sie zu gleicher Zeit, hin¬ 
sichtlich der Ernährung, völlig abhängig vom elterlichen 
Organismus. Hinsichtlich der wechselseitigen Abhängigkeit 
und Unabhängigkeit kann kein Unterschied zwischen der 
Neubildung eines Tumors und der Neubildung eines Säuge¬ 
tierembryo aufgestellt werden. Der grundsätzliche Unter¬ 
schied zwischen diesen beiden Typen der Neubildung liegt 
darin, daß das Wachstum des Embryos und seiner Hüllen 
in geregelter Ordnung sich vollzieht, im Gegensatz zum 
unregelmäßigen, ohne Ordnung erfolgenden Wachstum des 
Tumors. Für diesen Unterschied ist bisher eine Erklärung 
nicht gegeben worden. Der Ursprung eines Krebses aus 
der Vereinigung von Zellen würde hinreichend seine Unab¬ 
hängigkeit im oben definierten Sinne erklären, doch 
nicht geeignet sein, seine Autonomie zu erklären. Ein neuer 
Organismus mit ihm eigentümlichen Wachstumsgesetzen 
ist ein unbekanntes Wesen in der ganzen Reihe der nor¬ 
malen biologischen Entwicklung. Jede neue Generation 
unterliegt aufs strengste den Wachstumsgesetzen, unter 
denen die Vorfahren gebildet sind, mit Ausnahme von nur 
wenigen geringen Schwankungen. Indes in der Entwicklung 
eines Krebses finden wir ohne Vorgang die Erscheinung, 
daß eine neue Generation von Zellen unabhängig und oft 
abweichend von den Gesetzen wächst, welche das Wachs¬ 
tum des elterlichen Gewebes regelt. 

Neue biologische Beobachtungen haben auf eine Einheit 
der lebenden Materie über die Zelle, über die Chromosomen 
hinaus hingewiesen — und diese Einheit stellt das Chro- 

The Scottish medical and surgical journal 1906, June. Deutsch von 
Dr. v. Boltenstern-Berlin. 


matingranulum dar (Chromomere). Boveri und Brauer 
(erwähnt von Wilson) betrachten die Spaltung der Chro¬ 
mosomen als einen unabhängigen reproduktiven 'Akt des 
Chromatins. „Nach meiner Meinung“, sagt Brauer, „sind 
die Chromosomen nicht unabhängige Individuen, sondern 
nur Gruppen von zahlreichen kleinen Chromatingranula, 
welche allein den Wert von Individuen haben“; und Wilson 
stimmt dieser Meinung bei mit den Worten: „Diese Beob¬ 
achtungen leihen sicherlich der Ansicht eine wesentliche 
Stütze, daß das Chromatin als morphologisches Aggregat 
zu betrachten ist — als Anhäufung oder Kolonie von sich 
selbst fortpflanzenden Ernährungsorganismen, welche 
der Assimilation, des Wachstums und der Teilung fähig 
sind.“ Das Chromatin bildet die vererbte Grundlage, 
durch welche die Vorgänge des Wachstums und der 
Differenzierung gemeistert werden, von welcher sie den 
spezifischen Stempel der Rasse empfangen (E. B. Wilson); 
und die genaue Unterteilung des Chromatins in Mitosen 
wird gemeinhin als der Mechanismus betrachtet, durch 
welchen die genetische Kontinuität und der genetische Be¬ 
stand aufrecht erhalten wird. In der normalen Entwicklung 
des Embryos ist eine abnorme Mitose selten, während bei 
einer Neubildung und vorzüglich bei malignen Formen mit 
rapidem Wachstum pathologische Mitosen reichlich und in 
der Tat so häufig sein können, daß sie die wahre Natur 
der Kernteilung verdecken. Wenn ich auch völlig der An¬ 
sicht bin, daß die Bedeutung von Befruchtung und Mitose 
eine der schwierigsten Fragen der Biologie darstellt, so ist 
es doch nicht ungerechtfertigt, das geregelte Wachstum des 
embryonalen Gewebes mit der genauen Teilung der Chro- 
momeren und das ungeregelte Wachstum des Krebsgewebes 
mit den häufigen Unregelmäßigkeiten in der Chromatin¬ 
verteilung in Zusammenhang zu bringen. 

Soweit Mitosen beobachtet sind, zeigen sie in trans¬ 
plantierten Geschwülsten keine Abnormitäten, welche eine 
ungleiche Teilung des Chromatins gerade zu den Perioden 
gamogenetischer Tätigkeit verursachen könnten, und ferner 
die allmählich folgenden neuen Krebszellennester zeigen 
während der bis jetzt erreichten längsten Beobachtungszeit 
keine Abweichung von der Struktur des ursprünglichen 
Nestes und scheinen genau gleichen Wachstumsgesetzen 
unterworfen zu sein. Abweichung der Struktur in einem 
leichten Grade und Freiheit von ursprünglichen Wa hs- 
















258 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 17 


tumsbeschränkungen in einem höheren Grade hängen daher 
wahrscheinlich von der Ausdehnung der ungleichen Ver¬ 
teilung des bei der Entstehung der primären Generationen 
beteiligten Chromatins ab. 

Die Beziehung von Neubildung zum Altern 
des Gewebes. 

Die wohlbekannte Tatsache, daß die Neigung zu 
malignen Neubildungen mit dem Lauf der Jahre wächst, 
daß der Krebs im großen Ganzen eine Erkrankung des 
höheren Lebensalters ist, hat im Lichte der jüngsten 
Arbeiten eine neue Bedeutung erworben. Es wird in der 
Regel angegeben, daß Sarkome häufiger in jüngeren Lebens¬ 
jahren auftreten, Krebse dagegen häufiger in späteren. 
Es ist interessant zu bemerken, daß der jüngste statistische 
Bericht des Imperial Cancer Reaearch Fund darauf hinweist, 
paß Sarkome ebenso wie Krebse an Häufigkeit mit steigenden 
Lebensjahren zunehmen. Nach meiner eigenen Erfahrung 
bin ich von der Tatsache überzeugt, daß Krebse einen viel 
größeren Anteil unter den malignen Neubildungen bei jungen 
Leuten und gerade bei Kindern ausmachen als, allgemein 
angenommen wird. Es scheint daher, daß obwohl jeder 
der beiden Haupttypen der malignen Neubildungen im 
jugendlichen Alter Vorkommen kann, doch die Häufigkeit 
beider mit zunehmenden Jahren steigt. 

So oft diese Erscheinung untersucht worden ist, hat 
man gefunden, daß diese Zunahme nicht gleichmäßig fort¬ 
schreitet. Krebse des Magens z. B. treten auf und erreichen 
ein Maximum ihrer Häufigkeit viel früher als Hautkrebse. 
Uterus- und Mammakrebse sind häufiger in der Zeit des 
Klimakteriums als in den späteren Lebensjahren und Krebse 
des Chorionepitheliums folgen genau dem Auftreten dieses 
Epithels. Also weniger das Alter des Individuums, in 
welchem er auftritt, als das Alter des Gewebes, aus welchem 
er entsteht, bedingt das Maximum der Krebserkrankungen. 
Auch hinsichtlich des Gewebes ist es genau genommen 
nicht das Alter, sondern das Altern, welches einen wichtigen 
prädisponierenden Faktor darstellt. Gewebe scheinen für 
Neubildungen geneigt zu sein, wenn sie eine gewisse Reife 
erreicht haben und in die Phase der Dekadenz, der Invo¬ 
lution eintreten, und diese Phase wird in verschiedenen 
Geweben zu verschiedenen Lebensperioden des Organismus 
erfeicht. Ja, dasselbe Gewebe, z. B. Mamma, Uterus kann 
zu verschiedenen Perioden der Erkrankungszeit der ver¬ 
schiedenen Tiere erschöpft werden, und dem entsprechend 
schwankt die Zeit, in welcher sie vom Krebs befallen 
werden. Dies wird von Professor Woods Hutchinson 
betont, welcher in seinen „Studien der menschlichen und 
vergleichenden Pathologie“ die verhältnismäßige Häufigkeit 
der Brust- und Gebärmutterkrebse bei den niedrigen Tieren 
mit der Tatsache in Beziehung bringt, daß diese Organe 
fast bis zu Ende des Lebens aktiv funktionell bleiben. Mit 
anderen Worten, die niederen Tiere überleben diese Organe 
nicht in derselben relativen Ausdehnung, wie es das mensch¬ 
licheindividuumtut. Die Berichte des Imperial Cancer Research 
Fund beharren auch auf der Wichtigkeit der Altersgrenze 
in der Aetiologie des Krebses und betonen die Tatsache, 
daß die gleiche Beziehung des Krebses zur Dekadenz des I 
Gewebes beim Menschen und bei anderen Tieren besteht, 
obwohl bei letzten mit ihrer kürzeren Lebensdauer die 
Periode der relativen Immunität entsprechend verkürzt wird. 
Der weithin anerkannte Einfluß der Reizung und der 
Schädigung als prädisponierendes Moment beim Tumor¬ 
wachstum ist begreiflich und wahrscheinlich nur soweit 
wirksam, als er das Altern des Gewebes beschleunigt. 

Die verhältnismäßige Seltenheit von Neubildungen bei 
Tieren gegenüber den Menschen ist wahrscheinlich von 
verschiedenen Ursachen abhängig. Wenn ihre kurze Lebens¬ 
dauer die Periode der vergleichsweisen Immunität verkürzt, 
so begrenzt diese noch mehr die Periode des Maximums 
der Empfänglichkeit, und ich bin nicht der Ansicht, daß 


der Krebs bei kurzlebigen Tieren im Durchschnitt ein 
schnelleres Wachstum besitzt. Weitere Gründe für diesen 
Unterschied können in der Tatsache gefunden werden, daß 
die Gewohnheiten der Tiere nicht so häufig wie beim 
Menschen zum vorzeitigen Altern der Gewebe prädisponiert, 
und daß Organe, welche bei menschlichen Individuen viele 
Jahre vor dem natürlichen Lebensende einer Involution 
unterworfen sind, bei Tieren funktionstüchtig bis zum Ende 
verbleiben können. Und vorzüglich bei wilden Tieren unter 
natürlichen Bedingungen ist es sicher, daß sie entweder an 
Altersschwäche zugrunde gehen oder Hungers sterben. 
Der wichtigste Punkt ist nicht, daß Neubildungen weniger 
häufig bei Tieren als beim Menschen Vorkommen, sondern 
daß eine Betrachtung der Ursachen der verhältnismäßigen 
Seltenheit nur dazu dient, die Bedeutung des Alterns der 
Gewebe als einen Faktor für die Entscheidung von Neu¬ 
bildungen ins rechte Licht zu setzen. 

Aus dieser Beziehung des Zusammenhanges von Neo¬ 
plasmen mit der Altersgrenze der Gewebsaktivität, haben 
Bashford und seine Mitarbeiter eine beachtenswerte Beob¬ 
achtung hergeleitet. Das Tier, bei welchem Transplantation 
von Tumoren von einem Individuum auf das andere am 
erfolgreichsten ausgeführt ist, ist die Maus, deren natürliche 
Lebensgrenze drei Jahre ungefähr umfaßt. Innerhalb dieser 
kurzen Frist kondensieren sich die vitalen Tätigkeiten, 
welche beim Menschen mehr als ein halbes Jahrhundert in 
Anspruch nehmen können, und die Vorgänge werden ent¬ 
sprechend abgekürzt. So ist die Schwangerschaft bei der 
Maus in drei Wochen vollendet, während sie beim Menschen 
neun Monate umfaßt. Indes Neubildungen werden von der 
Maus über Generationen von anderen Mäusen über eine 
die mittlere Lebensdauer bei Mäusen weit überschreitende 
Periode verbreitet. Es war also natürlich, zu erforschen, 
wie die Neubildung dazu kommt, mit scheinbar unbegrenzter 
Wachstumskraft begabt zu sein, ohne von ihrer ursprüng¬ 
lichen Struktur abzuweichen. Eine systematische Unter¬ 
suchung solcher transplantierter Krebse führte zu der Ent¬ 
deckung, daß das Wachstum nicht beständig ist, sondern 
eine Unterbrechung erfährt, daß in periodischen Inter¬ 
vallen eine Zahl assoziativer Erscheinungen auftritt, ein¬ 
schließlich der heterotypen Mitosen und Kernver¬ 
einigungen. Das Einsetzen dieser Erscheinungen wird, wie 
ich wohl weiß, nicht auf das Alter des Tieres oder auf die 
Dauer des Tumorwachstums in ihm bezogen, sondern 
allein auf die Zahl der Zellgenerationen der Neubildung, 
welche seit den letzten vorangehenden heterotypen 
Mitosen aufgetreten sind, d. h. im strengsten Sinne des 
Wortes zum Alter der Neubildung. Gerade wie Mäuse 
nach wenigen Jahren ausgestorben sein würden, wenn 
nicht durch die Vereinigung von reproduktiven Zellen neue 
Individuen geschaffen würden, so wird eine Reifung von 
Gameten und ihre Verbindung zu bestimmten wieder¬ 
kehrenden Zeitintervallen ersichtlich wesentlich für die Aus¬ 
breitung des Krebses sein. Wenn dies bewiesen werden 
kann, so stellt es den striktesten Beweis zur Unterstützung 
der Hypothese dar, daß eine Neubildung im Wesen eine 
neue Generation von Zellen ist, welche nach der Art eines 
neuen Individuums der Spezies entsteht. Indes erheben 
sich frische Schwierigkeiten. 

Daß das Altern der Zellen der Neubildung der einzig 
richtige Faktor bei der Abgrenzung der ganzen Folge 
dieser Erscheinungen in transplantierten Tumoren sein soll, 
ist überaus beachtenswert. Betrachten wir einen Augenblick, 
was das besagt. Es ist hinreichend verständlich, daß redu¬ 
zierende Teilungen in nichtreproduktiven Geweben nicht not¬ 
wendigerweise bezeichnend für eine maligne Neubildung 
sind. Sie sind nicht nur in benignen Tumoren angetroffen, 
sondern auch in Gewebsproliferationen entzündlicher oder 
irritativer Natur. Zudem sind sie in gewissen Neubildungen 
von unleugbarer malignem Typus nicht beobachtet worden. 






Nr. 17. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


259 


Soweit'entfernt nun ihre Anwesenheit davon ist, ein Kriterium 
der Malignität zu sein, so ist es auch kein Kriterium für j 
eine Neubildung überhaupt, noch folgt unvermeidlich ihrem j 
Auftreten in einem Gewebe eine Geschwulstbildung. Alles,- 
was es bedeutet, ist, daß das Gewebe soweit für den Be¬ 
ginn einer Neubildung vorbereitet ist, daß gewisse seiner 
Zellen auf irgend eine Weise dahin gelangt sind, die Eigen¬ 
schaften von der Reifung unterworfenen reproduktiven 
Zellen zu erwerben. Gibt man also zu, daß das Altern 
des Gewebes, natürlich oder künstlich hervorgebracht, im¬ 
stande ist, für das Einsetzen von reduzierenden Teilungen 
entscheidend zu sein, so kann es bei der primären Geschwulst 
eines Krebses nimmermehr der einzige ätiologische Faktor 
sein, da ja nicht jedes veraltete Gewebe zu einer Neubildung 
Anlaß gibt, da ja auch, wenn Reifungsteilungen eintreten, 
das Gewebe nicht notwendig einer Neoplasie unterworfen zu 
werden braucht. Wahrscheinlich besteht der Nebenfaktor 
in einer gewissen Art von Zellverbindung, und diese 
wieder erfordert einen gewissen, nicht unveränderlich vor¬ 
handenen Reiz, auch wenn die Bedingungen, wie sie zum 
Altern von Gewebe und zur Reifung von Gameten not¬ 
wendig sind, erfüllt sind. 

Nicht alle Krebse können mit Erfolg transplantiert 
werden, aber wenn ich die Beobachtungen richtig deute, 
hängt eine erfolgreiche Transplantation nicht von der un¬ 
mittelbaren Einführung einer neuen Generation von Krebs¬ 
zellen in das neue Tier ab. Ich weiß sehr wohl, daß die 
anfängliche Proliferation einer transplantierten Geschwulst 
aus Zellgenerationen besteht, welche mit den vorhergehenden 
Zellgenerationen in innigstem Zusammenhang stehen, und 
daß, wenn einmal die Krebszellen begonnen haben in einem 
neuen Tier zu wachsen, sie nicht mehr aufhören, das 
Wachstum in diesem Tier fortzusetzen. Vermutlich also 
hat ein transplantierter Krebs niemals unterlassen, neue 
Generationen von Krebszellen zu erzeugen, wenn er sich 
auch der Altersgrenze für sein Wachstum nähert. Dann 
kann die Infektion eines neuen Tieres ausbleiben, aber er¬ 
sichtlich niemals die Ausbreitung einer neuen Zucht von 
Krebszellen, welches Alter oder Geschlecht auch immer 
oder welche anderen Bedingungen des Tieres vorliegen 
mögen, in welchem der Krebs wächst. Warum die Ent¬ 
stehung von sekundären Generationen im transplantierten 
Krebs von dem so seltenen Zusammentreffen von Be¬ 
dingungen abhängig sein sollte, welche für das Auftreten 
der primären Generation erforderlich sind, ist ein Problem, 
welches der Lösung harrt. 

Bei der Annahme, daß eine Neubildung aus einer 
neuen Zellgeneration besteht, ist es nicht leicht zu ver¬ 
stehen, warum sie so selten dem primären Auftreten von 
reduzierenden Teilungen in somatischen Geweben und so 
unvermeidlich der Wiederkehr der reduzierenden Teilungen 
in transplantierten Geschwülsten folgen sollte. Dahingegen 
schwindet die Schwierigkeit bei der Anschauung, daß eine 
Neubildung der Menge der reproduktiven (gametoiden) 
Gewebes ähnlich ist. Wenn einmal die primäre Differen¬ 
zierung aus somatischem zu reproduktivem (gametoidem) 
Gewebe geschehen ist, dann kann von der nachfolgenden 
Reifung des gametoiden Gewebes erwartet werden, daß es 
in periodischen Zwischenräumen in transplantierten Massen 
wiederkehrt, sei es nun in demselben oder in anderen In¬ 
dividuen, und die Seltenheit, daß Neubildungen als Resultat 
der primären Differenzierung eine Ausbreitung erfahren, 
bietet keine Schwierigkeit hinsichtlich der wohlbekannten 
und oft außerordentlichen Verschiedenheit der Zellvitalität. 

Professor Farmer und seine Mitarbeiter haben das 
Auftreten von somatischen Mitosen in den proliferierten 
Zellen des fortschreitenden Randes angeführt, aber, sie haben 
sie, da sie zweifellos ähnlich sich teilende Krebszellen auch 
anderswo beobachten würden, nicht als Abkömmlinge, 
sondern als Vorläufer der Zellen betrachtet, welche redu¬ 


zierenden Teilungen verfallen. Bis bewiesen ist, daß die 
Verbindung der Testierenden Kerne ein konstantes Phänomen 
in gewissen Stadien des Zellwachstum ist, ist es nicht 
möglich, darzutun, daß die somatisch sich teilenden Zellen 
die Produkte der Vereinigung von Gameten sind. Die von 
dem Imperial Research Fund zusammengetragenen Daten 
über das Auftreten wiederkehrender Reihen von Kernver¬ 
änderungen in transplantierten Mäuse-Tumoren ist gewisser¬ 
maßen ein Wahrscheinlichkeitsbeweisfür beide Anschauungen, 
denn die Hypothese des Krebsursprungs als neue Generation 
stimmt sicherlich mit anderen bekannten Tatsachen des 
Geschwulstwachstums überein. Es muß zudem zugegeben 
werden, daß die von Bashford und Murray als wirkliche 
Kernvereinigungen beschriebenen Erscheinungen auch anderer 
Deutung zugänglich sind, insbesondere als unvollendete, 
abnorme Teilungsformen oder als abortive Vereinigungen. 
Unzweifelhaft muß man weiter einwerfen, daß diese ver¬ 
meintlichen wirklichen Kernvereinigungen zwischen nicht 
nur in demselben Organismus, sondern sogar in demselben 
Gewebe gereiften Gameten Vorkommen — ein Umstand, 
welcher die Annahme einer phylogenetischen Umkehr er¬ 
fordert, wie sie in der Biologie keinerlei Parallele findet. 

Das gametogenetische Gewebe von Tieren gleicht einer 
Neubildung, insofern als seine Zellen in letzter Linie höchst 
unabhängige Individuen darstellen — unabhängig von den 
Bedürfnissen des Organismus und unabhängig untereinander. 
Zudem ist ihr Wachstum, da es nicht ungeregelt und ab¬ 
weichend wie beim Krebs ist, während der Periode der 
reproduktiven Tätigkeit unaufhörlich und wirklich unbegrenzt. 
Wenn eine ähnliche zweifache Unabhängigkeit und unbe¬ 
grenztes Wachstum auch nur für eine gewisse Zeit von 
einer Gruppe somatischer Zellen erworben werden würde, 
so würde das Produkt nicht gerade erheblich von einem 
Krebs mit begrenzter Lebensbedingung verschieden sein. 
Und wenn eingeworfen wird, daß das Leben eines Krebses, 
soweit wir wissen, unbegrenzt sein kann, so muß daran 
erinnert werden, daß ein Kranker eine Neubildung wohl 
überleben kann, und auch nicht selten die weniger bös¬ 
artigen, wahrscheinlich mit einem geringeren Maß von 
Vitalität ausgestatteten Formen überlebt. 

ln dieser Beziehung will ich nur anführen, daß ein 
hervorragender Biologe Professor E. B. Wilson sagt: „So 
weit wir es von einem unparteiischen Standpunkt aus 
überblicken können, liegt kein Grund vor, warum, Zufällig¬ 
keiten ausgeschlossen,Zellteilungauf Zellteilungnichtin unend¬ 
licher Folge im Laufe des Lebens folgen sollte. Es ist möglich, 
ja wahrscheinlich, daß dies wirklich bei gewissen einfachen 
niederen Formen des Lebens der Fall sein kann, wo eine 
Art sexualer Reproduktion nicht bekannt ist. ln der großen 
Mehrzahl der Lebensformen indes hat die Zellteilungs¬ 
reihe die Neigung, in Kreisen sich zu bewegen, in deren 
jedem die Teilungsenergie ein Ende erreicht und nur durch 
eine Beimischung lebender Materie, welche von anderen 
Zellen herstammt, wiederhergestellt wird (Befruchtung), und 
er bringt Beweise dafür, daß auch bei einzelligen Tieren, 
bei den Infusorien, die Wachstums- und Teilungsvorgänge 
früher oder später ihr Ende erreichen, indem ein natürliches 
Altern eintritt, welchem nur durch Konjugation entgegen¬ 
gearbeitet werden kann. Er schließt: „Daß Befruchtung in 
der Tat bei höheren Pflanzen und Tieren Teilung und 
Wachstum anregt, ist durch unzweifelhafte Beobachtung 
erwiesen. Wir wissen außerdem, daß bei Parthenogenesis 
das Ei sich ohne Befruchtung entwickeln kann, und wir 
wissen nicht, ob die Neigung zu altern, und das Bedürfnis 
der Befruchtung primäre Attribute der lebenden Materie 
sind.“ Möglicherweise findet man in diesen Stellen gewisser¬ 
maßen eine Unterstützung für jede der zur Erörterung 
stehenden Hypothesen. Nur muß man betonen, daß keine 
von ihren Autoren als etwas anderes betrachtet worden 
ist, wie ein Versuch, eine Hypothese zu schaffen, welche 






260 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 17 


man beiseite legt, wenn neue Entdeckungen ihre Unzu¬ 
länglichkeit dargetan haben, aber meistens gewissermaßen 
als koordinierte bekannte Tatsachen, als Führer für die 
zukünftige Forschung allgemein gebraucht werden. 

In dieser Beziehung möchte ich auch besonders die 
Tatsache betonen, daß die Zellen, welche in letzter Linie 
das reproduktive Gewebe darstellen, derselben Generation 
angehören, wie die, welche die embryonalen Hüllen (Thro- 
phoblast) und den Körper des tierischen Organismus bilden. 
Sie sind alle Abkömmlinge des befruchteten Eies, aus diesem 
hervorgegangen durch wiederholte mitotische Teilung und 
zeitweise voneinander nicht zu unterscheiden. Es geht 
vielleicht nicht zu weit, anzunehmen, daß Zellen, welche bei 
ihrer Entstehung in so intimer Beziehung stehen, soviel 
sie sich auch schließlich in ihrer Struktur und Funktion 
unterscheiden, gewisse gemeinsame Tendenzen behalten 
sollten, und insbesondere, daß gerade wie reproduktive 
Zellen, welche der Reifung entgegengehen, Vorbereitungen 
ganz spezieller Art für die Vereinigung mit anderen speziell 
vorbereiteten Zellen treffen, auch so eine gewisse Tendenz auf 
die nicht reproduktiven Zellen übergeht. Es ist nicht von 
der Hand zu weisen, daß ein solches gemeinsames Erbe 
nur dann zutage treten kann, wenn die anderen vitalen 
Tätigkeiten der Zellen aufzuhören anfangen, wenn der 
Beginn des Alterns das Bedürfnis für eine fernere Energie¬ 
erneuerung offenbart. Dies ist mit der Tatsache nicht 
unvereinbar, daß je höher die Differenzierung des Ursprungs¬ 
gewebes ist, desto beschränkter die Differenzierung der Ab¬ 
kömmlinge in der Form einer Neubildung oder auf andere 
Weise erfolgt. 

Das gelegentliche Vorkommen von heterotypen Mitosen 
in alternden Geweben, mit oder ohne nachfolgender Kon¬ 
jugation reifer Gameten, kann so als die Erfüllung eines 
Naturgesetzes betrachtet werden, als die letzte Realisierung 
einer latenten, während des größten Teils des Lebens der 
Zelle durch andere verdeckten inneren Kraft, an deren 
vitalen Energie zeitweise dringendere Anforderungen ge¬ 
stellt werden. Es ist nicht unmöglich, daß bewiesen wird, 
daß das Tumorwachstum eine natürliche Erscheinung ist, 
welche durch eine bestimmte Verkettung natürlicher Um¬ 
stände hervorgerufen wird, von denen eine das Altern des 
Gewebes ist, und daß Natur und Ursprung des Krebses 
im wesentlichen ein biologisches und nur nebenbei ein 
pathologisches Problem darstellt. 

Die Beziehung von chemischen Eigenschaften zum 
Tumorwachstum. 

Die engen Beziehungen chemischer Eigenschaften zu 
biologischen Prozessen ist auf das Treffendste von Loeb 
dargetan, dessen Ergebnisse durch Nachprüfungen in reichem 
Maße bestätigt worden sind. Als bewiesen ist anzunehmen, 
daß die Entwicklung und das Wachstum lebender Zellen 
gründlichst durch geringfügige chemische Veränderungen 
in ihrer Umgebung beeinflußt werden kann. Vielleicht be¬ 
trifft die bemerkenswerteste aller dieser Beobachtungen die 
Entwicklung der unbefruchteten Eier gewisser Echinodermen, 
besonders des Seeigels und des Seesterns. Bei diesen 
Tieren sind die Geschlechter getrennt und die Entwicklung 
eines neuen Individuums tritt natürlich nur durch die Ver¬ 
einigung zweier reifer in das Meerwasser hinabhängender 
Sexualzellen ein. Loeb war außerdem imstande, durch be¬ 
stimmte Aenderungen im Salzgehalt des Wassers das un¬ 
befruchtete Ei zur Segmentierung und Entwicklung zu 
bringen, gerade als ob sie durch Spermatozoen befruchtet 
wären, und unter passenden Umständen konnten die seg¬ 
mentierten Eier dazu gebracht werden, aktiv schwimmende 
normale Larven zu bilden. Nicht nur bei den Echinodermen, 
sondern auch bei den Anneliden (segmentierten Würmern), 
bei welchen auch die Geschlechter getrennt sind, kann diese 
künstliche Parthenogenesis in ähnlicher Weise erzielt werden, 


sodaß freischwimmende Larven aus unbefruchteten Eiern 
entwickelt werden. Bei dieser künstlichen Parthenogenesis 
wird nur ein Polarkörper abgegeben, sodaß keine Reduktion 
der Chromosomenzahl eintritt; dort wird die Reduktion der 
Normalzahl bald durch einen Vorgang der Autoregulierung 
wiederhergestellt (Delage) 1 ). Daß es möglich sein kann, 
durch eine verhältnismäßig geringe Aenderung der che¬ 
mischen Eigenschaften in den Eiern von sexuell entwickelten 
Tieren einen Rückfall in eine nichtsexuelle Entwicklungsart 
(Parthenogenesis) hervorzubringen, ist möglicherweise nicht 
ohne Bedeutung hinsichtlich der Neubildung. 

Diese Erscheinungen sind nicht rein wissenschaftliche 
Befunde. Sie erlangen eine neue Bedeutung angesichts der 
Arbeit von Professor Moore und seinen Mitarbeitern über 
die Reaktion der Magensekretionen bei Fällen von maligner 
Krankheit. Wie diese Autoren angeben, ist es unter den 
über den Krebs bekannten Tatsachen eine nur gering ge¬ 
stützte, daß, wenn der Magen der Sitz einer Neubildung ist, 
die Sekretion der freien Salzsäure fast immer gehemmt ist, 
und es ist auch bekannt, das dies eintreten kann, wenn die 
Geschwulst nur geringe Dimensionen annimmt und keine 
andere Alteration des Magens erzeugt hat. Ich beabsichtige 
nicht, die verschiedenen Annahmen, welche zur Erklärung 
dieser Erscheinung vorgebracht sind, noch auch die Beob¬ 
achtungen über die Wirkungen der Neubildung bei ver¬ 
schiedenem Sitz im Magen noch das Auftreten verringerter 
Azidität bei anderen krankhaften Zuständen zu erörtern. 

Professor Moore und seine Mitarbeiter haben unter¬ 
sucht, ob diese Erscheinung unabhängig vom Sitz des 
Krebses sei, und fanden — ich gebe den Befund mit ihren 
eigenen Worten wieder — daß die Abwesenheit freier Salz¬ 
säure beim Magenkrebs nicht von irgend einer lokalen 
Wirkung in diesem Organ bedingt ist, da Salzsäure fehlt 
oder an Menge erheblich herabgesetzt ist, wo auch immer 
im Körper die maligne Geschwulst ihren Sitz hat. Die 
Menge der im Mageninhalt vorhandenen freien Salzsäure 
wurde in 17 Fällen von malignen Krankheiten in ver¬ 
schiedenen Körpergegenden, wie Uterus, Mamma, Prostata, 
Rektum, Zunge, Gesicht und Mund bestimmt und ungefähr in 
Zweidrittel der Fälle wurde die freie Salzsäure als ganz fehlend 
gefunden, während in den übrigen Fällen die Menge niedriger 
als in der Norm gefunden wurde, da sie nur bis auf Spuren 
in allen mit Ausnahme von einem Falle vermindert war, in 
welchem sie ein Fünftel der Kontrollbestimmungen an sich 
selbst erzielten Durchschnittsmenge erreichte. Da nun diese 
Erscheinung unabhängig- von irgend einer lokalen Wirkung 
im Magen ist, da sie so ausgesprochen und konstant ist, 
soweit man wenigstens aus der geringen Anzahl der Beob¬ 
achtungen einen solchen Schluß zu ziehen berechtigt ist, deutet 
sie sicher auf eine tiefgehende chemische Alteration in den 
Körpersäften und, wie die Autoren dartun, kann diese 
Aenderung als gemeinsame Ursache für die Geschwulst¬ 
bildung und das Fehlen der Salzsäure gelten oder sie kann 
eine Folge der Geschwust und die. Ursache des Fehlens 
der Salzsäure sein. Die Ursache des Fehlens der Salzsäure 
ist indes noch nicht entschieden. Es kann sein, daß die 
salzsäureabsondernden Zellen atrophieren oder durch eine 
toxische Substanz im Blute gehemmt werden, und die An¬ 
wesenheit eines Fermentes (Malignin) in den Krebszellen, 
welches durch ihre Auflösung freigemacht wird, ist be¬ 
schrieben worden (Petry und Blumenthal). Nichts desto 
weniger ist es wahrscheinlicher, daß die Erklärung in der 
chemischen Zusammensetzung des Blutes selbst gesucht 
werden muß, und daß die Elimination oder Hemmung der 
freien Salzsäure vermittels des Mechanismus der Salzsäure¬ 
zellen ein Zeichen dafür ist, daß die wesentliche Azidität 
des Blutes herabgesetzt, die wesentliche Alkaleszenz ge¬ 
steigert ist. Rennie hat behauptet, daß eine gesteigerte 

l ) Diese Mitteilung stammt von Prof. Haswell. 





Nr. 17 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


261 


Alkaleszenz des Blutplasmas durch irgend eine Störung in 
dem für den Stoffwechsel bestimmten nervösen Apparat 
hervorgebracht wird, wie sie in dem kontrastierenden Zu¬ 
stande der Azidosis und des Diabetes zutage tritt. Diese 
Tatsachen und Erwägungen beleuchten ferner das weite 
Feld der modernen Pathologie und ihre Beziehungen mit, 
ihre Begründungen in der Biologie, Chemie und Physik. ! 
Leider verbietet der Raum andere neuere Beiträge zu er- | 
örtern besonders die von Ribbert, von Beard und von den | 
vielen Instituten zur Krebsfortschung. 

Indikationen für die Behandlung von Neubildungen, 

Wenn die Zellen eines Tieres wiederholt in ein zweites j 
Tier verschiedener Spezies eingeführt werden, ereignet es J 
sich oft, daß antagonistische Stoffe dieser Zellen im Körper | 
des geimpften Tieres entwickelt werden. Wenn nun etwas 
von dem Blutserum des zweiten Tieres einem Tier der- ( 
selben Spezies wie das, von welchem die Zellen ursprüng¬ 
lich genommen sind, injiziert wird, so kann das Serum 
eine destruierende Wirkung auf diese Zellen ausüben. Auf 
diesem allgemeinen biologischen Gesetz, welches die schließ- 
liche Reaktion der lebenden Zellen auf fremde Eiweißmole¬ 
küle beherrscht, beruhen die Grundsätze zur Immunisierung 
gegen Bakterieninfektion. 

Mögen wir nun einen Tumor als eine neue Generation 
von Zellen betrachten oder nicht, die Tatsache bleibt be¬ 
stehen, daß er eine Invasion einer Brut von unabhängigen 
feindlichen Zellen in den Organismus darstellt, und in dem 
von uns definierten Sinne ist es gleichbedeutend mit Infek¬ 
tion. Es scheint nicht unberechtigt zu hoffen, daß den j 
Zellen einer Neubildung antagonistische Substanzen im Blut I 
eines anderweitig geeigneten fremden Tieres durch Injek¬ 
tion von Tumorzellen, wie beim Immunisierungsprozeß ent¬ 
wickelt werden können, und daß das Blutserum dann mit 
Erfolg verwendet werden könnte, um entweder das weitere 
Wachstum der Geschwülste desselben Tumors oder das 
anderer ähnlicher Tumoren zu hemmen oder aufzuheben. 
Die außerordentlich beschränkte Spezifizität der Wirkungen 
lebender Gewebe auf Krebszellen, sodaß zwischen eng ver¬ 
wandten Krebszellen aus derselben Spezies sichtlich ein 
Unterschied klar zu Tage tritt, (Scientific Reports Nr. 2, 
Part. II.), zeigt eine mögliche Schwierigkeit bei der Her¬ 
stellung eines antagonistischen Serums gegen eine andere 
Neubildung ähnlicher Struktur, wie die bei der Herstellung 
benutzten, da ein solcher Unterschied nicht deutlich her¬ 
vortreten kann, wenn Injektionen bei fremden Tieren ge¬ 
macht werden. Schon ist auf diese mögliche Entwicklung 
in erheblichem Maße die Aufmerksamkeit gerichtet, aber 
bisher besteht noch keine Sicherheit, daß das Ziel er¬ 
reicht wird. 

ln der jüngsten Zeit sind durch die Physik hervor¬ 
ragende Agentien entdeckt und in den Dienst der Heilkunst 
gestellt. Ihr Einfluß auf das Geschwulstwachstum ist zum 
Gegenstände der Untersuchung gemacht. Die Wirkung des 
Radiums auf transplantierte Mäusetumoren ist von der Cancer 
Research Fund untersucht worden, und da die Entwicklung 
dieser Tumoren etliche Jahre hindurch ständig beobachtet 
worden ist, kann das erzielte Ergebnis als frei von den 
zahlreichen Fehlerquellen erachtet werden, welche den Wert 
rein klinischer Versuche herabmindern. Da außerdem die 
experimentellen Resultate die früheren klinischen Beob¬ 
achtungen bestätigen, so ist eine beträchtliche Menge von 
Beweisen zur Stütze der Tatsache geliefert, daß radioaktive 
Körper und Lösungen in durchaus überraschender und 
scheinbar zufälliger Weise gewisse Gewulstbildungen freilich 
nicht alle zum schwinden bringen. 

Stücke radioaktiven Bleies, Lösungen von Radium- 
remanation und sterile radioaktive Salzlösungen wurden 
verwendet. Die Dauer jeder Sitzung schwankte zwischen 
drei und 30 Minuten; sie wurden an den folgenden Tagen 
in gleicher Zeitdauer wiederholt, ln der zweiten Woche 


nach der ersten Sitzung begannen vier von den Tumoren 
sich an Größe zu vermindern, während andere zu wachsen 
fortfuhren. Zwischen der Sitzungsdauer und der Wirkung 
auf den Tumorbestand keine bemerkenswerte Beziehung. 
Der absorptionerzeugende Einfluß des Radiums schien auf 
die Bindegewebselemente gerichtet, welche einer ausge¬ 
sprochenen Proliferation unterliegen und den Tumor in kleine 
Zellinseln zerlegen. Auch in diesem Stadium schienen die 
Tumorzellen gesund, doch in wenigen Tagen waren sie 
degeneriert, dann abgestorben, verschwunden, wahrschein¬ 
lich dank der narbigen Kontraktion des fibrösen Gewebes. 
Diese Beobachtungen bestätigen die frühere Arbeit von 
Exner und stehen der gewöhnlichen Annahme entgegen, 
daß Radium eine elektive Wirkung auf die Tumorzellen aus¬ 
übt. Die Röntgenstrahlen sind auch für die Krebs¬ 
behandlung herangezogen, und bei oberflächlichen Formen 
ist ein gewisser Erfolg erzielt worden. Ich bin jedoch nicht 
davon überzeugt, daß ihr Einfluß einer ebenso strengen 
Prüfung unterzogen ist wie sie für das Radium unternommen 
worden ist. Durch die ausgedehnten Untersuchungen 
Heineckes ist bekannt, daß die Röntgenstrahlen oder 
Radium in der Milz und in lymphatischen Drüsen Ver¬ 
änderungen hervorbringen, und eine Reihe Befunde hat 
neuerdings die erfolgreiche Behandlung der Leukozythaemie 
mittels Röntgenstrahlen ergeben — ein Zustand, welcher 
als der Geschwulstbildung sehr nahe verwandt, wenn nicht 
als identisch anerkannt wird. 

Ich gehe nicht zu weit, wenn ich manche trügerische 
Hoffnung zerstöre und behaupte, daß die Krebsbehandlung 
auf andere Weise als durch sofortige Entfernung durch¬ 
führbar ist. Es ist ersichtlich, daß die Entfernung um 
wirksam zu sein, frühzeitig, ausgiebig und sorgfältig ge¬ 
schehen muß, und daß die beklagenswerte Nichtbeachtung 
der einen oder anderen dieser Vorsichtsmaßregeln für 
manche Mißerfolge verantwortlich ist. Die Kranken sollten 
ermuntert werden, in frühzeitigen Stadien verdächtiger 
Tumoren ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und der 
Chirurg sollte sich stets daran erinnern, daß das keine 
Fälle für exspektative Behandlung oder konservative 
Chirurgie sind. Ich will nicht einer unterschiedslosen ope¬ 
rativen Behandlung das Wort reden, befürworten will ich 
aber die dem gesunden Menschenverstand angemessene 
Anwendung bekannter Tatsachen und wissenschaftlicher 
Methoden in der chirurgischen Behandlung der Geschwülste. 
Heutzutage hat man keinen Grund dafür, daß nicht jeder 
verdächtige Tumor mikroskopischer Untersuchung unter¬ 
worfen sein sollte. Wenn man noch im Zweifel ist, ob der Zu¬ 
stand entzündlicher oder bösartiger Natur ist, soll man den 
Patienten von dem Zweifel Vorteil ziehen lassen und die 
verdächtigen Massen entfernen. Erinnere man sich stets, 
daß prolongierte Reizung zum Altern des Gewebes führt 
und zur Neubildung prädisponiert. Wenn man im Zweifel 
ist, ob eine Geschwult bösartig oder gutartig ist, erinnere 
man sich daran, daß alle möglicherweise bösartig sind, daß 
der Unterschied mehr dem Grade nach als der Art nach 
besteht, und man zögere nicht, sie zu entfernen. Wenn 
man sicher ist, daß ein bösartiger Tumor in Wirklichkeit 
vorliegt, erinnere man sich an die Leichtigkeit und Schnellig¬ 
keit, mit welcher sekundäre Infektionen eintreten können, 
und bringe sich nicht in die Gefahr, ein Leben dadurch zu 
verlieren, daß man ein unbedeutendes Gewebe oder auch 
nur ein kleines Stück zu retten sucht. Das. Messer sollte 
niemals am Rande der Neubildung Halt machen, sondern 
wenn möglich mehrere Zoll davon entfernt bleiben. Ueber- 
flüssig ist es an dieser Stelle vor den Geheimmitteln zu 
warnen, welche, entstanden aus Habsucht, genährt durch 
die Leichtgläubigkeit, wenn sie nicht durch die Reizung 
den Zustand verschlimmern, nur däzu dienen den Patienten 
in Sicherheit einzuwiegen, bis die günstigste Zeit zum 
operativen Eingriff vorübergegangen ist. 



262 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 17 


Zusatz. 

Seit dieser Aufsatz geschrieben ist, bin ich wiederholt 
gefragt, ob ein Grund für den nicht ungewöhnlichen Ge¬ 
danken. für den Verdacht vorliegt, daß der Krebs konta- 
giös oder infektiös sei. Während ich auch von gewissen 
mitgeteilten Beispielen der Uebertragung des Krebses von 
einer Person auf die andere (Cancer ä deux) und von dem 
Bestehen sogenannter Haus- und Distriktskrebse vollkommen 
überzeugt bin, so kann ich doch nicht scharf genug die 
Tatsache betonen, daß die bei der künstlichen Uebertragung 
von Neubildungen eintretenden Schwierigkeiten hinlänglich 
den Beweis liefern, daß der Krebs weder kontagiös noch 
infektiös ist. Die Hypothese, daß der Krebs durch die In¬ 
vasion parasitischer Mikroben bedingt wird, ist von einer 
Begründung weit entfernt, und auch wenn es später be¬ 
wiesen werden sollte, daß die Erscheinungen des Krebses 
durch eine Parasitenart verursacht werden, so folgt noch 
immer nicht daraus, daß der Krebs kontagiös oder infektiös 
ist. Im Gegenteil man muß zugeben, daß die Verteilung 
des angenommenen Parasiten und die Wirkungsweise ganz 
verschieden von der mancher Bakterien oder Protozoen ist, 
und daß er insbesondere nicht dazu imstande ist, die 
Krankheit bei anderen Personen nach der Art anderer be¬ 
kannter oder angenommener Krankheitserreger zu erzeugen. 


Zur Behandlung des frischen Magengeschwürs. 

Von Sanitätsrat Dr. Lenne, Neuenahr. 

In den letzten Jahren habe ich gegen Blutungen infolge 
Ulkus ventrikuli Gelatine, nach meinem Empfinden, mit 
sehr befriedigendem Erfolge angewandt. Diese Behandlung 
hat den Vorteil, daß mit der Gelatine gleichzeitig Nähr¬ 
material, wenn auch in geringen Mengen, eingeführt wird. 
Die Gelatine wird zunächst halbstündlich bis stünd¬ 
lich je nach Intensität der Blutung in dreiprozentiger Lösung 
schluckweise verabreicht, wird die Blutung spärlicher oder 
sistiert dieselbe, dann lasse ich die Gelatine auch in erstarrter 
Form, was manche Kranken vorziehen, teelöffelweise fleißig 
weiter nehmen. Zusatz von Fruchtsäften, Fleischbrühe usw. 
bildet ein angenehmes Geschmackskorrigens. Daneben 
wird alsbald nach dem Stehen der Blutung (24 Stunden) 
mit der Nahrungszufuhr begonnen, wie ich dies seit nun¬ 
mehr fast dreißig Jahren geübt habe und in der Med. 
Klinik 1908 im Anschluß an die Veröffentlichung von 
Lenhartz, Hamburg, kurz mitgeteilt habe. Die Er¬ 
nährung besteht in den ersten beiden Tagen aus gekühlter 
oder stubenwarmer Milch, schluckweise, aber recht häufig, 
etwa stündlich,-selbst halbstündlich, am dritten Tage gibt 
es Milch mit Kindermehl, Fleischbrühe mit Haferschleim, 
am fünften, sechsten Tage wird Theinhards Hygiama, 
gequirlte Eier, Kakes (Reinhardts oder ähnliches) zugesetzt 
und vom siebenten, achten Tage ab wird fein zerhacktes 
Fleisch (Kalbfleisch, Geflügel), Kartoffel, Reis, Brod usw. ge¬ 
stattet. Natürlich haben speziell bei der ganzen Beköstigung 
die Launen und Wünsche der Kranken eine führende Rolle 
und vor allen Dingen die Bekömmlichkeit. Man denke 
nur an die Milch, wie manche Menschen vertragen dieselbe 
absolut nicht! Nach den ersten zehn Tagen wird der 
Speisezettel immer reichhaltiger, jedoch ist strengstens 
darauf zu achten, daß die Speisen weich und genügend 
zerkleinert, aber nicht gewürzt sind (Salz!), aber schmack¬ 
haft! Ruhelage wird vierzehn Tage lang strenge inne¬ 
gehalten, dazu während der Blutungsperiode Eisbeutel, 
später hydropathische Wickel, bei stärkerer Empfindlichkeit 
der Magengegend: Spirituskompressen. Da die Kranken 
sämtlich während der Kurzeit in meine Behandlung ge¬ 
langen, so wird ihnen sofort nach Stehen der Blutung 
Neuenahr Sprudelwasser schluckweise stubenwarm, all¬ 
mählich leicht erwärmt verordnet. Dasselbe stillt nach den 


einstimmigen Aussagen der Kranken ganz vorzüglich den 
oft brennenden Durst und wirkt druck- und schmerz¬ 
lindernd. Wird es ausnahmsweise nicht vertragen, dann 
unterbleibt der Genuß desselben selbstverständlich. 

Durchschnittlich habe ich drei Blutungen in jedem 
Sommer zu beobachten Gelegenheit und in den letzten vier 
Jahren nur einmal ein Rezidiv zu verzeichnen gehabt. Die 
Magenblutung trat gleichzeitig mit der Regel ein, bei der 
nächsten Periode blieb dieselbe aus. 


(Aus dein Berliner Ambulatorium für Massage [Meth. Zabludowski] 
Leitende Aerzte: Dr. Kirchberg und Dr. Eiger.) 

Manuelle Behandlung und Atmungsgymnastik 
bei Lungenemphysem und Asthma bronchiale. 

Dr. med. D. Schenker, Berlin. 

Die Therapie des Lungenemphysems und des Asthma 
bronchiale gehört zu den schwierigsten Aufgaben. Es 
wurde hier allerlei versucht, und man hatte mit der Aus¬ 
bildung der mechanischen Theorie des Lungenemphysems 
auch die Mechanik in die Therapie dieses Leidens einge¬ 
führt. Somit glaubte Gerhardt in der Kompression des 
Thorax ein Mittel gegen Lungenemphysem gefunden zu 
haben, Hofbauer konstruierte wiederum seinen „Expirator“, 
Roßbach seinen „Atemstuhl“. Im Laufe der letzten Jahre 
hat man Versuche gemacht, dieser Krankheit mit manuell¬ 
mechanischer und Uebungsbehandlung entgegenzutreten. 
Es fehlt nicht an Versuchen, und gerade das Vorhanden¬ 
sein der vielen Mittel ist der beste Beweis dafür, daß keines 
von diesen den Anforderungen entspricht. Der Grund 
hierfür ist, daß wir doch die eigentliche Aetiologie des 
Lungenemphysems nicht kennen und deshalb die rationelle 
Therapie, die die kausale Indikation erfüllen soll, einzuführen 
nicht imstande sind. Freund glaubt, eine solche gefunden 
zu haben:*) er gab nämlich die Chondroektomie als Mittel 
gegen den starren Thorax an, in welchem die Ursache der 
übermäßigen Ausdehnung der Lunge liegen soll (wie Freund 
selbst zugibt, wohl nicht in allen Fällen). Es erscheint aber 
fraglich, ob auch die Freund’sche Theorie richtig sei; ich 
bin wenigstens der Meinung, daß es überhaupt gar keinen 
direkten, sondern nur indirekten Zusammenhang zwischen 
Lungenemphysem und starrer Thoraxdilatation gibt. Die 
Untersuchungen, die ich auf Anregung des Herrn Prof. 
Wilms anstellte, ergaben, daß dieser Zusammenhang nur 
ein indirekter sein kann und zwar vermittels der Intercostal- 
muskeln, was ich in meiner Arbeit „Beziehung zwischen 
starrer Thoraxdilatation und alveolärem Lungenemphysem“ 
auseinander gesetzt habe.**) 

Nicht die Thoraxerweiterung ist das Primäre, wie Freund 
meint, obwohl er diesen Satz für alle Fälle nicht verallge¬ 
meinert, sondern der Ausgangspunkt ist das Lungenem¬ 
physem. „Dieses stellt durch Erschwerung des Respirations¬ 
aktes so erhöhte Anforderungen an die Respirationsmuskeln, 
daß sie hypertrophieren müssen. Anfangs kann der Em- 
physematiker vermöge seiner hypertrophischen Muskeln 
die Respiration noch leidlich durchführen, aber mit der Zeit, 
mit dem zunehmendem Emphysem können die Muskeln 
die erhöhte Arbeitsleistung nicht bewältigen: sie werden 
insufficient durch Atrophie bezw. degenerative Alteration. 
Aber mit der Ausbildung eines solchen Zustandes hat die 
Sache ihr Ende noch nicht erreicht. Die veränderten Mus¬ 
keln wirken auf die entsprechenden Rippenknorpel: diese 
reagieren, indem ihre normale Struktur in degenerative 

*) Freund. Thoraxanomalien als Ursache des Lungenemphysems. 
Berlin 1906. 

**) Basel 1910. 






Nr. 17 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


263 


Alterationen, wie sie Freund noch im Jahre 1859 beschrieben 
hat,*) übergeht: der Knorpel wird zerfasert, schmutzig ver¬ 
färbt, deutlich geschichtet, er besitzt verkalkte Stellen, wird 
dick, plump, in seinen Dimensionen vergrößert, drückt die 
Rippen vom Sternum weg und bringt sie so in Inspirations- 
stellung, es kommt zu einer starren Thoraxdilatation.“**) 

In letzter Zeit hatte ich Gelegenheit, die Behandlung 
des Lungenemphysems und des Asthma bronchiale im 
Berliner Ambulatorium für Massage kennen zu lernen. 
Um die Zweckmäßigkeit dieses Verfahrens beurteilen zu 
können, erscheint es notwendig, zu untersuchen, wie in 
diesem Falle die Massage wirkt. „Der Erfolg der geschil¬ 
derten Behandlung besteht zunächst darin, daß der Patient 
durch die Massage des Rückens und des Thorax sich erheblich 
erleichtert fühlt; die Atmungsgymnastik zeigt ihm, wie er 
durch Verlängerung der Ausatmung gegenüber der Einat¬ 
mung den Lufthunger wirksam bekämpfen, das beängstigende 
Gefühl der dauernden Spannung in ihrem Thorax vermin¬ 
dern kann und für die Zeit der Anfälle in der geübten und 
seinem Willen unterworfenen Ausatmung ein wirksames 
Unterstützungsmittel hat; und schließlich wirkt die ganze 
Behandlung, längere Zeit durchgeführt, zweifellos vermin¬ 
dernd auf die Menge der dauernd vorhandenen Residualluft; 
diese Methode wirkt doch sicher mindestens einer 
weiteren Ausdehnung der Lunge und des Brust¬ 
korbes entgegen. Später lernt der Patient nur am Schluß 
der Ausatmung die Bauchwand kräftig einzuziehen, seine 
Atmung selstständig durch Gehör und Gesicht zu kon- | 
trollieren. Uebung und Gewohnheit sind eben recht wich- j 
tige Faktoren in der Therapie, und selbst wenn dabei eine 
Art Autosuggestion mitspielt, darf sich doch der Arzt ihrer j 
ruhig bedienen, wenn sie einen besseren therapeutischen j 
Erfolg gewährleistet.“***) 

Kirchberg erfüllt durch aktive und passive Atmungs¬ 
gymnastik samt der Massage die beiden von Hofbauer an 
die mechanische Behandlung gestellten Anforderungen, ! 
nämlich: 1. der Patient muß belehrt werden, stets kürzere ] 
Einatmungen und längere Ausatmungen aufeinander folgen 
zu lassen, un d 2. die auxiliare Muskelkraft der Bauchdecken erst 
gegen Schluß der verlängerten Ausatmungsperiode in Aktion 
treten zu lassen. 

Durch die Atmungsgymnastik, verbunden mit einem j 
tönenden Ausatmen, erreicht man den Zweck, daß der Pa- ’ 
tient seine Aufmerksamkeit auf die Länge der Ausatmung 
richtet und so lernt, das Verhältnis der Respirationphasen 
zu beobachten und zu regeln, und durch seinen Willen die 
Ausatmungsmuskeln in Ruhe zu lassen. Auf diesen letzten 
Punkt möchte ich besonders hinweisen. Sollen die An¬ 
schauungen von Kirchberg richtig sein, so müßten wir in 
der Massage der Emphysematiker ein Mittel haben, das 
den Respirations-, insbesondere Expirationsmuskeln eine 
möglichst dauernde Ruhe verschafft, und eine Methode be¬ 
sitzen, die den Patienten belehrt, diese Muskeln nur im 
äußersten Falle in Tätigkeit zu setzen. Dies alles ver¬ 
leiht dieser manuell-mechanischen und Uebungsbehandlung, 
wie sie Kirchberg in der erwähnten Arbeit genauer be¬ 
schrieben hat, bei Lungenemphysem eine weitere Stütze 
und größere Bedeutung, als nur eine Suggestivbehandlung. 

Soll die Ausbildung des starren Thorax bei Emphyse- 
matikern von der Ueberanstrengung und Degeneration der 
Intercostalmuskeln abhängen, so kann die manuell-mecha¬ 
nische und Uebungsbehandlung des Lungenemphysems 
sehr gute Dienste leisten. Und wenn sie das Leiden selbst 

*) Freund. Der Zusammenhang gewisser Lungenkrankheiten mit 
primären Rippenknorpelanomalien. Erlangen 1859. 

**) Meine Arbeit „Beziehung zwischen starrer Thoraxditalation 
und alveol. Lungenemphysem“. Basel 1910. 

***) Kirchberg: „Manuell-mechanischeundUebungsbehandlungbei 
Asthma bronchiale und Lungenemphysem.“ Therapie der Gegenwart. 
Juli 1908. 


nicht in Angriff nimmt, so kann sie seine Folgezustände 
und Nebenerscheinungen fortschaffen, insbesondere aber 
die Ausbildung des faßförmigen Thorax, durch das Belehren 
des Patienten, seine Expirationsmuskeln zu schonen, ver¬ 
hindern. 

Aber nicht nur passiv durch die Beseitigung der all¬ 
zugroßen Muskelarbeit, sondern auch aktiv hilft diese Methode 
den Muskeln, indem sie zur besseren Ernährung derselben 
beiträgt und die Abbauprodukte der Muskeltätigkeit schneller 
wegschafft. Durch diese Faktoren werden von den Mus¬ 
keln pathologische Alterationen möglichst lange ferngehalten, 
und ergo (s. oben) der Ausbildung der starren Thoraxdila¬ 
tation entgegengewirkt. Auf diesen Punkt, denke ich, muß 
man das Hauptgewicht der ganzen manuell-mechanischen- 
und Uebungsbehandlung legen. 


REFERATE. 


Krankheiten und Schwangerschaft. 

Sammelreferat von Dr. Otfried O. Fellner, Wien. 

I. Nerven- und Geisteskrankheiten. 

1. Eine 27 jährige Erstgebärende litt nach Peukert an starkem 
Erbrechen, das als Hyperämosis gravidarum gedeutet wurde. Es 
traten lancinierende Schmerzen auf, reflektorische Pupillenstarre. Die 
Pate larreflexe fehlten. P. ist der Ansicht, daß die Schwangerschaft 
ke nen ungünstigen Einfluß auf die Tabes ausiibt, daß daher vor¬ 
zeitige Beendigung der Schwangerschaft nicht angezeigt ist, da ja 
auch die gastrischen Beschwerden nach Beendigung der Schwanger¬ 
schaft nicht aufhören. Die Kinder sind zumeist lebend und gesund. 

2. Sachs untersuchte bei einem Fall von Meningitis im Wochenbette 
3 mal die Spinalflüssigkeit. Die ersten 2mal fand er Streptokokken¬ 
ketten, aber nur wenige extrazelluräre. Die Kerne waren gut färbbar. 
Bei der 3. Untersuchung warzn die Ketten viel kürzer und die Kerne 
im Verfall begriffen. Es war eine Injektion von Höchstserum in den 
Rückenmarkskanal vorgenommen worden. Die Patientin starb am 
9. Wochenbettstag. 

3. Eine Zehntgebärende De Suro’s, welche seit l ! / 2 Jahren 
Ohrenleidend war, erkrankte im 10. Monat der Schwangerschaft unter 
den Erscheinungen von Nystagmus und Krämpfen. Es waren 1 %o 
Albumen und Oedeme vorhanden. Nach der spontanen Geburt kam 
es zu leichten Krämpfen im Wochenbett. Am 8. Tage wurde die 
Radikaloperätion des Ohres vorgenommen. 2 Tage später mußte man 
die Dura inzidieren. Es wurde ein Gehirnabszeß entleert, worauf 
Heilung eintrat. 

4. Pelicand berichtet über 8 Fälle von tuberkulöser Meningitis 
und 18 von eitriger Meningitis cerebrospinalis. Meningitis findet sich 
hauptsächlich am Ende der Schwangerschaft und vor allem bei Mehr¬ 
gebärenden. Die Schwangerschaft beschleunigt stark den Verlauf der 
Erkrankung. Verwechslungen mit Eklampsie sind häufig. Insbesondere 
die Lumbalpunktion dient zur Unterscheidung. Die Frucht bleibt 
zumeist am Leben bis zum Tode der Mutter. Man soll daher im 
Interesse des Kindes die Schwangerschaft beendigen. Möglichst 
rasche Uterusentleerung ist die beste Methode. 

5. Lafent berichtet über 17 Fälle. Die Schwierigkeit besteht 
darin, die Meningitis schon in der Schwangerschaft zu erkennen. In 
3 Fällen wurde die Diagnose nicht gemacht. In 4 Fällen falsch. Im 
5 war die Diagnose zunächst falsch und wurde kurz vor dem Tode 
rektifiziert. Nur in einem Falle wurde gleich die richtige Diagnose 
gestellt. Hauptsächlich mit der Eklampsie finden Verwechslungen statt. 
Differenzialdiagnostisch ist wichtig, die Temperatur, die Pulsspannung, 
das Verhaltens des Urins und entscheidend die Lumbalpunktion. 

6. Bei einer 28 jährigen Zwergin mit rhachitischem Becken hatte 
Blanchu die erste Entbindung mittels Basiotrypsie beendigt. Nachher 
traten epileptische Anfälle auf. Bei der zweften Schwangerschaft wurde 
der Kaiserschnitt ausgeführt. Es kam zunächst zu keinem Anfall, wohl 
aber während des Stillens, so daß Patientin das Kind absetzen mußte. 







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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 17 


II. Lungenkrankheiten. 

7. Martin schlägt bei der Sterilisation tubeikulöser schwangerer 
Frauen folgende Operationstechnik vor. Umschneiden der Portio, 
Abschieben der Blase, Vorwälzen des Uterus, Abklemmen der Liga¬ 
menta suspensoria ovarii, Ligamenta lata und Abtragung des graviden 
Uterus. Dies läßt sich in 3—4 Minuten erledigen. Es ist also ein 
geringfügiger Eingriff. 10 Fälle wurden so operiert. Die endgültige 
Erholung einzelner dieser Frauen ist zwar etwas langsamer erfolgt als 
bei anderen Frauen, es war dies aber bei den schweren Allgemein¬ 
erscheinungen dieser Frauen auch nicht anders zu erwarten. 

8. Stagnetta berichtet, daß in der Hälfte der Fälle die Tuberkulose 
in der Schwangerschaft keinen üblen Fortgang nimmt. Hingegen 
führte sie in 43 Fällen von 50 zu einer wesentlichen Verschlechterung 
nach der Entbindung, und zwar begann die Verschlechterung schon 
am 1. Tage nach Weheneintritt. Klinisch ist diese Form der Tuber¬ 
kulose gekennzeichnet durch das Auftreten von Milliartuberkulose, von 
käsigen Bronchopneumonien und käsigen Pneumonien und raschem 
Fortschreiten der Erkrankung. Weder künstliche Frühgeburt noch 
künstlicher Abort gibt bessere Resultate als die normale Entbindung. 
Der künstliche Abort sollte nur in Ausnahmefällen angewandt werden. 

9. Eine bisher gesunde Wöchnerin Rose’s erkrankte 2 Tage nach 
einer Fehlgeburt unter schweren septischen Erscheinungen; man dachte 
an Puerperalfieber, doch konnte man trotz wiederholter Untersuchungen 
im Blute keine Krankheitskeime nachweisen. Im weiteren Verlaufe 
war dann die Diagnose auf Miliartuberkulose zu stellen, die bei der 
14 Tage nach Beginn der Erkrankung vorgenommenen Sektion be¬ 
stätigt wurde. 

10. M. de CI aide berichtet über eine Statistik von 83 Fällen von 
krupöser Pneumonie. In den ersten 6 Schwangerschaftsmonaten 
starben 18 %, in den letzten 3 Monaten 37 %. Die vorzeitige Be¬ 
endigung der Schwangerschaft führte in der ersten Gruppe in 37 %, in 
der zweiten in 65 % zum Tode. M. berichtet über 2 Fälle von 
Pneumonie im 9. und 8. Monate, wo die Schwangerschaft vorzeitig 
beendet wurde und Mutter und Kind am Leben erhalten blieben. Er 
hält bei kruppöser Pneumonie die Beendigung der Schwangerschaft 
für indiziert. (Es braucht wohl nicht erst hervorgehoben werden, daß 
bei einer so relativ rasch vorübergehenden Erkrankung die vorzeitige 
Beendigung der Schwangerschaft, schon wegen der mit der Geburt 
verbundenen Gefahren, kontraindiziert ist. Das geht übrigens auch 
aus den obigen statistischen Zahlen hervor. D. Ref.) 

11. Großkopf fand bei 50 Frauen Veränderungen in den oberen 
Luftwegen, die schon bei Beginn der Schwangerschaft ausbrechen und 
allmählich zunehmen und im Wochenbett wieder zurückgehen. Starker 
Blutverlust bei der Geburt bedingt anämische Zustände, langdauernde 
Geburten, Blutungen in die Schleimhäute. 13 mal fanden sich Ver¬ 
änderungen am Kehldeckel, 6 mal an den Taschenbändern, 3 mal an 
der Hinterwand und 7 mal an den Stimmbändern statt. Diese Veränderungen 
erklären den relativ häufigen Ausbruch und die Verschlimmerung der 
Tuberkulose. 

III. Herzkrankheiten. 

12. In der Schwangerschaft ist nach Thiery die Menge des 
Blutes, insbesondere die des Serums, verringert, obwohl der Blutabdruck 
nicht erhöht ist. Nur während der Wehen und in den ersten Tagen 
des Wochenbettes findet sich eine Blutdrucksteigerung. Infolgedessen 
wird das Herz, insbesondere bei Mitralinsuffizienz und Nierener¬ 
krankungen, häufig insuffiziert. Es stellt sich Asystolie und Lungen¬ 
ödem ein. Die Hydrämie in der Schwangerschaft steigert sich unter 
der Geburt. Hierzu kommt in derselben die Wehenarbeit und die 
Blutdrucksteigerung. Ist die Erkrankung kompensiert, dann kann man 
ein Mädchen heiraten lassen; in der Schwangerschaft ist strengste 
Beobachtung notwendig. Asystolie und Lungenödem geben die 
schlechteste Prognose. Man behandle intern, wenn dies nichts nützt, 
entbinde man rasch. Zange oder Craniotomie sind angezeigt. 

IV. Nieren- und Blasenkrankheiten. 

13. Wetterpren berichtet von einer 36 jährigen Gebärenden, 
welche in der Mitte der Schwangerschaft über häufiges schmerzhaftes 
Uriniren klagte. Es trat ein Schüttelfrost auf, und es kam zu Schmerzen 
in der rechten Nierengegend. Auf Helmitol besserte sich der Zustand 
und nach der spontanen normalen Entbindung trat Heilung auf. 

V. Leber- und Darmkrankheiten. 

14. Eine Patientin von Rissmann hatte seit einem Jahr Gelbsucht 
und schon seit längerer Zeit Kolikanfälle. Der letzte Anfall war 
8 Tage vor der Aufnahme. Derzeit befindet sie sich im 6. Monat der 
Schwangerschaft. Bei der Laparotomie fand man mehrere Steine am 


VERsm 


duodemalen Ende des Choledochus. Das Duodenum wurde incidiert 
und ein 2% cm langer und 1,6 cm breiter Stein extrahirt. Fortlaufende 
Catgutnaht. Der Ikterus nahm ab und die Gravidität ging ungestört 
weiter. 

15. Der Darmverschluß in der Schwangerschaft ist nach Zemercier 
sehr selten. Z. konnte aus der Literatur nur 76 Fälle zusammenstellen. 
Dg- Ileus kann verursacht sein durch die Gravidität oder den Geburts¬ 
akt oder ganz unabhängig von beiden Darmperforationen. Peritonitis 
ohne Perforation und Frühgeburten sind die Folge. Die Diagnose ist 
sehr schwierig, insbesondere während der Geburt. Verwechslungen 
mit Uterusperforationen kommen vor. Die Prognose ist schlecht, 57 % 
der Frauen starben. Die Therapie ist natürlich eine chirurgische. 

16. Hilton berichtet über 28 Fälle aus der Literatur und einen 
eigenen. Der Anfall trat in 66% zwischen dem 2. und 4. Tage auf 
und zwar in 33% am 2. Tag. Nur einmal wurde er am 1. Wochen¬ 
betttag beobachtet. Die übrigen stellten sich auch am 4. Tag ein. 
Die Prognose ist schlecht. Von 22 Fällen, die in den ersten 
10 Wochenbetttagen zur Beobachtung kamen, starben 45%. Von 
diesen hatten 16 Fälle schon Perforativperitonitis. In dem eigenen 
handelte es sich um eine Frau, welche am 31. Tage Schüttelfrost und 
Fieber bekam. Die Schmerzen wurden als Nachwehen gedeutet, und 
die Erkrankung als Puerperalsepsis aufgefaßt. In der 6. Woche machte 
H. die Laparotomie und eröffnete den Abscess zu einer Zeit, wo 
bereits Pneumonie aufgetreten war. Eine Woche später starb die Frau. 

VI. Infektionskrankheiten. 

17. Delmas berichtet von einer 24jährigen Schwangeren, welche 
am Ende der Schwangerschaft an einem akuten Gelenkrheumatismus 
erkrankte. Es trat Schwellung und Druckschmerzhaftigkeit beider Kniee 
und Handwurzelgelenke auf. Die Temperatur war erhöht. Im Scheiden¬ 
sekret konnten Gonokokken nicht nachgewiesen werden. Die Patientin 
nahm Aspirin. Am 3. Tage kam es spontan zur Frühgeburt. Die 
Temperatur blieb erhöht, die Gelenkschwellungen gingen aber nicht 
zurück, sondern schwanden erst nach Behandlung mittels Ries’scher 
Stauung. F. ist der Ansicht, daß es keinen spezifischen Rheumatismus 
der Schwangerschaft gibt, und warnt vor dem Gebrauch des Salizyls, 
da dasselbe Frühgeburt hervorruft. 

18. Eine Patientin Atkinsons kam bei der 14. Schwangerschaft um 
1 Monat zu früh nieder. Unter Schüttelfrösten stieg das Fieber un¬ 
regelmäßig an, es trat Atembeschleunigung ein, und am nächsten Tage 
war der Masernausschlag da. Zugleich kam es zu starken Blutungen 
aus der Schleimhaut des Mundes, der Lippen und der Wange. Am 
7. Tage starb die Frau. Das Kind war einige Tage durch bewußtlos, 
die Haut war tief dunkelrot und schälte sich. Das Kind hatte also in 
der Gebärmutter die Masern gehabt. 

19. Euchinin hat nach Grande gegen Malaria dieselbe gute Wirkung 
wie Chinin, aber es fehlen ihm die störenden Wirkungen auf die 
Nerven, des Magens und des Unterleibes. Insbesondere wirkt Chinin 
auf den Plexus interuums und die Uterüsmuskulatur ein, und hat so 
Abortus zur Folge. Euchinin aber hat keine üblen Nachwirkungen und 
wird von den Schwangeren gut vertragen. 

20. Nach Bataille verläuft die Grippe im Wochenbett ziemlich gut¬ 
artig, doch kann es auch zu nervösen Lungen- oder eitrigen Kompli¬ 
kationen kommen. Die Differenzialdiagnose ist sehr schwer. Freilich 
ist der Puls am Anfang verlangsamert, steigt aber später oft an. Die 
Behandlung ist die gleiche, wie außerhalb der Schwangerschaft. 

21. Die Schwangerschaft führt nach Sire weder zu einer Imunität 
noch zu einer Praedisposition, andererseits hat die Infektionskrankheit 
häufig vorzeitige Beendigung der Schwangerschaft zur Folge. Be¬ 
sonders ist dies bei der hämorrhagischen Form der Blattern der Fall. 
Die Unterbrechung ist abhängig von der Form der Krankheit und dem 
Zeitpunkt der Schwangerschaft. Ungünstigen Einfluß üben Geburt 
und Wochenbett. Sehr häufig sterben die Kinder ab oder kommen 
gleichfalls infiziert auf die Welt, und sind sie gesund so sind sie häufig 
vorübergehend immun. Zur Frühgeburt führen das Fieber, die nervöse 
Erregung, die hämorrhagische Endometritis und toxische Einflüsse. Bei 
einer Blatternepidemie sollte jede Frau wieder geimpft werden. 

VII. Syphilis. 

22. Eine 30jährige Patientin, welche M. Hirsch behandelte, hatte 
bei ihrer 4. Entbindung Hydramnios, bei einer Temperatur von 38,5 
Schüttelfröste. Das Kind war tot, hatte Hydrocephalus, Ascites und 
eine große Milz. Die Mutter hatte 4°/ 00 Eiweiß. Nach einem Monat 
fiel der Eiweißgehalt, aber die rechte Nieer blieb schmerzhaft. Man 
fand ein Leukoderma am Oberarm. Die Achsel- und Leistendrüsen 
waren vergrößert, strahlenförmige Narben am Lippenrot und eine 
Exsostose an der rechten Tibia. Die Einseitigkeit des Prozesses, die 


/ER 




Nr. 17 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


265 


Schmerzhaftigkeit und Vergrößerung der rechten Niere, die enorme | 
Beeinträchtigung des Körpergewichtes und des Allgemeinbefindens, 1 
die Tatsache, daß trotz beinahe vierwöchentlicher Bettruhe die Krank- | 
heitserscheinungen sich bedeutend verschlechtert hatten, sprach für 
Syphilis. Auf Jodkali besserte sich das Allgemeinbefinden und schwand 
der Eiweißgehalt. 

23. Für die Ermittlung der Vererbungsgesetze der Lues ist nach 
Baisch die Wassermann’sche Reaktion allein unzulänglich. Sie muß 
mit der bakteriologischen Untersuchung der Frucht und der Placenta 
kombiniert werden. Bei negativer Reaktion der Eltern darf nur bei 
negativem Streptokokkenbefund des nicht allzusehr macerierten Kindes 
Lues ausgeschlossen werden. Die Hämolyse hemmende Substanz 
geht nicht durch die placentaren Scheidewände hindurch, weder von 
Mutter zu Kind, noch umgekehrt. Das Auftreten der Hämolyse 
hemmenden Substanz ist an die Anwesenheit von Spirochäten im 
Organismus geknüpft. Als Ursache der Maceration und des vor¬ 
zeitigen Absterbens des Kindes kommt in 80% der Fälle Lues in 
Betracht. Für den Rest ist Nabelschnurumschlingung, Mißbildung der 
Frucht, Nephritis der Mutter, vielleicht auch Tuberkulose verantwortlich zu 
machen. Der Typus: Habitueller Abortus in den ersten 4 Monaten 
gehört nicht zur Symptomatologie der Lues. Etwa 75 % aller Mütter 
luetischer Kinder bieten keine oder nur unbestimmte Zeichen von 
Syphilis dar. Die Mütter luetischer Kinder sind, wenn sie nicht 
positiv reagieren, mit der größten Wahrscheinlichkeit infiziert. Es ' 
handelt sich in diesen Fällen um Versagen der Reaktion. Das 
Colle’sche Gesetz, das die Immunität der Mütter luetischer Kinder 
und das Propheta’sche Gesetz, das Immunität luetischer Kinder 
statuiert, findet ihre Erklärung darin, daß diese Mütter und Kinder 
sich gegen Infektion mit Lues refraktär verhalten, weil sie bereits 
syphilitisch infiziert sind. Das Colle’sche Gesetz hat keine Ausnahme. 
Die beste Aussicht auf therapeutische Erfolge und Erzielung gesunder 
Kinder bildet eine energische und systematische spezifische Kur vor 
und besonders während der Schwangerschaft. 

24. Bar und Dannay kommen auf Grund von zahlreichen Unter¬ 
suchungen zu dem Schluß, daß in den Fällen, wo die schwangere 
Frau, die früher syphilitisch war und jetzt keine Symptome zeigt, die 
Wassermann’sche Reaktion negatives Resultat ergibt. Ein positives 
Resultat kann so gedeutet werden, daß eine syphilitische Infektion 
zwar besteht, aber daß sie keine offenkundigen Symptome gibt, oder 
daß eine fötale Infektion vorliegt, aus welchem Grunde eine Be¬ 
handlung notwendig ist. 

25. Nach Wechselmann sind bei positiver Wassermann’scher 
Reaktion die Früchte zu behandeln, bei gleichsinniger Reaktion beider 
Teile, ohne Rücksicht auf sonstige Symptome. Nur bei positiver Re¬ 
aktion der Kinder darf die Mutter das Kind anlegen, während negative 
Reaktion Gesundheit aber auch Latenz bedeuten kann. Immer ist eine 
fortgesetzte klinische und serodiagnostische Kontrolle notwendig. Das 
negativ reagierende Kind darf der positiv reagierenden Mutter nicht 
angelegt werden. Die Mutter eines syphilitischen Kindes ist stets 
syphilitisch. 

26. Nach H. Bab ist die latente Lues des Weibes hervorgerufen 
durch das Hineingelangen infektiöser Spermas eines Luetikers in die 
inneren Genitalorgane bezw. den Peritonealraum, bleibt meist in den 
inneren Genitalien und deren regionären Lymphdriisen bezw. am Peri¬ 
toneum lokalisiert, führt manchmal jedoch zur Kachexie und Gelenk¬ 
schmerzhaftigkeit und zu tertiären Symptomen, vielleicht auch zu Tabes 
und Paralyse. Ihr Bestehen bedingt eine Unempfänglichkeit für ander¬ 
weitige Syphilisinfektion, sowie das Auftreten Wassermann’scher Anti¬ 
stoffe in Milch und Blutserum. Die latente Lues ist beim Geschlechts¬ 
verkehr wohl meist nicht als infektiös anzusehen, wenngleich die Mög¬ 
lichkeit, dass Spiroeläten ins Cervikalsekret gelangen und dasselbe 
infektiös machen, besteht. Eine Leistendrüsenanschwellung ist oft das 
einzig äußere Symptom, aber auch dieses kann fortfallen. Ein Primär¬ 
affekt kann möglicherweise an den inneren Genitalen ganz fehlen. Die 
latente Lues der Frauen kann auf ovogenem, decidualem und placen- 
tarem Wege auf die Frucht übergehen. Während aber meist luetische 
Frauen 6 bis 10 Jahre lang luetische Kinder bekommen, treten bei 
der latenten Lues für gewöhnlich schon früher gesunde Kinder auf. 
Eine günstige Beeinflussung durch Quecksilber und Jodkalibehandlung 
ist anzunehmen. Etwaige Ausnahmen des Colle’schen Gesetzes könnten 
durch ein montanes Erlöschen der latenten Lues erklärt werden. Es 
ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß bei den äußerlich so gleichartigen 
Geburtsfällen des Colle’schen Typus, sowohl eine latente materne Lues 
mit placentarem Modus als auch eine mütterliche Imimität mit sper¬ 
matischem Typus der Fruchtinfektion vorhanden sein kann. 


Orthopädie. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Lehr, Stuttgart. 

1. Ueber den anatomischen Befund bei kongenitaler Luxa¬ 
tion des Hüftgelenks. Von Dr. Carl Weih, Breslau. Zeitschr. für 
orthop. Chirur. XXIV. Bd., 1. u. 2. Heft. 

2. Die moderne Behandlung der angeborenen Hüftluxation. 
Von Prof. Dr. Oskar Vulpius, Heidelberg. Med. Klinik 1909, Nr. 48. 

3. Diagnose und Behandlung der angeborenen Hüftver¬ 
renkung im Säuglingsalter. Von Prof. Dr. Joachimsthal, Berlin. 
Berl. klin. Wochenschr. 1909, No. 50. 

4. Der Einfluß der Entspannung auf gelähmte Muskeln. 
Von Prof. Dr. Adolf Lorenz, Wien. Wien. Med. Wochenschr. 10, 
Nr. 4. 

5. Das Redressement sich deckender oder gekrümmter 

Zehen. Von Dr. A. Heermann, Kassel. Deutsch, med. Wochen¬ 
schrift 1910, Nr. 6. 

6. Der Fuß des Neugeborenen und seine Behandlung. Von 

Dr. K. Lengfellner, Berlin. Med. Klinik 1910, Nr. 6. 

7. Ueber Tibia recurvata im Gefolge der Coxitis. Von Dr. S. 
Peltesohn, Berlin. Berl. klin. Wochenschr. 1910, Nr. 4. 

1. Kritische Besprechung der zahlreichen Theorien für die Ent¬ 
stehung der kongenitalen Hüftluxation unter Heranziehung eines eigenen 
pathologisch-anatomisch genau untersuchten Falles. 

2. Die Erfolge der modernen Luxationstherapie sind heute derart 
günstig, daß nur grobe Unkenntnis oder unbegreifliche Verblendung 
von der Behandlung abraten können. Eine untere Grenze für den Be¬ 
ginn derselben gibt es kaum; die obere ist für einseitige Verrenkungen 
etwa das 10. und für doppelseitige das 6. Jahr. Da die Behandlung 
Sache des Orthopäden sein sollte, so erübrigt sich ein Eingehen auf 
technische Einzelheiten. Die Mittel der technischen Orthopädie (auch 
der vollkommenste Schienenhülsenapparat) sind völlig nutzlos. Auch 
die blutige Einrenkung verwirft Verf. bedingungslos. Ist die 
unblutige Einrenkung geglückt, so muß das Resultat 4—6 Monate lang 
in technisch sehr vollkommenen Gipsverbänden festgehalten werden. 
Nachher folgt eine monatelang durchzuführende medico-mechanische 
Nachbehandlung. Ideale anatomische und funktionelle Heilungen hat 
Verf. bei einseitigen Verrenkungen in 60—70% und bei doppelseitigen 
40—50% erreicht, weitgehende funktionelle Verbesserungen in min¬ 
destens 90% aller Fälle. 

3. Bringt man bei einseitiger Luxation beide Oberschenkel in recht¬ 
winklige Flexions- und daneben in möglichst gleichmäßige Abductions- 
stellung, so gewahrt man einen charakteristischen Unterschied in der 
Achsenrichtung beider Oberschenkel. Während auf der normalen Seite 
der Oberschenkel die Richtung zum Acetabulum einschlägt, sehen wir 
auf der erkrankten Seite die Verlagerung seines zentralen Endes nach 
hinten und oben sich durch eine entsprechende Richtungsänderung des 
ganzen Oberschenkels ausprägen, ein Unterschied, der durch das 
kulissenartige Vorspringen der auf der kranken Seite von der Unterlage 
abgehobenen Adductoren noch deutlicher wird. Besonders das letztere 
Symptom springt auch bei doppelseitiger Verrenkung in die Augen. 
Mit Hilfe dieser Untersuchungsmethode lassen sich Verrenkungen auch 
beim Säugling leicht feststellen. Verf. zeigt an der Hand von 4 Fällen 
von Säuglingen, daß die Einrenkung sehr leicht (ohne Narkose) von 
statten geht und daß die Retention durch etwa 4 wöchentliches Auf¬ 
binden der Kinder in der üblichen Flexions-Abductionsstellung auf eine 
Gipslade zu idealen Dauerresultaten führt. 

4. Die poliomyelitische Lähmung ist für die weitaus überwiegende 
Mehrzahl der Fälle zunächst dadurch ausgezeichnet, daß nicht aus¬ 
schließlich ein Muskel oder eine Muskelgruppe betroffen ist, sondern 
daß vielmehr alle Muskeln, aber weitaus am häufigsten in verschieden 
starkem Grade affiziert sind. Hierdurch wird eine Störung im Muskel¬ 
antagonismus gesetzt, die sehr häufig zur Deformifätenbildung führt. 
Die Deformität wird dann unter dem Einfluß der funktionellen Be¬ 
lastung in fehlerhafter Richtung weiter verschlimmert, und zwar derart, 
daß die schon ursprünglich an der Konkavität der Deformität gelegenen 
aktionstüchtigeren Muskeln durch weitere Annäherung ihrer Insertions¬ 
punkte der Schrumpfung und Verkürzung verfallen. Die aktions¬ 
schwächeren, schon ursprünglich an der konvexen Seite der beginnen¬ 
den Verkrümmung gelegenen Muskeln werden dementsprechend durch 
Entfernung ihrer Insertionspunkte einer Dehnung und Verlängerung 
ausgesetzt sein. Die erste und wichtigste Aufgabe einer paralytischen 
Deformität gegenüber ist also keineswegs die sofortige Transplantation, 
sondern vielmehr die gründliche Entspannung der gedehnten Muskeln, 
d. h. die Beseitigung der Deformität. Schwinden durch diese Therapie 
und geeignete Nachbehandlung die Lähmungserscheinungen nicht voll¬ 
ständig, so tritt die Transplantation eventuell in ihr Recht. 






266 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 17 


5. Das Redressement sich deckender oder gekrümmter Zehen läßt 
sich in vielen Fällen sehr einfach erreichen, wenn man einen Streifen 
von etwa 0,5 mm dickem Walzbleiblech und der Breite des untersten 
Zehengliedes so anlegt, daß man ihn zunächst unter einer Nachbarzehe 
hindurchführt, alsdann über die gekrümmte oder dislozierte Zehe und 
dann wieder unter die andere Nachbarzehe. Der weiche und schmieg¬ 
same Streifen kann wochenlang in jedem Stiefel getragen werden, 
umsomehr, wenn man ihn mit Heftpflasterstreifen überkleidet und durch 
Heftpflaster ein Verschieben beim Gehen verhindert. 

6. Nach den Untersuchungen des Verf. ist der Fuß des Neu¬ 
geborenen in zirka 75 °/ 0 ein platter resp. gesenkter und in 25 % ein 
mit ausgeprägtem Gewölbe versehener. Den angeborenen Plattfuß als 
Belastungsdeformität zu erklären ist falsch. Er findet durch phylo¬ 
genetische Betrachtungen, die im Original nachzulesen sind, seine Er¬ 
klärung, wie die 25 % mit hohem Gewölbe versehenen, die ein Stehen¬ 
bleiben auf einer früheren phylogenetischen Stufe bedeuten. Bei beiden 
Typen soll einige Monate nach der Geburt mit Massage durch die 
Mutter begonnen werden. Senkfüße sollen von dem Augenblick an, 
wo die Kinder zu laufen beginnen, mit Einlagen oder orthopädischen 
Stiefeln behandelt werden. 

7. Für die Diagnose der seltenen Erkrankung, für die Verf. einen 
weiteren Fall bringt, zeigt die äußere Besichtigung im Gegensatz zum 
genu recurvatum, daß es am liegenden Patienten möglich ist, zwischen 
der Hinterfläche des Femur und der harten Unterlage die flache Hand 
durchzuführen, ein Symptom, das darin seine Erklärung findet, daß bei 
der Strecksteilung des Kniegelenkes die Femurcondylen durch das kurze, 
abgeknickte, proximale Tibiastück von der Unterlage abgehebelt werden. 
Ferner fühlt man das Fibulaköpfchen im Verhältnis zum Kniegelenksspalt 
höher stehen, als auf der gesunden Seite, da die Fibula an der Ab¬ 
knickung nicht beteiligt ist. Die Deformität findet ihre Erklärung in 
den durch die coxitische Ankylose veränderten statischen Verhältnissen 
des Beines, ist aber gleichzeitig als ein die Funktion verbessernder, 
kompensatorischer Vorgang aufzufassen. Die Prognose ist insofern 
günstig, als die Deformität stationär bleibt. Für die Behandlung ergibt 
sich, daß wir diese Spontantherapie in keiner Weise durch Eingriffe 
irgend welcher Art stören dürfen. 


Urologie. 

Referent: Dr. L. Lipman-Wulf, Berlin. 

1. Ueber Elektrisierung der Prostata mittels intermittirenden 
Induktionsstroms. Von G. J. Müller, Berlin. Zeitschrift für Urologie 
Bd. IV, 3. Heft 1910. 

2. Zur Klinik der Nebennierengeschwülste. Von Prof. Dr. 
C. Adrian, Straßburg. Zeitschrift für Urologie, Bd. IV, 2. Heft 1910. 

3. Die Harnblase bei der Bilharziakrankheit und ihre Be¬ 
ziehungen zur Urolithiasis. Von Wilhelm Ebstein, Göttingen. 
Zeitschrift für Urologie. Bd. IV. 1. Heft 1910. 

4. Die Pyelitis. Von Dr. Kapsammer, Wien. Zeitschrift für 
Urologie, Bd. IV, 1. Heft 1910. 

5. Experimentelle Beiträge zur Frage der Isolierung der 
Ureteren. Von Dr. Th. L. Kobylinski, St. Petersburg. Zeitschrift 
für Urologie, Bd. IV, 1. Heft 1910. 

6. Traitement de l’incontinence essentielle nocturne d’urine 
au moyen de la testiculine. Par la Dr. Serrallach, Barcelone. 
Folia urologica Nr. 6, 1909. 

7. L’etere Santalilmetilico (Tyresolum) nella terapia dell’ 
uretrite blenorragica e della cistite. Per il Dottor Nicolö, La 
Mensa (Palermo). Folia urologiea Nr. 6, 1909. 

8. Die endemische Funiculitis und Bilharzia. Von Dr. 
Edwin Pfister, Kairo. Folia urologica Nr. 6, 1909. 

9. Beitrag zur Symptomatologie und Diagnose des Prostata- 
karcinoms mit besonderer Berücksichtigung der Frühdiagnose. 
Von J. F. Salinger, Berlin. Folia urologiea Nr. 6, 1909. 

10. Elektrothermophor bei Gonorrhoe. Von Dr. Hans Vörner, 
Leipzig. Folia urologiea, Bd. IV, Heft 7, 1910. 

11. Ein Beitrag zur Diagnostik der Urachusfistel. Von Karl 
Brüggemann, Berlin. Folia urologica, Bd. IV, Heft 7, 1910. 

12. Neopyeloplastik bei großen Hydronephrosen. Von Dr. 
S. Spasslokukotzky, Saratow. Folia urologica, Bd. IV, Heft 1910. 

13. La mia statistica della nefrectomia. Del Prof. J. Tansini. 
Folia urologica, Bd. IV, Jan. 1910. 

14. Zur Frage des Ursprungs der Phosphaturie bei 
Gonorrhoe. (Kritisches und Experimentellen). Von H. Lohnstein, 
Berlin. Zeitschrift für Urologie, Bd. IV, 3. Heft 1910. 

15. Einige Bemerkungen zur Pyelonephritis. Von Prof. Dr- 
Ernst Küster, Berlin. Zeitschrift für Urologie, Bd. IV, 3. Heft 1910. 


16. Zur Kenntnis der eingesackten Blasensteine bei der 
Frau. Von Dr. Ernst R. W. Frank, Berlin. Zeitschrift für Urologie, 
Bd. IV, 3. Heft 1910. 

17. Zur Technik galvanokaustischer Operationen bei Irri- 
gationsurethroscopie. Von Dr. Kropeit, Hamburg. Zeitschrift für 
Urologie, Bd. IV, 2. Heft 1910. 

18. Symptomatischer Nachweis eines in die Blase durch¬ 
gebrochenen Gazetupfers. Von B. K. Roerig, Hannover. Zeit¬ 
schrift für Urologie, Bd. IV, 2. Heft 1910. 

1. Empfehlung der zuerst bei Prostatitis chronica von M. Porosz 
angegebenen Faradisation der Prostata. Verfasser bedient sich hierbei 
eines sehr einfachen Unterbrechers, der automatisch durch ein Uhrwerk 
getrieben wird. „Der Strom wird über eine gerade federnde Stahlbahn 
geleitet, die in Ruhestellung an einen metallischen Kontakt angepreßt 
liegt (Stromschluß). Neben der federnden Stromstrecke ist ein durch 
ein Uhrwerk in Rotation versetztes Rad so angeordnet, daß die an 
seiner Peripherie angebrachten Zapfen dieselbe niederdriicken und da¬ 
durch den Strom öffnen. In dieser Weise wird der Strom in der Mi¬ 
nute 60 mal unterbrochen, zwar so, daß die Phase des Stromschlusses 
3 / 4 Sekunde, der Oeffnung , / 4 Sekunde dauert“. Die eine Elektrode 
liegt im Rektum, die andere wird breit auf die Nates beim Uebergang 
zum Oberschenkel aufgesetzt. Patient steht in gebückter Stellung. Die Reiz¬ 
elektrode liegt in der Kathode. Der intermittierende Wechselstrom be¬ 
wirkt abgesehen von dem mechanischen Effekt rhytmische Erregung 
von Kontraktionen der Muskulatur und Expression des pathologischen 
Drüseninhalts, ferner eine konsekutive, längere Zeit andauernde Hyper¬ 
ämie und Tonisierung der Muskulatur. 

2. Bei einem 42 jährigen Mann, der vor 3*/2 Jahren eine erste schwere 
Haematurie gezeigt hatte, ergab die damals vorgenommene Cystoskopie 
Blutung aus dem 1. Ureter. Operation (Freilegung der linken Niere) 
wurde verweigert. Jetzt bestand hochgradiger Marasmus, auf der linken 
Bauchseite wölbte sich ein kindskopfgroßer, scheinbar der linken Niere 
angehÖriger Tumor vor. Abweichend von dem vor ß^Jahren erhobenen 
Befunde fanden sich auf der Streckseite beider Unterame kleinste, punkt¬ 
förmige, unregelmäßig zerstreute Pigmentflecke in großer Anzahl. 
Operation war wegen des schlechten Zustandes nicht mehr ausführbar. 
Die Autopsie ergab das Vorhandensein eines mächtigen Karzinoms 
der linken Nebenniere, das auf die Niere übergegriffen und letztere 
fast vollständig zerstört hatte. Die punktförmigen Pigmentationen der 
Haut finden sich bei Erkrankungen der Nebennieren und zwar bei 
isolierter, beiderseitiger Tuberkulose, bei einfacher Hyperplasie und 
bei Karzinom. Unter den Erkrankungen der Niere sind sie bei 
den aus Keimversprengungen der Nebenniere hervorgegangenen Ge¬ 
schwülsten, den Hypernephromen oder Grawitz’schen Tumoren der 
Niere beschrieben worden. Sie sind für diese Geschwülste der Nieren 
also pathognomonisch. Zur Spezialdiagnose einer Nierengeschwulst 
sind sie nur zu verwerten, wenn eine Nebennierenerkrankung auszu¬ 
schließen ist. Die punktförmigen Pigmentationen können sich mit 
diffusen Melanodermien und anderen Symptomen der Addisonschen 
Erkrankung vergesellschaften. Es können also Hypernephome und 
Nebennierenerkrankungen klinisch gleiche Erscheinungen hervorrufen. 
Das Zustandekommen dieser punktförmigen Pigmentationen der Haut 
bei dieser Erkrankung ist vorläufig noch ungeklärt. Es bleibt abzu¬ 
warten, ob die Pigmentflecke sich diagnostisch zur Erkennung von 
Nebennieren- oder Nierenerkrankungen, die vorläufig noch latent sind, 
verwerten lassen. Nach dem vorliegenden spärlichen Beobachtungs¬ 
material kommt ihnen eine Bedeutung als Frühsymptom nicht zu. 

3. Die Harnblase ist bei an Bilharziakrankheit Leidenden häufig in 
Mitleidenschaft gezogen in mehr oder weniger hohem Grade. In den 
leichten Fällen findet man durch Distomumeierablagerung ent¬ 
standene Knötchen in spärlicher Menge, in den vorgeschrittenen Fällen 
sind die Knötchen größer und haben das Aussehen von Tumoren, oder 
sie markieren sich als Villi oder Fungi. In solchen Fällen finden sich 
gewöhnlich Blasensteine, die zu ihrem Ausgangspunkt zurückgebliebene 
Eierschalen des Distomum haematobium nehmen. Die Blasenschleim¬ 
haut ist dann mit Incrustationen bedeckt, deren Kern Haufen von Disto- 
mumeiern bilden. Die Häufigkeit des Vorkommens von Blasensteinen 
in Aegypten ist auf die Bilharzia zurückzuführen. Verfasser besitzt acht 
Blasensteine von an Bilharzia erkrankten Eingeborenen. Es würde 
jedoch in den Harnblasen, die in Folge der Bilharziakrankheit in 
Mitleidenschaft gezogen wurde, auch bei einem vorhandenen 
Steinkern nicht zur Bildung umfangreicher Konkremente kommen, 
wenn nicht die zum Aufbau des Gerüstes derselben unbedingt 
erforderliche organische eiweißartige Substanz vorhanden wäre. Die¬ 
selbe wird in der Distomumblase gebildet, wenn der bei ihr sich ent¬ 
wickelnde entzündliche Prozeß zu einer gewissen Intensität gediehen 
ist. Durch ihn wird sodann das Material zum Aufbau des organischen 
Gerüstes der Blasensteine geliefert. Fehlt ein solcher Prozeß, so wird, 




Nr. 17 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


267 


trotz der Anwesenheit eines durch Distomumeier enstandenen Stein¬ 
kerns keine wirkliche Steinbildung zu Stande kommen. Es würde 
dann lediglich eine geringfügige Incrustation des Distomumkernes 
eintreten. 

4. Verfasser gibt folgendes Resume: „Die isolierte Pyelitis ohne 
Erkrankung des benachbarten Nierenparenchyms ist eine nur anatomisch¬ 
histologisch diagnostizierbare Erkrankung. Für die Pyelonephritis im 
allgemeinen ist die haematogene Infektion als Regel anzusehen. 
Bakterium coli findet sich sehr häufig bei Pyelitis, ohne deswegen 
immer der Erreger der Eiterung zu sein. Man hat zu unterscheiden: 

1 primäre Pyonephrose: Der Eiterungsprozeß geht der Erweiterung 
des Nierenbeckens voraus, der Ureter ist meist eng, verkürzt, es fehlt 
die kompensatorische Hypertrophie der 2. Niere und 2. sekundäre 
Pyonephrose: Der Erweiterung des Pyelon geht die Eiterung voraus, 
der Ureter ist meist erweitert und verlängert, es besteht meist kom¬ 
pensatorische Hypertrophie der 2. Niere. Der Umstand, daß bei den 
chronischen Formen Symptome von Seiten des Pyelon häufig fehlen, 
daß die sekundären Blasensymptome meist im Vordergrund stehen, 
zeitigte die falsche Lehre von der regelmäßigen urogenen, ascendieren- 
den Infektion und den therapeutischen Nihilimus. Kolikartige Anfälle mit 
Blasentenesmus sind im allgemeinen charakteristisch für den akuten 
Ureterverschluß; kolikartige Schmerzanfälle ohne Blasentenesmus für 
akute Kapselspannung. Eine exakte Diagnose kann sich nur auf dem 
Ureterenkatheterismus aufbauen; er gibt aber nur sicheren Aufschluß 
über die Seite der Erkrankung; über die Schwere der Erkrankung, über 
ihre Ausdehnung auf das Nierenparenchym geben nur die neuen 
Methoden der funktionellen Nierendiagnostik eine verläßliche Orientierung. 
Die Therapie hat durch den Ureterkatheter eine wertvolle Bereicherung 
erfahren; doch ist dabei eine außerordentlich exakte Indikationsstellung 
nötig, vor einer kritiklosen Polypragmasie ist zu warnen.“ 

5. Verfasser untersuchte auf experimentellem Wege, ob und in¬ 
wiefern die Isolierung einerStrecke des Ureters von dem retroperitonenalen 
Bindegewebe und von dem den Ureter bedeckenden Peritoneum bei 
Operationen für die Funktion des Ureters und der entsprechenden 
Niere von Bedeutung sind. Die makroskopische und mikroskopische 
Untersuchung der Ureteren und der dazugehörigen Nieren ergab bei 
den Versuchstieren keine bemerkbaren Differenzen zwischen den 
isolierten und den intakt gebliebenen Nieren und Ureteren. Die 
Erklärung hierfür sieht Verfasser in dem Reichtum und der Multiplicität 
der Quellen der Blutversorgung und der Innervation der Ureteren. 

6. Die hauptsächlichste Reflexhemmung der Blase stammt vom 
Geschlechtsapparat her. Zu diesen Reflexen gehört die Verhinderung 
der Harnentleerung während der Ejakulation, sowie einige andere 
Störungen derselben bei verschiedenen Protastaerkrankungen. Die 
Untersuchungen von Serrallack und Pares haben gezeigt, daß die 
Blasenhemmung sexualen Ursprungs in ursächlichem Zusammenhang 
mit der inneren Sekretion des Hodens steht. Es erhöht danach der 
Hodensaft beim Hunde die Kapazität der Harnblase und führt Zu¬ 
sammenziehung der Schließmuskeln herbei. Sie verwendeten auf Grund 
dieser Entdeckung den Hodensaft in Fällen von Harnbeschwerden, die 
mit Verminderung der Blasenkapazität und mit Erschlaffung des 
Sphinkters einhergingen. In allen chirurgischen Fällen war die Be¬ 
handlung ohne Erfolg. Sie erzielten jedoch günstige Resultate in den 
meisten Fällen von funktioneller Inkontinenz. 

7. Auf Grund ausgedehnter Versuche empfiehlt Verf. das Tyresol 
wegen seiner analgetischen und sedativen Wirkung als ausgezeichnetes 
Ersatzmittel der gewöhnlichen Balsamica, obwohl es nicht die Wirkung 
des reinen, in toto genommenen Santalöls besitzt. Es wird gut von 
den Patienten vertragen, ohne subjektive Beschwerden sowie sonstige 
gastro-intestinale-, renale-, Haut-Erscheinungen zu verursachen. 

8. Bei der in tropischen Ländern, hauptsächlich in Aegypten auf¬ 
tretenden endemischen Funiculitis ist in erster Linie an einem Zusammen¬ 
hang mit Bilharzia zu denken, die das ganze Urogenitalsystem von der 
Harnröhrenmündung bis hinauf zum Nierenbecken befallen kann. Die 
Funiculitis entsteht durch eine bacterielle Secundärinfektion. Die Ueber- 
tragung auf den Samenstrang geschieht häufiger auf dem Wege der 
Lymphbahnen, lymphaugitische Form, seltener durch Thrombosirung der 
Venen, eitrige Phlebitis des Samenstrangs. Als pathogener Micro- 
organismus gilt — bis auf weiteres — ein Diplo-Streptococcus. Die 
Krankheit ist eine lokale Pyämie, d. h. eine Erkrankung mit ernster 
Prognose und häufigem Ausgang in exitus. Die Therapie besteht in 
möglichst rascher operativer Entfernung des befallenen Samenstrangs 
und des dazugehörigen Hodens. 

9. Der Zweck der vorliegenden Arbeit war der Versuch durch 
kritische Würdigung der einzelnen Symptome von 21 Fällen von 
Prostatakarcinom Anhaltspunkte zur Stellung einer Frühdiagnose zu 
gewinnen. Die wichtigsten Ergebnisse waren folgende: Es ist unbe¬ 
dingt nötig, bei jeder Prostatahypertrophie älterer Leute die Möglich¬ 


keit eines Karcinoms zu berücksichtigen. Bei der Erhebung der 
Anamnese ist mit Rücksicht auf eine schnelle Entwicklung der Krank¬ 
heit besonderer Wert auf die Zeit der wirklich ersten Beschwerde zu 
legen und diese durch geeignete Fragestellung zu eruieren. Das kon¬ 
stanteste und wichtigste Symptom ist die bei der Rectaluntersuchung 
zu fühlende Härte der Drüse oder eines Teils derselben. Daneben 
ist auf besonders unregelmäßige knotige Beschaffenheit, auf seitliche 
Fortsätze und isoliert neben der Drüse liegende Knötchen zu achten. 
Schmerzen bei der Miction, rheumatische Schmerzen, Ischialgie, Haema- 
turie, spontan und nach instrumenteilen Eingriffen, fehlen häufig im 
Anfangsstadium. Es darf daher das Fehlen nicht gegen die Diagnose 
Karcinom verwertet werden. Kachexie fehlt ebenfalls häufig im An¬ 
fang und tritt erst sehr spät auf. Ebenso wenig sprechen Besserungen 
der Miktionsbeschwerden, des Allgemeinbefindens und Gewichts¬ 
zunahme gegen maligne Neubildung. In allen Fällen von Protasta 
hypertrophie, bei denen die Bottini-Operation gemacht worden ist, 
sind die Schorfe zu sammeln und histologisch genau zu untersuchen. 
Die Exstirpation selbst zunächst nicht verdächtiger Lymphdrüsen zur 
histologischen Untersuchung kann diagnostisch von Wert sein. Symp¬ 
tome, die ebenfalls von Wichtigkeit sind, ist zu Beginn auftretende 
Incontinenz ohne größere Retention, bei Ausschluß einer Erkrankung 
des Zentralnervensystems; ferner bei der Kystoscopie das Vorhanden¬ 
sein von nach vorn, d. h. nach der Symphyse zu gelegenen Prostata¬ 
wulstungen. 

10. Die Behandlung der Gonorrhoe durch erwärmte Sonden kann 
die sonstige Behandlung fördern. Eine Vernichtung der Gonococcen 
durch die erhöhte Temperatur an sich ist aus physiologischen Gründen 
ausgeschlossen. Verf. empfiehlt einen von ihm konstruierten Elektro- 
thermophor. 

11. Eine kystokopische Untersuchung bei der Diagnose Urachus- 
fistel ist dann von besonderem Wert, wenn die klinischen Symptome 
unklar und zweideutig sind, wenn man keinen Katheter in die Blase 
hineinschieben kann, weil der Fistelgang zu fein ist und aus demselben 
Grunde wenig oder gar kein Urin aus dem Nabel austritt. Mit dem 
Kystoskop sieht man eine Klappe am Blasenvertex oder nimmt wahr, 
daß die in den Nabel eingespritzte Flüssigkeit in das Blaseninnere 
gelangt. 

12. Verfasser empfiehlt auf Grund eines von ihm behandelten Falles 
bei großen Hydronephrosen anstatt partieller oft erfolgloser Resektionen 
die totale Amputation des ganzen Nierenbeckens zu versuchen. Es 
bildete sich in diesem Falle nach der Operation ein neues Nieren¬ 
becken, in das der Ureter transplantiert wurde. 

13. Tansini teilt die Resultate der von ihm ausgeführten Ne¬ 
phrektomien mit. Unter 47 Operationen hatte er nur einen Todesfall, 
d. h. 2,12%, die geringste, die bisher existiert. Verf. meint, für diese 
günstigen Resultate mehr die von ihm geübte Technik als die funktionellen 
Untersuchungen verantwortlich machen zu können, da er schon vor 
Einbürgerung dieser Methode bessere Resultate als andere Operateure 
zu verzeichnen hatte. Seine Technik besteht in der Abklemmung des 
Hilus, einschließlich der großen Gefäße und des Ureters, und zwar 
namentlich in den Fällen, in denen die Sklerose des Hilus und der 
Gefäße die Isolierung des Nierenstieles und die Anlegung von Ligaturen 
sehr schwierig und gefährlich gestaltet. Außer der Sicherheit der 
Haemostase erzielt man mit diesem Verfahren die schnelle Beendigung 
der Operation, was von Wichtigkeit ist. 

14. Die Einwände Oppenheims gegen die in des Verfassers 
früheren Arbeiten geübte Methodik sowie gegen ihre Resultate sind als 
nicht stichhaltig zurückzuweisen. Das unmittelbar nach Entfernung der 
Blase mittels Ureterkatheterismus aufgefangene Nierensekret reagiert 
in der Regel weit weniger sauer als der angesammelte Blasenharn. 
In einigen Fällen zeigte es im Gegensatz zu jenem die Merkmale 
der latenten resp. manifesten Phosphaturie. 

15. Erwiderung auf den in Heft 1, Bd. IV dieser Zeitschrift er¬ 
schienenen Aufsatz von Kapsammer die Pyelitis. Verfasser weist 
den Vorwurf zurück, daß er zu den Forschern gehöre, die die urogene 
aszendierende Infektion bei Pyelonephritis für die ausschließlich 
vorkommende oder wenigstens prävalierende halten. Schon in seiner 
Nierenchirurgie, deren zweites Heft, die Pyelonephritis enthaltend, im Jahre 
1902 erschienen ist, hat er im Widerspruch gegen die damaligen Lehren 
der Guyonschen Schule die Theorie von der Häufigkeit der aufsteigenden 
Infektion möglichst einzuengen versucht. Die Ueberschrift des Aufsatzes 
von Kapsammer hätte Pyelonephritis heißen müssen, da in der Regel 
das Nierenparenchym mit beteiligt ist. Zu verwerfen ist das von 
Kapsammer geprägte neue Fremdwort, das „Pyelon“. Ein solches 
Wort gibt es im Griechischen nicht, sondern die Form, die in Pye¬ 
lonephritis erscheint, lautet fp ueXoc die Wanne. 

16. Eine 50jährige Frau, bei der bereits vor mehreren Jahren 
Totalexstirpation und später Operationen zum Verschluß bestehender 





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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 17 


Blasenscheidenfisteln gemacht worden war, litt seit längerer Zeit an hoch¬ 
gradigem Blasenkatarrh mit Abgang kleiner Steinchen besonders beim 
Stuhlgang. Die Cystoscopie ergab das Vorhandensein einer Steinkalotte 
am Blasenboden, die sich mit dem Cystoscopschnabel nicht bewegen ließ, 
sodaß sie scheinbar am Blasenboden fixiert war. Durch hohen Blasen¬ 
schnitt wurde der Stein entfernt, an seiner unteren Seite fiel ein nach 
unten und links gerichteter Sporn auf, welcher eine 7 mm lange und 
4 cm breite Bruchfläche auf wies. Man fühlte beim Abtasten des Blasen- 
innern 2 cm hinter dem Orificium internum eine starknadelknopf große 
Rauhigkeit umgeben von einem harten Narbenrande. Nach Erweiterung 
dieses Narbenrandes gelangte man in einen oberhalb des Scheiden¬ 
gewölbes gelegenen Hohlraum, aus dem zwei große und zwei kleine 
Concremente extrahiert wurden. Später wurden mit der Zange des 
Operationscystoscop aus drei kleinen Ausbuchtungen dieses apfel¬ 
großen Divertikels noch drei kleine Steinchen entfernt. Patientin wurde 
geheilt. 

17. Verfasser hat beim Gebrauch des kaustischen Incisionsmessers 
am Goldschmidtschen Irrigationsurethroscop beobachtet, daß diese Ein¬ 
griffe bei Irrigation mit Borsäurelösung außerordentlich viel Strom 
verbrauchten. Er bedient sich deswegen nach Ablauf der Borsäure¬ 
lösung, die er nur für die Inspektion verwendet, zu den operativen 
Eingriffen eines Luftgebläses, welches er mit dem Instrument in Ver¬ 
bindung bringt. Nach Aufblähung der Blase und der Pars posterior 
mit Luft werden die kaustischen Operationen mit geringem Strom¬ 
verbrauch ausgeführt. Während hierbei bei Beleuchtung von oben 
das Dach der Lampe bald zu warm wird, fällt dieser störende Umstand 
bei seitlicher Beleuchtung fort. 

18. Bei einem durchaus gesunden Arbeiter bestand hartnäckiger 
Blasenkatarrh mit häufigem Drang und Schmerzen am Schluß des 
Urinierens. Bei Untersuchung auf Stein deutliches Anschlägen der 
Sonde. Die versuchte Zertrümmerung gelangt nicht, da die gefaßte 
Masse nicht zerbrach und beim Lösen der Schraube die Schnäbel des 
Lithotriptors auseinander schnellten. Auf der linken Bauchseite hatte 
Patient eine Narbe, die von einer vor drei Jahren stattgefundenen 
Bruchoperation herrührte. Neben dieser hatte eine tumorartige Vor¬ 
wölbung bestanden, die in letzter Zeit verschwunden war. Die vor¬ 
genommene Sectio alta förderte einen zusammengeballten ganz verfilzten 
Tupfer zu Tage. Dieser war bei der Bruchoperation vergessen, nach 
längerem Aufenthalt in der Bauchhöhle in die Blase durchgebrochen 
und hatte dort den Katarrh hervorgerufen. Die Stelle des Durchbruchs 
in die Blase war trotz sorgfältigen Absuchens der Blasenwandungen 
nicht aufzufinden. 


Hautkrankheiten. 

Referent Dr. Grumach, Berlin. 

1. Ein neues Verfahren der intravenösen Behandlung der 
Varicositäten der Unterextremitäten. Von Dr. P. Scharff. Berliner 
Klinische Wochenschrift vom 28. März 1910. 

2. Weitere Ergebnisse über die Ausscheidung von Rhodan 
im Speichel Syphilitischer. Von cand. med. Joh. Ascher (Dr. 
Max Joseph Poliklinik). Dermatologisches Centralblatt 1910, Nr. 6. 

3. Die Behandlung der gewöhnlichen harten Warzen, des 
Klavus und Tyloma mit Kohensäureschnee. Von Dr. Joh. 
Fabry und Dr. Zweig, Städt. Krankenhaus zu Dortmund. Münchener 
Med. Wochenschr. Nr. 13. 

3. Ein Fall von Darierscher Krankheit. Von Dr. Lipmann- 
Wulf. Dermatolog. Zeitschrift Bd. XVII, H. 4, 1910. 

1. Verfasser empfiehlt ein übrigens nicht neues, sondern früher 
schon angewandtes und seiner Gefährlichkeit wegen verlassenes Ver¬ 
fahren zur Heilung von Varicen, nämlich die Thrombosierung. Er 
geht aus von den Erfahrungen, daß Venen durch eingespritzte Medi¬ 
kamente häufig thrombosieren und daß kranke Gewebe leichter reagieren 
als gesunde. 

Er wendet dazu eine 3, später eine 5 0 j 00 ige Lösung von Sublimat 
in physiologischer Kochsalzlösung an und spritzt dieselbe je nach dem 
Stadium der Behandlung, nach der Reaktionsfähigkeit, dem Krankheits¬ 
zustand und der Größe der Varicen in Mengen von */ 2 bis 5 ccm zuerst 
der 3 °l 00 igen, später der 5 °j 0Q Lösung ein und zwar unter zentralen 
Abschluß durch Gummibinde. So bringt er in Etappen von 3—6 Tagen 
alle vorhandenen Varicen zur Verödung. 

Schmerzen soll das Verfahren nicht machen, auftretende Schmerzen 
sollen sogar zeigen, daß die Technik fehlerhaft ist, nämlich, daß die 
Nadel sich nicht in der Vene befindet. 

Nicht nur die Varicen, sondern auch die dadurch hervorgerufenen 
und unterhaltenen Ulcera cruris sollen anstandslos dabei heilen. Die 


Dauerwirkung soll eine vollkommene sein, wenigstens will der Ver¬ 
fasser Recidive nicht beobachtet haben. 

Einige geschilderte Fälle illustrieren die theoretischen Darlegungen. 

Die Methode ist, wenn sie das hält, was der Verfasser verspricht, 
angesichts der Aussichtslosigkeit der bis jetzt angewandten, sicher ein 
großer Gewinn. Jedoch kann der Referent einige Zweifel nicht unter¬ 
drücken. Varicenbildung ist eine aktive Gefäßkrankheit und diese 
geht bei Verödung der varikösen Venen erfahrungsgemäß auf die 
noch gesunden über. An ein Freibleiben von Recidiven möchte 
deshalb Referent vorerst nicht glauben. Sodann kann er den Optimismus 
des Verfassers über die unbedingte Gefahrlosigkeit der Methode nicht 
teilen. Die Gefahr der Embolie scheint durch die Wahl des anderen 
Mittels (Sublimat-Kochsalz statt wie früher Liqu. ferri sesquichlor und 
ähnlichen) angesichts der früher vorgekommenen reichlichen Unglücks¬ 
fälle nicht beseitigt. 

Jedenfalls empfiehlt sich die Methode zur Nachprüfung. 

2. Max Joseph hat gefunden, daß die bei Gesunden physio¬ 
logische Ausscheidung von Rhodankalium im Speichel bei Syphili¬ 
tischen mitunter fehlt, immer aber eingeschränkt ist. Mense will 
danach dieses Fehlen von Rhodankalium diagnostisch für Syphilis 
verwerten. Der Verfasser hat nun zur Nachprüfung 118 Fälle der 
Poliklinik herangezogen, indem er bei ihnen kolorimetrisch den 
Rhodankaliumgehalt des Speichels feststellte. 

Es zeigte sich nun vorerst, daß Raucher für diese Untersuchung 
nicht zu benutzen waren, weil bei ihnen der Rhodankaliumgehalt 
sowieso vermehrt ist. Bei den 102 Nichtrauchern, unter denen sich 
auch Gonorrhoe-, Ulcusmollekranke und Gesunde befanden, konnte er 
allerdings feststellen, daß bei Syphilitikern der Rhodankaliumgehalt 
des Speichels bis auf kaum nachweisbare Spuren abnimmt. Bei 
Kranken des Stadium I (von wann an, ist leider nicht gesagt) ist die 
Reaktion fast negativ, im Stadium II ist sie etwas stärker, im Stadium III 
etwa J / 10 der normalen. Die nicht syphilitischen Patienten zeigten 
normalen Gehalt. 

Aus diesen Untersuchungen zieht Verfasser folgende Schlüsse: 

a) Die Rhodanausscheidung ist dem menschlichen Körper phy¬ 
siologisch ; 

b) ein Fehlen bedeutet eine pathologische Beeinflussung des Stoff¬ 
wechsels und zwar 

c) verursacht durch eine luetische Infektion. Eine solche mit 
andern Krankheiten hat keinen nennenswerten Einfluß auf die 
Rhodomausscheidung. 

d) der Rhodangehalt hat beim luetisch Infizierten die Tendenz, 
mit den Jahren zu steigen. 

a, b und d könnte man sich gefallen lassen, aber c ist denn doch 
etwas zu kühn. Der Verfasser hat nur Patienten mit Ulcus molle und 
Gonorrhoe untersucht. Zuerst müßte er uns zeigen, daß der 
Rhodankaliumgehalt nicht nur bei diesen Krankheiten, sondern auch 
bei der Ueberzahl der anderen, vor allen Dingen der chronischen 
Krankheiten, z. B. der Tuberkulose, und bei den Zahn- und Mund¬ 
krankheiten normal ist, ehe auch wir der Meinung wie er werden 
können: 

„Ich glaube damit beweisen zu können, daß die Annahme Menses, 
die Rhodanreaktion zu diagnostischen Zwecken verwerten zu können, 
mit Sicherheit bestätigt ist.“ 

Man kann sich dem Wunsch des Verfassers nach weiteren Unter¬ 
suchungen danach nur anschließen. 

3. Die Verfasser haben die Wirkung des Kohensäureschnees 
(Herstellung im Original nachzusehen) auf die Haut zuerst an Tieren 
festgestellt und gefunden, daß die Wirkung von einer Minute für die 
beabsichtigten Zwecke ausreicht und dabei unschädlich ist. Sie drücken 
den in einem Spritzenzylinder, dessen vorderer Ansatz abgeschraubt 
ist, befindlichen Schneezylinder 20—50 Sekunden, je nach Größe der 
Warzen usw. und dem Alter des Patienten, auf die zu behandelnde 
Stelle. Nach einer Stunde entwickelt sich eine Quaddel und nach 
etwa 24 Stunden eine Blase, in deren Haut die zu entfernende Neu¬ 
bildung sich befindet. Mit einer Cooperschen Schere wird die Neu¬ 
bildung weggeschnitten und die Wunde heilt unter Pulverband in 
einigen Tagen. Es können in derselben Sitzung bis zu 20 Neu¬ 
bildungen entfernt werden. Ob Narben entstehen, wird nicht gesagt. 

Die Verfasser schildern das Verfahren als sehr einfach und leicht. 
Einfach ist es sicher nicht, denn es gehört dazu, wenn es nicht 
Schaden anrichten soll, eine ganz gehörige Erfahrung (zu lange Ein¬ 
wirkung macht Nekrose). Aber auch leicht ist es nicht, denn wie die 
Verfasser selbst zugeben, ist es besonders in der Nähe der Finger¬ 
spitzen sehr schmerzhaft uud, was doch „tief blicken läßt“, zur Be¬ 
handlung größerer Partien halten sie Aufnahme ins Krankenhaus für 
notwendig. 

Bei der Harmlosigkeit der zu behandelnden Dinge und der Fülle 
anderer leichter Methoden heißt dies: Mit Kanonen nach Spatzen schießen 





Nr. 17 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


269 


4. Verfasser berichtet über einen in seiner Poliklinik beobachteten 
Fall jener seltenen Hautkrankheit, welche zuerst im Jahre 1889 von 
White und Bo wen als Keratosis follicularis geschildert und von 
Darier auf dem internationalen Dermatologenkongreß als klinisch 
und histologisch genau charakterisierte besondere Dermatose vorgestellt 
wurde. Es sind von der Krankheit einige 40 Fälle bekannt, sie ist 
also keine überaus seltene. 

Der gegenwärtige Fall bietet kaum Besonderheiten. Es sind 
wieder die teils grauen, teils schwarz-braunen, schmierigen, sich fettig 
anfühlenden, teils knötchenförmigen, teils plaqueartigen Efflorescenzen, 
die häufig auf geröteter Umgebung stehen und einen Hornkegel in 
die Tiefe senden. Wie meist, so sind auch hier die tiefen Hautfalten 
(Achselhöhlen, große Labien, Analfalten) am meisten befallen; kein 
Körperteil ist ganz frei. Auch die Nägel zeigen Risse, Längsstreifung 
und Wucherungen des Nagelblattes, wodurch die freien Ränder ab¬ 
gehoben sind. 

Mikroskopisch findet der Verfasser dieselben Merkmale wie in 
den anderen Fällen: Der Pfropf besteht aus halb und ganz ver¬ 
hornten Lamellen, die häufige Zwischenräume zwischen sich lassen; 
unter der Plaque Veränderung der normalen Hautstruktur. An der 
Grenze zum Stratum corneum liegen jene merkwürdigen großen 
runden Zellen mit körnigem, undeutlichem Protoplasma, kleinem Kern 
und stark lichtbrechendem kontouriertem Rande, welche D. für Parasiten 
(Psorospermien) hielt, die heute aber wohl allgemein als in Ver¬ 
hornung begriffene Epidermizellen aufgefaßt werden, die allmählich in 
die geschilderten Schollen sich umwandeln. Ueber den Charakter der 
erwähnten Lücken besteht noch keine Uebereinstimmung. Verfasser 
hält sie für Entzündungsprodukte. 

Die Therapie ist machtlos. 


Militär-Sanitätswesen. 

Ref.: Generaloberarzt Dr. M. Peltzer, Steglitz. 

Einiges zur Marschfähigkeit. Von Hauptmann Geßner, 
Regimentsarzt im 23. (schweizerischen) Infant. Regt. Schweizerische 
Rundschau für Medizin 1910, Nr. 13. 

Es scheint, daß es in der schweizerischen Armee nicht nur, wie 
Geßner selbst zugiebt, mit der Marschtüchtigkeit, sondern auch mit 
der Handhabung der Disziplin und des Gesundheitsdienstes, die jene 
mitverbürgen, nicht zum Besten und jedenfalls noch nicht so bestellt 
ist, wie wir es heut gewohnt sind. Wenigstens schließen wir das aus 
den an sich im Allgemeinen durchaus sachgemäßen Vorschlägen, die 
G. zur Hebung der Marschtüchtigkeit machen zu müssen glaubt und 
die unseren Truppen- ebenso wie unseren Sanitätsoffizieren nachgerade 
in Fleisch und Blut übergegangen sind, wobei wir allerdings hinzu¬ 
fügen müssen, daß wir uns der Zeit entsinnen, wo es auch bei uns 
in mancher Beziehung noch nicht viel anders war. Auch bei uns hat 
es mancher Arbeit bedurft, ehe wir, unterstützt durch die Erfahrungen 
dreier Kriege, soweit kamen, wie wir heute sind. Standen aber bei 
uns u. a. hauptsächlich Tradition und Vorurteil dem Fortschritt ent¬ 
gegen, so ist es in der Schweiz das Milizsystem. Jene waren zu über¬ 
winden — daß die Schweiz je zum stehenden Heer übergehen wird, 
läßt sich nicht erwarten — und die Mängel, die dem Milizsystem nun 
einmal anhaften, sind es, die Disziplin in unserem Sinne schwer auf- 
kommen lassen. G. geht von den großen Unterschieden aus, die sich 
in den „Wiederholungskursen“ der Jahre 1902—1908 in der Zahl der 
bei der 11. und 12. Brigade Evakuierten (Marschunfähigen? Ref.) ergab: 
bei der 11. Brigade 1902 und 1908 76 bezw. 78, bei der 12. 193 bezw. 
245, und sieht einen der Gründe hierfür darin, daß Stadtbataillone im 
Allgemeinen überhaupt weniger leistungsfähig sind als solche, die 
sich vom Lande rekrutieren. Was soll man aber dazu sagen, wenn, 
nach G., den schweizerischen Rekrutierungsbehörden bei der Auswahl 
der Leute das eine Jahr möglichste Strenge, das andere möglichste 
Nachsicht befohlen wird, weil die Effektivbestände zu klein sind? Daß 
dabei und weil die Zeit für die ärztliche Untersuchung des Einzelnen 
oft nur sehr kurz ist, oft recht minderwertiges Material eingestellt wird, 
liegt auf der Hand. Schwierigkeiten für die Beurteilung ergaben (in 
der Schweiz) zudem besonders der Plattfuß und der Kropf, und G. 
weist bei Erwähnung dieser auf die auch bei uns nicht unbekannte 
Tatsache hin, daß Plattfüßler und Kröpfler als freie Sportsleute oft 
alles leisten, was man von ihnen verlangen kann, während sie als 
Soldaten auf dem Marsche liegen bleiben. Die Erklärung hierfür 
dürfte unschwer zu finden sein. Schwierigkeiten für die Beurteilung 
Militärpflichtiger machen ferner Herzfehler und Herzgeräusche — wir 
schicken zweifelhafte Fälle zur Beobachtung ins Lazarett, bevor end¬ 
gültig über sie entschieden wird, ob dies auch in der Schweiz ge¬ 
schieht, geht aus dem Aufsatz nicht hervor. G. wirft nun die Frage 


auf, ob sich gegen die Schwächung der Marschfähigkeit durch diese 
3 Fehler: Plattfuß, Kropf und Herzfehler, militärisch etwas tun läßt? 
Was die letzteren betrifft, so zieht er hier besonders gegen das sport¬ 
liche Uebertrainieren schon vor der Einstellung, bezüglich der Ver¬ 
hütung des Plattfußes gegen unzweckmäßige Strümpfe und unzweck¬ 
mäßiges Schuhzeug zu Felde — auch bei uns ist lange um den Normal- 
! (breiten) Stiefel gekämpft worden. Was dann über Marschhygiene 
selbst zur Verhütung von Marschkrankheiten und übler Vorkommnisse 
beim Marsch (Wundlaufen, Hitzschlag) sowie über die Psychologie 
des Marsches gesagt wird, ist durchaus zutreffend, aber nicht neu. 
Neu war uns, daß die schweizerischen Truppenführer beim Marsch an 
bestimmte Stundenhalte (Halt nach 50 Minuten) gebunden zu sein 
scheinen, daß der Mann „beim Fassen seines Schuhs in der Rekruten¬ 
schule am Einkleidungsort“ 10 Frcs. und eventuell, wenn diese absolut 
nicht passen, später noch einmal 10 Frcs. zahlt, weil das „Zeughaus“ 
getragene Schuhe nicht zurücknimmt, und daß von „Hosenschonern“ 
die Rede ist, die, falsch gebunden, zur Entstehung von Sehnenscheiden¬ 
entzündungen beitragen können. Wir wünschen der Arbeit G’s. besten 
Erfolg! 


Varia. 

Zur Prophylaxe des Puerperalfiebers. Von Pankow. Zentral¬ 
blatt für Gynäkologie 1910, Nr. 8, p. 273 ff. 

Pankow berichtet über Mißerfolge, die er bei prophylaktischer 
Injektion von Nukleinsäure erzielt hat. Diese waren aber außer- 
I ordentlich schmerzhaft und zeitigten starke peritoneale Symptome, und 
eine Vermehrung der Leukocyten blieb völlig aus. 

Ebenfalls Mißerfolge traten nach Injektion von Meyers Anti¬ 
streptokokkenserum ein, das nicht imstande war, die Infektion der 
Uterushöhle oder die Ausbreitung der Infektion zu beeinflussen. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Zur Behandlung der Blasenfistel. Von Burmeister. Zentral¬ 
blatt für Chirurgie 1910, Nr. 6, p. 195. 

Bei Burmeister bewährte sich nach intravesikalen Operationen 
und nach der Frey er sehen Prostatektomie das „Zukleben der Fistel“. 

Ist die Blasenwunde soweit geschlossen, daß noch eine Nelaton- 
sonde von etwa Nr. 10—12 Charriere den Wundkanal passiert, so 
wird ein Katheter in die Harnröhre eingeführt, die Blase ausgespült 
und entleert, die Umgebung der Fistel sorgfältig gereinigt und die 
Haut (am besten durch einen warmen Luftstrom) getrocknet. Jetzt 
wird die Fistel und Umgebung mit Wederkakeschem Dermagummit 
eingepinselt und eine markstückgroße Scheibe Kautschukfolie darauf 
gelegt und angepreßt. Dieses Verfahren wird 2—3 mal wiederholt; 
dann wird nach Abtrocknung der Kautschukschicht ein Bäuschchen 
Verbandmull, darüber eine dicke Lage Watte und schließlich eine 
feste Verbandtour angelegt. Jetzt erst wird der Katheter aus der 
Harnröhre entfernt. Die Heilung erfolgt in wenigen Tagen. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Ueber die Erfolge der radikalen operativen Therapie der 
benignen Stenosen und der Magengeschwüre. Von Jedlicka. 

Medizinische Blätter 1910, Nr. 4, p. 37ff. 

Die benignen Stenosen usw. werden in 3 Gruppen eingeteilt: 

I. Gruppe: 

Benigne Geschwülste des Pylorus entzündlichen Ursprungs. Die 
Ursache: uleus pylori oder antri pylori oder der Umgebung. 

Therapie (in allen Fällen erfolgreich gewesen): Exstirpation des 
Uleus mit Pylorektomie. 

Gründe für diese Indikation. 

1. Die Ulcera sind häufig die Basis eines Carcinoms. 

2. Wiederherstellung annähernd normaler anatomischer Verhältnisse. 

3. Die Resultate der Operation sind bezüglich der Gefahr als auch 
der Dauer des definitiven Resultats besser als bei andern Operations¬ 
methoden. 

II. Gruppe: 

Vom Pylorus entfernte Ulcera, 2 Stadien: 

a. hyperacide Form, Kombination des Geschwürs mit Pylorus- 
sparmus und Hyperacidität. 

Therapie: Exstirpation des spartischen Pylorus, Excision des Ge¬ 
schwürs. 

b. Hypacide Form (sive indolente Form) ohne muskuläre 
Stenose des Pylorus. 

Therapie: Excision des Uleus. 



270 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 17 


III. Gruppe: 

Pylorussparmus oder Gastrosparmus ohne Befund von Geschwüren. 

Therapie: Bei gastralem Ursprung: Sphinkterektomie; bei reflek¬ 
torischem Ursprung, oder hervorgerufen durch andere Krankheiten wie 
Wanderniere, Cholelithiasis usw. Konkurrenz der Spinkterektomie mit 
Gastroenterostomie und interner Behandlung. Den Einwand, daß die 
Magenrerektionen bei benignen Stenosen und bei Geschwüren ein sehr 
gefährlicher Eingriff sei, wird durch die Statistik Jedlicka’s widerlegt. 

Kurt Lipschitz, (Berlin). 

Ueber Schmerzlinderung während der Geburt durch die 
Stoeckel-Koblancksche Methode. Von Baum. Zentralblatt für 
die gesamte Therapie 1910, Nr. 1, p. lff. 

Die Stoeckelsche Methode ist folgendermaßen: Die Kreißende 
muß sich mit stark gebeugten Ober- und Unterschenkeln und maximal 
angezogenen Knieen auf die linke Seite legen, der Steiß muß mit dem 
Bettrand abschneiden. 

Damit die Kreißende möglichst wenig spürt, wird die Nadel 
während einer Wehe durch die Haut in den Sakralkanal gestoßen und 
zwar in das „schwarze Dreieck oberhalb der Gesäßfurche“. Nach der 
Durchbohrung der Hiatusmembran muß das Pavillonende nach der 
Analfurche etwas gesenkt werden. 

Die Nadel muß bei mageren Frauen 4 1 2 ein, bei fetten 6 cm lang 
sein, die Injektionsspritze ist am besten eine 10 ccm fassende Rekordspritze. 

Die Injektionsflüssigkeit besteht aus 
Novakain 0,15 
Suprarenin 0,000325 
Aqu. dest. ad 3,0 

und wird aufgelöst in 30 ccm physiologischer Kochsalzlösung. 

Die Kombination besteht nun in der Vereinigung der Sakralanästhesie 
mit der Koblanckschen Kokainisierung der Nasenmuscheln. 

Mit einem feinen, mit 5 Tropfen einer 20%igen Kakainlösung be¬ 
feuchteten Wattebäuschchen wird die untere Muschel und das Tuber¬ 
culum septi jederseits befeuchtet. 

Beim Zusammenfassen der Vor- und Nachteile der Stoeckel- 
Koblanckschen Methode kommt Verf. zu folgenden Resultaten: 

1. Eine deutlich wahrnehmbare Schmerzbeeinflussung ist vorhanden. 

2. Die Wirkungsdauer auf eine bis wenige Stunden beschränkt. 

3. Eine Störung des physiologischen Geburtsverlaufes findet nicht 
selten statt: 

a. durch Verschlechterung der Uterusarbeit 

(schwächere Wehen, längere Pausen); 

b. durch erhebliche Abschwächung der Bauchpresse infolge 
mangelnder Schmerzreflexwirkung. 

4. Bei Idiosynkrasie der Mutter gegen Kokain können sehr unan¬ 
genehme Zustände entstehen. 

5. Eine Störung des Geburtsverlaufes kann indirekt das Kind ge¬ 
fährden. Kurt Lipschitz, (Berlin). 


Technische Neuerscheinungen. 

Ueber Pasteurisierung von Säuglingsmilch. 

Von Dr. med. H. Trautmann. (Umschau 1910, Nr. 1). 

Der Hauptgrund für die Schwierigkeit, wirklich zuver¬ 
lässig zu pasteurisieren, ist darin zu erblicken, daß man 
gemeinhin Heizquellen mit hoher Eigenwärme zur Er¬ 
zeugung und Einhaltung verhältnismäßig niederer Wärme¬ 
grade während einer längeren Dauer verwandt hat. Das 
stellt naturgemäß hohe Ansprüche an die Sorgfalt des 
Arbeitspersonals, um Ueberhitzung oder auch Unterer¬ 
wärmung der Milch zu verhüten. Ein weiterer Uebelstand 
vieler bisherigen Pasteurisierverfahren ist der, daß allzu 
sehr ein Zustand der Ruhe in Milch und Wärmwasser 
besteht. Wer Bewegung in die trägen Massen zu bringen 
wüßte, müßte seinen Zweck schneller und sicherer 
erreichen. 

Es ist dringend erwünscht, Säuglingsmilch nur in 
trinkfertigen, leicht zu reinigenden Glasflaschen als Einzel¬ 
mahlzeiten zu bereiten. Die Flaschen sollen zweckmäßig 


bei Beginn der Pasteurisierhandlung endgültig verschlossen 
werden, um jede spätere Verunreinigung der Milch sicher 
auszuschalten. Man muß darauf Bedacht nehmen, daß die 
Heizquelle zur Verhütung des gefürchteten, mangelhaft er¬ 
hitzten Oberhäutchens die Flaschen nicht allein bis über 
den Milchspiegel hinauf beeinflusse, sondern auch ihre 
Köpfe und die Außenseite der Verschlüsse entkeime. Vor 
allem aber bestand ein lebhaftes Bedürfnis nach einer Vor¬ 
kehrung, welche ihrer inneren Natur nach eine jeweilig 
erwünschte, wirksame Temperatur gleichmäßig einzuhalten 
gestattete und so eine Ueberhitzung oder Untererwärmung der 
Flaschenmilch sicher ausschloß. Zugleich mußte diese Vor¬ 
kehrung leicht bedienbar und sicher zu beherrschen sein. 
War es dann noch möglich, die Einrichtung einem größeren 
oder kleineren Betriebsumfang anzupassen, so durfte man 
j die wichtigsten Bedingungen als erfüllt betrachten. 

Die große untere Trommel des neuen Apparates wird 
für die Aufnahme der Milchflaschen verwandt. Die über 
ihr aufgebaute kleinere Trommel dient als Wasserbehälter 
bzw. Verdampfer. Beide Trommeln enthalten Heizvor¬ 
richtungen und Sprührohre. Durch Umschaltventil 
können sie miteinander verbunden bzw. abgeschlossen 
werden. An dem größeren Apparat ist weiter die An¬ 
ordnung eines Saug-Dampfstrahlgebläses getroffen, wodurch 
es möglich ist, in einigen Minuten in beiden Apparaten eine 
Luftverdünnung um 600 mm Quecksilber (entspr. etwa 
160 mm positiven Druck) und mehr zu erzeugen. Diese 
jeweilig gewünschte Herabsetzung des Luftdrucks ist im 
Verdampfer ohne irgendwelche Schwierigkeit stets gleich¬ 
mäßig einzuhalten. Hierdurch wird der entsprechende 
Siedepunkt des Wassers im oberen Behälter beliebig bis 
hinunter zu 60° C herabgemindert. Der strömende Wasser¬ 
dampf tritt nun in den Hauptapparat über, umspült fort¬ 
während gleich warm sich erneuend, die ringsum abge- 
schlosssenen Milchflaschen und bewirkt so die Erhitzung 
und Entkeimung der Milch. 

Für die Milchpasteurisierung sind wir an eine gewisse 
Temperaturbreite gebunden, die sich aus der Ueberlegung 
ergibt, die Erhitzung nicht unter der sicheren Ab¬ 
tötungstemperatur der fraglichen Bakterienwuchs- 
formen in Milch und, zur Schonung gewisser Milchbe¬ 
standteile, möglichst wenig über dieser eintreten zu lassen. 
Ich rechne daher praktisch mit einer Siedewärme der Milch 
von 69—71° C. 

In der Umprägung des Begriffes Pasteurisieren, wo¬ 
durch aus einer Erhitzung der Milch im Zustande der 
Ruhe eine solche unter Bewegung der Flüssigkeit wurde, 
liegt das grundsätzlich Neue und praktisch Wertvolle 
des Verfahrens. Diese Siedewallung schädigt schon rein 
mechanisch die Bakterienleiber. Weiter wird infolge der 
durch sie erzeugten Bewegung in den Milchsäulen die Bildung 
eines ruhigen Oberhäutchens während der Pasteurisation 
verhindert. Namentlich aber können niedrigere Wärmegrade 
als früher zur Verwendung kommen und gleichzeitig kann, 
da ein beständiger Zustrom gleichwarmen Dampfes zu den 
Flaschen den Temperaturausgleich beschleunigt, die Dauer 
der Vorwärmung, wie die der eigentlichen Pasteurisation 
verhältnismäßig verkürzt werden. 

Das neue Verfahren ist in ausgedehnten Versuchs¬ 
reihen im Laboratorium wie in der Praxis geprüft, und hat 
sich als durchaus zuverlässig erwiesen, ln mehreren Ver¬ 
suchen wurde die Beeinflussung der Erreger von Menschen- 
und Rindertuberkulose durch das neue Verfahren studiert. 
Während die tuberkelbazillenhaltige Milch vor der Behandlung 
schon in kleinen Mengen bei Versuchstieren schwere 
Tuberkulose hervorrief, blieben die zahlreichen mit der 
pasteurisierten Milch geimpften Meerschweinchen ohne 
jede Ausnahme völlig frei von tuberkulösen Veränderungen. 

Die Tuberkelbazillen gelten als die widerständigsten 
Vertreter von Bakterienwuchsformen. Was für sie zutrifft, 





Nr. 17 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


271 


darf auch für die Erreger von Diphtherie, Typhus und 
andern Krankheiten, die gelegentlich in die Milch zu ge¬ 
langen vermögen, als gültig angenommen werden. Doch 
sind auch nach dieser Richtung hin besondere Prüfungen 
angestellt worden, indem Reinkulturen aller dieser Bakterien¬ 
arten der Einwirkung des Verfahrens ausgesetzt wurden. 
Auch hier war der Erfolg ein durchschlagender. Bei 
keiner der zahlreichen geprüften Reinkulturen konnten über¬ 
lebende Keime mehr nachgewiesen werden. 

Wichtig ist noch bei jedem Erhitzungsverfahren, ob 
es den reinen Naturgeschmack der rohen Milch 
erhält oder vernichtet. Hinsichtlich des neuen Verfahrens 
kann ich darüber berichten, daß Laien, wie auch ich selbst, 
niemals einen Unterschied zwischen der behandelten Milch 
und der rohen herausgeschmeckt haben. Immerhin gibt es 
Milchzungen, die jede höhere Erwärmung der Milch erkennen. 

Rosen. 


Dr. Hentschel’s Inhalator. 

D. R. O. M. 392288. 

Dieser Apparat ermöglicht, die Inhalationen so zu ge¬ 
stalten, daß die zu inhalierenden Flüssigkeiten (Medikamente) 
auf das Allerfeinste verteilt werden. Dieser Effekt wird 
nicht durch Verdampfung erreicht, sondern auf kaltem 
Wege. Durch eine besondere Einrichtung werden die 
zunächst durch einen Zerstäuber in eine feine Sprühmasse 
aufgelösten Flüssigkeiten derart behandelt, daß sie aufs 
neue zerstäubt, besser atomisiert werden, und zwar so 
radikal, daß sie sich in eine Art Nebel umwandeln. Etwa 
trotzdem noch mitgeführte Wassertropfen werden selbst¬ 
tätig ausgeschieden, es bleibt also nur noch ein ganz 
trockener, temperierter Nebel übrig, der so fein und leicht 
ist, daß er in die feinsten Lungenbläschen und Kanälchen 
dringt. Der Apparat ist leicht zu handhaben und jederzeit 
gebrauchsfertig, deshalb kann er z. B. vom Asthmatiker 
immer in der Tasche mitgeführt werden; es sind alle 
Inhalationsflüssigkeiten anwendbar. Die Inhalationsflüssigkeit 
wird durch einen Glastrichter in die Glaskugel eingefüllt, 
und zwar soviel, daß das Saugrohr des Zerstäubers, nämlich 
das freischwebende, nicht den Boden berührende Rohr etwa 
5 mm in die Flüssigkeit hineinragt. Auf keinen Fall darf 
der Zerstäuber, d. h. die beiden Glasröhren, ganz unter 
Inhalationsflüssigkeit gesetzt werden. Nach dem Einfüllen 
der Inhalationsflüssigkeit ist der Glastrichter aus der Düse 
herauszunehmen und letztere wieder durch den Kork fest 
zu verschließen; der Apparat wird durch fortwährendes 
Drücken auf den mit einem Ventil versehenen Gummiball 
in Tätigkeit gesetzt. 

Wikö-Werke Dr. Hentschel, G.m.b.H. Rosen. 


Bücherbesprechungen. 

Jahrbuch der Schlesischen Bäder, Heil-, Pflege- und Kur¬ 
anstalten mit Anschluß von Oesterreich-Schlesien und Böhmen. Aus¬ 
gabe 1910. (Medizin. Verlag Alfred Pulvermacher & Co., 
Berlin W. 30). 

Zur rechten Zeit ist auch in diesem Jahre unsere baineologische 
Literatur durch das Erscheinen des bekannten und bewährten „Jahr¬ 
buches der Schlesischen Bäder“ bereichert worden. In durchaus objek¬ 
tiver Darstellung werden in diesem sorgfältig bearbeiteten und recht 
ansprechend ausgestatteten Werk nicht nur die einzelnen Bäder und 
Heilanstalten mit ihren angewandten Kur- und Heilmitteln sowie 
Indikationen wissenschaftlich besprochen, sondern auch die neueste 
Forschung der modernen Balneologie wird in diesem Buche durch 
interessante Beiträge aus der Feder bekannter Baineologen, wie z. B. 
Dr. Hirsch-Kudowa, Dr. Lachmann - Landeck usw., erschöpfend be¬ 
handelt. 


Dieses Spezialwerk bietet somit nicht nur dem prakt. Arzt ein un¬ 
entbehrliches Nachschlagewerk, sondern auch der leidenden Mensch¬ 
heit ein vorzügliches Orientierungsmittel bei der Wahl des Kurortes 
oder einer Heilanstalt. 

Der Verlag ist somit seiner hohen Aufgabe, ein Werk zu schaffen, 
welches ein Bindeglied im Verkehr zwischen dem Arzt und Patienten 
darstellen soll, voll und ganz gerecht geworden. Moeller. 


Allgemeines. 

Der Reichsverband österreichischer Aerzteorganisationen 

versendet folgende Mitteilung: „Das Präsidium des Reichsverbandes 
ersucht alle Organisationen, ja jeden einzelnen Arzt, die bevorstehenden 
Parlamentsferien dazu zu benutzen, die in der Heimat weilenden 
Abgeordneten über die Forderungen der Aerzte an die Sozialversicherung 
unter Darlegung der Gründe aufzuklären; ihnen insbesondere darzulegen, 
daß die Erhöhung der Einkommensgrenze über 2400 K für ländliche 
Verhältnisse zu hoch gegriffen ist; daß eine Erhöhung der Einkommens¬ 
grenze den Ruin zahlreicher praktischer Aerzte, die auf die freie Praxis 
angewiesen sind, bedeutet, je höher die Einkommensgrenze bestimmt 
wird, desto zahlreicheren Aerzten werden die Daseinsbedingungen ent¬ 
zogen, um so mehr, als es nicht möglich ist, daß jeder Arzt für den 
Verlust an freier Praxis durch Erlangung einer Kassenarztstelle auch 
nur teilweise entschädigt werde. Ferner wären die Abgeordneten von 
den Aerzten ihres ständigen Wohnortes und ihres Wahlbezirkes darüber 
aufzuklären, daß die Aerzte einer Versicherung auf Krankengeld und 
Begräbniskosten allein in beliebiger Höhe und ohne jede Einkommens¬ 
grenze in registrierten Hilfskassen und Vereinen nicht das geringste 
Hindernis entgegensetzen, sofern nur die Versicherung auf unentgeltliche 
ärztliche Behandlung bei Personen mit einem Einkommen von über 
2400 K ausgeschlossen wird. Mit dieser Art der Versicherung können 
sich solche Personen nicht nur eine ausgibige Aushilfe für den 
Krankheitsfall sichern, sondern sie sind dadurch auch in die Lage 
versetzt, den Arzt ihres Vertrauens mit ihrer Behandlung zu betrauen. 
Dem Einwande, daß die Krankenkontrolle dadurch nicht überflüssig 
wird, ist damit zu begegnen, daß die Aerztekammern und die 
Organisationen jederzeit bereit sein werden, mit den Kassenleitungen 
wegen der ärztlichen Krankenkontrolle ein billiges Abkommen zu treffen. 
Es wäre ferner mit Nachdruck zu betonen, daß es für eine Erhöhung 
der Einkommensgrenze über 2400 K keine Kompensationen für die 
Aerzte in der Sozialversicherung gibt, da die Einkommensgrenze von 
2400 K den einzigen Schutz der praktischen Aerzte darstellt, während 
alle anderen möglichen Kompensationen einzig und allein den Kranken¬ 
kassenärzten als solchen nützen können. Es ist auch nicht zu vergessen, 
den Abgeordneten klar zu machen, daß die Aerzte bei maßloser 
Erweiterung der Versicherung auf unentgeltliche ärztliche Behandlung 
in ein Abhängigkeitsverhältnis von den Kassenleitungen geraten, 
welches eines akademischen Standes unwürdig ist und demoralisierend 
auf den Aerztestand wirken muß. Die Auflehnung der Aerzte gegen 
die Erhöhung der Einkommensgrenze über 2400 K bedeutet eine 
Mittelstandsbewegung der Aerzte gegen ihre systematische Proleta¬ 
risierung. 

Das Deutsche Zentralkomitee für ärztliche Studienreisen ver¬ 
anstaltet im Jahre 1910 zwei Studienreisen. Die Studienreise A, welche 
am 19. Juni in Halle beginnt und am 1. Juli in Jena endigt, soll folgende 
Orte berühren: Thale, Harzburg (Goslar), Ilsenburg, Wernigerode, 
Schierke (Brocken), Ilmenau, Kissingen, Mergentheim, Rothenburg o. 
Tauber, Friedrichroda, Tabarz, Bad Sulza, Kosen. Die Studienreise B, 
welche am 1. September in Stuttgart beginnt und am 20. September 
in Freiburg i. Baden endigt, soll folgende Orte berühren: Ragaz, Flims, 
Thusis, Filisur, Davos, Vulpera-Tarasp-Schuls, St. Moritz, Pontresina, 
Le Prese, Bellaggio, Lugano, Leuk, Montreux, Evian-les-Bains, Aix-les- 
Bains, Bern. Der Preis für die Studienreise A wird ungefähr 175 M., 

! der für die Studienreise B ungefähr 375 M. betragen. Meldungen und 
Anfragen sind an das Bureau des Zentralkomitees, Berlin W. 9, Potsdamer 
Straße 134 b, zu richten. 

Ein hundertjähriger Arzt. In der burgundischen Ortschaft 
! Saint-Valerien feierte kürzlich Dr. Bouille seinen hundersten Geburtstag 
1 und nahm an einem ihm zu Ehren gegebenen Festmahle fröhlich teil. 
Die Mitglieder der Familie Bouille wirkten in St. Valerien seit fast 
200 Jahren als Aerzte. Der rüstige Greis ist seit mehr als 60 Jahren 
Bürgermeister seines Heimatsortes. Sein Sohn ist auch schon ein 
Greis von fast 70 Jahren. 






272 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 17 


Dem Münchener Pettenkofer Hausverein hat der Prinzregent 
von Bayern in Anerkennung seiner dem Dienste der Wissenschaft und 
der Förderung der Volksbildung gewidmeten Bestrebungen eine 
Spende von 5000 M. bewilligt. Das Pettenkofer-Haus soll ein Heim 
für die wissenschaftlichen Vereine Münchens werden. 

Die Tuberkulose-Aerzte-Versammlung, welche das Deutsche 
Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose alljährlich veranstaltet, 
wird in diesem Jahr am 6. und 7. Juni in Karlsruhe stattfinden. Es 
wird damit ein Besuch von Baden-Baden und eine Besichtigung der 
badischen Lungenheilstätten verbunden sein. 

Der Verband der Deutschen Lebensversicherungsgesell¬ 
schaften hat eine neue Zeitschrift: „Die Blätter für Vertrauensärzte 
der Lebensversicherung“ herausgegeben an Stelle der früheren Gothaer 
Monatsblätter für die Vertrauensärzte. Es sollen darin Statistik, 
Kasuistik für die Versicherungsmedizin etc. Platz finden. 

Der II. internationale Kongreß für Kälte-Industrie wird in 
Wien vom 6. bis 12. Oktober 1910 stattfinden. Es werden sechs 
Kommissionen gebildet, die sich in Sektionen teilen und naturgemäß 
auch Fragen aus dem Gebiete der Medizin behandeln. Die eigentlichen 
Kongreßarbeiten werden in allgemeinen Versammlungen und Sitzungen 
der Fachsektionen, in Exkursionen und Besichtigungen von Kälte- 
Industrieanlagen vorgenommen. Das Generalsekretariat befindet sich 
Wien I., Biberstraße 22. 

Der 5. Jahresbericht des Henry Phipps-Institutes, welches sich 
hauptsächlich der Tuberkulose-Forschung widmet, ist soeben erschienen. 
Er enthält wiederum interessante Beiträge über Tuberkulose-Arbeiten. 

Ende des redaktionellen Teiles. 


Kleine Mitteilungen. 

Bad Harzburg, Gebirgsluftkurort und Solbad. Unter diesem 
Titel ist soeben vom Herzogi. Badekommissariat der diesjährige Führer 
herausgegeben worden, der sich wie alljährlich wieder durch hervor¬ 
ragend hübsche Ausstattung vor seinesgleichen auszeichnet. Besonders 
künstlerisch wirken die in Kupferstich-Art gehaltenen zahlreichen Bilder; 
sie geben im Verein mit dem umfassenden Text einen anschaulichen 
Begriff von dem lieblichen Badeort, der in glücklichem Gemisch mit 
der herben Schönheit des Harzes alle Wahrzeichen des vornehmen 
Kurortes und zeitgemäßen Solbades in sich vereint. Nachahmenswert 
ist die streng durch das ganze Büchlein durchgeführte Ausmerzung der 
Fremdwörter. Eine wertvolle Ergänzung des hübschen Führers bildet 
das amtliche Wohnungsverzeichnis; es gibt Auskunft über sämtliche 
Preise für Vor- und Nachsaison, sodaß jeder sich schon daheim ein 
Bild machen kann, wie hoch die Kosten eines Kuraufenthaltes in 
Harzburg sind. Beide Bücher werden an unsere Leser auf Wunsch 
vom Herzoglichen Badekommissariat in Bad Harzburg sowie in Berlin 
vom Internationalen öffentlichen Verkehrsbureau, Unter den Linden 14, 
und der Buchhandlung Gsellius, Mohrenstraße 52, kostenfrei versandt 

Der heutigen Nummer unserer Therapeutischen Rundschau liegt 
ein Prospekt der Firma Heinrich Loewy, Berlin NW. betreffend 
Operations- und Wochenbettbinde bei, worauf wir noch besonders 
aufmerksam machen. 


Bei Dermatosen (Seborrhoe, Pruritus eici) 


X Can9li>Al nach Professor Dr.Blaschko’svorsch*. 

Wl z.B. raeö. puriss., c.Ol.rusd, c. Sulfur., 
f c. Liq. carb. öeterg.,«e. Resurcin etc. 

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Redaktion: 

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IV. Jahrgang. Berlin, 1. Mai 1910. Nr. 18. 


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Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Originalieu: 

Sjenowitsch - Kaschtschenko, Wilna: Neue 
Wege in der Frage der Gewinnung von Heil- und 
Schutzsera. 


Inhalt: 

Referate: 

A. Moeller, Berlin: Lungenleiden 
Kurt Lipschitz, Berlin: Varia . 


281 

284 


Heinrich Goergens: Neue spezifische Mittel 
bei der Behandlung der Tuberkulose. 


276 


Allgemeines: 



ORIGINALIEN. 

Neue Wege in der Frage der Gewinnung 
von Heil- und Schutzsera. 

Von Dr. B. A. Sjenowitsch-Kaschtschenko, Wilna. 

Dem Andenken meines ersten 
Lehrers in der Medizin, meines 
teuren Vaters, gewidmei. 

Seitdem Behring das antitoxische Diphterie-Heil- 
serum entdeckt hat, bleibt die Aufmerksamkeit der Ge¬ 
lehrten der ganzen Welt dem Toxin und der Gewinnung 
verschiedener antitoxischen Sera behufs Anwendung der¬ 
selben am erkrankten Menschen zugewandt. Zu Schutz¬ 
zwecken sucht man beim Menschen die Entwicklung von 
Bakteriolysinen hervorzurufen. Trotzdem aber diese Me¬ 
thoden in einigen Fällen glänzende Resultate ergeben haben, 
muß man zugeben, daß die aütitoxischen Sera in vielen 
Fällen die auf dieselben gesetzten Hoffnungen nicht erfüllt 
haben, und daß die künstliche Erzeugung von spezifischer 
Bakteriolyse im Körper des Menschen durch Impfungen nur 
eine relative, aber keine absolute Immunität herbeiführt. 

Wenn die Bakterien in unserem Körper auf einem rela¬ 
tiv kleinen Gebiet, wie es beispielsweise bei der Diphtherie 
der Fall ist, hausen, vermag das antitoxische Serum seinen 
Ruf vollkommen zu rechtfertigen; wenn aber eine fast 
einen Quadratfaden betragende Fläche, wie es beispiels¬ 
weise bei der Cholera der Fall ist, eine Reinkultur von pa- 
togenen Mikroorganismen darstellt, wenn eine ungeheure 
Quantität freiwerdenden Antitoxins, welche durch die stei¬ 
gende Höhe des bakteriziden Titres des Serums sich pro¬ 
gressiv vergrössert, in das Blutbett gelangt, kann man 
kaum auf die Zweckmäßigkeit der Anwendung des anti¬ 
toxischen Serums viel rechnen. Tatsächlich ist der Ver¬ 
such, solche Sera bei Abdominaltyphus, Cholera und Pest 
anzuwenden, vollkommen mißlungen. 

Etwas anders verhält es sich mit den Schutzimpfungen, 
wenn auch hier die im Blut zur Entwicklung gelangten 
Bakterioiysine nur eine relative Immunität schaffen. Eine 
Erklärung dafür muß man in dem Umstande suchen, daß 
die Bakterien, wie alle lebenden Wesen überhaupt, von 


Disiti-estc 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 


den Eigentümlichkeiten der Art abgesehen, auch rein in¬ 
dividuelle Eigentümlichkeiten besitzen. Mit diesen in¬ 
dividuellen Eigentümlichkeiten, die nur einzelnen Individuen 
der einen oder der anderen Art innewohnen, muß man bei 
der Bearbeitung der Kulturen mittelst hoher Temperatur 
zum Zwecke der Abtötung derselben sehr häufig rechnen. 
So werden wir beispielsweise, indem wir eine Typhus- 
bazillen-Kultur innerhalb einer Stunde der Wirkung einer 
Temperatur von 60 Grad Celsius aussetzen, in der Mehr¬ 
zahl der Fälle sämtliche Individuen abtöten. Ich sage „in 
der Mehrzahl der Fälle“, weil die Kultur nach einer solchen 
Erhitzung doch nicht steril ist, was darauf hinweist, daß 
in der Kultur Individuen vorhanden sind, die gegenüber ge¬ 
wissen, für ihre Genossen tödlichen Momenten eine in¬ 
dividuelle Widerstandsfähigkeit besitzen. 

Diese längst bekannte Tatsache muß man im weiteren 
Sinne verstehen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die 
Mikroorganismen den Bakteriolysinen gegenüber dieselbe 
individuelle Widerstandsfähigkeit entfalten, wie gegenüber 
der hohen Temperatur. Wenn man dies annimmt, kann 
man sich leicht vorstellcn, daß in der Kultur einer gewissen 
Bakterienart einzelne Individuen Vorkommen können, die 
sich unter der Einwirkung der für sie spezifischen Bak¬ 
terioiysine von bestimmtem Titre nicht lösen; hat aber 
dieser Titre die gewisse Grenze der individuellen Wider¬ 
standsfähigkeit der einzelnen Individuen überschritten, so 
tritt Lösung der letzteren ein. Wenn in den Körper eine; 
Menschen, der einen relativ hohen Titre besitzt, ein Virus 
gelangt, dessen Individuen sich sämtlich in einem Serum 
lösen, so bleibt er gesund; bleiben aber einige Individuen 
von diesem Virus dem ihm innewohnenden bakteriziden 
Titre gegenüber widerstandsfähig, so werden sie, indem 
sie weitere Generationen ebensolcher widerstandsfähiger 
Individuen erzeugen, eine Erkrankung hervorrufen. und 
zwar aus dent Grunde, weil sie sich, während der Organis¬ 
mus seinen bakteriziden Titre steigern wird, in einer solchen 
Quantität vermehren würden, daß sie bei der nachfolgenden 
Bakteriolyse eine Endotoxinquantität liefern werden, die 
schon zur Vergiftung des Organismus ausreicht. Solange 
die Endotoxinbakterie nicht gelöst ist, bildet sie für den 
Organismus keine Gefahr. Man kann sie mit einer giftigen 
Nuß vergleichen, die in eine undurchdringliche Schale ein¬ 
geschlossen ist. Solche Nüsse kann man ohne jeglichen 


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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 










«* ' 




274 


Schaden in beliebiger Quantität schlucken, man braucht sie 
aber nur aufzuknacken, um eine Vergiftung herbeizuführen. 

.Wir wollen uns dem Abdominaltyphus zuwenden als 
einer Krankheit, die das soeben Ausgeführte am deutlich¬ 
sten erläutert. Die Typhusbazillen sind in den Körper eines 
Menschen eingedrungen, dessen Organismus Bakterio- 
lysine zu produzieren wohl imstande ist, dieselben in fer¬ 
tigem Zustande jedoch noch nicht besitzt. Die Bakterien 
vermehren sich und zirkulieren frei im Blut, wobei sie in 
sämtliche Gewebe und Drüsen eindringen. Inzwischen 
macht der Organismus die Bakteriolysine mobil. Sie sind 
bereits im Blut aufgetreten,vorläufig noch in geringer Quan¬ 
tität, und die am wenigsten widerstandsfähigen Bakterien¬ 
individuen sind ihnen zum Opfer gefallen. Das Endotoxin 
ist in das Blutbett gelangt und beginnt nach und nach den 
Organismus zu vergiften: es stellen sich prodromale Er¬ 
scheinungen ein. Mit jedem Tage steigt der bakterizide 
Titre des Serums, und die Bakterien lösen sich in immer 
größerer und größerer Quantität auf; dem entsprechend 
steigt auch progressiv die Endotoxin-Quantität -'Chuess- 
1 ich sammelt sich das Endotoxin in einer solchen Quan¬ 
tität an. daß dieselbe die Grenze der Erregbarkeit der 
wärmeregulierenden Apparate des Organismus über¬ 
schreitet, und wir beobachten die erste Temperaturwelle. 
Trotz der bereits zutage getretenen Tätigkeit der Bakterio¬ 
lysine zirkulieren die Bakterien noch in großer Quantität 
im Blute. Das läßt sich dadurch beweisen, daß man durch 
Beschickung von Galle mit Blut nach Cayser-Con- 
radi in der ersten Woche des Typhus in 100 Prozent der 
Fälle E b e r t h sehe Bazillen in Reinkultur züchten kann 
(Mar x). Indem sie mit dem Blutstrom durch den ganzen 
Organismus getragen werden, gelangen die Bakterien in die 
Lymphdrüsen, bleiben hier wie die Fliegen im Spinngewebe 
stecken, gehen zu Grunde, werden von den Bakteriolysinen 
aufgelöst, und das frei gewordene Endotoxin reizt die 
Drüsenzellen, indem es in denselben, je nach der Quantität, 
in der es sich hier angesammelt hat, Erscheinungen von 
Hypoplasie und Nekrose erzeugt. Während des Verdau- 
ungsprozesses strebt das Blut zu den Verdauungsorganen 
und bringt auch die Typhusbazillen mit; zahlreiche Darm- 
Lymphdrüsen retinieren, dank der physiologischen Hyper¬ 
ämie, eine ungehure Quantität Bakterien, die in denselben 
durch ihr Endotoxin diejenigen tiefen Veränderungen er¬ 
zeugen, die man bei Abdominaltyphus gewöhnlich be¬ 
obachtet. Die peristaltischen Bewegungen und die den 
Darm passierenden Kotmassen traumatisieren unaufhörlich 
die affizierten Stellen und erschweren noch mehr den Ver¬ 
lauf des pathologischen Prozesses. Es ist sehr wahr¬ 
scheinlich, daß auch die Verdauungsfermente der weiteren 
Zerstörung der nekrotischen Teile samt der Saprophyten- 
flora des Darmes Vorschub leisten. Das Endotoxin übt auf 
die Darm-Lymphdrüsen keine elektive Wirkung aus. Es 
affiziert die lymphoiden Elemente überhaupt; das wird da¬ 
durch bestätigt, daß in der Leber und in den Nieren bei 
abdominaltyphösen Patienten häufig sogenannte typhöse 
Lymphome Vorkommen. Ich beobachtete Fälle von Ab¬ 
dominaltyphus, in denen man Vergrößerung sämtlicher 
der Palpation zugängigen Lymphdrüsen feststellen konnte; 
Vergrößerung der Bronchial- und Retroperitonealdriisen, 
sowie der Drüsen, die an der Wurzel der Pfortader liegen, 
wie man sie bei der Sektion feststellt, ist keine große 
Seltenheit. Die besonders schwer zutage tretende Affek- 
tion der Dünndarmdrüsen muß auf deren physiologisch¬ 
anatomische Verhältnisse zurückgeführt werden. Würde 
man gleich zu Beginn des Abdomidaltyphus irgendeine 
oberflächlich liegende Lymphdrüse wählen, während des 
ganzen Verlaufs des pathologischen Prozesses in dieser 
Drüse eine gesteigerte Blutzufuhr erzeugen und sie durch 
Massage traumatisieren, so hätten wir schließlich in dieser 
Drüse sämtliche pathologischen Veränderungen erzeugt, 
die denjenigen nahe sind, die gewöhnlich in den Mesen- 


VERSI1 


Nr. 18 


terialdriisen beobachtet werden. 

Nun möchte ich zur Temperaturkurve zurückkehren. 
Mit derjenigen Quantität Endotoxin, welche die erste Tem¬ 
peraturwelle hervorgerufen hatte, ist der Organismus leicht 
fertig geworden und hat dasselbe eliminiert; die wärme¬ 
regulierenden Apparate haben sich von der Wirkung des 
Endotoxins erholt, und die Temperatur sank. Wenn aber 
unter dem Einflüsse der immer zunehmenden Bakteriolyse 
das Endotoxin sich in einer solchen Quantität ansammelt, 
daß der Organismus nicht mehr imstande ist, dasselbe bis 
zur Grenze zu eliminieren, die unterhalb des Reizungs¬ 
niveaus der wärmeregulierenden Apparate liegt, wenn 
diese letzteren nicht mehr imstande sind, sich von der Wir¬ 
kung des Endotoxins zu erholen, so entsteht ein perma¬ 
nenter Reizungstyphus, die Periode des Kulminations¬ 
punktes der Krankheit (stadium fastigii). 

Der Harn der Kranken muß in dieser Periode die 
größte Quantität Endotoxin enthalten, und infolgedessen 
muß seine Toxizität sehr groß sein. Hier drängt sich einem 
ganz von selbst die Frage des Zusammenhangs zwischen 
der Diazoreaktion und der Endotoxinmenge im Harn auf. 
In diesem Krankheitsstadium gelingt es, mittelst Aussaat 
aus dem Blute den E b e r t sehen Bazillus nur in einzelnen 
Fällen zu züchten. Ob es davon abhängt, daß das Blut an 
Bakterien ärmer geworden ist, deren Mehrzahl durch die 
Bakteriolysine aufgelöst worden ist, oder davon, daß wir 
zur Aussaat die Flüssigkeit nicht in einer für die Ver¬ 
dünnung der Bakteriolysine ausreichenden Quantität 
nehmen, wird die Zukunft lehren. Im Stadium decrementi 
sowohl wie im Genesungsstadium tritt bei den Patienten 
relativ häufig Bakteriurie ein: Im Harn läßt sich der 
Eberthsche Bazillus in ungeheuren Mengen nachweisen. 
Unwillkürlich drängt sich einem hier die Frage auf, worauf 
diese Bakteriurie zurückzuführen wäre. Die Temperatur¬ 
steigerung brachten wir mit dem Freiwerden des Endo¬ 
toxins in Zusammenhang; da aber die Temperatur jetzt fällt 
oder bereits zur Norm zurückgekehrt ist, und sämtliche 
Krankheitserscheinungen überhaupt abklingen, so hat die 
Wirkung des Endotoxins folglich aufgehört. Vielleicht ist 
dasselbe mit dem Antitoxin verbunden? Nein. Das Endo¬ 
toxin ist nicht vorhanden, weil die Wirkung der Bakterio¬ 
lysine aufgehört hat. Das wird dadurch bewiesen, daß im 
Blut von Patienten, die Abdomidaltyphus überstanden 
haben, Bakteriolysine nicht vorhanden sind. K o 11 e und 
Hetsch äußern sich darüber in ihrem Lehrbuch ungefähr 
folgendermaßen: 

Nicht nur im Serum aktiv immunisierter Tiere, sondern 
auch im Blutserum von Menschen, die kurz vorher Ab¬ 
domidaltyphus überstanden haben, gelinge es, das Vor¬ 
handensein von bedeutenden Mengen von bakteriziden Sub¬ 
stanzen nachzuweisen. Es sei jedoch merkwürdig, daß 
diese Antikörper sehr bald nach ihrem Auftreten ver¬ 
schwinden, während im großen und ganzen eine dauernde, 
häufig lebenslänglich anhaltende Immunität erzielt werde. 
Die Ursachen dieser auffallenden Erscheinung seien vor¬ 
läufig noch unbekannt. 

Diese Tatsache kann nur insofern auffallend erscheinen, 
als es auffallend ist, daß ein Mensch mit kräftigen Zähnen 
giftige Nüsse knackt und sich daran vergiftet, während ein 
Zahnloser, der nicht imstande ist, sie zu knacken, gesund 
bleibt. Im Blute der Genesenden sind doch aber nach den 
Angaben derselben Autoren Bakteriolysjne, wenn auch 
kurze Zeit, vorhanden, und nichtsdestoweniger geht die 
Genesung vor sich; es entsteht augenscheinlich ein Wider¬ 
spruch mit dem oben ausgesprochenen Gedanken. Ich 
glaube jedoch, daß hier kein Widerspruch, sondern nur ein 
Mißverständnis vorliegt, welches dadurch entstanden ist, 
daß die Autoren ungenügend analysierte Fälle ver¬ 
allgemeinert haben. Bakteriolysine müssen nicht im Blute 
aller Genesenden, sondern nur bei manchen vorhanden sein, 


/ERS 




Nr. 18 


THERAPFJ ITISCHF I?I JNDSGH AI I 


97 r, 



Bei der Genesung muß man zwei Eventualitäten unter¬ 
scheiden: erstens tritt die Genesung aus dem Grunde ein, 
weil sämtliche Bakterien im Organismus durch die Bak- 
teriolysine vernichtet sind und die Gewebe des Organismus 
unter der Einwirkung des Endotoxins wesentlich nicht ge¬ 
litten haben. Im Blute von Genesenden würden nach 
diesem Schema Bakteriolysine vorhanden sein, aber keine | 
Bakteriurie auftreten, weil das Material für dieselbe ganz 
vernichtet ist. Würde aber die Wirkung der Bakterio¬ 
lysine eher aufhören, als sämtliche Bakterien im Organis¬ 
mus durch dieselben vernichtet sind, so wird die zweite 
Eventualität des Genesungsmechanismus vorliegen, die un¬ 
bedingt mit Bakteriurie und mit Fehlen von Bakteriolysincn 
im Blutserum einhergeht. Infolgedessen ist die Frage von 
großer Wichtigkeit, weshalb die Bakteriolysine ihre Tätig¬ 
keit eigentlich eingestellt haben. 

Man kann sich schwer vorstellen, daß eine kompli¬ 
zierte und so elektive Erscheinung, wie die Bildung von 
Schutzsubstanzen in unserem Organismus ohne Mitwirkung 
des Nervensystems vor sich gehen könnte. Der Einfluß 
des psychischen Traumas auf die Immunität bestätigt das 
soeben Gesagte. So wie wir über ein ganzes System von 
neuroglandulären Vorrichtungen verfügen, welche die Bil¬ 
dung und die Eliminierung der Verdauungssäfte verwalten 
- Vorrichtungen, deren Arbeit nicht weniger kompliziert 
und elektiv ist als die Bildung und die Ausscheidung von 
Schutzsubstanzen, so müssen wir über ebensolche neuro- 
zellulären Vorrichtungen verfügen, die die Bildung und die 
Ausscheidung der Schutzsubstanzen verwalten. Wenn man 
die Verdauungssäfte und die Bakteriolysine miteinander 
vergleicht, so fällt einem unwillkürlich die Aehnlichkeit 
zwischen denselben auf. Die Bildung eines inaktiven 
Pepsinogens und Lab-Zymogens ist speziellen neuroglandu¬ 
lären Apparaten ebenso unterstellt, wie die Ausscheidung 
der Salzsäure, die diese Substanzen aktiviert, sie in aktive 
Substanzen in derselben Weise verwandelt, wie das 
Komplement das inaktive Serum aktiviert. Sowie das 
Pepsinogen sich nur dann in Eiweißlysin verwandelt, wenn 
es sich mit der Salzsäure verbindet, so entfalten auch die 
Bakteriolysine ihre Aktivität nur dann, wenn sich die 
Ambozeptoren mit dem Komplement verbinden. Selbst die 
auffällige Erscheinung der Abweisung des Komplements 
findet gewissermaßen ein Analogon in der Wirkung des 
Pepsins auf die Eiweißsubstanzen, Sowie die Ueberladung 
des bakteriziden Serums mit Komplementen die Wirkung 
der Bakteriolysine unterbricht, so unterbricht der Ueber- 
schuß an Salzsäure, die das Pepsinogen aktiviert, die 
Lösungsfähigkeit des Pepsins. Das Endotoxin schont, in¬ 
dem es den ganzen Organismus intoxiziert, auch denjenigen 
uns vorläufig noch unbekannten neurozellulären Apparat 
nicht, der die Bildung und die Eliminierung der Bakterio¬ 
lysine regiert, und ruft schließlich eine temporäre oder 
lebenslängliche Paralyse desselben hervor. Sobald diese 
Paralyse eingetreten ist, hat auch die Eliminierung der Bak¬ 
teriolysine aufgehört. Ist diese Paralyse eine temporäre, 
rasch vorübergehende, so werden wir ein Typhusrezidiv 
beobachten; verschwindet sie nach einigen Jahren, so 
kann bei dem betreffenden Individuum eine sekundäre 
Typhusinfektion zustande kommen; ist sie lebenslänglich 
geblieben, so bleibt das betreffende Individuum lebensläng¬ 
lich gegen Abdominaltyphus immun. 

Den Verlauf des Abdomidaltyphus stelle ich mir unter 
folgendem groben, jedoch anschaulichen Schema vor. Es 
befinden sich im Zimmer der Wirt und ein Arbeiter. Der 
Wirt und das Zimmer personifizieren den Organismus, der 
Arbeiter personifiziert die Bakteriolysine. Es gelangen in 
das Zimmer von außen Gläschen mit toxischer Flüssigkeit 
(Typhusbazillen). Der Wirt befiehlt dem Arbeiter, diese 
Gläschen zu zerschlagen; der Arbeiter führt diesen Befehl 
aus; die freiwerdende Flüssigkeit beginnt durch ihre 
Dämpfe sowohl auf den einen wie auf den anderen schäd- 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 


lieh einzuwirken; da aber ein Teil der giftigen Dämpfe 
(Endotoxine) durch das Fenster (Nieren) entweicht, fühlen 
sich beide noch relativ wohl. Nun aber haben sich die 
Dämpfe in einer solchen Menge angesammelt, daß sie selbst 
durch die Lüftung nicht in genügender Quantität entfernt 
werden können. Der Wirt und der Arbeiter werden durch 
die Dämpfe immer mehr und mehr intoxiziert, und schlie߬ 
lich fällt letzterer bewußtlos zu Boden. Die Dämpfe sind 
durch das Fenster entwichen, neue treten nicht auf, die Luft 
hat sich gereinigt. Der weitere Verlauf der Dinge hängt 
voll und ganz davon ab, ob der Arbeiter gestorben oder 
nur schwer krank ist und sich erst nach einigen Jahren er¬ 
holen wird, oder ob er sich in einer Ohnmacht befindet. Die 
übrigen Kombinationen, welche sich aus diesem Schema er¬ 
geben, liegen klar auf der Hand. 

Eine Bestätigung der These, daß das Nichtvorhanden¬ 
sein von Bakteriolysinen im Blute als sicherer Index für 
Immunität gegen Abdominaltyphus dienen kann, kann mau 
unter anderem auch darin erblicken, daß kleine Kinder, bei 
denen Bakteriolysine überhaupt nicht oder nur in schi- 
schwachem Maße gebildet werden (I. A. Klimov'), nur 
in einzelnen Ausnahmefällen an Typhus erkranken; durch 
dieselbe Schwäche der Lysine läßt sich auch der ungewöhn¬ 
lich leichte Verlauf des Abdomidaltyphus bei Kindern er¬ 
klären, bei denen der Typhus bekanntlich ohne Geschwür¬ 
bildung verläuft. So wie mit den Jahren der gesamte Or¬ 
ganismus wächst und kräftig wird, so wachsen und ver- 
vollkommenen sich auch die Funktionen seiner Organe. Die 
sich mit den Jahren vervollkommnende Tätigkeit des 
Magendarmapparates ist dafür eine besonders gute Illustra¬ 
tion. Bekanntlich stellen die Schwäche der Bakteriolysine 
im Kindesalter sowie die Schwäche der Verdauungs- 
fermente eine vorübergehende Erscheinung dar, die mit dem 
Alter verschwindet, w'obei die Entwicklung der uns vor¬ 
läufig unbekannten, die Bakteriolyse regierenden Vor¬ 
richtungen sich sukzessive vollzieht. Jedoch so, wie in der 
Entwicklung eines jeden Organs ein Stillstand eintreten 
kann, so kann auch in der Entwicklung der die Bakterio¬ 
lyse regierenden Vorrichtung ein Stillstand eintreten. Ein 
Mensch mit einer solchen Mißbildung wird gegen Endo¬ 
toxinbakterien absolut immun sein; er wird im wirklichen 
Sinne des Wortes „bakteriologisch impotent“ sein. Wir 
kennen solche Menschen: es sind dies die sogenannten 
„Bazillenträger“. 

Es versteht sich von selbst, daß auch die Cholera als 
eine Krankheit, die durch eine Endotoxinvibrio bedingt 
wird, nach demselben Schema verlaufen wird, wie wir es 
für den Abdominaltyphus gezeichnet haben. Der Unter¬ 
schied wird sich nur in Details, nicht aber in den Grund¬ 
zügen bemerkbar machen. Die soeben erwähnten „Ba¬ 
zillenträger“, Personen, die unbedingte Immunität gegen 
Endotoxinbakterien besitzen, sind auch das Ideal, nach dem 
wir streben müssen. Wenn es uns gelingt, die Bakterio¬ 
lysine rechtzeitig zu binden, so erreichen wir rasche Ge¬ 
nesung des Kranken. Wenn es uns gelingt, im Organismus 
des gesunden Menschen Antibakteriolysine in genügender 
Quantität zu erzeugen, so schützen wir ihn sicher vor Ab¬ 
domidaltyphus und Cholera. 

Zum Schluß möchte ich vorstehende Ausführungen 
folgendermaßen formulieren: 

1. Der Abdomidaltyphus ist eine Bakteriämie; das 
klinische Bild und die pathologisch - anatomischen Ver¬ 
änderungen, die bei Abdomidaltyphus beobachtet werden, 
sind das Resultat der Wirkung des unter dem Einilusse der 
Bakteriolysine frei gewordenen Endotoxins einerseits auf 
das Nervensystem überhaupt und auf die wärmeregulieren¬ 
den Apparate insbesondere, andererseits auf die Lymph- 
drüsen des Körpers. 

2. Bei der Genesung von Abdomidaltyphus kommen 
zwei Eventualitäten in Betracht: erstens tritt die Genesung 
aus dem Grunde ein, weil sämtliche Bakterien im Organis- 


JNIVERSITY OF 




276 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 18 


raus durch die Bakteriolysine zerstört sind, zweitens weil 
die Bakteriolysine ihre Tätigkeit vor der Vernichtung sämt¬ 
licher Bakterien eingestellt haben. 

3. Die Baktcriolyse hört wahrscheinlich aus dem 
Grunde auf, weil der neurozelluläre Apparat, der die Bil¬ 
dung und die Eliminierung der Bakteriolysine verwaltet, 
infolge der übermäßigen Ansprüche, die an ihn gestellt 
werden, sich erschöpft, weil seine Lebensfähigkeit nachläßt 
und er vom Endotoxin eher als alle anderen Nervenapparate 
des Organismus in Mitleidenschaft gezogen wird. 

4. Das Fehlen von Bakteriolysinen im Blute ist eine 
conditio sine qua non für die Immunität gegen Abdominal- 
typhus. 

5. Die Darmgeschwüre sind bei dem Abdominaltyphus 
eine sekundäre Erscheinung. 

6. Die sogenannten „Bazillenträger“ müssen als „bak¬ 
teriologisch impotente“ Individuen betrachtet werden. 

7. Das Typhusheilserum muß antibakteriolytisch sein. 

8. Zum Zwecke der Prophylaxis muß man im Blute 
Antibakteriolysine zu erzeugen suchen. 

9. Alles, was in bezug auf den Abdominaltyphus gesagt 
ist, gilt auch für Cholera, die Punkte 1 und 5 ausgenommen. 


Ich weiß, daß die von mir vorgeschlagene Theorie para¬ 
dox ist, daß sie den allgemein angenommenen Ansichten 
und Thesen diametral entgegengesetzt ist und den gegen¬ 
wärtig in der Frage der Immunität bestehenden Strömungen 
zuwiderläuft. Ich weiß sehr wohl, daß meine Theorie, um 
angenommen werden zu können, durch Tatsachen bestätigt 
werden muß. Leider wird weder meine Kraft noch mein 
ganzes Leben ausreichen, um die hier erforderlichen Tat¬ 
sachen zu erlangen. Ich bin von der Richtigkeit meiner 
Theorie und der von mir aufgestellten Thesen, sowie auch 
davon fest überzeugt, daß sich unter den Kollegen die¬ 
jenigen kühnen Menschen finden werden, die sich nicht 
fürchten, von einem durch das Licht der Namen von Auto¬ 
ritäten beleuchteten Wege abzugehen und meinen Weg zn 
betreten. 


Neue spezifische Mittel bei der Behandlung 
der Tuberkulose. 

Von Heinr. Qoergcns, cand, med. 

Mit der Entdeckung des Tuberkulins durch R. Koch 
im Jahre 1891 und der Erkenntnis, daß man mit Hilfe dieses 
aus Tuberkelbazillen gewonnenen Produktes Meerschwein¬ 
chen gegen Tuberkulose immunisieren und bei tuberkulösen 
Meerschweinchen das Fortschreiten des Krankheitsprozesses 
verhindern könne, waren die Grundlagen zu einer ätio¬ 
logisch-spezifischen Therapiegeschaffen. Zwar zeitigte das 
Tuberkulin dadurch, daß es von unkundigen Händen, ohne 
bestimmte Indikationen und in großen und rasch steigenden 
Dosen angewandt wurde, anfänglich, wenigstens in thera¬ 
peutischer Hinsicht, gewisse Mißerfolge, die die Tuberkel¬ 
behandlung bei Aerzten und Publikum in Verruf brachten. 
Aber der unermüdlichen Arbeit Kochs und seiner Schüler 
ist es gelungen, die spezifischen Mittel so zu verbessern, 
daß heute eine zweckmäßige Tuberkulosebehandlung ohne 
spezifische Mittel nicht mehr denkbar ist. 

Koch selbst war bestrebt, neuere, bessere Präparate 
darzustellen, welche wohl immunisierende, aber keine gif¬ 
tigen Eigenschaften besitzen. Auch andere Forscher ver¬ 
suchten mit Erfolg, durch Ausarbeitung exakter Dosierungs¬ 
methoden, geschickte Kombination der verschiedenen Im¬ 
munisierungsprodukte, bequeme Verordnungsformen die 
spezifische Therapie immer mehr zu vervollkommnen. So 
entstanden eine große Reihe von Tuberkelbazillen-Präpa- 
raten und Behandlungsmethoden, von denen ich hier einige 


ERSITY OF MICHIGAN 


herausgreifen will, die besonders aussichtsvoll erscheinen 
und klinische Erfolge aufzuweisen haben. 

Für die Behandlung mit spezifischen 
Mitteln ist es Vorbedingung, daß die Di¬ 
agnose absolut sicher gestellt ist. Dazu 
haben wir neben den klinisch-diagnostischen Methoden in 
der Tuberkulinprobe ein äußerst wichtiges Hilfsmittel. Die 
diagnostische Verwendung des Tuberkulins stützt sich 
bekanntlich auf die Tatsache, welche Koch bereits in 
seinen ersten Mitteilungen über das Tuberkulin als wichtig 
hervorhob, daß nämlich das Tuberkulin bei subkutaner Ein¬ 
verleibung für den gesunden Organismus eine völlig in¬ 
differente Substanz ist, während es für tuberkulös erkrankte 
Individuen ein sehr starkes Gift bedeutet. In ausgedehnten 
Versuchen wurde nun festgestellt, daß nicht nur Personen, 
deren tuberkulöse Erkrankung durch die klinische Diagnose 
erwiesen war, auf die subkutane Tuberkulinprobe durch 
charakteristische Erscheinungen reagierten, sondern daß 
das Tuberkulin auch bei der Konstatierung des Früh¬ 
stadiums der Tuberkulose und der latenten Tuberkulose, 
in denen klinische Symptome meistens fehlen, als das zu¬ 
verlässigste diagnostische Hilfsmittel zu gelten hat. Gerade 
für diese Fälle ist die Tuberkulinprobe von der größten Be¬ 
deutung, weil jede spezifische Behandlung um so mehr Aus¬ 
sicht auf Erfolg hat, je früher sie zur Anwendung kommt. 
Auch wo es sich um die Differentialdiagnose zwischen 
Tuberkulose, Lues und Karzinom handelt, bringt die Tuber¬ 
kuloseprobe die Entscheidung. 

Zu diagnostischen Zwecken wird ausschließlich das 
Alt-Tuberkulin Kochs (0,1—0,2 pro Dose) ver¬ 
wendet. Die Tuberkulinlösung wird mittels der Pravaz- 
spritze subkutan eingespritzt, und zwar eignen sich solche 
Patienten zur Tuberkulinprobe, bei denen seit einiger Zeit 
Temperaturerhöhungen nicht vorgekommeri sind. Direkte 
Kontraindikationen sind Fieber, kurz vorher gegangene Blu¬ 
tungen, Miliartuberkulose, Larynxtuberkulose, organische 
Herzleiden, Nephritis, Diabetes, Arteriosklerose, Hysterie 
und Epilepsie. 

Die charakteristische Tuberkulinreaktion ist eine all¬ 
gemeine und örtliche. Es erhöht sich im Laufe von 
24 Stunden die Temperatur um einen halben Grad und mehr; 
es treten Schweißausbrüche, Kopfschmerzen, Schwäche, 
Appetitlosigkeit, starkes Durstgefühl, Gefühl von Schwere 
auf der Brust auf. Die örtlichen Erscheinungen äußern sich 
dadurch, daß an erkrankten Lungenpartien, an denen bei 
früheren Untersuchungen unreines Atmen durch die Aus¬ 
kultation gefunden wurde, auf der Höhe der Reaktion oder 
am Morgen darauf deutliche, kleinblasige Rasselgeräusche 
auftreten; der Husten und die Expektoration sind vermehrt, 
im Sputum lassen sich Tuberkelbazillen nachweisen, die 
vorher nicht zu finden waren. 

Wenn auch unter allen spezifisch-diagnostischen Me¬ 
thoden die subkutane Injektion mit ihren unzweideutigen, 
manifesten Erscheinungen noch immer die besten Resultate 
gibt, so hat sie doch durch die große Zahl der einzelnen Be¬ 
obachtungen viele Unbequemlichkeiten im Gefolge und ist 
namentlich für die ambulante Praxis sehr beschwerlich. Es 
sind deshalb in den letzten Jahren neue Methoden von 
größerer praktischer Durchführbarkeit ersonnen worden. 

Die v. Pirquet sehe Reaktion besteht in der Ein¬ 
reibung einer 25 prozentigen Glyzerinlösung des Tuberkulins 
in die vorher skarifizierte Epidermis, ähnlich wied die Impfung 
mit Pockenlymphe. Daneben skarifiziert man, um die Reaktion 
zu kontrollieren, eine Hautstelle, ohne Tuberkulin anzu¬ 
wenden. Es tritt nun an der Stelle der Tuberkulin¬ 
anwendung Rötung, Oedcm und eine Papel auf, welche 
nach 5—6 Tagen wieder verschwindet. Diese Aeußerung 
des Organismus ist auf Grund vieler Untersuchungen als 
spezifische Reaktion anzusehen. Jedoch waren bei dieser 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 




Nr. 18 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


277 


wie bei den folgenden Reaktionen die Resultate sehr wech¬ 
selnd. Sie lassen sich bezüglich der v. Pirquet sehen 
Reaktion folgendermaßen zusammenfassen: Je jünger 
das Individuum, desto prompter tritt die Reaktion ein, und 
zwar wurde sie bei Kindern, deren Au opsieTuberkulose 
ergab, in 94 % der Fälle positiv gefunden. Bei Erwachse¬ 
nen erscheint die Reaktion in 10 % der Fälle auch bei 
solchen, die nicht tuberkulös erkrankt sind. Der positive 
Ausfall spricht daher keineswegs für das Vorhandensein 
eines tätigen tuberkulösen Herdes. 

Eine noch einfachere und wegen ihrer Harmlosigkeit 
bequeme Anwendungsart der Tuberkulinprobe hat Moro 
angegeben. Er läßt eine Salbe, die aus Tuberculinum 
c o c h i i und Lanolinum anhydricum aa. 5 gr be¬ 
steht, auf der Brust oder dem Unterarm verreiben. Es 
bilden sich, wenn die Probe positiv ist, einige kleine Rapeln, 
die nach zwei Tagen wieder verschwinden. Der Vergleich 
der Moro sehen mit anderen spezifischen Reaktionen ergab, 
daß die Moro sehe Probe häufig negativ war, wenn die 
anderen Proben positiv ausfielen. Die meisten Autoren 
schreiben ihr daher nur einen Wert bei Kindern und in Ver¬ 
bindung mit anderen Methoden zu. 

Nachdem durch die Beobachtungen v. Pirquets die 
Ueberempfindlichkeit der Epidermis gegen das Tuberkulin 
festgestellt worden war, kam Wolff-Eisner und un¬ 
abhängig von ihm C a 1 m e 11 e auf den Gedanken, auch die 
Konjunktiva tuberkulöser Personen auf ihr Verhalten gegen 
Tuberkulin zu prüfen. In der Tat erbrachten sie den Nach¬ 
weis, daß das Tuberkulin bei Tuberkulosekranken einen 
heftigen Reiz auf die Konjunktivenschleimhaut ausübe, 
während bei gesunden Personen dieser Reiz ausbleibt. Es 
werden bei dieser sog. Ophtalmoreaktion 1—2 
Tropfen Tuberkulinlösung auf die Bindehaut, möglichst in 
die Nähe des inneren Augenwinkels gebracht. Nach 6—12 
Stunden rötet sich die Schleimhaut in charakteristischer 
Weise, wobei vielfach ein schleimig-fibrinöses Exsudat 
sezerniert wird. Das andere Auge dient zur Kontrolle. 
Ebenso wie bei der v. Pirquet sehen und Moro sehen 
Reaktion sind Temperaturerhöhungen nur sehr selten be¬ 
obachtet worden; auch fehlen Herdreaktionen. Nach 36 
bis 48 Stunden klingen die Erscheinungen ab. 

Wolff-Eisne r rühmt seiner Methode auch eine 
prognostische Bedeutung nach. Wenn der Kör¬ 
per noch im Vollbesitz seiner Abwehrmittel sei, trete die 
Reaktion kräftig auf, während sie bei fortgeschrittenen 
Fällen schwach ausfalle. Die starke Reaktion gebe dem¬ 
nach eine günstige, die schwache eine ungünstige Prognose. 

Die Calmette-Wolff-Eisner sehe Probe wurde 
anfänglich wegen ihrer relativ guten Resultate von der 
Aerztewelt mit großem Enthusiasmus aufgenommen. Ihre 
Nachprüfung ergab nach einem Resümee von M i t u 1 e s e n 
84 % positive Reaktionen bei Tuberkulösen, 55 % bei Ver¬ 
dächtigen und 10—15 % bei anscheinend Gesunden. Jedoch 
mehren sich in letzter Zeit die Stimmen gegen die Oph¬ 
talmoreaktion, weil sie in einigen Fällen schwere Kompli¬ 
kationen verursacht hat, wie chronische phlykter.uläre Kon¬ 
junktivitis, Iritis und Sklero-Keratitis. Mit Recht weist auch 
Moeller in seinem „Lehrbuch der Lungentuberkulose“ 
darauf hin, daß, wenn nach Angabe der Autoren die Oph- 
talmoprobe bei Augenaffektionen lieber unterbleibe, die Ver¬ 
breitung der Augenkrankheiten, an denen nach einer Sta¬ 
tistik zwei Drittel aller Großstadtmenschen leiden, die 
Ophtalmoreaktion den größten Schwierigkeiten begegne. 

Um diesen aus dem Wege zu gehen, benutzte 
Moeller die Schleimhaut des Pharynx oder der Nase zu 
diagnostischen Zwecken. Er nennt sein Verfahren Rhino- 
d i a g n o s t i k. Er bringt einen Tropfen einer 2 prozentigen 
Tuberkulinlösung auf die untere Muschel und in den mitt¬ 
leren Nasengang und verreibt ihn mittels eines Wattebäusch- 


b>ryiu£EU vy- 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 


chens mit der Pinzette; zuweilen ließ er auch einen mit 
Tuberkulin getränkten Gazestreifen 10—15 Minuten lang 
liegen, wodurch die positive Reaktion noch deutlicher zum 
Vorschein kommt. Letztere zeigt sich durch eine starke 
Rötung und folgende Exsudation, welche wegen der ständig 
durch die Nase passierenden Luft allmählich zu einer Borke 
eintrocknet, die nach drei Tagen abfällt. 

Wenn das Verfahren auch kein vollwertiger Ersatz der 
subkutanen Methode ist, so läßt es sich besonders leicht 
bei Personen durchführen, die vor der Injektion ängstlich 
sind. 

Ebenso wie die Diagnose, hat auch die Behand¬ 
lung der Tuberkulose durch die Einführung 
spezifischer Mittel große Fortschritte ge¬ 
macht. Die Tuberkulinschäden, die durch die Mobili¬ 
sierung des Bazillus eine Verschlimmerung des Leidens her- 
vorrufen sollten, kommen jetzt bei sachgemäßer Durch¬ 
führung der Kur überhaupt nicht mehr vor. Bekanntlich 
gibt es zwei Wege, um dem Organismus im Kampfe um 
dieTuberke bazi len und ihre Toxine zu unterstützendender 
aktiven und den der passiven Immunisierung. Letz¬ 
tere besteht darin, daß man schon fertige spezifische 
Schutzstoffe antitoxischer, bakteriolytischer und aggluti¬ 
nierender Art mittels Injektion oder Transfusion von Blut 
oder Blutserum dem Körper zuführt. Dasselbe erhält mau 
von Tieren, die einer methodischen Impfung mit den 
Tuberkelbazillen unterzogen worden sind (Serothera¬ 
pie). Bei der aktiven Immunisierung werden dem Or¬ 
ganismus geringe Mengen von Tuberkelbazillen oder 
Toxinen verabreicht, um ihn dadurch zur selbsttäti- 
g e n Bildung von Antikörpern zu veranlassen (Bakterio- 
t h e r a p i e). 

Das bekannteste Mittel der Serotherapie ist das von 
Maragliano hergestellte Heilserum, das besonders in 
Italien sehr große Anwendung findet. Es wird subkutan 
injeziert, bei Nichtfiebernden in der ersten Woche jeden 
zweiten Tag 1 cm 3 , in der zweiten Woche täglich 1cm“, 
in der dritten Woche täglich 2 cm 3 . Bei höher Fiebernden 
beginnt M a r g 1 i a n o sofort mit höheren Dosen, und zwar 
mit 10 cm 3 . Die Behandlung dauert mehrere Monate. Der 
Erfinder will 80 % seiner Kranken mit dem Mittel geheilt 
haben. Andere Aerzte bestätigen seine Erfolge. Jedoch 
sprechen sich viele Autoren sehr ungünstig über das 
Mittel aus. 

Großes Interesse bringt man in letzter Zeit dem Serum 
Marmoreks entgegen, von dem besonders eine sinn¬ 
reiche Kombination mit polyvalentem Streptokokkenserum 
Aufmerksamkeit verdient. Das Serum wird von Tieren ge¬ 
nommen, denen ein Toxin von Tuberkelbazillen zugeführt 
wurde, die auf einem speziellen leukotoxischen Serum und 
Leberextrakt gewachsen sind. Die Kombination mit 
Streptokokkenserum stützt sich auf die Beobachtung, daß 
einige Krankheiten die Entwicklung der Tuberkulose be¬ 
günstigen, andere sie erschweren. So stehen die Strepto¬ 
kokken in einem gewissen Antagonismus zu den Tuberkel¬ 
bazillen und verhindern beim Zusammenbringen das Auf¬ 
kommen virulenter Tuberkelbazillen. Da das Serum, sub¬ 
kutan eingespritzt, eine starke lokale Reaktion zur Folge 
hatte, hat Marmorek mit Erfolg die rektale Anwendung 
versucht. Die klinischen Ergebnisse waren, besonders bei 
der chirurgischen und dir Okulartuberkulose sehr befriedi¬ 
gend, weniger dagegen bei der Lungentuberkulose. Ma¬ 
ragliano sowie Marmorek heben die absolute Un¬ 
schädlichkeit ihrer Mittel hervor. Marx und R u p p e I 
behaupten, daß die mit den Sera erzielten Erfolge haupt¬ 
sächlich auf das in ihnen enthaltene Tuberkulin zurückzu¬ 
führen seien. 

Größere Erfolge als die Sero- hat die Bakteriotherapie 
aufzuweisen. Unter allen spezifischen Mitteln gegen Tuber¬ 
kulose steht das Koch sehe Tuberkulin mit seinen 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 



278 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 18 


Verbesserungen noch immer an erster Stelle. Wir unter¬ 
scheiden zwei Arten von Tuberkulin, das Alt- und das 
Neutuberkulin. Ersteres ist im wesentlichen eine 
einiache, filtrierte Bouillon, in der der Tuberkelbazillus ge¬ 
wachsen ist; sie enthält also dielöslichenProdukte 
des Bazillenleibes. Das Neutuberkulin umfaßt eine Gruppe 
von Präparaten, die alle das gemeinsam haben, daß sie 
außer den löslichen Produkten die Sub¬ 
stanzen des Bazille nleibes in einer resorbier¬ 
baren Form enthalten. Außer diesem Koch sehen exi¬ 
stieren noch eine Unzahl von anderen Autoren hergestellter 
Tuberkuline, deren einige noch unten näher besprochen 
werden sollen. 

Obwohl man die Fehler der Anfangsperiode der Tuber¬ 
kulinbehandlung verlernt hat und sich allgemein anerkann¬ 
te Grundsätze herausgebildet haben, so wogt über ge¬ 
wisse Fragen der Tuberkulintherapie der Streit der Mei¬ 
nungen noch unentschieden hin und her. Vor allem sind 
es folgende Fragen, mit denen sich die neuere Literatur 
beschäftigt: Wer soll behandelt werden und 
wer nicht? Welches ist das beste Präparat? 
Welches ist diezweckmäßigste Art des 
Applikationsweges? In welchen Dosen und 
Intervallen soll das Tuberkulin dar¬ 
gereicht werden? 

Ueberhaupt Abstand nehmen soll man von einer Tuber¬ 
kulinkur in denjenigen Fällen; in welchen die Tuberkulose 
mit anderen Krankheiten kompliziert ist. Vor allem darf, 
wenn neben der Lungenerkrankung eine organische Herz¬ 
krankheit, Diabetes und Nephritis besteht, an eine Tuber¬ 
kulinkur nicht gedacht werden. Auch bei Hysterie, Neur¬ 
asthenie und Epilepsie sehe man von der spezifischen Be¬ 
handlung, da die Erfolge recht zweifelhaft sind, lieber ab. 
Dagegen bildet Hämoptoe, Fieber, Menstruation nur eine 
zeitweise Kontraindikation. Auch während der Gravidität 
kann die Behandlung weitergeführt werden und ist sogar 
nach Petruschky sehr geeignet, die Indikation zur Ein¬ 
leitung des künstlichen Abortus wesentlich einschränken. 

Die günstigsten Chancen haben zweifellos die Patienten, 
bei denen die Krankheit erst begonnen hat, die vielleicht 
noch keine klinischen Symptome, wohl aber eine positive 
Tuberkulinreaktion zeigen. Diese können nahezu mit 
Sicherheit von ihren Beschwerden befreit werden. Be¬ 
sonders dankbare Fälle sind auch die lavierten Tuber¬ 
kulosen der weiblichen Patienten im Pubertätsalter, die 
sich unter Klagen von Nervosität, Magenbeschwerden, 
Bleichsucht und Blutarmut verbergen. Bei einer zweiten 
Gruppe von Kranken, bei denen geringe lokale Veränderun¬ 
gen, wie Spitzenkatarrhe, geringfügige Infiltrate und bazil¬ 
lärer Auswurf bestehen, kann die Kur eine bedeutende Bes¬ 
serung oder Heilung bringen. Rasselgeräusche, Husten, 
Auswurf können gänzlich verschwinden. Hoffnungslos sind 
nur die Fälle des dritten Stadiums. Es muß betont werden, 
daß, bevor man mit einer Tuberkulinkur beginnt, auch bei 
leichteren Fällen man durch Allgemeinbehandlung die 
Körperkräfte zu heben sucht. 

Was nun die Wahl eines Präparates angeht, so lassen 
sich hierüber nur Ratschläge ganz allgemeiner Natur er¬ 
teilen, weil die Diskussion über -die Leistungsfähigkeit der 
einzelnen Präparate noch lange nicht geschlossen ist. 

Die Initialstadien der Tuberkulose werden wohl am 
besten und zweckmäßigsten der Behandlung mit dem 
Koch sehen Alttuberkulin unterworfen; für vorgeschrit¬ 
tene Fälle und solche von mehr chronischem Charakter, 
namentlich auch für diejenigen, bei denen das Alttuberkulin 
schlecht vertragen wird und jede Injektion eine stärkere 
oder schwächere Reaktion (Fieber, Seitenstechen, Husten 


und kollapsartige Anfälle) hervorruft, ist die Behandlung 
mit einem andeien Tuberkulinpräparat zu empfehlen. 

Koch stellte das Neutuberkulin (Tuberkelbazillen- 
Emulsion) her, das weniger toxische Eigenschaften besitzt 
und nicht die erwähnten Reaktionen verursacht. Ueber 
das Neutuberkulin liegen bereits Berichte einer Reihe von 
Autoren vor, die alle darin übereinstimmen, daß sie bei 
Lungentuberkulose sehr günstige Resul¬ 
tate erzielt haben, dagegen niemals störende 
Nebenwirkungen, wie sie beim Alttuberkulin Vor¬ 
kommen können, beobachtet haben. Ganz besonders wert¬ 
voll für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Neu¬ 
tuberkulins sind die Erfolge, dieDoutrelepont.Napp 
und G rouve n bei Lupus, v. Hippel und seine Schüler 
bei Iristuberkulose erzielt haben. Die Einwirkung 
des spezifischen Mittels war hier so deutlich zu beobachten, 
daß nach dem Urteile dieser Autoren das Neutuberkulin 
eines der hervorragendsten Mittel zur Bekämpfung der 
Hauttuberkulose ist, wenn es auch nicht imstande ist, eine 
radikale und definitive Heilung zu ermöglichen. Koch 
selbst hat sich wiederholt dahin ausgesprochen, daß der 
Tuberkelbazillenemulsion vor allen andern Präparaten der 
Vorzug zu geben ist, da in diesem Präparate alle Bestand¬ 
teile der Tuberkelbazillen enthalten sind, und daher von der 
therapeutischen Verwendung desselben zu erwarten ist, 
daß es eine Immunität gegen den Tuberkelbazillus selbst 
und gegen das Tuberkulin auszulösen vermag. Das Neu¬ 
tuberkulin hat nach den neuesten Erfahrungen den Nachteil, 
daß die Injektion namentlich in größeren Dosen schmerz¬ 
haft ist und Infiltrate entstehen. 

Die Frage, welches von den beiden Präparaten das 
bessere ist, ist zurzeit noch ungelöst, da für beide Autori¬ 
täten von gleicher Bedeutung eintreten. Während man 
dem Neutuberkulin eine größere immunisierende und ent- 
fiebernde Kraft zuschreibt, will man anderseits die im Alt¬ 
tuberkulin enthaltenen löslichen Produkte nicht gerne 
missen. Da ferner die Immunisierung stets streng spe¬ 
zifisch zu sein pflegt, bis zu dein Grade, daß, wenn man ein 
Tier oder einen Menschen zum Beispiel gegen Alttuberkulin 
immunisiert hat, das Tier oder der Mensch nicht notwendig 
auch gegen Neutuberkulin immun ist, so schlagen aus diesen 
Erwägungen heraus verschiedene Autoren eine kombinierte 
Behandlung mit beiden Tuberkulinen vor. Joch mann 
schließt an eine Behandlung mit Alttuber¬ 
kulin eine solche mit Neutuberkulin an. 
Citron geht den umgekehrten Weg. Er be¬ 
ginnt die Behandlung mit sensibilisierter Bazillenemulsion, 
bis er unter möglichster Vermeidung von Fieberreaktionen 
Dosen von 0,1 bis 1,0 cm 3 erreicht hat, fährt dann mit ein¬ 
facher Bazillenemulsion fort in Dosen von 0,1 cm 3 , und ver¬ 
abreicht zum Schluß der Kur noch einige Monate hindurch 
in Abständen von 4 Wochen Injektionen von Alttuberkulin, 
eine Methode, die an der zweiten Medizinischen Klinik der 
Charite in Berlin mit großem Erfolg geübt wird. 

Durch diese Art der aufeinanderfolgenden Behandlung 
mit verschiedenen Tuberkulinen wird aber nicht nur die 
schon an und für sich langwierige Tuberkulinkur noch ver¬ 
längert, sondern ein Teil der mit dem zuerst angewandten 
Mittel erreichten Immunität geht wieder verloren. Infolge¬ 
dessen kam Wolf-Eisner auf den Gedanken, das so¬ 
genannte Mischt uberkuli n*), bestehend aus Alt- und 
Neutuberkulin, herzustellen. Er schreibt darüber in seinem 
„Handbuch der Serotherapie und experimentellen The¬ 
rapie“: „Da die Kombination von Alt- und Neutuberkulin 
keinerlei Gefahren setzt und eine große Reihe von Autoren 
vom Alttuberkulin, andere vom Neutuberkulin große Erfolge 

*) Zu beziehen durch die Kaiser Friedrich-Apotheke, 

Berlin NW. 6. 



Nr. 18 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


279 


erwarten, so besteht kein Qrund, nicht in der geeigneten 
Weise die beiden Präparate zu kombinieren. Ich habe 
mit der Kombination von Alt- und Neutuberkulin sehr be¬ 
friedigende Resultate erzielt. Ich gehe dabei in der Weise 
vor, daß ich z. B. 1 / 20 mg mit % cm 3 der Verdünnung 
2:200 000 von Neutuberkulin kombiniere und im wesent¬ 
lichen mich sonst an die S a h 1 i sehen Prinzipien halte.“ Ob 
das Präparat besondere Vorzüge vor anderen hat, ist noch 
nicht genügend klinisch erprobt. 

Eine sinnreiche Kombination der Sero- 
und Bakteriotherapie stellt die von Fritz 
Meyer und Ruppel erfundene sensibilisierte 
Bazillenemu lsio n**) dar. Meyer entnahm Tieren, 
die einer leichten Tuberkuloseinfekion unterworfen, geheilt 
waren und nachweisbare Schutzstoffe erzeugt hatten, Blut¬ 
serum. Die im Serum enthaltenen Schutzstoffe wurden 
durch ein besonderes Verfahren auf die Tuberkelbazillen 
selbst fixiert und zu einer Emulsion mi 40 % Glyzerin und 
etwas Karbolsäure verarbeitet. Durch die Bindung der 
Schutzstoffe an die Bazillenleiber wurde einerseits die un¬ 
angenehme Nebenwirkungen erzeugende Serumflüssigkeit 
beseitigt, anderseits durch die Wirkung der Schutzstoffe die 
Giftigkeit der Bazillenleiber herabgesetzt. Die Resultate, 
die Meyer, C i t r o n u. a. mit der sensibilisierten 
Bazillenemulsion besonders bezüglich des Ausbleibens 
schädlicher Reaktionen erzielt haben, sind derartig günstig, 
daß das neue Präparat zur therapeutischen Verwendung 
empfohlen werden kann. 

Von einem ganz neuen Prinzip geht Karl Spengler 
aus. Der Sitz der tuberkulösen Immunkörper sei haupt¬ 
sächlich nicht das Serum, sondern die roten Blutkörperchen, 
von denen aus sie in kleinen Quantitäten sowohl in das 
Serum, wie in die Leukozyten übergehen, weswegen die 
Immunisierung nicht eine humorale, sondern eine zellular- . 
humorale ist. Der gesunde Mensch ist tuberkulose-immun; 
seine Blutzellen enthalten eine große Menge der Immun- 
Immunkörpern bringt nach Spengler Heilung in Initial¬ 
körper, die ihn vor der Reininfektion schützen. Wenn aus 
verschiedenen Ursachen die Konstitution des Blutes oder 
der hämatopoetischen Organe angegriffen wird, vermindern 
sich die tuberkulösen Immunkörper, und es kann eine neue 
Ansteckung stattfinden. Die tuberkulösen Immunkörper 
der tuberkulösen Tiere können in reinem Zustande durch 
chemische Vorgänge festgestellt und beim Menschen zur 
Immunisierung verwendet werden. Die Behandlung mit 
InimunekörpernbringtnachSp ngler klin.Heilung.inlnitia.- 
und nicht vorgeschrittenen Fällen. Zur Charakterisierung 
der Leistungsfähigkeit mögen folgende Urteile anderer 
Aerzte dienen. Während Herzberg von der raschen 
Heilwirkung des Mittels, namentlich in schweren Fällen, 
geradezu verblüfft war und berichtet, daß Kranke mit vor¬ 
geschrittener Lungentuberkulose, mit positivem Bazillen¬ 
befund und Schweißen nach 14—16 Einspritzungen bazillen¬ 
frei, schweißfrei und hustenfrei, mit Gewichtszunahme und 
allerbestem Wohlbefinden als geheilt entlassen werden 
konnten, erklärt Kraft, bei 18 Fällen so ungünstige Re¬ 
sultate gehabt zu haben, daß er es für gewissenlos halte, 
wenn er weiter damit arbeiten würde. 

Um der durch die spezifische Behandlung in den Hinter¬ 
grund gedrängten arzneilichen Therapie wieder zu ihrem 
Recht zu verhelfen, kombinierten einige Autoren das 
Tuberkulin mit den besonders bei der Symptomen- 
behandlung wirkungsvollen Arzneimitteln Kreosot, 
Arsen und Chinin. Die Arsen-Tuberkulin-Behandlung 
wird von Friedmann, Sobatta Cyhulsky und 
Mendel empfohlen. Es soll durch die Kombinierung dieser 
zwei Stoffe die entzündliche Reaktion und die Abkapselung 
gefördert werden. Dazu kommt noch der günstige Einfluß 

**) Zu beziehen durch die Höchster Farbwerke, 

Höchst a. M. 


des Arsens auf Appetit und Allgemeinbefinden und die toni- 
sierende Wirkung. Das Tuberkulin erfüllt außer seinen spe¬ 
zifischen Eigenschaften nach den Anschauungen der Ehr¬ 
lich sehen Chemotherapie den Zweck, das Arsen an die 
erkrankten Stellen hinzutransportieren. Die Chinin-'I'uber- 
kulinpräparate (Tuberkinin) wirken insbesondere bei fieber¬ 
hafter Tuberkulose sehr günstig und werden von Orhan- 
B e y und Karo neuerdings empfohlen. 

M o e 11 e r ging in einer zweckmäßigen Kombination 
verschiedener Tuberkuline und Arzneimittel noch einen 
Schritt weiter. Er verordnet eine Komposition von 
Tuberkulinemulsion,Thimotheinundamei- 
sen saurem Kalzium. Die Ameisensäure, /deren 
Heilwirkung bei tuberkulöser Gelenkentzündung bekannt ist, 
hat eine exzitierende Wirkung bei Erschöpfungszuständen. 
Das Kalzium wurde hinzugefügt, weil bei Tuberkulösen 
eine Verarmung des Körpers an Kalksalzen eintritt. Dem 
Calcium formic. wird auch eine Erhöhung der Fibrin¬ 
bildung zugeschrieben, wodurch an den in Heilung begriffe¬ 
nen Körperstellen ein ausgiebigeres und widerstandsfähi¬ 
ges Narbengewebe erzeugt wird. Bei dem Zusatz von 
Thimotein ließ sich M o e 11 e r von folgendem Gedanken- 
gang leiten: Er stellte durch umfangreiche Versuche fest, 
daß sich nicht nur durch die Tuberkelbazillen des typus 
humanus und ihre Produkte selbst, sondern auch durch 
Präparate von ihnen verwandten Arten, z. B. Vogel-, 
Fisch- und Blindschleichentuberkelbazillen, der menschliche 
Körper immunisieren lasse. Ebenso war dies möglich 
mittels der neben den eigentlichen Tuberkelbazillen beim 
Menschen vorkommenden Pseudotuberkelbazillen, die sich 
durch Säurefestigkeit charakterisieren. M o e 11 e r und 
Klemperer fanden, daß die Einverleibung der von 
ersterem entdeckten säurefesten Bakterien (Thimothee- 
Grasbazillen-M o e 11 e r) einen abschwächenden und hem¬ 
menden Einfluß auf die tuberkulöse Infektion bei Versuch¬ 
tieren ausübte und einen Schutz gegen dieselbe gewährte. 
Das Thimothein hat außerdem noch den Vorteil, die Giftig¬ 
keit der Tuberkelbazillenemulsion, mit der es kombiniert 
ist, herabzusetzen. Die Behandlung mit einfacher Bazillen¬ 
emulsion wurde oft durch Ueberempfindlichkeit des be¬ 
handelten Organismus gestört, welche sich selbst bei gleich- 
bleibenden Dosen durch eine hohe Temperatursteigerung 
äußerte. Bei der mit Thimothein kombinierten Emulsion 
war die eintretende Allgemeinreaktion eine viel mildere. 

Moeller schlug auch eine neue und prak¬ 
tische Art des Applikationsweges vor. Wenn 
auch die subkutane Injektion, wie sie bei den bisher er¬ 
wähnten Tuberkulinen mit Ausnahme der beiden letzten im 
Gebrauch ist, noch immer als die zuverlässigste Methode 
anzusehen ist, so hat sie dennoch manche Unannehmlich¬ 
keiten. Bei empfindlichen Personen bewirkt die Schmerz¬ 
haftigkeit des Einstichs, die Infiltrate, die sich zuweilen 
bilden, Schädlichkeiten, die zwar nicht die geringste Be¬ 
deutung haben, einen solchen Horror, daß die Vornahme der 
Tuberkulininjektion einfach unmöglich ist. Dazu kommen 
noch Schwierigkeiten, wie die lokale Entfernung des Wohn¬ 
sitzes der Kranken vom behandelnden Arzt, und die Kosten 
der Injektionen, die immer vom Arzt selbst vorgenommen 
werden müssen. Für solche Fälle hat Moeller versucht, 
das Tuberkulin auf andere Weise dem Organismus einzu¬ 
verleiben. Es kamen Applikationen per Inhalationen 
und per Magenda r mkanal in Betracht. Die In¬ 
halation ergab zwar positive Erfolge in dem Sinne, daß sie 
die typische Störung des Allgemeinbefindens hervorrief, 
hatte aber den großen Nachteil, daß eine exakte und in¬ 
dividuelle Dosierung, wie es gerade das Tuberkulin er¬ 
fordert, vollständig ausgeschlossen war. 

Moeller und Calmette fanden weiter, daß 
Meerschweinchen bei stomachaler Einver- 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 


JNIVE 




280 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 18 


1 e i b u n g typische Reaktionen ebenso häufig | Kur schon mit 0,1 mg und steigen bis 1,0 gr. Schloss- 
zeigen, wie bei subkutaner Injektion. Die mann, Bauer, Engel und Neum ann werden noch 
ersten Versuche, die Mo eil er beim Menschen anstellte, viel höhere Dosen an, bei Säuglingen bis zu 20,0 cm 3 Alt- 
indem er den Patienten einige Milligramm Tuberkulin zu tuberkulin. Während Koch Reaktionen wünscht Und ver- 
Getränkcn zusetzte, schlugen gänzlich fehl. Um die spe- langt, daß mit derjenigen Dosis begonnen wird, die bei der 
zifische Wirkung des Tuberkulins zu Heilzwecken für den diagnostischen Injektion eine deutliche Reaktion gegeben 
Körper verwendbar zu machen, muß nämlich verhütet hat, vermeiden W r i g h t und Sahli mit peinlicher Vor- 
\yerden, daß der Magensaft auf das Tuberkulin ein wirkt, sicht Reaktionen. Wie überall, so liegt auch hier der 
Deshalb verordnete M o e 11 e r das T u b e r o i d , wie er sicherste und zweckmäßigste Weg in der Mitte. Es muß 
seine Komposition nannte, in Q e I o d u r a t k a p s e I n , d i e aber ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß sich ein 
vom Magensaft nicht aufgelöst werden und bestimmtes Schema für die Tuberkulinbehandlung nicht auf- 
erst im Darm voll und ganz zur Resorption kommen. Die stellen läßt, weder in Hinsicht auf die Auswahl der Fälle, 
Tuberoidkapseln sind leicht und angenehm zu noch auf die Dosierung. Die T u b e r k u I i n behänd- 


nehmen und werden ohne besondere Reaktion vertragen. 
Besonders für die Kinderpraxis sind sie sehr zu empfehlen. 
Sie sind in folgender kombinierten Dosis hergestellt: 

Tuberkelbazillenemulsion 0,0002 cm 1 
( = Tuberkelbazillensubstanz: 0,001mg) 

Thimothein 0,0001 ein' 

Calc. formie. 0,01 gr.“) 

Zu Beginn der Kur ist nach der Angabe des Autors an 
jedem zweiten Tag eine Kapsel, nach 2—3 Wochen täglich 
eine Kapsel zu nehmen. Doch muß die Kur, wie überhaupt 
die Tuberkulinbehandlung, von Fall zu Fall individualisiert 
werden. Durch gleichzeitige Verordnung von hygienisch¬ 
diätetischen Maßnahmen ist das Allgemeinbefinden und das 
Körpergewicht zu heben. M o e 11 e r empfiehlt die Dar¬ 
reichung von Tuberoid besonders bei Kindern mit geschlos¬ 
sener Drüsentuberkulose (Skrophulose), bei den Anfangs¬ 
stadien der lavierten Tuberkulose, die besonders bei weib¬ 
lichen Patienten im Pubertätsalter vorkommt und nur durch 
die Tuberkulinprobe festgestellt werden kann, sowie bei 
tuberkulösen Schwangeren, die sehr empfindlich gegen die 
Injektionen sind. Die Erfolge der Tuberoidtherapie bei 
diesen Kranken waren hervorragend; der Husten ver¬ 
schwand, der Nachtschweiß ließ nach, das Sputum wurde 
locker und serös, Allgemeinbefinden, Appetit und Körper¬ 
gewicht hoben sich. Fiebernde wurden durch Darreichung 
von Tuberoid öfter entfiebert, Nichtfiebernde erzielten 
schnellere Resultate. Meine eigenen Versuche mit 
Tuberoid, die noch nicht abgeschlossen sind, brachten ein 
sehr günstiges Ergebnis. Bei einer 16 jährigen Kranken, die 
bei der ersten Untersuchung deutliches kleinblasiges Ras¬ 
seln über der linken Lungenspitze zeigte, war schon nach 
einer 14 tägigen Tuberoidkur nur mehr unreines Atmen zu 
hören. Das Körpergewicht hatte sich wesentlich erhöht, 
das subjektive Wohlbefinden war merklich gestiegen. Die 
prompten Erfolge, die die Tuberiodtherapie bisher aufzu¬ 
weisen hat, in Verbindung mit der bequemen Verordnungs¬ 
form werden ihr sicherlich zahlreiche Freunde erwerben. 


Mit der stomachalen Verabreichung des Tuberkulins 




haben auch andere Autoren, wie Mit u lesen, Frei¬ 
mut h, Krause, Köhler, letzterer in 42 Fällen, unter 
denen viele relativ vorgeschrittene waren, sehr gute Er¬ 
folge gesehen, während sich Sokolowski scharf dagegen 
ausspricht. Statt der stomachen wählen andere Aerzte, wie 
Calmette und Marmorek die rektale Beibringung 
des'Tuberkulins des Serums mittels Klystieren. Bequemer 
sind die L i 11 a u e rschen Tuberkulinsupposito- 
r i e.n , die loakle und allgemeine Reaktion, jedoch weniger 
intensiv als bei subkutaner Einverleibung hervorrufen. 

Was .die Dosierung angeht, so stehen sich da die An¬ 
sichten verschiedener Forscher scharf gegenüber. Auf der 
einen Seite arbeiten Sahli und W r i g h t mit den mini¬ 
malsten Dosen von 0,001 mg und weniger und steigen 
höchstens bis zu einer Enddosis von 0,01—0,05 mg, auf 
der anderen Seite beginnen Koch und seine Schüler die 

’*) Zu beziehen durch die Schweizer Apotheke Berlin, 
Friedrichstr. 173. 



lung muß genau individualisiert und nach 
dem jeweiligen Verlaufe der Krankheit al¬ 
te r i e r t werden. 

Im allgemeinen verfahren die meisten Autoren nach 
folgenden Grundsätzen: Schwache Reaktionen sind nicht 
als schädlich anzusehen, starke Reaktionen sind nach Mög¬ 
lichkeit zu vermeiden. Jede Reaktion muß erst abklingen, 
bevor man weiter Tuberkulin gibt. Man beginne die K llr in 
der Regel mit Injektionen von 0,1 mg Tuberkulin und steigere 
die Dosen nach dem Verhalten der Körpertemperatur, des All¬ 
gemeinbefindens und des Gewichtes. Bei schlechtem Ver¬ 
halten bleibe man bei derselben Dosis oder gehe sogar her¬ 
unter, bei gutem steige man in geringem Maße, und zwar 
jeden dritten oder vierten Tag mit 0,1 -0,2 mg, später, 
wenn keine erheblichen Reaktionen eintreten, mit 0,5—1 
Milligramm. Das Intervall von 3—4 Tagen ist nötig, um 
dem Organismus Zeit und Ruhe zur Bildung der Schutz¬ 
stoffe zu lassen. Denn man muß immer vor Augen haben, 
daß dasTuberkulin selbst kein Schutzstoff ist, s,onder;n nur den 
Körper anregen soll, solche zu bilden. Es gilt nicht für rat¬ 
sam, dieselbe Dosis häufig hintereinander zu geben, da hier¬ 
durch leicht eine Ueberempfindlichkeit hervorgerufen wird, 
die sich in starken Reaktionen äußert. Die Behandlung mit 
Alt- oder Neutuberkulin erstreckt sich über 5—7 Monate 
und kann als beendet angesehen werden, wenn der Patient 
eine Dosis von 0,5 cm 3 ohne besondere Reaktion mehrmals 
vertragen hat. Um die Reaktionen zu kontrollieren, wird 
am Tage nach der Einspritzung die Temperatur zweistündig 
gemessen, an den anderen Tagen zweimal. Wöchentlich 
wird durch Wägung das Körpergewicht festgestellt. Es 
empfiehlt sich, am Tage nach jeder Injektion sorgfältig zu 
auskultieren. Haben die katarrhalischen Symptome stark 
zugenommen, so wartet man zur Vermeidung einer Re¬ 
aktion mit der nächsten Injektion einige Tage. 

Petruschky hat darauf hingewiesen, daß man die 
Patienten immer bei einer gewissen Immunität halten solle, 
und empfiehlt zu diesem Zweck eine sogen. Etappen¬ 
kur, die mehrmals unterbrochen und nach 3—7 Monaten 
mit der Dosis wieder begonnen wird, mit der man am 
Schluß der letzten Etappe aufgehört hat. Er steigt aber 
höchstens bis 1,0 cm 3 Alttuberkulin. 

Bei der Durchführung einer Tuberkulinkur fragt sich 
nun: Welche Kriterien haben wir für ihren 
Erfolg? Die Versuche, biologische Kriterien zu 
schaffen, sind bisher ohne Erfolg geblieben. W r i g h t 
glaubt ein solches in der Bestimmung des Opsoninen 
Index gefunden zu haben. Er ging dabei von der Be¬ 
obachtung aus, daß die Fähigekit einer Gruppe von Leuko¬ 
zyten, der sogen. Phagozyten, Bakterien in sich aufzu¬ 
nehmen und zu vernichten, bei dem Blute Tuberkulöser sehr 
herabgesetzt sei, im Laufe der Tuberkulinbehandlung zu¬ 
erst sich noch weiter vermindere, dann aber durch die Ver¬ 
mehrung der sogen. Opsonine steige. Er zählt nun 
genau die von einer bestimmten Anzahl Phagozyten ver¬ 
zehrten Bakterien, vergleicht die phagozytische Fähigkeit 
des normalen und des kranken Serums und nennt das Ver- 




UNIVERSITY OF MICHIGAN 




Nr. 18 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


281 



hältnis beider zueinander den opsoninen Index. Durch 
regelmäßige Kontrolle und Aufzeichnung desselben erhält er 
die opsonine Kurve, deren gleichmäßiges 
AnsteigenihmeinKriteriumfürdieRichtig- 
keitder durch geführten Tuberkulinkur ist. 
Aber abgesehen davon, daß die theoretische Erklärung der 
Opsonine noch völlig im Dunkeln liegt, da wir bisher von 
ihnen nur wissen, daß es die Phagozytose befördernde Sub¬ 
stanzen sind, hat auch die nach dem opsoninen Index ge¬ 
leitete Kur mit geringsten Tuberkulindosen praktisch nicht 
so viel geleistet, daß sie den 'Vorzug vor anderen verdiente. 
Auch würde die Bestimmung des opsoninen Index in der 
Praxis wegen ihrer schwierigen Ausführung unmöglich sein. 

Biologische Kriterien besitzen wir nicht. Das Kri¬ 
terium, das wir besitzen, und über dessen 
Bedeutung kein Zweifel bestehen kan n, ist 
die klinische Besserung: Gewichtzunahme, Besse¬ 
rung des lokalen Befundes, Fieberabnahme. 

Von Zweiflern der Tuberkulintherapie wird manchmal 
der Einwurf gemacht, ob die klinische Besserung nicht 
eine Folge der hygienisch - diätetischen - hydriatischen 
Kur, die immer mit der spezifischen zu verbinden 
ist, zuzuschreiben sei. Nun haben aber exakte vergleichende 
Versuche bei Tausenden von Patienten, die mit und ohne 
Tuberkulin behandelt worden waren, eklatant erwiesen, daß 
kombinierte allgemeinspezifische Behandlung weit bessere 
Resultate erzielt. So berichtet Moeller, daß er 
bei Kranken des 1. Stadiums bei der kom¬ 
binierten ambulanten Behandlung 59%, bei 
der Behandlung ohne Tuberkulin nur 28,1 % 
Heilungen erreicht hat. Die entsprechen¬ 
den Zahlen bei Patienten des 2. Stadiums 
sind: Behandlung mit Tuberkulin 2 8,9%, 

ohne Tuberkulin 0% Heilungen. Kranke des 
3. Stadiums konnten weder mit noch ohne Tuberkulin ge¬ 
heilt werden. 

Eine andere Frage, ob sich die spe¬ 
zifische Behandlung nicht nur in einer An¬ 
stalt, sondern auch in der ambulanten 
Praxis durchführen läßt, muß nach den heutigen 
Erfahrungen und bei Öen bequemen und exakt dosierten 
Präparaten unbedingt mit „Ja“ beantwortet 
werden. Nach M o e 11 e r s Angabe besteht zwischen der 
kombinierten Allgemein - Tuberkulinbehandlung in einem 
Sanatorium und in der ambulanten Praxis ein Unterschied 
von 1 % zugunsten der ersteren. M i t u 1 e s c u empfiehlt, 
in Sanatorien sofort mit der spezifischen Behandlung zu be¬ 
ginnen, in der ambulanten Praxis zuerst die passiven Mittel 
der Serotherapie anzuwenden, dann, nachdem sich der Or¬ 
ganismus mehr tonifiziert hat und die Tendenz zur Hyper¬ 
sensibilität geringer geworden ist, mit Tuberkulin- 
darreichung auf digestivem Wege fortzufahren und schlie߬ 
lich zur subkutanen Behandlung überzugehen. 

Jedenfalls kann nach dem Urteile der meisten und be¬ 
deutendsten Autoren die spezifische Therapie unbedenklich 
jedem Arzt aufs wärmste empfohlen werden, der sich mit 
ihren Vorteilen und Gefahren theoretisch und praktisch ge¬ 
nügend vertraut gemacht hat. 

Literaturverzeichnis : 

Moeller, Lehrbuch der Lungentuberkulose, Wiesbaden 1910, 
Wolff-Eisner, Handbuch der Serotherapie und experimen¬ 
tellen Therapie, München 1910. 

Mnro, Üeber eine diagnostisch verwertbare Reaktion der Haut 
auf Einwirkung von Tuberkulinsalbe, Münchener medizi¬ 
nische Wochenschrift 1908 No. 5. 

M i t u 1 e s c u , Beiträge zum Studium der Ophtalmoreaktion. 
Wiener klinische Wochenschrift 1908. Nr. 17., 


[ i dl;.' 

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Cohn, Ueber lokale Ueberempiindlichkeit der Konjunktiva. 
Berliner Klinische Wochenschrift 1908. Nr. 17 

Möller, Ueber interne Anwendung von Tuberkulin und luber- 
kulinähnlichen Präparaten, Münch, med. Wochenschrift 1908, 
Nr. 45. 

M i t ii I e s c u , Spezifische Substanzen in der Diagnose und Be¬ 
handlung der Tuberkulose, Berl. Klin. Wochenschrift 1909 
Nr. 32 und 33. 

Sokolowsky, Diagnose und Therapie der beginnenden Lun¬ 
gentuberkulose mit Hilfe moderner diagnostischer Methoden, 
vom klinischen Standpunkte aus dargestellt. Berl. klin. 
Wochenschrift 1909, Nr. 42 u. 43. 

John ii. Volhard, Ueber Tuberkulinbehandlung in der Praxis. 
Münch, med. Wochenschrift 1908, Nr. 47. 

Rothschild, Ueber Mischtuberkulin (Polygene Bazillenemul¬ 
sion. Deutsche Medizinische Wochenschrift 1909 Nr. 21. 

N e u m a n n , Tuberkulosebehandlung mit grossen Tuberkulin¬ 
dosen, Deutsche Med. Wochenschrift 1910, Nr. 5. 

Citron, Kritisches und Experimentelles zur Tuberkulintherapie, 
Berl. Klin. Wochenschrift, 1909, Nr. 51. 


REFERATE. 

Lungenkrankheiten. 

Referent: Prof. Dr. A. Moeller, Spezialarzt für Lungenleiden, 
Berlin. 

1. Einige klinische Beobachtungen über die Bedeutung der 
Kutanreaktion, besonders beim chirurgischen Material. Von Prof. 
Papa i' v anno n. Deutsche mediz. Presse 1910, Nr. 6. 

2. Der Tuberkelbazillennachweis mittelst Antiformin und seine 
Verwendung für die histologische Diagnose der Tuberkulose. Von 
Prof. Merkel. Münchener mediz. Wochenschrift, 1910, Nr. 13. 

3. Ueber I.-K. Von Dr. Wallenstein. Berl. Klin. Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 14. 

4. Beitrag zur Behandlung mit I.-K. Von K. Kerle, Berlin. 
Klinische Wochenschrift, 1910, Nr. 4. 

5. Ueber Diät bei Erkrankungen der oberen Luftwege, die mit 
Fieber und Dyspnoe verbunden sind. Von Dr. Blumenfeld, 
Wiesboden. Deutsche Aerzte-Zeitung, 1910, Nr. 7. 

6. Zwei Fäfile von Aktinomykose der Lungen. Von Dr. 
A 1 k s n e. Deutsche Aerzte-Zeitung, 1910, Nr. 6 u. 7. 

7. Die Tuberkulose - Assanierung Berlins. Von Prof. Kayser- 
1 i n g. Halbmonatsschrift für soziale Hygiene und Medizin, 1910, 
Nr. 10 u. 11. 

8. Die Verbreitung der Tuberkulose durch den Phthisiker. Von 

Dr. S a n der, St. Blasien. 

1. Verf. zieht bezüglich der Konjunktival- und Kutanreaktion 
bei den an Tuberkulose in den verschiedenen Stadien Leidenden 
folgende Schlüsse: 

I. Beim klinisch zwar sicheren, aber noch nicht vorgeschritte¬ 
nen Stadium der Tuberkulose, d. i. bei den Fällen des ersten Sta¬ 
diums, tritt fast ohne Ausnahme eine Konjunktivalreaktiion durch 
die Methode Wolff-Eisner, sowie durch die v. Pirquets 
eine Kutanreaktion ein. Es erscheinen diese Reaktionen jedoch 
schnell und regelmässig und verschwinden ohne etwas besonderes 
Charakteristisches. 

II. Es existiert kein sichtbarer Unterschied zwischen beiden 
Methoden der Reaktion, aber scheinbar überragt die Konjunktival- 
reaktion die Kutanreaktio,n bezüglich der Intensität, da sie inner¬ 
halb 24 Stunden zur Entwicklung kommt, ihren Höhepunkt am 
2. Tag erreicht und am 3. oder 4. Tage zurücktritt. Nicht selten 
hat die Konjunktivitis zur Folge mit Eitersekretion, Lichtscheu, 
Anschwellung der Drüsen und ein Brennen. 

II. Im zweiten Stadium der Tuberkulose scheint die Kutan¬ 
reaktion die überwiegende zu sein. Indessen ist die Differenz 


UNIVERSITY C 


HIGAN 



;282 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 18 


der Zahl der Fälle unbedeutend und bei zwei Drittelten aller Fälle 
sind die Reaktionen positiv. 

IV. Bei den Tuberkulosekranken im dritten Stadium ist die 
Reaktion in fast allen Fällen negativ; sollte in sehr geringen Aus- 
nahmefäken eine Reaktion eintreten, so wird sie immer minimal 
und zweifelhaft sein. 

2. Merkel führt aus, wie die durch seine Untersuchungen 
festgestellte Tatsache, dass sich nicht nur frische Gewebe, sondern 
auch die in Alkohol, Kaiserling-Gemisch, Formol - Miil’er - Lösung 
fixierten Organstricke, ja sogar die bereits eingebetteten Gewebe¬ 
stücke mittels der Antiforminme'.ihode noch mit grösserer Sicher¬ 
heit auf Tuberkelbazillen untersuchen lassen; es ergibt sich somit 
eine weitere, praktisch ausserordentlich wichtige Anwendungs- 
weise des Antiformins für die Diagnose der Tuberkulose. 

3. Verf. hat in allen Fällen, die dem II. Stadium angehören, 
zu Beginn der Kur eine prompte antitoxische Wirkung konstatieren 
können, die sich in erster Linie durch den Temperaturabfall 
äusserte und bei weiterer Behandlung — eine zweifellose Besse¬ 
rung in allen Beziehungen: völlige oder fast völlige Entfiebe¬ 
rung, Gewichtszunahme, freies Atmen, Hebung des subjektiven 
Besindens, Spulumverminderung und Verringerung der Tuberkel¬ 
bazillen, zweifellose und rasche Besserung des objektiven Be¬ 
fundes. Viele Patienten, die mit I.-K. behandelt wurden, sind 
völlig entfiebert und vorläufig von Tuberkelbazillcn befreit. 
Dabei muss hier ganz besonders auf das entschiedenste betont 
werden, dass alle Patienten in der Stadt wohnen, einige unter 
sehr ungünstigen Verhältnissen leben und dabei nicht die Mög¬ 
lichkeit haben, ihre Arbeit aufzugeben. Einige sehr vorgeschrit¬ 
tene Fälle mit hektischem Fieber sind, trotz ihres schwersten 
Zustandes, auf dem Wege der langsamen Besserung. Ob das 

i.-K. bei latenter Tuberkulose als Diagnostikern dienen kann, ist 
vorläufig nicht zu beurteilen. Stichreaktionen hat er nie be¬ 
obachtet; dagegen bat er 3 mal bei klinisch absolut tuberkulose¬ 
freien Patienten, die erblich belastet waren, eine zweifellose 
Temperatursteigerung und allgemeines Unbehagen 2—3 Tage 
nach der ersten I.-K.-Injektion (0,2 der 7. Verdünnung) be¬ 
obachtet. 

Ist I.-K. polyvalent? 

Auf Grund seiner entfiebernden Wirkung in schwersten Fäl¬ 
len von Lungentuberkulose, wo eine Mischinfektion keinem 
Zweifel unterliegt möchte Verf. diese Frage bejahen; dann hat 
Verf. oft die Beobachtung gemacht, dass nach I.-K.-Injektionen 
deutliche Reaktionen (Schmerzen, Schwellungen) an denjenigen 
Stellen auitreten, wo früher ein eitriger Prozess vorhanden war. 

4. Verf. kommt zu folgendem Resultat: 11 schwere, pro¬ 
gnostisch ungünstige Lungentuberkulosen blieben ungebessert; 
bei 22 schweren und mittelschweren Fällen waren die Behand¬ 
lungserfolge nicht günstiger, als sie ohne I.-K. zu erwarten 
waren. 2 leichte Tuberkulosen wurden anscheinend sehr gün¬ 
stig beeinflusst. Schädigungen, Reaktionen, Beeinflussung von 
Kehlkopftuberkulosen wurden nicht beobachtet. 

Das I.-K. leistet bei schweren Lungentuberkulosen nichts; 
ob leichtere Formen beeinflusst werden, müssen wir dänin- 
gestellt sein lassen. 

5. Blumenfeld stellt folgende Grundsätze, deren Be¬ 
folgung sich ihm bei. der Ernährung von Kranken mit Fieber und 
Dyspnoe sowie gleichzeitiger Dysphagie bewährt haben, im fol¬ 
genden auf: 

I. Die Eiweissmenge soll bei mittlerem Ernährungszustände 
im allgemeinen 120 g möglichst nicht unterschreiten. 

II. Von den stickstolffreien Nahrungsmitteln sind die leicht 
resorbierbaren Kohlehydrate zum Teil aus theoretischen 
Gründen, besonders aber, weil sie leicht einzuführen sind, 
zu bevorzugen. 

UI. Die leimgebenden Substanzen stellen neben den schlei¬ 
migen Nahrungsmitteln ein vorzügliches Mittel dar, um die 
Nahrungsaufnahme, besonders auch bei Dyspnoe und 
Dysphagie, zu ermöglichen. 


6. Verf. schildert zunächst zwei Fälle von Aktinomykose dar 
Lungen und führt dann aus, wie die Behandlung der Lungen- 
aktinomykose vorläufig äusserst trostlose Resultate ergeben hat. 
R u d n i e w berichtet, dass von 84 erkrankten Personen nur 8 
genesen sind. Jedoch gibt es in der Literatur Momente, welche 
bessere Zeiten erhoffen lassen, nämlich wenn die f iihzeitige 
Diagnose, der Krankheit Gemeingut sämtlicher Aerzte werden 
und die Technik der Lun gen Chirurgie eine grössere Vervollkomm¬ 
nung erfahren wird. Bekanntlich galt das von van Itersou 
in die Therapie der Aktinomykose eingeführte Jodkalium beinahe 
als ein spezifisches. Mittel. Es wurden Fälle von Hebung 
oberflächlicher Erkrankungen einzig und allein unter dem Ein¬ 
flüsse der innerlichen Anwendung von Jodkalium berichtet. Nach 
der Statistik von Lieblein, welche 98 Fälle von Aktinomy- 
kose umfasst, wurde in 73 Fällen Genesung bei konservativer 
Behandlung erzielt, trotzdem unter den Fällen auch sehr viele 
schwere waren. Jedoch haben die Untersuchungen von Ju¬ 
ri n k a und P r u t z ergeben, dass Jodkalium kein spezifisches 
Mittel ist, d. h. dass es auf die Lebensfähigkeit des Pilzes nicht 
wirkt. Zweifellose Genesungen und Besserungen lassen sich 
durch die Wirkung des Mittels und das Granulationsgewebe er¬ 
klären, welches einer rascheren Erweichung verfällt. Dadurch 
werden raschere Isolierung des Pilzes, Untergang desselben im 
Eiter infolge von mangelhafter Ernährung und Ausstossung mit 
dem Eiter erreicht. Es versteht sich von selbst, dass mit dieser 
Wirkung des Jodkaliums die Bedeutung desselben bei Affek¬ 
tionen der inneren Organe, namentlich, wenn ausserdem noch eine 
gemischte Infektion hinzugetreten ist, wenig versprechend ist. 
Die Praxis hat gezeigt, dass die konservative Behandlung der 
Lungenaktinomykose sehr traurige Resultate ergibt, trotzdem 
das Mittel in grossen Dosen bis zum Gesamtverbrauch von 100 
bis 300 g, in einem Falle sogar vom 400 g, gegeben wurde. Ver¬ 
fassers erster Patient hat Jodkalium während der ganzen Zeit 
bekommen, ohne dass dasselbe den Verlauf der Krankheit irgend¬ 
wie beeinflusst hätte. In dem zweiten Falle war die Beobach¬ 
tung zu kurz, als dass man sich irgendwie bestimmt äussern 
dürfte. Die Berichte einzelner Autoren über vollständige Hei¬ 
lung von Lungenaktinomykose mit inneren Mitteln muss man 
mit grosser Vorsicht aufnehmen, dessen eingedenk, dass vorüber¬ 
gehende Besserungen des Prozesses als Heilung gedeutet werden 
konnten. Unwillkürlich überkommti einem Zweifel, wenn man 
liest, dass Netter in 28 Tagen einen Patienten mit 61,0 Jod¬ 
kalium (tägliche Dosis 6,0) und Butiler aktinomykotische 
Nekrose mittels Eukalytusöl (0,3—0,6 in Kapseln alle 4 Stunden, 
Tag und Nacht) geheilt haben soll. In dieser Beziehung ist schon 
vor längerer Zeit, namentlich von russischen Chirurgen, die Mei¬ 
nung ausgesprochen, worden, dass die Feststellung der End¬ 
resultate der Behandlung der aktinomykotischen Lungenaifek- 
tionen Aufmerksamkeit und andauernde Nachbeobachtung er¬ 
heische. 

7. Kayserling schildert die Tuberkulose - Assanierung 
Berlins, die Fürsorgestätten, Einfluss der schlechten Wohnung etc. 

8. Die Verbreitung der Tuberkulose durch den Phthisiker und 
deren Verhütung. Verf. schildert eingehend die verschiedenen 
modi der Infektion und schliesst daran an die Massregeln, dieser 
Gefahr aus dem Wege zu gehen. 

1. Zur Behandlung der Phthise. Von Dr. Webe r. Aerzt- 
liche Vierteljahr-Rundschau, 1910, Nr. 2. 

2. Autoserotherapie bei Bauchfelltuberkulose durch Dauer¬ 
drainage des Ascites unter die Haut., Von Dr. Evler. Mediz. 
Klinik, 1910, 17. April. 

3. Der Pneumothorax und seine Behandlung. Von Prof. 
Treupel. Deutsche mediz. Wochenschrift], 1910, S. 15. 

4. Behandlung der Lungentuberkulose mit künstlichem 
Pneumothorax. Von Dr, Baer und Dr. Kraus. Wiener klin. 
Wochenschrift, 1910, Nr. 15. 


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Nr. 18 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


283 


5. Beitrag zur Frage über einen etwaigen Zusammenhang 
zwischen Alkoholismus und Stillfähigkeit, Lungentuberkulose, 
Zahnkaries. Von Dr. G r e c f. Deutsche mediz. Wochenschrift, 
1910, Nr. 15. 

1. Verf. schildert die Fl o ersehe Behandlung der Tuber¬ 
kulose mit Fumiformdämpfen. Kr hebt hervor, wie das Mittel das 
Befinden der Kranken durch seine symptomischen Wirkungen an¬ 
regt, den Appetit hebt, ebenso das Körpergewcht steigert; wie 
auch der Patient gegen das Fortschreiten der Krankheit wider¬ 
standsfähig gemacht wird. 

2. Angeregt durch die Drainage bei Hydrozephalus unter die 
Subkutis und das tadellose Funktionieren eines durch Rippen¬ 
durchbohrung erhaltenen Knochenkanals als Dauerdrain für pleu- 
ritischen Erguss unter die Haut hat Verf. dieses Prinzip auch bei 
wiederkehrendem tuberkulösen Aszites angewendet, und zwar 
durch Anlegen eines kleinen von Bauchfell umsäumten Bauch¬ 
bruchs in der Linea alba. Ausser dem mechanischen Abfluss 
findet hierdurch Autoserotherapie statt. 

3. Treupel schildert die Gesichtspunkte und Massnahmen, 
die bei der Behandlung des Pneumothorax in Betracht kommen. 
Bei der Wahl der Methode — ob konservativ oder chirurgisch 
— verdient, neben der wohl erwogenen Forderung des Augen¬ 
blicks der Allgemeinzustand des Kranken und die Natur seines 
Grundleidens die sorgfältigste Würdigung. 

4. Beide Autoren haben viel Erfahrung gesammelt mit der 
Behandlung der Lungentuberkulose mit künstlichem Pneumo¬ 
thorax. Sie kommen zu dem Schluss, dass die Behandlung mit 
künstlichem Pneumothorax nie eine allgemeine Behandlung der 
Lungentuberkulose sein wird. Immer wird sich nur eine kleine 
Anzahl Tuberkulöser für dieselbe eignen, immer wird sie nur in 
Krankenanstalten mit ihren entsprechenden Einrichtungen und 
nicht in der Praxis vorgenommen werden können. 

Diese Einschränkung sei gemacht. Aber da wir trotz aller 
Fortschritte in der modernen Tuberkulosebehandlung doch vielen 
schweren Fällen hilflos gegenüberstehen, so müssen wir uns glück¬ 
lich schätzen, wenigstens einige Kranke retten zu können, die 
sonst sicher verloren wären. 

5. Greef iand, dass von 23 Frauen mit nachweislich lungen¬ 
tuberkulösen Eltern eine jede durchschnittlich 20,7 kariöse oder 
fehlende Zähne hatte. 


Pharmakologie. 

Referent: Privatdozent Dr. C. Bachem in Bonn. 

1. Zur Beurteilung des Arsazetins (Ehrlich) und seiner Wir¬ 
kung auf den Sehnerven. Von Hammes, Trier. Deutsche mediz. 
Wochenschrift, 1910, Nr. 6. 

2. Versuche über die Wirkung medizinaler Strophanthingaben 
auf künstlich erniedrigten Blutdruck. Von Straub, Stuttgart. 
Therap. Monatshefte, 1910, Nr. 3. 

3. Ueber Verätzung durch Natronlauge infolge Verwechslung 
mit Wasserglas. Von Bachem, Bonn. Münch, mediz. Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 8. 

4. Untersuchungen über den Phosphorhaushalt des wachsen¬ 
den Hundes. Von Lipschiitz, Göttingen. Archiv für exper. 
Pathol. u. Pharm,ak., Bd. 62, S. 210. 

5. Zur Pharmakologie der Kreislauf koordination. Von 

V. Sonnenkalb, Marburg. Inaug.-Disert., Marburg, 1909. 

6. Ein Fall von gewerblicher Arsenwasserstoffvergiftung. Von 
Hoff er, Gablonz. Prager mediz. Wochenschrift. 1910, Nr. 13. 

7. Ueber den Abbau von Fettsäuren im Organismus und über 
die gegenseitigen Beziehungen der Azetonkörper. Von B 1 u m, 
Strassburg. München, mediz. Wochenschrift, 1910, Nr. 13. 

1. Den bereits beobachteten Fällen von schweren Sehstörungen 
nach Arsazetingebrauch kann Hammes einen neuen hinzufiigen. 


Einem 66-jährigen Kranken mit Bronchiektasie und sekundärer An¬ 
ämie wurde jeden zweiten Tag 0,1 g Arsazetin (im ganzen acht¬ 
mal) eingespritzt. Einige Tage nach der letzten Injektion zeigte 
sich am Augenhintergrund eine gewisse Blässe der Papille und 
Enge der Gefässe. Nach weiteren, 3 Tagen gab der Patient an, 
dass er seit 48 Stunden fast nichts mehr sehe. Die Untersuchung 
der Pupillen ergab links absolute Lichtstarre, rechts minimale Re¬ 
aktion, bei Konvergenz Verengerung. Fingerzählen war nicht 
mehr möglich, der Augenhimtergrund zeigte abgeblasste Papille 
und sehr enge Gefässe. Die spezialärztliche Diagnose lautete: 
toxische retrobuläre Neuritis Nerv, optic. In¬ 
halationen von Amylnitrit erwiesen sich als erfolglos. Nach eini¬ 
gen Tagen war die Amaurose vollkommen. Der Harn zeigte 
!%*/• Albumen und unter Erscheinungen der Herz- und Kreis¬ 
laufschwäche trat 5 Tage später der Tod ein. 

Auf Grund seiner Erfahrung und' der in der Literatur nieder¬ 
gelegten Beobachtungen glaubt auch Hammes, den Aerzten 
eine grosse Zurückhaltung gegenüber der Anwendung von Mitteln 
der Atoxyl- resp. Arsazetingruppe empfehlen zu müssen. 

2. Die an narkotisierten Katzen angestellten Versuche ergaben, 
dass bei denjenigen Eingriffen, die am Splanchnicusgebiet den 
Blutdruck auf eine stationär bleibende Tiefe herabdrücken, mit 
Strophanthindosen eben gerade nicht toxischer Grösse keine Stei¬ 
gerung des Blutdrucks zu erzielen ist. Diese Eingriffe sind Arsen¬ 
vergiftung, hohe Riickenmarksdurchschneidung und Chloroform¬ 
narkose mit dosiertem Chloroformluftgemisch. 

Eine geringe Steigerung trat ein, wenn der Blutdruck durch 
Aderlass erniedrigt wurde. Das spricht indes nicht gegen die 
Resultate der ersten Gruppe, da es bekannt ist, dass im Laufe der 
Zeit sich der Blutdruck nach selbst grossen Aderlässen spontan 
wieder herstellt. Die geringe Blutdrucksteigerung in den Ader¬ 
lassversuchen wäre wohl auch ohne Strophanthin erreicht worden. 

Es zeigte sich also Strophanthin in medizinalen Dosen auch 
dann als unwirksam am Blutdruck, wenn dieser durch isolierte 
Lähmung des Splanchnicusgebietes künstlich tiefgehalten wurde. 

3. In vorliegendem Falle war statti einer Wasserglaslösung eine 
26 prozenitige Natronlauge zum Imprägnieren einer Binde um einen 
Beckengipsverband benutzt worden. Das damit behandelte Kind 
zeigte im Bereich , des Verbandes umfangreiche gangränöse Stel¬ 
len, die von schwarzem Aetzschorf bedeckt waren. Das weiteren 
gibt Verf. einige einfache Proben, mit Hilfe deren der praktische 
Arzt leicht Wasserglas von Natronlauge unterscheiden kann. 

4. Durch Fütterung von wachsenden Hunden mit Reis und 
Hiihnereiweiss gelang es, bei den Tieren einen Zustand relativen 
Phosphorhungers zu erzielen und ihre Phosphorbilanz so herab¬ 
zudrücken, dass sie nur den sechsten bis fünfzehnten Teil der¬ 
jenigen Menge Phosphor ansetzten, deren der normal ernährte 
Hund bedarf. Nach mehrwöchentlicher Fütterung mit der phos¬ 
phorarmen Nahrung traten bei den Versuchtieren Störungen am 
Knochensystem auf, die — dem mikroskopischen Bilde nach — 
eine Aehnlichkejt mit den Störungen des Knochensystems auf¬ 
wiesen, wie man sie bei der Barlow.sehen Krankheit findet. Die 
Gewichtsverhältnisse bei den phosphorarm ernährten Tieren zeig¬ 
ten nichts abnormes. Die Gewichtszunahmen waren niedriger 
als bei phosphorreich ernährten Tieren, doch entsprächen sie ganz 
den bei beiden Gruppen' verzehrten Nahrungsmengen. Die phos¬ 
phorarm ernährten Tiere wiesen im Laufe von 7 Wochen eine 
Gewichtszunahme von ca. 100% auf. Es erscheint daher wahr¬ 
scheinlich, dass der wachsende Organismus zur Bestreitung seines 
Phosphorhaushaltes (wenn wir vom Knochensystem absehen) nur 
ganz geringe Phosphormengen bedarf, die er möglicherweise aus 
Reservedepots seines Körpers heranzuziehen weiss. 

5. Die Funktionsprüfung des Kreislaufes wurde in der Weise an¬ 
gestellt, dass bestimmte, genau abzustufende Anforderungen an 
denselben gestellt wurden. Der zu Untersuchende wird nachein¬ 
ander, horizontal liegend, sitzend mit -horizontal gelagerten oder 
herabhängenden 'Beinen und stehend mit dem Reckling¬ 
hausen sehen Tonometer gemessen. In jeder Stellung wurd£ 


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•284 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nr. 18 


der systolische und diastolische Druck, der Puls und zu Anfang 
des Versuches auch die Atmung gezählt. Aus diesen Werten ist 
es möglich, den in dem Armbezirk herrschenden Gefässtonus, den 
arteriellen Mitteldruck, Herzleistung usw. in der Zeiteinheit zu 
berechnen. 

Zur Untersuchung gelangten einige w ichtige Arzneimittel, 
denen gewöhnlich ein Einfluss aui das Zirkulationssystem zu¬ 
geschrieben wird. Im einzelnen ergab sich folgendes: Kampfer 
ist: ein Herz- und Gefässanaleptikum, das eine Kräftigung des 
Vasotonus mit kurzer, schnell vorübergehender Uebererregbarkeit 
hervorbringt und gleichzeitig die Anspruchsfähigkeit des Herzens 
erhöht. (Dosis 1—2 g Ol. camphorat. forte subkutan). Koffein 
bewirkt Steigerung des Vasotonus und der Herzenergie, verbunden 
mit sehr ausgeprägter Uebererregbarkeit beider Kreislaufkompo¬ 
nenten (Dosis 0,2 g subkutan). Diuretin macht Gefässerweiterung 
mit -wechselnder Erregbarkeitsänderung. Die Herzenergie wird 
zuweilen grösser und zeigt einen regelmässigeren Verlauf, die 
Aktion wird schwankend (Dosis 1,5—2 g per os). Durch Natrium- 
nitrit entsteht Vasodilatation mit geringer Uebererregbarkeit; es 
findet keine nachweisbare direkte Beeinflussung des Herzens 
statt (Gabe: 0,01 subkutan). Chloralhydrat bewirkt bekanntlich 
hochgradige allgemeine Gefässerweiterung bei gleichbleibender 
oder in seltenen Fällen kurze Zeit dauernder geringer Uebererreg¬ 
barkeit'. Eine schädigende Wirkung auf das Herz ist bei kleinen 
Dosen (lg per os) nicht naclvweisbar. Morphium ruft eine Vaso¬ 
dilatation mit geringer Erregbarkeitsherabsetzung beim über¬ 
erregten Kreislauf hervor. Es bewirkt ferner Erhöhung der Herz¬ 
energie und der Pulswelle bei Pulsverlangsamung (Dosis 0,005 
bis 0,01 g subkutan). Bromural ist wirkungslos am normalen 
Kreislauf. Beim Vasomotoriker stellt es normale Verhältnisse her 
bei gleichbleibender oder — bei vorher gesteigerter Herzarbeit 
•— herabgesetzter Energie des Herzens (Dosis 0,6—1,2 g per os). 
Beim Chlornatrium war eine direkte Beeinflussung der Herzarbeit 
nicht nachweisbar; manchmal zeigte sich eine Gefässübererreg- 
barkeit bei gesteigertem oder gleichbleibendem Vasotonus (Dosis 
5—8 g per os). 

Die Ergebnisse der einzelnen Versuche sind zahlenmässig in 
Tabellen oder graphisch in schematischen Zeichnungen wieder¬ 
gegeben. 

6. Der Fall betraf einen Patienten, der aus anfangs un¬ 
bekannter Ursache unter unaufhörlichem Erbrechen und grossem 
Angstgefühl erkrankte; der Harn war bluthaltig, die Temperatur 
etwas erhöht, der Puls beschleunigt und schwach, es bestand 
schwere Prostration und der Kranke war mit kaltem SchNveiss 
bedeckt. Im Harn fand sich Hämoglobin, jedoch keine Blutkörper¬ 
chen; am zweiten Tage trat Ikterus, Leber- und Milzanschwel¬ 
lung hinzu. Der Kranke, ein Gürtlergehilfe, gab an, dass er am 
Tage vor der Erkrankung in eine Mischung von Arsenik, Antimon 
und Eisen in Salzsäure die zu behandelnden Metaltgegenstände 
hineingelegt und letztere (aus technischen Gründen) mit schmalen 
Zinkstreifen umwickelt habe. Den dabei sich entwickelnden 
Dämpfen sei er 2 Stunden ausgesetzt gewesen. Erst nach 6 Stun¬ 
den habe die geschilderte Vergiftung eingesetzt. (Diese Erschei¬ 
nung ist für Arsenwasserstoffvergiftung charakteristisch). Die 
Krankheitserscheinungen gingen allmählich zurück, während 
Stechen auf der Brust, Kurzatmigkeit und Husten noch nach 6 Mo¬ 
naten, zeitweilig auftraten. 

Obwohl der chemische Nachweis des Arsens in diesem Falle 
nicht geführt wurde, spricht sowohl die Aetiologie als auch das 
klinische Bild für eine Arsenwasserstoffintoxikation. Verf. führt 
eine Reihe anderer Möglichkeiten aus der Technik an, die eben¬ 
falls zu Arsenwasserstoffvergiftungen führen können oder geführt 
haben. Fast überall gab die Kombination von Zink und Säure mit 
Arsen den Anlass. 

7. Auf Grund seiner an Tieren und Menschen angestellten 
Untersuchungen kommt Verf. zu folgenden Schlüssen: Aus Azet- 
essigsäure entsteht sowohl beim Hunde als beim Menschen (nor¬ 
mal oder bei leichtem Diabetes) l-/?-Oxybuttersäure. Beim Abbau 
von Fettsäuren, wie Buttersäure, Kapronsäure, Isovaleriansäure, 


OF MICHIGAN 


tritt beim normalen Tier intermediär Azetessigsäure auf, aus 
welcher sekundär l 7 9-Oxybuttersäure entsteht. /9-Oxybuttersäure 
wird beim normalen Tier nicht über Azetessigsäure abgebaut. Der 
Abbau dieser Säure über die Azetessigsäure hinaus ist wahrschein¬ 
lich die Folge einer Erkrankung der Leberzellen: der Glykogen- 
reichtum der Leberzellen ist hierfür nicht allein massgebend. 
Krotonsäure geht: unter Wasseraufnahme in y9-Oxybuttersäurc 
über. Ueberlebende Hundeleber vermag Azetessigsäure zu 1-9- 
Oxybuttersäure zu reduzieren. Letztere wirkt im Vergleich zu 
vielen anderen Fettsäuren nur wenig giftig. Die auf ihre spe¬ 
zifische Giftigkeit gegründete Theorie des Coma diabeticum lässt 
sich mit dieser Tatsache schwer in Einklang bringen. 


Varia. 

Die Therapie einiger chirurgischer Erkrankungen mittels pas¬ 
siver Hyperämie nach Bier. Von V a s e k. Therapeutisches 
Centralblatt, 1910, Nr. 2. 

Die klinischen Untersuchungen V a s e k s stimmen nicht mit 
der Ansicht Franzenheims überein, dass die Stauungshyper¬ 
ämie Biers keinen bakteriziden! Einfluss habe, sondern sogar die 
Bildung resp. die Zunahme von Abszessen befördere. 

Wunden, die durch Sliaub, Rost oder ähnlich infiziert sind 
und schwer behandelt werden können, heilen unter passiver Hyper¬ 
ämie oft per primam. Beginnende Phlegmonen lassen sich in den 
ersten drei Tagen dadurch kupieren. 

Furunkel lassen sich höchstens im Beginn durch Hyperämie 
unterdrücken. 

Sehr effektvoll ist die passive Hyperämie bei circumskripten 
Mastitiden nach kleiner Inzision. 

Bei Phlegmonen der Sehnen fördert die passive Hyperämie 
nach breiten Inzisionen die Ernährung und hindert so die Nekrose. 

Bei gonorrhoischen Monarthriden und bei anderen akuten Ent¬ 
zündungen wirkt sie vor allem als promptes Analgetikum und er¬ 
möglicht dadurch passive Bewegungen, die ihrerseits wieder 
schwere Ankylosen verhindern. 

Bei den Fungi bewährt sie sich, wenn noch keine Verkäsung 
besteht, bei kariösen Prozessen beschleunigt sie die Regeneration 
des Knochens. Kurt L i p s c h i t z, Berlin. 

Massnahmen bei Luft- und Fettembolie. Von Lesse r, Leip¬ 
zig. Zentralblatt für Chirurgie, 1910, S. 313 ff. 

L. beobachtete am Versuchstier, dass die Herzklappen in¬ 
suffizient werden, wenn Luft in die Herzhöhe eindringt. Wegen 
der Insufizienz der Ventile wird der abnorme Inhalt des rechte l 
Herzens wie ein Pfropfen zwischen der A. pulmonalis und den 
Hohlvenen hin und hergeschoben. Die Koronargefässe füllen sich 
ebenfalls mit Luft oder Blutschaum. Die Kontraktionen werden 
immer schwächer, bis sie aufhören. L. spritzte mit einer feinen 
Stichkanüle eine indifferente Flüssigkeit durch das Herzfleisch in 
den rechten Ventrikel und sah, dass die Hsrzaktion wieder eintrat. 

Wie weit sich dieser Befund praktisch verwerten lässt, weiss 
L e s s e r noch nichts 

Schanz hat bei Fetitembolie gleichfalls angeregt, in schwe¬ 
ren Fällen eine Kochsalzinfusion zu machen. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Ueber das postoperative Verhalten nach Lumbalanästhesie. 

Von Bondy. Gynäkologische Rundschau, 1910, S. 100 ff. 

Für die Wertung der Methode kommen vor allem die Er¬ 
gebnisse der Lumbalanästhesie für die Anästhesie selbst in Be¬ 
tracht, und zweitens, wie weit das postoperative Verhältnis sich 
von der Allgemeinnarkose unterscheidet. 

Die Vorteile der Lumbalanästhesie bestehen in folgendem: 
Erschlaffen der Rauchdecken, Vermeidung von Asphyxiem, Fort¬ 
fall des Erbrechens und Pressens während der Operation, Er¬ 
sparung eines Assistenten. Nach der Operation Fortfall des 
„Katzenjammers“. 






Nr. 18 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


285 


Als Nachteile bezeichnet Bondy, dass man mehr als bei der 
Chloroform- und Aethernarkose von der Güte des Anästhetikums 
abhängig ist, ferner die berüchtigten Kopfschmerzen und die ge¬ 
legentlich auftretenden Lähmungserscheinungen. Die Kopf¬ 
schmerzen! seien jedoch bei strengster Asepsis (man vermeide 
jedoch strengstens schädigende Mittel, wie Soda und Sublimat) 
auf ein Minimum zu beschränken. Die Lähmungserscheinungen 
selbst verschwinden sehr schnell. Eine glänzende Stellung nimmt 
die Lumbalanästhesie den „Lichtenberg sehen postoperativen 
Lungenkomplikationen“ gegenüber ein. 

Als Injektionsflüssigkeit nimmt Verf. eine Mischung von 
Stovain und Adrenalin. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

lieber einen Fall voii Sectio caesarea bei Placenta praevia. 

Von Pinsa. Gynäkologische Rundschau, 1910, Nr. 3, S. 116 ff. 

In der Vagina reichliche Blutkoagula, äusserer Muttermund 
kaum für die Fingerkuppe durchgängig. Blutung, Placenta prae¬ 
via. Infolge des Blutverlustes hat die 29 jährige Patientin (Pluri¬ 
para) einen sehr kleinen, rhythmischen Puls von 140, Dyspnoe, 
Ohnmachtsanfälle, Kampferätherinjektionen, Tamponade. Nach 
2 Stunden leichte Besserung, Puls von 120, jedoch mehr gespannt, 
keine Wehen, fötale Herztöne regelmässig. Es wir der klassische 
Kaiserschnitt ausgeführt, Plazenta und Fötus werden extrahiert, 
der Uterus exstirpiert. Am 20. Tage verlässt Patientin das Belt, 
die Laparotomiewunde heilt per primam. 

Die Durchbohrung der Plazenta und die Wendung auf den 
Fuss kam nicht in Frage, weil der äussere Muttermund zu klein 
war, die Metrenryse musste des Allgemeinbefindens wegen aus¬ 
geschlossen werden. Ferner schien die Frau bereits durch Vor¬ 
untersuchungen der Hebamme infiziert, so dass die Exstirpation 
des Uterus als geboten schien. 

Am Schluss verlangt Verf., dass jeder Praktiker imstande 
sein soll, die Sectio caesarea selbst auszuführen. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Ueber die Gewinnung und Wirkung von Typhusheilserum. Von. 
L ii d k e. Deutsches Archiv für klinische Mcdicin, 1910, Bd. 98, 
S. 395 ff. 

L ii d k e brachte den Beweis, dass gegen ein seinem Charakter 
nach als Endotoxin zu bezeichnendes Typhusgift ein giftneutrali¬ 
sierendes Serum hergestellt werden kann. Diesen Erfolg sah er 
bei Anwendung beim Versuchstier. Beim Menschen ist ein Erfolg 
nur zu verzeichnen bei Einspritzung eines bakterioiytisch und gift¬ 
neutralisierenden Serums. Diese Wirkung sei jedoch nicht so glän¬ 
zend wie beim Diphterieserum. Die Einspritzung muss, wenn sie 
wirken soll, spätestens am 3. Tage der Erkrankung vorgenommen 
werden. Kurt Lipschitz, Berlin. 

Die Leistungsfähigkeit der kombinierten Anstalts- und Tuber¬ 
kulinbehandlung bei Lungentuberkulose. Von Bandelier. Bei¬ 
träge zur Klinik der Tuberkulose, 1910, Bd. 15, Heft 1. 

Bandelier stellte an einem Material von 500 Fällen seine 
Untersuchungen an. Zwei Mittel gehören zur Behandlung der 
Tuberkulose: Die Verstärkung der individuellen Widerstandsfähig¬ 
keit und die Einverleibung künstlicher Immunisierungssubstanzen. 
Die erste Bedingung erfüllt die hygienisch - diätetische Behand¬ 
lung (B r e h m e r und D e 11 w e i 1 e r), die Anstaltsbehandlung 
der Lungenheilstätten usw., die zweite Bedingung wird durch die 
Tuberkulinbehandlung erfüllt. Im folgenden werden dann die 
positiven Vorzüge des Tuberkulins besprochen und darauf hin¬ 
gewiesen, dass die spezifische Therapie der Tuberkulose mit dem 
Serum die hygienisch - diätetische Behandlung unbedingt als Vor¬ 
aussetzung haben muss. Die Dauer der Tuberkulinbehandlung soll 
ca. 6 Monate betragen. 

Im I. Stadium behandelt Verf. nur dann mit Tuberkulin, wenn 
die hygienisch - diätetische Behandlung nicht zum Ziele führte, und 


Di§itlze-rll3¥ 


in Fällen von „offener Tuberkulose“. Positiver Erfolg: 100%. 
Voller Erfolg 90,4 %. Im II. Stadium hat Verf. durch die kom¬ 
binierte Behandlung einen vollen Erfolg von 80,7 % und einen posi¬ 
tiven von 100% erzielt. Er ist der Ansicht, dass eine gleich 
günstige Statistik überhaupt nicht existiere und nur auf die kom¬ 
binierte Behandlung zurückzuführen sei. 

Auch im III. Stadium berichtet er durch die Kombination über 
verhältnismässig gute Resultate. Jedoch wurden hier aussichts¬ 
lose Fälle nicht mitgerechnet. 

Voller Erfolg 32,8 %, positiver Erfolg 86,2 %, negativer Erfolg 
13 7 %. 

Nach dieser Statistik verlangt Bandelier, es solle mit der 
kombinierten Behandlung möglichst früh begonnen werden, es 
werde durch Tuberkulin der Husten und seine quälenden sekun¬ 
dären Beschwerden beseitigt, die Wirkung auf den Auswurf sei 
eine hervorragende und es trete eine Besserung der objektiven 
Erscheinungen auf den Lungen ein. 

Eine Kontraindikation für die Tuberkulinbehandlung besteht 
nur bei Erkrankungen des Herzens, wenn infolge hoher Fieber- 
reaktdonen und Tuberkulinintoxikationen die Gefahr von Kom¬ 
pensationsstörung und Kollaps besteht. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Klinische Beobachtungen über Meningitis cerebro spinaljs und 
die Resultate mit Flexner-Serum in New York. Von Fischer. 

Archiv für Kinderheilkunde, 1910, Bd. 52, Heft 4—6, S. 289 ff. 

Fischer spricht die Vermutung aus, dass die Verbreitung 
der Krankheit nur auf Uebertragung der Infektionskeime zurück¬ 
geführt werden kann, und zwar durch Nasen- oder Angensekret. 

3. .Krankheitsformen werden auigestellt: 

I. Leichter Typus mit mässiger Temperatursteigerung, all¬ 
gemeiner Schwäche, Erbrechen oder Brechreiz. 

II. Abortivtypus bei ziemlich kräftigen und gutgenährten 
Kindern, welche leicht eine Infektion überstehen können. 

III. Schwere Form. Plötzliches Auftreten der schwersten 
Symptome. Letaler Ausgang. Schüttelfrost, Hitze und Durst, 
Kopfschmerzen mit Uebelkeit und Erbrechen, Temperatur 38,8 bis 
40 Grad Celsius im Rektum* Puls variiert, manchmal langsam, 
manchmal sehr rapid. .C Key ne Stockesches Atmen, Kopf- 
und Genickschmerzen in Frontal- und Onipitalgegend, vaso¬ 
motorische Störungen, sowie eine rote Wange oder ein rotes Ohr, 
Sehnenreflexe sehr empfindlich, Patellarreflexe fehlen meistens, 
Babinskisches Symptom (Hyperextension der grossen Zehe) 
meist anwesend. Harnretention war einige Male beobachtet 
worden, die Gelenke waren in einigen Fällen geschwollen. Die 
Lumbal'fliissigkeit, in welcher der Meningococcus intracellularis nie 
fehlte, sah trübe aus (klareJFlüssigkeit deutet auf Tbc.). Als Spe¬ 
zifikum für die Therapie kann das „F1 e xme r sehe Antimenin- 
gi'tis zitisserum gelten. Dieses soll die Lebensfähigkeit der Kokken 
vermindern und ihre Fähigkeiten zur Phagozytose vermehren. Die 
Injektion hat folgendermassen zu erfolgen: Eine möglichst grosse 
Menge Cerebraspinal-Fliissigkeit wird entfernt (Lumbalpunktion), 
dann werden möglichst grosse Dosen (zeitig!) gegeben. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Ueber die Einwirkung von Seruminjektionen auf die Eosino¬ 
philen und Mastzellen des menschlichen und tierischen Blutes. 

Von Schlecht. Deutsches Archiv für klinische Medizin, 1910, 
Bd. 98, Heft 4-—6, S. 308 ff. 

Nach Einspritzung von Heilserum bei Diphtheriekranken tritt 
— individuell verschieden — eine plötzliche starke Vermehrung 
der eosinen Zellen im Blute auf. Dieser Erscheinung kommt jedoch 
keine prognostische Bedeutung zu, sondern es handelt sich nur 
um die Wirkung des artfremden Serums. Ferner wurde eine 
Hyperleukozytose festgestellt. — Tiere reagieren verschieden auf 
die Seruminjektionen. So fand Schlecht beim Meerschwein- 









MICHIGAN 


TY OF MICHIGAN 


■1 


UNIVERSI 



286 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


Nu 18 


dien Vermehrung der eosimen und der Mastzellen, während z. B. 
beim Hunde nur Eosinophilie (wie beim Menschen) vorhanden ist. 
Als Ursache für die Vermehrung ist gesteigerte Arbeit des 
Knochenmarks anzusehen. KurtLipschtitz, Berlin. 

Zur Hautdesinfektionsfrage. Von Z a b 1 u d o w s k i. Zentral¬ 
blatt für Chirurgie, 1910, Nr. 8, S. 273 ff. 

Zabludowski weist auf die Mängel hin, die den neueren 
Desinfektionsmethoden ohne vorhergegangenes Waschen mit 
Wasser und Seife trotz ihrer grossen Vorzüge anhaften. So ver¬ 
ursacht Jodbenzin Gelbfärbung der Hände und reizt sie so, dass 
Paraffin beigefügt werden muss, die Desinfektion mit 96 prozenti- 
gem Alkohol ist nicht dauerhaftig genug. Alkohol-Azeton oder 
Jodallein kommt nur für das Operationsfeld, nicht für die Hände 
in Betracht Als ein Mittel, das alle diese Mängel nicht hat, 
schlägt Verl die Anwendung einer (5 prozentigen) Alkohol- (93- 
prozentigen) Tanninlösung vor. Die Erfolge klinisch und bakterio¬ 
logisch waren hervorragend. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Dosierung in der Tuberkulindiagnostik nebst Mitteilung der 
Erfahrung über lokale Tuberkulinreaktionen bei klinisch ge¬ 
sunden Erwachsenen. Von Anke van Baien. Beiträge zur 
Klinik der Tuberkulose, 1910, Bd. 2, Heft 15, S. 175 ff. 

Die Gegner der Tuberkulosediagnostik durch Tuberkulin be¬ 
achten nicht dass die Empfindlichkeit für Tuberkulin bei den 
klinisch Tuberkulösen und den klinisch Gesunden ganz verschieden 
ist. Verf. berichtet über die verschiedenen Aeusserungen der 
Tuberkulinwirkung: 1. an der Stelle der Anwendung, 2. im All¬ 
gemeinzustand, 3. im Tuberkuloseherd selbst. 

Wirkt das Tuberkulin, so ist sicher Tuberkulose vorhanden. 
Bei ganz tuberkulosefreien Menschen und Tieren gibt es keine 
Tuberkulin Wirkung; Kinder, welche noch kein Jahr alt sind, geben 
nur die Tuberkulinwirkung, wenn sie klinisch nachweisbare 
Tuberkulose haben. Wo klinisch keine Erscheinungen waren und 
doch Tuberkulinwirkung wahrgenommen wurde, ergaben sich bei 
der Sektion tuberkulöse Herde. Da diese latenten Herde auf 
grosse Dosen sicher reagieren, ist es nötig, zur Diagnose kleine 
zu verwenden. Verf. wandte das Utrechtsche Tuberkulin in 
Dosen von 0,01—0,1 mg an. Hierbei zeigten sich schon Infiltra¬ 
tionen. Die Störungen des Allgemeinbeifindens können den Ge¬ 
übten mit diesen Infiltrationen den Grad der Tuberkulose erkennen 
lassen. Bleibt bei dieser Dosis von 10 mg jede Wirkung aus, so 
kann mit Sicherheit Tuberkulose ausgeschlossen werden. 

Ueber Blutbefunde bei Lungentuberkulose. Von Steffen. 
Deutsches Archiv für klinische Medicin, 1910, Bd. 98, Heft 4—6, 
S. 355 ff. 

Der häufige Wechsel des Blutbefundes in den verschiedenen 
Stadien der Lungentuberkulose ist selbstverständlich, jedoch lässt 
sich im grossen und ganzen für jedes Stadium ein' gewisses cha¬ 
rakteristisches Blutbild erkennen. Verf. will besonders das Ver¬ 
hältnis der einzelnen Leukozytentormen zueinander herausheben, 


mit besonderer Berücksichtigung der Lymphozyten. Hämoglobin 
und Erythrozyten halten sich in leichteren Fällen auf normaler 
Höhe, bei den schweren Fällen weisen sie sehr hohe Werte auf, 
während bei den schwersten akuten und chronischen Prozessen 
ein Sinken ihrer Werte konstatiert werden kann. Die eosinophilen 
Zellen zeigen bei leichterem erhöhte, mit zunehmender Schwere 
verminderte Werte. Die Leukozytienzahl gibt ein Bild der Suffi- 
zienz. Meistens ist die Zahl vermehrt, wenig bei den entfieberten 
Fällen, viel im Verhältnis der zunehmenden Schwere. Beim Ver¬ 
hältnis der beiden Hauptformen, der Neutrophilen und der Lympho¬ 
zyten zueinander wurde festgestellt, dass bei den leichteren 
Fällen die Lymphozyten und bei dem, schweren Fällen die Neutro¬ 
philen vermehrt sind. Verf. weist besonders darauf hin, dass man 
an dem Blutbild ein diagnostisches Hilfsmittel hat, ferner, dass 
man daraus ersehen kann, wie weit der Prozess schon vor¬ 
geschritten ist, und drittens auch in gewisser Beziehung die 
Prognose stellen kann. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Operativer Eingriff bei Hufessenniere. Von Marti n, o w , 
Moskau. Zentralblatt für Chirurgie, 1910, Nr. 9, S. 314 ff. 

M a r t i n o w berichtet über einen Fall, wo bei einer 49 jähri¬ 
gen Patientin bei einer Hufeisenniere über typische Schmerzen 
oberhalb des Nabels geklagt wurde, ferner über unangenehme 
pulsierende Empfindungen in der ganzen Bauchhöhle, über starke 
Obstipation und über Erbrechen usw. 

Bei der Laparotomie wurde die Niere in zwei Teile getrennt 
und der Erfolg der Operation war ein guter. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Ueber allgemeine Hedonalnarkose. Von Prof. Fedorow 
u. Dr. Jeremitsch. Zentralblatt für Chirurgie, 1910, Nr. 9. 
S. 316 ff. 

Hedonal ist nach dem Ergebnis des Tierexperimentes ein wirk¬ 
sames und unschädliches Hypnotikum. Es setzt den Blutdruck 
nur in geringem Masse herab und bewirkt eine Beschleunigung 
der Herzkontraktionen. Es kann in grossen Dosen allein als Nar¬ 
kotikum angewandt werden, in kleinen Dosen verbessert es die 
ChLoroformnarkose. 

Nachdem Verf. diese Angaben experimentell am Versuchstier 
bestätigt gefunden hatten, versuchten sie, die intravenöse Nar¬ 
kose beim Menschen und hatten damit in allen Fällen Erfolg. Die 
Technik ist folgende: 1*/•»—2 Stunden vor der Operation werden 
3—4 g Hedonal-Bayer per rectum in einer Mischung mit Mukilago- 
Gummi arab. gegeben, vor der Operation selbst wird dann eine 
Armvene freigelegt und mittels einer Kanüle eine 0,75 prozentige 
Lösung von Hedonal in physiologischer Kochsalzlösung ins Blut 
injeziert. Die Narkose trat gewöhnlich ein nach Einspritzung von 
200—300 ccm Hedonallösung, aufrecht erhalten wurde sie durch 
je 50—100 ccm. Im allgemeinen bekamen Patienten 10 g Hedonal, 
und zwar 3—4 g per rectum, 3—6 g in das. Blut. 

Hedonal wird nur durch die Nieren ausgeschieden, ohne sie zu 
reizen. Kurt Lipschitz, Berlin. 


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bei der oft schwierigen Frage des Krankengetränkes ist die Verordnung von Kathreiners 
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Nr. 18 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU. 


287 


Allgemeines. 

Ein eigenartiger Kampf gegen die Tuberkulöse wird binnen 
kurzem in den Vereinigten Staaten beginnen: die nationale Ge¬ 
sellschaft zur Bekämpfung der Schwindsucht wird in allen Bahn¬ 
höfen und an allen Litfassäulen, der Vereinigten Staaten und wo 
immer nur Reklameschilder leuchten, grosse, künstlerisch aus¬ 
geführte Plakate anbringen, die die Schrecken und die Gefahren 
der Tuberkulose vor Augen führen. Insgesamt werden nicht weni¬ 
ger als eine Million dieser Plakate angeheftet, die 2,75 Meter 
breit und 2,15 Meter hoch sind und je einen Wert von 4 Mark 
repräsentieren. Die Anregung zu diesem Plane ging von den 
amerikanischen Plakatverlegern aus, die der Gesellschaft gegen 
die Schwindsucht in 3400 Städten und Gemeinden der Vereinigten 
Staaten den nötigen Platz Ifiir die Plakate umsonst anboten. Der 
Druckereiverband der Vereinigten Staaten erklärte sich dann 
bereit, die Plakate gratis zu drucken, eine Reihe grosser Papier¬ 
fabriken stiftete das nötige Papier und schliesslich erboten sich 
auch eine Anzahl bekannter amerikanischer Künstler, die Entwürfe 
für die Plakate zu schaffen. ' 

Anlässlich der Feier des 290 jährigen Bestehens des königl. 
Chariteekrankenhauses beabsichtigt die Direktion, im Sommerhalb¬ 
jahr 1910 in den Räumen der Charitee eine Ausstellung von Por¬ 
träts, Bildern und sonstigen Gegenständen zu veranstalten, welche 
zur Geschichte des Krankenhauses in Beziehung stehen. Der ärzt¬ 
liche Direktor der Charitee, Generalarzt Scheibe, ersucht die 
Herren Kollegen um Ueberweisung bezw. Namhaftmachung von 
geeignetem Material. 

Walderholungsstätten — Heilanstalten. In bezug auf Wald¬ 
erholungsstätten hat der Rat zu Dresden (Gewerbeamt) kürzlich 
dahin entschieden, dass Walderholungsstätten, insoweit Pfleglinge 


in denselben über Nacht bleiben und ständige ärztliche Aufsicht 
gemessen, als Heilanstalten zu gelten haben; die Krankenkassen 
müssen deshalb den vollen Verpflegsatz übernehmen. 

Am 8. April 1885, d. h. vor 25 Jahren, trat Prof. Robert Koch 
als ordentlicher Professor der Hygiene in den Lehrkörper der Ber¬ 
liner Universität ein. Bekanntlich hat er im Jahre 1890 seine Pro¬ 
fessur niedergelegt, um die Direktion des neugegründeten Instituts 
für Infektionskrankheiten zu übernehmen, die er auch seit einigen 
Jahren abgegeben hat, um sich ganz wissenschaftlichen Forschun¬ 
gen widmen zu können. Er gehört seitdem der Fakultät als 
ordentlicher Professor an. 



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Verantwortlich: Für den redaktionellen Teil: Prof. Dr med. A. Moeller, Berlin W. 35. Für „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski, Berlin-Rixdorf. 
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Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 


Redaktion. 

Professor Dr. med A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 

Telephon: Amt VI, 17 271. 


Verlag und Expedition 

Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. 


Berlin, 8. Mai 1910. 


Nr. 19. 


Die Therapeutische Rundschau« erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den 
Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluß abbestellt sind. Inserate 
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Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt: 


Originalien: 

San.-R. Pr. Dr. Scherk, Homburg: Die pathologische 


Fermentuierung bei Diabetes . ..289 

Dr. L. Sofen, Wien: Wiener Brief.290 

Referate: 

Mohr, Bielefeld: Chirurgie.292 

L. Schwab, Berlin-Schöneberg: Rettungswesen . . . 294 


W. Krüger: Mitteilungen über Arzneimittel .... 296 

W. H. Becker, Weilmünster: Neurologie und Psychiatrie 298 

v. Rutkowski, Berlin: Varia.299 

Allgemeines: .300 

Bücherbesprechungen: . 301 


ORIGINALIEN. 


Die pathologische Fermentuierung bei 
Diabetes. 

Von San.=Rat Dr. Scherk, Bad Homburg v. d. H 

II. 

In No. 11 dieser Wochenschrift habe ich in einem Original¬ 
artikel mit gleichlautender Ueberschrift die Gründe auseinander¬ 
gesetzt, nach welchen wir berechtigt sind vom pathogenetischen 
Standpunkte aus, die gestörte Fermentuierung im Abbau der 
K. H. bei Zuckerkranken heutzutage als aetiologischen Faktor 
anzuerkennen. Diese Anschauungsweise hat sich in den letzten 
Jahren immer mehr befestigt und es ist ein erfreuliches Zeichen 
der freien wissenschaftlichen Forschungsweise, daß die Arbeiten 
sich mehren, in denen die Störung der fermentativen Prozesse 
als Krankheitsursache gewürdigt wird. 

In diesem Sinne kommt Lüthje 1 ) zu dem Resultat, 
„daß die mangelhafte Ausnutzung des Zuckers die Folge einer 
fermentativen Erschöpfung respektive in den schwersten Fähen 
die Folge der mehr oder weniger vollkommenen Verrichtung 
der hier in Betracht kommenden Fermentfunktion ist“. 

Es ist nicht zu bestreiten, daß die Abwicklung der 
Stoffwechselprozesse und der Abbau der Nährsubstanzen durch 
die Fermentfunktion unter normalen Verhältnissen einen neuen 
Rahmen erhalten hat, welcher dem komplizierten Bilde, wie 
es früher bestand, ein übersichtliches Gepräge verliehen hat 
und es ist zu verwundern, wie die Forscher ohne Anwendung 
der fermentativen Faktoren es dennoch zu beachtenswerten 
Resultaten in Erkennung der Stoffwechsellehre gebracht haben. 
Durch die Vereinigung der alten Lehren mit den Errungen¬ 
schaften der physikalischen Chemie ist die Erforschung des 
Zellenlebens ein großer Dienst erwiesen und in erster Linie 
ist die Bedeutung der fermentativen Vorgänge in den Drüsen¬ 
zellen heutzutage zu würdigen. 

*) Einige Bemerkungen zur Verwertung der Azetonkörper¬ 
ausscheidung beim Diabetiker, sowie über den Wert der Haferkuren. 
(Therapie der Gegenwart. Januar 1910). 



Nicht allein die Einwirkung der Hydrolyse auf die dem 
Organismus zugeführten Nährsubstanzen, sondern auch die 
Verbrennung der letzten durch Oxydasenhaltige Säfte, welche 
Produkte der internen Sekretion bestimmte Zellen darstellen, 
werden bei dem Abbau der Nährsubstanzen in Betracht zu 
ziehen sein und Störungen im Verlaufe dieser Vorgänge 
werden unbedingt zu der Entwicklung bestimmter Krankheits¬ 
formen führen. Es steht fest, daß nur diejenige Dextrose, 
welche das Resultat eines normalen Spaltungs- und Um¬ 
wandlungsprozesses der K. H. darstellt, von den verschiedenen 
Zellen als Brennmaterial verwendet werden kann, bei einer 
pathologischen Molekülekonfigmation der Dextrose wird nicht 
nur der Stoffwechsel der einzelnen Zellen gestört, sondern es 
wird auch die im Blutstrome angesammelte Dextrose als 
schädigender Ballast, namentlich durch seine hygroskopische 
Beschaffenheit auf den Kreislauf einen Einfluß ausüben. — 
Daß die Polydipsie eine Folge der Polymie ist, kann nicht 
bestritten werden, ebenso wie die verschiedenen Hautaffektionen, 
welche bei Zuckerkranken auftreten, mit der abnormen Wasser¬ 
ausscheidung durch die Nieren in Zusammenhang stehen. 

Ein zweites Stadium in der intensiven Schädigung der 
Zellernährung wird sich herausbilden, sobald die Glykogen¬ 
lager in Leber und Muskeln verbraucht sind, und bei der 
starken Nachfrage n^ch brauchbarem Brennmaterial die K. H. 
Moleküle der Eisensubstanz in Angriff genommen werden. 
Bekanntlich läuft der Gehalt von Glykogen in den Muskeln 
mit dem Leberglykogen Hand in Hand, es ist jedoch nicht 
gerechtfertigt, von einemMuskeldiabeteszusprechen,ebensowenig 
wie man bei einer Imitation des Nierenepithels einen Nieren¬ 
diabetes aufnehmen kann. 

Da unter normalen Verhältnissen sowohl der Glykogen¬ 
gehalt der Leberzellen, wie auch das Muskelglykogen in eine 
oxydable Dextrose umgewandelt wird, so wird das Muskel¬ 
glykogen in seiner Konfigmation von den fermentativen Prozessen 
in der Leberzelle abhängig sein, die Leber wacht, wie von 
Noorden schon vor Jahren hervorgehoben hat, über die 
Regulierung des Zuckerverbrauchs im Organismus. 

Beachten wir außerdem, daß die Bildung des Leber¬ 
glykogens, welches aus den dem Organismus zugeführten 
K. H. stammt, mit den hydrolytischen Spaltungsvorgängen der 
Pankreas und Darmenzyme in engem Zusammenhänge steht, 
so kann man sich eine Vorstellung machen, in welcher Weise 
bei fermentativen Störungen aus dem Glykogen eine Dextrose 



OF 


MICHIGAN 


UNIVERSIT 


















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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 19 


geliefert wird, welche sich durch ihre pathologische Moleküle- 
konfigmation von der normalen Dextrose unterscheidet. 

Bei den mannigfachen investierenden K. H. Fermenten, 
welche im Organismus vertreten sind, wird es darauf ankommen, 
welche Fermente in ihrer Wirkungsweise gehemmt sind. Je 
mehr spezifische Fermente in ihrer hydrolytischen Einwirkung 
auf die K. H. gehindert sind, um so mehr inoxydable Dextrose 
wird sich im Blutstrome ansammeln, diese Hyperglykämie 
kann nur durch vermehrte Dextroseausscheidung durch die 
Nieren temperär modifiziert werden, da immer neue Nachschübe 
kommen, sobald K. H. dem Organismus zugeführt werden, 
welche unter normalen Verhältnissen von den investierenden 
Fermenten umgewandelt werden, bei Diabetikern jedoch eine 
Dextrose liefern, welche zu Verbrennungszwecken ungeeignet ist. 

Daß diese Faktoren für unsere therapeutischen Vor¬ 
schriften von enormer Tragweite sind, kann nicht bestritten 
werden, und wenn wir erwägen, daß die verschiedenen Stärke¬ 
mehlarten sich in ihrer morphologischen Konstruktion be¬ 
deutend von einander unterscheiden, so wird es nicht mehr 
auffallend sein, daß z. B. Hafermehl unter besonderen Be¬ 
dingungen von Diabetikern verarbeitet werden kann, wenn 
nämlich das spezifische Ferment seine Aufgabe erfüllt, während 
andere Kohlehydrate als Endprodukt ihres Abbaus eine schwer 
oxydable Dextrose liefern. 

Seit 15 Jahren habe ich mich bemüht, gegen die Ueber- 
produktion von Olykose als Ursache der Zuckerkrankheit 
Front zu machen, jetzt, wo die gestörte Fermentuirung als 
pathogenetischer Faktor sich immer mehr Bahn bricht, können 
wir auch von einer fakultativen Ueberproduktion, so z. B. 
Glykosebildung aus Fett, absehen, die Normen der Fermen- 
tuierung, Spaltung und Oxydation genügen, um eine Er¬ 
klärung der charakteristischen Dextosurie und des ganzen 
diabetischen Symptomenkomplexes zu liefern. 

Es liegt auf der Hand, daß wir infolge der ätiologischen 
Erkenntnis auch unsere therapeutischen Eingriffe ändern 
müssen. Schon in der diätetischen Frage haben sich be¬ 
deutende Umwälzungen vollzogen, die strenge Abstinenz allen 
Kohlehydraten gegenüber ist eingeschränkt, da stets zu beachten 
sein wird, welches Ferment in Ausfall kommt und die Ver¬ 
abreichung von Alkohol, welche früher verpönt war, findet 
immer mehr Anhänger. Schon durch die Erkenntnis, daß die 
Lävulose bei Diabetes nicht nur unschädlich, sondern sogar 
günstig wirkt, hat den ersten Anstoß zur Aenderung der K. H.- 
Zufuhr geliefert. 

Die Anwendung des Alkohols in der Therapie des Dia¬ 
betes richtet sich, wie R. Förster 1 ) neuerdings ausgeführt 
hat, hauptsächlich nach dem K. H. - Oehalt der verschiedenen 
Getränke, welche bei einem hohen Zuckergehalt, wie z. B. bei 
Südweinen, zu vermeiden sind. In geeigneter Form hat die 
Verabreichung von Alkohol bei Diabetikern große Vorzüge, 
alkoholische Exzesse sind dagegen streng zu meiden. 

Was die Ausübung der physikalischen Behandlungs¬ 
methode bei Zuckerkranken betrifft, so ist dieselbe bekanntlich 
stets darauf gerichtet, die Oxydationsprozesse zu heben. 

Als neues Prinzip müssen wir dagegen die Einverleibung 
bestimmter Präparate beleuchten, welche nach den Normen 
der Organsafttherapie einen Ersatz liefern, um die gehemmte 
Drüsentätigkeit wieder zu heben und das Defizit der hydro¬ 
lytischen Faktoren womöglich auszugleichen. Da die Spezi- 
fizität der Fermente in ihrer Wirkungsweise nicht bestritten 
werden kann, so ist nicht zu verwundern, daß viele Mißerfolge 
bis jetzt zu verzeichnen sind. So erzielte Umber 2 ) bei einem 
Pankreasleiden durch Pankreongaben allerdings eine recht er- 


') Alkohol in der Therapie des Diabetes, von Dr.med.R.Förster, 
Oberassistent der Ernährungsphysiol. Abt. des Instituts für Gärungs¬ 
gewerbe, Berlin. Aerztl. Vierteljahrsrundschau 1. 1910. 

-) Lehrbuch der Ernährung n. Stoffwechselkrankheiten. Prof. 
Dr. Umber. S. 157. 


freuliche Besserung der Resorption von Fetten und Eiweiss¬ 
körpern, doch wurde auf die Glykosurie durch diese Art der 
funktioneilen Ersatztherapie nichts geändert. 

Erwägen wir, daß Diabetes, Obesitas und Arthritis oft 
vikariierend auftreten, so sind wir meiner Ansicht nach be¬ 
rechtigt, die verschiedenen Prankreasenzyme mit diesen Krank¬ 
heiten in Verbindung zu bringen, verschwindet beispieilsweise 
die Fettsucht und tritt dafür Dextrosurie auf, so können diese 
eigenartigen Wechselwirkungen uns möglicherweise einen 
Fingerzeig liefern, daß nicht in allen Fällen die funktionelle 
Ersatztherapie von Erfolg gekrönt ist. Auch die Hefezellen 
enthalten ein hydrolytisches, fettspaltendes, ein invertierendes 
K. H.-Ferment und ein peptonisierendes Ferment. Die Analogie 
der Pankreasenzyme mit den Hefezellenfermenten ist auf¬ 
fallend, eine besondere Aufgabe hat in der Hefezelle jedoch 
noch die Zymase zu lösen, höchstwahrscheinlich wird dieselbe 
den oxydativen Faktor darstellen. Immerhin ist die Anwendung 
von Hefezellenpräparaten zur Unterstützung der darnieder¬ 
liegenden Hvdrolyse der K. H. bei Diabetikern rationell, 
und nach den verschiedenen Hefepräparaten, welche jetzt 
gegen Diabetes angeraten werden, zu urteilen, scheinen 
die Erfolge der Theorie im allgemeinen zu entsprechen. 
Außer der Levurinose, ein Bierhefepräparat, wird das Trauben¬ 
ferment Zyma und antidiabetische Hefe Zyma, sowie die 
Fermocyltabletten jetzt angewendet. Die Wirkung der letzteren, 
welche von der Firma Via! & Welmann in Frankfurt a. M. 
geliefert werden, ist durch Zusatz eines spezifischen Pankrea- 
tischen Enzyms wesentlich gesteigert. Auch die Besserungen, 
welche bei vielen Zuckerkranken bei Gebrauch bestimmter 
Mineralwassertrinkkuren erzielt werden, ist vornehmlich auf 
eine Erhöhung der oxydativen Prozesse zurückzuführen. 


Wiener Brief. 

Von Dr. L,. Sofer (Wien). 

Als Thema seiner Antrittsvorlesung wählte O. Loewi 
die Beziehung zwischen Pharmakologie und Klinik: 
„Den Giften gegenüber erweist sich das erkrankte Gewebe 
häufig in gesteigertem Maße empfindlich, die gleiche Dosis 
Antipyrin, die beim Gesunden unwirksam ist, setzt beim 
Fiebernden die Temperatur leicht um einige Grade herab. 
Die Atropindose., die genügt, den krankhaft erregten Darm bei 
Bleikolik ruhig zu stellen, ist noch ohne jeden Einfluß auf 
die normale Drüsensekretion beim gleichen Individuum. Diese 
Erkenntnis ist von großer Wichtigkeit für die Praxis am 
Krankenbette. Man verwirft gar oft die Anwendung eines 
Arzneimittels, weil eine „Idiosynkrasie“ dagegen bestehe: Idio¬ 
synkrasie bedeutet aber nichts anderes, als eine gesteigerte 
Empfindlichkeit gegenüber Dosen, die bei der Mehrheit noch 
nicht giftig wirken. Will man, was oft geboten ist, das Mittel 
anwenden, so braucht man mit der Dose herabzugehen; wenn 
die Normaldose giftig wirkt, so muß sich eine darunterliegende 
finden lassen, die eben die gewünschte Heilwirkung übt. So 
kennt L. einen Fall von intensiven, spastischen Koliken des 
Dickdarmes. Das zur Erschlaffung des Darmes verordnete 
Atropin wirkte in der Normaldosis vom 1 mg deutlich giftig 
und wurde darum verworfen. Auf Vorschlag L.’s wurde 
'/so m g Atropin angewendet und zwar mit bestem Erfolge. 
So selbstverständlich dies klingt, so bedarf die aus der ver¬ 
schiedenen Empfindlichkeit für Arzneimittel resultierende Not¬ 
wendigkeit einer individualisierenden Dosierung nach¬ 
drücklichsten Hinweises; denn sie ist ungebräuchlich, und dies 
hat zur Konsequenz, daß wertvolle Mittel unseres Arznei¬ 
schatzes nicht angewendet werden. Es sind L. verschiedene 
Kliniker bekannt, die die Verordnung von Atropin schlechthin 
ablehnen, weil es zu „giftig“ sei. Das Chloralhydrat ist 
aus den gleichen Gründen in den Hintergrund gedrängt 
worden; und doch haben wir keinen Ersatz dafür und be¬ 
sitzen außer den in ihrem Anwendungsbereich naturgemäß 





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beschränkten Narkoticis kein anderes Mittel, das in gleicher 
Weise wie das Chloralhydrat die Empfindlichkeit der Nerven- 
zentren abstumpft, und zwar in einer Dose, die von der kreis¬ 
laufschädigenden weit abliegt. Als weiteres Beispiel wählt L. 
die Digitalis; in kleinen Dosen kräftigt sie allein das Herz, 
in größeren wirkt sie zugleich kontrahierend auf die peripheren 
Gefäße. Letztere Wirkung ist natürlich unerwünscht, weil das 
mühsam gebesserte Herz sonst einen größeren Widerstand zu 
überwinden hat; dadurch kann leicht der Heileffekt illusorisch 
werden. In der Klinik pflegt man nun, falls eine Heilwirkung 
bei der üblichen Dose nicht eintritt, mit dieser zu steigen. 
Oft ohne Erfolg. Vielleicht wäre es aber besser, bei Versagen 
der üblichen Dose mit ihr herabzugehen; denn es ist a priori 
gar nicht zu sagen, ob das Ausbleiben des Erfolges nicht 
bereits Folge einer schädlichen Gefäßkonstriktion ist. Es hieße 
aber den Tatsachen Gewalt antun, wollte man allemal, wenn 
beim Kranken die Wirkung eines Heilmittels versagt, dies nur 
auf quantitativ geänderte Empfindlichkeit zurückführen; gibt 
es doch zahllose Fälle, wo trotz sorgfältigster Durchprüfung 
aller Dosen die Wirkung ausbleibt. Hierher gehört der 
klassische Koffeindiureseversuch Schröders; gab er Kaninchen 
Koffein allein, so hlieb die Diurese, aus. Die Ursache konnte 
darin liegen, daß das Koffein durch eine Wirkung auf das 
Vasokonstriktorenzentrum die Gefäße auch in der Niere zu¬ 
sammenzieht; eine solche Wirkung muß auch die Diurese 
hindern. Die Voraussetzung erwies sich als richtig, denn als 
Schröder zur Beseitigung der Vasokonstriktion die Tiere vor 
der Koffeininjektion chloralisierte, trat prompt Diurese ein. 

ln der „Gesellschaft der Aerzte, Wien“ sprach N. Schiller 
über die Fermentbehandlung kalter Eiterungen und 
seriöser Ergüsse. Das Wesen der Fermentbehandlung 
besteht darin, daß dem fermentenen Abszesse reine Ferment¬ 
lösung zugesetzt wird, um das aufgehäufte, nicht resorbierbare 
Eiweiß abzubauen und damit die stockende Resorption 
anzuregen. Als Fermentlösung benutzte Sch. (und Jochmann) 
zunächst nur reines Leukozytenferment, später kamen sie davon 
ab, da die weiteren Studien ergaben, daß das Leukozytenferment 
sich in seinen chemischen Eigenschaften vollständig mit dem 
Trypsinferment deckt. Das von Kahlbaum dargestellte Präparat 
ist ein rötlich-graues Pulver, das verhältnismäßig gut wasser¬ 
löslich ist. Zur Injektion gelangt eine 1% sterile Lösung, 
die wegen ihrer geringen Haltbarkeit täglich frisch zu bereiten 
ist. Als Lösungsmittel dient physiologische Kochsalzlösung. 
Die Technik des Verfahrens ist folgende: Nach vorausgeschickter 
Reinigung der Punktionsstelle wird der Abszeß mit Hilfe einer 
starken Nadel punktiert und der Inhalt entweder aspiriert oder 
exprimiert. Es empfiehlt sich, die Punktionsöffnung seitlich 
1 bis 2 cm vom Abszeß entfernt anzulegen, an der abhängigsten 
Stelle des Abszesses darf man nicht punktieren, da sich sonst 
eine Fistel etabliert, durch welche das neuerlich angesammelte 
Sekret kontinuierlich absickert. Kalte Abszesse werden durch 
die Fermentbehandlung sehr günstig beeinflußt, zuweilen über¬ 
raschend schnell geheilt. Es erwies sich als sehr zweckmäßig, 
die Abszesse täglich zu entleeren und jeden zweiten Tag mit 
Trypsinlösung zu beschicken. Bei Abszessen bis zu Hühnerei¬ 
größe injizierte Sch. in der Regel 2 cm 8 Trypsin, bei größeren 
Abszessai 3 bis 4 cm 3 . Jedesmal wird ein leichter Kompressions¬ 
verband angelegt, ln der Regel genügen 3—4 Injektionen. Von 
tuberkulösen Lymphdrüsen hat Sch. nur erweichte Lymphen 
so behandelt, und zwar mit Erfolg. Dagegen erwiesen sich 
tuberkulöse Gelenkserkrankungen sehr widerspenstig. Hingegen 
werden durch die Fermentbehandlung seriöse Ergüsse in 
geradezu ausgezeichneter Weise beeinflußt. Ganglien ver¬ 
schwinden gewöhnlich auf einmalige Punktion und Injektion. 
Das gleiche gilt von der chronischen Schleimhautentzündung 
(Bursitis praepatellaris). 

W. Denk spricht über die Prophylaxe der hämo- 
philen Blutungen. Um den Grad der Hämophilie zu be¬ 
stimmen, hat Wright folgendes Verfahren ersonnen. Man 
saugt einen aus der Fingerbeere entnommenen Blutstropfen 


mit einer Kapillarpipette auf und überläßt die Blutsäule im 
Wasserbad bei 37 0 C. der Gerinnung. Man erkennt sie daran, 
daß sich nach dem Ausdrücken des Blutes aus der Pipette 
auf ein Filtrierpapier ein Koagulum gebildet hat. Die nor¬ 
malen Zeiten bewegen sich zwischen 2' 15" und 2' 45". 
Koagulationszeiten von 3 bis 4' sind noch relativ harmlos, 
während Verzögerungen über 4 ‘ schon die größte Auf¬ 
merksamkeit verlangen und eine Operation zu einem recht 
gefährlichen Eingriff machen. Wright hat auch zuerst darauf 
hingewiesen, daß der Milchgenuß gerinnungsbeschleunigende 
Wirkung hat; die Ursache ist der Kalkgehalt der Milch. 
Dasselbe Resultat läßt sich durch Verabreichung von Kalk¬ 
salzen erzielen. Obwohl die Wirkung des Kalkes, besonders 
des Kalziumchlorids und des Kalziumlaktats von verschiedenen 
Autoren erprobt und empfohlen wurde (Boggs, Löb, Sahli), 
fand die Kalkbehandlung wenig Eingang in die Praxis und 
wurde durch die Gelatine- und Serumtherapie verdrängt. Mit 
Unrecht. Die Gelatinebehandlung erwies sich als recht un¬ 
sicher. Am bekanntesten ist die von Weil inaugurierte 
Serumtherapie der Hämophilie. Aber auch vom Serum sahen 
einige Autoren (Bonzani, Mauclair, Baum) vollständige 
Mißerfolge. Natürlich mag dies teilweise von der Schwere 
der Hämophilie abhängen, aber es kommt auch der von 
Morawitz hervorgehobene Umstand in Betracht, daß nach 
intravenöser Injektion von Thrombokinese, die ja auch im 
Serum enthalten ist, das Blut vollkommen ungerinnbar wird. 
Biedl und Kraus beobachteten ähnliche Befunde nach Serum¬ 
injektionen an Tiere. Es ist also nicht ausgeschlossen, daß 
wir auch beim Menschen durch die Injektion das Gegenteil 
erreichen. D. gibt täglich durchschnittlich 3—6 g Calc. lactic. 
durch 2—3 Tage, je nach der Schwere des Falles. Da das 
Präparat im Wasser löslich und geschmacklos ist, wird es von 
Kranken gern genommen. Eine unangenehme Nebenwirkung 
hat D. nie beobachtet, nur gelegentlich ein leichtes Druck¬ 
gefühl im Magen; dies läßt sich vermeiden, w'enn man das 
Pulver einige Zeit nach den Mahlzeiten nimmt. Als prompte 
Reaktion konnte jedesmal eine deutliche Beschleunigung der 
Blutgerinnung konstatiert werden, die einige Stunden nachher 
eintrat und 3—4 Wochen anhielt. An der Hand der Koa¬ 
gulationsbestimmung kann man den Kalk so lange geben, bis 
die Gerinnung normal oder annähernd normal ist. In diesem 
Stadium kann eine Operation ohne Gefahr einer'BIutung vor¬ 
genommen werden. Hugo Wens bestätigt diese Aus¬ 
führungen. Man soll nie zu große Gaben Kalziumlaktat ver¬ 
abreichen, weil sonst erfahrungsgemäß keine richtige Wirkung 
erzielt wird. Das Blut scheint nur eine bestimmte Menge 
Kalziumjonen zu binden. Das Optimum liegt bei Erwachsenen 
bei 1—2 g pro die, bei Kindern bei l /$ g durch drei Tage. 

In der „Gesellschaft für innere Medizin und Kinder¬ 
heilkunde“ sprach B. Speck über die Gerinnung der 
Frauenmilch: Im Gegensätze zur Kuhmilch gerinnt die 
Frauenmilch sehr schwer, es war daher bisher nicht möglich, 
aus letzterer eine Kasein-Fettnahrung wie aus der Kuhmilch 
darzustellen. Der einfache Labzusatz zur Frauenmilch ruft 
keine Gerinnung hervor, dagegen tritt eine solche nach Lab- 
und Säurezusatz ein, besonders nach vorhergehendem Gefrieren. 
B. Bienenfeld wies nach, daß eine optimale Azidität bei .der 
Füllung besteht, und daß letztere nicht eine Lab-, sondern nur 
eine Säurefüllung sei. Sp. hat gefunden, daß die Ausflockung 
des Milchkaseins aus der Frauenmilch durch Lab nach Zusatz 
von Chlorkalzium leicht gelingt, dabei braucht man die Milch 
nicht zu verdünnen, sondern kann sie sogar im Vakuum ein-, 
dampfen. Entfettete Frauenmilch gerinnt besser als fetthaltige. 
Die Frauenmilch gerinnt deshalb schlechter als Kuhmilch, 
weil sie viel weniger Kalzium enthält als letztere. Wenn man 
die Frauenmilch im Vakuum bei 35° eindampft und auf je 
20 cm 8 Milch 1 cm 8 10% Chlorkalziumlösung zusetzt, so 
gerinnt die Milch im Brutschrank binnen 1 Stunde. Statt 
die Milch einzudampfen, kann man sie auch durch eine Ton¬ 
zelle filtrieren. Das Kasein der Frauenmilch und der Kuhmilch 
verhält sich bei Anwesenheit gleicher Kalkmengen gegenüber 


1IGAN 


UNIVERSIT 



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Lab gleich. Die Füllung im Magen ist eine kombinierte 
Labsäurefüllung. Die Methode Sp. kann zur Darstellung 
zuckerfreier Frauenmilch zur Ernährung darmkranker 
Säuglinge verwendet werden, indem man die Frauenmilch 
durch eine Tonzelle filtriert, wobei nur Salze und Zucker 
durch die poröse Wand passieren. Den in der Tonzelle 
zurückbleibenden Rest füllt man mit Wasser auf das frühere 
Volumen auf. In der Diskussion erinnert Pribsam an das 
mit Magerhofer ausgearbeitete Sterilisierungsverfahren für 
Frauenmilch, bei welchem 1 — 5°/ 00 Wasserstoffsuperoxyd der 
Milch zugesetzt wurden. Es wurde von ihnen auch ein 
Milchpulver hergestellt: frische Milch wird mit 10 cm 3 
Wasserstoffsuperoxyd pro 1 versetzt, dann rasch eingetrocknet 
und der Rückstand zu Pulver zerrieben. Dieses gibt mit 
warmem Wasser eine gutschmeckende Milch. Das Eintrocknen 
der Milch kann entweder im Vakuumapparat oder in einem 
Apparat, durch welchen ein kontinuierlicher Luftstrom durch¬ 
getrieben wird, erfolgen. Aus 100 cm 3 Milch gewinnt man 
11 g Milchpulver. 

ln der „Gesellschaft der Spitalsärzte“ in Ofen-Pest 
sprachen Karl Hochhalt und Ign. Werner über proba- 
torische und therapeutische Injektionen mit Alt¬ 
tuberkulin. Seit Mai 1909 wenden sie die probatorischen 
Einspritzungen bei subjektiven Beschwerden, auf tuberkulose¬ 
verdächtiger Anamnese, objektiv negativen Zeichen und 
febrilem Zustand an. Derlei Patienten bekommen die Ein¬ 
spritzungen 1. Grades ( 2 / 10 mg), bei Ausbleiben der Reaktion 
durch 4-6 Tage die Injektion 2. Grades; war auch die 
letztere von keiner Reaktion begleitet, die 3. Grades (5 mg). 
Von der usuellen Einspritzung 4. Grades nehmen sie Abstand 
aus Furcht vor unangenehmen Zufällen. Positive Resultate 
erhielten sie in 37,3 °/ 0 der Fälle, das in 4—36 Stunden, 
selten am dritten Tage eintrat. Mit der probatorischen 
Injektion kann man fast sicher die initiale Tuberkulose 
erkennen, was für die Behandlung von Wichtigkeit ist. Mit 
den therapeutischen Injektionen behandelten sie 54 Patienten, 
die außerdem auch hygienischen Maßregeln unter¬ 
worfen wurden. Beginn der Dosierung mit der kleinsten 
Menge 1 / 100 mg, nach jeder Impfung eine wöchentliche Pause. 
Die' darauffolgende Injektion wird abhängig gemacht von der 
Größe der Reaktion, ihrer Dauer, der Gewichtszunahme und 
dem allgemeinen Befinden. Jede spätere Dosis wurde nur 
mit einer Teilung von 2—3 gesteigert. Bei dieser Behandlung 
nahmen die Patienten an Körpergewicht zu, das Fieber 
sistierte. Koch wurde negativ oder verringerte sich, des¬ 
gleichen der Hustenreiz und die Menge des Sputums, ja selbst 
der Lungenbefund besserte sich. Das Ergebnis war bei 
Patienten im ersten Stadium stets besser als bei solchen im 
zweiten Stadium. Die Verabreichung von minimalen Mengen 
Tuberkulin in großen Intervallen, die sogenannte Etappen- 
beharidlung, verdient den Vorzug. Sie führt zu keiner voll¬ 
ständigen Immunisierung, sondern nur zur Giftfixierung; 
hierdurch können sich die Immunkörper vermehren (Wrights 
positive Phase) und erreicht werden, daß die Toxinwirkung 
geschwächt wird. In der Diskussion bemerkt Wilhelm 
Friedrich, daß er noch kleinere Dosen verwendet. Fr 
beginnt mit 0,0001 mg, macht von der Größe der lokalen 
Reaktion und dem Fieber abhängig, ob nach 4 Tagen oder 
5, 6, 7 Tagen neuerlich geimpft wird; stets impft er erst 
nach Abklingen der Reaktion, und auch dann steigt er nur 
gradative und vorsichtig auf 0,001, 0,01, endlich 1,0 mg 
empor; bei probatorischen Impfungen verwendet er 0,1, später 
0,5 mg. Kuthy bemerkt, daß die Erfolge nicht so sehr vom 
Präparate, sondern von der richtigen Art der Dosierung 
abhängen. 


REFERATE. 


Chirurgie. 

Referent: Dr. Mohr=Bielefeld. 

1. Zur Frage der Desinfektion der Hände und des Ge¬ 
sichtsfeldes. Von Fischer, Prag. Prager med. Wochenschr. 
24. 3. 1910. Nr. 12. 

2. Ueber die Hautdesinfektion des Operationsfeldes mit 
Alkohol und Jod. Von Donati, Turin. Deutsche med. Wochen¬ 
schrift 1910. Nr. 13. 

3. Diagnose und Behandlung der Hirnverletzungen. Von 
Tilmann, Köln. Deutsche med. Wochenschr. 1910. Nr. 13. 

4. Experimentelle intrathorakale Chirurgie mittels der 
Methode von Meitzer und Auer. Von Covell, New-York. Ber¬ 
liner Klin. Wochenschr. 1910. Nr. 13. 

5 Ueber die ambulante Behandlung der traumatischen 
Kniegelenksergüsse mit Heftpflasterverbänden. Von Blecher, 
Straßburg. Münchener Med. Wochenschr. 1910. Pag. 693. 

6. Die Meniskusverletzungen des Kniegelenks. Von 
Steinmann, Bern. Schweizerische Rundschau für Med. 1910. Nr. 12. 

7. Ueber eine Periost=Knochentransplantation in einen 
durch Resektion verursachten Femurdefekt. Von Katzenstein, 
Berlin, Berliner klin. Wochenschr. 4. 4. 1910. 

8. Erfolgreiche Naht der fast völlig quer gerissenen 
Arteria femoralis. Von Sonnenburg, Berlin. Deutsche Med. 
Wochenschr. 31. 3. 1910. 

9. Die Drainage des hinter den Condylen gelegenen 
Kniegelenksabschnitts bei Arthritis purulenta genu. Von 
Riedel, Jena. Deutsche Med Wochen-schr. 1910. Nr. 13. 

10. Experimentelle Erzeugung und Ursache des Kropfes. 
Von Wilms, Basel. Deutsche Med. Wochenschr. 1910. Nr. 13. 

11 Die sakrale Vorlagerungsmethode beim hochsitzenden 
Rectumkarzinom. Von Kiittner, Breslau. Deutsche Med. Wochen¬ 
schrift 1910. Nr. 13. 

12. Ueber Blutungen nach Appendizitis=Operation. Von 
Guleke, Straßburg. Deutsche Med. Wochenschr. 31. 3. 1910. 

13. Das Erkennen und die Behandlung des nicht per= 
forierten Duodenalulcus. Von Wilms, Basel. Münchener Med. 
Wochenschr. 1910. Nr. 13. 

14. Zur Behandlung der Varicocele. Von Lameris, Utrecht. 
Münchener Med. Wochenschr. 1910. Nr. 13. 

15. Die Behandlung der Basedow’schen Krankheit. Von 
A. Kocher, Bern. Münchener Med. Wochenschr. 1910. Nr. 13. 

16. Einfache plastische Phimosen = Operation. Von 
Linhart, Prag. Prager Med. Wochenschr. 1910. Nr. 14. 

17. Ein Fall von Wangenfistel, geheilt mit Erhaltung 
des Zahns durch einfache Wurzelbehandlung. Von Mayrhofer, 
Innsbruck. Wiener klin Wochenschr. 1910. Nr. 14. 

1. Eine ideale Aseptik ist ein pium desiderium, das wohl 
kaum je erreicht wird. Vernünftige Antiseptik (Nachhilfe mit Anti- 
septicis) ist rationeller als eingebildete Aseptik, die es nicht ist. 
jeder Chirurg lernt mit der Zeit abzuschätzen, wie lange und wie 
er seine Hände behandeln muß, um sie rein zu waschen. Dieses 
Ziel ist das Ergebnis individueller Erfahrung. Bayer pflegt die Naht¬ 
stellen in der Tiefe, nachdem die Naht angelegt ist, mit einem 
Sublimattupfer zu desinfizieren und hierauf mit sterilem Jodoform 
leicht einzustäuben, um so event. durch die Hände eingebrachte 
Keime unschädlich zu machen. 

2. Das Verfahren des Verf. stellt eine Kombination der Me¬ 
thoden von v. Bruns (alleinige Desinfektion mit 96°/„ Alkohol) und 
von Grossich (Bestreichung mit 10 bis 12°,„ Jodtinktur) dar, und 
besteht bei dringenden Fällen in noch trockenem Rasieren, in 
mehrfachem Abreiben und Bestreichen des Operationsfeldes mit 
sterilem, in l°/o Jod-Alkohol getauchten Tupfer. Bei nicht dringenden 
Fällen wird außerdem 24 Stunden vor der Operation gebadet, feucht 
rasiert, mit Jodalkohol bestrichen und trocken steril verbunden. Bei 
400 Operationen trat nur einmal Eiterung eiv. 

3. Klinischer Vortrag, aus welchem hervorgeht, daß die Be¬ 
handlung der Hirnverletzungen im allgemeinen durchweg konservativ 
ist. Nur bei groben offenen Zertrümmerungen ist eine möglicht 
schonende Wundversorgung angezeigt. Sonst gelten für eine Trepa¬ 
nation dieselben Indikationen wie für alle sonstigen Erkrankungen 
des Gehirns: zunehmender Hirndruck infolge Blutung oder Abszeß 
oder Encephalitis, sowie andauernde Hirnreizung, die sich in fort¬ 
gesetzten epileptischen Anfällen äußert. 

4. Tierexperimente: Operationen in der Thoraxhöhle unter 
Benutzung der kontinuierlichen intratrachealen Insufflation nach 
Meitzer und Auer, zu dem Zweck, neue Methoden für die zukünftige 




iRSITY OF MICHIGAN 


UNIVERJ 




Nr. 19 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


293 


Chirurgie des Herzens und der Aorta ausfindig zu machen. Der 
Apparat, bestehend aus einem Blasebalg, Gummiröhren, die mit 
einer Aetherflasche und einem Manometer verbunden sind, und 
einem intratrachealen Katheter, hat den Vorteil, die gewöhnlichen 
operativen Bedingungen in keiner Weise zu modifizieren, und den 
respiratorischen Gaswechsel auch dann noch zu unterhalten, wenn 
die normalen Atembewegungen aufgehört haben oder unwirksam 
geworden sind. Nähte, Anastomosen und Transplantationen ge¬ 
langen unter diesen Bedingungen an der Brustaorta gerade so gut, 
wie an anderen Gefäßen. Die Versuche, Herzkrankheiten operativ 
zu beeinflussen, stehen noch in den Anfängen, jedoch waren einzelne 
Experimente (Cordiotomie, Herzwandresektion Anastomosenbildung 
zwischen Aorta und Coronararterien) von Erfolg. Verf. glaubt, daß 
verschiedene Krankheiten des Herzens und der Aorta durch chi¬ 
rurgische Methoden geheilt werden könnten, wenn eine adäquate 
Technik gefunden werden wird. 

5. Verf. hat in 73 Fällen von frischem, traumatischem Blut¬ 
erguß einen Heftpflasterverband (cf Abbildung) verwendet, welcher 
das Gelenk komprimiert, elastisch fixiert und durch Hinaufziehen 
der Kniescheibe den Streckmuskel entspannt. Die Kranken gehen 
mit diesem Verband, der möglichst sofort angelegt werden muß, 
sogleich umher. Bei Verdacht auf blutigen Erguß wird sofort 
punktiert, 24 Stunden lang komprimiert und dann der ambulatorische 
Heftpflasterverband angelegt. Ist in den übrigen Fällen nach 14Tagen 
noch keine wesentliche Verminderung des Ergusses eingetreten, so 
muß er durch Punktion entleert werden. Der Verband verhütet 
nach den mitgeteilten Resultaten die Atrophie der Streckmuskulatur, 
befördert die Resorption und verringert die Zahl der Rezidive. 

6. Siebzehn operativ behandelte Fälle von Meniskusverletzung 
am Kniegelenk, darunter 14 Zerreißungen des inneren Semilunar¬ 
knorpels. In 9 Fällen fand Verf. eine Spaltung des Meniskus in 
zwei Teile durch einen Längsriß, welcher am vorderen und hinteren 
Ansätze Halt macht, eine Meniskofissur, die sog. Meniskusluxation, 
ist nach S.’s Erfahrungen durchweg keine Luxation, sondern eine 
Meniskusruptur oder Fissur. In einzelnen Fällen findet man bei der 
Operation als einzigen Befund nur eine entzündliche Verdickung 
am vorderen Ansätze des Meniskus. Bei reiner Meniskusverletzung 
wird durch Totalexzision wieder völlige Funktionsfähigkeit des 
Beines erzielt, bei Meniskofissur erzielte S. mit der Wegnahme nur 
des inneren Schenkels ebenfalls gute Resultate. 

7. Nach Resektion eines periostalen Sarkoms des unteren 
Femurendes (bei einem 15jährigen Jungen) auf 13 cm Länge wurde 
ein entsprechender Periostknochenlappen aus der Vorderfläche der 
Tibia von nur 1-2 mm Knochendicke in den Defekt eingepflanzt. 
Glatte Einheilung mit bedeutendem Dickenwachstum des Knochens 
und beweglichem Kniegelenk. Der Fall lehrt, daß man bei Heilung 
von Knochendefekten durch Ueberpflanzung lebender Periostknochen¬ 
lappen mit äußerst geringem Knochenmaterial auskommen kann. 

8. Nach Eindringen eins kleinen Stahlsplitters am Oberschenkel 
im Skarpaschen Dreieck traten die Erscheinungen eines Aneurysma 
arterio-omosum auf. Die Operation unter Momburgscher Blutleere 
zeigte, daß die Vene ein unregelmäßig gestaltetes Loch, die Arterie 
einen den größten Teil des Rohrs durchtrennenden Querriß hatte. 
Unterbindung der Vene, nach völliger Durchtrennung und An¬ 
frischung der Arterienenden Arteriennaht nach Carrel-Stich mit 
vollem Erfolg bezüglich der Erhaltung der Zirkulation im Bein. 
Die Arterie wurde also höchstwahrscheinlich wieder funktionsfähig, 
zumal ja auch die Vene unterbunden war. 

9. Nach Mitteilung mehrerer Fälle resümiert Riedel: Ein er¬ 
weitertes Kniegelenk soll aufgeschnitten werden, bevor der Eiter 
perforiert. Die typischen Perforationsstellen des Gelenks sind die 
Spitze des oberen Recessus und die Bursa poplitea. Schnitte seitlich 
neben der Kniescheibe sowie hinten auf die Epikondylen genügen 
meist nicht Der hintere Abschnitt des Gelenks bleibt fest ge¬ 
schlossen, besonders in gestreckter Lage auch wenn hinten seitlich 
die Kapsel gespalten ist. Sobald man aber die Lig. lateralia von 
den Epikondylen abgetragen hat, sind seitliche Wackelbewegungen 
auch in gestreckter Stellung des Beins möglich, die hintere Gelenk¬ 
kapsel sinkt ganz nach hinten, die Kreuzbänder werden sichtbar, 
und man kann in leichter Beugestellung die hinteren Gelenktaschen 
ausgiebig drainieren. Die Lig. lateralia treten im Laufe der Zeit 
durch Narbengewebe wieder in Verbindung mit den Epikondylen: 
seitliche Wackelbewegungen sind bald unmöglich. Die Tibia sinkt 
etwas nach hinten, aber sie schließt glatt gegen das Femur, so daß 
ausgiebige Beweglichkeit des Gelenks resultiert. 

10. Verfasser schließt aus den Feststellungen Bircher’s über 
die Beziehungen des Kropfs zur Geologie, daß die Fauna der 
Meeresgebiete beim Sedimentieren und Eintrocknen der Meere sich 
in den Ablagerungen deponiert haben muß; das Wasser das durch 
diese Gesteine durchläuft, kann Zersetzungsprodukte der im Gestein 
enthaltenen organischen Substanzen lösen und mitschwemmen. 
Diese im Wasser vorhandenen Toxin- oder Fermentstoffe könnten 
die Ursache der Kropfbildung sein. Es steht fest, das man mit aus 
Kropfbrunnen stammendem Wasser bei Tieren Kropf erzeugen 
kann. W.’s Versuche an Ratten sprechen dafür, daß ein Miasma 
nicht die Ursache des Kropfs sein kann, sondern eine gelöste 
Substanz, ein toxischer Stoff herrührend von organischen Substanzen. 
Der Schilddrüse würde dann eine entgiftende Aufgabe zufallen, 


indem sie giftige Zersetzungsprodukte organischer Substanzen un¬ 
schädlich macht. 

11. Auf Grund von 10 von ihm operierten Fällen empfiehlt 
K. für die schwierige Operation der hochsitzenden Rektum- und 
tiefsitzenden Flexurkarzinome wegen ihrer Einfachheit und geringen 
Mortalität die sakrale Vorlagerungsmethode: bei ausschließlich 
sakralem Vorgehen wird die allseitig ohne Eröffnung des Lumen 
isolierte, den Tumor enthaltende Darmstrecke in die sakrale Wunde 
vorgelagert, sekundär wie ein vorgelagertes Dickdarmkarzinom ab¬ 
getragen, und die Vereinigung ebenso wie bei diesem nach An¬ 
legung der Spornquetsche in einer zweiten Siizung ausgeführt. 
Dieser zweite Operationsakt kann bei schlechtem Allgemeinzustande 
beliebig lange hinausgeschoben werden, ja im Notfälle ganz unter¬ 
bleiben. Der Patient behält dann einen durch Pelotte verschlie߬ 
baren Anus sakralis. Die sakrale Auslösung des Tumors gelingt 
auch in den ungünstigsten Fällen, weil auf die Ernährung des 
später vorgelagerten Darms kein Bedacht genommen zu werden 
braucht und sämtliche Gefäße rücksichtslos unterbunden werden 
dürfen. 

12. Fall von Nachblutung aus dem retrokolischen Binde¬ 
gewebe nach einer relativ früh nach dem zweiten Anfall vorge¬ 
nommenen Appendixoperation. Trotz vorsichtigen Einhaltens der 
allgemein üblichen Technik kam diese ambundante Blutung zu¬ 
stande, welche schon nach 4 Stunden zu Wiederöffnung der Wunde, 
Ausräumung der Blutgerinnsel und Tamponade der retrokolischen 
Tasche zwang, woselbst aus dem noch entzündlich infiltrierten 
Gewebe eine starke parenchymalöse Blutung bestand. Heilung. 
G. empfiehlt daher, zur Vermeidung von Nachblutungen in alten 
Fällen, in denen die Appendix hinter dem Kolon hochgeschlagen 
und hier so fest' fixiert ist, daß die Lösung erhebliche Schwierig¬ 
keiten macht, besonders aber dann, wenn die entzündlichen Er¬ 
scheinungen noch nicht völlig abgelaufen sind, die entstandene 
Wundhöhle stets zu tamponieren. 

13. Auf Grund von operierten Fällen beweist Verfasser, daß 
es gelingt, Duodenalulcera nach Lage und Größe bei Palpation von 
innen festzustellen mit Hilfe des Einbindens des Fingers in die 
vordere Magenwand, daß ferner die Behandlung des Ulcus nicht 
mit Gastroenterostomie erfolgen sollte, sondern durch äußeres Ueber- 
nähen des Geschwürs, was denselben Erfolg hat wie eine Aus¬ 
schneidung. Damit sind die Gefahren des Durchbruchs und der 
Blutung sicherer ausgeschaltet. Die relative Sicherheit dieses Ein¬ 
griffs erlaubt bei der schlechten Prognose der perforierten Duodenal¬ 
geschwüre den Eingriff auf die Fälle auszudehnen, wo trotz interner 
Behandlung rezidivierende Blutungen auf ein solches Ulcus auf¬ 
merksam machen. 

14. Verfasser widerlegt auf Grund eines größeren Kranken¬ 
materials die Behauptung, Varicocele könne an und für sich 
Beschwerden verursachen, oder die Erweiterung der Venen des 
Plexus pompiniformis könne dem Hoden schädlich sein. Seine 
Erfahrungen erlauben den Satz, daß die klinische Indikation zur 
Operation der Varicocele an und für sich nicht motiviert werden 
kann. Klagt ein Patient mit dieser anatomischen Veränderung über 
Schmerzen, welche auf andere Weise nicht erklärt werden können, 
so ist eine Ausstülpung des Bauchfells vorhanden. Wird dieser 
kleine Bruch entfernt, so genügt das zur Heilung. Den Plexus 
pompiniformis kann man unangerührt lassen und ruhig abwarten, 
bis die Venenerweiterung spontan verschwindet, oder sich mit der 
Tatsache zufrieden geben, daß im Skrotum eine anatomische Ver¬ 
änderung besteht, welche keine pathologische Bedeutung hat. 

15. Referat über die Behandlung der Basedow’schen Krankheit 
auf Grund eigener Erfahrungen und solcher anderer Autoren. Die 
Schilddrüsen-Operation hat fast ohne Ausnahme eine Besserung der 
Krankheit, und, wenn richtig durchgeführt, eine Heilung zur Folge. 
Die Bedingung zur Vermeidung von Mißerfolgen und zur 
Eizielung möglichst vieler wirklicher Heilungen ist die Frühoperation. 
Nach der Operation, welche zur Zeit die einzig befriedigende Be 
handlung darstellt, sind Kuren in Höhenluft von 1000 -1500 m, 
leichte Hydrotherapie, diätetische Maßregeln (eiweiß- und fettarme 
Nahrung), Ruhekur, unterbrochen von regelmäßigen, methodisch zu 
steigernden Muskelübungen, innerlich Phosphor, Arsen ev. Eisen 
anzuraten. Von lokaler oder kausaler Behandlung der Schilddrüse 
ist abzuraten; ebenso von Jod, Thyreoidin, die Serumbehandlung 
ist von inkonstanter und niemals von andauernder Wirkung. Gleiches 
gilt von der Röntgen- und Elektrisierungsbehandlung Wenn auch 
die Organotherapie, vielleicht mit Ausnahme der Thymus- und 
Hypophysispräparate, bisher keine Erfolge erzielt hat, so ist es 
doch möglich, daß bei besserer Kenntnis der chemisch wirksamen 
Bestandteile die pathologische Funktion der Schilddrüse durch 
spezifische Drüsenextrakte beeinflußt werden könnte. 

16. Verfasser verwendete in 25 Fällen mit gutem Erfolg eine 
Abänderung der Schloffer’schen plastischen Phimosenoperation. 
Technik (10 Abbildungen) muß im Original nachgesehen werden. 

17 Es gibt gutartige Fälle von äußerer Zahnfistel, in welcher 
zur Heilung weder die Entfernung des Zahns, noch die Wurzel¬ 
resektion notwendig ist, in denen vielmehr die gewöhnliche anti¬ 
septische Behandlung des Wurzelkanals genügt, um die Fistel zur 
Vernarbung zu bringen. Verfasser teilt einen derartigen Fall mit. 





294 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 19 


Rettung-swesen. 

Referent: Dr. M. Schwab, Berlin-Scliöneberg. 

1. Ueber ärztliche Organisation bei Unfällen und Massen-Ver¬ 
unglückungen. Von Generalarzt Dr. D ii m s. Zeitschr. f. Ver¬ 
sicherungsmedizin 1909, Nr. 10. i 

2. Unfälle auf dein Gebiete der Luftschiffahrt. Von Stabsarzt 
Dr. Flemming (Berlin). Ibid, Nr. 6 u. 7. 

3. Pathologie und Therapie der durch Elektrizität Verunglückten. 
Von Dr. S. J e 11 i n e k (Wien). Wien. klin. Wchschr. 1908, Nr. 50. 

4. Bemerkungen über die Lebenserhaltung Verschütteter. Von 
Dr. Ph. S.ilberstern. Wien. klin. Wchschr. 1909, Nr. 8. 

5. Selbstmord und Lysolvergiftung. Von Oberamtsarzt Dr. 
Weißenrieder (Maulbronn). Württ. Med. Korresp.-Blatt 1909. 

6. Hufeland und das Rettungswesen. Von G. Meyer. Beil, 
klin. Wchschr. 1910, Nr.6. 

Der auf dem Gebiete des Rettungswesens wohlbekannte Autor 
gibt, nach einem auf dem internationalen Kongreß für Unfallheilkunde 
in Rom 1909 gehaltenen Vortrag eine Uebersicht und einen Ausblick 
über die Maßnahmen, die für die ärztliche Organisation bei Einzel- 
und- Massenunfällen bereits vielfach in Anwendung sind, resp. noch 
einzuführen wären: Bericht des Rettungsarztes an die nachbehan¬ 
delnde Stelle, Grenzen der ersten Hilfe, Unfallverhütung, Ausbau 
der Erfahrungen aus den einzelnen Unfällen, Verbesserung der 
technischen Hilfsmittel des Rettungsdienstes, Ausgestaltung der 
Kenntnisse von den Folgen der Massenverunglückungen nach ihren 
einzelnen eigenartigen Ursachen, was wertvolle Hinweise auf die 
in ähnlichen Fällen anzuwendenden Hilfsmaßnahmen geben würde, 
Mitwirkung der Faktoren des Rettungswesens bei Epidemien. — 
Ueber die eigentliche Organisation der ärztlichen Hilfe bei Massen¬ 
unfällen (vorbereitende Tätigkeit zur Bereitschaftsstellung aus¬ 
reichender ärztlicher und Hilfskräfte, Sorge für einheitliche Leitung 
der Rettungsarbeiten und rationelle Verteilung der ärztlichen Hilfe 
u. dergl. m.), ein Punkt, dessen Berücksichtigung noch vielfach sehr 
zu wünschen übrig läßt, ist nichts gesagt. 

2. F. bespricht die teils bei allen, teils nur bei einzelnen Arten 
von Luftfahrzeugen möglichen Gefahren und deren Konsequenzen. 

a) die Gasvergiftung: sie betrifft besonders das mit 
der Füllung des Ballons beschäftigte Personal und kommt sowohl 
bei Leuchtgas- wie bei Wasserstofffüllung vor; bei letzterer sind die 
Vergiftungserscheinungen am schwersten, wenn das Gas nicht 
elektrolytisch, sondern auf chemischem Wege hergestellt wird, in¬ 
dem dann Arsenwasserstoff dem aus Schwefelsäure und Eisen- 
spähnen gewonnenen Gase oft in tötlicher Dosis beigemengt ist. 
Deshalb sollte chemisch hergestelltes Gas zur Ballonfüllung über¬ 
haupt ausgeschlossen sein, da es auf chemischem Wege völlig 
arsenfrei nur selten gewonnen wird. Vergiftungen durch Leuchtgas- 
cinatmung betreffen fast immer nur die Leute, die während der 
Ballonfüllung den Füllansatz mit. dem Füllschlauch Zusammenhalten 
und dabei meist unter der Ballonhülle liegend, von der frischen Luft 
vollständig abgeschlossen sind. Leuchtgasvergiftungen sind stets 
vorübergehender Natur gewesen; Todesfälle wurden nicht beob¬ 
achtet. 

b) Entzündlichkeit des Füll gase s: Bei Wasser¬ 
stofffüllung gehört zu einer Explosion zunächst ein bestimmtes 
Mischungsverhältnis mit der Luft und zweitens die Zündung selbst 
dazu. Das Gemisch kann sich nur bilden an den natürlichen Oeff- 
nungen des Ballons (Füllansatz oder Ventil) oder bei Zerreißen oder 
Platzen der Stoffhülle, Fessel- und Freiballons sind bisher (in 
Friedenszeiten) nur bei Berührung mit der Erde verletzt, ausnahms¬ 
weise in der Höhe geplatzt, wenn der Füllansatz absichtlich oder 
aus Versehen ganz oder zum Teil geschlossen war, und der Ausgleich 
des Innen- und Außendrucks nicht mit der genügenden Schnelligkeit 
vor sich gehen konnte. Explosionen erfolgen deshalb selbst beim 
Platzen des Ballons bei weitem nicht so leicht, wie gemeiniglich 
angenommen wird. — Bei Lenkballons sind jedoch die Gefahren der 
Verletzung der Ballonhülle in der Luft einerseits und die Entzündung 
des Füllgases anderseits weit größer. Von der treibenden Kraft des 
Motors kann eine Verletzung ausgehen, desgl. yon den Wider¬ 




ständen, die der Wind den mit Eigengeschwindigkeit versehenen 
Fahrzeugen entgegensetzt. Bildet sich nach der Verletzung der 
Hülle Knallgas, so kann dieses leicht durch Funken, die bei der 
Entladung des elektrischen Potentials des Metallgerüstes sich bilden, 
oder am Motor selbst entzündet werden. Die Entzündung des 
Ballongases durch Blitz ist in Deutschland nur beim Fesselballon 
beobachtet. Hier wirkt das gut leitende Stahlkabel genau wie der 
Blitzableiter, der, mit der negativen Erdelektrizität geladen, die 
positive der freien Atmosphäre oder der Wolken anzieht. Im frei- 
schwebenden Ballon dagegen kommt es wohl öfters zu großer 
Elektrizitätsansammlung, die sich in sprühenden Funken und 
Schlägen den Insassen fühlbar macht, zur Entzündung des Gases 
nur ganz ausnahmsweise. 

c) Im übrigen werden Unfälle nur bei der Landung be¬ 
obachtet, und auch nur dort, wo Ungunst der Witterung und des 
Landungsortes, Leichtfertigkeit, Ungeschicklichkeit und vor allem 
Unorienticrtheit über das Gelände vorhanden war; hierbei handelt 
es sich um mechanische Verletzungen aller Art, besonders der 
unteren Gliedmaßen: Verstauchungen und Quetschungen des Fuß- 
und Kniegelenks. Brüche, namentlich der Knöchel, auch Brüche und 
Verrenkungen des Beckens, von Arm und Hand, Schädelbrüche, 
Labyrintherschütterungen mit nachfolgender einseitiger Taubheit. 

Dies bezieht sich auf Landungen auf der festen Erde; aufsehen¬ 
erregender sind Landungen im Wasser, die fast stets ungewollte 
sind und deshalb die größten Gefahren bringen. Sie sind in erster 
Linie Folgen fehlender oder falscher Orientierung, hervorgerufen 
durch Nebel oder Wolken, die die Erde verhüllen und die zeitige 
Fahrtrichtung des Ballons und seine Geschwindigkeit nicht erkennen 
lassen, aber auch bisweilen mangelndes Kartenlesen, sie können 
aber auch bei voller Orientierung Vorkommen; es kann sich hierbei 
aber immer nur um mehr oder weniger große Seen handeln, wo der 
stets noch vorhandene Auftrieb des Gases erhebliche Unfälle 
immer noch hat abwenden können. Für alle diese Eventualitäten 
werden die Hilfsmittel zur Rettung angegeben. 

d) Während der Fahrt imFreiballon kommen Unfälle selten 
vor, am häufigsten noch mechanische Verletzungen, die beim Herab¬ 
lassen des Schleppseils entstehen. Dieses meist 100 m lang und 
2—3 Finger dick, übt beim Auslegen über den Korbrand zuletzt einen 
solchen Zug aus, daß erfahrungsgemäß selbst Knochenbrüche durch 
Einklemmung von Gliedern in einer sich bildenden Schlinge herbei- 
geführt wurden. Derartige Unfälle sind leicht zu vermeiden, wenn 
das Schleppseil, wie es bei Motorballons üblich ist, klar wie ein 
Bindfadenknäuel gewickelt von vornherein außerhalb am Korbe 
oder Ringe befestigt ist und sich nach Durchschneiden eines zu¬ 
sammenhaltenden Fadens von selbst abrollt. Diese Methode hat 
außerdem den Vorteil, bei unvorgesehenen Landungen das Schlepp¬ 
seil sofort in Wirksamkeit setzen zu können. 

Zum Schluß folgen statistische Mitteilungen über Mortalität und 
Prozentsatz der Verletzungen bei Luftschiffahrten und vervoll¬ 
ständigen, so die jeweilig durch Beispiele wirklich vorgekommener 
Unfälle illustrierten Darlegungen des erfahrenen Verf. zu einem ab¬ 
gerundeten Bild der Unfälle auf dem Gebiet des noch jungen, aber 
doch schon so erfolgreichen Zweiges des modernen Verkehrs. 

3. Der bekannte Wiener Elektropathologe gibt in seiner Habili¬ 
tationsvorlesung eine Zusammenfassung der den Praktiker besonders 
interessierenden Fragen der Elektropathologie und von experimen¬ 
tellen und theoretischen Untersuchungsergebnissen eine Uebersicht 
derjenigen Punkte, die zur Klärung gewisser Maßnahmen, z. B. 
bei der ersten Hilfe dienen können. 

Aus den einzelnen Abschnitten über Aetiologie, Symptomato¬ 
logie usw. sei als besonders wichtig erwähnt: 

a) Auf dem ganzen Gebiet der Aetiologie interessiert am 
meisten die Frage: W e 1 ch e Spannung im techn i s eben 
Betriebe ist gefährlich? Eine allgemeine Antwort hierauf 
etwa in dem Sinne, daß eine Stromspannung von 50 Volt schon als 
Gefährlichkeitsgrenze anzusehen sei, ist-nicht präzise; denn es haben 
sich Unfälle ereignet, bei denen Spannungen von 1000 bis 5000 Volt 
nicht zum Tode führten, während ein anderes Mal die Spannung von 
nur einigen hundert Volt zu tödlichen Verunglückungen Anlaß gab. 
Es kommt außer der Stromspannung und der Stromart (Einwirkung 
von Gleichstrom geht mit Blutdrucksteigerung, Einwirkung von 



0F MICHIGAN 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Nr. 10 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


205 


Wechselstrom mit Blutdrucksenkung einher. Und diese Veränderun¬ 
gen in den Blutdruckverhältnissen spielen neben den psychischen 
Momenten [Schreck, Shokwirkingl eine ganz hervorragende Rolle) 
noch eine Reihe anderer Faktoren in Betracht, die man in zwei 
Gruppen: äußere und individuelle Faktoren einteilen kann. Zu den 
ersteren gehören außer der Stromspannung und Stromart die Anzahl 
der berührten Pole, die Zeitdauer der Einwirkung und die Strom¬ 
stärke; die individuellen Faktoren sind zu suchen in der Strombahn 
(i. e- menschlicher Körper), in dem Widerstand, im Körperzustand 
(Status somaticus) und schließlich im Artfaktor (Tierart). 

Bezüglich der Stromspannung verdient außer dem unterschied¬ 
lichen Einfluß auf die Blutdruckverhältnisse bemerkt zu werden, daß 
die von der Gefährlichkeitsgrenze (beiläufig 50 Volt) sich sowohl 
auf- als abwärts bewegenden Werte schließlich derart be¬ 
schaffen sind, daß sie. für den Menschen ganz ungefährlich sind. — 
Auch die Bedeutung der Amperezahl (Stromstärke) wird zuweilen 
unterschätzt: Viele wollen 1/10 Ampere—100 Milliampere als Grenze 
des noch Erträglichen bezeichnen, jede größere Intensität sei tödlich; 
die Erfahrungen zeigen jedoch, daß Menschen von weit größeren 
Stromintensitäten getroffen wurden und nicht einmal bewußtlos 
wurden, während in anderen Fällen Intensitäten von nur einigen 
Hundertsteln Ampere zur Lebeusvernichtung führten. — Bezüglich 
der Polzahl ist zu beachten, daß doppelpolige Berührung nicht ge¬ 
fährlicher ist, als die durch Erdschluß entstandene. — Zeitdauer und 
Gefährlichkeit stehen nicht unter allen Umständen, wie man bisher 
anzunehmen geneigt war, in geradem Verhältnisse, allerdings gilt 
dies nur bis zu einer bestimmten Grenze, über die hinaus die durch 
den elektrischen Lichtbogen und die Hitzewirkung entstehenden 
Verletzungen das Unfallsbild derart komplizieren, daß von einer 
einfachen Elektrizitätswirkung nicht mehr die Rede ist. — Länger 
dauernde Einwirkung von Wechselstrom ist weniger verhängnisvoll 
als eine solche von Gleichstrom, wie überhaupt vom elektropatho- 
logischen Standpunkt aus der Gleichstrom als der ge¬ 
fährlichere angesproch e n werden muß. 

Unter den individuellen Faktoren verdient die größte 
Beachtung der Widerstand. Von dem Schutzwiderstand des ein¬ 
zelnen Individuums hängt es ab, ob die Berührung einer Stromanlage 
von nösen Folgen begleitet ist oder nicht; diesen Schutzwidersland 
bietet die Haut: die harte trockne Sohlenhaut oder die schwielige 
Hand des Arbeiters bietet Widerstandsziffern von vielen 100 000 Ohm, 
während die Haut des Handrückens, des Gesichtes oder die Bauch¬ 
haut durch unvergleichlich niedrige Ziffern, z. B. 20 000, 10 000 Ohm 
oder noch weniger gekennzeichnet ist. Die Haut der Frauen und 
besonders die der Kinder läßt noch geringere Werte erkennen. — 
Einen eventuellen Bundesgenossen findet der natürliche Schutz¬ 
widerstand eines Menschen in der Bekleidung und besonders in den 
Widerstandsverhältnissen des Fußbodens- — Von der Bahn des 
Stromes im Körperinnern und auf der Oberfläche des Betroffenen 
hängt die Lokalisation der Stromdichte ab; außerdem spielt noch die 
Lokalisation der Elektroden, d. i. Ein- und Austrittsstelle, eine Rolle. 
— Der Faktor des jeweiligen Zustandes (Status somaticus) will be¬ 
sagen, daß ein großer Unterschied darin gelegen ist, ob jemand be¬ 
wußt oder unbewußt „elektrisiert“ wird. Es ist oftmals der plötzliche 
und unerwartete Einbruch in die Psyche, der einzig und allein ver¬ 
hängnisvoll werden kann. — Auch zeigen die Menschen nicht die 
gleiche Reaktionsweise auf schwache elektrische Ströme, und die 
Tiere reagieren ganz verschieden auf Elektrizität: Tauben, Fische, 
Krebse, weiße Mäuse, Hunde und besonders Pferde sind sehr emp¬ 
findlich, Frösche und Schildkröten scheinen immun gegen Elektri¬ 
zität zu sein. 

b) Die Symptomatologie ist abgesehen von der momen¬ 
tanen Tötung eine ebenso umfangreiche wie abwechslungsvolle. Die 
Erscheinungen sind lokaler und allgemeiner Natur. 

Die lokalen Veränderungen sind entweder eigenartige Ver¬ 
schorfungen der Haut oder echte Brandwunden und brandwunden¬ 
artige Zerstörungen der Haut, Haarversengungen, mechanische Ge- 
webstrennungen in Form von Durchlöcherung und Zerreissung der 
Gewebe und treten gewöhnlich sofort nach dem Trauma auf. 

Die Allgemeinsymptome zerfallen in Früh- und 
Späterscheinungen. Im Vordergrund stehen als Früh- 
symptome Störungen des Bewußtseins (leichte Ohnmächten oder 


DnitCi'; t'. . 

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tiefe langandauernde komatöse Zustände) und des Zentralnerven¬ 
systems: Lähmungen oder krampfartige Zustände der motorischen 
Sphäre, Beeinträchtigung oder gar Stillstand der Atmungs- und Herz¬ 
tätigkeit; dazu gesellen sich in manchen Fällen Affektionen der 
Magendarmtätigkeit (Meteorismus, kolikartige Schmerzen etc.;, der 
Nieren (Nukleo- und Serumalbumin in Spuren), der Leber (in seltenen 
Fällen leichter Ikterus), ferner Störungen des Urogenitalapp^rates, 
z. B. Incontinentia oder Retentio urinae, Spermaejakulation, Blutun¬ 
gen aus dem Genitale; des weiteren akute Oedeme, Gelenksergüsse; 
bei Stromübergängen in der Nähe des Kopfes eventuell Reizerschei- 
nungen seitens des lichtempfindenden Apparates, Schwerhörigkeit, 
Ohrensausen, Störungen des Geschmacksinns- 

Als echte elektrische Spätsymtome kamen unter 
Ausschaltung der in das Gebiet der traumatischen Neurosen fallenden 
Krankheitssymptome zur Beobachtung: Sinnesverwirrung mit Ver¬ 
folgungsideen, Lähmungserscheinungen mit Sensibilitätsstörungen und 
kompletter Entartungsreaktion, chronisch atrophisierende, ankylo¬ 
sierende Gelenkprozesse, Krankheitserscheinungen wie sie bei der 
progressiven Paralyse Vorkommen (progressive Demenz mit Silben¬ 
stolpern, Pupillenstarre, etc.), epileptiforme Anfälle mit Delirien, Stö¬ 
rungen der Herztätigkeit. 

c) Therapie: Zunächst Entfernung des Verunglückten aus 
dem Stromkreis, wobei der Retter auf eigene Isolation bedacht sein 
muss; entweder wird der Strom abgeschaltet oder der Leitungsdraht 
durch eine isolierte Zange zerschnitten oder man trachtet den Be¬ 
troffenen lozumachen. Horizontale Lagerung des aus dem Strom¬ 
kreis Befreiten mit erhöhtem Kopf, Lockerung der Kleidung. Geht 
Atmung und Puls, so ist beides zu überwachen und nur für Mund¬ 
pflege zu sorgen; Einträufeln von Flüssigkeit ist überflüssig, sogar 
gefährlich, wenn Benommenheit oder Bewußtlosigkeit besteht. 
Atmet der Verunglückte nicht, so ist sofort mit der künstlichen At¬ 
mung nach allen Regeln der Kunst zu beginnen. Da manche Stark¬ 
stromwirkung mit bedeutenden Blutdrucksteigerungen einhergeht, so 
wird in solchen Fällen die künstliche Atmung mit Chlofo^rminhalation 
zu kombinieren sein. — Die gestörte Herztätigkeit ist durch Reiz¬ 
mittel, wie durch Massage, Faradisation der Herz und Halsgegend, 
durch Kampfer- und Adrenalinjektionen-intravehös oder subkutan aus¬ 
geführt etc. zu beeinflussen; ein Versuch wird auch mit einem aus¬ 
giebigen Aderlaß zu machen sein; nur muß während des Blutabflusses 
mit der künstlichen Atmung wegen der Gefahr von Luftaspiration 
(Embolie) ausgesetzt werden. Als ganz ungefährlicher Eingriff wäre 
die Lumbalpunktion auszuführen, die aus oben erwähnten Gründen 
indiziert erscheint und frühzeitig auszuführen wäre. — In den Fällen, 
die nach stundenlangen Bemühungen als verloren anzusehen sind, 
wäre als Ultima ratio und zwar auf Grund von Tierversuchen eine 
neuerliche Einwirkung des tötlichen Starkstroms zu versuchen und 
zwar in folgender Anordnung: eine flächenhafte Elektrode (Pluspol) 
auf die Herzgegend, die stabförmige Elektrode (Minuspol), die mit in 
Kochsalz getauchter Watte zu umwickeln ist, in das Rektum; mehr¬ 
malige Stromeinwirkung von momentaner bis sekundenlanger Dauer; 
nach jedesmaliger Applikation wären Herz und Halsgefäße genau zu 
untersuchen. 

Nach gelungenem Rettungswerke ist die jeweilige expektätive 
symptomatische Theraphie indiziert. 

4. Unter allen Formen der Erstickung ist es die durch Ver¬ 
schüttung, bei der der Tod am langsamsten eintritt. Trotzdem findet 
man in den Werken über Samariterwesen wenig oder gar nichts über 
dieses Thema, und oft genug setzt nach Verschüttungen die Hilfs¬ 
aktion zu spät ein, weil niemand an die Rettungsmöglichkeit denkt. 
S. teilt deshalb einen Fall mit. in dein es gelang, nach ca. 50 stün- 
diger Bergungsarbeit, den Körper des einen Verschütteten (der Tod 
des anderen war schon während der Rettungstätigkeit konstatiert 
worden) mit Gurten zu umschließen und ihn lebend zutage zu 
fördern. Er starb allerdings 4 Tage später. Im Anschluß an die 
klinischen Symptome und die Obduktionsbefunde der beiden Fälle 
erörtert S, den Mechanismus der bei Verschüttung eintretenden 
Rumpfkompression und Aspirationsgefahr, sowie die Bedingungen 
für einen günstigen Verlauf einer Verschüttung, der nach Ansicht des 
Verfassers durch das Vorhandensein eines mehr oder weniger großen 
freien Luftraumes vor den Respirationsöffnungen bestimmt wird. 
Durch Veröffentlichung aller einschlägigen Fälle soll dazu beigetragen 


UNIVERSITY OF MICHIGAN 




296 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 19 


werden, daß jedesmal rasche Hilfe geleistet wird, und daß wir die 
Asphyxiegefahr Verschütteter in ihrer Prognose und ihren Folge¬ 
zuständen genauer kennen lernen. 

5. An Hand zweier ad exituin gekommener Fälle von Selbst¬ 
mord durch Lysolvergiftung bespricht Verfasser die Symptomatologie, 
Prognose und Theraphie der akuten Lysolintoxikation. Das suve- 
räne Mittel bei der Behandlung stomachaler Vergiftungen ist die 
Magenspülung, unterstützt durch Exzitantien und künstliche Atmung. 
Zur Heilung des Giftes im Magen kann man noch Sirupus calcis, 
Magnesia, Carbo animakis und vegetabilis geben; am besten fällend 
wirkt nach Kobert Bromwasser, das man solange dem Magen Spül¬ 
wasser zusetzen darf, als man noch im Ausfließenden einen weißen 
Niederschlag danach wahrnimmt. Nach der Resorption nützen diese 
Mittel nichts mehr. Es empfiehlt sich Natriumthiosulfat unter die 
Haut zu spritzen, wodurch die Bildung ungiftiger Unwaiidlungs- 
produkte, der Phenolätherschwefelsäure und der Kresolätherschwefel- 
säure, gefördert wird; besonders bei Vergiftungen vom Darm oder 
Uterus her wird die letztere Behandlung am Platze sein. (In neuerer 
Zeit werden Magenspülungen mit Alkohol, resp. Trinkenlassen von 
Alkohol bei somachaler Vergiftung empfohlen, was sehr plausibel er¬ 
scheint, da Alkohol die Aetzwürkung von Karbol sehr herabzusetzen, 
wenn nicht aufzuheben im stände ist. — Refer.). 

6. Anläßlich der Zentennarfeier der Hufelandischen Gesellschaft 
schildert M. die Beziehungen des berühmten Verfassers der „Makro¬ 
biotik" zu dem, Ende des 18. Jahrhunderts in seinen ersten Anfängen 
stehenden Rettungswesen: Schon die Dissertation, mit der H. am 
24. Juli 1783 zum Doktor promovierte, schlägt in dieses Gebiet: sie 
betitelt sich: „Usum vis electricae in asphyxia experimentis illu- 
stratum", ein auch heute noch zeitgemäßes Thema. 25 Jahre später 
erschien das Buch: „Der Scheintod oder Sammlung der wichtigsten 
Tatsachen und Bemerkungen darüber“, in dem als einzig sicheres 
Zeichen des Todes die Fäulnis angegeben wird, ein Standpunkt, über 
den auch wir noch nicht hinausgekommen sind, und der Hufeland 
veranlaßt, besondere Anstalten zu verlangen, in denen die Leichen bis 
zum Eintritt der Fäulnis liegen können. Hierauf bezieht sich die 
Schrift: „Ueber die Ungewissheit des Todes und das einzig untrüg¬ 
liche Mittel, sich von seiner Wirklichkeit zu überzeugen und das 
Lebendigbegraben unmöglich zu machen; nebst einer Nachricht von 
der Einrichtung eines Leichenhauses in Weimar“. — Ferner hat H. 
eine Haus- und Reiseapotheke angegeben. 


Mitteilungen über Arzneimittel. 

Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Das neueste Ehrlich-Hatapräparat siegen Syphilis. 
Von Prof. Dr. Alt, Uchtsprunge. Münch, med. Woch. 1910, Nr. 11. 

2. Unerwünschte Ergotinwirkung. Von Prof. Dr. L. Knapp, 
Prag. Ibidem. 

3. Ueber Arsenbehandlung organischer Nervenkrank¬ 
heiten. Von Dr. Hans Willige, Ass.-Arzt, Halle a. S. Ibidem, Nr. 12. 

4. Chocosana. Von Dr. Linke, Wiederau. Therap. Neuig¬ 
keiten, März 1910. 

1. Alt veröffentlicht seine aufsehenerregenden Beobachtungen 
über ein neues von Ehrlich hergestelltes Syphilispräparat, worüber 
er schon im engeren Kreise, in der medizinischen Gesellschaft, 
in Magdeburg einen mit größtem Beifall aufgenommenen Vortrag, 
den Referent mit anhörte, gehalten hat. Er hat die sämtlichen 
Phasen der Behandlung der Syphilis mit Arsen und diesen Derivaten 
aus eigener Forderung und Anschauung kennen gelernt und speziell 
auch mit Atoxil bezüglich der unangenehmen Nebenwirkungen 
schlechte Erfahrungen gemacht. Ebenso mit Arsazetin. Wesentlich 
besser sind sie bei Arsenophenylglyzin gewesen, das schlaf¬ 
kranke Tiere heilt und bei Paralytikern die Wassermannsche Reaktion 
zum Verschwinden bringt Aber auch bei diesem Präparat sind 
Nebenerscheinungen nicht ganz ausgeschlossen. Uebrigens hat Alt 
zum erstenmal bei diesem Präparat die schon von Ehrlich an- 
gcstrebte „Therapie sterilisans magna“ angewendet, die darin 
gipfelt, daß man versucht, durch eine einmalige konzentrierte Be¬ 
handlungsweise (an 2 aufeinanderfolgenden Tagen je eine Dose von 


0,8—1,0 g intramuskulär injiziert) die Erreger der Syphilis spezifisch 
zu bekämpfen bezw. zu vernichten. Bei Paralythikern erzielte Alt 
eine rasche, auffällige und langanhaltende Besserung durch die Be¬ 
handlung mit Arsenophenylglyzin. Schon aber hat Ehrlich 
ein neues Präparat hergestellt, das gegenüber jenem Mittel große 
Vorzüge aufweist, da es weit wirksamer ist und weit weniger Neben¬ 
erscheinungen macht. Es ist dies ein Derivat des Arsenobenzols, 
ein Dioxydiamidoarsenobenzol, das imstande ist, bei ein¬ 
maliger Injektion Rekurrens bei Mäusen und Ratten zum Verschwinden 
zu bringen. Das Präparat hat noch keinen Namen; es wird be¬ 
zeichnet „Marke 606“ und ist ein in Vakuumröhrchen versandtes, 
schwefelgelbes Pulver. Die Versuche wurden erst angestellt, nach¬ 
dem die Unschädlichkeit des Mittels an Hunden und an zwei Aerzten 
erprobt war. Die Injektionstechnik ist folgende: In ein ca. 50 ccm- 
Gefäß wird die Einzeldosis von 0,3 g und 10 ccm steriles Wasser 
eingefügt und verrührt, dann soviel Normalnatronlauge (ca. 2 ccm) 
hinzugefügt, bis nur ein geringfügiger Rest der Substanz ungelöst 
bleibt. Bis zum Strich 20 ccm wird nunmehr steriles Wasser, 
eventuell nach vorheriger Beifügung einer Ampulle Eusemin, 
hinzugefügt und nunmehr je eine Spritze von 10 ccm in die rechte 
und die linke Glutsealmuskulatur unter langsamem Kolbendruck ein¬ 
gespritzt, am besten, während der Patient auf dem Bauch liegt 
und so eine halbe Stunde liegen bleibt. Unangenehm sind die 
Schmezen an der Injektionsstelle, die aber nach 12 bis 24 Stunden 
verschwinden. Vorübergehend traten Temperatursteigerungen auf, 
niemals Abszesse, vereinzelt Kopfschmerz und Erbrechen. 
Im Urin fand sich niemals Eiweiß und Zucker. Appetit und Er¬ 
nährung wurden nicht gestört. Die Ausscheidung des Arsens ist 
eine äußerst langsame, über zehn Tage noch vorhanden, während 
Atosyl und Arsazetin in zwei Tagen, Arsenophenylglyzin nach 3—5 
Tagen ausgeschieden werden. Außerdem findet eine erhebliche 
Leukosytose statt. In Uchtspringe wurden bisher 23 Kranke be¬ 
handelt; 18 mit positiver Wassermannscher Reaktion. Von diesen 
verloren die Reaktion gänzlich zwei; ebenso viele zeigten starke, 
drei erkennbare Abnahme. Seit 31. Januar 1910 wurden 27 Fälle 
mit florieder Lues im Magdeburger Altstädtischen Krankenhaus 
mit einmaliger Injektion von 0,3 g „Marke 606“ behandelt. Der 
Erfolg war frappant. Fälle, die bisher jeder Behandlung getrotzt 
haben, heilten in ganz kurzer Zeit. Am schnellsten gingen die 
hartnäckigen, spezifischen Anginen zurück. Außer geringen Tem¬ 
peratursteigerungen traten keine Nebenerscheinungen auf. Von den 
27 Patienten hatten bis zum 7. März vier die Wassermannsche 
Reaktion verloren (nach einer Mitteilung Alts in der Mediz. Gesell¬ 
schaft am 17. März waren es schon — soweit mir erinnerlich — 
14. Ref.). 

2. Prof. Knapp berichtet über Fälle von unerwünschter Er¬ 
gotinwirkung. Er ist seit Jahren gewohnt, je 30 Tropfen Ergotinum 
dialysatum Golaz unmittelbar nach dem Blasensprung, nach 
Ausstoßung der Frucht und nach Abgang der Plazenta zu geben. 
Als er einmal statt 30 Tropfen 40 gab, nachdem die Frucht geboren 
war, trat krampfhafte Striktur des Muttermundes auf, so daß die 
gelöste Plazenta nicht passieren konnte und lebensgefährliche 
Blutungen einsetzten. 

3. Verf. wendet bei Neurasthenien auf anaemischer Basis das 
Natron cacodyl. nach folgendem Rezept an. Rp. Natr. cacodyl. 1,5, 
Cocain, mur. 0,1, Acid. carbol. liquefact. gtt III, Aq. dest. ad 50,0. 
Davon beginnt er mit subkutanen Injektionen, zunächst mit 4 Teil¬ 
strichen einer Pravazschen Spritze, steigt täglich um einen Teilstrich 
bis 20, bleibt auf dieser Höhe 14 Tage und geht langsam wieder 
auf 4 Teilstriche zurück. Darauf eventuell Anwendung einer 5°/ 0 igen 
Lösung. Auf Antons Veranlassung werden jetzt an der Hallenser 
Klinik organische Nervenleiden mit Acid. arsenicos. behandelt. 
Verf. wandte eine 1 °/ 0 ige Lösung an und injizierte täglich 1 mg, 
jeden dritten Tag um 1 mg bis zu 7 mg steigend. Auf dieser Höhe 
blieb er 3—8 Tage, um dann wieder bis auf 1 mg zurückzugehen. 
Nach mindestens 14tägiger Pause wird comt. diese Kur wiederholt. 
Nebenerscheinungen wurden nicht beobachtet. Die günstigsten 
Erfahrungen machte Verf. bei multipler Sklerose, wo bei 9 von 
12 Fällen eine deutliche Besserung konstatiert wurde. Je früher die 
Anwendung, desto besser der Erfolg. Mit Fowlerscher Lösung wird 
an der Hallenser Klinik Chorea (und Polyneuritis) behandelt, bis 
dreimal täglich 15 Tropfen. Die mit Arseninjektion behandelten 
Fälle von Polyneuritis zeigten zum Teil auffällige Besserung. Verf. 
gibt selbst zu, daß die günstigen Beobachtungen für die therapeu¬ 
tische Wirkung des Arsens nicht beweisend sind. 

4. Chocosana, hergestellt von der Chocosana-Kompagnie in 
Stuttgart, ist ein neues Mittel, das den Zweck verfolgt, den Leber¬ 
trangeschmack zu verdecken und den Tran selbst in einer den 
Kindern willkommenen Form ihnen beizubringen. Chocosana besteht 
nämlich aus Knusperstangen von Schokolade mit 45 °/ 0 Lebertran; 
außerdem enthält es noch Kakao, Zucker, Lezithinphosphorsäure 
und phosphorsauren Kalk. Im Handel erscheinen Kartons zu 
40 Stangen (M. 3,—), oder 20 Stangen (M. 1.60). Auf Grund 
klinischer Beobachtungen wird über erhebliche Gewichtszunahme 
und wesentliche Besserung des Allgemeinbefindens schon nach 
sechs Wochen berichtet, während gleiche Resultate in den betr: 
Kliniken erst nach 3—4 Monaten erzielt wurden. (?) 




Nr. 19 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


297 


1. Alte und neue Anschauungen über die Quecksilber¬ 
behandlung der Syphilis von Priv.-Doz. Dr. Hübner, Marburg. 
Fortschr. d. Mediz. 1910, No. 13. 

2. Zur Arsentherapie mit der Dürkheimer Maxquelle 

von Dr. L. Katzenstein, Wiesbaden. Ther. d. Gegenwart 1910, April. 

3. Unsere Erfahrungen mit einem neuen Arsen=Eisen= 
Präparat von Sekundärärztin Dr. Marie Theimert, Baden b. Wien. 
Med.-chirurg. Centralblatt 1910, No. 14. 

4. Einige Bemerkungen über Pergenol von Dr. Robert 
Meyer. Ther. d. Gegenw. 1910, April. 

5. Beitrag zur medikamentösen Behandlung des Diabetes 
mellitus von San.-Rat. Dr. Lenne, Neuenahr. Ibidem. 

6. Ueber Sarton, ein neues Nährpräparat für Zucker¬ 
kranke von C. von Noorden, Wien, und Ed. Lampe, Frank¬ 
furt a. M. Ibidem. 

1. Verfasser hält vorläufig das Quecksilber für die beste 
Waffe gegen die Syphilis. Es ist aber zu entscheiden, wann 
soll die Hg. Kur beginnen und wie oft soll sie wiederholt 
werden. Bezüglich der ersten Frage dürfte der Nachweis der 
Spirochaete pallida die Indikation zum Beginn der Kur sein. Ob 
dieselbe als Schmier- oder Injektionskur gehandhabt wird, ist in¬ 
different. Die wichtigste Frage bleibt die: Wie oft sollen die 
Kuren wiederholt werden? Bei der Entscheidung dieser Frage 
entbrannte der Streit um die symptomatische oder chronisch-inter¬ 
mittierende Behandlung. Beide haben ihre Mängel; die Vertreter 
der letzteren (Fournier, Neißer) sind aber dem Ideale der 
Syphilistherapie näher gekommen, als sie jetzt fordern, daß solange 
mit Quecksilber chronisch-intermittierend behandelt werden muß, 
bis die Wassermannsche Reaktion dauernd negativ ist. 

2. Bei den bisher bekannten arsenhaltigen Quellen (Roncegno, 
Levico, Guberquelle und Val Sinestra) findet man außer Arsen 
auch Eisensulfat, das zu Magenbeschwerden und Stuhlverstopfung 
führt. Die Dürkheimer Maxquelle ist völlig frei davon; sie führt 
im Gegenteil leicht ab. Außerdem besitzt sie die große Menge 
von 17,35 mg arseniger Säure im Liter. Ihre Wirkung ist von ver¬ 
schiedenen Autoren, wie Noorden, Brenner, van der Velden, Kauf¬ 
mann, Neißer, anerkannt. Der Gebrauch der Quelle bessert das 
Allgemeinbefinden und subjektive Beschwerden, erhöht den Haemo- 
globingehalt und ruft eine Vermehrung der roten Blutkörperchen 
hervor und das Körpergewicht nimmt zu. Die abführende Wirkung 
wird durch den Kochsalzgehalt hervorgerufen. Dieser ist neben 
der Eisenfreiheit wohl die Ursache, daß das Wasser so gut ver¬ 
tragen wird. Die Maxquelle wird in steigender Dosis genommen, 
und zwar so, daß man täglich 50 ccm nehmen und täglich um 
25 ccm bis zur Höchstdosis von 300 ccm steigen läßt. Hierbei 
bleibt man 3 Wochen und geht in gleicher Weise wieder rückwärts. 
Bei Kindern beginnt man mit 10 bis 20 ccm und steigt bis zu 30 
bis 60 ccm. Die Dosen werden in drei Dosen verteilt und nach 
dem Essen genommen. Der Geschmack des Wassers ist ein 
leicht salziger. 

3. Die Arsenhaematose von Apotheker Paul (Wohnort 
fehlt! Ref.) soll ein nahezu ideales Mittel« nach Aussprache des 
Verfassers sein und stellt eine Kombination von Arsen, Chinin und 
Eisen dar. das letztere in leicht assimilierbarer Form. Indikationen; 
Anaemie, Chlorose. Der Geschmack ist gut; das Präparat billig. 

4- Das feste, haltbare Wasserstoffsuperoxyd-Präparat Per¬ 
genol. hergestellt von den Chemischen Werken Dr. Heinr. Byk, 
Charlottenburg, besteht aus einer Mischung von Natriumperborat 
und Natriumbitartrat. Beim Lösen in Wasser entsteht Wasserstoff¬ 
superoxyd und Borsäure, letztere in Form von Natriumborotartrat. 
Die Löslichkeit ist in kaltem Wasser ebenso leicht wie in warmem. 
Doch ist in letzterem die desinfektorische Kraft des H 2 0. 2 angeblich 
größer. Verfasser hat das Präparat in Fällen von chronischen 
Mittelohreiterungen angewendet, um zäh festsitzenden Eiter zu 
entfernen, indem er trockenes Pergenolpulver in den Gehörgang 
blies und vermittels Sprays verdünnte Borlösung nachspritzte. Da¬ 
bei entwickelt sich dann Wasserstoffsuperoxyd. Brandschorfe an 
Nasenmuscheln lassen sich auf diese Weise leicht entfernen. Da 
Pergenol hygroskopisch ist, muß der Pulverbläser sorgfältig gereinigt 
werden, sonst könnte er sich verstopfen. Die Pergenoltabletten 
gestatten die Herstellung frischer Wasserstoffsuperoxydlösungen. 
Die Pergenolmundpastillen läßt der Patient im Munde zergehen. 
Anwendung bei Mund- und Rachenerkrankungen. Die Pergenol- 
mundwassertabletten liefern in Verbindung mit ihrem Gehalt an 
Pfefferminz ein angenehmes Mundwasser. 

5. Verfasser hat das Produkt der Chemischen Fabrik Rhenania, 
Aachen, Hypophyson, zur Behandlung des Diabetes mellitus 
benutzt, ohne eine besondere Wirkung beobachtet zu haben. Viel¬ 
leicht war der Fall zu weit vorgeschritten. Allerdings wurde bei 
dem gleichen Falle ganz zu Anfang eine Verminderung der Zucker¬ 
ausscheidung und Einschränkung des Eiweißumsatzes beobachtet. 
Auch mit dem zweiten Mittel der Rhenania, Trion, hergestellt aus 
Leber-, Muskel- und Pankreasextrakt, hat Verfasser keine nennens¬ 
werten Erfolge bei Diabetes erzielt, Auch mit Atropinum methyl- 


VERSIT 


bromat. von Merck hat er keine Verminderung der Glykosmie 
gesehen. 

6. Die vortrefflichen Erfahrungen der Verfasser mit Hafer¬ 
mehl bei der Behandlung des Diabetes veranlaßten sie, auch andere 
Vegetabilien auf ihre therapeutische Brauchbarkeit zu piüfen, so¬ 
wohl die amylaceenreichen als auch die eiweißreichen. Mit trock¬ 
nen Bohnen, Linsen und Erbsen machten sie schlechte Erfahrungen, 
dagegen gute mit der Sojabohne. Dieselbe ist japanischer Her¬ 
kunft und heißt Soja hispida, deren Frucht zwischen Erbse und 
Bohne dem Aussehen nach steht. Sie hat 30—35% Eiweiß, nur 
ca. 6% Gehalt an Stärke und Kohlehydraten. Doch eignet sie sich 
wegen ihres unangenehmen Nachgeschmackes nicht für den euro¬ 
päischen Gaumen. Es fand sich aber eine Methode, denselben zu 
entfernen, die für den Haushalt jedoch zu umständlich ist und daher 
fabrikmäßig durchgeführt werden muß (Farbenfabriken Elberfeld). 
Das Präparat wird jetzt in Pulverform abgegeben und trägt den 
Namen Sarton. Dies enthält keine Substanzen, die Stärke ent¬ 
halten. Die Anwendungsweise ist mannigfach, zu Suppen, Gemüsen. 
Für einen Teller Suppe genügen SO g. Bei guter Zubereitung ist 
der Geschmack ausgezeichnet. Erfahrungen an über 100 Diabetikern 
sind gute, da bei Genuß des Präparates die Zuckerausscheidung 
nicht zunahm. Die Sojabohne übt auf die Darmperistaltik einen an¬ 
regenden Einfluß aus, ohne aber Gasbildung zu befördern. Weitere 
Mitteilungen aus der Wiener Klinik bestehen bevor. 


1. Zur medikamentösen Therapie der Cholelithiasis von 

F. Eichler, Spezialarzt, Berlin-Charlottenburg. Ther. d. Gegenw. 
April 1910. 

2. Ueber Digistrophan, ein neues Kardiakum, von 
Dr. Boelke, Ratibor. Ibidem. 

3. Beitrag zur Behandlung der Syphilis mit atoxyl- 
saurem Quecksilber von Oswald Boethke, Luisenhospital in 
Dortmund. Med. Klinik. 1910. Nr. 15. 

4. Untersuchungen über die Wirkung des Quecksilbers 
und Jods bei der experimentellen Syphilis von Priv.-Doz, 
Dr.Tomasczewski, Berlin. Deutsche Med. Wchschr. 1910. Nr. 14. 

5. Zur Jodbenzinfrage von Kreisarzt Dr. Frank in Bublitz. 
Münch. Med. Wochensch. 1910. N.\ 12. 

1. Verfasser legt bei Gallensteinkoliken sowie bei einfacher 
Cholezystitis und katarrhalischem Ikterus darauf, daß neben der 
Beseitigung der Schmerzen die Entzündung der Gallenwege durch 
geeignete Desinfizientien bekämpft und eine dünnflüssige Galle 
produziert wird, ohne daß dabei eine Hypersekretion von Galle 
stattfindet. Auf Grund ihrer Versuche schreiben Kuhn und 
Usener der Salizylsäure eine desinfizierende Wirkung auf die 
Galle zu und einen spezifischen Einfluß auf die Schleimhäute der 
Gallenwege. Crewe hat Versuche am Gallenfistelhunde mit 
Hexamethylentetramin vorgenommen: Bei Darreichung von 
1,0 g per os zeigte die Galle nach 24 Stunden Formaldehydreaktion. 
Bei drei Patienten verschwand nach Verabfolgung von 4,5 g des 
Mittels der Gehalt der Galle an bakteriellen Elementen völlig. 
Hierbei spielt aber die Anlegung der Fistel eine stark begünstigende 
Rolle. Verf. hat nun Saliformin, salizylsaures Hexamethylen¬ 
tetramin, probiert. Es ist dies ein weißes, in Wasser und Alkohol 
leicht lösliches, angenehm schmeckendes Pulver. Bei einem Gallen¬ 
fistelhund trat bald deutliche Verflüssigung der anfangs einge¬ 
dickten Galle ein, was sich auch in der Abnahme des spezifischen 
Gewichtes und der festen Gallenbestandteile sowie in der Er¬ 
niedrigung des Gefrierpunktes dokumentiert. Die Gärfähigkeit der 
Galle nahm über die Hälfte ab Das Wachstum der Bakterien 
wurde gehemmt. Verf. hält Dosen von 0,5—0,75 g Saliformin 
3—4 mal täglich für geeignet, dünnflüssige Galle zu erzielen, die 
antifermentativ und antibakteriell wirksam ist Nach Abklingen der 
frischentzündlichen Erscheinungen muß einer neuen Eindickung der 
Galle vorgebeugt werden. Als echte Cholagoga haben sich nur 
Galle und gallensaure Salze bewährt. Gut ist das gallensaure 
Eiweiß (Ovogal), zu verordnen in Gelatinekapseln zu 0,5 g 
3 - 4 mal täglich, anfangs zwei, später eine Kapsel; zunächst hinter¬ 
einander 2 Schachteln zu 50 Kapseln. Nach einigen Monaten 
Wiederholung der Kur. Nebenbei Natrium salicyl, Urotropin, 
Saliformin. Eine mehrmalige Brunnenkur ist notwendig. 

2. Auf B.’s Anregung wird von der Firma Goedecke & Co., 
Berlin, wieder ein neues Herzmittel auf den Markt gebracht, das 
eine Kombination voa Digitalis mit Strophantus darstellt, wobei 
man sich vorstellte, daß Strophantus die störende Kumulativwirkung 
der Digitalis mildern und die Kombination dieser btiden Herz¬ 
mittel, die längst nicht absolut gleich wirken, eine bessere Heil¬ 
wirkung erzielen sollte. Da bei Herstellung von Fluidextrakten der 
Verlust von wirksamer Substanz nicht zu vermeiden ist, wurde 
folgendes Verfahren angewendet: 100 Teile Fol. Digitalis und 
50 Teile Semen Strophanti werden in der bekannten Weise zu 
einem Fluidextrakt hergestellt. Bei einem Vakuum, das 40° nicht 
überschreiten darf, wird das Fluidextrakt mit Milchzucker derart 
verdunstet, daß 1000 Tabletten von 0,5 g = 150 g Extrakt ent- 


/ERS 





298 THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU Nr. 19 


sprechen. Jede Tablette enthält also 0,1 g Folia Digitalis und 
0,05 g Sem. Strophanti. Neben diesen reinen Digistrophantabletten 
werden noch solche hergestellt, die neben 0,1 g Digitalis und 0.05 g 
Strophantus noch 0,2 g Natriumazetat, resp. Coffein, natr. acet. 
0,35 g enthalten. Bei der Darreichung dieses Mittels beobachtete 
Verfasser prompte und konstante Wirkungen. Der Blutdruck stieg 
bei Herzgesunden nur wenig; die Pulswelle zeigte aber Digitalis¬ 
wirkung, die Frequenz des Pulses sank, die Diurese stieg. Neben¬ 
wirkungen traten auch bei 14 tägiger Darreichung nie auf. Die 
günstigen Beobachtungen waren bei Kranken mit Kreislaufstörungen 
natürlich noch viel frappanter. Auch bei Verdauungsstörungen 
wurde das Digistrophan gut vertragen. Verfasser gab im allge¬ 
meinen dreimal täglich eine Tablette. 

3. Verfasser berichtet über die therapeutischen Versuche 
mit dem atoxylsauren Quecksilber, einem von Uhlenhuth und 
Manteuffel empfohlenen, von den Vereinigten Chemischen 
Werken, A.-G., Charlottenburg, hergestellten neuen Präparat. In 
der Medikation hielt sich Verfasser an die Lesserschen Angaben, 
ging aber wiederholt über die Gesamtdosis von 0,5 g hinaus. Nie 
wurden Veränderungen der Sehnerven beobachtet. Die Erfolge 
waren, wie bei anderen Quecksilberpräparaten, im Primär- und 
Sekundärstadium gut, im Tertiärstadium schlecht. Dagegen wurde 
über sehr große Schmerzempfindlichkeit nach den Injektionen ge¬ 
klagt. Manche Infiltrationen blieben tagelang bestehen. Gleich¬ 
wohl wurden wöchentlich 0,1 g in die Glutaealgegend gespritzt. 
Ob Radikalteilungen erzielt wurden, ließ sich bei der Kürze der 
Beobachtungszeit noch nicht feststellen. 

4. Ueber die Wirkung des Quecksilbers auf die experimentelle 
Tiersyphilis liegen die Arbeiten einer Reihe von Autoren vor. Aus 
ihnen geht hervor, daß tatsächlich Jod und Quecksilber spezifische 
Heilmittel sind. Ja. es gelingt auch, mit Hilfe von äußeren örtlichen 
Maßnahmen an der Impfstelle die Infektion bei Affen zu verhindern. 
Jedoch konnte Neißer eine präventive Wirkung des Hg nicht fest¬ 
stellen. Eine präventive Wirkung des Jods scheint nach den Ver¬ 
suchen Neißers bei der Affensyphilis möglich, eine heilende sicher 
zu sein. Verfasser hat nun ebenfalls darüber Untersuchungen an¬ 
gestellt, aus denen Folgendes hervorgeht: 

1. Das Quecksilber zeigt bei der experimentellen Kaninchen- 
Syphilis eine präventive Wirkung, aber nur bei Anwendung hoher 
Dosen. 

2. Die Wirkung des Quecksilbers beruht zum Teil auf der 
Steigerung der Wehrstoffe des Organismus, zum Teil auf ent¬ 
wickelungshemmenden Faktoren; in der Hauptsache aber auf 
spezifisch-bakteriziden Eigenschaften. 

3. Das Jod läßt keine präventive Wirkung erkennen. Affen 
und Kaninchen erkranken innerhalb der normalen Zeit, auch 
wenn sie vom Moment der Impfung an unter einer kontinuier¬ 
lichen, intensiven Jodwirkung stehen. 

4. Die syphilitischen Erscheinungen solcher Jodtiere heilen 
unter Hg-Behandlung in kurzer Zeit. 

5. Die Wirkung des Jods ist indirekt, aber nicht näher zu 
charakterisieren. 

5. Bei der Besprechung der Hautdesinfektion mit Jodbenzin 
in der Arbeit von Brewitt war folgendes Rezept angegeben: 
Tct Jodi 10,0, gelöst in Benzin 750,0 -|- Paraffin liquid. 250,0. Nach 
Verfasser ist dies falsch, weil chemisch unmöglich. Denn der 
Spiritus in der Jodtinktur, der kein Alkohol absolut ist, mischt sich 
weder mit Benzin noch Paraffin völlig. Wenn die Mischung nach 
obigem Rezept gefärbt erscheint, so rührt dies von dem wenigen 
im Spiritus gelösten Jod her. Dazu ist nur wenig Jod nötig. Das 
übrige bleibt als Jodtinktur getrennt, ungelöst. Wollte man also 
beim Bepinseln mit der genannten Mischung von desinfektorischer 
Kraft sprechen, so wären das nur homöopathische Dosen. Um 
reine Jod Wirkung zu erzielen, muß man 1,0 g reines Jod in Benzin 
lösen, was mehrere Stunden dauert, und dann Paraffin zusetzen. 
Diese Lösung ist rein violett. 


Neurologie und Psychiatrie. 

Referent: Irrenarzt Dr. Wern. H. Becker, Weilmünster. 

1. Die Melancholiefrage. Von Prof. Dr. Ho che. Zentralblatt 
für Nervenheilkunde und Psychiatrie, 2. Märzheft, 1910. 

2. Ueber atypische Paralysen. Von Prof. Dr. Näcke, 
Hubertusburg. Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, Bd. LXVII, 
Heft 2, 1910. 

3. Einflüsse meteorologischer Erscheinungen auf epilep= 
tische Kranke. Von Dr. Halbey, Ueckermiinde. Allgemeine 
Zeitschrift für Psychiatrie, Bd. LXVII, Heft 2, 1910. 

4. Zur klinischen Stellung der Paranoia. Von Dr. Wil- 
manns. Zentralblatt für Nervenheilkunde und Psychiatrie, 2. März¬ 
heft, 1910. 

5. Beitrag zur Ischiasbehandlung und zur physikalischen 
Therapie von Oberarzt Dr. Klug. Deutsche medizinische Wochen¬ 
schrift No. 14, 1910. 


6. Die Unterbringung der Geisteskranken mit verbreche= 
rischen Neigungen von Dr. Nits che, Dresden. Psychiatrisch- 
Neurologische Wochenschrift, No. 2 und 3, 1910-11. 

7. Zu den Methoden der Intelligenzprüfung von Dr. Becker, 
Weilmünster. Klinik für psychische und nervöse Krankheiten, Bd. V, 
Heft 1, 1910. 

8. Die diagnostischen Schwierigkeiten in der Psychiatrie. 

Von Prof. Alzheimer, München. Zeitschrift für die gesamte 
Neurologie und Psychiatrie, Bd. I, Heft 1, 1910. 

9. Die psychoanalytische Methode Freuds. Von 
Dr. Isserlin-München. Zeitschrift für die gesamte Neurologie und 
Psychiatrie, Bd. I, Heft 1, 1910. 

1. Auf der 40. Versammlung südwestdeutscher Irrenärzte in 
Heilbronn hat der bekannte Freiburger Psychiater das Referat über 
obiges Thema erstattet. Er gibt zunächst eine längere geschichtliche 
Einleitung. Die Melancholie mit ihren drei Kardinalsymptomen galt 
lange als wohlumschriebenes Krankheitsbild, bis Kraepelin als „Hecht 
im Karpfenteich“ erschien. Nach etlichen Mauserungen hat die 
rührige Kraepelin’sche Schule heute der Melancholie als selbständige 
Krankheit den Garaus gemacht und voll und ganz dem manisch- 
depressiven Irresein einverleibt. Dem kann Verfasser nicht bei¬ 
pflichten, ja er lehnt das manisch-depressive Irresein, obgleich der 
Name die nahe innere Verwandtschaft der beiden Stimmungsgegen¬ 
pole theoretisch zum Ausdruck bringt und Verfasser dies als be¬ 
rechtigt anerkennt als Krankheitseinheit uud als eine diagnostisch 
und prognostisch brauchbare Bezeichnung entschieden ab. Wie 
aber vorläufig der Wissenschaft die adjektivistischen Formen 
„manisch“, „delirant“, „paranoisch“, „katatonisch“ und vielleicht 
auch „manisch-depressiv“ als Symptomverkuppelungen erhalten 
bleiben werden, so wird auch das Wort „melancholisch“ in der 
Psychiatrie unantastbar bleiben. Demnach bleibt die aufgestellte 
Frage ungelöst, und sie muß ungelöst bleiben, weil sie hinter der 
sehr viel .allgemeineren nach der Existenz reiner klinischer Krank¬ 
heitseinheiten im alten Sinne nach des Verfassers Ansicht ver¬ 
schwindet. 

2. Die Diagnose der Paralyse stützt sich auf Untersuchung des 
Liquors auf Pleopytose, Eiweißvermehrung, Wassermannsche Re¬ 
aktion in Liquor und Blut, auf das klinische Bild, im Tode endlich 
noch Erhebung des groben Hirnbefundes und mikroskopisch der 
Alpheimerschen Charakteristikern. In der Praxis wird man sich 
mit einem gewissen Sicherheitsgrade der Diagnose begnügen müssen. 
Am bewegendsten ist noch Näcke positiver Ausfall der Wasser- 
amunschen Neaktion im Liquor oder der histologische Hirnbefund. 
Ursache ist eine Vergiftung, und zwar meist durch Syphilis; außer¬ 
dem nimmt N. noch eine spezifische Prädisposition des Gehirns an. 

Die atypischen Paralysen nun teilt Näcke ein in: 

1. Fälle, die ganz der Paralyse gleichen, aber keine sind, wie 
die Serodiagnostik und Histologie erweisen, die eigentlichen Pseudo¬ 
paralysen, wahrscheinlich die kleinste Gruppe. 

2. Solche, die zwar manche Ähnlichkeit mit Paralyse haben, 
aber doch so, daß ohne Serodiagnostik bis zuletzt die Diagnose 
schwanken kann. Das ist die größte Gruppe. 

3. Endlich solche, die unter ganz anderer Diagnose verlaufen 
und am Sektionstische oder vorher durch Serodiagnostik mehr oder 
weniger als echte Paralyse befunden werden. 

Zu dieser Einteilung, die mir ganz glücklich gewählt zu sein 
scheint, liefert N. dann noch fünf Krankengeschichten der Anstalt 
Hubertusburg unter ausführlicher Wiedergabe auch der Sektions¬ 
protokolle und bei einigen der vorgenommenen histologischen Hirn¬ 
untersuchungen. 

3. Verfasser hat an 10 Patienten der Provinzial-Heilanstalt Uecker¬ 
münde ein ganzes Jahr lang die Ziffern der meteorologischen Regen¬ 
station der Anstalt mit der Zahl der Anfälle verglichen und kommt 
hierbei zu folgenden Resultaten: 

1. Die Zusammensetzung der atmosphärischen Luft, die Luft¬ 
wärme, Licht, Besonnung, Bewölkung. Luftfeuchtigkeit und Nieder¬ 
schläge haben keinen Einfluß auf die Epilepsie beziehungsweise 
die Auslösung epileptischer Anfälle. 

2. Luftdruckschwankungen, die plötzlich und unvermittelt auf- 
treten, scheinen durchweg in Beziehung zur Auslösung und Häufig¬ 
keit der Anfälle epileptischer Kranken zu stehen. Die Höhe und 
die Tiefe des Luftdruckes ist ohne Beziehung zur Epilepsie ;bezw. 
zur Auslösung der epileptischen Anfälle. Es ist möglich, daß der 
Grund für die erstere Erscheinung in einer mangelhaften Anpassungs¬ 
fähigkeit des Gefäßsystems auf barometrische Druckschwankungen 
zu suchen ist. Es ist aber anzunehmen, daß noch andere Faktoren 
gleichzeitig wirken. 

3. Es ist möglich, daß das elektrische Verhalten der Atmo¬ 
sphäre einen Einfluß auf die Epilepsie bezw. die Auslösung der 
epileptischen Anfälle hat, indessen ist darüber bis jetzt noch nichts 
Sicheres bewiesen. 

Es wird manchen unter uns geben, der sich für diese Art 
wissenschaftlicher Forschung wenig erwärmen kann. Immerhin 
wird man dem Verfasser dankbar sein müssen, mit wissenschaft¬ 
lichem Rüstzeug einmal alten, im Volke tiefeingewurzelten Glaubens¬ 
sätzen zu Leibe gegangen zu sein, 




Nr. 19 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


299 


4. Die Ausführungen des Verfassers gipfeln in dem Satz, daß 
die echte Paranoia, einschließlich des Querulantenwahnsinns im 
Sinne Kraepelins, nicht Erkrankungen im engeren Sinne, d. h. nicht 
die Aeußerung einer organischen Gehirnveränderung, sondern viel¬ 
mehr die auf ein mehr oder weniger affektbetontes Erlebnis hin 
einsetzende Verirrung der Entwicklung bestimmter Degenerations¬ 
formen sind. 

5. Besonders zu achten ist bei der Ischiasbehandlung auf den 
Allgemeinzustand (Diabetes, Gicht, Arteriesklerose, Lues, Intoxikati¬ 
onen mit metallischen Giften, Alkohol und Nikotin, Koprostase, 
Malaria) und ferner auf eine jedesmalige rektale und vaginale und 
nötigenfalls Röntgenuntersuchung (Beckentumoren, Erkrankungen des 
Mastdarms, des Kreuzbeins und der Lendenwirbel, Abszesse, 
Coxitis). Sodann widmet K. an der Hand von 2 Krankengeschichten 
eine längere Auseinandersetzung den Beziehungen der Ischias zum 
Plattfuß. Von 40 stationär behandelten Ischiaskranken wurden bei 
15 = 35°/p Senkfußeinlagen mit Erfolg verordnet. Auch erscheint 
es K. erwähnenswert, daß bei 3 seiner fettleibigen Ischiaspatienten 
eine Neuritis des N. cutaneus femoralis lateralis festgestellt wurde. 
Erscheint nach allen Voruntersuchungen eine allgemeine karsale 
Therapie nicht indiziert, so hält K. von den lokalen hydriatische 
Prozeduren, denen er sehr das Wort redet, für das erfolgreichste 
Mittel, und zwar wendet er systematisch Dampfdusche mit nach¬ 
folgenden Bewegungsbädern an. Hierbei rechnet K. 85°/ 0 Heilungen 
seiner Patienten heraus; er gibt die bequemere Applikationstechnik 
nach Lange oder nach Schleich-Alexander zu, auch vielleicht die 
durchschnittlich geringere Behandlungsdauer, aber bezüglich des 
Fehlens von schädlichen Nebenwirkungen oder der Dauer der Er¬ 
folge gibt er der physikalischen Theraphie den Vorzug. Es be¬ 
rührt die Ehrlichkeit des Verfassers sehr angenehm, wenn er offen 
ausspricht: „Wir haben häufiger Fälle geheilt, die vergeblich mit 
Injektionen behandelt waren; umgekehrt haben wir aber auch durch 
Injektionen erst Besserung erzielt in wenigen hartnäckigen Fällen, 
die durch physikalische Therapie nicht mehr beeinflußbar waren.“ 

6. Wir unterscheiden laut Nitsches in der forensisch-psychiatri¬ 
schen Vereinigung zu Dresden gehaltenen und nachher publizierten 
Vortrage verbrecherische Geisteskranke und geisteskranke Ver¬ 
brecher. Praktisch ist diese Unterscheidung aber belanglos. Man 
hat in Preußen, Sachsen, Württemberg und Baden an Strafanstalten 
Adnexe für Geisteskranke, unter einem Irrenarzt stehend, angegliedert. 
Diese Strafanstaltsadnexe haben den Vorteil leichter Ueberführung 
und Rückversetzung, vor allem aber auch den, daß die ungerecht¬ 
fertigte Härte einer unbeabsichtigt langen Freiheitsentziehung fort¬ 
fällt. Anderenfalls klagen ihre Leiter, daß darin zu sehr der Geist 
des Strafvollzuges walte, die Kranken sich in solchen Anstalten 
weniger unbefangen geben als in Irrenhäusern. Im übrigen sind 
diese Adnexe ja auch nur für in Strafhaft Erkrankte, nicht für die 
Geisteskranken, die infolge verbrecherischer, aber krankhafter Hand¬ 
lungen mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt gekommen sind. Sie 
bilden eine Crux der Irrenanstalten, denn erstens sind sie keine 
passende Gesellschaft für die anderen Kranken, und zweitens sind 
sie in den modernen Irrenanstalten meist nicht genügend sicher 
verwahrt. Will man nun der Forderung einer gesonderten Unter¬ 
bringung besonders gefährlicher Geisteskranker gerecht werden, so 
empfiehlt No. 2 Möglichkeiten: Entweder bei kleiner Anzahl der¬ 
artiger Individuen die Angliederung eines entsprechend gebauten 
Verwahrungshauses an eine der Bezirksanstalten oder eine 
psychiatrisch geleitete Sonderanstalt, deren Insassen aber erst die 
gewöhnliche Irrenanstalt passiert haben müssen, um zu versuchen, 
ob nicht mit dem modernen und humanen No-restraint-System doch 
noch etwas bei ihnen zu erreichen ist. 

Im allgemeinen entsprechen die Ausführungen No. 6 der 
Ansicht der Mehrzahl der deutschen Irrenärzte und sind schon lange 
ein Postulat, das von psychiatrischer Seite immer wieder den ein¬ 
zelnen Verwaltungen unterbreitet wird. 

7. Verfasser hat seit Jahren leichte Aufgaben gesammelt, die 

wenig Ansprüche stellen an Schulkenntnisse, allgemein verständlich 
sind und durch logisches Nachdenken gelöst werden müssen, 
wenigstens von Leuten, die an logisches Denken etwas gewöhnt 
sind. Diese Aufgaben eignen sich auch zur Intelligenzprüfung bei 
Geisteskranken. Verfasser hat eine Anzahl gebildeter oder wenigstens 
eine bessere Schulbildung hinter sich habender Patienten der Weil- 
münsterer Anstalt mittels seiner Aufgaben auf ihre Intelligenz hin 
geprüft, und das Resultat stimmte mit dem durch sonstige Methoden 
und den Allgemeineindruck gewonnenen Resultat völlig überein, 
woraus Verfasser eine gewisse Brauchbarkeit seiner Methode 
herleitet. (Autoreferat) 

8. Es ist wohl nicht reiner Zufall, daß der Psychiater, dessen 
Name in der Fachwelt schon lange nicht mehr unbekannt ist und 
der nach der Umgestaltung des Gauffschen Zentralblattes die 
Redaktion des psychiatrischen Teiles der nunmehrigen neuen Zeit¬ 
schrift übernommen hat, zuerst zu Worte kommt und zwar mit 
einem Artikel so aktuellen Inhalts. Denn was war es, was seit 
Jahren immer die Spalten psychiatrischer Zeitschriften füllte, seit, 
wie Hoche neulich so treffend sagte, Kraepelin „als der Hecht im 
Karpfenteich“ erschienen war? Immer und immer wieder die 
Nomenklatur, die psychiatrischen Krankheitsbezeichnungen, die 
richtige Würdigung und Abgrenzung gewisser Symptomen komplexe. 


Alzheimer, bekannt durch seine histologischen Untersuchungen an 
Paralytikerhirnen, wodurch ..unsere Paralysediagnose so wertvolle 
Stützpunkte erhielt, ist auch aus Kraepelinscher Schule hervor¬ 
gegangen, weiß aber mit der nötigen Unparteilichkeit und Ueber- 
zeugungskraft die neueren Anschauungen Kraepelins, welche ja 
entschieden von dem Extremum schon wieder etwas zurückgewichen 
sind,, recht gut klar zu legen, so daß man den Wert oder gar die 
zwingende Notwendigkeit von der Klassifizierung in Dementia 
praecox, manisch-depressives Irresein etc. einzusehen geneigt ist. 
Gerade für denjenigen, der in dem Streitgewiihle um Krankheits¬ 
namen einen Niedergang der psychiatrischen Wissenschaft erblicken 
zu müssen glaubt, wird der Aufsatz besonders lesenswert sein, da 
er das Durchdringen neuer, auf dieser wissenschaftlichen Erkenntnis 
gegründeter Anschauungen, die hoffentlich eine neue Morgenröte 
bedeuten werden, mit manchem geschichtlichen Rückblick darlegt. 

9. Nach einem historischen Rückblick betont Verfasser, daß wir 
„allmählich in einer Flut von Schriften für und gegen Freud“ stehen 
und demgemäß uns einer kritischen Stellung nahen und uns nicht ver¬ 
schließen können. Die Kritik wendet I. in ausgiebiger Weise an, 
wobei er, in wohltuender Weise sich gegen manche Kritiker auf 
diesem Gebiete abhebend, in Form und Ausdruck maßvoll bleibt 
und vor allem nicht Spottlust und Lachneigung seiner Leser als 
Waffen mit sich führt. - Doch ist der ganze Aufsatz für die Prak¬ 
tiker ein wenig zu hoch und setzt zu viel psychologisches Verständnis 
voraus. Ich muß mich deshalb auf die Kardinalpunkte des von I' 
geführten Beweises beschränken, die ich hier kurz wiedergebe: 
Freuds Verfahren ist nicht imstande, zu beweisen, daß es eine Ver¬ 
drängung von Gedanken in dem von ihm bestimmten Sinne und 
Umfange gibt. Falls es eine solche Verdrängung aber dennoch 
geben sollte, so hat Freud nicht begründen können, daß seine 
analytische Methode mit Notwendigkeit zu dem verdrängten Material 
führt. Die psychoanalytische Methode Freuds ist deshalb in ihren 
beiden Teilen der einfachen fortlaufenden Associationsmethode und 
dem eigentlichen Verfahren der Deutung wissenschaftlich nicht 
gerechtfertigt und in ihren Ansprüchen unhaltbar. Diese Unzuläng¬ 
lichkeiten sollen uns jedoch nicht hindern, die tauglichen Bestand¬ 
teile der Lehren Freuds zu sehen und zu berücksichtigen. Das 
Problem der Verdrängung, die Frage der Gefühlswirkungen un¬ 
bewußter oder dunkel bewußter Elemente, die Vertiefung in das 
Individuelle normaler und abnormer psychischer Erscheinungen, das 
Problem des Inhalts der Psychose, das alles sind Werke, die zum 
mindesten als Fragestellungen von der fortschreitenden Forschung 
werden übernommen werden müssen. 


Varia. 

Zur Frage der antitryptischen Wirkung des Blutserums. 
Von P. Roudoni, Florenz. Berliner klinische Wochenschrift 1910, 
No. 12. 

Die Untersuchungen des Verfassers ergaben, daß wir noch 
nicht ganz sichere Beweise weder für die Antikörpernatur des 
Serumantitrypsins, noch für die lipoidale Natur derselben besitzen, 
daß die Gütigkeit des Danysz-Dungerschen Kriteriums die Annahme 
eines Haptincharakters und einer chemisch definierten Verbindung 
mit dem Trypsin nahe legt, ferner daß dieser Charakter nicht 
unbedingt die immunisatorische Entstehung voraussetzt, . da wir 
wissen, daß im normalen Plasma viele und komplexe Haptine 
zirkulieren, daß dieses unbekannte antitryptische Prinzip durch 
Seifen, Alkali und Säuren angegriffen und inaktiviert wird, sowohl 
für sich allein wie auch, wenigstens im Falle der Alkalis, nach 
vorangegangener Bindung an das Ferment. 

v. Rutkowski, Berlin. 

Ueber Rückenschmerzen. Von v. Criegern, Leipzig. Fort¬ 
schritte der Medizin 1910, No. 12. 

Die Rückenschmerzen können im Rücken entstehen, von Er¬ 
krankungen der Eingeweide abhängig sein und ihre Ursache in 
einer Erkrankung des Nervensystems haben. Zur ersten Gruppe 
gehört der Dehnungsschmerz infolge Ueberanstrengung der Rücken¬ 
muskulatur, der akute und chronische Muskelrheumatismus, der 
Rückenschmerz bei Skolive und Erkrankungen und Verletzungen 
der Wirbelknochen und Wirbelgelenke. Was die zweite Gruppe 
betrifft, so können fast sämtliche Erkrankungen der Brust-, Bauch- 
und Beckenorgane, insbesondere des Status enteroptoticus, zu 
Rückenschmerzen führen. Von den Erkrankungen des Nerven¬ 
systems kommen in Betracht: die Meningitis, die Interbostalneu- 
ralgien, der perasacrale Kreuzschmerz bei Ischias und die psycho¬ 
genen Rückenschmerzen. v. Rutkowski, Berlin. 

Eine neue Methode zur Bestimmung der (ierinnungs= 
fähigkeit des Blutes. Von W. Schultz, Berlin. Berliner klinische 
Wochenschrift 1910, No. 12. 

Mittels der „Hohlperlencapillare“ kann man den Gerinnungs¬ 
vorgang des Blutes in seiner Gesamtheit in Stadien zerlegen. Diese 
Capillare besteht aus einem Teilstück mit 12 eng aneinander 
liegenden, kugeligen Aufblasungen, die in einen kurzen, glatten 



300 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 19 


Stiel auslaufen. In gemessenen Zeitabständen ( 1 / 3 , 1, 2 Min.) 
werden die mit Blut gefüllten Hohlperlen, eine nach der anderen, 
abgebrochen und in je 12 mit 1 ccm physiologischer Kochsalzlösung 
gefüllten Reagenzgläser geworfen Als Endstadium ist derjenige 
Punkt anzusehen, bei welchem die Hohlperle mit Gerinnsel aus¬ 
gefüllt ist und wo beim Schütteln nur ganz geringe Mengen von 
roten Blutkörperchen ausgeschwemmt werden. 

v. Rutkowski, Berlin. 

Der Sadismus bei den spanischen Stiergefechten. R. Roh¬ 
leder. Sexual-Probleme, 1910, Heft 4. 

Verfasser erweitert den Begriff des Sadismus, jene Perversion 
des Geschlechtstriebes, welcher in Züchtigung und Mißhandlung 
der geliebten Person ihre geschlechtliche Befriedigung findet, wo¬ 
nach der Sadist der aktive, die Züchtigung austeilende Teil oder 
auch nur Zuschauer solcher Handlungen ist. Nach dem Verfasser 
ist auch Sadismus vorhanden, wenn durch den Anblick von an 
Tieren geübten Grausamkeiten der Geschlechtstrieb befriedigt wird. 
Daher sind Stiergefechte zoosadistische Spiele und speziell die 
spanischen Stiergefechte sadistische Orgien. Bei diesen Kämpfen 
wird der Stier von den berittenen Picadores durch deren mit eisernen 
Spitzen versehene Lanzen verwundet und dadurch wütend ge¬ 
macht. Dann stoßen die Banderillos 1 m lange, mit Widerhaken 
versehene Stäbe dem Stier in den Nacken, wo die Lanzen haften 
bleiben. Und hierauf geben die Matadores dem aufs äusserste ge¬ 
reizten, bluttriefenden Geschöpfe mit einem 1 m langen Degen den 
Todesstoß in die Herz- oder Nackengegend. Innerhalb 20 Minuten 
spielt sich der Kampf ab. Die Pferde, manchmal 5—6 Stück, liegen 
zerrissen in der Arena oder werden halbsterbend, mit heraus¬ 
hängenden Därmen wieder hineingepeitscht, die Stirn blutüber¬ 
laufen — ein rohes, widerwärtiges Schauspiel. Auf den vor Er¬ 
regung glühenden Gesichtern der Zuschauer kann man den Ablauf 
des ganzen Sexualspasmus bis zum mit Schluchzen begleiteten 
Orgasmus deutlich ablesen. Wie sind solche sadistische 1 Massen¬ 
belustigungen eines ganzen Volkes von rund 19 Millionen möglich 
und erklärlich? Der Grund hierfür liegt einmal in der geistig 
niedrigen Kulturstufe, auf der die Spanier stehen. Zwei Drittel der 
spanischen Bevölkerung sind Analphabeten, zum nicht geringen 
Teil aber auch in der orthodoxen Knechtung der katholischen 
Kirche. Denn der katholische Klerus duldet diese herzzerreißenden 
Schauspiele, die das Mitleid im tiefsten Keime ersticken müssen, 
sie findet diese verrohenden Kämpfe nicht unsittlich, sie segnet 
sogar die Stierkämpfer vor ihrem Gang, denn hinter jeder Arena 
befindet sich eine Kapelle, an deren Altar die Kämpfer vor dem 
Stiergefecht ihre Gebete verrichten. Solange die Kirche mit den 
Stiergefechten eng liiert ist, solange wird auch der demoralisierende 
Einfluß dieser »fiestas nacionales« nicht nur auf die gesamte Volks¬ 
psyche vergiftend wirken, sondern auch in sexueller Beziehung 
durch Erweckung sadistischer Neigungen en masse dem Volk 
seinen verrohenden Stempel aufdrücken. 

v. Rutkowski, Berlin. 

Ueber die Berechtigung künstlicher Kurmittel in Kur= 
orten. A. Winckler, Bad Neundorf. Allgemeine deutsche Bäder- 
Zeitung, 7. Jahrg. Nr. 7. 

Verfasser warnt davor, in den Kurorten alle möglichen 
modernen, oft recht fragwürdigen therapeutischen Novitäten in den 
Heilplan aufzunehmen. Den Kurgästen soll man die natürlichen 
Heilmittel in sorgfältiger, praktischer und eleganter Ausstattung dar¬ 
bieten, die künstlichen dagegen den praktischen Aerzten in Stadt 
und Land überlassen. v. Rutkowski, Berlin. 

Direkte Zuführung der Medikamente in die Blutwege. 

G. Baccelli, Rom. Aerztliche Zentralzeitung 1910, Nr. 16. 

In all den Fällen, in denen infolge von Schwäche oder 
Erschöpfung die Aufsaugung eines Medikamentes nur mangelhaft 
ist, schlägt Verfasser vor, das Medikament direkt in die Blutbahn 
zu injizieren. Gute Erfolge sah Verfasser von der Einspritzung von 
Chininsalzen in die Adern bei Malaria, von Quecksilbersublimat bei 
Syphilis und Strophantas bei Techycardia par ossistica. 

v. Rutkowski, Berlin. 

Lehrerin und Ehe. E. Oppermann. Die Umschau 1910, 
Nr. 16. 

Wenn eine pflichttreue, erfolgreich wirkende Lehrerin zugleich 
tüchtige Hausfrau und treu sorgende Mutter sein will, so geht das 
in der Regel über ihre Kräfte und ein frühzeitiges Verbrauchtwerden 
ist die Folge. Daher erscheint der Zwang des Zölibates für die 
an Schulen angestellten Lehrerinnen angemessen und notwendig. 

v. Rutkowski, Berlin. 

Ueberdie Bedeutung der Kolloide für die Konkrement¬ 
bildung und die Verkalkung. L. Lichtwitz, Göttingen. Deutsche 
med. Wochenschrift, 1910, Nr. 15. 

Die kolloidale Beschaffenheit der Hellen und Säfte des Or¬ 
ganismus bedingt die abnorme Löslichkeit in Wasser schwer lös¬ 


licher Stoffe z. B. Harnsäure. Eine Dekomposition der kolloidalen 
Lösung verändert die Löslichkeitsbedingungen und führt zu Nieder¬ 
schlägen, sie kann dadurch eintreten, daß die Kolloide mit anderen, 
entgegengesetzt geladenen Kolloiden unter Füllung reagieren, z. B. 
Cholesterin-Eiweiß. Es bilden die Fällungsprodukte bei ent¬ 
sprechender Beschaffenheit der Stoffe die eine Gruppe konkrement¬ 
fähiger Niederschläge. Eine zweite Gruppe entsteht dadurch, daß 
nach Eintritt derartiger und anderer Kolloidfällungen (Verkäsung, 
qu. Verfettung) der Kolloidschutz für schwerlösliche Salze abnimmt. 
Im Organismus wirken Bezirke mit verschlechterten Löslichkeits¬ 
verhältnissen wie Kondensatoren. v. Rutkowski-Berlin. 


Allgemeines. 


Berlin. Das von Prof. Posner gegen sich selbst beantragte 
Disziplinarverfahren in Sachen der „russischen Konsultationen“ 
ist nach eingehender Beweisaufnahme seitens des zuständigen 
„Disziplinarhofes für nichtrichlerliche Beamte*' am 29. v. Mts. durch 
vollständige Freisprechung erledigt worden. 

Die Firma Dr. Heys Rad=Jo Versand in Hamburg hatte 
die Behauptung aufgestellt, daß die Königin der Niederlande ihre 
so gut verlaufene Entbindung dem Rad-Jo, welches sie dem Arzte 
der Königin eingesandt habe, zu verdanken habe und machte nun 
ungeheure Reklame mit dem Mittel. Professor Kouwer, welcher 
die Entbindung geleitet hatte, und das ihm zugesandte Mittel un¬ 
beachtet gelassen hatte, hat Klage gegen die Firma erhoben wegen 
Beleidigung. 

Ein schwimmendes Sanatorium für lungenkranke Kinder 
hat die Witwe des verstorbenen Eisenbahnkönigs Harriman in 
New York eingerichtet, und zwar kaufte sie einen großen Flu߬ 
dampfer, welcher für diesen Zweck umgebaut und eingerichtet wurde. 

Die Ortskrankenkasse Weimar hat mit dem Prinzip der freien 
Arztwahl viel Erfolg gehabt. Aerzte und Kassenvorstand arbeiten 
harmonisch zusammen. Das Vermögen der Kasse hatte sich sehr 
gehoben; es hat sich um 2 ,' 3 in der Zeit der freien Arztwahl vermehrt. 

Für die im Herbst d Js. in Brüssel stattfindende inter¬ 
nationale Tuberkulose Konferenz haben schon Vorbereitungen 
stattgefunden. Der Vorsitzende der Konferenz wird Herr Leon 
Bourgois sein. An der Beratung nehmen teil der Vorsitzende der 
belgischen Liga Dewez, der Generalsekretär der internationalen 
Tuberkulose-Vereinigung Prof. Pannwitz, der Doyen der medi¬ 
zinischen Fakultät zu Paris Landouzy und der Vorsitzende der Ver¬ 
sicherungsanstalt Berlin Dr. Freund. Zur Verhandlung in Brüssel 
kommen: Vererbung der Tuberkulose, Maßnahmen gegen die Tuber¬ 
kulose im Kindesalter und die Beteiligung der Frauen an der Tuber¬ 
kulosebekämpfung. Es wurde beschlossen, die Hygiene-Ausstellung 
in Dresden durch Einsendung von Schriften, Präparaten, Flug¬ 
blättern etc zu unterstützen. 

In Davos wurde, wie den „Russkije Wjedomosti“ offiziell mit- 
getei’.t wird, der Grundstein zu einem russischen Sanatorium 
gelegt, für dessen Einrichtung die bekannte russische Wohltäterin 
E. N. Starschenskaja 8000 Fr. gezeichnet hat. Frau Starschenskaja 
zeigte schon früher Interesse für die gesunden, aber mittellosen 
Studierenden der russischen Jugend und die Emigranten, für die 
sie in Lausanne ein Haus mietete mit einer Unterkunft für etwa 
20 Personen. Dank ihrer Fürsorge wurde schon jetzt in Davos 
vorläufig für ein Jahr ein Haus gemietet, wo russische Lungenkranke 
aufgenommen werden, welchen für die hier übliche Behandlung 
die Mittel fehlen. 

Der Wirtschaftsverband deutscher Apotheken will als Unter- 
haltungslektüre in Apotheken eine Monatsschrift herausgeben 
für das Publikum, das in den Apotheken auf die Anfertigung der 
Arznei wartet. Sie soll u. a. Mitteilungen über alles für das Pub¬ 
likum im Verkehr mit den Apotheken wichtige enthalten, z. B. über 
die Bedeutung der verschiedenen Farben der Etiketten, der ver¬ 
schiedenen Formen der Flaschen und dergleichen. 

Eine Stiftung von 100.000 M. hat die Universität Breslau 
von dem Majoratsbesitzer Artur von Baildon-Briestwell auf 
Lubie (Kreis Gleiwitz) erhalten, deren Zinsen zur Erforschung der 
Entstehung, Behandlung und Heilung von Tuberkulose und Krebs 
dienen sollen. 

Die St. Petersburger Gesellschaft zur Bekämpfung der 
Tuberkulose veranstaltete am 17 Februar im Saal der Adelsver¬ 
sammlung ein großes Konzert, dessen Reinertrag für den Fond zur 
Errichtung von Sanatorien für lungenkranke Kinder verwendet 
werden soll. 

Der biologische Verein Frankfurt a. M. errichtet sich mit 
eigenen und den Mitteln der Speyer-Stiftung ein Biologisches 
I nstjtut, das danp in den Besitz der Stadt übergeht, 




Nr. 10 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


301 


Etwas vom Aerztewesen. Auf je 10000 Einwohner kommen 
in den hauptsächlichsten europäischen Staaten Aerzte in 


England (1909) 
Schottland (1909). 
Irland (1909) . . 
Frankreich (1906) 
Itaien (1904) 


7-1 

7-9 

6-0 

4-9 

6-3 


Dänemark (1908) . 
Deutschland (1908) 
Norwegen (1903). 
Schweden (1908) . 
Rußland (1904) 


5-2 
5-0 
4-5 
2-4 
1-9 
end sie in 


Für England sind die Militärärzte nicht mitgezählt, wäh 
allen anderen Staaten eingerechnet sind. Bei Frankreich sind auch 
928 Wundärzte, die aber seit 1890 nicht mehr ausgebildet werden, 
einbezogen. 

Die „Kölnische Zeitung“ vom 30 Dezember 1909 gibt die 
Zahl der Medizinstudierenden, auf den deutschen Universitäten 
im laufenden Wintersemester 1909/10 mit 10 135 an. Da im Winter¬ 
semester 1904/05 die Zahl 5926 betrug, so ist in den fünf Jahren 
eine Steigerung um 71 Proz. eingetreten. Auch der Zufluß des weib¬ 
lichen Geschlechts zum Medizinstudium hat sich sehr gehoben; denn 
in diesem Winter studieren bereits 476 Frauen Medizin, gegen 371 
im Vorjahre, also ein Mehr von' über 100 Frauen in einem Jahre. 
Freilich ist dabei zu berücksichtigen, daß auch die Gesamtzahl der 
Studierenden in starker Steigung begriffen ist und gerade im letzten 
Jahre so stark wie nie zuvor, von 48 730 auf 52 407, also um 3677, 
wovon aber die Hälfte auf die Philologen und etwas über ein Drittel, 
1258, auf die Mediziner fällt. 

Die Frankfurter Zeitung schreibt über die studierenden 
Frauen. In dem laufendem Winterhalbjahre sind an den deutschen 
Universitäten insgesamt 1856 Frauen immatrikuliert, gegen 1432 
im Sommer, und 1108 im vorigen Winter. Im einzelnen finden wir: 
638 in Berlin, 183 in München, 160 in Göttingen, 142 in Heidel¬ 
berg, 135 in Bonn, 86 in Freiburg, 84 in Breslau, 59 in Leipzig, 
49 in Greifswald, 47 in Münster, 46 in Königsberg, 38 in Marburg, 
37 in Gießen, 28 in Straßburg. 27 in Halle, 24 in Jena, 23 in 
Tübingen, 19 in Erlangen, 18 in Kiel, 10 in Wiirzburg und 3 in 
Rostock. Die Zahl der als Hospitantinnen eingeschriebenen 
Frauen beträgt zurzeit 1928, gegen 1168 im Sommer und 1772 im 
vorigen Winter, also auch hier eine Zunahme. Im einzelnen weisen 
auf an Hospitantinnen: Berlin 353, Breslau 195, München 19i, Stra߬ 
burg 122, Leipzig 114, Bonn 111, Königsberg 107, Halle 88, Würz¬ 
burg 87, Tübingen 67, Gießen 59 (wozu noch 5 „aufgenommene 
Hospitantinnen“ kommen, die so ziemlich den sonst immatrikulierten 
Frauen entsprechen), Göttingen 57, Greifswald und Heidelberg 
je 50, Jena 48. Freiburg 47, Kiel 46, Münster 41, Rostock 36, Mar¬ 
burg 31 und Erlangen 22. Insgesamt also, Immatrikulierte und 
Hospitantinnen zusammengenommen, haben wir zurzeit an unsern 
deutschen Universitäten 3784 studierende Frauen, gegen 2600 im 
Sommer und 2880 im vorigen Winter, also wieder eine ganz be¬ 
trächtliche Zunahme. 


Vor zehn Jahren wurde das deutsche Zentralkommitee für 
Krebsforschung begründet. Zur Feier dieser Gelegenheit hat der 
Vorstand beschlossen, Ende Mai eine Vortragsreihe für Aerzte über 
den Krebs zu veranstalten. Der Zutritt zu den Vorträgen steht nur 
Aerzten zu. Auf den Namen ausgestellte Karten, die zum Besuch 
aller Vorträge berechtigen, sind bei dem Kustos des Langenbeck- 
hauses, Berlin, Ziegelstr. 10/11, Herrn Melzer. und Inspektor Schulz 
am Pathologischen Institut der Universität in der Charite erhältlich. 
Die Vorträge werden im Pathologischen Institut der Universität in 
der Charite stattfinden. Außerhalb Berlins wohnende Kolllegen er¬ 
halten Karten nach schriftlicher Mitteilung an genannten Stellen. 


Die Generalversammlung des Deutschen Zentralkomitees 
zur Bekämpfung der Tuberkulose findet, wie alljährlich, im 
Reichstagshause am 11. Mai d. J. statt. Der Hauptvortrag wird die 
Beziehungen zwischen der Wohnung und der Tuberkulose-Ausbreitung 
behandeln. 

Der Polizeipräsident von Berlin erläßt unter dem 
4. April d J. folgende Bekanntmachung: Das Diphtherie-Heil¬ 
serum mit den Kontrollnummern 206. 207, 209, 210, 211 und 213, 
geschrieben: „Zweihundertsechs, Zweihundertsieben, Zweihundert¬ 
neun, Zweihundertzehn, Zweihundertelf und Zweihundertdreizehn“, 
aus der Merckschen Fabrik in Darmstadt, ist wegen Abschwächung 
zur Einziehung bestimmt. 

Flaschen mit diesen Kontrollnummern dürfen hinfort nicht 
mehr in den Apotheken abgegeben und können nach der Verein¬ 
barung mit dem Laboratorium bei kostenfreier Einsendung kostenlos 
gegen ein einwandfreies Serum eingetauscht werden. 

Die Deutsche otologische Gesellschaft teilt mit, daß ihre 
nächste Sitzung am 13. und 14. Mai in Dresden stattfindet, nicht in 
Leipzig, wie anfänglich geplant war. In Dresden tagt auch am 
11. und 12. der Verein deutscher Laryngologen. 

In Dresden und Leipzig ist ein freiwilliger ärztlicher Sonn= 
und Feiertagsdienst eingerichtet worden. 

Der Vorsitzende der Kommission für Tropenkrankheiten 
Lever, der Besitzer der Sunlight-Soap-Fabrik, hat der Universität 
Liverpool 2 Millionen Mark gespendet. Die Stiftung stellt die 
Schadenersatzsumme dar, die die „Daily Mail“ und andere Zeitungen 
in einem Verleumdungsprozeß an Lever zahlen mußten. 


Bücherbesprechung , en. 

Höherzüchtung des Menschen auf biologischer Grund¬ 
lage. Von Dr. med. Paul C. Franze (Bad Nauheim) Leipzig: 
Hof-Verlagsbuchhandlung, Edmund Demme. Preis M. 1,80. 

Die Geschöpfe der Welt entwickeln sich stetig weiter, höher; 
tritt aber keine Höherentwicklung ein, so ist Stillstand gleich Rück¬ 
stand. Darum muß der Mensch sein Hauptaugenmerk auf die 
Gattenwahl richten. Er muß eine Vereinigung herzustellen suchen 
zwischen körperlicher Gesundheit, Schönheit, Klugheit und guten 
sittlichen Eigenschaften, Gedanken und Hoffnungen eines Idealisten. 
Aber Idealismus gehört ja nach der Auffassung des Verfassers auch 
zur Höherzüchtung des Menschen. Das Büchlein, das halb philo¬ 
sophisch und halb naturwissenschaftlich gehalten ist, hat die Vorteile 
und Mängel aller ähnlichen Werke: Es bringt sehr einseitige Auf¬ 
fassungen zum Wort. Im speziellen hätte Verfasser den Anschau¬ 
ungen seiner Leser etwas mehr Selbstständigkeit gönnen sollen und 
nicht seinen „Idealmenschen“ bis ins einzelne festlegen sollen. 
Unbedingt als richtig müssen zwar die Anforderungen erachtet 
werden, die er an den Charakter etc. des einzelnen stellt; wenn er 
aber auf die menschliche Schönheit zu sprechen kommt und in 
längerer Abhandlung zu beweisen sucht, daß z. B. die „Idealfrau“ 
blond sein müsse, so ist er darin eben zu weit gegangen, in dem 
er den Fundamentalsatz: „Schön ist, was gefällt“ dabei gänzlich 
außer acht läßt, und dem Geschmack des einzelnen viel zu wenig 
Konzessionen macht. Etwas anderes, was mir bei der Lektüre auf- 
gefallen ist, besteht darin, daß Verfasser zu wenig Rücksicht auf die 
Praxis genommen und der Theorie ein viel zu weites Feld ein¬ 
räumte So möchte ich nur erwähnen, daß die Intelligenz der 
Väter und besonders deren Genialität in den seltensten Fällen auf 
die Nachkommen übergehen, also absolut keine Gewähr für Ver¬ 
besserung der Rasse bieten. Auf der anderen Seite muß wiederum 
gesagt werden, daß alle diejenigen, die bei ihrer Lektüre gern sich 
zum Nachdenken anregen lassen wollen, dies Büchlein zur Hand 
nehmen sollen, denn es bietet eine Fülle von Wissenswertem und 
eigener interessanter Gedanken des Autors. ... 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Säuglingsernährung und Säuglingsstoffwechsel. Von 
Leo Langstein und Ludwig Meyer. Ein Grundriß für den 
praktischen Arzt. Verlag von J. F. Bergmann, Wiesbaden, 1910. 

Das Werk ist Heubner und Finkeistein gewidmet und nimmt 
ganz speziell Rücksicht auf die Resultate, die diese beiden gefunden 
haben. Es füllt entschieden eine Lücke in der Literatur über 
Kinderkrankheiten aus, denn es gibt wenig Bücher, die die Fort¬ 
schritte der Kinderheilkunde aus der letzten Zeit gleich systematisch 
geordnet bringen und dem praktischen Arzt Gelegenheit geben, sich 
schnell bis ins einzelnste zu informieren. Das erste Kapitel ist rein 
wissenschaftlich der Physiologie des Stoffwechsels im Säuglingsalter 
gewidmet und bringt recht ausführliche Tabellen, die nach den 
verschiedensten Gesichtspunkten geordnet sind. Im folgenden 
finden sich diese Angaben verwertet bei der Ernährung des Brust¬ 
kindes, des künstlich genährten Kindes und beim „altaitement mixte“, 
das noch immer so wenig in Deutschland eingeführt sei: Gleich¬ 
zeitig wird auf die Ernährungsstörungen Rücksicht genommen und 
ganz eingehend besprochen, wie man dementsprechend die 
Ernährung einzurichten hat. Am Schluß unterziehen die Verfasser 
die wichtigsten Säuglingskrankheiten (Rhachitis, Barlowsche Krank¬ 
heit, Spasmophile Diathese und Infektionskrankheiten) einer ein¬ 
gehenden Besprechung, mit besonderer Rücksicht auf die Ernährung. 
Das Buch ist leicht durchzuarbeiten und ist von besonderem Wert, 
weil es nicht nur die wissenschaftlichen Resultate bringt, sondern 
auch eine große Anzahl praktischer Winke gibt, die nicht nur auf 
die Behandlung des Säuglings selbst, sondern auch auf die Behand¬ 
lung dessen — Angehörigen — weisen. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

(Ende des redaktionellen Teiles.) 


Kleine Mitteilungen. 

Fermocyl-Tabletten (gesetzlich geschützt) ein neues Präparat 
zur Therapie des Diabetes mellitus. Am 6. August 1905 erschien 
in No. 35 der „Medizinischen Klinik“ ein Vortrag von Herrn Professor 
Lüthje aus der medizinischen Klinik in Erlangen, von welchem 
die Einleitung hier wörtlich wiedergegeben sei: »Es ist vor ganz 
kurzer Zeit eine sehr wertvolle Arbeit von O. Baum garten aus 
der Hallenser medizinischen Klinik erschienen. In derselben wird 
der Nachweis geführt, daß eine Reihe von Körpern, die als Abbau¬ 
oder Oxydationsprodukte des Zuckers anzusehen sind, vom 
diabetischen Organismus gut verwertet werden. Dahin gehören 
zum Beispiel die d-Glukonsäure, die Zuckersäure, die Schleimsäure 
u. a. Auch Körper, die wegen ihrer Aldehydnatur wenigstens äußere 
verwandtschaftliche Beziehungen zum Traubenzucker haben, wie 
z. B. das Salizylaldehyd und das Vanillin, wurden vom diabetischen 
Menschen und Tier vollkommen zu Salizylsäure, respektive Vanille¬ 
säure oxydiert. Baumgarten schließt aus diesen Versuchen mit 







302 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 10 



Recht: wenn der Diabetiker höher und niedriger stehende Abbau¬ 
produkte des Zuckers ohne weiteres und in großen Mengen oxydiert, 
auf der anderen Seite aber das intakte Zuckermolekül nicht oder 
nur in geringem Maße angreifen kann, so liegt der Gedanke, daß 
der Oxydation der Kohlehydrate eine fermentative Spaltung voran¬ 
gehen muß, sehr nahe. An einem solchen spaltenden Ferment, 
das das Zuckermolekül zunächst gleichsam auflockert und erst da¬ 
durch dem Sauerstoff zugänglich macht, fehlt es dem Diabetiker. 
Mag diese Anschauung ganz richtig sein oder nicht, eins erscheint 
jedenfalls sicher: alle Erfahrungen der letzten Jahre drängen zu der 
Annahme, daß in letzter Linie das Fehlen irgendeiner oder mehrerer 
fermentativer Wirkungen die Ursache des Diabetes ist. Und damit 
ist auch allen therapeutischen Bestrebungen der aussichtsreichste 
Weg gezeigt: es müssen diejenigen Fermente, die normaler Weise 
die Zuckerverbrennung bewirken, aufgefunden werden. Ich persönlich 
zweifle nicht daran, daß das einmal gelingen wird. Zwar schrieb 
damals Professor Lüthje: Vor der Hand sind wir allerdings noch 
weit davon entfernt. Die Behandlung des Diabetes ist nach wie 
vor eine rein hygienisch-diätetische. Aber auch in der diätetischen 
Behandlung sind die Anschauungen erst allmählich zu einem festeren 
System ausgewachsen, und zwar vorwiegend in dem Maße, wie 
sich die physiologisch-chemischen Kenntnisse entwickelt und erweitert 
haben. Außerdem sind einige empirisch gewonnene Tatsachen 
neuerdings hinzugekommen. Ferner sei auf die Arbeiten von 
E. Roos und E. Hinsberg in No. 28 der Münchener medizinischen 
Wochenschrift 1903 hingewiesen, in welchen verschiedene Hefen 
und deren Präparate einer eingehenden Prüfung unterzogen wurden. 
Die damaligen Studien hatten allerdings nur den Zweck, die Hefe 
in ihrer Wirkung auf Obstipation im allgemeinen, nebenbei auch 
in bezug auf verschiedene Hautkrankheiten: Furunculose etc zu 
versuchen, und ergaben die leicht abführende Wirkung der Hefe, 
sowie anch deren vollständige Unschädlichkeit dem Organismus 
gegenüber. Bei aller Berücksichtigung der rein diätetischen Gesichts¬ 
punkte in der Behandlung des Diabetes mellitus ist es aber durch¬ 
aus angebracht, den Versuch mit einer spezifischen Fermenttherapie 
bei dieser Erkrankung zu machen. Hierzu erscheint am geeignetsten 
das zuckerspaltende Enzym der Hefe, das eine sehr energische 
Spaltung des Zuckers, ohne daß es dem menschlichen Körper 
schädlich ist, bewirkt. Es ist natürlich schwer zu entscheiden, ob 
die Spaltung des Zuckers in unserem Organismus durch die glyco- 
lytischen Fermente auf dieselbe Weise erfolgt, wie die Zucker¬ 
spaltung im Reagenzglas durch das Hefeenzym, das als außer¬ 
ordentlich wirksames Ferment in den Fermocyl-Tabletten« enthalten 
ist. Es ist auch nicht ohne weiteres die Frage zu entscheiden, ob 
das mit der Nahrung verabreichte Enzym lediglich eine Spaltung 
des Zuckers im Darmkanal bewirkt, oder auch im Organismus des 
Menschen selbst, ähnlich wie im Reagenzglas, wirksam ist. Eine 
Tatsache bleibt es aber, daß Diabetiker leichten oder mittelschweren 
Grades sich mit Vorteil der Fermocyl-Tabletten insofern bedienen 
können, als man dadurch die Zuckerausscheidung beträchtlich her¬ 
abmindern kann. Einige mit Fermocyl-Tabletten behandelte Fälle, 


bei welchen es den Patienten allmählich möglich wurde, von der 
üblichen strengen diäten Lebensweise abzuweichen und nach und 
nach zur gemischten Kost überzugehen, seien hier angeführt. 


Bei der großen Mannigfaltigkeit, die die verschiedenen Formen des 
Diabetes in ihrem Verlauf erkennen lassen, ist es von vornherein 
wahrscheinlich, daß nicht jeder Diabetiker auf ein und dasselbe 
Medikament günstig reagiert und daß somit auch nicht alle Fälle 
für Diabetes für die Fermocylbehandlung in gleicher Weise geeignet 
sind. Wenn man auch nicht erwarten kann, — was übrigens das 
Experiment bestätigt, — daß der nach der Pankreasexstirpation auf¬ 
tretende schwere Diabetes notwendig durch die Gabe von Fermocyl- 
Tabletten paralysiert wird, so erweist sich deren Verwendung doch 
gleichviel bei zahlreichen Diabetikern als außerordentlich nützlich. 
Die Anwendung dieser Tabletten per Os muß obendrein um so 
rationeller erscheinen, als Kudo in seiner Arbeit (Biochem. Zeit¬ 
schrift 1909) aus dem Laboratorium von Professor Bickel in der 
Charitee zu Berlin nachweisen konnte, daß bei Hefepräparaten, die 
genau in der Art der Fermocyl-Tabletten hergestellt waren, die 
diastatische Kraft am stärksten zum Ausdruck kam, nachdem der 
Magensaft zwei Stunden darauf eingewirkt hatte. Wir haben also 
durch die Fermocyl-Tabletten (die Tabletten sind in der Apotheke: 
Vial und Uhlmann, Inhaber E. Rath, in Frankfurt a/M. zu haben) 
ein in der diätetischen Therapie des Diabetes willkommenes Adjuvans 
an der Hand, das uns gestattet, die Toleranzgrenze des Diabetikers 
für Kohlehydrate zu erhöhen, wodurch, abgesehen von der Erfüllung 
einer kausalen Therapie, der Diabetiker mit seinem ausgesprochenen 
persönlichen Bedürfnis nach kohlehydratreicher Nahrung leicht zu¬ 
friedengestellt werden kann. 


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Dermatologie 


fmm a in v Allgemein ist man in Aerztekreisen zu der Ueberzeugung ge- 

jg/fi [V \ langt, daß Pittylen einen wirklich wirksamen Ersatz für den übelriechen- 

V den, offizinellen Nadelholzteer darstellt. Mehrjährige Erfahrungen in der Praxis 

lllslftläl I - haben ergeben, daß dem Pittylen die unangenehmen Eigenschaften des Teers: 
*sA%y V' t, penetranter Geruch, lokale Reizungen, resorptive Nebenwirkungen, vollständig fehlen, und 

glllttiB y daß es fast niemals versagt, während bekanntlich der Teer infolge seiner wechselnden Zusammen- 

/ Setzung unsicher in der Wirkung ist und von der Mehrzahl der Patienten nicht vertragen wird. 

Speziell hat sich gezeigt, daß die Pittylen-Seifen durch die Zuverlässigkeit ihrer Wirkung, durch 
das Fehlen jeglicher Reizerscheinungen und durch ihren angenehmen Geruch den bisher gebräuchlichen Teerseifen weit 
überlegen sind, sodaß sie immer mehr an Stelle der Teerseifen benutzt werden. 

Wir bitten die Herren Aerzte, welche Pittylen noch nicht angewandt haben, Muster-Kollektionen und Literatur von 
uns einzufordern. 

Dresdener Chemisches Laboratorium 
Lingner. 


Herr < 

R. 

Herr G. 

Herr C. 

v. I 

Herr 

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in Frankfurt a.M. 

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in Frankfurt a. M. 

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2/9. 08 

.1,7 % 

5/8. 

08.. 

3,3% 

7/9. 08. 

3,78 % 

20/8. 

08 

.1,87 „ 

14/9. 08. 

■ • 0,6 „ 

18/9. 

08.. 

3 „ 

28/9. 08. 

3,35 „ 

7/9. 

08 

• 1,54 . 

23/9.08, 

,. 0,44 „ 

27/9. 

08 . . 

2,8 „ 

8/10 08 . 

0,84 „ 

21/9. 

08 

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28/9.08 

■ ■ 0,33 „ 

4/10 

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2,7 „ 

29/10.08. 

0,63 „ 

5/10 

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21/11.08 

■ 0,63 „ 

9/10 

.08. 

.3,7 „ 






31/12.08. 

mini- 

18/12 

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2 7 






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Spuren 

15/1. 

09 

.1,8 , 







15/2. 

09 

•1.2 „ 








16/3 

09 

■ 0,46 „ 












THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Marke 


Dieterich 


A Helfenberg. 


„Eigon“-Wortmarke. 

Nach den ärztlichen Urteilen (siehe Literatur) sind die Jod-Eigone als jodhaltige 
Eiweißkörper empfehlenswerte Ersatzmittel des Jodoform und der Jodalkalien. 

. ) indiziert bei Ekzemen, Erythem, Ozaena, 

1. .Fod-Eigron ca. 20% gebundenes Jod j 0titis ugw 

1 indiziert bei Ulcus molle und 
durum, Qummata, luetischen 
Plaques, Laryngitis, Arterio= 
Sklerose usw. 

Rp.: Jod-Eigon-Natr. oder 

Pepto-Jod-Eigon 5,0 

Glycerin 15,0, Aq. dest. 135,0 
D. S. 3 X täglich 1 Eßlöffel. 


2. Jod-Ligoii-Ynlriiim ca. 15% gebundenes Jod 

3. lVpto-.Iod-üJg'Oii ca. 15% gebundenes Jod 


Rp.: Jod-Eigon plv. 

(1 Originalglas zu 20,50 od. 100 g) 
D. S. äußerlich. 


Rp.: Jod-Eigon-Natrimn 

oder Pepto-Jod-Eigon 5,0 

solve in Aqua dest. 25,0 

D. S. 3 X tägl. 10—15 Tropfen. 


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304 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 19 



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Kinder - Nähr - Zwieback 


Kalkphosphathaltiges Nährmittel. 

Z. = R. No. 6022. K. P. = A. 

Wissenschaftlich geprüft und empfohlen von Autoritäten 
der Kinderheilkunde. 

Durch zweckmäßige Bereitung und Zusammensetzung ist damit ein 
rationelles G-ebäck hergestellt, welches allen Anforderungen des gegen¬ 
wärtigen wissenschaftlichen Standpunktes und der praktischen Erfahrung 
entspricht und durch seinen physiologischen Nährwert andere Nährmittel 
übertrifft, wie durch zahlreiche Wägungen und Beobachtungen festgestellt 
ist. Der Nährzwieback bessert die Ernährung, vermehrt die Körpprzunahme 
und stärkt die Knochen des normalen Kindes. Rachitis und Dispositionen 
zu Knochenerkrankungen erfahren bei längerem Gebrauch Besserung 
und Stillstand. Vor den Folgen, welche durch unzweckmäßige, unzu¬ 
reichende oder fehlerhafte Nahrung entstehen, insbesondere Drüsen, 
Skrophulose, bleibt das Kind mehr als durch jedes andere Gebäck 
geschützt. Der Nährzwieback ist eines der billigsten Ivindernährmittel, 
zumal im Hinblick auf seinen relativen Nährwert. 

ä Pfund 1,25, von 3 Pfund ab franko Nachnahme. 

H. O. Opel, Leipzig, Hardenberg - Strasse 54. 

Nur das Kindernährmittel hat Wert und verdient Empfehlung, welches 
durch Jahre lang exakt kontrollierte Versuche, Wägungen und Beobach¬ 
tungen von Autoritäten der Kinderheilkunde in Praxis und klinischen 
Anstalten erprobt ist und dann empfohlen wird. 




f mit dem Kreuzstern 

Fördert Appetit und Verdauung, hebt 
den Ernährungszustand. Keinerlei 
Nebenwirkungen. An ersten TJniver- 
sitäts-Instituten experimentell erprobt. 
9 Von ärztlichen Autoritäten empfohlen. 

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von der Maggi=GeselIschaft, Berlin W. 57. 


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katarrh, Schrunden und Wundsein der Anal¬ 
gegend, schmerzhafte Stuhlentleerung. 

Wirkung ohne irgendwelche Sekundär=Erscheinung. 

Literatur: Prof. Boas-Berlin, Kehr-Halberstadt, Pickardt- 
Berlin, Weiß-Berlin, Landsberg-Berlin, Zibeil-München, 
Wright-London. Silvestri-Rom, Dawson-London. 

Proben und Literatur gratis und franko 

Kontor chemischer Präparate Berlin C 2 28. 


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mit den vierteljährlichen Beilagen: 

^ Die zahnärztlich-soziale Fürsorge — Die zahnärztlich-chirurgische Prothese — Die zahnärztlich-therapeutische Revue, 

H Redaktion: Zahnärzte Bernstein, Dalimann, Dr. Julius Misch, Müller-Stade. 


Verantwortlicher Redakteur für den 
wissenschaftlichen Teil: 

Zahnarzt Dr. Julius Misch, Berlin W. 30. 


Verantwortlicher Redakteur für den 
sozialpolitischen Teil: 

i. V. Zahnarzt Mülle r - Stade, Charlottenburg 4. 


Die,,Zeitschrift für Zahnheilkunde“ erscheint am 5. und 20. jeden Monats. I jährlich, für dio übrigen Länder dos Weltpostvereins M. 6,— jährlich 
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Verantwortlich für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. med. A. Mooller, Berlin W.35. Für „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski. Berlin-Rixdorf. 
Verlag: Gustav Khrke Zeitschriftenverlag, Berlin W.9. — Druck: R. Boll, Berlin NW.7, Goorgenstr. 23. 


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Redaktion. 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 
Telephon: Amt VI, 17271. 


Verlag und Expedition 

Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. Berlin, 15. Mai 1910. Nr. 20. 


Die Therapeutische Rundschau« erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den 
Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluß abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per 1000 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt 
Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Originalien: 

Isenberg, Hamburg: Macrotys und Caulophillin in der 

Geburtshilfe . 

Schnee, Berlin-Schöneberg: Ueber physikalische Diagnostik 

und Therapie. 

Kühn, Leipzig: Der Staat und die Gesundbeter .... 
Referate: 

Greven, Aachen: Augenheilkunde. 

Rohleder, Leipzig: Sexualwissenschaft. 

Lohrisch, Chemnitz: Magen-, Darm- und Stoffwechsel¬ 
krankheiten . 


Inhalt: 


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ORIGINALIEN. 

Macrotys und Caulophyllin in der Geburtshilfe. 

Von Dr. J. S. N i e d e r k o r n. 

Nach dem Original im Eclectic Medical Journal 1910 
S. 63, übersetzt aus dem Englischen von Dr. med. 

C. D. I s e n b e r g , Hamburg 24. 

Unter der ansehnlichen Liste von Mitteln, die in 
verschiedenartiger Weise einen direkten Einfluß auf die 
weiblichen Beckenorgane während der Entbindung aus- 
üben, und die die austreibenden Kräfte des Uterus ver¬ 
stärken, sind nach meiner Meinung Macrotys (Cimici¬ 
fuga racemosa) und Caulophyllin an erster Stelle zu 
nennen. Auf Grund einer sehr ausgedehnten Anwen¬ 
dung von Macrotys bei solchen Zuständen habe ich für 
dies Mittel eine Vorliebe; doch entgegen meinen Be¬ 
obachtungen sehe ich sehr positive Angaben, die von 
vorsichtigen Praktikern über den relativen Wert dieser 
beiden Mittel gemacht sind. Caulophyllin ist darin der 
Vorzug gegeben, ihm wird eine bessere unmittelbare 
Wirkung auf die austreibenden Kräfte des Uterus und 
eine bessere Nachwirkung nachgerühmt. Ich wollte 
klar in dieser Frage sehen, und dies durch meine eigenen 
Beobachtungen, unbeeinflußt durch die Meinungen an¬ 
derer. Deshalb wandte ich Macrotys bei 100 und Caulo¬ 
phyllin bei .100 Geburten an, niemals beide zusammen. 
Es sei gleich bemerkt, daß zusammen mit beiden oft an¬ 
dere Mittel gebraucht wurden, zum Beispiel die 
H.-M.-C.-Tabletten, Chloroform und Gelsemium; und 
dies geschah in der einen Serie ungefähr ebenso oft als 
in der anderen. Viele der Frauen hatten eine vorberei¬ 
tende Behandlung durchgemacht, einige aber nicht; im 
Mittel waren diese Fälle für Macrotys oder Caulo¬ 
phyllin gleich zahlreich. 

Bei den Fällen, wo Macrotys gegeben wurde, wur¬ 
den die Wehen bedeutend verstärkt, sowohl an Häufig¬ 
keit als an Kraft, innerhalb 60 bis 90 Minuten nach der 
Verabreichung der ersten Dosis, die von 5 bis 10 
Tropfen alle 15 bis 20 Minuten variierte; und die Ent¬ 
bindung war in 1 bis ß Stunden, ln wenigen Fällen naeh 


12 Stunden und mehr beendet. Unter Dauer der Ge¬ 
burt ist hier der Zeitraum verstanden, der begann, als 
ich die Kranke zuerst sah, ohne Rücksicht auf das Sta¬ 
dium der Geburt, bis zur erfolgten Austreibung des 
Foetus. Chloroform wurde in 60 pCt.. Gelsemium in 
20 pCt., die H.-M.-C.-Tabletten in 20 pC’t. der Fälle ge¬ 
braucht. 

Die Zeit, die zur Entfernung der Plazenta und der 
Membranen nötig war, überschritt in keinem Falle 20 
Minuten nach der Geburt des Kindes, in 25 pCt. war 
keine Hilfe von meiner Seite nötig. Die Zange wurde in 
20 pCt. der Fälle angelegt, mit und ohne Chloroform. 
Eine schwere puerperale Blutung trat in einem einzigen 
Falle auf. bei dem Gelsemium und Macrotys zusammen 
gegeben waren und außerdem Chloroform in dem 
letzten Teile des zweiten Stadiums. Abgesehen von 
sechs Fällen Mastitis traten keinerlei Komplikationen im 
Wochenbette auf; bei drei dieser sechs Fälle bestand 
ein Dammriß, bei zwei ein Cervixriß. Die erste und 
zweite Lage waren vorherrschend, obgleich acht 
Schulter-, zwei Gesichts-, zwei Steißlagen und dreimal 
partielle Plazenta praevia gefunden wurden. In nur 
10 pCt. aller Fälle waren die Nachwehen besonders 
schmerzhaft. Unter den Fällen, in denen aucli Gelsemium 
(2—3 Tropfen pro Dosis) gegeben wurde, waren na¬ 
türlich solche, bei denen die Dilatation des Mutter¬ 
mundes langsam war; die Verbindung wirkt ausge¬ 
zeichnet und hat keinerlei unangenehme Nach¬ 
wirkungen. 

Bei dem Gebrauche von Caulophyllin erhöhte sicli 
die Häufigkeit und Kraft der Wehen, in 75 pCt. der 
Fälle 30—60 Minuten nach dem Einnehmen der ersten 
Dosis. Diese betrug stets V« grain gleich 0,01 g alle 15 
Minuten; die Tablette wurde auf der Zunge zergehen 
gelassen oder in heißem Wasser gelöst. Die Frauen 
klagten mehr über die Schwere der Schmerzen als die, 
bei denen Macrotys angewandt wurde. Eine nur ge¬ 
ringe Steigerung der Häufigkeit und Kraft der Wehen 
trat in 10 pCt., keine merkliche Einwirkung in 15 pCt. 
der Fälle auf. Die Geburt war nach 90 Minuten bis 
6 Stunden beendet; bei einigen dauerte sie 10 bis 14 
Stunden. Der Prozentsatz der Fälle, bei denen Chloro¬ 
form, Gelsemium und die H.-M.-C.-Tubletten verwandt 
wurden, glich ungefähr dem bei Macrotys, In 20 pCj, 












306 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 20 


verlief eine Stunde, ehe die Plazenta und die Membranen 
geboren wurden, und diese hatten meist meine Hilfe 
nötig; eine Blutung trat in 30 pCt. aller Fälle auf und 
war profus in 10 pCt. Der Uterus blieb nur kontrahiert, 
wenn er geknetet wurde, und die Verabreichung von 
Secale wurde oft nötig, was kein einziges Mal in den 
Macrotysfällen erforderlich war. Wo Caulophyllin und 
Chloroform gebraucht wurden, folgte in 30 pCt. der 
Fälle mehr oder weniger Blutung; in 50 pCt. traten 
keine Nachwehen auf, in 20 pCt. der Fälle waren sie 
ungewöhnlich heftig. Die Frauen, denen Gelsemium 
und Caulophyllin gegeben war, litten weniger daran als 
die, welche Caulophyllin allein erhielten; und die Kon¬ 
traktion des Uterus nach der Ausstoßung der Plazenta 
war kräftiger und zuverlässiger als bei denen, welchen 
Chloroform gegeben war. Die Zange wurde in un¬ 
gefähr 20 pCt. der Fälle mit oder ohne Chloroform an¬ 
gewandt, und bei denen, welchen Chloroform verab¬ 
folgt war, war die nachfolgende Kontraktion des Uterus 
nicht kräftig, es trat mehr oder weniger Nachblutung 
ein. Der Einfluß der H.-M.-C.-Tabletten war so gut wie 
jedesmal ein heilsamer, einschließlich der Macrotysfälle, 
und mit Ausnahme einiger deliriöser Reden und einiger 
schläfriger Frauen wurden keinerlei unangenehme 
Nebenwirkungen beobachtet. Klagen über Nachwehen 
waren selten, der Kontraktionszustand des Uterus 
wurde nicht ernstlich beeinträchtigt, obgleich in sechs 
aller H.-M.-C.-Fälle eine ziemlich profuse Nachblutung 
auftrat. Angewandt wurden die Tabletten halber 
Stärke, und nicht mehr als zwei in einem Falle. Wo 
Chloroform außerdem am Ende des zweiten Stadiums 
gegeben wurde, erfolgte zuweilen eine Nachblutung. 
Die H.-M.-C.-Tabletten arbeiteten stets gut mit Ma- 
crotys, besser als mit Caulophyllin, sei es während oder 
nach der Entbindung. Die meisten Fälle, bei denen nach 
der Anwendung von Caulophyllin eine Nachblutung auf¬ 
trat, waren Frauen, die zur Fettleibigkeit neigten; die 
beste Wirkung des Medikamentes wurde bei mageren, 
nervösen Frauen erreicht, obgleich bei diesen Nach¬ 
wehen häufig stark auftraten und Linderung nötig 
machten. Drei Hinterhaupts-, vier Schulter- und eine 
Gesichtslage wurden beobachtet, aber mit Ausnahme 
einer verlängerten Dauer der Geburt traten keinerlei 
üble Folgen bei ihnen auf. Ich habe auch keinerlei puer¬ 
perale systematische Erkrankungen bei den Frauen ge¬ 
sehen, die einen Cervix- oder Dammriß hatten, sei es, 
daß sie genäht wurden oder nicht. 

Kurz, bei Berücksichtigung aller Umstände hat sich 
Macrotys mir als das bessere Mittel erwiesen. Meist 
war die Geburt von kürzerer Dauer, die Entfernung der 
Plazenta benötigte weniger Zeit, die Nachwehen waren 
weniger heftig, Nachblutungen selten und traten meist 
nur auf, wenn gleichzeitig Chloroform angewandt 
wurde. Macrotys wirkt harmonisch im Verein mit 
Gelsemium, wenn letzteres indiziert ist, und meist auch 
gut mit den H.-M.-C.-Tabletten halber Stärke. 

Bei Caulophyllin ließen die Erfolge häufig nichts zu 
wünschen übrig, aber im ganzen hatte ich mehr Nach¬ 
blutungen zu stillen und mehr Nachwehen zu lindern. 
Blutungen traten besonders bei den Fällen auf, wo auch 
Chloroform gegeben war. Glesemium schien ein wert¬ 
volles Hilfsmittel im Verein mit Caulophyllin zu sein; 
ebenso war es mit den H.-M.-C.-Tabletten halber 
Stärke. Caulophyllin wirkte am günstigsten bei Frauen, 
die nicht zur Fettleibigkeit neigten, während Macrotys 
in seiner Wirksamkeit dadurch nicht behindert zu wer¬ 
den schien. Nicht jeder Fall, bei dem Chloroform ge¬ 
geben wurde, hatte eine Nachblutung, aber 75 pCt. der 
Fälle mit Blutung hatten Chloroform erhalten, und dies 
war stärker ausgesprochen bei den Fällen mit Caulo¬ 
phyllin als in denen mit Macrotys, 


Ich habe stets behauptet, daß ein Arzt den Frauen 
während der Geburt große Hilfe leisten kann, nicht nur 
durch instrumentellen Beistand oder guten Zuspruch und 
gute allgemeine Maßregeln, sondern auch durch die 
wohlüberlegte Anwendung therapeutischer Agentien. 
Wir können viel tun, die Geburtsschmerzen zu lindern 
und die Entbindung zu beschleunigen; jeder Fall steht 
für sich selbst da, und ich habe es gelernt, daß uns außer 
der vorsichtigen Anwendung von schmerzlindernden 
Maßnahmen, Chloroform und der Zange andere Mittel 
zu Gebote stehen, die uns kräftig unterstützen, die 
schmerzhafte Probe zum glücklichen Ende zu führen. 
Auch wenn wir keine Gelegenheit hatten, vor dem Ge¬ 
burtsbeginn eine vorbereitende Behandlung einzuleiten, 
haben wir doch während der Geburt die Möglichkeit, 
unserer Patientin viel Hilfe und Erleichterung zu geben. 

Sowohl Macrotys als Caulophyllin befinden sich im 
Verein mit anderen Mitteln stets in meiner geburtshilf¬ 
lichen Tasche. Ich möchte keine Geburt leiten, ohne 
eines der beiden zu haben. Habe ich außerdem Gel¬ 
semium, Chloroform, die H.-M.-C.-Tabletten und die 
Zange und andere Medikamente nach Wahl, so bin ich 
eines güten Ausgangs sicher, wobei mein Ziel stets das 
Beste der Patientin ist. 

Anmerkung (Dr. I.) Ein paar Notizen über die vor¬ 
stehend genannten Mittel sind wohl am Platze. Ma¬ 
crotys oder Cimicifuga racemosa L., Ranunculaceae, 
wird hauptsächlich bei Muskelrheumatismus, Neuralgien, 
Reflexschmerzen, die auf die muskulösen Organe zu¬ 
rückzuführen sind, Störungen der Periode, Dysmenor¬ 
rhoe mit Rückenschmerzen etc. angewandt. Als Partus- 
Präparator ist es seit langem im Gebrauch. Einige Au¬ 
toren schreiben kleine Dosen vor ('ö bis 7 ccm auf 120 g 
Wasser), andere raten, namentlich bei akuten Zuständen 
die Dosis so groß zu nehmen, als sie vertragen wird. 
Treten dabei Kopfschmerzen, Schwindel, Pupillendila¬ 
tation, Uebelkeit oder Erbrechen auf, muß ausgesetzt 
werden. 

Caulophyllum thalictroides L. gehört zu den Ber- 
beridaceae. Es enthält ein Saponin, ferner ein Glucosid, 
das von Lloyd Leontin genannt wurde. Weder Ma¬ 
crotys noch Caulophyllum enthalten Alkaloide. Caulo¬ 
phyllin (Abbott Alkaloidal Co.) enthält die wirksamen 
Bestandteile in Tablettenform. Flüssige Präparate wer¬ 
den von Lloyd Brothers, Parke, Davis & Co. und an¬ 
deren Firmen hergesteilt. Es wird als Partus-Präparator, 
bei Dysmenorrhoe, besonders bei mageren anämischen 
Frauen, bei asthenischen Individuen mit nervösen Kopf¬ 
schmerzen, krampfartigen Schmerzen und dergleichen 
gebraucht. 

Gelsemium sempervirens L., Loganiaceae, eine 
schöne Kletterpflanze, deren Blüten einen kräftigen 
Wohlgeruch ausströmen, wächst in den Südstaaten der. 
U. S. Das Rhizom ist der gebräuchliche Teil; es wird 
in frischem Zustande verarbeitet, die getrocknete 
Wurzel ist wertlos. Deshalb ist den meisten in Europa 
erhältlichen Präparaten großes Mißtrauen entgegenzu¬ 
bringen. Gelsemium enthält ein Alkaloid Gelseminin, 
ferner Gelseminsäure (beta-methyl-aesculetin nach E. 
Schmidt) usw. Vergiftung mit Gelsemium ruft allge¬ 
meine Erschlaffungszustände hervor, lähmt das Rücken¬ 
mark und setzt die Reflexerregbarkeit und Sensibilität 
herab (Liebreich & Langgaard) und erzeugt Pupillen¬ 
erweiterung, Ptosis und Doppelsehen. Die gebräuch¬ 
liche Dosis ist Vi» bis 10 Tropfen eines Fluidextraktes, 
auch höhere Dosen sind gegeben. Die eklektischen 
Aerzte wenden es sehr viel an; in allen Fällen, wo 
spastische Zustände und Konvulsionen sich andeuten, 
wenn fieberglänzende Augen, kontrahierte Pupillen, ein 
stark gerötetes Gesicht, Fieber, Ruhelosigkeit und Reiz¬ 
barkeit vorhanden sind, Namentlich bpi den fieber- 





THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 20 



307 



haften Erkrankungen der Kinder ist es ein sehr beliebtes 
Sedativum, und wird stets beim Vorhandensein dieser 
Indikationen gegeben. Bei Neuralgien, Schlaflosigkeit 
etc., Spasmus der Urethra, des Muttermundes während 
der Geburt wird es viel angewandt. 

. Die H.-M.-C.-Tabletten halber Stärke (Abbott Al- 
kaloidal Co.) enthalten Hyosin. hydrobrom. grain V»»o 
gleich 0,0003 g, Morphin, hydrobrom. gr. Vs gleich 0,0075 
g, Cactin gr. ‘Vas gleich 0,000 447 g. Die Herstellung 
dieses Präparates wurde angeregt durch die deutschen 
Veröffentlichungen Uber die Anwendung von Scopo- 
lamin und Morphium bei Entbindungen. In Amerika 
erkennt man, besonders Lloyd, die Identität von Scopo- 
lamin und Hyoscin nicht an, weist darauf hin, daß 
ersteres mit Atroscin verunreinigt und deswegen ein 
sehr gefährliches Präparat sei. Bei Hyoscin seien diese 
Gefahren vermieden. Cactin ist ein Herztonicum. Die 
Tabletten werden viel zu Operationen und bei Geburten 
angewandt. Zu letzterem Zwecke sind sie auch per os 
anwendbar. Ich habe die Tabletten auch vorzüglich ge¬ 
funden zur Schmerzstillung und Erzielung von Schlaf 
bei Carcinom im letzten Stadium, besser als Morphium 
oder Morphium und Hyoscin. Die Präparate der Abbott 
Alkalpidal Co. (Fabrik Chicago) sind in London EC, 
14 Holborn Viaduct, zu haben. Die Lloydschen Präpa¬ 
rate (Specific Medicines, Fabrik Cincinnati, Ohio) bei 
der Adler-Apotheke, Hamburg 5. 

Die obigen Angaben wurden zum Teil Kings Ame¬ 
rican Dispensatory von Felter-Lloyd entnommen. 


Ueber physikalische Diagnostik und Therapie *). 

Von Dr. Adolf Schnee (Berlin-Schöneberg). 

Der physikalischen Diagnostik und Therapie 
kommt hinsichtlich der Erkennung, Verhütung und Be¬ 
handlung von Krankheiten zumal in den letzten Jahren 
immer mehr Bedeutung zu. 

Unter den physikalisch-diagnostischen Hilfsmitteln 
stehen die Röntgenstrahlen in ihrer Anwendung für 
röntgenoskopische und röntgenographische Zwecke an 
erster Stelle. 

Bei der technischen Vervollkommnung und weit¬ 
gehenden Vereinfachung der Röntgenapparate wird die 
Röntgenologie immer mehr zum Gemeingut aller 
Aerzte. Für das Zustandekommen einwandfreier Zeit-, 
Moment-, Fern- und Blitz-Aufnahmen spielt die Be¬ 
schaffenheit und Funktion des Unterbrechers und In¬ 
duktors die Hauptrolle. Auf Grund zweijähriger Er¬ 
fahrungen kann der Vortragende die Benutzung eines 
Rotax-Unterb re chers in Verbindung mit 
einem Rotax-Intensiv - Funken-Induktor 
wärmstens empfehlen, die, in einem als „Rotax - 
Typ“ bezeichneten Röntgen-Instrumentarium ver¬ 
einigt, einen Gebrauchsapparat par excellence bilden. 
Dies beweißt eine Reihe von Fern-, Moment- und Blitzauf- 
nahmen. Zu letzteren bedient man sich vorteilhaft eines 
a u t o m atischenMomentschalters, mit dem 
sich Aufnahmen bis von V™ Sekunde Expositionszeit 
hersteilen lassen. Der Rotax-Typ zeichnet sich auch 
noch dadurch aus, daß er den Operateur vollkommen 
vor den schädlichen Einflüssen der Röntgenstrahlen 
schützt. Das gleiche gilt von einem Spezialtyp für 
Zahnärzte. 

Röntgenkinematographische Auf¬ 
nahmen in Bewegung befindlicher innerer Organe 


*) Vortrag, gehalten auf dem Kongreß für innere Medizim 
April 1910. 


VERSITl 


des Menschen haben besonders Kästle, Rieder und 
R o s e n t h a 1 mittels geeigneter Apparate vorgenom¬ 
men und sind vor allem ihre kinematographischen 
Magenuntersuchungen hervorzuheben. 

Die Elektrokardiographie von Kraus 
und Nicolai verdient unter den physikalischen Me¬ 
thoden der Diagnostik weitgehende Beachtung. 

Eine Verbilligung der dazu verwendeten Apparate 
liegt im Interesse einer allgemeineren Benutzung durch 
Institute und Aerzte, wodurch auch weitere Kreise in 
die Lage versetzt würden, Erfahrungen in dieser Hin¬ 
sicht zu sammeln. 

In der Elektrodiagnostik geht das Be¬ 
streben dahin, auch „dauernde Strömungen“ 
bezw. die durch dieselben bedingten Widerstandsände¬ 
rungen des menschlichen Körpers zu verwerten. Clu- 
zet,Vigouroux,Courtadon haben ebenso wie 
Mann, Toby Cohn, Zimmern, Huet und 
L e d u c diesbezügliche Versuche angestellt. Prak¬ 
tische Resultate sind noch nicht endgültig erzielt wor¬ 
den, doch zu erwarten. Die Methode kann als „elek¬ 
trochemische Methode“ bezeichnet werden. 
Bei der Verwendung unterbrochener Ströme darf auf 
die Kondensatorentladungen Zanietowski's mit 
Hilfe seines Kondensatormultostates und 
den Leduc’ sehen Strom nicht vergessen werden, 
welch letzterer mittels eines Leduc’sehen Unter¬ 
brechers am besten in Verbindung mit einem Uni- 
versal-Anschlußapparat z. B. Multostat erzeugt 
wird. 

Die physikalische Therapie ist nach Leyden 
und Lazarus für den modernen Arzt bei' der Be¬ 
handlung zahlreicher Erkrankungen durch keine 
anderen Mittel zu ersetzen. 

Neben den vorbeschriebenen Röntgen-Apparaten 
ist unter den physikotherapeutischen Apparaten an 
erster Linie der „erdschlußfreie Multostat mit 
reiner Galvanisatio n“ nach Eulenburg zu 
nennen, dessen vielseitige Verwendungsmöglichkeiten 
ihn geradezu für Praktiker wie Spezialisten unentbehr¬ 
lich machen. Mit einem solchen Apparat lassen sich 
auch elektrische Vierzellenbäder appli¬ 
zieren, die in neuester Zeit erfolgreich mit der Kata- 
phorese von Radium-Emanation kombiniert 
werden. Das gleiche gilt von Sklerolytkatho- 
den, Ekzemalytanoden sowie den sogenannten 
Organ-Elektroden, die entweder in Verbindung 
mit dem Vierzellenbad oder mit großen sogenannten in¬ 
differenten Elektroden in Benutzung kommen. — Nicht 
nur die Applikation galvanischer Ströme mittels der ge¬ 
nannten Elektroden, sondern auch die in hydroelektri¬ 
schen Voll- und Teilbädern sollte aus Gründen der 
Sicherheit für Arzt und Patienten lediglich mit „erd¬ 
schlußfreien Anschlußapparate n“ er¬ 
folgen. 

Galvanische Ströme besitzen, wie Foveau de 
Courmelles, Zanietowski, Schatzky und 
Römer nachgewiesen haben, auch bakterizide Wir¬ 
kung. Therapeutisch wurde diese bisher nur bei Tuber¬ 
kulose verwertet. 

Die Applikation strömender Heißluft wird zweck¬ 
mäßig mit der vom Vortragenden angegebenen Heiß- 
1 u f t d u s c h e „F ö n“ vorgenommen und ist besonders 
die schmerzlindernde Wirkung des Heißluftstromes be¬ 
merkenswert. Wechselwarme Luft wird.zur Erhöhung 
der Reaktionswirkung mittels des „F ö n - D u p 1 e x“, 
einer Wechseldusche mit Mo mentu m- 
schaltung, erzeugt. 

Um Tiefenwirkungen der Wärme im Or¬ 
ganismus hervorzurufen, verwendet man Hoch¬ 
frequenzströme großer Intensität und außerordentlich 


/ERSI 









HHHI 




308 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 20 


hoher Schwingungszahl in der Zeiteinheit. Nagel- 
Schmidt- Berlin, von Bernd, v. P r e y s und 
v. Z e y n e k - Wien und andere haben Apparate zu 
diesen Zwecken angegeben. Der Vortragende hat sich 
zu Versuchszwecken eines Apparates bedient, der unter 
dem Namen „Penetrotherm“ von der E.-G. „Sa- 
n i t a s“ hergestellt wird. 

Auf dem Gebiet der Mechanotherapie sind 
Versuche mit allgemeiner Vibration des Körpers mittels 
eines geeigneten Vibrationsstuhles vom Vor¬ 
tragenden vorgenommen worden. Diese allgemeinen 
Körpervibrationen haben bei Schlaflosigkeit, Schwindel¬ 
anfällen, beschleunigter Herzaktion bei Herzneurosen, 
nervöser Dyspepsie etc. gute Resultate ergeben. 

Zur Behandlung von Fettleibigkeit, Darmträgheit 
und Meteorismus eignet sich ganz vorzüglich ein ak¬ 
tiver Bauch- Knetapparat von Dr. Erich 
Boettcher, Bad Hersfeld. 

Schließlich ist noch der „Atmopho r“, eine 
transportable Dampfdusche nach Dr. 
Fürstenberg - Berlin, zu erwähnen, der sich vor¬ 
nehmlich zur Behandlung transportunfähiger Patienten 
im Bett eignet. 

Im Interesse aller Kranken ist es zu wünschen, daß 
der praktische Arzt nicht nur die althergebrachten Un¬ 
tersuchungsmethoden und den reichen Arzneischatz der 
Apotheke, sondern auch alle Hilfsmittel der physikali¬ 
schen Diagnostik und Therapie in gleicher Weise be¬ 
herrscht. 

(Autoreferat). 


Der Staat und die Gesundbeter. *) 

Von Dr. med. Wilh. K üh n- Leipzig. 

Die Tatsache, daß im sächsischen Landtage die Ge¬ 
sundbeter durch eine Eingabe die staatliche Anerken¬ 
nung ihrer sog. Religionssekte erzielen wollen, muß not¬ 
wendigerweise auch die Aerzte auf den Plan rufen. 
Wir haben dabei im wesentlichen zu untersuchen, ob 
den Gesundbetern überhaupt eine Berechtigung zuzu¬ 
erkennen ist oder nicht. 

Schon in den frühesten Zeiten herrschte unter den 
Christen über die Stellung, die man der Medizin gegen¬ 
über einnehmen sollte, durchaus keine Einmütigkeit, 
sondern die Gemeinde spaltete sich bei dieser Frage in 
zwei Parteien, die einander gegenüberstanden. Die eine 
wollte von der Medizin überhaupt nichts wissen und 
ging in ihrem Radikalismus so weit, daß nach ihr bei Er¬ 
krankungsfällen Arzt w-ie Medizin vollkommen ausge¬ 
schlossen sein*sollten, die andere Partei dagegen ver¬ 
langte die Zuziehung eines Arztes, wobei sie allerdings 
nicht unterließ, diesen ihren Wunsch durch Berufung auf 
gewisse christliche Legenden zu entschuldigen, um ihn 
dem intoleranten Flügel der Gemeinde schmackhaft zu 
machen. 

Die Radikalen behaupteten, daß alle glücklichen und 
beklagenswerten Ereignisse, die den Menschen träfen, 
wie der Glaube lehrte, unmittelbar aus der Hand des 
Höchsten kämen. Deshalb müsse jede Krankheit, vom 
kleinsten Unwohlsein bis zur schwersten Erkrankung 
als Fügung Gottes betrachtet werden, gegen die mit 
irdischen Mitteln zu kämpfen sich nicht passe. Erfolg 
könne man sich nur vom Gebet versprechen, und zwar 
führte man dabei stets, wie man es auch heute noch tut, 
die Stelle im Jakobusbrief, Kap. 5, V. 14—16 an: „Ist 
jemand krank, der rufe zu sich die Aeltesten der Ge¬ 
meinde und lasse sie über sich beten und salben mit Oel 


*) Na chdruck aus ,,Nationalliberales Vereinsblatt“, 1910. No. 8 


in dem Namen des Herrn. Und das Gebet des Glaubens 
wird dem Kranken helfen und der Herr wird ihn auf- 
riehten usw. usw.“ Neben Gebeten, Oelsalbung und 
Händeauflegung konnte auch noch das Evangelienbuch 
als Heilmittel verwendet werden. Später benutzte man 
sogar Kleider gewisser heiliger Männer, wie aus 
Apostelgeschichte Kap. 19, V. 12, hervorgeht, wonach 
das Schweißtuch und der Rock des Apostels Paulus hei¬ 
lende Kraft besessen haben. Nach Kapitel 5, V. 15 
wurde sogar der Schatten des Apostels Petrus für medi¬ 
zinische Zwecke verwendet. 

Wir können hier nicht allen den Gründen nach¬ 
gehen, wodurch die ärztliche Wissenschaft trotzdem, 
wenn auch unter schweren Kämpfen, ihr Ansehen be¬ 
hauptete. Wahrscheinlich ließ der tägliche Umgang mit 
Kranken und gebrechlichen Greisen den Diakonen und 
Diakonissinnen die ärztliche Hilfe denn doch in einem 
anderen Lichte erscheinen als jenen Eiferern,- die über 
sie nur von ihrem hyperorthodoxen Standpunkt ur¬ 
teilten. Die praktischen Erfahrungen lehrten dem christ¬ 
lichen Krankenpfleger auf das Handgreiflichste, was bei 
der Krankenbehandlung der Arzt und was der mit 
Gebet, Handauflegen und Oelsalbung operierende Laie 
oder Kleriker zu leisten vermochte. 

Eine Erschwerung für die ärztliche Wissenschaft 
lag dann, vielleicht im Anschluß an die geschilderten 
Ansichten, darin, daß man auch die Heiligen in die ge¬ 
sundheitlichen Verhältnisse hineinzog. In der Haupt¬ 
sache mußte das Verhältnis zwischen Kranken und Arzt 
durch ihr Eingreifen erbeblich beeinträchtigt werden, 
denn wenn in schweren Fällen die himmlische Hilfe der 
Heiligen wirkt, so braucht man sich nicht zu wundern, 
daß das Vertrauen in die Kunst des christlichen Arztes 
sinken mußte. 

Indes wollen wir die sich hieraus ergebenden 
Folgen übergehen, um die Gebetsheilung näher zu er¬ 
örtern, wie sie die Sekte der Gesundbeter aus Amerika 
zu uns gebracht hat. Stets gibt es Zeiten, in denen eine 
unnatürliche Steigerung des religiösen Gefühls bei 
gleichzeitiger vollständiger Unkenntnis aller Natur¬ 
erscheinungen eintritt, wobei zu beachten ist, daß die 
Kirche an und für sich mit solchen Bestrebungen durch¬ 
aus nichts zu schaffen hat. Es ist kennzeichnend für 
die moderne Gebetsheilung, wenn man in den „Blättern 
der Heilung“, das Reklameblatt dieser modernen Hei¬ 
ligen, liest, daß ganz veraltete organische Verände¬ 
rungen des Herzens, zerstörte Lungen, zerrissene Ge¬ 
fäßstämme usw. nur durch brünstige Gebete in den 
normalen Zustand zurückgeführt werden können. Man 
muß unter solchen Umständen unbedingt zu der Ansicht 
kommen, daß der Höhe der hier offenbarten religiösen 
Verzückung ein mindestens ebensolcher Tiefstand der 
naturwissenschaftlichen Kenntnis entsprechen müsse. 

Ganz besonders ist in dieser Beziehung das System 
der Mrs. Eddy bekannt. Wenn wir darüber eine kurze 
Kritik abgeben wollen, so müssen wir sagen, daß es aus 
einem absurden Gemenge von unverdauten, philosophi¬ 
schen Brocken, von medizinischen Beobachtungen und 
krassen Denkfehlern besteht. Es wird von ihr der 
Glaube gepredigt, daß die Krankheit keinen realen 
Grund in dem Stofflichen des Körpers habe, sondern 
ausschließlich aus gewissen Zuständen des Geistes 
heraus zu erklären sei. Auch bei ihr zeigt sich eine Art 
von Naturphilosophie, die längst überwunden ist. Selbst¬ 
verständlich hält Mrs. Eddy in ähnlicher Weise,wie wir 
schon erw'älmten, von Arzt und Medizin nichts, sondern 
die Krankenbehandlung soll derart vor sich gehen, daß 
sich der Patient unter AufsichteinerinsolchenDingeü be¬ 
reits erprobten Person auf das in ihm wohnende geistige 
oder göttliche Prinzip besinne, 




Nr. 20 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


309 


Wie hat man diese modernen Gebetsheilungen zu 
erklären und wie haben wir uns zu ihnen zu stellen? 
Prof. Dr. Magnus steht in seiner lesenswerten Arbeit: 
„Medizin und Religion in ihren gegenseitigen Beziehun¬ 
gen“ (Abhandlungen zur Geschichte der Medizin, Heft 1) 
auf dem Standpunkt, daß das Wiederaufnehmen der Ge¬ 
betsheilung lebhaft einer Erscheinung aus dem Gebiete 
der Vererbungen, dem Atavismus, ähnelt. Unter Ata¬ 
vismus oder Rückschlag versteht man bekanntlich jenen 
Vorgang, bei dem eine anatomische Form von einem 
Vererben auf einen Erben nicht direkt übertragen wird, 
sondern vielmehr zwischen Vererber und Erben eine 
mehr oder minder zahlreiche Reihe von Generationen 
steht, die die fragliche vererbte anatomische Eigenartig¬ 
keit nicht besitzen. Von einer solchen Vererbung wird 
man ja allerdings in unserem Falle nicht sprechen 
können, wohl aber vielleicht von einem Rückschlag in 
eine längst überwundene Epoche unserer geistigen und 
kulturellen Entwicklung. Man muß annehmen, daß sich 
eine UÜbereinstimmung von Ursachen gebildet hat, die 
die Gebetsheilung ursprünglich hervorgerufen haben, 
und zwar in der gleichen Form wie früher. Da gleiche 
Ursachen immer gleiche Wirkungen haben, so müssen 
auch jetzt wieder dieselben Erscheinungen wie früher 
erzeugt werden, d. h. die des kulturellen Atavismus. 

Nach dieser mehr philosophischen Erklärung wollen 
wir uns auf den Standpunkt unseres nüchternen Alltags¬ 
lebens stellen und von diesem aus die Gesundbeter mit 
ihren modernen Gebetsheilungen betrachten. Zunächst 
muß einmal festgehalten werden, daß sie reine Privat¬ 
sache sind, mit denen das Christentum an und für sich 
heutzutage nicht mehr das Geringste zu tun hat. Ferner 
kann bei ihnen von einer wissenschaftlichen Kritik kaum 
noch die Rede sein. Indes muß man sich mit ihnen aus 
anderen Gründen beschäftigen. Es fragt sich nämlich 
sehr, ob sie nicht von Staats wegen überhaupt zu ver¬ 
bieten sind. Dazu hat man eine sehr gute Handhabe, 
die auch in Nordamerika, in den Vereinigten Staaten, 
der Geburtsstätte dieser modernen Gebetsheilungen, in 
den letzteren Jahren wiederholt angewandt wurde. So¬ 
bald man nämlich irgendwie ,nachweisen konnte, daß 
der Gesundbeter einen Kranken, der noch zu heilen ge¬ 
wesen wäre, hingehalten und dadurch dessen Tod ver¬ 
ursacht hatte, obgleich er durch ärztliche Hilfe noch zu 
retten gewesen wäre, wurde er vom Richter unnach- 
sichtlich zu hohen Geld- und Gefängnisstrafen ver¬ 
urteilt. In Deutschland haben wir von einem derartigen 
Vorgehen gegen Gesundbeter noch nichts gehört, was 
sehr zu bedauern ist. Weiter aber wird man sich mit 
der Frage zu beschäftigen haben, ob wir nicht manche 
Leute direkt als Betrüger anzusehen haben, denen es 
nur um Gelderwerb zu tun ist. Aber selbst in den 
Fällen, in denen die Leute von der Wirkung ihrer Gebete 
überzeugt sind — das wird wohl keiner unter ihnen ver¬ 
neinen! — müssen wir uns weiter die Frage vorlegen, 
ob bei den Gesundbetern nicht ein geistiger Defekt vor¬ 
handen ist, und weiter werden wir zu berücksichtigen 
haben, inwieweit die Gesundbeterei zu den geistigen 
Epidemien gehört, die von Zeit zu Zeit ausbrechen und 
sich ebenso von dem einen auf den anderen übertragen, 
wie es auch die uns bekannten Infektionskrankheiten 
zu tun pflegen. 

Fassen wir also die Gebetsheilung auf, wie wir 
wollen, immer wird man zu dem Ergebnis kommen 
müssen, daß sie zu verwerfen ist und daß der Staat die 
Pflicht zum Einschreiten hat, wobei wir noch nicht ein¬ 
mal den Punkt in Rücksicht ziehen, von dem schon 
vorhin die Rede war, daß nämlich das Vertrauen der 
Leidenden zu der Kunst der Aerzte schwinden muß, 
wenn behauptet wird, daß Krankheiten in so bequemer 
Weise zu beseitigen sind. 


REFERATE. 


Augenheilkunde. 

Referent: Augenarzt Dr. Paul Greven y Aachen. 

1. Ueber den Wert der Dioninbehandlung bei Augeiierkran- 

kungen. Von Dr. C. Adam, Ass. der I. Univ.-Augenklinik, Berlin 
(v. Michel). Münch. Med. Wochenschrift 1910 Nr. 7. 

2. Dionin und Aethyhnorphinjodid. Von Dr. Bruno SyMa 
in Bremen. Wochenschrift für Therapie und Hyg. des Auges 
XIII. 21. 

3. Ein Beitrag zur Kenntnis der Netzhautveränderungen beim 
Skorbut. Von Dr. S. Kitamura (aus Japan) in Dairen (Süd- 
Mandschurei). Deutsche Mediz. Wochenschrift 1910 Nr. 9. 

4. Probier-Lorgnette. Von San.-Rat Dr. W o 1 f f b e r g , Bres¬ 
lau. Wochenschrift für Therapie und Hygiene des Auges. XIII. 
Nr. 24. 

5. Die Behandlung der Entzündungen der Augenhöhle. (Vom 

Standpunkte des praktischen Arztes.) Von Professor Dr. med. 
A. Birch-Hir Sehfeld, Leipzig. Fortschritte der Medizin. 
1910 Nr. 11. 

6. Zur örtlichen Behandlung der Iritis. Von Dr. E. H. Oppen¬ 
heimer, Augenarzt in Berlin. Deutsche Mediz. Wochenschrift 
1910 Nr. 12. 

7. Ueber Inversio iridis. Poliklinische Vorlesung von Prof. 
S. Klei n. Medizinisch- Chirurgisches Centralblatt 1910 Nr. 13. 

8. Ueber die Fluoreszenz der Linse. Von Dr. med. Fritz 
Schanz und Dr. Ing. Carl Stock hausen in Dresden, 
v. Graefe's Archiv für Ophth. 1909, Heft 1. 

9. Zur Aetiologie des Glasmacherstars. Von denselben, 
v. Graefe’s Archiv für Ophthalmologie, 73. Band, 3. Heft. 

10 . Schutzgläser gegen die Wirkung kurzwelliger Lichtstrahlen 
auf das Auge. Von denselben. Archiv für Augenheilkunde, 65. Band; 
.4. Heft (1910). 

11. Weiteres über Blendung. Von denselben, v. Graefe's 
Archiv für Ophthalmologie, 73. Band, 3. Heft. 

1. Als Analgetikum leistet Dionin, bekanntlich ein Morphin¬ 
derivat, manchmal gute Dienste, besonders bei denjenigen Affek- 
tionen der Hornhaut, die mit einer Verletzung ihrer Oberfläche ein¬ 
hergehen, d. h. bei Kratzwunden und Herpes corneae. Auch bei 
Scleritis und Episcleritis wirkt es besser schmerzstillend als das 
Kokain. Bei Iritis ist Vorsicht am Platze, da bei Iritis arterio- 
sclerotica nach Anwendung des Mittels Blutungen in die Vorder¬ 
kammer beobachtet wurden. Ueberhaupt soll es bei Personen mit 
schlechten Gefäßen nicht angewendet werden. Eine Druckerhöhung 
bei Glaukom bewirkt das Mittel nicht. Bei Anwendung des Mittels 
als Analgetikum sind aber vier Uebelstände in Betracht zu ziehen: 
1) vertagt das Mittel häufig, 2) tritt leicht eine Gewöhnung ein, 
3) verursacht es sehr heftiges Brennen, und 4) bringt es durch die 
Chemosis eine Entstellung mit sich. — Eine besondere Wirkung als 
Resorbens hat Adam bei abnormem Vorderkammerinhalt (Linsen¬ 
massen, Präzipitate) nicht konstatieren können. Ebenso waren seine 
Beobachtungen, die- er bei der Anwendung van Dionin zur Auf¬ 
hellung von Hornhauttrübungen bei einigen 50 Fällen machte, nicht 
günstig. Mit gutem Erfolg kann aber das Mittel angewendet werden 
zur schnelleren Resorption von traumatischen subkonjunktivalen 
Blutungen jugendlicher Personen. Adam kommt daher zu dem 
Schlüsse, daß das Mittel „in einer Reihe von Fällen als Analgetikum 
oder Resorbens gute Dienste leistet, als ersteres ist es aber unzuver¬ 
lässig, und als Resorbens leistet es schließlich nicht mehr als die 
alten Methoden oder die natürliche Resorption“. Uebrigens eine son¬ 
derbare Logik! 

2. Nach Syllas Beobachtungen wirkt Dionin intensiver und ex¬ 
tensiver als das Aethylmorphinjodid. Die Resorptionsbeförderung ist 
bei beiden gleich, wenn nicht wegen des Jodgehaits bei dem Aethyl¬ 
morphinjodid etwas stärker. Die geringere Schmerzhaftigkeit resp. 
Schmerzlosigkeit nach Anwendung des Aethylmorphinjodid im Ver¬ 
gleiche zum Dionin ist eine eklatante. Eine Angewöhnung tritt bei 
beiden Mitteln ein. Das Alter der Pulver beeinträchtigt ihre Wirk¬ 
samkeit nicht. Eine Einwirkung des Lichtes ist wenigstens bei dem 
Aethylmorphinjodid, wenn man dasselbe in weißem Glase längere 
Zeit unverhüllt stehen läßt, bald, zumal im Sommer, zu bemerken. 

3. Kitamura hatte Gelegenheit, einen Fall von Netzhautverän¬ 
derungen bei Skorbut mikroskopisch zu untersuchen. Seine Be¬ 
obachtungen gibt er in vorliegender Arbeit ausführlich wieder. 
Außer in der Netzhaut waren in den übrigen Häuten keine Besonder¬ 
heiten zu finden. In der Netzhaut fand .sich ein ausgesprochenes 
Oedem, starke Blutung und zirkumskripte ganglionäre Hypertrophie 
der Nervenfasern. Verfasser glaubt, daß die Veränderungen der Re¬ 
tina auf Toxinbildung im Blute beruhen. 

4. Die Probierbrillen zum Einsetzen der Gläser des Brillen- 
kastens haben mancherlei Uebelstände, die sieb vermeiden lassen 




310 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 20 


durch Benutzung einer Probierlorgnette, wie Wolffberg sich eine 
solche hat anfertigen lassen. Im übrigen läßt sich auch eine Uni¬ 
versalprobierbrille leicht in eine Universalprobierlorgnette um¬ 
wandeln, die für Arzt und Patienten wesentlich angenehmer im Ge¬ 
brauch ist. 

5. Zu unterscheiden sind die chronischen und die akuten Orbital¬ 
entzündungen. Der langsame im Verlaufe von Wochen oder Mo¬ 
naten sich ausbildende Exophthalmus kann sowohl durch einen echten 
Tumor als auch durch eine chronische Entzündung des Orbital¬ 
gewebes bedingt sein. Wichtig ist die genaue Untersuchung des 
Körpers. Ergibt diese Anhaltspunkte für eine Allgemeinerkrankung, 
so ist diese entsprechend zu behandeln. Ist nach einigen Wochen 
trotz energischer Allgemeinbehandlung kein Rückgang des Exophthal¬ 
mus eingetreten oder tritt sogar irgend eine Verschlimmerung 
ein, so ist mit einem operativen Vorgehen nicht länger zu zögern. 
Ganz besonders ist auf Erkrankungen der Nase und ihrer Neben¬ 
höhlen zu achten. In sehr vielen Fällen nehmen die Orbitalentzün¬ 
dungen aus einer Nebenhöhle der Nase ihren Ursprung. Läßt sich 
eine Nebenhöhlenerkrankung ausschließen, so empfiehlt sich eine 
breite Inzision am Orbitalrand. Man legt das Periost der Orbita frei 
und .löst dieses dann stumpf von der Orbitalwand ab. Handelt es 
sich um einen subperiostalen Abszeß, dann fließt sofort Eiter ab und 
der Exophthalmus geht zurück. -Bei einem periostalen Tumor läßt 
sich Sitz und Ausdehnung desselben und die Möglichkeit seiner so¬ 
fortigen Exstirpation feststellen. Birch-Hirschfeld warnt vor einer 
Punktion der Orbita mit dem Schmalmesser durch Bindehaut oder 
Lider. Denn eine solche Inzision trifft häufig gar nicht den Sitz der 
Entzündung, gewährt keine genügende Uebersicht, verursacht leicht 
eine Verletzung wichtiger Teile des Orbitalinhaltes und führt endlich 
gar nicht selten eine Infektion des eigentlichen Orbitalgewebes her¬ 
bei. Bei akuter eitriger Orbitalphlegmone ist schnelles Eingreifen 
geboten. Entfernung eines etwaigen Fremdkörpers, ausgiebige Er¬ 
öffnung und Offenhalten der Orbita durch Einlegung häufig zu 
wechselnder^ feuchter Gazestreifen kann schnelle Besserung, Nach¬ 
lassen der Schmerzen und der Sekretion, Rückgang des Exophtal- 
mus, Abfall des Fiebers herbeiführen. In den schwersten Fällen 
von Orbitalentzündung, wo meist eine Thrombophlebitis mit mul¬ 
tipler Abszeßbildung zugrunde liegt, kann zur Abwendung der 
Lebensgefahr die operative Ausräumung der ganzen Orbita geboten 
sein. Handelt es sich um einen subperiostalen Abszeß der Orbita, 
dann ist Freilegung und Entleerung des Eiterherdes mit nach¬ 
folgender Drainage geboten. Daneben verlangt eine Sinusitis na¬ 
türlich genaue rhinologische Untersuchungs- und Behandlungs¬ 
methoden. 

6. Oppenheimer gibt in vorliegendem Aufsatze treffliche 
Winke zur Behandlung der Iritis, und muß die Lektüre dieser Arbeit 
im Original dringend empfohlen werden. Endzweck der örtlichen 
Behandlung der Iritis ist die Erhaltung einer runden, verwachsungs¬ 
freien Pupille. Das souveräne Mittel dazu ist bekanntlich das Atro¬ 
pin, und zwar empfiehlt O. bei vorhandener Iritis 1 pCt. Atropin¬ 
lösung, der man bei starker Injektion des Auges zweckmäßig 2 pCt. 
Kokain beigibt, um die Diffusion zu erleichtern. Was die Art der 
Anwendung des Atropins angeht, so träufelt Oppenheimer bei Er¬ 
wachsenen alle zehn Minuten einen Doppeltropfen Kokain-Atropin 
ein, d. h. einen Tropfen und nach einer Minute wieder einen, damit 
das Kokain beim zweiten Tropfen wirken kann. Sind alle 
Synechien gerissen, so hört er mit den Einträufelungen auf und 
schreibt dann das Mindestmaß an Tropfen vor, die der Patient zu 
Hause einträufeln soll. Er geht bis zu acht bis zehn oder mehr 
Doppeltropfen, bevor eine leichte Pulsbeschleunigung oder Gesichts¬ 
röte, bisweilen Unruhe oder Schwächegefühl des Patienten vor der 
weiteren Verabfolgung warnt. Verfasser läßt genau die Stunden 
einhalten, d. h. er verordnet stets drei- bis fünfstündlich, Tag und 
Nacht, einen Doppeltropfen. Ist die Pupille einmal rund, dann geht 
man auf das Mindestmaß von Antropin herunter, um eine Wieder¬ 
verwachsung zu verhüten, was sehr einfach ist. Sowie das Auge 
blaß, also nicht gereizt erscheint, läßt man ganz allmählich das 
Atropin weg. 

7. Klein beschreibt folgenden Fall: 13jähriger idiotischer Knabe 
mit beiderseitigem angeborenem Mikrophthalmus. Die Vorder¬ 
kammer ist auffallend tief. Sie bietet einen überraschenden Anblick. 
Die Iris ist nach hinten umgestülpt, sie bildet einen nach vorne ge¬ 
öffneten Kessel. Die Kuppel der umgestülpten Iris hat ihren Scheitel¬ 
punkt schätzungsweise ungefähr dort, wo normalerweise der hintere 
Pol der Linse sich befindet. Die Tiefe der Vorderkammer beträgt 
daher mindestens das Doppelte der Norm. Pupille eng, unregel¬ 
mäßig, auf Atropin nur wenig sich erweiternd. Die Linse ist kalkig, 
geschrumpft, klein, mit dem unteren Pupillenrand verwachsen. Ihr 
oberer Rand ist abgelöst, subluxiert, nach hinten in den Glaskörper 
hinein frei schwebend. Alle Erscheinungen sind an beiden Augen 
ziemlich gleich. Augenspiegeluntersuchung nicht möglich. Seh¬ 
vermögen wahrscheinlich gleich Null. Die Blindheit besteht seit 
frühester Kindheit (wurde im Alter von V *— 3 U Jahren bemerkt) und 
entstand vermutlich infolge einer Gehirnhautentzündung. Synechien 
und Linsenveränderungen deuten auf Entzündungserscheinungen; 
doch neigt Klein zu der Annahme, daß der hier beschriebene Zu¬ 
stand angeboren ist, aber nicht im Sinne einer Bildungsanomalie, 
sondern daß es sich, mindestens zum Teil, um intrauterine Ent¬ 
zündungsresiduen handelt. Die Erklärung für das Zustandekommen 


dieser als Inversio iridis zu bezeichnenden Irislage mit der ungeheuer 
tiefen Kammer ist Klein außerstande zu geben. Es ist der einzige 
derartige Fall, den Klein in 40jähriger Ophthahnologen-Laufbahn 
unter mehr als 150 000 Augenkranken gesehen hat. 

8. Nach Versuchen, die Schanz und Stockhausen anstellten, 
handelt es sich bei der Fluoreszenz der Linse um eine Umwand¬ 
lung von kurzwelligem Licht in Licht längerer Wellenlänge. Nicht 
nur die ultravioletten, sondern auch blaue und violette Strahlen-sind 
daran beteiligt. Den Hauptanteil haben die ultravioletten, vor allem 
die Strahlen von etwa 385 >x\x Wellenlänge. Die im Alter auf¬ 
tretenden Linsenveränderungen stehen in engem- Zusammenhang mit 
der Absorption der Strahlen am ultravioletten Enoe des Spektrums. 

9. Bei vielen Glasbläsern entwickelt sich meist anfangs der 
40er Jahre eine kreisrunde Trübung am hinteren Pol der Linse. 
Mit der Zeit bildet sich dann eine Linsentrübung heraus, die vom 
hinteren zum vorderen Linsenpol zieht und schließlich das ganze 
Linsengebiet ausfüllt, soweit es bei der Arbeit vor dem Glasofen von 
den Lichtstrahlen getroffen wird. Die Peripherie der Linse, soweit 
sie von der Iris gedeckt wird, bleibt dabei vollständig klar. Es ist 
dies eine ganz charakteristische Starform, die sonst nicht vorkommt. 
Nach Untersuchungen von Schanz und Stockhausen sind die Eigen¬ 
tümlichkeiten des Glasmacherstars auf die Wirkung der kurzwelligen 
Lichtstrahlen zu beziehen, die von dem Glasofen ausgestrahlt werden, 
d. h. der ultravioletten Strahlen von 400 - 350 au. Wellenlänge. 
Der Einwirkung dieses Lichtes kann sich der Glasmacher nur aus¬ 
setzen, weil die kurzwelligsten ultravioletten Strahlen von weniger 
als 320 [x'j. Wellenlänge, die eine Reizung am äußeren Auge ver¬ 
anlassen, in dem Lichte, das von der glühenden Glasmasse aus¬ 
strömt, vollständig fehlen. Die stark' pigmentierte Iris, die für 
Wärmestrahlen gut leitend ist, absorbiert eben wegen ihres Pig¬ 
mentes die kurzwelligen Strahlen besonders gut. Die Einwirkung 
auf die Linse bleibt deshalb auf das Pupillengebiet beschränkt. 

10. Ein Schutzglas gegen die schädlichen Wirkungen der kurz¬ 
welligen Lichtstrahlen ist nach Schanz und Stockhausen das Euphos- 
glas, ein gelb-grünliches Glas, welches die sichtbaren Strahlen mög¬ 
lichst wenig, die kurzwelligen Strahlen aber ausgiebig absorbiert. 
Will man gleichzeitig auch die sichtbaren Strahlen schwächen, so 
lassen sich graue Euphosgläser verwenden, die nach Art der rauch¬ 
grauen Gläser die sichtbaren Strahlen möglichst gleichmäßig 
schwächen, die ultravioletten Strahlen dagegen möglichst voll¬ 
ständig absorbieren. Wie Schanz beobachten konnte, sind die 
Euphosgläser als Schutz gegen die Wirkung der ultravioletten 
Strahlen den grauen und bläuen Gläsern überlegen. 

11. Die künstlichen Lichtquellen werden immer reicher an kurz¬ 
welligen Strahlen, und da diese Strahlen das Auge reizen, so muß 
die Beleuchtungshygiene diesem Gegenstand ihre Aufmerksamkeit 
widmen. Man kann dem künstlichen Licht die kurzwelligen Strahlen 
entziehen durch Glashüllen aus Euphosglas, welches alle derartigen 
Strahlen gleichmäßig absorbiert. Die Verwendung dieses Glases als 
Beleuchtungsglas wird in vorliegender Arbeit weiter begründet. 


Sexualwissenschaft. 

Referent: Dr. Rohleder, Leipzig. 

Die Homusexualität im neuen Strafgesetzentwurf. Von Dr. jur. 
Hans Lieske, Leipzig. Deutsche medizinische Presse 
1910, 5—7. 

Der Verfasser geht von der sehr richtigen Erkenntnis aus, daß 
in der Frage, welche Stellung das zukünftige Recht den Homo¬ 
sexuellen gegenüber einnehmen soll, dem Arzte die ausschlag¬ 
gebende Stimme gebührt, daß hier der Jurist dem Arzte sich beugen 
solle. Dann zeigt Lieske weiter, wie der Begriff „widernatürliche 
Unzucht“ und seine Auslegung ein Unding ist, ein Zwitter, der 
schon viel Unheil angestiftet hat. Das angeführte Beispiel, daß das 
Landgericht Plauen unlängst zwei Angeklagte, die sich „gegenseitig 
in die Hosenschlitze hineingegriffen und umarmt“ hatten, wegen 
„widernatürlicher Unzucht“ verurteilte, gibt zu denken. Das 
Reichsgericht hat nun entschieden (Erkenntnis vom 23. April 1880); 
daß widernatürliche Unzucht durch „beischlafsähnliche Handlungen“ 
verwirklicht wird; d. h. Berührungen des Körpers des passiven Teils 
mit dem entblößten Gliede des Anderen stattgefunden haben. Nun 
wird aber jeder zugeben, daß eine Appressio penis ad Corpus 
alterius wirklich noch weit entfernt ist von einer „beischlafsähn¬ 
lichen“ Handlung. Verlangt doch z. B. Reichsgerichtsrat Steng- 
lein in seinem „Strafgesetzbuch fürs Deutsche Reich“ S. 423 zum 
Tatbestand einer „beischlafsähnlichen“ Handlung resp. widernatür¬ 
lichen Unzucht eine „Immissio penis in corpus rivum,“ wie meinet¬ 
wegen in os, in anum etc. und Lieske führt an, daß B i n d i n g 
ebenfalls die Begriffe „beischlafsähnliche Handlungen“ für die Ver¬ 
brechensabgrenzung für unbrauchbar hält, kurz, der Gesetzgeber ist 
von dem Laienstandpunkt ausgegangen, daß, weil zwischen gleich¬ 
geschlechtlichen Personen ein normaler Sexual verkehr nicht 
stattfinden kann, derselbe „widernatürlich“ sein muß, ohne Berück¬ 
sichtigung des Gefühls- und Trieblebens der Homosexuellen. 





Nr. 20 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


311 


In den Vorarbeiten zum neuen Strafgesetzbuch 
ist man trotz der inzwischen erschienenen Literatur (medizinischen 
wie juristischen) zu einem höchst verwunderlichen Resultat ge¬ 
kommen. An der Hand der Vorarbeiten Mittermeyers.be- 
handelt L i e s k e die historische Entwickelung der Materien, und 
meint, die medizinische Wissenschaft habe noch zu entscheiden, ob 
in der Homosexualität eine krankhafte Veranlagung vorliege, dann 
habe nach Mitterme y er die Gesetzgebung „dem Umstande 
Rechnung zu tragen, daß viele Menschen durch Veranlagung oder 
Krankheit zum gleichgeschlechtlichen Verkehr geführt werden.“ Die 
2. Alternative schlägt gänzliche Beseitigung des § 175 vor. M i 11 e r - 
m e y e r polemisiert im großen und ganzen gegen den § 175, 
L i e s k e lobt die unparteiische und überzeugende Sachlichkeit 
dieses Autors. Und das Resultat? Eine Strafverschärfung im neuen 
§ 250 des Strafgesetzvorentwurfs und Einbeziehung der wider¬ 
natürlichen Unzucht unter weiblichen Personen, der sogenannten 
„lesbischen Liebe“. (Der Begriff „lesbische Liebe“ deckt nicht die 
homosexuellen Akte unter Weibern schlechthin, er ist nur ein Teil 
derselben, wenn auch der Hauptteil, da er den Tribadismus (Clito- 
rismus) unberücksichtigt läßt, wie ich in meinen „Vorlesungen über 
das Geschlechtsleben des Menschen“, Bd. II, S. 485 ff. gezeigt.) 

Der Vorentwurf läßt also die Urteile so vieler maßgebender 
Autoren, ja die Forschungsresultate der Sexualwissenschaft, daß es 
sich bei der Homosexualität um einen „unwiderstehlichen, krank¬ 
haften Naturtrieb“ oder wie wir richtiger sagen müssen, um einen 
unverstehlichen Naturtrieb, eine Abart des Sexualempfindens, eine 
Konstitutionsabnormität nicht krankhafter Art, ohne Degeneration 
handelt, völlig unberücksichtigt- 

L i e s k e weist rein sachlich, ohne medizinische Gutachten 
heranzuziehen, darauf hin, wie verkehrt es ist, mit Hamm nach 
der Polizei zu rufen, wenn die medizinische Wissenschaft für Auf¬ 
klärung über sexuelle Dinge arbeitet. Ueberhaupt gebührt diesem 
Autor das große Verdienst, sein Thema ruhig, sine ira und so recht 
klar und sachlich richtig vorzutragen, besonders in jenem Teil, wo 
er frägt: „ist die Strafandrohung nach der Erfahrung weitgehend 
nutzlos?“ Besser als mancher Arzt zeigt er hier, daß die in Straf¬ 
anstalten, Konvikten etc. geübten homosexuellen Akte pseudohomo¬ 
sexuelle sind. 

Zum Schluß geht L i e s k e auf die Folgeerscheinungen der 
Strafandrohung über, die Chantage, da — verschwindende Aus¬ 
nahmen abgerechnet — die Erpresser immer mit Androhung des 
§ 175 arbeiten. Lieske meint sehr richtig, selbst entgegen Mit¬ 
te r m e y e r, daß mit Wegfall des § 175 auch das Erpressertum 
aufhören würde. Er weist darauf hin, daß auch heute nur Männer, 
nie Frauen Objekte für Erpresser sind, eben weil heute der homo¬ 
sexuelle weibliche Verkehr straffrei ist, und wie ich ihm bestätigen 
kann, und es auf den ersten Blick dem Laien unmöglich erscheinen 
mag, hat dieser weibliche homosexuelle Verkehr eine Unmenge von 
Formen und Arten, die eben nur den Lesbierinnen, den Sapphistin- 
nen, den Tribaden und dem sachverständigen Arzt bekannt sind. 
Der homosexuelle Verkehr unter Weibern ist selbst in der wissen¬ 
schaftlichen Welt noch weit weniger erforscht, als der unter Män¬ 
nern, weil er weit mehr im Verborgenen sich abspielt. Lieske 
fragt, welche Tatbestandmerkmale hier die Strafbarkeit begründen 
sollen? Ebenso wie beim männlichen Geschlecht die „Beischlafs¬ 
ähnlichkeit“, denn andere dürften hier ebenfalls nicht in Frage kom¬ 
men. Solche Tatbestandsmerkmale aber können gegeben sein im 
reinen Lesbismus sen Sapphismus, wenn femina genitalia alterius 
lambit, es ist dies das Pendant zum Coitus viri in os alterius; es gibt 
hier Kennzeichen, die einen gewissen diagnostischen Wert haben; 
bei der Tribadin, genitalia alterius fricando, vulvam vel femora ad 
alterius vulvam, sei es als Tribadismus externus sen internus, sei es 
als Clitoriscorabitation, wie ich diese Dinge wohl als erster in 
Deutschland, in ihren medizinischen Details und ihren 
Folgeerscheinungen loc. cit. Band- II. Vorlesung 59, S. 466—502 
genau geschildert habe. 

Tatbestandsmerkmale gibt es also mehr als genügend, und die 
homosexuellen weiblichen Akte sind genau so zu treffen, wie die 
homosexuellen Akte unter Männern. Mittermeyer und Lieske 
irren also gewaltig, wenn sie meinen, daß bei ersteren zwischen 
gegenseitiger Onanie und beischlafähnlichen Handlungen kein Unter¬ 
schied gemacht werden könne. 

Der Strafgesetzentwurf hat also nur das eine richtige, daß er 
auch den homosexuellen weiblichen Verkehr trifft und dadurch 
auch zivilrechtlich beide Geschlechter, nicht bloß strafrechtlich, 
gleichstellt. Denn nach dem heutigen § 175, der nur den männlichen 
homosexuellen Verkehr bestraft, kann wohl eine Ehefrau gegen den 
homosexuell verkehrenden Gatten auf Scheidung klagen, aber nicht 
der Ehegatte gegen eine homosexuell verkehrende Frau, weil homo¬ 
sexueller Verkehr der letzteren heute nicht strafbar ist, also kein 
Vergehen wider die Sittlichkeit darstellt, kein „unsittliches Ver¬ 
halten“, das eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses ver¬ 
schuldet, daß dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zuge¬ 
mutet werden kann“, wie § 1568 des BGB. bestimmt, wenigstens 
müßte man als Laie logischerweise so schließen. 

Ob aber der neue Strafgesetzentwurf nun das 
Richtige trifft? Für Kenner des wahren Wesens der Ho¬ 
mosexualität ist jeder Zweifel über die Beantwortung dieser Frage 


ausgeschlossen. Ich habe loc. cit. gezeigt, daß hach dem heutigen 
Stande der medizinischen Wissenschaft Wegfall des § 175 die einzig 
wahre Lösung dieser Frage sein kann und daselbst diese meine An¬ 
schauung genau begründet. Hier näher darauf einzugehen, würde 
viel zu weit führen. 

Was aber würde, wenn § 250 des Strafgesetz¬ 
entwurfs Gesetz werdensollte, erreichtwerden? 
Meines Erachtens sicher das eine, daß wir dann 1) ebenso ein weib¬ 
liches Erpressertum erhalten werden, wie das heutige männliche 
und 2) der Mitwelt die Augen geöffnet- werden, daß es ebenso eine 
lesbische Prostitution gibt, wie es eine homosexuelle männliche 
gibt, daß diese Prostitution aber zum allergeringsten Teile aus wirk¬ 
lichen weiblichen Homosexuellen, aus Urninden besteht, sondern auch 
heterosexuellen Weibern, die nur aus „Geschäftsmaximen“, weil die 
homosexuelle weibliche Prostitution besser lohnr, als die hetero¬ 
sexuelle, ihr verruchtes Gewerbe ausübt. 

Nach meiner unmaßgeblichen Kenntnis der weiblichen Homo¬ 
sexualität werden aber zweifelsohne ein weibliches Erpressertum 
und Hervortreten der homosexuellen weiblichen Prostitution, wenn 
auch nicht in dem Umfange, wie in der männlichen, eine unabwend¬ 
bare Folge sein, auch nicht in dem Umfange, daß wie Pareut- 
Duchatelet, seinerzeit der hervorragendste Kenner des Pro¬ 
stitutionswesens von Paris, behauptete, daß „les tribades formaient 
le quart de la population generale des prostituees.“ 

Daher videant consules .... 

Vielleicht aber, daß, wenn § 250 des Strafgesetzbuches als Gesetz 
diese Folgen zeitigen sollte, man einsieht, wohin die Strafandrohung 
des homosexuellen Verkehrs überhaupt führt, daß man so gleichsam 
durch Dunkel zum Licht, per aspera ad astra gelangt. 

Jedenfalls können Lieskes Ausführungen, in Nr. 5—7 der 
„Deutschen medizinischen Presse“, die sich nur auf die rein juristi¬ 
schen Darlegungen gründen, allen sich dafür interessierenden Aerzten 
empfohlen werden. Ich habe selten so klare, reih sachliche, rich¬ 
tige Auffassungen über die Strafandrohung der homosexuellen Hand¬ 
lungen seitens eines Juristen gelesen. 


Ueber den Einfluß der innersekretorischen Anteile der Ge¬ 
schlechtsdrüsen auf die äußere Erscheinung des Menschen. Von 
Julius Tandler. Wiener Klinische Wochenschrift Nr. 13 1910. 
1910. 

Die Drüsen mit innerer Secretion wirken auf die äußere Körper¬ 
erscheinung beeinflußend 

a) „als direkt ausgelöste Veränderungen in den betreffenden 
Organen“; 

b) „als gesetzmäßige Veränderungen einer anderen Drüse mit 
innerer Secretion,“ „complementärer“ Drüsen, wie z. B. der Genital¬ 
drüse und Hypophyse; 

c) „als Veränderungen an den Erfolgsorganen, aber erst ausge¬ 
löst durch die sekundären Veränderungen einer komplementären 
Drüse.“ Verfasser teilt die Geschlechtsdrüse in den a) generativen 
und b) innersekretorischen Anteil. Der generative ist beim Manne 
die Tubuli seminiferi; die Follikel resp. die Ovula beim Weibe. Der 
innersekretorische Anteil ist beim Manne repräsentiert durch die 
interstitiellen, die Leydigschen Zellen, beim Weibe durch die Zellen 
des Stroma ovarii, resp. den Follikel und die Corpora. lutea und 
meint nun, daß von diesen innersekretorischen Ele¬ 
menten alle funktionellen und morphologischen 
Veränderungen des Körpers, die als Folgeer¬ 
scheinungen physiologischer und pathologi¬ 
scher Vorgänge an den Geschlechtsdrüsen sich 
repräsentieren, sowie die normale Entwicke¬ 
lung und Reizung der generativen Anteile der 
Geschlechtsdrüsen abhängig ist. 

Die innersekretorische Tätigkeit beruht auf Veränderungen des 
Chemismus, nicht auf nervösen und trophischen Einflüssen. Ver¬ 
fasser meint weiter, daß es gelingt, experimentell den generativen 
Einfluß zu zerstören, den sekretorischen zu erhalten, wenn man 
z. B. Hoden den Röntgenstrahlen aussetzt, oder in gewissem Grade 
durch Ligatur des Ductus deferens bei stehen. Auch der Kryptor¬ 
chismus soll dafür Belege geben, weil man hier nie Spermatogenese, 
hingegen regelmäßige normal entwickelte interstitielle Zellen, d. h. 
älso: der kryptorche Testikel ist steril, vermag aber innersekretorisch 
wohl tätig zu sein, d. h. funktionell die physiologischen Sexualerschei¬ 
nungen hervorzubringen. Der bilateral Kryptorche leidet also an 
Azoospermie, ist daher steril, hat aber alle primären und sekun¬ 
dären Geschlechtscharaktere, ist potent (i. e. potentia coeundi nicht 
generandi) etc. Die Praxis gibt hier dem Verfasser vollkommen 
recht. Diese Tatsache findet aber noch weit mehr Bestätigung bei 
der Pferdezucht. Hier ist Kryptochismus relativ häufig und Kastra¬ 
tion eines einseitigen kryptorchen Hengstes, so daß dieser nur 
seinen kryptorchen Testikel behält, ergibt als Folge nur Sterilität. 
Sonst behält das Tier völlig die männlichen primären und sekun¬ 
dären Geschlechtscharaktere, es zeigt kein Hinneigen zum weiblichen 
Typus (sogen. „Klopfhengste“). 


/ERSIT 





312 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 20 


Nielsen hat 90 kryptorche Pferdetestikel untersucht, ohne auch 
nur ein einziges Mal Sperrnatogenese zu finden. Die Tubuli semini- 
feri blieben im embryonalen resp. juvenilen Zustande stehen und 
verfallen im Alter der regressiven Metamorphose. Auch ein Fall 
von Operation an einem kryptorchen Hengste von White head 
bestätigt dies, daß die interstitiellen Zellen als innersekretorische 
Anteile der Hoden die Veränderungen des Aeußeren bedingen. 

Die gleichsinnigen Erscheinungen am Ovariuin sind viel kompli¬ 
zierter. Verfasser ist wie Born und Fränkel der Ansicht, daß 
das Corpus luteum das auslösende Moment ist für die ziklisch ab¬ 
laufenden Erscheinungen am weiblichen Genitale. Es beherrsche 
durch Hemmung bestimmte innersekretorische Qualitäten des Ova- 
riums, dafür spreche auch der Zusammenhang zwischen Ovar und 
Hypophyse, welch letztere bei der kastrierten Frau ebenso wie bei 
der graviden vergrößert sei. 

Besonders schlagend für den Zusammenhang zwischen Corpus 
luteum und sekretorischer Ovarialtätigkeit sind aber die Erschei¬ 
nungen der Hypertrophie des Corpus luteum bei der Kuh; das hier 
die Größe einer Nuß erreichen kann. Leidet eine Kuh an einer 
solchen Persistenz des Corpus luteum, so tritt die alle 21 Tage sonst 
erscheinende Brunst nicht ein, entfernt man aber das Corpus luteum, 
so tritt einige Tage post operationem die typische Brunst wieder ein. 
Während, der Schwangerschaft beim Weibe, wo das Corpus luteum 
persistiert, haben wir ja auch Fehlen der Ovulation. 

Tandler meint nun, daß der Einfluß der Keimdrüse auf den 
Organismus schon sehr frühzeitig, schon im Embryonalleben seinen 
Anfang nehmen müsse, weil man am Embryo morphologisch diese 
Zellen schon nachweisen könne, daß man aber schon vor dem Er¬ 
scheinen derselben eine innersekretorische Tätigkeit der Geschlechts¬ 
drüsen annehmen müsse, er meint mit Leuhossek, S.c h u 1 z 
u. a., daß das Gschlecht schon ab ovo bestimmt sei, daß es also 
männliche und weibliche Eier gäbe, daß es also weder eine herma- 
phroditische Anlage noch eine hermaphroditische Entwickelungszeit 
gebe, ja nicht einmal eine indifferente Anlage oder solche Ent¬ 
wicklungszeit, eine Annahme, die m. E. zu weit geht, wenn auch 
diese hermaphroditische Anlage, wie ich in einem größeren Werke 
über die Zeugung in nächster Zeit zeigen werde, nur eine pseudo- 
hermaphroditische ist. Tandler meint aber, daß der Müller- 
s c h e Gang, der durch den Funktionswechsel des W o 1 f f s c h e n 
Ganges beim männlichen Individuum (ursprünglich Exkrationsgang 
des Harnapparates, später auch der männlichen Geschlechtsdrüsen) 
überflüssig wird, beim männlichen Embryo immer wieder hervor¬ 
trete, sei nur ein Zeugnis für seine hohe phylogenetische Bedeutung, 
nicht für die bisexuelle Anlage- Die sekundären Geschlechtsorgane 
muß nun Tandler logischerweise ebenfalls als Beweis für die 
ursprüngliche bisexuelle Anlage wegbringen. Er meint nun, daß die¬ 
selben zunächst Speziescharaktere waren, die mit der Genital¬ 
sphäre primär nicht im Zusammenhang standen. Die Mamma soll 
hervorgegangen sein aus einem „Schweißdrüsenagglomerat“, dessen 
ursprüngliche Funktion wir heute nicht mehr erkennen sollen und die 
sich erst später in den Dienst einer anderen Funktion gestellt habe, 
daher hätten männliches und weibliches Säugetier eine Mamma, des¬ 
wegen könne dieselbe nicht als beweisend für eine bisexuelle An¬ 
lage angesehen werden. 

Diese Deduktionen sind meines Erachtens völlig mißglückt. 
Erstens ist die Annahme der Mamma als ursprüngliche Schweißdrüse 
völlige Hypothese, entbehrt jeder Stütze und jedes Anhaltes, und 
zweitens die weitere Annahme, daß sie sich „in den Dienst einer an¬ 
deren Funktion gesteh: habe“ ebenfalls. Wodurch soll ein so außer¬ 
ordentlich wichtiger Funktionswechsel bedingt gewesen und wie be¬ 
werkstelligt worden sein? Es heißt das m. E. die bisexuelle Anlage 
mit Gewalt hinwegargumentieren. Das ist aber nur ei n sekun¬ 
därer Geseiilechtscharakter. Als einen solchen Deim Menschen 
zieht er noch heran den Bart des Mannes, an ihm soll sekundär Ge- 
schlechtscharukter „vielleicht“ nur sein frühes Auftreten und seine 
Form sein, er soll mit anderen Behaarungsformen nur ein modifi¬ 
zierter Speziescharakter gewesen sein, weil die Behaarungsform des 
Menschen früher eine ganz andere gewesen sein muß. Dies zuge- 
standen. Wer aber will ableugnen, daß auch früher beim vor¬ 
geschichtlichen Menschen, ja beim Antropoiden die Behaarung eben¬ 
falls ein sekundärer Geschlechtscharakter gewesen ist, Männchen und 
Weibchen hier ebenfalls durch die verschiedene Behaarung gekenn¬ 
zeichnet waren? Wir wissen jedenfalls nichts darüber. 

„Unter diesem Gesichtswinkei betrachtet, sind auch andere so¬ 
genannte sekundäre Geschlechtscharaktere für die bisexuelle Anlage 
nicht verwertbar“ fährt Verfasser fort. Ich möchte sagen „unter 
diesem Gesichtswinkel betrachtet“, d. h. sie nur als „Speziescharakter 
betrachtet“ kann man unmöglich die sekundären Geschlechtscharak¬ 
tere, wie Becken, Kopf, Gehirn, Sinne, intellektuelle Organe, innere 
Organe, Kehlkopf, Stimme etc. als solche vernichten und damit nicht 
die bisexuelle Anlage. Diese Einwände erachte ich für nicht be¬ 
weisend dagegen. 

H u 1 b a u trifft m. E. den Kern der Sache, wenn er „Archiv für 
Gynaekologie“, 70. Bd. 1904, Heft II, in seiner Betrachtung über 
den Einfluß der Keimdrüsen für die Entstehung der Geschlechts¬ 
charaktere, wenn er die Geschlechtscharaktere als praeexistent an¬ 
nimmt und den Einfluß der Keimdrüsen auf die Entwickelung der 
.Sexualcharaktere leugnet, ihn aber von Bedeutung hält für die völ¬ 


lige Entwickelung und Ausgestaltung des übrigen Genitale und der 
geschlechtlichen Merkmale, welche Wirkung er als protektive be¬ 
zeichnet, zurückzuführen auf die innere Sekretion chemischer Sub¬ 
stanzen. Diese ist protektio, aber nicht formatio, d. h. kein organ¬ 
neubildender, sondern nur ein quantitativer Reiz. Nach Tandler aber 
ist der Einfluß der Geschlechtsdrüsen, schon im Embryonalleben, für 
die normale Entwickelung der primären und sekundären Geschlechts¬ 
organe eine conditio sine qua non. Die Wirksamkeit der Keim¬ 
drüsen im Embryonalleben soll die Differenz zwischen männlichen 
und weiblichen Neugeborenen bedingen, also das Geschlecht be¬ 
stimmen ! 

Verfasser betrachtet nun das Skelett als Erfolgs¬ 
organ der innersekretorischen Tätigkeit der 
Geschlechtsdrüsen. Er erinnert daran, daß der kretinische 
wie der wahre Zwerg offene Epiphysenfugen haben und trotz der¬ 
selben nicht weiterwachsen, daß die operative Entfernung der Ge¬ 
schlechtsdrüsen längeres Offenbleiben der Epiphysenfugen bedingt, 
daß Graviditätsveränderungen des Skeletts von der Entwickelung 
der Keimdrüse abhängig sind, daß jugendliche Personen während 
der Gravidität ein besonderes Längenwachstum haben, daß also 
durch die Persistenz des Corpus luteum eine Hemmung einer inner¬ 
sekretorischen Tätigkeit des Ovariums bedingt ist, daß Hochbeinig¬ 
keit des Individuums durch späte Geschlechtsreife, Kurzbeinigkeit 
durch frühzeitige Geschlechtsreife bedingt ist, daß die Praevalenz der 
Oberlänge gegenüber der Unterlänge bei weiblichen Personen ein 
Ausdruck der frühen Geschlechtsreife des weiblichen Organismus ist, 
daß die sexuelle Spätreife der Nordländer mit dem Längenwachs¬ 
tum, umgekehrt die geringe Körpergröße der Südländer mit der sexu¬ 
ellen Frühreife im Zusammenhang stehen, kurz, der Einfluß der 
Geschlechtsdrüsen bedingte das Längenwachs¬ 
tum des Menschen. 

Nun darf man nur nicht schließen, daß Mangel der männlichen 
Geschlechtsdrüse weibliches Skelett bedingt. Das ist nicht der Fall. 
Er bedingt nur Mangel der männlichen Eigenschaften. Mangel der 
weiblichen Geschlechtsdrüse, Mangel der weiblichen Eigenschaften 
des Skeletts. 

Der Einfluß der Keimdrüse auf die Haut und 
das Unterhautfettgewebe. Beim Neugeborenen zeigt sich 
gleichmäßige Fettansammlung; während der Pubertät schwin¬ 
det es und lokalisiert sich mehr, an den Nates, beim weiblichen Ge¬ 
schlecht bekanntlich an den Hüften, an den Extremitäten, zur Zeit 
der Menopause, ebenso zeigt der Kastrat bestimmte Lokalisation 
des Fettansatzes-, gerunzelte,-durchfurchte-Gesichtshaut etc. „V er- 
änderungen der äußeren Decke, Umdimensionie- 
i ung des Skeletts, Aenderungen des muskulären 
Tonus, sie bestimmen als drei kardinale Eigen¬ 
schaften Jugendlichkeit und Alter und insofern, 
als sie selbst wieder vom physiologischen Ab¬ 
lauf der innersekretorischen Tätigkeit der Ge¬ 
schlechtsdrüsen abhängig sind, insofern sind 
die Jugend- und Alterserscheinungen Funktio¬ 
nen der Keimdrüs e.“ 

Die Wechselbeziehungen zwischen inner¬ 
sekretorischen Drüsen. Verfasser macht darauf auf¬ 
merksam, daß experimentell Vergrößerung der Hypophyse nach 
Kastration festgestellt ist, ferner während der Gravidität, umgekehrt 
bedingen primäre Veränderungen der Hypophyse auch morpho¬ 
logische Veränderungen des Genitale (z. B. bei der Akromegalie). 
Die Hypophyse scheint einen regulierenden Einfluß auf das Knochen¬ 
wachstum zu haben. „Daß der Kastrat länger werden 
kann, verdankt er dem Ausfall der frühzeitigen 
Reife. Daß er aber länger wird, verdankt er wohl 
der Hypophys e“. Hypofunktion des Ovars als Folge der 
Persistenz des Corpus luteum intra graviditatern bediugt Verände¬ 
rungen der Hypophyse und damit das Skelettwachstum. Die Gra- 
viditätsyeränderungen (wie Veränderungen der Lippen etc.) sind das 
Resultat der komplementären Einwirkung der Hypophyse. 

Bei den Wechselwirkungen zwischen Thyre¬ 
oidea und Genitale ist der Einfluß der Scheiddrüse auf das 
Aeußere die Hauptsache. Bekannt sind die Sterilität der Kretinea. 
die Genitalstörungen bei Morbus Basedow, die Veränderungen der 
Thyreoidea während der Menstruation, der Gravidität, der Meno¬ 
pause etc. 

Die Beziehungen zwischen Nebennieren und 
Genitale zeigt die Impotenz beim Morbius Addisonii, der Mangel 
an Sperrnatogenese. und die Veränderungen an den interstitiellen 
Zellen dabei, die von Marchand gefundene Nebennierenver¬ 
größerung bei Pseudohermaphroditismus, die Hypertrophie der¬ 
selben bei Gravidität und Menstruation. Wahrscheinlich ist hier die 
Nebe-nnierenerkrankung das Primäre, die Geschlechtsveränderung das 
Sekundäre. 

Die Wechselbeziehungen zwischen Genitale 
undThymus wird bewiesen durch die Persistenz der letzteren, an 
Kastraten und Eunucnoiden. Bei Thymektomie zeigen sich Ver¬ 
krümmungen der Diaphysen, veränderte Reaktionsfähigkeit der 
Knochen auf Frakturen u. a. 

Kurz, die schon im Einbryonalleben funktionierenden Drüsen 
mit innerer Sekretion formen und modellieren den Körper, seine 




Nr. 20 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


313 


i 


1 

I 




Proportionen, sein Aussehen, ganz besonders aber die Geschlechts¬ 
drüse. Sie bestimmt die sekundären Geschlechtscharaktere, die 
Veränderungen der gesamten Wachstumsperiode, sie wird „ein be¬ 
stimmender Faktor für die harmonische Erscheinung des Indi¬ 
viduums.“ 

Ich bin absichtlich so ausführlich auf die Tand ler sehe Ar¬ 
beit eingegangen, um zu zeigen, wie ungeheuer wichtig eine sexual¬ 
wissenschaftliche Kenntnis und Erkenntnis des Menschen nicht bloß 
für die Biologie, sondern auch für die gesamte Medizin und be¬ 
sonders die Therapie ist, ganz besonders aber noch zu werden ver¬ 
spricht. Die Arbeit des Verfassers zeigt uns, daß wir im Anfang 
einer ganz neuen Erkenntnislehre stehen, des Einflusses des Geni¬ 
talis physisch — und wie ich noch hinzufügen möchte — psychisch, 
auf den gesamten Organismus, daß die heute noch, besonders von 
den ordentlichen Universitätsprofessoren so verachtete oder wenig¬ 
stens so geringschätzend beurteilte „Sexologie“ denn doch nicht so 
unwichtig ist, besonders aber, daß ihre Kenntnis nicht, wie mir einer 
unserer bedeutendsten Internisten einmal persönlich sagte, jeder Arzt 
sich an den Schuhsohlen abgelaufen hat. 

Die Arbeit Tandlers ist, abgesehen von seinem meiner 
Meinung nach mißglückten Versuche, die embryonale Bisexualität, 
resp. die sekundären Geschlechtscharaktere als nicht existierend hin- 
Austellen, eine außerordentlich verdienstvolle, ihre Lektüre ein be¬ 
lehrender Genuß sondergleichen und jedem denkenden Arzte 
dringend zu empfehlen. 


Magen», Darm= und Stoffwechsel» 
krankheiten. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Lohrisch, Chemnitz. 

1. Lieber den Wasserhaushalt bei Entfettungskuren. Von 

E. Reiß und M. Meyer, Frankfurt a. M. Deutsche Medizinische 
Wochenschrift 1910 Nr. 6. 

2. Alkohol in der Therapie des Diabetes. Von R. Förster, 
Berlin. Aertzliche Vierteljahresrundschau 1910 Nr. 1. 

3. Experimentelles und klinisches über die Behandlung 
von Magenkrankheiten mit Aluminiumsilikaten. Th. Rosen¬ 
heim und Ehrmann, Berlin. Deutsche Medizinische Wochenschrift 
1910 Nr. 3. 

4. Kann dem Geschlecht eine prognostische Rolle bei 
Diabetes mellitus zugemessen werden? Von Prof. Dr. I. Laache, 
Kristiania. Medizinische Klinik 1910 Nr. 13. 

5. Die Behandlung der Gicht mit Nebennierenextrakt. 
VonDr. Diesing. (Sophien-Krankenhaus in Trebschen.) Medizinische 
Klinik 1910 Nr. 13. 

6. Die Ausnutzung des Fischfleisches, im Vergleiche mit 
der des Rindfleisches und die Wirkung des Fischfleisches auf 
die Zusammensetzung des Harnes. Von B. Slovvtzoff. Zeit¬ 
schrift für physykalische und diätetische Terapie. 14. Bd., 1. Heft, 
April 1910. 

7. Zur Symptomatologie und Therapie der sekundären 
Speicheldrüsenentzündung. G. Wein länder. (Landeskranken¬ 
haus Klagenfurth.) Wiener klinische Wochenschrift 1910 Nr. 5. 

8. Ueber Vorkommen und Behandlung von Erkrankungen 
an Oxyuris vermicularis, besonders bei Erwachsenen. W. Zinn. 

,— Berlin. Therapeutische Monatshefte. Januar 1910. 

9. Ueber Heilungen der chronischen Obstipation und der 
akuten Darmlähmung durch das Peristaltikhormon. G.Zuelzer. 
— Berlin. Medizinische Klinik 1910 Nr. 11. 

10. Ueber das Peristaltikhormon Zuelzer. Von Stabsarzt 
Dr. Saar. Berlin. Medizinische Klinik 1910 Nr. 11. 

11. Zur Pathologie und Therapie der nervösen Diarrhoe. 
Von A. Bickel. — Berliner.klinische Wochenschrift 1910 Nr. 11. 

1. Die Milchkur führt, abgesehen von der Einschmelzung von Fett 
und Eiweiß, auch zu Wasserverlusten, die besonders im Anfänge der 
Kur einen beträchtlichen Teil der gesamten Gewichtsabnahme be¬ 
dingen. Reichliches Wassertrinken vermindert den Wasserverlust 
bei reiner Milchkur nicht. Im Gegensatz hierzu wird bei der Ro¬ 
se nfeldschen Entfettungskur im allgemeinen Wasser retiniert. 
Die Ursache für diese Verschiedenheit im Wasserhaushalt liegt .vor¬ 
wiegend in dem verschiedenen Kochsalzgehalt beider Kostarten. 
Gestaltet man die Milchdiät kochsalzreich und die Rosenfeld- 
sche Diät kochsalzarm, so kann das Verhalten der Wasserbilanz 
bei den genannten Entfettungskuren umgekehrt werden. Die gegen¬ 
seitige Abhängigkeit des Wasser- und Salzstoffwechsels wird be¬ 
dingt durch den Abwehrtrieb gegen anormale osmotische Verhält¬ 
nisse. Außer durch die Zufuhr von Wasser und Salzen kann auch 
durch die Prozesse der Verdauung und des intermediären Stoff¬ 
wechsels die Wasser- und Salzbilanz beeinflußt werden. 

2. Der Alkohol steigert beim Diabetes die Glykosurie nicht, ver¬ 
mindert mitunter die Acetonurie und ist oft unersetzlich zur Anregung 
der Herztätigkeit und zur Erleichterung hoher Fettzufuhr in schweren 
Fällen, und wenn es sich darum handelt, einen sehr heruntergekom¬ 
menen Körper durch reichliche Fettzufuhr wieder hoch zu bringen. 
Besonders bei der Komplikation des Diabetes mit der Lungentuber¬ 
kulose wird der Alkohol gerühmt. Die Zufuhr des Alkohols hat in 


Form von ungesüßten Weinen, Cognak, Rum, Arrak zu erfolgen. 
Kontraindiziert ist die Alkoholzufuhr bei Diabetes in den seltenen 
Fällen, die durch Alkoholismus entstanden sind. Vorsicht ist ferner 
nötig bei den Fällen, die mit Naphritis kompliziert sind und bei Ge- 
fäßveränderungen. 

3. Bei ausgedehnter Verwendung des Aluminiumsilikates Neu¬ 
tra 1 o n , über das schon früher berichtet worden ist, hat sich fol¬ 
gendes gefunden: bei allen sekretorischen Reizzuständen des Magens 
(Hyperacidität, Hypersekretion), mochten sie primär neurogen sein 
oder organische Grundlagen haben resp. mit organischen Schädi¬ 
gungen vergesellschaftet sein, hat sich das Neulralon vielfach als 
säuretilgendes, schmerzberuhigendes, den Ablauf der Digestion 
günstig beeinflussendes Mittel bewährt; besonders wurde ein gün¬ 
stiges Resultat erzielt bei sehr hartnäckiger Hypersekretion, sowohl 
der alimentären wie der kontinuierlichen Form, mit mehr oder we¬ 
niger beträchtlicher motorischer Insuffizienz. Dabei ließ sich objektiv 
wiederholt eine Herabsetzung der Sekretionsenergie, also eine Ver¬ 
minderung der Hyperacidität, wie auch eine Verringerung des Magen¬ 
saftflusses im nüchternen Zustande erweisen. Dies waren auch die 
Fälle, bei denen das Neutraion den Kranken gelegentlich noch Er¬ 
leichterung schaffte, wo andere fortdauernde gebrauchte Medika¬ 
mente, insbesondere Alkalien wenig oder gar nichts mehr leisteten. 
Einigemale wurde eine gute Wirkung des Neutraions bei allgemeiner 
Hyperästhesie der Magenschleimhaut auf dem Boden von Anämie 
und Chlorose, bei lästigen Paraesthesien, bei sensiblen Reizzu¬ 
ständen, die wir sonst auch erfolgreich mit Argentum nitricum zu 
behandeln vermögen, beobachtet. Beim Ulcus wurden die von der 
begleitenden Labdrüsenirritation abhängigen Säurereizerscheinungen 
günstig beeinflußt, aber die prompte Heilwirkung, die Wismut in 
großen Dosen, nüchtern genommen, so oft zeigt, wurde bei gleicher 
Anwendungsweise des Neutraions nicht in demselben Maße erreicht. 
Die Verordnung des Neutraions hat sich am meisten in der Art be¬ 
währt, daß V*—1 Teelöffel voll mit etwa 100 g Wasser ungefähr 
V-•—1 Stunde vor den größeren Mahlzeiten dreimal täglich ge¬ 
nommen wurde. Auch ganz große Dosen Neutraion wurden, da es 
geruchlos und im Geschmacke indifferent ist, stets willig genommen; 
nie sahen die Verfasser unangenehme Nebenerscheinungen, besonders 
nicht, worauf vornehmlich geachtet wurde, von seiten des Darmes. 
Damit ist nicht gesagt, daß nicht eine Wirkung des Aluminium¬ 
salzes im Darm stattfindet, denn es ist nicht von der Hand zu weisen, 
daß Aluminiumchlorid, wie wir theoretisch voraussetzen dürfen, das 
Wachstum der Bakterienflora zu hemmen vermag. Die Unter¬ 
suchungen der Verfasser über die Darmwirkung sind noch im Gange. 

4. Von 122 Diabetikern gehörten 63,1 pCt. dem männlichen, 36,9 
pCt. dem weiblichen Geschlechte an. Von den männlichen Krankeii 
starben 22 pCt., von den weiblichen 40 pCt. Diese anscheinend 
größere Mortalität bei den Frauen ist nur eine scheinbare; der Grund 
liegt in der Statistik des Verfassers darin, daß unter den Frauen das 
3. Jahrzehnt, also ein verhältnismäßig junges mit einer an und für 
sich wenig günstige Prognose, verhältnismäßig stark vertreten war. 

5. Der Verfasser hat die Gicht mit einem verminderten Schwefel¬ 
gehalt des Hämoglobins in Verbindung gebracht: Er ist der Ansicht, 
daß bei der Gicht infolge Verarmung des Blutes an Schwefel ein 
Anreiz zur völligen Verbrennung der Kornsubstanzen fortfällt und 
daß es auf diese Weise anstatt zur völligen Verbrennung der Kern¬ 
substanzen bis zur Endstufe des Harnstoffes und dessen Ausscheidung 
durch den Harn zur Ansammlung von Harnsäure in den dazu prä¬ 
disponierten Geweben kommt. So erklären sich vielleicht zu einem 
Teile die Erfolge der Schwefelbäder Aachens in der Behandlung der 
Gicht. Der Verfasser hat daher den stark schwefelhaltigen 
Farbstoff der Nebennieren in der Behandlung der Gicht 
verwendet und hat damit, besonders in Verbindung mit Fango¬ 
packungen und den üblichen diätetischen Maßnahmen so überraschend 
schnelle, vollkommene und anhaltende Erfolge erzielt, daß seiner 
Ansicht nach dieses neue Nebennierenpräparat" alle anderen bisher 
bei Gicht gebräuchlichen Medikamente übertrifft und in Verbin¬ 
dung mit den diätetischen und physikalischen Heilfaktoren die wirk¬ 
samste Behandlung der Gicht darstellt. Das Präparat wird unter 
dem Namen Adrenochro m von der pharmazeutischen Fabrik 
Dr. Laboschin, Berlin NW. Dortmunderstraße 11/12, hergestellt. 

0. Der Ersatz des Fleisches durch frischen gekochten Lisch wirkt 
sehr günstig auf die Stickstoffausnutzung. Wenn der Fisch gut ge¬ 
salzen und geräuchert ist, so wird die N-Ausnutzung schlechter im Ver¬ 
gleiche mit dem frischen Fisch. Die Ausnutzung wird noch schlechter, 
wenn' man anstatt Fleisch gesalzenen Fisch gibt. Der getrocknete 
Fisch wird schlechter ausgenutzt als das Fleisch. 

7. Pur die Diagnose akuter eitriger Speicheldrüsenentzündung ist 
es wichtig, wenn man bei Druck auf die Drüsen aus dem Duktus 
Stenonianus Eiter auspressen kann. Dieses Auspressen des ent¬ 
zündlichen Sekretes ist auch therapeutisch wichtig, denn man sieht 
danach oft Besserungen und Heilungen der Erkrankung. Verfasser 
empfiehlt daher bei den akuten Speicheldrüsenentzündungen ein 
mehrmals täglich vorgenommenes Ausdrücken derselben oder eine 
milde Streichmassage neben feuchten warmen Umschlägen als 
durchaus ungefährliche Behandlung dieser Zustände. 

8 Die Therapie der Oxyuren bezweckt die|Entfernung der jungen 
Brut aus dem Dünndarm, Reinigung des Dickdarmes von den er¬ 
wachsenen Tieren und Schutz des Patienten vor neuer Erkrankung. 










314 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 20 



Im speziellen gibt Z. folgende Vorschriften für Erwachsene (Kinder 
bekommen entsprechend kleinere Dosen): 

1. Tag: Leichte flüssige breiige Kost. Nachmittags 3 Uhr 
Calomel und Tubera Jalapae ea U,5; 6 Uhr Seifeneinläufe von 1 bis 
2 1 /a Liter, warm. Dadurch wird der ganze Darm gut entleert und 
für die Einwirkung des Wurmmittels vorbereitet. 

2. Tag: Flüssige Nahrung mit 2—4 Buttersemmeln. Früh 
1 Tasse schwarzen Kaffee. Vormittags 8, 10 und 12 Uhr je ein 
Pulver von Santonin 0,05, Calomel 0,1. Nachmittags 2 Uhr 2 E߬ 
löffel Rizinusöl. Bei wenig Stuhl um 4 Uhr dieselbe Dosis. 

3. Tag: Flüssige und breiige Kost. Früh warmes Vollbad. 
Vormittags und nachmittags je ein Einlauf (eventuell in Knieellen¬ 
bogenlage) mit je 1—2V-> Liter 0,2—0,5% warmer Lösung von Sapo 
medicatus. 

4. und 5. Tag: Dasselbe. Abends warmes Bad. 

Vor und nach jeder Mahlzeit sorgfältiges Waschen der Hände 
mit warmem Wasser, Seife und Bürste, danach mit Alkohol oder 
Sublimat (1 : 3000). Nach jeder Defäkation sorgfältige Waschung 
der Analgegend und der Hände. Die Arzneien werden zu den 
Mahlzeiten gegeben. Die Kost sei knapp. Der Patient wird über den 
Weg der Ansteckung genau belehrt, so daß er das Wesen der Be¬ 
handlung versteht. Nach Beendigung der Kur Wechsel der Bett- 
und Leibwäsche. 

Diese an sich einfache Behandlung ist in der Regel in der 
Wohnung schwer durchzuführen. Z. empfiehlt deshalb, den Kranken 
für die betreffenden Tage im Krankenhause oder der Klinik unterzu¬ 
bringen. Die Kur kann mit jedem der gebräuchlichen Abführ- oder 
Wurmmittel durchgefiihrt werden per os und per rektum. Der 
Zusatz von wurmtötenden Mitteln, wie Extraktum Filic, mar aeth., 
Naphthalin und anderen zu den Klysmen ist ratsam. Das Extraktum 
Filic. muß mit dünnem Haferschleim verrührt und allmählich zu 
1— 2 V 2 Liter Haferschleim als Klysma aufgefüllt werden, da es sich 
sonst nicht mischt. 

Auf diese Weise gelingt es oft in wenigen Tagen, die Oxyuren 
sicher zu entfernen. Bei Erwachsenen und älteren Kindern genügen 
im allgemeinen 5 Tage. Bei jüngeren verlängern die Schwierig¬ 
keiten der Einläufe die Kur gelegentlich um einige Tage. Hier 
empfiehlt sich die Wiederholung nach 8 Tagen, um etwa zurück¬ 
gebliebene Exemplare zu entfernen. Weitere Wiederholungen sind 
nur in Zwischenräumen von 2—4 Wochen ausnahmsweise nötig. 

9. Das Peristaltikhormon ist ein von Z. aus der Magenschleimhaut 
und neuerdings aus der Milz durch Extraktion hergestellter chemischer 
Körper, der auf dem Wege der Blutbahn die Darmmuskulatur er¬ 
regt. Z. berichtet über 26 Fälle chronischer Obstipation, bei denen 
er das Hormon angewendet hat. In 71"/o der Fälle erfolgte auf eine 
Einspritzung Heilung, in 29 °/o war ein Mißerfolg zu verzeichnen. Das 
Peristaltikhormon wird intramuskulär (Glutäen) in Mengen von 
15—20 ccm. eingespritzt. Schon nach wenig Stunden läßt sich 
häufig vermehrte Darmperistaltik konstatieren. Nach den Injektionen 
treten zuweilen mäßiges Fieber, Kopfschmerzen und Mattigkeit ein, 
die aber nur von kurzer Dauer sind. Weitere unangenehme Neben¬ 
wirkungen hat man bisher nicht beobachtet. Z. hat das Hormon auch 
in einigen Fällen akuter Darmlähmung und ileusartiger Zustände 
mit Erfolg angewendet. 

10. S. berichtet ebenfalls über erfolgreiche Anwendung des 
Z u e 1 z e r sehen Peristaltikhormons in einigen Fällen chronischer 
Obstipation. Er empfiehlt, die Hormonwirkung durch gleichzeitige 
Verabreichung einer reichlichen Dosis Emulsio ricinosa, welche als 
Schiebemittel wirken soll, z uuntereützen. 

11. B. unterscheidet eine psychogene und eine reflektorische Form 
der nervösen Diarrhoe. Für beide Formen des nervösen Durchfalles 
ist charakteristisch, daß es immer nur ein bestimmter Reiz ist, der den 
Durchfall verursacht, ein Reiz, der anderseits so geringfügig ist, daß 
er beim Gesunden absolut wirkungslos bleibt. Die Ursache dieser 
abnormen Reizwirkung sucht B. in einer Herabminderung zentraler 
Hemmungsprozesse, infolgederen die Darmmuskulatur und Darm- 
diiisen leichter erregbar sind. 

Hieraus geht hervor, daß Stopfmittel in der Behandlung der 
nervösen Diarrhoe zwecklos sind. Im Vordergründe steht die psy¬ 
chische Behandlung, die vor allem darauf gerichtet sein muß, diese 
Kranken von der anatomischen Gesundheit ihrer Verdauungsorgane 
zu überzeugen und ihre Aufmerksamkeit von den Verdauungsorganen 
abzulenken. Damit Hand in Hand geht eine physikalische und 
speziell hydrotherapeutische Behandlung der Kranken. Es kommt 
dabei nicht so sehr auf örtliche Applikationen auf die Bauchorgane 
an, sondern es ist auf eine allgemeine hydriatische Behandlung das 
Hauptgewicht zu legen (kühle Halbbäder, Duschen, Abreibungen). 
Der den Durchfall auslösende Reiz ist nach Möglichkeit zu be¬ 
seitigen. Gleichzeitig hat eine roborierende Behandlung des ganzen 
Körpers einzusetzen unter Anwendung von Eisen- und Arsen¬ 
präparaten und Stahlbädern. Sehr günstig wirkt oft Aufenthalt in 
einem Luftkurort mittlerer Höhenlage (1000 m). Ein bestimmtes 
Diätschema ist nicht aufzustellen. Hier muß individualisiert werden. 
Diätvorschriften haben mehr erzieherischen Zweck als die Beein¬ 
flussung bestimmter Darmfunktionen zu erfüllen. Häufig ist eine 
Sanatoriumbehandlung nicht zu umgehen. 

Im akuten Anfalle erweist sich Bettruhe und Wärmeapplikation 
auf den Leib als zweckmäßig. In schweren Fällen wird Opium 
nicht immer zu umgehen sein. 


Neurologie und Psychiatrie. 

Referent: Irrenarzt Dr. Wern. H. Becker, Weilmünster. 

1. Geistesstörung bei Leprakranken. Von Dr. Moreira, 
Rio de Janeiro. Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie, Bd. LXVII, 
Heft 2, 1910. 

2. Zur Aetiologie der Heine=Medinschen Krankheit von 

Prof. Bon hoff-Marburg. Deutsche medizinische Wochenschrift, 
No. 12, 1910. 

1. Neue Fälle teils eigner, teils fremder Beobachtung hat Ver¬ 
fasser zusammengestellt, wo gleichzeitig Geistesstörung und Aussatz 
vorlag. Einen Kausalnexus zwischen beiden Krankheiten erkennt 
Verfasser, der offenbar eine große Lepraerfahrung besitzt, nicht an; 
insbesondere gibt es keine besondere Form von Geistesstörung bei 
Leprösen. In seltenen Fällen zeigte sich nur der Korsakowsche 
Syndrom bei der Polyneuritis leprosa. Die Ursache geistiger 
Störung ist bei Leprakranken meist in einer Komplikation (Tuber¬ 
kulose, Streptokokkeninvasion, Arteriosklerose usw.) zu suchen. 

2. Je zwei zur Sektion gelangten Fällen von spinaler Kinder¬ 
lähmung, id est Heine-Medinscher Krankheit, hat Verfasser mit 
Sicherheit Kerneinschlüsse in den Neurogliazellen nachgewiesen 
und sieht sie für Fremdgebilde an, spezifisch für die in Rede 
stehende Erkrankung. Die Organe wurden in Sublimatalkohol 
konserviert und die Schnitte nach Mann gefärbt 

Sehr erfreulich ist der Fortschritt der Wissenschaft in diesem 
bisher noch so unklar gewesenen Krankheitsbild und sehr zu be¬ 
willkommnen, daß auch einmal ein Hygieniker und Bakteriologe 
neben den Klinizisten mit einem Forschungsergebnis hervortritt. 


Französische Literatur, 

1. Pinard. La menstruation dans ses rapports avec 
l’ovulation, la fecondation, la gestation et l’allaitement in 
Le Bulletin Medical. 11. Dez. 1909. 

2. Comby. Vomissements cycliques chez les enfants in 
Le Journal de Medecine et de Chirurgie pratiques. 25. Okt. “1909. 

3. Panchet. L’asepsie par l’iode in La Clinique. 1909. No. 53. 

4. Audibert u. Monges. L’autoserotherapie de l’Ascite in 
La Presse Medicale. 2. Februar 1910. 

1. Pinard, Professor der Geburtshilfe in Paris, hat seine be¬ 
sonderen Ansichten über die Menstruation. Während man allge¬ 
mein die Menstruation als eine Funktion, folglich als einen normalen 
Vorgang betrachtet, hält sie Pinard für eine Komplikation der weib¬ 
lichen Geschlechtsfunktionen, somit als einen eigentlich nicht nor¬ 
malen Vorgang. Pinard führt in seinem Artikel eine große Reihe 
von Fällen aus seiner enorm reichen Erfahrung an und zieht dann 
zum Schlüsse aus denselben seine eigene biologische und philo¬ 
sophische Auffassung der Menstruation, die sich folgendermaßen 
zusammenfassen läßt: 

Bis zum Alter, in dem die Menstruation eintritt, ist die Frau 
nur ein Stützorganismus für einen in ihren Ovarien liegenden Schatz: 
die Primoidialeier. Was die Frau in den Ovarien trägt, ist viel 
älter als sie selbst, ist etwas Unsterbliches, ist die Spezies, die in 
ihr schlummert. Wenn diese reift, wenn die Primoidialeier sich 
entwickeln, so wird der Stützorganismus völlig von der Spezies be¬ 
herrscht, und zwar um so stärker, je gesünder er ist. Die durch 
diesen Motor in Betrieb gesetzte Maschine läuft in harmonischem 
Rhythmus verschiedene Phasen durch: Ovulation. Fekundation, 
Schwangerschaft, Geburt, Stillen. Dies ist der Zyklus. Die Men¬ 
struation kommt darin nicht vor. Sie ist ein Zwischenfall, sie ist 
der Abortus des unbefruchteten Ovulum. Die Frau im Naturzustände, 
die gesunde Frau dürfte nie ihre Regeln haben. Wenn sie sie doch 
hat, so ist es eben, weil das Eichen, das sie in sich gebrütet, nicht 
befruchtet worden ist, sei es, daß die Frau es so gewollt, oder daß 
Umstände dies verhindert haben. Nach dem harmonischen Rhythmus 
folgt darauf periodisch ein zweites Eichen und das erste wird durch 
die einem Abortus vergleichbare Menstruation ausgestoßen. Die 
Menstruation ist also nicht eine Funktion, sondern die Manifestation 
einer Fehlovulation. 

2. Eine erst in neuerer Zeit beobachtete und beschriebene 
Krankheit der Kinder sind die periodischen Anfälle von unstillbarem 
Erbrechen, die sich bald in regelmäßigem Intervall, bald unregel¬ 
mäßig, einstellen. Diese Affektion, die besonders in den späteren 
Kinderjahren vorkommt, ist nach Comby ziemlich häufig und steht 
in Beziehung zur arthritischen Diathese. Der Anfall tritt plötzlich, 
mitten in guter Gesundheit, auf: anfänglich werden Speisen, später 
Schleim und Galle erbrochen. Das Erbrechen ist schmerzhaft, die 
Kinder nehmen während der Anfälle rapide an Körpergewicht ab. 
Bisweilen gehen schwere nervöse Erscheinungen mit dem Anfall 
einher, wie Kopfschmerz, Delirium, Krämpfe und Kollaps. Oft wird 
daher fälschlich die Diagnose einer Meningitis gestellt. Die meisten 
Kinder genesen, einige sterben immerhin im Anfalle. 

Während der Krisis selbst ist die Therapie ziemlich machtlos. 
Subkutane Kochsalzinfusionen und Gaben von doppeltkohlensaurem 
Natron werden empfohlen. In der Zeit zwischen den Anfällen soll 




Nr. 20 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


315 


der Patient hauptsächlich vegetabilisch ernährt werden, seine Haut¬ 
tätigkeit soll durch laue und kalte Duschen angeregt werden und 
er soll sich möglichst viel in freier Luft aufhalten. 

3. In Frankreich erfreut sich gegenwärtig die Jodtinktur einer 
großen Beliebtheit als Desinfektionsmittel In dringenden Operations¬ 
fällen ist sie das Vorzugsmittel zur Hautdesinfektion des Patienten. Die 
Jodtinktur ist für die praktischen Aerzte angelegentlichst zu empfehlen 
für die Fälle, bei denen ihnen die Zeit fehlt, sich die Hände zu 
desinfizieren. Eine rapide Einpinselung der Palmarfläche der Finger 
und des Nagelfalzes gibt hinreichende Antisepsis und schützt den 
Arzt selbst vor Infektion. 

Vor und nach jeder Punktion, Thorakozentese usw. genügt eine 
Jodpinselung, es ist dann weder eine Abwaschung voiher, noch 
ein Verkleben mit Kollodium nachher erforderlich. Vor jeder Ope¬ 
ration läßt Panchet die Haut des Patienten in großer Ausdehnung 
mit Jodtinktur überpinseln. Nach 3 Minuten wird dies wiederholt, 
und sobald die Haut trocken ist, wird operiert. Die Erfolge sind 
ebensogut, wie bei der alten Methode, die Bürste, Seife, Wasser, 
Aether und Alkohol anwendete, dagegen ist das neue Verfahren 
bedeutend einfacher und viel rascher durchzuführen. 

4. Zwei Aerzte in Marseille haben eine neue Methode zur Be¬ 
handlung des Aszites erdacht, sie nennen dieselbe die Autosero¬ 
therapie; sie verstehen darunter die Verwendung der Aszitesflüssig¬ 
keit selbst zu therapeutischem Zwecke. Die Aszitesflüssigkeit, be¬ 
sonders bei Leberkrankheiten, enthält nämlich, wie es hauptsächlich 
die gründlichen Untersuchungen von Hoppe-Seyler erwiesen 
haben, die zum Blutserum und zum Aufbau der organischen Ge¬ 
webe erforderlichen Stoffe in reichlicher Menge. Die beiden Autoren 
haben sich daher die Frage vorgelegt, ob die direkte Einführung 
dieser ihrer chemischen Zusammensetzung nach hochstehenden 
Flüssigkeit in den Körperhaushalt nicht geeignet wäre, daselbst 
heilsame Reaktionen hervorzurufen. Sie glauben, dies auf Grund 
ihrer Versuche bejahen zu können und gelangen zu folgenden 
Schlüssen: 

Die Aszites-Autoserotherapie ist immer durchaus schmerzlos 
und führt zu keiner lokalen Reaktion, sie hat weder auf die Tempe¬ 
ratur, noch auf die Chlor- und Harnstoffausscheidung einen Einfluß, 
dagegen führt sie eine starke Polyurie herbei, die Harnmenge steigt 
meist von % auf 1 1 / 2 Liter, und damit geht der Aszites zurück und 
das Allgemeinbefinden bessert sich. Es ist empfehlenswert, gleich¬ 
zeitig die Patienten nur mit Milch zu ernähren, bei Gewährung 
fester Speisen muß die Injektionsmenge gesteigert werden. Diese 
Menge ist übrigens gering, man beginnt mit 3 ccm und steigt bis 
höchstens 10 ccm auf. Die Autoren machen gewöhnlich eine Ein¬ 
spritzung alle 6 Tage, sie punktieren dazu die Bauchhöhle, ziehen 
darauf die Spitze der Nadel der Spritze an der Bauchhöhle, nicht 
aber aus den Bauchdecken heraus, in welche hinein subkutan nun 
sofort die der Bauchhöhle entnommene paar Kubikzentimeter der As¬ 
zitesflüssigkeit injiziert werden. Die Autoren empfehlen diese Be¬ 
handlung besonders für die rezidivierenden Aszitesfälle, wo sie oft 
Erfolge hat, wenn alle anderen Methoden im Stiche lassen. 


Varia. 

Kultur und körperliche Tüchtigkeit. Von Dr. W. Claaßen. 
Die Umschau, 1910, No. 3, S. 49. 

Im Anschluß an die Veröffentlichung des Oberregierungsrates 
Evert über die „Herkunft der deutschen Unteroffiziere und Soldaten“ 
hat Claaßen neuerdings Untersuchungen darüber angestellt, was 
sich Neues über die körperliche Tüchtigkeit des deutschen 
Volkes ergeben hat, welche Untersuchungen im wesentlichen die 
bereits früher von ihm ermittelten Resultate bestätigten (vergl. Um¬ 
schau 1907, No. 9). Nach der Rekrutierungsstatistik für 1902-1907 waren 
im Durchschnitt der 6 Jahre von ländlichen Rekruten rund 60%, 
von städtischen und solchen aus Orten mit mehr als 2000 Ein¬ 
wohnern nur 50°/ 0 , von den Berlinern nur 1 j 3 kriegsbrauchbar. 
Hiernach würde sich also die Kriegstüchtigkeit nach der Ortsgröße 
abstufen. Abgesehen davon kommt für die Leistung der einzelnen 
Gebiete Deutschlands für die Wehrhaftigkeit der Nation die Frucht¬ 
barkeit des weiblichen Geschlechts in Betracht. Von Einfluß ist 
ferner die Wohnungsdichtigkeit, indem 1885 auf 10000 Einwohner 
113,9°/ 0 des Gesamtdurchschnitts an kriegstüchtigen Soldaten aus 
Dörfern, 91,0% aus Land-, 85,6% aus Klein-, 82,8% aus Mittel¬ 
und nur 64,6% aus Großstädten kamen. Die soziale Stellung ist 
weniger von Einfluß, indem die meist von Tagelöhnern bewohnten 
ostpreußischen Dörfer und Güter am günstigsten dastehen. Sie 
liefern 146% des Gesamtdurchschnitts an Soldaten, die süd- und 
westdeutschen Bauerndörfer dagegen unter dem Durchschnitt. Alles 
in allem: „Die Wehrhaftigkeit steht im umgekehrten Verhältnis zur 
Kultur“. Dr. Peltzer, Stegli'z. 

Poscharissky. Induratio lienis fibrosa circumscrifta. 
(Aus d. Inst. f. path. Anat. der Univ. Odessa.) Univ.-Arch. 198,2. 

Verfasser folgert aus einem Untersuchungsmaterial von 9 Milzen, 
in denen eigenartige herdweise Veränderungen gefunden wurden, 


und die er genauer beschreibt, daß solche scharf umgrenzten 
Bildungen von blässerer Farbe als die Pulpa und von mikroskopischer 
bis Erbsengroße bei Erwachsenen und den verschiedensten Ver¬ 
änderungen ungefähr in 3% im Körper gefunden werden. Die 
Herde liegen sowohl an verschiedenen Stellen der Pulpa, als auch 
in der Nähe der Kapsel. Erstere zeigen häufiger eine runde, die 
anderen eine Dreieckform. Sie bestehen aus einem sklerosierten 
Stroma, das in ein derbes Bindegewebe umgewandelt wurde, welches 
von kavernösen Venen durchsetzt ist, die teils komprimiert, teils von 
ziemlicher Weite sind. Diese Herde stellen Bezirke von Herd¬ 
sklerose des Milzstromas dar. Geißler, Neu-Ruppin. 

N. Tcherventzoff. Les modifications du foie dans la 
peste bubonique. (Laboratoire d’anatom. path. de lTnstit. Imperial 
de medecine experieur et du fort „Empereur Alexandre I“ ä Cron- 
stadt, Russie.) Arch. des Sciences biolog. Petersbourg 1908, 
Tome XIII, 4. 5. 

Makroskopisch ist die Leber bei der Bubonenpest hypertrophisch, 
hyperämisch, in akuten Fällen rotgelb, in den mehr chronischen 
gelb. Manchmal sieht man Hämorrhagien, meist weiße oder gelb¬ 
weiße Knötchen. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, daß 
Parenchym und Blutgefäße Veränderungen erfahren. Verfasser geht 
auf die Beobachtungen früherer Untersucher ein. Sie alle fanden, 
daß die mikroskopisch wahrnehmbaren krankhaften Vorgänge sich 
an den Parenchymzellen, Gefäßendothelien, Gallengängen und 
Bindegewebe abspielten. T. untersuchte die Lebern von Ratten und 
Kaninchen aus den verschiedensten Krankheitsstadien. Letztere 
Tierart ist für die Krankheit weniger empfänglich als erstere. Je 
intensiver bei den Ratten die Krankheit auftrat, desto ausge¬ 
sprochener waren die Entzündungserscheinungen und ebenso desto 
schwerer die albuminoide und fettige Degeneration der Leber¬ 
parenchymzellen. An den Stellen, wo sich Knötchen aus Leukozyten 
bildeten, verloren die Leberbälkchen an Volumen. Die in den 
Knötchee liegenden Leberzellen waren destruiert. Aehnliche Vor¬ 
gänge fanden sich bei den Kaninchen, doch waren hier noch zahl¬ 
reiche Hämorrhagien vorhanden. Die Unterschiede der beiden 
Tierarten bestanden darin, daß bei den Ratten die Erscheinungen 
sehr schnell auftraten und bald ihren Höhepunkt erreichten. Bei 
den Kaninchen erreichten sie nur dann einen gleich hohen Grad, 
wenn die Pestbazillen durch die Vena mesenterica superior in den 
Körper eingebracht wurden. Die Heilung bei beiden erfolgte in 
der Weise, daß sich neue Leberzellen aus alten durch Teilung 
bildeten, ebenso Zellen des Endothels der Gefäße aus erhalten ge¬ 
bliebenen älteren. Die Knötchen resorbierten sich allmählich und 
das Bindegewebe um sie herum nahm zu, ohne daß aber eine 
stärkere Narbenbildung entstand. Geißler, Neu-Ruppin. 

H. Gotting. Ueber die bei jungen Tieren durch kalk= 
arme Ernährung und Oxalsäurefütterung entstehenden 
Knochenveränderungen. (Aus dem path. Inst, des Rud. Virchow- 
Krankenh. Berlin.) Virch.-Arch. 197,1. 

Die Ansichten, ob man durch kalkarme Nahrung oder Säure¬ 
zufuhr bei Tieren künstlich Rhachitis erzeugen kann, sind bisher 
nicht geklärt und es bestehen bei den verschiedenen Untersuchern 
auseinandergehende Meinungen. Der Grund für diese Divergenz 
beruht auf der verschiedenen Beurteilung und Bewertung des 
Krankheitsbildes durch die Beobachter. Verfasser untersuchte 
Knochen von Tieren, die teils kalkarm ernährt, teils mit oxalsäure¬ 
haltiger Nahrung gefüttert waren. Bei Tieren der ersten Art fanden 
sich Verbreiterung der Knorpelwucherungsschicht, fast völliges Fehlen 
der provisorischen Knorpelverkalkung, geringe periostale Wucherungen 
und Osteoporose hohen Grades infolge ausgedehnter lakunärer 
Acrosion durch Osteaklasten, also ein der Rhachitis sehr ähnliches 
Bild. Eine Abweichung lag in dem Kalklosbleiben des osteoiden 
Gewebes. Bei Fütterung mit Oxalsäure bestand eine erhebliche 
Verbreiterung der Knorpelwucherungsschicht, fast völliges Fehlen der 
präparatorischen Verkalkung, geringe periostale Verdickung und 
Osteoporose, normal vor sich gehende Verkalkung, keine Steigerung 
der Resorptionsvorgänge. Das erzielte Krankheitsbild war mit 
Rhachitis nicht identisch, indem die Verkalkung des neugebildeten 
Knochengewebes in normaler Weise erfolgte. Die Ursache für das 
Kalklosbleiben des osteoiden Gewebes bei Rhachitis hat man in 
der Beschaffenheit dieses Gewebes selbst zu suchen. Verbreiteter 
Knorpelwucherungsschicht und periostale Wucherungen sind nur 
sekundäre Erscheinungen der Rhachitis, nicht für Rhachitis beweisend. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

Zur Dauerwirkung CO.-haltiger Solbäder bei Kreislaufstörun¬ 
gen. Dr. Schuster, Bad Nauheim. Medizinische Klinik 1910, 
No. 15. 

Die Temperatur und chemophysikalische Be¬ 
schaffenheit COahaltiger Solbäder (29—32° C) rufen zu¬ 
nächst eine mehr oder weniger starke impulsive Anregung 
des Herzens hervor, nach welcher alsbald eine schonende 
Entlastung eintritt mit nachfolgender Verlangsamung 
der Herzaktion und Erhöhung des Schlagvolums. 
Es handelt sich hier nicht bloß um eine direkte periphere, 
sondern auch um eine reflektorische, centripetale 










316 


THERAPEUTISCHE^RUNDSCHAU 


Nr. 20 


Gefäß Wirkung mit zentralem, kardialem Reiz¬ 
effekt. Die innigen vitalen Beziehungen zwischen 
Herz und Gefäßsystem, die zur gegenseitigen An¬ 
passung und Regulierung führen, können durch 
zweckmäßige Anregung bestehende Kreislauf¬ 
störungen beseitigen resp. bessern, wie die jahre¬ 
langen Beobachtungen an zahlreichen Fällen lehren. 

Eigenartig sind die im Laufe der Kur auftretenden Reak- 
tioirserscheinungen. Die Ausgleichungen spielen sich eben 
nicht immer einfach und glatt ab. Erst wenn die Reizwirkungen 
gänzlich abgeklungen sind, stellt sich eine gewisse Harmonie und 
ruhige Anpassung ein, ein Zustand, den man als „N a c h w i r k u n g“ 
bezeichnet. 

Durch unzweckmäßige Anwendung COshaltiger 
. Solbäder können auch Mißerfolge eintreten. Genaue ärztliche 
Kontrolle ist deshalb nötig. Leider haben wir bis jetzt noch keine 
zuverlässige Methode, um genau festzustellen, welche Patienten für 
eine derartige Kur sicher geeignet sind. Die Erfahrung, der prak¬ 
tische Blick und das Feingefühl des Arztes entscheiden vorerst noch. 

Es kommen auffallende Erfolge vor, selbst bei sehr schweren 
Fällen, es muß jedoch eine genügende, anregungsfähige 
Reservekraft des Herzens vorhanden sein, um unter Mit¬ 
wirkung des mit dem Herzen vital verbundenen Gefäßsystems gute 
und dauernde Erfolge erzielen zu können. — Schwere Er¬ 
schöpfungszustände des Myokards, bei denen 
man keine genügende Reservekraft mehr ver¬ 
mutet, sind kontraindiziert. 

Die Arteriosklerose ist für COahaltige Solbäder ent¬ 
schieden an gezeigt. Man muß hier nur sein Augenmerk 
mehr auf die schonende Wirkung der Bäder richten, indem man die 
Temperatur mehr dem Indifferenzpunkte nähert, und durch mildere 
Bäderformen die Reizwirkungen nicht zu stark werden läßt (Bad 
Nauheim zeichnet sich vor allem durch die Vielseitigkeit und 
leichte Dosierbarkeit seiner Bäderformen aus). — Aorten¬ 
aneurysmen und Arteriosklerose der Koronar¬ 
arterien mit schweren Anfällen von Angina pec¬ 
toris und kardialem Asthma sind kontraindiziert. 

Bei den Herzneurosen macht sich neben der Herz- und 
Gefäßbeeinflussung auch eine das Gesamtnervensystem um¬ 
stimmende, beruhigende und kräftigende Wirkung der COahaltigen 
Solbäder besonders geltend. — Schwere nervöse E r - 
regungs- und Erschöpfungszustände sind kon¬ 
tra i n d i z i e r t. (Autoreferat.) 

•• 

Kur und Körpergewicht. Medizinische Klinik, No. 15, 1910. 

Verfasser empfiehlt dem praktischen Arzt die genaue Beobachtung 
des Körpergewichtes seiner Patienten. Diese Beobachtung müsse 
mehr geübt werden, als es bisher im allgemeinen zu geschehen 
pflegt. Als allgemeiner Grundsatz kann gelten, daß die 
meisten Krankheiten mit einer Gewichtsverminderung einhergehen, 
daß bei Besserung des Befindens sich auch eine Gewichtserhöhung 
einstellt. Besonders deutlich treten diese Wechselbeziehungen bei 
der Anämie hervor, nämlich Gewichtszunahme und Steigerung des 
Hämoglobingehaltes. Eine Ausnahme von der Regel bildet manchmal 
die Tuberkulose. v. Rutkowski, Berlin. 

Ueber die Dosierung der Stauungshyperämie. Münchener medi¬ 
zinische Wochenschrift 1910 No. 14. 

Die optimale Stauungsstufe fällt mit dem artiellen Minimaldruck 
zusammen, liegt also etwas unterhalb der auf auskultatorischem 
Wege erhaltenen Minimaldruckzalfl. Eine diesem Druck ent¬ 
sprechende Stauungsstufe ergibt, wie vergleichende Untersuchungen 
zeigen, die größte Blutdrucksteigerung im gestauten Gebiet. Das 
zwischen arteriellem Minimal- und Maximaldruck auftretende akusti¬ 
sche Phänomen ist bei Anlegung der Staubinde der Indikator gegen 
ein zu starkes Anziehen der Binde. v. Rutkowski, Berlin. 

Ueber Morbus Banti. Straßburger Medizinische Zeitung, 1910, 
Heft 3. 

Verfasser hatte Gelegenheit, 2 Fälle anatomisch zu untersuchen, 
welche beide zunächst eine gewisse Beziehung zum Morbus Banti 
zu haben schienen, von denen aber schließlich nur der eine als 
Bantische Krankheit angesprochen werden konnte. Verfasser gehört 
zu denen, die den Morbus Banti mit der durch den Milztumor 
(Fibrosis der Milz) bedingten Anämie und Cirrhoris hepatis aner¬ 
kennen, aber er ist im Gegensatz zu Banti der Meinung, daß die 
Fibrosis der Milz, d. h. die Neubildung des faserigen Bindegewebes 
in der Milz, sowie die sonstige Fibrose des Organes in verschiedenen 
anderen Erkrankungen auch auf Fibroblasten zurückzu¬ 
führen ist. v. Rutkowski, Berlin. 

Franken stein : Ueber Chloroformnarkose und deren Vor¬ 
teile durch Ueberdeckung der Maske. Klinisch-therapeutische Wochen¬ 
schrift 1910, Bd. XVII, Nr. 8, p. 194 ff. 

Frankenstein berichtet über eine bedeutende Ergänzung seines 
Materials betreffs der „Handtuchmethode“ beim narkotisieren, (cf. 
Zentralblatt für Gyn. 1908 Frankenstein, Lotze.) Durch diese Me¬ 
thode würden einige Hauptforderungen der Allgemeinnarkose be¬ 


deutend 'besser erfüllt als früher, nämlich weniger Chloroform¬ 
gebrauch, bedeutende Zeitersparnis bei Einleitung der Narkose, die 
geringen Narkosennachwirkungen. 

Die Methode selbst ist etwa folgende: Einleitung ca. 3—5 Mi¬ 
nuten durch Tropfnarkose, dann schnelles Beschicken der Maske mit 
10—20 Tropfen und schnelles Bedecken der Maske mit einem doppelt 
zusammengelegten Handtuch. Je nach Bedarf wird auf die Maske 
frisch aufgeträufelt. Zur Vereinfachung hat Verfasser ein Gestell an¬ 
gegeben, das ungefähr der Julliardschen Aethermaske entspricht. 

Anm- d. Ref.: Bei einer grossen Zahl von Narkosen fand ich 
die Angaben Dr. Frankensteins betreffs der Ersparnis von Chloroform 
bestätigt, jedoch ist diese Ersparnis nur scheinbar. Denn durch das 
Bedecken der Maske wird das Entweichen des ausgeatmeten Chloro¬ 
forms, wenn auch nicht ganz verhindert, so doch ncdeutend vermin¬ 
dert, so daß Patient das ausgeatmete Chloroform 2—3 mal wieder 
einatmet und dadurch ein erneutes Aufgießen von Chloroform 
höchstens hinausgeschoben wird. Die Menge des eingeatmeten 
Chloroforms bleibt also für den Patienten immer dieselbe. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

B o g d a n i k (Krakau). Stärke-Kontentiv-Verband bei Bein¬ 
brüchen. Therapeutische Wochenschrift, Bd. XVII, 1910. Nr. 11, 
p. 270 ff. 

Die Vorteile der Stärkebinden gegenüber dem Gipsverband be¬ 
stehen: 

1. in der leichten Beschaffbarkeit und Haltbarkeit des Ma¬ 
terials, 

2. in der Einfachheit des Anlegens und in dem vollständigen 
Anlegen an die Körperform. 

3. Die Festigkeit der Stärkebinden ist ebensogut wie die der 
Gipsbinden und hängt nur von der Zahl der Binden ab. 

4. Das Abnehmen des Stärkeverbandes ist ieichter als das des 
Gipsverbandes. 

Zur Anlegung des Stärke-Kontentiv-Verbandes benutzt Ver¬ 
fasser womöglich die Extension und den Extensionsverband nach 
Bardenheuer. (Wozu dann noch den Stärke-Kontentivverband? Ref.). 

Ferner legt Verfasser Wert darauf, daß der Kranke mit ge¬ 
brochener Extremität frühzeitig das Bei* verläßt. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 


Technische Neuerscheinungen. 


Apparat für Intensiv-Franjdinisation des menschlichen 

Körpers mit dem Polyelektroid nach Dr. Fisch. 

Das Instrumentarium zur Intensiv-Franklinisation 
wird von der Reiniger, Gebbert & Schall A.-G. herge¬ 
stellt und besteht aus. einer äußerst kräftigen Influenz¬ 
maschine, welche die Erzeugung von sehr intensiver 
und dennoch angenehm empfundener Hochspannungs¬ 
elektrizität ermöglicht, sowie einem von Dr. Fisch an¬ 
gegebenen und ebenfalls von der genannten Firma her¬ 
gestellten sosfenannten Polyelektroid, das zur Aus¬ 
gestellten sogenannten Poly-Elektroid, das zur Aus¬ 
strahlung gleichartiger Potentialentladungen hoch¬ 
gespannter Ströme von über 100 000 Volt dient. Dieses 
Polyelektroid besteht (siehe Abbildung) aus zwei Holz¬ 
reifen, die durch eine größere Anzahl Metalldrähte der¬ 
art miteinander verbunden sind, daß es, wenn das Ganze 
so aufgehängt wird, daß ein Ring unter dem anderen 
hängt, einen zylindrischen Käfig bildet. Alle Drähte 
haben miteinander leitende Verbindung. Am oberen 
Reifen ist eine Aufhängevorrichtung angebracht, von 
der eine Leine zweckmäßig über eine an der Decke des 
Zimmers befindliche Laufrolle geführt wird. Durch Auf¬ 
ziehen und Herablassen der Leine kann das Gestell über 
den Körper des zu Bestrahlenden gestülpt werden. 

Bei Anwendung des Polyelektroids werden durch 
Leitungsschnüre der positive Pol der Starkstromin¬ 
fluenzmaschine mit den dünnen Drähten des Polyelek¬ 
troids und der negative Pol mit der Erde in Verbindung 
gebracht. Hierauf setzt man die Influenzmaschine in 
Betrieb und leitet durch Entfernung der beiden Ent¬ 
ladungskugeln voneinander in ganze Emanation vom 




Nr. 20 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


317 




positiven Pol zu dem Polyelektroid, von dessen Drähten 
sie auf den innerhalb derselben stehenden Patienten aus¬ 
gestrahlt wird, und zwar in Form eines elektrischen, an¬ 
genehm empfundenen Windes. Dabei macht sich noch 
der Einfluß des besonders intensiven Ozongeruchs 
wohltuend geltend. 

Die franklinische Behandlung mit dem Polyelek¬ 
troid verdient den Vorzug gegenüber anderen der¬ 
artigen Behandlungsmethoden, weil durch das Herab¬ 
ziehen und das Hinaufziehen desselben einzelne Kör¬ 
perpartien nach Wunsch entsprechend intensivere Be¬ 
strahlung erhalten können, und zwar von einer Inten¬ 
sität, wie sie bisher nur durch die sogenannte franklini¬ 
sche Douche für den Kopf erzielt werden konnte. Ein 
weiterer Vorteil dieser Applikationsform ist außerdem 
noch der,, daß dabei in ähnlicher Weise wie bei dem 
elektrostatischen Luftbade der Körper mit positiver 
Elektrizität stark geladen wird, was sich im Gegensatz 
zum elektrostatischen Luftbad ganz deutlich fühlbar 
macht. Als Kennzeichen genügender Ladung sträuben 
sich z. B. die Elaare bei Annäherung der Hand einer an¬ 
deren Person oder es lassen sich bei Annäherung des 
Fingers Funken aus dem geladenen Individuum ziehen. 
Dieser Intensiv-Franklinisation kommt somit nicht bloß 
die Wirkung der allgemeinen Franklinisation zu, son¬ 
dern sie wirkt gleichzeitig wie irgendeine Kontaktappli¬ 
kation mit deutlich ausgesprochener und objektiv nach¬ 
weisbarer Reaktion. 

Dr. Fisch erzielte mit der Intensiv-Franklinisation 
günstige Erfolge in Fällen von Zirkulationsstörungen, 
welche zum Teil auf angioneurotischer, zum 'feil auf 
arterioskerotischer und zum Teil auf myokarditischer 
Basis entstanden. Der Effekt der Intensivbestrahlung 
äußert sich zunächst in einer allgemein tonisierendi 
und gefäßregulatorischen Wirkung. 


Das Pharyngoskop nach Dr. Schmuckert zur Unter¬ 
suchung des Nasenrachenraumes und des Kehlkopfes. 


Das Pharyngoskop dient zur Besichtigung des 
Nasenrachenraumes und des Kehlkopfes. Es besteht 
(Fig. 1) in der Hauptsache aus dem optischen Apparat, 
wie er bei Kystoskopen üblich ist, wobei auf Größe des 
Bildwinkels und des Gesichtsfeldes besonders Gewicht 
gelegt wurde. Die Optik des Instrumentes ist vorziig- 











ITY OF MICHIGAN 


UNIVERSI 


















318 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 20 




lieh, da das Fernrohr kurz gehalten und der Durch- I Laryngoskopie mit dem Kehlkopfspiegel schwierig 


messer des Rohres verhältnismäßig groß ist. Neben 
dem Optikrohr liegt ein zweites Röhrchen, das an sei¬ 
nem Ende ein ungedecktes Metallfadenlämpchen trägt. 
Das optische Rohr ist um seine Längsachse drehbar, so 
daß aus derselben Stellung sowohl der Nasenrachen¬ 
raum (Fig. 2) als auch die Kehlkopfgegend (Fig. 3) be- 



Mg. '2. 


sichtigt werden kann. Ein Knopf am okularen Ende be 7 
zeichnet die jeweilige Stellung des Lupenprismas. Zur 
Sterilisation dienen flach ovale auf die Metallröhre gut 
passende Glashülsen, weiche leicht auswechselbar sind 
und ausgekocht werden können. Diese Art des Sterili- 
sierens ist speziell für den poliklinischen Betrieb von be¬ 
sonderem Wert, da gleichzeitig mehrere Glashülsen 
steril gehalten werden können. Als Stromquelle kann 
ein Akkumulator (4 Volt) Trockenelemente oder ein An¬ 



schlußapparat für elektrische Zentralen dienen. Der 
Griff des Instrumentes ist umklappbar, so daß es be¬ 
quem verpackt und in der Tasche transportiert werden 
kann. Die Handhabung ist die denkbar einfachste. Die 
Bilder überraschen durch ihre Klarheit, Schärfe und 
plastische Zeichnung. Das Instrument dürfte für den 
vielbeschäftigten Praktiker ein willkommenes Hilfs¬ 
mittel zur exakten Diagnosenstellung sein. Es gestattet 
aber auch den Spezialisten, in Fällen, wo die indirekte 


oder unmöglich ist, untersuchen zu können. Besonderen 
Wert dürfte es ferner für den klinischen Unterricht 
haben. Das Pharyngoskop wird von der Reiniger, Geb- 
bert & Schall A.-G. hergestellt. 

Rosen. 


Allgemeines. 


Das Seminar fiir soziale Medizin der Ortsgruppe Berlin des Ver¬ 
bandes der Aerzte Deutschlands veröffentlicht den Cyklus IX. Vom 
18. Mai bis 12. Juni 1910. „Die Mitarbeit des Aiztes an der Säug¬ 
lings- und Jugendfürsorge.“ 

Der Arbeitsplan ist folgender: 

Mittwoch, den 18. Mai 1910 abends 8 Uhr im Kaiserin- 
Friedrichhause fiir das ärztliche Fortbildungswesen Berlin NW. 
Luisenplatz 2/4: • Herr Geh. Obermedizinalrat Professor Dr. Diet¬ 
rich, Vortragender Rat im Ministerium der Geistlichen, Unter¬ 
richts- und Medizinalangelegenheiten: „Aufgaben und Organi¬ 
sation der Jugendfürsorge.“ 

Sonnabend, den 21. Mai 1910 abends 8 Uhr im Kaiserin- 
Friedrichhause: „Aerztliche Grundlagen des Säuglingsschutzes.“ 
Sonntag, den 22. Mai 1910 mittags 12 Uhr: Oeffentlicher Vor¬ 
trag im Kaiserin Auguste-Victoriahaus, Charlottenburg, Mollwitz- 
straße: „Die zweckmäßige Ausbildung der Mütter und des Per¬ 
sonals in der Säuglingspflege.“ 

Im Anschluß an den Vortrag Führung durch die Anstalt. 
Dienstag, den 24. Mai 1910 abends 8 Uhr im Kaiserin- 
Friedrichhause: „Das Zusammenwirken des praktischen Arztes 
mit den Säuglings-Fürsorgestellen.“ 

Donnerstag, den 26. Mai 1910 abends 8 Uhr im Hörsaal der 
vormals Lassarschen Klinik Karlstr. 19: „Methoden und Gelegen¬ 
heiten der Beschaffung statistischen Materials zur Jugendfürsorge 
durch den praktischen Arzt.“ 

Anschließend Fragestellung und Diskussion. 

Der Polizeipräsident von Berlin erläßt unter dem 18. Arpril d. J. 
folgende Bekanntmachung. Wenn auch die akute Kinderlähmung 
(Poliomyelitis acuta infantum) bisher im Landespolizeibezirk noch 
nicht epidemisch aufgetreten ist, nehme ich doch Veranlassung, die 
Herren Aerzte darauf aufmerksam zu machen, daß im Kaiserlichen 
Gesundheitsamte „Ratschläge an Aerzte für die Bekämpfung der 
akuten epidemischen Kinderlähmung“ ausgearbeitet sind. Die Rat¬ 
schläge sind bei der Verlagsbuchhandlung von Julius Springer, 
Berlin N 24, Monbijouplatz 3, erschienen und werden zum Preise 
von 15 Pfennig, für das Exemplar portofrei abgegeben. Bei Ent¬ 
nahme von 50 Exemplaren tritt eine Ermäßigung auf 12 Pfennig, bei 
Abnahme von 100 Exemplaren eine solche auf 10 Pfennig ein. 

Der Polizeipräsident von Berlin erläßt unter dem 11. April 
d. Js. folgende Bekanntmachung: Die Diphtherie-Heilsera mit den 
Kontrollnummern 

986, geschrieben: Neunhundertsechsundachtzig, bis 
1001, geschrieben: Eintausendundeins, 
aus den Höchster Farbwerken, 

178, geschrieben: Einhundertachtundsiebzig, bis 
189, geschrieben: Einhundertneunundachtzig, 
aus der Merckschen Fabrik in Darmstadt, 

128, geschrieben: Einhundertachtundzwanzig, bis 
132, geschrieben: Einhundertzweiunddreißig, 
aus dem Serumlaboratorium Ruete-Enoch in Hamburg, 

220, geschrieben: Zweihundertundzwanzig, bis 
223, geschrieben: Zweihundertunddreißig, 
aus der Fabrik, vorm. E. Schering in Berlin, sind, soweit sie nicht 
bereits früher wegen Abschwächung usw. eingezogen sind, vom 
1. April dieses Jahres ab wegen Ablaufs der staatlichen Gewähr¬ 
dauer zur Einziehung bestimmt. 

Flaschen mit diesen Kontrollnummern dürfen hinfort nicht mehr 
in den Apotheken abgegeben werden und können nach der Verein¬ 
barung mit dem betreffenden Laboratorium bei kostenfreier Ein¬ 
sendung kostenlos gegen einwandfreies Serum eingetauscht werden. 

Der Polizeipräsident von Berlin erläßt unter dem 9. April 
d. J. folgende Bekanntmachung. Der bisherigen Hebamme 
P a u 1 i n e Ne.umann geb. Jung, zurzeit im Siechenhause zu 
Rixdorf, ist durch rechtskräftige Entscheidung des Bezirksaus¬ 
schusses zu Berlin vom 12. Mai 1908 — I. A. No. 5, 1908 — das 
Hebammenprüfungszeugnis entzogen worden. Die Genannte ist 
daher als Hebamme nicht mehr anzusehen. 

In Berlin hat sich ein Komitee gebildet, um dem verstorbenen 
bekannten Arzt, Geheimrat v. Renvers ein Denkmal zu errichten. 
An der Spitze steht Fürst Biilow. Beiträge sind an das Bankhaus 
v. d, Heidt & Co„ Berlin W §4* Behrenstraße 8, einzuzahlen, 


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HIGAN 


UNIVEF 





Nr. 20 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


319 


Mit der Aufstellung eines Denkmals für Rudolf Virchow auf dem 

Karlsplatz in Berlin wird nunmehr begonnen. Um die Fundamente, 
die bereits im vorigen Herbst gelegt worden sind, wird ein Gerüst 
errichtet, mit dessen Hilfe die Aufstellung der Denkmalsanlage 
erfolgt. 

Das Deutsche Zentral-Komitee zur Bekämpfung der Tuberkulose 

versendet soeben die Einladung zur XIV. General-Versammlung am 
Mittwoch, den 11. Mai 1910, vormittags 10 Uhr, im Plenar-Sitzungs- 
saal des Reichstagshauses, Eingang Portal II. Die Tagesordnung ist 
folgende: 1. Geschäftsbericht, Rechnungslegung für 1909 und Vor¬ 
anschlag für 1910. 2. Wahl zweier Rechnungsrevisoren und zweier 
Stellvertreter derselben. 3. Wahl eines Ehrenmitgliedes. 4. Vor¬ 
trag: „Tuberkulose und Wohnungsfrage“. Berichterstatter: Landes¬ 
wohnungsinspektor Gretzschel-Darmstadt, Professor Dr. Römer- 
Marburg. 5. Vortrag: „Die Tuberkulose-Bekämpfung in Schweden“. 

Die Generalversammlung der Deutschen Gesellschaft für 
Chirurgie hat auf einstimmigen Antrag des Ausschusses beschlossen, 
dem Vorstand der Gesellchaft Vollmacht zu geben, eventuell das 
Laugenbeckhaus zu verkaufen und, sei es allein oder in Verbindung 
mit der Berliner medizinischen Gesellschaft, ein neues Grundstück 
zu erwerben. 

Die Bürgerschaft von Hamburg hat den Antrag des Senats auf 
Bewilligung von 1 339 300 M. zur Erbauung eines Instituts für Schiffs- 
und Tropenkrankheiten (s. vor. No.) einstimmig angenommen. 

Hamburg: Professor Dr. Hermann Lenhartz, der Direktor des 
Eppendorfer Krankenhauses, ist am 19. April im Alter von 56 Jahren 
plötzlich gestorben. Sein Tod ist ein großer Verlust nicht nur für 
die Hamburger Krankenanstalten, die unter seiner Leitung Hervor¬ 
ragendes in Praxis und Theorie leisteten, sondern auch ein schwerer 
Verlust für die gesamte interne Medizin. Er war eine kampfes¬ 
frohe Natur, die rücksichtslos ihre Meinung bekannte, ein überaus 
fleißiger Arbeiter mit ursprünglichen und eigenen Gedanken und Ein¬ 
fällen. In mustergültiger Weise hat er aus seinen großen Kranken¬ 
hauserfahrungen für die praktische Medizin wertvolle Anregungen 
geschaffen. Er war einer von den wenigen Internisten, die zugleich 
in der Chirurgie ihren Mann standen. 

Eisenach. Wegen Beleidigung eines hiesigen Bahnarztes wurde 
ein Drogist zu 10 M. Geldstrafe verurteilt. Er hatte in einem 
Schreiben an die Eisenbahndirektion in Erfurt behauptet, daß der 
Arzt einen Bahnarbeiter falsch behandelt habe. In der Verhandlung 
wurde die Richtigkeit dieser Behauptung erwiesen. Der Arbeiter 
war von Dr. B. auf Lungentuberkulose behandelt worden, litt aber 
an Magenkrebs, an dem er auch später starb. Die Verurteilung er¬ 
folgte wegen der beleidigenden Form der Aeußerung. 

Vom 10. bis 14. September findet in Brüssel der zweite inter¬ 
nationale Kongreß für Gewerbekrankheiten statt. Als Beratungs¬ 
gegenstände sind in Aussicht genommen: 1. Die Frage der Schei¬ 
dung von Gewerbekrankheiten und Gewerbeunfällen und die unter¬ 
schiedlichen Merkmale. 2. Das ärztliche Rüstzeug der Bergwerke, 
Fabriken, Werkstätten usw. 3. Gegenwärtiger Stand des Kampfes 
gegen die Wurmkrankheit. 4. Auge und Gesicht in ihren Be¬ 
ziehungen zu Gewerbekrankheiten. 5. Arbeit in komprimierter Luft. 
6. Gewerbliche Vergiftungen. Auskunft erteilt für Deutschland 
Reichstagsabgeordneter Dr. Mugdan, Berlin W., Kurfürsten¬ 
straße 139. 

Aerztliche Schulaufsicht in Frankreich. Der französische Unter¬ 
richtsminister hat eine im Ministerrat beschlossene Verordnung erlassen, 
der gemäß die ärztliche Schulaufsicht geregelt wird. Nach derselben 
muß der Arzt die Kinder der seiner Aufsicht unterliegenden Schule 
zweimal jährlich einer sorgfältigen Untersuchung unterziehen und 
die Ergebnisse derselben in dem Schulkataloge verzeichnen. Auch 
ist der Inspektionsarzt verpflichtet, sich von den Fortschritten der 
Schüler im hygienischen Unterricht zu überzeugen. 


Bücherbesprechungen. 


Das Eigenheim des Mittelstandes. Ratgeber für Bau oder Kauf eines 
eigenen Hauses mit Garten. Mit über 350 Ansichten und Grund¬ 
rissen von Einfamilien- und Doppelhäusern nebst Angabe der 
Baukosten. Preis 3 M., gebunden 4 M (Porto 30 Pfg.). West¬ 
deutsche Verlagsgesellschaft m. b. H. in Wiesbaden 35. 

Wer bauen lassen oder selbst Pläne entwerfen will, soll sich an 
Hand guter Musterbeispiele ein Bauprogramm aufstellen; auch der 
Laie, denn der Architekt baut leichter und befridigender, wenn er 
die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse seines Bauherrn kennt. 
Eine vorzügliche Gelegenheit dazu bietet dieses Buch, das Ansichten 
und Pläne für Eigenhäuser in allen Größen und Preislagen enthält. 
Der Text ist lehrreich und praktisch, die Hausbeispiele gut ge¬ 
wählt. Alle erforderlichen Ratschläge und Anweisungen für den 
Entwurf, Ausführung usw. sind der heutigen Preislage entsprechend 
gegeben. Für die interessierten Kreise ein wirklich zuverlässiges 


und brauchbares und angesichts seiner Reichhaltigkeit wohlfeiles 
Buch, ein Ratgeber, der sicher viel Freunde finden wird. 

—r— 

Belastung und Entartung. Ein Beitrag zur Lehre vom kranken 
Genie. Von Dr. J. S a d g e r. (1,50 M.) Hofverlagsbuchhandlung 
Edmund Demme, Leipzig. 

Das „belastete“ Genie in seinen krankhaften Aeußerungen und 
Bedingungen will der Autor in seiner jüngsten Arbeit näher be¬ 
leuchten. Der bekannte Autor trennt' zunächst die „Entartung“ 
(Degeneration) von der mehr oder minder schweren Belastung. Beim 
Genie ist nur die letztere zu finden, andrerseits wieder ist jedes 
Genie auch irgend belastet. An einem großen Materiale, vorwiegend 
an deutschen Dichtern gewonnen, werden nun die verschiedenen 
Stigmata der Belastung herausgearbeitet. Einzelne von ihnen sind 
von dem Autor ganz neu entdeckt, die übrigen unter neuen Gesichts¬ 
punkten gruppiert und zu einer Einheit zusammengeschmolzen und 
obendrein noch neue Aufschlüsse gegeben über die anatomischen 
Grundlagen der Belastung und Entartung. Den Schluß endlich 
bildet ein Vergleich zwischen Verbrecher und Genie, den beiden 
Polen der schweren Belastung. — Die hochinteressante Broschüre 
kann jedem Gebildeten empfohlen werden. 

Handbuch der Serumtherapie. Von Dr. A. Wolff-Eisner, 
Berlin. Mit einer Tafel und 9 Kurvenbildern. 1910. (Preis 12 M., 
gebunden 14 M.) 

Der Herausgeber hat jedem Forscher den Abschnitt bearbeiten 
lassen, der sein eigenstes Gebiet darstellt, wodurch die wissen¬ 
schaftliche Bedeutung der einzelnen Beiträge von vornherein ge¬ 
sichert wurde. Den Nachteil einer solchen Verteilung: die fehlende 
Einheitlichung der Darstellung, zu vermeiden hat der Herausgeber 
sich bemüht und hofft, daß im vorliegenden Werk dieses Bestreben 
von Erfolg begleitet war. Die Hauptrichtschnur, die den einzelnen 
Mitarbeitern für die Bearbeitung ihrer Abschnitte gegeben wurde, 
war die folgende: „Das Werk ist dazu bestimmt, in erster Linie der 
Klinik und dem Praktiker die Fortschritte der biologischen Wissen¬ 
schaften, soweit sie therapeutischer Natur sind, zu vermitteln. Das 
Theoretische soll daher nur so weit behandelt werden, als es zum 
Verständnis des Therapeutischen erforderlich ist.“ Das Buch kann 
jedem Arzte auf das beste empfohlen werden. —r.— 

Medizinalarchiv für das deutsche Reich. Herausgegeben von Kurt 
von R o h s c h e i d t. Berlin 1910. Verlag von Franz Vahlen. 
I. Jahrgang, Heft 1. 

Diese unter Mitwirkung einer großen Reihe namhafter Juristen 
und Aerzten herausgegebenen Vierteljahrszeitschrift hat es sich zur 
Aufgabe gestellt, alles Material zu vereinigen, welches für Recht¬ 
sprechung und Verwaltung auf dem Gebiete des Medizinalwesens 
und der sanitären Fürsorge von Bedeutung ist. Es soll das ge¬ 
samte für das Gesundheitswesen geltende Recht gesammelt, ge¬ 
sichtet und systematisch geordnet, fortlaufend dargeboten werden. 
Jedes Heft enthält Originalartikel und ferner Gesetze, Entscheidun¬ 
gen, Erlasse und Verfügungen, welche in 14 Abschnitten unter¬ 
gebracht sind. In dem vorliegenden ersten Heft z. B. enthält der 
VIII. Abschnitt preußische Ministerialverordnungen, betreffend Be¬ 
kämpfung von Krankheiten und Krankenfürsorge. Abschnitt IX: 
Entscheidungen des preußischen Oberverwaltungsgerichtes, betreffend 
Ortschafts- und Wohnungshygiene. Die Titel der Abhandlungen 
lauten: Fürsorgestellen für Trunksüchtige von von Strauß und 
Torney, preußische Polizeivorschriften über Ankündigung von Arznei¬ 
mitteln von Kronecker, die Umgestaltung der Krankenkassen von 
B. Hilse. Die Zeitschrift soll ein übersichtliches Nachschlagewerk 
werden. v. R u t k o w s k i, Berlin. 

(Ende des redaktionellen Teiles.) 


Kleine Mitteilungen. 

Bad Salzbrunn bringt mit der Saison 1910 folgende zum Teil 
schon in der vorigen Saison begonnene Neuerungen: Eröffnung des 
„Grand Hotels“ in eigener Regie der Badeverwaltung mit 190 Betten. 
Eröffnung eines weiteren großen Inhalatoriums seitens der Bade¬ 
verwaltung. Neue Ausstattung der Ausschankstellen für Ober- 
brupnen, Kronenquelle und Mühlbrunnen. (Die Kronenquelle ist, 
wie die Marthaquelle, von dem Eigentümer des Bades Sr. Durch¬ 
laucht dem Fürsten von PIeß angekauft.) Die Kanalisation des Ortes 
mit obligatorischer Einrichtung von Spülklosetts. Weitere Ausge¬ 
staltung der Anlagen, Herstellung neuer Fußwege und einer breiten 
Allee bis an den Fuß des Hochwaldes. Einrichtung einer regel¬ 
mäßigen Autoverbindung mit den schönsten Ausflugsorten der Um¬ 
gebung. Einrichtung eines Reitinstituts. Weitere Aufschließung 
des verkäuflichen Villengeländes am Bahnhof. Diese geschaffenen 
Neuerungen lassen erwarten, daß die kommende Saison dem Bade 
einen überaus reichen Zuzug an Kurgästen und Fremden bringen 
wird. 






320 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


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Handbuch der Pathologie des Stoffwechsels. 

Unter Mitwirkung von Ad alb. Czerny (Breslau), C. Dapper 
(Kissingen), Fr. Kraus (Berlin), O. Loewi (Wien), A. Magnus- 
Levy (Berlin), M. Matthes (Köln), L. Mohr (Halle), C. Neuborg 
(Berlin), H. Salomon (Frankfurt a. M.), Ad. Schmidt (Halle), 
Fr. Steinitz (Breslau), H. Strauss (Berlin), W. Weintraud 
(Wiesbaden), herausgegeben von Carl von Noorden. 
Zweite Auflage, gr. 8. l.Band. 1906. 26 M. II.Band. 1907. 24 M. 


Stoffwechsel und Stoffwechselkrankheiten. 

Einführung in das Studium der Physiologie und Pathologie des 
Stoffwechsels für Aerzte und Studierende 
von Professor Dr. Paul Friedr. Richter. 

1906. gr. 8. 8 M. 


Das geburtshilfliche Seminar. 

Praktische Geburtshilfe in 18 Vorlesungen mit 212 Kontur 
Zeichnungen für Aerzte und Studierende 
von Privatdozent Dr. W. Liepmann. 

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Die experimentelle Diagnostik, Serumtherapie und 
Prophylaxe der Infektionskrankheiten 

von Stabsarzt Prof. Dr. E. Marx. 

Zweite Auflage. 8. Mit 2 Tafeln. 1907. 8 M. 
(Bibliotkek v. Coler-v. Schjerning, XI. Bd. 2. Aufl.) 


Atlas der gynäkologischen Cystoskopie 

von Prof. Dr. W. Stoeckel. 

1908. 14 Tafeln mit Text. Gebunden 12 M. 


Deszendenz und Pathologie. 

Vergleichend-biologische Studien und Gedanken 
von Geh.-Rat Prof. Dr. D. von Hansemann. 
1909. gr. 8. 11 M. 


Leitfaden zur klinischen Untersuchung des Blutes 

von Dr. med. C. S. Engel. 

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Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 


Redaktion. 

Professor Dr. med A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 
Telephon: Amt VI, 17271. 


Verlag und Expedition 

Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 
Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. Berlin, 22. Mai 1910. Nr. 21. 


Die -Therapeutische Rundschau« erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den 
Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluß abbestellt sind. Inserate 
werden für d e 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per 1000 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt: 


Originalien: 


Tuszkai, Budapest-Marienbad: Herz und Schwanger¬ 
schaft .321 

A. G. Apostolides: Die Behandlung der akuten 
Urethritis auterior und posterior.325 

Lengfellner, Berlin: Die Verwendbarkeit von Cellu¬ 
loid als Material zu Plattfußeinlagen.328 


Referate: 

Greven, Aachen: Augenheilkunde.330 

Schmidt, Berlin: Radiotherapie.331 

Busch-Halensee: Hals-, Nasen* undOhrenkrankheiten 332 

Lipschitz, Berlin, v. Rutkowski, Berlin, Abramowski, 
Gilgenburg: Varia.333 

Allgemeines: . 335 


ORIGINALIEN. 


Herz und Schwangerschaft. 

(Entgegnung auf die Kritik „Herzkrankheit und 
Schwangerschaft’* des E. Sc.) 

von Dr. Ö. Tuszkai (Budapest-Marienbad). 

Herr S c i p i a d o hält eine von Animosität und 
Vorurteil suggerierte Kritik über meine Arbeit „Kar - 
d i o p a t h i e und Schwangerschaft“ (Samm¬ 
lung Klinischer Vorträge Nr. 407. Gynäkologie Nr. 151) 
in derselben Fachschrift. (Gynäkologie Nr. 167). 

Er findet in dieser Kritik erstens: daß ich im Tone 
„größten Selbstbewußtseins“ (Seite 2) zwei Behaup¬ 
tungen aufstelle, welche seiner Meinung nach nicht be¬ 
stehen können. 

Die erste Behauptung ist wörtlich richtig zitiert 
und bezieht sich auf die Beobachtungen, nach welchen 
das Verschwinden der normalen Labilität des Pulses, 
resp. die Verminderung der Labilität ein Zeichen der 
Herzhypertrophie sei. 

ITie zweite Behauptung ist auch in Klammern 
„wörtlich zitiert“ (?) aus meinen Schlußfolgerungen 
und beschäftigt sich mit meiner Beobachtung bezüglich 
der frühen Diagnose einer Inkompensation bei herz¬ 
kranken Schwangeren, nach welchen: „die Ver¬ 
größerung der Herzdämpfung, begleitet von der Ver¬ 
minderung des Blutdruckes und der Rückkehr resp. der 
Zunahme'der Labilität, ein Zeichen der Insuffizienz der 
Herzmuskulatur ist, beziehungsweise der Dilatation. 
WenndieseSymptomeeingetretensind, 
muß bei Herzkranken die Gravidität 
unterbrochen w erde n. (Siehe S c. Seite 3.) 

Es ist mir durchaus nicht zu verargen, wenn ich 
von meiner eigenen Meinung durch und durch über¬ 
zeugt bin, aber ob ich in dem vorgeworfenen Tone ge¬ 
sprochen habe, sollen meine folgenden Zeilen beweisen: 
„Alle meine diesbezüglichen Beobachtungen und Be¬ 
trachtungen will icli durchaus nicht aisun¬ 
trüglich a nS e he n und die daraus ge¬ 


zogenen Schlüsse als Folgerungen ab¬ 
geschlossener Tatsachen erklären; ich 
denke aber, daß dieselben Interesse und Nachprüfungen 
verdienen und daß sie die Aufmerksamkeit der Inter¬ 
nisten und Frauenärzte beanspruchen können. 
Ich wäre sicherlich schon glücklich und möchte 
meine Bemühungen glänz endbelohn tfüh- 
1 e n, wenn es mir gelungen wäre, durch obige 
Zeilen die Aufmerksamkeit der Fach¬ 
männer auf diese F ra ge zu lenken, um 
durch viele ßeobaehtungen die Beweise oder 
Gegenbeweise zur Klärung der Frage ins Treffen 
zu bringen“. (Seite 22.) 

Somit entfällt die Basis für die erste 
Behauptung des Herrn Sc. 

Wie unglücklich Herr Sc. gewesen sein muß, als er 
den Befehl bekam, meine Ergebnisse totzuschlagen, 
beweist die Waffe, mit welcher er ausgerückt ist und 
welche seineKritikvorernstenForschern 
keinen Moment bestehen läßt. 

Der zweite Punkt lautet in meiner Zusammen¬ 
fassung folgendermaßen: 

„Eine Vergrößerung der Herzdämpfung in Gesell¬ 
schaft einer Erniedrigung des Blutdruckes und 
Wiederkehr resp. Steigerung der Labilität 
des Pulses ist das Zeichen der Muskelinsuffiziens des 
Herzens (Dilatation)“. (Siehe Seite 22, Punkt 4.) 

YVie aus dem Vergleich dieser beiden Zitate zu er¬ 
sehen ist, hat Herr Sc. den Satz: „Wenn diese 
Symptome e i n g e t r e t e n sind, m u ß bei 
Herzkranken die Gravidität unterbro¬ 
chen w erd e n “ e i n fach h i n e i n g.e d i c h t e t, 
da dieser Satz nirgends, also weder in 
meiner Zusammenfassung, noch irgend 
im Texte .vorkommt. Auf diesen hineingesehobenen 
Satz baut Herr Sc. seinen ganz ethisch nunmehr ge¬ 
brandmarkten Angriff auf. da derselbe Satz auf Seite 2, 
15. 20, 26 und 27 je einmal, auf Seite 16 und 15. viermal, 
zusammen also neunmal wiederholt ist und eine sehr 
große Anklage enthält. Er baut die Anklage mit einer 
übereifrigen- Phantasie auf: er schreibt (Seite 2): 
„Dr. Tuszkai scheint von der Wahrheit seiner Be¬ 
hauptung tief überzeugt zu sein, dies beweist seine An¬ 
gabe, daß er auf Grundlage der nach seiner Me- 

















322 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 21 


i Ii o d c aufgestellten Indikation bei li erzkranken 
Graviden schon in 2 Fällen künstlichen 
A b o r t u s eingeleitet habe“. 

Da dieser Satz in meiner Z u s a m m e n f a s s u n g 
nirgends vorkonimt, noch ähnliche Sätze 
oder Den tu ngen in der Zusammen- 
f a ssuugzu findensind, ist es klar, daß ich diese 
Konsequenz aus meinen Beobachtungen nie ziehen 
wollte, noch g e z og e n habe ! 

Gegen jede Insinuation einer Selbstüberhebung, 
gegen jede Anklage wegen unberechtigten Eingriffes 
spricht nicht nur obige Stelle und meine ganze Disser¬ 
tation, sondern auch folgende Zeilen auf Seite 8: 

„Als ich in meinem weiter unten zu beschreibenden 
Falle vor der schwierigen Frage stand, mich zu äußern, 
ob der gegebene Fall voraussichtlich glatt verlaufen 
oder ob wegen Lebensgefahr des Individuums ein 
Kunsteingriff notwendig werde, leitete nur das Vor¬ 
handensein oder Fehlen von Inkompensations¬ 
symptomen meine Prognose.“ 

Die Richtung meiner Untersuchungen konstatieren 
folgende Zeilen auf derselben Seite: 

„Welcher Grad der Inkompensation für ein Herz¬ 
leiden oder für Beendigung der Geburt noch keine 
schlechte Prognose liefert, das konnte bis jetzt noch 
nicht beobachtet werden. Außer Zweifel steht es je¬ 
doch, daß wir sowohl auf das Herzleiden, wie auch auf 
die Prognose des künstlichen Eingriffes günstigen Ein¬ 
fluß ausüben können, wenn wir die Inkompensation in 
je früherem Stadium erkennen.“ Weiteres auf Seite 11 
und 12: „In solchen Fällen, in welchen das Herzleiden 
schon vor der Schwangerschaft bestand, wir 
mit Geduld und Ausdauer beobachten 
müssen, d a eine normale Geburt erfolgen 
kann.“ Seite 22 . Eine andere Erscheinung in der 
Schwangerschaft, nämlich-eine Anasarka oder Vari¬ 
kosität der unteren Extremität werde ich als Folgen 
der Muskelinsuffizienz des Herzens und nicht als harm¬ 
lose Druckerscheinung betrachten, wenn diese Er¬ 
scheinung in Gesellschaft der Vergrößerung der 
Herzdämpfung, Erniedrigung des Blut¬ 
druckes und Steigerung der Labilität 
erschienen ist, und mit allen mir zu Gebote stehenden 
Mitteln die Herzinsuffizienz bekämpfen. D e r E r f o 1 g 
oder Mißerfolg dieser Therapie wird 
mir dann die Prognose der Gravidität 
diktieren und ihr gegenüber mein Verfahren lenken. 

Es ist klar, daß ich mein Symptom nur etwa als 
ein Signal betrachte, welche den Arzt auf die drohende 
Gefahr, resp. auf eine Eventualität aufmerksam macht, 
und wenn diese Inkompensationserscheinungen tat¬ 
sächlich weiterschreiten, erst dann haben 
wir das Recht, den künstlichen Abortus zu bean¬ 
tragen. Ich denke noch immer recht früh, um von 
der Operation die Besserung des Herzleidens erwarten 
zu können. Der Geist meines ganzen Aufsatzes sagt 
aber auch ganz klar, daß bei Auftreten meines Puls¬ 
zeichens noch immer die Möglichkeit eines glatten Ver¬ 
laufes besteht, da ich nur bei Weiterschreiten 
der Erscheinungen die Lage ernst nehme, folglich bei 
einem Stehenbleiben der Symptome nur eine genaue 
Beobachtung wünsche. 

Somit habe ich also auf breiter Basis 
bewiesen, daß die Anschuldigung des 
Dr. Scipiades weder dem Texte meiner 
Arbeit noch dem Geiste nach berech¬ 
tigt ist. 

Wie schwach es mit der Armatur des Angriffes 
steht, zeigt auch der Umstand, daß Herr Sc. eine höchst 
komisch wirkende Geschichte auf Seite 3 erzählt, in 
welcher er der Welt kundgibt, daß die II. geburtshilf¬ 


liche Klinik die Folgerungen einer meiner Arbeiten über 
Zangenoperation nicht deckt! Diese komi¬ 
sche Entgleisung auf ein ganz heterogenes Gebiet wirkt 
noch lächerlicher, wenn man weiß, daß ich diese 
Deckung nicht verlangt — sondern dieselbe von 
vornherein zu rück gewiesen habe, indem ich am 
Schlüsse meiner „Vorbemerkung“ der genannten 
Arbeit schreibe: 

„Zuletzt muß noch bemerkt werden, daß sich die 
in der Arbeit niedergelegten Ansichten und gewon¬ 
nenen Schlüsse mit denjenigen der II. geburtshilflichen 
Klinik, dessen Material mir zu Gebote stand, nicht 
decken — daher selbe als unabhängige Anschauun¬ 
gen zu betrachten sind“. 

Niemals ist diese Arbeit — die schon seit 15 Jahren 
im Drucke fertig steht und im Jahre 1903 als selbstän¬ 
diges Heftchen meinen Freunden zugeschickt wurde — 
in „deutschen Fachschriften“ erschienen und die von 
Professor S t o e c k e 1 und anderen geschriebenen sehr 
schmeichelhaften Kritiken in den Fachschriften ent¬ 
stammen meistens nicht offiziellen Motiven der — An¬ 
erkennung. Zu Hause erntet man ja sowas nicht — 
aber unglücklich bin ich darüber keineswegs. Ohne 
Anerkennung der II. geburtshilflichen Klinik kann man 
auch was Ordentliches schaffen. Beispiel: Newton, 
Galilei, Goethe, Wallace, Lamarck, Kant, Semmelweis 
etc. — die alle waren nicht so glücklich, die Anerken¬ 
nung dieser Geburtsklinik erobern zu können. 

Somit bricht die Basis aller bisheri¬ 
gen Behauptungen des Dr. Scipiades zu¬ 
sammen : und unter dem Schutt liegt er — der Kri¬ 
tiker. 

Nach all diesem ist es mir eigentlich nicht wichtig, 
ob Herr Sc. meine Anschauungen teilt oder nicht, es 
freut mich jedoch, daß doch die II. Geburts- und Frauen¬ 
klinik meiner Bitte die Frage zu untersuchen — 
Folge geleistet hat; da aber der Herr Sc. einen verdäch¬ 
tigen Uebereifer und Animosität dabei beweist, so über¬ 
lasse ich die Entscheidung dieser Frage — auslän¬ 
dischen Fachmännern, die mit ebensoviel Be¬ 
reitwilligkeit, aber objektiv die Frage behandeln. 

Zum Schlüsse will ich noch beweisen, daß die Be¬ 
obachtungen des Herrn Sc. auch noch an schweren 
wissenschaftlich - ethischen Uebeln 
leiden. 

Ich habe in meiner 20 jährigen Praxis viel 
mehr Fälle von herzkranken Graviden beobachtet, wie 
die Klinik in 6 Monaten, im ganzen aber zu wenig 
an Zahl, um aus diesen Beobachtungen weitgehende 
Schlüsse, Gesetze oder Indikationen abzuleiten; ich tue 
es auch nicht, indem ich die oben zitierten Zeilen 
schreibe und denke, daß ich wissenschaftlich ethisch, 
streng und korrekt vorgegangen bin! Jeder hat das 
Recht zu beobachten — wenn er nur die Fähigkeit 
dazu hat — und hat auch demgemäß das Recht, ja die 
Pflicht, diese Beobachtungen mitzuteilen; überhaupt 
dann, wenn dieselben nicht nur wissenschaftlich inter¬ 
essant und neu sind, sondern wenn aus denselben für 
die leidende Menschheit eine nützliche Konsequenz zu 
ziehen ist. — In allen solchen Fällen ist es einerlei, 
ob man einen einzigen Fall, oder nur so wenige wie ich 
(5—8) gehabt habe. Nur muß man schön beschei¬ 
den sein und diesen Umstand betonen. Ich habe es 
wiederholt bewiesen, daß ich so getan und nie im Tone 
„höchsten Selbstbewußtseins“ gesprochen 
habe, überhaupt weil ich doch den Irrtum in meinen Be¬ 
obachtungen zugebe. Ich bitte doch die Fachleute 
an größerem Material zu kontrollieren und die „Be¬ 
weise oder auch Gegenbeweise“ zu bringen. 

Die Tat der Textfälschung, welche 
eine Anschuldigung enthält, ist also J> e - 




Nr. 21 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


323 


wiesen, und somit ist diese Tat ange¬ 
nagelt. 

Ich will über weitergehen, wie es meine Pflicht i n 
dieser Frage vorschreiben würde, und 
bew eisen, daß selbstimT extekeineder- 
artigen Andeutungen, wie es mir unter¬ 
geschoben wird, zu finden sind, und daß 
ich die Operation bei einer herzkranken 
Schwangeren und nicht auf Grund mei¬ 
nes Pulszeichens in Gesellschaft und nach Be¬ 
obachtung eines tüchtigen Internisten auf Basis längst 
angenommener Indikation zweimal vorgenommen 
habe, und mich auf meine Beobachtung bei 
Aufstellung dieser Indikation niemals gestellt, 
noch gestützt irgend meine Beobachtung als Indi¬ 
kation erwähnt habe. 

Seite 14 meiner Abh. steht: „Unter Zeichen 
schwerer Anämie und Herzerscheinungen habe ich die 
blutende Patientin noch 14 Tage in einem hiesigen 
Sanatorium beobachtet und, nachdem die Blutung nie 
aufgehört hat und Atem not,Cyanose der großen 
Lippen, heftige Ohnmächten bei der im Bette 
liegenden Patientin auftraten, beantragte 
ich auf Basis meiner früheren traurigen Erfahrungen 
den künstlichen Abortus auf folgende drei Indikationen: 

1. Wegen der mit Herzleiden einhergehenden fort¬ 
schreitenden Inkompensation. 

2. Da ich die Blutung aus der Gebärmutter nicht nur 
für eine Stauungserscheinung, sondern für eine placen- 
tare Abnormität halten konnte. 

3. Da ich die 4'/• Monate lang dauernde unregel¬ 
mäßige Blutung als zum Abortus führende betrachtete 
und glaubte es mit einem inzipienten Prozeß zu tun zu 
haben. (Seite 14.) 

Also es bestand schwere Anämie und Inkompen¬ 
sation, welche von einem Internisten auch festgestellt 
wurde. 

Meine Pulslabalitätserscheinungistals 
Indikation niemals und nirgends erwähnt, 
nur als einfache Beobachtung, welche ich damals viel¬ 
leicht zum erstenmal gemacht habe (in einer einzigen 
Zeile), daß nämlich die Labalität eine sehr große ist. 
Bei derselben Person haben wir nach 8 Monaten die 
Operation unter noch schwereren Herzsymptomen aus¬ 
führen müssen, ohne auch diesmal mich auf meine 
Beobachtung bezüglich der Pulslabilität gestellt 
zu haben. Sonst habe ich n i e nt a 1 s die Operation auf 
Basis von Herzerkrankung überhaupt gemacht, habe 
aber öfters Gelegenheit gehabt, meine beschriebene 
Pulserscheinung zu beobachten und auch zu sehen, daß 
eine Wiederkehr resp. Steigerung der Labilität über¬ 
haupt in Gesellschaft von Erniedrigung des Blut¬ 
druckes und Vergrößerung der Herzdämpfung eine sehr 
ernste Verschlechterung des Herzleidens während der 
Schwangerschaft zu begleiten pflegt und bin auch heute 
in der festen Ueberzeugung, daß die Beobachtung 
dieser Puls erschein ungen uns in den 
Standsetzte.dieseschwerenKomplika- 
t i o n e n r e c h t f r ü h zu erkennen und demgemäß die 
Prognose stellen zu lassen. 

Ich will noch weitergehen und beweisen, daß ich 
diese Anschuldigung nicht einmal irgend dem Geiste 
nach, was ich geschrieben, verdiene. Auf Seite 10 
und 11 schreibe ich nämlich: 

„Da ich bloß bei meinen allerletzten Fällen im Be¬ 
sitze dieses Beobachtungsmittels war und 
hier schon ein vorgeschrittenes Stadium vorfand, hatte 
ich bloß in einem Falle Gelegenheit, auf Grund dessen 
die Unterbrechung der Schwangerschaft zu bean¬ 
tragen“ („z u beantragen“ das heißt nicht „aus¬ 
zuführen“). Die arme Frau starb — wie mir später be¬ 


richtet wurde — im letzten Monat ihres Herzleidens — 
unter schweren Inkompensationserscheinungen. Doch 
auf Grund der früheren Erfahrungen und Beobachtungen 
glaube ich den Satz aufstellen zu dürfen: 

Sobald ich bei einer Schwangeren das erste 
Symptom der Inkompensation konstatiere, nehme ich 
den Standpunkt genauester Beobachtung ein 
und beantrage beim Weiterschreiten der 
Symptome die künstliche Unterbrechung der Schwan¬ 
gerschaft.“ 

Wer nicht mit böser Absicht diese Zeilen liest, wird 
selbst in dem Geäste derselben nicht den von mir nie¬ 
mals und nirgends geschriebenen Satz des Herrn Sc.: 
„Wenn diese Symptome eingetreten sind, muß bei Herz¬ 
kranken die Gravidität unterbrochen werden“ heraus¬ 
lesen. 

Ganz anders steht es mit einem Angriffe, -wel¬ 
chen sich Herr Sc. erlaubt. 

Bevor man sich das Recht e i n r ä u m t, die 
Fehler oder den Irrtum eines andern bew-eisen zu 
wollen, muß man sich schon auf eine größere Zahl 
der Fälle berufen können, wie es Herr Sc. 
getan. 

Zu einer objektiven Kritik, noch weniger zu einem 
Angriff genügen die 5 resp. 8 Fälle der Beobachtung 
nicht. Eine große Zahl der Beobachtungen 
muß und wird entscheiden, wer Recht hat. 

Es zeigt des weiteren auf einen Mangel an Selbst¬ 
kontrolle des Herrn Sc., daß er nicht entsprechende Be¬ 
obachtungen zu Kontrolluntersuchungen angestellt hat. 
Will man nämlich die Tatsache einer Verminderung, 
einer Wiederkehr und Steigerung der Pulslabilität i n 
der Gravidität beobachten, muß man die Fälle schon 
vor der Gravidität beobachtet haben. Meine Fälle 
sind solche, und es ist nicht schwer, solche in der Praxis 
zu beobachten. Dies geschah jedoch in k e i n e m Falle 
der Kontrollbeobachtungen; so ist es klar, daß dieselben 
mangelhaft, resp. zu Gegenbeweisen nicht 
entsprechende Beobachtungen sind. Als Zeichen 
des Mangels an wissenschaftlicher Gerechtigkeit will 
ich nur anführen, daß er die Autoren, die nicht ganz 
meiner Meinung sind, gerne zitiert, die große Menge der 
anderen aber nicht erwähnt. MitFreudekonsta- 
tiereic habe r,da ßseinegegen meine Be¬ 
haupt ungen aufgestellten Tabellen ge¬ 
radezu wunderschöne Beiträge zur Be¬ 
kräftigung meiner Anschauungen liefern. 

Die Tabelle I. von Sc. liefert die schönsten 
Beispiele dafür, daß in der Schwanger- 
schaftundzwarschonamAnfang derselben, 
oder auch in allen späteren Monaten die 
Pulslabilität eine viel kleinere ist, als 
sie normal zu sein pflegt. Wir sehen hier von den 
13 Fällen 7 mit 4, 7, 9, 5, 4, 4, 9 Labilität, also selbst 
unter 10 pro Minute. 3 mal 14 Labilität, also nahezu 
normal und nur bei 3 ist eine Pulsdifferenz von 24. 25 
resp. 27. Die Mehrzahl der Fälle von Sc. beweist also, 
daß das Herz tatsächlich sicli verdickt 
und in diesem Zustande die Labilität eine kleinere wird. 
Ich bin sehr dankbar dem Herrn, daß er mir so 
schöne Daten geliefert hat. Die übrigen Fälle sind 
wahrscheinlich Dilatationen, und ob sie das sind oder 
nicht, können wir von der Tabelle nicht ersehen, da 
weder das weitere Schicksal derselben, noch die physi¬ 
kalischen Untersuchungen über die Herzgröße usw. an¬ 
gedeutet sind. Auch ich habe in einer großen Anzahl 
der Beobachtungen der normalen Fälle derlei große 
Labilitäten gefunden, und eben der Umstand, daß die 
überwiegende Mehrzahl solcher Fälle später alle An¬ 
zeichen der Kardiopathie zeigten, hat mich zur Auf¬ 
stellung meiner Beobachtungen bewogen, Natürlich 


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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 21 


sind nicht alle mit großer Labilität auf Herzleiden ver¬ 
dächtig, jedoch ist es ratsam,'in solchen Fällen ge¬ 
naue Beobachtungen anzustellen, denn 
ich wiederhole es, die Mehrzahl derselben zeigt eben 
später Herzerkrankungen. Natürlich genügen 13 Fälle 
nicht, uni meine Beobachtungen zu widerlegen, 
selbst dann nicht, wenn alle Fälle über 14 Labilität ge¬ 
zeigt hätten, da die Anzahl der Ausnahmen selbst unter 
100 Fällen wahrscheinlich dieselbe bliebe. 

Daß ich die Pulszählung nach Möglichkeit minu¬ 
tiös ausgeführt habe und alle Fehlergrenzen psychi¬ 
scher oder somatischer Natur vor Augen hielt, beweist 
nicht nur meine Arbeit, sondern die Stelle auf Seite 9, 
wo ich mich diesbezüglich folgendermaßen äußere: 
„Daß längere Zeit hindurch beobachtete Patienten eben 
infolge des Bewußtseins, beobachtet zu werden oder in¬ 
folge anderer somatischer psychischer Reize, eben wäh¬ 
rend der Beobachtung an Zahl und Rhythmus bedeutend 
abweichenden Puls aufweisen. Die Kenntnis dieser 
Tatsache bewog mich, die Kranken längere Zeit hin¬ 
durch, womöglich oft und durchschnittlich 5—6 Minuten 
lang, wenn möglich noch länger, zu untersuchen. 
Wenn also jemand, sei es bei einer herzkranken oder 
gesunden, bei einer graviden oder nicht schwangeren 
Frau, bei solchen vergleichenden Untersuchungen in 
sitzender Lage 5—15 Pulsschläge mehr oder weniger 
findet, lasse er sich von weiteren Beobachtungen nicht 
abschrecken. 

Durch die große Anzahl von Beobachtungen, resp. 
durch aus großen Zahlen gewonnene Durch¬ 
schnittszahlen dachte ich diese Fehler¬ 
grenzen irgend zu kompensieren, wie ich dies 
auch weiter unten anführe. Ich bestimme auch die nor¬ 
male Labilität von 10—18, die auf Dilatation verdächtige 
über .30. Die 3. Fälle also, welche Herr Sc. aufführt, 
mit 25, 27 Labilität, sind durchaus nicht störend und 
liegen in den Fehlergrenzen der Beobachtung. 

Die II. Tabelle von Sc. (Seite 21) bezieht sich auf 
vier Fälle, bei denen überall ein schwaches systo¬ 
lisches Geräusch zu hören war. Die Dämpfungs- 
grenzen waren überall normal, die Labilitäts¬ 
grenzen dieselben wie in der früheren Tabelle, so daß 
dieses schwache systolische Geräusch allein dieselben 
nicht als Herzkranke annehmen läßt. Die T a b e 11 e 
alsoistauchnureinBeweisfürdieRich- 
t i g k e i t meiner Beobachtungen und ist bezüglich 
der vorher erwähnten Fragen ebenso lückenhaft wie 
die erste Tabelle. 

Die III. Tabelle zeigt 8 Fälle von organischen Herz¬ 
erkrankungen. ln den 4 ersten Fällen findet Herr Sc. 
10. 17, 18, 18 Labilität. Alle 4 Fälle sind vollständig 
kompensierte Herzleiden. Die Herzkrankheit hat 
die Graviden auch bezüglich des allgemeinen Befin¬ 
dens absolut nicht gestört, da dieselbe erst von den be¬ 
obachtenden Herren entdeckt w r urde. Ohne Zweifel sind 
auch hier keine größeren Dilatationserscheinungen, und 
eben darum zeigen sie die Richtigkeit meiner Beobach¬ 
tungen, daß sie keine absolut große Labilität des Pulses 
aufweisen. Leider sind auch diese Beobachtungen u n - 
glaublich oberflächlich, da wir aus der Ta¬ 
belle nicht ersehen können, ob diese etwas größere La¬ 
bilität, verglichen mit derjenigen vorderSchwan- 
gerschaft, resp. in der ersten Hälfte der¬ 
selben, nicht eine Wiederkehr resp. Steige- 
r u n g bedeuten. Nach meiner Beobachtung würde ich 
dem Falle 1, 2 und 4 eine gute Prognose stellen, da die¬ 
selben in 7, 8, 9 Monaten der Gravidität sind und trotz¬ 
dem ist die Labilität nur mäßig hoch: 18, 17 resp. normal 
bei Fall 2, d. i. 10. Verdächtig ist mir nur Fall 3, in dem 
4. Monat der Gravidität mit 18 Labilität, wobei die Herz- 
dämpfung bis zur 5. Rippe nach unten, 1’/» cm über den 


rechten Brustbeinrand hinaus nach einwärts reicht. In 
diesem Falle möchte ich auf Basis meines Gedanken- 
ganges strengstens beobachten, um die ersten Zeichen 
der Inkompensation feststehen zu können. 

ln einem der ersten 4 Fälle ist nur erwähnt, daß die 
Geburt zur regelmäßigen Zeit normal vor . sich ging. 
(Fall 1.) Bei den übrigen Fällen sind diesbezüglich 
jabsolutkeine Anmerkungen, und so muß ich 
annehmen, daß die Beobachtung bezüglich des weiteren 
'Schicksales auch hier oberflächlich und lückenhaft war. 

Viel anders schauen die letzten Fälle dieser Tabelle 
aus. Drei sind nämlich die s c h w e r s t e n Herzer¬ 
krankungen mit sehr schweren Inkom- 
pensationserscheinungen. Nur der erste 
Fail (Fall 5) ist gut kompensiert, und nachdem dieser 
Fall nur 3 Labilität zeigt, muß ich annehmen, daß die 
gute Kompensation durch eine reaktive Hypertrophie 
(natürlich ohne Dilatation) entstand und demgemäß die 
Prognose bezüglich der Geburt eine sehr gute ist; über¬ 
haupt auch darum, weil die Gravide bei der Beobach¬ 
tung im letzten Monate ihrer Schwangerschaft war. E s 
ist also auch ein schöner Fall, wie alle 
diebisherigen,zumBeweisedessen,daß 
ich in dem Benehmen der Pulslabilität 
ein überaus interessantes und leicht zu 
gewinnendes Zeichen zur Aufstellung 
der Prognose bei kardiopathischen 
Schwangeren finde. 

Niemals habe ich behauptet, daß dieses Puls¬ 
zeichen allein genügend ist, denn ein Zeichen ist kein 
Zeichen, sondern in Zusammenhang mit anderen Er¬ 
scheinungen. Die Anmerkung beweist auch die Richtig¬ 
keit meiner Aufstellung, nachdem die Geburt regel¬ 
mäßig. ohne Beschwerden erfolgt ist. 

Die übrigen 2 Fälle in dem schwersten Zustande 
der Inkompensation endeten alle letal, und 
zwar Fall 6 während der Geburt; Fall 8 zwei Stunden 
nachher und Fall 7 am 9. Tage des Kindbettes, ln allen 
diesen Fällen, sagt Sc., hätte i c h eine gute Pro- 
g nose aufgestellt, da die Labilität eine sehr kleine 
war, nämlich, 1, 2_imd 7. Herr Scipiades ist ein sehr 
schlechter Prophet! Vor allem hätte ich in den zwei 
letal endenden Fällen, in welchen die Labilität sozu¬ 
sagen verschwunden ist und eine schwere Inkompensa¬ 
tion bestand, die denkbar ungünstigste Pro¬ 
gnose gestellt, da doch aus meinen Beobachtungen 
und auf Basis derselben klar zu ersehen war, daß hier 
trotz größter Anstrengung des Herzens 
keine Kompensation, sondern die allerschwerste In¬ 
kompensation entstand. Diese zu niedrige Labilität 
zeigt in meinen Augen die größte Hypertrophie als 
Folge der Anstrengung, welche ungenügend war, die 
Kompensation aufrecht zu erhalten, weil dieses kranke 
Herz jetzt nicht nur mit dem schwergestörten Zirku¬ 
lationsgleichgewicht der Mutter, sondern auch mit dem¬ 
jenigen der Frucht und der ganzen Gravidität zu tun 
hat (das ist die sogenannte hypertrophische In¬ 
suffizienz). 

Fall 8 stellt im 4. Monat der Schwangerschaft, 
wahrscheinlich ward derselbe also in den späteren Mo¬ 
naten der Schwangerschaft zu einer Hypertrophie, und 
die lückenhafte Tabelle sagt nicht, in welchem Monate 
der Schwangerschaft die Geburt erfolgt ist. 

Wenn ich die Beobachtungsfähigkeit und Wahr¬ 
heitsliebe der Herren noch irgend etwas schätze, so muß 
ich annehmen, daß diese Geburt recht bald nach der Be¬ 
obachtung erfolgt ist, da das Sektionsprotokoll eine 
reine Hypertrophia ventriculi dextri zeigt, also mit 
meinen Beobachtungen einen strengen logischen Nexus 
beweist. 



Nr. 21 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


325 


Ich kann mir doch nicht denken, daß die Geburt am 
Ende der Schwangerschaft erfolgt ist und die Herren 
seit dem 4. Monate der Gravidität niemals weitere Be¬ 
obachtungen angestellt haben; hätten sie es getan, 
hätten sie auf Basis meiner Aufstellungen wahrschein¬ 
lich später eine enorme Steigerung der Labi¬ 
lität registrieren können, wenn nämlich eine Dilatation 
entstanden wäre. Soll ich annehmen, daß die Geburt 
am Ende der Gravidität erfolgt ist und die Herren 
darum keine weiteren Aufzeichnungen ihrer Beobach¬ 
tungen notiert haben, weil die Zustände im 4. Monate in 
ihren Augen gegen meine Aufstellung gepaßt haben? 

Wiewirsehen, sindsieinjedemFalle 
im Irrtum. 

Ebenso verhält es sich mit dem Fall 7, wo das Ver¬ 
schwinden der Labilität mit Inkompensationssymptomen 
ein Zeichen der hypertrophischen Herzinsuffizienz war, 
also die Prognose als ungünstig erscheinen ließ; 
immerhin etwas günstiger, als bei dem vorigen Falle, 
da die diktatorische Insuffizienz wahrscheinlich erst in 
dem späteren Monate sich einstellte. 

Daß ich mich auch sonst solchen Fällen gegenüber 
ganz anders verhalten hätte, wie es Herr Sc. in seinem 
etwas jugendlichen Uebereifer prophezeit, will ich meine 
Auffassung diesbezüglich wörtlich von Seite 8 zitieren: 

„Alle Beobachter stimmen darin überein, daß der 
Verlauf der Schwangerschaft so lange ein günstiger ist, 
als das Herzleiden kompensiert ist. Wenn schon 
Oedem, Hydrops, Anasarka, Cyanose, Atemnot, an¬ 
ginaartige Anfälle vorhanden sind, dann wissen wir 
sicher, daß die Prognoseschlechtist; doch 
wissen wir auch, daß wir nicht helfen können. Es sind 
zwar Fälle mitgeteilt, bei weichen in diesem Stadium 
der Inkompensation künstlicher Abort oder Frühgeburt 
eine vorübergehende Besserung herbeiführte, doch 
kennen wir keinen Fall, wo die Unterbrechung der 
Schwangerschaft auf die Kompensation des Herzleidens 
von günstigem Einflüsse gewesen wäre. Solche künst¬ 
liche Geburten haben schon an sich einen sehr gestörten 
Verlauf, sind mit häufigen Blutungen verbunden und so 
ist auch vom Standpunkte des Geburtshelfers ein Ein¬ 
griff nicht opportun.“ 

Diese Fälle gehören wahrscheinlich in die erste 
Gruppe meiner Einteilung, worüber ich mich in der Zu¬ 
sammenfassung auf Seite 23 folgendermaßen äußere: 

,,a) In die erste Gruppe gehören jene Fälle, bei 
welchen das Herzleiden schon vor der Schwangerschaft 
bestand. Die Diagnose dieser Erkrankung ist leicht, da 
wir von Beginn der Schwangerschaft an ein ausge¬ 
sprochenes Herzleiden vorfinden. Die Prognose ist im 
allgemeinen schlecht. Das von mir beobachtete Puls¬ 
zeichen verhält sich derartig, daß die Labilität des 
Pulses nur auf sehr kurze Zeit, in den ersten Monaten 
der Schwangerschaft verschwindet, um dann 
alsbald in erhöhtem Maße im Verein mit den übrigen 
Symptomen der Herzdilatation und Inkom¬ 
pensation wieder zu erscheinen. Der im Anfang 
normale Blutdruck sinkt.“ 

Diese Schilderungen der Dinge zeigen wohl zur 
Genüge, daß ich in den ersten 4 resp. 5 Fällen die Pro¬ 
gnose — trotz Herzerkrankungen — nicht ungünstig ge¬ 
stellt, folglich keinen Grund zu einem operativen Ein¬ 
griff gehabt hätte. In den letzten 3 resp. 2 Fällen hätte 
ich eine ungünstige Prognose gestellt — im Falle 8 viel¬ 
leicht eingeschritten, da eine Operation die Prognose 
zur Herzerkrankung nur verbessert hätte. Das sind die 
Fälle, die ich anderen Ortes als hypertrophische Insuffi¬ 
zienz bezeichnete, welche Auffassung übrigens von 
R o m b e r g stammt. 

Meine Beobachtungen — die ich in München, auf 
dem Internisten-Kongreß auch vorgetragen habe — 


haben auch in diesem Falle der Insuffizienz eine inter¬ 
essante Pulserscheinung aufgedeckt, nämlich daß im 
Gegensatz zu der dilatatorischen Insuffizienz bei einer 
hypertrophischen eher eine große Verminderung resp. 
Verschwinden der Labiliät neben vorgeschrittener In¬ 
kompensation zu beobachten ist. 

Fall 6 war eine sectio Caesarea, welche während 
der Operation zugrunde ging; pflegen denn die Herren 
bei ihren Kaiserschnitten letalen Ausganges — etwa 
eine Herzerkrankung oder dergleichen zu be¬ 
schuldigen? 

Wenn Herr Sc. die schuldige Loyalität gehabt 
hätte, mich zu den Kontrollbeobachtungen einzuladen, 
resp. mir Gelegenheit geboten hätte, die Fälle zu sehen, 
die er in den Tabellen bespricht, hätte ich ihn durch Auf¬ 
klärung von den Unannehmlichkeiten seiner jetzigen 
Situation verschont, und er hätte seinen Chef und die 
Klinik nicht so blamieren müssen. 

ich denke, es hätte auch zur schönen Seite einer 
vorurteilslosen Kritik gehört, wenn Herr Sc. mich we¬ 
nigstens auf den Vortrag über meine Abhandlungen auf¬ 
merksam gemacht hätte, damit ich dort nicht nur so zu¬ 
fällig erschienen wäre. Den Vortrag haben Sie Ende 
Mai abgehalten, also in einer Zeit, wo Sie mich schon 
längst auf meiner Sommerstation wähnten. Als ich den 
komischen Titel: „Kann man aus dem Verhalten des 
Pulses gesunder Graviden auf die richtige Zeit der 
Unterbrechung der Schwangerschaft herzkranker Gra¬ 
viden folgern“ gelesen und den Sinn enträtselt habe, 
habe ich den Herrn Vortragenden und andere öfters ge¬ 
fragt, ob denn in diesem Vortrage meine Beobachtungen 
besprochen werden, ich konnte jedoch nur zweideutige 
Grimassen, aber nie eine Aufklärung herausbekommen: 
Alles in allem, eine lächerliche Geheimtuerei und Ver¬ 
steckenspiel wie es im, gebildeten Westen nicht Vor¬ 
kommen kann. 

Mit einem Wort: der Kritikerhatzum Ge¬ 
genbeweise völlig untaugliche Be¬ 
obachtungen ausgeführt, welche ihm 
noch das Unglück geh rächt haben, daß 
seine Fälle und Tabellen Ergänzungen 
und Beweise für die Richtigkeit meiner 
Puls Symptome lieferten. 

Ich hoffe, daß er seine beleidigende Art zu kriti¬ 
sieren nunmehr abgewöhnen wird, die häßliche Art, die 
„Wissenschaft“ als Deckmantel für persönliche Angriffe 
zu benutzen, verlassen wird; ich hoffe, daß er sich 
hüten wird, in Zukunft sich Hereindichtungen zu er¬ 
lauben und auf selbe „Anschuldigungen“ zu bauen, ich 
hoffe, daß er von mir die Lehre annehmen wird, daß 
„praeoccupatio impedit aninumi, ne possit ceruere 
verum“. 

Die Behandlung der akuten Urethritis 
anterior und posterior. 

Von Dr. Apostolos G. Apostolides, Arzt des Höpital 

Civil Ottoman, Smyrna.*) 

Vor einigen Monaten habe ich in drei Publikationen 
„Ueber die moderne Therapie der akuten Gonorrhoe“ 
die chemischen Eigenschaften und die verschiedenen 
Anwendungsweisen der gegen die Gonorrhoe empfoh¬ 
lenen Mittel ausführlich zusammengefaßt. Heute will 
ich über meine Behandlungsweise der akuten Gonorrhoe 
berichten. 


*) Apostolos G. Apostolides: Betrachtungen über die neueren 
Balsamica. Allg. Med. C-Ztg. Nr. 50, 1908. — Ueber die interne 
Behandlung der akuten Gonorrhoe ibid. 1909, Nr. 16-17. — Die 
moderne Therapie der akuten Gonorrhoe. Therapeutische Rund¬ 
schau Nr. 20 ff., 1909. 


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326 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 21 


a) Behandlung der akuten Urethritis anterior. 

Kommt ein Patient mit einer Urethritis akuta 
auterior in Behandlung und zeigt die mikroskopische 
Untersuchung reichlich Gonokokken, so sollte stets 
eine Abortiv-Kur durch Injektionen von 20 proz. Pro- 
targolglycerinlösung resp. Albargin 20 °/° versucht wer¬ 
den, d. h. wenn die Gonorrhoe erst kurze Zeit, höch¬ 
stens zwei Tage alt ist. Statt dieser starken Konzentra¬ 
tionen kann man auch Abortiv-Spiilungen mit großen 
Mengen “/«proz. Protargollösungen nach Janet täglich 
1—2 mal vornehmen — (Apostolidis jun. Loc. cit.). Hat 
das Abortivverfahren einen negativen Erfolg gezeigt, 
so beginnt man mit der Injektionsbehandlung. Sind 
starke Reizerscheinungen vorhanden, so verordnen wir 
Bettruhe,' kalte oder Bürowsche Umschläge, reiz¬ 
lose Diät, Regelung des Stuhles, um erst dann zu den 
Protargol- oder Novargan-Einspritzungen, d. h. der lo¬ 
kalen Behandlung überzugehen, andernfalls gehen wir 
sofort zu jener über. Die Konzentration dieser Lö¬ 
sungen richtet sich nach dem Grad der Entzündung und 
der Empfindlichkeit der Urethra. Bei stark entzünd¬ 
lichen Vorgängen und großer Empfindlichkeit beginnen 
wir mit Argonin 2 ”/«, um möglichst bald auf Protargol 
zurückzukommen. Die Protargol-Therapie wird in der 
Weise gehandhabt, daß Patient selbst 4 mal täglich mit 
der 0,25 prozentigen Protargollösung sich hinterein¬ 
ander je 5 Einspritzungen ä 3 Minuten Dauer macht. 
Fast in allen Fällen wird diese topische Behandlung 
durch die gleichzeitig interne Darreichung von 
G o n o s a n täglich 8 Kapseln resp. T h y r e s o 1 unter¬ 
stützt. In dieser Weise nimmt die Sekretion gewöhn¬ 
lich vom 6. bis 8. Tage an bedeutend ab, der Urin 
führt nur mehr Fäden, die Entzündungserscheinungen 
gehen zurück. Diese Protargolbehandlung wird zehn 
Tage fortgesetzt. Nach Finger genügt diese Zeit, 
um das Sekret gonokokkenfre'i zu machen. 2 ) Aus dem 
Fehlen von Gonokokken darf aber hier keineswegs der 
Schluß gezogen werden, daß in der ganzen Schleimhaut 
keine Gonokokken mehr seien und man mit dieser Therapie 
aussetzen dürfe. Am 10. Tage der Behandlung lassen 
wir nur zweimal täglich mit Protargol 0,30—0,50“'» 
injizieren und machen nebenher ausgiebige Spülungen 
der Harnröhre nach Janet (siehe Apostolidis Loc. cit., 
Seite 438) mit Kali permangan. 0,20 Hermophenyl 
0,10aq. dest. 1500,0 15 Minuten vor dem Schlafengehen! 
Diese Lösung wird fast stets gut vertragen und ruft in 
keinem Falle störende Begleiterscheinungen hervor. 
Bis zum 15.—20. Tage wird dies fortgesetzt, nach 
welcher Zeit das Sekret so vermindert ist, daß im Urin 
nur mehr ein paar Fäden zu sehen sind. Die Urethral¬ 
schleimhaut ist dann nur noch wenig empfindlich, und 
es empfiehlt sich nun, die Protargollösung zu ver¬ 
stärken, oder noch besser, stärker wirkende Mittel, 
speziell Albargin resp. Ichthargan oder Novargan III, 
anzuwenden, die tiefer als Protargol einwirken (vide: 
Apostolidis loc. cit. Therapeutische Rundschau Seite 
423). Wir verordnen also: Albargin 0,2—0,4 oder 
Novargan 111 0,5 aq. destill. ad. 200,0 „frigide et 
recenter parandum" Ds. in vitr. nigr. — Der Patient 
macht 2 mal täglich Einspritzungen, abends wird eine 
Spülung mit obengenannter und durch Einschleichen 
gestiegener Hermophenyl-Kal. permang.-Lösung vor¬ 
genommen ; dabei täglich 8 Santyl-Kapseln. Für sub¬ 
akute Formen ist Santyl besser als Gonosan. 
Billiger als in Kapseln ist Santyl in Tropfen, 3 mal 
täglich 20—30, jeweils mit Urotropin resp. Hel- 
mitol oder besser Hetralin - Tabletten ä 0,50. 
Einige Autoren verordnen zu dieser Zeit an 
Stelle von Albargin das Argyrol in 2—4—10 


**) Apostolides: Therapeutische Rundschau 1909, Nr. 20 ff. 


prozentigen Lösungen. Diese Methode hat den 
Nachteil, sehr teuer zu sein, ohne dabei unser Verfahren 
mit Albargin an Wirksamkeit zu übertreffen. Nach 
unserer Erfahrung tut man besser, am Abend die 
Spülung mit Protargol 0,30“/» resp. Collargol 1 : 100 
vorzunehmen, ein Verfahren, welches uns die besten 
Resultate gab. Wie lange es bei Anwendung von Al¬ 
bargin dauert, bis die Gonokokken völlig aus der 
Schleimhaut verschwunden sind, läßt sich im allge¬ 
meinen nicht sagen. Hier muß die mikroskopische 
Untersuchung eingreifen. Auf keinen Fall dürfen wir 
mit Albargin aufhören, bevor die Gonokokken nicht 
längere Zeit abwesend bleiben. Für den Praktiker kann 
das „je länger je lieber“ als Grundsatz gelten, weil, wenn 
die Kokkenfreiheit der Fäden kein untrüglicher Beweis 
ist, die antiseptische Therapie nicht zu früh sistiert 
werden darf. Erst wenn nach wiederholter mikroskopi¬ 
scher Besichtigung (was für den Praktiker nicht leicht 
ist) der Befund stets negativ blieb, ist man berechtigt, 
zur adstringierenden Therapie überzu¬ 
gehen, um auch die Fädchen aus dem Harn, speziell 
aus dem Morgenharn, zu entfernen, d. h. den Katarrh 
zu heilen. Aber auch dann ist es empfehlenswert, vor¬ 
sichtshalber hier und da morgens Albargin resp. Novar¬ 
gan III 0,5°/» einspritzen zu lassen. Als Adstringens 
empfehlen wir Zinci Soziodol. nach folgendem Rezept: 


aa. 0,4 


Aluminii sulf. 

Zinci sulf. 

Chloruret. ammon. 

Kal. Nitr. 

Aq. destill. 200,0 

crudi. aa. 0,25 Aq. 


aa. 

10,0 


Rp. Soziodol. Zinci 2,0 Rp. 

Tr. opii simpl. 5,0 

Aq. destill. 200,0 

Ds. Zur Einspritz. 

2 X täglich 

Zinci sulfur. Ac. Carbol 1. alum. 
destill. 200,0, Ds. zur Einspritzung. 

Abends die gewöhnliche Spülung mit Kali permang. 
0,20—0,60 Hermophenyl 0,25 : 1000,0. , Wer durchaus 
Abwechselung liebt, ersetze das Albargin durch Ich¬ 
thargan resp. Argyrol zur Einspritzung einmal täglich 
und mache eine Spülung abends vor dem Schlafengehen 
mit Novargan III 0,15 "/» oder besser mit Collargol. Das 
Wesentliche ist, daß man selbst zu dieser Zeit 
einer starken antiseptischen Lösung 
nie htentraten kann. Etwa^ am 30. Tage der Be¬ 
handlung höre ich mit den antiseptischen Mitteln auf 
und lasse nur noch Largin oder Argentamin einmal 
täglich und zwar morgens in .’/*—1 prozentiger Lösung 
injizieren, während abends vor dem Schlafengehen eine 
Janetsche Spülung gemacht wird mit Kali Hyper- 
mangan. 0;60, Hydrargyrum oxycyanat. 0,15, Zinci sul- 
furi 1,5, aq. destill. 1000,0. 

Zum Schluß lassen wir 1—2 Flaschen einer 
Bismuthmischung als „Pansement intra ure- 
tral“ in der Harnröhre liegen: Rp. Xeroform oder 
Dermatol 5,0, Glycerin 75,0, aq. destill. 25,0, Zinci-Sulfo- 
carbol 0,10. M. f. Suspensio. Ds. zur Einspritzung. 

Mit der Janetschen Spülung — einmal abends — 
fahren wir fort, bis auch jede Spur von Fädchen aus 
dem Morgenharn dauernd verschwunden ist. Die 
Spülung wird probeweise ausgesetzt und es dürfen 
sich nach Biergenuß und Koitus keine Rezidive zeigen. 
Man darf also nicht, wie dies auch Finger und 
N e i s s e r betonen, zu früh mit der Behänd- 
I a n g a u f h ö r e n , da man sonst unliebsame Ueber- 
raschungen erleben kann. 

Die Behandlungsdauer schwankt zwischen 30 und 
40 Tagen. Erscheinungen von Urethritis poste oder 
andere Komplikationen treten in keinem einzigen Falle 
auf, wenn die Behandlung frühzeitig begonnen und gut 
ausgeführt wird. Wir müssen zugeben, daß unsere 
Methode etwas kompliziert ist, aber sie hat den großen 
Vorteil, eine definitive Heilung zu garantieren, ohne 
Rezidive zu zeitigen; in keinem unserer Fälle konnte 




Nr. 21 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


327 



bestehen. Ob andere Aerzte Gelegenheit hatten, ein I Eine Frage von großer Bedeutung ist einerseits die 


schnelleres Verschwinden der Gonokokken zu beob¬ 
achten, muß ich natürlich dahingestellt sein lassen. 
Unter meinen akuten Fällen erwiesen sich etwa 2"/» 
refraktär gegenüber der oben beschriebenen Methode. 
Diese Mißerfolge können daran liegen, daß die Infektion 
von Anfang an diffus war und daß die Gonokokken sich 
irr schwer zugänglichen Partien der Harnröhre lokali¬ 
siert hatten; in derartigen Fällen ist das Endresultat ge¬ 
wöhnlich ungenügend, ja manchmal negativ. 

b) Die Behandlung der perakuten und akuten 
posterioren Urethritiden. 

Man muß zwischen zwei Formen von akuter 
Urethritis post, unterscheiden, jener mit heftigen Ent¬ 
zündungserscheinungen einerseits (perakuta Urethritis 
posterior) und den ohne jedes Anzeichen von Inflamma¬ 
tion einsetzenden Fällen anderseits, die fast schmerzlos 
verlaufen (akute Urethritis posterior), von der Urethritis 
chronica post, ganz abgesehen. Bei der ersten Art der 
Urethritiden ist eine lokale brüske Behandlung kontra¬ 
indiziert. Wir müssen also für einige Zeit von jeder 
lokalen Behandlung am besten absehen. Nur bei 
weniger intensivem Einsetzen der Urethritis posterior 
wird eine mildere lokale Behandlung appliziert. So 
z. B. raten wir dem Patienten abends vor dem Schlafen¬ 
gehen eine Janetsche Spülung mit 1 °/«° Protargol- 
Lösung vorzunehmen. Dann empfehlen wir: Diät, 
Bettruhe, Voll- und Sitzbäder, und suchen durch Balsa¬ 
mica und Salicylpräparate den Schmerz zu lindern. 
Ferner kommen zur Beseitigung der subjektiven Be¬ 
schwerden Blasenantiseptica wie H e 1 m i t o 1 resp. 
Hetralin zur Anwendung. C.onosan ist wegen der Reiz¬ 
wirkung auf die Schleimhaut nicht indiziert. Wir ver¬ 
ordnen neben Ruhe und Milchdiät regelmäßig Helmitol 
(3 mal täglich 1 Pulver), gelegentlich auch Eumic- 
tineLeprince oder S a n t y 1. Sehr häufig wurde 
auch Aspirin gegeben. Verschiedene von diesen Mitteln 
dienen dazu, den Säuregehalt des Urins zu erhöhen und 
den Schmerz zu lindern; die Wichtigkeit des Säure¬ 
gehalts des Harns haben wir wiederholt hervorgehoben 
und betont, daß jede Abnahme derselben ein Unter¬ 
stützungsmittel für das Zustandekommen einer Cystitis 
ist. Dementsprechend verwerfen wir systematisch 
den Gebrauch von alkalischen Mineralwässern bei der 
Urethritis poster., welcher nach Finger „direkt ein 
grober therapeutischer Fehler ist.“ In einer großen 
Zahl von Fällen von Urethritis ac. poster. ist der Ge¬ 
brauch anderer Mittel durchaus entbehrlich, da diäte¬ 
tische und baineotherapeutische Maßnahmen nebst den 
oben genanten Präparaten meist zum Ziele führen, in¬ 
dem sie die Hyperämie der Sexualorgane und demge¬ 
mäß Harndrang und Schmerzen bekämpfen. Ist aber 
der Harndrang sehr heftig, so suchen wir neben Bett¬ 
ruhe, kühlenden Ueberschlägen, prolongierten Sitz- 
und Vollbädern, durch ITyoscyamus, Morphium oder 
durch H e r o i n die Symptome zu beseitigen. Folgende 
Formel hat sich recht zweckentsprechend erwiesen: 

Rp.: Heroin hydrochloric. 0,005—0,01, Sacch. alb. 
0,5, M. d. t. Dos. X, S. Abends vor dem Schlafengehen 
ein Pulver zu nehmen. 

Auch Injektionen von 0,005 g Heroin haben sich be¬ 
währt. Gegen die terminale Hämaturie reicht Helmitol 
in den meisten Fällen aus, was von verschiedenen Seiten 
bestätigt wurde. Auch Calciumchlorid und Ergotin 
werden mit Vorteil verwendet. 

In neuester Zeit sind Stypticin und Styptol als 
blutstillende Mittel in Betracht gezogen worden. 

Von Styptol (phthalsaures Cotarnin) haben wir 
ebenfalls sehr ermutigende Erfolge gesehen und m. E. 
ist das Mittel bei Hämaturie eines Versuches wert. 


VERS 


Behandlung mit Sedativis zur Bekämpfung der Schlaf¬ 
losigkeit, der Erektionen und Pollutionen, mit denen 
wir es häufig zu tun haben. In dieser Hinsicht leisten 
die empfohlenen Kampfer- und Brompräparate relativ 
w'enig. Finger verabreicht Natr. bromat. in Dosen von 
2—3,0, des Abends vor dem Schlafengehen Camphor. 
monobromat. mit Ergotin. M. v. Zeißl hat gute Resul¬ 
tate bei Verabreichung von Trional gesehen. Man 
reicht das Trional an zwei aufeinanderfolgenden 
Abenden, dann jeden zweiten Tag. 

Besonders Veronal gelegentlich zusammen mit 
Codein hat uns zur Bekämpfung der Schlaflosigkeit und 
der Erektionen recht gute Dienste geleistet. Veronal 
besitzt, außer seiner sedativen, eine diuretische 
Wirkung, die nicht zu unterschätzen ist. v. Kaan be¬ 
vorzugt die Darreichung des Veronals in heißem 
Baldriantee. Immerhin ist es zweckmäßig, nach zwei 
Tagen mit einem anderen Hypnoticum wie S u 1 f o n a 1, 
Trional usw. zu wechseln. Sehr zufrieden war ich 
mit Heroin und Dionin, welches hier in abendlichen 
Dosen ä 0,01 g innerlich oder in der Form von Suppo- 
sitorien (Rp. Heroin hydrochlor. 0,01 resp. Dionin 0.03, 
01 Cacao 2,0, M. f. supposit. d. t. dos. X.—S. 1 Zäpfchen 
vor dem Schlafengehen) warm zu empfehlen ist. Bei 
Darreichung von Heroin lassen die Schmerzen, Erek¬ 
tionen, Pollutionen prompt nach und die Kranken können 
die lokale Behandlung beginnen. 

Schließlich haben wir zur Behandlung der Be¬ 
schwerden bei der Gonorrhoe post, acuta noch zu er¬ 
wähnen: Die Applikation heißer, großer Wasser- 
ktystiere (48—50“) per rectum. Unter dieser Therapie 
und der kontinuierlichen Darreichung von Sandelöl¬ 
präparaten mit Helmitol hören im allgemeinen die sub¬ 
jektiven Symptome bald auf und die perakute Urethritis 
kommt zu einer subakuten Form. Bei den von Beginn 
an subakuten Formen oder sobald die starken Reiz¬ 
erscheinungen zurückgegangen sind, wird sofort mit 
der lokalen Behandlung begonnen. 

Wir verordnen gewöhnlich Harnröhrewaschungen 
mit Protargol-Lösung 0,5 ”/» frühmorgens und mit 
(0,02"/») abends vor dem Schlafengehen. Die zweite 
Woche Irrigation mit Albargin 0,1 “/• morgens früh. Für 
abends dieselbe Permanganatkaliumlösung. Dritte 
Woche Albargin (0,15 “M wechselweise mit Argentamin 
0,10"/» morgens; abends wie oben. Vierte Woche, 
morgens Irrigation mit Argentamin resp. Argent. nitr. 
(0,1 “/») oder Albargin (2"/») abends vor dem Schlafen¬ 
gehen. Von der fünften Woche ab nur eine Spülung 
abends mit der oben genannten Lösung, wozu wir noch 
Hydrargyrumoxycyanat in einer Konzentration von 
0,20 : 10 000 zusetzen. Selbstverständlich setzt der 
Patient nebenbei, von Beginn an, seine Injektionen mit 
Protargol, nach demselben Prinzip wie bei der 
Urethritis anterior, zweimal am Tage bis zu der vierten 
Woche fort. 

Nach der sechsten Woche soll der Patient nur mit 
der oben genannten abendlichen Janetschen Spülung 
noch zwei Wochen fortfahren und dann aussetzen, wenn 
keine Fädchen sich im Urin befinden, sonst wird bis zum 
Verschwinden derselben mit den Spülungen fortge¬ 
fahren. Selbstverständlich kann man sich auch anderer 
Silberpräparate mit Vorteil bedienen. Schließlich 
kommen zur Behandlung des postgonorrhoischen ter¬ 
minalen Katarrhs das Bismutum subnitricum und ähn¬ 
liche Verbindungen in Betracht. Bei der häufig vor¬ 
kommenden Prostatitis sind vor allem lokale Massage 
und warme Einläufe in Anwendung zu ziehen. 

Die unter der Wirkung der beiden oben beschrie¬ 
benen Methoden, der internen Medikation und lokalen 
Behandlung, erzielten, Resultate waren vorzüglich. Ich 


/EP 




328 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 21 



icli die akute Gonorrhoe in 2—3 Tagen heilen; 
frühestens nach 10 Tagen gelang es mir, das definitive 
Verschwinden der Gonokokken zu konstatieren. Das 
Sekret blieb aber noch 15 Tage in Form von Fädchen 
konnte bei Kranken ohne schwerere anatomische 
Läsionen der Urethra (Drüsenläsionen, periurethrale 
Verletzungen, Strikturen usw.) feststellen, daß die akute 
Urethritis posterior durchschnittlich in zwei Monaten 
heilte,. ohne daß irgendwelche Spuren zurückblieben, 
ln allen Fällen haben wir die Patienten erst dann für 
geheilt erklärt, wenn der Urin bei wiederholter Unter¬ 
suchung, und nachdem sich die Kranken körperlichen 
Anstrengungen unterzogen hatten, kein Sekret mehr 
aufwies. 

Welche Schlußfolgerung können wir aus dem Vor¬ 
hergesagten ziehen: 1. Das Spezifikum für den Tripper, 
das alle akuten, einfachen und komplizierten Gonor¬ 
rhoen, mit absoluter Sicherheit heilt, muß noch gefunden 
werden. Zur Zeit sind die Silber-Eiweißverbindungen, 
besonders Protargol, Albargin, Argyrol, Novargan, 
Ichthargan, die besten Mittel, die dem Ideal Neissers 
am meisten nahe kommen. 2. Wir dürfen nicht eher 
von wirklicher Heilung sprechen, bevor nicht wenig¬ 
stens zehn Tage hindurch die mikroskopische Unter¬ 
suchung zahlreicher Präparate ein negatives Resultat 
ergeben hat. Ich betone dies, weil ich fast täglich 
Gelegenheit hatte, zu beobachten (besonders in der 
Dermatologischen Universitätsklinik zu Athen Professor 
Protopoulos), das Prostituierte nach den ersten nega¬ 
tiven mikroskopischen Präparaten als geheilt entlassen 
wurden: die Folgeerscheinung war dann stets ein 
heftiger Rückfall, der fälschlich als Neu-lnfektion an¬ 
gesehen wurde. Welch eminente Gefahr der Be¬ 
völkerung einer Stadt gerade aus dem Unterbleiben 
von sorgfältigen wiederholten Untersuchungen 
in diesen Fällen entstehen kann, dürfte ohne weiteres 
jedem klar werden. 


Die Verwendbarkeit von Celluloid als Material 
zu Plattfußeinlagen. 

Von Dr. med. Karl Lengfellner, Chirurg und Orthopäde in Berlin 

Wer Hunderte von individuellen Einlagen selbst ge¬ 
macht hat und Tausende bei der Anfertigung beaufsichtigt 
hat, der kommt zur Ueberzeugung, daß die Möglichkeiten 
der Verwendbarkeit von Materialien zur Herstellung von 
individuellen Einlagen sehr beschränkt sind. Unzählige 
von Versuchen bewiesen mir diese Tatsache, und ich 
würde es als eine ganz undankbare Aufgabe halten, noch 
weiter daran zu rütteln. 

Celluloid ist sicherlich eine sehr verwendbare Kom¬ 
position bei Anfertigung von Plattfußeinlagen, speziell 
deshalb, weil die Möglichkeit gegeben ist, die Masse dem 
individuellen Modell genau anzuschmiegen und anzu¬ 
passen, aber praktisch erprobt, muß ich sagen, wurden 
meine Hoffnungen zum großen Teil enttäuscht. Im fol¬ 
genden werde ich Ihnen genau mein Urteil über die Art 
der Verwendbarkeit des Celluloids mitteilen, und da 
meine praktische Erfahrung hierin eine sehr große ist, so 
können Sie sich darauf ohne weiteres verlassen. 

In zweierlei Form ist Celluloid zu verwenden: 

1. als Celluloid-Lösung; 

2. in Plattenform. 

Ad I. An Stelle von Celluloid kann man auch Nitro¬ 
cellulose setzen, die aber zu spröde Konsistenz gibt. 
Vorteilhaft ist oft eine Mischung von Celluloid und Nitro¬ 
cellulose. Wie man am besten eine Celluloidlösung her¬ 
stellt, habe ich in Nr. 41 (1907) der Münchener Mediz. 


Wochenschrift dargelegt; dort finden Sie auch Näheres 
über Celluloidtechrük verzeichnet. 

Die bekannteste Celluloideinlage, die Langesche 
Trikot-Celluloideinlage, hat den unbedingten Vorteil der 
genauen Anpassung, auf der andern Seite aber eine Reihe 
von Nachteilen. Zudem muß ich konstatieren, daß ich 
auf Grund der vielen Einlagen, die nach dem Prinzip von 
Lange in vielen Kliniken angefertigt werden, gesehen 
habe, daß es nur selten gelingt, eine Einlage im Sinne 
von Lange zu erzeugen. Meist besteht nur eine entfernte 
Aehnlichkeit mit einer Einlage, die von Lange selbst 
stammt. Aber auch letztere hat leider folgende Nachteile. 

Die Herstellung ist eine langatmige und bedarf natur¬ 
gedrungen wegen des Trocknens der einzelnen Schichten 
mehrfacher Unterbrechungen. Die Festigkeit der fertigen 
Celluloideinlage reicht trotz des eingelegten Drahtes nicht 
aus, ein Heruntertreten der Einlage außer an der Stelle, 
wo der Kork stützt, zu vermeiden. 

Der Korkklotz ist heutzutage wohl zur Unmöglichkeit 
geworden, abgesehen davon, daß er sich häufig nach 
oben und noch häufiger die Sohle nach unten durch¬ 
drückt. Dazu kommt noch die leichte Zerbrechlichkeit 
der Celluloidtrikotränder. Dies sind Erfahrungstatsachen, 
die sich nicht von der Hand weisen lassen. Eine weitere 
Gefahr besteht noch darin, daß die Einlage so reichlich 
ausfällt, daß sie nur in einen Stiefel zu legen ist, der 
einem Oderkahn gleicht. Bei der modernen Technik sind 
aber Plattfußpatienten derlei plumpes Maßschuhwerk nicht 
mehr gewöhnt, sondern beanspruchen — und mit Recht — 
daß sie eine Einlage bekommen, die in jeden Lagerstiefel 
paßt. (Ich sehe dabei natürlich von Ausnahmefällen mit 
besonderen Deformierungen ab.) Will man diese sehr 
umständliche Technik überhaupt beibehalten, so muß auf 
alle Fälle ein Verfahren gewählt werden, welches die 
Sicherheit gibt) däß ein Heruntertreten der Einlage un¬ 
möglich ist. Ich habe ein solches angegeben, 
indem ich vorschlug, zwischen den Trikot- 
Celluloidschichten eine genau angetriebene Alu¬ 
miniumplatte einzufügen und nach dem Trocknen 
durch Nieten noch zu verbinden. Durch das Ein¬ 
betten der Aluminiumplatte in Celluloid zeigte sich, daß 
die Widerstandskraft des sonst zerbrechlichen Metalls sehr 
erhöht wird. Ferner habe ich das Verfahren noch da¬ 
durch bedeutend verbessert, daß ich die Aluminiumplatte 
zuerst siebartig durchlöchern lasse, so daß das Celluloid 
von beiden Seiten durchzudringen imstande ist und zu 
einer ganz enormen Festigkeit der Einlage führt. (D.R.P.) 
Trotzdem die Einlage — so angefertigt — sehr wider¬ 
standsfähig ist, ist es doch ratsam, noch eine Spannfeder, 
wie ich sie wiederholt angab, anzubringen. Langwierig 
ist auch diese Art der Anfertigung von Celluloideinlagen, 
aber sie hat zwei ganz wesentliche Vorteile, nämlich, daß 
der Kork entbehrt, und die Sicherheit, daß die Einlage 
nicht heruntergetreten werden kann. 

Drahtgitter einzulegen, rate ich Ihnen auf Grund 
meiner Versuche dringend ab. 

Stahlbänder einzulegen, wie ich dies früher einmal 
angab und noch häufig zu sehen bekomme, ist vollkommen 
zwecklos. Einmal senkt sich die Einlage trotzdem überall, 
wo das Stahlband nicht wirkt, und dann tritt sich das¬ 
selbe regelmäßig selbst herunter. 

Ich muß gestehen, daß ich von der ganzen Celluloid¬ 
kleckserei vollständig abgekommen bin, und von den 
Tausenden von individuellen Einlagen, die ich im Laufe 
des Jahres machen lasse, sind nur wenige dabei, die nach 
der von mir angegebenen Modifikation gemacht sind. 
Vereinzelt wende ich immer noch meine Celluloid-Schnür¬ 
einlage und den Celluloid-Schnürstiefel an. 

Weit praktischer wäre die Anwendung der 
Celluloidplatten, ja dieselben würden das idealste 
Material für eine individuelle Einlage darsteilen, 


/EF 


I 



Nr. 21 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


329 





wenn nicht einige Schattenseiten gewichtiger 
Natur auch hier wieder störend wirken würden. 

Man braucht eine Celluloidplatte nur in heißes Wasser 
zu stecken, um sie alsbald in weichem Zustande auf das 
schönste und einfachste und zudem genaueste dem in¬ 
dividuellen Gipsmodell überzumodellieren. In einigen 
Minuten ist sie wieder hart. Auch Innenrand und Außen¬ 
rand lassen sich auf diese Weise leicht und genau an¬ 
passend gewinnen; doch rate ich Ihnen überhaupt ab, 
jemals einen Außenrand aus unnachgiebigem Material zu 
machen. 

Das zu starke Abrutschen nach außen ver¬ 
meide ich mit bestem Erfolg dadurch, daß ich jeder 
Einlage eine kleine schraubenartige Drehung in 
dem Sinne geben lasse, daß der äußere Vorder¬ 
fuß eine Hebung erfährt. Die Trikot-Celluloidränder 
sind vollkommen überflüssig geworden, seitdem ich das 
Leder überwalken lasse und diese Walklederränder mit 
Celluloid oder noch besser einer mir patentierten, dem 
Leder fest anhaftenden Masse bestreiche. Diese Ränder 
bieten mindestens den gleichen Widerstand, wie die 
Trikot-Celluloidränder, sind schnell und einfach zu ge¬ 
winnen und brechen vor allem nicht. 

Selbstverständlich ist eine Einlage, aus einer Celluloid¬ 
platte hergestellt, wenn sie auch noch so genau paßt, 
vollständig unbrauchbar, und man muß sich darüber 
wundern, immer wieder derlei Einlagen zu Gesicht zu 
bekommen, die von wissenschaftlich orthopädischer Seite 
stammen. Auch das Anbringen einer einfachen Spann¬ 
feder unter der Wölbung bietet noch keinen Sicherheits¬ 
effekt. Stets kommt es zu einem Durchtreten der ganzen 
Einlage, sobald die Fußwärme mit dem Celluloid in Be¬ 
rührung kommt. 

Ich will hier die Möglichkeiten besprechen, 
die überhaupt die Verwendbarkeit der Zelluloid¬ 
platten bei Herstellung von Einlagen gestatten. 

Voraussetzung bleibt, daß nur erstklassiges Zelluloid- 
platten-Material Verwendung findet; es ist keineswegs so 
leicht, wirklich gutes Material in dieser Hinsicht zu er¬ 
reichen. Trotzdem ich nun sicherlich über ganz aus¬ 
gezeichnetes Zelluloid in Plattenform verfüge, ist doch 
die Verwendbarkeit trotz der mancherlei Hilfsmittel, die 
ich Ihnen gleich anführen werde, eine sehr beschränkte. 
Wohl kann man das Heruntertreten verhindern, aber die 
Federn, die dies erreichen lassen, müssen genietet werden, 
und dieses Nieten ist äußerst unvorteilhaft für 
das Material, wenigstens wenn schweres Gewicht 
die fertige Einlage belastet. Um das Resultat der 
praktischen Verwendbarkeit vorwegzunehmen, bilden die 
Zelluloidplatten-Einlagen, wie ich sie im Folgenden an¬ 
geben werde, eine ideale Einlage für Kinder und leichte 
Damen, speziell augh fürjKnickfüße, da sich durch die festen, 
inneren, genau geformten Ränder großer Halt erzielen 
läßt, natürlich nur in Verbindung mit den gleich zu be¬ 
schreibenden, von mir erfundenen Federn, die leider an¬ 
genietet werden müssen. Macht auch eine gute Niet¬ 
technik noch viel zugunsten der Dauerhaftigkeit des 
Materials aus, so rate ich Ihnen bei schweren Patienten 
auf alle Fälle von Zelluloidplatteneinlagen ab. 

Ich mache bereits seit einiger Zeit Versuche 
mit nietenloser Feder (D. R. P.). Die Technik 
scheint zu gelingen; dann allerdings wird die 
Verwendbarkeit eine allgemeine. 

Eine Zelluloidplatten-Einlage ist nur dann verwendbar, 
wenn sie noch eine Unterstützung erfährt, die durch 
eine dünne Metallplatte oder eine der von mir ange¬ 
gebenen Federn gewährleistet wird. Man kann der 
Zelluloidplatte noch eine dünne Aluminiumplatte auf¬ 
nieten und dann eine einfache Spannfeder anbringen. 
Auf diese Weise kommt man zum Ziele. Von den drei 
nebenan abgebildeten Federn benutze ich 1 und 2 nur 


Fig. 3 (von oben). 7 7 TU 

Es zeigte sich ferner noch, daß trotz des sorgsam 
ausgewählten Zelluloidplattenmaterials vor allem die 
mediale vordere Spitze leicht abbrach. Dies verhindere 


Fig. 3 (von unten). 

ich dadurch, daß ich von vornherein ein dreieckiges 
Stück Aluminium einnieten lasse, wodurch das Einbrechen 
dieser medialen Spitze vollkommen vermieden wird. 


band ist bedeutend kürzer und bildet nur eine Spann¬ 
feder für das erste Stahlband und damit für die ganze 
Einlage. Es ist natürlich ausgeschlossen, daß das erste 


Fig. 2. 

Stahlband auf diese Weise auch nur einen Millimeter nach¬ 
gibt; ich verwende diese Feder (D. R. G. M.) auch 
bei meinen Aluminiumeinlagen. 


mehr .sehr wenig; ganz vortrefflich aber hat sich 3 be¬ 
währt. Diese Feder besteht aus 2 Stahlbändern. Das 
untere Stahlband stützt die Einlage. Das zweite Stahl- 














THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 21 



Schließlich möchte ich noch einige Worte über 
meine neue Stahl-Zelluloid-Einlage berichten, die eine 
unzerbrechliche käufliche Einlage darstellen wird (D. R. P. 
erteilt). Ein besonders dauerhafter schwedischer Stahl, 
der einer besonderen Härtungsprozedur unterworfen 
wird, wird siebartig durchlöchert. Dadurch nun, daß auf 
beiden Seiten Zelluloid aufgestrichen oder durch Preß- 
verfahren aufgepreßt wird, kommt es durch die infolge 
der Löcher hergestellte Zelluloidverbindung zu einer 
enormen Haltbarkeit des Stahles. Außerdem hat das 
Verfahren den Vorteil, daß der Schweiß nicht auf das 
Metall einwirken kann. (Figur B erläutert diese Einlage.) 

Fig. 1 die Ansicht von oben auf eine Plattfußeinlage, 
welche so aufgebrochen ist, daß teils die untere Celluloid¬ 
schicht, teils das eingebettete Blech, teils die obere 
Celluloidschicht sichtbar wird. Ferner zeigt 

Fig. 2. den Längsschnitt durch das Metallblech und 
Fig. 3 den Längsschnitt durch die gebrauschsfertige 
Plattfußeinlage. 

ln den Figuren bedeutet 1 eine Plattfußeinlage. Diese 
besteht aus einem Metallblech 2, das mit Löchern 3 ver¬ 
sehen ist. Durch die letzteren hindurch verbindet sich 
gemäß der vorliegenden Erfindung eine untere Celluloid¬ 
schicht 4 fest mit einer oberen Schicht 5, über welche 
zweckmäßig eine mit Celluloidmasse bestrichene Brand¬ 


sohle 6 geklebt wird. Auf diese Weise wird der tech¬ 
nische Fortschritt erreicht, die obere und untere Celluloid¬ 
schicht zuverlässig miteinander zu verbinden, so daß ein 
Abblättern derselben nicht mehr zu befürchten ist. Dabei 
ist die Herstellung eine sehr einfache und billige, bei der 
keinerlei Stifte, Schrauben oder dergl. zur Verwendung 
gelangen. 

REFERATE. 


Augenheilkunde. 

Referent: Augenarzt Dr. Paul Greven*. Aachen. 

1. Pseudotrichiasis. Von Dr. Oppenheimer, Augenarzt, 
Berlin, Wochenschr. für Ther. und Hyg. d. Auges, XIII No. 25. 

2. The Smith Operation (Extraktion in der Kapsel). Bericht 
von San.-Rat Dr. Ohlemann nach dem Ophthalmie Record, 
Febr. 1910. Wochenschrift für Therapie und Hygiene des Auges 
XIII No. 25 und 26. 

3. Ueber „Trachom“ bei Neugeborenen. Von Dr. A. S c h i e 1 e , 
Augenarzt der Kreislandschaft Kursk. Wochenschrift für Ther. und 
Hyg. des Auges XIII No. 26. 

4. Die Optikerfrage. Von Dr. Franz H e i 1 b o r n , Augenarzt 
in Breslau. (Aus dessen Buch: „Die Bedeutung der Augenhygiene 
für den Staat mit besonderer Berücksichtigung der Wehrfrage“, 
Verlag S. Karger, Berlin.) Wochenschrift für Therapie und Hyg. 
des Auges XIII No. 26. 

5. Beiträge zur Ophthalmotonometrie. Von Stabsarzt Dr. 
F. Langenhan (Universitäts-Augenklinik v. Michel, Berlin*. Zeit¬ 
schrift für Augenheilkunde XXIII, 3. Heft. 

6. Dermoid der Hornhaut mit elastischem Knorpel. Von Stabs¬ 
arzt Dr. O. Napp, Assistenten der v. Michelschen Univ.-Augen¬ 
klinik in Berlin. Ibidem. 

7. Ein Fall von Linsentrübung im Anschluß an Hornhautver¬ 
ätzung durch Salzsäure. Von Dr. H e i n T.i c h. S cji m i^d t,, Augen¬ 
arzt in Wilhelmshaven. ' Ibidem. 

8. Ein Fall von Pirquetscher Kutanreaktion mit letaler Kompli¬ 
kation. Von Dr. E. Wieg m a n n —Hildesheim. Wochenschr. für 
Ther. u. Hyg. des Auges XIII No. 27. 

9. Zur Behandlung der chronischen Lidrandentzündung (Blepha¬ 
ritis ciiiaris). Von Dr. Pick, Augenarzt in Königsberg i. Pr. Thera¬ 
peut. Monatshefte, April 1910. 

10. Ueber Europhen in der Augenheilkunde. Von demselben. 
Ibidem. 

11. Ueber die Operation der Kurzsichtigkeit höchsten Grades. 

Von Dr. W. Goldzieher in Budapest. Mediz. Klinik 1910 
No. 17. 

12. Zur Therapie der Eisensplitterverletzungen der Linse. Von 

Prof. Dr. A. E 1 s c h n i g , Prag. (Deutsche Universitäts-Augen¬ 
klinik). Münch. Mediz. Wochenschrift 1910 No. 15. 

1. Mit Pseudotrichiasis bezeichnet Oppenheimer hier den Be- 
iuud, daß am Canthus lateralis eine oder mehrere Cilien nach hinten 
umgeschlagen sind, ein Befund, der bei Kindern ziemlich häufig ist. 
Dieser Zustand verursacht Tränen, leicht eitrige Sekretion, Injektion 
der bulbären Bindehaut und Fremdkörpergefühl. Die Behandlung 
besteht lediglich in der Reposition der umgelegten Cilien. 

2. Ausführlicher Bericht über die Kataraktoperation nach Smith, 
die in der Auspressung der Katarakt in der Kapsel besteht. Die 
Vorteile dieser Operation sollen sein: 1. Möglichkeit der Operation 
in jedem Stadium der Katarakt, 2. Fortfall einer späteren Diszission, 

3. große Seltenheit einer postoperativen Entzündung, 4. keine 
Kapseleinklemmung, 5. nur einmalige Operation, 6. besseres Seh¬ 
vermögen. Demgegenüber steht als Hauptnachteil der leichtere 
Glaskörperverlust und die größere Schwierigkeit der Ausführung der 
Operation. Die Operation wird von Smith und seinen Anhängern 
hauptsächlich in Indien ausgeführt, wo Katarakt sehr häufig ist, die 
Meinungen über den Wert dieses Operationsverfahrens sind noch 
sehr geteilt. 

3. Früher wurde, so auch von Graefe und von Arlt, das Vor¬ 
kommen von Trachom bei Kindern bestritten. Hauptsächlich aber 
haben Aerzte in Trachomländern (Aegyten, Rußland) Trachom auch 
bei Kindern, ja selbst bei Säuglingen beobachtet. Diese klinische 
Beobachtung von Trachom bei Kindern wird jetzt nach Schieies 
Ansicht durch das Mikroskop bestätigt. Denn in letzter Zeit sind 
in Ausstrichpräparaten bei Fällen von Conjunctivitis blenno- 
gonorrhoica Trachomkörperchen und Chlamydozoa gefunden worden. 
Auch Schiele hat solche Fälle beobachtet, wo nur Chlamydozoa 
und freie Trachomkörperchen vorhanden waren, dagegen gar keine 
Gonokokken. Er glaubt daher, daß man im Gegensatz zur Conj. 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 

















Nr. 21 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


331 


blenn.-gonorrhoica eine neue Form, die Conj. blenn.-trachomatosa 
aufstellen müsse, Das Bild der trachomatösen Entzündung der 
Conjunctiva der Neugeborenen ist etwas verschieden von dem der 
gonorrhoischen. Bei der ersten Form ist das eitrige Sekret nicht 
so dickflüssig, die Infiltration der Mukosa ist meist geringer, dem¬ 
entsprechend tritt auch die Schwellung der Lider nicht so heftig 
auf. Während die Conjunctivitis blenno-gonorrhoica in 4—6 Wochen 
abläuft, dauert die trachomatöse Form mehrere Monate. Bei den 
trachomatiösen Fällen fehlt die Follikelbildung, wohl deshalb, weil 
bei den Neugeborenen das adenoide Gewebe der Konjunktiva noch 
nicht ausgebildet ist. 

4. Eine falsche Brille gleicht einem falsch verschriebenen Medi¬ 
kament und kann viel Unheil anstiften. Brillen sollen daher nur vom 
Arzte verschrieben werden, dem Optiker liegt nur die Ausführung 
dieser Verordnung ob, ebenso wie dem Apotheker die Verabreichung 
der ärztlich verordneten Medikamente. Heilborn verlangt, daß die 
Verabreichung von Konkavbrillen seitens der Optiker, Uhrenhändler 
und ähnlicher Gewerbetreibender unter das Kurpfuschereiverbot 
gestellt wird, und hält diese Maßregel für dringend nötig. (Diese 
Frage ist ebenfalls schon vor Jahren erörtert worden in des Refe¬ 
renten Arbeit: „Augenarzt oder Optiker?“ von Dr. P. Greven, 
Mediz. Klinik 190,5 No. 31, wo statistisch erwiesen wird, daß 27 pCt. 
der vom Optiker verordneten Brillengläser falsch sind. — Anm. 
des Referenten.) 

5. Langenhan berichtet in vorliegender Arbeit ausführlich über 
die Resultate seiner tonometrischen Untersuchungen. Das wichtigste 
daraus, welches auch für den Praktiker von Bedeutung ist, ist 
folgendes: Der Binneridruck des normalen Auges wird durch 
Holokain und Atropin nicht wesentlich verändert, durch Kokain 
vielleicht in geringem Grade, durch Pilokarpin und Eserin deutlicher 
herabgesetzt. Sowohl Tenotomie wie Vorlagerung eines geraden 
Augenmuskels haben eine geringe Druckherabsetzung zur Folge. 
Hochgradige Myopie bedingt an sich keine Druckverminderung. Er¬ 
krankungen der Hornhaut und Lederhaut können mit teils sehr aus¬ 
gesprochener Hypotonie einhergehen. Die Druckschwankungen bei 
Iritis und Iridozyklitis zeigen keine Regelmäßigkeit nach zeitlichen 
Stadien. Der pathologisch herabgesetzte intraokulare Druck erfährt 
durch subkonjunktivale Injektion physiologischer Kochsalzlösung eine 
deutliche, aber rasch vorübergehende Steigerung. Die Augen an 
Basedowscher Krankheit leidender Patienten neigen zu geringer 
Hypertonie. Intraokulare Tumoren gehen im 1. Stadium nicht 
selten mit Druckverminderung einher. Die Druckherabsetzung glau¬ 
komatös erkrankter Augen durch Pilokarpin ist eine schwächere, aber 
gleichmäßigere als die durch Eserin. Die stärkste Druckver¬ 
minderung ist bei beiden Medikamenten meist 3 U —1 Stunde nach 
Beginn der Einträufelung erreicht. Die Anwendung des Kokains 
ist auch in Kombination mit Mioticis bei der Glaukombehandlung 
zu vermeiden. Die Wiederherstellung des 2 Wochen nach der 
Staroperation noch stark herabgesetzten Augendruckes erfolgt je 
nach dem Zustandekommen der Wundvernarbung in verschiedener 
Zeit, bei unkompliziertem Heilungsverlauf meist schon nach einigen 
Wochen. 

6. Die Dermoide der Hornhaut enthalten nach von Hippel die 
charakteristischen Bestandteile der äußeren Haut: Epidermis, Haar¬ 
bälge, Schweißdrüsen, Fettgewebe, in. seltenen Fällen hyalinen 
Knorpel und Knochenstückchen. Napp beschreibt nun ein Dermoid 
mit entzündlich gereizter Oberfläche, welches den von von Hippel 
Lipodermoid genannten Geschwülsten zuzurechnen ist. Im Gegen¬ 
satz zu den bisher bekannt gewordenen Befunden enthält diese Ge¬ 
schwulst jedoch keinen hyalinen, sondern elastischen Knorpel. 

7. Guillery veröffentlichte 1909 eine eingehende experimentelle 
Arbeit über Hornhautverätzung durch Säuren. Diese Experimente 
führten nebenbei zu der unerwarteten Entdeckung, daß nach der Ein¬ 
wirkung anorganischer Säuren, speziell der Schwefel-, Salz- und 
Salpetersäure, sich an die Verätzung der Hornhaut unter Um¬ 
ständen auch mehr oder weniger schwere Veränderungen in der 
Linse anschließen können. Den ersten derartigen Fall aus der 
Praxis veröffentlicht jetzt in vorliegender Arbeit Schmidt. Acht 
Tage nach einer sonst unbedeutenden Hornhautverätzung durch Salz¬ 
säure fanden sich in der Kortikalis sehr zahlreiche kleine bis kleinste 
grauweiße, runde Trübungen (die größten hatten etwa 0,5 mm 
Durchmesser). Sie waren ziemlich gleichmäßig über die ganze 
Rinde zerstreut. Am Aequator schienen sie zum Teil zusammen¬ 
zufließen, so daß sie dann eine mehr längliche Gestalt annahmen. 
Diese Linsentrübungen waren nur bei seitlicher Beleuchtung sicht¬ 
bar: im durchfallenden Lichte ergab sich wohl eine leichte Ver¬ 
schleierung des Hintergrundbildes, aber distinkte Linsentrübungen 
waren nicht zu erkennen. Die Sehschärfe war zunächst 0,7. fünf 
Monate später nur noch 0,5. Das nichtverletzte Auge war voll¬ 
kommen normal. Der Patient war dem Verfasser schon seit Jahren 
vor der Verletzung bekannt, aber die Linsentrübungen waren nie, 
auch nicht bei seitlicher Beleuchtung, vorher gefunden worden. 
Schmidt ist daher der Ansicht, daß mit höchster Wahrscheinlichkeit 
ein kausaler Zusammenhang zwischen der Säureverätzung und der 
Linsentrübung besteht und hat dies auch in seinem Unfallgutachten 
ausgedrückt. 

8. Die Pirquetsche Reaktion ist wegen ihrer Ungefährlichkeit 
und leichten Ausführbarkeit die beliebteste Methode zum Nachweis 
von Tuberkulose im Kindesalter. Sie ist an keine Kontraindikation 


gebunden, wie dies bei der subkutanen diagnostischen Tuberkulin¬ 
injektion sowie bei der Ophthalmoreaktion der Fall ist. Nun erlebte 
Wiegmann folgenden Fall: Er stellte bei einem 4 jährigen skrofu¬ 
lösen Knaben nach nahezu vollendeter Abheilung eines rezidivieren¬ 
den Uleus corneae und sehr starken, eitrigen Bindehautkatarrhs lege 
artis die Kutanreaktion nach von Pirquet an, zugleich auch bei einem 
arideren nicht augenkranken Kinde. Die Reaktion an den Impf¬ 
stellen war nicht übermäßig stark, so daß das Vorhandensein von 
Tuberkulose anzunehmen war. Nach zwei Tagen aber erkrankte 
das sonst muntere Kind unter dem Zeichen von Meningitis und starb 
unter solchen Symptomen am 11. Tage nach der Impfung. Die 
Sektion konnte nicht vorgenommen werden. Da erhebt sich nun die 
Frage: war diese Meningitis eine ganz zufällige Komplikation, 
oder war vielleicht der Tuberkulineinverleibung eine Schuld an dem 
Ausbruch dieser Erkrankung zuzuschreiben? Der Umstand, daß so 
bald nach der Impfung bei dem sonst munteren Knaben die menin- 
gitischen Erscheinungen auftraten, gibt gewiß zu denken. An dem 
Präparat konnte die Schuld nicht liegen, denn das zweite, mit der¬ 
selben Lösung behandelte Kind blieb vor Komplikationen bewahrt. 

9. Die Therapie der chronischen Lidrandentziindung hat in erster 
Linie eine Neuinfektion zu verhüten. Bei Tränenleiden, Nasenleiden, 
Bindehautentzündungen, Lidentzündungen sind diese zu behandeln. 
Weiterhin müssen die infizierten Haare epiliert werden, d. h. solche, 
deren Wimperboden mit anhaftenden Schuppen bedeckt ist, oder wo 
kleine Eiterpusteln die Wimper umgeben. Zur Nachbehandlung emp¬ 
fiehlt Piek kühlende Umschläge mit Alsol, 3 proz., 1 Teelöffel auf 
i Glas Wasser, dreimal täglich 10 Minuten lang, mit Borsäure, Blpi- 
wasser usw. Statt der üblichen gelben Salbe lobt Piek folgende 
Lidsalben: Acid. salicyl. 0,3 Zinc. oxyd. -1,0 Vaselin^Lanolin aa i%0 
und Tumenol 0,3, Zinc. oxyd. 1,0, Vasel. Lanol. aa 5,0. Bei 4er 
eitrigen Form ist nach der Epilation der Grund mit Arg. nitr. mite- 
Stift auszuätzen. 

10. Europhen ist ein stark jodhaltiges, geruchloses Pulver von 
gelber Farbe. Piek hat dasselbe bei schweren infektiösen Prozessen 
erprobt und mit ihm in einer Reihe von Fällen gute Erfolge erzielt, 
so bei perforierenden, schon infizierten Augapfelwunden, ferner bei 

schweren Ulcera serpentia in Verbindung mit der sonst üblichen 
operativen Therapie. 

11. Goldzieher trägt hier seine Ansicht über die Brauchbarkeit 
der Myopieoperation vor. Auf Grund seiner Erfahrungen glaubt er, 
daß wir nicht das Recht haben, eine Methode, die so viel leisten 
kann, endgültig zu verwerfen. Er hält trotz aller gegenteiliger 
Vorschläge an der operativen Behandlung in drei Absätzen (1. Linsen- 
diszission, 2. Evacuatio lentis linearis, 3. Nachstardiszission) fest. 
Was die Gefahr der Netzhautablösung nach der Operation betrifft, 
so glaubt Goldzieher, daß die Myopieoperation, vorausgesetzt, daß 
alle Vorsichtsmaßregeln gebraucht und die Operation mit der nötigen 
Exaktheit tadellos ausgeführt ist, ganz gewiß nicht die Veranlassung 
zu einer etwaigen Netzhautablösung ist. Es gehört indessen die 
höchste Kunst des erfahrensten Augenarztes dazu, die geeigneten 
Fälle auszusuchen und schonend zu operieren. „Es ist vielleicht ein 
Segen, daß auf die erste gärende Epoche in der Geschichte dieser 
Operationsmethode eine Epoche der Zurückhaltung, ja der Zurück¬ 
weisung gefolgt ist; denn es werden sich jetzt' so manche Un¬ 
berufene von der Operation zurückhalten. Man wird sich ihr mit 
gereifter Erfahrung und schärferer Kritik wieder zuwenden und sich 
überzeugen, daß sie — allerdings nur in geeigneten Fällen — zu den 
nützlichsten Eingriffen unserer Kunst gehört, und daß wir sie über¬ 
haupt in der Operationslehre des Auges nicht missen wollen.“ 

12. Nur in den seltensten Fällen führt die Anwesenheit eines 
Eisensplitters in der Linse nicht zu vollständiger Linsentrübung. 
Es scheint dies nur dann der Fall zu sein, wenn die Perforations¬ 
stelle der Linsenkapsel sich sehr rasch schließt und anderseits der 
Splitter an der vorderen Linsenkapsel sitzt und von gewuchertem 
Kapselepithel umschlossen wird. In einem Falle von Eisensplitter 
in der durchsichtigen Linse, bei dem die Perforationsstelle in der 
vorderen Kapsel sich schon fast geschlossen hatte, wurde zum 
erstenmal von Elschnig die operative Eröffnung der Linsenkapsel 
und Extraktion des Fremdkörpers mit Erhaltung der Durchsichtigkeit 
der Linse ausgeführt (S =fast 1). — Die Eisenstare besitzen durch¬ 
aus nicht die ihnen (besonders von Sattler) zugeschriebene harte 
Konsistenz, sondern auch über ein halbes Jahr lang bestehende 
können eine beträchtliche Erweichung der ganzen Linse, ja partielle 
Verflüssigung der Rinde aufweisen, wie Elschnig an vier Fällen 
der letzten zwei Jahre beobachten konnte. Es ist daher bis etwa 
zum 40. Lebensjahr die Extraktion durch eine Lanzenwunde indiziert. 


Radiotherapie 

Referent: Dr. H. E. Schmidt, Berlin. 

1. Ueber die Anwendung der ungedämpften elektrischem 
Schwingungen (Forestsche Nadel) zu operativen Zwecken 
von Dr. Max Cohn, Berlin, Berliner klin. Wochenschrift 1910, Nr. 16. 

2. Klinische Versuche mit Rädiumemanation von 
Dr. Karl von Klecki, Wiener klin. Wochenschrift 1910. Nr. 15. 

3. Röntgenbehandlung und operative Behandlung von 
Myomen von Sanitätsrat Dr. Schindler, Görlitz, Deutsche 
medizin. Wochenschrift 1910, Nr. 9. 


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332 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 21 



4. Ueber Operationen mit dem elektrischen Lichtbogen 
und Diathermie von Dr. Vincenz Czerny, Heidelberg, Deutsche 
medizin. Wochenschrift 1910, Nr. 11. 

5. Weitere Erfahrungen über die Glühlichtbehandlung 
des Asthma bronchiale von Dr. E. Tobias, Berlin, Deutsche 
medizin. Wochenschrift 1910, Nr. 14. 

1 Mit der Forestschen Nadel kann man zweierlei erreichen: 

1. eine schnittförmige Durchtrennung der Gewebe, ohne daß eine 
Blutung eintritt, wenn nicht gerade große Gefäße getroffen werden, 
2 eine unblutige Verschorfung des Gewebes durch Einstechen der 
Nadel und längeres Verweilen an der Einstichstelle. Mitteilung eines 
Falles von Lupus-Carcinom, welches zum Teil mit der Forestschen 
Nadel zerstört wurde. Die Narbenbildung war kosmetisch durchaus 
befriedigend. 

2. Mitteilung von 31 Fällen (chron. Arthritis, Muskelrheuma¬ 
tismus, Neuralgie, Tabes), die in ausgiebiger Weise mit Radiogen- 
Trink- und Badekuren behandelt wurden, ohne daß ein nennens¬ 
werter Erfolg erzielt wurde. 

Referent hat von jeher der ganzen Emanationstherapie sehr 
skeptisch gegenüber gestanden, zumal die hauptsächlichste Indikation, 
der chronische Gelenkrheumatismus, einen sehr schlechten Prüfstein 
für die Wirksamkeit einer Therapie bildet. Dasselbe gilt für die 
Tabes und die Neuralgie; bei allen diesen Affektionen kommen ja 
bekanntlich spontan häufig vorübergehende Besserungen vor. 

3. Mitteilung von zwölf Myomfällen; zwei wurden operativ, 
zehn mit Röntgenstrahlen behandelt; Mißerfolg nur in zwei Fällen, 
die dann auch operativ behandelt werden mußten. Warme Emp¬ 
fehlung der Röntgentherapie. 

4. Mitteilung technischer Einzelheiten und der Erfolge der 
Behandlung von Carcinomen mit der Forestschen Nadel und dem 
Diathermieapparat. Mit der Forestschen Nadel kann man schneiden 
wie mit einem Messer, ohne daß eine Blutung eintritt, wenn nicht 
gerade sehr große Gefäße durchtrennt werden. Auch zur Zerstörung 
kleine' - Cancroidc und Lupusherde eignet sie sich 

Mitte s der Diathermie gelingt eine unhlut ge Verschorfung 
massiger Tumoren Kurzer Bericht iiöer die bisher behandelten 
Carcmomfälle. Der Verfass r kommt auf Grund seiner bisher ge¬ 
sammelten l i fahrungen zu dem Schlüsse, daß die Liclubogenoperation, 
Elektrokaustik .und Diathermie M.tlel darstellen, weiche die Krebse 
lokal zerstören können, welche aber ge.^en Rückfall nicht mehr 
sichern, als die risher gebrauchten Me.hoden Die Hauptgefahr 
beruht in den Nachblutungen, die mein fach beobachtet wurden und 
in einem Falle zum Ex'His führten. _____ 

5. Empfehlung der Glühiichtl ade r beim Asthma bronchiale. 
Erfolg, frühestens nach vier bis sechs Bädern zu konstatieren; meist 
sind mehr erforderlich. Die Methode macht die übrigen Behand¬ 
lungsarten zwar nicht entbehrlich, ist aber doch ein erfolgreiches 
Unterstützungsmittel im Kampfe gegen das nervöse Asthma. 


Hals, Nasen= und Ohren=Krankheiten. 

Referent: Spczialarzt Dr. H. Busch, Berün-Halensce. 

1 Die Bedeutung der Wassermannschen Reaktion in 
der Ohrenheilkunde. Von Dr. L Arzt A. f. O. 81. Band, 

3. und 4 Heft 

2. Ue’'er spontane Arrosion und Ruptur der Carotis 
interna nac i Jugular .sunterbmdun r. Von Priv.-Doz. Dr. F. 
Nuernberg. A. f. O. 81. Band, 3. und 4. Heft. 

3. Beiträge zur Labyrinth Chirurgie. Von Dr. G. Alex¬ 
ander. A. f. O. 81. Band, 3. und 4. Heft. 

4. Zur Mechanik des Mittelohrs. Von Dr. G. Zimmer¬ 
mann, A. f. O. 81. Band, 3. und 4. Heft. 

5 Ueber die Endotheliome des Larynx. Von Paul 
Manasse. Z. f. O. 60. Band, 1. und 2. Heft. 

6 Zur Aetiologie der brandigen Kehlkopfentzündungen. 

Von Dr. W. Schoetz. Z. t. O. CO. Band, 1. und 2. Heft 

7. Ueber das Adenom der Nase. Von Piiv -Doz. Dr. H Marx. 

8. Gegen die Schluckschmerzen der Phthisiker. Von 
Dr. H. Grabower. Z. f. O. 60. Band, 1. und 2. Heft. 

9. Ueber die Gefahren der Hir punktion. Von Dr Fr. 
Reinking. Z. f. O. 60. Band, 1. und 2. Heft. 

10 Beiträge zur otegenen Allgemeininfektion. Von Priv.- 
Doz. Dr. W. Utfenorde. Z. f. O. 60. Band, 1. und 2 Heft. 

11. Indurierter Schanker der rechten Nasenhöhle. Von 
Dr. Georges Dupont. Allg. Wiener med Zeitung 1910, Nr. 13. 

12. Mandelentzündung und Rheumatismus. Von Dr. 
Pickenbach. Münch, m. W. 1910, Nr. 14. 


VERSIl 


13. Der akute Mittelohrkatarrh und seine Behandlung. 

Von Sanitätsrat Dr. Klau. Therapeut. Monatshefte 1910, März. 

14. Ueber die Kehlkopftuberkulose. Von Dr. M. Kikuth. 
B. Petersb. med. W. 1910, Nr. 7. 

15. Eiterbildungen in der Highmorshöhle. Von Priv.-Doz. 
Dr. Kudriaschow. Russ. med Rundschau, VIII. Jahrgg, Heft 2. 

16. Die Saugbehandlung bei Erkrankungen des Ohres 
und der oberen Luftwege. Von Dr. A. Eitelberg. Deutsche 
med. W. 1910, Nr. 14. 

1 Arzt hat an der Ohrenabteilung der allgemeinen Wiener 
Poliklinik 72 Krankheitsfälle mittels derWassermannschen Reaktion 
untersucht, ln 39 chronischen Fällen bekam er neun positive 
Reaktionen, darunter befinden sich mehrere Fälle von Erkrankung 
des HÖrnerven bezw. Taubstummheit, die also hiernach ätiologisch 
auf Lues zuriickzufiihren sind. Bei acht akuten Fällen (Otitis media, 
Katarrh) reagierte nur ein Serum positiv. Alle 21 untersuchten 
Otosklerosen reagierten negativ. Diese Untersuchungen bringen 
also hinsichtlich der luetischen Aetiologie der nervösen Schwerhörig¬ 
keit eine Bestätigung der vor kurzem erschienenen Arbeit Büschs 
(Wassermannsche Reaktion bei nervöser Schwerhörigkeit und Oto- 
sklerose in Passows Beiträgen), stellen jedoch im Gegensatz zu 
Busch einen Zusammenhang von Otosklerose und Lues in Abrede. 
Die Frage erscheint Referenten auch auf Grund dieser 21 Fälle 
keineswegs als spruchreif, zumal man, wie Arzt selbst einräumt, 
bei seinen Fällen Zweifel hegen kann, ob es sich wirklich um 
Otosklerose gehandelt hat. Weitere Nachprüfungen dürften abzu¬ 
warten sein. 

2. Nuernberg hat nach einer Unterbindung der Vena jugularis 
eine spontane Arrosion und Ruptur der Carotis interna am Halse 
auftreten sehen, wahrscheinlich infolge direkter Infizierung der 
Arterienwand durch Kontakt mit dem infizierten Gewebe der Jugu- 
lariswunde. Der Fall kam nach Unterbindung der Carotis communis 
zur Heilung. 

3. Eiterige Labyrintherkrankungen können in einem nicht geringen 
Prozentsatz spontan ausheilen, natürlich mit Taubheit und Unerreg¬ 
barkeit des Vestibulär- und Bogengangapparates, wenn die vom 
Labyrinth gegen die Schädelgrube ziehenden präformierten Bahnen 
(innerer Gehörgang, Aquädukte) nicht mitbeteiligt werden und der 
Knochen zwischen Labyrinth und ScTiädelgrube intakt bleibt. Der¬ 
artige Fälle, die unter konservativen Maßnahmen, insbesondere 
Bettruhe, heilen können, nennt Alexander unkomplizierte La¬ 
byrintheiterungen. Im Gegensatz hierzu ist bei komplizierten 
Labyrintheiterungen, bei denen die Eiterung also die präformierten 
anatomischen Bahnen zur Schädelgrube oder den Knochen zwischen 
dieser und dem Labyrinth ergriffen hat, ein möglichst frühzeitiger 
chirurgischer Eingriff indiziert, d. h. die Radikaloperation mit Re¬ 
sektion des Labyrinths. Die Diagnose der komplizierten Laby¬ 
rintheiterungen ist nach Alexander gegeben bei andauernden, auf 
den Hinterkopf lokalisierten Kopfschmerzen, Schmerzen bei Rück¬ 
wärtsbeugung des Kopfes, Druckempfindlichkeit der Halswirbelsäule 
evtl, geringe Nackensteifigkeit und Fieber über 38 Grad. 

4. Zimmermann vertritt auf Grund seiner neueren Unter¬ 
suchungen im Gegensatz zu anderen Autoren die Ansicht, daß die 
Gehörknöchelchenkette als Weg der Schallzuführung keine Rolle 
spielt. Der Schall übertrage sich, ohne die Kette dazu zu benötigen, 
direkt durch die Knochen — speziell bei Zuführung von der Luft 
des Gehörgangs durch den Knochen des Promontorium — auf die 
unmittelbar hinter dem Knochen ausgespannten Fasern des End¬ 
organs. Die Kette stelle den physiologisch notwendigen Dämpfungs¬ 
und Akkommodationsmechanismus dar, der dazu dient, das Ohr 
gegen die Einwirkungen allzu starken Schalls zu schützen. 

5. Manasse hat 4 Fälle von Larynxendotheliom beobachtet 
und beschreibt eingehend die histologischen und klinischen Eigen¬ 
tümlichkeiten seiner Fälle. 

6. Fälle von nekrotisierender Phlegmone des Larynx sind selten 
und von den durch pyogene Kokken verursachten Entzündungen zu 
trennen. Bei zwei Fällen, die Schoetz klinisch beobachtet hat, 
fanden sich bakteriologisch Bacillus fusiformis und Spirillum 
sputigenum, d. h dieselben Bakterien, die ätiologisch für die Ent¬ 
stehung der Noma und der Plaut-Vinzentsehen Angina verant¬ 
wortlich gemacht werden. 

7. Die Adenome der Nase teilt Marx ein in kleine papillom- 
oder polypenartige Tumoren und große, die ganze Nase ausfüllende 
Tumoren von dem Charakter der Drüsengeschwülste. Die großen 
wirken durch Druck auf die Umgebung hochgradig destruierend. 
Zu den Karzinomen sind diese Adenome nicht zu rechnen, auch 
ist ihre Prognose verhältnismäßig gut. 

8. Gegen die Schluckschmerzen der Kehlkopfphthisiker hat 
Grabower mit gutem Erfolg die Biersche Stauung verwandt. 
Er nimmt hierzu eine mit 2 Achselbändern versehene Gummibinde, 
die er unterhalb des Kehlkopfes anlegt und bis 22 Stunden lang 
tragen läßt. In den von ihm beobachteten 8 Fällen waren durch 


/ERS 


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Nr. 21 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


333 


die Einwirkung der venösen Hyperämie die Schluckschmerzen nach 
wenigen Tagen gewichen. 

9. Reinking liefert den Nachweis, daß die explorative Hirn¬ 
punktion keineswegs ungefährlich ist und nur ausgeführt werden 
soll, wenn sie unbedingt nötig ist. Die Gefahren beruhen, nament¬ 
lich bei zahlreicheren Punktionen, wie sie oft zwecks Auffindung 
eines Abszesses ausgeführt werden, in der Zerstörung des Hirn¬ 
gewebes, in der leichten Infizierbarkeit der Hirnwunde durch die 
eitrige Umgebung, in der Verletzung der Seitenventrikel, in der 
Möglichkeit, daß größere Gefäße angestochen werden, in dem Auf¬ 
treten sekundärer Meningitis. Auch das Auftreten von Hirn¬ 
prolaps und encephalitischen Erweichungsherden ist häufig auf die 
Hirnpunktion zurückzuführen. Reinking verbreitet sich dann über 
die Art und Weise, wie die angegebenen Gefahren bei Hirnpunk¬ 
tionen nach Möglichkeit vermieden werden können. 

10. Otitische Pyäniie wird nicht nur durch Streptokokken und 
Staphylokokken verursacht, sondern auch durch andere Mikro¬ 
organismen, selbst Saprophyten. Uffenorde unterscheidet vier 
Typen der Entstehung der otitischen Allgemeininfektion; erstens 
durch Gerinnung der ganzen, dem Infektionsherde entsprechenden 
Blutsäule im lateralen Sinus infolge chemotoxischer Beeinflussung 
des Blutes, zweitens infolge pari taler Thrombose im Sinus, die als 
solche heilen oder zum Exitus führen oder zur obturierenden Throm¬ 
bose werden kann. Drittens kann durch nekrotisierende Veränderung 
der freiliegenden Blutleiterwand ein Uebertreten der Erreger in die 
Blutbahn erleichtert werden und so die Allgemeininfektion eintreten 
Schließlich kann eine otogene Sepsis auch ohne thrombophlebitische 
Veränderungen der Sinuswand zustande kommen. Auch die Mög¬ 
lichkeit einer Kompressionsthrombose bei hohem Empyemdruck 
nach durchbrochener Sulcuswand ist zuzugeben. Als häufigste Form 
dieser Thrombosen ist die parietale zu bezeichnen Diese ist ge¬ 
fahrvoller als die obturierende, weil der vorbeipassierende Blutstrom 
viel leichter infektiöse Partikel abreißen und in die Blutbahn bringen 
kann. Die parietale Thrombose kommt nicht nur bei chronischen, 
sondern auch bei akuten Fällen zur Beobachtung. Ein sehr enges 
Antrum oder sehr enge Zellen am Antrum disponieren wegen der 
leichter eintretenden Eiterretension zur Thrombophlebitis des Sinus. 

11. Primäraffekte in der Nase sind selten, besonders im vorderen 
Teil der Nase. Dupont beschreibt einen solchen Fall bei einem 
35jährigen Manne. Derselbe hatte neben allgemeiner Roseola und 
Plaques muqueuses im Munde eine rote, ulcerierende Geschwulst 
auf der vorderen unteren Partie der Nnsenscheidewand, welche sich 
hart anfiihlte; in der entsprechenden Submaxillargegend f inden sich 
harte, indolente Drüsen. 

12. Pickenbach bespricht zwei Fälle von Gelenkrheumatismus 
tonsillären Ursprungs (vergl. Sch ich hold. bezw. Curschtnann, 
Münch, med W. 1910, Nr. 6), welche nicht nach Salicylmedikation, 
sondern erst nach ausgiebiger Behandlung der Mandelaffektion heilten. 

13. Klau unterscheidet, wie auch andere Autoren, den akuten 
Mittelohrkatarrh von der Otitis media acuta. Seine häufigste Ursache 
ist Infektion von Tube und Mittelohr vom Nasenrachen her. Diese 
kommt zustande durch Schneuzen, Niesen, Husten, Politzern, 
Katheterismus, Spülungen der Nase, ferner bei Kindern mit hyper¬ 
trophischer Rachenmandel. Heilt ein akuter Katarrh nicht aus, so 
kommt es zum Uebergang zu den Adhäsivprozessen, die zur Fixie¬ 
rung der Gehörknöchelchen und dadurch meist zu irreparabler 
Schwerhörigkeit führen. Klau bespricht weiter die Diagnose und 
die klinischen Symptome. Die Therapie beruht zunächst in der 
Behandlung der ursächlichen Nasen- und Nasenrachenaffektionen; 
gegen Schnupfen verwendet Klau Kochsalz- oder Borsäurespray, 
Kokainisierung, Einblasung von Sozojodolzink, Pinseln mit ] 2 —1 %iger 
Höllensteinlösung. Hypertrophische Rachen- und Gaumenmandeln 
sind zu entfernen. Bei atrophischen Katarrhen mit Borkenbildung 
müssen die Borken durch Spülungen mit der Clysopompe unter den 
nötigen Vorsichtsmaßregeln entfernt werden, darauf behandelt man 
mit Lugolscher oder Höllensteinlösung. Hypertrophien beseitigt 
man mit Trichloressigsäure, Galvanokaustik oder operativ. Hoch¬ 
gradige Verbiegungen der Nasenscheidewand, welche die Atmung 
behindern, müssen entfernt werden. Den Mittelohrkatarrh selbst 
behandelt Klau mit hydropathischen Umschlägen, Bettruhe, Schwitzen, 
Abführen, Luftdusche bezw. Katheterismus, eventl. Pneumomassage. 
Findet durch diese Maßnahmen dennoch eine Resorption des 
Exsudats nicht statt, so muß man dasselbe durch Paracentese entleeren. 

14. Kikuth gibt in seinem Referat über die Kehlkopftuberkulose 
nach einem ausführlichen geschichtlichen Rückblick Noßzen über 
Entstehung, Verhütung, Behandlung und Heilung des Leidens. 
Bezüglich der Entstehung weist er außer auf die Sputuminfektion 
von den Lungen her auf den Transport der Bazillen auf dem 
Lymphwege nach dem Larynx hin Klinisch unterscheidet Kikuth 
vier Formen: die Infiltration, das Geschwür, den Tumor und die 
miliare Form. Die Behandlung muß in erster Linie hygienisch¬ 
diätetisch sein. Oertlich hat oft das Curettement mit nachfolgender 
Milchsäureätzung guten Erfolg. Bi ersehe Stauung wirkt häufig 
schmerzlindernd. Chirurgische Behandlung empfiehlt sich nur bei 
nicht vorgeschrittener Lungentuberkulose. 

15. Kudriaschow beschreibt Symptome und Aetiologie des 
Empyems der Highmorshöhle. Nach seiner Meinung entstehen die 
Empyeme fast ausschließlich von kariösen Zahnen her, nasale 
pmpyeme sind äußerst selten. Bei der Behandlung bevorzugt 


Kudriaschow die oralen Methoden vor den nasalen, besonders 
die Anbohrung von einer Alveole aus (nach Cowper, nicht Cooper, 
wie Autor schreibt). Kudriaschow befindet sich mit seiner 
Meinung bezüglich Aetiologie und Behandlung im Gegensatz zu 
den meisten anderen Autoren. Wenn auch das Empyem, welches 
von kariösen Zähnen herrührt, eine nicht zu unterschätzende Rolle 
spielt, so ist auch der nasale Ursprung, insbesondere bei akuten 
Infektionskrankheiten, z. B. Influenza, nicht von der Hand zu weisen. 
Therapeutisch kommt man häufig mit der oralen Methode nicht 
aus, sondern muß zur radikalen Entfernung der ganzen Kiefer¬ 
höhlenschleimhaut (z. B. nach dem Verfahren von Luc-Caldwell) 
seine Zuflucht nehmen. 

16. Eitelbergs Sammelreferat steht dem Referat Spiras über 
dasselbe Thema (Die Heilkunde, Monatsschrift f. prakt. Med. 1909) 
erheblich nach; wer jedoch Freude an schwungvollem, feuilletonistischem 
Stil hat, lese mit einiger Reserve Eitelbergs Publikationen. 


Varia. 

Cukor: Ueber die Hygiene der weiblichen Genitalien im 
Bezug auf den Chemismus der Scheidensekrete. Medizinische 

Blätter 1910. Nr. 9 und 10 p 93 ff. 

Cukor beklagt es, daß selbst bei besser situierten Frauen so 
wenig Wert auf die Hygiene der Scheide gelegt wird. Staub, 
Zersetzung der Sekrete des menstruationellen Blutes, Koitususw böten 
doch genügend Unreinlichkeiten, von denen sich die Frauen befreien 
müßten. 

Nun ist von den verschiedensten Autoritäten festgestellt worden, 
daß das Vaginalsekret einer gesunden Frau bakterizide Eigenschaft 
habe, und Döderlein stellte fest, daß der freien Milchsäure diese 
Eigenschaft zukomme. Döderlein gab mit gutem Erfolge bei 
Vaginitis eine 1° 0 Milchsäurelösung zur Spülung, jedoch fand diese 
Empfehlung in der Gynäkologie wenig Anklang, da die Frauen da¬ 
nach ein unangenehmes Brennen in der Scheide hatten. 

Verf. empfiehlt nun bei gesunden und kranken Frauen eine 
rationelle Hygiene der Scheide und ist der Ansicht, daß man zur 
Spülung eine 0,5% Milchsäurelösung nehmen solle, die als 
souveränes Heilmittel der Katarrhe erkannt worden sei. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Schwab: Beitrag zur Kenntnis des artefiziellen 

Abortus. Klinisch-therapeutische Wochenschrift 1910, Bd. XVII. 
Nr. 7 p. 170 ff. 

Statistisch wurde festgestellt, daß 90%, aller Aborte artefiziell 
seien. Diese würden entweder von anderen Personen oder von 
der Frau selbst vorgenommen. Als Methoden kommen in Betracht: 

1. Einnahme von Medikamenten (meist wirkungslos); 

2. heiße Sitzbäder und Spülungen (meist wirkungslos); 

3. inslrumentelle Hilfe. 

Das Anreißen des Eies mit der Uterusronde ist nicht so 
wirksam wie Spülungen des Uterus mittels Gummiballo'S (ev. mit 
Schlauch und Hartgummiröhrchen) und einer aseptischen Flüssig¬ 
keit (Lysol'ösung. abgekochtes Wasser usvv.i 

Schwab stellte fest, daß durch das Verschweigen der vor- 
genoinmenen Abtreibung Aerzte sich oft täuschen ließen und an 
spontanen Abort glaubten, und daß daher eine eingehende Anamnese 
vorgenommen werden sollte, wobei man die Frauen auf die Schweige¬ 
pflicht des Arztes aufmerksam zu machen hätte. 

Kurt Lipschitz, Berlin. 

Herz (Wien) Zur Prophylaxe der Arteriosklerose. 

Klinisch-therapeutische Wochenschrift 1910, Bd XVII. Nr. 4 
p. 102 ff 

Auf psychischem Wege will Verf. eine Prophylaxe der 
Arteriosklerose ausgeübt sehen. Er steht auf dem Standpunkt, daß 
die peinlichen Verstimmungen des täglichen Lebens eine vorzeitige 
Abnutzung des Gefäßsystems herbeiführen, und verlangt, daß durch 
eine rationelle E Ziehung diese Verstimmungen nicht als solche in 
diesem Maße empfunden werden sollen So macht er z. B. gegen 
den Grundsatz Front, der unserer Jugend lad vom ersten Tage 
ihres Lebens eingeiinpft wird, nämlich vom sogenannten .Ernst des 
Lebens 1 , von der Verpflichtung gegen die nähere und weitere 
Umgebung usw. Denn der Mehrzahl der Menschen stecke das 
Pflichtgefühl im Blute, während die Freude am Leben, die Kunst, 
zu leben, wirklich gelernt sein will. Dann wendet er sich gegen 
den falschen Ehrgeiz, der den Kindern vom ersten Schultage an 
beigebracht wird, der sie ihres Lebens nicht froh werden, der sie 
im späteren Leben nie zum Genüsse des Erreichten kommen laßr, 
und der gewöhnlich in dem frommen Wunsche gipfelt, daß die 
Kinder die Früchte genießen mögen. 

Denn dieser Wunsch ginge in den seltensten Fällen in Er¬ 
füllung, da die Kinder entweder Verschwender würden oder in dem 
alten Geleise fortführen und so gleichfalls früh verbraucht würden. 

Ferner fordert Verf. Ablenkung des Menschen von der Misere 
des Alltagslebens und begrüßt f. eudig die gegenwärtigen Bestre¬ 
bungen, bei der Jngend das Interesse für Sport usw. zu heben. 

Auf diesem Wege sollte man anfangen, energisch gegen eine 
frühzeitige Arteriosklerose vorzugehen. Kurt Lipschitz, Berlin. 




334 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 21 


Heymann: Hämaturie. Klinisch - therapeutische Wochen¬ 
schrift Jhrg. XVIII. 1910, Nr. 2 p. 42 ff. 

Verf. verlangt in allen Fällen, wo Patienten wegen Blutbei¬ 
mischung im Urin zum Arzt kommen, daß die Differentialdiagnose 
richtig gestellt wird. Man beginne peripherwärts, sehe zuerst auf 
Gonorrhoe; tritt nach dem Urinieren Blut aus oder ist die letzte 
Portion des Harnes blutig, so läßt dies auf eine Affektion des 
Blasenhalses, der Prostata oder des Blasendreiecks schließen. Für 
entzündliche Prozesse spricht außer Schmerzen der in kurzen 
Zwischenräumen auftretende Harndrang. 

Von den terminalen Blutungen sind solche zu unterscheiden, 
die nur bei bestimmten Gelegenheiten (Tumor, Stein) auftreten. 
Scheidet all dieses aus, so muß man an Blutungen aus Nieren¬ 
becken, Niere oder Urether denken. Als Symptom hierfür gilt, 
wenn nach Entleerung der Blase und kurzer Spülung die Flüssig¬ 
keit klar abläuft, um nach kurzer Zeit wieder blutig zu werden. 

Bei Verletzungen ist die Diagnose leicht. Anamnese und 
Ort des Schmerzes heben alle Zweifel; man denke auch an Ent¬ 
zündungen und Vergiftungen, ferner ist zu beachten, daß Nephritis 
oft mit Blutungen einhergeht. Kurt Lipschitz, Berlin. 

Strauß (Nürnberg): Die Karbolsäurebehandlung der 
Knochen- und Gelenktuberkulosen. Klinisch-therapeutische 
Wochenschrift 1910, Bd. XVII Nr. 4 p. 93 ff. 

Nach den unbestrittenen Erfolgen der konservativen Therapie 
bei Gelenk- und Knochentuberkulose wird die Gelenkresektion — 
besonders bei jugendlichen Individuen — schon vielfach als Kunst¬ 
fehler bezeichnet. 

Phelps hatte auf dem XIII. internationalen Kongreß zu Paris 
schon beachtenswerte Erfolge vorgeführt, die er nach Inzisionen 
mit Karbolsäurebehandlung erzielt hatte. 

Menciere griff dies auf und baute darauf eine eigene Methode 
auf, die etwa in Folgendem besteht. 

Für die Anfangsstadien der Tuberkulose bildete M. die Pheno- 
punktion aus, wozu er ein kleines praktisches Instrumentarium an¬ 
gab. Die toxische Wirkung der injizierten Karbolsäure verhinderte 
er durch nachträgliche Alkoholspülungen. 

In fortgeschrittenen Fällen kann man ohne Bedenken die 
Gelenkkapsel eröffnen, da die Karbolsäure die Gefahren einer 
sekundären Infektion verhindert. Auch bei Osteomyelitis erzielte 
M. mit der offnen Phenolisation gute Erfolge. 

Verf versuchte diese Methoden selbst und kommt zu dem 
Resultat, daß eine Ergänzung der bisherigen Heilmittel durch die 
Karbölsäurebehandlung herbeigeführt wird, die in den weitesten 
Kreisen Beachtung finden sollte. Kurt Lipschitz, Berlin. 

V. Czerny, Heidelberg. Die im Samariterhause Heidel¬ 
berg geübten Methoden der Krebsbehandlung. (Münchener 
med. Wochenschrift 1910, Nr. 17.) 

Bei inoperablen Geschwülsten, Karzinomen, Sarkomen und 
malignen Lymphomen wendet Verfasser die Röntgen- oder Radium¬ 
behandlung (Injektion von Radiogenol) an oder die Kombination 
beider Methoden. Es gelingt zweifellos mittels der Radiotherapie, 
das Wachstum der Tumorzellen zu hemmen und die Ruckbildung 
derselben herbeizuführen. Eine wertvolle Bereicherung der Krebs¬ 
behandlung bildet die Fulguration nach Keating-Hart im Anschluß 
an Ausschabung und Exstirpation. Allerdings vermehrt diese 
postoperative Behandlungsmethode die Gefahr der Metastasierung. 
Um noch tiefer in die Taschen und Nischen der Krebsgeschwüre 
einzudringen, benutzt man statt der langen Funken der Fulguration 
die kurzen elektrischen Funken des von de Forest eingeführten 
Hochfrequenzapparates für sogenannte Kaltkaustik. Derselbe Apparat 
läßt sich auch für die Diathermie und Elektrokaustik bnnutzen, d. h. 
man kann mit geeigneten Elektroden die Elektrizität durch den 
Körper leiten, dort eine lokale Temperatursteigerung hervorrufen 
und auf die Geschwulstzellen bei ihrer bekannten Thermolabilität 
vernichtend wirken, mit geeigneten Metallelektroden sogar die Er- 
h tzung der Gewebe bis zur Koagulation und Verschorfung bringen. 
Auf diese Weise können Wunden in beliebiger Ausdehnung elektro- 
kauterisiert werden. v. Rutkowski, Berlin. 

1. Kawa Mura. Ueber die Milzinfarkte des tuberkulösen 
Meerschweinchens. (Virchow’s Archiv, Dez. 1909.) 

Man findet infarktähnliche Elemente bei der Milztuberkulose 
des Meerschweinchens. Ein zirkumskripter Teil trägt rein nekrotischen 
Charakter und wird hervorgerufen durch arterielle Occlusion. Oft 
genug haben diese Infarkte auch ein haemorrhagisch-nekrotis:hes 
Aussehefl, was auf venöse Alterationen zurückzuführen ist Die 
größte Zahl dieser Infarkte ist durch Verbindung von Tuberkulose 
und Nekrose des Milzgewebes hervorgerufen, wobei die Nekrose 
teils arteriellen (Occlusion), teils venösen «Stasa) Ursprungs ist. 
Während der Nekrose wird das Gewebe von neuem durch den 
Koch’schen Bazillus infiziert, hiervon rühren die tuberkulösen 
Granulationen her. Gewöhnlich bleibt das Gewebe unter der 
Kapsel ifltakt, später wird es dann fibrös. In allen Fällen, und in 
allen alten und neuen Herden findet man stets Tuberkelbazillen. 

Dr. Abramowski, Gilgenburg. 

2. Dewar. Schwere prolongierte Haemoptoe durch nor¬ 
males Serum zum Stillstand gebracht. (British med. Journal, 
Dez. 19Ö9.) 


Ein Schwindsüchtiger wurde von einer Haemoptoe befallen, 
die durch nichts zum Stillstand gebracht werden konnte; dieselbe 
hielt 16 Tage an, und Patient wurde total anämisch. Alle Haemo- 
styptika wie Calciumchloriir, Adrenalin etc. erwiesen sich als 
wirkungslos. Verfasser injizierte 20 ccm normales Serum in die 
Radialvene; die Haemorrhagie stand; diese Injektionen wurden 
sechs Tage hindurch fortgesetzt. Patient bekam eine generalisierte 
Urticariaeruption infolge des Serums, die selbst den Pharynx und 
die Epiglottis ergriff, doch trat Heilung ein, d. h. die Blutuung kehrte 
nicht wieder. Verfasser schließt hieraus die Unzuverlässigkeit der 
Kalziumsalze etc. dem normalen Serum gegenüber. 

Dr. Abramowski, Gilgenburg. 

3. Shattock und Dudgeon. Beziehungen zwischen der 
Vogel- und Menschentuberkulose. (Lancet, Dez. 1909.) 

Die Verfasser haben festgestellt, daß der Menschenbazillus sich 
nicht auf Vögel durch Impfung übertragen läßt; die Bazillen sind 
nicht identisch. Ferner haben sie beobachtet, daß weiße Ratten 
gegen die Einspritzungen mit Tuberkelbazillen nicht empfänglich 
sind, auch reagieren sie nicht, wenn man sie ihnen per os beibringt. 

Dr. Abramowski, Gilgenburg. 

4. Bertholet. Die Atrophie der Hoden beim chronischen 
Alkoholismus. (Centralblatt f. allg. Path., Dez. 1909.) 

Verfasser hat unter Ausschluß namentlich der Syphilis die 
Hoden der Alkoholiker studiert und eine Atrophie des Parenchyms 
und eine Sklerose des interstitiellen Bindegewebes festgestellt. Die 
Spermatogonien sind atrophiert, die Kanälchen kleiner, ihre Basal¬ 
membran ist sehr verdickt. Die alkoholische Atrophie ähnelt in 
keiner Weise der senilen, sie ist sehr viel intensiver. Man kann 
daher den schädlichen Einfluß des Alkohols auf die Genitaldrüse 
nicht in Abrede stellen. Diese Beobachtungen beziehen sich 
auf 39 Fälle. Dr. Abramowski, Gilgenburg. 

5. Panichi und Guelfi. Einfluß krebsigen Materials auf 
das Endocard. (Virchow’s Archiv, Dez. 1909.) 

Es gelingt durch Infusion krebsigen Gewebes Läsionen der 
Herzklappen zu erzeugen. Dieselben haben nicht die absolut 
exakten der klassischen Endocarditis, aber sie genügen, um zu be¬ 
weisen, daß es sich um eine Endocarditis handelt. 

Dr. Abramowski, Gilgenburg. 

6. Munson. Postepileptische Albirunie. (New-York med. 
Journal, Nov. 1909) 

Man hat in zwanzig Prozent aller Fälle öfters bei Männern als 
bei Frauen, öfters nach schweren als nach leichten Epilepsieanfällen 
Eiweiß im Urin gefunden. Dieser Befund ist nicht konstant bei«. 
demselben Individuum; man findet kein Eiweiß, wenn der Betreffende 
anfallsfrei ist. Dem Eiweiß sind ziemlich viel Zylinder beigemengt, 
welche länger bestehen bleiben als das Eiweiß selbst, und welche 
man auch unabhängig von demselben finden kann, und zwar in der 
intermediären Zeit. Man findet es bei Albumen irn Urin in den ersten 
2 Stunden nach dem Anfall und kann dasselbe bis zum vierten 
Tage nach demselben persistieren. Die Beteiligung von seiten des 
Herzens ist dabei eine ganz unbedeutende; bei manchen Kranken 
ist der Blutdruck eihöht. Bei der Autopsie zeigt sich senile 
Kongestion, von der man wohl annehmen kann, daß sie, sind die 
Anfälle sehr häufig, zu chronischer Nephritis führen kann. 

Dr. Abramowski, Gilgenburg. 

7. Fox. Eine neue, sehr empfindliche Gallenfarbstoff¬ 
urinprobe. (Rivista critica di clinica medica, dec. 1909.) 

Man gießt 10 ccm Urin in ein Reagenzglas und fügt 4 5 ccm 
Chloroform hinzu; 3-4 mal stark schütteln. Das Chloroform wird 
in ein anderes Röhrchen dekantiert, in welchem 2—3 ccm Schwefel¬ 
äther enthalten sind; schütteln; dann läßt man die beiden Flüssig¬ 
keiten sich trennen, hierauf wird der Aether in eine Porzellanschale 
entleert und abgedampft. Sowie der Boden derselben trocken ist. 
gießt man einen Tropfen rauchende Salpetersäure hinein, worauf 
sich konzentrische Ringe bilden. Diese Probe ist sehr viel schärfer 
und deutlicher als die Indicanprobe und die nach Gmelin. 

Dr. Abramowski, Gilgenburg. 

8. Morelli. Klinische Beobachtungen über die Addison’sche 
Krankheit. (Gazzetta degli Ospedali, dec. 1909.) 

Die Beobachtungen des Verfassers zeigen folgendes: 1. Die 
Bronzepigmentierung ist nicht pathognomonisch für die Addison’sche 
Krankheit. 2. Die Pigmentierung kann lange Zeit das einzige - 
Symptom sein, ohne daß eine suprarenale Insuffizienz besteht. 3 Die v 
Tuberkulose ist nicht die einzige Ursache der Krankheit, noch ist 
sie zum Zustandekommen derselben notwendig. 4. In manchen 
Fällen ist es feststehend, daß die Tuberkulose ei st eine Folge dieser 
Erkrankung ist. 5. Der Addisonier kann gesunden, wobei die Prog¬ 
nose 1* diglich von der Aetiologie der Krankheit und dem Kräfte¬ 
zustand des Kranken abhängig ist. 

Dr. Abramowski, Gilgenburg. 

G. Planchor, Konstringierender Kropf als Todesursache bei 
einem Neugeborenen. (Societe obstetricale de France, Oct. 1909.) 

Es handelte sich um das Kind einer Multipara nach normalem 
Geburtsverlauf. Dasselbe zeigte gleich nach der Geburt alle 
drohenden Anzeichen des Erstickungstodes. Alle Wiederbelebungs¬ 
versuche erwiesen sich als vergeblich, Pie Autopsie zeigte einen 





Nr. 21 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


335 


enormen, die Trachea ganz umgebenden Kropf. In der Umgegend 
von Lyon zählen diese Fälle nicht zu den Seltenheiten, aber der 
Verfasser geht weiter und empfiehlt bei allen Autopsien Neu¬ 
geborener, sein Augenmerk ganz besonders auf die Schilddrüse zu 
lenken. Dr. Abramowski, Gilgenburg. 


J. Trübner in Straßburg i. E., Urban & Schwarzenberg in Berlin 
und Wien, Veit & Comp, in Leipzig, F. C. W. Vogel in Leipzig, 
Leopold Voß in Hamburg, Zitters Zeitungsverlag in Wien. 

(Ende des redaktionellen Teiles.) 


Allgemeines. 


Die internationale Gesellschaft für Chirurgie veranstaltet 
gelegentlich ihres 111.Kongresses eine Ausstellung von Frakturen 
(anatomisch-pathologische Präparate, Radiographien, Zeichnungen, 
Moulagen usw., Apparate zur unblutigen Behandlung, Präparate usw. 
zur Osteosynthese). Anfragen an das Generalsekretariat, 75 avenue 
Louise, Brüssel. 

Der 11. französische Kongreß für innere Medizin findet 
vom 13.—15. Oktober 1910 zu Paris statt. Tagesordnung: Ueber 
Bradykardie; Behandlung der symptomatischen Epilepsien; Leber 
und Milz in der Pathologie. 

Hamm (Westfalen). Unter Leitung des Kreisarztes ist ein 
Fürsorgeamt eingerichtet worden, welches die Organisation der 
Säuglings-, Kinder-, Trinker- und Tuberkulosefürsorge zur Aufgabe hat. 

Bochum. Die Stadt hat die Errichtung einer Säuglings¬ 
bewahranstalt beschlossen. 

Eine Vier=Millionen=Stiftung für Zahnpflege. Der British 
Dental Association hat, wie aus London geschrieben wird, ein un¬ 
genannter Wohltäter die Summe von 4,000.000 Kronen für die Zahn¬ 
pflege der ärmeren Klassen zur Verfügung gestellt. Dies dürfte 
eine der originellsten und zugleich wohltätigsten Stiftungen sein, 
denn die Zahnfäule ist nicht nur in Oesterreich, sondern in ganz 
Europa die verbreitetste Volkskrankheit. Die Annahme dieser großen 
Stiftung soll jedoch, wie Rayner, der Sekretär der Gesellschaft, 
erklärt, von zwei Umständen abhängig gemacht werden, die für 
die englische Auffassung bezeichnend sind: die Gesellschaft will die 
Summe nicht als Schenkung annehmen, sondern die Summe ver¬ 
zinsen und wenn möglich amortisieren; außerdem soll die Zahn¬ 
behandlung nicht umsonst erfolgen, sondern zu mäßigen Preisen, 
und die Zahnärzte, die sich an dem wohltätigen Werke beteiligen, 
sollen dafür bezahlt werden Ein Plan, nach dem in London und 
anderen Städten Englands (die Liste zählt deren 300 auf) Institute 
für Zahnpflege eingerichtet werden sollen, ist bereits ausgearbeitet. 
Ein Teil des Kapitals soll außerdem dafür verwendet werden, in 
weiten Schichten der Bevölkerung durch Vorträge und andere Pro¬ 
pagandamittel auf die Wichtigkeit der Zahnpflege hinzuweisen und 
Anweisung zur richtigen Behandlung der Zähne zu geben. 


Eingesandt. 

Erklärung. Die Unterzeichneten Verleger medizinischer Zeit¬ 
schriften nehmen zu den von Herrn Professor Dr. Abderhalden 
veröffentlichten Plänen folgendermaßen Stellung: 

1. Sie erkennen eine Vereinheitlichung und Vereinfachung des 
Referatenwesens als durchaus wünschenswert an. 

2. Sie halten die Schaffung einer vollständigen Bibliographie 
der Medizin für verdienstvoll, indessen nur dann, wenn die 
Höhe der Kosten in keinem zu starken Mißverhältnis zu 
dem begrenzten Interessentenkreise steht, der sie benutzen 
würde. 

3. Sie setzen zur Prüfung dieser Fragen, deren befriedigende 
Lösung gleichmäßig im Interesse der Wissenschaft wie des 
Verlagsbuchhandels liegt, in Gemeinschaft mit den Redak¬ 
teuren ihrer medizinischen Zeitschriften eine Kommission 
ein, die zu erwägen hat, ob und in welcher Weise das er¬ 
strebte Ziel durch Verständigung zwischen den bestehenden 
Zeitschriften zu erreichen ist. 

4. Sie halten eine Angliederung der geplanten Bibliographie 
der Medizin an die bestehende und bewährte Uhlwormsche 
internationale Bibliographie der Naturwissenschaften und der 
Medizin, die eventuell weiter auszugestalten sein würde, 
für erwünschter und schon aus finanziellen Gründen für 
praktisch aussichtsreicher, als eine Neugründung und werden 
sich deshalb mit dem Reichsamt des Innern in Verbindung 
setzen. 

5. Sie halten die bisherigen Versuche zur Durchführung der 
Pläne für ungeeignet, da sie dazu angetan waren, Beun¬ 
ruhigung in die beteiligten Kreise zu tragen. 

Johann Ambrosius Barth in Leipzig, W. Braumüller in Wien, 
Oscar Coblentz in Berlin, Fr. Cohen in Bonn, F. Deuticke in Wien, 
Wilhelm Engelmann in Leipzig, Ferd. Enke in Stuttgart, Gustav 
Fischer in Jena, Martin Hager in Bonn, August Hirschwald in 
Berlin, Kurt Kabitzsch in Würzburg, S. Karger in Berlin, Dr. W. Klink- 
hardt in Leipzig, B Konegen in Leipzig, H. Laupp’sche Buch¬ 
handlung in Tübingen, J. F. Lehmann’s Verlag in München, Louis 
Marcus in Berlin, Carl Marhold in Halle a. S., Georg Reimer in 
Berlin, Julius Springer in Berlin, Georg Thieme in Leipzig, Karl 


Kleine Mitteilungen. 

Kefyrogen in der Praxis. Von Dr. Suchy. Aus der Heil¬ 
anstalt Michaelerbad. (Therapeutisches Zentralblatt Nr. 1 , 1910.) 

Die wesentliche Grundlage einer Ernährungstherapie ist eine 
ausgiebige Zufuhr von Milch. Diese scheitert aber sehr häufig an 
dem Unvermögen der Patienten, genügende Quantitäten Milch zu 
sich zu nehmen; Korrigentien, zu dem Zweck zugesetzt, die Milch¬ 
mengen erhöhen zu können, erweisen sich meist als unwirksam. 
Deshalb bedeutet die Einführung des Kefyrs die Anbahnung eines 
neuen Weges, um die Patienten zu reichlichem Milchgenuß zu 
veranlassen. Kefyr ist ein durch alkoholische Gärung aus Kuh¬ 
milch gewonnenes, moussierendes Getränk, das an Verdaulichkeit 
und Wohlgeschmack die Milch weit übertrifft und durch die kühlende 
Kohlensäure besonders gern genommen wird. 

Zu einer Verallgemeinerung der Verwendung des Kefyrs zu 
Heilzwecken trägt es außerordentlich viel bei, daß man zu seiner 
Bereitung im Haushalt nicht auf die sehr umständliche Darstellung 
mittels Kefyrpilzen angewiesen ist, sondern sich denselben sehr 
bequem und einfach mittels der ,,Kefyrogen“-Tabletten her- 
stellen kann. Kefyrogen ist ein durch Deutsches Reichs¬ 
patent in seiner Herstellung geschütztes Kefyrferment 
von höchster Gärungsfähigkeit und außerordentlicher 
Konstanz. (Fabrik Goedecke & Co., Berlin.) Es ist unbegrenzt 
haltbar. Um einen stets gleichmäßigen Kefyr von absoluter 
Reinheit und hohem Wohlgeschmack zu erhalten, ist nur erforder¬ 
lich, 1 „Kefyrogen“-Tablette in ty a Liter Milch aufzulösen und die¬ 
selbe an einem trockenen Ort die für den vorliegenden Zweck 
erforderliche Zeit von 1 bis 2 bis 3 Tagen stehen zu lassen. 

Suchy hat so zubereiteten Kefyr mit vorzüglichem Erfolge an¬ 
gewandt bei Tuberkulose und Skrophulose, bei Neurasthenie und 
Hysterie, bei Anämie und Chlorose und bei gewissen Magen- 
und Darmkrankheiten Bei den letzteren ist zu berücksichtigen, daß 
eintägiger Kefyr abführt, zweitägiger sich neutral verhalt und drei¬ 
tägiger stopft. 

Mit Kefyrogen zubereiteter Kefyr eignet sich auch sehr gut als 
Vehikel für viele Mittel, wie Arsen, Eisen, Kreosot usw. Man setzt 
in diesem Falle dem Medikament einen Eßlöffel Kefyr zu und 
trinkt dann Kefyr nach. 


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Redaktion: Zahnärzte Bernstein, Dalimann, Dr. Julius Misch, Müller=Stade. 


Verantwortlicher Redakteur für den 
wissenschaftlichen Teil: 

Zahnarzt Dr. Julius Misch, Berlin W. 30. 


Verantwortlicher Redakteur für den 
sozialpolitischen Teil: 

i. V. Zahnarzt Mülle r = Stade, Charlottenburg 4. 


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Verantwortlich für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. med. A. Moeller,Berlin W. 35. Für „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Muircssjmsjci, Beylin-Rixdor f 
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Therapeutische Rundschau 

Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 


Redaktion. 

Professor Dr. rned. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 
Telephon: Amt VI, 17271. 


Verlag und Expedition 

Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 
Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. 


Berlin, 29. Mai 1910. 


Nr. 22. 


Die Therapeutische Rundschau' erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den 
Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluß abbestellt sind. Inserat? 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per 1000 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 
Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt: 


Öriginalien: 


Jessen, Straßburg: Schulhygiene.337 

Adler, München: Suggestion und Hypnotismus als Heil¬ 
mittel . 

Traugott, Breslau: Die Behandlung der nervösen 
Schlaflosigkeit. 


338 


340 


Referate: 

Moeller, Berlin: Lungenleiden.346 

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Allgemeines: .351 

Bücherbesprechungen: . 352 


ÖRIGINALIEN. 


Schulhygiene. 

Die Internationale Kommission für öffentliche Mund¬ 
hygiene und ihre Ziele. 

Vortrag in der Sitzung der Federation Dentaire Inter¬ 
nationale in Paris, Ostern 1910. 

Von Professor Dr. Jessen (Straßburg). 

Meine Herren! Unsere Zeit steht im Zeichen der 
sozialen Wohlfahrtspflege. Nachdem durch staatliche 
Gesetzgebung die Richtlinien für die Unterstützung der 
wirtschaftlich Schwachen gegeben waren, setzte auf 
allen Gebieten eine rege Tätigkeit in der Ausgestaltung 
der sozialen Fürsorge ein. 

Ihr verdanken wir neben zahlreichen andern Wohl¬ 
fahrtseinrichtungen die Ferienkolonien, Walderholungs¬ 
stätten, Soldatenheime, Anstalten für Säuglingspflege, 
Mütterheime, Tuberkuloseheilstätten usw. 

Dieser Bewegung entspringt auch die Bekämpfung 
der Zahnkaries, deren ungeheure Verbreitung den Cha¬ 
rakter einer Volkskrankheit angenommen hat, so daß 
heute in fast allen öffentlichen Organen auf die durch 
sie drohende Gefahr hingewiesen wird. 

Als wirksamstes Mittel zu ihrer Bekämpfung hat 
sich die Errichtung städtischer Schulzahnkliniken er¬ 
wiesen. Sie bildet eine der wesentlichsten Aufgaben 
des „Deutschen Zentralkomitees für Zahnpflege in den 
Schulen“, dessen Vorsitz bekanntlich Seine Exzellenz 
der Staatsminister von Möller in Berlin inne hat. 

Schon vor der Gründung des Deutschen Zentral¬ 
komitees, die am 1. Februar 1909 erfolgte, hatte die 
Federation Dentaire Internationale eine Vereinigung 
von Zahnärzten aller Kulturländer, welche sich im Jahre 
1900 auf Antrag von Prof. Godon in Paris bei Ge¬ 
legenheit der damals stattfindenden Weltausstellung zu¬ 
sammengeschlossen hatte, die systematische Be¬ 
kämpfung der Zahnkrankheiten im Volke in ihr Pro¬ 
gramm aufgenommen. Sie bildete ein besonderes 
Hygienekomitee. Die Federation Dentaire Internatio¬ 
nale übernahm vom Tage ihrer Gründung an auch die 
Aufgabe, die in Zeiträumen von fünf zu fünf Jahren 


stattiindenden Internationalen zahnärztlichen Kongresse 
vorzubereiten. 

Dies geschah zum erstenmal für den IV. Inter¬ 
nationalen Kongreß, welcher bei Gelegenheit der Welt¬ 
ausstellung in St. Louis im Jahre 1904 tagte. Hier er¬ 
ging im Aufträge der deutschen Zahnärzte durch den 
leider zu früh verstorbenen Professor Miller, dessen 
Weltruhm als zahnärztlicher Forscher unangefochten 
dasteht, die Einladung zum V. Internationalen Kongreß 
nach Berlin, wo gleichzeitig das fünfzigjährige Bestehen 
des Zentralvereins deutscher Zahnärzte festlich be¬ 
gangen werden sollte. 

Bei den Vorbereitungen zu diesem Kongresse, 
welche eine ungeheure Arbeit in sich schlossen, hat sich 
die Federation Dentaire Internationale außerordentlich 
bewährt. Der Generalsekretär Dr. Schaeffer- 
Stuckert in Frankfurt a. M. mußte im Verein mit 
dem Arbeitsausschuß und dem Lokalkomitee in Berlin 
eine Aufgabe bewältigen, die in ihren Resultaten all¬ 
seitige Anerkennung fand. 

Dem größeren Publikum gegenüber trat das Er¬ 
gebnis des Kongresses in einer Ausstellung zutage, wie 
sie in dieser Reichhaltigkeit bisher noch nicht vor 
Augen geführt worden war und wie sie auch in Zu¬ 
kunft in solcher Vollständigkeit schwerlich wieder zu¬ 
stande kommen wird. Die Sitzungen des Kongresses 
wurden geleitet von dem Vorsitzenden Hofrat Professor 
Dr. W a 1 k h o f f in München. 

Der Kongreß setzte sich zusammen aus 12 Sek¬ 
tionen, von denen die Sektion X die „Hygiene“ zu be¬ 
handeln hatte. Von Schweden aus war schon vorher 
der Antrag gestellt worden, ein „Internationales 
Komitee für öffentliche Mundhygiene“ zu bilden, das 
Aerzte, Zahnärzte, Schulmänner und Verwaltungs¬ 
beamte aus allen Kulturländern umfassen sollte. Die 
Verwirklichung eines so umfassenden, aus so verschie¬ 
denen Ständen zusammengesetzten Komitees erwies 
sich aut einem zahnärztlichen Kongreß als undurch¬ 
führbar. Statt dessen wurde nach eingehenden Be¬ 
ratungen die Internationale Kommission für öffentliche 
Mundhygiene in ihrer jetzigen Form konstituiert. Das 
bereits seit 1900 bestehende Hygienekomitee der Fede¬ 
ration Dentaire Internationale wurde mit der neu¬ 
gegründeten Internationalen Kommission verschmolzen. 

Die Kommission beschränkt sich ausschließlich auf 
die Zahnärzte und umfaßt 20 Landeskomitees. Ver- 


■M 


(ER: 




VEF 























338 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 22 


treten sind folgende Länder: Belgien, Cuba, Dänemark, 
Deutschland. England. Finnland, Frankreich, Holland, 
Italien, Luxemburg, Mexiko, Norwegen, Oesterreich, 
Portugal, Rußland, Schweden, Schweiz, Spanien, 
Ungarn, Vereinigte Staaten von Nordamerika. 

Die einzelnen Komitees haben nach den auf dem 
Kongreß formulierten Beschlüssen die Aufgabe, in ihren 
Ländern mit der Regierung, mit den schon bestehenden 
Vereinigungen für Schulgesundheitspflege und mit ma߬ 
gebenden Persönlichkeiten in Verbindung zu treten, um 
die Ziele der Kommission in die Tat umzusetzen. 

Dem Vorstand liegt die Pflicht ob, die Komitees der 
einzelnen Länder zusammenzuhalten und ihnen die 
Richtschnur für ein einheitliches Vorgehen zu geben. 
Demgemäß versendet er von Zeit zu Zeit offene Briefe,*) 
in denen sowohl auf die nächstliegenden Aufgaben hin¬ 
gewiesen wird, als auch die Fortschritte der einzelnen 
Landeskomitees zu allgemeiner Kenntnis gebracht 
werden. Die Vorschläge legen besonderes Gewicht auf 
die Durchführung praktischer Zahnpflege, der eine 
systematische Aufklärung in den Schulen — als der 
Pflanzstätte jeder Volksbildung — vorauszugehen 
hat. Ihre Unterstützung findet die Aufklärungsarbeit in 
geeigneten Anschauungsmitteln, deren zweckmäßige 
Auswahl sich der Vorstand angelegen sein läßt. 

Die ersten erfreulichen Resultate wurden außer in 
Deutschland, wo schon seit langen Jahren die Zahnärzte 
auf diesem Gebiete erfolgreich tätig waren, in Däne¬ 
mark und Schweden gezeitigt. 

Das Dänische Landeskomitee, das sich aus Pro¬ 
fessor Carl Christensen und Viggo Wigh- 
Kopenhagen sowie M. K i ä r - Svendborg zusammen¬ 
setzt, trat sofort nach erfolgter Konstituierung in eine 
lebhafte Tätigkeit ein und erreichte, daß sich ein „Däni¬ 
scher Verein für Kinderzahnpflege“ am 17. Januar d. J. 
bildete. Derselbe berief den Vorsitzenden der Inter¬ 
nationalen Kommission nach Kopenhagen, wo er in der 
medizinischen Gesellschaft vor eingeladenen Gästen 
und am Tage darauf in einer großen Volksversammlung 
die Aufgaben und Ziele der eingeleiteten Bewegung und 
ihre Wichtigkeit für die Volksgesundheit erläuterte. 

Dem dänischen Verein gehören Vertreter aller 
maßgebenden Kreise an, so daß der Erfolg in diesem 
Lande nicht ausbleiben kann. 

Dem Beispiele Dänemarks folgte unmittelbar 
darauf Schweden, wo der rührige A1 b i n Len- 
hardtson - Stockholm im Verein mit Victor 
B e n s o w und Dr. Hjalmar Carlson - Göteborg 
den Boden geebnet hatte. Der Aerzteverein in Stock¬ 
holm veranstaltete eine Versammlung unter dem Vor¬ 
sitz des Generalstatthalters R. D i c k s o n , zu der Ver¬ 
treter von Behörden und Fachleuten nicht nur aus 
Stockholm, sondern auch aus ganz Schweden und selbst 
das finnländische Landeskomitee herbeigeeilt waren. 

Auf dieser Versammlung sprachen auch hervor¬ 
ragende Spezialärzte, die — jeder von seinem beson¬ 
deren Standpunkte aus — die außergewöhnliche Bedeu¬ 
tung einer rationellen Zahn- und Mundpflege für die 
allgemeine Gesundheit des Körpers betonten. 

Unter einstimmigem Beschluß bildete sich der 
„Schwedische Nationalverein für Mundhygiene“, dessen 
Vorsitz Generalstatthalter D i c k s o n übernahm. 

Am Tage vorher war dem Vorstand der Inter¬ 
nationalen Kommission sowie den Mitgliedern des 
Schwedischen Landeskomitees eine Audienz durch 
Seine Majestät König Gustaf gewährt, in welcher der¬ 
selbe das Protektorat über die Internationale Kom¬ 
mission für öffentliche Mundhygiene huldvollst anzu¬ 
nehmen geruhte, unter sichtlichem Interesse für die be¬ 
deutungsvollen Bestrebungen der sich über alle Kultur¬ 
länder erstreckenden Vereinigung. 


Es steht zu erwarten, daß die Internationale Kom¬ 
mission unter ihrem hohen Protektor die unter so gün¬ 
stigen Auspizien begonnene Arbeit beharrlich fort¬ 
setzen wird, und daß recht bald ähnliche Vereinigungen, 
wie sie in den skandinavischen Ländern gegründet 
wurden, auch in den andern, dem Verbände angehörigen 
Ländern entstehen werden. 

In Holland und Finnland haben sich auf Veran¬ 
lassung der Landeskomitees Klinkhamer-Stark- 
W i 11 h a u s und Aspelund-Enckell -W e b e r 
ebenfalls Nationalvereine für öffentliche Mundhygiene 
gebildet. Die gleiche Nachricht für Belgien kommt 
soeben von Quintin jn Brüssel. 

Meine Herren, die Zahnpflege in der Schule ist das 
Fundament, auf dem die Gesundheit des Volkes sich 
aufbaut; sie findet ihre Fortsetzung in der Armee, in 
den Krankenkassen, Krankenhäusern, inderganzen 
Bevölkerung — sie ist von internationaler Be¬ 
deutung. Sie zwingt uns, die Augen der ganzen Welt 
auf Unsern Beruf zu lenken und den der Bedeutung 
unseres Standes zukommenden Platz zu erobern. 


Suggestion und Hypnotismus als Heilmittel. 

Von Dr. Adler (München). 

Der Begriff der Suggestion kann in weiterem und 
in engerem Sinne gefaßt werden. Im weitesten Sinne 
kann man Suggestion definieren als die Uebertragung 
einer Vorstellung. Man redet vorzugsweise dann von 
Suggestion, wenn bei einem Menschen durch die Ein¬ 
wirkung eines anderen eine Vorstellung angeregt wird, 
an die durch Assoziation der Gedanken sich weitere 
Vorstellungen und vielleicht auch Handlungen an¬ 
schließen. während der Beeinflußte ganz selbständig zu¬ 
denken und zu handeln glaubt oder wenigstens nicht 
klar erkennt, daß diese seine Vorstellungen und Hand¬ 
lungen nicht aus seiner eigenen Initiative hervorgehen, 
sondern durch fremden Einfluß angeregt worden sind. 

Von größerer praktischer Bedeutung ist die Unter¬ 
scheidung nach der Art des Zustandekommens. Man 
unterscheidet eine absichtliche und eine zufällige Sug¬ 
gestion. Bei der absichtlichen Suggestion wird von der 
einen Person mit Absicht und Ueberlegung einer anderen 
eine Vorstellung beigebracht, die dann weiter wirkt. 
Als zufällige Suggestion bezeichnen wir es, wenn 
jemand zu einer wirksamen Vorstellung oder Vor¬ 
stellungsreihe gelangt durch zufällige oder absichtslose 
Aeußerungen oder Handlungen eines anderen oder 
überhaupt durch die Wahrnehmung irgendwelcher zu¬ 
fälligen Umstände oder Ereignisse. 

Ob eine beabsichtigte Suggestion gelingt oder 
nicht, hängt zunächst ab von dem psychischen Ver¬ 
halten der zu beeinflussenden Person. Die Suggestibi- 
lität ist bei den einzelnen Menschen sehr verschieden. 
Es gibt Personen, die leicht jede ihnen dargebotene 
Vorstellung aufnehmen und weiter verarbeiten, 
während andere in hohem Maße widerspenstig und 
schwer für Eingebungen empfänglich sind. Meist ist 
es erforderlich, daß die aktive Person ein gewisses 
geistiges Uebergewicht über die passive habe. 

Besonders groß ist die Suggestibilität in der 
Hypnose, einem absichtlich hervorgerufenen Zu¬ 
stande. der dem Schlafe ähnlich ist, insofern dabei das 
Bewußtsein in beträchtlichem Maße eingeschränkt und 
namentlich das Urteilsvermögen und der Wille herab- 


*t Im Mai 1910 ist das erste Heft des Internationalen Archivs 
für öffentliche Mundhygiene erschienen, welches fortan die „offenen 
Briefe“ ersetzen wird. Es erscheint in zwanglosen Heften, heraus¬ 
gegeben von dem Vorstand H. C. F. D. I. im Verlag von Ludolf 
Baust, Strassburg i. Eis. 




Nr. 22 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


339 


gesetzt ist. Man kann verschiedene Grade der Hypnose 
unterscheiden, von der einfachen Schlaftrunkenheit, 
bei der das Bewußtsein und die Urteilsfähigkeit nur 
wenig beeinträchtigt ist, bis zum festen Schlaf, bei dem 
der Betroffene gewissermaßen zum Automaten und 
willenlosen Werkzeug in der Hand des Beeinflussen¬ 
den wird und nachdem oft keine Erinnerung an das 
während des Schlafes Vorgefallene zurückbleibt. 

Von vielen Seiten ist schon auf die Gefahren der 
Hypnose hingewiesen worden. Und es ist nicht zu 
/eugnen, daß ein Mensch, der allzuhäufig der Hypnose 
unterworfen wird, dadurch in seinem geistigen Ver¬ 
halten geschädigt wird. Auf der anderen Seite ist aber 
zu berücksichtigen, daß es überhaupt kein wirksames 
Heilmittel gibt, das nicht bei unzweckmäßiger und über¬ 
triebener Anwendung auch schaden könnte. Wir 
werden ebensowenig den Alkohol aus der Reihe 
der Genußmittel streichen, weil sein übermäßiger Ge¬ 
brauch so schlimme Folgen hat, und nicht das Morphium 
aus der Reihe der Heilmittel, weil sein gewohnheits¬ 
mäßiger Gebrauch zu den traurigen Zuständen des 
Morphinismus führt. 

Wo die aktive Person gegenüber der passiven eine 
unbedingte geistige Autorität besitzt, wie der Arzt 
gegenüber dem Kranken in vielen Fällen bei längerem 
Verkehr erlangt, da kann die d i r e k t e Suggestion an¬ 
gewendet werden, und es ist dabei kaum erforderlich, 
die Absicht zu verdecken. Zur direkten Suggestion 
rechnet man auch den beruhigenden Zuspruch des 
Arztes. Bei der indirekten Suggestion wird die 
Absicht mehr verdeckt und die Wirkung zum großen 
Teil der Autosuggestion überlassen. Ein außerordent¬ 
lich wirksames Unterstützungsmittel der Suggestion ist 
die Anwendung der Elektrizität. In ähnlicher Weise 
sind manche Heilwirkungen der Massage nicht aus¬ 
schließlich auf ihre organische Einwirkung, sondern 
auch auf die damit verbundene Suggestion zu beziehen. 
Aehnlich verhält es sich mit der Heilgymnastik. Auch 
bei der Heilwirkung mancher Wasserprozeduren und 
bei vielen Kuren mit Mineralwässern ist außer der oft 
sehr bedeutenden körperlichen auch die psychische 
Wirkung in Rechnung zu ziehen. 

Die Hypnose wird durch Suggestion hervorgerufen, 
und es ist dabei ziemlich gleichgültig, welcher Methode 
man sich dabei bedient oder an welches Verfahren die 
Suggestion angeknüpft wird. Das Wesentliche ist 
immer die direkte oder indirekte Suggestion des Ein¬ 
schlafens. Einzelne Personen sind leicht in Hypnose 
zu versetzen, bei anderen gelingt es nur schwer oder 
gar nicht. Wesentlich förderlich ist es, wenn die Ver¬ 
suchsperson schon an anderen die Wirkung des Ver¬ 
fahrens gesehen hat. 

Die Anwendung der Suggestion und des Hypnotis¬ 
mus zu Heilzwecken ist so alt wie die Heilkunde über¬ 
haupt; man kann sagen, daß, seitdem ein Mensch den 
Versuch gemacht hat, auf einen anderen Menschen, der 
verwundet oder krank war, heilend einzuwirken, auch 
die Suggestion zur Anwendung gekommen ist. Kommt 
es doch fast täglich vor, daß einem besonderen Ver¬ 
fahren oder der Anwendung besonderer Arzneimittel 
Heilungen zugeschrieben werden, die in Wirklichkeit 
nur durch Suggestion erfolgt sind. Der große Fort¬ 
schritt, den die neuere Zeit in diesem Gebiete gemacht 
hat, besteht wesentlich darin, daß wir uns klar ge¬ 
worden sind über die mächtigen Wirkungen der 
Psychotherapie (Seelenbehandlung), daß wir sie mit 
bewußter Absicht anwenden und die Anzeichen genauer 
festzustellen suchten. 

Die Suggestion sowohl in wachem Zustande wie in 
der Hypnose wirkt zunächst nur psychisch, es werden 
dadurch nur die Funktionen der Zentralorgane des 


Nervensystems beeinflußt, der übrige Körper und seine 
Funktionen können durch Suggestion nur verändert 
werden durch Vermittlung der Zentralorgane. Zu¬ 
nächst sind von dem Verhalten der Zentralorgane ab¬ 
hängig die psychischen Funktionen, sowohl diejenigen, 
die ich als die höheren bezeichnet habe und die in dem 
bewußten Wahrnehmen, Denken und Wollen bestehen, 
als auch die zu den niederen psychischen Funktionen 
gerechneten, namentlich die dem Bewußtsein etwas 
ferner stehenden Gefühle, Stimmungen und Triebe. Es 
ist nicht auffallend, wenn wir sehen, daß alle diese 
Funktionen der Beeinflussung durch Suggestion in 
hohem Maße zugänglich sind. Hieraus ergibt sich auch 
die große Bedeutung zweckmäßiger Suggestion für die 
Erziehung des noch in der Entwicklung begriffenen 
Menschen als auch für die Wiederherstellung des psy¬ 
chischen Gleichgewichtes bei Kranken, bei denen dieses 
gestört erscheint. So werden gute Erfolge erzielt bei 
manchen weniger fest haftenden Zwangsvorstellungen, 
bei Angstgefühlen, bei melancholischer Verstimmung, 
ferner bei der Grübelsucht, der Zweifelsucht und bei 
krankhafter Unentschlossenheit. Auch bei moralischen 
Gebrechen, wie bei Alkoholismus, Morphinismus, bei 
sexuellen Perversitäten ist die erzieherische Suggestion 
von großer Bedeutung, und dabei kann in besonderen 
Fällen auch der Hypnotismus mit Vorteil angewendet 
werden. 

Auch die Krankheiten, bei denen vorzugsweise 
Störungen der niederen geistigen Funktionen bestehen, 
sind der Heilwirkung durch Suggestion in hohem 
Maße zugänglich, so die Hysterie, die Hypochondrie und 
vor allem die Neurasthenie. 

Ferner ist von den Zentralorganen des Nerven¬ 
systems direkt abhängig die willkürliche Bewegung. 
Diese wird ausgelöst durch Vorgänge, die in der Haupt¬ 
sache in den Zentralwindungen des großen Gehirns 
zustande kommen. So können sogenannte psychische 
Lähmungen, hysterische Lähmungen, hysterische 
Stimmlosigkeit, vollständige Stummheit auf hysteri¬ 
scher Grundlage und noch andere Formen hysterischer 
Lähmungen durch Suggestion und Hypnose beeinflußt 
werden. 

Ebenso verhält es sich mit den Krämpfen, d. h. un¬ 
willkürliche Bewegungen im Gebiete der willkürlichen 
Muskeln, die durch Vorstellungen in sehr verschiedener 
Weise ausgelöst werden. Auch sogenannte koordi¬ 
nierte Krämpfe, wie Lachkrämpfe, Schreibkrämpfe usw. 
gehören ins Gebiet der hypnotischen Behandlung. 
Aehnlich verhält es sich bei manchen Fällen von 
Stottern und namentlich bei solchen, bei denen das 
jedesmalige Auftreten des Sprachfehlens durch die 
Angst vor demselben begünstigt wird. 

Gleichfalls gehen von den Zentralorganen aus und 
sind durch Suggestion zu beeinflussen die bewußte 
Empfindung und damit verbunden Empfindungsstörun¬ 
gen. Ebenso können psychische Blindheit, Taubheit, 
Aufhebung des Geschmacks- und Geruchsinns, Verän¬ 
derungen des Temperatur- und Schmerzsinns durch 
Suggestion beeinflußt werden. Anderseits jedoch 
können durch Suggestion Empfindungen erregt werden. 
So ist die Erfahrung allgemein bekannt daß auch beim 
gesunden Menschen ein Gefühl des Juckens sich einzu¬ 
stellen pflegt, wenn von gewissen Insekten die Rede 
ist. Auch ist schon mit Erfolg Schmerzlosigkeit bei 
chirurgischen Operationen durch Suggestion erzielt 
worden. 

Auch die unwillkürlichen Muskeln, obwohl sie dem 
Willen entzogen sind, können dennoch von dem 
Zentralorgan aus und demnach durch Suggestion in 
mächtiger Weise beeinflußt werden. So läßt es bei¬ 
spielsweise die Abhängigkeit der Erektion von Vor- 



340 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 22 


Stellungen erklärlich erscheinen, daß die sogenannte 
Impotenz in zahlreichen Fällen durch Suggestion ge¬ 
heilt werden kann. Auch die Regelung der Darm¬ 
bewegung (Stuhlverstopfung), die nervöse Magen¬ 
verstimmung und das nervöse Erbrechen werden durch 
Suggestion beeinflußt. 

Nachträglich seien noch einige Zustände angeführt, 
bei denen die Suggestion von Wirkung ist. So ist es 
allgemein bekannt, daß ein gewöhnlicher Schluchzer, 
der durch den Willen nicht unterdrückt werden kann, 
sofort aufhört, wenn der Betreffende erschrickt. In 
ähnlicher Weise wird das oft bevorstehende Niesen 
abgeschnitten durch eine plötzlich erfolgende Anrede 
oder durch eine anderweitige Inanspruchnahme der 
Aufmerksamkeit. Ebenso kann die Schlaflosigkeit 
durch Suggestion wirksam bekämpft werden. ■ 

Wo die Grenze für die Suggestionsbehandlung ist, 
läßt sich nicht genau bestimmen. Im allgemeinen kann 
man jedoch wohl sagen, daß die funktionellen Störungen 
der Beeinflussung durch Suggestion zugänglich sind, 
nicht aber die, welche auf pathologisch-anatomischen, 
sogenannten organischen Veränderungen beruhen. 
Natürlich muß man auch da zahlreiche Ausnahmen 
gelten lassen. _ 


Die Behandlung der nervösen Schlaflosigkeit 

Von Dr. Richard Traugott, Nervenarzt in Breslau. 

Wenn die nervöse Schlaflosigkeit — früher eine 
wahre crux nicht nur für die mit ihr behafteten 
Patienten, sondern auch für deren Aerzte — jetzt viel 
von ihrem Schrecken verloren hat, so ist dies vor allem 
auf zwei Ursachen zurückzuführen: einmal auf die Er¬ 
kenntnis, daß auch die Insomnie, wie so viele andere 
nervöse Beschwerden, oft durch psychische Behandlung 
ungemein günstig zu beinflussen ist, sodann auf den 
Umstand, daß gegenwärtig infolge der Betriebsamkeit 
der pharmazeutischen Industrie eine so großeZahl 
mehr oder weniger unschädlicher Schlafmittel auf dem 
Markt sich befinden. Mag immerhin zugestanden 
werden, daß auch heut noch kein wirklich von allen 
unangenehmen Nebenwirkungen völlig freies Schlaf¬ 
mittel existiert, so kann doch bei nur einigermaßen vor¬ 
sichtigem Gebrauch der Hypnotika durch diese kaum 
ein größerer Schaden angerichtet werden, als durch 
irgend welche andere Arzneimi'ttelgruppe. Gewisse 
Fälle von Idiosynkrasie werden natürlich gelegentlich 
immer wieder Vorkommen, nach Schlafmitteln sowohl 
wie nach Antipyrin, Digitalis und den meisten anderen 
Medikamenten. Aber man bedenke nur, wie z. B. bei 
gewissen Fällen von Herzleiden die unerbittliche Not¬ 
wendigkeit immer und immer wieder den Arzt zur 
Verordnung der Digitalis zwingt — trotz offenbar vor¬ 
handener ungünstiger Nebenwirkung dieses Arznei¬ 
körpers auf den Intestinaltrakt — weil eben ein anderes 
gleichwertiges Herzmittel uns nicht zur Verfügung 
steht, während bei der großen Menge der jetzt vor¬ 
handenen Schlafmittel es stets möglich ist, beim Auf¬ 
treten von unerwünschten Nebenwirkungen des einen 
Mittels ein anderes an dessen Stelle zu setzen. 

Der in der praktischen Medizin wichtigste Satz, daß 
man sich streng an Indikationen zu halten habe, daß 
also dem therapeutischen Handeln eine genaue 
Diagnose voranzugehen habe, ist natürlich auch bei der 
Behandlung der Schlaflosigkeit im Auge zu behalten. 
Das therapeutische Vorgehen muß jedesmal ein anderes 
sein, wenn es sich um eine durch fieberhafte In¬ 
fektionskrankheit oder um eine durch neuralgische 
Schmerzen oder um eine auf rein nervöser Basis ent¬ 
standene Schlaflosigkeit handelt; nur die letztere soll 
uns hier beschäftigen. Aber auch die verschiedenen 


Arten der nervösen Schlaflosigkeit bedürfen wieder¬ 
um verschiedener Behandlung. 

Es liegt in der Natur der Sache, daß die nervöse 
Schlaflosigkeit zumeist im Verein mit einer mehr oder 
weniger großen Zahl anderer nervöser Erscheinungen, 
wie Kopfschmerz, erhöhter psychischer Reizbarkeit, 
Depression, Herzklopfen, Angstgefühl etc., auf tritt; mit¬ 
unter steht sie auch lange Zeit hindurch gänzlich isoliert 
da, so daß man in manchen Fällen sich berechtigt fühlen 
könnte, dieser Beschwerde die Bedeutung einer essen¬ 
tiellen Krankheitsform (Insomnie - Neurose) beizu¬ 
messen. Zumeist aber liegt die Sache doch so, daß in 
dem bunten Kranz der nervösen Erscheinungen die 
Schlafstörung eine mehr oder minder große Rolle spielt, 
insbesondere auch in dem Sinne, daß beim Anwachsen 
der Schlafstörung infolge der damit verbundenen Ver¬ 
minderung der Resistenzfähigkeit überhaupt, auch die 
übrigen nervösen Erscheinungen sich verschlimmern, 
während wiederum natürlich auch die Schlafstörung 
ihrerseits ungünstig beeinflußt wird, wenn aus irgend 
welchen Gründen die anderen nervösen Beschwerden, 
insbesondere Reizbarkeit, Angstgefühl in stärkerer 
Akzentuation auftreten. So besteht hier ein circulus 
vitiosus; und das therapeutische Vorgehen kann sich 
einerseits im Interesse des ganzen Status nervosus von 
Nutzen 'erweisen, wenn es gelingt, durch Bekämpfung 
der Insomnie die Resistenzfähigkeit des Organismus, 
die ganze nervöse und psychische Energie zu erhöhen; 
anderseits wird die Schlafstörung spontan ver¬ 
schwinden oder sich doch bessern, wen man es er¬ 
reicht hat, den Boden, auf dem sie entstanden ist, d. i. 
die erhöhte Erregbarkeit, die Angstvorstellungen, oder 
um welche nervöse Erscheinungen es sich sonst handeln 
mag, durch irgend welche Maßnahme ihr zu entziehen. 
Man hat also zwei Möglichkeiten, in den circulus 
vitiosus einzugreifen; die Behandlung der Insomnie an 
sich und die des ganzen nervösen Grundleidens. Nun 
ist es ja natürlich besser, als an den Symptomen zu 
kurieren, wenn man ein Leiden an seinen Wurzeln 
angreift. Aber die Nervosität und die nervöse Schlaf¬ 
losigkeit ist in leider allzu vielen Fällen doch nur die 
Folge des harten Kampfes ums Dasein: er ist in so 
vielen Fällen die eigentliche causa movens und der 
struggle vor live bleibt, er kann durch keine psychi¬ 
schen oder medikamentösen Maßnahmen beseitigt 
werden. So können wir oft an die Wurzeln des Uebels 
nicht herankommen, w ; eil wir seine ökonomischen und 
sozialen Ursachen nicht ohne weiteres beseitigen 
können und wir sind gezwungen, w'enn wir über¬ 
haupt helfen oder wenigstens lindern wollen, das Sym¬ 
ptom an sich zu bekämpfen. 

Bei dem heutigen Stande der Dinge nun ist aber, 
wie schon gesagt, das Bestreben, die nervöse Schlaf-, 
losigkeit, wenn auch nur palliativ, zu heilen, nicht nur 
ein durchaus aussichtsvolles, sondern insbesondere in¬ 
folge der Rührigkeit der pharmazeutischen Produktion 
auch ein für die Patienten relativ gefahrloses Unter¬ 
nehmen. 

Da immerhin sämtliche wirksamen Schlafmittel 
zu den „starkwirkenden Arzneien“ gehören, so wird 
man selbstverständlich in vielen Fällen zunächst von 
milderen Maßnahmen mit Recht Gebrauch machen 
w'ollen, wenn nämlich Aussicht vorhanden ist mit 
diesen ebenfalls zum Ziel kommen. Zu diesen Ma߬ 
nahmen gehört in erster Linie die Anwendung der 
psychischen oder psychanalitischen Methode. Ihrer 
weiteren Anwendung steht vorläufig nur e i n Vor¬ 
urteil entgegen, nämlich die Anschauung, daß hier eine 
Domäne des Spezialarztes, des Neurologen, vorläge — 
und doch hat es in vielen Fällen gerade der Hausarzt 
so viel leichter, die Psychanalyse vorzunehmen, da er 




Nr. 22 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


341 


nicht nur das Milieu, sondern auch die seelische Konsti¬ 
tution seines Klienten soviel besser, kennt, als der 
Spezialist, dem es naturgemäß oft ungeheure Mühe be¬ 
reitet, sich von dem Seelenleben seines Patienten ge-, 
nauere Kenntnis zu verschaffen. Und noch ein zweites 
Vorurteil ist vorhanden: daß nämlich zu einer wirk¬ 
samen psychischen oder suggestiven Beeinflussung die 
Hypnose notwendig sei, während doch diese zumeist 
nur dann von wirklichem Nutzen sich erweist, wenn 
die Resultate einer vorangegangenen Psychanalyse 
von ihr bis ins kleinste berücksichtigt werden — liegt 
aber eine eingehende Psychanalyse bereits vor, dann 
kann zumeist das gleiche wie durch die Hypnose durch 
einfache Verbal Suggestion erreicht werden. Ein 
Beispiel mag das illustrieren: Eine ledige Dame von 
26 Jahren, Direktrice in einem großen Geschäft, konsul¬ 
tierte mich wegen quälendster Schlaflosigkeit, an der 
sie seit einigen Monaten laborierte. Sie wäre bereits 
von einem Arzt mit Galvanisation des Kopfes, von 
einem anderen mit Hypnose — völlig ohne Erfolg — 
behandelt worden. Auf eindringliches Befragen ließ 
sich schließlich folgender Sachverhalt feststehen: Die 
Patientin hatte vor ca. 3—4 Jahren ihren Bräutigam, 
der an Lungenschwindsucht gelitten hatte und bis zu 
seinem Tode von ihr gepflegt worden war, verloren. 
Sie glaubte nun, zumal sie öfters an „Lungenstechen“, 
d. i. Rückenschmerzen, litt, sich angesteckt und selbst 
ein Lungenleiden acquiriert zu haben. Des Tages über 
war sie, wie sie angab, so beschäftigt, daß sie gar nicht 
dazu kommen konnte, ihren diesbezüglichen Gedanken 
und Befürchtungen nachzuhängen. Des Abends aber, 
und besonders nachdem sie sich zu Bett gelegt, konnte 
sie sich der peinigenden Angst (die hier also eine ob¬ 
jektivierte, auf das Erkranktsein an Tuberkulose ge¬ 
richtete war) nicht erwehren; meist trat, nachdem sie 
sich lange im Bett herumgewälzt, ein profuser Schwei߬ 
ausbruch auf, und unter ängstlichen Träumen fiel sie 
schließlich in einen leichten, sie wenig erquickenden 
Schlaf. Erst am Morgen wurde der Schlaf tiefer und 
oft so fest, daß sie nur mit Mühe erweckt werden 
konnte. Schlaftrunken und mit eingenommenem Kopfe 
mußte sie sich aus dem Bett erheben und nur mit Auf¬ 
bietung großer Energie wurde es ihr möglich, des 
Morgens zur festgesetzten Stunde auf dem Schauplatz 
ihrer Tätigkeit zu erscheinen. Die Untersuchung der 
Patientin ergab — abgesehen von einer leichten 
Anaemie — durchaus normale Befunde; insbesondere 
konnte an den Lungen nichts krankhaftes festgestellt 
werden; die wiederholt gemessene Abendtemperatur 
überstieg nie 36,8. Da außerdem die Anamnese ergab, 
daß weder bei den Eltern, noch bei deren Geschwistern, 
noch auch bei den Geschwistern der Patientin selbst 
jemals ein chronisches Lungenleiden aufgetreten war, 
so konnte der Patientin mit gutem Gewissen die Grund¬ 
losigkeit ihrer nosophobischen Vorstellungen vor Augen 
geführt werden. Die Beseitigung ihrer Angstvor¬ 
stellungen, die Behandlung der Anaemie mit Eisen¬ 
präparaten, Massage der Rückenmuskulatur besserten 
das Befinden alsbald — innerhalb zwei Wochen — sehl- 
beträchtlich; und nach einem dreiwöchigen Aufenthalt 
auf dem Lande, also im ganzen fünf Wochen, nachdem 
die Patientin zum erstenmal mich konsultiert hatte, er¬ 
klärte sie, daß sie sich vollständig gesund fühle, ins¬ 
besondere auch ausgezeichnet schlafe. 

Bei seiner übergroßen Empfindlichkeit verspürt der 
Neurastheniker eine große Anzahl von Vorgängen in 
seinem Körper, die dem Normalen überhaupt nicht zum 
Bewußtsein kommen. Er empfindet das Klopfen der 
Blutgefäße, den Schlag des Herzens, die Bewegungen 
des Magens und Darmes; und alle diese Sensationen 
können ihm zur Ursache von Angstvorstellungen noso- 


phobischer Natur werden (Furcht vor Herzleiden, Ge¬ 
hirnschlag, Magenkrebs etc.), insbesondere wenn in der 
Stille der Nacht, bei dem Fehlen aller Ablenkung durch 
die Reize des geschäftigen Tageslebens die Phantasie 
Gelegenheit und Muße hat, einzig und allein der Ver¬ 
arbeitung derartiger Sensationen sich hinzugeben. In 
allen diesen Fällen gibt es für den Patienten nichts 
Nützlicheres, als auf Grund einer sorgfältigen körper¬ 
lichen Untersuchung, deren Genauigkeit und Gewissen¬ 
haftigkeit aber auch dem Kranken zum Bewußtsein ge¬ 
bracht werden muß, in eingehendem Gespräche ihn über 
die Grundlosigkeit seiner Angstvorstellungen aufzu¬ 
klären. Oft genug hegen die Wurzeln auch der In¬ 
somnie-Neurose rein im Psychischen; und es kann auch 
dieses Leiden, ebenso wie die Hysterie auf einem aus 
dem Oberbewußtsein verdrängten Erlebnisse beruhen, 
daß einst die Psyche stark alteriert hat und jetzt noch 
gleichsam als unlustbetontes Fremdkörpergebilde von 
der Psyche empfunden wird; oder es handelt sich um 
dauernd einwirkende Schädlichkeiten psychischer Art 
— um „Nadelstiche des Lebens“, wie sie sich aus einem 
unangenehmen Dienstverhältnis, . aus einer wenig 
glücklichen Ehe etc. ergeben, deren Vorhandensein von 
dem Patienten selbst aber keine Bedeutung beige¬ 
messen wird, oder die er auch geflissentlich übersehen, 
aus dem Oberbewußtsein verdrängen will. Wenn es 
hier in der Tat oft einer mühe- und zeitraubenden psy¬ 
chischen Analyse bedarf, um den eigentlichen Sach¬ 
verhalt aufzuklären, w-enn hier oft gewisse Methoden 
nötig sind, über deren Handhabung nicht jeder Prak¬ 
tiker verfügt (Associationsexperiment nach Jung, 
Psychanalyse — insbesondere des Traumes — nach 
Freud), so ist aber doch im Auge zu behalten, daß die 
Zahl derjenigen neurotischen Erkrankungsformen, die 
einer verhältnismäßig recht einfachen Psychanalyse zu¬ 
gänglich sind, wahrscheinlich die viel größere ist. Und 
dann: wenn auch zugegeben werden muß, daß mit Hilfe 
der Traumdeutung vieles sonst tief im Schoß der Seele 
Verschlossenes ans Tageslicht gefördert wird, so ist 
doch anderseits zu bedenken, daß eine Deutungs- 
möglichkeit noch nicht mit einer Deutungs- 
Sicherheit identisch ist. 

Ein Gebiet, das bei der Insomniebehandlung eine 
ganz besondere Beachtung verdient, ist die Sexual¬ 
sphäre; viele Patienten scheuen sich, auch vor dem 
Arzte, über sexuelle Dinge sich offen auszusprechen.. 0 
Gewmhnt man sich, bei Konsultationen wegen Insomnie, 
wenn nicht eine anderweitige causa morbi ohne 
weiteres sich ergibt, grundsätzlich das Gespräch auf 
dieses Gebiet zu bringen, so erlebt man es ungeheuer 
häufig, hier die Wurzel des Uebels zu finden. Oft ist 
die Insomnie durch den Coitus interruptus oder reser- 
vatus veranlaßt, wenn jedesmal nach dem in dieser 
Form vollzogenen Beischlaf der ängstliche Zweifel auf- 
tritt, ob der Coitus reservatus auch reserviert genug 
ausgeführt worden sei, ob nicht doch etwas Samen in 
die Vagina gelangt sei; das Präservativ ist hier das ge¬ 
gebene Heilmittel, ln nicht seltenen Fällen tritt auch 
nach normal vollzogenem Beischlaf ein lang dauernder, 
den Schlaf verscheuchender Aufregungszustand auf; 
die Verlegung der Cohabitation auf die Zeit vor dem 
Aufstehen erweist sich in diesen Fällen oft deshalb nicht 
als zweckmäßig, weil gleichzeitig mit dem Aufregungs¬ 
zustand ein Müdigkeitsgefühl besteht, so daß solche Pa¬ 
tienten sich dann nur mit großem Widerstreben von 
ihrem Lager erheben und mit starkem Unlustgefühl und 
geringer Arbeitsfähigkeit an ihre Tagesgeschäfte heran- 
gehen. Es ist in diesen Fällen oft nützlicher, vor dem 
Schlafengehen ein Sedativum oder ein leichtes Hypriq- 
tikum zu geben und den Coitus lieber bald nach dem 
Zubettgehen ausführen zu lassen; die hier, wie in zahl- 



342 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 22 


reichen anderen, auf rein affektiver Grundlage be¬ 
ruhenden Fällen von nervöser Insomnie, in Betracht 
kommenden Medikamente sind die verschiedenen Seda¬ 
tiva, am besten wohl brausendes Brom salz, 
nach dem Abendessen und vor dem Schlafengehen je 
ein halb Maßgläschen — also zusammen 3 Gramm oder 
Bromkampfer — besonders bei sexuell-psych- 
asthenischer Aetiologie — etwa 0,5 pro Tag, in drei 
Dosen, zusammen mit Extr. Valerian. in Pillen, ferner 
Neuronal und B r o m u r a 1, die schon eine Mittel¬ 
stellung zwischen den Sedativis und Hypnoticis ein¬ 
nehmen. Das Neuronal (Bromdiaethylacetamyd) 
leistet in Fällen von leichter Schlaflosigkeit auf nervöser 
Basis in Dosen von 0,5 bis 1,0 zweifellos recht gute 
Dienste; da es in Lösung einen etwas unangenehmen 
Geschmack hat, gibt man es am besten in Form von 
Tabletten. — 10 Tabletten ä 0,5 = 1,50 M. (Kalle & Co.) 
— Ebenso liegen über das Bromural (Monobrom- 
isovalerianyl-Harnstoff) bereits eine so große Anzahl 
lobender Veröffentlichungen vor, daß auch dieses Mittel 
sowohl seiner Gefahrlosigkeit, wie seiner sedativen und 
hypnotischen Wirksamkeit wegen dem Praktiker durch¬ 
aus empfohlen werden kann. Das Bromural scheint sich 
insbesondere auch für die Kinderpraxis gut zu eignen. 
Man verschreibt es am besten in Form von Tabletten, 
die in Wasser leicht zerfallen. (20 Tabletten ä 0,3 = 
2 M., Knoll & Co.). Für Erwachsene empfiehlt sich als 
Einzeldosis 0,6, für kleinere Kinder 0,1 für größere 
bis 0,3 gr. 

In den zahlreichen Fällen von nervöser Insomnie, 
wo es aus irgend welchen Gründen weder der psychi¬ 
schen Beeinflussung, noch der hygienisch-diätetischen 
oder physikalischen Behandlung (Aufenthalt in freier 
Luft, feuchte Rumpfwickel, Fußbäder, Galvanisation des 
Kopfes etc. gelingt, eine wesentliche Besserung herbei¬ 
zuführen, sollte vielmehr als bisher von den arzneilichen 
Schlafmitteln, und zwar nicht nur von Sedativis, sondern 
auch von den eigentlichen Hypnoticis Gebrauch ge¬ 
macht werden. Bei vorsichtiger Dosierung und zweck¬ 
mäßiger Abwechslung in der Anwendung der ver¬ 
schiedenen Präparate kann ein großer Schaden nicht 
angerichtet werden. Der Nutzen aber ist oft ein 
enormer, im Hinblick darauf, daß es fast lediglich durch 
Beseitigung der Schlafstörung in zahlreichen Fällen ge¬ 
lingt, den verlorenen Lebensmut, die geschwundene 
<J^Arbeitslust und Arbeitskraft wieder herzustellen. 

Abgesehen von dem W e c h s e 1 in der Anwendung 
verschiedener Medikamente sind es insbesondere fol¬ 
gende Gesichtspunkte, die bei der Verordnung der 
Hynotica zu beachten sind: Von - den eigentlichen 
Schlafmitteln soll nur dann Gebrauch gemacht werden, 
wenn der Lage der Sache nach von Sedativis (Brom, 
Valeriana etc.) kein Erfolg zu erwarten ist, oder wenn 
diese sich bereits als nutzlos erwiesen haben. In sehr 
zahlreichen Fällen gelingt es, unter gleichzeiti¬ 
ger Anwendung von Hypnoticis und Sedativis sowie 
durch Kombination verschiedener Hypnotica — 
z. B. ßromnatrium 2,0 + Veronal 0,2 oder Paraldehyd 
1,0 + Trional 0,5 — mit sehr kleinen Dosen von Schlaf¬ 
mitteln vollen Schlaferfolg zu erzielen. Neben der An¬ 
wendung möglichst kleiner Dosen, wie sie bei wechsel¬ 
weisem Gebrauch und bei Kombination der Mittel mög¬ 
lich wird, verfügen wir sodann namentlich noch über 
eine Maßnahme, um unangenehmen Neben- und Nach¬ 
wirkungen vorzubeugen, d. i. die gleichzeitige Verab¬ 
reichung von Laxantien. Die meisten Schlafmittel haben 
an sich die Wirkung, Obstipation zu erzeugen; die Ner¬ 
vosität — die verbreitetste Ursache der Insomnie — 
disponiert ihrerseits bekanntlich auch sehr zur Obsti¬ 
pation: Gründe genug, daß es bei dem Gebrauch von 
Hypnoticis so oft zu Stuhlverstopfung kommt; so kann 


sich, besonders bei Verwendung der schwerlösli¬ 
chen Hypnotica, lediglich durch Retention der In¬ 
testina, eine Art Kumulation einstellen, mit ihren un¬ 
erwünschten und unberechenbaren Nebenwirkungen, 
wenn nicht für genügende Entleerung gesorgt wird. 

Was den Mechanismus der Wirkung der Hypnotica 
anbelangt, so beginnt dieser unserem Verständnis immer 
näher zu rücken. Es sind namentlich die experimen¬ 
tellen Untersuchungen von Overton und Hans Meyer 
über die Wirkung der verschiedenen Hypnotica auf 
niedere Pflanzen- und Tierarten (Kaulquappen etc.) ge¬ 
wesen, die die „physikalisch-chemische Theorie der 
Narkose“ weit gefördert haben. Folgende Sätze können 
wir jetzt als wissenschaftlich gesichert ansehen: 1. Die¬ 
jenigen chemischen Körper, welche die größte Ver- 
besten in den diese Substanz im wesentlichen zu¬ 
sammensetzenden Gehirnlipoiden lösen, sind 
die hypnotisch wirksamsten. Je größer also die Fett¬ 
löslichkeit ist, um so höher die hypnotische Wir¬ 
kung. 2. Neben der Fettlöslichkeit spielt die Wasser¬ 
löslichkeit der betreffenden chemischen Körper nur in¬ 
sofern eine Rolle, als ohne die Wasserlöslichkeit eine 
Verbreitung dieser Körper im Organismus nicht möglich 
wäre. Je größer aber die Fettlöslichkeit im Verhältnis 
zur Wasserlöslichkeit, umso stärker ist die hypnotische 
Wirkung. 3. Bezgl. des Verhältnisses zwischen der 
chemischen Konstitution der hier in Betracht kommen¬ 
den Mittel und ihrer schlafmachenden Wirkung kann 
soviel als feststehend betrachtet werden (Baumann, 
Käst), daß eine möglichst reichliche Angliederung von 
Alkyl- und besonders Aethylgruppen in der Mehrzahl 
der hier in Betracht kommenden chemischen Grund¬ 
körper die hypnotische Wirkung verstärkt. Dies gilt 
z. B. für die Gruppe der Disulfone (Sulfonal. Trional), 
für die Urethan-Gruppe (Aethylurethan, Hedonal), für 
die Harnstoffderivate (Veronal, Proponal). 

Nach neueren Untersuchungen, die Mannich und Rosen¬ 
mund unter Verwendung von Diäthyldiketopiparazin vorgenommen 
haben, scheint jedenfalls dem Faktor der Lipoidlöslichkeit eine 
größere Bedeutung beizumessen zu sein, als dem Vorhandensein 
von Aethyl-Gruppen. — Neuerdings ist übrigens von Frankel 
(Wien) nachgewiesen worden, daß es eine Reihe von chemischen 
Körpern gibt, die sowohl Aethyl-Gruppen wie Fettlöslichkeit be¬ 
sitzen und dennoch narkotisch nicht wirksam sind, so daß also 
noch eine dritte, bisher unbekannte Eigenschaft für das Zu¬ 
standekommen hypnotischer Wirkung notwendig erscheint. 

Es ist nun in letzter Zeit mehrfach darauf hinge¬ 
wiesen worden, daß bei der Indikationsstellung zur An¬ 
wendung der verschiedenen Schlafmittel einerseits die 
chemische Konstitution des Hypnotikums, andererseits 
die Art der Schlafstörung zu beachten sei. So ist ver¬ 
langt worden '), daß bei erregten Geisteskranken oder 
überhaupt bei motorisch unruhigen Kranken vorzugs¬ 
weise die leichtlöslichen und leicht resorbierbaren Hyp¬ 
notica aus der Alkohol- und Chloroform-Gruppe be¬ 
nützt werden sollen (Dormiol, lsopral, Paraldehyd. 
Amylenhydrat etc.), da ihre Wirkung — auf dem Wege 
der Betäubung — sehr rasch einträte, ohne daß dem Ein¬ 
schlafen eine Zeit des Müdigkeitsgefühls voraufgehe. Da 
diese Körper jedoch eine lähmende Wirkung auf den 
Gefäßapparat ausüben und bei ihrer Verwendung sich 
bald die Notwendigkeit, die Dosis zu steigern, heraus¬ 
stelle, so sollten sie sich nicht zur Bekämpfung der rein 
nervösen Schlaflosigkeit bezw. dazu eignen, „einen ver¬ 
mindert Schlaffähigeil wieder spontan schlaffähig zu 
machen“. Dieser Indikation sollten besser die schwer¬ 
löslichen Körper, also die Disulfone (Trional) und Harn¬ 
stoffalkyle (Veronal, Proponal) genügen. 

Wir glauben nicht, daß es zweckmäßig wäre, diesen 
Anschauungen in der Praxis zu folgen. Das rasch Vor- 


*) Homburg er, Med. Klinik 1907, S. 1338. 



Nr. 22 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


343 


übergehende der Wirkung der Körper der Alkohol- 
Gruppe und ihre rasche Ausscheidung aus dem Orga¬ 
nismus ist ein sehr großer Vorteil; infolge des Fehlens 
der Kumulation ist hier eine verhältnismäßig genaue 
Dosierung möglich, und die Toxizität it eine geringe. 
Sind doch z. B. von Paraldehyd 100 gr. auf einmal ge¬ 
nommen worden, ohne daß die Sache übel ablief,*) 
während in einem anderen Falle ein Jahr lang täglich 
35 gr. dieses Mittels geschluckt werden konnten —mit 
dem Effekt, nur, daß der betreffende Patient sich in 
einem permanenten Rauschzustand befand.**) Für die 
zahlreichen Fälle von Insomnie bei Alkoholneurasthenie, 
aber auch für sehr viele andere Fälle von nervöser 
Schlaflosigkeit erschienen uns gerade die dieser Gruppe 
angehörenden Hypnotica, insbesondere Paraldehyd, 
Atnylenhydrat, Isopral, Dormiol als die geeignetsten 
Mittel. — Anderseits ist die schwere Löslichkeit, die 
langsamere Resorbierbarkeit und die verzögerte Aus¬ 
scheidung eines Körpers, wie z. B. die des Veronals, an 
sich gewiß nur ein Nachteil. Wir werden auf die Ver¬ 
wendung dieses sicher wirkenden und bequem darzu¬ 
reichenden Mittels gerade auch bei der Behandlung 
leichterer Formen der nervösen Insomnie nicht ver¬ 
zichten wollen, werden aber den Umstand, daß es wegen 
seiner oben bezeichneten Eigenschaften oft Schläfrigkeit 
und Eingenommenheit des Kopfes am Tage nach der 
mit seiner Hilfe gut durchschlafenen Nacht hervor¬ 
bringt, als sehr lästig empfinden. — Bei der Indikations¬ 
stellung für die Wahl eines bestimmten Hypnotikums 
haben wir hingegen meist die Rücksichtnahme auf die 
Beobachtungstatsache nützlich gefunden, daß die 
Schlafstörung der Nervösen im wesentlichen in zwei 
verschiedenen Formen auftritt: entweder klagen die 
Patienten darüber, daß sie nur sehr schwer resp. spät 
einschlafen können; erst nach stundenlangem Munter¬ 
sein, nach vielem Hin- und Herwälzen, nach Schwei߬ 
ausbruch etc. kommt endlich der ersehnte Schlaf; dann 
aber können die Patienten, bis sie geweckt werden, 
stundenlang gut und fest schlafen. Eine zweite Kate¬ 
gorie von Kranken gibt hingegen an, daß sie zwar ziem¬ 
lich bald, nachdem sie zu Bett gegangen, einschlafen 
können, daß sie aber bald wieder aufwachen, daß sich 
das Spiel : bald einschlafen, bald aufwachen in einer 
Nacht ungezählte Male wiederhole, sodaß es zu einem 
richtigen erquickenden Schlafe bei ihnen nicht komme. 
Nun verfügen wir einerseits über eine Reihe von Schlaf¬ 
mitteln, die zwar rasch wirken, deren Gebrauch aber 
einen langandauernden tiefen Schlaf mit Sicherheit nicht 
verbürgt; eben die schon genannten Mittel der Chloral- 
hydrat- und Alkoholgruppe: insbesondere Dormiol, 
Isopral, Paraldehyd, Amylenhydrat. Von diesen Mitteln 
werden wir also naturgemäß und zweckmäßiger Weise 
dann Gebrauch machen, wenn wir es mit der zuerst 
charakterisierten Art nervöser Insomnie, also mit er¬ 
schwertem bezw. verzögertem Einschlafen zu tun 
haben; andere Hypnotica wieder, wie Sulfonal und 
Trional, Veronal und Proponal erzielen keineswegs 
einen raschen Eintritt der Schlafwirkung; es dauert bei 
ihnen meistens ein bis zwei Stunden, oft noch länger, 
bis der Schlaf sich einstellt. Ist der Patient erst einmal 
eingeschlafen, so ist auch mit einiger Sicherheit auf 
einen tiefen ruhigen, mehrstündigen Schlaf zu rech¬ 
nen; diese Mittel eignen sich demnach vorzüglich für 
die an zweiter Stelle gekennzeichnete Art der Schlaf¬ 
störung. — Selbstverständlich können sich diese beiden 
Insomnie-Formen auch mit einander kombinieren, und 
aus ihrer Kombination werden sich im allgemeinen die 
schweren Fälle ergeben. Es ist auch möglich noch 
zahlreiche andere klinische Formen der Insomnie auf¬ 


•) Mackenzie, Brit. med. journ. 1891, S. 1255. 

**) Krafft-Ebing, Zeitschr. 1. Therap. 1887, Nr. 7. 


zustellen, so hat z. B. Lechner *) deren 16 statuiert; 
8 Formen der Vorschlafstörung und 8 Formen der Nach¬ 
schlafstörung; für die Bedürfnisse der Praxis ist es 
jedenfalls einerseits ausreichend, aber anderseits auch 
notwendig, die beiden oben geschilderten Insomnie¬ 
formen auseinander zu halten — eben namentlich im 
Hinblick auf die verschiedenen Mittel, die zu ihrer Be¬ 
kämpfung geeignet sind. Auch eine zweckmäßige Ab¬ 
wechselung im Gebrauch der einzelnen Mittel wird erst 
ermöglicht, wenn die beiden Insomnieformen nach Mög¬ 
lichkeit auseinander gehalten werden. Einem Patienten, 
dessen Schlafstörung lediglich im erschwerten Ein¬ 
schlafen besteht, und bei dem sich z. B. Amylenhydrat 
nützlich erwiesen hat, wird man, um mit dem Mittel zu 
wechseln, nicht Trional mit seiner stark verzögerten 
Schlafwirkung, sondern etwa Dormiol, Isopral, vielleicht 
auch Hedonal verordnen. Wo hingegen der Schlaf ein zu 
oberflächlicher, durch häufiges Aufwachen unter¬ 
brochener ist, wo also Trional oder Veronal indiziert er¬ 
scheinen, wird man vorteilhafter eben diese Mittel in 
wechselweise Anwendung bringen, zumal die etwaigen 
schädlichen Nebenwirkungen dieser Körper sich auf 
verschiedeneOrgane beziehen. Beginnen z. B. 
nach längerem Trionalgebrauch die Nieren zu leiden 
(Albuminurie, Haematoporphyrinurie), so werden sie 
sich unter Fortlassung dieses Medikamentes bei nun er¬ 
folgender Darreichung von Veronal sehr bald zu erholen 
anfangen, da Veronal, das zwar gelegentlich Störungen 
an der Haut, am Nervensystem, am Intestinaltrakt her¬ 
vorruft, doch die Nieren unbehelligt läßt. 

Die folgende Zusammenstellung möge dazu dienen, 
einen rasch orientierenden Ueberblick über die wich¬ 
tigsten Hypnotica zu ermöglichen. 

Das Chlorhydrat, dessen unangenehme Nebenwir¬ 
kungen insbesondere in bezug auf den Zirkulations¬ 
apparat ja bekannt sind, aber vielleicht doch mehr als 
nötig scheint, gefürchtet werden, ist neuerdings durch 
eine Anzahl ihm nahe verwandter Körper immer 
mehr verdrängt worden. Zunächst sei hier das Dor¬ 
miol genannt, eine Verbindung von 1 Molek. Chloral- 
hydrat + 1 Mol. Amylenhydrat; es findet sich als 
5U pCt. Lösung und als Kapseln ä 0,5 im Handel; wegen 
des schlechten Geschmacks dürfte zumeist die Verord¬ 
nung von Kapseln vorgezogen werden. Dormiol wird 
in Dosen von 0,5 bis 2,0 angewendet und erzeugt oft 
schon in Dosen von 0,5 einen ruhigen, festen Schlaf. 
Ueber 2,0 hinaus zu gehen, ist zwecklos. Eigentliche 
ernste Vergiftungserscheinungen sind bisher kaum be¬ 
obachtet worden, selbst nicht nach Dosen von 6 gr., 
wenn auch Somnolenz am folgenden Tage, Kopf¬ 
schmerz, Schwindelgefühl und ähnliche nervöse Be¬ 
schwerden nach Dormiolgebrauch nicht völlig zu fehlen 
scheinen. Dormiol ist billig: eine Schachtel (25 Stück) 
Dormiolkapsel ä 0,5 = 2 M. (Kalle & Co.). 

Wohl nicht ganz so sicher wirkend wie das Dormiol, 
aber immerhin als ebenfalls brauchbares Hypnoticum zu 
betrachten ist das H y p n a 1, ein Produkt von 1 Mol. 
Chloralhydrat + 1 Mol. Antipyrin (1 gr. Hypnal = 
0,45 Chloralhydrat + 0,55 Antipyrin). Man gibt das 
Mittel, das sich in Wasser leicht löst, am besten in Do'ken 
von 1 bis 2 gr. mit warmer Flüssigkeit zusammen und 
läßt des etwas an Chloralhydrat anklingenden Nach¬ 
geschmacks wegen ein wenig Wasser nachtrinken. 
Außer gelegentlichem Erbrechen scheinen bei sonst ge¬ 
sunden Personen unangenehme Nebenwirkungen kaum 
aufzutreten. Dosis: 1 bis 2 gr.; 1 gr. = 30 Pfg. 

Durch Hinzufügung des Trimethlxanthins (Koffeins) 
und des Carbaminsäurementhylesters (= Urethan) zum 
Hypnal wird neuerdings ein unter dem Namen E g 1 a - 
t o 1 in den Handel gebrachtes Hypnoticum produziert, 

*)Techner, die klin. Formen der Schlaflosigkeit, Leipzig und 
Wien 1909. 



344 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 22 


dessen Vorzug namentlich darin bestehen soll, daß ein¬ 
mal durch die herzstimulierende Kraft des Koffeins die 
toxische Wirkung des Chlorals auf ein Minimum herab¬ 
gesetzt *), andererseits durch das Hinzutreten des Car- 
baminsäurementhylesters (Urethan) die hypnotische 
und sedative Wirksamkeit erhöht wird. Im Tierexperi¬ 
ment ergab sich, daß (beim Kaninchen) von Eglatol, 
subkutan injiziert, die tötliche Dosis erst bei 0,461, von 
Hypnal schon bei 0,147 lag. Das Mittel soll nicht auf 
leeren Magen genommen werden. Als Nervinum-Se- 
dativum gibt man davon 0,5 zwei- bis viermal täglich, 
und zwar in Kapseln ä 0,5. Eine Originalschachtel ent¬ 
haltend 20 Kapseln ä 0,5 = 2 M. (chemisch. Institut. 
Dr .Horowitz-Berlin). 

Ein anderer dem Chloralhydrat nahe stehender 
Körper, das I.sopral (Trichlorisopropyl-Alkohol) von 
Impens **) 1903 entdeckt und pharmakologisch stu¬ 
diert, ist viel weniger giftig als das Chloral, jedoch im 
Durchschnitt fast zweimal so wirksam wie dieses; ob¬ 
wohl es auch für das Herz und das Zirkulationssystem 
entschieden eine geringere Giftwirkung als das Chloral¬ 
hydrat besitzt und man es ohne Bedenken auch Herz¬ 
kranken geben kann, so wird selbstverständlich auch 
bei diesem Mittel, ebenso wie überhaupt bei allen Schlaf¬ 
mitteln, eine gewisse Vorsicht angebracht sein, wenn 
diese Medikamente Herzkranken verordnet werden. 
(Wiederholte Untersuchung des Herzens und des Urins.) 
Die Hauptvorzüge des Mittels entspringen seiner ver¬ 
hältnismäßig großen Flüchtigkeit und seiner raschen 
Resorbierbarkeit: es wirkt rasch — der Schlaf 
tritt schon nach 10 Minuten ein — und mit dem Aufhören 
des Schlafes ist die Wirkung des Mittels erloschen, d. h. 
Nachwirkungen, wie Schwindelgefühl, Kopfschmerz, 
Eingenommenheit kommen kaum zur Beobachtung. Bei 
einfacher nervöser Schlaflosigkeit genügt meist 0,5 gr. 
zur Erzielung eines, wenn auch nicht tiefen, so docli 
ruhigen und erquickenden, genügend langen Schlafes; 
unbedenklich kann die Dosis in den meisten Fällen auch 
auf 1,0 gesteigert werden. Will man gelegentlich be¬ 
obachtete, unerwünschte Nebenerscheinungen von 
seiten des Magens vermeiden, wie Aufstoßen, Brennen, 
Magendrücken, so verordnet man das Mittel am besten 
in Lösung — seine Wasserlöslichkeit ist eine be¬ 
schränkte, — etwa 3,0 Isopral ad 150,0 Aqu. menth. und 
läßt von der Lösung abends zwei Eßlöffel nehmen, ver¬ 
dünnt in Wasser oder Bier. Auf nüchternen Magen soll 
das Mittel nicht genommen werden. Ganz zweckmäßig 
ist die Dragee-Form, in der das Medikament im Handel 
ist. Die Dragees (ä 0,25 und 0,5) sind mit Zucker über¬ 
zogen, der den Geschmack verdeckt und die Verflüchti¬ 
gung verhindert; sie werden nicht zerkaut, sondern mit 
einem Schluck Wasser hinuntergespült. Ein Gramm 
Isopral = 40 Pfg., 10 Dragees ä 0,5 = 1,50 M. (Bayer 
& Co.). 

Das Chloralformamid (auch Chloralamid 
genannt), eine molekulare Verbindung des Chlorals mit 
Formamid (Methanamid), dessen hypnotische Wirkung 
vielleicht eine etwas schwächere als die des Chlorals ist, 
besitzt dafür ebenfalls eine geringere Giftigkeit als 
dieses. Immerhin ist auch bei Verwendung des Chloral- 
formamids, insbesondere bei Herzleiden, eine gewisse 
Vorsicht angebracht. Der Geschmack ist kein inten¬ 
siver. Da es sich bei 60 0 in seine Komponenten zu zer¬ 
setzen anfängt, so soll das Mittel nicht in heißer Lösung 
gegeben werden. Man verabreiche am besten ca. eine 
Stunde vor dem Zubettgehen 1 bis 3 gr. des Medika¬ 
ments, entweder als Pulver trocken, oder besser in 
Wasser oder Bier gelöst. 1 gr. == 10 Pfg., 10 gr. = 
70 Pfg. 

*» Therap. Monatshefte 1903, H. 9 u. 10. 

**) Therap. Monatshefte 1903, H. 9 u. 10. 


Schließlich seien von Chloralderivaten hier noch 
die Chloralose (Verbindung des Chlorals mit 
Traubenzucker = Anhydroglykochloral), ein Mittel, das 
trotz sehr vieler warmer Empfehlungen besonders von 
seiten französischer und italienischer Autoren in 
Deutschland nicht recht Fuß zu fassen vermochte (man 
gibt es in Dosen von 0,1 =0,3 gr. des Pulvers in Kap¬ 
seln), sowie das V i f e r r a 1 erwähnt. Das Viferral, 
ein aus Chloral und Pyridin von Dr. S. Gärtner, Halle, 
dargestelltes Poiychloral, soll nach dem übereinstim¬ 
menden Urteil der Autoren meist den Eindruck eines 
ruhigen, erquickenden Schlafes bewirken, dabei kaum 
irgend welche unerwünschte Nebenwirkungen ent¬ 
falten. Von schwachsaurer Flüssigkeit wird es nicht 
zersetzt, also auch vom Magensaft nicht in Chloral¬ 
hydrat übergeführt. Da der Geschmack kein ange¬ 
nehmer, soll es entweder in Oblaten oder in Form von 
Tabletten gereicht werden. Die Literatur über das 
Mittel ist noch einigermaßen spärlich und so sei es einst¬ 
weilen, zumal es auch von uns selbst noch nicht er¬ 
probt wurde, noch nicht ohne jeden Vorbehalt emp¬ 
fohlen. Die mittlere wirksame Dosis beträgt 1 gr. 
Es befindet sich in Form von Tabletten ä 0,5 (10 Tabl. 
= 1 M., Rieche & Co.) im Handel. 

ln der chemischen Konstitution vom Chloralhydrat 
sich weiter entfernend, in der klinischen Wirkung ihm 
aber recht nahe stehende Mittel sind das Amylen- 
hydrat und der Paraldehyd : zwei Körper, von 
denen der erstgenannte ein echter Alkohol ist, der 
zweitgenannte der Alkoholreihe ebenfalls entstammt. 
— Die Aldehyde entstehen bekanntlich aus den pri¬ 
mären Alkoholen durch Oxydation unter Austritt von 
2 Atomen Wasserstoff. Sowohl Anylenhydrat wie 
Paraldehyd werden schnell resorbiert, wirken also 
rasch und sind daher besonders dort indiziert, wo es 
sich um die Bekämpfung des erschwerten Einschlafens 
handelt. Beide Mittel sind recht ungefährlich. Das 
Amylenhydrat, der tertiäre Amylalkohol, ist 
leichter als Wasser; die Lösung, in der er verabreicht 
wird, muß also vor dem Gebrauch gut umgeschüttelt 
werden, da sonst leicht unkontrollierbare Mengen ver¬ 
abfolgt werden könnten. Am besten gibt man das 
Mittel, um den lästigen Geschmack zu verdecken, in 
Bier. Als wirksame Dosis darf die Menge von 3 gr. 
gelten. 1 gr. Amylenhydrat = 10 Pfg. 

DerP araldehyd, wohl noch ungefährlicher und 
etwas milder wirkend als das Amylenhydrat, würde ein 
geradezu ideales Schlafmittel genannt werden können, 
wenn dem nicht außer dem unangenehmen Geschmack 
noch der unangenehme Geruch der Ausatmungsluft 
entgegen stünde. Trotzdem wird von diesem Mittel, 
wenn auch nicht gerade in der eleganten Damenpraxis, 
seiner fast völligen Gefahrlosigkeit wegen mit Recht 
ein weitgehender Gebrauch gemacht. Bei bestehenden 
Katarrhen der Respirationswege ist wegen seiner 
Reizwirkung auf die Schleimhäute eine gewisse Vor¬ 
sicht nötig (reichliche Verdünnung!). Die Verab¬ 
reichung erfolgt zweckmäßiger Weise in Wein, Bier 
oder Pfefferminzwasser, Pomeranzensirup etc. Die 
wirksame Dosis; 3 bis 4 gr. Preis 1 gr. = 5 Pfg.; 
10 gr. = 15 Pfg. 

Fast ebenso ungefährlich in therapeutischen Gaben 
wie die beiden zuletzt besprochenen Mittel, wenn auch 
von nicht ganz so sicherer Wirkung als diese, ist das 
H e d o n a 1, ein Abkömmling des Urethan. Das Urethan 
(Carbaminsäureester), dessen schon oben als eines Be¬ 
standteils des Eglatols Erwähnung getan wurde, ist 
wohl von zu geringer Wirksamkeit, als daß sein Ge¬ 
brauch eine weitere Verbreitung erlangen könnte. Das 
Iledonal (Methylpropylcarbinol-Urethan) dagegen kann 
als ein durchaus brauchbares Schlafmittel gelten. In 




Nr. 22 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


345 


I 

I 


Dosen von 1,5 bis 2 gr. genommen, bewirkt es, wenn 
auch freilich nicht mit absoluter Konstanz, meistens in 
ca. einer halben Stunde den Eintritt eines mehrstündigen 
ruhigen Schlafes. Unerwünschte Neben- und Nach¬ 
wirkungen ernsterer Natur sind kaum zu befürchten. 
Man reicht das Mittel am besten als Pulver — des un¬ 
angenehmen Geschmacks wegen evtl, in Oblaten — dar 
und läßt etwas Wasser oder noch besser Pfefferminz¬ 
wasser nachtrinken. 1 gr. = 25 Pfg., 10 gr. = 2 M.; 
10 Tabl. ä 0,5 — 1,20 M. (Bayer & Co.). 

Außer dem Hedonal existieren noch eine Anzahl an¬ 
derer Körper der Urethanreihe von hypnotischer Wir¬ 
kung: das Uralum (Urethan + Chloral) und das Somnal 
(Urethan + Chloral + Alkohol). Da jedoch diese Kör¬ 
per, ebenso wie einige andere hypnotisch wirksame 
Substanzen: Methylal, Hypnon, Buthylchloralhydrat zur 
Zeit noch nicht als wirkliche und dauernde Bereiche¬ 
rungen unseres Arzneischatzes angesprochen werden 
können, so wollen wir auf dieselben nicht näher ein- 
gehen, uns vielmehr zum Schluß zwei Gruppen von 
Hypnoticis zuwenden, die in der Tat in eminentem Sinne 
eine solche Bereicherung darstellen: den Bisul - 
f o n e n und den Harnstoffderivaten. Den 
Körpern beider Gruppen ist die Eigenschaft gemeinsam, 
daß sie schwer lösbar sind und nur langsam resorbiert 
werden; die W'irkung tritt daher nur langsam ein, oft 
erst mehrere Stunden nach Einnahme des Mittels; der 
Schlaf ist aber fest und meist von ziemlich langer Dauer. 
Auf der schweren Resorbierbarkeit beruhen zum großen 
Teil auch die Gefahren, die mit dem Gebrauch dieser 
Mittel verbunden sind. 

Beim S u 1 f o n a 1 (Diaethylsulfondimethylmethan) 
insbesondere sind so zahlreiche Intoxikationserschei¬ 
nungen; lähmungsartige und Aufregungszustände, Haut¬ 
ausschläge, Stoffwechselerkrankungen, wie Hämato- 
porphyrinurie etc., zum Teil mit tätlichem Ausgang, be¬ 
obachtet worden, daß dieses Mittel doch nur mit großer 
Vorsicht verwendet werden sollte; die Vorsichtsma߬ 
regeln haben vor allem darauf abzuzielen, daß Kumula¬ 
tion vermieden werde, sie werden also namentlich in' 
der Verabreichung von Laxantien und darin bestehen, 
daß das Mittel immer in reichlicher warmer Flüssigkeit 
gelöst und nur kurze Zeit hindurch gegeben wird; bei 
Sulfunalgebrauch sollte auch die wiederholte Unter¬ 
suchung des Urins nie vergessen werden. Bei Frauen 
geht man am besten , nicht über eine Dosis von 1 gr. 
hinaus, Männern können 1 bis 2 gr. des Mittels gegeben 
werden. Preis: 1 gr. = 10 Pfg.; 10 gr. = 85 Pfg. 

Das T r i o n a 1 oder Methylsulfonal (Diäthylsulfon- 
rnethylmethan), das eine Aethylgruppe mehr als das 
Sulfonal enthält, ist dementsprechend auch von größe¬ 
rer hypnotischer Wirksamkeit als das Sulfonal. Die 
Giftwirkung des Trionals ist aber, obwohl üble Neben¬ 
erscheinungen und Nachwirkungen auch hier nicht 
gänzlich fehlen — auch nach Trionalgebrauch ist 
Haematoporphyrinurie etc. beobachtet worden — doch 
eine sehr viel geringere als die des Trionals. Das 
Trional. hat, ebenso wie alle anderen schwer löslichen 
und nur langsam resorbierbaren Hypnotica den Nach¬ 
teil, daß die Wirkung oft erst sehr verspätet, mitunter 
erst nach vielen Stunden, eintritt und daß auch am fol¬ 
genden Tage oft noch etwas Schlafsucht besteht. Im 
übrigen kann es, da es doch mit großer relativer Sicher¬ 
heit einen mehrstündigen festen Schlaf erzielt, als ein 
gutes und durchaus brauchbares Schlafmittel angesehen 
werden. Natürlich ist auch bei diesem Mittel eine ge¬ 
wisse Vorsicht nötig; es sind in dieser Beziehung unge¬ 
fähr dieselben Gesichtspunkte maßgebend wie beim 
Sulfunalgebrauch. Man gibt das Trional — in Dosen 
von ca. 1 gr. — am besten zusammen mit recht viel 
heißer Flüssigkeit (Baldriantee etc.). Preis 1 gr. = 
15 Pfg.; 10 gr. = 1,20 M. 


(/ERSITY OF MICHIGAN 


Das T e t r o n a 1 (Diaethylsulfondiaethylmethan) 
scheint im wesentlichen dieselbe hypnotische wie toxi¬ 
sche Wirkung zu haben wie das Trional; seiner wei¬ 
teren Verbreitung steht vielleicht nur sein hoher Preis 
entgegen: 1 gr. = 65 oder 70 Pfg. 

Von den hypnotisch wirksamen Harnsäurederivaten 
ist an erster Stelle das Veronal zu nennen (die 
Diaethylbarbitursäure oder der Diaethylmalonylharn- 
stoff). Es wurde von der medizinischen Welt mit einem 
ungeheuren Enthusiasmus begrüßt; sollte dieses Aller¬ 
weltsmittels, das nicht nur alsHypnoticum, sondern eben¬ 
so als Antiemeticum (bei Hyperaemesis gravidarum), 
als Antihydroticum, als Antiepilepticum, als Sedativum, 
als Mittel gegen Keuchhusten, Seekrankheit usw. die 
vorzüglichsten Dinge leisten sollte, in therapeutischen 
Gaben doch gänzlich ungefährlich sein. Nachdem nun 
ca. 7 Jahre seit der Einführung des Mittels verflossen 
und eine Unmenge von Publikationen über dasselbe er¬ 
schienen sind, kann jetzt wohl soviel als feststehend 
gelten, daß das Veronal wenigstens als Hypnoticum in 
der Tat als ein ganz vorzüglicher Arzneikörper zu be¬ 
trachten ist, obwohl auch dieses Mittel nicht ganz 
rein von berechtigter übler Nachrede geblieben ist. 
Unerwünschte Nebenwirkungen verschiedenster Natur 
sind nach Veronalgebrauch in zahlreichen Fällen beob¬ 
achtet worden; insbesondere handelte es sich um Haut¬ 
exantheme, um nervöse Ei'scheinungen, um Störungen 
am Verdauungstraktus, auch chronischer Veronalismus 
ist nicht ganz selten zur Beobachtung gelangt. Er¬ 
scheinungen von wirklich bedrohlichem Charakter 
scheinen aber nach therapeutischen Gaben kaum auf¬ 
getreten zu sein. Die tötlich verlaufenden Vergiftungs¬ 
fälle nach Veronal sind jedesmal auf hohe, die Heildosis 
weit überschreitende Mengen des Mittels zurückzu¬ 
führen gewesen. Ebenso wie Sulfonal und Trional 
scheint auch das Veronal von Frauen schlechter ver¬ 
tragen zu werden als von Männern, daher bei den 
ersteren kleinere Gaben angezeigt sind. Da das 
Veronal zu den schwer löslichen Mitteln gehört, ein 
rasches Eintreten der Wirkung also ohnedies nie mit 
Bestimmtheit erwartet werden kann, so sollte, um die 
Zeit bis zum Eintritt der Wirkung nach Möglichkeit ab¬ 
zukürzen, nie verabsäumt werden, das Mittel 1. längere 
Zeit vor dem Schlafengehen (etwa eine Stunde nach 
dem Abendessen) und 2. in viel heißer Flüssigkeit 
(Baldriantee) g e 1 ö s t zu verabreichen. Man verordnet 
es also besser nicht als Tabletten, sondern als Pulver 
ä 0,4 bis 1,0. da die Pulver sich immer noch besser in 
der Flüssigkeit auflösen als die Tabletten. Preis: 
Meronal 1 gr. = 50 Pf., 10 gr. 3,90 M.; Acid. Di- 
aethylbarbituricum: 1 gr. = 35 Pf. 

Eine entschieden verbesserte Auflage des Veronals 
kann das Veronalnatrium oder M edina 1 (Mo¬ 
nonatriumsalz der Diaethylbarbitursäure) genannt 
werden, obwohl die hypnotische Wirkung dieses 
Veronalabkömmlings sogar etwas schwächer als die 
des Veronals selbst ist. 1 gr. Veronalnatrium entspricht 
etwa in seiner Wirkung derjenigen von 0,9 gr. Veronal. 
Während aber das Veronal schwer löslich ist, nämlich 
im Verhältnis von ca. 1 : 100 Wasser von 37" C.. ist 
das Veronalnatrium ein leicht löslicher Körper; es löst 
sich schon in 5 TI. Wasser. Deshalb tritt die Wirkung 
nach Veronainatriumgebrauch erheblich rascher ein als 
nach Veronalgebrauch und die Darreichung ist eine viel 
bequemere. Man kann es rektal (am besten als Suppo- 
sitorien), ja auch zu subkutanen Injektionen verwenden 
(in 10 "/>• Lösung), man ist nicht darauf angewiesen, es 
in Pulver zu verabreichen, die aufgelöst werden müssen, 
sondern kann von der bequemen Tablettenform Ge¬ 
brauch machen. Die Nebenwirkungen scheinen auf 
keinen Fall unangenehmere zu sein als beim Veronal. 
Will man das Medikament ungelöst hinunterschlucken 


/ERSI 



346 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 22 


lassen, so verordnet man es des schlechten Geschmacks 
wegen am besten als Tabletten mit Kakaozusatz. Die 
ohne Kakao- resp. Schokoladeüberzug hergestellten 
Tabletten (Medinale solubile, Schering) sollen vor dem 
Gebrauch in reichlicher Flüssigkeit gelöst werden. 
Preise: Veronalnatrium 1 gr. = 50 Pf., 10 gr. = 3,90 M.; 
10 Tabletten a 0,5 (mit Kakao) =2,50 M. (Bayer & Co.; 
Merck). Medinal solub. 1 gr. = 45 Pf., 10 gr. = 3,50 M. 
(E. Schering). 

Ebenfalls ein Harnsäurederivat und dem Veronal 
nahe verwandt ist das Proponal (Dipropylmalonylharn- 
stoff oder Dipropylbarbitursäure). Es ist hypnotisch 
wirksamer als das Veronal (0,3 Proponal etwa gleich 
der Wirkung von 0,5 Veronal) und dürfte in medizi¬ 
nalen Dosen (0,15 bis 0,5) kaum unangenehmere Neben¬ 
wirkungen als dieses hervorzurufen imstande sein. 
Nachdem von Mering 0,5 als die höchste medizinale 
Gabe des Proponals bezeichnet hatte, ist es von 
Ziehen *) als ein Nachteil des Mittels bezeichnet worden, 
daß die toxische und medikamentöse Dosis so nahe bei¬ 
einander liegen. Demgegenüber sei daran erinnert, 
daß nach den Berichten einzelner Autoren auch nach 
Gaben von 0,75 2 ) bis 1 gr. 3 ) bei körperlich sonst ge¬ 
sunden Personen üble Nachwirkungen nicht beobachtet 
wurden; immerhin wird man gut tun, höhere Dosen 
als 0,3 bis 0,5 gr. nicht anzuwenden; es dürfte dies auch 
bei der Bekämpfung von einfacher nervöser Insomnie 
kaum jemals nötig sein. Da es sich hier um ein sehr 
schwer lösliches Mittel handelt, so reicht man es wohl 
am besten als Pulver dar, das man mit reichlicher 
warmer Flüssigkeit hinunterschlucken läßt. Der An¬ 
wendung des Mittels in großem Maßstabe steht vor¬ 
läufig vor allem der hohe Preis im Wege: 1 gr. = 
1,25 M. Es befindet sich auch in Tabletten ä 0,1 im 
Handel (Bayer & Co.; Merck). 

Ebenso wie vom Veronal existiert auch vom 
Proponal ein Mononatriumsalz J ) von großer Löslich¬ 
keit; während Proponal sich im Wasser erst im Ver¬ 
hältnis von 1 : 1640 löst, löst sich Proponal natri- 
um schon im Verhältnis von 1:3; infolgedessen tritt 
die Wirkung nach Proponalnatrium rascher ein, es soll 
auch schon in etwas geringeren Dosen als Proponal 
wirksam sein. Ein zweifelloser Vorteil ist die be¬ 
quemere und mannigfaltigere Anwendungsmöglichkeit 
des Proponalnatriums; man kann es vor allem — was 
bei Proponal kaum möglich — gelöst verabfolgen, 
außerdem rektal, subkutan. Wo das Proponalnatrium 
als solches nicht erhältlich ist, kann man es sich leicht 
selbst hersteilen lassen, indem man, nach Steinitz, etwa 
folgende Verschreibungsweise wählt: Acid. dipropyl- 
barbitur. 0,3; Natr. barbonic. 0,5; Aqu. destill. 10,0 
(oder mehr). _ 


REFERATE. 


Lungenleiden. 

Referent: Prof. Dr. A. Moeller, Berlin. 

1. Klinische Erfahrungen über die Behandlung der Lungentuber¬ 
kulose mittels künstlicher Pneuinothoraxbildung. Von Prof. Saug- 
man und Dr. Hansen. Beiträge zur Klinik der Tuberku¬ 
lose. 1910. 

2. Ueber den Tuberkelbazillennachweis in der Placenta tuber¬ 
kulöser Mütter. Von Dr. Novak und Ranze). Wiener klinische 
Wochenschrift. 1910. 

3., Entstehung, Lokalisation und frühzeitige Erkennung der 
l.ungenspitzentuberkuiose, Von Dr. Beschorner (Dresden). 
Fortschritte der Medizin. 1910, Nr. 16. 

*) Deutsch. Med. Wochenschr. 1908, Nr. 14. 

2 ) Bresler, Psychiatr. Neurol. Wochenschr. 1909, Nr. 6. 

8 ) Strobl, Pester medizin. Chirurg, Presse 1906, Nr. 52. 

4 ) Steinitz, München. Med. Wochenschr. 1909, Nr. 41. 


4 . Vergleichende serologische Untersuchungen bei Tuberkulose 
und Syphilis. Von Dr. Rudolf Müller. Wiener klinische 
Wochenschrift. 1910, Nr. 16. 

5. Ueber Lungentuberkulosoid. Von Neiße r und Bräu¬ 
nin g. Berliner klinische Wochenschrift. 1910, 18. April. 

6. Beitrag zur Behandlung der auf starrer Ausdehnung des Brust¬ 
kastens beruhenden Formen von Lungenblähung (Emphysem). Von 

Dr. Oskar Rosen thal. Berl. klinische Wochenschrift. 1910, 
Nr. 17. 

7. Die Statistik der Tuberkulose und ihre Bedeutung für die 
Prophylaxe und Therapie der Tuberkulose. Von Dr. Katzen¬ 
stein. Deutsche Aerzte-Zeitung. 1910, Nr. 8. 

8. Eine Ergänzung zu Richters Arbeit über Tuberkulintherapie. 
Von Dr. Esch. Münch, med. Wochenschrift. 1910, Nr. 16. 

9. Die Behandlung von Angina pectoris. Von Dr. B n o w i n k e 1. 
Fortschritte der Medizin. 1910, Nr. 17—18. 

10. Nasenverstopfung und Lungenschwindsucht. Von Dr. G 1 o - 
gau. Allg. Wiener med. Zeitung. 1910, Nr. 17. 

11 . Die Rigidität der Muskeln und die leichte Tastpalpation als 
wichtige Zeichen zur Erkennung der Lungenkrankheiten. Von Dr. 
Pottenger. Deutsche med. Wochenschraft. 1910, 21. April. 

12. Zur spezifischen Diagnostik und Therapie der Lungentuber¬ 
kulose. Von Fr. Rolly. Münchener med. Wochenschrift. 1910, 
Nr. 16. 

13. Ueber die Behandlung der Lungentuberkulose mit Tebean. 

Von Dr. Steffen. Münchener med. Wochenschrift. 1910, Nr. 16. 

14 . Ein neues einfaches Anreicherungsverfahren für Tuberkel- 
bazillen. Von Dr. Zahn. Münchener med. Wochenschrift. 1910, 
Nr. 16. 

1. Verfasser kommen auf Grund vielfacher Nachprüfung der Be¬ 
handlung der Lungentuberkulose mittels künstlicher Pneumothorax¬ 
bildung zu folgenden Ergebnissen: 

1. Die Behandlung der schweren, überwiegend einseitigen 
Lungentuberkulose nach F o r 1 a n i n i ist mit der von Saug m a n 
eingeführten Modifikation der Technik gefahrfrei und in geeigneten 
Fällen leicht ausführbar. 

2. ln etwa einem Fünftel bis einem Viertel sämtlicher Fälle 
scheitert die Behandlung wegen ausgedehnter Verwachsungen 
zwischen den Pleurablättern. 

3. Besonders für die Methode geeignet sind schwere, über¬ 
wiegend einseitige Prozesse von schlechter Prognose, oder Fälle, 
die, wenngleich nicht absolut hoffnungslos, doch nur durch sehr lang¬ 
wierige, gewöhnliche Kur Heilungsaussichten haben. Schwere tuber¬ 
kulöse Komplikationen seitens anderer Organe geben für die Behand¬ 
lung Gegenanzeige, jedoch nicht absolute, ab. Fälle mit allzu florider 
Erkrankung haben trotz der Behandlung meistens eine schlechte Pro¬ 
gnose, jedoch gelingt es auch in diesen Fällen bisweilen, einen 
schönen Dauererfolg zu erreichen. 

4. Bei der Behandlung in Verbindung mit streng durchgeführter 
Sanatoriumkur gelingt es in einer relativ großen Prozentzahl, sehr 
schwer angegriffene, teilweise ganz hoffnungslose Kranke zu retten. 
Von 24 mit durchgeführter Behandlung haben 11 solche Kranke 
einen guten vorläufigen Erfolg erreicht, in den meisten Fällen mit 
Aussicht auf dauernd guten Erfolg. 

5. Die Tuberkelbazillen verschwinden in vielen Fällen schnell 
aus dem Auswurf Ebenso wird Fieber in unkomplizierten Fällen fast 
konstant günstig beeinflußt. 

6. Nachweisbaren Schaden von der Behandlung haben wir bei 
unseren Kranken sehr selten, wenn überhaupt gesehen. In sehr 
vielen Fällen entsteht während der Behandlung ein Pleuraerguß, der 
oft verhängnisvoll, werden, jedoch in gewissen Fällen einen günstigen 
Einfluß auf den Verlauf ausüben kann. 

7. Die Behandlung muß sehr lange dauern; in akuten Fällen 
kann man sich vielleicht mit einer einjährigen Behandlungsdauer 
begnügen, in mehr chronischen muß die Behandlung 2 bis mehrere 
Jahre fortgesetzt werden. 

2. Verfasser untersuchten 6 Plazenten tuberkulöser Mütter und 
fanden in 4 Fällen ein positives Resultat. Sie wandten die von 
U h 1 e n h u t h angegebene Antiforminmethode zum Nachweis der 
Bazillen an. 

3. Beschorner gibt eine Zusammenstellung der Früh¬ 
symptome der Lungentuberkulose an. 

4. Müller fand bei seinen Untersuchungen folgendes: 

1. Bei Seris Tuberkulöser, die mit Herzex¬ 
trakt unvollkommene Bindung zeigen, findet 
man ausnahmslos auch Bindung mit Tuberkulin 
oder Tuberkelbazillen. Umgekehrt reagieren nur in 
seltenen Fällen Sera Tuberkulöser mit Bazillen oder Tuberkulin 
positiv, mit Herz völlig negativ. Auch Luessera zeigen oft mit 
Bazillen und Tuberkulin Komplementfixation. 

2. Die Komplementbindung tuberkulöser 
Sera mit Tuberkulin beruht nicht auf Wechsel¬ 
wirkung von Antikörper und Antigen. Man erhält 
vielmehr qualitativ identische Reaktionen, wie 
mit Tuberkulin, auch mit Bouillon und Pepton 
(Witte). 

Diese Reaktion wird nicht durch voraus¬ 
gegangene Tuberkulinbehandlung bedingt. 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


34? 


Nr. 22 


. Verhalten beider Reaktionen zueinander läßt sich 

durch Verfolgung ihrer quantitativen Differenzen folgendes gesetz¬ 
mäßige Verhalten konstatieren: Luessera zeigen starke 
Affinität zu Herzextrakt, relativ schwache je¬ 
doch zu Tuberkelbazillen, Tuberkulin, Bouillon 
und zu Pepton, während die positiv reagie¬ 
rende I uberkulose fälle quantitativ entgegen¬ 
gesetzte Affinitätsverhältnisse zeigen. 

In praktischer Hinsicht ergibt sich daraus 
die Möglichkeit, Fälle unvollkommener Hem¬ 
mung bei der Wassermannschen Reaktion durch 
vergleichende Prüfung mit Peptonantigen mit 
Sicherheit als nichtluetische zu erkennen. 

5. Verfasser führen über Tuberkulosoid folgendes aus: 

Während die pathologische Anatomie sehr genau über die so¬ 
genannten latenten Fälle der Tuberkulose unterrichtet ist und uns die 
Narben dieser abgelaufenen Prozesse oder die noch vorhandenen 
Prozesse bei zufällig Verunglückten in Lungenspitzen und Bronchial¬ 
drüsen nachweist, hat die Klinik bisher noch keine Kenntnis davon, 
wie sich diese Tuberkulösen während des Lebens in bezug auf ihren 
Herd verhalten haben. Sind diese Herde wirklich immer latent ge¬ 
wesen oder haben sie ein Stadium von Aktivität besessen? Wir 
haben unter den 1900 Besuchern unserer Tuberkulose-Beobachtungs- 
siation eine große Anzahl von Fällen kennen gelernt, von denen wir 
durch klinische Beobachtung und Nachuntersuchung nach 4—10 
Jahren die Ueberzeugung gewonnen haben, daß sie ein derartiges 
prälatentes Stadium unter unseren Augen durchgemacht haben. 

Wir kennen jetzt einige hundert Menschen, die, während sie 
in ihrem Gewerbe wie jeder Gesunde tätig sind, mehr oder weniger 
intensive Beschwerden haben, wie sie allgemein, als für die Tuber¬ 
kulose charakteristisch angesehen werden: Junge Leute zwischen 
15 und 30 Jahren, insbesondere aus bestimmten Berufen (Tischler, 
Maler, Näherinnen, Kontoristinnen etc.) klagen über Mattigkeit, Ge¬ 
wichtsabnahme, Nachtschweiße, bisweilen trockenen Husten, Stiche 
und Schmerzen in der Brust und zwischen den Schulterblättern. So¬ 
wohl vrehältnismäßig kräitig aussehende junge Leute, wie besonders 
zartere, scheinbar anämische sind hier vertreten,, während der 
phthisische Habitus zuriicktritt. Bei der Untersuchung mit klini¬ 
scher Methodik fand sich bei diesen Leuten eine im allgemeinen er¬ 
höhte Empfindlichkeit gegen Tuberkulin, labile Körpertemperatur 
(ohne ausgesprochenes Fieber) und Druckempfindlichkeit der Bron- 
chialdriisengegend (Sondensymptom, Spinalgie). während wir bei 
keinem der Fälle, die wir im Auge haben, einen objektiv nachweis¬ 
baren krankhaften Befund Uber den Lungen erheben konnten. 

6. R ose nt ha 1 macht folgende Ausführungen: 

Seitdem W. A. Freund im Jahre 1906 seine nie ganz ver¬ 
gessenen, aber auch nicht in das ärztliche Bewußtsein eingedrun¬ 
genen Lehren aus den Jahren 1858 und 1859 über die auf starrer Aus¬ 
dehnung des Brustkastens beruhende Lungenblähung wieder in Er¬ 
innerung gebracht und zugleich durch den Bericht über den von Hil¬ 
de b r a n d erfolgreich nach seinen Vorschlägen behandelten 
Kraus sehen Kranken gestützt hatte, ist das Wesentliche seiner 
Anschauungen so. oft Gegenstand der Erörterung gewesen, daß es 
sich bis auf weiteres erübrigt, nochmals näher darauf einzugehen. 
Nicht aber erübrigt es sich, bei der geringen Zahl bis jetzt beschrie¬ 
bener Fälle Uber den Erfolg weiterer Eingriffe zu berichten, zumal, 
wenn diese als Dauererfolge der F r e u n dschen Lehre zur Stütze ge¬ 
reichen. Die bisherigen Veröffentlichungen lassen Uber Dauer¬ 
erfolge nichts erkennen, teils, weil zwischen Eingriff und Vorstellung 
nur eine kurze Zeit lag, teils, weil sich, wie in dem Kraus-Hilde- 
b r a n d sehen Falle, schon die Folgeerkrankungen an Herz und 
Lungen geltend gemacht hatten und eine dauernde Freude an dem Er¬ 
folge des gelungenen Eingriffes nicht aufkommen ließen. Ein zwei¬ 
jähriger Dauererfolg tritt aber bei dem hier beschriebenen Falle, 
einem 31jährigen Manne, zutage. 

7. Aus den sehr interessanten Angaben Katzensteins 
seien folgende Mitteilungen hervorgehoben: 

Im Säuglingsalter und im Greisenalter erkranken und sterben 
relativ die meisten Menschen an Tuberkulose; die früher angegebenen 
hohen absoluten Zahlen der Tuberkulosesterblichkeit in den mittleren 
Jahren kommen eben nur dadurch zustande, daß es in diesem Alter 
absolut mehr Menschen gibt. So gab es im Jahre 1900 10,6 Millionen 
Menschen im Alter von 15—30 Jahren, 17,5 Millionen im Alter von 
30—60 Jahren, aber nur 2,8 Millionen 60—70jährige und 1,6 Millionen 
Säuglinge; so entstand der Rechenfehler, der merkwürdigerweise 
allen Autoren bisher unterlief. Dabei ist noch zu bemerken, daß die 
Tuberkulose-Sterblichkeit der Säuglinge im Gegensatz zu derjenigen 
anderer Altersklassen, die von Jahr zu Jahr ständig zuriiekgeht, große 
Schwankungen zeigt, bald steigt, bald fällt, und in manchen Städten 
1902 noch größer war als 1876. Die Tatsache der großen Tuber¬ 
kulosesterblichkeit im Säuglings- und Greisenalter ist deshalb von 
großem" Interesse, weil auch sie zeigt, daß der Tuberkelbazillus in dem 
sich im Zustand verminderter Widerstandsfähigkeit befindenden Or¬ 
ganismus ein besonders leichtes Spiel hat. Aber sie ist besonders auch 
darum interessant, weil sie in uns den Gedanken wachruft, daß in 
sehr vielen, wenn nicht vielleicht in den meisten Fällen der Tuberkel¬ 
bazillus schon im Säuglingsalter seinen Einzug in den Menschen hält, 
um hier sich, wenn er nicht bald zum Tod führt, entweder in der kind¬ 
lichen Skrophulose zu äußern oder auch so lange in seinen Wir¬ 


kungen und seiner Arbeit latent zu bleiben, bis er so stark und der 
menschliche Organismus durch andere Umstände so geschwächt ist, 
daß er die Oberhand bekommt. Diese Ansicht ist auch in neuester 
Zeit von vielen Pathologen ausgesprochen worden. Sie kann uns 
auch die häufige tuberkulöse Erkrankung derjenigen erblich belasteten 
Individuen erklären, die, obschon ein Zusammensein mit den tuber¬ 
kulösen Eltern von frühester Jugend an nicht mehr vorhanden war, 
docli im späteren Alter an Tuberkulose erkrankten; sie sind eben 
schon als Säuglinge mit einer zunächst latenten Tuberkulose von 
ihren Eltern infiziert worden. Von praktischer Bedeutung sollte diese 
Tatsache der großen Tuberkulosesterblichkeit der Säuglinge für uns 
deshalb sein, weil sie uns dafür sorgen lassen sollte, daß weder 
durch tuberkulöse Angehörige noch durch die Milch eine Infektion des 
Säuglings stattfindet, die entweder gleich im ersten Lebensjahr oder 
erst in späteren Jahren zum Tode führt. 

Es ist eine bekannte Tatsache, daß manche Gebietsteile und 
manche Länder ständig eine höhere Tuberkulosesterblichkeit zeigen 
wie andere. So ist z. B. die Sterblichkeit in den Städten höher wie 
auf dem Lande und verhält sich etwa wie 5 : 4; die Gründe hierfür 
liegen wohl sicher in der stärkeren Verunreinigung der Luft, in der 
größeren Wohnungsdichtigkeit und den meist schlechten Vermögens- 
bezw. Ernährungsverhältnissen der Einwohner. Je größer die Stadt, 
um so höher die relative Tuberkulosesterblichkeit. Die Städte mit 
2Ü 000 Einwohnern verzeichneten 1901 209 Sterbefälle “/ oooo, die¬ 
jenigen von 20—100 000 Einwohnern 213 und die mit über 
100 000 Einwohnern 242 Tuberkulose-Sterbefälle. Unter den ein¬ 
zelnen Gebieten Deutschlands zeigen nach meinen Untersuchungen 
die maritim gelegenen eine viel niedrigere Tuberkulosesterblichkeit 
als die kontinental gelegenen. Von 100 000 starben 1906 an Tuber¬ 
kulose im Ostküstenland nur 176, in der nieder rheinischen Niederung 
177, im Nordseeküstenland 185, dagegen wiesen die oberrheinische 
Niederung 239 und das süddeutsche Hochland 269 Tuberkulosesterbe¬ 
lalle auf. Auch der Vergleich der Tuberkulosesterblichkeit Deutsch¬ 
lands mit der anderer europäischer Staaten zeigt dieselben 
Resultate; gegenüber Deutschland, das trotz seiner schon jetzt gro߬ 
artigen Kampfmittel gegen die Tuberkulose 1906 noch 204 Tuber¬ 
kulose-Todesfälle °/ oooo hatte, hatten von dem maritim gelegenen 
Ländern Belgien nur 140, England nur 164, Dänemark nur 173 und 
die Niederlande nur 180 Tuberkulose-Sterbefälle, dagegen die 
kontinental gelegene Schweiz 271, Frankreich 350, Spanien 323 und 
Griechenland 375 Tuberkulose-Sterbefälle °/oooo. Wenn ja auch noch 
andere Faktoren dabei eine Rolle spielen, so zeigen 'doch die nach¬ 
stehenden Zahlen, wie groß der klimatische bezw. geographische 
Einfluß ist. Von den acht größten Städten Deutschlands zeigt 
Hamburg mit seinem maritimen Charakter die niedrigste Sterblichkeit 
an Lungentuberkulose mit 154 Tuberkulose-Sterbefällen gegen 186 
in Berlin und 246 in München. Von den europäischen Großstädten 
hatten Edinburg 109, Antwerpen 132, Amsterdam 141, Kopenhagen 
147, London 147, Rom 160, Marseille 215, dagegen von den Städten 
größerer Kontinentalität Moskau 222, Madrid 275, Wien 289, Budapest 
369 und Paris 389 °/oooo Sterbefälle an Lungentuberkulose. Diese 
hierdurch statistisch festgestellte Tatsache der geringen Tuberkulose¬ 
sterblichkeit in Gegenden mit Seeklima ist schon eine längst be¬ 
kannte Tatsache. Schon lange weiß man, daß unter den Seeleuten 
fast nie Tuberkulose vorkommt, bei der englischen Handelsmarine 
z. B. nur den 10. Teil soviel wie bei der Landbevölkerung der 
gleichen Altersklasse; in Norderney starben 1887 nur 50°/oooo an 
Tuberkulose. Ich erkläre mir diese Tatsache damit, daß See¬ 
bewohner durch den angeregteren Stoffwechsel sich im allgemeinen 
in besserem Ernährungszustand befinden und daß die Seeluft staub¬ 
frei und sehr bakterienarm ist; so wurden sechs Meilen von der 
Küste in einem Liter Luft nur 1 Keim gegen 1100 Keime in einem 
Liter Pariser Luft festgestellt. Und wo in der Luft noch Bakterien 
vorhanden sind, werden sie durch die ultravioletten Strahlen der 
Sonne, die an der See besonders zur Geltung kommen, abgetötet. 
Von Interesse ist die geringere Tuberkulosesterblichkeit an der See 
insofern, als wir aus diesem Grunde versuchen können, initiale 
Fälle, die weder an Fieber noch an Hämorrhagien leiden, durch die 
Thalassotherapie zur Heilung zu bringen, andererseits aber auch 
deshalb, weil wir sehen, einen wie wichtigen Faktor Licht und Luft 
bei der Entstehung und der Heilung der Tuberkulose ausmachen. 

8. In Nr. 6 der Münch, med. Wochenschr. führt Richter als 
Freunde der Tubefkulintherapie Lenhartz, v. Leube, Sahli. 
Schloßmann, Ritter, Pickert, Bandelier und 
Röpke an. Von den letzterwähnten zwei Autoren hebt er be¬ 
sonders den Ausspruch'hervor: „Das Tuberkulin muß ein integrieren¬ 
der Bestandteil des Arzneischatzes jedes Arztes, das A und O 
unserer.Tuberkulosediagnostik, -Prophylaxe und -therapie werden“. 
Vor allem aber gibt ihm zu denken der Ausspruch von Lenhartz, 
daß es ein Kunstfehler sei, wenn das Tuberkulin nicht ange¬ 
wendet werde. i 

Angesichts so weitgehender Forderungen dürfte der Wunsch 
„audiatur et altera pars“ nicht unberechtigt erscheinen. 

F. Klemperer, der sich mit der Tuberkulintherapie ein¬ 
gehend praktisch beschäftigt, das Mittel vielfach angewandt hat und 
es noch fortgesetzt an wendet, kommt (Therapie d. Gegenwart 1909, 
Nr. 1 u. 2) zu dem Schluß: Das Tuberkulin ist kein erwiesenes Heil¬ 
mittel der Tuberkulose, sondern höchstens ein Unterstützungsmittel 
der Tuberkulosetherapie. Gegenüber der Angabe von B a n d e 1 i e r 







Nr. 22 



und Röpke, daß die Tuberkulintherapie „fest fundiert“ sei und 
allgemein empfohlen werden könne, weist er zunächst (ebenso wie 
Czerny, Meißen etc.) darauf hin, daß wir es keineswegs mit 
einem Tuberkulin zu tun haben, sondern mit einer großen und 
immer noch wachsenden Zahl verschiedener Tuberkuline, z. B. 
Kochs T, TO, TR, BE, Landmanns „Tuberkulol“, den Präpa¬ 
raten von Beraneck, Denys, Grabilo witsch, Jacobs, 
Jessen, Krehl und Walther, Möller, Spengler etc. 
Trotz W rights Theorie sind wir von einem Verständnis der Art 
ihrer Wirkung noch weit entfernt. 

Ebenso schreiben M e i ß e n (Zeitschr. f. Tuberk., Bd. X, H. 4 
und XIII, H. 3) und Schröder (Kasseler Vers.) auf Grund 
zahlreicher Beobachtungen dem Tuberkulin höchstens eine an¬ 
regende, hyperämisierende Wirkung auf die tuberkulösen Herde zu. 
Seine experimentelle Wirkung bei künstlich infizierten Tieren 
könne nicht ohne weiteres auf die natürlich entstandene Tuber¬ 
kulose des Menschen übertragen werden; ähnlich Salus (Med. 
Klinik 1909, Nr. 14). 

Durch diese Aussprüche bekannter Autoren, denen ähnliche 
von Bourget, Buttersack, de la Camp, Dluski, 
Glaeser, Gottstein, Grawitz, Köhler, Liebe, 
Rosenbach, von den Velden, Zangemeister etc. 
angereiht werden könnten, dürften die Aerzte, die auf einer „anthro¬ 
pogentischen Bakteriologie“ (Salus) fußend, gegen skeptischer ver¬ 
anlagte Kollegen allzu schnell mit dem Vorwurf des „Kunstfehlers“ 
Vorgehen, im Grunde also eine staatlich vorgeschrie¬ 
bene, dogmatische Therapie fordern, genügend wider¬ 
legt sein, soweit die obligatorische Tuberkulintherapie in Frage 
kommt. 

9. Aus dem wichtigen Aufsatze Bur winkeis heben wir 
folgendes hervor: 

Die Vorteile der natürlichen Thermen bei Angina pectoris sind 
bekannt. Die COä-haltigen Thermalbäder von Nauheim, Oynhausen, 
Salzuflen, Kissngen, Orb, Marienbad usw. erfreuten sich bisher all¬ 
gemeiner Anerkennung. In neuester Zeit macht sich eine Gegen- 
_strömung geltend (Huchard), wohl mit Unrecht. Wo überhaupt 
noch Bäder nützen können, da ist Nauheim mit seinen mannigfachen 
und fein abstufbaren Badeformen sicher am Platz. Aber Art, 
Dauer und Temperatur des Bades verlangen genaue Kenntnis und 
Dosierung. Im Status anginosus gehört ein Mensch natürlich nicht 
mehr nach Nauheim. Zum Ersatz dienen künstliche Nauheimer und 
auch Sauerstoff- (Ozet-) Bäder. Auch Wechselstrombäder (35 
Milliampere 10—15 Minuten Dauer, 34—33° C), zunächst alle zwei 
Tage, dann zwei Tage nacheinander, im ganzen 20—24, bewähren 
sich gut. Nach jedem Bade ist Ruhe zu beobachten. 

Die in Frankreich viel gebrauchten Hochfrequenzströme (Arson- 
valisation) haben keinen merklichen Nutzen, wie Goldscheider 
(1. c.) auf Grund systematischer Nachprüfung behauptet. 

Hasselbach und Jacobäus (Wien. klin. Wochenschr. 1907) 
loben bei Angina pectoris die Kohlenbogenlichter als sehr wirksam: 
die Patienten werden zumeist eine Stunde täglich der Einwirkung 
einer mächtigen Kohlenbogenlampe von 150 Ampere ausgesetzt. Im 
ganzen werden 8—12 Bäder, jeden fünften Tag eines, gegeben. 
Das Resultat ist intensive Dermatitis mit Blutüberfüllung der Haut. 

Auch das Klima kann als Heilfaktor herangezogen werden. 
Ganz mit Unrecht gilt die See bei Angina pectoris als kontra¬ 
indiziert, der Aufenthalt bekommt meistens recht gut, nur darf nicht 
im offenen Meer gebadet und unvorsichtig gelebt werden. See¬ 
reisen werden gut vertragen. Für die heißen Sommermonate kommt 
ein Mittelgebirge (500—800 Meter) in Frage; selbst Höhenlagen bis 
zu 1200 Meter können gelegentlich aufgesucht werden. Für die 
schlechten Wintermonate sind geschützte Kurorte anzuraten: 
Ospedaletti, Bordighera, Mentone, Condamine, Nizza, Nervi usw. 
Bei gleichzeitiger Erkrankung der Nieren schicke man die Patienten 
noch weiter südlich, nach Assuan, Luxor, Heluan oder nach Biskra 
in Algier. 

Psychische Erregungen,' besonders anhaltender Kummer und 
Sorge, schaffen nicht nur die Dispositon zur Krankheit selbst, sondern 
sind auch bedeutungsvoll für die Auslösung des einzelnen Anfalles. 
Aufgabe des Arztes ist es unter allen Umständen, beruhigend zu 
wirken. Unbedachtes Gerede von „Verkalkung der Herzadern“ 
raubt alle Hofinung und macht die Leute schwermütig (P a w i n s k i, 
Wien. klin. Wochenschrift No. 40, 1907). Inwieweit man den 
Kranken über die Natur seines Leidens aufklären soll, hängt von 
seinem Charakter und seiner Individualität ab. Alle Kranken mit 
Angina pectoris haben ein merkwürdig tiefes Krankheitsgefühl mit 
oft ausgesprochener Todesahnung. Sie waren früher me^st sehr 
tüchtige und schaffenfreudige Leute, oft sogar Kraftnaturen, die 
naturgemäß die Unfähigkeit zur Arbeit doppelt schwer empfinden. 
Man lasse sie deshalb nicht ganz ohne Beschäftigung und gestatte 
altgewohnte Liebhabereien, die keine besondere Anstrengung be¬ 
deuten. Seit einem Dezennium kommt ein jetzt 70 jähriger Guts-' 
besitzer aus Holstein jährlich nach Nauheim. Trotz der ausge¬ 
sprochenen Angina pectoris sitzt der alte Herr noch täglich mehrere 
Stunden im Sattel; ein Verbot des gewohnten Rittes würde sicher 
nur ungünstig wirken, während die liebgewonnene Tätigkeit eine 
heitere zuversichtliche Stimmung, das beste Mittel gegen neue An¬ 
fälle, schafft. Auch Massage des Leibes und der Extremitäten, so¬ 


wie passive Bewegungen im Zanderinstitut können mit Vorsicht 
in Anwendung gezogen werden. 

Erfreulicherweise bietet auch der Arzneischatz eine ganze Reihe 
sehr wirksamer Medikamente. Auf den Nutzen äußerlich zu ge¬ 
brauchender Mittel (Rheumasan, Sinapismen, Vesikatore) wurde be¬ 
reits hingewiesen. Huchard hat den längeren und konsequent 
tortgesetzten Gebrauch von .Jodpräparaten empfohlen, die vor allem 
bei blassen Leuten mit hohem Blutdruck und bei Kombination mit 
Aortenfehlern günstig wirken. Mau beginnt mit kleinen Dosen die 
allmählich gesteigert werden. Rp. Natr. jod. 10,0 (bei früherer Lues 
Kal. jod.), Pilocarp. mur. 0,06, Aq. dest. ad. 20,0. DS. dreimal tägl. 
j e ^ 1 b Ktt. in etwas Milch nach dem Essen. Bei sehr empfindlichen 
Leuten verschreibe man Sajodin (dreimal tägl. */s—l 1 /* Tabletten) 
Jodghdine oder Jodipin. Nach sechswöchigem Gebrauch wird für 
ein Monat pausiert und dann in gleichem Turnus die Medikation 
fortgesetzt. Der günstigste Effekt von Jod beruht vermutlich auf 
Herabsetzung der Viskosität des Blutes. Bei Andeutung von 
Basedow und bei Nierenleiden ist das Mittel kontraindiziert. 

Askanazy und Breuer haben Diuretin in die Therapie der 
Angina pectoris eingeführt. (Deutsch. Arch. für klin. Mediz. 1895.) 
Der Effekt ist meist so prompt, daß man dies Mittel zur Sicher¬ 
stellung der Diagnose bei unklaren Attacken verwenden kann. Man 
gibt: Rp. Theobrom. natr. salicyl. 0,5—0,6 da tal. dos Nr. XX in 
caps. amyl. S. dreimal tägl. je 1 Kapsel nach dem Essen. Besteht 
gleichzeitig Nervosität, so setzt man jeder Kapsel noch 0,15 Chinin 
hydrobrom. hinzu, bei Konstipation 0,005—0,01 Podophyllin. Bei 
schweren Anfällen mit Schlaflosigkeit bewährt sich folgende Formel: 
Rp. Dmret. (Fheobr. natr. salicyl.) 1,0, Morf. muriat. 0,005, Pulv. fol. 
dig. purp. 0,05, Mfpulv. da tal. dos Nr. XX in caps. amyl. S. zweimal 
tägl. je 1 Kapsel nach dem Essen. Auch eine Mischung von Diuretin 
0,6 mit Natr. jod. 0,15 (Eusthenin nach v. Noorden) ist zu ver¬ 
werten. Dem Diuretin ähnlich wirken: Theocin. natr. acet. (dreimal 
tägl. 0,2), Theophyllin, Agurin, Dyspnon. Sie greifen den Magen 
leicht an,vielleicht verhüten dies Geloduratkapseln, in denen man die 
Mittel reichen läßt. Lieber das von Romberg und P eis er bei 
stenokardischen Schmerzen gerühmte Dionin (0,02 pro dosi) steht 
mir keine Erfahrung zu Gebote. Versuchsweise können Anti- 
neuraigica (Antipyr. 1,0 od. Phenacetin 0,6) verabfolgt werden. 
Folgende Formel ist zweckmäßig: Aspir. 0,6, Pvramidon, 0,3—0,5, 
Coffein natr. salicyl. 0,2, Mfpulv. da tal. dos Nr. X in caps. amyl. S. 
zwei- bis dreimal tägl. 1 Kapsel. 

Machen sich Erscheinungen von Herzschwäche bemerkbar, so 
greife man zur Digitalis, gegen die merkwürdigerweise bei Angina 
pectoris ein ganz unberechtigtes Mißtrauen herrscht. Rp. Diiiret. 
0,6—1,0, Puiv. fol. dig. purp. 0,05—0,1 da tal. dos Nr. XX in caps. 
amyl. S. zwei- bis dreimal tägl. je 1 Kapsel nach dem Essen. Bei 
niedrigem Blutdruck und beschleunigtem Puls sind kleine Gaben von 
Digalen (5—8 gtt. dreimal tägl.) oder von Digit, mit Strophant. von 
Nutzen. Rp. Tinct. Digit., Tinct. Strophant., Tinct. nuc. vomic. äa 
5,0 Ds. dreimal tägl. 6—10 gtt. nach dem Essen. 

Die systematische Behandlung der Angina pectoris mit Nitro¬ 
glyzerin wird in England und Amerika viel geübt, nachdem es 
Murrel warm empfohlen hat. (Lancet 1879 und Therap. Monats¬ 
hefte, Nov. 1S90.) Das Mittel wird auch von den Homöopathen unter 
dem Namen „Glonoin“ viel verwandt. Um ängstliche Leute nicht 
durch Worte, wie Nitroglyzerin, was die Vorstellung von „Dynamit¬ 
tropfen" auslöst, zu erschrecken, verschreibe man: Rp. Trinitrin 
0,1, Spir. vin. ad 10,0. Ds. Bei Bedarf 2—3 gtt. zu nehmen; adde ein 
leeres Glas von 20 gr. Inhalt. Von dieser alkoholischen 1 prozentigen 
Lösung zählt mau 10 Tropfen in das leere Glas ab und füllt Wasser 
auf. In diesem selbst präparierten Fläschchen trägt der Patient 
seinen Bedarf an Nitroglyzerin in der Westentasche oder sonst in 
einer lasche beständig bei sich. Er nimmt daraus sofort einen 
Schluck, also den dritten oder vierten Teil (—zwei bis drei gtt. der 
ursprünglichen Lösung), wenn er einen Anfall befürchtet. Es ist 
viel zu umständlich, jedesmal erst die Tropfen abzuzählen. Es ver¬ 
fließt kaum eine Minute, bis die wohltuende Wirkung sich bemerkbar 
macht. Viele erklären, sie brauchten nur die Zunge zu benetzen. 
Die Patienten sind ganz glücklich über dieses Mittel, mit dem sie 
die Anfälle beherrschen. Im Vertrauen auf den prompten Effekt 
wagen sie ihre Tätigkeit aufzunehmeii und sind öfters imstande, 
ein rühriges Geschäftsleben zu führen. Ein Kommandeur bekam 
regelmäßig einen stenokardischen Anfall, wenn er sein Regiment 
vorführen oder dienstliche Meldung erstatten wollte. Erst 
seitdem er stets vorher diese Tropfen nimmt, geht die Sache 
immer glatt von statten. Das Mittel hat den großen Vorzug, 
daß es jahrelang und auch in größeren Dosen (30—50 gtt. der 
1 prozentigen Lösung pro die) genommen werden kann. Als un¬ 
angenehme Nebenwirkung wird nur ganz selten über Klopfen und 
Hitze im Kopf geklagt. Die offizineilen Tabletten ä 0,005 Nitro¬ 
glyzerin werden wegen des unsicheren Gehaltes und der langsamen 
Löslichkeit besser nicht verschrieben. 

10. Glogau führt aus, wie die Nasenverstopfung Lungen¬ 
schwindsucht indirekt verursachen kann. 

Zu den nasalen Reinigungsvorrichtungen gehört meiner Ansicht 
nach auch das Riechorgan, das die Lungen vor der Beschädigung 
durch scharfe Gase und andere übelriechende Substanzen schützt, 
wie es — mutatis mutandis — der Geschmackssinn in bezug auf 
den Magendarmtrakt tut. 


/ERSI 




Nr. 22 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


349 


Ihre der Alveolenempfindlichkeit entsprechend abgetönte Wärme 
und Feuchtigkeit^ erhält die kalte Einatmungsluft durch das Gefä߬ 
konvolut in den Schwellkörpern der Nasenmuscheln, deren arbeitende 
Fläche durch sinnreiche Konstruktion eine äußerst große ist. Weiter 
dienen diesem Zwecke die übrige Nasenschleimhaut sowie die eine 
große Oberfläche darbietende Auskleidung der Nebenhöhlen der Nase, 
ln der Ausatmungsluft, die im Durchschnitt um 15 bis 25° C wärmer 
ist als die Einatmungsluft, scheiden wir täglich zirka 540 gr. Wasser 
aus. Funktionieren die nasalen Erwärmungs- und Befeuchtigungs- 
apparate nicht oder nur unvollständig, so müssen den unteren Luft¬ 
wegen und dadurch der Zirkulation diese wichtigen Vitalitätsfaktoren 
entzogen werden. 

Die durch naturwidrige Benützung einer anderen Funktionen 
dienenden Oeffnung zustande kommende „perverse“ Atmung führt 
die unreine, kalte, trockene, oft mit übelriechenden Gasen und 
Substanzen vermengte Einatmungsluft, unter Ausschaltung des 
groben Oberlippenschnurrbart-Vibrissaesiebes und der feineren durch¬ 
siebenden erwärmenden und befeuchtenden nasalen Schutzapparate, 
der empfindlichen Alveolenfläche zu. Denn wenn auch neun Zehntel 
der Verunreinigungen sich an der Rachenwand und der oberen Kehl¬ 
kopfhälfte des Mundatmers niederschlägt und, sehen wir von der 
nicht zu vernachlässigenden Menge von Verunreinigungen ab. die, 
der Schwere folgend, mit Tröpfchen Rachenschleims in den Kehl¬ 
kopf und von da tiefer hinabsickern, weshalb ja die meisten tuber¬ 
kulösen Erkrankungen des Kehlkopfes an seiner hinteren Wand ihren 
Sitz haben, durch Räuspern oder Husten wieder herausbefördert wird, 
so gelangt doch ein Teil derselben auf dem Wege der Inhalation, an 
der offenen Stimmspalte vorbei, anstandslos in die großen Bronchien. 
Von hier aus geht es — besonders bei Kindern — auf dem Lymph- 
wege den Bronchialdrüsen zu, wo die Verunreinigungen sich fest¬ 
setzen und pathologische Veränderungen hervorrufen können, die 
eine Invasion der Blutbahn zu ermöglichen imstande sind. Aber 
auch in die Alveolen selbst dringen — unter Ueberwindung des durch 
die Mundatmung völlig untergrabenen Widerstandes der Flimmer¬ 
härchen — die Verunreinigungen ein, um von hier das interstitielle 
Bindegewebe aufzusuchen. Die anorganischen Staubteilchen üben 
nun als Fremdkörper einen chronischen Reiz aus; die organischen 
Bestandteile werden bald in dem durch die perverse Atmung ge¬ 
schwächten Lungengewebe das ihnen eigentümliche Krankheitsbild 
hervorrufen. Der Ansturm von ungenügend erwärmter, verunreinigter 
und trockener Luft verursacht beim perversen Atmen eine syste¬ 
matische Erkältung und Reizung der unteren Luftwege, die sich in 
verschiedenen Graden von Katarrhen, Störungen der Blutzirkulation 
usw. kundgibt. Auf einem solchen in seiner Ernährung und Funktion 
gestörten Boden schlägt jeder Krankheitskeim leicht Wurzel. Be¬ 
sonders aber gilt dies von jenem schrecklichen Bazillus, dessen Wüten 
jährlich hunderttausende von Menschen zum Opfer fallen. Bei der 
Bezeichnung zwischen Nasenverstopfung und Lungenschwindsucht 
handelt es sich wohl hauptsächlich um die direkte Schwächung des 
Lungengewebes, auf dem die durch Stäubchen- und Töpfchen- 
inhalation, sowie auf andere Weise eingeführten Tuberkelbazillen 
günstigen Boden zur Entwickelung vorfinden. Doch haben wir es 
auch mit einer indirekten Wirkung zu tun, die auf die zweite In¬ 
fektionsmöglichkeit — die Schluckinfektion — Bezug hat: die durch 
mangelhafte Sauerstoffversorgung verursachte allgemeine Zirku¬ 
lationsstörung äußert sich auch in einer Schwächung des Magen¬ 
darmtraktes. derzufolge Tuberkelbazillen viel leichter aus der auf¬ 
genommenen Nahrung durch die pathologisch veränderte Schleim¬ 
haut entweichen und ihren Weg zu den in ihrer Vitalität herab¬ 
gesetzten Lungen finden können. Dazu kommt noch, daß der Mund- 
atmer häufig — besonders in Gesellschaft.— den an der Rachen¬ 
wand klebenden, oft mit Tuberkelbazillen verunreinigten und den aus 
der Nase „aufgezogenen“ Schleim schluckt, der ebenfalls, zufolge der 
noch zu besprechenden „forcierten“ Atmung, häufig Tuberkelbazillen 
enthält. Die letzteren werden nun ebenfalls leicht durch die patho¬ 
logisch gelockerte Magendarmschleimhaut ihren Weg zu den Lungen 
finden. 

Durch die perverse Atmung werden aber auch noch andere In¬ 
fektionspforten geschaffen. Das tonsilläre Lvmphgewebe wird 
durch die an ihm vorbeistreichende rauhe, trockene Luft in einen 
Zustand chronischer Entzündung versetzt, der schließlich zur Hyper¬ 
trophie und Auflockerung desselben führt. Von vielen Autoren 
wurden in den hypertrophischen Tonsillen Tuberkelba'dllen nach¬ 
gewiesen. die von hier zu den regionären Drüsen ihren Weg nehmen 
(tuberkulöse Halsdrüsen). Es besteht dabei die Möglichkeit, daß der 
Tuberkulosebazillus in die Blutbahn gerät, um so den locus minoris 
icsistentiae — die geschwächte Lunge — aufzusuchen. 

11. Der hervorragende amerikanische Phthisiotherapeut 
Pottenger hat in den letzten Jahren zwei neue, auf Palpation 
beruhende physikalische Methoden beschrieben. Vorgekommene 
Verwechslungen veranlassen ihn, hier die beiden Methoden und ihre 
Unterschiede ganz genau zu beschreiben. 

Die beiden Methoden sind folgende: 

1. Die Prüfung der Muskelrigidität (1, 2, 3, 4).- Man fühlt eine 
Resistenz in den Muskeln, die über entzündeten Teilen der Pleura 
oder des Lungenparenchyms liegen. 

Die Muskelrigidität beruht entweder auf akutem Spasmus der 

Muskeln, wenn der Entzündungsprozeß aktiv (akut) ist, oder auf einer 

S. " - - 


VERSIT 


pathologischen Veränderung im Muskel, wenn die Entzündung 
chronisch ist. 

2. Ein bei leichter Tastpalpation (light touch palpation) festzu¬ 
stellendes verschiedenes Widerstandsgefühl über soliden Organen 
wie Herz und Leber, beim Vergleich mit lufthaltigem Organ wie 
Lunge und Darm, ein analoges differentes Widerstandsgefühl über 
Krankheitsherden in Lunge und Pleura, wenn man normale Organe 
in Vergleich zieht. Es beruht dieses verschiedene Widerstands¬ 
gefühl zum Teil auf dem Krankheitsprozeß selbst, zum Teil auf den 
oben beschriebenen Veränderungen in der Muskulatur, resp. auf dem 
Zusammenwirken beider Prozesse. 

Aus der Beschreibung dieser beiden Methoden kann man er¬ 
sehen, daß beide total verschieden sind, wenn sie auch beide auf Pal¬ 
pation beruhen. Die Muskelrigidität hängt von pathologischen Ver¬ 
änderungen ab, während die durch leichte Tastpalpation fest¬ 
gestellten Gewebsdifferenzen sich auf das physikalische Gesetz zu¬ 
rückführen lassen, daß in dem palpierenden Finger verschiedene Ge¬ 
fühlseindrücke entstehen, wenn er (auf der Oberfläche der Haut) über 
Gewebe von verschiedener Dichtigkeit hinwegstreicht. Es sind so 
beide Methoden in Ursache und Wirkung total verschieden. Beiden 
Methoden kommt eine große klinische Bedeutung zu. 





12. Rolly hat seine Fälle mit Injektionen von Alttuberkulin 
behandelt. Er schließt an seine Ausführungen folgende Betrach¬ 
tungen: 

Von anderen wird dem Neutuberkulin oder auch dem 
sensibilisierten Neutuberkulin (d. h. einem mit Anti¬ 
körpern beladenen Neutuberkulin) der Vorzug gegeben. Wir haben 
hier bis jetzt 20 mit Neutuberkulin und 10 (mittlerweile sind es noch 
mehr geworden) mit sensibilisiertem Neutuberkulin (Höchst) be¬ 
handelt, können aber einen Vorzug dieser Mittel gegenüber dem 
alten vorläufig nicht sehen. Die Stichreaktion wird bei diesen beiden 
meist geringer, besonders bei dem sensibilisierten Neutuberkulin, die 
Fieberreaktion bei dem letzteren meist nicht so hoch als bei Alttuber¬ 
kulin. .Dabei klagen aber die Patienten öfter, wenn auch keine 
Stich- noch Fieberreaktion erfolgt ist, über Schmerzen an der Ein¬ 
stichstelle der Haut, Kopfschmerzen. Ziehen. Reißen im ganzen 
Körper usw., was bei dem Alttuberkulin weit seltener ist. Ich bin 
deswegen bei solchen Klagen ohne eine objektive Reaktion von 
seiten der Patienten öfter unsicherer in der Dosierung beider Mittel, 
als bei dem Alttuberkulin, d. h. ich weiß nicht recht in solchen Fällen, 
ob ich mit der Dosis steigen soll oder nicht; infolgedessen nehme ich 
eine etwas stärkere Stichreaktion, wie ich sie bei dem Alttuberkulin 
bekomme, lieber mit in Kauf. 

Die Frage, ob wir einen Tuberkulösen mit Tuberkulininjektionen 
ambulant behandeln können, möchte ich vorläufig mehr im 
negativen Sinne beantworten. Es müßte denn sein, daß es sich 
nm einen absolut zuverläßigen Patienten handelt, welcher jeden 

3. Tag sein Körpergewicht kontrolliert, seine Temperatur 4stündig 
mißt usw. Das Tuberkulin ist ein derartig differentes Mittel, die 
ganze Wirkung desselben noch so wenig geklärt, daß ich es einst¬ 
weilen für verfrüht halte, das Tuberkulin jetzt schon in der Sprech¬ 
stundenpraxis zu verabfolgen. 

Eine andere Frage möchte ich hier noch kurz streifen. Wie 
Sie wissen, wird besonders in England auf Grund der Untersuchung 
des opsonischen I nd e x die Zeit und die Dosis der Tuberkulin- 
injektionen bestimmt. Ich habe Ihnen nun schon vor 2 Jahren hier 
auseinandergesetzt, daß nach unseren Untersuchungen die Schlu߬ 
folgerungen W r i g h t s nicht zutreffen. Ich habe Ihnen dies da¬ 
mals auf Grund unserer. Untersuchungen bei anderen Infektionskrank¬ 
heiten, weniger bei Tuberkulose, vortragen dürfen. Heute verfüge 
ich auch über ein größeres Material von Opsoninuntersuchungen bei 
Tuberkulose und ich kann meine damaligen Schlußfolgerungen heute 
vollinhaltlich, auch was die Tuberkulose anlangt, bestätigen. 

Ein Unterscheidungsmerkmal ist vielleicht hier bei dem Resultat 
der Onsoninuntersuchungen mit den Tuberkelbazillen anzuführen, 
nämlich daß der phagozytische Index bei den Tuberkelbazillen keinen 
so großen Schwankungen bei den verschiedenen Untersuchungen 
an verschiedenen Tagen ausgesetzt ist, wie es bei anderen Bak¬ 
terien der Fall ist. Wer aber diese phagozytischen Indizes bei den 
anderen Bakterien irgendwie anzweifelt, dem muß ich raten, daß er 
derartige Untersuchungen auch mit diesen Bakterien öfter an ver¬ 
schiedenen Tagen ausführt und nicht aus den Resultaten der phago¬ 
zytischen Indizes bei Tuberkelbazillen auch auf die der anderen 
Bakterien Schlüsse zieht; er wird dann zu denselben Resultaten bei 
objektiver Beobachtung wie ich gelangen. . 

Was also den Wert des opsonischen Index bei Tuberkulösen 
anlangt, so muß ich hier auf Grund meiner Untersuchungen bei 22 
Patienten behaupten, daß derselbe uns nicht den geringsten Anhalts¬ 
punkt dafür gibt, ob es einem Patienten gut oder schlecht geht, ob 
eine Tuberkulininjektion angezeigt ist oder nicht usw. Nur eins 
scheint manchmal aus den Zahlen herausgelesen werden zu können, 
daß bei Patienten, welchen es sehr schlecht geht und welche kurz vor 
dem Exitus stehen, der opsonische Index sehr niedrig ist. Dies ist 
aber auch keineswegs regelmäßig der Fall (unter 10 derartigen Fällen 
6 mal). Ich verzichte deswegen auf die Festimmung des opsonischen 
Index bei der Tuberkulinbebandlung der Tuberkulose vollständig und 

habe dabei die Genugtuung, daß auch fast alle übrigen Autoren 
dies tun. 









350 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 22 


Alles in allem werden Sie sich nach dein Vorgetragenen sagen, 
daß die sichtbaren objektiven Erfolge der Tuberkulinbehandlung bis 
jetzt noch anscheinend gering sind. Wir dürfen aber die Flinte nicht 
ins Korn werfen, da wir ja noch ganz in den Anfängen der Tuber¬ 
kulintherapie stehen und es nicht ausgeschlossen ist, daß sobald wir 
einmal besonders das Wesen der Gewebsimmunität erfaßt haben, 
wir dann auch auf diesem Gebiete voraussichtlich weiterkommen 
werden. 

13. Steffen faßt sein Resultat bei der Behandlung der 
Lungentuberkulose mit Tebean folgendermaßen zusammen: 

1. Reaktion: Bei kleinsten Dosen Tebean tritt in der 
Mehrzahl der Fälle eine Steigerung der Temperatur ein. Die subjek¬ 
tiven Erscheinungen stehen im Verhältnis zu der Höhe der Reaktion 
resp. des Fiebers. 

2. Beeinflussung des Fiebers: Im Anschluß an 
die reaktive Steigerung der Temperatur am selben oder dem der 
Injektion folgenden Tage fällt meist die Temperatur lytisch all¬ 
mählich entweder zur Norm ab, oder doch auf ein vorher nicht er¬ 
reichtes Niveau. Durch Wiederholung dieses Vorgangs kann es zur 
völligen Entfieberung kommen (Fall 5 und 7). 

3. Therapeutisches Resultat: Behandelt wurden 
nur ausgedehnte, infiltrierende und käsig pneumonische Prozesse 
und progrediente Fälle, bei denen eine längere klinische Behand¬ 
lung unter klimatisch günstigen Bedingungen keinen Erfolg aufzu¬ 
weisen hatte, die vielmehr von den verschiedensten Beobachtern 
als ».verlorene Fälle“ angesprochen wurden. 

Von 9 Fällen scheiden 2 aus, bei denen die Kur aus äußeren 
Gründen vorzeitig abgebrochen werden mußte. 

In Fall 8 konnte der ungünstige Verlauf nicht aufgehalten 
werden. Die übrigen wurden günstig beeinflußt. 

3 Kranke mit mehrlappig doppelseitigen, infiltrierenden Pro¬ 
zessen wurden in bezug auf Temperatur, Körpergewicht, subjektives 
Befinden und Auswurf erheblich, aber nur vorübergehend gebessert 
(Fall 1, 3 und 4). 

Die 3 Kranken mit mehrlappig, vorwiegend einseitigen, käsig- 
pneumonischen Prozessen (Oberlappen und Teile des Unterlappens) 
wurden 2 (Fall 5 und 7) geheilt, einer wurde Unterlappens) wurden 
sämtlich geheilt. 

Dieser günstige Verlauf in Fall 5 (schweres Rezidiv) und Fall 
7 und 9 (akuter florider Prozeß) übertrifft die Erfolge von unerwar¬ 
teter Besserung, die spontan im Verlauf der Lungentuberkulose aufzu¬ 
treten pflegen. 

14. Zahn arbeitete mit Calciumchlorid zur Anreicherung der 
Tuberkelbazillen und fand dabei folgende Vorzüge: 

1. Dem gewöhnlichen Ausstrichverfahren ist es, ebenso wie die 
übrigen Anreicherungsverfahren, weit überlegen. 

2. Gegenüber dem Biedert sehen Sedimentierungsverfahren 
hat es vor allem den Vorzug der ungleich raschen Ausführbarkeit. 

3. Den gleichen Vorzug bietet es gegenüber der Ligroinmethode. 

4. Es ist ergiebiger als das Biedert sehe und das K r ö n i g - 
sehe Verfahren, ermöglicht eine bessere Fixierung des Ausstrichs 
auf dem Objektträger und macht eine Zentrifuge entbehrlich. 

5. Gegenüber den Antiforminmethoden bietet es den Vorteil, 
daß nicht mit virulentem Material gearbeitet wird: hierzu kommt 
überdies noch der Wegfall jedes fixierenden Zusatzes sowie unter 
Umständen der Zentrifuge. 


Referate. 

Referent: W. H. Becker, Weilmünster. 

Ein Fall’’von chronischen Hautblutungen von Stabsarzt 
Dr. Bind er-Berlin. Deutsche medizinische Wochenschrift, No. 13, 
1910. 

In dem Garnisonlazarett I zu Berlin hat der Verfasser bei 
einem 20jährigen Rekruten eine seit dem 17. Lebensjahre bestehende 
multiple kommende und wieder vergehende subkutane Hautblutung 
beobachtet, deren Antiologie zunächst unklar war. Nach Versuchen 
mit Volkmannschen Schienenverbänden, die den Verdacht von Arte¬ 
fakten ausschlossen, wurde nach hysterischen Symptomen gefahndet 
und hierbei Analgesie des ganzen Körpers, Herabsetzung der Haut- 
und Sehnenreflexe, sogar Fehlen der Gaumen- und Sohlenreflexe, Er¬ 
müdungsreaktion der Pupillen und eine starke vasomotorische 
Erregbarkeit der Haut gefunden. Daraufhin wurde, trotz des 
Fehlens einschlägiger gleicher Fälle in der Literatur, das Haut¬ 
bluten als hysterisches Symptom gedeutet und der Patient als 
dienstunbrauchbar entlassen. 

Ueber abnorme Temperaturempfindungen. Ein neues 
klinisches Symptom von Dr. Sugar-Budapest. Deutsche medi¬ 
zinische Wochenschrift, No. 12, 1910 

In der dritten medizinischen Universitätsklinik in Budapest 
hat Verfasser in 25 Fällen ein neues eigenartiges Symptom gefunden, 
das an die Strümpellsche paradoxe Temperaturempfindung erinnert, 
aber doch insofern anders ist, als bei sonst normaler Wärme¬ 
empfindung die Haut einzelne Gebiete besitzt, in denen die Be¬ 
rührung zweier warmer Reagenzgläser dicht nebeneinander hper- 
ästhetisch, also schmerzhaft heiß wirkt. S. fand dies bei 25 an 
polyinsulärer Sklerose Leidenden, niemals bei Gesunden sowie bei 


Hysterischen und Myalitikern. „Weitere klinische und histologische 
Untersuchungen an Rückenmarksleidenden und Nervenkranken 
— welche bereits im Gange sind — werden es entscheiden, in¬ 
wiefern dieses Symptom bei der Differentialdiagnose der polyinsu- 
lären Sklerose verwendbar ist. Die bis jetzt erzielten Resultate 
sind vielversprechend! »■ 

Statistik und Vererbung in der Psychiatrie von Dr. 

Weinberg-Stuttgart. Klinik für psychische und nervöse Krank¬ 
heiten, Band V, Heft I, 1910. 

In der Vereinigung württembergischer Irrenärzte spricht 
Verfasser, obwohl nicht Psychiater, über obiges Thema, mit dem 
er sich offenbar viel beschäftigt hat. Ein Fehler in der Behandlung 
der Vererbungsfrage sei der, daß jeder Autor seinen eigenen Weg 
ginge und sich zu wenig um die Wege anderer kümmere; es läge 
also zu wenig Methodik in der ganzen Forschung auf diesem Gebiet. 
Mit dieser kritischen Bemerkung beginnend, kennzeichnet sich im 
weiteren Verlauf der ganze Vortrag lediglich als Rezension der ein¬ 
schlägigen Veröffentlichung, ohne eigene Berechnungsergebnisse 
und mit allerdings zum Teil wertvollen Hinweisen auf ergiebige 
statistische Erhebungen und auf Erforschungen bisher ungelöster 
Fragen. In jedem Punkte kann ich allerdings Verfasser da nicht 
recht geben. Wenn er z B. meint, daß wir Psychiater die exogenen 
Schädlichkeiten zu wenig beachteten gegenüber den endogenen, so 
möchte ich dem entgegenhalten daß wir allerdings ein Recht dazu 
haben, in den äußeren Gelegenheitsursachen nur den Anlaß für eine 
latent bestehende oder wenigstens der Veranlagung nach drohende 
Psychose erblicken. Hat die Kritik mir neulich doch sogar über¬ 
standene Meningitis als lediglich auslösendes Moment oder wenig¬ 
stens nebensächliche nur seltene Ursache hinstellen wollen! — Auch 
kann ich dem Verfasser nicht recht geben, wenn er meint, daß die 
nötigen Opfer an Zeit und Geld gering sind bei diesen Forschungen. 
Im übrigen enthält der Vortrag manchen wichtigen Punkt und 
wirkt besonders erfreulich angesichts der Tatsache, daß auch in 
außerpsychiatrischen Kreisen der vorliegenden Frage Beachtung 
geschenkt wird. 


Technische Neuerscheinungen. 


Umsponnene Irrigatorschläuche mit leicht auswechsel¬ 
baren Gummienden. 

Die Vorzüge dieser Schläuche (D. R. G. M.) be¬ 
stehen darin, daß die beiden aus Gummi bestehenden 
Endstücke, die naturgemäß am meisten der Abnutzung 
unterworfen sind, mit größter Leichtigkeit von dem 
übersponnenen Schlauchteil demontiert und neue End¬ 
stücke mit gleicher Bequemlichkeit aufgebracht werden 
können, wogegen bei den bisher in Handel befindlichen 
Schläuchen diese Endstücke mit dem umsponnenen 
Schlauchteil fest verbunden sind und nur durch den 
Fachmann ausgewechselt werden können. 

Dieser Uebelstand ist bei dem neuen Modell voll¬ 
ständig beseitigt und erst dadurch ist dem ganzen 
Schlauch die außerordentliche Dauerhaftigkeit ver¬ 
liehen, die man bei den umsponnenen Schläuchen vor¬ 
aussetzt und der sie ihre Beliebtheit verdanken. 
Kasseler Gummiwaren-Fabrik H. Nickel & Co., Kassel. 

Rosen. 

Ein sterilisierbarer Katheterhalter. 

Von Dr. Emil Schweinburg (Brünn). 

(Wiener klinische Wochenschrift 1910 Nr. 13.) 

Wer in seiner Ordination wiederholt den Katheteris¬ 
mus durchzuführen genötigt ist, wer Gelegenheit hat, zu 
sehen, wie Prostatiker einigemal im Tage sich katheteri- 
sieren, wird öfter wohl den Wunsch empfunden haben, 
statt den Katheter in der gewohnten —- nicht immer 
einwandfreien Weise — einzuführen, dies mit einem 
Instrumente tun zu können, das den vielfachen Uebel- 
ständen abzuhelfen vermag, in erster Linie die Be¬ 
rührung der Finger ausschließt. 



Nr. 22 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


351 


Das Instrument, das diesem Zwecke entsprechen 
soll, besteht aus zwei je 5 cm langen, 2 1 /« cm breiten 
Blättern, die an einer der Längsseiten mittels Schar¬ 
nieren und einer Spiralfeder verbunden sind; es ist aus 
Metall, gleichmäßig stark vernickelt, daher vollkommen 
auskochbar. Die Außenflächen sind leicht konvex und 
gerifft (um das Festhalten mit den Fingern zu unter¬ 
stützen), die Innenflächen sind glatt und konkav. 

Die Handhabung ist sehr einfach. Der sterile 
Katheter wird mit dem sterilisierten Katheterhalter ge¬ 
faßt, eingefettet und in die Harnröhre eingeführt; ist der 
Katheterhalter nahe dem Orifizium, wird er nach auf¬ 
wärts geschoben (bei halbharten etwas höher, als bei 
weichen Kathetern), der Katheter weiter eingeführt, 
dieser Vorgang nun solange wiederholt, bis der 
Katheter in der Blase ist. Das Einführen vollzieht sich 
vollkommen einwandfrei, das Tastgefühl ist in keiner 
Weise beeinflußt. 

Das Instrument wurde von der Firma Josef & 
Ludwig Hlavka in Brünn angefertigt. 

Rosen. 


Stationär-transportabler Gltihlichtapparat „Universal“ 
für lokale und allgemeine Behandlung nach Dr. Joseph 
Deutsch in Kiew. 

Folgende drei Postulate müssen erfüllt werden: 

1. Im Glühlichtbade muß während der Behandlung 
eine ausgiebige natürliche Ventilation stattfinden, um 
die Luft im Apparate möglichst rein und trocken zu 
halten. 

2. Die strahlende Wärme der Glühlampen, der beim 
therapeutischen Effekt die Hauptrolle beizumessen ist, 
muß als solche in vorteilhaftester Weise ausgenutzt 
werden. 

3. Der thermische Reiz des Glühlichts muß ad 
libitum dosierbar sein. 

Diesen auf wissenschaftlicher Basis stehenden An¬ 
forderungen entspricht der nach Dr. Deutsch kon¬ 
struierte stationär transportable Glühlichtapparat „Uni¬ 
versal“, der im allgemeinen folgende Konstruktion dar¬ 
stellt: 

Ein einfacher Holzrahmen, der mit 5 parallelen, in 
allen Richtungen beweglichen Holzleisten versehen ist, 
wird während des Gebrauchs auf 4 Füßen aufgestellt 
(transport. Typus) oder mittels Scharnier-Kronsteinen 
an der Wand befestigt (Station. Typus). 

Im Rahmen sind mehrere seitliche Ausschnitte vor¬ 
handen, die immer offen bleiben, um die natürliche 
Ventilation sicherzustellen; der Apparat wird übrigens 
während der Funktion locker mit einem leichten Stoffe 
bedeckt, so daß der erwärmten Luft nur -minimale Hin¬ 
dernisse zum Entweichen gestellt werden. 

An den erwähnten Holzleisten sind Glühlampen aus 
weißem Glas mit parabol. Reflektoren versehen, 
armiert, um die strahlende Wärme am zweckmäßigsten 
ausnützen zu können. 

Der Abstand der Glühlampen von der Körper¬ 
oberfläche des Patienten ist regulierbar, dank einer 
speziellen Vorrichtung, mittels welcher die Holzleisten 
in den Ausschnitten des Rahmens angebracht sind. 

Im großen und ganzen bietet der Apparat „Uni¬ 
versal“ mannigfaltige Vorzüge: Einfachheit, Sauberkeit, 
Handlichkeit, Billigkeit der Konstruktion und des Be¬ 
triebes, infolge geringen Konsums elektrischer Energie, 
große Bequemlichkeit für die Patienten; schonende Wir¬ 
kung; Anwendbarkeit für verschiedene Indikationen. 
Genaue Dosierung des thermischen Reizes durch Regu¬ 


lierung des Abstandes der Glühlampen von der Körper¬ 
oberfläche des Patienten und vor allem: Ausgiebige 
natürliche Ventilation des Apparates während der 
Funktion, da der erwärmten Luft beim richtigen Ge¬ 
brauche nur minimale Hindernisse zum Entweichen 
gestellt werden. Fabrikant W. Hilzinger - Reiner, 
Stuttgart. 

Medizinische Klinik 1910 Nr. 18. Rosen. 


Allgemeines. 


Die Gesellschaft Deutscher Nervenärzte fordert zur Be¬ 
teiligung an der gelegentlich der diesjährigen in Berlin stattfindenden 
Tagung der Gesellschaft Deutscher Nervenärzte in Aussicht ge¬ 
nommenen Ausstellung anatomischer Präparate aus dem Gebiete 
der Neurologie auf. Die Ausstellung findet vom 6.-8. Oktober in 
den Laboratoriumsräumen der Nervenklinik der Charitee statt und 
soll sich wesentlich auf die Demonstration makroskopischer Präparate 
(und von diesbezüglichen Abbildungen, z. B. Röntgenogrammen) 
beschränken. Sendungen sind in den letzten Tagen des September 
oder den ersten Tagen des Oktober zu richten an Herrn Präparator 
Zimmermann, Nervenklinik des Chariteekrankenhauses, Berlin NW. 6, 
Schumannstraße 20/21; Anmeldungen und Anfragen an M. Lewan- 
dowsky, Berlin Grunewald, Caspar Theysstr. 18. 

London. Eine im vorigen Jahr von der Regierung ernannte 
„Narkose-Kommission“ hat nach mehr als einjähriger Tätigkeit 
ihre Beratungen abgeschlossen, so daß ihr Bericht dem Parlamente 
vorgelegt wurde. Aus dem Berichte geht hervor, daß sich die 
Todesfälle in oder infolge der Narkose in .bedenklicher Weise häufen“; 
von 155 im Jahre 1905 sind sie auf 235 im Jahre 1908 gestiegen 
und ,,da eine wesentliche Anzahl hätte vermieden werden können“, 
so beantragt die Kommission: 1. Jeder Todesfall während oder 
infolge der Narkose sei der Behörde anzuzeigen, die gegebenenfalls 
die gerichtliche Untersuchung einzuleiten habe. 2. Es sei nur 
qualifizierten Medizinern oder Zahnärzten gestattet, allgemeine Narkose 
vorzunehmen. 3. Zahnärzte sollen sich nur des Lachgases als Be¬ 
täubungsmittel bedienen. 4. Spinalanästhesie sei nur den Aerzten 
(Chirurgen) gestattet. 5. Mediziner und zahnärztliche Studenten 
müssen einen Narkotisierkursus von mindestens drei Monaten durch¬ 
gemacht haben und seien im Narkotisieren zu prüfen. 6. An der 
medizinischen Fakultät sei eine spezielle Abteilung einzurichten, die 
sich mit der praktischen und theoretischen Erforschung der Narkose 
und aller einschlägigen Fragen zu beschäftigen habe. 

Der Deutsche milchwirtschaftliche Verein (Geschäftsstelle : 
Berlin-Friedenau, Friedrich Wilhelm-Platz 2) versendet folgendes 
Preisausschreiben: Durch neue Untersuchungen, die zum Teil 
wenigstens am Menschen selber vorzunehmen sind, soll der ver¬ 
gleichende Nährwert der rohen und gekochten Milch (pasteurisierten, 
sterilisierten oder getrockneten) festgestellt werden. Falls sich die 
Ueberlegenheit der rohen Milch herausstellt, soll die Rolle, die die 
Zymasen bei der Ernährung spielen, festgestellt werden. 

Die als Antwort auf obige Preisfrage verfaßten Arbeiten sind 
an die Hauptgeschäftsstelle der Federation internationale de laiterie, 
23 rue David Desvaches, Bruxelles-Uccle (Belgien) bis zum 1. April 1911 
einzusenden. Folgende Bestimmungen sind für diese Preisbewerbung 
festgesetzt: 

1. Es ist ein Preis von 500 Fr. für die beste Arbeit bei Be¬ 
antwortung einer Frage auf wissenschaftlichem oder technischem 
Gebiet, die vom Bureau permanent de la Federation internationale 
de laiterie gestellt ist, gestiftet. 

2. Die Preisverteilung findet auf den Tagungen des Congres 
internationaux de laiterie statt. 

3. Die eingesandten Arbeiten zur Beantwortung der Preisfrage 
können gedruckt oder mit Schreibmaschine hergestellt und fran¬ 
zösisch, deutsch oder englisch verfaßt sein. Es müssen jedesmal 
fünf Exemplare eingesandt werden. 

4. Ein internationales Preisgericht von fünf Mitgliedern wird vom 
Bureau permanent zur Beurteilung der Preisarbeiten ernannt werden. 

5. Die Preisarbeiten müssen drei Monate vor dem festgesetzten 
Termin der Sitzung des Congres international de laiterie an die 
Hauptgeschäftsstelle eingesandt werden. 

6. Im Fall keine der eingesandten Arbeiten des Preises für 
würdig befunden wird, kann die ausgeschriebene Summe für die 
nächste Preisaufgabe zurückgestellt werden, wo dann zwei Arbeiten 
ausgezeichnet werden können. 



352 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 22 


Bücherbesprechung’en. 


Das Jahrbuch des „Aerzte=Esperanto=Welt=Bumles“ liegt 
schon im 2. Jahrgang vor. Aus der Mitgliederliste muß festgestellt 
werden, daß sich die Gesellschaft in Jahresfrist nahezu verdoppelt 
hat und jedenfalls mit ihren 630 Mitgliedern die respektabelste 
internationale Aerzte-Gesellschaft darstellt, die jemals da war! 
Neben der Liste enthält das schmucke Bändchen Aufsätze über 
„Das Rote Kreuz und Esperanto“, „Medizinische Terminologie“ 
usw. Zusammen mit der Monatschrift „Voco de Kuracistoj“ 
(Aerzte-Stimme) ist das „jarlibro“ ein sprechender Beweis dafür, 
wie weit im Grunde die Frage der internationalen Hilfssprache in 
der Praxis bereits gediehen ist. — r 

Ende des redaktionellen Teils. 


Kleine Mitteilungen. 

Ueber Kefyrkuren mit Kefyrogen. Von Dr. Friedrich Baruch, 
gew. Sekundärarzt am k. k. Rudolfsspital in Wien. (Deutsche 
Medizinal-Zeitung 1910, Nr. 8.) 

„Kefyrogen“ ermöglicht es, im Haushalt auf einfachste und 
bequemste Weise zu wohlfeilem Preise einen Kefyr von wohl un¬ 
übertrefflicher Reinheit herzustellen. Kefyrogen ist reinstes Kefyr- 
ferment von höchster Gärungsfähigkeit, für dessen Konstanz seine 
durch Deutsches Reichspatent geschützte Darstellung bürgt. Demnach 
hat auch der mit diesem Präparat gewonnene Kefyr den für die 
Ernährungstherapie ungemein wichtigen Vorzug der stets gleich¬ 
mäßigen Gärungsentwicklung und Stärke. Vor dem fertig 
bezogenen Kefyr hat er noch den bedeutenden Vorteil, daß man 
seinen Kalorienwert und damit seinen allgemeinen Nährwert durch 
Wahl einer mehr oder weniger fettreichen Milch nach Lage des 
Falles selbst bestimmen kann Für Mastkuren wählt man eine fett¬ 
reiche, wenn die anregende, stimulierende oder diuretische Wirkung 


mehr zur Geltung kommen soll, eine fettarme Milch. Unter Um¬ 
gehung der von dem Autor publizierten Kasuistik seien nur noch 
seine Schlußfolgerungen, gekürzt um einige unwesentliche Details, 
hier wiedergegeben: 

..Aus dieser kleinen Auslese der Kefyrkuren ergibt sich, daß 
Kefyrogen überall da angewandt werden kann, wo im allgemeinen 
Milchkuren indiziert sind. Die Tendenz der Kefyrkuren geht dahin, 
nicht nur ein Nahrungsmittel zugleich zu sein und so zur Hebung 
der Ernährung, des Körpergewichts und der Kräfte beizutragen, 
sondern auch den öfters daniederliegenden Appetit anzuregen. In¬ 
diziert sind Kefyrkuren vornehmlich bei Anämie, allgemeiner 
Körperschwäche, Erschöpfungszuständen, chronischer 
Tuberkulose, im Rekonvaleszentenstadium nach Infektionskrank¬ 
heiten (Masern, Scarlatina usw.), bei Nervenerkrankungen (Neu¬ 
rasthenie und Hysterie), Nierenentzündungen, Gicht. Eine besonders 
genaue Individualisierung nach Quantität und Alter des Kefyrs —■ 
ob ein-, zwei- oder dreitägiger — erfordert seine Verwendung bei 
Magen-Darmerkrankung, wobei besonders zu berücksichtigen ist, 
daß eintägiger Kefyr abführende Wirkung hat, zweitägiger neutral 
ist und dreitägiger stopfend wirkt.“ 

Das „Kefyrogen“ wird von der Firma Goedecke & Co, Berlin, 
in den Handel gebracht. 

Bad Salzbrunn, das pünktlich am 1. Mai seinen vollen Kurbetrieb 
eröffnet hat, erfreut sich eines sehr regen, annähernd doppelt so 
starken Besuches wie in der gleichen Zeit des Vorjahres. Die Kur- 
musik spielt seit dem 1. Mai regelmäßig 2 bis 3 mal täglich. Am 

28. Mai findet die erste große Beleuchtung der Anlagen statt. Am 

29. Mai öffnet das ständige Kurtheater unter der alten bewährten 
Leitung der Frau Ewers seine Pforten. Unter der Leitung des 
Direktors der Breslauer Singakademie Theodor Paul werden durch 
ein gut geschultes Ensemble während der diesjährigen Saison größere 
Gesangs-Aufführungen veranstaltet werden. Auen in hygienischer 
Beziehung hat Salzbrunn einen entscheidenden Schritt vorwärts 
getan: die Kanalisation mit biologischem Klärsystem ist mit dieser 
Saison endgültig zur Einführung gelangt. 


5 Zeitschrift für Zahnheilhunde * 

Halbmonatsschrift 

für die wissenschaftlichen und sozialen Interessen des Zahnarztes 

mit den vierteljährlichen Beilagen: 

Die zahnärztlich-soziale Fürsorge — Die zahnärztlich-chirurgische Prothese — Die zahnärztlich-therapeutische Revue. 

Redaktion: Zahnärzte Bernstein, Dalimann, Dr. Julius Misch, Müllcr=S ade. 


1 

§ 

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% 


Verantwortlicher Redakteur für den 
wissenschaftlichen Teil: 

Zahnarzt Dr. Julius Misch, Berlin W. 30. 


Verantwortlicher Redakteur für den 
sozialpolitischen Teil: 

Zahnarzt Mülle r = Stade, Charlottenburg 4 . 


<> Die,,Zeitschrift für Zahnheilkunde“ erscheint am 5. und 20. jeden Monats. I jährlich, für die übrigen Länder des Weltpostvereins M. 6,— jährlich C# 
Das Abonnement beträgt für Deutschland und Oesterreich-Ungarn M. 5, - | Preis der Einzelnummer 25 Pf. ^ 


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Verantwortlich für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. med. A. Moeller,Berlin W. 35. Eür „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Mas Muttcsintiki. Berliu-Bixdorf, 
Verlag: G-uetav Ekrke ßeiteckriftenverlag, Berlin W. 9, — Druck; Jt, Soll, Berlin rNW.7, Georgener- §8, 


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Die irregeführten Aerzte 

oder die 

mysteriösen „Einheiten” 

oder die 

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eine Tragikomödie. 


Ein kleiner Beitrag zur Aufklärung der Aerzte über wirkliche und fiktive 
Emanationstherapie, sowie über wirkliche und fiktive Aktivitäts=Einheiten. 


Radium-Heil-Gesellschaft m. b. H., Charlottenburg 4. 

Broschüren gratis und franko. 


„Audiatur et altera pars“. 


Ein kürzlich den Aerzten zugesandtes und diversen Zeitschriften beigelegtes Pamphlet einer 
Firma, in deren sonderbare Meßmethoden und Oeschäftsüsancen wir mit unseren Publikationen 
über die wirklichen Grundlagen der Radium-Therapie wirkungsvoll hineingeleuchtet haben, 
und die nun zu offenkundigen Unwahrheiten, Verdächtigungen und Verleumdungen greift, um die 
Aufklärung der jahrelang erfolgreich irregeführten Aerzte zu verhindern, zwingt uns zu dieser 
öffentlichen Erklärung, damit ein vornehmes Ignorieren dieser sich selbst richtenden Ausfälle nicht 
als „qui tacet consentire videtur“ ausgeschlachtet werden kann. 

Es ist nicht wahr, das die erwähnte Firma die Emanationstherapie eingeführt hat. Den Anstoss 
zur Radiumtherapie hat bereits im Sommer 1903 Herr Dr. Saubermann durch Mitteilungen an den 
bekannten Internisten Prof. Schlesinger in Wien gegeben. 

Es ist nicht wahr, daß wir uns an das Laienpublikum wenden, denn wir liefern nur auf ärzt- 
liche Verordnung Präparate für Radiumkuren. 

Es ist nicht wahr, daß wir die über Anderes abgegebenen „günstigen“ Gutachten für uns in 
Anspruch nehmen. Wir sagen in unserer Broschüre ausdrücklich, dass die bisherige Radiumtherapie 
durch Verschulden jener Firmen, die ihre Präparate mit schwindelndhohen „Einheiten“ zur 
Täuschung der Aerzte etiquettieren, diskretiert wurde. 

Es ist nicht wahr, daß die von uns im Interesse der Radiumtherapie, also aller ehrlich ar¬ 
beitenden Radium-Gesellschaften, veranstalteten Vorträge die Emanationstherapie schädigen können. 
Denn gerade unsere Enthüllungen haben die Ursache aufgedeckt, warum unter Hundert 
Aerzten neunundneunzig nur Mißerfolge erzielen mußten. Es ist unser Verdienst, gezeigt zu 
haben, daß die von gewissen Firmen angegebenen Einheiten keine Mache-Einheiten, sondern 
eintausendfach kleiner sind. 

Es ist nicht wahr, daß der bestens bekannte Radiumforscher Dr. Saubermann in seinen Vorträgen 
eigene Heilerfolge anführte, die er selbst durchgeführt habe. Eintausend Aerzte, darunter die her¬ 
vorragendsten Vertreter der Berliner medizinischen Schule, können bezeugen, daß Herr Dr. Saubermann 
nur eine Anzahl von Fällen anführte, die von praktischen Aerzten mit 1000 oder mehr Mache-Ein¬ 
heiten pro Tag behandelt wurden. Dass wir einen Physiker und zwar einen der ersten, seit 1900 
wirkenden Radiumdarsteller und em. Assistenten des Prof. Pictet, und nicht etwa einen Arzt ins 
Treffen schickten, hat seinen Grund in den Verhandlungen des 31. Baineologischen Kongresses, 
in denen Dr. Weiss und Dr. Löwenthal unter dem Beifalle der Versammlung erklärten, daß man 
das entscheidende Wort über die Messmethoden dem Physiker überlassen müsse. 

Es ist nicht wahr, daß Uber die Heilwirkung von Radium bei Diabetes keine klinische Arbeit 
vorliegt, da wir deren schon eine ganze Anzahl gesammelt haben, übrigens auch alle Fälle von 
Diabetes in den Kurorten der richtigen Radiumtherapie anzureihen sind. 

Es ist nicht wahr, daß Nephritis eine Kontra-Indikation der wirklichen Radiumtherapie ist, 
denn auch in dieser Hinsicht liegen uns überraschende Erfolge vor. 

Wahr ist nur, daß die jedem praktischen Arzt bekannten Zufallserfolge wissenschaftlicher 
auch ganz wertloser Präparate bei Gicht und Rheumatismus von verschiedenen Seiten dazu be¬ 
nutzt werden, um eine in der Geschichte der Pharmakopoe beispiellose Ausbeutung des Publikums 
zu treiben, die noch hundertfach das übertrifft, was die sozialdemokratische Presse mit Recht als 
Medikamentenwucher bezeichnet. Werden doch in Apotheken 10 ccm destilliertes Wasser mit 
Gehalt von 1000 Volt (1 Mache-Einheit!) um 50-75 Pfg. verkauft, deren wahrer Wert den 
tausendsten Teil eines Pfennigs beträgt. 


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200 Mk. zu 3,6°o Verzinsung entsprechen 2 Pfennig täglich; demnach kosten 

diese 1000 Mache-Einheiten 

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Zum Vergleich: Andere Firmen liefern höchstens 10,000 Einheiten, das sind 
10,000 Volt, demnach 9 Mache-Einheiten für eine Mark; sie verlangen demnach für 

1000 ^acbe = Bit)beitet) 110 anl<l 


Aerzte, besonders ausserhalb Berlin, die mit angeblich radioaktiven 
Wasser trotz schwindelnd hohen Einheiten=Gehalts keine Resultate erzielten, 
erhalten kostenlose Auskunft und Aufklärung von der 

Radium=Heil-Gesellschaft m. b. H. 
Charlottenburg 4, Kaiser Friedrichstr. 52. 




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Die Wissenschaft misst Radioaktivität nur nach 

Mache=Einheiten! 

Die Badeorte publizieren die Stärke ihrer Quellen in 

Mache=Einheiten! 

Alle anderen zur Irreführung der Mediziner und Laien ohne genauere 
Bezeichnung angegebenen Einheiten sind bloss Voltabfallzählungen, 

ergo in Wirklichkeit 

tausendmal kleiner. 

1000 (Volt-) Einheiten = 1 Mache=Einheit! 
5000 (Volt-) Einheiten = 5 Mache Einheiten! 


Radium-Heil-Gesellschaft m. b. H., Charlottenburg 4. 
Broschüren gratis und franko. 




Therapeutische Rundschau 

Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 


Redaktion. 

Professor Dr. med A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 
Telephon: Amt VI, 17 271. 


Verlag und Expedition 

Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 

Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. 


Berlin, 5. Juni 1910. 


Nr. 23 . 


Die ^Therapeutische Rundschau* erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den 
Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluß abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per 1000 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 
Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 



Inhalt: 


Originalien: 


353 


Schulhygiene. Zahnpflege in England und Amerika 
Roth: Diätetische Pflege der Säuglinge nach J. F. 

Zückert 1764 . 354 

Engelen, Düsseldorf: Hydrotherapie bei Stoffwechsel¬ 
erkrankungen .356 

Referate: 

Moeller, Berlin: Lungenleiden.359 


Grumach, Berlin: Hautkrankheiten.360 

Winckler, Berlin: Nahrungs- und Genußmittel . . . 362 

v. Rutkowski, Berlin, Geißler, Neu-Ruppin: Varia . 363 

Technische Neuerscheinungen: 

Bösenberg, Berlin: Ein neuer Heißluft-Inhalations¬ 
apparat .365 

Allgemeines: .366 

Bücherbesprechungen: . 366 


ORIGINALEN. 


Schulhygiene. 

Zahnpflege in England und Amerika. 

Zähne fürs Volk. Zu den zahlreichen Zeichen 
körperlicher Vernachlässigung und Entartung, die sich 
dem Beobachter bei einer Durchwanderung der 
ärmeren Viertel englischer Städte aufdrängen, gehören 
schlechte Zähne. Gar oft sieht man z. B. junge 
Mädchen mit hübschen, frischen Gesichtern, deren Reiz 
völlig vertilgt wird, wenn sie lachen und dabei mi߬ 
farbiges, geschwollenes Zahnfleisch, Zahnlücken und 
schief stehende,, blau angelaufene Zähne enthüllen. In 
verständiger Körperpflege ist England, wo das tägliche 
Bad den obern Klassen beinahe ein Glaubenssatz, ist, 
allen Nationen vorangegangen —einen Schmutz, wie in 
den Londoner Slums, findet man dagegen in keiner 
deutschen Stadt; so hat England auch zuerst eine regel¬ 
mäßige Reinigung des Mundes und des Gebisses ein¬ 
geführt, und doch stellt es, wenigstens in Europa, an 
schadhaften Zähnen einen Rekord auf. Sehr schlecht 
sind auch die Zähne im angelsächsischen Nordamerika, 
wo indessen die Sitte, zwischen heißen Speisen eis¬ 
kaltes Wasser zu trinken, leicht die Ursache erklärt. 
Seit einiger Zeit hat man in England angefangen, die 
Kinder der Elementarschulen ärztlich zu überwachen; 
die Untersuchungen, die kürzlich in einem Bericht zu¬ 
sammengestellt worden sind, scheinen jedoch in den 
' einzelnen Bezirken mit so verschiedener Sorgfalt ge¬ 
führt worden zu sein, daß ein auf das Gesamtergebnis 
sich stützendes Urteil nur beschränkten Wert hat. Be¬ 
sonderen Nachdruck legt, wie wir der „Times“ ent¬ 
nehmen, der Bericht auf die sehr genau angestellten 
Untersuchungen in Cambridge. Die Kinder mit ge¬ 
sunden Zähnen machten dort im dritten und vierten 
Lebensjahr etwas über 11 pCt. aus, im sechsten und 
siebenten Lebensjahr sank der Prozentsatz auf zwei, 
nach dem zehnten Jahre auf Null. Im dreizehnten 
und vierzehnten Jahre hatte die Hälfte der Kinder je 
neun und mehr hohle Zähne. Es ist heute allgemein 
bekannt, daß schlechte Zähne kein reines lokales Uebel 


sind, sondern oft durch mangelhaftes Kauen und 
faulende Substanzen die Ernährung und damit den Ge¬ 
sundheitszustand des ganzen Körpers empfindlich 
schädigen. So werden im Durchschnitt von 1000 
Rekruten 64 wegen „Verlustes oder Schadhaftigkeit 
vieler Zähne“ ausgesondert. Was die ärztliche Zahn¬ 
pflege angeht, so ist für die mittellose Bevölkerung un¬ 
entgeltliche Behandlung in besonderen Hospitälern 
vorgesehen, — nach den auffallend schlechten Zähnen 
der untersten Klassen zu urteilen, scheint von dieser 
Vergünstigung weniger Gebrauch gemacht zu werden, 
als man annehmen sollte. Für die wohlhabenden Leute 
sind eine Menge Zahnärzte da, die auf der Höhe ihrer 
Kunst stehen. Am schlimmsten ist die Lage der breiten 
Schichten, die auf eine unentgeltliche Behandlung 
keinen Anspruch erheben können und wollen, die aber 
anderseits nicht die Preise durchaus zuverlässiger und 
geschickter Zahnärzte erschwingen können. Gute 
Zahnärzte schreiben nämlich in England, wie ander¬ 
wärts, oft Rechungen, die Zähneknirschen erwecken. 
Aber wer will den ersten Stein auf die Zahnärzte 
werfen, wenn sie so viel nehmen, wie die Kunden ihnen 
bezahlen, ohne offen zu revoltieren! Die Folge der von 
namhaften Aerzten berechneten hohen Preise ist, daß 
viele Leute sich an billige, ungeprüfte Heilkünstler 
wenden. Es gibt auch darunter gewiß manche ge¬ 
wissenhafte und erfahrene Techniker, aber auch sehr 
viele Quacksalber, die mit größter Gewissenlosigkeit 
ihren Patienten die Zähne ausreißen, um ihnen billige 
und schlechte Gebisse aufzudrängen. Die Preise sind 
im Verhältnis zu der gewährten Hilfe oft noch höher, 
als die der nur mit Guineas rechnenden berühmten 
Zahnärzte. Uns ist z. B. ein Fall bekannt, wo ein 
Dienstmädchen, verlockt durch die großspurigen 
Reklamen eines „volkstümlichen“ Zahninstituts, sich 
bereden ließ, in monatlichen Abzahlungen die Hälfte 
seines Jahreslohns hinzugeben, um sich das Gebiß durch 
radikales Zahnausziehen und Einsetzen miserabler 
künstlicher Zähne vollends ruinieren zu lassen. Ein 
Menschenfreund, dessen Name bisher noch nicht be¬ 
kannt gegeben worden ist, hat sich die Zahnschmerzen 
seiner minderbemittelten Mitmenschen zu Herzen 
gehen lassen und ein Kapital von 4 Millionen Mark be¬ 
reitgestellt, um eine Besserung herbeizuführen. Wie 
der Sekretär der British Dental Association mitteilt, 




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OF MICHIGAN 


UNIVERJ 











354 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 23 


beabsichtigte der Menschenfreund ursprünglich, die 
Summen glatt zu schenken, damit Anstalten zu wohl¬ 
feiler ärztlicher Behandlung der Zähne eingerichtet 
würden; der Sekretär indessen riet hiervon, sowie von 
der zinslosen Darleihung des Kapitals ab, da das Unter¬ 
nehmen sonst von vornherein den Charakter einer 
wohtätigen Stiftung tragen und viele Leute abschrecken 
würde, die unter den augenblicklichen Verhältnissen 
am meisten der Hilfe bedürfen; für den „Zahn des armen 
Mannes“ sei schon genügend gesorgt. Eine endgültige 
Entscheidung ist noch nicht getroffen; bis jetzt ver¬ 
lautet, daß das Kapital zu 5 pCt. Zinsen dargeliehen 
werden würde und daß, zunächst in London, Kliniken 
gebildet werden würden, die gegen mäßige Preise eine 
sachgemäße Zahnpflege verbürgten. Zweifelhaft ist es 
noch, ob das in seiner Art großartige Unternehmen 
sich genügende Beihilfe durch tüchtige Zahnärzte 
sichern kann. 

Kölnische Zeitung Nr. 406; 15. April 1910. 


Diätetische Pflege der Säuglinge nach J. F. Zückert 1764. 

Von Dr. E. Roth. 

Mehr als ein Drittel derer, die jährlich geboren 
werden, müssen in den beiden ersten Jahren ihres 
Lebens schon wieder an Krankheiten sterben. Sollte 
Gott dieses notwendig also bestimmt haben? Sollte das 
dem Lauf der Natur gemäß sein? Oder ist nicht viel¬ 
mehr eine unablässige Verwahrlosung, eine übertriebene 
Pflege, eine übele und verkehrte Anwendung derer 
Mittel, die zur Erhaltung des Lebens dienen sollen, 
Schuld daran? Es werden in keinem Stücke mehrere 
Fehler begangen, als in der diätetischen Erziehung der 
Kinder. Meistens folgt man dem Rat guter Freun¬ 
dinnen, den hergebrachten Gebräuchen, den veralteten 
Familiengewohnheiten. 

Was das Heiraten selbst anlangt, so sollte ein 
eigenes Gesetz keine Verbindungen gestatten, welche 
eine Jungfer unter das 18. Jahr und über das 40. und 
eine Mannsperson unter das 25. und über das 50. Jahr 
tut, denn zu junge und zu alte Eltern zeugen gemeinlich 
zarte, schwache, ungesunde Kinder. 

Dann kann eine Schwangere durch Unvorsichtig¬ 
keit und Leichtsinn auf 1000 Arten ihr Kind im Mutter¬ 
leibe töten. Welche große Menge von erzeugten 
Kindern geht nicht durch das Abortieren der Mütter ver¬ 
loren usw. An den meisten Vorfällen haben die Mütter 
lediglich Schuld. Sie tanzen während ihrer Schwanger¬ 
schaft wie ein lustiges Mädchen, sie erschüttern ihren 
Körper durch die gewaltsamsten Bewegungen, sie er¬ 
hitzen und verderben ihre Säfte, welche auch zugleich 
des Kindes Säfte werden, durch heftige Affekten, hitzige 
und ungesunde Speisen wie Getränke; sie pressen ihren 
Körper gewaltsam ein, und durch alle diese und 
mehrere vermaledeite Mittel verhindern sie die ge¬ 
hörige gute Ernährung ihrer Kinder und stören ihren 
ruhigen Aufenthalt im Mutterleibe. 

Leider bestätigt die betrübte Erfahrung, daß viele 
Hebammen, besonders in den kleinen Städten und auf 
dem Lande, sehr unwissende Personen sind, die ent¬ 
weder durch abergläubische Handlungen Dinge unter¬ 
nehmen, welche dem Kinde schädlich sind, oder aus 
grober Unvorsichtigkeit in der Besorgung der Kinder 
gleich nach der Geburt, vieles notwendige versäumen 
und unterlassen. Billig sollten alle Eltern von dem ge¬ 
hörig unterrichtet sein, was mit dem neugeborenen 
Kinde vorzunehmen ist. 

Gleich nach der Geburt muß man sogleich und ohne 
Aufschub seine erste Sorge sein lassen, die Nabel¬ 


schnur des Kindes ordentlich abzusondern und zu unter¬ 
binden. Zu nahe am Band darf man nicht abschneiden, 
da es sonst abglitschen kann und eine Verblutung ent¬ 
steht. Die Abschneidung muß auch nicht zu dicht am 
Nabel geschehen, weil das zurückbleibende Ende sonst 
zu kurz ist, als daß es den Nabel durch seine Zusammen¬ 
wickelung gehörig könnte zuschließen; auf diese Weise 
entsteht leicht Nabelvorschuß oder Nabelbruch. Der 
Faden muß nicht sehr rauh sein, damit er nicht durch 
Prickeln und Reiben Entzündungen, Vereiterungen oder 
andere böse Zufälle mache; Flachs oder Seide eignet 
sich am besten dazu. Man muß die Schnur nicht allzu 
feste anziehen und von Zeit zu Zeit nach der unter¬ 
bundenen Nabelschur sehen, ob etwas Blut aus den Ge¬ 
fäßen ausgeflossen sei. 

Sobald die Lösung der Nabelschnur geschehen, muß 
das Kind im warmen Wasser gebadet und von allen 
äußeren Unreinigkeiten gesäubert werden. Einige 
werfen Kräuter in das Wasser; es dürfen aber keine zu 
stark riechende sein, welche das Kind betäuben können. 
Man nehme sich in Acht, daß das Bad nicht zu warm 
sei. Ist das bloße warme Wasser nicht vermögend, die 
zähe, klebrige Feuchtigkeit aufzulösen und abzuspiilen, 
so muß man das Kind in laulichtem Wein, worin etwas 
Butter oder süß Mandelöl zergangen, baden. Nur darf 
von dem Wein nichts in die Augen des Kindes ge¬ 
langen. Das Baden der Kinder muß in den ersten Tagen 
täglich, dann mindestens Ta Jahr einen Tag um den 
anderen vorgenommen werden. Man muß ferner die 
Arme und Beine, welche im Mutterleibe etwas gebogen 
sind, durch ein gelindes Ziehen auseinander und gerade 
legen, auch dabei nachsehen, ob etwa ein Aermchen 
oder Beinchen zerbrochen sei, die Geburtsglieder, 
Nasenlöcher und der Hintere gehörig offen seien. Es 
ist sehr falsch, wenn die Hebammen vorgeben, daß 
allen Kindern das Zungenband müsse gelöset werden. 
Eventuell muß ein geschickter Wundarzt zu Rate ge¬ 
zogen werden. Man muß nicht leiden, daß die Heb¬ 
ammen mit ihren Nägeln das Zungenband abkneipen. 

Den Auswurf der inneren Unreinigkeiten muß man 
mit gelinden Arzeneien befördern. Hierzu dienen Rha¬ 
barber- oder laxierender Rosensaft mit etwas Ipeca- 
cuanha, dann und wann etwas laulichter Wein mit 
Butter und Honig. Süßes Mandelöl, Frauenhaarsyrup, 
Meerzwiebel- und Kreuzbeerensaft pflegen Ekel und 
Kneipen zu machen. Den Erbkot führt man den Kin¬ 
dern alsdann durch die erste Muttermilch aus; sie ist 
des Kindes Körper zu reinigen am besten geschickt, in¬ 
dem sie gelinde laxieret und überdem den Magen des 
Säuglings zur Genießung und Verdauung einer wahr¬ 
haften Milch nach und nach vorbereite. 

Gegen das sofortige kalte Baden des Neugeborenen 
ist Zückert ganz und gar; es passe sich für Neger, sei 
aber in unserem gemäßigten Klima nicht anzuraten. 

Was das Windeln des Kindes anlangt, so wäre es 
gut, es vorerst ein paar Tage ungewickelt zu lassen 
und nur mit einigen weichen warmen Tüchern locker 
zu umhüllen. Viele schnüren die Kinder mit so vielen 
Binden und Tüchern ein, daß. sie kaum Atem holen 
können, und alles Unheil kommt zunächst von dem 
heftigen Zuschnüren und Einpressen des Körpers und 
der Gliedmaßen. Leicht entsteht der Schade, daß die 
Enden der Knochen an den Gelenken platt gedrückt, 
zerquetscht, krummgebogen und die Muskeln selbst auf¬ 
schwellen und dick werden. Liegen die Beinchen mal 
unordentlich, so macht das böse Verfahren des Ein- 
schnürens die vielen Verrenkungen, schiefen Beine und 
Entstehung der englischen Krankheit unvermeidlich. 
Man muß die böse Gewohnheit tadeln, die Füße der 
Kinder bei dem Windeln dicht aneinander zu legen. 
Sollten die Eltern nicht zittern, wenn sie hier überzeugt 



Nr. 23 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


355 


werden, daß in dem heftigen Einpressen der Kinder in 
den Windeln der Grund liege, daß so viele wohl¬ 
gestaltete Kinder bucklicht werden, Auszehrungen, 
Brüche kriegen, so oft zum Brechen geneigt sind, und 
daß so viele Mädchen eine enge, schmale, unansehn¬ 
liche Brust und schwache Lungen, eine bleiche Ge¬ 
sichtsfarbe und schleimigte Säfte haben. So kommt es, 
daß verschiedene Aerzte das Wickeln gänzlich ab¬ 
geschafft wissen wollen. Richtig ist aber wohl, das 
Wickeln beizubehalten, nur befestige die Kinder in 
diesen Behältnissen ohne starke Einschnürung, be¬ 
sonders ohne Einpressung der Brust und des Leibes, 
daß noch einiger Raum zur freien Bewegung der Glied¬ 
maßen und der Brust wie des Unterleibes beim Atem¬ 
holen bleibt; statt der Nadeln nehme man die nach¬ 
giebigeren Schnürbänder. 

Eine Mütze auf dem Kopf schadet nichts; nur muß 
sie nicht fest an den Kopf anschließen, noch weniger 
die Ohren zu sehr einpressen. 

Zur Nahrung des Neugeborenen schicken sich 
weder die festen Speisen, noch Fleischbrühen, noch die 
aus Getreidearten ausgezogenen Schleime, die Milch 
allein ist dem kindischen Körper am gemäßesten. Die 
Frauenmilch ferner ist wegen ihrer Leichtigkeit und den 
wenigen groben Teilen, welche sie enthält, zur Nah¬ 
rung des Kindes aller andern Milch vorzuziehen. Man 
begreift ja auch leicht, daß der Schöpfer die Bestand¬ 
teile und Beschaffenheit der Milch eines jeden Tieres, 
und auch der Menschen, nach dem Verhältnis der Kräfte 
und Stärke des Säuglings eingerichtet habe. Wenn 
es des Schöpfers Absicht gewesen wäre, daß die Kinder 
mit Tiermilch sollten genähret werden, so würde er 
denen Frauen keine Brüste gegeben haben, welche nach 
ihrer Entbindung von Milch strotzen. Das Kind erhält 
ferner die Milch, welche es aus den Brüsten der Mutter 
säuget, ganz frisch, mit allen kräftigen, subtilen und 
spirituösen Teilen desselben und wird dadurch nicht 
allein gemildert, sondern auch erquicket und gestärket; 
diesen Vorteil hat das Kind bei der Tiermilch nicht. Es 
ist bekannt ferner, daß man, wenn das saugende Kind 
krank ist, die Milch der Mutter oder Amme durch Arze- 
neien verändern und sie dem gegenwärtigen Zustand 
des Kindes so gemäß machen kann, daß sie wie eine 
Medizin in dem Säugling wirkt. 

Wenn vor Alters unter vielen Nationen und vor¬ 
nehmlich unter den Teutschen, diejenigen Frauen, 
welche ihre Kinder nicht selbst stillten, sondern einer 
Amme überließen, für unehrlich, gottlos und pflicht¬ 
vergessen gehalten wurden, so beweist dieses, wie 
überzeugend die Mütter damals die große Pflicht ein¬ 
sahen und ausübten, ihre Kinder mit keiner anderen als 
ihrer eigenen Milch zu nähren. Nunmehr aber hält man 
es nicht allein nicht für schändlich, sondern vielmehr für 
rühmwürdig, löblich und vernünftig, seine Kinder einer 
fremden Nahrung und Wartung zu übergeben! 

Nun wird aber das Blut der Mutter des Kindes 
Blut; auch die Milch der Mutter muß mit den Säften 
des Kindes natürlicherweise eine größere Aehnlichkeit 
haben, sich leichter vermischen und der Natur des 
Kindes gemäßer sein, als die Milch einer fremden Frau. 
Da es nun fast unmöglich ist, Ammen zu erlangen, deren 
Säfte und daraus abgeschiedene Milch mit den Säften 
des Kindes und der Stärke seiner Fasern in gleichem 
Verhältnis stehen, und da aus diesem ungleichen Ver¬ 
hältnis oft viele Krankheiten der Kinder entspringen, so 
ist es notwendig, daß die Mütter ihre Kinder selbst 
stillen. Die Muttermilch allein bleibet auch immer in 
einem gleichen Verhältnis mit dem Alter des Kindes. 

Freilich gibt es auch Frauen, welche in der Tat an 
sich die größte Grausamkeit begehen, wenn sie ihre 
Kinder selbst stillen. Dieses Begehren ist ein wirkliches 


Todesurteil vor kränkliche, weichliche, magere, ausge¬ 
zehrte Mütter; von Frauen, die sehr jung sind oder eine 
enge, schmale Brust, kleine Brüste oder wenig Milch 
haben — oder wenn sie gleich übrigens gesund sind, 
doch zuweilen starke hysterische oder hypochondrische 
oder Brust- und Lungenbeschwerden haben. Zum 
Trost kann man sagen, daß man doch noch fleißige, 
treue, redliche und wohlgesittete Ammen findet, wenn 
auch liederliche und gottlose Ammen eine gerechte 
Züchtigung vor die Mütter sind, welche in der Wahl 
einer solchen Person zu leichtsinnig oder zu unwissend 
gewesen sind. Man muß bei der Wahl der Amme auf ihr 
Älter, ihren Charakter, die Konstitution ihres Leibes 
und ihrer Brüste und auf die Beschaffenheit ihrer Milch 
sehen, die Menge und Güte derselben ist wesentlich, man 
muß auf die Farbe, den Geschmack und zuweilen auf 
den Geruch der Milch Achtung geben; ihre monatliche 
Reinigung darf sie unter keinen Umständen besitzen. 

Eine Säugende muß sich beständig in einer reinen, 
frischen und gemäßigten Luft aufhalten. Ihr wie der 
Amme sind nur leichte, dünne, nicht. sehr nährende 
Speisen zu geben. Zu meiden sind alle häufig saure 
Dinge, die vielen Fleischspeisen, alle süßen, besonders 
mit Honig bereiteten Speisen, die gesalzenen, ge¬ 
räucherten und gepökelten Fleischsorten, scharfe 
Speisen wie Rettig, Senf, Knoblauch usw., alle starke 
Gewürze; Weine, Liqueurs, Branntweine, Kaffee, 
Schokolade sind behutsam zu genießen. Es schicket 
sich aber nicht vor alle einerlei Diät, sondern dieselbe 
muß nach der Stärke des Kindes, nach der Beschaffen¬ 
heit und Menge der Milch eingerichtet werden. 

Alle Frauen müssen den ehelichen Beischlaf 
meiden, so lange sie stillen. Eine Säugende muß alle 
heftige und angreifende Lebensbewegungen und das 
viele Wachen vermeiden. 

Dasneugeborene Kind bedarf in den zwei ersten Tagen 
sehr weniger und fast gar keiner Milch als Nahrung. 
Später darf es nicht beständig an den Brüsten liegen, 
sondern die Milch nur dann bekommen, wenn es hungrig 
ist. Man betrügt sich sehr, wenn man das Weinen 
eines Kindes allemal vor ein Zeichen seines Hungers 
hält. Dabei läßt sich aber unmöglich festsetzen, wie oft 
ein Kind den Tag über die Milch bekommen müsse. Bei 
manchen Kindern geht die Verdauung leichter und ge¬ 
schwinder. bei anderen langsamer und später vor sich. 
Im allgemeinen gebe man ungefähr alle vier Stunden, 
also vier- bis fünfmal an einem Tage die Brust, wobei 
es gut ist, die Kinder an festgesetzte Stunden zu ge¬ 
wöhnen. Es ist aber unrecht, das Kind dann mit Gewalt 
aus dem Schlafe zu wecken. Die Menge der Milch, 
welche ein Kind jedesmal genießen soll, muß sich nach 
der Stärke, nach den Verdauungskräften und dem 
Appetit desselben richten. Es ist immerhin besser, ihnen 
zu wenig, als zu viel zu geben. Ein krankes Kind muß 
natürlicherweise weniger Nahrung bekommen als in 
gesundem Zustande. 

Einem Säugling muß man niemals sogleich nach der 
eigenen Mahlzeit, sondern erst einige Stunden später 
die Milch geben. Nur nach Einnahme von Arzneien, 
welche das Kind beeinflussen sollen, ist es angebracht, 
bald nach deren Genuß die mit den heilsamen Teilen 
annoch erfüllte Milch zu geben, ehe sich dieselben ver¬ 
lieren. 

Nicht genug kann sich Zückert wundern, daß es 
wirklich noch Aerzte gibt, welche dem Kinde d,ie 
Muttermilch entziehen und dasselbe von der Geburt an 
mit Mehlbreien nähren und großzuziehen versuchen. 
Die Kinder werden fast allemal ein unglückliches Opfer 
dieser Anschauungen; man kann nicht genug gegen 
diese Neuerungssucht eifern. Das Mehl ist ganz und 
gar unnütz in dem Magen eines Kindes, welches nur 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 23 


erst einige Wochen oder Monate seines Alters zählt. 
Der noch schwache Magen des Kindes kann einen 
solchen dicken Brei absolut nicht überwältigen, derselbe 
bleibt in den Gedärmen meistens unverändert und un¬ 
verdaut liegen und beschwert sie. Die viele in dem 
Mehl enthaltene Luft wird durch die Wärme des Magens 
losgemacht und ausgedehnt; davon wird der Leib hart 
und gespannt und . es entstehen starke Bauch¬ 
schmerzen. 

Sind die Kinder etwas älter geworden, so schicken 
sich Brotkrumen am besten zum Brei für dieselben, 
nur müssen sie einige Tage alt sein und der Brei dünn 
bleiben. Man gebe zunächst nur eine Portion davon 
täglich und zwar abends. Zum Flüssigmachen bediene 
man sich des Wassers, der Milch oder auch dünnen 
Bieres, aber vor dem achten Monat solle man außer 
Milch und zwar Muttermilch am besten nichts anderes 
reichen. Dann sind eventuell eine dünne Hafergrütz- 
suppe, eine Wassersuppe mit etwas geriebener Semmel, 
eine dünne Milchsuppe mit etwas polnischem Grieß, 
ein dünnes Butterbrot, etwas Zwieback, Bisquit, eine 
mit Reis oder Perlgraupen gekochte dünne, magere 
Fleischbrühe, von den Hülsen abgeschöpft, erlaubt. 
Alles andere wirkt schädlich und ist direkt zu ver¬ 
bieten. 

Säuglinge und Kinder müssen viel schlafen, damit 
sie gut wachsen, die Milch wohl verdauen und Kräfte 
und Stärke erlangen. Es ist unverantwortlich, ein 
kleines Kind, welches müde ist, durch Hupfen auf dem 
Arme und allerlei Spielereien vom Schlaf abzuhalten. 
Man muß das Kind auch bei Tage hinlänglich schlafen 
lassen, aber demselben immerhin einige Stunden zum 
Wachen vergönnen. W'enn das Kind auch bei Tage 
erwachet und gleich munter, aufgeweckt, nicht schläfrig 
und verdrießlich ist, so erkennt man daran, daß es aus¬ 
geschlafen ist. Wenn daS Kind rtäch Maßgabe der 
Stärke seines Körpers wirklich mal zu lange schlafen 
sollte, muß man es mit Behutsamkeit wecken, nicht mit 
lautem Geräusch oder Ungestüm aus dem Schlafe 
reißen. 

Die Wiege dient dem Säugling zur bequemsten 
Schafstelle; sie ist das bequemste Mittel, das Kind durch 
ein sanftes Schütteln des Körpers und durch die davon 
entstehende gelinde Betäubung in einen Schlaf zu 
bringen; manche freilich schreien, wenn man die Wiege 
in Bewegung setzt. Jedes scharfe Schaukeln ist stets 
schädlich. Das Kind muß in der Wiege allzeit mit dem 
Kopfe und der Brust hoch, mit dem übrigen Körper 
llächer gelegt werden. Das Kind auf die Seite zu legen, 
ist recht gut, weil der Speichel auf solche Weise besser 
abfließt. Allein man muß nicht die Kinder beständig 
auf einer Seite liegen lassen. Man muß die Lage der 
Kinder in der Wiege, so oft man sie hineinlegt oder so 
oft sie, wenn sie erwachen, darin liegen bleiben sollen, 
allemal verändern und sie bald auf die rechte, bald auf 
die linke und zuweilen, aber nur seltener, auf den 
Rücken legen. 

Wenn man die Wiege mit einer Decke bis über 
des Kindes Kopf bedecket, um die Kälte und das starke 
Licht vom Kinde abzuhalten, so muß man dieselbe nur 
nicht zu dicht auf den Kopf und nicht zu enge um die 
Wiege legen,sondern sie muß hoch undweitgenugdavon 
abstehen, damit die innen eingeschlossene Luft mit der 
äußeren Stubenluft Gemeinschaft behalte und die Aus¬ 
dünstung aus dem Kinde nicht in der verdünnten Luft 
bleibe, weil sonst das Atemholen dem Kinde zu schwer 
fallen würde. Mehrmals am Tage muß das Kind aus 
der Wiege genommen werden; es ist die größte Grau¬ 
samkeit, wenn man es die ganzen Stunden in der Wiege 
liegen läßt. Man muß die Wiege niemals so stellen, daß 
das Licht der Sonne oder der starke Schein eines bren¬ 


nenden Lichts oder einer Lampe von der Seite auf die¬ 
selbe falle, sondern die Wiege so setzen, daß das Kind 
das Licht gerade vor sich sehen kann; nur muß dasselbe 
nicht zu hell sein, damit es nicht die schwachen Augen 
schwäche. 

Im ersten Jahre ist der Säugling nicht aller Luft aus¬ 
zusetzen, das Kind muß erst nach und nach an die rauhe 
Luft gewöhnt werden, wenn die Haut dichter und die 
Fasern stärker geworden sind. Deswegen billiget aber 
Zückert im geringsten nicht, daß man das Kind im 
Winter überaus warm halte und die Stube, worinnen 
es liegt, so heiß mache wie eine Backstube. Die Luft 
muß in der Stube, in welcher das Kind befindlich ist, 
nicht zu warm und nicht zu kalt, sondern gemäßigt und 
von allen Dünsten frei und rein sein. Man muß alle 
Zugluft vermeiden und die Wiegen niemals an die 
Türen oder Fenster setzen. Mit Räuchern in Kinder¬ 
stuben ist behutsam zu verfahren, stark riechende Ge¬ 
genstände sollten in keine Kinderstube kommen. Beim 
Herausbringen der Wiegen vermeide man die Abend¬ 
luft, wie windigtes, regnigtes, kaltes Wetter. Gelinde 
Luft ist den Kindern zuträglich, doch sollte das Hinaus¬ 
bringen niemals geschehen, wenn es soeben Milch oder 
andere Nahrung genossen hat. 

Alle Kinder sind so rein wie möglich zu halten; 
sie sind deshalb jedesmal sehr bald von ihren Unreinig¬ 
keiten zu säubern und zu befreien. Allemal muß man 
so einen Vorrat gut getrockneter Windeln haben, die 
schon eine Weile gelegen haben. 

Schrecken und Zorn schaden der zarten Maschine 
des Säuglings am meisten. Ersterer bringt in dem 
Kinde allerlei übele Gebräuche zum Vorschein. Auch 
solle man sich niemals hinter das Kind stellen, daß es 
einen nicht sehe oder gezwungen sei, die Augen zu ver¬ 
drehen. Dabei muß. ein kleines Kind unter beständiger 
genauer Aufsicht sein, niemals allein gelassen und noch 
weniger anderen Kindern zur Wartung übergeben 
werden. 

Alle diese Punkte führt unser Johann Fried¬ 
rich als Unterricht für rechtschaffene Eltern zur diä¬ 
tetischen Pflege ihrer Säuglinge aus. Berlin 1764 bei 
Mylius, 8 " XII, 152 S. Doch genügt wohl unser Auszug, 
um sich ein Bild von den damaligen Zuständen zu 
machen. 


Hydrotherapie bei Stoffwechselerkrankungen. 

Dr. Engelen, Düsseldorf, 

Chefarzt der inneren Abteilung des Marienhospitals. 

Unter Stoffwechsel versteht man bekanntlich jenen 
Verkehr des Körpers mit der Außenwelt, der in der 
Aufnahme von Sauerstoff, Eiweiß, Kohlehydraten, 
Fetten, Salzen und Wasser aus der äußeren Umgebung 
und in der Abgabe von Kohlensäure, Ammoniakver¬ 
bindungen, Salzen und Wasser besteht. Das Leben ist 
an beständige chemische Umsetzungen in dem Stoff- 
bestande des Körpers gebunden, der tierische Organis¬ 
mus kann nur leben auf Kosten anderer Organismen. 
Der Körper hat also die Fähigkeit, die mit der Nahrung 
aufgenommenen, gespaltenen, resorbierten und dann 
wieder aufgebauten Substanzen zu assimilieren, zu ver¬ 
werten zum Ersatz des verbrauchten Körpermaterials, 
weiter die Fähigkeit, die chemische Energie der ab¬ 
genutzten Körpersubstanz und die chemische Energie 
der Nahrung umzuwandeln in mechanische Arbeit und 
größtenteils in Wärme, ferner den zu den Oxydations¬ 
vorgängen nötigen Sauerstoff an die Stätten des Ver¬ 
brauchs hinzuschaffen und schließlich die Endprodukte 
auszuscheiden. 





Nr. 23 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


357 


Eine umfassende exakte Untersuchung des Ge¬ 
samtstoffwechsels erfordert, daß in einem über mehrere 
Tage sich erstreckenden Zeitraum hindurch genau 
die Nahrungseinnahmen quantitativ und qualitativ be¬ 
stimmt sind, daß die Ausscheidungsstoffe im Urin und 
Stuhl und die Kohlensäure der exspirierten Luft durch 
Messung, Wägung und Analyse festgestellt sind, daß 
schließlich auch die verbrauchte Sauerstoffmenge in 
Rechnung gestellt wird. Solche überaus komplizierte 
Feststellungen unter Bezugnahme auf die Abänderung 
des Stoffwechsels unter dem Einfluß der verschiedenen 
hydriatrischen Anwendungen werden wohl kaum jemals 
bis in alle Einzelheiten durchgeführt werden können. 
Wir müssen uns daher begnügen mit experimentellen 
Forschungen über die wichtigsten Einzelvorgänge des 
Stoffwechsels, mit Studien über die Beeinflussung des 
Gaswechsels, der Körperwärme, der Stickstoffaus¬ 
scheidung und der übrigen Exkretionen. Die hierdurch 
erhaltenen Aufschlüsse genügen vollständig, um unser 
praktisches Handeln auf eine rationelle Grundlage zu 
bauen. 

Ueber den Gaswechsel gibt uns Auskunft der 
respiratorische Quotient, das Volumenverhältnis der 
ausgeschiedenen Kohlensäure zu dem in gleicher Zeit 
aufgenommenen Sauerstoff. Der im Körper verbrauchte 
Kohlenstoff erscheint zu über 90 pCt. in der exspirier¬ 
ten Kohlensäure wieder. Die Lungen sind also das 
Hauptsekretionsorgan für den Kohlenstoff, der respira¬ 
torische Quotient ist daher ein wichtiges Maß für das 
Sinken und Steigen der tierischen Lebensprozesse. 
Nun ergibt das Tierexperiment, daß beim Warmblüter, 
so lange sich die innere Temperatur innerhalb ihrer 
normalen Grenzen zu erhalten vermag, der respira¬ 
torische Gaswechsel um so lebhafter ist. je niedriger 
die Umgebungstemperatur, und um so langsanier, je 
höher die Außentemperatur. Dieses Verhalten steht 
im Widerspruch zu dem sonst allgemein gültigen chemi¬ 
schen Gesetze, daß Kälte die Oxydationen hemmt, 
Wärme sie beschleunigt. Nun hat Pflüger, um die Be¬ 
dingungen dieses eigenartigen physiologischen Ver¬ 
haltens zu erforschen, durch Kurare die Mitwirkung der 
Muskulatur bei der Temperaturregulation ausgestaltet; 
die Kurarewirkung in entsprechender Dosis macht 
sich ausschließlich geltend als Lähmung der peripheren 
Endapparate der motorischen Nerven der Skelett¬ 
muskulatur. Unter Kurarewirkung wurde das Tier 
zum Kaltblüter insofern, als die Oxydationsprozesse 
mit der Außentemperatur gleichsinnig steigen und fallen. 
Um weiter zu zeigen, daß nicht eine spezifische Kurare¬ 
wirkung auf das Wärmezentrum die Ursache dieses 
veränderten Verhaltens ist, hat Pflüger durch hohe 
Rückenmarksdurchschneidung die Muskulatur ausge- 
schaltet. Wieder zeigte sich ein Versagen der Ein¬ 
richtungen, die zur Konstanterhaltung der Eigen¬ 
temperatur des Warmblüters gegen die des umgeben¬ 
den Mediums dienen. Hieraus können wir schließen, 
daß die Emanzipation der Homöothermen von der all¬ 
gemeinen Gesetzmäßigkeit der Beeinflussung chemi¬ 
scher Prozesse durch die Temperatur auf einem dem 
Nervensystem unterstehenden Regulationsmechanis¬ 
mus beruht, der reflektorisch den Stoffumsatz in der 
Muskulatur beherrscht. Nun können im Tierexperiment 
auch durch energische Temperatureinwirkungen die 
zur Verteidigung der Normaltemperatur dienenden 
.selbstregulierenden Schutzvorrichtungen insuffizient 
gemacht werden. Jetzt zeigt sich, daß mit sinkender 
Körperwärme der respiratorische Gaswechsel abnimmt, 
mit steigender Körperwärme lebhafter wird im Gegen¬ 
satz zu dem bei unveränderter Innentemperatur zu be¬ 
obachtenden Verhalten, daß Kälte die Oxidationen 
steigert, Wärme sie herabsetzt. 


Entsprechend Resultate ergibt die Untersuchung 
des respiratorischen Gaswechsels beim Menschen 
unter dem Einfluß thermischer Einwirkungen. So 
lange der Körper seine eigene Wärme zu verteidigen 
vermag, wird durch kurze Kaltwasserauwendungen 
eine Verschiebung des respiratorischen Quotienten im 
Sinne lebhafterer Kohlenstoffverbrennung bewirkt, also 
eine Vermehrung der Kohlensäureproduktion und 
Kohlensäureausscheidung, auch eine Vermehrung der 
Sauerstoffaufnahme. Wir erkennen also wieder die 
Zunahme der Oxydationsvorgänge mit sinkender 
Außentemperatur, die Abnahme mit steigender Außen¬ 
temperatur. Dieses Verhalten ändert sich aber, wenn 
die Regulationsgrenzen überschritten werden. Wenn 
man durch lange und intensive Wärmeentziehung die 
Innentemperatur des Menschen herabdrückt, dann wird 
die Ausscheidung der Kohlensäure und die Aufnahme 
des Sauerstoffs durch Kälte verlangsamt; wird um¬ 
gekehrt die Körpertemperatur künstlich in die Höhe 
getrieben, so geht mit steigender Temperatur eine Be¬ 
schleunigung der Verbrennungsvorgänge einher, eine 
erhebliche Steigerung des Sauerstoffkonsums und der 
Kohlensäureproduktion. 

Als zweites der wichtigsten relativ einfachen 
Maße des Stoffverbrauchs ist experimentell verwertbar 
die Stickstoffausscheidung. Der Stickstoffgehalt in 
Harn und Kot ist das sichere Maß für den Verbrauch 
an Eiweiß, das als Ersatz des Abnutzungsmaterials und 
als Energieträger in Betracht kommt. Solche Applika¬ 
tionen, die die Eigenwärme intakt lassen, sind ohne Ein¬ 
fluß auf die Stickstoffausscheidung. Auch die in der 
Praxis üblichen kühlen Anwendungen steigern den Ei¬ 
weißzerfall nicht, nur exzessive Wärmeentziehung 
durch gewaltsame Kälteapplikationen, so daß eine 
forcierte Abkühlung des Körperinneren entsteht, 
können beim Menschen eine Steigerung der Stickstoff¬ 
ausfuhr bewirken. Dagegen ist bei längerer Dauer 
oder häufiger Wiederholung solcher Hitzeanwendungen, 
die die Eigenwärme künstlich erhöhen, außer der Mehr¬ 
zersetzung der Fette und Kohlehydrate auch ein er¬ 
höhter Eiweißzerfall nachweisbar. 

Immer wieder haben wir die gesetzmäßigen Be¬ 
ziehungen zwischen dem Chemismus der Stoffum¬ 
setzungen und dem Verhalten des Wärmehaushaltes zu 
berücksichtigen. Bei normaler Körpertemperatur ge¬ 
staltet sich der Ablauf der Umsetzungen wesentlich 
anders als bei künstlicher Erhöhung oder Erniedrigung 
der Innentemperatur. Es bestehen gesetzmäßige Be¬ 
ziehungen zwischen dem Stoffverbrauch und der 
Wärmeproduktion des Organismus. Alle Wärme und 
jede Bewegung auf der Erde entstammt in letzter Linie 
der Sonne. In den Nahrungsmitteln nehmen wir latente 
Sonnenenergie in uns auf, diese verwandelt sich im 
Körper wieder in Bewegung und Wärme. Berechnet 
man die Gesamtleistungen des Organismus nach ihren 
Wärmeäquivalenten, so entspricht die Summe genau 
der Wärmemenge, die durch die stattfindenden chemi¬ 
schen Umsetzungen entwickelt wird. Beim ruhenden 
Organismus treten fast die gesamten Arbeitsleistungen 
in Gestalt von Wärme auf. Bestimmt man also 
kalorimetrisch den Temperaturgewinn beim ruhenden 
Organismus, so hat man auf Grund des mechanischen 
Wärmeäquivalentes, welches besagt, daß eine be¬ 
stimmte Kraft immer eine bestimmte Wärmemenge 
liefert und daß umgekehrt immer eine bestimmte 
Wärmemenge eine bestimmte Arbeitsleistung hervor¬ 
bringt, das Maß für die Summe der verbrauchten 
Spannkräfte. 

Dem Nervensystem stehen zur automatischen 
Konstanterhaltung der Körpertemperatur außer der 





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Beeinflussung der Oxydationsvorgänge auch physika¬ 
lische Hilfsmitel zur Verfügung. 

Kälteeinwirkung ruft eine energische Kontraktion 
der Hautgefäße hervor, so daß nur wenig Blut in die 
Peripherie gelangt und das schlechte Wärmeleitungs¬ 
vermögen der unter der Haut befindlichen Fettschicht 
sich geltend macht; so wird durch die verminderte 
Wärmeabgabe an die äußere Luft und an die Kleidung 
Wärme gespart. Weiter entsteht infolge der Kälte¬ 
einwirkung reflektorisch eine Erhöhung des Muskel¬ 
tonus, evtl, stellen sich, sogar in Form von Zittern, 
Schütteln, Zähneklappern unwilkürliche klonische 
Zuckungen ein, deren erwärmender Einfluß deutlich 
dem Gefühl sich kundgibt. Auch ist allbekannt, daß 
kalte Außentemperatur zu willkürlicher kräftiger 
Muskelaktion anregt, häufig kann man bei strenger 
Winterkälte Leute beobachten, die durch Aufstampfen 
der Füße, durch schleudernde und schlagende Be¬ 
wegungen der Arme sich Wärme verschaffen. Die 
solcherart durch mechanische Arbeit erzeugte Wärme¬ 
menge wird durch erhöhten Stoffumsatz gedeckt. Da 
der Körper somit jeden Wärmeverlust durch, erhöhte 
Produktion kompensiert, so erleidet die Innentempe¬ 
ratur eines gesunden, nicht fiebernden, unter normalen 
Bedingungen stehenden Menschen bei mäßiger Dauer 
einer kalten Anwendung niemals eine Herabsetzung, 
meist tritt sogar eine leichte Steigerung der Innen¬ 
temperatur ein. 

Der Körper schützt also seine Eigentemperatur 
gegen Kälteeinwirkungen in doppelter Weise: durch 
automatische Regulation der Oxydationsvorgänge 
und durch physikalische Regulation der Wärme¬ 
ausgaben. Für die praktische Hydrotherapie ist die 
Tatsache von großer Wichtigkeit, daß wir willkürlich 
in den Ablauf dieser Regulationsvorgänge eingreifen 
können. Wenn wir nämlich durch Hautreize, z. B. 
durch Frottierungen, Bürsten der Haut, Zuführung von 
Kohlensäure oder Sauerstoff, eine vorzeitige Lösung 
der durch die Kälte bewirkten peripheren Gefä߬ 
kontraktion herbeiführen, dann ist die physikalische 
Schutzvorrichtung eliminiert, dann ist der Köper ge¬ 
zwungen, durch Steigerung der Oxydationen die 
stärkere Wärmeentziehung auszugleichen. Experimen¬ 
telle Vergleiche bestätigen, daß durch diese Versuchs¬ 
anordnung der Gaswechsel erheblich lebhafter wird. 
Weiter zeigt sich, daß stickstoffhaltiges Körpermaterial 
hierbei zur Deckung des Mehrverbrauchs nicht heran¬ 
gezogen wird. Ueberhaupt wird durch die in der Praxis 
verwertbaren, in Kältegrad und Anwendungsdauer 
mäßigen kühlen Prozeduren eine Steigerung des Ei¬ 
weißzerfalles nicht ausgelöst. 

Etwas anders gestalten sich die Regulations¬ 
bedingungen, wenn dem Körper die Aufgabe gestellt 
ist, gegen höhere Außentemperaturen seine Eigenwärme 
zu verteidigen. Das Leben erfordert ständigen Stoff¬ 
umsatz, der Körper kann daher die Oxydationsprozesse 
nicht unter ein gewisses Mindestmaß einschränken, es 
wird also unausgesetzt Wärme im Körperinneren er¬ 
zeugt. Die Gegenwehr gegen eine Ueberhitzung des 
Körpers fällt daher in erster Linie der physikalischen 
Regulation der Wärmeabgabe zu. Solange bei steigen¬ 
der Außentemperatur dieser unter der normalen bleibt, 
wird zunächst durch Erweiterung der Hautgefäße und 
durch Steigerung der Pulsfrequenz die Zirkulation be¬ 
schleunigt und somit die Wärmeausgabe durch Leitung, 
Strahlung und Verdunstung gesteigert. Wir können 
aber auch Wärmegrade ertragen, die erheblich über 
der Körpertemperatur liegen, so daß bei der weiter¬ 
gehenden Wärmeproduktion die Wärmeabgabe an die 
Umgebung fortfallen und eine unnatürliche Innen¬ 
temperatur entstehen würde, wenn nicht Schwei߬ 


bildung einträte. Verdunstende Flüssigkeiten erzeugen 
Kälte, es wird Wärme gebunden. Damit ein Kilogramm 
Wasser verdunste, sind 550 große Wärmeeinheiten 
nötig. Die Gesamtproduktion des Körpers an Wärme 
beträgt in 24 Stunden etwa 2700 große Kalorien. 
Wenige Kilogramm Wasserverdunstung genügen also, 
um die ganze erzeugte Wärmemenge zu binden. Wir 
ertragen daher bei sonniger, trockner Witterung be¬ 
schwerdelos erheblich höhere Temperaturen als bei 
feuchtigkeitsgesättigter Luft. Daher kann man auch 
den Temperaturgrad eines Heißluftbades viel höher be¬ 
messen, als beim Dampfbade. Wird nun aber die 
Wärmeabgabe durch Leitung und Verdunstung be¬ 
hindert, wie z. B. bei heißen Wasser- und Dampfbädern, 
so reicht die Wärmeregulierung nicht mehr aus, es muß 
eine Steigerung der zentralen Temperatur erfolgen. 
Diese Temperaturerhöhung hält noch etwa zwei 
Stunden lang nach Beendigung der Prozedur an. Dabei 
sind die Stoffwechseloxydationen sehr beträchtlich ge¬ 
steigert. Je länger die Dauer der Einzelprozedur be¬ 
messen wird, je öfter die Erwärmung wiederholt wird, 
desto höher werden die Mehrzersetzungen des Körper¬ 
materials. Außer dem Umsatz der Kohlehydrate und 
Fette wird bei diesen Anwendungen auch der Eiwei߬ 
zerfall gesteigert. 

Mit der Erregung starker Transpiration werden 
nun auch noch andere Stoffe in erhöhtem Maße aus¬ 
geschieden. Zunächst verliert der Körper erhebliche 
Mengen von Wasser: im Dampfbade etwa “/• kg, im 
römisch-irischen Bade etwa 1 kg, im Sandbade bis 
3 kg, im Heißwasserbade, wo der Schweiß dem Bade¬ 
wasser sich beimengt, etwa 2 kg. Das Blut hält nun 
mit großer Zähigkeit seinen Wasserbestand aufrecht. 
Verarmung des Blutes an Wasser und Salzen regt das 
Bestreben an, durch stärkere Diffusion zwischen 
Körpergeweben und Gefäßen die Blutzusannnensetzung 
intakt zu halten. Es wird hierdurch ein lebhafterer 
Säftestrom in den Geweben, eine Ausspülung der Stoff¬ 
wechselschlacken bewirkt. Dagegen ist die durch 
Schwitzprozeduren vermehrte Harnsäureausscheidung 
im Urin nicht so beträchtlich, daß ihr praktisch große 
Bedeutung beizumessen wäre. Auch die durch Kalt¬ 
wasseranwendung erzielbare Erhöhung des respira¬ 
torischen Luftwechsels der Lunge, weiter die durch 
jede hautrötende Prozedur gesteigerte Kohlensäure¬ 
perspiration sind nicht von Bedeutung. Erheblich 
wichtiger ist höchstwahrscheinlich, daß gleichzeitig 
durch den erhöhten Blutgehalt der Haut die Perspiration 
jener noch wenig analysierten Stoffe gesteigert wird, 
die den ganz typischen Geruch bei manchen Krank¬ 
heiten verursachen. Sicherlich erweist sich in der 
Therapie der Stoffwechselstörungen die Reinhaltung 
und Funktionsanregung der Haut als sehr wertvolles 
Behandlungsprinzip. 

Aus den physiologischen Darlegungen ergeben sich 
die leitenden Gesichtspunkte für die Gestaltung der 
speziellen Hydrotherapie bei den Stoffwechselkrank¬ 
heiten. 

Beim Diabetes muß man bei schwächlichen 
Patienten sich damit begnügen, durch kühle Abreibun¬ 
gen den Stoffverbrauch anzuregen und auf die Haut¬ 
funktion günstig einzuwirken. Hereditär Disponierten 
kann man außer täglichen kühlen Waschungen ge¬ 
legentliche Schwitzbäder anempfehlen. Auch bei noch 
leistungsfähigen Erkrankten sind öftere Hitzeproze¬ 
duren angezeigt, zumal da nachgewiesen ist, daß bei 
höherer Außentemperatur im Sommer unter im übrigen 
unveränderten Lebensbedingungen die Zuckeraus¬ 
scheidung abnimmt. Zu täglicher Anwendung eignen 
sich ferner bei kräftigen Patienten kurze kalte Voll¬ 
bäder, die die Oxydation des Zuckers im Blute steigern. 






THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Ebenso kann man bei der Fettsucht, die zumeist in 
übermäßiger Nahrungsaufnahme und ungenügender 
Körperbetätigung, selten in krankhaft verminderter 
Oxydationsenergie ihre Ursache hat, durch häufige 
Wärmeentziehung und bei genügend kräftiger Herz¬ 
tätigkeit durch gelegentliche Schwitzbäder die Oxyda¬ 
tionsprozesse und damit den Stoffverbrauch, in erster 
Linie die Fettverbrennung, steigern. Abreibungen, 
Abklatschungen, Frottierungen im kühlen Bade, 
Kohlensäurebäder eignen sich zu stärkerer Wärme¬ 
entziehung. Am empfehlenswertesten sind meist täg¬ 
liche kühle Schwimmbäder wegen der gleichzeitigen 
Muskelanstrengung. Bei der Gicht dient die Hydro¬ 
therapie hauptsächlich zur Erzeugung eines lokal re- 
solvierenden Effektes bei ausgesprochener Gelenk¬ 
steifigkeit und im akuten Anfall durch wärmestauende 
Umschläge und heiße Teilbäder. Allgemeinanwendun¬ 
gen dienen ebenso wie beim Diabetes insipidus vor¬ 
wiegend nur zur Hautpflege. Bei Autointoxikationen, 
Arthritis deformans, chronischem Rheumatismus dienen 
Hitzeprozeduren zur Ausscheidung von krankhaften 
Stoffen, toxischen Substanzen und Exsudatresten. Die 
Hydrotherapie erweist sich also als wertvolles Adju¬ 
vans bei der Behandlung von Stoffwechselerkran¬ 
kungen; ihre Hauptwirksamkeit kann sie dann entfalten, 
wenn sie zur Prophylaxe hereditär Disponierter dient. 


Dauerresultate dieser Therapie läßt sieh noch nichts Abschließendes 
sagen. 

2. Bruck führt aus, daß ihm eine passive Uebertragung der 
Anaphylaxie durch das Serum von Hauttuberkulosekranken trotz 
zahlreicher Versuche niemals gelungen ist. Er schildert dann noch 
zwei Fälle von Tuberkulinidiosynkrasie. 

3. Verfasser schildert einen Fall, bei- dem nachgewiesen wurde, 
daß die Pirquet-Reaktion nicht nur im Inkubationsstadium von 
Masern (was ja schon oft nachgewiesen worden ist), sondern auch 
im Inkubationsstadium von Scarlatina negativ ausfällt. 

4. In allen Fällen ist der Zweck, den man erreichen will, die 
Aerotherapie. Dieselbe kann überall realisiert werden, doch liefert sie 
häufig bessere Resultate, wenn sie in gewissen Gegenden, besonders 
wenn dieselben günstig gelegen sind, bewerkstelligt wird. Soll die¬ 
selbe jedoch von Erfolg begleitet sein, muß sie, wie bereits oft ge¬ 
sagt, von hinlänglicher Dauer sein; ein Verweilen durch mehrere 
Wochen ist oft unwirksam und unzureichend. Die Kur soll immer 
unter der Leitung eines Arztes durchgeführt werden, der mit den 
Eigentümlichkeiten des Klimas genau vertraut ist. 

E. Allgemeine Hygiene. Ob das tuberkulöse Kind in der 
Stadt, auf dem Lande, im Gebirge oder an der See sich aufhält, 
immer ist eine bis ins Minutiöse gehende Hygiene notwendig. Das 
Kind muß sich der größten Reinlichkeit befleißigen, häufig Bäder 
nehmen und alle Tage frottiert werden. Außerdem muß man, wenn 
das Kind lungentuberkulös ist, alle Vorsichtsmaßregeln ins Werk 
setzen, daß sich niemand von dem Kinde anstecke, wenngleich in 
dieser Periode der Krankheit gewöhnlich eine Expektoration nicht 
stattfindet. Insbesondere muß man gesunde Kinder von denen, 
welche tuberkulös sind, fernhalten. Welche Behandlung auch immer 
eingeleitet wurde, erscheint es nötig, wenn bei dem Kinde Besserung 
eintritt, dasselbe nicht in schlechte hygienische Verhältnisse zurück¬ 
kehren zu lassen. Der Nutzen spezieller auf dem Lande gelegener 
Schulen und landwirtschaftlicher Kolonien ist unbestritten, um die 
Genesung solcher Kinder zu Ende zu führen und Rezidiven vorzu¬ 
beugen. 

5. Verfasser führt aus, daß in der Milch tuberkulöser Mütter 
spezifische Antitoxine zirkulieren, und daß es sehr wahrscheinlich 
ist, daß diese mit der Muttermilch eingesogenen Schutzkörper nicht 
nur für die Zeit des Stillens, sondern über dieselbe hinaus, ja viel¬ 
leicht für das ganze Leben ihre spezifische Schutzwirkung ausüben. 
Hieraus folgt, daß wir einer tuberkulösen Mutter das Stillen ihres 
Kindes nicht nur nicht untersagen, sondern ihr die Ausübung dieses 
Geschäftes im Gegenteil dringend ans Herz legen sollen; voraus¬ 
gesetzt wird, daß es ihr der Kräftezustand erlaubt, natürlich darf sie 
nicht selber Schaden darunter leiden. Ausgenommen sind nach 
Abramowski natürlich vorgeschrittene Fälle von offener Tuberku¬ 
lose oder solche, bei denen sich tuberkulöse Drüsen an oder in der 
Nähe des Brustkörpers befinden. 

6. Verfasser führt aus, wie es nicht selten vorkommt, daß bei 
einem Patienten höheren Alters eine Kachexie gefunden und auf ein 
Karzinom gefahndet wird, bis der Patient stirbt und die Sektion zur 
großen Ueberraschung des Klinikers eine Lungentuberkulose ergibt; 
ebenso auch wird in emphysematosen Lungen nicht selten Tuberkulose 
gefunden. Die Fehldiagnosen sind sehr häufig; solche Altersphthisen 
sind nicht so selten. Verfasser schildert dann mehrere solche Fälle. 

7. Verfasser fand folgendes-: Bei bedeutender Geschwulst der 
Bronchialdrüsen entsteht eine falsche Dämpfung oberhalb der rechten 
Lungenspitze, am schwächsten nach innen, nach außen aber zu¬ 
nehmend. Sie läßt sich von der wahren Dämpfung (Spitzen infiltra- 
tion oder Retraktion) leicht durch ihre Lage in der Region und 
mittels der sagittalen (Goldscheiderschen) Perkussion wie auch 
durch begleitende charakteristische Dämpfung an Brust und Rücken 
unterscheiden. 

Diejenige Dämpfung, die man bei Leiden des Nasenschlund- 
raumes oberhalb der rechten Lungenspitze antreffen kann, und die 
zuerst von Krönig beschrieben wurde, ist nicht, wie Krönig meint, 
einer Kollapsinduration der Lunge, sondern einer Geschwulst der 
Bronchialdrüsen zu verdanken. 

8. Verfasser untersuchte in Düsseldorf ärmere Kinder und fand 
folgendes: Es reagierten nach seinen Untersuchungen positiv: 

von 263 Kindern bei einmaliger cutaner Impfung 47.1 pCt. 

, 263 „ „ zweimaliger „ „ 65,7 „ 

. 233 „ „ Depotreaktion 77 

Die absolute Wertigkeit der ermittelten Zahlen hängt natür¬ 
lich mit der Frage nach der Spezifität’der Depotreaktion innig zu¬ 
sammen. Auf jeden Fall ist hiermit aber wiederum die starke 
Durchseuchung der Proletarierkinder mit Tuberkulose bekräftigt. 

Ganz anders liegen die Verhältnisse offenbar in den besser 
gestellten Kreisen. 

Diese Aeußerung wird gestützt durch eine Untersuchungsreihe 
von Schloßmann, der in einer jetzt bald ebenso umfassenden Sta¬ 
tistik wie diese, bei der es sich aber um Kinder aus der Praxis elegans 
handelt, nur etwa 5 pCt. tuberkulös infiziert fand. Für die prakti¬ 
schen Maßnahmen bei der Bekämpfung der Tuberkulose als Volks¬ 
krankheit ergeben sich aber aus diesen Tatsachen beachtenswerte 
Hinweise. Sicherer als Tuberkulose heilen, können wir Tuberku¬ 
lose verhüten; die Prophylaxe in der lugend muß mit der grüßten 
Aufmerksamkeit gemacht werden. Erkrankte können wir aber um 
so eher mit Erfolg behandeln, in je früherem Stadium wir dazu in 
der Lage sind. 


Lungenleiden. 

Referent: Prof. Dr. A. Moeller, Berlin, 


1. Rochsalzamie Diät zur Beseitigung des Ascites tuberculosus. 

Von Dr. W. Alwens. Die Therapie der Gegenwart, März 1910. 

2. Experimentelle Untersuchungen über das Wesen der Arznei¬ 
exantheme. Von Dr. Bruck, Breslau. Berliner klinische Wochen¬ 
schrift 1910. Nr. 12. 

3. Scarlatina und Pirquet-Reaktion. Von Dr. Brandenburg. 
Deutsche Medizinische Wochenschrift 1910. Nr. 12. 

4. Einige Betrachtungen über die Behandlung der Tuberkulose 
bei Kindern. Von Prof. Dr. N ob e court in Paris. Allgemein. 
Wiener medizinische Zeitung 1910. Nr. 12. 

5. Sollen tuberkulöse Mütter stillen? Von Dr. Abramowski, 
Kreisassistenzarzt, Gilgenburg (Ostpr.). Fortschritte der Medizin 
1910. Nr. 10. 

6. Uebcr Altersphthise. Von Prof. Dr. S t a e h e 1 i n. Berliner 
klinische Wochenschrift 1910. Nr. 9. 

7. Ueber falsche Dämpfung in der rechten Lungenspitze. Von 
H. d. Bin g. Berliner klinische Wochenschrift 1910. Nr. 9. 

8. Ueber die Häufigkeit der Tuberkulose im Kindesalter. Von 
Dr. N o t h m a n n. Berliner klinische Wochenschrift 1910. Nr. 9. 

9. Die spezifische Diagnose und Therapie der Kindertuberku¬ 
lose. Von Dr. Engel. Medizinische Klinik 1910. Nr. 10. 

10. Dysmenorrhoe und Tuberkulose. Von Dr. G r ä f e n b e r g. 
Münchener medizinische Wochenschrift 1910. Nr. 10. 

11. Die Anwendung des Tuberkulins bei Lungentuberkulose. 
Von Prof. Aufrecht. Berliner klinische Wochenschrift 1910. 
Nr. 10. 

12. Ein weiterer Beitrag zur Kutomreaktion mit Eisentuber¬ 
kulin. Von Dr. Thomas. Berliner klinische Wochenschrift 1910. 


13. Technik und Erfolge der Atmungsgymnastik beim Bronchial¬ 
asthma. Von Dr. Hofbauer. Medizinische Klinik 1910. Nr. 11. 

14. Zur Biochemie der Tuberkelbazillen. Von Prof. D e y k e. 

Münchener medizinische Wochenschrift 1910. Nr. 12. 

1. Verfasser führt aus, wie eine kochsalzarme Kost auf den Ascites 
tuberkulosus einen sehr günstigen Einfluß ausiibt. Man muß an- 
i.ehmen, daß das Blut, welches zur Aufrechterhaltung des osmotischen 
Gleichgewichts einen konstanten Kochsalzgehalt braucht, denselben 
bei Einschränkung der Kochsalzzufuhr zu ergänzen sucht durch Auf¬ 
nahme von Kochsalz aus den Geweben. Wenn sich nur im Körper 
ein größeres Kochsalzdepot in Gestalt eines tuberkulösen Ascites 
vorfindet, so geht von dort die entsprechende Menge Kochsalz ins 
Blut über. Dies kann nur in Lösung, also unter Mitnahme von 
Wasser geschehen. Die gesunde Niere scheidet erhöhte Urinmengen 
in entsprechender Konzentration aus. Die Diurese kommt in Gang; 
es wird Wasser und Kochsalz im Urin vermehrt abgegeben. Ueber 


OF MICHIGAN 




360 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 23 


9. Verfasser schildert die Diagnostik und Therapie der Kinder¬ 
tuberkulose. Von der Tuberkulinreaktion sagt er: Alle einmaligen 
Tuberkulinreaktionen, auch die fieberhafte bei subkutaner Ein¬ 
spritzung (siehe auch später), gestatten nur einen Schluß, nämlich, 
daß der Körper Tuberkulose beherbergt. Welcher Art die Erkran¬ 
kung ist, kann man aus einer positiven Reaktion nicht erkennen. 
Anatomisch nur schwer auffindbare Herde geben ebenso eine flam¬ 
mende Impfpapel wie ausgesprochene Lungentuberkulosen, obsolete 
Formen, ebenso wie progressive. Das Tuberkulin ist ein zu feines 
Reagens, als daß man aus einer Reaktion differenzierende Schlüsse 
ziehen könnte. Ganz besonders gilt das allerdings von der Kutan¬ 
reaktion, die ich bei diesen Ausführungen besonders ins Auge fasse. 
Es wäre ganz verfehlt, wenn man z. B. minder energische Reak¬ 
tionen auf eine beginnende oder obsolete, starke, dagegen auf eine 
progressive Tuberkulose beziehen wollte. Am bedenklichsten ist es 
aber, wenn die Hautreaktion, wie es so häufig geschieht, zum Ent¬ 
scheid darüber herangezogen wird, ob irgend eine Affektion tuber¬ 
kulöser Herkunft sei oder nicht. Das ist unter allen Umständen un¬ 
statthaft. Eine positive Reaktion kann wohl gelegentlich zur Ein¬ 
engung der Diagnose benutzt werden, kann die spezifische Herkunft 
eines Leidens wahrscheinlicher machen wie vorher, kann aber nie¬ 
mals direkt darauf bezogen werden. Bei der Häufigkeit der okkulten 
Tuberkulosen ist es niemals ausgeschlossen, daß nicht eine solche 
noch neben der fraglichen Affektion besteht. Nur im Säuglingsalter, 
wo, wie oben erwähnt, so gut wie alle Tuberkulosen ausgesprochen 
progredient, bösartig sind, besagt der Nachweis der vorhandenen 
Erkrankung durch die v. Pirquetsche Reaktion gleichzeitig etwas 
über die Natur des Leidens. Tuberkulose ist dann fast immer identisch 
mit progressiver Tuberkulose. 

Die größte Bedeutung hat die Kutanreaktion dann, wenn sie 
negativ ausfällt. Bei ihrer großen Empfindlichkeit kann man darauf 
rechnen, daß sie fast immer positiv wird, wenn Tuberkulose irgend 
vorhanden ist. Im negativen Falle ist es also gestattet, Tuberkulose 
mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Erhält man z. B. 
in den häufigen Fällen, wo zwar keine lokalen Symptome bestehen, 
wo aber doch aus irgendwelchen Gründen eine tuberkulöse Infek¬ 
tion gemutmaßt wird, keine Impfpapel, so kann man den Verdacht 
wohl fallen lassen. Vor nichts kann dringender gewarnt werden, 
als einer positiven Tuberkulinreaktion eine allzugroße Bedeutung 
beizumessen. Man möge immer daran denken, daß sie jede auch 
noch so winzige Veränderung anzeigt. 

10. Gräfenberg führt aus, wie die zufällige Beobachtung, daß 
durch die spezifische Tuberkulinkur tuberkulöser Frauen auffällig 
häufig menstruelle Beschwerden zur Heilung gelangten. Die Auf¬ 
merksamkeit Eisensteins auf den Zusammenhang der Menstruations¬ 
anomalie mit Tuberkulose gelenkt wurde. Diese Vermutung wurde 
bestätigt durch eine größere Serienreihe diagnostischer Injektionen; 
118 Frauen mit Menstruationsstörungen reagierten auf subkutane 
Tuberkulininjektionen. 

11. Verfasser hatte mit der spezifischen Behandlung vielfach Er¬ 
folg bei solchen Patienten, welche ein halbes oder ein ganzes Jahr 
oder zweimal je ein halbes Jahr in Lungenheilstätten oder Sana¬ 
torien gewesen waren, ohne irgendeinen Erfolg erzielt zu haben. 

12. Thomas ebenso wie Ditthorn und Schultz fanden, daß die 
weniger empfindliche Reaktion mit Eisentuberkulin nur bei dem Vor¬ 
handensein größerer Herde zustande kommt, während die empfind¬ 
lichere mit Alttuberkulin ja den unbedeutendsten anzeigt. Die Her¬ 
stellungsweise des Eisentuberkulins ist folgende: 

Die Tuberkelbazillenleiber 6—lOwöchiger Bouillonkulturen 
werden zunächst einem verschiedenartigen Auslaugungsverfahren 
unterzogen. 

Bei dem Präparat A wird wie bei der Herstellung des Alt¬ 
tuberkulin Koch die gut durchschüttelte Bouillonkultur auf den 
zehnten Teil ihres Volumens eingedampft und danach die Flüssigkeit 
von den Bazillen durch Zentrifugieren und Filtrieren getrennt. Die 
Testierende Flüssigkeit enthält hier also die Stoffwechselprodukte 
und ausgelaugten Leibessubstanzen der Bazillen sowie die Eiwei߬ 
stoffe der Nährbouillon. 

Beim Präparat B werden die bei A übrig bleibenden Bazillen¬ 
leiber einem zweiten Auslaugungsverfahren unterzogen. Die Aus¬ 
laugungsflüssigkeit enthält hier also den von A in den Bazillen noch 
übrigen Anteil der wirksamen Substanzen und ist frei von Stoff¬ 
wechselprodukten und den Eiweißstoffen der Nährbouillon. 

Beim Präparat E werden die Bazillenrasen sorgfältig von der 
Nährbouillon getrennt und dann ausgelaugt. Die Auslaugungs¬ 
flüssigkeit enthält also die Leibessubstanzen wie bei A, ist aber frei 
von Stoffwechselprodukten und Eiweißkörpern der Nährbouillon. 

Ein Präparat 5 gleicht dem Präparat A, nur dient als Nährboden 
eine eiweißfreie Flüssigkeit. 

Bei dem Präparat S wird die von Bazillen befreite Nährbouillon 
auf Vio des Volumens eingedampft. Sie enthält also nur die Stoff¬ 
wechselprodukte und keine Leibessubstanzen. 

Die weitere Verarbeitung geschieht nun so, daß die Auslaugungs¬ 
flüssigkeit, bei 5 die eingedampfte Bouillon, mit Eisenoxychlorid- 
lösung versetzt und der entstehende Niederschlag nach gründlichem 
Waschen mit Wasser in Natronlauge gelöst und zur Haltbarmachung 
mit Glyzerin versetzt wird, 


Daß die Präparate tatsächlich die spezifisch wirksamen Be¬ 
standteile enthalten, konnten die Autoren mittels der Komplement¬ 
bindungsmethode im Tierversuch und am Krankenbett naciiweisen. 

Für die Kutanreaktion wurden von den 5 Präparaten bisher A, 
B und E benutzt, ohne daß sich ein Unterschied in der Wirksamkeit 
zeigte. Wir selbst benutzten das Präparat B. 

13. Verfasser schildert den günstigen Einfluß von Atmungs¬ 
gymnastik auf das Bronchialasthma. 

14. Deycke kommt betreffs der säurefesten Bakterien zu fol¬ 
genden Schlüssen: 

1. Die säurefesten Bakterien verdanken ihre färberischen Eigen¬ 
schaften der Anwesenheit von Fettsubstanzen. Unter den Fett¬ 
körpern sind die eigentlichen Träger der Säurefestigkeit die freien 
Fettsäuren, die übrigens schon vor Jahren Robert Koch für diese 
Eigenschaft der Tuberkelbazillen in Anspruch genommen hat. 

2. Das Neutralfett beteiligt sich nur indirekt an der Säurefestig¬ 
keit; dagegen ist es der Stoff, der dem Eindringen des Farbstoffes 
Widerstand leistet und deshalb die schwere Färbbarkeit der Tuber¬ 
kelbazillen usw. bedingt. Gleichfalls ist das Neutralfett der Haupt¬ 
träger der außerordentlichen Resistenz der säurefesten Bakterien. 


Hautkrankheiten. 

Referent: Dr. Grumach, Berlin. 

1. Ueber Rektalgonorrhoe im Kindesalter. Von Dr. Kaum- 
h-eimer, Münch. Medizin. Wochenschr. 1910, Nr. 18. 

2. Die Segnungen des freien Unzuchtgewerbes. Von 
G. Vorberg, Hannover. Münch. Med. Wochenschr. 1910. 
Nr. 10. 

3. Neuere Anschauungen und Erfahrungen über die 
Trichophytie-Erkrankungen. Von C. Bruhns, Charlottenburg. 
Berl. klin. Wochenschr. 1910. Nr. 18. 

4. Eine seltene Anomalie in der Färbung des Kopfhaares. 
Von Dr. Wunsch, Berlin Berlin klin. Wochenschr. 1910. Nr. 18. 

5. Experimentelle Untersuchungen über den Einfluß der 
lokalen Behandlung auf die Entzündung. Von Professor 
Dr. J. Schäffer, Breslau. Berliner klin. Wochenschr. 1910. Nr. 18. 

6 Zur Behandlung des Ulcus molle und des Bubonen. 
Von Dr. von Zumbusch. Wiener klin. Wochenschr. 1910. No. 18. 

7. Ueber die Beeinflussung der Psoriasis vulgaris durch 
die Arsentherapie. Von Dr. Ferd. Winkler. Arch. f. Derm. u. 
Syph. Bd. 52 H. 1. 

8. Ein Fall von Sporotrichose. Von Dr. G. Hügel. Arch. 
f. Dermat. u. Syph. Bd. 52 H. 1. 

1. Im Anschluß an einen selbst beobachteten Fall von Rektal¬ 
gonorrhoe bei einem l 3 U Jahre alten Mädchen bespricht Kaumheimer 
Wesen und Bedeutung derselben überhaupt. Während bei Frauen die 
Rektalgonorrhoe anscheinend häufig ist (24—38 pCt. aller Gonorrhoe- 
Fälle), hat man sie selten bei Kindern beobachtet oder bemerkt. 
Die Ansteckung erfolgt durch Ueberlaufen des Eiters oder durch 
Klystiere. Thermometer, aber wohl kaum je durch das Badewasser. 
Die s ub j e k t i v e n Erscheinungen sind selten heftig, meist 
fehlen sie ganz. Objektiv sind häufige Defäkation, Abgang eines 
Schleimpfropfes oder häufiger Schleimstreifen an den faeces zu be¬ 
merken, doch fehlen ganz Ulzerationen. Ebenso sind Komplikationen, 
wie Periproktitis, Stenosen. Abszesse im Kindesalter nicht be¬ 
obachtet worden. Gonokokken können regelmäßig nach¬ 
gewiesen werden, doch ist es notwendig, Sekret aus dem Rektum 
durch Platinöse (Spekulum) zu entnehmen. Anderseits beweist das 
Vorhandensein von Gonokokken noch keine Rektalgonorrhoe. Fehlen 
Entzündungserscheinungen. so kann man nur von Bakterienbefund 
sprechen. Gegen Erkrankung durch die Gonokokken ist das 
Rektum meist durch die alkalische Reaktion seines Inhalts ge¬ 
schützt, wohl auch durch eine gewisse Immunität der übrigen 
Schleimhäute bei Bestehen einer Vulvovaginitis. 

Die Therapie besteht in Einführung von Suppositorien von 
Arg. nitr. 0,01, Albargin oder Ichthyol 1.0 oder kleinen Klystieren 
(75 g) entsprechender Lösungen. Durch Gonokokken-Untersuchung 
ist die Wirkung der Therapie zu kontrollieren. Ins chronische Sta¬ 
dium geht die R. bei Kindern offenbar nicht über. 

Prophylaktisch ist das Ueberfließen des Eiters von der 
Vulva her durch häufiges Waschen und Wattetamponade der Vulva 
zu verhüten; bei Reinigungsprozeduren, Klystieren, Temperatur¬ 
messungen ist besondere Vorsicht zu üben. 

2. Wegen einer kurzen Bemerkung in Nr. 9 des Jahrgangs 
1910 der Münch. Med. Wochenschr., in welcher er nachgewiesen 
hatte, daß in Kopenhagen nach Aufhebung der Kontrolle der Dirnen 
im Jahre 1906 sich die Zahl der sich selbst zur Behandlung melden¬ 
den Dirnen bis Ende 1908 auf die Hälfte vermindert, die Zahl der 
kranken Männer auf das Doppelte vermehrt habe, war Vorberg von 
den Abolitionisten stark angegriffen worden. In einer neuerlichen 
Abhandlung wehrt er sich dagegen. 

Gegenüber mehreren Ansichten, daß die Zahl der Syphilisfälle 
indirekt Zusammenhänge mit wirtschaftlichen Zuständen, führt er die 
eklatante Tatsache an, daß in Freiburg i. Br., wo die Syhphilis früher 




Nr. 23 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


361 


so selten war, daß man manche luetischen Erscheinungen nur in 
Moulagen zeigen konnte, nach Aufhebung der Dirnenhäuser (15. 4. 
1908) plötzlich soviel Initialsklerosen gezeigt werden konnten, wie 
früher nie (Mitt. von Prof. Jacobi). Daß in Deutschland die Dirnen- 
Ueberwachung nicht Genügendes leiste, liege an der Sinnlosigkeit 
der Gesetzgebung, welche im § 361 des R.-Str.-Ges. die Dirnen- 
Ueberwachung fordert, im § 180 aber die Vermieter der Dirnen als 
Kuppler bestraft. Das habe sich an München gezeigt. Nach Ein¬ 
führung der schwereren Auffassung der Kuppelei ins Gesetz, die 
früher nur als Uebertretung galt (1. Jan. 1862) habe sich der Ge¬ 
schlechtskrankenstand außerordentlich vermehrt; das von Bordellen 
freie München habe von allen Großstädten die höchste Zahl von 
Geschlechtskranken unter den Soldaten Die Bordelle seien zwar 
keine Lösung der Prostitutionsfrage, gut überwachte Bordelle aber 
seien die am wenigsten gefährlichen Verbreitungsstätten der Syphilis. 
Auch das seit kurzer Zeit in Berlin und München eingeführte System 
der unentgeltlichen Behandlung der Dirnen durch Privatärzte habe 
sich nicht bewährt. 

Die Frage müsse überhaupt nach örtlichen Verhältnissen ge¬ 
regelt werden. 

3. Bruhns untersucht in der Arbeit die in den letzten beiden 
Dezennien aufgetauchte Frage, ob die verschiedenen klinischen Bilder 
der Trichophytie-Erkrankungen durch einen Pilz mit verschiedenen 
Erscheinungsformen oder verschiedene Pilze hervor£erufen werden. 
Er sucht darüber klar zu werden auf Grund von fünf Kriterien. 
Dieses sind: 

1. Das klinische Bild der Erkrankung. Da zeigt es sich, 
daß verschiedene Pilze wohl verschiedene klinische Bilder erzeugen, 
daß aber sicher ein und derselbe Pilz bei demselben Patienten oder 
Mitgliedern einer Familie zu verschiedenen klinischen Bildern führt. 

2. Das mikroskopische Aussehen des Pilzes im 
Krankheitsherd, ob Makrosporie oder Mikrosporie, ob Ektothrix- 
oder Endothrix-Formen (wie die in Paris und London beobachteten) 
oder Mischformen (wie die bei uns vorkommenden, von Tier 
stammenden). 

3. Das makroskopische Aussehen der Kultur. Dazu 
ist allerdings notwendig, immer denselben Nährboden (Maltose- 
Agar), womöglich von demselben Guß zu benutzen. Da zeigen 
sich oft ganz scharfe Charakteristika, z. B. Farbe (Trichoph. violac.), 
flaumige Beschaffenheit, gipsartig weiße Bestäubung, kraterförmige 
zentrale Vertiefung, die einen gewissen Anhalt für die Sonderung 
geben. 

4. Das mikroskopische Aussehen der Kulturen, vor 
allem Art der Fruktifikation, Konidien-Bildung u. s. w , Anschwel¬ 
lungen (Mikrosporie), schnelle Degeneration (Ekzema margin.). 

5. Uebertragung auf Tiere. 

Wenn man auch aus einzelnen dieser Kriterien nichts folgern 
kann, so gelingt es doch im einzelnen Fall, bei Berücksichtigung 
aller fünf Punkte die Pilzart zu diagnostizieren. Die festgestellten 
Verschiedenheiten lassen sich nicht anders erklären, als durch die 
Annahme wirklich verschiedener Pilzarten, wofür auch die ver¬ 
schiedene geographische Verbreitung der einzelnen Arten spricht 
(trockne flache Trichophytien in Paris und London, Trichoph. 
violac. fast nur in den südlichen Ländern, wie Italien, Rumänien). 

Geht man bei der Untersuchung von den einzelnen Krankheits¬ 
bildern aus, so bekommt man recht durcheinandergehende Resultate 
Bald werden durch denselben Pilz verschiedene Krankheitsformen 
hervorgerufen, wie bei Trichophyton gipseum, das sowohl die be¬ 
kannten flachen Ring- und Scheibenformen, als auch die tiefen 
Formen (das Kerion Cetsi) hervorruft, bald wird dieselbe Er¬ 
krankungsform erzeugt durch verschiedene Pilze (für die Kopftricho¬ 
phytien in Paris das Trichophyt. acuminat., in Parma das Tr. violac.). 
Manchmal ist die Aehnlichkeit allerdings nur eine äußere. Charak¬ 
teristisch sind aber die Erkrankungen durch das Epidermophyt in¬ 
guinale (Ekz. margin.) und durch das Mikrosporon Andonini 
(Mikrosporie). 

In neuerer Zeit sind noch biologische Untersuchungen mit 
Trichophytie - Pilzen gemacht worden, und zwar mit nach Art des 
Tuberkulins bereiteten Trichophytinen und mit den Pilzen selbst 
zum Zweck von Immunitas-Impfungen. Da zeigte es sich, daß für 
erstere Versuche nur Trichophytine zu benutzen waren, die von 
tiefsitzenden Trichophytie - Formen stammten und daß sie auch nur 
bei tiefsitzenden Formen wirksam waren. Geradezu auffällig ist die 
fast prompte Wirkung bei Impfungen nach Art der Pirquet-Reaktion. 
Doch, und das ist das wichtigste, es wirkten die Trichophytine aller 
Trichophyton-Formen in gleicherweise, und zwar bei allen Tricho¬ 
phytie-Formen. Endlich ließ sich durch eine Impfung mit dem Pilz 
selbst auch Immunität gegen Wiederimpfung erzeugen, aber auch 
hier wirkten alle Formen immunisierend gegen alle Formen, so daß 
auch hier keine Spezifität besteht. 

Somit läßt sich zwar eine Pluralität der Pilzstämme nicht in 
Abrede stellen, doch muß eine gewisse Verwandtschaft unter den 
einzelnen Arten bestehen. 

4. W. stellte in der Hufelandischen Gesellschaft einen sieben¬ 
jährigen Knaben vor, der im fast schwarzen Kopfhaar Inseln röt¬ 
lichen Haares von der Größe eines Fünfmarkstückes hatte, die 
ihrerseits wieder am Rande einzelne graue Härchen zeigten. Die 
Inseln waren scharf abgesetzt, saßön auf rosiger Haut und blieben 


im Wachstum gegen die übrigen Haare immer etwas zurück. Der 
Vater hatte schwarzes, die Mutter dunkelblondes Haar. 

5. Schäffer hat die seit Jahrtausenden empirisch angewandten 
lokalen Behandlungsarten der Entzündung experimentell untersucht 
und ist dadurch zu geradezu glänzenden Einsichten und Richtlinien 
für die Praxis gekommen. Um einen stets gleichen resp. abme߬ 
baren Entzündungsreiz zu haben, hat er Fäden angewandt, die er 
sowohl mit chemischen als mit bakteriellen entzündungerregenden 
Mitteln imprägnierte. An zwei entsprechenden Körperstellen des 
Versuchstieres hat er sie durch das Gewebe gezogen und je nach 
der beabsichtigten Wirkung verschieden lange Zeit liegen lassen. 
Er behandelt die eine Seite, während die andere Kontrollstelle bleibt. 
Die ganzen Stellen werden dann mit dem Faden, resp. es werden 
die ganzen Entzündungsstellen ausgeschnitten und mikroskopisch 
untersucht. Die Resultate waren folgende: 

A. Wärmetherapie. Die verschiedenen Arten der Wärme¬ 
anwendung, trockene Hitze, Heißluft, Thermophor, Breiumschläge, 
haben sich als vollkommen gleichwerrtig gezeigt. 

Fall 1. Faden mit Arg. nitr. getränkt bleibt 8 Stunden 
liegen. Wärmeanwendung vom Beginn des Experimentes, also 
der Entzündung an. Auf der Kontrollseite liegt der Faden in 
einem großen ovalären Infiltrat. Auf der behandelten Seite fehlt 
jedes Infiltrat. Doch außerordentlich starke arterielle Hyperämie, 
Arterien sehr weit, Lymphgefäße und Lymphspalten strotzend 
gefüllt, Gewebe stark lymphatisch durchtränkt. Nur bei starker 
Vergrößerung wenige Leukocyten um die Gefäße herum, daneben 
„Leukocyten-Schatten“. 

Fall 2. Faden mit Arg. nitr getränkt bleibt 6 Stunden liegen, 
wird dann entfernt; von da ab auf der einen Seite 6 Stunden 
Wärmebehandlung. Auf der Kontrollseite großes, scharf um¬ 
schriebenes Infiltrat, auf der behandelten die ursprünglich offenbar 
starke Eiterung erheblich vermindert und in die Umgebung ver¬ 
teilt. Im übrigen Zustand wie in Fall 1, ein Lymphsee, wo früher 
der Faden gelegen hatte, also am Locus minoris resistentiae. 

Dieser Versuch gibt einen Einblick in den Verlauf der 
Eiterung unter der Hitzebehandlung. Es kommt unter Hitze¬ 
behandlung zur einer Lympheanhäufung am Locus min. resist., zur 
Bildung eines dünnen Eiters. 

Fall 3 zeigt, daß die Hitzebehandlung noch 24, ja 36 Stunden 
nachwirkt. Es ist also nicht nötig, die Hitze dauernd anzuwenden, 
sondern in Intervallen 1—2 Stunden lang. 

Fall 4 unter Anwendung von Staph. pyog. aur. zeigt, daß die 
Hitzebehandlung gleich wirkt, welches auch der Entzündungs¬ 
reiz war. 

Fall 5 zeigt, daß eine zu große Wärme (48- 50° C) schädlich 
wirkt, indem sie die Hyperämie und Lymphefluxion verhindert, 
auch Gewebsschädigung hervorruft. Es sind 41 0 C. bei 
feuchter und 45° C. bei trockener Wärme die günstigsten 
Temperaturen. 

Das stimmt mit der klinischen Empirie überein. Die klinische 
Verträglichkeit des Hitzegrades, das Empfinden des Patienten, ist 
ein sicherer Maßstab (Schluß folgt.) 

6. Z. hat die Wirkung eines neuen Jodoform-Ersatzes (des wie¬ 
vielten? d. Ref), Novojodin genannt, auf Ulcus molle und Bubo 
untersucht. Da dieses Mittel eine Verbindung von Jod und Formal¬ 
dehyd ist, also eine gewisse chemische Jodoformähnlichkeit hat, 
so bringt er ihm besonderes Vertrauen entgegen. Die mit N. be¬ 
handelten Ulcera mollia (im ganzen erst 30 Fälle) reinigten sich in 
kurzer Zeit, auch schien die Heilungsdauer zufriedenstellend. In 
keinem Fall trat Hautreizung oder gar Dermatitis ein, auch nie ein 
nicht schon vorhandener Bubo, was indes hauptsächlich der Bett¬ 
ruhe zu danken war. Die Bubonen wurden nach Lang nur klein 
inzidiert, durch Aspiration entleert, mit einer 20prozentigen Auf¬ 
schwemmung von N. in Paraff. liquid, oder Glyzerin gefüllt und 
mit Pflaster verklebt. Nur selten war wegen frischer Eiteran¬ 
sammlung eine zweite Inzision notwendig. Die Heilungsdauer war 
meist 2—3 Wochen, aber einerseits 5—8 Tage und in andern Fällen 
bis 38 Tage. 

7. Winkler hat versucht, das noch unaufgeklärte Wesen der Ar¬ 
senwirkung — auf die Psoriasis vulgaris in der Weise festzustellen, 
daß er elektrophoretisch das Arsen direkt in die Haut einführte. 
Bei einer Patientin, welche nur einzelne Psoriasis-Plaques an beiden 
Beinen und Armen hatte, behandelte er zuerst das eine Bein (arsen- 
trioxyd 5:1000, in Kompresse, negativer Pol, 5 MAL Nach drei 
Wochen war die Stelle ganz normal geworden, alle andern un¬ 
behandelten Stellen waren vollkommen unbeeinflußt. Unter der¬ 
selben Behandlung heilte dann in derselben Zeit das andere Bein, 
während die Arme unbeeinflußt blieben Daiaus ergibt sich, daß das 
Arsen spezifisch, aber nicht von innen heraus, sondern rein lokal 
wirkt, die dabei eintretende Gefäßverengung an sich kann die Ur¬ 
sache nicht sein, weil Suprarenin diese Wirkung auf die Psoriasis auch 
hat, aber nicht heilt Uebrigens versagt die Arsentherapie bei Rezidiven. 

8. Hügel beobachtete bei einem 25jährigen Korbmacher eine 
seit Jahren bestehende, das Allgemeinbefinden gar nicht beeinflussende 
Hautkrankheit, welche zu gleicher Zeit linsen- bis haselnußgroße 
bald mit normaler, bald mit blauschimmernder Haut bedeckte Tu¬ 
moren, Ulzerationen mit eitrig belegtem Grunde und Narben zeigte. 





362 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 23 


Aus dem Eiter der aufgestochenen Tumoren konnte er besonders 
auf Maltose-Agar das Sporotrichon Beurmanni züchten. Die Krank¬ 
heit wurde zur Heilung gebracht durch Jodkali (täglich 4 g). 

Diese Mykose, die durch de Beurmann 1903 entdeckt wurde und 
von der in den nächsten 3 Jahren SO Fälle bekannt wurden, ist 
fest nur in Frankreich gefunden worden, wenige Fälle davon in 
Amerika und der Schweiz. 


Nahrungs= und Genußmittel. 

Referent: Prof. Dr. Winckler, Berlin. 

1. Alkoholica. 

Konsum alkoholischer Getränke. Die „Halbmonatsschrift für 
soziale Hygiene und Medizin“ vom 31. März 1910 berichtet, nach 
No. 3 des „Reichsarbeitsblatt“, daß bezüglich des Verbrauchs von 
Braun tw e i n Deutschland jetzt an zweiter Stelle stehe, doch 
gehe dieser Konsum in letzter Zeit zurück (worauf wir bereits auf¬ 
merksam gemacht haben). Am meisten Branntwein trinken die 
Dänen. Im ganzen geht der Branntweingenüß in den Kulturländern 
zurück. Auch hinsichtlich des Bierkonsums steht Deutschland 
jetzt an zweit er Stelle, England an erster. „Unter allen Um¬ 
ständen ist der Alkoholgenuß in Deutschland noch recht hoch.“ 
Durchschnittlich trinkt jeder Deutsche jährlich für 3,86 M. Branntwein 
und für 35 M. Bier. Unsere gesamte jährliche Ausgabe für alkoho¬ 
lische Getränke beträgt drei Milliarden Mark, das ist doppelt soviel 
wie sämtliche Ausgaben für Heer und Marine, viermal soviel wie die 
gesamte Arbeiterversicherung und fünfmal soviel wie die Ausgaben 
für die Volksschulen. 

Unsere Arbeiterfamilien geben 4,8 pCt. ihres Einkommens für 
Alkohol aus, unsere Beamtenfamilien 2,5 pCt. Das Verhältnis der 
Ausgaben für Alkohol zu denen für Nahrungsmittel stellt sich bei 
den Arbeitern auf 8,02 pCt., bei den Beamten auf 3,12 pCt. Die 
Arbeiterfamilien machen nicht nur relativ sondern auch absolut 
höhere Aufwendungen fiir Alkohol als die Beamtenfamilien. Der 
deutsche Arbeiter verbraucht mehr Alkohol als der amerikanische. — 
Aus den Aufzeichnungen der Leipziger Ortskrankenkasse ergab sich, 
daß bei den Alkoholikern im Alter von 35—54 Jahren der Stellen¬ 
wechsel doppelt so häufig war als der bei der Allgemeinheit. Die 
Alkoholiker im mittleren Lebensalter hatten eine höhere Krankheits¬ 
ziffer als die Greise, auch hatten sie sehr ungünstige Sterblichkeits¬ 
und Unfallziffern. Uns fällt hierbei einer der „goldnen Sprüche“ des 
Pythagoras ein: „Wisse auch, daß die Leiden der Menschen 
ihr eigenes Werk sind!“ 

Das Reichsarbeitsblatt empfiehlt eine zwangsweise Behandlung 
der Alkoholiker in eigenen Heilstätten. Schwerlich werden unsere 
Gesetzgeber in eine derartige Beschränkung der persönlichen Frei¬ 
heit der Bürger willigen; man wird bis auf weiteres jedem Trinker 
gestatten, sich ad libitum zugrunde zu richten. Indessen führt die 
Landesversicherungsanstalt der Rheinprovinz schon jetzt eine aus¬ 
gedehnte Trunksuchtsbehandlung durch, scheinbar mit volkswirt¬ 
schaftlichem Nutzen. Schließlich wird auf den unerfreulich großen 
Alkoholkonsum in unseren Kolonien aufmerksam gemacht, der eine 
Gefahr für unsere ganze Kolonialwirtschaft bedeutet. 

2. Yoghurtmilch. 

Daß die Yoghurttherapie fast vollständig Fiasko gemacht habe, 
aber die Yoghurtmilch das beste Nährpräparat sei, versucht Dr. 
Ernst Rosenberg in Bad Neuenahr nachzuweisen (Reichs-Me- 
dizinal-Anzeiger vom 4. März 1910). Da eine kleine Menge Yoghurt¬ 
milch, z. B. ein halbes Liter pro Tag, die Darmfäulnis nicht ver¬ 
mindert, andererseits große Mengen süßer Milch die Darmfäulnis 
ebenso sicher vermindern wie große Mengen (zwei bis drei Liter) 
Yoghurtmilch, so ist klar, daß vom Bacillus bulgaricus keine eigen¬ 
artige therapeutische Wirkung zu erwarten ist. Von einer reinen 
Fermentmedikation, von der Darreichung von Kulturen dieses Ba¬ 
cillus sah Rosenberg weder bei Magen- noch bei Darmkrank¬ 
heiten irgend welchen Erfolg. Aber durch Yoghurtmilch sollen sich 
in zwei von W e g e 1 e behandelten Fällen von Achylia gastrica 
sekundäre Darmsymptome (Diarrhoen) gebessert haben, während 
Rosenberg durch Yoghurtmilch bei Magen- und Darmleiden 
keine nennenswerte Heilwirkung erzielen konnte. Er hält aber die 
Yoghurtmilch für das beste Nährpräparat, da sie die Nährsubstanzen¬ 
mischung der Milch in doppelter Konzentration enthalte und diese 
Substanzen in einem Zustande der Vorverdauung seien, welcher sie 
leichter verdaulich mache. Der Nährwert von einem Liter Yoghurt¬ 
milch (aus zwei Liter Milch bereitet) betrage 1400 bis 1500 Kalorien, 
die mit Leichtigkeit neben der gewöhnlichen Nahrung täglich zuge¬ 
führt werden könnten. Deshalb sei die Yoghurtmilch empfehlens¬ 
wert bei allen Formen der Unterernährung (z. B. bei Anämie, Chlo¬ 
rose, Tuberkulose, Kachexien), bei harnsaurer Diathese (?), bei 
Störungen der Nierenfunktion, bei der Ernährung der Diabetiker und 
zur Beihilfe bei Mastkuren. Auch bei Fäulnisprozessen im Magen- 
Frrmkanal sei sie anwendbar, wobei aber nicht das Yoghurt¬ 
bakterium, sondern die Milch als solche wirke, die den im Darm¬ 
kanal stets vorhandenen Milchsäurebakterien und natürlich auch den 


miteingeführten Yoghurtbakterien durch Veränderung des Nähr¬ 
bodens eine bedeutende Wachtumsenergie verleihe. Uebrigens 
meint Rosenberg, daß die ganze Lehre von der gastrointesti¬ 
nalen Autointoxikation auf schwachen Füßen stehe. Noch ab¬ 
lehnender verhält sich Ad. Schmidt in Halle gegen diese Lehre. 
(„Die Wiederbelebung der intestinalen Autointoxikationslehre in 
Frankreich und der „Combismus“. Deutsche Medizinische Wochen¬ 
schrift 1909 Nr. 49.) Diesem erscheinen die angeblich exakten Grund¬ 
lagen der (leider mit der Yoghurtempfehlung verquickten) Lehre von 
der gastrointestinalen Selbstvergiftung unannehmbar für die wissen¬ 
schaftliche Forschung; nur soviel sei richtig, daß mancherlei Er¬ 
fahrungen darauf hindrängen, die Störungen der Darmtätigkeit in 
der klinischen Pathologie etwas höher zu bewerten als es gegen¬ 
wärtig geschehe. Wir können das Werk Combes nicht so ge¬ 
ring schätzen; seine Lehre verdient, ernstlich studiert zu werden, 
obgleich sie nicht auf dem Boden deutscher Forschung gewachsen 
ist. Nur die von Metschnikoff gezogenen Schlüsse, ins¬ 
besondere seine Empfehlung der Yoghurtmilch zum Zwecke der 
Lebensverlängerung. lehnen wir ab. Die Langlebigkeit der Yoghurt¬ 
milchtrinker ist nicht erwiesen; bloße Behauptungen ohne amtliches 
statistisches Material sind hierbei nicht maßgebend. Daß Yoghurt¬ 
milch ein gutes Nahrungsmittel sei, soll nicht bestritten werden, 
nachdem Rosenberg so lebhaft dafür plädiert hat; daß es ein 
ideales Nahrungsmittel sei, möchten wir aber nicht unterschreiben. 
Denn K a t z hat (in der Zeitschrift für physikalische und diätetische 
Therapie, August 1908) darauf aufmerksam gemacht, daß bei der 
Bereitung sehr leicht schädliche Keime in die Milch gelangen 
können. Namentlich Hefe und Soor entwickeln sich gut in Yoghurt¬ 
milch, ebenso Heubazillen. Es ist also eine irrige Annahme, daß 
die orientalischen Saccharolyten die Vermehrung pathogener und 
nicht pathogener Mikroorganismen verhindern. Für Säuglinge ist 
diese Milch nur ausnahmsweise zulässig; Katz hat bemerkt, daß 
sie die Rhachitis meistens ungünstig beeinflußt. Nach alledem wird 
der Nimbus der Yoghurtmilch bald verblassen. 

3. Alkoholfreies Ersatzgetränk. 

„Perplex“, ein alkoholfreier, ähnlich wie Lagerbier schmecken¬ 
der gehopfter Malzauszug wird von Dr. Juliusburger in 
Steglitz den Abstinenten als „Ersatzgetränk“ in der „sozialen 
Hygiene und Medizin“, 1910, Nr. 12/13, dringend empfohlen. 
Dieses Getränk wird von der „Perplexbrauerei W. Fähndrich 
zu Luckenwalde-Berlin“ hergestellt und ist laut Gutachten des 
Handelschemikers Df. Paul Jeseri.ch alkoholfrei, wohl¬ 
schmeckend und reich an Extraktgehalt (9,6 g in 100 ccm, 
gegenüber 5,5 g in gewöhnlichen Lagerbieren und 6,5 g in schweren 
Exportbieren.) — Es gibt viele Abstinente, die behaupten, daß man 
keinerlei „Ersatzgetränke“ anstelle der Alkoholica nötig habe; das 
beste Ersatzgetränk sei W a s s e r. Jedenfalls kann man sich in 
Gestalt von Suppen, Obst usw. genügend Flüssigkeit einver¬ 
leiben, ohne zu einem Kunstprodukt seine Zuflucht nehmen zu 
müssen. Wir bringen derartigen Präparaten wenig Sympathie ent¬ 
gegen. 

4. Genußmittel iin allgemeinen. 

Ueber „Genuß und Genußmittel“ trägt Dr. Wilhelm Sternberg, 
Spezialarzt fiir Zucker- und Verdauungskranke in Berlin, in der 
„Therapie der Gegenwart“ (April 1910) in Kürze einige Lehren vor, 
die er bereits in einem großen Buche ausführlich dargelegt hat. Mit 
Recht weist er immer wieder darauf hin, daß der Genußwert 
der Nahrung ebenso wichtig sei wie der physikalische 
ßre n n wert und der chemische Nährwert. In diesem Sinne 
korrigiert Sternberg einige in dem neuesten Werke über Physio¬ 
logie von Zuntz und Loewy enthaltenen Sätze. Beim Genuß 
kommt es nicht auf die Wirkungen schlechthin, sondern auf die Eigen¬ 
schaften, die örtlichen Reizwirkungen gerade in den ersten 
Wegen an. Die gegenteilige Auffassung der modernen Wissen¬ 
schaft und der theoretischen Forschungen über den Genuß ist 
unzutreffend. Wir möchten Sternberg beipflichten. 

5. Kaffeeersatz. 

„Zipangu.“ Ein neuer Kaffeeersatz, unter Kontrolle des Handels¬ 
chemikers Prof, Dr. Fr. Schmidt in Hamburg von den dortigen 
„Deutschen Zipangu-Werken Wilhelm Thomse n“ fabriziert, 
ist ein Gemisch von Bohnenkaffee mit Kaffee-Ersatzmitteln, wor¬ 
unter ein Präparat aus Kolanüssen. Zipangu enthält nach Angabe 
des Fabrikanten ungefähr ebensoviel Extraktivstoffe wie Bohnen¬ 
kaffee, aber nur halbsoviel Coffein, und wird ebenso zubereitet wie 
gewöhnlicher Kaffee. Da der Prospekt als einen besonderen Vorzug 
des Zipangu vor den sogenannten Kaffee-Surrogaten rühmend her¬ 
vorhebt, daß Zipangu Coffein enthalte, scheint das Publikum von der 
übergroßen Angst vor dem Coffein, die durch populäre Broschüren 
anderer Kaffeesurrogat- und Kaffee-Ersatz-Fabrikanten geflissentlich 
verbreitet worden war, bereits befreit zu sein. 

6. Schwarzbrot. 

Deutsches Schwarzbrot in England. Lord C 1 a u d Hamilton 
hat beim Küchenkomitee des britischen Unterhauses beantragt, daß 



Nr. 23 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


363 


in den Restaurationsräumen des Westminsterpalastes künftig zum 
Tee deutsches Schwarzbrot neben dem englischen Weißbrot ver¬ 
abreicht werden möge. Letzteres, das von den in England einge¬ 
wanderten Deutschen scherzweise als „Tapetenkleister“ bezeichnet 
zu werden pflegt, soll recht minderwertig sein. Noch wünschens¬ 
werter wäre die Einführung deutschen Schwarzbrotes in Frankreich, 
wo fast gar kein anderes Brot als ein sehr weißes Weizenbrot ge¬ 
gessen wird, während die Engländer. doch nebenbei Hovisbrot, 
Grahambrot und andere kleiehaltige Brotsorten kennen. Die 
Zugabe eines aus Roggen gebackenen groben Schwarzbrots, welches 
die Darmtätigkeit gelinde anregt, ist der Gesundheit entschieden 
förderlicher als die ausschließliche Verwendung weißen Weizenbrotes. 
Die besten, aus reinem Roggenmehl hergestellten Schwarzbrotsorten 
werden in Westfalen, Hamburg und Bremen gebacken. Einen ge¬ 
wissen Ersatz dafür bietet „gemischtes“ Brot, „Graubrot“. Nicht zu 
empfehlen sind die „möglichst ohne Hefe und Sauerteig“ aus Ganz- 
inehl hergestellten Schrotbrotsorten der Vegetarier, die krümelig 
und schwer sind, schnell verschimmeln und abführend wirken. Sie 
enthalten gar zu viele grobe Zellulosesplitter, welche Koliken und 
Durchfälle hervorrufen und bei langjährigem Genuß solchen Brotes 
zum Mastdarmkrebs disponieren. 

7. Verdauungsarbeit und spezifisch-dynamische Wirkung der 
Nahrungsmittel 

hieß das Thema eines Vortrags, den Geh. Med.-Rat Professor Dr. N. 
Z u ii t z im Dezember 1909 in der Berliner physiologischen Gesell¬ 
schaft gehalten hat und der jetzt in der „Medizinischen Klinik“ (1910, 
Nr. 8 und 9) veröffentlicht worden ist. In diesem Vortrage teilte 
Z u n t z die Ergebnisse von interessanten Untersuchungsreihen mit, 
welche die Tierärzte Dahm und Steck auf seine Veranlassung 
angestellt haben. Bekanntlich haben Z u n t z und von Mering 
schon vor Jahren ermittelt, daß bei Zufuhr eines bestimmten Nähr¬ 
materials äquivalente Mengen Körpersubstanz gespart werden, und 
Zuntz hat schon 1879 ausgesprochen, was durch neuere Arbeiten 
über die Verbrennungswärme der Nährstoffe zur Gewißheit geworden 
ist, daß bei dem Wechsel der Brennstoffe der energetische Wert des 
Verbrannten nahezu derselbe bleibt. Geringe Steigerungen der Ver¬ 
brennungsprozesse nach einigen in die Blutbahn gebrachten Sub¬ 
stanzen deutete Zuntz in dem Sinne, daß die Zufuhr der Nähr¬ 
stoffe dem Körper ein Mehr an Arbeit auferleee. Wurden dieselben 
Substanzen in etwas größeren Mengen in den Magen gebracht, so er¬ 
folgte eine nennenswerte Steigerung des O-Verbrauchs. Zuntz 
schloß daraus, daß eine neue Arbeit im Tierkörner ausgelöst werde, 
die in Sekretionen der Darmdrüsen. vermehrter Tätigkeit der Darm- 
muskulatur und verstärkter Herzarbeit bestehe. Die Gesamtheit 
dieser Arbeitsleistungen nennt er Verdauungsarbeit und 
sieht in ihr die wesentliche Ursache der Steigerung der Oxydations- 
nrozesse nach Nahrungszufuhr. V o i t und R u b n e r traten dieser 
Z u n t z sehen Lehre von der Verdauungsarbeit entgegen. Neuer¬ 
dings schreibt Rubner der Verdauungsarbeit einen ganz unter¬ 
geordneten Anteil an der Stoffwechselsteigerung zu und kenn¬ 
zeichnet diese seine Auffassung durch den neugewählten Namen 
der „spezifisch-dynamischen Wirkung“ der Nährstoffe. Scharfen 
Widerspruch gegen Z u n t z hat H e i 1 n e r erhoben. Zuntz weist 
aber Irrtümer in H e i 1 n e r s Schlußfolgerungen nach. Durch neue 
Untersuchungsreihen hat nun Zuntz seine Lehre wiederum ge¬ 
stützt. Die Eiweißkörper haben das Besondere, daß sie eine erheb¬ 
lichere Arbeitsleistung der Nieren bewirken, und Barcroft hat 
gezeigt, daß jede Anregung der Nierentätigkeit den O-Verbrauch der 
Niere beträchtlich steigert. letzt hat Steck auf Veranlassung von 
Zuntz den Einfluß der Zufuhr von Harnstoff (und auch von Chlor¬ 
natrium) auf den Gaswechsel des nüchternen Menschen und Tiers im 
Zustande absoluter Ruhe studiert. Das Resultat war: regelmäßige 
Steigerung des O-Verbrauchs pro Minute und des daraus zu berech¬ 
nenden Energieumsatzes. „Da beim Harnstoff jeglicher chemischer 
Umsatz der aufgenommenen Substanz sicher ausgeschlossen ist, sind 
wir gezwungen, auch einen entsprechenden Bruchteil, wenigstens 20 
bis 25 Prozent der Stoffwechselsteigerung nach Eiweißnahrung, auf 
die Vorgänge zu beziehen, welche beim Harnstoff allein in Betracht 
kommen: auf die Resorption, die Sekretion durch die Nieren und die 
Beeinflussung sonstiger Organleistungen durch den Harnstoff.“ 
Eine andere, vom Tierarzt Dahm angestellte Versuchsreihe betraf 
den Anteil der Verdauungsarbeit am Stoffwechsel der Wiederkäuer 
und hat ergeben, daß die mechanische Belastung des Verdammes- 
apparats den Stoffverbrauch erheblich steigert. Beide Unter¬ 
suchungsreihen haben also die Zuntz sehe Anschauung bestätigt. 
Uns erscheint diese Lehre deshalb wertvoll, weil sie die innere 
Arbeit hervorhebt, die bei der Verdauung geleistet wird; eine 
Größe, die von den meisten neueren Physiologen unterschätzt wird. 


8. Fleisch. 

Eine abermalige Zunahme des Fleischkonsums in Preußen er¬ 
sieht man aus den jetzt abgeschlossenen vorliegenden Ergebnissen 
der Schlachtvieh- und Fleischbeschau. Im Jahre 1909 hat die Be¬ 
völkerung Preußens mehr Fleisch gegessen als jemals zuvor. Aus 
den gewerblichen Schlachtungen wurden ihr zur Verfügung gestellt: 


im Jahre 1904 

aut den Kopf der Bevölkerung 
. . . 37,31 Kilogramm Schlachtfleisch. 

„ „ 1905 

• ■ ■ 36,90 

„ „ 1906 

■ ■ • 35,34 

„ „ 1907 

■ • • 39,03 „ „ - 

„ „ 1908 

■ • • 39,53 „ 1 

„ „ 1909 

■ ■ • 39.81 


Die durch Hausschlachtungen und durch Einfuhr von Fleisch 
und Fleischwaren beschaffte Menge soll sich im Jahre 1909 un¬ 
gefähr in gleicher Höhe gehalten haben wie im Vorjahre. — Von 
Schweinefleisch standen zwar über 47 Millionen Kilogramm weniger 
zur Verfügung, hingegen wurde von anderem Vieh mehr denn je 
geschlachtet, so daß im ganzen im Jahre 1909 über 30 Millionen 
Kilogramm Fleisch mehr als im Vorjahre gegessen werden konnten. 
— In Frankreich werden nur dreißig Kilo Fleisch pro 
Kopf und Jahr konsumiert! Ob unser Konsum von fast vierzig 
Kilo pro Kopf und Jahr ein Zuviel bedeute, ist schwer zu ent¬ 
scheiden, Die Lehren der Ernährungsphysiologie schwanken der¬ 
artig, daß sie kein sicheres Urteil über die zweckmäßigste Art der 
Ernährung ermöglichen. Die von L i e b i g und M o 1 e s c h o 11 
inaugurierte, von V o i t geförderte Eiweißschwärmerei ist durch 
Professor Chittenden so gedämpft worden, daß manche', ins ent¬ 
gegengesetzte Extrem verfallend, mit Hindhede meinten: „Viel 
Eiweiß ist unnütz, viel Eiweiß ist schädlich!“ und demgemäß den 
Genuß des Fleisches, dieses wichtigen Eiweißträgers, auf ein Mi¬ 
nimum einschränken wollten (Hindhede, Eine Reform unserer 
Ernährung, Kopenhagen und Leipzig 1908, S. 108 ff.), bis in jüngster 
Zeit wiederum, hauptsächlich durch den Einfluß von Rubner, 
eine gewisse Luxuskonsumtion von Eiweißstoffen, besonders von 
Fleisch, für zweckmäßig erachtet wird. Adhuc sub judice lis est. 
Die Pathologen sind nach wie vor geneigt, einen reichlichen Fleisch¬ 
genuß als mitwirkende Ursache der uratischen Gicht, der Migräne, 
verschiedener Leber- und Nierenaffektionen anzusehen. B u 1 k 1 e y 
führt die Psoriasis vulgaris darauf zurück. Andere Autoren beziehen 
auch die bedenklich zunehmende Häufigkeit der Karzinome in Eng¬ 
land und Deutschland auf den zunehmenden Fleischkonsum. Alle 
diese Beziehungen bieten der Forschung noch ein weites Arbeits¬ 
feld. Einstweilen sei die Tatsache registriert, daß das Fleisch¬ 
essen in Preußen in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat. 


Varia. 

A. Leppla. Die praktische Bedeutung der Geologie für 
die Balneologie. Medizinische Klinik 1910, Nr. 19. 

Die Geologie hat für die Balneologie insoweit eine praktische 
Bedeutung, als die Tätigkeit des Geologen für die Balneologie im 
wesentlichen auf die Erhaltung der Quellen durch Fernhaltung von 
verunreinigtem Grund wasser, auf Veredlung sowie auf Neuerschließung 
von Mineralquellen durch Nachweis von Kohlensäure in der Tiefe 
starker Grundwasseransammlungen und durch Verbindung beider 
Medien sowie auf den Schutz der Quellen gerichtet ist. 

v. Rutkowski, Berlin. 

E. Svobo d a-Prag. Die Taubstummheit — Surdomutitas. 

Medizinische Blätter 1910, Nr. 19. 

Als ätiologisches Moment für die angeborene Taubstummheit 
kommen in Betracht: unhygienische Lebensverhältnisse. Alkoholismus, 
psychische Krankheiten, besonders psychische Eindrücke während 
der Schwangerschaft. Die Ursache der erworbenen Taubstummheit 
sind: Meningitis cerebrospinalis epidemica, Scharlach. Lues herediteria, 
Fraktur der Schädelbasis, epidemische Parotitis, bisweilen Typhus, 
Masern und Windpocken. Die Prognose ist in allen Fällen schlecht. 
Bei der angeborenen Taubstummheit findet sich häufig eine Ver¬ 
engung des Schädels im sagittalen Durchmesser, die Nasengänge 
sind verengt,» das Dach des Nasenrachenraumes ist dem weichen 
Gaumen viel näher als in normalen Fällen. Adenoide Wucherungen 
begleiten meistens diesen Zustand. Die Therapie der Taubstumm¬ 
heit besteht in der Beseitigung der pathologischen Ursachen und 
in der Behandlung selbst. Subkutane Pilokarpininjektionen (13—15 
Injektionen'» wirken direkt auf die Gehörnerven, und bei vielen 
Fällen wurden positive Resultate erzielt. 

v. Rutkowski, Berlin. 

O. Barwinkel-Nauheim. Der Aderlaß, ein unentbehrliches 
Heilmittel in der Medizin. Medizinische Klinik 1910, Nr. 19. 

Der Aderlaß entlastet das Gefäßsystem und ruft eine Ver¬ 
minderung des Blutdruckes hervor Zweitens setzt er die Viskosität 
des Blutes herab. Drittens wirkt er resorptionsbefördernd und 
diuretisch. Viertens erhöht die Venäsektion die Alkaleszenz und 
damit die Oxydationskraft des Blutes. Fünftens--bewirkt er eine 
Zunahme des Lymphstromes um 10—30—50%. Sechstens kann er 
das Blut von torischen Produkten, speziell von C0. 2 -Ueberladungen, 
befreien. Siebentens ist er das zuverlässigste Mittel zur Anregung 
der mit der Blut- und Hämoglobinbildung betrauten Organe, der 
Milz und des Knochenmarkes. Er ist also indiziert: bei beginnender 
und ausgesprochener Arteriosclerose, bei inkompensiertsn Herz- 


/ERSITY OF 


/ER 









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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 23 


fehlem, bei Hirnhyperämie und Apoplexie, ferner bei asphyktischen 
Zuständen und Hitzschlag, bei Asthma cardiale und Angina pectoris, 
bei Polyzythämie, bei Pneumonie, falls eine Ueberlastung des rechten 
besteht infolge Stauung im kleinen Kreislauf und bei beginnendem 
Lungenödem; ferner bei akuten Vergiftungen, bei Urämie und 
Eklampsie und bei allen hartnäckigen Fällen von Chlorose. In der 
Dermatologie verdient der periodisch wiederholte Aderlaß eine weit¬ 
gehende Beiücksichtigung bei Psoriasis, universellem Ekzem, 
Furunkulose, Raynaud’scher Krankheit und Urtikaria. 

v. Rutköwski, Berlin. 

W. Hertel - München. Gummitropakokain zur Lumbal* 
Anästhesie. Münchener medizinische Wochenschrift 1910, Nr. 16. 

Verfasser wandte zur Lumbal - Anästhesie das Gummitropakokain 
Merck an 1 1,2 ccm Gummilösung mit 0,05 Tropacocainum 
hydrochloricum pro injectione) und konstatierte, daß die Anästhesie 
höher steigt und für die Zentren weniger gefährlich ist, ferner daß 
die auftretenden Nebenerscheinungen, Kopfschmerzen und Erbrechen, 
zwar nicht ausgeschaltet sind, aber nicht so heftig und gefahrdrohend 
auftreten. So wurde die Zahl der Operationen, die mit Lunibal- 
Anästhesie und geringen Mengen von Narkotikum ausgeführt 
worden, erhöht. Immerhin ist die Lumbal - Anästhesie auch in 
dieser Form nicht ohne Gefahr, es muß strengste Indikations¬ 
stellung geübt werden, aber sie ist ein Mittel, das man nicht gern 
entbehren möchte. v. Rutköwski, Berlin. 

E. Erhardt, München - Königsberg i. Pr. Ueber das Er= 
gebnis histologischer Untersuchungen an menschlichen 
Rückenmarken nach Lumbal-Anästhesie mit Tropakokain* 
gummi und mit arabinsaurem Tropakokain. Münchener 
medizinische Wochenschrift 1910, Nr. 16. 

Die Untersuchungen, die an drei Rückenmarken ausgeführt 
wurden, ergaben, daß durch Anästhesie mit Tropakokaingummi 
oder mit arabinsaurem Tropakokain keine pathologischen Ver¬ 
änderungen aufgetreten waren. v. Rutköwski, Berlin. 

L. Braue r. Respirationskrankheiten. Die chirurgische Be¬ 
handlung der Lungenkrankheiten. Jahreskurse für ärztliche Fort¬ 
bildung. 1910, 2. 

Der Lungenchirurgie wurde ein größeres Arbeitsfeld ermöglicht 
durch die Fortbildung der Diagnose insbesondere mit Hilfe der Durch¬ 
leuchtung und der verbesserten Sektionstechnik, durch Einzeler- 
fährungeh bei Lungenoperationen (zweckmäßige Lagerung der 
Kranken, Bekämpfung der Blutungen mit Naht und Glüheisen, 
künstlicher Verschluß von Bronchialfisteln), durch das Druckdifferenz¬ 
verfahren (Sauerbruch), die Lungenkollaps-Therapie, die operative 
Beeinflussung des Atemmechanismus bei Emphysem und beginnender 
Lungentuberkulose und endlich durch die Bronchoskopie. Unter den 
vorstehenden Bedingungen geht die Chirurgie jetzt heran an die 
Operation von Lungentumoren, die Entfernung aspirierter Fremd¬ 
körper, Dilatation von Bronchien bei Stenose, Entfernung von Eiter¬ 
ansammlungen infolge akuter und chronischer Prozesse, Bekämpfung 
ausgedehnterer Tuberkulose in vorwiegend einer Lunge durch künst¬ 
lichen Pneumothorax oder durch ausgedehnte extrapleurale Thorako- 
plastik, Mobilisierung des Brustkorbes bei Emphysem und begin¬ 
nender Tuberkulose. Die überaus interessante Arbeit zeigt, wie die 
moderne Lungenchirurgie so manchem früher als hoffnungslos ange¬ 
sehenen und aufgegebenen Lungenkranken in weitestem Sinne 
Besserung, wenn nicht gar Heilung zu bringen vermag. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

E. Meyer. Blutkrankheiten. Jahreskurse für ärztliche Fort¬ 
bildung. 1910, 3. 

Verfasser bespricht zunächst die älteren Anschauungen über 
Plethora und Blutarmut, dann die zahlreichen Methoden, die man er- 
sonen hat, um die Gesamtblutmengen zu bestimmen. Als eine echte 
Plethora muß man ein Krankheitsbild ansehen, bei dem sicher eine 
Polyzythämie besteht. Der Zustand bedarf noch eines genaueren 
Studiums. Bei der perniziösen Anämie ist die Gesamtblutmenge 
gewöhnlich herabgesetzt, bei der Chlorose kann sie dagegen erhöht 
sein. Das Hämoglobin ist beim normalen Menschen, bei Anaemie 
und Polyzythämie ein einheitlicher Körper. Somit ist die Mög¬ 
lichkeit vorhanden, aus der Bestimmung der Lichtextinktion bezw. 
der Farbenintensität des Blutes auf seine Sauerstoffaufnahmefähig¬ 
keit zu schließen. Damit sind die kolorimetrischen Untersuchungs¬ 
methoden des Hämoglobins in ihr altes Recht wieder eingesetzt und 
es bedarf nur noch guter Bestimmungsaoparate. Besonderes Interesse 
verdienen die Fälle, in denen der Farbenindex größer als 1 ist, 
wobei das einzelne rote Blutkörperchen mehr Hämoglobin enthält 
als der Norm entspricht. Diese hämoglobinreicheren Zellen sind 
jugendliche Elemente; ihr vermehrtes Vorkommen spricht mit der 
Anatomie der blutbildenden Organe zusammen iiir die Auffassung, 
daß die Schädigung dieser Organe nicht das Primäre der Krankheit 
sein kann. Zwischen myeloider Leukämie und Polyzythämie be¬ 
stehen, wie Beobachtungen gezeigt haben, einige Beziehungen. Man 
l'*>nn diese Form der Polyglobulie zweckmäßig als echte myeloide 
Erythrämie bezeichnen. 

Geißler, Neu-Ruppin. 


N. O r t n e r. Zirkulationskranklieiten. Jahreskurse für ärztliche 
Fortbildung. 1910, 2. 

1. Funktionelle Herzdiagnostik. Die einfachsten diagnostischen 
Mittel sind die Beachtung der Pulsfrequenz und die Blutdruck¬ 
messung. Zu letzterer verwendet man jetzt allgenfein das Gärtner- 
sche 'Ionometer und den Blutdruckapparat von Riva-Rocci. Bei 
der Messung kommen in Betracht der Maximal- oder systolische 
Druck und die Differenz zwischen systolischem und diastolischem 
Blutdruck, die Amplitude oder Pulsdruck. Den Blutdruck beeinflm sen 
die verschiedensten Momente. Eine „dosierte“ Muskelarbeit zur 
Funktionsprüfung des Herzens heranzuziehen, ist wegen verschie¬ 
dener Fehlerquellen nicht angängig. Messungen der Pulsfrequenz 
nach Körperarbeit können nicht als Maßstab für die- mechanische 
Leistungsfähigkeit des Herzmuskels dienen. Die Methode nach 
Katzenstein vermeidet fast alle genannten Fehler. Sie wird aus¬ 
führlich beschrieben. Eine andere sehr brauchbare Methode ist die 
von Koranyi. Arythmien beruhen vielfach auf nervöser Grundlage. 
Ob Störungen des Herzrhythmus auf organischer oder nervörser Basis 
beruhen, kann der Arzt durch eine Atropininjektion entscheiden. 

2. Ueber Arteriosklerose. Verfasser bespricht eingehend die 
Anatomie, Aetiologie, Symptomatologie und Klinik dieser Krankheit. 
Mit besonderer Ausführlichkeit ist der Differentialdiagnose gedacht, 
um zu zeigen, wie schwierig die Erkennung des Leidens, dessen Be¬ 
ginn oft ins früheste Alter fällt, sein kann. 

3. Ueber das Kropfherz. Mau unterscheidet ein anatomisch 
entstandenes, mechanisches (pneumisches) und ein durch Sekretein¬ 
wirkung erzeugtes, thyreotoxisches Kropfherz, außerdem einen 
Stauungskropf. Beim ersten besteht Dyspnoe infolge der Trachea¬ 
kompression und Dilatation des rechten Herzens bei mangelndem 
systolischen Kollaps der Halsvenen. Auf Hyperfunktion der Schild¬ 
drüse sind zurückzuführen: Struma basedowiana, Struma basedo- 
wificata, das thyreotoxische Kropfherz und der artefizielle Thyreoi- 
dismus. Zwischen Morbus Basedowii und Myxoedem bestehen 
scharfe Gegensätze. Mitigierter Thyreoidismus und Basedow sind 
von einander zu trennen. Symptome des thyreotoxischen Kropf¬ 
herzens: Kropf, Tachykardie, Zittern, in schwereren Fällen Ver¬ 
breiterung des Herzspitzenstoßes nach links- 

Geißler, Neu-Ruppin. 

N e i s s e r und K. S i e b e r t. Haut und Geschlechtsieiden. 
Jahreskurse für ärztliche Fortbildung 1910, Nr. 4 . 

DieArbeit umfaßt Mitteilungen über die Spirochaete pallida und 
die bisherigen Kulturversuche sowie eine Schnellnachweisung, ferner 
die Ergebnisse' 'der” bXpehtfrf enteilen Forschung durch den Tier¬ 
versuch, wobei besonders die Frage der Immunität und Reinfektion 
von hohem Interesse ist. Eine Immunisierungsmethode gegen die 
Lues ist bisher nicht gefunden, der Versuch hat aber gezeigt, daß es 
mit anderen Mitteln gelingt, die Krankheit ganz auszuheilen. Ohne 
Erfolg sind bisher die Präventivbehandlung und die Syphilis¬ 
prophylaxe geblieben. Mit besonderer Ausführlichkeit wird die 
Seroreaktion behandelt und hier viel Wert auf die Methodik der 
Blutentnahme gelegt, da ja bis jetzt die Ausführungen der Serore¬ 
aktion leider keine Aussicht hat, Allgemeingut der Aerzte zu werden. 
Ihr Wert für die verschiedenen Stadien, auch das Latenzstadium 
und ihre Bedeutung auch bei negativer Reaktion ward eingehend be¬ 
sprochen, auch gezeigt, welche Schlüsse für die Therapie, Ehe¬ 
konsenserteilung. Ammenwahl und hereditäre Lues aus dem positiven 
Ausfall der Reaktion zu ziehen sind. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

G. Klempner. Fortschritte in der Behandlung von Albumi¬ 
nurie und Nephritis. Jahreskurse für ärztliche Fortbildung. 1910.4 

Verfasser zählt auf, unter welchen verschiedenen Umständen 
eine vorübergehende Eiweißausscheidung beobachtet werden kann, 
deren relative Gutartigkeit durch ihr schnelles Verschwinden nach 
Aufhören des ursächlichen Reizes bewiesen ist. Eine Behandlung ist 
hier überflüssig, ebenso auch für diejenige Krankheitsgruppe, die man 
als orthostatische Albuminurien bezeichnet. Bei den Formen echter 
Nephritis ist eine Schonungstherapie erforderlich, eine eiweiß- und 
salzarme Diät, bei reichlicher Wasserabscheidung reichliche Wasser¬ 
zufuhr, bei Oedemen Flüssigkeitsbeschränkung, Anregung der Haut 
zum Schwitzen, des Darmes zur Entlastung der Nieren. Die Ver¬ 
wendung von Pilocarpin (1 ccm einer 1 prozentigen Lösung) wird 
empfohlen, um Schweiß- und Speichelabsonderung zu fördern. Diu- 
ret'ka sind nur bei geringeren Läsionen der Nieren mit Vorteil zu 
gebrauchen, bei schwereren vermehren sie die Oedeme. Verfasser 
zählt die modernen Diuretika auf. Versagen sie in schweren Fällen 
und treten Oedeme auf, so muß man zu operativen Maßnahmen 
greifen. Häufig bringen danach wieder Diuretika Nutzen. Bei 
Uraemie kommen in Frage: Aderlaß, subkutane Kochsalzinfusionen, 
Rektaleinläufe, schweißtreibende Prozeduren. Klimatische Kuren 
können für Nephritiker bisweilen sehr von Nutzen sein. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

H. Vogt. Poliomyelitis und Enzephalitis. — Die En= 
zepha Uis der Kinder. Jahreskurse f. ärztliche Forlbi'd. 1910, 5. 

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der enzephMischen 
Lokalisation der Poliomyelitis und gibt ein genaues Bild dieses 
Krankheitsprozesses auf Grund der neuesten Forschungsergebnisse, 


/ER 


I 




Nr. 23 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


365 


Ausführlich wird, da die Krankheit auch bei Erwachsenen öfter vor¬ 
kommt, auf die Frage der chronischen Poliomyolitis eingegangen. 

Geißler, Neu-Ruppin, 

Berger. Organische Psychosen. Jahreskurse f. ärztl. Fort¬ 
bildung 1910, 5. 

Die Besprechung umfaßt die Dementia paralytica, Lues cerebri, 
Arteriosklerotischen Psychosen und Dementia senilis. Die Bedeutung 
der Wassermannschen Reaktion und der Untersuchung der Spinal- 
fliissigkeit nach Nonne zur Sicherung der Diagnose der beiden 
ersteren und dann zum Zwecke der Differentialdiagnose den anderen 
Krankeitszuständen gegenüber, dann statistische Mitteilungen über 
den Zusammenhang von Lues und Paralyse, Trauma und Paralyse, 
sowie die pathologisch-anatomischen und histologischen Befunde 
bei den verschiedenen Erkrankungen sind eingehend besprochen. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

Edinger, L. Vom Bau und einigen Erkrankungen des 
Nervensystems. Jahreskurse f. ärztl. Fortbildung 1910, 5. 

Die Arbeit geht auf die zurzeit herrschenden Ansichten über 
den feineren Bau des Nervensystems, die Bedeutung des Großhirns 
und den „Eigenapparat des Rückenmarks“ ein. Bedeutung und 
Wert der Lumbalpunktion werden nach verschiedenen Seiten hin be¬ 
leuchtet und auch die Wassermannsche Reaktion wird in den Kreis 
der Betrachtung gezogen. Neben den Fortschritten auf dem Gebiet 
der Rückenmarkskrankheiten sind die neueren Anschauungen über 
Tabes, Poliomyelitis und spinale Kinderlähmung besprochen. 

Geißler, Neu-Ruppin. 


Technische Neuerscheinungen. 

Ein neuer Heißluft=Inhalationsapparat 

zur lokalen Behandlung von Kehlkopf- und Lungenleiden 
sowie zur Einführung medikamentöser Stoffe in den Blut¬ 
kreislauf durch die Atmungsorgane. 

Von Dr. med. Bösenberg, Berlin-Reinickendorf. 

Die pharyngo-Iaryngologische Therapie, sowie die lokale 
Behandlung chronischer Lungenaffektionen, speziell die der 
Tuberkulose, ist für den praktischen Arzt, nicht selten aber 
auch für den Spezialisten eine schwierige und zudem recht 
undankbare Aufgabe. Die uns zu Gebote stehenden Hilfs¬ 
mittel der internen Rezeptur sowie hydrotherapeutischen Ma߬ 
nahmen sind bald erschöpft. Der nächstliegende und aus¬ 
sichtsvollste, also der zweckmäßigste Weg einer direkten 
lokalen Beeinflussung der erkrankten Organe durch Inhalationen, 
blieb aber bisher so gut wie unberücksichtigt, da die be¬ 
kannten, für den Hausgebrauch bestimmten Inhalations¬ 
apparate Unbefriedigendes leisten. Die Unzulänglichkeit dieser 
Apparate hatte ihren Grund vor allem darin, daß ausnahmslos 
zu den Inhalationen entweder Wasserdampf oder zerstäubte 
Flüssigkeiten benutzt wurden; es ist aber eine allgemein be¬ 
kannte und anerkannte Tatsache, daß Wasserdampf oder auch 
zerstäubte Flüssigkeit niemals in wirksamen Quantitäten in die 
feineren Bronchiolen, ja kaum in den Kehlkopf gelangt, viel¬ 
mehr sich größtenteils aus rein physikalischen Gründen schon 
in der Mundhöhle niederschlägt. 

Hier bestand also bisher eine große, für unser thera¬ 
peutisches Handeln recht empfindlich fühlbare Lücke; diese 
auszufüllen ist der neue Apparat bestimmt, welcher im folgenden 
kurz besprochen werden soll. 

Der schon erwähnte Hauptfehler der alten Apparate, 
nämlich die Verwendung des Wasserdampfs — durch Spray 
zerstäubte Flüssigkeiten sind zur Inhalation ebensowenig ge¬ 
eignet wie Wasserdampf! — wird dadurch ausgeschaltet, daß 
an Stelle des Wasserdampfs heiße Luft zur Inhalation 
verwendet wird, und zwar kann diese vermöge der ebenso 
einfachen, wie sinnreichen Konstruktion des Apparates sowohl 
in ihrer Tempera ur, wie auch in ihrem Feuchtig¬ 
keitsgehalt genau reguliert, gleichzeitig aber auch 
mit medikamentösen Dämpfen der verschiedensten 
Art gesättigt werden. 

Zu diesem großen Vorzüge des Apparates kommt der 
weitere, daß er selbst von dem ungeübten Laien mit wenigen 
Handgriffen aus dem Heißluft-lnhaiationsapparat sowohl 


'Dia 

VERSITl 


in einen gewöhnlichen Dampf-Inhalationsapparat, als 
auch in eine äußerlich anzuwendende Heißluftdusche um¬ 
gewandelt werden kann; seine Verwendbarkeit ist also eine 
außerordentlich vielseitige und bequeme. 

Im Innern des Apparates liegen nebeneinander zwei 
Kessel, ein Luft- und ein Wasserkessel, die beide mit je einer 
regulierbaren Spiritusfiamme geheizt werden. Die im Luft¬ 
kessel erzeugte heiße, aber an sich zum Einatmen zu trockene 
Luft kann nach Belieben mit Wasserdampf angefeuchtet werden. 
Dieser wird im Wasserkessel erzeugt und durch ein kleines 
Kommunikationsrohr, an welchem ein von außen regulierbarer 
Hahn angebracht ist, in den Luftkessel geleitet. Weiterhin 
sind im Wasserkessel zwei Medikamentenbehälter angeordnet; 
in diesen werden im Wasserbad die gewünschten Medikamente 
verdampft und die Dämpfe direkt in den Luftkessel geleitet. 

Durch leicht zu bewerkstelligendes Umwechseln bezw. 
Aufstecken einzelner Teile wird der Heißluft-lnhaiationsapparat 
in wenigen Augenblicken in einen gewöhnlichen Dampf- 
Inhalationsapparat umgewandelt. Es bleibt dann der Luft¬ 
kessel außer Betrieb und es wird nur der Wasserkessel ge¬ 
heizt. Läßt man aber umgekehrt den Wasserkessel außer 
Betrieb und heizt nur den Luftkessel, so hat man eine Hei߬ 
luftdusche vor sich, die bei Neuralgien usw. Verwendung 
finden kann. 

Daß mit Hilfe dieses Apparates die verschiedensteu Medi¬ 
kamente mit der Atmungsluft in flüchtiger Form direkt in die 
feinsten Bronchiolen gebracht werden können, unterliegt keinem 
Zweifel. Damit ist aber nicht nur die Möglichkeit gegeben, 
den Kehlkopf und die Lungen selbst gewissermaßen lokal zu 
behandeln, sondern auch ganz allgemein dem menschlichen 
Körper unter Umgehung des Verdauungs-Traktus die ver¬ 
schiedensten Medikamente einzuverleiben, indem dieselben durch 
die Lungenalveolen direkt in die Blutbahn übergeführt werden. 
Während die erstere Tatsache von größter Wichtigkeit für die 
Therapie der Kehlkopf-, Luftröhren- und Lungen-Krankheiten 
ist, dürfte die letztere eine gleich wichtige Rolle für die all¬ 
gemeine interne Therapie zu spielen berufen sein. Denn bei 
der innerlichen Darreichung von Medikamenten stößt der Arzt 
bekanntlich insofern sehr häufig auf Schwierigkeiten, als die¬ 
selbe entweder Verdauungsstörungen hervorruft oder, bei schon 
bestehenden Schwäche- bezw. Krankheitszuständen der Ver¬ 
dauungsorgane, sich von selbst verbietet, ln solchen Fällen 
hat die intravenöse, subkutane oder perkutane Therapie Platz 
zu greifen, und die Inhalationstherapie dürfte als gleich wichtiges 
Glied in dieser Kette therapeutischer Maßnahmen zu be¬ 
trachten sein. 

Berücksichtigt man nun noch, daß der Apparat auch als 
Heißluftdusche verwendbar ist, also ein wichtiges therapeutisches 
Hilfsmittel bei Neuralgien, Ischias, Gicht und Rheuma sowie 
bei manchen Gelenkerkrankungen darstellt, so ergibt sich daraus 
die außerordentliche Vielseitigkeit in seiner Anwendung. Da 
zudem der Preis ein verhältnismäßig billiger ist, so ist die 
Anschaffung des Apparates nicht nur jedem praktischen Arzt 
zur Ergänzung seines Instrumentariums, sondern auch jeder 
Familie, in welcher eine der genannten Krankheiten herrscht, 
warm zu empfehlen. — Der durch D. R. P. Nr. 213 045 ge¬ 
setzlich geschützte Apparat wird in sehr stabiler und haltbarer 
Ausführung von der Firma Richter & Spahn in Essen-Ruhr 
hergestellt und unter dem Namen „Heida" in den Verkehr ge¬ 
bracht. Er kann zum Preise von Mark 15,— überall bezogen 
werden, event. direkt von den Fabrikanten. Rosen. 


Allgemeines. 

Eine interessante Mitteilung hat N. Z u n t z auf der Tagung der 
Gruppen Vorsitzenden der Internationalen Hygiene-Ausstellung Dres¬ 
den 1911 gemacht. Er berichtet, daß die Absicht besteht, an die von 
der Ausstellungsleitung geplanten gymnastischen Darstellungen, an 
die sportlichen Leistungen, die vorgeführt werden sollen, anzuknüpfen 
möglichst weitgehende Ausnutzungen dieser sportlichen Leitungen in 


/er; 




wissenschaftlicher Hinsicht, daß erstrebt werden soll, an das Stadion 
ein Laboratorium anzugliedern, in dem nach den in neuerer Zeit aus¬ 
gebildeten Methoden die Einwirkungen der Leibesübungen auf das 
Befinden der Menschen möglichst eingehend studiert werden sollen. 
Das Laboratorium solle ausgestattet sein mit den Hilfsmitteln, um 
mit der Röntgen-Methode, mit Hilfe des Elektrokardiogramms, um 
mit Hilfe der chemischen Methode die verschiedenen Seiten des 
Stoffwechsels, die Respiration usw. zu untersuchen. Dieses Labora¬ 
torium soll geeignet sein, das noch immer ziemlich spärliche, exakte 
wissenschaftliche Material auf diesem Gebiete zu vergrößern. Zu¬ 
gleich soll es an den Tagen, an denen es nicht der ernsten Arbeit 
dient, ein wertvolles Ausstellungsobjekt für alle sein, die daran 
interessiert sind; es soll die betreffenden Untersuchungsmethoden, die 
anthropometrischen Methoden der- verschiedensten Art in muster¬ 
gültiger Zusammenstellung und womöglich auch immer wieder in 
praktischer Verwendung, zeigen. 


Bücherbesprechungen. 

J. Wetterer. Handbuch der Röntgentherapie nebst 
Anhang: Die Radiumtherapie. Leipzig 1908. Otto Nemnich. 
Pr. geb M. 27,-. 

Das vorliegende Werk setzt sich aus fünf Abteilungen zu¬ 
sammen: einer physikalisch-technischen, einer die biologischen 
Grundlagen der Röntgentherapie, Dosierung und Bestrahlungs¬ 
technik, dann einer dritten die spezielle Röntgentherapie, einer 
vierten die Radiumtherapie behandelnden und endlich einer fünften, 
die ein umfangreiches Literaturverzeichnis umfaßt. Die erste ist nur 
kurz, denn es lag ja nicht in der Absicht des Verfassers, eine aus¬ 
führliche Röntgentechnik zu geben. Werke, welche dieses Gebiet 
behandeln, gibt es in genügender Anzahl, mehrere davon erschienen 
in obigem Verlag. Ueber Abschnitt 2 — 4 gibt es die verschiedensten 
Arbeiten, sie sind aber überall in Zeitschriften und kleinen 
Monographien zerstreut Wetterer hat sich ein ausgezeichnetes 
Verdienst erworben, daß er in ein Lehrbuch zusammenfaßte, was 
über die Röntgen- und Radiumtherapie bei der Behandlung der 
ailerverschiedensten Krankheitszustände bisher bekannt ist. Mit 
besonderer Sorgfalt wurde auf die Dosierung und auf die Schutz¬ 
mittel gegen Schädigungen durch die wunderbaren Strahlen ein¬ 
gegangen. Abbildungen in großer Zahl, die meist recht gut ge¬ 
lungen sind — ich erwähne besonders die farbigen Wiedergaben 
der verschiedenen Stadien der Röhren (weich, mittelweich, hart) und 
von körperlichen Schädigungen durch die Bestrahlung —, fördern 
im technischen Teil das Verständnis und zeigen im speziellen Teil 
die Erfolge der Röntgen- und Radiumbehandlung. Auf das mit 
großem Fleiß abgefaßte, interessante Werk, das nicht nur für den 
Dermatologen allein, sondern für die Spezialisten der verschiedensten 
Disziplinen sowohl wie für den praktischen Arzt bestimmt ist, sei 
nachdriicklichst hingewiesen. Geißler, Neu-Ruppin. 

M. Kirchner. Lehrbuch der Militär - Gesundheitspflege. 
2. Auflage. Leipzig, 1910. S. H i r z e 1. Preis M. 16,00. 

Vor fast 15 Jahren gab der bekannte Verfasser einen Grundriß 
der Militärgesundheitspflege heraus, der aber schon seit längerer Zeit 
vergriffen ist. Da ist es denn mit Freude zu begrüßen, daß dieses 
wertvolle Buch wieder eine Neuauflage erfahren hat. 15 Jahre sind 
eine lange Zeit, und in dieser Zeit hat auch die Hygiene außer¬ 
ordentliche Umwandlungen und Neuerungen erfahren. Im großen und 
ganzen fügt sich ja die Militärgesundheitspflege in das große Gebiet 


der allgemeinen Hygiene ein, dennoch sind eine nicht ganz kleine 
Zahl von Punkten für die militärischen Verhältnisse von ganz be¬ 
sonderem Wert, so daß es gerechtfertigt ist, von einer „Militär“- 
Hygiene zu sprechen und ihr ein besonderes Buch zu widmen. 
Solche besonderen rein militärhygienischen Fragen betreffen die Be¬ 
kleidung, Ausrüstung, Beköstigung, den Dienst, die Kasernen, 
Festungen, Lazarette, das Feldlager, die Wasserversorgung im 
Kriege, den Schutz der Truppen gegen Seuchen u. a. m. Der vor¬ 
liegende erste Band enthält die Kapitel über Mikroorganismen, 
Boden, Luft, Wasser, Ernährung und Wohnung. Kirschner hat sich 
überall größter Kürze und Knappheit befleißigt und das verleiht dem 
Buch noch einen ganz besonderen Wert. Die verwendeten Ab¬ 
bildungen sind klar und deutlich. Möge dem Buch in seiner Um¬ 
arbeitung eine warme Aufnahme beschieden sein. 

G e j ß 1 e r, Neu-Ruppin. 

A. S mi t h. Herz- und Gefäßkrankheiten. Neue Wege zu ihrer 
Beurteilung und Heilung. Bd. 1. Die Gefäßentartung (Arterio¬ 
sklerose). Bd. 2. Herzmuskelschwäche und Herzerweiterung und 
ihre nervösen Begleiterscheinungen. Berlin, 1910. Verlag für 
Volkshygiene und Medizin. Preis M. 2,80 und 1,80. 

Der vorstehende bekannte Verlag hat sich die dankenswerte Auf¬ 
gabe gestellt, über die verschiedensten Fragen aus der Hygiene und 
über verschiedene oft vorkommende Krankheitsbilder Aufklärung 
herbeizuführen. Die bisher erschienenen fünf Bändchen sind ihrer 
Aufgabe voll gerecht geworden. Zwei neue liegen mir jetzt vor. 
Das erste behandelt sehr ausführlich, nachdem die normalen Ver¬ 
hältnisse des Herzens, der Gefäße und des Blutes kurz gestreift 
worden sind, die pathologischen Zustände der Gefäße, ihre Ent¬ 
stehungsursache, Erscheinungen, Gefahren und die Behandlung. In 
gleicher Weise werden — nur die pathologischen Veränderungen 
bleiben unberücksichtigt — im zweiten Heft zwei häufige Herz¬ 
krankheiten besprochen. Die Besprechungen sind beide gut ver¬ 
ständlich. Die Behandlung will von Medikamenten nur in einzelnen 
Fällen etwas wissen, wo man ohne sie absolut nicht auskommen 
kann, sonst soll sie eine physikalische sein. Verfasser richtet mehr¬ 
fach scharfe Angriffe gegen die in den Kliniken gelehrten An¬ 
schauungen. Ich halte es für durchaus unrichtig, solche Fehden in 
Büchern auszukänipfen, die für Laien bestimmt sind. Das Vertrauen 
zur Aerzteschaft darf, wo überall schon Kurpfuscher die Arbeit so 
überaus schwer machen, nicht erschüttert werden. Eine Durchsicht 
der beiden Arbeiten in diesem Sinne wird ihren Nutzen mehren und 
die erfreuliche Arbeit des Verlages bestens unterstützen. 

Geißler, Neu-Ruppin. 


Der heutigen Nummer der „Therapeutischen Rundschau“ liegt 
ein Prospekt der Radium-Heil-Gesellschaft m. b. H., Charlotten= 
bürg, bei, worauf wir besonders aufmerksam machen. 


Neu und von unfehlbarer Wirkung bei Furunkulosis 

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Durch zweckmäßige Bereitung und Zusammensetzung ist damit ein 
rationelles Gebäck hergestellt, welches allen Anforderungen des gegen¬ 
wärtigen wissenschaftlichen Standpunktes und der praktischen Erfahrung 
entspricht und durch seinen physiologischen Nährwert andere Nährmittel 
übertrifft, wie durch zahlreiche Wägungen und Beobachtungen festgestellt 
ist. Der Nährzwieback bessert die Ernährung, vermehrt die Körperzunahme 
und stärkt die Knochen des normalen Kindes. Rachitis und Dispositionen 
zu Knochenerkrankungen erfahren bei längerem Gebrauch Besserung 
und Stillstand. Vor den Folgen, welche durch unzweckmäßige, unzu¬ 
reichende oder fehlerhafte Nahrung entstehen, insbesondere Drüsen, 
Skrophulose, bleibt das Kind mehr als durch jedes andere Gebäck 
geschützt. Der Nährzwieback ist eines der billigsten Kindemährmittel, 
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Redaktion: Zahnärzte Bernstein, Dallmann, Dr. Julius Misch, Müller-Stade. 


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Die ,,Zeitschrift für Zahnheilkunde“ erscheint am 5. und 20. joden Monats. I jährlich, für die übrigen Länder des Weltpostvereins M. 6,— jährlich 
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Wochenschrift für die gesamte Therapie des praktischen Arztes. 


Redaktion. 

Professor Dr. med. A. Moeller, Berlin W. 35, Am Karlsbad 5. 
Telephon: Amt VI, 17 271. 


Verlag und Expedition 

Gustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9, Köthenerstr. 37. 
Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. 


Berlin, 12. Juni 1910. 


Nr. 24. 


Die Therapeutische Rundschau erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den 
Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluß abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 5U Pf. berechnet. Beilagen per 1000 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt: 


Originalien: 

Müller-Berlin: Die Aktinotherapie der durch Eiter¬ 
erreger bedingten Hauterkrankungen.369 

Krone-Soden a. W.: Die Therapie der Chlorose im 

Solbad . ..371 

Roth: Frisch Wasser in die Leiber der Menschen, be¬ 
sonders der Kranken.373 

Sofer-Wien: Wiener Brief.375 

Referate: 

Bachem-Bonn: Pharmakologie.377 

Lehr-Stuttgart: Orthopädie.378 


Grum ach - Berlin: Hautkrankheiten.378 

Loh risch-Chemnitz: Magen-, Darm- und Stoffwechsel¬ 
krankheiten . 379 

Ne t er-Mannheim: Kinderheilkunde.380 

Krü ger-Magdeburg: Mitteilungen über Arzneimittel . 380 

v. Rutkowski-Berlin: Varia ..380 

Technische Neuerscheinungen: 

Rosen-Berlin: Wandspucknäpfe.381 

Rosen-Berlin: Jodbläser zur Hautdesinfektion etc. . . 382 

Bücherbesprechungen: .382 

Allgemeines: . 383 


ORIGINALIEN. 


Aus Dr. G. J. Müllers^Privatklinik f. Hautkrankheiten. 

Die Aktinotherapie der durch Eitererreger bedingten 
Hauterkrankungen. 

Von G. J. Müller, Berlin. 

Welche Bedeutung die Entwicklung der Röntgen¬ 
ologie für die chirurgische Diagnostik genommen 
hat, ist so bekannt, daß sich alle weiteren Auseinander¬ 
setzungen erübrigen. Weniger bekannt dürfte sein, 
daß die Röntgentherapie sich, wenn auch vor¬ 
läufig auf beschränkten Feldern und zurzeit noch 
häufig gegen den Widerspruch der Chirurgen, als 
erfolgreiche Konkurrentin der chirurgischen Therapie 
erwiesen hat. Eines dieser Felder liegt auf 
dem Grenzgebiete zwischen Chirurgie und Der¬ 
matologie und betrifft einige Erkrankungen, bei denen 
die chirurgische und im übrigen auch die rein der¬ 
matologische Therapie häufig nicht recht befriedigt oder 
gar versagt; es sind dies die durch Eitererreger hervor¬ 
gerufenen Erkrankungen der Haut. Die günstige Ein¬ 
wirkung sowohl der Röntgen- als auch der Lichtstrahlen 
auf eitrige Prozesse wollen wir nun in folgendem be¬ 
sprechen. 

Impetigo. 

Die oberflächlichste und häufigste Staphylomykose 
der Haut ist die Impetigo Bockhardt, gewöhnlich sekun¬ 
där sich an alle möglichen besonders juckenden [Derma¬ 
tosen, eitrige Wunden etc. anschließend, kann sie aucli 
ein geschlossenes, für sicli bestehendes Krankheitsbild 
darstellen, das oft keineswegs harmlos ist und sich 
durch Hartnäckigkeit auszeichnet. In solchen Fällen 
überziehen dichtstehende Eiterpusteln größere Haut- 
gebiete, heftiges Jucken, das von Schmerzen, die durch 
Kratzen verstärkt werden, begleitet ist, peinigt die 
Kranken. Es kommt durch Reibung der Kleidung und 
Kratzen zum Verlust eines Teils der Hornschicht, 
starker Wundsekretion, Borkenbildung, kurz einem 
recht unangenehmen Status, der die Anlegung und den 
öfteren Wechsel größerer Verbände nötig macht, 
welche Prozeduren nicht nur umständlich, sondern den 


Patienten auch sehr unangenehm zu sein pflegen, ich 
kenne kein Mittel oder Verfahren, welches so prompt 
das furchtbare Jucken lindert, so rasch die lästige Se¬ 
kretion einschränkt, austrocknend und entzündungs¬ 
mildernd wirkt, daher bald die großen Verbände ent¬ 
behrlich macht, als die Röntgenstrahle n. Selbst 
sein - hartnäckige, lange vergeblich behandelte Fälle be¬ 
dürfen nur mäßiger (Quantitäten Röntgenstrahlen, meist 
nicht über '/»E. D. Im Anfänge wird man gut tun, die 
übliche Therapie mit Sulfur etc. unterstützend anzu¬ 
wenden, später genügen einfache Alkoholwaschungen, 
Bepuderungen und Schutztücher. 

F u r u n k e I. 

Die nächste schwere Form der kokkogenen Erkran¬ 
kungen der Haut sind die Furunkel; das gehäufte Auf¬ 
treten dieser knotigen, zirkumskripten Cutisabszesse 
kann eine für den Träger sehr unangenehme und für 
den behandelnden Arzt sehr schwierige Situation be¬ 
dingen. Hier soll aber nicht die Rede sein von der soge¬ 
nannten F urunkulose, bei welcher sich die An¬ 
wendung der Strahlentherapie im ganzen nicht sonder¬ 
lich bewährt hat, auch nicht bewähren konnte, weil hier 
interne Zusammenhänge zu berücksichtigen sind. F.s 
handelt sich vielmehr um lokalisierte Formen, welche 
sich entweder durch Größe der Einzelexemplare und 
Intensität der Entzündung oder durch chronischen Ver¬ 
lauf und Neigung zu Rezidiven auszeichnen; ich meine 
die Furunkel der Achsenhöhle, des Afters, der Scrotums 
des Gesichts, des Nackens, wobei ich nicht verfehlen 
will zu erwähnen, daß klinisch zu diesen „sogenannten 
Furunkeln“ Fälle gezählt sind, welche pathologisch¬ 
anatomisch Entzündungen der Schweißdrüsen dar¬ 
stellen. Allen diesen Formen gemeinsam ist die durch 
die Lokalisation und Heftigkeit der Inflammation be¬ 
dingte exzessive Schmerzhaftigkeit, die Neigung zu 
Progredienz und Rezidiven sowie das öftere refraktäre 
Verhalten gegenüber der chirurgische;] Therapie. Be¬ 
sonders die analen und axillaren Fälle beweisen ihre 
Torpidität durch wiederholtes Rezidivieren subkutaner 
Eiterungen und Fistelbildung. Hier habe icl; meine 
ersten günstigen Erfahrungen mit Röntgenstrahlen ge¬ 
sammelt und konnte weiterhin eine beträchtliche An¬ 
zahl von Fällen, welche wiederholten chirurgischen Ein¬ 
griffen gestrotzt hatten, definitiv heilen. _ Dabei kommt 
man mit mäßigen Dosen aus (Vs —"U E. D.); nur die 
Nackenfurunkel erfordern unter Umständen die volle 



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370 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 24 


Erythemdosis. Eine besondere Rolle spielen die Ge¬ 
sichtsfurunkel, sie gelten als außergewöhnlich gefähr¬ 
lich und werden von den Chirurgen auch heute noch 
mit Kreuzschnitten traktiert, von einigen sogar exzi- 
diert. Ich halte diese pessimistische Auffassung für über¬ 
trieben, daher die Größe des Eingriffs und die dadurch 
bedingte kosmetische Störung für absolut ungerecht¬ 
fertigt. Meine Erfahrungen haben gezeigt, daß Punk¬ 
tion, Saugung und sofortige Applikation einer Röntgen¬ 
lichtinenge von V* E. D. zur Einleitung eines gefahr¬ 
losen Krankheitsverlaufs genügt. Wir leiten die Be¬ 
sprechung über zu den 

Karbunkeln, 

welche bisher als unbestrittene Domäne der Chirurgie 
galten. Auch ich halte mich auf Grund meiner Erfah¬ 
rungen nicht für berechtigt, für die Unterlassung eines 
größeren chirurgischen Eingriffs einzutreten; dagegen 
scheint mir angesichts des gelegentlichen Versagens 
der blutigen Therapie und der sicheren Einwirkung, 
welche von verschiedenen Autoren (Evler u. a.) ge¬ 
meldet wird, eine sofortige Anwendung der Röntgen¬ 
therapie am Platze zu sein; mehr als V> E. D. würde ich 
nicht applizieren, da das Gewebe möglicherweise über¬ 
empfindlich sein könnte. 

Folliculitis barbae. 

Unter den kokkogenen Dermatosen nimmt einen be¬ 
sonderen Platz die sogenannte eitrige Bartflechte, 
Sykosis, ein. Früher eine crux medicorum wegen der 
Schwierigkeit des in den Tiefen der Haarbälge lokali¬ 
sierten chronischen Entzündungsprozesses Herr zu 
werden, wegen der Entstellung verhängnisvoll durch 
Berufsstörungen für die Kranken, kann sie heute seit 
Inauguration der Röntgentherapie als eine, wenn auch 
oft noch recht hartnäckige, im allgemeinen aber heilbare 
Affektion bezeichnet werden. Ich habe fast alle Fälle 
— auch ganz alte von jahrelangem Bestände — heilen 
können. Natürlich wird man oft Geduld haben, von 
vornherein mit Rezidiven rechnen müssen und sich ge¬ 
legentlich nicht scheuen dürfen, an die Erythemdosis 
heranzugehen. Die leichten Fälle heilen auch ohne dau¬ 
ernde Depilation, die ganz torpiden, alten werden nicht 
ohne definitiven Haarverlust zu beseitigen sein. Et- 
waigeAtrophien werden dort, wo der Krankheitsprozeß 
bereits erhebliche Störungen bewirkt hatte, von den 
häufig ganz verzweifelten Kranken gern in den Kauf 
genommen. 

Folliculitis capitis. 

Im Anschluß daran seien gleich die Follikulitiden 
des behaarten Kopfes besprochen, welche teils klinisch¬ 
ätiologisch mit der vorgenannten Sykosis barbae iden¬ 
tische, teils von dieser Gruppe abzutrennende Exan¬ 
theme darstellen, denen aber zwei Eigenschaften ge¬ 
meinsam sind: die Neigung zu irreparablen herdför¬ 
migen Veränderungen der Kopfhaut, welche mit dau¬ 
erndem Haarverlust verbunden sind und enorme Hart¬ 
näckigkeit auch den intensivsten Maßnahmen gegen¬ 
über. Der Therapeut steht hier vor einem unange¬ 
nehmen Dilemma; oft ist der Haarbestand noch ein so 
guter, daß der Kranke selbst keine Neigung haben wird, 
eine Methode zu wählen, welche denselben gefährden 
kann. Es ist aber nicht nötig, übermäßig zaghaft zu 
sein, nachdem die eklatanten Erfolge der Röntgen¬ 
therapie durch Veröffentlichungen verschiedener 
Autoren (Freund,. Kienböck, Schmidt), welche durch 
meine eigenen Erfahrungen bestätigt werden, sicher¬ 
gestellt sind. Leichtere bis inittelschwere Fälle kann 
inan auch hier ohne eine Dosierung heilen, die dau¬ 
ernden Haarausfall bedingt. Bei den ganz schweren 
Fällen schadet eine vorher angekündigte Verringerung 


des Wachstums nach temporärem Haarmangel nichts 
und ist auch bei richtiger Bestrahlungstechnik durch 
Gleichmäßigkeit unauffällig. 

Folliculitis sclerotisans nuchae. 

(Dermatitis papillaris Kaposi.) 

Eine Art Folliculitis ist auch das von Kaposi zuerst 
beschriebene Krankheitsbild. Diese Affektion, weiche 
man früher wohl nur durch Exzision oder rigorose 
Thermokaustik heilen konnte, eignet sich ebenfalls sehr 
fürRöntgenisation. Mankannhierentwederdenschnellen 
Weg wählen und in kürzerer Frist eine Erythem¬ 
dosis applizieren; der Erfolg wird dann sehr prompt 
eintreten, aber man riskiert unter Umständen eine un¬ 
angenehme und schmerzhafte Dermatitis und muß mit 
der wenn auch sehr entfernten Möglichkeit einer Schä¬ 
digung der Medulla oblongata oder des Halsmarks 
rechnen. Ich habe bisher immer die Applikation in re- 
fracta dosi vorgezogen, welche Methode, wenn auch 
langsamer, jedoch ohne Gefahr zum Ziele führt. 

Acne'vulgaris. 

Streng genommen gehört die Acne vulgaris nicht 
zu dieser Gruppe, weil die Eiterung bei ihr nur eine 
sekundäre ist. Immerhin spielen die follikulären Ab¬ 
szesse und die Pustelbildung doch im klinischen Bilde 
eine so große Rolle, daß die Erwähnung an dieser Stelle 
gerechtfertigt erscheint. In der Tat beruht auch die 
Röntgenwirkung in diesem Falle nicht auf antibakteri¬ 
ellen Vorgängen, sondern auf Schrumpfung der Talg¬ 
drüsen, Einschränkung der Hypersekretion von Talg 
und Besserung der Hyperkeratose. Es ist selbstver¬ 
ständlich, daß bei der Therapie eines Leidens, das keine 
Beschwerden und funktionellen Störungen verursacht 
und lediglich aus kosmetischen Gründen behandelt 
wird, die größte Vorsicht walten muß. Ein brüskes 
Vorgehen muß unbedingt verworfen werden; es ist 
auch völlig unnötig, da eine allmähliche Applikation des 
heilenden Agens einen zwar langsam aber gefahrlos 
eintretenden und kosmetisch einwandfreien Erfolg ver¬ 
bürgt. Ich habe in keinem Falle eine Atrophie zu be¬ 
klagen gehabt, da ich bemüht w'ar, die Funktion der 
Drüsen zwar zu reduzieren, ihre völlige Schrumpfung 
aber streng zu vermeiden. Es ist kein Irrtum, wenn ich 
behaupte, daß eine größere Anzahl der Patientinnen 
sogar eine bessere Gesichtsfarbe zeigten, ebenso habe 
ich nie die gefürchteten persistenten Pigmentierungen 
erlebt, da solche nur nach Erythemen zurückzubleiben 
pflegen, die praeerythematösen sich aber zurückbilden. 
Ich kenne keine wirksamere Therapie der Acne juve¬ 
nilis, wenn sie rationell und kombiniert mit Hilfsme¬ 
thoden nach Maßgabe der Situation angewendet wird. 

Ulzerationen und eiternde Wunden. 

Die schon lange bekannte, von Fingen und seiner 
Schule aber zuerst wissenschaftlich ergründete, anti¬ 
bakterielle Wirkung der Lichtstrahlen hat für die Be¬ 
handlung der durch Eiterungen hervorgerufenen Er¬ 
krankungen keine wesentliche Bedeutung erlangen 
können. Soweit die eigentliche Dermatologie in Frage 
kommt, erscheint dieser Zustand, wie ich aus eigener 
Erfahrung sagen muß, größtenteils begründet, da ich 
wie andere Autoren im allgemeinen keine besonders 
bemerkenswerten Erfolge erzielen konnte, ausge¬ 
nommen auf einem kleinen Gebiete, nämlich bei eitern¬ 
den, infizierten Wunden. 

Die meisten Erfahrungen in dieser Richtung ver¬ 
danken wir den Versuchen des ausgezeichneten 
Schweizer Chirurgen Bernard - Samaden, der durch 
Lichtbehandlung von Wunden und Geschwüren die 
besten Resultate erzielen konnte und in der Lage war, 
in seinem Hospital prinzipiell Wundbehandlung mit 
systematischer Sonnenbestrahlung zu inaugurieren. 






Nr. 24 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


371 


deren Erfolge geradezu erstaunlich sind. Freilich 
werden solche Erfolge eben nur unter gleichen geo¬ 
graphisch-klimatischen Verhältnissen zu erzielen sein. 
Wir werden uns mit künstlichem Lichte begnügen 
müssen und ?um Ersatz das Kohlenbogenlicht oder 
Ouecksilberlampenlicht anwenden. Eine absolute In¬ 
dikation für diese Therapie, die ja natürlich nicht sehr 
bequem ist, liegt selbstverständlich nur bei infizierten 
Wunden vor, die auf die antiseptische Wundbehand¬ 
lung nicht reagieren und ferner für die Fälle mit ab¬ 
normer Reizbarkeit der Haut. Die Lichttherapie er¬ 
möglicht es nämlich, uns für die zwischen den Licht¬ 
sitzungen liegenden Zeiten auf die Anwendung von in¬ 
differenten Okklusivverbänden zu beschränken. 

Ein ganz besonderer Fall von infizierter Haut¬ 
wunde ist nun das sogenannte Ulcus cruris, dessen 
Entstehung wir uns ja so zu denken haben, daß durch 
ungünstige Zirkulationsverhältnisse einerseits die 
Widerstandsfähigkeit der Haut stark herabgesetzt, an¬ 
derseits „Jucken“ hervorgerufen wird, welches 
„Kratzen“ provoziert, wodurch zu gleicher Zeit 
Wunden gesetzt und diese mit der Staphylokokkenflora 
wenig gepflegter Unternagelräume infiziert werden. 
Eine unter anderen Verhältnissen resp. an anderen 
Orten befindliche Wunde wird für gewöhnlich trotzdem 
spontan heilen; hier kommt es zu Gewebszerfall und ist 
erst einmal Bresche geschlagen, so schreitet non ces- 
sante causa der Prozeß fort. Ich beabsichtige hier 
weder die Therapie des Ulcus cruris zu erörtern, noch 
in extenso über meine eigenen Versuche zur Heilung 
des Unterschenkelgeschwürs durch physikalische Me¬ 
thoden zu sprechen, da dies an anderer Stelle geschehen 
soll. Hier beschränke ich mich nur auf eine kurze sum¬ 
marische Mitteilung über den hohen Wert der Aktino- 
therapie auf diesem kleinen, aber wichtigen und schwie¬ 
rigen Gebiete. Nach meinen nunmehr ziemlich bedeu¬ 
tenden ' Erfahrungen konkurrieren hier Licht und 
Röntgenbehandlung. 

Für die Lichtbehandlung eignen sich die sehr 
großen torpiden Geschwüre, für die Röntgenbehand¬ 
lung die kleineren mit kallösem oder verrukösem chro¬ 
nischem Unterschenkelekzem vergesellschafteten. 

Die Phlebitis wird sowohl durch Licht-Wärme¬ 
wirkung, als durch Röntgenstrahlen günstig beeinflußt; 
in reizbaren Anfangsstadien wird oft die Lichtwärme¬ 
bestrahlung mehr am Platze sein, in chronischen rezi¬ 
divierenden die Röntgenstrahlen; aber es kann auch 
einmal anders sein; jedenfalls wird man bei mangelndem 
Effekt ruhig wechseln dürfen. Im übrigen fordert die 
Therapie klinische Erfahrung, strengste Individuali¬ 
sierung und großen therapeutischen Takt; rigoroses 
Vorgehen und Applikation großer Dosen ist absolut zu 
verwerfen. Wir werden in den meisten Fällen in der 
Lage sein, die unleidlichen Zustände zu bessern, in zahl¬ 
reichen das Geschwür dauernd zu beseitigen. 


Die Therapie der Chlorose im Solbad. 

Dr. Krone, Badearzt in Sooden a. Werra. 

Unter den Indikationen für ein Solbad werden wohl 
die mit anämischen Zuständen ja häufig verbundenen 
Krankheiten — wie Skrofulöse und die Krankheiten der 
weiblichen Sexualorgane — an erster Stelle mit ge¬ 
nannt; aber diejenige primäre oder essentielle Anämie, 
die man mit Bleichsucht oder Chlorose bezeichnet, wird 
baineotherapeutisch meist nur in Verbindung mit den 
Eisenquellen genannt. 

Nun ist es zwar nicht zu leugnen, daß die letzteren 
zu dem besten therapeutischen Rüstzeug gehören,daswir 
für die Bekämpfung dieser Gruppe der allgemeinen Er¬ 
nährungsstörungen haben, und es soll keineswegs meine 


Aufgabe sein, die Bedeutung des anorganischen Eisens 
für die Behandlung dieses Krankheitszustandes irgend¬ 
wie in Zweifel zu ziehen oder herabzusetzen; — ich 
möchte nur auf das hinweisen, was unsere Solbäder 
in der Therapie der Chlorose zu leisten vermögen, und 
möchte sie nur auf Grund meiner Erfahrungen den 
Stahlbädern als ziemlich ebenbürtig an die Seite ge¬ 
stellt wissen. 

Da ich mehrere Jahre lang an einem Stahlbade 
tätig war und über eine große Reihe von Kranken¬ 
geschichten Chlorotischer verfüge — und da ich im 
ersten Jahre meines Aufenthaltes im Solbade 32 mit 
Chlorose behaftete Patientinnen in Behandlung bekam, 
so lag es für mich nahe,Vergleiche anzustellen in bezug 
auf den therapeutischen Erfolg, den ich im Stahlbad 
und den ich im Solbad erzielen konnte. 

Die Behandlung der Chlorose hat vor allen 
Dingen der Aufgabe zu genügen, die Neubildung des 
Blutes nach Kräften zu fördern und zu unterstützen 
oder besser gesagt, den Hämoglobinmangel der roten 
Blutkörperchen zu heben; denn wir wissen durch 
die Untersuchungen von Duncan, Hagem und 
Lauche, daß bei der Chlorose die Herabsetzung des 
Hämoglobingehaltes wohl das wesentliche ätiologische 
Moment ist. Der genannten therapeutischen Forderung 
kann nun einmal durch eine Anzahl hygienisch-diäteti¬ 
scher Maßnahmen, zum andern durch die Verordnung 
gewisser Arzneimitel entsprochen werden. 

Unter den hygienisch-diätetischen Maßnahmen 
nennt nun Strümppel in seiner speziellen „Patho¬ 
logie und Therapie“ gute Luft und Bäder an erster Stelle, 
und er sagt in bezug auf die Bäder „Ueberhaupt scheint 
es, daß Bäder bei der Chlorose oft von entschiedenem 
Nutzen sind, und wir verordnen daher häufig den Clilo- 
rotischen einfache Bäder oder Salzbäder“. Diese 
beiden genannten diätetischen Heilmittel können die 
Chlorotischen in ausgiebigster Weise fast in jedem Bade¬ 
orte genießen — ein Grund dafür, daß wohl auch bei¬ 
nahe jeder Badeort Chlorotische beherbergt—; ich 
möchte aber doch zeigen, daß das Solbad in dieser 
Richtung vor manchen anderen Badeorten einen nicht 
unerheblichen Vorteil hat. 

Das für eine Neubildung des Blutes wichtigste 
Element, der Sauerstoff, ist, wie bekannt, in der Nähe 
der Gradierhäuser als aktiver Sauerstoff oder Ozon in 
reicherem Maße vertreten, und so führt denn der aus¬ 
giebige Aufenthalt an den Gradierhäusern den Kranken 
in dem Ozon ein diätetisches Heilmittel zu, wie es durch 
kein Medikament ersetzt werden kann. 

Da es mir von vornherein darum zu tun war, 
therapeutische Vergleiche zwischen den Erfolgen im 
Stahlbad und im Solbad in bezug auf die Zusammen¬ 
setzung des Blutes anzustellen, so habe ich bei einer 
großen Reihe von anämischen Patienten, unter denen 
sich außer den Chlorotischen auch solche mit Frauen¬ 
leiden, Skrofulöse, Katarrhen, der oberen Luftwege, 
Herzleiden und Rheumatismus befanden, von Zeit zu 
Zeit Blutuntersuchungen vorgenommen, und bei diesen 
Gesamtuntersuchungen — die speziellen bei Chlorose 
folgen — konnte ich feststellen, daß der Hämoglobin¬ 
gehalt bei denjenigen Patienten, welche die sonstigen 
Kurmittel des Solbades (Bäder, Inhalationen, Trinkkur) 
gebrauchten, ohne sich ausgiebig an den Gradierwerken 
aufzuhalten, durchschnittlich um 4,5 pCt. in 4 Wochen; 
der Hämoglobingehalt derjenigen aber, welche außer 
dem Gebrauch von anderweitigen Kurmitteln nun 
auch noch das Gradierwerk fleißig besuchten, durch¬ 
schnittlich um 8 pCt. in der gleichen Zeit gestiegen war. 

Die günstigsten Erfolge waren dabei bei den Chlo¬ 
rotischen zu erzielen, ln der Behandlung der reinen 
Chlorose verordnete ich einmal den ausgiebigen Auf- 


ilGAN 


JNIVERSITY OF 



372 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 24 


enthalt am Gradierwerk — in Abwechslung mit Wald¬ 
aufenthalt —, daneben aber ließ ich sämtliche Patien¬ 
tinnen baden und zwar mit einfachen schwach dosierten 
Solbädern beginnen, um dann — jedem einzelnen Indi¬ 
viduum entsprechend — früher oder später zu stärker 
dosierten Solbädern sowie zu kohlensauren Solbädern 
überzugehen. 

Natürliche kohlensaure Solbäder haben wir in 
Sooden leider nicht — wir haben 20 Zellen, die nur für 
den Kohlensäurebadebetrieb eingerichtet sind, an Biel- 
meyersche Apparate angeschlossen. Diese Apparate 
haben sich gut bewährt, sie gestatten eine genaue 
Dosierung der Kohlensäure und ermöglichen eine exakte 
Mischung der letzteren mit der Soleflüssigkeit. (Vergl. 
Sippel „Ueber die Herstellung künstlicher Kohlen¬ 
säure-Solbäder und ihre Anwendungsreihe bei Blut¬ 
armut, Zeitschrift für Balneologie, 4. 08.) 

Wenn wir auch immer noch keine einwandfreie 
Erklärung für die Wirkung der CO-Bäder haben, so 
steht doch so viel fest, daß vermöge der CO-Bäder 
durch Anregung der Zirkulation in der Peripherie eine 
gewisse Beeinflussung der Herzaktion eintritt — und 
zwar eine Beeinflussung, bei der wir es durch die Dosi- 
rung in der Hand haben, ob wir in der Richtung einer 
Arbeitsentlastung des Herzens — der Herzschonung —, 
oder in der Richtung einer Anregung des Herzens zu 
erhöhter Energie — der Herziibung — arbeiten wollen. 

Daß wir in dieser Weise auf das durch die Blut¬ 
armut beeinflußte Herz einwirken können, ist uns ein 
wesentlicher Unterstützungsfaktor in der Therapie. 
Wir werden also die Zahl und Dosierung unserer Bäder 
nach Stärke und Dauer weniger nach dem Stande des 
Hämoglobingehaltes als nach dem Befinden des Cor 
einrichten; wir haben dabei die Möglichkeit, mit ganz 
milden Reizen (einfache Solbäder) sowie mit stärkeren 
Reizen, die wir je nach dem indizierten Stärkegrad ein¬ 
stellen können, zu arbeiten (kohlensaure Solbäder). 

Der Hauptsache nach werden die Chlorotischen 
im Solbad vom Arzt folgende Verordnungen bekommen: 

1. Ausgiebiger Aufenthalt am Gradierwerk, wobei, 
dem jeweiligen Blutbefund entsprechend, die Aufent¬ 
haltsdauer in Ruhe und Bewegung eingeteilt werden 
wird. — Um dies durchführen zu können, sollte an den 
Gradierhäusern stets Gelegenheit zu Liegekuren vor¬ 
handen sein; auch unterstützt die in Sooden a. Werra 
vorhandene Anlage eines Luftbades am Gradierwerk, 
erbaut auf Pfahlbauten über einem Solebassin, die 
Therapie der Chlorose jedenfalls wesentlich. 

2. Solbäder, vornehmlich unter Zusatz von Kohlen¬ 
säure. Die Dauer der Bäder bemesse ich nach Mög¬ 
lichkeit kurz, die Aufeinanderfolge — besonders zu Be¬ 
ginn der Kur — nicht zu häufig, um nicht die ohnehin 
bei diesen Kranken vorhandene Müdigkeit noch zu ver¬ 
mehren. Die Temperatur des Bades bestimme ich für 
jeden einzelnen Fall; bei Zusatz von CO* darf dieselbe 
niemals zu hoch sein. Als Kontrolle über die Wirksam¬ 
keit der Bäder dienen mir neben dem Allgemeinbefinden 
vor allen Dingen: Bestimmung des Hämoglobin¬ 
gehaltes, eigenhändige Kontrolle des Gewichtes 
und Untersuchung des Herzens. Nach diesen 
jeweiligen Befunden gebe ich auch meine Anordnungen 
über das Verhalten der Kranken nach dem Bade, für 
das als Regel ausgiebige Bettruhe dienen dürfte. 

Die Dauer einer solchen Kur richtet sich natur¬ 
gemäß nach dem jeweiligen Grade der Erkrankung — 
leider fehlt den meisten Patienten Zeit und auch pecunia, 
um lange genug auszuhalten; denn nach meinen Beob¬ 
achtungen schreitet die Besserung — d. h. hauptsächlich 
die Steigerung des Hämoglobingehaltes — von der 


dritten Woche an meist doppelt schnell vorwärts, wie 
die nachfolgenden Tabellen beweisen. 

Während der Menses lasse ich nur ausnahmsweise 
die Kur unterbrechen; ich verordne während dieser 
Zeit, vom zweiten Tage an, tägliche Solsitzbäder, die 
fast ohne Ausnahme nicht nur gut vertragen, sondern 
zumeist direkt als Wohltat empfunden werden — be¬ 
sonders bei allen durch die Chlorose bedingten Men¬ 
struationsbeschwerden. Irgendeine ungünstige Ein¬ 
wirkung habe ich von dieser Therapie während der 
sechs Jahre, die ich sie übe, niemals gesehen. Im 
Gegenteil; ich möchte sagen, daß sie häufig sogar neben 
der Allgemeintherapie gar nicht entbehrt werden kann; 
und viele meiner Patientinnen haben mir später be¬ 
richtet, daß sie diesen Modus „Sitzbäder während der 
Menses“ auch zu Hause beibehalten haben. 

3. Endlich haben mich die Versuche Engel¬ 
manns „Ueber den Einfluß unserer Trinkquellen auf 
die Beschaffenheit des Blutes“ (Vortrag, gehalten auf 
dem Balneologen-Kongreß 1902), laut deren E. 
während einer 19 tägigen Trinkkur eine Erhöhung so¬ 
wohl des Hämoglobingehaltes des Blutes, wie auch des 
osmotischen Druckes des Blutplasmas beobachten 
konnte, dazu veranlaßt, meine Chlorotischen auch 
Sole trinken zu lassen. 

Daß ich im Verlauf einer solchen Kur bei Chlorose 
keinerlei Ferrum gebe, brauche ich wohl nicht erst zu 
erwähnen; zu Hause allerdings lasse ich viele 
Patientinnen noch eine Ferrumnachkur machen. 

Es sei mir nun gestattet, an der Hand der nachfol¬ 
genden Tabellen zu zeigen, welche Resultate ich im 
Solbad erzielen konnte — ein Vergleich mit den ent¬ 
sprechenden Erfolgen einer Stahlbadkur soll dann die 
Gleichberechtigung beider Kurarten dartun. 

Die Untersuchungen habe ich mit dem Gower- 
Sahlischen Hämoglobinometer vorgenommen. 


Tabelle über den Hämoglobinbefund bei den 32 im 
Solbad mit oben genannter Therapie behandelten 
Chlorosen. 


Lfd. 

Nr. 

ZU 

Beginn 

Hat 

n. 10 Tg 
der Kur 

noglobinge 
n. 20 Tg. In. 30 Tg. 
der Kur|derKur 

halt 
n.40Tg. 
der Kur 

Zunahme 

an Hämoglobingehalt 
n. 50 TgJ i n 30 Tg. 1 in 40 Tg. [ in 50 Tg. 
der Kur 1 der Kur|der Kur der Kur 

1 

24 

29 

35 

42 

_ 

_ 

18 


_ 

2 

27 . 

30 

34 

39 

— 

— 

i 12 

— 

— 

3 

28 

32 

36 

40 

46 

54 

12 

18 

26 

4 

33 

33 

35 

39 

— 

— 

6 

— 

— 

5 

35 

39 

45 

53 

— 

— 

18 

— 

— 

6 

38 

42 

46 

51 

60 

— 

13 

22 

— 

7 

39 

— ■ 

'— 

50 

— 

_ 

11 

— 

— 

8 

40 

— 

48 

55 

— 

— 

15 

— 

— 

9 

42 

— 

— 

47 

— 

— 

5 

— 

— 

10 

43 

49 

55 

65 

— 

— 

22 

— 

— 

11 

44 

49 

54 

60 

68 

_ 

16 

24 

— 

12 

45 

49 

52 

55 

— 

_ 

10 

. — 

— 

13 

46 

50 

55 

59 

66 

_ 

13 

20 

— 

14 

46 

— 

— 

57 

— 

— 

11 

— 

— 

15 

48 

50 

54 

58 

— 

— 

10 

— 

— 

16 

48 

51 

55 

61 

69 

— 

13 

21 

— 

17 

48 

51 

55 

60 

— 

— 

12 

— 

— 

18 

48 

48 

50 

55 

' - 


7 

— 

— 

19 

49 

54 

— 

62 

— 

— 

13 

— 

— 

20 

49 

52 

55 

60 

— 

— 

11 

— 

— 

21 

52 

55 

61 

70 

— 

— 

18 

— 

— 

22 

52 

55 

— 

61 

— 

— 

9 

— 

— 

23 

54 

59 

64 

64 

— 

— 

10 

— 

— 

24 

55 

— 

— 

59 

— 

— 

4 

— 

— 

25 

55 

58 

62 

66 

72 

81 

11 

17 

26 

26 

55 

60 

— 

63 

— 

— 

8 

— 

— 

27 

57 

.61 

64 

70 

80 

— 

13 

23 

— 

28 

58 

62 

66 

74 

— 

— 

16 

— 

— 

29 

58 

— 

— 

68 

— 

— 

10 

— 

— 

30 

58 

58 

62 

66 

75 

— 

8 

17 

— 

31 

63 

65 

70 

74 

— 

— 

14 

— 

— 

32 

66 

69 

72 

77 

86 

— 

11 

20 

— 




Nr. 24 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


373 


Aus dieser Tabelle ersehen wir, daß die Zunahme 
des Hämoglobingehaltes im Blut betrug: 

nach 10 Tagen im Durchschnitt ca. 3,4 pCt. 
nach 20 Tagen im Durchschnitt ca. 6,5 pCt. 
nach 30 Tagen im Durchschnitt ca. 11,9 pCt. 
nach 40 Tagen im Durchschnitt ca. 20 pCt. 

je länger die Kurdauer; um so bessere Aussichten. 

Wenn ich nun diese Erfolge mit denjenigen ver¬ 
gleiche, die ich im Stahlbad bei einer Behandlung, be¬ 
stehend in: „Ausgiebigem Aufenthalt in Waldluft, 
kohlensauren Stahlbädern und Trinkkur von Eisen¬ 
quellen“ erzielen konnte, so ergibt sich aus 248 vor¬ 
liegenden Krankengeschichten folgendes Ergebnis: 

Die Zunahme des Hämoglobingehaltes im Blut 
betrug: 

nach 10 Tagen ca. 3,6 pCt. 
nach 20 Tagen ca. 7,0 pCt. 
nach 30 Tagen ca. 12,1 pCt. 
nach 40 Tagen ca. 18,8 pCt. 

Wir sehen daraus, daß ein nennenswerter Unter¬ 
schied in dem therapeutischen Erfolg — soweit er 
sich auf das Anwachsen des Hämoglobingehaltes be¬ 
zieht — nicht besteht. 

Da meine Erfahrungen bestätigt haben, daß die 
übrigen therapeutischen Fortschritte „Verbesserung 
des Allgemeinbefindens, Gewichtszunahme usw.“ mit 
der Zunahme des Hämoglobingehaltes im großen und 
ganzen stets gleichen Schritt gehalten haben, so darf 
man wohl alleinnach den vorliegenden Blutuntersuchun¬ 
gen den Rückschluß ziehen, daß sich eine Behandlung 
der Chlorose im Solbad derjenigen im Stahlbad würdig 
an die Seite reihen kann. 

Wieviel bei einer solchen Kur im Solbad eventl. 
auf Kosten des in unserer Sole enthaltenen Radiums 
(1 Millionstel mgr. Radium in Substanz im Liter für 
Sooden a. Werra) geht, wage ich vorläufig noch nicht 
zu entscheiden. Ich kann mich so ohne weiteres dem 
Satze, den Traut wein für Kreuznach aufstellt: 
„Unsere Solbäder müssen selbst als Radiumbäder gelten 
und als solche nach außen verkündet werden“. (Monats¬ 
schrift für prakt. Wassertieilkunde 1909, Nr. 5) noch 
nicht anschließen, denn dazu sind die Arbeiten über 
Radium noch nicht weit genug gediehen. 

Wir Balneologen kennen die Wirksamkeit, die 
unsere Quellen und Bäder in unserer Hand haben; wir 
wollen auch nicht aufhören, nach den Gründen dieser 
Wirksamkeit zu forschen, doch benötigen wir dazu die 
Unterstützung von Klinik und Laboratorium; wir dürfen 
aber darum im Interesse unserer Bäder mit der Publi¬ 
kation unserer empirischen Erfahrungen nicht zurück¬ 
halten; ganz gleich ob in der Behandlung der Chlorose: 
das Ozon oder das Radium bei der Inhalationskur, ob 
bei den Bädern katalytische Salzwirkungen, ob Radium 
oder ob durch Salzreiz hervorgerufene Stauungshyper¬ 
ämie das Wirksame und ob endlich bei der Trinkkur 
Radium oder Salz der entscheidende Faktor ist. 


Frisch Wasser in die Leiber der Menschen, besonders 
der Kranken! 

Von Dr. E. Roth. 

Wasser tuts freilich nicht, sagt ein bekanntes Wort. 
Und doch, wie recht hatte schon ein Johann Sieg¬ 
mund Ha h n , welcher 1743 seinen: „Unterricht von 
Krafft und Wiirckung des frischen Wassers in die Leiber 
der Menschen, besonders der Kranken bey dessen inner¬ 
lichen und äußerlichen Gebrauch aus Vernunfft-Gründen 


erläutert und durch die Erfahrung bestättiget“ er¬ 
scheinen ließ, gleichsam eine verbesserte Auflage einer 
bereits 1738 herausgegebenen Schrift. 

ln der Einleitung heißt es: Die schweren Zeiten 
haben gar vielen den Wein- und Bier-Zahn aus¬ 
geschlagen, auch ihre Beutel außer Stand gesetzet, die 
in den medicinischen Küchen bereiteten kostbahren 
Assietten und den Aufwand in den mineralischen Ge- 
sund-Brunnen zu bezahlen, und sie haben sich desto 
eher bewegen lassen bey vorfallenden Unpässlichkeiten 
oder auch nur zur Praeservirung die von allen öffent¬ 
lichen Quellen und Flüssen ihnen umsonst angebothne 
Universal-Medicin sowohl mit Trincken als Baden zu 
ersuchen, da es sich dann gefüget, dass ihnen solches 
am Leibe und Beutel gar wohl bekommen, auch andere 
daher ihnen nachzufolgen desto mehr sind ermuntert 
worden. Es ist demnach die heylsame Wasser-Fluth 
glücklicherweise so sehr eingerissen, und der inner¬ 
liche und äußerliche Gebrauch des frischen Wassers 
beynahe so starck mode geworden, daß man itzt den¬ 
jenigen vor einen altväterischen, der nicht recht zu 
leben wüsste, halten würde, welcher etwan einen 
kalten Trunck bescheid zu thun, oder das kühle Wasser 
an seinen zärtlichen Leib zu bringen oder andern 
solches zu rathen, sich noch etwan scheuen möchte.“ 

Freilich, so ganz auf eigenen Füßen steht unser 
Hahn auch nicht; er bekennt freimütig, daß er der be¬ 
reits 1702 zu London gedruckten und bei den Deutschen 
nicht recht bekannt gewordenen Psychrolusia von 
Floyer viel verdanke, welcher 1697 schon über den 
rechten Gebrauch der kalten, heißen und temperierten 
Bäder in seinem Vaterland eine lesenswerte Schrift 
veröffentlichte. 

Zunächst macht uns Hahn mit den fürnehmsten 
Eigenschaften des Wassers bekannt, von denen auch 
alle seine Kräffte herstammen, durch die es alle 
Wiirckungen im menschlichen Leibe verrichtet. 

Dem innerlichen Gebrauch des Wassers wird der 
Vorrang eingeräumt und so erfahren wir denn von der 
Krafft des frischen Wassers einzudringen, aufzuquellen, 
aufzulösen, zu zertheilen, zu verdünnen. Das Wasser 
schickt sich vor allen Liquidis zu der Menschen ordent¬ 
lichen Tranck. Ob wohl etwan der Wein ihm an Krafft 
die Speisen aufzulösen und verdauen zu helfen nicht 
gar viel nachgeben möchte, und er, mässig gebraucht, 
eine gute Stärckung abgiebt, auch sonsten mancherley 
Würckungen besitzt, so ist er doch an ihm Selbsten ein 
scharffes, angreiffendes, Hitze und Trockenheit machen¬ 
des Wesen, welches ohne großen Schaden nicht so 
häuffig darff genossen werden ... In Quantität und 
ganz allein genossen, würde er unser gantz Geblüte 
über die massen erhitzen und wallend machen, wie die 
glüenden und zum Teil kupfferigen Gesichter der 
Bacchusbrüder bezeugen; er würde unsere Lebens¬ 
geister in allzu große Bewegung und Unruhe setzen 
und gar zerstreuen, die Nerven angreiffen. Glieder- 
Schmertz und Zittern, ja noch mehrere böse Zufälle ver¬ 
ursachen, welche diejenigen nur allzu zeitlich erfahren, 
die sich den Rebensafft gar zu wohl schmecken lassen, 
denen aber die verniinfftigen und behutsameren Ein¬ 
wohner der Wein-Länder zuvor kommen, indem sie 
ihn mit vielem Wasser, als einem die Schärffe und 
Hitze lindernden Fluido vermischen oder begleiten. 

Mit dem Biere ist es nicht besser beschaffen . . . 
Es ist wohl wahr, daß das Bier viel Nahrung giebt, 
aber manche Leiber auch nur allzusehr aufschwemmt, 
zu viel und zu starke Säffte zeuget, denen wieder Lufft 
zu machen nicht wenige sich an das Aderlässen ge¬ 
wöhnen ... 

Alle diese Ungelegenheiten, so wir vom Bier und 
Wein bey dessen häut'figen Gebrauch zu befürchten 





374 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 24 







haben, sind vom schlechten Wasser keineswegs zu be¬ 
sorgen, denn es ist viel zu gelinde, als daß es unsere 
Glieder angreiffen oder unsere Lebensgeister beunruhi¬ 
gen sollte, und viel zu subtil, als daß es die geringste 
Verstopfung auch in den allerzärtesten Gefässen 
machen könnte . . . Zwar finden sich bei dem Wasser- 
Trincken, besonders bey den Anfängern, etliche Um¬ 
stände, welche manchem Bedenken zu machen pflegen. 
Nehmlich einige beklagen sich, daß ihnen das frische 
Wasser Magen-Beschwer verursache und gar den 
Magen schwäche. Nun ist nicht zu leugnen, daß in 
mancher Menschen Magen sich öffters ein Wust von 
allerley schleimichten, scharffen, saltzigen, irdenen und 
anderen mit einander vermischten Dingen befinde. Das 
Wasser aber, als ein seiner sehr subtiler Cörper, löset 
das im Magen befindliche vermischte schleimichte Wesen 
auff und schweifft es von seinen Wänden ab . . . 
Andere fürchten sich mit dem Wasser den Magen zu 
schwächen, aber es ist nur die bloße Furcht; in der 
That geschieht es ganz anders als sie besorgen; denn 
wenn man nachfragt, ob sie beym Wassertrincken auch 
noch guten Appetit zum Essen behielten, so werden sie 
meistens gestehen müssen, dass sie dabey grösseren 
Hunger als beym Biere hätten und eine stärckere Mahl¬ 
zeit verrichteten . . . Noch andere stellen sich vor, 
dass sie vom Wasser-Trincken ihre Fettigkeit oder 
ihre Gesichts-Farbe verliehren . . . Doch kenne ich 
so viel Wasser-Trincker, welche dabey recht wohl bey 
Leibe geblieben und eine blühende gesunde Farbe be¬ 
halten; einige aber, die vorher ein gedunsen, schwäm- 
micht und folglich ungesundes Fleisch gehabt, haben wohl 
dem Ansehen'nach ein wenig von ihrem aufgestopfften 
Wesen verlohren, aber dagegen hat sich bey ihnen ein 
festes,- gedrungnes, folglich.gesundes Fleisch angesetzet 
usw. Ein wenig mehr hat die Klage derjenigen zu be¬ 
deuten, welche vom Wasser einige Verhärtung oder 
Verstopffung des Leibes wahrnehmen. Es hat die Sache 
an sich selbst wohl seine Richtigkeit . . . aber es ge¬ 
schieht nur im Anfänge . . . 

Frisch Wasser ist stets gesünder als Bier, . . . und 
wo schlecht Wasser ist, da fällt auch kein gut oder ge¬ 
sundes Bier, denn die Kochung und Jährung benimmt 
wohl dem Wasser einige grobe Unreinigkeit, aber nicht 
alle mit demselben intim vermischten Ingredientien, zu 
geschweigen, dass in den meisten Wirths-Häusern 
mehrmahlen schlecht Bier als schlecht Wasser zu 
finden. 

Dann kann man nicht genug die lindernde Krafft 
des Wassers hervorkehren, sodaß wir dieses einfältige 
Geträncke denen Krancken gantz besonders recommen- 
diren. . . Hiebey werde es sich gar wohl schicken Vor- 
urtheyle zu widerlegen, nehmlich, dass des Nachts¬ 
und nüchterne Wassertrincken schädlich sey ... Mit 
dem Stein behaftete, Podagrische, scorbutische Leute 
und auch die Säug-Ammen solten sich diese Lehr wohl 
zu Nutze machen. 

Wir wollen dann darthun, daß das kalte Wasser vor 
die Gesunden sich am besten schicke, nicht nur allein vor 
starcke und erwachsene, sondern auch vor zarte und 
junge Kinder, welche sowohl als die jungen zarten 
Pflantzen vom warmen Wasser verderben,hingegen vom 
kalten munter und gesund und in ihrem Wachsthum 
befördert werden. . . Es ist ein allgemeiner Trieb aller 
Menschen, daß sie kalt Geträncke, auch zur Winterszeit, 
verlangen, um die innerliche Hitze zu mässigen und die 
Verschwendung der Feuchtigkeiten aufzuhalten . . . 
.je dünner und subtiler ein Tranck ist, desto besser 
schickt er sich vor unseren Cörper und das so gar feine 
Gewebe seiner Gefässgen: Nun haben wir aber ange- 
mercket, dass das kalte Wasser viel dünner sey, als 
das warme und leichter denn dieses in die allerzärtesten 


Dinge eindringen könne. Warm Wasser ist aber nicht 
nur selbst gröber, als das frische, sondern es verdickt 
auch gar das Geblüte und andere Säffte unseres Leibes. 
Heißes Wasser solvirt zwar gut, aber verderbt den 
Magen, unser Leib bedarff aber der Abkühlung. 

Ob. frisch Wasser auch wegen seiner kühlenden 
Krafft sich vor Krancke überhaupt schicke, ist eine 
andere Frage. Freilich derAppetit der Patienten könnte 
hier die beste Entscheidung geben, denn die meisten 
würden das frische Wasser begierig trincken, wenn 
sie nicht oftmahls sich eine unbegründete Furcht oder 
die strenge Ordre der Medici davon abhalten Hessen. 
Dazu besitzen die allermeisten ein weit erhitzteres Ge¬ 
blüte als Leute, die sich wohl aufbefinden, denn es sind 
wenig Kranckheiten, die nicht etwas fieberhafftes bey 
sich führen . . . Dann aber ist daran zu erinnern, 
dass diejenigen, welche das frische Wasser-Trincken 
als eine schädliche Sache verwerffen, sich öfters mit 
der That selbst widersprechen, indem ja die meisten 
derselben ihre Patienten, auch in solchen Anfällen, da 
eben keine sonderliche Hitze eine ausserordentliche Ab¬ 
kühlung erfordert, in die Brunnen reisen und sie daselbst 
das kalte mineralische Wasser in großer Menge bis zur 
Schauer eingichten lassen . . . Doch mineralische 
Wasser heissen ja Gesund-Brunn, darum müssen sie ja 
gesünder seyn, als die, so diesen Nahmen nicht führen! 
Thiere trincken die mineralischen Wasser kaum bey 
dem heftigsten Durste . . . und mir scheint es wenig¬ 
stens sehr wahrscheinlich, daß, da die mineralischen 
Wasser meist in unwegsame Oerter relegirt sind, 
solchen eine vorsichtige Behutsamkeit des allerweise¬ 
sten Schöpffers andeute . . . 

Ungleich größer ist der Nutzen des frischen Wasser- 
Trinckens in langweiligen Krankheiten, besonders aber 
in der Wassersucht . . ., 'dann aber mit seiner Krafft 
zu reinigen und abzuwaschen. Was sie zur Reinlich¬ 
keit der Haut beytrage, liegt offenbar. Gleichwie aber 
das Wasser überhaupt vor anderen Feuchtigkeiten, also 
hat besonders das kalte zum Waschen den Vorzug für 
den warmen. Darum nun, an statt vom kalten Waschen 
Schaden zu befürchten, werden wir erweisen können, 
daß es ungemein gute Dienste thue und zwar besonders 
zur äußerlichen Reinlichkeit der Haut. Zwar mag wohl 
das Wasser die Hesslichen nicht schön machen, noch 
die Nähte der zerrissenen und zerfetzten Haut, so wenig 
als die Runtzeln der alten Jungfern wieder glatt biegeln 
oder die von Natur verzerrten Lineamenten verändern, 
aber doch ist es vermögend, die noch gegenwärtige 
Schönheit ziemlich zu erhalten, auch nach Beschaffen¬ 
heit der Zeit und Umstände zu verbessern, nemlich in 
so weit die Haut etwas dazu beyträget. Der Brandt¬ 
wein soll zwar dieselbe glatt anziehen und gläntzend 
machen, andere erwählen den Wein zum Waschen, weil 
er namentlich die Haut stärken soll, andere versuchen 
Jungfern-Milch, aber man verwende lieber zur Reini¬ 
gung des Cörpers ein solches Wasser, welches auch 
zum Kochen und Waschen das beste ist, vornehmlich 
ein reines, dünnes, gelindes Fließ- oder Regenwasser, 
welches nicht nur den Koth am leichtesten wegnimmt, 
sondern auch die Haut gezüge und weich erhält, da sie 
vom harten Brunnwasser risch und spröde zu werden 
pflegt. 

Was aber das frische Waschen in hitzigen und an¬ 
deren Krankheiten den äußerlichen und innerlichen 
Theilen nützet, ist klar zu erweisen und beruht meistens 
auf dem Nutzen, den die Haut davon empfindet. — So 
geht denn Hahn eine Reihe von Krankheiten im ein¬ 
zelnen durch und rühmt die Folgen der kalten Waschun¬ 
gen, die zusammenziehende und stärkende Krafft des 
frischen Wassers in mancherley Zufällen, was wir im 
einzelnen wohl fortlassen können. 



/ER 


I/CDCIT 





Nr. 24 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


375 


Dann aber ist des frischen Wassers Krafft zu ge¬ 
denken die erkälteten Glieder wieder zu erwärmen. Ist 
nun die erwärmende Krafft des kalten Wassers in von 
äußeren Ursachen erfrorenen Gliedern nicht zu leugnen, 
so werden wir uns auch von ihm guter Dienste zu ver¬ 
sehen haben, in der Erstarrung und Erkältung derselben 
von innerlicher Beschaffenheit des Leibes. Frisch 
Wässer härtet ab und das Waschen mit kaltem Wasser 
kommt auch im Winter denen, so es gewohnt sind, 
besser zu statten als ein Peltz. Und doch hält die 
Patienten Nichts mehr vom frischen Wasser mehr ab 
als die Furcht, daß sie durch die Haut, vermöge der 
Ausdämpfung, oder des Schweißes oder gewisser Aus¬ 
schläge von der Haut auszutreibenden bösen Feuchtig¬ 
keiten nicht nur daran verhindern, sondern gar wieder 
zurücke in die inneren viel edleren aber desto gefähr¬ 
licheren Teile treiben und also das Uebel ärger machen 
möchten. Das kalte Waschen befördert aber mehr als 
es hindere den Ausfluß der bösen Feuchtigkeiten. 

Ob zwar das frische Wasser-Trincken auch zur 
Dämpffung der äußerlichen Schmertzen, sowie das 
äußerliche kühle Waschen zu Stillung der innerlichen 
gar oft etwas beyträgt, so ist doch gewiß, daß die 
Schmerzlindernde Kraft des Wassers bey innerlichen 
Schmertzen am meisten durch das Trincken, gleichwie 
bey äußerlichen Wehtun vornehmlich durch das 
Waschen befördert werde. Die Schmerzen überhaupt 
werden zwar nur allein von den festen Theilen unseres 
Leibes empfunden, auch liegt die Ursache zuweilen allein 
an ihrer veränderten Beschaffenheit, aber die flüssigen 
Theile haben gemeinlich am meisten Schuld, besonders 
an den innerlichen Schmertzen. Durch das Frisch¬ 
wassertrinken werden aber die inneren Säfte verdünnt, 
die Wallung und Aufbausung wird beschwichtigt, durch 
den Schweiß wird vieles nach außen getrieben und be¬ 
seitigt usw. 

Doch ich bin des Beweisens und Betheuerns über¬ 
drüssig und wenn jemand die angeführten Gründe noch 
nicht zulänglich befindet, ihm seine Furcht vor dem 
kalten Wasser zu benehmen und von einen vielfältigen, 
ja beynahe allgemeinen Nutzen ihn zu überzeugen, den 
will ich auf die Erfahrung verweisen . . . Ich habe 
schon mehrmals das Vergnügen gehabt, daß Leute, 
welche von dem Wasser und dessen Ocunit vorgenom¬ 
menen Curen recht lästerlich geredet, wenn sie an ihren 
ßekandten dessen Wiirckung augenscheinlich und be¬ 
ständig wahrgenommen, gantz in der Stille umgekehret 
und dieses vorhin so verhaßte Geträncke, ohne daß es 
ihnen gerathen worden, sich Selbsten haben belieben 
lassen. 

Und so wollen wir mit dem Spruch schließen, der 
die Titelvignette des Hahn sehen Buches schmückt: 

Mann, Weib, Ding kann ohne Schaden 

Lustig Trincken, lustig baden. 


Wiener Brief. 

Von Dr. Sofer, Wien. 

Im Wiener medizinischen Doktorenkollegium 
sprach Ernst Urbantschitsch über Schmerzem¬ 
pfindungen im Bereiche des Gehöror¬ 
gans: An der Ohrmuschel tritt der Schmerz in beson¬ 
ders heftiger Weise bei phlegmonösen Entzündungen 
sowie mitunter bei Herpes und Karzinom auf. Aber auch 
z. B. einfache Komedones verursachen ausgesprochene 
Schmerzen, weil Knorpel und Haut hier durch kurzes, 
straffes Bindegewebe miteinander verbunden sind. 
Als schmerzlindernd kommen in erster Linie 
kühlende Umschläge in Betracht (mit Burow), ferner 
besonders mit 70 pCt. Alkohol; höherprozentiger 


Alkohol härtet das Gewebe, wodurch die Tiefenwirkung 
beeinträchtigt wird. Bei Karzinom müssen wir oft zur 
Morphiumspritze greifen. Von schmerzhaften Er¬ 
krankungen wären gewisse Dermatiden: Verbrennung 
und Erfrierung zu erwähnen. Therapeutisch wäre bei 
Erfrierungen davor zu warnen, den erfrorenen Partien 
rasch Wärme zuzuführen; Abreibungen mit Schnee 
oder kühlem Wasser sind am geeignetsten. Späterhin 
kommen Bestreichungen mit Jodtinktur oder Jod- 
kolodium, ferner mit Guttapercha (gelöst in Chloro¬ 
form) in Betracht. Leider neigen einmal erfrorene 
Partien sehr zu Rezidiven; das Schmerzgefühl macht 
sich dann besonders in der Wärme oder Kälte fühlbar. 
Bei derartigen Rezidiven ist vor allem die systema¬ 
tische Massage mit Jod-, Menthol- oder Kampfersalben 
zu empfehlen. Bei Stichen gewisser Insekten (Aas¬ 
fliegen, Bienen, Wespen) empfiehlt sich eine gründliche 
Desinfektion der betreffenden Stelle und die Anwen¬ 
dung von Ammoniak (Salmiakgeist), oberflächliche 
Entzündungen des Trommelfells pflegen ge¬ 
wöhnlich nicht übermäßige Schmerzen zu erzeugen; 
am häufigsten sieht man ihn noch bei Mykosen. Finden 
aber Exsudationen in die substantia propria statt oder 
liegen interstitielle Abszesse vor, so können die 
Schmerzen das Krankheitsbild beherrschen. Gegen 
diese Schmerzen empfiehlt U. Kokainlösungen (3 bis 
5 pCt.) oder Alypin - Tonogenlösungen (5 pCt.) oder 
Thigenolglyzerin (4 : 20). Wichtig ist, daß die Tropfen 
vorher auf Körpertemperatur erwärmt und längere Zeit 
(etwa 5 bis 15 Minuten) im Ohr belassen werden. Auch 
5 pCt. Karbolglyzerin, evt. mit Zusatz von Tinct. opii 
simpl. kann den Schmerz lindern, besonders wenn zur 
Zubereitung das englische Glyzerin (Glyc. Brit. Pharm. 
Be. 31°) verwendet wird, das ein bedeutend größeres 
spezifisches Gewicht und daher ein intensives Diffu¬ 
sionsvermögen besitzt. Gegen Mykosen wirkt häufig 
2 pCt. Salizylspiritus. Bei interstitiellen Abszessen muß 
man inzidieren. 

A. Burn spricht über die Aufgaben des 
Arztes in der Unfallversicherung der 
Arbeiter. B. präzisiert die Mitwirkung in den drei 
Phasen: bei der ersten Intervention, im Heilverfahren 
und in der Begutachtung. Der erstintervenie¬ 
rende Arzt, dem auch die Erstattung der Unfall¬ 
anzeige obliegt, soll sich einer klaren, unzweideutigen, 
den Mechanismus und die Effekte der Verletzung 
lückenlos präzisierenden Diktion befleißigen, da hier- 
drucli die Aufgabe des Gutachtens erleichtert wird. Die 
prognotischen Fragen des Formulars sollen mit aller 
Reserve, aber mit Ausschluß hypothetischer Antworten 
erledigt werden. Markierung der Grenzen ärztlichen 
Wissens ist ihrer Vermischung vorzuziehen. Die 
erste Hilfe zeitigt erfahrungsgemäß zuweilen Mi߬ 
griffe. die die spätere Funktion des verletzten Teiles 
beeinträchtigen. Sie betreffen zumeist die Wundver¬ 
sorgung und resultieren nicht selten aus einer gewissen 
Polypragmasie des Helfers (primäre Wundnaht nach 
ungenügender Vorbereitung der Wunde, definitive 
Blutstillung am Unfallsorte, Vornahme der Sehnennaht), 
Maßnahmen, die nach Anlegung eines provisorischen 
Verbandes zweckentsprechender im Krankenhause er¬ 
folgen. Der behandelnde Arzt soll die funktio¬ 
neile Restitution des Verunfallten neben der anatomi¬ 
schen Wiederherstellung stets vor Augen haben. B. 
kann jedoch eine funktionelle Therapie in der allzu¬ 
langen Immobilisierung von Gelenks- und Knochen¬ 
verletzungen ebensowenig erblicken, wie in der 
Fixierung verletzter Extremitäten in funktionell un¬ 
günstiger Stellung. B. empfiehlt daher Extensionsver¬ 
bände und rechtzeitige Heranziehung mobilisierender 
Behandlung. Von großer Wichtigkeit erscheint der 



376 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 24 




Ausspruch des Heilverfahrensschlusses, I gestattet. Die meisten Gemüse sind erlaubt, sie sind 


der zu erfolgen hat, wenn anatomische und funktionelle 
Heilung eingetreten ist, wenn die anatomische Heilung 
vollständig, die funktionelle nur teilweise erfolgt ist, 
jedoch begründete Aussicht besteht, daß die Funktion 
in absehbarer Zeit durch die Arbeit selbst hergestellt 
oder doch wesentlich gebessert werde, endlich, wenn 
keine Aussicht besteht, den Verletzten durch irgendeine 
Behandlungsart, zu deren Duldung er gezwungen 
werden kann, der Besserung oder Heilung zuzuführen. 
Dem begutachtenden Arzt obliegt die präzise Beant¬ 
wortung zahlreicher Fragen zunächst der Erwerbs¬ 
fähigkeit. Hierbei wird die Wichtigkeit der näheren 
Umstände des Einzelfalles (Mechanismus, Intensität, 
Lokalisation der Verletzung, Zeitraum zwischen Be¬ 
triebsunfall und Auftreten der ersten Unfallsfolgen, 
somatisches und psychisches Vorleben des Verun¬ 
fallten) ebenso besprochen wie das wissenschaftliche 
Kriterium seitens des Gutachters, dessen Aufgabe durch 
genaue Kenntnis der Literatur der ärztlichen Unfall¬ 
kunde sowie der „zweifelhaft traumatischen Erkran¬ 
kungen“ und Verschlimmerung bestehender Krankheit 
durch Träumen erleichtert wird. Anderseits hat die 
Unfallskunde durch sorgfältige klinische Untersuchung, 
genaue Beobachtung und experimentelle Nachprüfung 
die Wissenschaft selbst gefördert und manche unauf¬ 
geklärte, pathologische Erscheinung gedeutet. B. ver¬ 
weist auf die Kenntnis der posttraumatischen akuten 
Osteomyelitis (T h i e m), der traumatischen Lokal¬ 
tuberkulose (P i e t r z i k o w s k i), der akuten trauma¬ 
tischen Knochentrophie (Sude k), der traumatischen 
Erkrankungen der Muskeln, Faszien und des subkutanen 
Zellgewebes (Myositis ossificans und hartes traumati¬ 
sches Oedem), auf Kümmels traumatische Spondy¬ 
litis, R o c h e r s Kontusion der Intervertebralscheiben, 
andere scheinbar leichte, durch genaue Untersuchung 
als Wirbelfrakturen festgestellte Verletzungen der 
Wirbelsäule, auf den Zusammenhang zwischen Schädel¬ 
verletzung und Gehirnabzeß und Spätapoplexie, auf die 
traumatische Verschlimmerung systematischer Rücken¬ 
markserkrankungen, Neurosen und Psychosen. Bei 
dem objektiven Befund verweist B. auf die zahlreichen 
Imponderabilien, die der Arzt angesichts der mißtraui¬ 
schen und oft unaufrichtigen Rentenbewerber zu be¬ 
kämpfen hat und warnt vor Voreingenommenheit und 
allzu häufiges Annehmen von Simulation, die er¬ 
fahrungsgemäß zu den Seltenheiten gehört. Häufiger 
sei Aggravation — nicht nur beim Proletariat —, der 
zielbewußt zu begegnen sei. Sie ist menschlich und 
darum entschuldbar. 

In der „Gesellschaft für physikalische Medizin“ 
sprach Th. R. O f f e r über die diätetische Be¬ 
handlung der Fettsucht. Die wichtigste For¬ 
derung bei Entfettungskuren ist, das Körpergewicht 
herabzusetzen, ohne den Eiweißbestand des Körpers 
zu schädigen. Bei leichter Arbeit sind 35—40 Kalorien 
pro Kilogramm Körpergewicht zur Erhaltung not¬ 
wendig, bei schwerer Arbeit 40—45 Kalorien. Die Ent¬ 
fettungsdiät ist so zu wählen, daß die überschüssigen 
Fettdepots verbraucht werden. Noorden teilt die 
Entfettungskuren in drei Grade ein: 1. Es wird aus der 
Nahrung alles Fett weggelassen. Gemüse und Mehl¬ 
speisen sind fettarm, keine Süßigkeiten, Einschränkung 
des Bier- und Weingenusses. 2. Mehlspeisen, Milch und 
Alkohol sind außerdem verboten. Bei dem 3. Grade 
wird die Beschränkung noch weiter getrieben. Auf die 
Dauer wird eine leichte Beschränkung der Fettzufuhr 
leicht vertragen. Fleisch ist in gekochtem Zustande zu 
empfehlen. Eier haben einen großen Fettgehalt, 
namentlich das Eigelb, Milch soll ganz verboten oder 
eingeschränkt werden. Käse ist verboten, Topfen 


/ERSITY OF MICHIGAr 


auch wegen ihres hohen Zellulosegehaltes empfehlens¬ 
wert, weil sie ein Gefühl von Sättigung hervorrufen; 
Wurzelgemüse sind einzuschränken, weil sie viel 
Kohlehydrate enthalten; die Zubereitung der Gemüse 
soll möglichst ohne Fett erfolgen. . Uebermäßige 
Flüssigkeitszufuhr ist einzuschränken, ebenso der Ge¬ 
nuß von Alkohol, weil er ein Fettsparer ist; bei Ent¬ 
fettungskuren des 2. und 3. Grades ist er ganz zu ver¬ 
bieten. Im Tage sollen möglichst wenige Mahlzeiten 
gehalten werden; besonders bei Zwischenmahlzeiten 
sollen Speisen verwendet werden, die sättigen, aber 
wenig Nährwert haben; bei den Hauptmahlzeiten muß 
die Wage die Kontrolle über die eingeführten Nahrungs¬ 
mengen übernehmen. Im Laufe der Zeit haben sich be¬ 
stimmte Entfettungskuren herausgebildet, z. B. Milch-, 
Kartoffelkuren usw.; sie bewirken zwar schnell eine 
Abmagerung, schädigen aber den Organismus,.weil sie 
eigentlich Hungerkuren sind. 

Emil Schwarz sprach über die Therapie 
des Fettherzens. Beim Mastfettherzen findet 
man gewöhnlich einfache Atrophie der Muskelfasern, in 
anderen Fällen eine eigentümliche Matschheit derselben. 
Die Fettdurchwachsung des Herzens spielt eine ge¬ 
wisse pathologische Rolle, die Muskulatur wird durch 
das Fett auseinandergedrängt und sogar in einzelne 
Fasern zerlegt. Außerdem behindert das Fett die 
Herzarbeit, weil es als eine nicht kompressible Masse 
anzusehen ist. Alle Herzerscheinungen bei Fettleibigen 
sind nicht auf die Umwachsung des Herzens mit Fett 
zurückzuführen, es schafft auch noch das Körperfett 
periphere Widerstände im Kreislauf, so daß ein Mi߬ 
verhältnis zwischen dem Herzen und der Strombahn 
entsteht. Die Fettleibigen neigen auch zu Arterio¬ 
sklerose. Der Alkohol ist nicht nur ein Fettsparer, 
sondern er wirkt auch schädigend auf das Herz und die 
Gefäße; reichliche Flüssigkeitsaufnahme bedingt schon 
an sich eine Strombelastung für das Herz. Mit der 
Diagnose Fettherz ist vielfach Mißbrauch getrieben 
worden, man soll bei Fettleibigen nicht früher die 
Diagnose auf Herzinsuffizienz stellen, bevor nicht 
Arbeitsdysponoe vorhanden ist. Beim Herzen der Fett¬ 
leibigen ist eine Prophylaxe möglich, die bei einem 
mageren Menschen nicht durchführbar ist; bei den¬ 
jenigen Fällen, die schon in der Kindheit Anzeichen der 
erblichen Fettsucht zeigen, kann in der Wachstums¬ 
periode durch Training die Körpermuskulatur und 
damit auch das Herz gestärkt werden. Dabei ist der 
Radfahrsport zu meiden, weil bei ihm leicht das Herz 
überanstrengt werden kann. Bei anämischen Fett¬ 
süchtigen ist die Behandlung der Anämie wichtig. Die 
Therapie der schon vorhandenen Fettinsuffizienz bei 
Fettsucht ist von der Behandlung anderer Herz¬ 
insuffizienzen dadurch unterschieden, daß die Ursache 
behoben werden kann. Rasche Entfettungskuren sind 
bei schwachem Herzen kontraindiziert, Flüssigkeits¬ 
entziehung darf man nicht zu weit treiben, damit nicht 
die Viskosität des Blutes gesteigert wird. Methodische 
abführende Trinkkuren sind von Nutzen, vielleicht 
spielt bei ihnen die Steigerung der Zirkulation in den 
Bauchgefäßen eine wichtige Rolle. Der Gebrauch von 
Kohlensäurebädern muß ärztlich beaufsichtigt werden. 
Steigt der Blutdruck an, die Pulsgröße dagegen nicht, 
so ist die Entleerung des Herzens ungenügend. Die 
Arbeitstherapie bezweckt die Kräftigung des Herzens 
durch die Arbeitsleistung des Körpers; dabei werden 
große Anforderungen an das Herz gestellt, und die Blut¬ 
verteilung ist geändert. Bergsteigen ist zu vermeiden, 
dagegen gestattet die Mechanotherapie eine exakte 
Dosierung. 




Nr. 24 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


377 


In der „Gesellsch. d. Aerzte“ sprach E. v. A r 11 
über Cuprum citrium solut. und seine An¬ 
wendung bei Augen- und Hautkrankheiten. Cuprum 
citricum gehört zu den schwer löslichen Kupfersalzen. 
Seine Löslichkeit wurde mit 1 : 9193 destilliertes Wasser 
und 1 : 7700 einer 1 prozentigen Kochsalzlösung er¬ 
mittelt. A. gelang es, seine Löslichkeit zu erhöhen; 
gegenwärtig ist er bei einer 1 prozentigen Lösung an¬ 
gelangt. Erreicht wurde dieses, therapeutische Novum 
durch Zusatz von Chlornatrium und Natr. borocitricum 
im Gesamtbeträge von 1,2 bis 3 pCt., je nach der Stärke 
der gewünschten Lösung. Es gibt dreierlei derartige 
K u s o 1 Präparate: Kusolkollyrium, Kusolsalben und 
Kusolpulver. Das Kusolkollyrium ('/a pCt.) erzeugt 
keinen Reiz oder Schmerz. Es ist indiziert bei ganz 
frischen Trachomen, dann bei alten Narbentrachomen, 
dann nach mechanischer Behandlung, ferner bei Conj. 
follicul, v. Zeissl hat dieses Mittel (1:350) bei 
Urethriden mit Erfolg angewendet. 

E. Krau s sprach im Brünner Aerzteverein über 
neuere Behandlungsmethoden des Aus¬ 
flusses bei Frauen. Die bisher geübte Tampon¬ 
behandlung befriedigt nicht; die in Glyzerin gelösten 
Medikamente gelangen fast gar nicht zur Resorption. 
Dagegen konnte K. durch Einstäuben von Gips 
mittels eines Pulverbläsers in die Scheide Erfolge bei 
der symptomatischen Behandlung des Ausflusses er¬ 
zielen. Nassauer hat Bolus alba zu diesem Zwecke 
empfohlen. K. behauptet nun, daß der Gips stärker 
austrocknend wirkt als Bolus alba. 


REFERATE. 


Pharmakologie. 

Referent: Privatdozent Dr. C. Bachem, Bonn. 

1. Lieber die Wirkung der Colomboalkaloide. Von Biber¬ 
feld, Breslau. Zeitschr. f. experim. Pathol. u. Therap. Bd. 7, S. 569. 

2. Beiträge zur Kenntnis der Wirkung des Arekolins auf den 
Darm. Von Pätz, Breslau. Zeitschr. f. experim. Pathol. u. Therap. 
Bd. 7, S. 577. 

3. Beiträge zur Urobilinfrage. Von F r o m h o 1 d t, Moskau. 
Zeitschr. f. experim. Pathol. u. Therap. Bd. 7, S. 716. 

4. Ueber die Beeinflussung von Narcoticis durch Skopolamin. 
Von Hauckoldt, Berlin. Zeitschr. f. experim. Pathol. u. Therap. 
Bd. 7, S. 743. 

5. Ueber die Ausscheidung von anorganischem und organisch 
gebundenem Brom durch den Urin nach Einfuhr organischer Brom¬ 
präparate. Von Eva Bermann, Schitkowitschi. Therap. Monats¬ 
hefte 1910, Nr. 4. 

6. Automors und Morbizid im Vergleich zu älteren Desinfek¬ 
tionsmitteln (Karbol, Lysol, Lysoform). Von Friedländer, 
Berlin. Therap. Monatsh. 1910, Nr. 4. 

7. Notiz über eine klinische Methode der quantitativen Bestim¬ 
mung der Harnsäure im Blutserum. Von Roethlisberger, 
Genf. Münch, mediz. Wochenschr. 1910, Nr. 7. 

8. Beitrag zur Kenntnis der Wirkung des Bismutum subnitricum 
und Widerlegung der Irrtiimer L. Lewins auf Grund eigner klinischer 
und experimenteller Untersuchungen. Von Schum & Lorey, 
Hamburg. Hamburger medizinisch-kritische Blätter, Bd. 1, S. 76. 

1. Die Wirkung der drei Colomboalkaloide, Jateorrhizin, Colum- 
bamin und Palmatin. ist prinzipiell fast die gleiche, graduell allerdings 
verschieden. Sie lähmen bei Fröschen das Zentralnervensystem. 
Eigenartig ist die diesen Basen zükommende lähmende Wirkung auf 
die Atmung, die ihre Ursache in einer Lähmung des Respirations¬ 
zentrums haben muß; sie ist sehr deutlich und wird bei kaum 
einem Pharmakon (außer Morphin) in gleichem Maße beobachtet. 
Palmatin wirkt in dieser Hinsicht sogar noch stärker als Morphin. 
Auffallend stark ist — besonders beim Palmatin — die Blutdruck¬ 
senkung nach intravenöser Injektion; diese ist bedingt sowohl durch 
Herzschädigung, als auch durch zentrale Vasamotorenlähmung. 
Möglicherweise sind Palmatin und Jateorrhizin Blutgifte und wirken 
ähnlich wie Arsenik durch Verlegung der Blutgefäße. 

Für die therapeutische Verwendung der Colombowurzel als Mittel 
gegen Darmkatarrh haben die B i b e r f e 1 d sehen Versuche keine 


neuen Gesichtspunkte ergeben. Die Versuche am isolierten Darm 
ergaben nichts, was mit Sicherheit auf eine diesbezügliche Wirkung 
hindeutet. Vielleicht darf an eine narkotische Wirkung der drei ge¬ 
nannten Stoffe gedacht werden. 

Jedenfalls ist man, wie Veriasser meint, vorläufig nicht be¬ 
rechtigt, den Bitter- und Schleimstoffen der Colombowurzel einen 
wesentlichen Anteil an der therapeutischen Wirkung abzusprechen. 
Ueber die Verwertung der einzelnen Alkaloide (Palmitin) nicht in 
anderer Hinsicht therapeutisch benutzt werden können, z. B. auf 
Grund ihrer Wirkung auf die Atmung, bleibt weiteren Unter¬ 
suchungen Vorbehalten. 

2. Arekolin wirkt nach den P.schen Versuchen erregend und 
zwar die Rhytmizität verstärkend und tonussteigernd auf die intakten 
Darmschlingen (von Dick- und Dünndarm), sowie auf Präparate, die 
nur den Auerbachschen Plexus enthalten. Eine glatte Dauerkon¬ 
traktion wird ausgelöst beim plexusfreien Ringmuskel, sowie bei Prä¬ 
paraten, die nur den Meißnerschen Plexus in Verbindung mit der 
Muskularis mucosae enthalten. Das Gift greift demnach sicher 
peripher vom Auerbachschen Plexus an. 

Bezüglich des Antagonismus zwischen Arekolin und Atropin 
ergab sich folgendes: Das Atropin hebt schon in minimalen, den nor¬ 
malen Darm nicht lähmenden Mengen jede Bew'egungserregung des 
Arekolins am isolierten überlebenden Katzendarm auf. Die Energie¬ 
größe der vorherigen Arekolinerregung ist dabei belanglos. Das 
Atropin schw-ächt auch in minimalen, nicht lähmenden Dosen die 
Wirksamkeit nachher verabreichten Arekolins dergestalt, daß nur 
sehr große Mengen des letzteren einen beschränkten erregenden 
Effekt haben. An dem durch Atropin vollständig gelähmten Darme 
läßt sich auch durch größte Arekolinmengen keine Bewegungen aus¬ 
lösende Wirkung erzielen. 

Dem Morphin ist keine Einwirkung auf den Grad und den Ablauf 
der Arekolinerregung am überlebenden isolierten Katzendarme zuzu¬ 
schreiben. 

Endlich hat Verfasser einige Versuche über die Beziehungen 
zwischen Arekolin und Extraktum Opii in ihrer Wirkung auf die 
Darmbewegungen angestellt. Das Opiumextrakt kann in kleinen 
Dosen den normalen Darm vielleicht erregen. In geeignet großen 
Mengen stellt es die automatische Bewegung des normalen Darmes 
ruhig. Die Wirkung des Arekolins auf den durch Verabreichung von 
Extraktum Opii beeinflußten Darm ist in ihrer Energie bedeutend be¬ 
schränkt und nur bei Verwendung relativ sehr großer Dosen des 
Alkaloids von wesentlichem Erfolge. Der arekolinisierte Darm kann 
durch geeignete Mengen Opiumextrakte (ca. 0,5 g in 2 L Ringer- 
Lösung) völlig ruhig gestellt werden. 

3. Die Ergebnisse der Arbeit gipfeln in folgenden Sätzen: 

Das Urobilin ist sicher vom Hydrobilirubin M a 1 y’s verschieden. 

Es enthält 5,93 °l o N, während dem Hydrobilirubin ein N-Gehalt von 
9,45 °l o zukommt. Wahrscheinlich besitzen beide Pigmente die 
gleiche Chromophore Gruppe. Die Urobilinausscheidung durch den 
Harn ist großen Schwankungen unterworfen. Die Mengen des aus¬ 
geschiedenen Urobilins stehen in keinem Zusammenhang mit den 
gleichzeitig ausgeführten Mengen Indikan und der Aetherschwefel- 
säuren. Es gelingt weder mit Bilirubin- noch mit Hydrobilirubin- 
einfiihrung in den Darm, Urobilinurie hervorzurufen oder zu steigern. 

4. Das Skopolamin, das für sich allein beim Kaninchen keine 
Narkose erzeugt, verstärkt die narkotischen Eigenschaften des 
Urethans bedeutend. Kleine, an und für sich zur Narkose nicht aus¬ 
reichende Urethanmengen werden durch minimale Skopolamindosen 
zu narkotischen. Aehnlich wirkt das Skopolamin in Verbindung mit 
Morphin. 

5. Anschließend an die Untersuchungen von B i 1 i n k i s (ref. diese 
Zeitschr. 1910, Nr. 12) hat E. Bermann im Berner Pharmakologi¬ 
schen Institut die Frage nach der Bromausscheidung bei Zufuhr ge¬ 
wisser Brompräparate weiter behandelt. Verfasserin gelangt zu dem 
Schlüsse, daß organische Bromverbindungen der aliphatischen Reihe 
das Brom im allgemeinen vollständig abspalten, so daß es als Brom¬ 
kali im Harn erscheint. Sie tun das auch dann, wenn die aliphatische 
Bromverbindung an einen weiteren aromatischen Kern gebunden 
ist (z. B. im Bromvaleriansäureborneolester). Aromatische bromierte 
Bromverbindungen, die das Brom im Kern enthalten, wie Bromol 
und Brombenzol, spalten überhaupt kein Brom ab. Wahrscheinlich 
kommen sie so, wie sie eingeführt werden, wieder zur Ausscheidung. 
Bromipin,Bromeigon und Bromokoll verhalten sich durchaus ver¬ 
schieden. Am wenigsten organisches Brom spaltet Bromokoll ab, 
am meisten Bromeigon, das auch am raschesten im Organismus 
zerfällt; doch ist auch die Bromabspaltung beim Bromipin eine sehr 
ergiebige. 

Von Wichtigkeit für die Beurteilung der Wirkung eines Brom¬ 
präparates ist die Menge (in pCt.) des im Molekül enthaltenen Broms. 

6. Zu den Arzneimitteln, die uns im Jahre 1909 mit gewaltiger 
Reklame vorgeführt wurden, gehört auch das Desinfektionsmittel 
„Automors“. Dieses Präparat entpuppte sich aber sehr bald als stark 
schwefelsäurehaltig (ca. 15 °/n) und verbot sich schon allein deswegen 
wie auch durch seinen Gehalt an Kresolen als freiverkäufliches Des¬ 
infektionsmittel. Die Aeußerungen der Fabrik über seine Giftfreiheit, 
Geruchlosigkeit und hohe Desinfektionskraft sind nach den Fried¬ 
ländersehen Untersuchungen nicht zutreffend. Der hohe Säuregehalt 

jst m Desinfektion von Wäsche, Metallgegenständen usw- hinder» 





378 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 24 


lieh. Es steht bezüglich seiner Wirksamkeit dem Karbol und Lysol 
nach und ist nach Tierversuchen giftiger als Lysoform. 

Des weiteren stellte Friedländer fest, daß Lysoform und Mor- 
bizid für die praktische Medizin als Desinfektionsmittel bei Zimmer¬ 
temperatur überhaupt nicht in Betracht kommen, sie mögen dagegen 
zum desinfizierenden Kochen von Wäsche usw. recht brauchbar sein; 
allerdings ist ihre Giftigkeit nicht so gering, daß sie übersehen 
werden darf. 

7. Mittels der Methode des Verfassers gelingt es noch, in einem 
Tropfen Blutserum 1—2tausendstel mg Harnsäure nachzuweisen und 
so quantitative Resultate zu erhalten, die auf 100 ccm Blutserum be¬ 
rechnet auf 1—2 mg genau sind. Insbesondere sind die Konzentra¬ 
tionen von 0,00—0,06 °/o<» im Serum für diese Probe sehr geeignet. 
Der Charakter der Reaktion besteht darin, daß an der Stelle, wo das 
Serum auf das empfindliche Papier (näheres über dessen Darstellung 
s. im Original) aufgetropft worden ist, je nach dem Gehalt desselben 
an Harnsäure, ein in der Farbe und der Intensität sich verändernder 
Fleck entsteht. Ist Harnsäure vorhanden, so zeigt sich ein gelber 
Fleck, der mit zunehmender Konzentration der Harnsäure von gelb 
in braunrot und dunkelbraun übergeht. 

8. Die Verfasser treten zunächst der Anschauung L. L e w i n s 
entgegeji, die darin gipfelt, daß nach großen Bismutum subnitricum 
Gaben zu röntgenologischen Zwecken Vergiftungen zustande 
kommen können, die allein auf die Wismut-Komponente zurückzu¬ 
führen und nicht als Nitritvergiftung zu deuten sind. Dieser Ansicht 
L e w i n s stehen die Untersuchungen einer Reihe von Forschern ge¬ 
genüber, die in der genannten Vergiftung eine Nitritintoxikation sehen, 
hervorgerufen durch Reduktion der Salpetersäure im Magisterium Bis- 
muti. Schum m&Lorey haben verschiedentlich Methämoglobin 
(als Folge einer Nitritvergiftung) im Blute intra vitam nachweisen 
können. Dagegen zeigte sich bei den benutzten Ersatzpräparaten 
Bismutum carbonicum und oxychloratum niemals eine Methämo¬ 
globinämie. 

Weitere eingehende Mitteilungen stellen die Verfasser in 
Aussicht. 


Orthopädie. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Lehr, Stuttgart. 

1. Aetiologie der Arthritis deformans. ,Von Privatdozent Dr. 
G. A. Wollenberg, Berlin. Zeitschr. für orthop. Chir. XXIV. 

3. u. 4. Heft. 

2. Gibt es eine genuine Madelungsche Handgelenksdeforinität? 
Von Dr. Gängele, Zwickau. Ibidem. 

3. Weichteilplastik bei Klunipfußredression. Eine neue Klump¬ 
fußoperation. Von Doz. Dr. Patrik H a g 1 a n d, Stockholm. 
Ibidem. 

4. Der obere tuberkulöse Kollumherd. Von Dr. Henning 
Waldenström, Stockholm. Ibidem. 

5. Ein Fall von angeborenem Riesenwuchs des Zeigefingers. 
Von Dr. A. Dreifuß, Hamburg. Ibidem. 

6. Beitrag zur Histologie des kongenitalen Riesenwuchses. Von 
Dr. E. Bibergeil. Berlin. Ibidem. 

7. Ein Fall von kongenitalem Fibidadefekt, kombiniert mit 
vollständiger Aplasie der anderen Seite. Von Dr. S. Kofmann, 
Odessa. Ibidem. 

1. Nach den Untersuchungen des Verfassers wird die Arthritis 
deformans durch Ernährungsstörungen infolge unrichtiger Zirkula¬ 
tionsverhältnisse hervorg'erufen. Weiterhin kommt das mechanische 
Moment der Belastung und Bewegung hinzu. Die Belastung ver¬ 
biegt die weichen Gelenkkomponenten und führt eine plastische 
Umformung derselben herbei. Die Bewegung anderseits schleift 
den erweichten und zerfallenen Knorpel ab, hyperämisiert den blo߬ 
gelegten Knochen und führt so seine Sklerosierung herbei. Durch die 
Reibung der Gelenkteile aneinander sowie an der Kapsel bezw. 
Synovialis wird ein anfänglich kleiner Krankheitsherd auf das ganze 
Gelenk ausgedehnt. Ferner befördert die durch die Funktion des 
Gelenkes beständig erzeugte Hyperämie die proliferierenden 
Prozesse. 

2. Veröffentlichung von vier eigenen Fällen Madelungscher 
Deformität. Verfasser weist besonders auf die Verschiedenheit der 
Aetiologie der einzelnen Fälle hin und betont nachdrücklich, daß die 
Deformität für uns nur ein Symptom sein kann und keine Krankheit 
sui generis darstelle. 

3. Bei einem 8 jährigen Mädchen mit hochgradigstem Klumpfuß 
entstand bei dem in der gewöhnlichen Weise vorgenommenen Re¬ 
dressement auf der inneren Fußseite bis in die Sohle hinein ein tiefer 
2—3 Finger breiter Hautriß nach Art des Schnittes der Phelpsschen 
Operation. Anderseits war an der lateralen Dorsalseite ein großer 
Vorrat von Weichteilen vorhanden. Von hier wurde ein großer ge¬ 
stielter Lappen mit Vermeidung der Klavi ausgeschnitten und in den 
Defekt eingenäht. Eingipsen des Fußes in starker Equinusstellung 
als Zwischenstation zur endgültigen Redression. Empfehlung dieser 
neuen Operationsmethode, die ein ideales Heilresultat gab. 


ERSITY OF MICHIGAN 


4. Verfasser zeigt in zehn Fällen, daß ein tuberkulöser Herd im 
oberen 'Feil des Kollum femoris sich bei Kindern von etwa 6—8 
Jahren zu einem Zustande entwickeln kann, der in vieler Hinsicht 
an Coxa vara erinnert. Da der obere Teil des Kollum bis zum 

9. Jahre mit einer Knorpelschicht bedeckt ist, die eine direkte Ver¬ 
bindung zwischen dem Trochanterknorpel und dem Gelenkknorpel 
des Kaput bildet, findet ein Durchbruch ins Gelenk statt. Der 
tuberkulöse Charakter der Affektion wurde in allen Fällen durch 
die Pirquetsche Reaktion festgestellt. Das klinische Untersuchungs¬ 
resultat ergibt immer Einschränkung der Abduktion, aber außerdem 
auch oft Einschränkung anderer Bewegungen bis zur völligen 
Fixation. Neben Hochstand des Trochanter findet man im Gegen¬ 
satz zur Coxa vara, daß der Trochanter mehr eingesenkt liegt als 
auf der gesunden Seite. Das Röntgenbild zeigt, daß die Gelenk¬ 
flächen frei von jeder Destruktion sind und daß die an Coxa vara 
erinnernde Deformität durch eine Einschmelzung des oberen Teiles 
des Kollum und eines Teiles der Kopfepiphyse bedingt ist. Der 
Kopf ist in seiner Gesamtheit abgeplattet und auf den oberen Teil 
des Kollums hinausgeschoben. Es handelt sich also um ein 
selbständiges Krankheitsbild, das der Coxa vara gegenüber wohl 
charakterisiert ist und bei genauerer Prüfung nichts mit ihr ge¬ 
mein hat. 

5. Verfasser hatte Gelegenheit, einen Fall von reinem Riesen¬ 
wuchs, der besonders den Zeigefinger der rechten Hand betraf, zu 
beobachten. Während bei Elephantiasis meist nui die Weichteile 
betroffen sind, handelt es sich hierbei um eine gleichmäßige Zu¬ 
nahme aller, in einem proportionalen Verhältnis zu einander 
stehenden Gewebe. Eine gleichzeitig bestehende Abweichung des 
Nagelgliedes nach der Ulnarseite wurde durch Operation korrigiert. 

6. Die histologische Untersuchung eines Riesenwuchsfingers 
von einem vier Monate alten Kind ergab der Hauptsache nach be¬ 
reits -wohl ausgebildete Knochenkerne in der Epiphyse der Mittel¬ 
und Endphalanx, Verbreiterung der Knorpelwucherungszone, äußerst 
spärliche Kalkablagerung sowie Störungen in der endochondralen 
Knochenbildung. 

7. Beschreibung einer angeborenen Mißbildung, die in vollstän¬ 
digem Fehlen des Unterschenkels der rechten und einer hochgradi¬ 
gen Veränderung des linken besteht. Der linke Unterschenkel ist 
in seinem unteren Teile eigentümlich verdreht und stützt sich auf 
den Mittelfuß, während die Fußwurzel hoch nach oben, hinten und 
außen disloziert ist. Am Fuß fehlen die 4. und 5. Zehe. Die 
Röntgenuntersuchung ergab außerdem ein Fehlen der Fibula, des 

4. und 5. Metatarsale, des .Talus. und anderer Tarsalia. Durch 
operative Eingriffe links und eine Prothese rechts wurde Gehfähigkeit 
erzielt. 


Hautkrankheiten. 

Referent: Dr. Grumach, Berlin. 

1. Ist Lupus Riiidertuberkulose? Von C. Engelbretli, 
Kopenhagen. Monatsh. f. Prakt. Dermatolog. Bd. 50, Nr. 6. 

2. Zinkcuceringelanth bei Intertrigo. Von P. G. U n n a. Monatsh. 
f. Prakt. Dermatol. Bd. 50, Nr. 7. 

Nach Engelbreth hat die von Koch aufgeworfene Tuberkulose- 
Frage deshalb noch immer keine Lösung gefunden, weil alle Forscher 
nur immer die interne Tuberkulose untersuchten, die Hauttuberkulose 
aber vernachlässigten. Gerade aber diese scheint bei ihrer Mannig¬ 
faltigkeit besonders hierzu geeignet. Die beiden Haupttypen Lupus 
vulgaris und ulceröse miliare Hauttuberkulose sind zwei so verschie¬ 
denartige Formen, daß z. B. kaposi nur die letztere als eigentliche 
Tuberkulose ansah, den Lupus aber trotz der eindeutigen Aetiologie 
nicht. 

Es ist in der Tat auffallend, daß die Tub. ulcer. nur bei tuber¬ 
kulösen Individuen, Lupus häufig bei blühenden vorkommt. Besonders 
auffallend ist dieser Unterschied bei den Schleimhauterkrankungen: 
im Larynx auf der einen Seite das. schwere Bild der Kehlkopftuber- 
kulose, auf der andern das verhältnismäßig gutartige des Kehlkopf¬ 
lupus. Beide Arten werden von den Laryngologen sehr wohl unter¬ 
schieden und%ollen auch nie in einander übergehen. Interessant ist es 
auch, daß im Kopenhagener Finsen-Institut unter 800 Lupus-Fällen 
nur 14 °/o Tuberkulöse waren, also nicht mehr als sonst, daß ander¬ 
seits unter 4000 Phtisikern der Sanatorien kaum ein Lupus-Fall 
sich befand. 

Im Kopenhagener Finsen-Institut fand E. nun. daß fast alle 
Lupuskranken vom Lande stammten oder irgendwie längere Zeit mit 
Rindern zu tun gehabt hatten (Melker, Viehhirten etc.). Das brachte 
ihn auf die Idee, daß der Lupus eine spezifische Rinder- 
tuberkulose sei. Hieraus würde sich der oben erwähnte 
strenge Unterschied der Bilder erklären, ferner, daß bei Lupus die 
Patienten ihre Fülle bewahren, daß Frauen häufiger erkranken als 
Männer, daß der rechte Arm weit häufiger erkrankt als der linke. 

Um die Frage zu klären, muß man nach Beweisen suchen: 

1. Den sicheren Beweis kann nur eine Reihe 
exakter Impfungen von Rinder- und Menschen¬ 
tuberkulose am Menschen liefern (!) Mangels der¬ 
selben muß man sich mit Nachforschung über die Ursachen zufällig 



UNIVERSITY OF MICHIGAN 


Nr. 24 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


379 


vorkommender Inokulationen begnügen. Es wird in. jedem Fall 
untersucht werden müssen, ob nicht wenigstens eine Art ausge¬ 
schlossen werden kann (z. ß. die Inokulation bei der Zirkumcision 
ist sicher eine mit menschlicher Tuberkulose). 

2. Aufnahme einer genauen Anamnese bei Lu- 
P ö s e n. Die Verzeichnung des derzeitigen Standes und Aufenthalts¬ 
ortes genügt nicht, da dieselben oft wegen der Krankheit gewechselt 
worden sind. Haase hat auf ausdrückliches Befragen feststellen 
können, daß 30 °/o seiner Lupösen zur Zeit des Auftretens der 
Krankheit „viel mit Kühen zu tun hatten.“ 

3. Untersuchung der Länder, in welchen die 
Einwohner kein Vieh als Haustiere halten. Die 
Eskimos halten kein Vieh: sie leiden viel an Tuberkulose, Lupus 
gibt es dort nicht. Auch in Japan komm Lupus selten vor. Die 
Japaner halten nur Ochsen als Zugtiere, während sie keine Milch¬ 
wirtschaft haben. 

4. Endlich würde eine spezifische Therapie mit 
Tuberkulin gute Aufklärung geben. Wright hat dabei ausge¬ 
zeichnete Erfolge bei ulcfuröser und fungöser Hauttuberkulose gehabt, 
bei Lupus nicht. Die Erklärung liegt nach E. darin, daß humanes 
Tuberkulin angewandt wurde. Man muß bei Lupus bovinen Typus 
anwenden und Bandelier hat einen Fall von Lupus so geheilt. 

Jedenfalls spricht vieles für die Richtigkeit der Hypothese, doch 
ist eine eingehende Forschung zur Klarstellung durchaus notwendig. 

2. Das isolierte intertrigenöse Genitalekzem der Säuglinge ist 
harmlos und meistens leicht durch die bekannten Mittel (Trocken¬ 
halten, Ekzempasten und -Puder) zu heilen, aber schwer heilbar, 
wenn es Teilerscheinung eines universellen Ekzems ist. Um die er¬ 
krankten Stellen trocken zu halten und zu heilen, hat man sie mit 
ekzemheilenden Firnissen bedeckt; aber wasserunlösliche reizen, 
wasserlösliche lösen sich ab. Nach Unna hat sich nun ausgezeichnet 
folgender Leim bewährt: 

Zinc. oxydat. 50, 

Eucerini 25, 

Gelanthi 25 

(N. B. Gelanth ist eine Mischung von Traganth mit überhitzter 
Gelatine). 

Sofort nach dem Aufstreichen dieses kühlenden gelee-artigen 
Firnisses wird derselbe getrocknet und wasserunlöslich gemacht 
durch Aufpudern folgenden Pulvers: 

Acid. tannic 
Magn. carbon. aa 25. 

Hierbei brauchen die Kinder nicht öfter als sonst trocken gelegt 
zu werden. Beim Wechseln der Windeln bleibt der Firnis ein- bis 
zweimal intakt und muß bei Lösung erneuert werden. Dabei heilen 
die Ekzeme schnell ab. 

Verfasser empfiehlt das Verfahren auch zur Verhütung des 
Decubitus. 

Magen=, 

Darm= und Stoffwechselkrankheiten. 

Referent: Dr. H. Lohrisch, Chemnitz. 

1. Die diätetische Behandlung der Cholelithiasis. R u d. 
Kolisch, Wien, Karlsbad. Medizinische Klinik 1910, Nr. 14. 

2. Die Behandlung der chronischen Dickdarmkatarrhe mit heißen 
Gelatineeingießungen. Dr. L. v. Aldor, Karlsbad. Therapeuti¬ 
sche Monatshefte. April 1910. 

3. Ueber purgo-antiseptische Beeinflussung des Darminhaltes. 
Br. Dreuw. Medizinische Klinik 1910, Nr. 3. 

4. Beitrag zur Klinik und Therapie der chronischen Diarrhöe. 

Hugo Goldmann, Ödenburg. Deutsche Aerztezeitung 1910, 
Heft 8. 

5. Die Therapie des Kardiospasmus- Theodor Frankl. 
Prager medizinische Wochenschrift 1910, Nr. 16. 

6. Zur therapeutischen Bewertung der diabetischen Azidose in 
der Praxis. Von Privatdozent Dr. L. B 1 u m. Therapie der Gegen¬ 
wart. März 1910. 

1. Die Behandlung der Cholelithiasis soll keine cholagoge sein, 
sie soll auch nicht bezwecken, die Gallensteine durch den Darm zu 
entleeren. Dies geschieht nur in einem kleinen Teil der Fälle mit 
ganz kleinen Steinen unter sonst für den Abgang der Steine günstigen 
Verhältnissen. In weitaus den meisten Fällen verbleiben die Steine 
in der Gallenblase, und es ist nur die Aufgabe der inneren Therapie, 
die Krankheit in ein latentes Stadium zu brin¬ 
gen, Katarrhe, Entzündungen. Hydrops usw., die 
die Beschwerden der Gallensteinkoliken hervorrufen, zu heilen 
und da rn i t Ruhe im Gallensystem herzustellen 
resp. dauernd zu erhalten. Am meisten ist in dieser Be¬ 
ziehung mit der Diät zu erreichen. Die Diät muß einmal eine 
leberschonende sein. K. supponiert für viele Fälle von 
Cholelithiasis eine entweder angeborene konstitutionelle oder erwor¬ 
bene Schwäche der Leberfunktion, die dann nicht imstande ist, die 
ihr auf dem Wege der Blutbahn zuströmenden Toxine resp. Bakterien 
unschädlich zu machen. Die Diät muß fernerhin eine da r iri¬ 
sch o n e n d e sein und vor allen Dingen chronische Darmkatarrhe 


sorgtaltigst berücksichtigen. Was die Schonung der Leber betrifft, 
so kann reichlich Fett gegeben werden. Eiweißkörper sollen ein¬ 
geschränkt werden; es muß jede Ueberschwemmung der Leber mit 
Eiweißzerfallsprodukten vermieden werden. Das tägliche Eiwei߬ 
quantum soll in kleinen Portionen über den Tag verteilt werden. 
Streng zu vermeiden sind alle ptomainhaltigen Speisen, Würste, 
Pökelfleisch, altes Wild, ferner stark purinhaltige Körper und scharfe 
Gewürze. Zu bevorzugen sind frische und frisch zubereitete Fleisch¬ 
sorten, besonders mageres Fleisch von Fischen, Hühnern, Kälbern, 
Eier und Milch. Die Kohlehydrate sind reichlich in leicht verdaulicher 
Form zu geben. Bei der Diät der Cholelithiasiskranken sind vor allen 
Dingen auch starke plötzliche Abkühlungen zu ver¬ 
meiden. Es sind daher mindestens Va Jahr nach dem Anfall alle 
kalten Speisen und Getränke zu verbieten. Dagegen ist von warmem 
Kompott und heißen Getränken reichlich Gebrauch zu machen. 
Gleichzeitig sind durch 2—3 Monate täglich 2—3 Stunden nach der 
Hauptmahlzeit heiße Umschläge auf die Lebergegend zu 
machen. Darmstörungen werden sehr gut durch Irrigationen 
mit heißem Karlsbader Sprudel beeinflußt. Die 
Karlsbader Trinkkur wirkt in den meisten Fällen von 
Cholelithiasis wohl nur deshalb so günstig, weil sie Darmkatarrhe 
günstig beeinflußt. Während der Karlsbader Kur brauchen sich die 
Kranken durchaus nicht Bewegung zu machen, sondern können sehr 
viel ruhen. 

2. Verfasser empfiehlt zur Behandlung schwerer Dickdarm¬ 
katarrhe folgendes Verfahren: Der Kranke bekommt 1 Stunde vor 
der Gelatineeingießung ein Reinigungsklysma mit 1 /a Liter 25—28° C. 
Wasser, nach dessen womöglich vollständigem Abfluß der Kranke, 
'/a—- 3 /i Stunde ruhig liegend, das Aufhören der durch das Reinigungs¬ 
klystier verursachten Darmirritationen abwartet. Die Gelatineein¬ 
gießung wird in. linker Seitenlage gemacht, und zwar so, daß 
40—80 ccm 10 pCt. Gelatine in 500—800 ccm Karlsbader Sprudel 
von 45—52° C. gelöst in den Darm eingelassen werden. Der Kranke 
liegt danach während 2 Stunden mit einem heißen Leibumschlag 
auf dem Rücken und vermag dabei meistens ohne Schwierigkeiten 
die eingegossene Flüssigkeit vollständig zurückzuhalten. Das Darm¬ 
rohr ist bei Anwendung heißer Einläufe wenigstens 11—13 cm hoch 
hinauf zu führen, weil die Sphinktergegend gegen Wärme empfind¬ 
lich ist. Benutzt wird Mercksche 10 pCt. sterile Gelatine, aber 
auch selbst zubereitete Gelatinelösung. Der Verfasser empfiehlt 
dieses Verfahren ausschließlich bei hartnäckigem mit Diarrhöen ein¬ 
hergehenden schweren Fällen des chronischen Dickdarmkatarrhs und 
gibt 7 Krankengeschichten, aus denen der günstige Erfolg der 
Gelatinebehandlung hervorgeht. 

3. Verfasser empfiehlt das Aluminiumsubacetat, die 
pulverförmige schwerlösliche essigsaure Tonerde, zur Behandlung 
der Verstopfung und infektiöser Erkrankungen des Magendarm¬ 
kanals. Das Aluminiumsubacetat ist ein reizloses, ungiftiges und un¬ 
schädliches Mittel von antiseptischer desodorisierender und aus¬ 
trocknender Wirkung. Es soll imstande sein, ohne nennenswerte 
Schädigungen der Darmwände eine starke Sekretion des Magendarm¬ 
saftes und daran anschließend eine leichte und angenehme Entleerung, 
verbunden mit Desinfektion des Darminhaltes, hervorzurufen. Die 
antiseptische Wirkung wird bedingt dadurch, daß die Bakterien einer¬ 
seits infolge der eintretenden Darmsekretion aus den Nischen und 
Schlupfwinkeln herausgedrängt und weggeschwemmt werden, ander¬ 
seits durch die chemischen rein' antiseptischen Wirkungen, vielleicht 
unter Abspaltung von Essigsäure, abgetötet werden. Das Alumi¬ 
niumsubacetat enthält chemisch 10 pCt. Aluminiumsultat. wird jedoch 
auch durch ein besonderes Verfahren ohne Aluminiumsulfat als reines 
Aluminiumsubacetat hergestellt. Das sulfathaltige Präparat hat nicht 
nur eine größere antiseptische Wirkung, sondern auch eine größere 
Löslichkeit als das nichtsulfathaltige. Verabreicht werden 2—5 gr. 
pro Tag in Tabletten. 

4. Verfasser empfiehlt zur Behandlung chronischer Diarrhöen 
in diätetischer Hinsicht besonders den dreitägigen Kefir, der 
in Mengen von'1—3 Liter pro Tag gegeben werden kann. Von 
Medikamenten empfiehlt er besonders das I c h t h o f o r m. Dieses 
ist eine Kombination des Ammonium sulfoichthyolikum und des 
Formaldehyd. Es ist ein braunes, in Wasser unlösliches, fast ganz 
geschmackloses und ungiftiges Pulver. Es wirkt stark antibakteriell 
und desinfizierend. Im Darm bringt es Gärungsvorgänge zum 
Stillstand, tötet die Bakterien ab und verhindert derart einen die 
Peristaltik erhöhenden Reiz, der von-den Bakterien und den Toxinen 
ausgelöst wird. Erwachsene bekommen Ichthoform in Dosen von 
0 , 5 , 3_4 mal täglich in Oblaten. Jüngere Personen und Kinder be¬ 
kommen 0,25—0.3 gr. 2—3 mal täglich in Oblaten oder als Schiittel- 
mixtur. Auch Säuglingen kann die Schüttelmixtur in folgender Form 
verabreicht werden: 

Rp. Ichthoform 3,0 
Aqu. Menth, pip. 

Aqu. destill. aä 50,0—75,0 

S. Schüttelmixtur 
3—4 mal täglich 1 Kaffeelöffel. 

Das Ichthoform wirkt auch auf Magengärungen, Hypersekretion 
und Hyperazidität günstig. 

5. Verfasser empfiehlt zur Behandlung des Kardiospasmus die 
1908 von G e i s 1 e r angegebene Dilatationssonde. Die 


JNIVERSITY OF MICHIGAN UNIVERSITY OF MICHIGAN 



380 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 24 


Sonde besteht aus folgendem: 4 cm oberhalb des unteren Endes einer 
sehr dickwandigen Sonde wird eine 10 cm lange anliegende Gummi¬ 
hülse luftdicht an der Sonde befestigt. Auf diese folgt eine zweite 
Hülse von 14 cm Länge, die aus einem gestrickten seidenen und 
ziemlich engmaschigen Netz besteht. Auf diese an den Enden gut 
befestigte Hülse folgt eine dritte wieder aus Gummi, die möglichst 
fest anliegt und bezweckt, die Einführung der Sonde zu erleichtern, 
ln die innerste Gummihülse wird durch eine am Ende der Sonde 
gebrachte Doppelventilspritze Wasser eingepumpt. Die Sonde wird 
so eingeführt, daß der mit Gummi armierte Teil in die Kardia zu 
liegen kommt und dann aufgetrieben. Man kann damit eine aus¬ 
giebige Dehnung der Kardia erzielen. Schon nach wenigen Sitzungen 
tritt Besserung resp. Heilung ein. Die Dauer der einzelnen Dehnung 
beträgt etwa 10 Minuten. 

6. Die von Lüthje verlangte Behandlung der Diabetiker im 
Krankenhaus unter täglicher quantitativer Kontrolle der Azidose ist 
nicht immer durchführbar. Verfasser empfiehlt, zur Beurteilung 
des Grades der Azidosis die Mengen von Alkali zu bestimmen, die 
zur Erzeugung einer alkalischen Reaktion des Harnes nötig sind. Je 
größere Mengen Natrium bicarbonicum hierzu gegeben werden 
müssen, um so stärker ist die Azidose. 


Kinderheilkunde. 

Referent: Kinderarzt Dr. Eugen Neter, Mannheim. 

1. Die Behandlung des Keuchhustens und anderer Luftröhren¬ 
katarrhe durch die Bauchniassage. Von Dr. Hönck. Fortschritte 
der Medizin 1910, 7. 

2. Pathologie und Therapie der Pertussis. Von Dr. T o e p 1 i t z. 
Beiheft 3, 1910 zu Medizin. Klinik. 

3. Ueber Lymphdrüsenschwellungen im Inkubationsstadium der 
Masern. Von Dr. Foessner, München. Med. Wochenschr. 1910, 12. 

4. Zur Aetiologie der epidemischen Kinderlähmung, resp. Polio¬ 
myelitis und Tonsillitis epidemica. Von Dr. L 1 e b 1. Oesterreich. 
Aerztezeitg. 1910, 7. 

5. Durstfieber bei Säuglingen. Von Dr. Müller. Berl. Klin. 
Wochenschr. 1910, 673. 

1. H ö n c k geht von dem Zusammenhang aus, der durch Vagus und 
Sympathicus zwischen den Abdominalorganen und den Atmungs¬ 
organen besteht. In einer Reihe von Fällen konnte der Verfasser 
durch Bauchmassage einen Katarrh der oberen Luftwege zur raschen 
Heilung bringen. Diese Beobachtung verwandte Hönck bei der Be¬ 
handlung der Pertussis und ähnlicher Formen von Krampfhusten und 
erzielte in einer großen Zahl von Fällen sehr baldiges Nachlassen, 
resp. Verschwinden des Hustens. Die Angaben Höncks verdienen 
Nachprüfung. 

2. Toeplitz gibt in dem Beiheft eine kurze monographische 
Darstellung über Pertussis. Die Art und Weise, wie Verfasser an 
manchen Stellen über andere Autoren urteilt, berührt nicht sym¬ 
pathisch. (Neumann empfiehlt übrigens die Aethernarkose durch die 
Mutter (! nach T.) bei Pertussis nicht, wie man es aus dem Zitat von 
T. vermuten könnte: Neumann spricht von solcher Narkose nur bei 
durch Pertussis bedingten schweren Krämpfen.) Bei der Therapie 
empfiehlt T. das Chin. tann. 1,0/100,0 2stdl. lKffl.; wo das Chinin 
versagt. Bromoform oder Pyrenol. 

3. Foessner will im Inkutationsstadium der Masern leichte 
Schwellung bei verschiedenen Lymphdriisen beobachtet haben und 
fordert zur Nachprüfung auf. 

4. L i e b 1 faßt die Poliomyelitis als eine Auto- Intoxikation auf 
Grund kryptogenetischer Pyämie auf; ähnliche Erscheinungen will 
er auch bei der Tonsillitis epidemica beobachtet haben. 

5. Interessant ist Müllers Notiz vom Durstfieber bei Säug¬ 
lingen. Er fand bei zwei Säuglingen, daß Flüssigkeitsenthaltung 
und Temperatursteigerung (bis 39°) zeitlich zusammenfielen, ebenso 
wie Temperaturabfall und Zufuhr von Flüssigkeit (Tee). 


Mitteilungen über Arzneimittel. 


Referate. 

Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Zur Antitoxinbehaudiung des Tetanus. Von Dr. A. Heil¬ 
maier in Rottenbuch. Münch, med. Wochschr. 1910, Nr. 12. 

2. Ein Beitrag zur Bewertung von Medikamenten. Von Prof. 
Chodounsky, Prag. Wien. Klin. Wochschr. 1910, Nr. 14. 

3. Theolaktin. Von Dr. Linke, Therap. Neuigkeiten. 
April 1910. 

1. Verfasser berichtet über einen schweren Fall von Tetanus, 
den er durch wiederholte subkutane, zuletzt subdurale und lumbale 
Injektionen von Antitoxin zur Heilung brachte. Er hält es für be¬ 
sonders wichtig, daß nach universeller Ausbreitung des Tetanus 
lumbal-subdurale Einspritzungen vorgenommen werden. Die lokale 
Behandlung erfolgt nach den bekannten chirurgischen Grundsätzen. 
P, spricht sich gegen die oft kritiklose Anwendung von Heil¬ 



mitteln aus, die sich auch bei der Herstellung gewisser chemischer 
Präparate breit macht. Er belegt seine Behauptungen mit Aus¬ 
führungen, die drei Arbeiten aus seinem Laboratorium betreffen: 
1. Strychnin, das als Bittermittel und Tonikum der Magen- 
und Darmmuskulatur gebraucht wird. Wie Polak aber durch Ver¬ 
suche an Fröschen und Kaninchen nachweisen konnte, ist es nicht 
gelungen nachzuweisen, daß Strychnin irgendeinen Einfluß auf den 
Tonus und die Magen-Darm-Peristaltik ausübt. Dagegen ist zu er¬ 
wägen, ob es so völlig gleichgültig ist, bei den Magen-Darmleiden, 
die eine längere Behandlung erfordern, fortgesetzt Strychnin zu ver¬ 
ordnen — - selbst wenn es wahrscheinlich wäre, den betreffenden 
Muskeltonus günstig beeinflussen zu können. 

2. K a I o m e 1. Es sind Fälle genug bekannt, wo nach durchaus 
therapeutischen Dosen von Kalomel tödliche Vergiftungen eintraten. 
Bei diesen Fällen ergab die Sektion stets Quecksilbervergiftung. 
Noch viel häufiger sind die Fälle, wo die Kranken nach leichterer 
oder schwererer Intoxikation mit dem Leben davonkommen. R y b ä,k 
konnte nach therapeutischen Gaben bei Hunden und Kaninchen 
schwerste Blutungen im ganzen Darmkanal, in Leber und Nieren 
nachweisen. Das in Wasser kaum lösliche Kalomel wird demnach 
wahrscheinlich im alkalischen Darmsaft bei Gegenwart von Galle, 
Eiweiß und Fett durch Pepsin in saurer Lösung in resorbierbare Ver¬ 
bindungen umgewandelt. Diese Vorgänge kann der Arzt nicht be¬ 
herrschen und sie sind um so gefährlicher, je protrahierter die kleinen 
Dosen sind. Große Gaben vergiften schneller, falls ihre abführende 
Wirkung versagt. Daher dürfte bei dem Vorhandensein so vieler 
guter Abführmittel Kalomel als solches entbehrlich sein. Seine 
Antisepsis auf den Darmkanal (Typhus, Cholera, Dysenterie) ist 
höchst zweifelhaft. Als Cholagogum bei Leberkrankheiten ist es 
unbrauchbar, da es die Gallenabsonderung vermindert. Als Anti- 
syphilitikum ist es durch andere Mittel ersetzt. Als Diuretikum sollte 
es nur bei intakten Nieren, und wenn kein anderes Mittel imstande 
ist, den Hydrops zu beseitigen, angewendet werden. 

Magisterium B i s m u t i und basische Wismutsalze. Wis¬ 
mut wird als Magendarm-Antiseptikum und beim Magengeschwür 
zu Verhinderung weiterer Arrosion angewendet. Es soll als basisches 
Salz in Wasser unlöslich sein; seine Ungiftigkeit wird immmer wieder 
betont. Nach Bouceks Untersuchung wirken die basischen Wismut¬ 
salze bei Dyspepsien nur störend auf die Magenverdauung. Die 
antiseptische und adstringierende Wirkung kommt ihnen nur zu, 
wenn sie in lösliche Verbindungen gespalten werden. Dieser Prozeß 
ist therapeutisch unbeherrschbar: Es kann zu gar keiner Wirkung, 
es kann zu Aetzungen kommen. Eine ausreichende styptische 
Wirkung auf den Darm ist kaum denkbar und würde sogar gefährlich 
sein. 

3. Das Theolaktin (Theobromin-Natrium — Natrium Lac- 
ticum) der Firma Vereinigte Chininfabriken Zimmer & Co., 
Frankfurt a .M. (ein Präparat, dessen Wirkungen ich vor 
mehreren Jahren an einem großen Krankenmaterial während meiner 
Assistententätigkeit studiert habe. Ref.) wird neuerdings von L. 
als Diuretikum empfohlen. Wegen des schlechten Geschmackes 
muß es aber in Oblaten oder in Lösung zu gleichen Teilen mit Aq. 
menthae piperit. gegeben werden. Manchmal verdirbt es den 
Appetit; deshalb ist seine Anwendung per rectum angebracht. 


Varia. 

J. P 1 e s c h , Berlin. Zur Prophylaxe und Therapie der Pre߬ 
lufterkrankungen. Berliner klinische Wochenschrift 1910, Nr. 16. 

Die Caissonkrankheit tritt nur bei der Dekompression auf, und 
zwar dann, wenn bei zu schneller Dekompression der physikalisch ab¬ 
sorbierte Stickstoff unter dem geringeren Druck sich nicht mehr in 
gelöstem Zustande in der Körperfliissigkeit befindet, sondern frei wird 
und ein Volumen einnimmt, das zur Druckdifferenz im umgekehrten 
Verhältnis steht. So geschieht es, daß der frei gewordene Stickstoff 
teilweise dadurch, daß er als freie zirkulierende Blase die Gefäße ver¬ 
stopft, teilweise dadurch, daß er durch seine Expansion Gewebe zer¬ 
reißt, die Zirkulation und Blutversorgung hindert. Da die Ent- 
schleusung eine zeit- und geldraubende Arbeit ist, müssen alle Mittel 
angewandt werden, die eine rasche und vollkommene Entgasung 
fördern. Vor allem ist es aber auch Aufgabe der Prophylaxe, daß 
auf die normale Zirkulation der beschäftigten Arbeiter geachtet wird. 
Besonders 6 Gruppen von Kranken müssen von der Preßluftarbeit 
ausgeschlossen werden, die sich sonst zu anderen Arbeiten eignen 
würden: 1. Fettleibige; 2. Menschen mit Herzfehler oder vasomo¬ 
torischer Schwäche (Neurasthenie, Hysterie); 3. Chlorotische, primär 
und secundär Anämische; 4. Patienten mit Erkrankungen des Zentral¬ 
nervensystems; 5. Oedematöse Individuen, sowie auch Nephritiker 
ohne Oedeme; 6. Ohrenkranke, bei denen die Durchgängigkeit der 
Tuba pustachii geschädigt ist, weil dann ein Druckausgleich zwischen 
der Außenluft und dem Mittelohrraum nicht erfolgen kann. — Bei 
eingetretener Erkrankung ist das einzige wirksame Mittel-die Re- 
kompression. Diese geschieht mittels der Sanitätsschleusen, welche 
den Erkrankten sofort nach Auftreten der Krankheitserscheinungen 
unter denselben Druck setzen, bei welchem er gearbeitet hat, resp. 
bei welchem Druck sich sein Körper mit Stickstoff gesättigt hat. 

v. Rutkowski, Berlin, 





Nr. 24 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


381 


Technische Neuerscheinungen. 

Wand-Spucknäpfe. 

nach Professor Dr. W. Silberschmidt in Zürich. 

Es bestand die Aufgabe, einen neuen Spucknapf 
zu schaffen, der besonders gut sich eignet für solche 
Lokale, wo viele Menschen verkehren oder beisammen 
sind, wie Schulen, Postbureaus, Bahnhöfe, Fabriken, 
Werkstätten, Wirtschaften, Hotels, Bureaus, usw. usw. 

Ein solcher Spucknapf hat weitgehenden An¬ 
sprüchen zu genügen, da er für die Personen aller 
Stände, Gebildete und Ungebildete, an Sauberkeit Ge¬ 
wöhnte und Unachtsame dienen und für alle gleich 
leicht zugänglich sein soll. Sein Aussehen soll nie¬ 
manden verletzen und seine Benutzung niemanden ab¬ 
stoßen oder gar Ekel erregen. Eine äußerliche Be¬ 
schmutzung des Gefäßes selbst oder seiner Umgebung 
soll nicht stattfinden können. 

Diese Anforderungen können nur durch einen 
Wand-Spucknapf erfüllt werden, der in passender Höhe 
(70—80 cm vom Boden) und richtiger Entfernung von 
der Wand angebracht und dadurch dem Munde mög¬ 
lichst nahe gerückt wird. 

Boden-Spucknäpfe mit Trichter, wie sie bisher 
hauptsächlich verwendet wurden, werden allzuleicht 
beschmutzt, müssen es sogar bei der Mehrzahl werden. 
Das ist von großem Nachteil. Es ist kaum möglich, in 
die kleine Oeffnung zu spucken und eine Beschmutzung 
der Umgebung — Wand und Fußboden — ist nicht zu 
vermeiden. Die Reinigung selbst bietet eine weitere 
größere Gefahr. Es ist daher begreiflich, daß niemand 
sich zu dieser ebenso ekelhaften wie gefährlichen Arbeit 
hergeben will. — 

Der Silberschmidtsche Wand-Spucknapf umgeht 
alle diese Uebelstände und erfüllt einwandfrei alle 
obigen Anforderungen an einen idealen Spucknapf. 

Das Gefäß ist so groß, daß es ausgeschlossen ist, 
daß das Sputum nicht sicher in den Topf gelangt, die 
Handhabung ist einfach; der Handgriff ist derart nach 
hinten verlegt und über einen an der Wand befestigten, 
glatten, kleinen Dorn gestülpt, daß eine Beschmutzung 
beider Teile beim Spucken unmöglich wird. 

Dieser Handgriff hat auch noch den Vorteil be¬ 
quemer Handhabung und des leichten Transportes 
mehrerer Spucknäpfe miteinander. 

Es ist daher keine unangenehme Aufgabe, das 
Gefäß vom Dorn abzuheben, den Inhalt auszuleeren 
und durch Spülung das Gefäß zu reinigen. Eine An¬ 
steckungsgefahr ist dabei durchaus ausgeschlossen. 

Da das Gefäß eine gefällige Form besitzt und sein 
Inhalt von außen unsichtbar ist, so begegnet die An¬ 
bringung desselben in allen Lokalen keinem Wider¬ 
willen. 

In dasselbe wird etwa 5 cm hoch eine desinfizie¬ 
rende Lösung gegeben, die die Tuberkelbazillen sicher 
abtötet. 

Nach den Versuchen von Herrn Dr. Geilinger 
eignet sich dazu vorzüglich eine 5 prozentige Karbol¬ 
säurelösung, die eine gewisse Entfärbung des Sputums 
bedingt, wodurch dasselbe dann nicht so unappetitlich 
aussieht. 

An denjenigen Orten, wo der Geruch der Karbol¬ 
säure zu auffallend und widerwärtig ist, empfiehlt es 
sich, Hausmanns Servol für Spucknäpfe in 5 prozentiger 
Lösung zu verwenden. Servol ist eine starke und 
wirksame Formalin-Seifenlösung, die mit Wasser ver¬ 
mischt, eine milchweiße, angenehm riechende und 
sauber aussehende Lösung gibt, die das Sputum ein- 
hüllt und dasselbe unsichtbar oder wenigstens unkennt¬ 


lich macht. Diese Lösung hält sich auch bei längerem 
Stehen gleichmäßig milchig. Es ist daher auch beim 
Gebrauch kein Widerwille oder Ekel zu befürchten. 

Beide Lösungen genügen, um die Tuberkelbazillen 
im Sputum in ca. 12 Stunden abzutöten. Wird also 
morgens in der Frühe das Gefäß entleert, so kann mit 
Sicherheit die Zerstörung aller giftigen Keime ange¬ 
nommen werden. 

Der Silberschmidtsche Spucknapf besteht aus zwei 
Teilen: einem einfachen glatten, weiß emaillierten Topf 
mit abgebogenem Handgriff und einen einfachen glatten 
Dorn, der an der Wand befestigt wird. Der Boden des 
Topfes ist zwecks guter Reinigung schön abgerundet. 
Der hohle Handgriff dient zum Aufstecken und Be¬ 
festigen des Topfes an dem Dorne. 

Dieser einfache Spucknapf kann für sich allein ver¬ 
wendet werden und ist sein Preis der billigste. 

Vorzuziehen sind die Spucknäpfe mit Deckel, wie 
wir sie in 2 Modifikationen erstellen. Der Abschluß ist 
nicht allein dazu da, um den Inhalt zu verbergen, 
sondern auch um die Fliegen, die die Tuberkelbazillen 
verschleppen, vom Inhalte des Topfes fernzuhalten. 

Des Preises wegen sind 2 verschiedene Deckel 
konstruiert, ein einfacher, abhebbarer, weiß "emaillierter 


HAUSMANN A-£ 


Fig. 1. Fig. 2. 

Deckel (wie Fig. 1 zeigt) und ein seitlich abscliiebbarer, 
von selbst schließender, vernickelter Deckel (siehe 
Fig. 2, 3 und 4). 

Während der erstere seines billigen Preises wegen 
für die Allgemeinheit dienen soll, ist der zweite für die 
Verwendung in besseren Lokalen berechnet. Der 
Deckel sowohl wie deren Träger sind Hochglanz poliert 
und vernickelt und sieht daher der ganze Apparat sehr 
schön aus. 

Fig. 2 zeigt einen Silberschmidtschen Spucknapf 
mit automatisch schließendem Deckel, von der Seite 


Fig. 3. . 

aus aufgenommen, in geschlossenem Zustande. Fig. 3 
einen vollständig geöffneten und Fig. 4 einen in seine 
drei Teile zerlegten, um zu zeigen, wie leicht derselbe 
auseinander genommen und wieder zusammengefügt 
und wie gründlich jedes einzelne Stück gereinigt und 
eventuell ausgekocht werden kann. Für Hotels, 






382 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 24 




Bureaus und Warteräume, in besseren Häusern und 
Geschäften, sowie für schöne Wohnräume ist dieser 
Spucknapf unentbehrlich. — Die Leichtigkeit, mit der 
der glänzend saubere Deckel an seinem kleinen Vor¬ 
sprunge auf die Seite geschoben werden kann, sowie 



die Unsichtbarkeit des Sputums bei richtiger Bedienung 
werden auch die empfindsamsten Personen veranlassen, 
sich gerne dieses Modelles zu bedienen, ohne dabei 
irgendwelches unangenehme Gefühl zu haben. 

Hausmann A.-G., 

Schweiz. Medizinal- und Sanitätsgeschäft. St. Gallen. 
Preise: 

Emaillierter Spucknapf ohne Deckel Fr. 3,70, mit 
emailliertem Deckel Fr. 4,—mit automatisch schließen¬ 
dem vernickelten Deckel Fr. 10,25. Rosen. 


Jodbläser zur 



Hautdesinfektion und Wundbehandlung mit Joddampf 
nach Dr. Jungengel. 

Die Applikation von Jodtinktur auf Wundflächen 
hat die unangenehme Nebenwirkung des Alkohols, 
welcher die Gewebe koaguliert. Auch neigt Jodtinktur 
zur Zersetzung. Es bildet sich dabei Jodwasserstoff¬ 
säure, ein heftiges Aetzmittel. Sogar von verhältnis¬ 
mäßig frischer Jodtinktur können, schlimme Ekzeme 
entstehen. Diese Nebenerscheinungen bei Verwen¬ 
dung der Jodtinktur sind aber nicht eine Wirkung des 
Jodes an sich, sondern seiner Lösungsmittel, ganz be¬ 
sonders aber seiner Zersetzung in denselben. Ein so 











different wirkendes Mittel, wie Jod sollte nicht in starker 
Konzentration, sondern nur in feinst verteiltem Zustande 
verwendet werden. Dieser Bedingung entspricht der 
durch hohe Hitzegrade erzeugte Joddampf. Durch An¬ 
wendung desselben wird es ermöglicht, den Mundflächen 
Jod ohne die Nebenwirkung eines Lösungsmittels 
direkt zuzuführen, und auf der äußeren Haut bei gleich- 


. 

DF MICHIGAN 


zeitigem Aufträgen eines Lösungsmittels Lösungen in 
statu nascendi, also sicher vor jeder Zersetzung, und 
besonders wirksam entstehen zu lassen. 

Das Instrument, Fig. 1, welches zur Erzeugung 
und Auftragung des Joddampfes gehört, wird von der 
Firma Reiniger, Gebbert & Schall A.-G. Berlin-Er¬ 
langen gefertigt. Es besteht aus einer Glaskammer, 
welche mittels einer metallnen Zwinge an einem Hand¬ 
griff befestigt ist. Im Zentrum des Griffes befindet sich 
ein mit einem Gummigebläse verbundenes luftzuführen¬ 
des Rohr.- Ferner ist noch im Griff die Stromzuleitung 
zu. der am Ende desselben befindlichen Platinspirale 
untergebracht. Die Glaskammer hat eine konische 
Bohrung, in der das Jod eingebracht wird und welche 
mit einem gut eingepaßten Stöpsel verschließbar ist. 
Wird mit dem Gebläse ein Luftstrom erzeugt, so nimmt 
derselbe seinen Weg an dem spiralig aufgewickelten 
Platindraht vorbei, wird stark erhitzt und tritt durch 
eine kleine Bohrung in den das Jod enthaltenden Raum 
ein, wodurch dasselbe verdampft. Der Joddampf wird 
dann durch ein feines Platinsieb getrieben und tritt an 
der Spitze des Instrumentes ins Freie aus. Zur 
Jodierung von Hohlräumen, Fisteln und dergl. können 
verschiedene Sondenkanülen, die auf der Spitze des 
Instrumentes aufzustecken sind, verwendet werden. 

Den Anforderungen, welche an einen Apparat zur 
therapeutischen Verwendung von Joddampf zur Wund¬ 
behandlung gestellt werden, entspricht der angegebene 
Apparat vollständig. Die mit Joddampf behandelten 
akzidentellen Wunden zeigen schon am nächsten Tage, 
während die Gelbfärbung der Epidermis allmählich ver¬ 
fliegt, frische rosige Farbe der umliegenden Haut, die 
tagelang anhält. Dabei erfolgt weder Sekretion noch 
Retention. Nach wenigen Tagen ist die Heilung voll¬ 
endet. Die Narben verschwanden später immer mehr. 
Außerordentlich wertvoll erweist 'sich' dre~ Jodbehand¬ 
lung bei großen Wundhöhlen, nach Operationen, nach 
Inzisionen großer Abszesse, ausgedehnter Phlegmonen, 
bei Fisteln und Knochenhöhlen. 

Rosen. 


Bücherbesprechungen. 


E. P i ü 1 f. Die Panik im Kriege. München 1909. Gmelin. 
Preis M. 1,20. 

An der Hand zahlreicher Beispiele aus der Kriegsgeschichte 
schildert der Verfasser das Phänomen der Panik, das für den Arzt 
und Offizier ein gleich großes Interesse hat. Es sind manchmal 
ganz geringfügige, nichtige Dinge, die den Anstoß zu der so gefürch¬ 
teten und oft so verhängnisvollen Erscheinung geben. Nicht bloß bei 
der geschlagenen Truppe, nein sogar bei einem Heere, das vor 
kurzem noch siegreich war, wird sie beobachtet. Die mancherlei Ur¬ 
sachen für die Panik werden beleuchtet, es wird aber auch gezeigt, 
wie ihr zu begegnen, sie überhaupt zu verhüten ist. Straffe Disziplin, 
Hebung der Volksgesundheit, Erziehung eines in jeder Hinsicht ge¬ 
sunden, nervenstarken Geschlechtes sind die Hauptmittel. Das Buch 
verdient weitgehendes Interesse. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

H. J a e g e r. Die Bakteriologie des täglichen Lebens, in acht¬ 
zehn gemeinverständlichen Vorträgen. Hamburg 1909. L. Voß. 
Preis M. 8,00. 

Während seiner Tätigkeit in Königsberg und später in Stra߬ 
burg hielt der Verfasser für Zuhörer aller Fakultäten, wiederholt auch 
in Volkshochschulen Vorlesungen über die Bakterien und was zu 
ihnen gehört. Es gibt nur wenige Gebiete, denen das große Publikum 
so viel Interesse, aber auch so viel unklare Auffassungen entgegen¬ 
bringt. Darum muß man es dem Verfasser aufrichtig danken, wenn 
er seine Vorträge, die doch immerhin nur einer beschränkten Zu¬ 
hörerschaft zugänglich waren, jetzt durch Drucklegung der Allge¬ 
meinheit überreicht. Die Vorträge machen uns mit allen Fragen 
aus der Bakterienkunde bekannt. Wir erfahren von der großen 
Bedeutung dieser winzigen Gebilde fiir den Haushalt der Natur, aber 
auch von ihrer Gefährlichkeit und den Kampfmitteln gegen sie. Die 
verschiedenen Formen mit ihren besonderen Lebenseigenttimlich- 




UNIVERSITY OF MICHIGAN 







Ni*. 24 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


383 


keiten marschieren vor uns auf. Den Methoden des Nachweises und 
der Züchtung, der Erkennung ist eine ausführliche Behandlung zu 
Teil geworden. Krankheitsübertragung, Absterben der Baktetfen, 
der Einfluß von Licht und Giften auf sie waren weiter beantwortens- 
werte Fragen. Sehr eingehend wird der Tuberkulose, ihres Wesens 
und ihrer Bekämpfung gedacht, ebenso auch des wichtigen Um¬ 
standes, den gute Wasseranlagen bei der Bekämpfung von Volks¬ 
seuchen spielen. Das Buch bietet eine Fülle von Anregungen und 
eine Fülle des Interessanten. Es ist in hervorragender Weise zur 
Aufnahme in Volks- und Schulbibliotheken geeignet, umsomehr als 
sein Anschaffungspreis ein sehr niedriger und ihm zahlreiche er¬ 
läuternde Abbildungen beigegeben sind. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

G. N o r s t r ö in. Der chronische Kopfschmerz und seine Be¬ 
handlung durch Massage. 2. Aufl. Leipzig 1910. G. Thieme. Preis 
Mk. 1,80. 

Nach Verfassers Ansicht und Untersuchungen gibt es einen 
Kopfschmerz entzündlichen und muskulären Ursprungs. Es können 
auch bei ihm Erscheinungen auftreten, die denen bei Migräne 
gleichen, daher hat auch eine scharfe klinische Scheidung der beiden 
so ähnlichen Krankheitszustände ihre großen Schwierigkeiten. Der 
Autor geht der Schwierigkeit aus dem Weg, indem er sich der Be¬ 
zeichnung Kopfschmerz bedient. Ursachen der Krankheit sind die¬ 
selben, die rheumatische Aifektionen hervorrufen, wie Zugluft, feuchte 
Jahreszeit, Witterungswechsel. Auslösend für den Anfall können 
sein: nahende kalte oder feuchte Witterung, starke Körperbewegung, 
physische und psychische Ermüdung, Ueberanstrengungen u. a. m. 
Die Untersuchung ergibt entzündliche Knoten in den verschiedensten 
am Kopf inserierenden Muskeln. Massage kann sie und damit auch 
den Kopfschmerz beseitigen. Verfasser illustriert die Richtigkeit 
seiner Lehre durch eine Reihe von Beispielen, in denen durch ver¬ 
schieden große Zeiträume schwere Anfälle von Kopfschmerz auf¬ 
getreten waren. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

H. Neuman n, CI. B i r n b a u m , E. Michaelis, E. u. 
L. Ober w a r t h. Aus der Berliner Säuglingsfürsorge. (Ergeb¬ 
nisse der Säuglingsfürsorge Heft 5) mit Anhang: Thiersch. 
Die ärztliche Schweigepflicht bei Syphilis. Wien 1910. Deuticke. 
Preis M. 3,50. 

Das vorliegende Heft umfaßt eine größere Anzahl von Einzel¬ 
arbeiten über die verschiedensten Gebiete. So wurden berück¬ 
sichtigt: die natürliche Ernährung in Berlin, Schwangere und Wöch¬ 
nerin im Entwurf einer Reichsversicherungsordnung, die Hauspflege 
und ihre Bedeutung für Wöchnerin und Säugling, über den Wert von 
Merkblättern in der Säuglingsfürsorge,,Unterricht in Säuglingspflege, 
Unterstützung der stillenden Mütter und ihr Erfolg, die unehelichen 
Kinder in der Säuglingsfürsorgestelle, Familienpflege für obdachlose 
Wöchnerinnen und ihre Kinder, verbesserte Säuglingsfürsorge in 
Heim- und Außenpflege, Kritik der Fürsorge für die unehelichen 
Säuglinge in Berlin. Aus den mit einem reichen Zahlenmaterial 
belegten Arbeiten geht hervor, daß das Stillen in Berlin einen recht 
niedrigen Stand hat. Schwangere und Wöchnerinnen werden 
durch die bisherigen Fürsorgegesetze nur mangelhaft bedacht. 
Hauspflege erfahren ständig mehr Wöchnerinnen, die Organisation 
derselben, ihre Ausdehnung und. Erfolge und die Lage der Pfleg¬ 
linge werden aufgefiihrt. Merkblätter über Säuglingsfürsorge wirken 
gutes, ebenso der Unterricht in Säuglingspflege; gleiches läßt sich 
auch von der Gewährung der Stillprämien erwarten. Traurig ist 
immer noch das Los der unehelich geborenen Kinder. Die zur 
Besserung desselben gemachten Vorschläge kann man nur gut¬ 
heißen. Die in der Anhangsarbeit aufgeworfenen Fragen über die 
ärztliche Schweigepflicht bei der Syphilis werden dahin beantwortet, 
daß die Schweigepflicht erlischt, wenn für dritte Personen die Gefahr 
der Uebertragung der Krankheit besteht, so von Amme auf Kind 
und umgekehrt, von einem Ehegatten auf den andern, vom Stief¬ 
kind auf Stiefvater oder -Mutter und von Pflegefrau auf das Pflege¬ 
kind und umgekehrt. Die Arbeit schildert genauer, welche beson¬ 
deren Verhältnisse noch möglich sind und wie der Arzt mit Takt 
Vorgehen soll, um Konflikte zu verhüten. Die vorgenannten Arbeiten 
sind wert, das Interesse größerer auch Laienkreise wachzurufen. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

A. ,C o r n e 1 i u s, Die Nervenpunktlehre. Eine neue Erklärung 
der nervösen Leiden und ein Mittel, ihnen erfolgreich entgegenzu¬ 
treten. 1. Band. Mit einem Anhang: Die Nervenmassage. Leipzig 
1909. G. T h i e m e. Preis M. 3,60. 

Die Nervenpunktlehre ist für einen sehr großen Teil der Aerzte- 
schaft immer noch eine terra incognita, wenngleich der Verfasser 
sich über dieselbe schon mehrfach in Arbeiten ausgelassen hat. Eine 
das ganze Gebiet umfassende Arbeit — fortgelassen sind theore¬ 
tische und historische Betrachtungen sowie eine Zusammenstellung 
von Krankheitsfällen, die einen zweiten Band bilden sollen — bietet 
die vorliegende. Sie kann als Belehrung im großen bezeichnet 
werden. Es wird auseinandergesetzt, was man unter Nerven¬ 
punkten versteht, wie sie die vielgestaltigen nervösen Beschwerden 
erklären. Sie sind als Narben vorausgegangener Erkrankungen an¬ 


zusehen. Die Beseitigung darf um so früher erwartet werden, je 
eher man mit der Behandlung beginnt. Die Feststellung der Nerven¬ 
punkte besorgt der tastende Finger: Der Kranke fühlt einen typischen 
Schmerz, der Arzt eine ausgesprochene Muskelspannung bezw. 
Zuckung. Die Nervenmassage ist eine rein mechanische Reizung 
aller Nervenpunkte, die methodisch durchgeführt, schließlich zur Be¬ 
seitigung der letzteren und so zur Heilung führt. Sie setzt eine ge¬ 
naue Kenntnis des Organismus voraus, ferner praktische ärztliche 
Erfahrung, ihre Ausübung darf daher nur dem Arzte überlassen 
werden. Ausführlich wird in dem Buch auf das Zusammenarbeiten 
von ihr mit den älteren physikalischen Behandlungsmethoden ein¬ 
gegangen. Die Massage erreicht um so schneller einen Erfolg, 
wenn man den Kranken aus den ihn umgebenden, für ihn ungünstigen 
Verhältnissen entfernen kann. Sie darf nur ausgeführt werden, wenn 
die vorhandenen Nervenpunkte frei von akuten, entzündlichen Vor¬ 
gängen sind. Diejenigen Krankheitszustände, in denen man bei der 
Behandlung mit Mißerfolgen rechnen muß, werden aufgeführt. Im 
Anhang findet sich eine für die Patienten bestimmte allgemein ver¬ 
ständliche Darstellung der Nervenmassage. Ich empfehle das Buch 
angelegentlichst dem Studium der Kollegen. Es wäre hocherfreu- 
iich, wenn recht viele das neue Verfahren prüften und zum Wohle 
der vielen armen Nervösen verwenden könnten. 

Geißler, Neu-Ruppin. 


Allgemeines. 


Die Tuberkulose-Aerzteversainrnlung, welche das Deutsche 

Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose alljährlich veran¬ 
staltet, tagt in diesem Jahr am 6. und 7. Juni in Karlsruhe. Auf der 
Tagesordnung stehen folgende Themata: 

1. Kurzer Bericht über die Tuberkulose und ihre Bekämpfung im 
Großherzogtum Baden, 2. die Bedeutung der v. Pirquetschen 
Reaktion im Kindesalter, 3. die ambulante Nachbehandlung mit 
Tuberkulin nach der Heilstättenbehandlung, 4. Beschäftigung und 
Atemübung in Lungenheilstätten, 5. Ehe und Tuberkulose, 6. Tuber¬ 
kulose und Schwangerschaft, 7. die physikalische Untersuchung bei 
Einleitung und Beendigung des Heilverfahrens. 

An die Versammlung schließt sich ein Besuch von Baden-Baden 
und die Besichtigung der badischen Lungenheilstätten Friedrichsheim 
und Luisenheim (Badenweiler), des Friedrich-Hiiaa-Genesungsheim 
(Obenveiler) und des Sanatoriums Ebersteinburg an. 

Aerzte, welche deu Versammlung beiwohnen wollen, erhalten 
Einladungen in der Geschäftsstelle des Zentralkomitees, Berlin W., 
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Telephon: Amt VI, 17271. Telephon: Amt VI, 3020. 


IV. Jahrgang. Berlin, 19. Juni 1910. Nr. 25. 


Die Therapeutische Rundschau- erscheint jeden Sonntag und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 30 Pf. Zu beziehen durch den 
Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalschluß abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Beilagen per 1000 15,— M. Reklamezeile 1,50 M. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 
Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhalt: 


Originalien: 


Virchow-Berlin: Ueber Konservierungsmittel .... 385 

Referate: 

Greven-Aachen: Augenheilkunde.389 

Silbermann-Bad Kudowa: Herzleiden.390 

Lehr-Stuttgart: Orthopädie.390 

Peltzer-Steglitz: Militär-Sanitätswesen.391 

Geißler-Neu-Ruppin: Pathologische Anatomie . . . 391 

Geißler-Neu-Ruppin: Krankenpflege.392 


ORIGINALIEN. 

Ueber Konservierungsmittel. 

Von Dr. C. Virchow, Berlin. 

Eine Aufklärung über das Wesen, die Notwendig¬ 
keit resp. Zulässigkeit der Konservierungsmittel ist von 
hervorragender Bedeutung sowohl an und für sich, als 
aucli deswegen, weil sie seit einer Reihe von Jahren in 
durchaus unsachlicher Weise, nämlich aus rein schutz- 
zöllnerischen und chauvinistischen Motiven, und zwar 
von seiten der amerikanischen, französischen und deut¬ 
schen Regierung bekämpft werden. Man hat zu unter¬ 
scheiden zwischen älteren und neueren Konservierungs¬ 
mitteln. Die Gegnerschaft richtet sicli ausschließlich 
gegen die neueren, größtenteils durch die chemische 
Industrie geschaffenen Konservierungsmittel. 

Auch in den Sitzungen des Reichstages am 3. und 
4. März d. J. verhielt sich bei der Diskussion über die 
Konservierungsmittel der Präsident des Kaiserlichen 
Gesundheitsamtes durchaus ablehnend den neueren 
Konservierungsmitteln gegenüber. 

Die deutsch-agrarische Agitation hat seinerzeit be¬ 
sonders der Borsäure, die vornehmlich zur Kon¬ 
servierung amerikanischer Fleischwaren benutzt wurde, 
den Krieg erklärt und ohne berechtigten Grund durch¬ 
gesetzt, daß das vorzügliche und allgemein beliebte 
Büchsenfleisch (Corned beaf) vom deutschen Markt ver¬ 
schwand, wofür die deutsche Industrie trotz heißen Be¬ 
mühens einen Ersatz bisher nicht zu schaffen ver¬ 
mochte; vom Preise ganz abgesehen, der so hoch ist, 
daß diese Präparate als Volksnahrungsmittel nicht mehr 
in Frage kommen. 

Die Salizylsäure wurde vornehmlich von 
seiten Frankreichs aus chauvinistischen Gründen be¬ 
kämpft; die Agitation richtete sich vornehmlich gegen 
Deutschland. Die Salizylsäure war nämlich von dem 
bekannten deutschen Chemiker Kolbe auf chemischem 
Wege (synthetisch) hergestellt worden. 

Aeltere Konservierungsmittel sind folgende; Salz 
und Rauch; Salpeter und Borax unzweifelhaft 


G rum ach-Berlin: Hautkrankheiten.393 

Krüger-Magdeburg: Mitteilungen über Arzneimittel . 394 

Geißler - Neu-Ruppin, Pinczower- Berlin-Tempelhof 
Varia.395 

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Rosenfeld: Ein neues Instrument zur automatischen 
Perkussion, verbunden mit einem Phonendoskop . . 397 

Bücherbesprechungen: . . .397 

Allgemeines: .398 


auch in Ländern mit bedeutenden Lagerstätten dieser 
Mineralien (Südamerika und Rußland); auch Luft und 
Sonnenwärme ist hierher zu rechnen, insofern sie 
zum Trocknen gewisser Nahrungsmittel dienen, so wird 
in Amerika und in anderen Ländern seit altersher 
Fleisch getrocknet, um es zu konservieren. S e ii w e f - 
1 i g e Säure (erzeugt durch Verbrennen von Schwe¬ 
fel) in Ländern mit reicher Schwcfclausschcidung 
(z. B. Sizilien). Das Schwefeln wird beispiels¬ 
weise schon von Homer erwähnt. Später kamen 
hinzu die G e w ii rze und harzigen Sub¬ 
stanzen für die Kulturvölker. Die Urvölker (die so¬ 
genannten „Wilden“) in den tropischen Ländern sind 
für letztere die eigentlichen Pfadfinder und haben sie, 
wie auch zahlreiche Medizinaldrogen, wohl schon viele 
Jahrhunderte vor den sogenannten Kulturvölkern, die 
sie von ihnen erst erhielten, gekannt und benutzt. 

Die neueren Konservierungsmittel, die wir haupt¬ 
sächlich der Chemie und der durch dieselbe befruch¬ 
teten Industrie verdanken, sind: 

Alkohol, Zucker (Rohr-, Trauben-, Stärkezucker, 
letzterer auch Kapillärsirup genannt), Essigsäure, 
Ameisensäure, Salizylsäure, Benzoesäure, Borsäure, 
Alaun, Fluorwasserstoffsäure, Holzessig, Kreosot. 
Formaldehyd, Phenylalkohol, Guajakol, Naphthol. 
Wasserstoffsuperoxyd, Einhüllungsstoffe (gereinigter 
Leim, auch Gelatine genannt, Paraffin, Fett, Oel) und 
eine große Anzahl anderer Stoffe, deren fortwährend 
neue auftauchen. 

Viele, oft ohne jedes Sachverständnis hergestellte, 
Mischungen verschiedener Stoffe werden von der In¬ 
dustrie angepriesen. 

Um zu einer gerechten Würdigung der Konser¬ 
vierungsmittel zu gelangen, muß man zunächst zweierlei 
feststellen: 

1. Wie wirken sie und was bezwecken sie? 

2. Verdienen die Stoffe an sich die Angriffe, die 
gegen sie gerichtet sind? 

Auf die erste Frage ist zu antworten, daß die Kon¬ 
servierungsmittel das Verderben der Nahrungsmittel 
verhindern oder wenigstens möglichst lange aufhalten 



























386 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 25 


sollen. Die Konservierungsmittel wirken in ähnlicher 
oder gleicher Weise, wie die Desinfektionsmittel, d. h. 
der Hauptsache nach antibakteriell; einige Konser¬ 
vierungsmittel sind gleichzeitig auch Desinfektions¬ 
mittel, nur mit dem Unterschiede, daß von letzteren we¬ 
sentlich größere Mengen verwendet werden müssen, 
um die gewünschte Wirkung zu erzielen (z. B. Holz¬ 
essig, Kreosot, Formaldehyd, Wasserstoffsuperoxyd). 
Ueber das Wesen der Wirkung, d. h. den Zusammen¬ 
hang zwischen Wirkung und Konstitution, ist noch 
wenig bekannt. 

Die meisten Desinfektionsmittel sind als Konser¬ 
vierungsmittel nicht anwendbar wegen ihrer großen 
Giftigkeit (vom unangenehmen, widerlichen Geschmack 
ganz abgesehen); erwähnt seien Karbolsäure, Lysol, 
Chlorkalk, Sublimat. 

Es muß nun darauf aufmerksam gemacht werden, 
daß die Haltbarkeit der verschiedenen Nahrungsmittel 
eine verschieden große ist. In den Urzeiten allerdings 
hat es sich zweifellos für die Völker der gemäßigten und 
kalten Klimate nur um Fleisch, also ein dem Verderben 
sehr ausgesetztes Nahrungsmittel gehandelt. Die Kul¬ 
tur hat aber allmählich eine große Fülle von Nahrungs¬ 
mitteln geschaffen, von denen viele verhältnismäßig 
wenig dem Verderben ausgesetzt sind, so die Fette und 
alle trockenen, besonders dem Pflanzenreich entstam¬ 
menden Nahrungsmittel. Aus diesen bilden sich, bevor 
sie nicht weiter, z. B. durch Kochen, zubereitet und ver¬ 
ändert worden sind, selten schädliche Stoffe. Alle aus 
dem Tierreich stammenden Nahrungsmittel dagegen 
liefern beim Verderben mehr oder weniger schädliche, 
ja oft tödlich wirkende Stoffe, obenan stehen Hacke¬ 
fleisch, Fische, Austern, Muscheln, Krebse, Wurst (be¬ 
sonders ungeräuchert, außerdem mit Mehl- oder Wei߬ 
brotzusatz), Sülze, Mayonnaisen, dann folgen Fleisch der 
Haustiere und des Wildes, gewisse Käsesorten, Milch. 

Die Konservierungsmittel haben erst eine wirkliche 
Bedeutung gewonnen, seitdem es eine Nahrungsmittel¬ 
industrie gibt, und diese wieder hatte zur Voraussetzung 
die Forschungsresultate der Bakteriologie und der 
Physiologie. Das Wesentliche der durch diese Wissen¬ 
schaften gewonnenen Erkenntnis besteht darin, daß das 
Verderben der Nahrungsmittel bewirkt wird durch die 
außerordentlich starke und schnelle Vermehrung von 
bestimmten Bakterien und niederen Pilzen, welche die 
in entsprechender Menge oder Konzentration gesund¬ 
heitsschädigend bis tödlich wirkenden Ptomaine 
und Toxine erzeugen. 

Die wichtigsten Verfahren, welche durch die Emp¬ 
fehlung der Bakteriologie in den Großbetrieb eingeführt 
wurden, sind das Sterilisieren mittels Dampf (ge¬ 
spanntem, überhitztem, strömendem). Erhitzen im 
Dampfbade (auch Pasteurisieren genannt). Diese haben 
sich zu brauchbaren ai sarbeiten lassen für Fleisch-, Ge¬ 
müse- und Obstkonserven, in sehr beschränktem Grade 
für Flüssigkeiten, am wenigsten für Milch; bei letzterer 
leidet entweder der Geschmack bedeutend, oder sie 
wird hochgradig zersetzt. Milch wird aber mit Vorteil 
durch Eindampfen im Vakum (kondensierte Milch und 
Trockenmilch) konserviert. Fleisch kann durch Sterili¬ 
sieren (Erhitzen in hermetisch geschlossenen Blech¬ 
büchsen im Autoclaven auf 110—120") auf Jahre haltbar 
gemacht werden, doch verteuert das Verfahren das 
Fleisch außerordentlich. Ein entschiedener Fehler der 
meisten Konservenfabrikanten besteht darin, dem 
Fleisch zuviel Salz und Salpeter zuzusetzen. Ein weite¬ 
res Konservierungsverfahren besteht in der Anwendung 
von Kälte (Eis oder unter Null Grad abgekühlter Luft). 


Diese ist sehr wirksam, solange die Nahrungsmittel der¬ 
selben ausgesetzt sind, aber sie tötet die vorhandenen 
Keime (Sporen) nicht, sondern hält nur ihr Wachstum 
auf, und sobald sie beseitigt ward, entwickeln sich die 
Keime weiter, und Eisfleisch verdirbt sogar, wenn es 
gewöhnlicher Temperatur ausgesetzt wird, verhältnis¬ 
mäßig schneller als frisches. 

Die deutsche Gesundheitsbehörde steht auf dem 
Standpunkt, daß die neueren Konservierungsmittel als 
„Fremdkörper“ und „Giftstoffe“ zu verwerfen sind, 
während die älteren gestattet werden. 

Motiviert wurde dieser Standpunkt bisher weder 
durch logische Gründe, noch durch stichhaltige Ver¬ 
suche. Aber innerhalb gewisser, enger Grenzen ist das 
Streben, die Konservierungsmittel auszuschalten, be¬ 
rechtigt, für die Fälle nämlich, in denen die Nahrungs¬ 
mittel schnell verbraucht werden sollen und können. In 
Frage kommen hauptsächlich Fleisch. Fleischwaren, 
Milch und wohl auch leicht verderbende Früchte, wie 
Bananen und Apfelsinen. 

Die auch vom wirtschaftlichen (Preis) Standpunkt 
aus zum Frischhalten anwendbaren Maßregeln sind .we¬ 
sentlich vorbeugende. Da die ursprünglichen Stoffe 
(z. B. Fleisch, Milch) Keime nicht oder nur in ver¬ 
schwindender Menge enthalten, so ist durch pein¬ 
lichste Sauberkeit und schnelles Arbeiten in möglichst 
staub- und keimfreien Räumen dafür zu sorgen, daß 
Keime von den Nahrungsmitteln nicht aufgenommen 
werden können. Die Weiterentwickelung der etwa 
vorhandenen ist durch kalte Luft in gut schließenden 
Räumen oder Behältern (Kellern, Kammern, Eis¬ 
schränken) zu verhindern. Bei Getränken, besonders 
Milch, Bier, Wein, kommt die Filtration als äußerst 
wirksamer Schutz hinzu. Das Flaschenbier der großen 
Brauereien ist jetzt stets hefefrei. Die Kühlung wird 
meist durch sogenannte Flächenkühler besorgt. Die 
Technik der Milchbehandlung sowie des Transportes 
und Vertriebes ist vorzüglich ausgearbeitet und funk¬ 
tioniert, bei sachlicher und gewissenhafter Ausführung, 
durchaus befriedigend. In Amerika nennt man solche 
in vorschriftsmäßiger Weise gewonnene Milch „zerti¬ 
fizierte“. Weit schwieriger gestaltet sich die Frisch¬ 
haltung des Fleisches und der Fleischwaren von der 
Verarbeitung an bis zum Verkauf und Konsum. 

Kommen wir nach diesen aufklärenden Vorbemer¬ 
kungen zur Besprechung des Wesens und der Wirkung 
der neueren Konservierungsmittel. 

Wie schon bemerkt, besteht das Wesen der Kon¬ 
servierungsmittel darin, die Weiterentwickclung von 
Keimen zu verhindern. Auch eine schon begonnene 
Zersetzung kann durch sie aufgehalten werden; aber 
es werden damit nicht die schon gebildeten Gifte zer¬ 
stört, ebensowenig die etwa entstandenen schlecht 
(fade) schmeckenden Stoffe (z. B. bei gegorenen 
Flüssigkeiten) beseitigt. Es geht hieraus hervor, daß 
der Zusatz eines Konservierungsmittels nur einen Sinn 
hat, wenn es dem zu konservierenden Nahrungsmittel 
in vollkommen frischem und unverdorbenem Zustande 
zu"crctzt wird. Somit muß eine von den vorhin ge¬ 
schilderten Maßregeln zur Frischhaltung auch für den 
Fall des Zusatzes des Konservierungsmittels zur An¬ 
wendung kommen. Und es zeugt von wenig Ver¬ 
ständnis, zu behaupten, daß Konservierungsmittel nur 
zugesetzt werden, uni schlechtgewordener Ware den 
Schein einer besseren Beschaffenheit zu geben. Aber 
zweifellos wird auch viel Mißbrauch mit ihrer Verwen¬ 
dung getrieben, wo oft gänzlich mangelnde Kenntnis 
mit Gewissenlosigkeit Hand in Hand geht. 




Nr- & _ THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 387 


Fragen wir weiter, ob die neueren Konservierungs¬ 
mittel die gegen sie gerichteten Angriffe verdienen. Sie 
beruhen, wie schon erwähnt, teilweise auf Vorurteil. 
Die Gegner haben in den meisten Fällen keine Gründe, 
sondern nur Vermutungen beigebracht. 

Die „wissenschaftlichen“ Versuche derselben an 
Tieren und Menschen sind vielfach fälsch angelegt und 
die daraus gezogenen Schlüsse natürlich infolgedessen 
unbrauchbar. So wurden beispielsweise verschiedent¬ 
lich übertrieben große Mengen der Mittel verabreicht, 
wie sie in der Praxis gar nicht zur Anwendung kommen. 
Die Gegner bezeichnen die Konservierungsmittel als 
Gifte und Fremdkörper. Mit Recht ist dagegen zu be¬ 
merken, daß es keinen Stoff gibt, der absolut giftig, so¬ 
wie keinen, der absolut ungiftig ist. Der Begriff des 
Giftigen ist immer ein Qualitätsbegriff. Die (für Men¬ 
schen) am giftigsten wirkenden Stoffe (z. B. Strychnin, 
Blausäure) sind in einem gewissen Verdünnungsgrade 
nicht mehr giftig. Die Blausäure ist übrigens ein regu¬ 
lärer Bestandteil verschiedener Fruchtkerne, z. B. 
Pflaumen, Kirschen, bitteren Mandeln usw. 

Aber die gebräuchlichsten als Konservierungs¬ 
mittel verwendbaren Substanzen können im Vergleich 
zu den bekannten starken Nervengiften sowie den so 
außerordentlich gefährlichen Fleischgiften in der 50- bis 
100-fachen Menge ohne Schaden genommen werden. 

Die für unsere Verdauung durchaus nötige Salz¬ 
säure wirkt im allgemeinen schon schädlich, wenn sie 
0,6 pCt. des Magensaftes übersteigt, trotzdem be¬ 
zeichnen wir sie in der geringen physiologischen Menge 
nicht als Gift. Auch die „alten“ Konservierungsmittel, 
wie die Bestandteile des Rauches und das Kochsalz, sind 
über ein bestimmtes, relativ geringes Maß hinaus durch¬ 
aus nicht unschädlich. Ja sogar Nahrungsmittel (na¬ 
türlich unverdorbene) sind nicht als in jeder Beziehung 
unschädlich zu betrachten, wobei es auch hier wieder 
auf die Menge der genossenen Nahrung ankommt (z. B. 
Milch, schweres Brot, Hülsenfrüchte usw.). Aber-trotz¬ 
dem paßt der Ausdruck „giftig“ ebensowenig für die 
Nahrungsmittel, wie für die Konservierungsmittel. 

Eine weitere unlogische Behauptung der Gegner 
der Konservierungsmittel ist die, daß, weil sie in 
großen Dosen giftig wirken, sie es auch im kleinen tun 
müßten. Nach diesen Trugschlüssen müßten beispiels¬ 
weise auch die Weinsäure, Zitronensäure, Essig (ver¬ 
dünnte Essigsäure) Gifte sein, da sie doch in großen 
Dosen schädlich, ja tödlich wirken. Bekannt sind übri¬ 
gens die schweren Schädigungen, die durch übertrie¬ 
benen Zitronensäuregenuß (Mittel gegen Gicht) wieder¬ 
holt herbeigeführt worden sind. Vor Essiggenuß ist so¬ 
gar von Aerzten wiederholt gewarnt worden. Eine 
weitere Behauptung der Gegner, die auf grober Un¬ 
kenntnis beruht, ist die, daß die Konservierungsmittel 
die Verdauung störten, weil dieselbe ein Verdauungs¬ 
vorgang sei. Sie verwechseln Enzyme, die die Verdau¬ 
ung besorgenden „ungeformten“ Fermente, die durch 
Konservierungsmittel nicht verändert werden, und „ge¬ 
formte“ Fermente, deren Tätigkeit durch Konser¬ 
vierungsmittel unterbrochen wird. 

Die in Deutschland gestatteten Konservierungs¬ 
mittel sind Salz, Salpeter, Essig, Alkohl, Zucker, die Ge¬ 
würze, Rauchgase, schweflige Säure und schweflig¬ 
saures Natron, Einhüllungsstoffe (Leim, Paraffin, Fett, 
Oel). 

Aber diese Konservierungsmittel sind erfahrungs¬ 
gemäß nicht imstande, Nahrungsmittel und Getränke 
für längere Zeit und für den Export haltbar zu machen, 
was für Großbetriebe erforderlich ist. 


Von diesen wirkt Salz nur in großen, ge- 
schmacks- und auch gesundheitsstörenden Mengen 
konservierend. Der Gebrauch von Salpeter ist 
durch die relative Giftigkeit desselben beschränkt. Das 
„Pökeln“, das nebenbei auch den Zweck hat. die rote 
Farbe des Fleisches zu erhalten, ist wirtschaftlich nicht 
rationell, da ein beträchtlicher Prozentsatz des Eiweiß 
des Fleisches, durch Auflösung in der Pökelbrühe, ver¬ 
loren geht. Die Verwendung von Essig und Al¬ 
kohol ist aus Geschmacks- und hygienischen Rück¬ 
sichten beschränkt. Z u c k e r ist in reichlicher Menge 
ein gutes Konservierungsmittel, kann aber leicht ge¬ 
schmackstörend wirken, ist also aus diesem Grunde für 
die meisten Nahrungsmittel nicht anwendbar. Von den 
Gewürzen kommt hauptsächlich Pfeffer in Be¬ 
tracht; seine konservierende Kraft ist wenigstens in un- 
zerkleinertem Zustande eine relative, er wirkt aber 
schon in verhältnismäßig nicht sehr großen Mengen ge- 
schmacks- und gesundheitsstörend. Die Räuche¬ 
rung wirkt, selbst bei sachverständiger Ausführung, 
besonders bei Fischen begrenzt; zu stark darf nicht ge¬ 
räuchert werden, weil die Ware hierdurch austrocknet, 
hart wird und einen unangenehmen, strengen Ge¬ 
schmack erhält. Die Räucherwaren müssen nach dem 
Räuchern noch, um nicht zu verderben, bis zum Verkauf 
in geeigneter Weise (in Eisschränken, Kellern, Fässern 
oder sonstwie verpackt) aufbewahrt werden. Das 
Wesentliche ist auch hier: frisch schnell verarbeiten und 
gegen Luft-(Bakterien-)Zutritt geschützt verpacken 
und verwahren. 

Das schwefligsaure Natron ist ein ziem¬ 
lich unwirksames und deswegen besonders bedenkliches 
Mittel, weil es eine bessere Beschaffenheit der Ware Vor¬ 
täuschen kann; es vermag nämlich unter Umständen die 
rote Farbe des Fleisches (es handelt sich hauptsächlich 
um Hackefleisch) noch zu erhalten, wenn Fäulnis¬ 
prozesse schon eingetreten sind. Die schweflige 
Säure wird nicht als solche verwendet, sie gelangt 
vielmehr durch Schwefeln (Verbrennen von Schwefel) 
in die zur Aufbewahrung der betreffenden Nahrungs¬ 
mittel und Getränke (getrocknete und eingemachte 
Früchte, Bier, Wein) dienenden Gefäße. Ihre konser¬ 
vierende Kraft ist ebenfalls unbedeutend, zudem ver¬ 
leiht sie den Konserven oft einen unangenehmen Bei¬ 
geschmack, benimmt Früchten ihr feines Aroma und 
verändert die Farbe. Die Einhüllungsstoffe 
sind sehr wirksam, falls die betreffenden Nahrungs¬ 
mittel sich im Moment des Einhüllens in tadellos frischem 
Zustande befanden. Oel (Olivenöl) wurde schon.im 
Altertum als Schutz-(Konservierungs-)Flüssigkeit für 
Wein verwendet (über denselben geschichtet). 

Die Häufigkeit von schweren Vergiftungen durch 
Nahrungsmittelgenuß beweist, daß die Vorschriften und 
Vorkehrungen zur Verhütung derartiger Unglücksfälle 
nicht ausreichen, wenn auch Nichtbefolgung derselben 
und Fahrlässigkeit dabei eine Rolle spielen. 

Das Streben, Konservierungsmittel anzuwenden, 
erscheint nun erklärlich, nachdem sich herausgestellt 
hat, daß die vorhin erwähnten Verfahren vielfach ver¬ 
sagen, und aus dem berechtigten Wunsch heraus, etwas 
absolut Konservierendes (das natürlich nicht gesund¬ 
heitsschädlich sein darf) zu finden, ferner aus der Er¬ 
wägung, daß eine Haltbarmachung der Nahrungsmittel 
durch Konservierungsmittel sich voraussichtlich we¬ 
sentlich billiger stellen würde, als durch die Sterili¬ 
sierungsverfahren. 

Wir kommen zu den positiven Beweisen für die 
Unschädlichkeit der benannten Konservierungsmittel. 




388 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 25 


Einen absoluten Maßstab der zulässigen Mengen 
der einzelnen Konservierungsmittel für eine erwachsene 
Person pro Tag gibt die medizinische Maximaldosis. 

Dieselbe liegt pro Tag und erwachsene Person für 
das neutrale schwefligsaure Natron zwischen 
1,8 und 3,6 gr., für Salizylsäure zwischen 0,9 und 
3,6 gr., für Borsäure zwischen 0,6 und 1,8 gr., ebenso 
für B e n z o e s ä u r e, für Naphthol bei 0,06 gr. Die freie 
schweflige Säure, erhalten durch Verbrennen 
von Schwefel, dient seit altersher zum Schwefeln der 
Fässer (von Bier und Wein); die gestattete Höchstzahl 
von schwefliger Säure für Wein ist 80 mgr. im Liter. 

Das schwefligsaure Natron wird fast aus¬ 
schließlich für Fleischkonservierung verwendet, die ge¬ 
stattete Höchstzahl ist 2 gr. auf 1 Kilo Fleisch. Die 
Salizylsäure wird gebraucht zur Konservierung 
von Wein, Bier, Fruchtsäften, alkoholfreien Getränken, 
gequetschten Früchten, Gelees, Marmeladen. Die 
Borsäure dient hauptsächlich zum Konservieren 
von Fleisch, Speck, Austern, Fischen, Butter, getrock¬ 
neten Früchten. 

Wenig verwendet werden Formaldehyd und 
Wasserstoffsuperoxyd, sie wirken beide sehr stark anti¬ 
septisch (also auch konservierend). Die wirksamen 
Höchstmengen sind genau nicht festgestellt, für Formal¬ 
dehyd dürfen sie etwa angenommen werden im Ver¬ 
hältnis wie 1 : 2000 bis 3000. 

Verboten in Deutschland sind die Salizylsäure, 
Benzoesäure, Borsäure, Formaldehyd, also alle wich¬ 
tigen neueren Konservierungsmittel. 

Die konservierend wirkenden Mengen der Konser¬ 
vierungsmittel betragen pro Pfund durchschnittlich 
0,06 gr., liegen also in den meisten Fällen bedeutend 
unter den medizinischen Maximaldosen. 

Zugunsten der Salizylsäure ist noch besonders zu 
bemerken, daß Salizin, Aspirin, Salol (alles Salizylsäure¬ 
präparate) von Aerzten häufig als Desinfizienta und 
Antiseptika gegen Bakterien usw. in Magen und Darm 
unbedenklich verordnet werden, da schädliche Neben¬ 
wirkungen durch die klinischen Vorversuche im all¬ 
gemeinen nicht konstatiert worden sind. 

Wie schon erwähnt wurde, sind auch die Gewürze 
(vielfach Derivate der Salizylsäure, Benzoesäure und 
Zimtsäure) Konservierungsmittel; ferner sind die beiden 
erstgenannten Stoffe in fast allen unserer eßbaren 
Beeren und Früchten enthalten. Daß für längere Halt¬ 
barmachung von Getränken und Fruchtsäften mit 
niedrigem oder fehlendem Alkoholgehalt Zusätze von 
Konservierungsmitteln absolut erforderlich sind, ist all¬ 
gemein anerkannt. 

ln bezug auf Borsäure und Borax will ich mich auf 
einige charakteristische Bemerkungen beschränken. 

Zur genaueren Orientierung sei auf das Buch; 
„Borax und Borsäure als Arznei- und Konservierungs¬ 
mittel". Herausgegeben vom Bunde deutscher 
Nahrungsmittel-Fabrikanten und -Händler. E. V. Nürn¬ 
berg. 1903. hingewiesen. 

Berechtigtes Aufsehen machten seinerzeit die Ver¬ 
suche von Prof. O. Liebreich im Jahre 1900, durch 
welche er die vollkommene Unbrauchbarkeit der¬ 
jenigen des Dr. Annett bewies, dessen Katzen nicht an 
Borsäure, sondern an Nahrungsmangel zugrunde gingen. 
Derselbe Forscher empfahl die Borsäure zur Konser¬ 
vierung von Seefischen, indem er gleichzeitig ihre Un¬ 
schädlichkeit nachwies. 

Zusammenfassend ist zu sagen: Die alten Konser¬ 
vierungsmittel reichen für eine längere Erhaltung der 


Nahrungsmittel und Getränke nicht aus. Das Konser¬ 
vieren durch Dampf (Sterilisieren, Pasteurisieren) ist 
nicht überall anwendbar, besonders fällt ins Gewicht, 
daß diese Art; die Konservierung in Büchsen und 
Gläsern, immer nur in ziemlich kleinen Quantitäten aus¬ 
führbar ist. Große, in Fässern zu verpackende Massen 
können nur durch Konservierungsmittel vor dem Ver¬ 
derben bewahrt werden; die Probe ist jahrelang mit 
positivem Erfolge mit großen Uebersee-Fleischsendun- 
gen gemacht worden. 

Bei sofortigem Verbrauch der Waren nach Ankunft 
kann man sich auch der Kühlschiffe und Kühlwagen be¬ 
dienen; und das scheint jetzt in sehr großen Dimensionen 
zu geschehen. Weine und Fruchtsäfte werden in Ge¬ 
schmack und Qualität geschädigt, in ihnen enthaltene 
Fermente werden zerstört. 

Das Unternull-Kühlen hält nur solange vor, als die 
betreffenden Stoffe im Kühlraum sind. 

Wohl die einfachste, aber nur beschränkt anwend¬ 
bare Methode des Konservierens ist die des Trocknens; 
mit ihrer Hilfe werden teilweise vorzügliche und sehr 
haltbare Präparate (hauptsächlich getrocknete Früchte) 
gewonnen. 

Zurückkommend auf die Bemerkung der Gegner 
der neueren Konservierungsmittel, die sie als Gifte be¬ 
zeichnen, so muß man die merkwürdige Logik bewun¬ 
dern, Stoffe als „Gifte“ zu bezeichnen, die mit Recht als 
„Heilmittel“ empfohlen werden und als solche allgemein 
bekannt sind. Die als gut erkannten neueren Konser¬ 
vierungsmittel sind keine „Gifte“ und keine „Fremd¬ 
körper“, da einige von ihnen integrierende Bestandteile 
fast aller unserer Obstarten und eßbaren Beeren sind. 
Die „Natur“ gab sie uns als „Heilstoffe“, also dürfen sie 
auch nicht als „Giftstoffe“ und „Fälschungen“ gebrand¬ 
markt werden. 

Wie wir gesehen haben, sind in Deutschland alle 
wichtigeren neueren Konservierungsmittel verboten. 

'Gewiß soll die Behörde keine voreiligen Be¬ 
schlüsse fassen, anderseits aber ist sie verpflichtet, 
wenn sie Stoffe, die von zahlreichen, gewissenhaften 
und tüchtigen Forschern als gut und brauchbar erkannt 
sind, verbieten will, Versuche in umfassendster und 
vorurteilsfreiester Weise teils selbst ausführen zu lassen, 
teils von anderen ausgeführte objektiv zu kontrollieren. 

Das Streben, die Konservierungsmittel auszu¬ 
schalten, ist vom theoretischen Standpunkt aus gewiß 
zu rechtfertigen, und es ist auch unbestreitbar, daß die 
Technik der „Konservierungsverfahren ohne Konser¬ 
vierungsmittel“ in den letzten Jahrzehnten eminente 
Fortschritte gemacht hat. Aber da die Konservierung 
durch Konservierungsmittel sich voraussichtlich we¬ 
sentlich billiger stellt, als diejenige durch die vorhin er¬ 
wähnten Verfahren, so ist es auch von diesem Gesichts¬ 
punkt aus die moralische Pflicht der zuständigen 
Behörden, die Frage der Zulässigkeit der Konservie¬ 
rungsmittel ernstlich ins Auge zu fassen. Die durch die 
Prüfung der Nahrungsmittel auf Konservierungsmittel 
bezw. deren quantitative Bestimmung notwendig wer- 
c\ l.’r höhere Belastung der Nahrungsmittelkontrolle ist 
natürlich kein Grund des Verbotes. 

Inzwischen ist es wichtig, das große Publikum über 
die Resultate der vorurteilsfreien Wissenschaft aufzu¬ 
klären, so daß es in der Lage ist, unabhängig von bureau- 
kratischer Bevormundung und Polizeiaufsicht die Kon¬ 
servierungsmittel sachgemäß im Haushalt zu ver¬ 
wenden. 







Nr. 25 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


389 


REFERATE. 


Augenheilkunde. 

Referent: Dr. med. Paul Greven, Augenarzt in Aachen. 

!• lieber Ammoniak-Verätzung des Auges und der äußeren 

Haut. (Eine klinische und experimentelle Studie nebst einem Vor¬ 
schläge zur operativen Behandlung des verletzten Auges.) Von 
Dr. A 1 e x i us Pichler, Augenarzt in Klagenfurt. Zeitschrift 
für Augenheilkunde XXIII. Heft 4. 

2. Zwei seltene Fälle von Eisensplitterverletzungen des Auges. 

Von Dr. A. Erb, Lugano. Ibidem. 

3. Ein Fall von Varicenbildung auf den Papillen. Von Privat- 
dozentDr. Paul Knapp, Basel. Ibidem. 

4. Einige Beziehungen von Dermatosen zu Augenkrankheiten. 

Von Prof. Dr. S. Ehr mann , Wien. Aerztliche Standeszeitung 
1910. Nr. 9. 

5. Beitrag zur Vaccine-Impferkrankung des Auges. Von Hofrat 
Prof. Wicherkiewicz. Aerztliche Fortbildung, Wissen¬ 
schaft). Beilage der Aerztl. Standeszeitung, 1910. Nr. 9. 

6. Die Beteiligung des Auges bei Erkrankungen des Gesaint- 
organismus und fremder Organe. Vortrag, gehalten von Dozent 
Dr. R. Possek, Graz. Ibidem. 

7. Beitrag zur Kenntnis der Verletzungen der Sehnerven bei 
Nasenoperationen. Von Dr. O. Purtscher, Klagenfurt. Ibidem. 

8. Leber den Einfluß der subkonjunktivalen Injektionen von 
Sol. Natrii jodici und Sol. Kalii jodati und anderer Medikamente auf 
die Aufhellung der Katarakt. Von Dr. A. Schiele, Augenarzt 
der Kreislandschaft Kursk, Rußland. Wochenschrift für Therapie und 
Hygiene des Auges 1910, XIII. Jahrgang. Nr. 28 u. 29. 

1. Aus der vorliegenden Arbeit, die sich in der Hauptsache auf 
Krankengeschichten und Versuchsmaterial der Czermakschen Klinik 
aufbaut, seien für die Praktiker am wichtigsten folgende Sätze mit¬ 
geteilt, zumal sonst in der augenärztlichen Literatur über die 
Ammoniakverletzung nicht viel zu finden ist. Die Bindehaut des 
Auges wird von Ammoniak in der Weise angegriffen, daß in leichten 
Fällen ein Katarrh mit Rötung, geringer Schwellung und starker 
Tränenabsonderung, dem sich Lichtscheu hinzugesellt, die Folge ist. 
Die Wiederherstellung erfolgt in wenigen Tagen. Wurde die Binde¬ 
haut stärker betroffen, so bilden sich weiße oder weißgraue, 
brüchige Membrane, die sich leicht abziehen oder abwischen lassen 
und unter denen' man die gerötete, des Epithels entblößte Binde¬ 
haut, häufig von Blutungen durchsetzt, findet. Stets ist die ver¬ 
änderte Partie der Bindehaut sehr ausgedehnt. Ist die Hornhaut ge¬ 
troffen, — und dies dürfte wohl in den meisten Fällen Vorkommen — 
so zeigt sich in den leichten Fällen Mattigkeit und Trübung, ja teil¬ 
weise oder totale Abstoßung des Epithels, worauf bald vollständige 
Wiederherstellung zu folgen pflegt. Häufig kommt es aber zu 
einer allmählich sich entwickelnden, diffusen, rauchigen Trübung, 
die langsam zu eitriger Einschmelzung der Hornhaut und Durch¬ 
bruch derselben führt. Diese schwere, leider nicht seltene und oft 
erst sehr spät aultretende Komplikation ist stets verbunden mit Iritis 
und Eiteransammlung in der Vorderkammer. Auch das Bild der 
Panophthalmie kann sich entwickeln. Bemerkenswert ist der 
schleppende Verlauf und der traurige Ausgang, den viele Fälle trotz 
anfangs gut scheinender Prognose nehmen. Die Behandlung der 
Ammoniakverätzungen des Auges feiert leider keine großen 
Triumphe. Sie beschränkt sich im wesentlichen auf Reinigung des 
Bindehautsackes durch reichliche Ausspülungen und symptoma¬ 
tische Bekämpfung der Folgeerscheinungen an Bindehaut, Hornhaut 
und Regenbogenhaut. Die schwereren Verätzungen führen fast stets 
zu einem traurigen Endausgange. Um nun aber auch eine Ent¬ 
giftung des Augeninneren herbeizuführen, wohin sicher sehr bald 
% und vorwiegend das Gift eindringt, schlägt Pichler vor, in jedem 

Falle von schwerer Ammoniakverätzung rasch eine Punktion der 
Vorderkammer vorzunehmen und dieselbe allenfalls mehrmals zu 
wiederholen. Die Erfolge dieses Verfahrens bleiben abzuwarten. 

2. Erb berichtet über zwei interessante Fälle von Eisensplitter¬ 
verletzung des Auges. In dem ersten Fall wurde die richtige 
Diagnose erst 4 Monate nach der Verletzung gestellt. Es fehlte 
eben jede sichtbare perforierende Verletzung, und der Fremdkörper 
saß im Ziliarkörper, so daß er auch bei maximal weiter. Pupille nicht 
sichtbar war. Das Auge blieb äußerlich fast reizlos, und eine sich 
bildende diffuse Glaskörpertrübung wurde symptomatisch be¬ 
handelt. Schließlich wurde aber mit dem Augenspiegel 
die Kuppe eines in den Glaskörper vorragenden gelblich¬ 
weißen Exsudates, das sich um den Fremdkörper bildete, sichtbar, 
weshalb Erb das Vorhandensein eines Fremdkörpers vermutete. 
Diese Vermutung wurde dann auch durch den Versuch mit dem 
•Mellinger-Klingelfußschen Innenpolmagneten bestätigt, der sich auch 
jij diesem Falle vorzüglich bewährte, indem er den Splitter lockerte 


und zwischen Iris und Linse in die Vorderkammer zog, von wo er 
durch einen Hornhautschnitt mit dem Hirschbergschen Magneten end¬ 
gültig extrahiert wurde. Das schließliche Sehvermögen von T 'U <> 
kann bei der Schwere der Verletzung, der Größe des Fremdkörpers 
(4 mm lang, 1 mm dick und 0,0332 gr schwer) und dem langen Ver¬ 
weilen desselben im Auge als ein sehr günstiges betrachtet werden. 
Der zweite Fall ist deshalb bemerkensw ert, w^eil hier der Eisensplitter 
die Linse total perforierte, ohne daß eine Totalkatarakt danach folgte. 
Die nächste Umgebung des Durchschlagskanals in der Linse war ge¬ 
trübt, und diese Trübung verschmälerte sich nach hinten. Dagegen 
war in der hinteren Kortikalis ein rosettenförmiger hinterer Kortikal¬ 
star zu sehen. Dieser letztere verschwand allmählich wieder voll¬ 
ständig nach Entfernung des Splitters mit dem Innenpolmagneten. 
Schließliche Sehschärfe = 5 /i«— 5 /n. 

3. Es handelt sich in der Arbeit von Knapp um ein eigenartiges 
Leiden, dessen Beginn offenbar schon einige Jahre zurückzudatieren 
war. Klinisch machte es sich bemerkbar links in einer starken 
Herabsetzung der zentralen Sehschärfe mit relativem zentralen 
Skotom, rechts hauptsächlich in erheblicher Hemeralopie, para¬ 
zentralem Skotom und Einschränkung der peripheren Gesichtsfeld¬ 
grenzen. Ophthalmoskopisch fand sich als Ursache dieser Störungen 
eine auffallende karminrote Verfärbung beider Papillen und auf den¬ 
selben Konvolute von gröberen venösen, stark geschlängelten Ge¬ 
läßen, also gewissermaßen das Bild von Naevi vasculosi auf beiden 
Papillen. Da die Patientin nebenher seit Jahren über drückende 
Kopfschmerzen zu klagen hatte, so glaubt Verfasser das ganze 
Krankheitsbild erklären zu können mit wahrscheinlichem Vorhanden¬ 
sein ausgedehnter Venektasien im Gehirn und ihre Weiterver¬ 
breitung auf Sehnerven und Papillen. 

4. Ehrmann macht auf die Tatsache aufmerksam, daß der ent¬ 
wicklungsgeschichtliche Zusammenhang von Haut, Bindehaut und 
Hornhaut sich auch im Uebergange mancher Dermatosen auf die 
dermalen Bildungen des Auges äußert. So ist z. B. eine der häufig¬ 
sten Erkrankungen der Lidhaut die Seborrhoea sicca. Ferner können 
bei Acne rosacea Lidhaut, Bindehaut und in seltenen Fällen auch 
die embryologisch zur Haut gehörigen Schichten der Kornea mit 
affiziert werden, ebenso bei Syphilis, Psoriasis und Lichen ruber. 

5. Vorliegende Arbeit behandelt die durch Vakzination ver¬ 
ursachten Augenerkrankungen. Die Infektion kommt meist durch 
Uebertragung aus der geimpften Stelle auf das Auge desselben 
oder eines anderen Individuums zustande. Sitzt die sekundäre 
Pustel auf der Lidhaut oder am Lidrande, dann erscheint das Lid 
bretthart, infiltriert, die Präaurikutardrüsen sind stark angescHwollen 
und schmerzhaft. Vom Lidrande kann sich alsbald die Infiltration 
auf die Bindehaut fortsetzen, oder der gegenüberliegende Lidrandteii 
wird mitaffiziert. Auch kann sich die Erkrankung auf die Hornhaut 
fortsetzen oder diese von vornherein ergreifen. So wird die Krank¬ 
heit verschiedenartig verlaufen. Sie kann spurlos vorübergehen 
oder aber mit Hornhautnarben, Ektropium, Entropium, Blepharo- 
phimosis, Symblepharon usw r . endigen. Auch Perforation der Horn¬ 
haut mit ihren Folgen kann eintreten. Der in prognostischer Hinsicht 
so verschiedenartige Verlauf hängt wohl davon ab, ob die Infektion 
ein Individuum trifft, welches nach der ersten Vakzination noch 
immun geblieben ist, oder ein solches, welches nicht mehr immun 
ist, (da es nicht revakziniert wurde) oder weil es überhaupt nicht 
vakziniert worden war. Auch kann eine Mischinfektion eintreten 
und einen deletären Verlauf verursachen. Sieben lehrreiche Fälle 
aus seiner Praxis beschreibt Verfasser des näheren. Aus der Zu¬ 
sammenstellung dieser Fälle geht hervor, daß Augenerkrankungen 
teils infolge von Vakzineinfektion, sowohl der geimpften Individuen, 
als auch derjenigen, die mit jenen in Berührung kommen, nicht 
gerade zu den Seltenheiten gehören. Verfasser möchte daher die 
Impfärzte anregen, die Umgebung ihrer Impflinge auf die Gefahr der 
Infektion der Augen fürs Kind und die Angehörigen aufmerksam zu 
machen. Es dürfte doch w r ohl leicht sein, durch geeigneten Verband 
des geimpften Gliedes prophylaktisch dieser Aufgabe gerecht zu 
werden. 

6. Eine gedrängte Uebersicht über den so häufigen Zusammen¬ 
hang von Augenkrankheiten -mit Allgemeinleiden. Ein kurzes Referat 
würde der Arbeit nicht gerecht werden, es muß vielmehr auf das 
Original verwiesen werden. 

7. Eine Patientin hatte sich einer Nasenoperation unterzogen, 
und zwar der Entfernung zweier Polypen (Eingriff mit Schlinge an 
der mittleren Nasenmuschel). Gleich nach der Operation bemerkte 
sie eine Sehstörung am rechten Auge, etwas später auch am Jinken. 
Die Augenuntersuchung nach etwa einem halben Jahre ergab fol¬ 
gendes: Komplete bi temporale Hemianopsie. Es fehlt aber außer¬ 
dem rechts noch der ganze obere innere Quadrant; ferner besteht 
erhebliche Einengung der peripheren Grenzen des einzig noch nach¬ 
weisbaren unteren inneren Quadranten. Endlich fehlt ein an die 
vertikale Trennungslinie des Gesichtsfeldes unten innen angren¬ 
zender Keil des inneren unteren Quadranten. Aber auch am linken 
Gesichtsfelde besteht ein Uebergreifen des temporalen Defektes 
nach unten innen in Form eines peripheren Keils. Nach den be¬ 
stimmten Angaben der intelligenten Patientin hatte Verfasser keinen 
Anhaltspunkt, einen innigen Kausalnexus zwischen dem operativen 
Eingriff in der Nase und der höchst charakteristischen Sehstörung 
zu bezweifeln. Es muß also in diesem Falle eine sagittale Durch- 




390 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 25 











V' 





trennunsr des Chiasma stattgefunden haben. Da aber rechts auch 
Hemianopsia Superior bestand, mußte auch eine völlige Zerstörung 
der unteren Partie des rechtsseitigen ungekreuzten Bündels stattge- 
iunden haben, ferner eine minder tief greifende beiderseitige, doch 
rechts ausgedehntere Läsion der oberen Partien der ungekreuzten 
Fasern. 

8. Schiele bietet hier hauptsächlich eine Zusammenstellung 
der in der Literatur veröffentlichten Beobachtungen von Beein¬ 
flussung der Katarakt mit Medikamenten, ein Thema, über welches 
ich in letzter Zeit auch in dieser Zeitschrift schon mehrmals referiert 
habe. Schiele selbst will Besserangen der Sehschärfe, ja Auf¬ 
hellungen der Katarakt gesehen haben nach subkonjunktivalen In¬ 
jektionen von Sol. Natrii iodici. Diese Lösung, im Verhältnis von 
1 : 1000, bei Zusatz von 1—2 Tropien Akoin lprozentig, spritzt er 
in der Quantität eines Kubikzentimeters unter die Conjunktiva bulbi, 
täglich oder alle 2—3 Tage, je nach der Reaktion. 


Herzleiden. 

Referent: Dr. Silberniann, Bad Kudowa. 

1. Einiges zur Behandlung der Herzschwäche bei fibrinöser Pneu¬ 
monie. Von Dr. E. Bachmann, Zürich. Schweiz. Rundschau 
f. Medizin. 

2. lieber einen Fall einer geheilten Stichwunde des Herzens. Von 

Dr. Leopold Renner, Donawitz. Deutsch, med. Woch. 
1910/10. 

3. lieber die Bedeutung der Funktion der peripheren Blutgefäße 
beim inkompensierteu Kreislauf und über die sogenannte periphere 
Kompensation. (Incompensatio et Compensatio peripherica.) Von 

Dr. Mary an Franke. Wien. klin. Woch. 1910/10. 

4. Ziele und Grenzen der Arteriosklerosetherapie. Von Dr. 

Rudolf U h 1 i r z, Schönfeld. Zentralblatt für Herzkrankheiten 
1909/9—12. 

1. Verfasser hat in etwa 200 Fällen die besten Erfolge bei zum 

Teil sehr schweren Kollapsen mit subkutanen Injektionen von 
Coffein natr. salicyl. und intramuskulären von Digalen gesehen. 

Das Coffein gibt er in einer Lösung von Coffein, Glyzerin und 

Aq. dest. aa 5,0, davon 1—2, ccm pro dosi bis zu 3 mal pro die. 

Vom Digalen werden bis zu 4 Injektionen in 24 Stunden zu 2 ccm 

gemacht. Eine direkte Beeinflussung der Infektion durch Venae- 
sectio und nachfolgende Kochsalzinfusion hält er nicht für möglich, 
glaubt aber einen Erfolg dieser Behandlungsweise nicht in Abrede 
stellen zu können bei starken Wasserverlusten durch Schweiß. 
Empfohlen werden ferner bei Gefäßkollapsen Injektionen von Ergotin 
neben Coffein und 1 °/oo Lösung von Adrenalin intravenös. 

2. Verfasser berichtet über einen Fall einer schweren Verletzung, 
die er durch sofortige Operation behandelt hat. Patient hatte 
zwei Wunden, eine 3 cm lange im V. I. R., eine 8 cm lange im VI. 

I. R., Atmung oberflächlich, jagend. Puls nicht fühlbar; vollkommen 
verblutet. Sofortige Kochsalzinfusion von 1000 ccm, Operation 
’/a Stunde nach Einlieferung. Nach Erweiterung der Wundränder 
gelangt man direkt in Bauch- und Brusthöhle. Das Herz liegt direkt 
dem Magen auf; im Herzbeutel eine Wunde, die erweitert wird. An 
der Wand des linken Ventrikels zeigt sich nunmehr eine 2 cm tiefe 
Verletzung, die stark blutet. Die Wunde im VI. I. R. wird bis zum 
Sternum verlängert und der Knorpelansatz der 6.—3. Rippe durch¬ 
schnitten und der Lappen nach oben gezogen. Das Herz schlägt 
arythmisch, flatternd, kein richtiger Herzschlag, nur Zuckungen sind 
wahrnehmbar. Es werden 4 tiefliegende Seidennähte der Ventrikel- 
vvand gelegt, dann wird die Pericardwunde bis auf 1 cm durch 
Naht geschlossen, worauf die Blutung steht. Das Zwerchfell. ist 
dicht am Ansatz des Thorax durchtrennt, und infolgedessen stark 
zurückgezogen; die Naht ist daher sehr schwierig, und die Oeffnung 
kann nicht vollkommen geschlossen werden. Verfasser näht daher 
in dieselbe den unteren Lappen der stark collabierten Lunge ein 
und vernäht die Pleura bis auf 2 cm . In diese wie auch ins Pericard 
werden Drains eingelegt. Der anfangs nach der Operation 
nicht fühlbare Puls bessert sich allmählich unter reichlichen Koch- 
salzinfusionen (2 mal tgl. 1400 ccm). Nach etwa 8 Wochen kann 
Patient entlassen werden und nimmt nach etwa 4V» Monaten seine 
Arbeit wieder auf. 

Im Anschluß an diesen Fall empfiehlt Verfasser für so schwere 
Herzverletzungen den Interkostalschnitt, und auch ohne Verletzung 
des Zwerchfells Annähung der Lunge an dasselbe, da sich die Lunge 
so viel schneller wieder ausdehnt. 

3. Man hat bisher die Ursache der Dekompensation nur im Herzen 
selbst, besonders in dem Verhalten des Herzmuskels gesucht, und 
hierbei die Bedeutung der peripheren Gefäße fälschlicherweise nicht 
berücksichtigt. Verfasser macht daher darauf aufmerksam, daß die 
Zirkulationsstörungen bei akuten Infektionskrankheiten nicht auf 
einer pathologischen Veränderung des Herzmuskels beruhen, sondern 
auf Lähmungserscheinungen, besonders auch der peripheren Gefäße. 
Zur Erhaltung des normalen Kreislaufs tragen neben dem Herzen 


V/ERSIT 


in hohem Grade auch die peripheren Gefäße bei und zwar als 
aktiver treibender Faktor vermöge ihrer reichlichen Muskulatur. Es 
ist wichtig, daß die Menge der Gefäßmuskeln peripherwärts zu¬ 
nimmt; besonders kräftig ist die Gefäßmuskulatur in den kleinen 
Arterien des Intestinaltraktus, wo sie besonders als treibender Faktor 
für die Blutsäule dienen. Die Venen haben im allgemeinen eine 
geringe Muskulatur, nur die der unteren Extremität haben stärker 
entwickelte Muskeln. Dagegen besitzt die Pfortader und deren Aeste 
ein sehr stark entwickeltes Muskelsystem, das auch hier als Trieb¬ 
kraft für die Blutsäule dient. Die Kapillaren haben eigentlich keine 
Muskulatur, doch haben die sie umgebenden Korbzellen die Rolle 
der Muskeln übernommen, so daß sich auch die Kapillargefäße aktiv 
kontrahieren und dilatieren können. Die peripheren Gefäße können 
also aktiv eine Druckwirkung ausiiben, während die Saugwirkung 
der Venen nur eine geringe ist. Die Bewegung, die in den Gefäßen 
stattfindet, ist eine peristaltische. An der Stelle, wo die größten 
Zirkulationswiderstände bestehen, ist ein System kräftiger Blutge¬ 
fäße vorhanden, gewissermaßen ein zweites, peripheres Herz, das 
mit dem zentralen Herzen in Einklang steht und mit ihm zusammen 
arbeitet; beide bedingen die normale Zirkulation. Dementsprechend 
können Zirkulationsstörungen hervorgerufen sein 1. durch Stö¬ 
rungen des Herzens und des peripheren Gefäßsystems, 2. des 
Herzens allein, 3. des Gefäßsystems allein,, es kommt somit neben 
der zentralen auch eine periphere Kompensation bezw. Inkompen¬ 
sation in Betracht. Verfasser erwähnt mehrere Fälle schwerer Ver¬ 
änderungen des Herzens (Trikuspidalstörungen bei Degeneration 
des Herzmuskels), ohne daß in vivo Dekompensation vorhanden 
war. Diese Fälle sind nur zu erklären durch periphere Kompen¬ 
sation. Umgekehrt gibt es auch Fälle von Dekompensation, auch 
mit tödlichem Ausgang, wo Veränderungen des Herzens bei der 
Sektion nicht nachweisbar waren. Hier handelt es sich um periphere 
Kompensationsstörungen, zu denen man vielleicht auch die Zirku¬ 
lationsstörungen nach Infektionskrankheiten rechnen kann. Diffe¬ 
rential-diagnostische Hilfsmittel für zentrale und periphere Störungen 
haben wir noch nicht. Vielleicht beruht die günstige Wirkung von 
Massage, Heilgymnastik und Bädern bei Kompensationsstörungen 
auch mehr auf einer Beeinflußung des peripheren Systems als des 
Herzens. 

4. Verfasser bespricht zunächst kurz die Aetiologie der Arterio¬ 
sklerose. erwähnt den Einfluß der Rasse, der Lebensweise, toxischer 
Stoffe (Blei, Quecksilber etc.), ferner den Einfluß der Lues und der 
Infektionskrankheiten. Bezüglich der Therapie unterscheidet er die 
prophylaktische und die symptomatische Behandlung. Da in den 
meisten Fällen, Blutdrucksteigerungen bestehen, muß die Therapie 
besonders die Herabsetzung desselben anstreben. Mäßigkeit in 
Speise und Trank, am besten laktovegetabile Kost. Doch empfiehlt 
Verfasser, da durch dieselbe häufig eine Belastung des Intestinal¬ 
traktus hervorgerufen wird, einmal täglich eine Fleischmahlzeit. 
Traubenkur und Mineralwasserkur sind manchmal empfehlenswert, 
ebenso auch hydriatische Prozeduren zur Blutdruckherabsetzung, be¬ 
sonders warme Bäder und solche Duschen, mitteldicke Moorbäder, 
Sauerstoff-Wasserbäder sowie kohlensaure Solbäder, besonders 
warme über 37° C. (!! Ref.), kohlensaure Gasbäder sind kontra¬ 
indiziert, Luftbäder gestattet, dagegen keine Sonnenbäder. 
Wechselstrombäder und Hochfrequenzströme sind nach Verfasser 
nicht sehr nachhaltig, ebenso auch der Faradische Pinsel. Von 
Medikamenten kommt in erster Linie das .lod in seinen verschieden¬ 
sten Verbindungen in Betracht, ferner Theobromin. Von gutem 
Erfolge soll auch die Kombination dieser beiden sein. Da eine 
Restitutio ad integrum nicht möglich ist, legt Verfasser den Haupt¬ 
wert auf die Prophylaxe. Subjektive und objektive Besserungen 
sind zu erzielen, sind jedoch nie von Dauer. 


Orthopädie. 

Referent: Spezialarzt Dr. H. Lehr, Stuttgart. 

1. Ueber die Form der Wirbelsäule. Von Dr. M. Böhm, 
Berlin. Berl. klin. Wochenschr. 10, Nr. 2. 

2. Ein Korsett zur Korrektur der Lordose bei lordotischer Albu¬ 
minurie. Von Dr. Th. W o h r i z e k , Prag. Med. Klinik 10. Nr. 18. 

3. Probleme der Skoliosenbeliandlung. Von Dr. Muskat, 
Berlin. Reichs-Med.-Anzeiger 10. Nr. .6 

4. Ueber Insuificientia vertebrae. Von San.-Rat Dr. 
A. Schanz, Dresden. Die Heilkunde 09. Nr. 11. 

5. Allmähliches Redressement des Pottschen Buckels. Von 

Dr. B. Lange, Straßburg. Straßburger med. Zeitung 10. Nr. 1. 

6. Zwei Fälle von Arthritis deiormans nach Typhus, ein Beitrag 
zur Kenntnis der Aetiologie der Arthritis deiormans. Von Dr. 

J. Rothschild. Berl. klin. Wochenschr. 10. Nr. 4. 

7. Zur Behandlung der habituellen Schulterluxation. Von Dr, 

E. Marcuse» Berlin. Berl. klin. Wochenschr, 10. Nr. 15. 


/ERS 



Nr. 25 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


391 


8. Ueber die Luxation im Lisfrancschen Gelenk. Von Dr. 

P. Ewald, Hamburg, ßerl. klin. Wochenschr. 10. Nr. 15. 

1. Untersuchungen über Lage und Form des Promontoriums an 
anatomischen Präparaten haben Verfasser belehrt, daß das Promon¬ 
torium von seiner normalen Lage zwischen 24. und 25. Wirbel über 
den 24. Wirbel rückt, wenn der letzte Lendenwirbel sakralen 
Charakter annimmt, und daß er seine Lage unter dem 25. Wirbel 
nimmt, wenn der erste Kreuzbeinwirbel lumbalen Charakter trägt. 
Diese numerische Variation verursacht in ihren höchsten Graden 
zwar ein abnorm gelegenes, aber wohlausgebildetes, in ihren mitt¬ 
leren und niederen Graden dagegen ein doppeltes, wenig ausge¬ 
bildetes oder ganz flaches Promontorium. Dem flachen Promonto¬ 
rium entspricht nun eine Abflachung der Lendenlordose. Diesen 
wichtigen Gesichtspunkt müssen wir den als bestimmend für die 
Form der Lendenlordose bekannten Momenten (Alter, Geschlecht, 
Rasse, Beruf) hinzufügen. Durch diese Untersuchungen erhalten wir 
Aufschluß über Wesen und Ursache des flachen Rückens und finden 
ferner die Erklärung der Tatsache, daß flacher Rücken und Skoliose 
eng verwandt sind in dem assymmetrischen Auftreten der numeri¬ 
schen Variation. 

2. Verfasser erreichte in einem Fall durch ein modifiziertes 
Hessingkorsett eine subjektive und objektive Besserung des Leidens. 
Die Eiweißabsonderung hörte, während der Patient das Korsett trug, 
auf, kehrte aber nach Ablegung desselben rasch wieder. 

3. Neben der kosmetischen Frage, die eine psychische Bedeutung 
zu beanspruchen hat, ist zu bedenken, daß schwer Skoliotische 
inneren Erkrankungen besonders von seiten des Herzens und der 
Lungen weit mehr ausgesetzt sind und meistens früh sterben. Diese 
Erwägungen haben bei dem häufigen Vorkommen des Leidens und 
der Unzulänglichkeit der therapeutischen Mittel in vorgeschrittenen 
Fällen eine ernste Bedeutung in prophylaktischer Beziehung. 

Die Lagerung der Kinder soll eine gerade sein, beim Führen der¬ 
selben durch Erwachsene ist darauf zu achten, daß nicht eine Schulter 
hochgezogen wird. Zu frühes und einseitiges Tragen ist zu be¬ 
kämpfen. In der Schule soll der Unterricht nach Möglichkeit gekürzt 
und die Pausen verlängert werden. Zwischen d'e Stunden sollen 
Freiübungen eingeschaltet werden, bei denen der Hauptwert auf 
Atemgymnastik zu legen ist. 

4. Bei der Untersuchung der Wirbelsäule stoßen wir häufig auf 
ein Krankheitsbild, das sich objektiv in Empfindlichkeit der ganzen 
Wirbelsäule oder einzelner Stellen (Prädilektionsstellen sind die 
Partie zwischen den Schulterblättern und die Lendenwirbel) von 
wechselnder Intensität beim Beklopfen oder bei Druck auf die 
Lendenwirbelkörper vom Abdomen her sowie in Erhöhung der 
Patellarsehnenreflexe zeigt. Als subjektive Symptome werden in 
erster Linie ausstrahlende Schmerzen nach Brust, Magen, Leib, 
ischiasartige Beschwerden und dergleichen und in nur seltenen Fällen 
Rückenschmerzen angegeben. In der Anamnese werden häufig 
Krankheiten irgendwelcher Art. die den Allgemeinzustand herab- 
gedriickt haben, und mitunter auch Traumen angegeben. Die Er¬ 
krankung hat einen ausgesprochen chronischen Charakter. Ihre 
Ursache liegt in einem Belastungsmißverhältnis der Wirbelsäule, was 
sich vor allem aus ihrem sehr häufigen Auftreten bei der als typische 
Belastungsdeformität anerkannten Skoliose -ergibt. Die Behandlung 
besteht bei leichten Fällen in körperlicher Ruhe und Rückenmassage. 
Für mittelschwere Fälle kommt ein Stützkorsett und anhaltende An¬ 
wendung von Thermophoren hinzu. Schwere Fälle erfordern außer¬ 
dem eine Liegekur eventuell im Gipsbett, und ersr nach Eintritt einer 
Besserung kommen die übrigen Heilmittel in Frage. 

5. Verfasser wendet zur Beseitigung der spondylitischen Defor¬ 
mität neben entsprechender Allgemeinbehandlung zunächst bis zur 
Dauer von Via Jahren das Reklinationsgipsbett an. Der völlige 
Ausgleich des Buckels wird dann innerhalb 1—lV* Jahren im Gips¬ 
verband erreicht. Es folgt ein Reklinationslederkorsett und zum 
Schluß zur Erhaltung des erreichten Resultates ein leichter Gerade¬ 
halter. Abszesse werden punktiert und es wird eine Jodoform¬ 
glyzerininjektion angeschlossen. Lähmungen pflegen im Gipsbett 
zurückzugehen. 

6. Beschreibung zweier Fälle, bei denen in unmittelbarem An¬ 
schluß an Typhus eine Erkrankung des Hüftgelenks auftrat, die nach 
vieljährigem, kaum schmerzhaftem resp. ganz schmerzfreiem Verlauf 
zu hochgradiger anatomischer Läsion des Gelenkapparates führte. 
Das Röntgenbild zeigte in der Hauptsache zahlreiche knollige 
Exkreszenzen, die die untere Hälfte des Schenkelkopfes sowie den 
Schenkelhals bedeckten. Nachdem Massage und Heißluftbehandlung 
nur einen vorübergehenden Erfolg gezeitigt hatten, wurde in Narkose 
die Flexions-Adduktionsstellung des Beines beseitigt und das Bein 
für drei Wochen in korrigierter Stellung in einen Gipsverband ge¬ 
legt. Es wurde ein guter Dauererfolg erzielt. 

7. Von einer Behandlungsmethode der habituellen Luxation des 
Schultergelenks müssen wir verlangen, daß sie den Eintritt der 
Luxation mit Sicherheit verhütet und der Muskelatrophie vorgebeugt. 
Prof. Karewski sucht dieser Anforderung durch einen kleinen Apparat 
zu genügen. Derselbe besteht aus einem mit weichem Leder ge¬ 
fütterten Metallring, der um den Hais getragen wird und von dem 
auch im Ruhezustände gespannte Gummizüge vorn und hinten über 
das Schultergelenk ziehen. Diese werden am Arm mit Leukoplast- 
Streiren befestigt. Auf der anderen Seite ist an dem Halsring ein 


Gegenzug angebracht, welcher die gerade Achselhöhle umgreift und 
in einem Schenkelriemen endigt. Sein Zweck ist, zu verhindern, 
daß sich die Bandage bei Bewegungen der Arme verschiebt. 

8. Verfasser hatte Gelegenheit, einen Patienten zu beobachten, 
bei dem vor 14 Jahren infolge eines schweren Unfalles eine reine, 
dorsolaterale Totalluxation im Lisfrancschen Gelenke eingetreten 
war. Eine Einrenkung hatte nicht stattgefunden. Auffallend ist, daß 
sich trotz der bedeutenden Dislokation allmählich ein gutes funktio¬ 
nelles Resultat herausgebildet hatte. Daraus ergibt sich in Ueber- 
einstimmung mit den Erfahrungen anderer Beobachter der Schluß, 
falls nicht sofort nach der Verletzung eine Einrenkung möglich war, 
nicht operativ einzugreifen, da die auf diesem Wege erzielten Er¬ 
folge wesentlich weniger befriedigend zu sein pflegen. 


Militär=Sanitätswesen. 

Referent: Generaloberarzt a. D. Dr. Peltzer, Steglitz. 

Forensische Psychiatrie in der Armee. Von Stabsarzt Dr. 

Th. Becker, Metz. Deutsche med. Wochenschr. v. 21. 4. 1910. 

In Nr. 44 der Therap. Rundschau vom vorigen Jahre erwähnten 
wir einen Aufsatz von Oberarzt Dr. Mönkemöller, Hildesheim, den 
dieser unter dem Titel „zur Kasnistik der forensischen Psychiatrie in 
der Armee“ im Juli- und Oktoberheft der Vierteljahrsschrift für ge¬ 
richtliche Medizin und öffentliches Sanitätswesen veröffentlicht hatte 
und in dem er an der Hand von 18, durch Militärgerichte der Hildes¬ 
heimer Anstalt überwiesenen Fällen den gegenwärtigen Stand des 
genannten Zweiges unserer Wissenschaft in der Armee besprach. 
Wenn wir uns damals im allgemeinen zustimmend zu dem Artikel 
äußerten (vergl. das Referat), so schließt dies nicht aus, daß wir uns 
heut Becker anschließen, der sich gegen einzelne Aeußerungn M.’s 
wendet, und zwar soweit diese geeignet sind, ein wenig günstiges 
Licht auf die forensische Psychiatrie in der Armee zu werfen. Auf¬ 
recht erhalten wir, daß nicht jeder einzelne Sanitätsoffizier gewisser¬ 
maßen auch ein Psychiater sein kann — das von B. an den Aus¬ 
führungen und Schlußfolgerungen M.'s Abgelehnte lehnen auch wir 
ab. Abgesehen davon, daß, wrie B. zutreffend bemerkt, das Material 
von 18 Fällen gerade nicht sehr groß ist, so ist es auch nicht richtig, 
daß von Militärgerichten die Frage der etwaigen Unzurechnungs¬ 
fähigkeit des Angeschuldigten im allgemeinen erst von dem Ver¬ 
teidiger angeregt wird, nicht richtig, daß wir uns meist wenig be¬ 
haglich fühlen, wenn wir ein psychiatrisches Gutachten erstatten 
sollen. Ferner wird gerade die Anamnese, im Gegensatz zu M.'s 
Ansicht, auf das gründlichste erhoben. Daß neben den Lazarett¬ 
gehilfen am meisten dem Polizeiunteroffizier die psychiatrische Be¬ 
obachtung im Lazarett zufallen soll, bedarf keiner Widerlegung. 
Daß es übrigens auch früher mit der Psychiatrie in der Armee nicht 
gar so schlecht bestellt gewesen sein kann, geht daraus hervor, daß, 
wie wir im Sinne B.'s hinzufügen, die Beförderung zum Oberstabs¬ 
arzt von der Ablegung des Physikats- (jetzt Kreisarzt-) Examens 
abhängig gemacht war. Waren psychiatrische Kenntnisse in der 
Armee demnach auch schon lange vor Errichtung des Sanitätskorps 
vertreten, so werden diese heut durch längere Kommandierungen 
zu psychiatrischen Kliniken sowie durch die Errichtung besonderer 
Abteilungen für Geisteskranke bei den größeren Garnisonlaza¬ 
retten, z. B. Posen, schon der jüngeren Generation unserer Sanitäts¬ 
offiziere zugänglich gemacht. So verbirgt die srraffe militärische 
Organisation, die dem Zivilmedizinalwesen naturgemäß fehlt, dem 
Militärsanitätswesen manchen Fortschritt und manchen Vorsprung,' 
den zu erreichen jenem, wenn überhaupt, erst später möglich ist. 


Pathologische Anatomie. 

Referet: Stabsarzt Dr. Geißler, Neu-Ruppin . 

H Chiari. lieber die Eingangspforten der Tuberkulose vom 
pathologisch-anatomischen Standpunkte aus. Straßburg. med. Ztg. 
1910, Januar. 

In neuerer Zeit wurde die Latenz des Tuberkelbazillus im 
lymphatischen System oft nachgewiesen und gezeigt, daß die 
Gegenwart von Tuberkelbazillen in Lymphdrüsen lediglich eine 
Hyperplasie des Gewebes bedingen kann, wobei weder makro- noch 
mikroskopisch von Tuberkulose etwas zu sehen ist und nur durch 
das Tierexperiment am Meerschweinchen die Bazillen nachgewiesen 
wurden können. Dies „lymphoide“-Stadium der Tuberkulose kann 
lange bestehen und von solchen Drüsen aus erst später eine mani¬ 
feste Tuberkulose, z. B. in den Lungen entstehen, die eigentlich 
sekundär und dennoch als einzig manifest, als primär imponieren 
kann. Diese Entdeckung fordert zur größten Vorsicht auf bei Be¬ 
stimmung der Eingangspforte der Bazillen. Man muß stets auf das 
lymphatische System achten und namentlich bei Qrüsenschwullung 
durch das Tierexperiment nach ihnen suchen. Nach den Eingangs¬ 
pforten werden allgemein unterschieden: die aerogene, die ente- 
rogene, die Impftuberkulose, die kongenitale (germinative und durch 




392 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 25 


Plazenta vermittelte) und als besondere Form die kryptogenetische 
Tuberkulose. Aerogene und enterogene Form haben zum Teil die¬ 
selbe Eintrittspforte. Tuberkulose in Nase. Pharynx, oberer Bron¬ 
chialbaum, Tonsillen, sind selten; kleinere Bronchien werden häufig 
betroffen. Die Lungentuberkulose nimmt ihren Ausgang vom Lun¬ 
gengewebe, nicht von den Bronchien. Vom Oesophagus und Magen 
dringen selten Bazillen in den Körper ein, wohl aber vom Darm. 
Der Genuß roher Kuhmilch spielt für die Darmtuberkulose sicher eine 
wesentliche Rolle. Baumgarten hält die kongenitale Tuber¬ 
kulose für die häufigste Form. Bei 20 tuberkulösen Frauen konnte 
C h i a r i 9mal Plazentartuberkulose nachweisen. Impftuberkulosen 
sind selten, ebenso kryptogenetische, denn eine sorgfältige Sektion 
wird meist noch irgendwo einen alten Herd ergeben. 

H. R o 1 1 e 11. Leber Dilatation des Sinus coronarius cordis 
bei Stenose des linken Herzostiums. Wien. klin. Wochschr. 1910, 4. 

Verfasser beschreibt einen Fall von exquisiter Stenose* des linken 
venösen Ostiurns mit starker Dilatation des Sinus coronarius cordis 
bei einem 23jähr. Arbeiter. Als Erklärung für die Entstehung der 
Vorgefundenen Verhältnisse ergab sich die Kombination einer be¬ 
kannten Anomalie der Venenanlage mit exquisiter, durch das Vitium 
erworbener Vorhofdilatation. Der Sinus coronarius cordis ist schon 
normaliter von sehr verschiedener Größe, unter pathologischen Ver¬ 
hältnissen vermag er an einer starken Dilatation des rechten Vor¬ 
hofes teilzunehmen und sogar, wenn auch in geringem Maße, zu 
hypertrophieren. Im vorliegenden Fall, in dem er als ein mächtiger 
Anhang des rechten Vorhofes erschien, umschlang er den linken 
Vorhof von hinten her. Sein abnormes Verhalten erklärte sich durch 
eine Persistenz der linken oberen Hohlvene. Die Frage, ob eine so 
exquisite Vergrößerung des Sinus durch Stauung infolge Beeinflußung 
der Zirkulation in der Herzwand auch physiologisch oder klinisch 
von Bedeutung sein kann, findet keine Beantwortung. 

W. A c h e 1 i s u. Munoka w a. lieber eine wesentlich in der 
Pars lumbosacralis des Rückenmarks lokalisierte Meningitis tuber- 
culosa mit klinischen Erscheinungen von zerebrospinaler Meningitis. 

Münch, med. Wochschr. 1910, 4. 

Bei einer 46jährigen Patientin wurde klinisch Nephritis und 
tuberkulöse Meningitis diagnostiziert, da sie mäßige Mengen Eiweiß 
und Zylinder hatte und zuerst ein eigenartig erregtes Wesen, dann 
aber Nackensteifigkeit, linksseitige Ptosis und Facialisparese sowie 
das K e r n i g sehe Phänomen der latenten Beugekontraktur der 
Unterschenkel zeigte. Bald wurde sie benommen, ließ sich nieder 
und starb am 6. Tage nach der Aufnahme... Die Sektion ergab ge¬ 
ringe aTfe lulferku löse Herde der Lungen, dann starke tuberku¬ 
löse Veränderungen der Nieren, nämlich käsig-eitrige Prozesse und 
zum Teil verkalkte Käsemassen auch im rechten Ureter und den 
Nebennieren. Der Nierenbefund ließ an urämische Zustände bei der 
Kranken denken, doch war diese Erklärung keine sichere. Eine 
Lösung der Frage brachte die Sektion des Rückenmarks, ,nämlicl] 
im lumbosakralen Teil starke Verdickungen und Hyperämie der 
inneren Meningen, wie die histologische Untersuchung ergab, und 
ferner auch kleinste tuberkulöse Entzündungsherde im obersten 
Halsmarke. Vielleicht waren solche Herde auch in den Meningen der 
Hirnbasis vorhanden gewesen, leider war hier eine Untersuchung 
unterlassen. 

C. B a y e r. Adenoides Gewebe und Krebs. Prag. med. Wo- 
chenschr. 1910, 1. 

Geschwülste können durch Ulzeration partiell oder total zu 
Grunde gehen und so eliminiert werden. Der Grad der Nekrose ist 
ausschlaggebend. Durch Fortleitung der septischen Entzündung von 
der Nekrose her kann es auch zum Untergang mitaffizierter Lymph- 
driisen kommen. Therapeutisch wurden diese Beobachtungen ver¬ 
wendet bei der künstlichen Nekrose mit Terpentin- und Erysipel- 
Impfung, zwei Verfahren, die aber nicht ungefährlich sind. Neuere, 
weniger gefährliche Methoden, wie Brennen, Aetzen, Bestrahlen, 
Fulguration sind nicht sicher wirksam. Die Lymphdrüsen besitzen, 
wie beobachtet worden ist, zweifelsohne die Fähigkeit, ein gewisses 
Quantum Geschwulstgift zu vernichten. Bei histologischen Unter¬ 
suchungen fand Verfasser Bilder, die den Untergang von Krebszellen 
in Lymphdrüsen deutlich zu demonstrieren schienen. Er schildert 
seinen Befund genauer; sie deuten auf ein höchst aktives Verhalten 
des adenoiden Gewebes. Seine Beobachtung wurde durch den 
Versuch bestätigt. Er fand, daß, wenn man auf karzinomkranke 
Organe Milz aufbrachte und längere Zeit liegen ließ, das Karzinom¬ 
gewebe in teilweisen Zerfall geriet.’ Bisher hat der Verfasser in 
5 Fällen stets das gleiche Resultat gefunden. 

O. I, u b arsc h. Allgemeine Biologie und Pathologie. Jahres¬ 
kurse für ärztliche Fortbildung 1910, Januar. 

Das Eingangsheft der neuen, im Lehmann sehen Verlage 
in München erscheinenden Monatsschrift bringt eine Uebersicht über 
den in der jüngsten Zeit gewonnenen Standpunkt einer Reihe in¬ 
teressanter Fragen. Zur Besprechung gelangen: Die Vererbung, 
wobei eingegangen wird auf die Frage der Uebertragung erworbener 
Eigenschaften, dann der Träger der Vererbung. Man muß auf Grund 
zahlreicher Beobachtungen annehmen, daß für die Vererbung der 
Arteigenschatt die Eizelle entscheidend ist und die Samenzelle ent¬ 
behrt werden kann. Für die Vererbung der Individualeigenschaften 
sind beide Zellen annähernd gleichartig. Die Mendel sehen Regeln 


werden genauer besprochen, ebenso die Martins sehe Ansicht 
von der Bedeutung der Vererbung für die Krankheitsentstehung und 
künstliche Befruchtungsvorgänge. Einen weiteren Raum nehmen 
die Erörterungen über normales und pathologisches Wachstum ein, die 
zum Geschwulstproblem überleiten. Verfasser zeigt, wie von ver¬ 
schiedenen Autoren der Begriff Geschwulst definiert wurde, welche 
Beziehungen zwischen Gewächsen und Mißbildungen bestehen und 
wie man eine Verallgemeinerung der Theorie von der Entstehung 
der Blastome durch Entwicklungsstörungen nicht gutheißen kann. 
Er gibt dann einen Ueberblick über den Stand des Tierversuchs, 
Teratome und Teratoide zu erzeugen, die Wachstumsfähigkeit er¬ 
zeugter Teratome zu steigern und Blastome künstlich hervorzurufen. 
Mit einer Betrachtung der katabiotischen oder degenerativen 
Störungen des zellulären Fett- und Kohlehydratstoftwechsels schließt 
seine interessante Arbeit. 


Krankenpflege. 

Referent: Stabsarzt Dr. Geißler, Neu—Ruppin. 

E. K a n d z i a. Die Pflege bei Delirium tremens. Deutsch. 
Krankenpfl.-Ztg. 1910, 4. 

Die erste Bedingung für das Pflegepersonal ist ein festes, be¬ 
sonnenes, ruhiges Auftreten. Für die Unterbringung sind verschie¬ 
dene Punkte zu berücksichtigen. Läßt man die Kranken im Hause, 
so führe man im Krankenzimmer keine zu beträchtlichen Aende- 
rungen herbei oder sorge in irgendeiner Weise bei Entfernung von 
auffallenden Gegenständen für atrappenartigen Ersatz, z. B. für einen 
Spiegel nehme man mit Silberpapier überzogene Pappe. Scharfe 
Beobachtung der Kranken ist zu unterlassen, ebenso festes Anpacken, 
Ausreden von Wahnvorstellungen, gewaltsame Ernährung. Für das 
Verhalten bei Wutausbrüchen sind schwer Regeln zu geben. Bei 
komplizierenden Erkrankungen ist Bettruhe nötig, ev. muß man den 
Kranken für einige Zeit binden. Die Ernährung ist oft sehr schwierig 
und erfordert viel Geduld. Bei vorausgegangener Erregung lasse 
man nicht dritte Personen das Zimmer betreten. Oberflächliche 
Pflege verlängert die Krankheit, eine gewissenhafte, scharf beobach¬ 
tende führt zu baldiger Genesung. 

J. C h o m s e. Zur Pflege Suizidverdächtiger. Ztschft. f. 
Krankenpfl. 1909, Dez. 

In der Rekonvaleszenz kommt bei manchen Geisteskrankheiten 
auch noch die Neigung zum Selbstmord vor, es werden daher auch in 
dieser Zeit an das Personal große Anforderungen gestellt. Viele 
Kranke klammern sich an den Arzt mit ihrer ganzen Hoffnung, zumal 
dann, wenn er ihnen von Anfang an ein größeres Interesse widmet. 
Läßt dieses scheinbar nach, so kann der Drang zum Selbstmord auf- 
treten. Pfleger und Pflegerinnen können durch Takt und Hingabe 
die gleiche Zuneigung gewinnen, so daß den Kranken eine gefährliche 
Klippe erspart bleibt. Ueberaus schwierig gestaltet sich die Pflege 
bei Entziehungskuren. Die Ausgestaltung der Räume, manche kleine 
Bequemlichkeit, Blumen am Fenster, laue Bäder u. a. m. können 
die Pflege erleichtern. Paralyse und Melancholie stellen die 
meisten Selbstmordversuche. Kranke beider Krankheitsformen ge¬ 
hören in geschlossene Anstalten. Bei Neurasthenie und Hysterie 
kann man nicht eigentlich'von Selbstmord sprecnen, sondern nur 
von Zwangshandlungen, ebenso auch bei manchen Fällen von. 
Epilepsie und den Erscheinungen des „unerklärlichen Selbstmords“. 
Bei diesen verschiedenen Zuständen erscheint eine Verhütung des 
Suizids fast ausgeschlossen, nur vielleicht während eines zufälligen 
Krankenhausaufenthalts möglich. Tüchtige Pflegei und Pflegerinnen 
sehen den kommenden Selbstmordversuch vielleicht mal voraus und 
bauen vor. 

A. Orzellitzer. Ueber Blindenpflege. Ztschft. für 
Krankenpfl. 1910, 3. 

Am schwersten sind Erblindende zu pflegen; da bei ihnen leicht 
die Neigung zum Selbstmord auftritt, müssen sie sorgfältig über¬ 
wacht werden. Den Erblindeten soll man an sein Schicksal nicht 
erinnern, da Blinde meist heiterer Stimmung sind. Ueber ihre Um¬ 
gebung sind sie besser orientiert, als wir denken, hilflos sind sie nur 
in fremder Umgebung. Ein Teil der Pflege besteht darin, ihnen in 
ihrem Heim die Orientierung nicht zu erschweren. Blinde trachten 
nach möglichster Selbständigkeit, ständiges Bemuttern würde sie 
ihm beeinträchtigen. Schwierig ist .noch immer die Auswahl des 
Berufes. Neuerdings hat man für sie die Ausbildung als Masseure 
wegen ihres feinen Gefühls vorgeschlagen. Sehr wertvoll ist für die 
Blinden die kürzlich erfundene Schreibmaschine, die äußerst leicht 
zu handhaben ist. Von großer Wichtigkeit ist reichlicher Aufenthalt 
im Freien, ferner Zimmergymnastik. Ehen zwischen Blindgeborenen 
sind, wenn irgend angängig, mit Rücksicht auf den Nachwuchs zu 
verhüten. Die Zahl der Blinden nimmt ständig ab. In Preußen 
kommen auf 10 000 1905 5,8 gegen 9,3 im Jahre 1871. 

O. G o 11 n e s t. Die Pflege Typhuskranker im Privathause. 

Deutsch. Krankenpfl.-Ztg. 1910, 6. 

Bei Pflege Typhuskranker im Privathause empfiehlt es sich, 
als Krankenzimmer einen Raum in der Nähe des Baderaumes zu 
wählen wegen der so erleichterten Desinfektion von Wäsche und 





Nr. 25 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


393 


dergl. Ins Krankenzimmer gehören ein zweites Bett oder Chaise¬ 
longue. Die Bettstellen sind wenn möglich aus Eisen, die Matratzen 
aus Roßhaar, Unterbetten vermeide man. Das Bettlaken steckt man 
lest, damit sich keine Falten bilden. Luftring oder Wasserkissen 
verwende man rechtzeitig. Entleerungen werden 2—3 Std. lang mit 
Lysol- oder Kreolinlösung desinfiziert, dann fortgeschüttet. Die 
Wäsche bleibt 24 Std. in 3°/« Lysollösung. Badewasser muß desin¬ 
fiziert werden. Die Badeeinrichtung darf von Gesunden nicht be¬ 
nutzt werden. Die Pfleger tragen Waschkleidung, die sie beim 
Verlassen des Kranken ausziehen. Zum Waschen im Kranken¬ 
zimmer dient Sublimat. Genaue Beobachtung des Kranken ist er¬ 
forderlich. alles Wichtige zu notieren und dem Arzt zu melden. 
Unruhige Kranke sind vor dem Herausfallen, sich beschmutzende 
vor dem Durchliegen zu schützen. Die Herrichtung des Bades und 
die Ausführung desse[ben sowie die Bereitung von Packungen wird 
genau besprochen. Sehr wichtig ist die Mundpflege. Von der an¬ 
geordneten Diät darf niemals abgewichen werden. Bei Verab¬ 
reichung der Nahrung ist wegen der Möglichkeit des Verschluckens 
Vorsicht geboten. Vor Lungenstauungskatarrh schützt öfterer Lager¬ 
wechsel. Aengstliche Fürsorge gebührt dem Rekonvaleszenten. 
Nach beendeter Krankheit ist gründliche Desinfektion des Kranken¬ 
zimmers und aller vom Kranken gebrauchten Gegenstände nötig. 

Hildebrand t. Moderne Krankenhausbauten. Deutsch. 
Krankenpfl.-Ztg. 1910, 3/4. 

Die verschiedenen Bauarten — Korridorsystem, Pavillonsystem, 
Baracken, gemischtes System — werden einer ausführlichen Be¬ 
sprechung unterzogen und zum besseren Verständnis für jede Art 
einer Krankenhausanlage genauer beschrieben. Die erforderlichen 
Nebengebäude werden aufgezählt. Zahlenbeispiele zeigen, auf wie¬ 
viel Einwohner ein Krankenhausbett kommt, wieviel Quadratmeter 
pro Bett nötig sind, wieviel Betten ein Krankenhaus im Höchstfall 
haben soll, wie hoch sich die Baukosten stellen, wie hoch die täg¬ 
lichen V e r wa 1 tu n gskoste n. 

Schönstedt. Krankenzimmer, Krankenbett, Krankenbeob¬ 
achtung. Deutsch .Krankenpfl.-Ztg. 1910, 2. 

Das Krankenzimmer soll hell, sonnig, ruhig, gut lüftbar, gut heiz¬ 
bar und frei von überflüssigen Möbeln sein. Vorrichtungen zur 
künstlichen Verfinsterung, zweckmäßigen Beleuchtung mit abblend¬ 
baren Lampen sind nötig. Besonderes Interesse verdient das Bett, 
per moderne Sprungfederrahmen mit Roßhaarmatratze und darauf¬ 
liegendem Billrothbatist ist das. Erstrebenswerte. Glatte, ungeflickte 
Laken sind erforderlich. Das Kopfkissen - sei mit Roßhaaren gepol¬ 
stert, die Bettwäsche weiß. Bei sitzenden Kranken gehören Kissen 
in den Rücken und Stützen an die Füße, sowie ins Bett eine Vor¬ 
richtung zum Aufrichten. Das Bett soll frei im Zimmer stehen. 
Dauernder Beobachtung sind zu unterwerfen Schlaf, Atmung, Puls, 
Körperwärme, Ausscheidungen und besondere Ereignisse. Verfasser 
führt aus, wie man sich bei diesen verschiedenen Fragen verhalten 
soll. Seine kleine Arbeit ist für die Belehrung des Pflegepersonals 
bestimmt. 

H. Z i m m e r m a n n. Aufzug-Vorrichtungen in Krankenan¬ 
stalten. Zeitschr. f. Krankenpflege 1910, Jan., Febr. 

Der horizontale Transport Kranker wird am besten durch den 
Jacobsohnsehen Krankenbettfahrer besorgt, den vertikalen leisten 
in modernen Krankenhäusern Fahrstühle teils mit Druckwasser-, 
teils mit elektrischem Antriebe. Verfasser schildert, -wie ein solcher 
Fahrstuhl für die Krankenbeförderung eingerichtet sein muß, um auch 
gut gereinigt und desinfiziert werden zu können, und weist auf ver¬ 
schiedene bauliche Fragen hin, auf die einzugehen der Kaum nicht 
gestattet. 

C. L e c h 1 e r. Speisenwärmung über der Lampe. Zeitschr. f. 
Krankenpflege 1910, Januar. 

Die neue Vorrichtung ist so konstruiert, daß sie über jede 
Küchen- oder andere Lampe gestellt werden kann. Sie besteht aus 
einem Dreifuß und einem in der Höhe-beliebig verstellbaren Ober¬ 
teil, welcher gestattet, den aufgesetzten Topf der Lampe beliebig zu 
nähern und von ihr zu entfernen, je nachdem stärkeres Anwärmen 
der Speisen oder nur Warmhalten gewünscht wird. Der Verfasser 
in Jagstheim bei Crailsheim gibt genauere Auskurut über die Vor¬ 
richtung. 

G. Bernhard. Elektrische Speisenbereitung. Ztschft. f. 
Krankenpfl. 1910, 3. 

Verfasser empfiehlt die Elektrizität als Heizquelle bei der Her¬ 
stellung von Speisen. Er bespricht die verschiedensten Geräte zum 
Kochen, Braten, Backen, bei denen die elektrische Kraft zur An¬ 
wendung kommt, ferner auch Apparate, die zu mechanischen 
Arbeiten dienen, wie Zerkleinern, Schälen, Stampfen, Mischen usw. 
Zugegeben, daß alle diese Geräte äußerst sauber arbeiten, etwas, 
woran aber ihre ausgedehntere Verwendung scheitern wird,- sind 
ihr hoher Preis und die nicht unbeträchtlichen Betriebskosten. 

Verhaltungsmaßregeln bei Erkrankungen an ansteckenden 
Krankheiten. Deutsch. Krankenpfl.-Ztg. 1910, 5. 

Zuerst werden die anzeigepflichtigen Krankheiten aufgezählt und 
gezeigt, wie man sofort die Ansteckungsgefahr verringern kann, 


nämlich durch Isolierung und Desinfektion. Besonders ausdrücklich 
wird hingewiesen auf die Gefahr der Uebertragung ansteckender 
Krankheiten durch Bücher und Zeitschriften. Die Pflichten der 
Pfleger werden beleuchtet. Alles was mit dem Kranken in Be¬ 
rührung kommt, muß desinfiziert werden. Die verschiedenen Ver¬ 
fahren werden aufgezählt. Wie sich der Genesende verhalten und 
wie die Versorgung und der Abtransport Verstorbener erfolgen soll, 
wird eingehend geschildert. 

L. Meyer. Ein Taschen-Suspensorium. Zeitschr. f. Kranken¬ 
pflege 1910, Februar. 

Verfasser zeigt, in welcher Weise ein Suspensorium angefertigt 
sein soll, um den Anforderungen, die an dasselbe gestellt werden, 
gerecht zu werden. Die bisherigen hatten alle eir.e;i Mangel. Sie 
verhüteten nicht, daß das in hängender Lage befindliche, mit Watte 
nicht verdeckte Glied die Wäsche beschmutzte. Diesem Mangel 
wurde dadurch abgeholfen, daß vor dem Hodensackbeutel eine 12 
cm lange, 10 cm breite, oben anknöpfbare Tasche angebracht wurde, 
in die das Glied hineinhängt. Ist die Tasche vom Eiter durchfeuchtet, 
wird sie gegen eine andere ausgewechselt. Der Preis mit mehreren 
Taschen beträgt für die Bandage 2.00—2,50 M. Bezugsquelle ist 
A. Laboschinski, Berlin, Neue Köiiigstr. 5. 

H. Schröder. Ein neues Augentropfglas. Zeitschr. f. Kran¬ 
kenpflege 1910, Februar. 

Das Gläschen besteht aus einem Flüssigkeitsbehälter, der 
Augenspitze mit aufgeschliffener Schutzkappe und einer Gummi¬ 
membran auf einer trichterförmigen Oeffnung, durch welche die 
Flüssigkeiten eingefüllt werden. Durch Druck auf die Membran 
wird aus der Spitze tropfenweise Flüssigkeit entleert. Der Apparat 
ist leicht sterilisierbar, die Flüssigkeit in ihm bleibt steril und kann bis 
zum letzten Tropfen verbraucht werden. Pr. 0,75 M. Bezug durch 
Chemisch-pharmazeutische Handelsgesellschaft in Frankfurt a. M., 
Mainzerlandstr. 193. 

P. Jacobsohn. Der Krankenpflege-Nachweis in Berlin. 

Zeitschr. f. Krankenpflege 1910, 1. 

Akute fieberhafte Infektions-Krankheiten und. im Verlauf chro¬ 
nischer Erkrankungen eintretende lebensgefährliche Erscheinungen 
machen oft plötzlich das Herbeiholen von Pflegekräften ins Privat¬ 
haus nötig. In Berlin gibt es zahllose Vereinigungen für Kranken¬ 
pflege teils mehr offizieller, teils rein privater Natur. Infolge dieser 
großen Zahl besteht naturgemäß eine Zersplitterung. Die große Zahl 
gestattet auch nur einen mangelhaften Ueberblick über die Güte des 
Personals. 1902 rief, um diesen Mängeln abzuhelfen, der Verfasser 
einen Zentral-Krankenpflege-Nachweis ins Leben. Seine vorliegende 
Arbeit schildert die Organisation und den Betrieb der Einrichtung. 
Erwähnenswert ist, daß auch unbemittelte Kranke versorgt werden, 
ebenso Krankenkassenmitglieder, und daß für Krankenanstalten, 
Kliniken und Sanatorien ein geeignetes Personal bereitgestellt und 
eine dauernde Verbindung mit Bädern und Kurorten angebahnt ist. 


Hautkrankheiten. 

Referent: Dr. Gm mach, Berlin. 

1. Neuere Methoden der Dermatotherapie. Von Dr. Walter 

Pick. Medizinische Klinik, Jahrg. IV 1910, Nr. 15. 

2. In welcher Weise wirkt das Quecksilber bei der antilue- 
tischen Behandlung auf den Ausfall der Seroreaktion? Von Dr. 

Aug. Brauer. Münch, medizin. Wochenschr. 1910, Nr. 17. 

3. Die Wassermannsche Reaktion und der prakt. Arzt. Von 

Priv.-Doz. Dr. F. Plaut. Münch, med. Wochenschr. 1910, Nr. 16. 

1. In einem in der Sitzung des Wiener Doktorenkollegiums 
vom 20. 12. 09 gehaltenen Vortrage läßt P. die verschiedenen 
neueren Methoden der Dermatotherapie Revue passieren: 

Die Röntgentherapie ist zwar nicht neu, ist aber jetzt 
erst durch die Gefahrlosigkeit ihrer Dosierung Allgemeingut der 
Therapeuten geworden. Um die Methode vor Diskreditierung zu 
schützen, warnt er vor zu ausgedehnter Anwendung in allen mög¬ 
lichen von den Büchern über Radiologie angegebenen Fällen. Er 
unterscheidet absolute und relative Indikationen. 

Zu den absoluten, denjenigen, bei denen die Röntgen¬ 
therapie als einziges wirksames Mittel in Betracht kommt, rechnet er 

1. Die parasitären Erkrankungen der Kopf¬ 
haut (Favus, Trichophytie, vergessen ist Mikro¬ 
sporie), bei denen die Röntgentherapie alle bisherigen, teils 
recht rohen therapeutischen Eingriffe aus dem Felde geschlagen hat. 

2. Die lymphatischen Erkrankungen der Haut 
(die prurigenösen Exantheme und Tumoren der Haut bei Leu¬ 
kämie und Pseudoläukämie, auch Mycosis fungo- 
ides und Sarcoma idiopathicum Kaposi), bei denen 
die Wirkung fast irnrner nur symptomatisch, aber doeh schätzens¬ 
wert ist, 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 

















394 


Zu den relativen Indikationen, bei denen die Rönt¬ 
gentherapie nur zuweilen oder in Kombination mit andern Methoden 
wirkt, rechnet er nur sehr wenige Leiden: Kleine massen¬ 
hafte Tumoren der Haut (Lymphangio-endotheli- 
oma, Adenoma sebaceu m), nicht Verrucae vulgares. Bei 
Lupus vulgaris käme sie entweder gar nicht oder nur zur Vor¬ 
bereitung bei exulcerierten lupösen Flächen in Betracht. Weitere 
Indikationen sind follikuläre Eiterungen (Sycosis non 
p a r a s it a r i a, Acne nuchae). 

E r w a r n t vor Anwendung bei Lupus erythematodes, 
Psoriasis, wobei die Rezidive schneller kämen als sonst, Ekzem 
(nach Meinung des Referenten mit Unrecht, da bei chronischen 
besonders den tylotiformen und rhagadiformen die Röntgen¬ 
therapie vorzügliche Erfolge hat), Sclerodermie, sonstigen Tu¬ 
moren, abgesehen von der oben genannten Hypertrichose des 
Gesichts, bei der häufig sogar durch Auftreten von Pigment- und 
Gefäßflecken ein kosmetischer Schade hervorgerufen wird. 

Für letztere empfiehlt er als einzig in Frage kommend die 
Elektrolyse, besonders mit dem Kromayerschen Apparat, der 5 bis 
fast an die Spitze isolierte Nadeln enthält. 

Bei Acne vulgaris wirkt die Röntgentherapie nicht mehr 
als andere Entzündung herbeiführende Methoden, wirkt jedenfalls 
nicht nachhaltig. Da sehr häufig Anämie die Ursache ist, empfiehlt 
er innerlich Eisen und äußerlich weiße Präzipitatsalbe sowie Ver¬ 
meidung jeglicher Reize. Bei knotigen Formen empfiehlt er die 
Heißluftdusche. 

Die Radium- Behandlung empfiehlt er gegen Hautepi¬ 
theliomen, bei denen sie souverän ist. Auch bei pigmen¬ 
tierten und behaarten Naevi führt sie zu narbenloser Hei¬ 
lung. Für diese ihrer hohen Kosten wegen immerhin nur ausnahms¬ 
weise anzuwendende Methode tritt neuerdings in dem letzteren Falle 
die von Pusey eingeführte Behandlung mit hohen Kälte¬ 
graden (flüssige Luft und noch bequemer Kohlen¬ 
säureschnee) ein. Ihre Domäne sind die Gefäß-Naevi. Mit 
dieser Methode erreicht man bei gehöriger Vorsicht und bei Geduld 
Abheilung von Gefäß-Naevi, welche halbe Gesichtshälften ein¬ 
nehmen. Er empfiehlt, um Schaden zu vermeiden, vorerst ganz 
kurze Applikation, nur etwa 10 Sekunden lang, und erst, wenn man 
durch langsames Steigen die Dosis festgestellt hat, die Anwendung 
dieser auf der ganzen Fläche. 

Kontraindiziert ist diese Methode bei Lupus vul¬ 
gär i s und Lupus erythemat o d es. 

2. Brauer untersucht, wie die zuerst von Citron festgestellte Tat¬ 
sache zu erklären sei, daß durch eine Quecksilberkur die positive 
Wassermann-Reaktion in eine negative verwandelt wird. Er 
schlägt dazu nicht, wie einige andere Autoren es versucht haben, 
den Weg des Tierexperimentes oder gar den des chemischen Rea¬ 
gensglasversuches ein, welche in der Tat Schlüsse auf, die natür¬ 
lichen Vorgänge im Menschen wegen der noch ganz dunklen Kon¬ 
stitution der komplementbindenden Substanz nicht zulassen, sondern 
den der physiologischen Untersuchung am Patienten. 

Drei Möglichkeiten existieren nach Brauer für die Umstim¬ 
mung der Reaktion. 

1. Das Hg kann das Serum hämolytisch machen. 

2. Das Hg kann die im Luesserum vorhandenen komplement¬ 
bindenden Substanzen zerstören oder paralysieren. 

3. Das Hg kann die Produktionsstätten der komplementbin¬ 
denden Substanzen direkt angreifen oder auf das Virus selbst ein¬ 
wirken. 

Fall 1 ist schon durch die Tatsache widerlegt, daß bei Hg-In- 
toxikation nie eine Hämolyse (Hämaturie) zustande kommt. Wenn 
Fall 2 zutrifft, so muß, meint Brauer, die Reaktion in einer Be¬ 
ziehung stehen zur Intensität der Hg-Resorption. Für die Größe dieser 
glaubte er einen Maßstab zu haben in der Größe der Hg-Ausschei- 
dung im Urin. In 68 Fällen, deren Reaktion und Hg-Ausscheidung 
er teils während, teils sofort, teils längere Zeit nach der Kur ver¬ 
glich, konnte er feststellen, daß keinerlei Beziehungen zwischen 
Reaktion und Hg-Resorption bestehen. 

Ferner sagte er sich, daß in Fall 2 das Hg-haltige Serum von 
behandelten die aktive Reaktion des Serums von unbehandelten 
Luetikern abschwächen müsse. In 37 Versuchen geschah das nie¬ 
mals. 

Dazu kommt noch die klinisch festgestellte Tatsache, daß es 
in alten Luesfällen viel schwerer gelingt, eine positive Reaktion in 
eine negative umzuwandeln, während man, da die komplement¬ 
bindende Substanz in beiden Fällen die gleiche sein muß, auch die 
gleiche Umwandlungsmöglichkeit dieser Substanz durch Hg er¬ 
warten sollte. 

Aus den Versuchen und aus der angeführten klinischen Tat¬ 
sache schließt Brauer, daß die Umwandlung der Reaktion nicht zu¬ 
stande kommt durch Beeinflussung der komplementbindenden Sub¬ 
stanz, sondern durch Angreifen des Syphilisvirus selbst. 

3. Plaut wendet sich scharf gegen v. Düngern, welcher eine 
sehr vereinfachte Methode der Wassermann r Reaktion zum Ge¬ 
brauch des prakt. Arztes empfohlen hat. Die Methode deckt sich so 
ziemlich mit der von Noguchi empfohlenen und verwendet aktives 
Patientenblut, enthaltend Serum- und Blutkörperchen (für das hämo- 


i'ERSIPi 


Nr. 25 


lytische System), Meerschwcinchcnserum-Filtrierpapier (als Kom¬ 
plement), Antimenschen-Kaninchenserum (zur Hämolyse) auf Fil¬ 
trierpapier und flüssiges Meerschweinchen - Extrakt als Antigen. 
Gegenproben mit einem sicher positiven und einem sicher negativen 
Serum, wie sie Noguchi noch empfohlen, hält er für unnötig. 

Somit weicht die Methode von der Originalmethode in 
3 Punkten ab: 

1. Durch Aenderung der Reagentien (einfaches Extrakt statt 
luetischen), Patienten-Blutkorperchen. 

2. Durch Konservierung der Reagentien mittels Eintrock¬ 
nens auf Filtrierpapier. 

3. Durch Aufgabe der Kontroll-Technik. 

Plaut weist nun an der Hand von Erfahrungen vieler bekannter 
üntersucher nach, 

1. daß die Ersatzreagentien (einf. Extrakt) minderwertig 
sind, die aktiven Sera und die Patienten-Blutkorperchen häufig 
ganz unbrauchbare Resultate ergeben, 

2 daß auf Filtrierpapier eingetrocknete Reagentien ver¬ 
derben, mindestens aber nach einiger Zeit frisch austitriert werden 
mußten, 

3. daß der Wegfall aller Kontrollen fälschlich negative Re¬ 
aktion bei Luetikern (unwirksames Extrakt) und fälschlich posi¬ 
tive bei Gesunden (selbst für sich hemmendes Extrakt) zustande 
bringen und so zu geradezu verwirrenden Konsequenzen führen 
könnte. 

Dadurch könne die Reaktion aus einem Segen zu einer ernsten 
Gefahr werden. Die Verhandlungen der Berl. mediz. Ges. vom 
16. Juni geben Plaut mehr als Recht. 


Mitteilungen über Arzneimittel. 


Referent: Dr. W. Krüger, Magdeburg. 

1. Ueber die Wirkung des neuen Arsenpräparates (606) Ehr- 
lichs bei Rekurrens von Jul. I versen in Petersburg. Münch. 
Med. Woclienschr. 1910, Nr. 15. 

2. Die Behandlung der diffusen eitrigen Peritonitis mit Iprozen- 
tigem Kampferöl. Von Priv.-Doz. Dr. G. Hirschei in Heidel¬ 
berg. Ibidem. 

3. Ueber „Dr. Scholviens Präservativlösung“, ein neues Anti- 

konzipiens und Prophylaktikum. Therap. Ratgeber, Nr. 9. 1910. 

4. Therapeutische Erfahrungen mit Almatein. Von Dr. Ertl 
in Binz. Die Heilkunde 1910. p. 124. 

5. Einige mit Lezithinsanguinal behandelte Fälle. Von Dr. S. 

Riegelhaupt, Krh. Wieden. Wien. Aerztl. Vierteljahrsrund¬ 
schau, Nr. 2. 1910. 

1. Verfasser hat das neue Arsen Präparat 606 E h r 1 i c h s 
(s. Ref. Nr. 19 dies. Wochenschr.) bei Rekurrens angewendet. Das 
hellgelbe, in Vakuumröhrchen eingeschmolzene Pulver muß vor 
jedesmaliger Anwendung in das Natriumsalz übergeführt werden. 
Davon wurde eine V*—2prozentige wässrige Lösung angewandt; 
doch hält Verfasser die lprozentige Lösung für die beste. 24—48 
Stunden nach der Injektion in die Glutaeen wurden sehr schmerz¬ 
hafte reaktive Infiltrate beobachtet, die tagelang das Sitzen behin¬ 
derten, ohne jedoch in Abszesse überzugehen. Die injizierte Menge 
betrug 10—20 ccm der Lösung (= 0,05—0,4 der Substanz). Die 
Einspritzungen wurden am 4. oder 5. Krankheitstage gemacht. Die 
großen Dosen von 0,4 gr Arsenobenzol haben 52 Rekurrenskranke 
erhalten, 37 im ersten, 11 im zweiten Anfall intramuskulär, 4 im 
ersten Anfall intravenös. Bei allen 52 Fällen erfolgte ein kritischer 
Temperatursturz und Verschwinden der Spirochaeien. Der Tem¬ 
peraturabfall erfolgte unter heftigem Schweißausbruch ohne Kol¬ 
laps in 7—14—20 Stunden, während 3—4 Stunden nach der Injektion 
meist ein Schüttelfrost eintritt. In der Krisis verschwanden alle 
subjektiven Symptome, nach ihr fühlen sich die Kranken gesund. 
Nach 2—3 Tagen trat die Schmerzhaftigkeit de» Injektionsstellen 
mit neuerlicher Temperatursteigerung auf, ohne daß wieder Spiro¬ 
chäten im Blute vorhanden waren. I n 92 pCt. der Fälle 
traten keine Rezidive ein. In anfallsfreier Zeit injiziert, 
verhütet das Arsenobenzol ein Rezidiv. Die Schmerzhaftigkeit der 
intramuskulären Injektion wird verhütet, wenn man intravenöse 
Einspritzungen macht. Verfasser zieht aus seinen Beobachtungen 
folgende Schlüsse: 

1. Das Natriumsalz des Dioxydiamidoarsenobenzols, einem 
Rekurrenskranken eingeführt, ist imstande, an beliebigem Tage 
eines beliebigen Anfalles, innerhalb 7—14, aber spätestens in 
20 Stunden den Anfall zu kupieren und in 92 pCt. aller Fälle 
einen weiteren Anfall zu verhüten, d. h. eine einzige Injektion 
dieser Substanz sterilisiert das Blut eines mit Rekurrensspiro- 
chäten infizierten Menschen. 

2. Die therapeutische Dosis für Rekurrens beträgt 0,2 bis 

0,3 dieser Substanz, 


/ERSI 




Nr. 25 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


395 


3. Nach Injektion einer solchen Quantität des Mittels ver¬ 
schwinden die Spirochäten innerhalb 4—10 Stunden aus dem 
Blute vollständig und können nicht mehr nachgewiesen werden. 

4. Die Temperatur fällt nach der Injektion sukzessive im 
Verlauf von 7—14 Stunden, spätestens aber nach 20 Stunden meist 
unter profusem Schweiß ohne Kollaps bis unter die Norm, 
(«leichzeitig schwinden alle subjektiven Beschwerden. 

5. Das Dioxydiamidoarsenobenzol übt in den meisten Fällen 
an den Injektionsstellen einen lokalen Reiz aus, der sich in 
Schmerzhaftigkeit und Infiltraten äußert, welche individuell sehr 
variabel sind und in manchen Fällen längere Zeit bestehen. 

6. Die intravenöse Injektion dieser Substanz ist vollständig 
schmerzlos, wird von keinen unangenehmen Nebenerscheinungen 
begleitet, und die Wirkung tritt 3—4 Stunden schneller . als bei 
intramuskulärer Injektion ein. 

2. Bei schweren Formen von diffuser Peritonitis (Ursache 6mal 
perforierter Appendix, lmal perforiertes Magenulkus, lmal perfo¬ 
rierte Gallenblase, lmal Pfählung) hat H. lprozentiges Kampferöl 
in die Bauchhöhle gebracht. Von diesen 9 hoffnungslosen Fällen 
genasen 5. Die Operation wurde so ausgeführt, daß erst der Ort 
der Perforation aufgesucht und versorgt, und der Eiter möglichst 
vollständig entfernt wurde. Dann wurde das vorher erwärmte steri¬ 
lisierte Iprozentige Kampferöl in Mengen von 100—300 g in die 
Bauchhöhle gebracht und mittels der mit einem Gazebäuschchen be¬ 
waffneten Hand überall in die Bauchhöhle zwischen die Därme 
und parietal im Douglas etc. verteilt. Dann wurde lumbal eine 
Gegeninzision gemacht. Nach G 1 i m m , der diese Methode zuerst 
bei Tieren erprobte, nimmt Verfasser an, daß durch das Oel die 
Lymphbahnen verstopft werden und dadurch eine weitere bakte¬ 
rielle Resorption verhindert wird. Dabei hat die Zugabe des 
Kampfers eine analeptische Wirkung. Bei 2 am 5. und 15. Tage 
verstorbenen Fällen waren die Därme glatt und glänzend; Adhä¬ 
sionen und Verklebungen fehlten. Die sonstige Behandlung der 
Kranken entsprach den heutigen Grundsätzen: Reichliche Flüssig¬ 
keitszufuhr subkutan oder rektal oder intravenös: Magenaus¬ 
spülungen. 

3. Im Beiblatt des Aerztl. Zentralanzeigers vom 23. April 1910 
wird ein neues Antikonzipiens und Prophylaktikum, die Dr. A. 
Scholviensche Präservativlösung empfohlen. Dieselbe besteht aus 
konzentrierter Borlösung in Verbindung von Formaldehyd und dem 
Hauptbestandteil des rohen Holzesseigs. Unter dem Mikroskop 
stellten Spermatozoen auf Zusatz eines Tropfens dieser Lösung 
sofort ihre Bewegung ein und nahmen sie auch ’nlciit wieder auf. 
Dieselbe Wirkung hatte die Lösung in größerer Verdünnung (in 
welchem Prozentsatz, wird nicht gesagt. Ref.). Daraus wird ge¬ 
schlossen, daß eine Befürchtung nach auch nur oberflächlicher Aus¬ 
spülung der Vagina nach dem Akt niemals eintreten könne. Das 
Mittel soll vollständig unschädlich sein — wenn es in der vorge¬ 
schriebenen Verdünnung angewandt wird. Und daß dies immer 
geschieht, ist mindestens zweifelhaft. Auch ist die Wirkung des 
Formaldehyds, wenn es so verdünnt wird, auch nur eine proble¬ 
matische, denn wenn es, wie dem Mittel auch zugeschrieben wird, 
auch gegen ansteckende Geschlechtskrankheiten wirken soll, darf 
es nicht in homöopathischen Dosen zur Anwendung kommen. 
Leider fehlt auch die Angabe, wie es gebraucht werden soll. 

4. Ein von dem Chemiker Dr. L e p e t i t in Mailand entdecktes 
Antidiarrhoikum, Styptikum und Antiseptikum wird auf den Markt 
gebracht, das aus dem Kondensationsprodukt des Formaldehyd mit 
Haematoxylin synthetisch hergestellt ist. Verfasser verwandte 
das Mittel bei Schwangeren und Wöchnerinnen als Stopfmittel und 
fand, daß bei Verabfolgung von täglich 3—6 Pastillen Almatein 
ein prompter Erfolg erzielt wurde. Auch mehrere Tage hinter¬ 
einander gegeben, zeigte das Mittel keine unangenehmen Neben¬ 
erscheinungen. Da das Pulver zinnoberrot ist, wird der Speichel 
rot gefärbt, und man muß die Rotfärbung durch Nachtrinken von 
Wasser entfernen lassen. Bei besonders schmerzhaften Diarrhöen 
kann die Wirkung des Almatein durch Verabreichung von 15—20 Tr. 
Tct. opii spl. erhöht werden. 

5. Verfasser hat besonders bei Chlorose das Lezithinsanguinal 
mit gutem Erfolge angewendet. Die Pilulae Sanguinalis cum Leci- 
thino enthalten in jeder Pille 0,025 gr Lezithin und werden in Dosen 
von 3 mal 3 Stück verabfolgt. Aus den beigegebenen Kranken¬ 
geschichten erweist sich Zunahme des Gewichtes, der roten Blut¬ 
körperchen und des Haemoglobingehaltes. Aber auch nach schweren 
Krankheiten, besonders Influenza, zeigte sich eine hervorragende 
Wirkung. Verfasser beobachtete in einigen Fällen Regelung des 
Stuhlganges. 


Varia. 

H. L ü t h i e. Stoffwechselkrankheiten. Jahreskurse für ärztl. 
Fortbildung 1910, 3. 

Die Arbeit bringt einen Ueberblick über die chemischen und 
physiologischen Grundlagen der Stoffwechsellehre. Eiweiße, Fette 
und Kohlehydrate werden hinsichtlich ihres Schicksals, das sie im 
Körper erfahren, betrachtet, und die genetischen Wechselbeziehungen 
/.wischen ihnen, die dynamische Bedeutung der Nahrungsstoffe, die 


Mischung der Nahrung und das Gesetz der Isodynamie besprochen. 
Aus der Zahl der Stoffwechselkrankheiten wurde der Diabetes zur 
Besprechung gewählt. Hier stehen im Vordergründe des Interesses 
die Hyperglykämie, der eine größere Bedeutung zukommt als der 
Glykosurie, dann der Wert einseitiger Kohlehydratkuren, speziell 
der Haferkuren für die Hebung der Toleranz des Diabetikus. und die 
Behandlung der Acidosis. Geißler, Neu-Ruppin. 

P. Sch ii 11 e. Zematone-Räucherungen in der Asthma- 

Iherapie. Ztschft. f. Krankenpfl. 1910, 3. 

Verfasser hat das Zematone-Asthma-Pulver ausgeprobt. Er be¬ 
schreibt die Art, in der er es verwendet, und spricht sich über die 
Wirkung des Mittels sehr anerkennend aus. Bei auftretenden dys¬ 
pnoetischen Erscheinungen am Abend empfiehlt es sich, noch vor 
dem Schlafengehen einige Räucherungen vorzunehmen. Bei prophy¬ 
laktischer Anwendung soll man nicht zu viel und nicht zu lange ein- 
atmen. Das Pulver kann auch in Form von Zigaretten verwendet 
werden. Einige Krankengeschichten erläutern die Bedeutung des 
Mittels. Geißler, Neu-Ruppin. 

W. V y s i n. Leichte Scharlachiälle als gefährliche Infektions¬ 
quelle. Oesterreich. Krankenpfl.-Ztg. 1910, 2. 

Die sog. leichten Scharlachiälle besitzen eine große epidemiolo¬ 
gische Bedeutung. Da die Krankheit nur geringe Symptome zeigt, 
erfolgt keine Trennung der Kinder, die Eltern behalten die Kranken 
zu Hause, auch selbst dann, w r enn der Arzt die Krankenhausaufnahme 
vorschlägt. Fälle, in denen der Ausschlag schon abgeblaßt ist, 
können auch dem Arzt verborgen bleiben. Wegen der Gefahr der 
Uebertragung sollten die breitesten Volksschichten über solche 
leichten Fälle belehrt, diese ins Krankenhaus überführt oder doch 
mindestens streng isoliert werden. Geißler. Neu-Ruppin. 

W. F 1 e i n e r. Morphologie und Physiologie des Magens und 
ihr EinüuB auf die funktionelle Diagnostik. Jahreskurse für ärztliche 

Fortbildung 1910, März. 

Die zu besprechende Arbeit gehört in das Kapitel: „Ver¬ 
dauungskrankheiten“, das Fl. in den in Lehmanns Verlag monatlich 
erscheinenden Heften über ärztliche Fortbildung (jährlich 12 Hefte 
— 16,00 Mark) bearbeitet. Sie berichtet über die neuesten Unter¬ 
suchungsergebnisse aus der Entwicklung der Verdauungsorgane, 
ihrer Innervierung, Form, Größe und Lage. Man ist erstaunt, wie 
so ganz anders der Magen ist, als es früher gelehrt wurde, wie seine 
Muskulatur.angeordnet ist wie sich eine Rinne an der kleine'Kurvatur 
bildet, um Flüssigkeiten ohne Aufenthalt zum Pylorus fortlaufen zu 
lassen. Viel hat zur Gewinnung der neuen Ansichten, besonders 
auch hinsichtlich der Magenbewegung, die Durchleuchtung beige¬ 
tragen. Das Studium über die Magensaftsekretion wurde gefördert 
durch den Tierversuch von Pawlow und seinen Schülern. Unter¬ 
suchungen an Tieren brachten weiter Klarheit über Sedimentierung 
und Schichtung im Magen und Magenverdauung. Auf den ge¬ 
wonnenen Resultaten bauten sich Neuerungen bei der klinischen 
Untersuchung auf. Verfaser zeigt ausführlich, auf welche Momente 
es hierbei ankommt. Die motorische wie die sekretorische Funktion 
findet eingehende Besprechung. Einige Bemerkungen über die 
Sensibilität des Verdauungstraktus beschließen die Arbeit. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

J. Schnitzler. Einige Bemerkungen zur Pathologie und 
Therapie des Furunkels. Oesterr. Aerzte-Ztg. 1910, 1. 

Zum Zustandekommen eines Furunkels gehört meist ein, wenn 
auch ganz geringes Trauma und die Anwesenheit von Eitererregern. 
Schließen sich an die Infektion forcierte Bewegungen an, so kann vom 
Furunkel eine allgemeine Sepsis ausgehen. Für die Aetiologie der 
Multiplizität des Furunkels kommt wohl die Annahme von Disposition 
in Frage. Zwischen dem Zustandekommen von Paranaphritiden 
und Furunkeln, selbst wenn letztere schon weiter zurückliegen, 
scheint ein Zusammenhang zu bestehen. Es bilden sich durch Ver¬ 
schleppung miliare Abszesse in der Niere, konfluieren und platzen 
schließlich. Forcierte Bewegungen begünstigen auch in diesen Fällen 
die Verschleppung. Auch sonst kann es beim Vorhandensein von 
Furunkeln zur Bildung von Abszessen im Körper kommen, nament¬ 
lich wenn ein Trauma hinzukommt Therapeutisch empfiehlt Ver¬ 
fasser bei kleinen Furunkeln feuchte oder trockene Wärme und den 
Galvanokaustor, bei größeren nicht den Kreuzschnitt, sondern Bildung 
eines größeren Defektes im Zentrum, ev. Exzision des ganzen Infil¬ 
trates. Namentlich soll man bei alten, dekrepiden Leuten nicht 
ängstlich, sondern energisch sein. Das Bi ersehe Verfahren sieht 
Verfasser nicht als bestes Behandlungsmittel an. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

E. Roth. Ansteckungsgefahr durch Bücher und Desinfektion 
derselben. Zeitschr. f. Krankenpflege 1910, Januar. 

Verfasser vergleicht die Sauberkeit beim Essen und bei der Be¬ 
nutzung von Büchern und zeigt, wie ungünstig der Vergleich für 
letztere ausfällt. Kranke sowohl wie Pfleger bringen an die von 
ihnen gebrauchten Bücher massenhaft Keime heran und kleben sie 
durch Benetzen der Finger beim Umschlagen fest, nehmen aber 
auch bei diesem Verfahren — natürlich ebenso auch Gesunde — 
leicht Keime in sich auf. Schon die Schule sollte auf das Ekelhafte 
dieser Angewöhnung fihnveisen. Pie verschiedenen Verfahren, von 




396 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


Nr. 25 


Kranken benutzte Bücher zu desinfizieren, werden aufgezählt. Das 
G ärtner sehe ist das einfachste. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

R. T i s c h n e r. Aiigeiikrankheiten und Psyche. Zeitschr. f. 
Krankenpflege 1910, Februar. 

Psychische Erregungen sind imstande, Augenkrankheiten her¬ 
vorzurufen, z. B. das Glaukom. Diese Erregungen müssen nicht 
immer unangenehmer Art sein, auch freudige Anlässe kommen in 
Betracht. Bei Neurasthenikern und Hysterischen führt manchmal 
die psychische Disposition zu funktionellen und seltener zu orga¬ 
nischen Störungen. Auf Hysterie zurückzuführen sind öfters Krampf 
der Sehmuskulatur, Lähmung der Augenmuskeln, Ueberempfindlich- 
keit gegen Licht, Sehschwäche, Störungen des Farbensinns, Ein¬ 
engung des Gesichtsfeldes. Dasselbe Grundleiden verleitet bis¬ 
weilen zu Verletzungen der Hornhaut, künstlicher Erzeugung von 
Konjunktivitis. Eine beträchtliche Zahl von Klagen über Augen¬ 
leiden ist auf traumatische Neurose zurückzuführen, zumal wenn die 
Rentensucht eine Rolle spielt. Verfasser gibt Ratschläge, wie den 
genannten Zuständen entgegenzutreten ist. Früher führten bisweilen 
die langdauernden Dunkelkuren zu psychischen Störungen. Die mo¬ 
derne Behandlung hat sie verhüten gelernt. Den Zusammenhang 
zwischen Augenerkrankungen und Delirium tremens, Epilepsie und 
tiefem Coma streift Verfasser ganz kurz. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

S i e g f r i e d W e i ß. Die gesetzliche und freiwillige Kinder- 
milchkoiitrolle. Wiener klinische Wochenschrift 1910, Nr. 12. 

Nach eingehender Darstellung der in Deutschland und Oester¬ 
reich zum Schutze der Kindermiich getroffenen Maßnahmen kommt 
W. zu dem Schluß, daß die zurzeit vorhandenen Bestimmungen und 
Kontrollmaßregeln wohl für die Milch als Handelsware, nicht aber 
für diejenige, die zur Säuglings- und Krankennahrung bestimmt ist, 
hinreichen. Es muß vielmehr ein Zusammenarbeiten der ma߬ 
gebenden Vertreter der angewendeten Hygiene, Kindermilchprodu¬ 
zenten und Aerzten statthaben. Derartige Milchkommissionen be¬ 
stehen bereits in Amerika, wo 50 pCt. aller Säuglinge mit Kuhmilch 
genährt werden. In Europa sind freiwillige Kindermilchkontrollen 
durch Milchkommissionen bereits eingeführt, in Hannover und 
Kopenhagen, sie sind in Vorbereitung in London, Leipzig und 
Düsseldorf. Wegen der Einzelheiten betr. die Entwicklung und Ein¬ 
richtung der amerikanischen Milchkommissionen sei auf das 
Original verwiesen. 

P i n -c z o w e r , Tempelhof. 

H. Gräf. Versuche mit dem Luftreiniger „Longlife“. Deut¬ 
sche medizinische Presse 1910, Nr. 4. 

Der von der Internationalen Hygienischen Gesellschaft in 
Dresden hergestellte Apparat, der zur Verbesserung der Zimmerluft 
dienen soll, wurde von G. während mehrerer Monate im Sprech-, 
Wohn- und Schlafzimmer aufgestellt. Es ergab sich, daß mittels der 
üblichen Methoden eine Ozonproduktion durch den Apparat nicht 
nachzuweisen war. Hingegen zeigte sich eine erhebliche des¬ 
infizierende Wirkung des Apparates, dessen Füllung mit Salzen 
nicht bekannt ist. Die Feststellung geschah durch Zählung der Keime 
aut Agarplatten. Die Keimzahl wurde durch Longlife stets erheblich 
herabgesetzt. Die Wirkung war bis auf 6 m Entfernung vom Apparat 
ersichtlich. Ebenso konstatierte Verfasser eine sehr wirksame Deso¬ 
dorierung, die durch den Apparat erzielt wird. Er hält ihn 
daher für Privatwohnungen, Büro-, Kontorräume, Klosetts usw. 
für geeignet. 

Pinczower, Tempelhof. 

Kister. Die Rauch- und Rußplage in Großstädten. Die 

Umschau 1910, S. 183. 

Die Größe des Kohlenverbrauchs bestimmt den Grad der Rauch- 
und Rußplage. London verbraucht jährlich ca. 16 Millionen, Berlin 
und Hamburg ca. 3 Millionen, Königsberg ca. 5000 tons Kohlen. 
Nach der Berechnung wurde in Berlin im Jahre 1896 die Luft durch 
32,6 Milliarden Kubikmeter Verbrennungsgase verunreinigt. Die in¬ 
dustriellen Betriebe trugen zur Verunreinigung der Luft weniger bei 
als die Haushaltungen, weil die Feuerungen der ersteren besser ge¬ 
baut sind. Denn es kommt auf die Art der Feuerung und des Mate¬ 
rials erheblich an. Auch die klimatischen Verhältnisse spielen eine 
große Rolle, am schlechtesten sind die Städte mit feuchter Witterung 
dran. Der Kohlenrauch begünstigt die Nebelbildung. In London hat 
(von 1870—1890) während des Winters die Zahl der Nebeltage dem 
Kohlenverbrauch entsprechend zugenommen. Die Großstädte er¬ 
halten weniger Sonnenschein als ihrem Klima entspricht. Die 
Schädigungen, die so resultieren, beziehen sich auf das seelische 
und körperliche Wohlbefinden. Der schädliche Einfluß auf die 
Atmungsorgane ergibt sich aus statistischen Erfahrungen im In¬ 
dustriegebiet sowie aus dem Tierversuch. Hierzu kommt eine er¬ 
hebliche Schädigung der Pflanzenvegetation. Will man Vergleiche 
über den Grad der Rußbildung bezw. des Dunstes anstellen, so kann 
das sicher durch einfache photographische Aufnahmen geschehen. 
Renk, Dresden, hat folgende Vorrichtung angegeben. Eine Papier¬ 
scheibe von 9 cm Durchmesser wird in eine Metalldose mittels eines 
Metallringes derart befestigt, daß eine Fläche von 5 cm Durchmesser 
der Luft ausgesetzt bleibt. Durch diese Fläche wird die zu untere 


suchende Luft mittels einer Pumpe hindurchgesaugt. Auf dem 
Papierfilter zeichnet sich nach dem Versuche die berußte Fläche 
von dem weißgebliebenen Rande ab. Durch Vergleichsstreifen mit 
bekannten Rußmengen läßt sich dann der Rußgehalt pro Kubikmeter 
Luit berechnen. Andere Methoden beruhen auf der Tatsache des 
Aufsaugens von Ruß in Oel oder Wasser. Derartige Bestimmungen 
haben gezeigt, daß die Helligkeit und Durchsichtigkeit der Luft in 
Anhängigkeit von deren Rußmenge steht. Die Rußmenge ist zu ver¬ 
schiedenen Tagesstunden verschieden, in der Nacht am geringsten, 
an Sonntagen ist die Menge durchschnittlich geringer. In den 
Wintennonaten hat die Luft mehr Ruß als im Sommer. Bei dunstig 
nebligem Wetter ist die Rußmenge größer, nach Niederschlägen ge¬ 
ringer. Der Einfluß der Winde ist erkennbar. Der größere Ru߬ 
gehalt im Winter erklärt sich auch durch den Mehrverbrauch an 
Kohlenmaterial der Haushaltungen. — Außerdem treten mit den 
Rauchgasen schweflige Säure bezw. Schwefelsäure in die Luft über. 
Die schweflige Säure wird sehr bald zu Schwefelsäure oxydiert. 
In den Niederschlägen konnte neben schwefliger Säure auch 
Schwefelsäure und Ammoniak nachgewiesen werden. — In Hamburg 
enthält die Luft mehr Ruß als in Berlin, weniger als in Dresden 
und vielen englischen und amerikanischen Großstädten. In Hamburg 
besteht ein Verein für Feuerungsbetrieb und Rauchbekämpfung. 

Pinczower, Tempelhof. 

R. V e h 1 a. Ueber die desinfizierende Bedeutung des Biigelns 
in der Prophylaxe der ansteckenden Kranhlieiten. Aerztliche 
Centralzeitung. Wien 1910, Nr. 15. 

Verfasser stellte Bügelversuche an, deren Zweck war, zu er¬ 
mitteln, inwieweit durch das Bügeln eine Desinfektion der Kleider 
und Wäsche zu erzielen ist. Die Methode hat besonders Bedeutung 
bei der Sterilisation der Kleider des Arztes selbst. Die Erhitzung 
des Bügeleisens geschah durch ein Eisenstück (Bolzen) durch Holz¬ 
kohle, mit einer Gasflamme, mit einem Spiritusbrenner. Die 
Resultate waren in allen Fällen die gleichen. Die Versuchsstoffe 
(dünne und dicke Leinwand, waschbare Damenstoffe, dicker Flanell, 
Samt, Tuch) werden infiziert (Streptokokken, Staphylokokken, 
1 yphustazillen, B. diphtheriae). Die Kontrolle der Infektion und die 
Prüfung auf Sterilisation der Stoffe geschah durch Agarkulturen. — 
Fährt man mit dem Bügeleisen einmal über den befeuchteten Stoff, 
so wird dessen Oberfläche steril, der Effekt nimmt nach der Tiefe 
hin ab. Dünne Stoffe sind durch einen einzigen Zug steril ge¬ 
worden. Stärkere Stoffe (z. B. russische Stoffe zu Mänteln ver¬ 
wandt) müssen auf beiden Seiten mindestens mit zwei Zügen ge¬ 
plättet werden. Beim •Umwenden muß das Brett durch einen Zug 
des Biigeleisehs ebenfalls sterilisiert werden, um eine neue Infektion 
der bereits sterilisierten Fläche zu vermeiden. Tuche, die durch 
Bügeln leiden, behandelt man derart, daß man das Tuch durch einen 
dünnen Stoff hindurch so lange bügelt, bis dieser trocken wird. 

Pinczower, Tempelhof. 

Edmund S a a I f c I d. Hautkrankheiten und moderne 
Kleidung. Medizinische Klinik 1910, Nr. 9. 

Verfasser weist auf einige Schädigungen (Hautaffcktionen) hin, 
deren Entstehung auf unhygienische Kleidung zurückzuführen ist. 
Die in die Damenkragen eingenähten Fischbeinstäbchen erzeugen 
häufig, durch den ständigen Reiz, den sie durch Druck ausüben, eine 
chronische Entzündung der Haut, deren Endresultat eine Lichen- 
infikation sein kann. Bei Männern wird die Mode der hohen und 
steifen Kragen zur Ursache von Furunkeln an der vorderen Hals¬ 
partie und der hinteren Halsnackengegend. — Hohe und vor allem 
zu enge Kragen geben hier und da zu streifenförmigen Chloasma 
arri Halse, dessen Beseitigung schwer ist, Anlaß. — Auch bei 
Damen war in zwei Fällen ein solches Chloasma traumatikum — 
durch Fischbeinstäbchen verursacht — zu beobachten. Nacken- 
lurunkulose kann auch durch Verwendung der Bartbinde entstehen; 
das der Hinterhauptnackengegend anliegende aus Blech verfertigte 
Schloß der Binde setzt durch häufige Verletzungen der Haut Ein¬ 
gangspforten für die Staphylokokken. Alle diese Schädigungen 
lassen sich bei rationeller Bekleidung leicht vermeiden. 

Pinczower, Tempelhof. 

G. H e r z f e 1 d. Die Eisenbahnhyglene im Jahre 1909. 

Deutsche medizinische Wochenschrift 1910, Nr. 5. 

Aus der hygienischen Uebersicht, die der Vertiauensarzt der 
Eisenbahndirektion Halle in dieser Arbeit gibt, sei folgendes be¬ 
sonders Interessante hervorgehoben: Zur Vorsorge für die Betriebs¬ 
sicherheit wurden Versuche in der Weise angestellt, daß ein Stark¬ 
strom von 6000 Volt auf die Decke eines Personenwagens geleitet 
und Kurzschluß herbeigeführt wurde. Es ergab sich, daß der Strom 
über das Bekleidungsblech des Wagens geht, ohne Personen zu ge¬ 
fährden. — Zur Beseitigung des Staubes werden die Wagen mit 
Bronil (Gittelstem & Co.) bestrichen. Zur Verhütung von Infek¬ 
tionen sollen die Gläser bei den Büfettwagen besser gespült werden, 
in der Bekämpfung der Tuberkulose der Bahnbediensteten sind glän¬ 
zende Erfolge zu verzeichnen. Die Notwendigkeit der Einleitung 
eines Heilverfahrens hat sich um 19,7 pCt. verringert. — Dem 
Rettungswesen hat die Behörde weiter große Aufmerksamkeit ge¬ 
widmet. Aus der Unfallstatistik seien folgende Zahlen wieder¬ 
gegeben: Preußen-Hessen mit einer Betriebslänge von 35 836 km 



Nr. 25 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 


2732 Unfälle, Bayern mit einer Betriebslänge von 6527 km 477 Un¬ 
fälle, Baden mit einer Betriebslänge von 1745 km 170 Unfälle, 
Württemberg mit einer Betriebslänge von 1963 km 168 Unfälle, 
Reichslande mit einer Betriebslänge von 2016 km 135 Unfälle. 

Pinczower, Tempelhof. 

J. N. Boecale. Ueber eine neue Trichinenepidemie in 
Bayern. Münchener medizinische Wochenschrift 1910. Nr. 12. 

In Bayern gab es in letzter Zeit Trichinenepidemien, in Rothen¬ 
burg o. T., Markterlbach, Lorenzen, Gallinkofen. — Zwei ausführ¬ 
liche Krankengeschichten. — Besonders die ersten Fälle einer 
Epidemie bieten häufig große diagnostische Schwierigkeiten und 
werden in milden Fällen verkannt. Als wichtiges diagnostisches 
Hilfsmittel kommt die Eosinophilie der weißen Blutkörperchen in 
Betracht, welche sich bei Typhus abd. niemals findet. Von mancher 
wird besonderer Wert auf das Kernig'sche Phänomen und das Fehlen 
der Patellarreflexe gelegt. Als wichtigste prophylaktische Ma߬ 
nahme fordert Verfasser die obligatorische Trichinenschau für 
Bayern, zum mindesten in allen Gemeinden mit öffentlichem 
Schlachthof, an Plätzen mit regem Fremdenverkehr, in Kur- und 
Sommerfrischen. Die durch die Trichinenschau verursachten Kosten 
betragen kaum einen Pfennig pro Pfund. 

Pinczower, Tempelhof. 

Q u a d f 1 i e g. Eine sterilisierbare Aethermaske. Deutsche 
medizinische Wochenschrift 1910, Nr. 8. 

Verfasser hat der Czernyschen Aethermaske, die er für prak¬ 
tischer hält als alle anderen Systeme (Wagner-Longard, Sudeck 
Thole, Juillare), eine sterilisierbare Form gegeben. In ein metal¬ 
lenes größeres Außengehäuse, daß dem Gesicht passend gefertigt ist, 
wird das Drahtgestell, auf das in parallelen Zügen eine Flanell¬ 
binde gewickelt ist, leicht eingeschoben. Nach jeder Benutzung 
kann die Maske wieder sterilisiert werden. Die Maske gestattet die 
Inhalation eines reichlich mit Luft durchmischten Aethers. Der 
Verbrauch an Aether ist nicht höher als bei andern Masken; er kann 
noch herabgesetzt werden, wenn vor der Narkose zwei subkutane 
Injektionen von 0,0003 Skopolanin (bei der zweiten Dosis + 0,001 
Morphium) appliziert werden. 

Pinczower. Tempelhof. 


Technische Neuerscheinungen. 


Ein neues Instrument zur automatischen Perkussion, 
verbunden mit einem Phonendoskop. 

Von Dr. Franz Rosenfeld, 

Spezialarzt für Hals-, Nasen- und Lungenleiden. 

Das wesentlichste des Instrumentes liegt darin, daß 
das Auslösen des Hammers lediglich durch das Auf¬ 
setzen der Plessimeterplatte auf den zu untersuchenden 
Körperteil geschieht und so die absulute Gewähr dafür 
gegeben wird, daß das Instrument unabhängig von der 
subjektiven Empfindung des untersuchenden Arztes ist 
und in allen Fällen den gleichen Schlag gibt. 

Mit dem Perkussionsinstrument kann zweckmäßig 
auch ein Phonendoskop verbunden werden, so daß der 
Arzt auch hiermit auskultieren kann. Auf der Zeich¬ 
nung ist der Erfindungsgegenstand in einer Ausfüh¬ 
rungsform beispielsweise veranschaulicht. 

Die Auslösung des Apparates erfolgt durch den 
beim Aufsetzen der Plessimeterplatte auf die zu unter¬ 
suchenden Körperteile entstehenden Druck. Der an der 
Platte befestigte Hebel ist um den Festpunkt drehbar 
und wird durch die Feder in der aus der Zeichnung er¬ 
sichtlichen Lage gehalten. Zusammen mit der drehbar 
angelegten Gabel dreht sich der Hebel mit der Achse 
um einen fixierten Punkt. Die an der Achse befindliche 
Kurbel wird mit einer gelagerten und drehbaren, mit 
konischer Spitze versehenen Schiebestange vorwärts 
bewegt. Durch die konische Spitze der Stange wird 
der Sperrkegel bewegt und der an der Gabel befind¬ 
liche Hammer vom Stift in dem Augenblick ausgelöst, 
wo der Hebel die höchste Stellung erreicht hat. Gleich¬ 


/ERSIT 


297 ' 


zeitig wird die Gabel durch die um die Achse gelegte 
Spiralfeder heruntergeschnellt und schlägt dann den 
Hammerkopf gegen die Plessimeterplatte, wie aus der 
punktierten Stellung in Abbildung 2 zu ersehen ist. 
Durch die Abwärtsbewegung des Hebels geht der An¬ 
satz des anderen Hebels nach unten und schafft so der 
Gabel freien Raum. Schlägt dann der Hammerkopf 
gegen die Platte, so nähert sich auch die Gabel dem 
Ansatz des Hebels. 

Beim Aufhören des Druckes auf die Platte nehmen 
sämtliche Hebel unter Einwirkung einer Feder, die auch 
die Spiralfeder auf der Achse zurückdreht, ihre Aus¬ 
gangsstellung wieder ein. Um ein geräuschloses Ar- 



Abbildung 1. Abbildung 2. 


Das Instrument Das Instrument 

in der Ruhestellung. in der Bonutzungsstollung. 

beiten des Apparates zu erzielen, schlägt der Ansatz des 
Hebels gegen eine Gummirolle. 

Um nun auch durch Untersuchungen den Beweis zu 
erbringen, daß das von mir konstruierte Instrument den 
Anforderungen entspricht, habe ich bei einer Reihe von 
Patienten Bestimmungen der Herzgrenzen angestellt 
und dieselben durch Herrn Kollegen Dr. Eugen Jacob¬ 
sohn röntgenologisch nachprüfen lassen. Dieselben er¬ 
gaben in fast allen Fällen beinahe dieselben Herzgrößen¬ 
bestimmungen, wie ich sie durch meinen Apparat vorher 
festgestellt und auf den Thorax aufgezeichnet hatte. 

Das Instrument ist zu beziehen durch die Centrale 
für ärztlichen und . Hospitalbedarf, Berlin NW., Karl¬ 
straße 36. 


Bücherbesprechungen. 


J. Hann. Handbuch der Klimatologie. (Bibliothek geographi¬ 
scher Handbücher.) II. Band. 1. Teil. 3. Aufl. Stuttgart 1910. 
Engelhorn. Preis M. 14,00. 

Das vorliegende Werk beschäftigt sich mit dem Klima der 
Tropenzone. In einem kurzgehaltenen Ueberblick werden Tempe¬ 
raturverhältnisse, Luftdruck, Luftströmungen, tropische Regenzeiten, 
Luftfeuchtigkeit und Bewölkung und die Wirkungen des Tropen¬ 
klimas auf den Menschen besprochen, dann folgt, eingeteilt in vier 
Bücher, eine genaue Besprechung des Klimas des tropischen Afrika 
(Westafrika, Ostafrika und Sudan), der Monsungebicte von Asien 
und Nordaustralien, der Inseln des Stillen Ozeans und des amerikani¬ 
schen Tropengebietes (Mexiko, Mittelamerika, Westindien, tropisches 
Südamerika). Bei dem steigenden Interesse iiir tropenhygienische 
Fragen in Aer/.te-, aber auch in Laienkreisen ist es mit Freude zu 
begrüßen, daß das Buch ausführlich der klimatischen Verhältnisse 
einer großen Zahl der deutschen Schutzgebiete gedenkt. Es ist be¬ 
dauerlich, daß man aus der Fülle des Interessanten, das das Werk 
birgt, in einem Referat nicht mehr wiedergeben kann, als einige 
kurze Hinweise auf den Inhalt. Das Studium des Buches kann aufs 
wärmste empfohlen werden. Geißler, Neu-Ruppin. 


/ER 


' 




J 




3Öä THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU Nr. 25 


K n e p p e r. Weiche Bestimmungen des Invalidenversicherungs- 
gesetzes muß der Arzt kennen? Düsseldorf 1910. Schwann. 
Preis M. 1,00. 

Verfasser behandelt in seiner kleinen Schrift, die einem vor¬ 
handenen Mangel abhilft, die Mitwirkung des Arztes bei der Ge¬ 
währung und Entziehung der Invalidenrente. Es wird berichtet über 
das Verhältnis des behandelnden Arztes und des Vertrauensarztes 
zur Landes-Versicherungsanstalt, und der Gutachtertätigkeit kurz 
gedacht, die beim Rentenverfahren mit Bezug auf Rentenfeststellung 
und Rentenentziehung und beim Heilverfahren eine wesentliche Be¬ 
deutung hat. Das Schriftchen wird der beabsichtigten Beantwortung 
der im Titel wiedergegebenen Frage voll gerecht. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

E. K r o m a y e r. Repetitorium der Haut- und Geschlechts¬ 
krankheiten. 3. Aufl. Jena 1910. Fischer. Preis M. 4,20 gebd. 

Das bekannte kleine Buch ermöglicht bei aller Kürze eine gute 
Kenntnis der Krankheiten der Haut sowohl wie der Geschlechts¬ 
organe. Ganz besonders ausführlich hat der Verfasser das erste 
Kapitel behandelt; hier ist wohl keine Erkrankung, die dem prakti¬ 
schen Arzt mal begegnen kann, fortgelassen. Die Therapie hat weit¬ 
gehendste Berücksichtigung gefunden, die neueren Behandlungs¬ 
methoden mit Licht, Radium, Röntgen, dann die für einige Krank¬ 
heiten wertvolle Kromayersche Stanzmethode sind beschrieben. 
Ein Repetitorium im besten Sinne des Wortes liegt vor uns, dem 
als Nachschlagebuch ein Platz auf dem Arbeitstisch eines jeden prak¬ 
tischen Arztes gebührt. Geißler, Neu-Ruppin. 

Weinhaum-Sarderhan n. Wer soll und wer dari Arzt 
werden. 7. Aufl. (Verband der Aerzte Deutschlands, Veröffentlch. 
18.) Leipzig 1910. Verlag des Verbandes. 

Arzt soll und kann nur werden, wer aufrichtig Lust dazu verspürt, 
praktisch ist und ein guter Mensch ist mit festem Charakter und 
Willenskraft, wer weiter die nötigen Mittel, die recht beträchtlich 
sein müssen — bis zur Niederlassung 22 000 M. — besitzt. Die kleine 
Schrift zeigt außerdem, wie sich der Studiengang gestalten soll und 
der junge Arzt nach beendetem praktischen Jahr seine Tätigkeit ein¬ 
richten soll. Sehr lesenswert ist, was Verfasser über Lebens¬ 
versicherung, Einkommen der Aerzte, Zahl der vorhandenen Aerzte- 
stellen, Niederlassung, Verkehr mit Kollegen, Laufbahn der Militär¬ 
ärzte sagt. Die wegen ihrer Kürze zu lobenden Ausführungen 
führen zu dem Schluß, daß das Medizinstudium als aussichts¬ 
reiches Brotstudium nicht angesehen werden kann und daß marrvor 
ihm warnen muß. Geißler. Neu-Ruppin. 

K. F r a n c k e. Mein Instrumentarium der inneren Medizin. 

Rixdorf 1910. G. Koch. Preis gebd. M. 3,00. 

Das vom Verfasser nach eigenen Angaben zusammengestellte 
Instrumentarium umfaßt mehrere Modelle von Erschiitterungs- 
hammern, Gummifinger mit kurzem und langem Griff, Schnepper 
zur Blutentnahme aus der Fingerbeere, Pupillenmesser, Hörglocke, 
Nadel zur Prüfung der Hautempfindlichkeit, Stempel der Haupt- 
nervenstämme und Lungenspitzen, Blutdruckmesser, Hautdunst¬ 
messer. Ob alle diese Dinge wirklich nötig sind? Ich glaube, daß 
viele Aerzte auch mit einer kleinen bescheidenen Anzahl von In¬ 
strumenten bei der Diagnose auskommen, ohne dadurch zu schlech¬ 
teren Resultaten zu kommen. 

Geißler, Neu-Ruppin- 

H. B a b. Die Pathologie der infantilistischen Sterilität und ihre 
Therapie auf alten und neuen Wegen. Volkmanns Sammlung 
Klin. Vortr. 538/540. Leipzig 1909. A. Barth. Pr. 2,25 M. 

Der fast regelmäßige Grund für die Sterilität der Frauen — an 
Unfruchtbarkeit der Ehe tragen in der übergroßen Zahl die Männer 
die Schuld — ist der Infantilismus der inneren Geschlechtsorgane. 
Verfasser gedenkt der Momente, die für die Genese der Ent¬ 
wicklungshemmungen von Bedeutung sind. Nacheinander bespricht 

Bücherbesprechung 2 

er die infantilistischen Zustände der Ovarien, Tuben, Uterus, Vagina 
und Vulva und geht besonders ausführlich auf die modernen Behand¬ 
lungsmethoden ein. Als solche möchte ich erwähnen die Organ¬ 
therapie, die künstliche Befruchtung, die Anwendung des Yohimbins. 
Die fesselnd mit vielem Fleiß geschriebene Arbeit verdient ein leb¬ 
haftes Interesse in den Kreisen der praktischen Aerzte, treten doch 
nur wenige Fragen, wie die berührte, mit solcher Häufigkeit an sie 
heran. Geißler, Neu-Ruppin. 

T i 11 i ß. Moderne Behandlung der Herzkrankheiten- Berlin 
1910. Brenzinger. Pr. 1,00 M. 

Nach des Verfassers Ansicht bilden die wirklichen Herzfehler 
nur eine kleine Prozentzahl- der Herzerkrankungen, die große Zahl 
derselben ist anzusprechen als Fälle von Herzschwäche, für die 
ursächlich die verschiedensten Momente in Frage kommen. Wie die 
Diagnose zu stellen ist unter Berücksichtigung moderner Verfahren, 
. wird kurz berührt. Die bisherigen Behandlungsweisen hält T. für 
falsch, er verlangt Behandlung mit elektrischen Strömen und syste¬ 
matische Kräftigung des Herzens, beides unter ständiger ärztlicher 


Aufsicht. Ich möchte die Frage aufwerfen, wie viele Patienten in 
der Lage sein können und wollen, sich der genannten Behandlung zu 
unterziehen. Vielleicht erfreut der Verfasser die Aerztewelt mal mit 
einem vereinfachten Verfahren, das nicht nur in der Heilanstalt 
durchgeführt werden kann und des komplizierten Dreizellenbades mit 
dreiphasischen Wechselströmen bedarf. 

Geißler, Neu-Ruppin. 

Carl Bruno Sch ii rmaye r. Harnuntersuchungen und 
ihre diagnostische Verwertung. Zweite gänzlich umgearbeitete und 
vermehrte Auflage. 1910. Wiesbaden. I. F. Bergmann. 

Verfasser hat mit eindringlicher und doch einfacher Art der 
Darstellung seiner kritischen Auffassung ein überaus instruktives 
Lehr- und Hilfsbuch der Harndiagnostik geschaffen. Der Kliniker, 
der über eine der neuen oder alten Methoden — sei es nach der 
Theorie und Bedeutung oder nach der praktischen Ausführung hin — 
Auskunft sucht, wird sie in dem Buche schnell erschöpfend finden. 
Die Ergebnisse der Physiologie und physiologisch-chemischen 
Forschung sind in vollstem Maße berücksichtigt; ebenso sind die 
physikalischen Untersuchungsmethoden (Spektroskopie, Polarisation, 
Kryoskopie usw.) eingehend abgehandelt. Das Buch kann auch 
in seiner neuen Gestalt sowohl dem Internisten wie dem Chirurgen 
warm empfohlen werden; es gewährt rasche Orientierungsmöglich¬ 
keit und hilft, nach den Worten des Autors, dazu von der mehr und 
mehr ins chemisch-physiologische Laboratorium hinübergleitenden 
„Harnuntersuchung“ möglichst viel für den Praktiker zu retten. 

Pinczower, Tempelhof. 


Allgemeines. 


Klinik fiir Arbeiterkrankheiten in Mailand. Die Eröffnungs¬ 
feier der Klinik für Arbeiterkrankheiten in Mailand fand am 20. März 
d. J. in dem sehr geräumigen, auf das modernsre ausgestatteten 
Hör- und Repräsentationssaale der Klinik statt, welcher von Gästen 
dicht besetzt war. Nachdem Senatore Manfredi, der Präsident der 
klinischen Institute, die Anwesenden begrüßt und die Geschichte, 
Gründung und Einrichtung der Klinik kurz geschildert hatte, sprach 
Senatore Panizzardi, Präfekt von Mailand, namens der Regierung. 
Prof. Devoto, welcher darauf das Wort ergriff, schilderte in einer 
längeren, meisterhaften Rede die Ziele und Zwecke des neu¬ 
geschaffenen Instituts, wobei er ein weitausblickendes Arbeits¬ 
programm für die gewerbehygienische Wissenschaft entwarf. Auch 
hob er anschließend an die Worte Rambouseks hervor, daß das ge¬ 
gebene Beispiel bereits gezündet habe, da Ungarn die Errichtung 
eines gleichartigen Instituts in Budapest im großen Maßstabe in 
Aussicht genommen hat. 

Die 9 .Internationale Tuberkulose-Konferenz findet am 5. bis 
8. Oktober 1910 in Brüssel statt. Am Nachmittag des 5. Oktober 
werden die verschiedenen ständigen Kommissionen ihre Sitzungen 
abhalten. Am Donnerstag, den 6. Oktober, ist um 10 Uhr die feier¬ 
liche Eröffnungssitzung, dann folgen die Verhandlungen. Zunächst, 
nach dem Vorschläge von Landouzy-Paris über Klinisch-experimen¬ 
telle Studien und zwar a) über Tuberkuloseinfektion auf dem Wege 
der Zeugung, b) über die zu Tuberkulose besonders disponierten 
Regionen. Auf der Tagesordnung des dritten Tages stehen Schutz 
der Kinder gegen Tuberkulose, Tuberkulose und Schule, die Tuber¬ 
kulosebekämpfung und die Frauen. Der Nachmittag ist angemeldeten 
Vorträgen Vorbehalten. Am Sonnabend, den 8. Oktober, in der 
Schlußsitzung, werden die Kommissionsberichte erstattet, und die 
Berichte über den Stand der Tuberkulosebekämpfung in den ein¬ 
zelnen Ländern. 

Woran Aerzte sterben. Die Aerzte, deren Beruf es ist, das Leben 
ihrer Mitmenschen nach Kräften, zu verlängern, genießen in der 
Wirklichkeit nur wenig Nutzen ihres Könnens und ihres Wissens; 
die Statistik zeigt, daß die Jünger des Aeskulap nicht länger leben, 
als ihre Klienten; ja die Zahl derer, die ein hohes Alter erreichen, 
ist nur gering und keinesfalls größer als die der anderen Sterblichen. 
Eine französische medizinische Wochenschrift hat eine Statistik 
aufgestellt, die darüber Aufschluß gibt, an welchen Arten von Krank¬ 
heiten die meisten Aerzte sterben. Danach finden wir nicht weniger 
als 44 pCt. aller Aerzte durch Herzleiden ihren Tod, 20 pCt. erliegen 
nervösen Krankheiten, 20 pCt. der Morphiummanie, 7 pCt. der 
Schwindsucht und nur 9 pCt. anderen Krankheiten oder Alters¬ 
schwäche. Auffällig ist die große Zahl der Mediziner, die an dem 
übertriebenen Genuß von Morphium zu Grunde gehen. Als Aerzte 
kennen sie die furchtbaren Wirkungen des schmerzstillenden Giftes 
besser wie andere Menschen, aber sie zögern doch nicht, es oft und 
immer wieder anzuwenden, um Schmerzen zu betäuben, bis sie 
schließlich den Folgewirkungen des Morphiums erliegen. 




Nr. 25 


Therapeutische Rundschau 


339 


Kleine Mitteilungen. 

lieber Digistrophan, ein neues Kardiakum. Von Dr. O. B ö 1 k e , 

dirigierender Arzt der inneren Abteilung des städtischen Kranken- 
hauses in Ratibor. 

Die angestrengten und verdienstvollen Versuche, die starke Wir¬ 
kung von Digitalis auf das Herz genau dosierbar und gleichmäßig zu 
gestalten, haben mit der Schaffung des Digistrophan der Firma 
Goedecke & Co., Berlin, einen neuen glänzenden Erfolg errungen. 
Die Anregung dazu ging von Dr. O. Bölke, dem dirigierenden Arzt 
der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses in Ratibor, 
aus. Wir besaßen bisher feste Extrakte von Strophantus und Digi¬ 
talis mit vollwertiger Wirksamkeit noch nicht. Um Verlust der 
wirksamen Substanz zu vermeiden, ist bei Digistrophan folgender 
Weg^eingeschlagen worden: Es werden 100 Teile Fol. Digitalis und 
50 Teile Sem. Strophanti in der in den Pharmakopoen üblichen 
Weise zu einem Fluidextrakt hergestellt. Diese wird im Vakuum 
bei einer Temperatur, die 40 Grad nicht überschreiten darf, derart 
verdunstet, daß das erhaltene feste Extrakt entsprechend dem Ge¬ 
wicht der Drogen eingerichtet ist. Jede einzelne Tablette entspricht 
genau 0,1 gr. Fol. Digital und 0,05 gr. Sem. Strophanti von so voller 
und konstanter Wirksamkeit, wie sie die frische Droge niemals bieten 
kann. 

Für die Vereinigung von Digitalis mit Strophantus war der Ge¬ 
sichtspunkt leitend, daß Strophantus im gewissen Sinne die Kumu¬ 
lationswirkung der Digitalis mildert und daß die Kombination zweier 
Herzmittel von nicht absolut gleichwertiger Wirkung einen besseren 
Heileffekt erzielen müsse. 

Neben diesen reinen Digistrophan -Tabletten sind für 
bestimmte Zwecke — Verstärkung der Diurese — auch solche Ta¬ 
bletten hergestellt worden, die neben 0,1 gr. Digital und 0,05 gr. Stro¬ 
phantus noch 0,2 gr. Natriumacetat (Digistrophan. diuretic. Nr. 1) 
respektive Coffein-Natr. acetic. (Digistrophan. diuretic. Nr. 2). 
Kardiakum und Diuretikum können hier also in 
denkbar bequem st er Weise in einer Tablette 
verabfolgt werden. 

Bölke hat ungemein sorgfältig und geradezu erschöpfend die 
Wirkungsweise des Digistrophan erprobt. Zuerst erwies es eine 
prompte tonisierende Wirkung am isolierten Kaltblüterherzen, dann 
an 10 gesunden kräftigen Männern und daraufhin wurde es bei allen 
geeigneten Herz- und Gefäßkranken unter genauer Registrierung von 
Blutdruck, Pulskurve, Pulszahl und Stärke, sowie Diurese eingehend 
geprüft. Es kamen im Verlauf von 10 Monaten 85 Fälle zur Be¬ 
handlung und zwar 44 organische Klappfehler, 18 Herzmuskel¬ 
erkrankungen, eine Herzbeutelverwachsung, 3 Fälle von schweren 
Störungen der Herzarbeit durch Raumbeengung im Brustkörbe und 
19 Fälle von Herzermüdung bei akuten Infektionskrankheiten, vor¬ 
nehmlich bei Typhus abdominalis. 

Die Arbeit bringt weiter eine Reihe sehr instruktiver Fälle mit 
zahlreichen Puls- und Blutdruckkurven, deren Wiedergabe hier aus 
Raummangel unmöglich ist, deren genaue Lektüre aber jedem 
Arzt nur dringend empfohlen werden kann. Zusammenfassend 
äußert sich Bölke über die Wirkungsweise des neuen Kardiakums 
wie folgt: Erhöhung der Schlagtiefe und Herabminderung der Schlag¬ 
zahl des Herzens, Verschwinden der Arythmie in denkbar weitestem 
Maße. Der Blutdruck (gemessen nach Riva-Rocci mit Rickling- 
hausenscher Manschette) wird konstant und entsprechend einer guten 
Digitaliswirkung erhöht. Bei der Beobachtung einiger Myorkaditiden 
konnte das auch von anderen Autoren als paradox bezeichnete Ver¬ 
halten — erhöhter Blutdruck bei außerordentlich kleiner Pulswelle — 
bestätigt werden; es erfuhr unter der Therapie eine Einstellung auf 
die Norm, d. h. trotz Kräftigung des Pulses und Erniedrigung der 
Schlagzahl mit schwindender Arythmie sank der ursprünglich er¬ 
höhte Blutdruck in mehreren Fällen infolge der gebesserten Herz¬ 
arbeit auf die Norm ab. Konform der Besserung der Herztätigkeit 
war stets eine Steigerung der Diurese auf resp. über die Norm zu 
verzeichnen, die sich durch die Darreichung von Digistrophan diu- 
reticum noch erhöhen ließ. Betont muß bei der Digistrophantherapie 
der schnelle Eintritt und die relativ lange Dauer 
der Wirkung werden, zwei Faktoren von großem 
therapeutischen Werte. Das Digistrophan wird 
von den Verdauungsorganen auch bei schweren Infektionskrankheiten 
stets gut vertragen; es hat keinen schädigenden Einfluß, vor allem 
picht auf die Nieren. 

Täglich dreimal 1 Tablette genügt für die Mehrzahl der Fälle; 
wo es nötig ist, erhöhen 4 Tabletten diese Wirkung und werden gut 
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Redaktion: Zahnärzte Bernstein, Dalimann, Dr. Julius Misch, Müller=Stade. 


Verantwortlicher Redakteur für den 
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Verantwortlich für den redaktionellen Teil: Prof. Dr. med. A. Moeller,Berlin W. 35. Für „Kleine Mitteilungen“ und den Inseratenteil: Max Munczinski. Berlin-Rixdorf. 
Verlag: Oustav Ehrke Zeitschriftenverlag, Berlin W. 9. — Druck: R Boll, Berlin N~W.7, Oeorgenstr. 23. 


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Redaktion: 

Dr. H. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


A'erlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 

Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Arat VI, No. 3302 


IV. .Tain-gang «erlin, 2. .Tuli 1910 No. 27 


Die „Therapeutische Rundschau" erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalsschluss abbestellt sind. Inserate 
werden filr die 4gosp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt bewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


L. Wissenschaftliche Mitteilungen. Dreuw: Universal- 
Dampfsterilisator zur Sterilisierung und gleichzeitigen Trocknung 
von Verbandstoffen. 

Wirtz: Ueber Elimination im Säuglings- und späteren 
Kindesalter. -—Marre: Ueber Eiweiß im Urin von Säuglingen.. 
— Fischer: Ueber juvenile Paralyse. — Neumark: Ueber 
das Verhalten der Leukocyten bei Masern. — Eommeler: 
Ueber Typlnisverscbleppung durch Säuglinge. — Koch und 
Eissling: Studien zur Aetiologie der Tolhvut. — Heisler 
und Toinor: Altes und Neues zur Behandlung der tuberkulösen 
Hämoptoe —Kretschmer: Die Vielgestaltigkeit der visceralen 
Lues. — Krebs: Thyresoltabletten als Unterstützungsmittel 
der lokalen Gonorrhoetherapie. — Erdös: Die Behandlung der 
Gonorrhoe mit inneren Medikamenten. — Kaum heim er: Ueber 
Rektalgonorrhoe im Kindesalter. — Brauser: Zur Gonorrhoe¬ 
flage. — Hartmann: Kurzer Beitrag zur Wirkung des Nov- 
aspirins. — Schilling: Die Röntgentherapie bei chronischer 
Bronchitis und Bronchialasthma. — Mayer: Die klinische 
Diagnostik der Hämoglobinurie. — Traumann: Ein Fall von 
Indigurio. —Axisa: Das Verhalten der Purinkörper bei einem 
Falle von wahrscheinlicher Lcbervenenthrombose. — Zabel: 
Eiterüberschwemmung des Magendarmkanals aus Nasenneben- 
höhlüneinpyemcn, nebst eiuer Bemerkung über die Bedeutung 


des Flagellat,enbefundes im Magen.— Knoke: Die Grosxichscbc 
Methode der Hautdesinfektion. — Sippel: Die Nierenent¬ 
kapselung bei puerperaler Eklampsie. Zangemeister: Ueber 
eklamptischo Oligurie, zugleich eine Kritik der Nierendekap- 
sulation bei Eklampsie. Eisen reich: Ueber Dekapsulation 
der Nieren bei Eklampsie. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 1. Juni 1910. — 
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. Sitzung vom 
20. Juni 1910. — 27. Kongress für innere Medizin in Wiesbaden 
vom 18.—21. April 1910. (Schluß.) — XIX. Versammlung der Deut 
sehen Otologischen Gesellschaft. Sitzung vom 13.—14. Mai 1910 

III. Therapeutische Notizen. B raun: Ueber synthetischesSuprarenin. 
— Bosse: Ein neues Keuchhustenmittel „Eulatin“. 

IV. Bücherschau. Tobias: Anwendungsformen und Wirkungs¬ 
weise der Hydrotherapie bei den Verdauungs- und Stoffwechsel¬ 
krankheiten. — Kurz: Der Radiumvorrat der Natur. — Sarason 
Jahreskurse für ärztliche Fortbildung. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesctz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Gerichtliches. 

AU. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Aus Dr. Dreuws Poliklinik für Haut- und Harnleiden, Berlin. 

Universal-Dampfsterilisator zur Sterilisierung 
und gleichzeitigen Trocknung von Verbandstoffen. 

Von 

Dr. Dreuw (Berlin). 

Bei den namentlich in der Privatpraxis gebrauchten 
kleineren Dampfsterilisationsapparaten kommen die ste¬ 
rilisierten Verbandstoffe meist in feuchtem Zustande zum 
Vorschein. Um vollständig trockene und sterile Verband¬ 
stoffe zu erhallen, habe ich einen Apparat konstruiert, der 
folgende Zusammensetzung hat: 

W ist der Wasserbehälter, der nach oben zn (a) 
doppelwandig den Sterilisationsraum G umgibt. 

E = Bunsenbrenner oder Spiritusbrenner. 

D =i Dreifuß. 

G = Dampfraum für die Verbandstoffe. Der Dampf 
entweicht aus dem Wasserbehälter durch einen 
Ventilhahn 

H = in den Verbandstoffraum G. 

V = Spannungsventil. 

C = ein aus dem Inneren des Verhandstpffraumes j 
herausführendes mit einem Hahn b versehenes 
Kondenswasserabfln ßrohr. 

L - eine von außen durch einen Ventilhahn ver¬ 
schließbare und in das Innere des Katheter- 
raumes führende Oeffnung. 

Im Innern des Raumes G stehen 3—4 Sehimnielbusch- 
biiehsen übereinander. (In Abbild. 1 nicht gezeichnet.) 

Der Vorgang beim Sterilisieren der Verbandstoffe ist 
folgender: 

Der Dampf des kochenden Wassers W entweicht durch 
den Ventilhahn H in den Verbandstoffsterilisationsraum Gr. 
Schließt man, nachdem die Verbandstoffe sterilisiert sind 
(nach etwa 15—30 Min.), den Ventilhahn H ab, so wird der 
Dampf von dem Sterilisationsraum G abgesperrt. Der 
Dampf zirkuliert infolgedessen in dem Raum aa, erreicht 
eine bestimmte durch das Ventil regulierbare Spannung 
(1—2 Atmosphären) und entweicht dann durch das 


Ventil V. Hierdurch wird die Luft in dem Innenraum G, 
in dem sich die feuchten Verbandstoffe befinden, auf 103° 
erhitzt und bringt das den Verbandstoffen anhaftende 
Kondenswasser zum Verdunsten, das durch die Oeffnung L 
und eine im Deckel angebrachte Oeffnung entweicht. Ein 
Teil des Wassers fließt durch das Kondenswasser-Abflu 1.1- 



robr C ab, nachdem der Hahn b geöffnet ist. 10—15 Minu¬ 
ten, nachdem die Sterilierung beendet ist, sind die Ver¬ 
bandstoffe vollständig steril und trocken und lassen sich 
natürlich tage-, Wochen-, monate- und jahrelang voll¬ 
ständig steril aufbewahren. 





418 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 27. 


Der im vorstehenden beschriebene Apparat sterilisiert 
nml trocknet die Verbandstoffe zu gleicher Zeit, und zwar 
gellt die Zeit, die zur Trocknung gebraucht wid, für die 
Sterlisierung der Verbandstoffe nicht verlören. Wie durch 
eine Reihe von praktischen Versuchen festgestellt worden 
ist, bedarf es zum Sterilisieren nicht eines kontinuierlich 
die Verbandstoffe durchströmenden Wasserdampfes, son¬ 
dern es genügt, wenn die Spannung des gesättigten 
Wasserdampfes erhalten bleibt, so daß er in die Verband¬ 
stoffe eindringen kann. Stellen wir z. B. ein Reagensglas 
mit einem Agar-Agar-Nährboden in einen Dampftopf, so 
durchströmt der Wasserdampf nicht das Innere des Rea¬ 
gensglases, und trotzdem wird der Nährboden steril. Dies 
ist auch der Pall, wenn wir die bekannten Schimmelbusch- 
Büchsen in den Sterilisationsraum stellen. Hier findet 
kein Durchströmen, sondern nur ein Eindringn des 
Dampfes statt. Wenden wir dieses desinfizierende Prinzip 
des die Verbandstoffe zwar nicht durchströmenden, aber 
in sie eindringenden, auf 103° erhitzten und in Spannung 
gehaltenen Wasserdampfes auf den oben beschriebenen 
Apparat an, so ergibt sich folgendes: Wenn man nach 
15 bis 30 Minutn der Wasserdampf Zuführung durch das 
Rohr H den Hahn zudreht, so befindet sich im Inneren 
des Verbandstoff raumes G und auch in den daselbst de¬ 
ponierten Verbandstoffen Kondenswasser. Dieses Kon- 
denswasser wird nun durch die auf 100 0 erhitzte Um¬ 
gebung aa wieder in Dampf verwandelt, und dieser 
Wasserdampf ist. ebenfalls imstande, die Verbandstoffe zu 
durchdringen und die Sterilisierung noch weiter fortzu¬ 
setzen, so daß tatsächlich die Zeit, welche zum Trocknen 
der Verbandstoffe verwandt wird, nicht verloren geht, in¬ 
dem der aus den Verbandstoffen entweichende Wasser- 
dampf die schon begonnene Sterilisierung vollendet, wäh¬ 
rend zu gleicher Zeit Trocknung der Verbandstoffe eintritt. 


Fig. 2 zeigt die äußere Ansicht des Apparates der in 
verschiedenen Größen von der Firma Louis & H. Lö¬ 
wenstein, Berlin, Ziegelstraße, hergestellt wird. 

Der Apparat läßt sich auch in bequemster Weise zur 
Sterilisierung und gleichzeitigen Trocknung von Kathe¬ 
tern benutzen. Zu diesem Zwecke ist er hoch und nicht 
wie gewöhnlich in querer Richtung auf gebaut. 

Die Katheter und Sonden hängen in einer perforierten 
abnehmbaren Platte (M). Die event. nicht mit Kathetern 
versehenen Oeffnungen dieser Platte werden durch keil¬ 
förmige Metallsonden von etwa 2—3 cm Länge ver¬ 
schlossen. 

In der Platte hängen noch 2 oder auch 3 längliche 
gläserne Katheterbehälter d, welche so konstruiert sind, 
daß sie in ihrem Inneren 6—8 Katheter aufnehmen können 
oder auch 6—8 filiforme Bougies. Nach der Sterilisie¬ 
rung und Trocknung der in diesen Behältern befindlichen 
Katheter wird der Behälter oben durch einen Gummi- 
| stöpsel geschlossen, so daß man in diesem kleinen Behälter 
vollständig dicht verschlossen und jederzeit erreichbar 
trockene und sterile Katheter hat. Für TTreteren-Katheter 
ist ein gebogenes Glasrohr konstruiert, das die Ureteren- 
Katheter aufnimmt. 

Da der Apparat nur einen geringen Raum einnimmt, 
andererseits für alle Zwecke der Sterilisierung von Ver¬ 
bandstoffen, Kathetern, Nährböden, zur Feucht- und nach- 
herigen Trockensterilisierung von Seide, Düritgummi, bak- 
! teriologischen Glaswaren, Instrumenten etc. zu verwenden 
ist, so bewährt er sich als Universaldampfsterilisator 
namentlich in der Privatpraxis. Bei Zentraldampfanschluß 
in größeren Instituten, Sanatorien, Krankenhäusern etc. 
sind besondere Modelle konstruiert, die ebenfalls zunächst 
feuchte und dann trockene Sterilisierung bewirken. 


Dr. August Wii'tz (Cöln): lieber Rumination im Säuglings- und 
späteren Kindesalter. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 18.) 

Die Erscheinung des Wiederkäuens, der Rumination, beim 
Menschen ist nicht ganz selten; in der Literatur sind etwa 
170 Fälle veröffentlicht. Vorwiegend handelt es sich dabei um 
erwachsene Personen, und zwar überwiegt das männliche Ger 
schlecht ganz erheblich. Nach einer Zusammenstellung waren 
unter 145 Fällen nur 10 weiblich. Was das Kindesalter an¬ 
belangt, so fand Verf. im ganzen 46 mal in der Literatur An¬ 
gaben über Wiederkäuen bei Säuglingen und älteren Kindern. 
Es scheint, daß die Rumination selten im späteren Alter beginnt, 
sondern am häufigsten im Alter von 5—15 Jahren. Aber auch 
im Säuglingsalter tritt die Rmnination schon auf. Verf. be¬ 
richtet eingehend über einen derartigen in der akademischen 
Kinderklinik zu Cöln beobachteten Fall. Es handelte sich um 
ein bei seiner Aufnahme neun Monate altes, sehr herunter¬ 
gekommenes Kind männlichen Geschlechts, welches vier Monate 
in der Klinik verpflegt wurde und während dieser Zeit etwa 
1600 g an Gewicht zunahm. Das Wiederkäuen wurde während 
dieser Zeit allmählich immer seltener und hörte schließlich 
ganz auf, nachdem es etwa acht Monate bestanden hatte. Ob es 
dauernd fortbleiben wird, läßt sich vorläufig natürlich nicht be¬ 
urteilen. Das Wiederkäuen erschien während der Beobachtungs¬ 
zeit als ein müheloser, mit Behagen verbundener unwillkür¬ 
licher Akt. auftretend sowohl sofort nach der Mahlzeit, wie kurz 
vor der folgenden, und zwar immer wenn Nahrung, nicht blos 
Magensaft im Magen vorhanden. Die Körperlage (Liegen oder 
Sitzen) war ohne Einfluß auf das Wiederkäuen; nur beim Her¬ 
umtragen und beim Spielen mit dem Kind schien eine Ab¬ 
lenkung statthaben zu können. R. L. 


Dr. M. Francis Marre (Paris): lieber Eiweiß im Urin von Säug¬ 
lingen. (Revue d’hygiene et de medecine infantiles, Bd. IX. 
Heft 12.) 

Aus einer größeren Zahl einschlägiger Beobachtungen 
ergeben sich folgende Schlüsse: Eiweiß findet sich bei Neu¬ 
geborenen und Säuglingen nur unter pathologischen Verhält¬ 
nissen. Leidet die Mutter während der Schwangerschaft an 
Nephritis, so findet man gewöhnlich beim Neugeborenen Eiweiß 
im Urin. Es gibt auch bei Säuglingen eine Nephritis, die aber 
ebenso wie bei größerem Kindern und Erwachsenen aus den 
verschiedensten Ursachen sekundär entsteht. Während man 
bei leichten Erkrankungen von Säuglingen kein Albumen findet, 
tritt Eiweiß leichter bei denen auf, die eine gewisse Nieren¬ 
schwäche haben (infolge von Nephritis der Mutter). J. R. 


Dr. Jakob Fischer, Primararzt des ungarischen Staatskranken- 
hauses zu Pozsony: Ueber juvenile Paralyse. (Wiener 
med. Wochenschrift, 1910, No. 17.) 

Die ursächlichen Momente, welchen man bei der Paralyse 
von jeher größere Bedeutung beigelegt hat, sind in erster Linie 
Syphilis, dann Exzesse in Baccho et Venere und auch geistige 
Ueberbürdung. Auf welche Weise die Syphilis diese schwere 
Erkrankung des Zentralnervensystems hervorruft, ob durch 
endarteritische Veränderungen an den Gefäßen, die eine 
Minderernährung des Gehirns zur Folge hat, oder ob durch 
Bildung von Toxinen, die auf das Gehirn und Rückenmark ver¬ 
heerend einwirken, ist noch nicht aufgeklärt. Doch daß Syphilis 
nicht die alleinige Ursache der Paralyse sein kann, beweist der 
Umstand, daß in Gegenden — speziell im Süden — wo die 
Syphilis viel ausgebreiteter ist als bei uns, die Fälle von Para¬ 
lyse doch seltener zur Beobachtung gelangen. Auch steht die 
Zahl der Paralytiker zu denjenigen, die eine Lues akquiriert 
haben, um vieles zurück. Es müssen daher auch andere Momente 
mitspielen, durch welche die Paralyse zum Ausbruch kommt. 
Hereditäre oder durch Mißbrauch von Alkoholicis, durch 
sexuelle Exzesse etc. erworbene Disposition scheint einen 
günstigen Nährboden für die syphilitischen Toxine zu bereiten. 
Inwieweit und auf welche Weise auch geistige Ueberanstren- 
gung, materielle Sorgen und sonstige auf das Gemütsleben 
deprimierend und dadurch indirekt auf das Geistesleben hem¬ 
mend einwirkende Zustände eine Rolle spielen, ist noch ein¬ 
gehender zu untersuchen. Nicht ohne Interesse für die Be¬ 
wertung der oben angeführten ätiologischen Momente sind jene 
Fälle von progressiver Paralyse, deren Auftreten in einem so 
jugendlichen Alter geschieht, daß wir weder von einer Snätform 
von Syphilis, noch von geistigen Ueberanstrengungen, mate 
riellen Sorgen etc. sprechen können, in denen auch starke 
Exzesse in Baccho et Venere noch keine, wenigstens keine be¬ 
deutende Rolle spielen. Die Zahl dieser sogenannten juvenilen 
Paralysen, welche bisher veröffentlicht wurden, ist eine relativ 
kleine. Bei mehreren dieser Fälle konnte man eine hereditäre 
Syphilis insofern nachweisen, als Vater oder Mutter Syphilis 
überstanden hatten. Der Verlauf dieser juvenilen Paralysen 
unterscheidet sich nur wenig von der progressiven Paralyse Er¬ 
wachsener, da ja die beiden Hauptsymptome, progressive 
Demenz und progressive Lähmungen, bei beiden gleich 
sind und auch der letale Ausgang bei beiden gleich 
sicher ist. Nur die bekannten Größemvahnideen treten 
bei juveniler Paralyse mehr zurück. dafür ist der 
geistige Verfall ein auffallend rascher. Die Diagnose einer 
iuvenilen Paralyse bietet bei ausgesprochenen Symptomen keine 
Schwierigkeiten. Tm Anfang wäre eine Verwechselung mit 
einer schweren Dementia praecox, wo schon einzelne kata- 



No. 27. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


419 


tonische und negativistische Erscheinungen in den Vordergrund 
treten, möglich. Doch würden in diesen Fällen die anamnesti- 
schen Daten klärend wirken können, wenn uns nur halbwegs 
anamnestische Daten immer zur Verfügung ständen. In dem 
vom Verfasser mitgeteilten Falle, der einen 21jährigen Tag¬ 
löhner betraf, fehlten jegliche diesbezüglichen Daten. K r. 


Käthe Neumark (Düsseldorf): Ueber das Verhalten der Leuko¬ 
zyten bei Masern. (Archiv für Kinderheilkunde, Bd. 53, 
S. 122.) 


Im allgemeinen wird bei Masern eine Leukocytose an¬ 
genommen. Die an 26 Fällen vorgenommenen Untersuchungen 
lehren aber, daß bei dieser Krankheit eine Leukopenie das 
Gewöhnliche ist. Am meisten herabgesetzt ist die Zahl der 
weißen Blutkörperchen bei Beginn des Exanthems; sie hält etwa 
vier bis sechs Tage an. Findet sich eine Leukocytose, so treten 
zu den Masern Komplikationen hinzu, wobei man aber auch 
andere Leukocytose hervorrufende Faktoren nicht übersehen 
darf. (So ruft z. B. der Uebergang von Brusternährung des 
Säuglings zur Kuhmilchdarreichung eine Vermehrung der 
Leukocyten hervor.) — Die klinische Bedeutung der Leuko- 
cytenzählung liegt also darin, daß sie prognostische und (diffe¬ 
rential-) diagnostische Schlüsse zuläßt. J. R. 


Oberarzt Dr.j Rommeler (Neunkirchen): Ueber Typhusver- 

schleppung durch Säuglinge. (Münch, med. Wochenschrift, 

1910, No. 18.) 

Wie es scheint, erkranken Kinder nicht häufiger an Typhus, 
als Erwachsene, aber der leichte Krankheitsverlauf des Kinder¬ 
typhus erschwert die Erkennung und rechtzeitige Einleitung 
der Bekämpfungsmaßregeln sehr. In ganz besonderem Maße 
ist die Typhusinfektion der Säuglinge geeignet, zur Ver¬ 
schleppung des Typhus beizutragen. Denn bei den Säuglingen 
sind die subjektiven und objektiven Typhussymptome kaum 
wahrnehmbar. Verf. berichtet nun über eine Beobachtung, 
welche beweist, daß eine latente Typhusinfektion beim Säug¬ 
ling eine ganze Reihe von Typhuserkrankungen im Gefolge 
haben kann. Eine 26 jährige Frau erkrankte am Typhus und 
kam ins Krankenhaus. Ihr Säugling wurde von der Mutter 
angesteckt und unmittelbar nach der Krankenhausüberführung 
der Mutter zu fremden Leuten ins Haus gebracht. Bald darnach 
erkrankten die Pflegemutter und ihre drei Kinder, eine drei¬ 
jährige Nichte, endlich eine 20 jährige Verwandte, die zur 
Pflege ins Haus kam. Die letztere starb nach sechs Tagen. — 
Wenn Mütter, die ihr Kind selbst stillen, an Typhus erkranken, 
erscheint es dringend geboten, Mutter und Säugling gleichzeitig 
in das Krankenhaus aufzunehmen, um Weiterverschleppung des 
Typhus zu verhüten. R. L. 

J. Koch und P. Rissling, Institut für Infektionskrankheiten 

(Berlin): Studien zur Aetiologie der Tollwut. (Zeitschrift für 

Hygiene und Infektionskrankheiten, 1910, Bd. 65, H. 1.) 

Mit der Färbung nach H e i d e n h a i n ist es den Verff. ge¬ 
lungen, in der grauen Substanz des Ammonshorns einer Reihe 
von Hunden, die einer natürlichen oder experimentellen 
Straßenwut erlegen waren, sowie zweier an Tollwut verendeten 
Rinder feine kokkenähnliche Gebilde nachzuweisen. Sie durch¬ 
setzen kleinere oder größere Bezirke der grauen Substanz oft 
in ungeheurer Anzahl und kommen auch in den im Ammons¬ 
horn gelegenen großen Ganglienzellen vor; dabei können 
N e g r i sehe Körperchen entweder ganz fehlen oder nur spärlich 
vertreten sein. Die größten Formen erscheinen vielfach halbiert, 
durch Teilungslinien zuweilen in vier Teile geteilt, manchmal 
auch aus einzelnen winzigen Kügelchen zusammengesetzt. In 
verschiedenen Fällen konnten die Verff. neben N e g r i sehen 
Körperchen eine große Anzahl dieser Formen in den Ganglien¬ 
zellen nachweisen, die mit der Eosin-Methode ungefärbt blieben. 
Bei den Kontrollhunden haben sie sie nicht gefunden. 

Auch die graue Substanz der Großhirnrinde erwies sich oft 
überschwemmt von feinen schwarzgefärbten, punktförmigen 
Gebilden von wechselnder Größe, die in Gestalt und Aussehen 
die größte Aehnlichkeit mit den im Ammonshorn vorkommen¬ 
den Gebilden zeigten, ebenso die Formen, die in den Gefäßen 
verkommen. 

In den veränderten Ganglienzellen des Gehirns und Rücken¬ 
markes, besonders des Lenden- und Halsmarkes an Straßen¬ 
wut erkrankter Tiere haben die Verff. sowohl in frühen als 
auch in den späteren Stadien der Erkrankung endozelluläre 
Bildungen, „Einschlüsse“ mit der Heidenhainfärbung nachweisen 
können. Sie präsentieren sich als feinste Punkte, öfters als feine 
Diploformen oder auch als kurze Stäbchen. Charakteristisch 
für sie ist eine helle Zone oder ein Hof, der sie unigibt. Die 
Ränder der Einzelindividuen erscheinen meistens unscharf und 
unregelmäßig. Diese Deformierung ist wohl als eine Folge der 
sie beherbergenden Zelle anzusehen. In Größe und Gestalt 
stimmen sie mit den Innenformationen der N e g r i sehen 
Körperchen überein. 


Bei der Untersuchung der Großhirnrinde von Passagekanin¬ 
chen fanden sie in einzelnen Fällen ähnliche Formen wie die¬ 
jenigen in der grauen Substanz des Ammonshorns. 

Es liegt nahe, an diese Befunde weitergehende Schlußfolge¬ 
rungen zu knüpfen. Die Deutung begegnet jedoch erheblichen 
Schwierigkeiten, so daß große Vorsicht geboten ist. 

Da diese kokkenähnlichen Gebilde außerordentlich klein 
sind, fast gar nichts Charakteristisches an sich haben und in 
ihrer Größe stark differieren, ist dort, wo sie frei im Gewebe 
oder grauen Substanz der Hirnrinde Vorkommen, nicht viel 
über ihre Bedeutung auszusagen. Zudem ist die Gefahr, sie 
mit anderen in normalen und pathologisch veränderten Ge¬ 
hirnen vorkommenden Körnchen und Zerfallsprodukten zu ver¬ 
wechseln, außerordentlich groß. So ist z. B. in der normalen 
Großhirnrinde eine granuläre Schicht vorhanden, ferner können 
beim Zerfall des Chromatins der Ganglienzellen und der Zell¬ 
fortsätze allerlei Körnchenbildungen im Gehirn auftreten, die 
mit der Heidenhainfärbung sich in gleicher Weise färben. 

Wo aber die kokkenartigen Gebilde in Beziehungen zu 
Zellen oder zu bestimmten Gewebsarten treten, von denen, sie 
leicht unterschieden werden können, wie es in einer Reihe von 
Fällen an den Ammonshörnern der der Tollwut erlegenen Tiere 
beobachtet wurde, wenn sie Zellen und die graue Substanz 
gleichmäßig durchsetzen, wenn durch die Größe der Formen 
Einzelheiten an ihnen sichtbar werden, die sie als parasitäre 
Gebilde charakterisieren, — da läßt sich mit großer Wahrschein¬ 
lichkeit vermuten, daß es sich hier um derartige Bildungen 
handelt. Als solche fassen die Verff. die ln der grauen 
Substanz des Ammonshorns gefundenen feinen kokkenartigen 
Gebilde auf, die sie in Photographie und Zeichnung auf drei 
Tafeln vorführen. 

Die N e g r i sehen Körperchen selbst deuten sie als Reak¬ 
tionsprodukte der Ganglienzellen des Ammonshorns auf den ein¬ 
gedrungenen Parasiten; sie teilen die Ansicht von N egri, daß 
das Körperchen ein Protozoon ist, nicht, und schließen sich viel¬ 
mehr auf Grund ihrer Beobachtungen der von B a b e s ver¬ 
tretenen Auffassung an. Während die Zellen des Rückenmarks 
und der Großhirnrinde durch den Wutparasiten meist zerstört 
werden, erweisen sich die großen Zellen des Ammonshorns 
ihm gegenüber als sehr widerstandsfähig. Diese Zellen sind 
imstande, den eingedrungenen Parasiten, dfe Innenkörperchen, 
nicht nur zu deformieren, sondern ihn auch durch eine hyaline 
Entartung des Zellprotoplasmas gewissermaßen einzukapseln. 

Mühlschlegel. 

Dr. August Heisler und Dr. Ernst Tomor (Lungenheilstätte 
Belzig): Altes und Neues zur Behandlung der tuberkulösen 
Hämoptoe. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 17.) 

Bei der tuberkulösen Hämoptoe empfehlen die Verfasser 
auf Grund theoretischer Erwägungen sowie praktischer Er¬ 
fahrungen eine halbsitzende Lage im Bett als im allgemeinen 
am zweckmäßigsten. Von sonstigen allgemeinen Maßnahmen 
ist die Beruhigung der Psyche, sowie das Verbot des Sprechens 
wichtig. Die Diät ist am besten eine flüssige in lauwarmem 
Zustand. Die Darmtätigkeit ist durch Darreichung salinischer 
Abführmittel zu regeln. Dabei wird durch stärkere Blutfüllung 
im Splanchnicusgebiet der kleine Kreislauf entlastet und einer* 
eventuellen Sekundärinfektion des Intestinaltraktus (durch 
Verschlucken von Caverneninhalt etc.) nach Möglichkeit vor¬ 
gebeugt, auch die stärkere Benutzung der Bauchpresse mit ihren 
Nachteilen (Drucksteigerung im Brustraum) eingeschränkt. 
Ebenso ist die regelmäßige Urinentleerung zu überwachen 
(eventuell katheterisieren). — Was nun die sonstige Behand¬ 
lung anlangt, so ist in erster Linie die medikamentöse 
zu nennen, vor allem kommen die Narkotica in Frage; die Ver¬ 
fasser empfehlen subkutan in Lösung: Morphin, hydrochl. 0,01, 
Atropin, sulfuric. 0,0002. Eventuell ist Morphium-Scopalamin 
anzuwenden; bei länger dauernden Blutungen sind mit 
Morphium abwechselnd Codein 0,03, Heroin 0,0003, Dionin 0,02 
zu geben. In manchen Fällen wirkt die Einatmung von 
Amylnitrit (einige Tropfen auf ein Taschentuch gegossen) 
günstig. Die Blutstillung wird durch Darreichung von Gela¬ 
tine gefördert, am besten subkutan (40 ccm einer sterilisierten 
10 proz. Lösung Merck). Sehr bewährt hat sich auch die 
rektale Darreichung von heißen Kochsalz-Gelatine-Klysmen 
(5 g Gelatine in 100 g physiol. Na Cl-Lösung), mehrmals täglich. 
Ferner ist Kochsalz ein altbewährtes Mittel; v. d. Velden 
gibt 3—5 ccm einer 10 proz. Kochsalzlösung intravenös oder 
5 g Kochsalz, resp. 2—4 g Bromnatrium oder Bromkalium 
per os; nach seinen Untersuchungen erhöhen die Salze die Ge¬ 
rinnungsfähigkeit des Blutes. Als ein weiteres Blutstillungs¬ 
mittel ist neuerdings die Einspritzung von reinem sterilen 
Pferdeserum empfohlen worden. Von dem Gebrauch des 
Ergotins, des Styptols, Stypticins und ähnlicher 
Präparate raten die Verfasser grundsätzlich ab; desgleichen ist 
vor der Anwendung des Adrenalins als Blutstillungsmittel 
bei Hämoptoe zu warnen. — Von physikalischen Hilfs¬ 
mitteln werden verschiedene in der Therapie der Lungen- 







420 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


blutungen verwendet. An erster Stelle ist die Eisblase zu 
nennen, am zweckmäßigsten in der Herzgegend. Der Nutzen 
der innerlich gereichten Eispillen ist dagegen sehr zweifelhaft. 
Die Anwendung der Wärme ist eine weit vielseitigere; ihre 
Wirkung beruht auf der Entlastung des Gefäßsystems der Lunge, 
durch Ableitung des Blutes in andere Körperregionen. Dies 
kann geschehen durch warme Einpackungen der unteren Extre¬ 
mitäten unter Verwendung von Wärmeflaschen und Wärme¬ 
krügen. Um das Blut nach dem Splanchnicusgebiet abzuleiten, 
empfehlen die Verfasser (im Krankenhausbetrieb) die Ver¬ 
wendung der Glühlichtteilbäder. Ein anderer Weg, 
um die Lunge zu entlasten, besteht in der Abschnürung eines 
einzelnen oder mehrerer Gliedmaßen. Um endlich die 
der blutenden Stelle entsprechende Thoraxhälfte zu immo¬ 
bilisieren, dient der Niednersehe Heftpflasterver¬ 
band. An letzter Stelle kommen operative Eingriffe in Frage. 
Hier ist zunächst die Anlegung eines künstlichen 
Pneumothorax (Forl^nini, S c'h midt, Brauer 
u. a.) zu nennen. Dieser ist nur für Fälle von profuser initialer 
Blutung zu empfehlen, bei denen man mit einiger Wahrschein¬ 
lichkeit auf einen freien Pleuraraum rechnen kann, und wo 
andererseits nicht die Gefahr droht, daß man auch auf der 
anderen erkrankten Seite durch Hyperämie eine Blutung aus¬ 
löst oder daß gar die Anämie der Pneumothoraxlunge bei stark 
ulcerativen Formen zur partiellen Gangrän führt. In ver¬ 
zweifelten Fällen kann auch ein ausgiebiger Aderlaß als 
ultimum refugium gute Dienste leisten. Liegt der Verdacht 
nahe, daß der Patient größere Blutmengen aspiriert hat, dann 
soll man reichlich Expektorantien, eventuell Brechmittel geben. 
Tritt Kollaps ein, so ist dieser zu bekämpfen, am besten mit 
subkutanen Kampferinjektionen. 

Dr. J. Kretschmer (Berlin): Die Vielgestaltigkeit der visceralen 
Lues. (Deutsche med. Wochenschrift, No. 18.) 

Verfasser teilt einige Fälle mit, welche zeigen, daß die 
tertiäre Lues, wenn sie die Bauchorgane befällt, ganz ver¬ 
schiedene Krankheitsbilder hervorrufen kann. Es ist unmöglich, 
ein bestimmtes klinisches Krankheitsbild der visceralen Lues 
zu Zeichnen, es herrscht bei den luetischen Erkrankungen der 
Bauchorgane eine solche Vielgestaltigkeit des Symptomen- 
komplexes, daß die verschiedenartigsten Aflektionen vor¬ 
getäuscht ■werden können. Die spezifischen Veränderungen 
treten, vom Rektum abgesehen, in Leber, Milz, Nieren, sehr 
selten auch im Magen auf. Auch das anatomische Bild ist sehr 
mannigfaltig: Gummibildungen, diffuse entzündliche Infiltra¬ 
tionen, Schleimhautkatarrhe, Ulcerationen, bindegewebige 
Narbenblutung kommen nach- und nebeneinander vor. Von den 
Fällen des Verfassers verlief einer unter dem Bilde chronischer 
profuser Diarrhöen mit sekundärer Anämie und Abmagerung, 
Milz- und Leberschwellung sowie chronischer Nephritis; er 
wurde durch Quecksilber und Jod geheilt. Bei einigen anderen 
Fällen standen die Veränderungen der Leber (chronische Hepi- 
tatitis interstitialis) im Vordergrund der Erkrankung, und zwar 
handelte es sich dabei um kongenitale Lues. In einem anderen 
Falle bestand ein chronischer Milztumor, ein anderer Fall, der 
.zur Operation kam und tötlich endete, bot das Bild der syphili¬ 
tischen Zuckergußleber und chronischen adhäsiven Peritonitis. 
— Aus diesen Erfahrungen ergibt sich, daß man bei unklaren 
oder ganz atypischen Krankheitsbildern der Bauchorgane, ins¬ 
besondere bei Kombination von Erkrankungen verschiedener 
Organe, stets auch die Lues als ätiologisches Moment in Er¬ 
wägung ziehen soll. Die Diagnose „viscerale Lues“ ist aber 
nur da berechtigt, wo nicht nur die Anamnese und etwa die 
Wassermann sehe Reaktion sie wahrscheinlich macht, son¬ 
dern auch die klinischen Erscheinungen in Ungezwungenei 
Weise nicht anders zu erklären sind. R. L. 

Dr. med. Krebs (Leipzig): Thyresoltabletten als Unterstützungs¬ 
mittel der lokalen Gonorrhoetherapie. (Fortschritte der 
Medizin, 1910, No. 8.) 

Sämtliche 60 Patienten, die sich ausschließlich aus der 
Privatpraxis rekrutieren, haben nicht ein einziges Mal über 
schlechte Bekömmlichkeit des Präparates geklagt, was um so 
bemerkenswerter ist, als eine ganze Reihe das Mittel mehrere 
Wochen durch täglich in Dosen von acht bis zehn Stück ge¬ 
nommen hat. Es waren dies fast ausschließlich Kranke, die 
wegen zu starker Reizerscheinungen der Schleimhaut, wegen 
Prostatitis oder Epididymitis nicht lokal behandelt werden 
konnten; dann auch auswärtige Patienten, die wegen Unmöglich¬ 
keit einer Sprechslundenbehandlung auf längere Zeit hinaus die 
äußere mit der inneren Behandlung zweckmäßig verbinden 
sollten. Da die gute Bekömmlichkeit die Grundlage für die 
therapeutische Bedeutung eines Medikamentes ist, zumal wenn 
es längere Zeit hindurch gebraucht werden soll, so gebührt dem 
Thyresol ein erster Platz unter den internen Arzneistoffen zur 
Unterstützung der lokalen Gonorrhoebehandlung. Viel Gutes hat 
Verf. von der Einwirkung des Thyresols bei Erkrankung der 
hinteren Urethra, speziell bei Prostatitis acuta gesehen. Dabei 


No. 27. 

erwies sich die den Thyresoltabletten zugeschriebene Regulie- 
| rung der Defäkation als ein großer Vorteil. Bei zirka der Hälfte 
, aller Fälle handelt es sich um akute Gonorrhoe, bei denen ein 
I feil von jeglicher lokalen Behandlung ausgeschlossen war. In 
den allerwenigsten Fällen war es schon nach vier bis fünf Tagen 
möglich, die Lokalbehandlung vorzunehmen, aber auch während 
derselben wurde dann Thyresol, viermal täglich zwei Tabletten, 
weiter gebraucht. Am wohltuendsten hat sich Verf. die An¬ 
wendung der Thyresoltabletten bei Prostatitis erwiesen, da ab¬ 
gesehen von der günstigen Beeinflussung des quälenden Urin¬ 
dranges, hier besonders die Regelung des Stuhlganges an¬ 
genehm empfunden wurde. B. 

Dr. Adolf Erdös (Nagyvärad): Die Behandlung der Gonorrhoe 

mit inneren Medikamenten. (Pester med.-cüir. Presse, 1910, 

No. 15.) 

So sehr es einerseits verfehlt ist, die lokale Behandlung zu 
vernachlässigen und der inneren Behandlung den Vorzug zu 
geben, so wäre es ebenso unrichtig, die inneren Mittel bei Seite 
legend, die lokale Behandlung in den Vordergrund zu stellen. 
Entsprechende lokale Behandlung und zweckmäßige innere Be¬ 
handlung müssen um so mehr Hand in Hand gehen, als in einer 
gewissen Periode von einer anderen als inneren Behandlung gar 
keine Rede sein kann. Es ist eine Erfahrungstatsache, daß sich 
der Tripper im anfänglichen Stadium der reichlichen Sekretion, 
sich selbst überlassen (von einer lokalen Behandlung kann 
natürlich keine Rede sein), nicht bessert, sondern im Gegenteil 
verschlimmert; dagegen erfolgt bei Verabreichung von Bal¬ 
samica, wenn schon keine Besserung, so doch wenigstens keine 
Verschlimmerung. Wenn wir von den Balsamica keine andere 
Wirkung zu erwarten hätten, als daß sie durch ihre auf die 
Nieren ausgeübte Wirkung eine erhöhte Harnsekretion und so 
eine häufige Entleerung der Blase veranlassen, so könnten wir 
auch damit zufrieden sein, denn eine häufige Ausspülung der 
Harnröhre ist von der größten Wichtigkeit für die Verhinderung 
von Komplikationen. Verf. hat versuchsweise einigen seiner 
Patienten, die nach ihrer eigenen Aussage zu jeder Zeit im¬ 
stande waren, spontan zu urinieren, im Anfangsstadium ihres 
Trippers, als er vor dem Urinieren am Morgen aus ihrer Harn¬ 
röhre dicken, zähen, gründlichen Eiter herausdrücken konnte, 
keinerlei Balsamica verschrieben, aber er trug ihnen strengstens 
auf, womöglich jede halbe Stunde und wo dies unausführbar 
wäre, stündlich zu urinieren. Parallel mit diesen Fällen ver¬ 
schrieb er in ebenso vielen anderen Fällen, nebst Ver¬ 
ordnung des stündlichen Urinierens, gleichzeitig Balsamica; 
das Resultat war in beiden Fällen günstig. Diejenigen 
der Zatienten, die keine Balsamica einnahmen, klagten (nach 
4 bis 6 Tagen) nicht mehr über Schmerzen beim Urinieren, der 
Prozeß verbreitete sich bei keinem nach rückwärts, hingegen 
veränderte sich die Qualität des Sekrets nicht; während bei den¬ 
jenigen Patienten, die auch Balsamica nahmen, neben der 
Besserung der oben genannten Symptome der auffallendste Er¬ 
folg die Veränderung der Qualität des Sekrets war. Die quali¬ 
tative Veränderung des Sekrets war auch mikroskopisch nach¬ 
weisbar; der dicke, grünliche Eiter hatte sich in dünnen, wei߬ 
lichen verwandelt und die Anzahl der Gonokokken unter dem 
Mikroskop war bei weitem geringer geworden. — Verfasser ver¬ 
ordnet besonders gern das Allosan, welches außer seinen Vor¬ 
zügen, daß es geschmacklos ist, die Mundschleimhaut und 
Magenwand nicht reizt, gleichzeitig auch sämtliche Vorteile der 
übrigen Balsamica besitzt. K r. 

Dr. L. Kaumheimer (München): Ueber Rektalgonorrhoe im 
Kindesalter. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 18.) 

Die Rektalgonorrhoe tritt in einem Teil der Fälle. von 
gonorrhoischen Vulvovaginitis als Komplikation auf. Auch bei 
an Vulvovaginitis erkrankten Kindern ist sie nicht ganz selten. 
Verfasser berichtet aus dem Gisela-Kinderspital zu München 
über einen derartigen Fall, welcher ein 1% Jahre altes Mäd¬ 
chen betraf. Der Fall zeichnete sich durch seine Hartnäckigkeit 
aus; noch nach drei Monaten konnten Gonokokken im Sekret 
des Rektums nachgewiesen werden. Schließlich gelang es 
Heilung zu erzielen. Da Spülungen uud auch das Auswischen 
mit 1 proz. Arg. nitr.-Watte infolge Widerstandes des Kindes 
und leichter Blutung sich nicht gut durchführen ließen, wurden 
zunächst kleine Einläufe mit 1 proz. Tannin (50—75 ccm) ver¬ 
sucht, stets nach einer Stuhlentleerung. Da Tannin ohne 
Wirkung blieb, wurde Albargin (0,16 proz.) angewendet. Wegen 
Reizung der Darmschleimhaut wurde später eine Woche damit 
ausgesetzt und dann wieder mit etwas geringerer Konzentration 
(0,1 proz.) begonnen. Zuletzt wuirde Thyresol (3 mal täglich 
% Tablette) verabreicht. R. L. 

Brauser (München): Zur Gonorrhoefrage. (Zentralbl. f. Gynä¬ 
kologie, 1910, No. 13.) 

Die Frage, ob im einzelnen Fall den Mann eine Schuld an 
der Erkrankung der Frau trifft, wird selten von der Pat. dem 
Gynäkologen, viel häufiger von dem betreffenden Mann dem 
Urologen vorgelegt. Ihre Beantwortung ist schwer und ver- 



No. 27. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


antwortungsvoll. In den meisten Fällen finden sich beim Mann 
nur Filamente im klaren Harn. Die Bedeutung ihres bloßen 
Vorhandenseins darf nicht überschätzt werden, da sie nach den 
Untersuchungen des Verfassers bei 50—70% aller Männer Vor¬ 
kommen und sicher nicht immer durch Gonorrhoe bedingt sind. 
Häufige mikroskopische Untersuchungen mit negativem Gono¬ 
kokkenbefund sind keine sichere Gewähr für das Nichtvor¬ 
handensein der Erreger, Provokation und Kulturverfahren 
lassen ebenfalls häufig im Stiche. Dazu kommt die weitere 
Frage: Sind die Restkatarrhe der männlichen Urethra, auch 
wenn sie sicher keine Gonokokken mehr führen, oder aber 
andere entzündliche Harnröhrenerkrankungen des Mannes 
wirklich ganz harmlos für die Frau? Speziell ist sie bei der 
Urethritis non gonorrhoica zu erwägen, deren Krankheitsbild 
beim .Manne ziemlich scharf abzugrenzen ist, über deren In¬ 
fektiosität wir aber so gut wie nichts wissen. Alle diese Fragen 
sind vom Urologen allein kaum zu beantworten. Es wäre daher 
sehr wünschenswert, wenn es durch Zusammenarbeiten mit den 
Gynäkologen ermöglicht würde, eine möglichst große Anzahl 
von Parallelbeobachtungen bei Mann und Frau zu gewinnen. 
Verf. verhelt sich die Schwierigkeiten der Durchführung 
seines Vorschlages nicht, glaubt aber doch an dessen Durch¬ 
führbarkeit, natürlich nur unter ausdrücklichem Einverständnis 
beider Teile. Kr. 

Dr. med. Ed. Hartmann: Kurzer Beitrag zur Wirkung des Nov- 

aspirins. (Allgem. Wiener med. Zeitung, 1910, No. 9.) 

Mit Ausnahme des Antipyrins hat keines der neueren 
Arzneimittel in der ärztlichen Praxis so rasch Aufnahme ge¬ 
funden,' wie das Aspirin. Im Vergleich zu dem Natrium 
salicylic. wird Aspirin im allgemeinen gut vertragen. Wir 
dürfen uns aber nicht verhehlen, daß bei einzelnen Personen 
eine Idiosynkrasie besteht, die sich in Magenbeschwerden 
äußert; sie sind nach den derzeitig herrschenden Anschauungen 
einerseits auf eine Anazidität, andererseits auf eine Hyper¬ 
azidität zurückzuführen. Es muß aber auch an dieser Stelle 
betont werden, daß oft genug jene Erscheinungen auf die Acetyl¬ 
salicylsäure zurückgeführt werden, die nicht immer in tadel¬ 
loser Qualität geliefert wird, während sie dann nach Dar¬ 
reichung von Aspirin nicht beobachtet werden. Wo jedoch 
solche auch beim Aspirin auftreten, kann eine andere Verbin¬ 
dung der Salicylsäure für die Medikation herangezogen 
werden, nämlich das Novaspirin, eine Verbindung von 
Salicylsäure mit Methylenzitronensäure. Sie wird selbst 
von den empfindlichsten Patienten gut vertragen und ist 
für die Nieren absolut reizlos. Die Wirkung des 
Mittels reicht zwar nicht an die des Aspirins heran, so daß 
eine etwas höhere Dosierung erforderlich ist, anderer¬ 
seits ist die schweißtreibende Wirkung merklich schwächer, 
für Phthisiker ein beträchtlicher Vorteil. Auf Grund von 
20 Fällen, die Verfasser sammelte, bestätigt er die vorzügliche 
Verträglichkeit des Novaspirins, das vor allem bei den Er¬ 
scheinungen der Influenza verwandt wurde. Es vermochte 
nicht nur antipyretisch im Sinne des Aspirins zu wirken, sondern 
auch die üblichen Begleiterscheinungen der Influenza, die 
quälenden Kopf- und Muskelschmerzen prompt zum Ver¬ 
schwinden zu bringen. Aus diesen Gründen kann das Nov¬ 
aspirin ohne Bedenken auch Kindern verabreicht werden, denen 
man drei- bis viermal täglich 0,5 verordnet, während man 
Patienten von mehr als zwölf Jahren zwei- bis dreimal täglich 
1 g gibt. A. H. 

Dr. Theodor Schilling (Nürnberg): Die Röntgentherapie hei 

chronischer Bronchitis und Bronchialasthma. (Münch, med. 

Wochenschrift, 1910, No. 18.) 

Verf. berichtet über eine Anzahl von Fällen, aus deren 
Verlauf sich ergibt, daß man bei chronischer Bronchitis und bei 
Bronchialasthma mittels Röntgenbestrahlung selbst in jahrelang 
bestehenden Fällen Besserung und Dauerheilung erzielen kann. 
Besonders schlagend sind die Erfolge bei Kindern. Auch 
Bronchiektasien können, wenigstens in klinischem Sinne, geheilt 
werden. Die in manchen Fällen auffallend prompt auftretende 
Beeinflussung läßt vermuten, daß manche Formen der ge¬ 
nannten Krankheitszustände durch das Vorhandensein von 
Bronchialdrüsen oder Hilusdrüsen bedingt sind, welche durch 
die Röntgenstrahlen verkleinert werden. Auch akute, nicht 
fieberhafte Bronchitiden scheinen sehr schnell gebessert zu 
werden. Schädigungen lassen sich nach Verfasser, Kenntnis 
der Technik vorausgesetzt, sicher vermeiden. R. L. 

Paul Mayer: Die klinische Diagnostik der Hämoglobinurie. 

(Dissertation, Gießen 1909.) 

Schlüsse: 1. Die Farbe des Harns der Haustiere läßt bei 
bloßer Betrachtung in vielen Fällen die Gegenwart von Blut 
oder Blutfarbstoff nicht vermuten. Ganz besonders trifft dies 
zu beim Harn des Pferdes, wo selbst größere Mengen von Blut 
oder Blutfarbstoff noch .keinerlei pathologische Farben hervor¬ 
zurufen brauchen. 


421 


“• nouicne, oraunncne und blutrote Harne aller Haustiere, 
nach dem Gebrauch von gewissen Medikamenten entleert, weben 
ohne genaue chemische Untersuchung leicht zur Verwechslung 
mit lilut- oder blutfarbstoffhaltigen Harnen Anlaß. 


3. Die Hämoglobinurie, das Auftreten von gelöstem Hämo¬ 
globin im Harn, läßt sich am schärfsten chemisch, viel weniger 
genau spektralanalytisch und am undeutlichsten mikroskopisch 

nachweisen. 


4. Für die Zwecke der tierärztlichen Praxis und des 
klinischen Unterrichts eignen sich unter den chemischen 
Methoden am besten diejenigen nach Schlesinger und 
Holst (Benzidinprobe) und die nach Schümm Guajak- 
tei pentinölprobe). Beide übertreffen alle Nachweismethoden 
an Schärfe und zeigen Blutfarbstoff im Harn der Haustiere selbst 
noch in einer Verdünnung von 1:10 000 an. 

5. Die Benzidinprobe nach Schlesinger und Holst 
wird folgendermaßen ausgeführt: Man bringt eine Messerspitze 
voll Benzidin (Benzidinum puriss. Merck) in 2—3 ccm Eisessig 
zur Auflösung; 12 Tropfen dieser stets frisch herzustellenden 
Benzidin-Eisessiglösung mischt man mit 2—3 ccm 3 proz. 
Wasserstoffsuperoxyd und gibt hierein 2 ccm des filtrierten 
Harns. Wenn Hämoglobin zugegen ist, so entsteht sofort eine 
Blau- oder Grünfärbung, die bei starkem Blutfarbstoffgehalt fast 
schwarz wird. 

6. Die Guajakterpentinölprobe nach Schu m in kommt wie 
folgt zur Anwendung: Zu 5 ccm des filtrierten, mit Essigsäure 
schwach angesäuerten Harnes gießt man unter fortwährendem 
Schütteln 5 Tropfen frische, filtrierte Guajaktinktur und 
20 Tropfen ozonisiertes Terpentinöl und läßt das Reagensglas 
einige Zeit ruhig stehen. Bei Anwesenheit von Blutfarbstoff 
nimmt die oben sich abhebende Terpentinölschicht eine blaue 
Farbe an, die nach Zusatz einiger Tropfen Alkohol noch deut¬ 
licher wird. 

7. Der negative Ausfall der spektralanalytischen Methode 
schließt die Anwesenheit von Blutfarbstoff nicht aus. Die 
spektroskopische Untersuchung beginnt bereits bei einer Ver¬ 
dünnung des Blutes im Harn von 1 :500 zu versagen. 

8. In differentialdiagnostischer Hinsicht kommt im filtrierten 

Harn bei den beiden chemischen Proben nur die Anwesenheit 
von Fermenten in Betracht. Kocht man daher in Zweifels¬ 
fällen den Harn vorher ab und nimmt dann erst die Reaktion 
vor, so erhält man völlig eindeutige Resultate. F. 

Dr. Traumann (Ilildesheim): Ein Fall von Indigurie. (Deutsche 

med. Wochenschrift, 1910, No. 17.) 

Es kommt nur selten vor, daß sich im Urin Indigo spontan, 
d. h. ohne Zusatz chemischer Reagentien, aus dem vorhandenen 
Indikan bildet. Verf. hatte Gelegenheit, einen derartigen Fall 
zu beobachten. Ein 13 jähriges gesundes Mädchen ohne objek¬ 
tive und subjektive Krankheitserscheinungen entleerte seit 
einigen Wochen Urin von grasgrüner Farbe. Die durch Verf. 
vorgenommene Untersuchung ergab, daß es sich um Indigoblau 
handelte. Auch die Indikanprobe fiel sehr stark aus. Nach 
einigen Wochen hörte sowohl die Indigoausscheidung wie die 
Indikanvermehrung im Urin auf. Eine Ursache für das Auf¬ 
treten des Indigo im Urin ließ sich nicht ermitteln. R. L. 


Primararzt Dr. Edgar Axisa (Alexandrien, Aegypten): Das 

Verhalten der Purinkörper hei einem Falle von wahrschein¬ 
licher Lebervenenthrombose. (Zentralblatt für innere 

Medizin, 1910, No. 5.) 

Es wird heute allgemein angenommen, daß alle nuklein- 
reichen Organe befähigt sind, sowohl Harnsäure zu bilden als 
auch zu zerstören. Die Leber, welche bei Vögeln und Reptilien 
als Ort der Bildung der Harnsäure betrachtet wird, scheint beim 
Säugetier und speziell beim Menschen keine besondere Rolle 
im Purinstoffwechsel zu spielen. Untersuchungen von mehre¬ 
ren Autoren, wie Horbaczewsky, Shapiro, Wein- 
traud, v. Noorden usw. bei Lebercirrhose, akuter gelber 
Leberatrophie und Gallenstauung haben, was die U-Ausschei- 
dung anbelangt, keine besonderen Abweichungen von der Norm 
ergeben. Bei einem Falle von wahrscheinlicher Lebervenen¬ 
thrombose, wo neben der nachweislichen hochgradigen anatomi¬ 
schen Läsion der Leber auch eine fortschreitende Abnahme des 
Gallenfarbstoffes der Fäces, der Harnstoffausscheidung im Urin 
mit entsprechender NH. n -Vermehrung, hochgradige Lävulosurie 
und alimentäre Glukosurie nachgewiesen wurden, wurde in über 
neunzig Untersuchungen das Verhalten der U und der Basen, 
bei purinarmer und purinreicher Nahrung, bei Darreichung 
von methylierten Xanthinen, Guanin, Hypoxanthin und Harn¬ 
säure geprüft. Diese verschiedenen Untersuchungen ergaben 
eine bedeutende Beeinträchtigung der Fähigkeit des Organismus, 
Harnsäure zu bilden und zu zerstören. Es wurde nachgewiesen: 
1. mangelhafte Bildung von U aus gebundenen und in einer 
späteren Periode auch aus freien Basen, 2. mangelhafte Zer- 
störungsfähigkeit der im Ueberlluß gebildeten U, 3. U-Bildung 
aus M-Xanthinen und aus Guanin. K r. 




THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 27. 


422 


Dr. Erich Zabel (Rostock): Eiterüberschwemmung des Magen- 
darmkanals aus Nasennebenhöhlenempyemen, nebst einer 
Bemerkung über die Bedeutung des Flagellatenbefundes im 
Magen. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 17.) 

Verf. hat in einigen Fällen von chronischen Eiterungen 
der Nasennebenhöhlen größere Mengen von Eiter aus dem 
Magen der Patienten ausgehebert. In einem Falle fanden sich 
im Mageninhalt auch zahlreiche Megastomen. Als Nutzanwen¬ 
dung aus derartigen Beobachtungen ergibt sich, daß bei.makro¬ 
skopischen oder mikroskopischem Eitergehalt des Morgens 
nüchtern exprimierten Mageninhalts dessen Provenienz nach¬ 
zuforschen und u. a. an die Möglichkeit einer Nasennebenhöhlen¬ 
eiterung als Ursache zu denken ist. Umgekehrt wird bei Ver¬ 
dacht aut Nasennebenhöhleneiterung die Mageninhaltsunter¬ 
suchung in die Reihe der diagnostischen Hilfsmittel treten. 
Das Fehlen von Eiter im Mageninhalt ist natürlich diagnostisch 
nicht zu verwerten. Größere Bedeutung denn als diagnostisches 
Hilfsmittel kommt dem Eiter im Magen in pathologischer Hin¬ 
sicht zu. Stets ist bei reichlicher Eiterabsonderung aus Nasen¬ 
nebenhöhlen Aufmerksamkeit zu schenken den subjektiven 
Klagen, dem Verhalten des Magens, dem Darmkanal, speziell 
dem Blinddarm, dem objektiven Allgemeinzustand. In thera¬ 
peutischer und prophylaktischer Hinsicht erscheint es not¬ 
wendig, bei profusen Eiterungen aus Nasennebenhöhlen, wie 
bei allen Eiterungen, die zu Infektionen der Tonsillen Anlaß 
geben können, eine desinfizierende Behandlung der Mundhöhle 
sowie des Magendarmkanals anzustreben. Für den ersteren 
Zweck empfiehlt Verf. Gurgeln mit schwacher Lysollösung 
(wenige Tropfen auf 1 Glas Wasser). Zur Antisepsis des 
Magens bei allen Affektionen, die mit Verschlucken von eitrigen 
und fötiden Massen verbunden sind, dient die Salzsäure in 
nicht zu kleinen Dosen. Auch der Darmkanal ist durch die 
bekannten Mittel zu desinfizieren. Die eiternden Höhlen sind 
jeden Abend auszuspülen. Für regelmäßige Darmentleerung 
ist natürlich ebenfalls zu sorgen. 

Marine - Oberstabsarzt Dr. Knoke (Kiel): Die Grossichsche 
Methode der Hautdesinfektion. (Münch, med. Wochenschr., 
1910, No. 18.) 

Verfasser ist auf Grund einer Erfahrung bei 350 Opera¬ 
tionen mit der von Grossich angegebenen Methode der Haut¬ 
desinfektion außerordentlich zufrieden. Die Methode besteht 
bekanntlich darin, daß die Haut des Operationsgebiets einfach 
mit Jodtinktur bestrichen wird. Vorheriges Waschen der Haut 
mit Wasser und Seife ist nicht nur nicht nötig, sondern direkt 
schädlich, weil es die Haut aufquellen läßt und ein Eindringen 
des Jods in sie verhindert. War die Haut aus irgend einem 
Grunde (z. B. zum Zweck des Rasierens) vorher mit Wasser 
und Seife behandelt, so ist sie vorher mittels Benzins zu trock¬ 
nen und dann erst die Jodpinselung vorzunehmen. Man muß 
natürlich peinlich darauf achten, daß die unjodierte Haut nicht 
ins Operationsgebiet fällt. Ferner dürfen zwei jodierte Haut¬ 
flächen nicht aneinander liegen, weil es dann zu Schwellungs¬ 
und Entzündungszuständen der Haut kommen kann (z. B. am 
Skrotum bei Hernienoperationen). R. L. 

Prof. Dr. Albert Sippel (Frankfurt a. M.): Die Nierenentkapse¬ 
lung bei puerperaler Eklampsie. (Zeitschr. f. gynäkol. Uro¬ 
logie, 1910, Bd. II, No. 2.) 

Prof. W. Zangemeister (Königsberg): Ueber eklamptische Oli¬ 
gurie, zugleich eine Kritik der Nierendekapsulation bei 
Eklampsie. (Ebenda.) 

Dr. Otto Eisenreich, Assistent der Universitäts-Frauenklinik 
München: Ueber Dekapsulation der Nieren bei Eklampsie. 
(Ebenda.) 

Der Ideengang, welcher seinerzeit zur Einführung der 
Nierenentkapselung für ganz bestimmte Fälle puerperaler 
Eklampsie führte, war die logische Konsequenz der mit wenigen 
Ausnahmen allgemein geteilten Auffassung dieser Erkrankung 
als Äutointoxikation des Organismus. Die sonstige, durch die 
zahlreichen neueren Arbeiten festgelegte moderne Therapie der 
Eklampsie wird durch die Nierenentkapselung nicht beeinflußt. 
Sie besteht nach wie vor sowohl in ihrer Indikationsstellung, 
wie in ihrer Ausführung in vollkommener Berechtigung weiter. 
Rasche Entleerung des Uterus zur Beseitigung der Giftquelle 
und Anregung der natürlichen Ausscheidungsvorgänge des 
Körpers zur Entfernung der im Körper angehäuften Giftmassen 
bleiben die wesentlichen Aufgaben eines zielbewußten Handelns. 
Nur für diejenigen Fälle, bei denen die seitherige Therapie 
nicht ausreicht, so daß sie trotz derselben zugrunde gehen 
müssen, soll die Entkapselung in Frage kommen. Sie soll also 
lediglich eine Ergänzung der seitherigen Therapie bedeuten. 
Aus dem Gesagten ergibt sich von vornherein eine Beschrän¬ 
kung der Operation au die puerperalen Fälle von Eklampsie. 
Nicht angezeigt ist sie während der Schwangerschaft, weil alle 
jene Ursachen, welche zu der Eklampsie und den Veränderun¬ 
gen an den Nieren geführt haben, gerade in der Schwanger- 


I Schaft selbst begründet sind und fortbestehen bleiben, so lange 
I diese besteht. So verschieden die Voraussetzungen sind, von 
denen aus die Autoren die Operation vorgeschlagen haben, so 
übereinstimmend sind andererseits in letzter Instanz die Ab¬ 
sichten, welche man damit verfolgte. Die Entkapselung wird 
nur empfohlen, um die stark herabgesetzte oder völlig dar¬ 
niederliegende Diurese durch Herstellung besserer Zirkulations¬ 
verhältnisse in den Nieren zu steigern oder hervorzurufen. 
Durch diese Feststellung erfolgt eine weitere Präzisierung der 
Indikationsstellung, Voraussetzung für dieselbe ist der Nach¬ 
weis einer Schädigung der Nierenfunktion. Die Indikation für 
die Entkapselung der Nieren Eklamptischer besteht dann, wenn 
die sonstigen Maßregeln: Entleerung des Uterus, Anregung der 
Diurese und Diaphorese, versagt haben, wenn Krämpfe oder 
Koma nach der Geburt unverändert fortbestehen, und wenn 
eine erhebliche Beeinträchtigung der Nierenfunktion nachweis¬ 
bar ist. Was hat nun die Nierenentkapselung bei Eklamptischen 
bis jetzt geleistet? Im ganzen sind Sippel bis jetzt 
46 Fälle bekannt geworden. Von diesen starben 20. Vier von 
diesen Todesfällen erfolgten nachträglich aus anderen Ursachen, 
nachdem die Eklampsie schon geheilt war. Demnach wurden 
unter 46 Fällen 30 von der Eklampsie geheilt, 16 nicht. Das 
ist nach S. ein sehr wertvolles Resultat. — In welcher Weise 
hat sich nun die Wirkung der Operation auf die Nierensekretion 
betätigt? Es wurde in weitaus den meisten Fällen durch die 
Entkapselung der Nieren eine rasche und ausgiebige Hebung 
der stark oder völlig gehemmten Diurese erzielt. Aus den er¬ 
reichten Erfolgen dürfen wir nicht nur die Berechtigung ab¬ 
leiten, die Dekapsulation in Zukunft weiter auszuführen, 
sondern wir müssen nach S. sogar die Verpflichtung an¬ 
erkennen, dies jedesmal zu tun, wenn die oben aufgestellten 
Bedingungen vorhanden sind. Denn wenn wir nicht operieren, 
gehen sämtliche Kranken zugrunde. Die Kasuistik legt uns 
jedoch auch die Notwendigkeit nahe, mit dem Eingriff nicht zu 
lange zu warten. Auf welche Weise kommt nun die günstige 
Wirkung der Nierenentkapselung auf die Diurese zustande? 
Die Entkapselung wirkt nach Sippel durch die Herbeiführung 
einer besseren Zirkulation in den beiden Kapillargebieten der 
Niere. Die Hebung der Zirkulation durch die Entkapselung 
muß eine momentane sein, weil der diuretische Erfolg ein 
momentaner ist. Zum Schluß macht Sippel auf die inter¬ 
essanten Ausblicke aufmerksam, welche die Erfolge der Ent¬ 
kapselung auf die Aetiologie der Eklampsie eröffnet. Wenn 
die Anregung der Diurese zur Heilung genügt, dann kann 
wenigstens bei der puerperalen Eklampsie die Krankheits¬ 
ursache nicht in einer fortgesetzten pathologischen Giftbildung 
oder in einem Wiederfreiwerden und in die Zirkulation¬ 
gelangen irgendwo gebundener Gifte begründet sein, sondern 
lediglich in einer pathologischen Retention. 

Zangemeister vermag weder aus der Veränderung 
der Harnsekretion, noch aus der Mortalität der bisher dekapsu- 
lierten Fälle einen Heilerfolg herauszulesen. Ein einwands¬ 
freier Beweis wäre nach Z. erst dann erbracht, wenn die Mor¬ 
talität einer großen Serie operierter Fälle nur ebenso groß ist, 
als die Mortalität überhaupt, oder wenigstens besser ist, als die 
Sterblichkeit der Fälle mit Oligurie insgesamt, d. h. 27%. Auch 
die Indikationsstellung zur Dekapsulation wird vor der Hand 
nach Z. immer eine mißliche Sache bleiben. Denn operiert 
man frühzeitig, so wird die Prognose schon dadurch eine bessere 
werden, daß dann erst recht eine Anzahl an sich günstig ver¬ 
laufender Fälle mitbehandelt werden. Wartet man aber ab, 
ob die Erkrankung nicht doch bald von selbst wieder aufhört, 
so wird man — selbst unter der Voraussetzung eines inten¬ 
siven Heileffektes der Operation — sicher häufig zu spät 
kommen. Im Hinblick auf die von Z. nachgewiesene günstige 
Prognose der puerperalen Oligurie, ohne daß zugleich noch 
Anfälle p. part. auftreten, fällt hier jede Berechtigung zur 
Dekapsulation weg. Da aber auch die mit Anfällen kombinierte 
puerperale Oligurie noch verhältnismäßig günstige Aussichten 
bietet, wird man sich auch hier im einzelnen Fall reiflich über¬ 
legen müssen, ob man der Patientin einen Eingriff zumuten soll, 
der zwar nachteilige Folgen direkt meist nicht zu haben scheint, 
über dessen Einwirkung auf das spätere Wohlbefinden der 
Operierten uns aber noch jede Kenntnis fehlt. Die Möglichkeit, 
durch die genannte Operation einen Einfluß auf den eklamp¬ 
tischen Symptomenkomplex zu gewinnen, will Z. nicht ganz 
leugnen, aber es kann ein solcher Einfluß nicht auf dem Um¬ 
wege der Nierensekretion, sondern allenfalls auf einer mecha¬ 
nischen Einwirkung auf die Nebenniere, die sympathischen 
Nervengeflechte oder dergleichen beruhen. 

Eisenreich zieht auf Grund des Materials der 
Münchener Universitäts-Frauenklinik den Schluß, daß die Fälle, 
in denen mit der Dekapsulation eine Rettung der Patientin 
erzielt werden kann, nicht häufig sein werden. Gerade des¬ 
wegen wird es Aufgabe der Zukunft sein, die Indikation zur 
Dekapsulation noch schärfer zu präzisieren. Dabei wird vor 
allem die qualitative und quantitative Funktionsprüfung der 
Nieren noch mehr als bisher zu berücksichtigen sein. In An- 




No. 27. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


423 


betracht der von anderer Seite erzielten Erfolge wäre es jedoch 
falsch, die Operation ganz zu verwerfen. Wie berechtigt dieser 
Satz ist, beweist der folgende Fall: Die 24jährige Ipara 
hatte mittags 1 Uhr spontan entbunden. Nach leichten 
Prodromen trat um 6 Uhr abends der erste eklamptische Anfall 
auf, dem im Laufe der Nacht bis früh 9 Uhr zwölf weitere 
schwere Anfälle folgten. Harnmenge während dieser Zeit 
120 ccm. Essbach 15“/oo. Tiefes Koma. Patientin ist stark 
cyanotisch. Nach den Anfällen ist intensive künstliche Atmung 
notwendig. In Anbetracht der schweren Oligurie und des sich 
stets verschlimmernden Allgemeinzustandes wurde um 9 Uhr 
30 Min. früh Dekapsulation beider Nieren vorgenommen. Die 
Wirkung der Operation war eine außerordentlich günstige. 
Die Anfälle sistierten sofort, das Koma schwand so schnell, daß 
Patientin bereits eine Stunde nach der Operation dargebotene 
Flüssigkeit schluckte. Der ganze Allgemeinzustand war voll¬ 
ständig verändert. Harnmenge eine Stunde post operat. 150 ccm, 
in den ersten 24 Stunden 400 ccm, am zweiten Tage 1500 ccm, 
am dritten 3300 ccm. Eiweiß nahm rapid ab, war am dritten 
Tage nur noch als schwache Trübung nachzuweisen. Wund- 
•verlauf normal. Kr. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Centräl-Zeitung“.! 

Sitzung vom 1. Juni 1910. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Der Vorsitzende widmet dem am 27. Mai verstorbenen 
Robert Koch einen tiefempfundenen Nachruf. Das Hin¬ 
scheiden Robert Kochs bedeutet einen schmerzlichen Ver¬ 
lust für die ganze medizinische Welt, besonders aber für die 
Berliner Medizinische Gesellschaft, der er 20 Jahre lang als 
Ehrenmitglied angehört hat. Die Medizinische Gesellschaft war 
es, in der er eine Reihe seiner grundlegenden Arbeiten zuerst 
vorgetragen hat. Er war ein Pfadfinder ersten Ranges, es sei 
nur erinnert an seine Arbeiten über Wundinfektionskrankheiten, 
über den Tuberkelbacillus, die Darstellung des Tuberkulins, den 
Kommabacillus, über die Tsetse- und Schlafkrankheit; jede 
einzelne derselben hätte schon genügt, seinen Namen mit höch¬ 
stem Ruhmesglanz zu umgeben. Er deckte die Ursachen der 
Seuchen und Volkskrankheiten auf, lehrte die Wege ihrer Ver¬ 
breitung und Uebertragung kennen und gab Mittel und Methoden 
zu ihrer Bekämpfung an. Dieser Wohltäter der Menschheit und 
alle überragende Heros war dabei von seltener Bescheidenheit; 
er, der sich von den kleinsten Anfängen emporgearbeitet, der 
sich der Bedeutung seiner Arbeiten bewußt war, liebte es nicht, 
in derOeffentlichkeit hervorzutreten, hat nie nach äußeren Ehren 
und Auszeichnungen gestrebt, gleichwohl sind ihm diese in 
reichstem Maße zuteil geworden. Seine Bescheidenheit gab er 
auch auf dem Sterbebette kund, indem er den Wunsch aus¬ 
sprach, in aller Stille, und ohne Pomp beigesetzt zu werden. 
Unter den Großen ist der Größten einer dahingegangen. Sein 
Stern wird glänzen an dem leuchtenden Himmel der medizini¬ 
schen Wissenschaft in aller Ewigkeit. (Erheben von den 
Plätzen.) 

Vor der Tagesordnung: 

Herr Weski demonstriert einige Fälle von Elephantiasis 
gingivae. Es handelt sich um eine Hypertrophie des Zahn¬ 
fleisches, welche sich hier dadurch charakterisierte, daß sie erb¬ 
lich auftrat. Das Zahnfleisch ist zunächst in bandartiger Hyper¬ 
trophie den Zähnen umlagert, wuchert dann mehr und mehr, bis 
es eine rüsselförmige Gestalt annimmt. Die Affektion ist als 
harmlos anzusehen; der eine Patient ist 70 Jahre alt und füllt 
seinen Beruf vollständig aus. Die Therapie besteht in Exzision 
und Abbrennen mit dem Paquelin, um das Lockern und Aus¬ 
fallen der Zähne zu verhüten. 

Herr O. Maas zeigt eine Patientin mit Symptomen der 
Apraxie. Die Untersuchung lehrt, daß die Apraxie nicht auf 
mangelhaftem Verständnis beruht, die Patientin vermag eine 
Reihe von Ausdrucksbewegungen mit der rechten Hand gut 
auszuführen, während sie mit der linken apraktischen dazu nicht 
imstande ist. Aus der Vorgeschichte ist zu bemerken, daß 
Patientin vor 12 Jahren einen Insult hatte, infolgedessen sie 
14 Tage lang der Sprache beraubt war. 

Vor neun Jahren trat ein neuer Schlaganfall auf mit vor¬ 
übergehender Sprachstörung, gleichzeitig stellte sich eine links¬ 
seitige Lähmung ein. Bemerkenswert ist, daß bei doppelseitigen 
Bewegungen keine apraktischen Symptome auf der linken Seite 
zu bemerken sind. Die Patientin zeigt auch eine Reihe von 
bemerkenswerten Sensibilitätsstörungen im Gebiete der 
Schmerz- und Tastempfindung. 

Herr Hans Hirschfeld zeigt einen Patienten mit isolierter 
Lähmung des N. musculocutaneus, die, wie es gewöhnlich der 
Fall ist, traumatischen Ursprung hat. Er stürzte im Oktober v. J. 


mit dem Tinken Arm in eine Maschine, wobei er sich eine 
Zerrung des linken Arms zuzog. Drei Wochen trug er den Arm 
in einer Mitelia, nach Abnahme der letzteren bemerkte er, daß 
er den Arm nicht beugen konnte. Das besteht auch jetzt noch 
und zwar ist die Beugung nur bei abduziertem Arm nicht mög¬ 
lich, wohl aber bei proniertem Arm. Der Umfang des linken 
Arms ist bedeutend geringer als derjenige des rechten, der 
linke Biceps ist dünn und schlaff, außerdem sind typische Sensi¬ 
bilitätsstörungen vorhanden. Aus all diesen Erscheinungen 
muß auf eine Verletzung des N. musculocutaneus geschlossen 
werden. H. riet zu einem chirurgischen Eingriff, bestehend in 
Anfrischung und Naht des Nerven. 

Tagesordnung: 

Diskussion über den Vortrag der Herren 
Finkeistein und L. F. Meyer. 

Herr Langstein hat die Eiweißmilch in dem von F i n k ei¬ 
st e i n und Meyer genannten Indikationsgebiet angewendet 
und ist von dem Erfolg überrascht gewesen. Bei Kindern im 
Stadium der Dekomposition hörte der Gewichtsabsturz auf, viel¬ 
mehr nahm die Gewichtskurve einen aufsteigenden Verlauf an 
und das Interessante war, daß, während solche Kinder sonst 
ein langes Reparationsstadium gebrauchen, hier das Gedeihen 
der Kinder ungestört von statten ging. L. verfügt über 20—30 
klinisch gut beobachtete Fälle, welche ihm unzweideutig gezeigt 
haben, daß wir in der Eiweißmilch eine wertvolle Bereicherung 
der diätetischen Behandlung besitzen. Bei der Dosierung der 
Eiweißmilch sind zwei Etappen zu unterscheiden, je nachdem 
man sie als Medikament oder als Mastkurmittel verwendet. Der 
Vorteil der Eiweißmilch im zweiten Stadium besteht darin, daß 
man nun nicht mehr gezwungen ist, Kinder hungern zu lassen. 
L. hat die Kinder vom ersten Tage an auf geringe Mengen Ei¬ 
weißmilch gesetzt (10 X 5, 10, 20 g und gesehen, daß so viel 
bessere Erfolge erzielt werden als bei dem früheren Vorgehen. 
Die Verwendung der Eiweißmilch hat uns gelehrt, daß es nicht 
darauf ankommt, einen Nährstoff herauszugreifen, sondern daß 
es auf die Korrelation ankommt, in der die Nährstoffe angeboten 
werden. Die Eiweißmilch müssen wir als einen enormen Fort¬ 
schritt in der Diätetik der Ernährungsstörung bezeichnen. 

Herr Balirdt zeigt einige Kurven von Kindern, die in der 
Langstein sehen Abteilung mit Eiweißmilch behandelt 
worden sind. Es hat sich gezeigt, daß • bei Infektionen er¬ 
nährungsgestörter Säuglinge die Anwendung der Eiweißmilch 
günstig gewirkt hat; selbst bei schwersten Infektionen wurden 
die sonst beobachteten Gewichtsstürze vermißt. 

Herr Patschkowski macht auf eine Methode aufmerksam, 
die er schon in den achtziger Jahren, als eine große Kindersterb¬ 
lichkeit infolge akuten Magen-Darmkatarrhs herrschte, auf 
Empfehlung eines New Yorkers Forschers mit gutem Erfolge 
verwandte. Er gab verdünntes Eiweiß und zwar bei Neigung 
zu Erbrechen alle fünf Minuten einen Teelöffel voll. War die 
Brechneigung ganz verschwunden, dann gab er größere Mengen 
Eiweißlösung alle zwei bis drei Stunden, dann allmählicher 
Uebergang zu anderer Nahrung. 

Herr Noeggerath: Im Anfänge ergab die Prüfung der Ei¬ 
weißmilch bei den Säuglingen der H eub ne r sehen Klinik 
einen etwas wechselnden Erfolg. Es stellte sich heraus, daß es 
viel auf kleine technische Details bei der Herstellung der Ei¬ 
weißmilch ankommt. Befolgt man diese, dann erhält man sehr 
erfreuliche Resultate. Er hat auch sehr gute Erfolge bei paren¬ 
teralen Infektionen, bei Dyspepsien nach Masern und Keuch¬ 
husten. 

Herr Rott berichtet über gute Erfolge, die in der Poliklinik 
der Charite mit Eiweißmilch erzielt worden sind. Länger als 
acht bis zehn Wochen hat er in keinem Falle die Eiweißmilch 
zu geben brauchen. Was die Gewichtsschwankung bei Er¬ 
nährung mit Eiweißmilch betrifft, so hat R. durch Parallelver¬ 
suche gefunden, daß der initiale Gewichtsabst'urz einhergeht 
mit einer Wasserverarmung, die Gewichtszunahme mit einer 
Aufnahme von Wasser. Es handelt sich dabei um eine Ver¬ 
schiebung des Wasserhaushaltes. Der enorme praktische Wert 
der Eiweißmilch besteht also darin, daß es ein Mittel darstellt, 
einem beträchtlichen Wasserverlust Einhalt zu tun. 

Herr Schaps weiß von guten Erfolgen der Eiweißmilch¬ 
anwendung bei einem ambulanten Säuglingsmaterial zu berich¬ 
ten. Er hat eine Milch zusammengesetzt, die der Eiweißmilch 
sehr nahe steht, bestehend in Buttermilch, welcher er 1 bis 2 pCt. 
Fett zusetzt. Der Erfolg war sehr befriedigend. 

Herr Wolff-Eisner bemerkt, es sei auffällig, daß eine Milch, 
die der Muttermilch gerade entgegengesetzt zusammengesetzt 
sei, so gute Resultate ergebe. Demgegenüber hebt er als Grund¬ 
gesetz der Immunitätslehre hervor, daß körperfremdes Eiweiß 
ein Gift darstelle. 

Herr Orgler teilt seine poliklinischen Erfahrungen bezüglich 
der Eiweißmilch aus einer Fürsorgestelle mit. Von 61 Fällen 
seiner Beobachtung scheiden 20 aus, weil die Kinder wegblieben 
oder der Verlauf durch interkurrente Krankheiten gestört war. 
Bei den Testierenden 41 Kindern sind vorwiegend günstige Be¬ 
obachtungen gemacht worden. Im allgemeinen läßt sich sagen, 
daß die Eiweißmilch günstig wirkte bei Säuglingen, die nach 




424 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 27- 


mehrwöchiger, ausschließlicher Mehlernährung in die Poliklinik 
kamen, oder bei solchen, die nach Zuckerzulage vermehrte 
Stühle bekamen. Allerdings beobachtete man in einigen dieser 
Fälle eine ziemlich starke Gewichtsabnahme, manche Fälle 
zeigten sich refraktär. Vielleicht ist der Mißerfolg in einigen 
Fällen von Brechdurchfall auf die unrichtige Dosierung zurück¬ 
zuführen. Er empfiehlt mit 50 g anzufangen, dann auf 100 und j 
mehr überzugehen. Auch einige Fälle von Dekomposition sind 
bei Eiweißmilch nicht vorwärts gekommen, so daß zu Frauen¬ 
milch übergegangen werden mußte. 

Herr Birk: Im Augusta-Viktoriahaus in Charlottenburg 
wurde die Eiweißmilch an 30 klinischen Fällen versucht, im 1 
allgemeinen hatte man recht günstige Erfolge. Es gab auch | 
einige Mißerfolge, bedingt wohl teilweise durch Verabreichung ! 
zu geringer Nahrungsmengen; einmal versagte die Eiweißmilch 
gänzlich, einmal hat sie geschadet und im späteren Verlauf der 
Behandlung zum Tode geführt. Die erste auffallende Verände¬ 
rung bietet der Stuhlgang, es erscheinen typische alkalische, j 
grauweiße Seifenstühle, unter der neuen Nahrung entstehen j 
leichte einige Tagen anhaltende Temperatursteigerungen, das 
Körpergewicht nimmt erst ziemlich stark ab. — Zunächst 
steigere man die Nahrungsmenge bis 1 / 5 des Körpergewichts und 
nachher erst setze man Kohlehydrate zu. Sechs bis acht Wochen 
setze man die Eiweißmilchernährung durch, dann bleibt nichts 
mehr zu tun übrig. Dann hört die Körpergewichtszunahme 
auf und man steigere weder die Menge noch den Zuckerzusatz, | 
sondern gehe zu Milch über. Bei längerer Darreichung von Ei- { 
weißmilch stellen sich Störungen ein, wie Meteorismus, Er¬ 
brechen, Unruhe. Indiziert ist die Eiweißmilch bei akuten Er¬ 
nährungsstörungen, ferner bei allen chronischen Ernährungs¬ 
störungen, wo eine Intoleranz gegen Kuhmilch besteht. 

Herr Schindler spricht sich im allgemeinen lobend aus über 
die Eiweißmilch auf Grund poliklinischer Beobachtungen. Ge¬ 
legentlich habe er einige Mißerfolge gehabt. Die Dyspepsiefälle 
heilten sehr schnell ab, die Durchfälle hörten auf, die Gewichts¬ 
kurve stieg an. In manchen Fällen wurde die Eiweißmilch j 
20 Wochen lang ohne jeglichen Schaden verabreicht. Einen 
günstigen Eindruck habe er von der Eiweißmilch als Diaeteticum 
bei Durchfällen gewonnen. 

Herr Finkelstein und Herr Meyer (Schlußwort). 

Britzmann. 


Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. 

(Eigenbericht der „Afigem. Medic. Central-Zeitung“.) 

Sitzung vom 2 0. Juni 1910. 

Vorsitzender: Herr A. Fränkel. 

Tagesordnung: 

Ueber den wechselnden Gehalt der Atmosphäre an Radium¬ 
emanation. (Ein Beitrag zur Erklärung klimatischer Einflüsse 
auf biologische Vorgänge.) 

Herr Grabley hat 1908 auf den Zusammenhang zwischen 
Radiumgehalt der Luft und bestimmten nervösen und 
chronischen Krankheiten hingewiesen. Angeregt wurde er 
durch G e i t e 1 in Braunschweig, der vergleichende Messungen 
über Klima und Radiumemanation angestellt hat. Das 
Klima ist dadurch unterschieden, daß der Gehalt an ionisierten 
Substanzen überhaupt von den Küsten nach dem Hochgebirge 
hin beständig zunimmt. Höherer Gehalt an Radiumemanation 
ist also ein Faktor des Höhenklimas. 1907 und 1908 hat Vortr. 
häufiger Messungen des Gehaltes der Luft an Radiumemanation 
vorgenommen. Für den beschäftigten Praktiker ist das aus 
Mangel an Zeit und sachverständiger Hilfe nicht immer möglich. 
Zuerst ist es schwer, die Krankheitsvorgänge als solche zu 
rubrizieren. Bei Gicht, Rheumatismus usw. werden die 
Störungen zweifellos durch Radium beeinflußt, ebenso ist es bei 
nervösen Menschen. Vortr. benutzte Gichtiker, Rheumatiker 
und sensible, nervöse Menschen, besonders solche, die an 
Schlaflosigkeit litten. 1907 hatte er vom März bis zum Mai 
regelmäßig die Aktivierungszahlen bestimmt, um die Verhält¬ 
nisse von Woltersdorf festzustellen. Grund und Boden besteht 
aus Sand, darunter liegt Kalk sowie Moosschichten in den Seen. 
Die Kurve der Aktivierungszahlen steigt meist gegen die Voll¬ 
mondsnächte an, aber nicht immer, nämlich dann nicht, wenn 
die Nächte viel Niederschläge bringen. Ob das immer stimmt, 
weiß Vortr. nicht. Das Maximum betrug 24,5, die mittlere 
Größe 12,6, das Minimum 2. Vortr. hat dann 1908 und 1909 die 
höchsten und niedrigsten Größen eingetragen und das Mittel 
berechnet. Die Minima erheben sich bis zum August. Sie sind 
1907 niedriger als 1908. Er glaubt, daß wir 1907 im Mai und 
Juni höhere Zahlen hatten, weil diese Monate ziemlich trocken 
waren; 1908 war der August trocken. Die. Niederschläge ver¬ 
hindern wohl das Austreten der Emanation aus dem Erdboden, 
weil sie die Poren verstopfen. Ob diese höhere Ausstrahlung 
an Emanation vielleicht mit dem Vollmond selbst zusammen¬ 
hängt, weiß er nicht. 

Vortr. hat dann an den kritischen Tagen der Kranken 
Messungen veranstaltet. Die Ladung des Elektroskops wurde 


abgelesen. Es waren Fälle von Gicht, Neurasthenie mit vaso¬ 
motorischen Störungen und Hysterie. Die kritischen Tage sind 
solche Tage, wo die Kranken unter hygienischen und überaus 
vorsichtigen Lebensbedingungen doch plötzlich Anfälle zeigen,, 
und zwar die Gichtiker Schmerzanfälle, die Neurastheniker 
Aufregungszustände. 

Es zeigte sich, daß immer an den Tagen die Aktivierungs¬ 
zahl weit über dem Mitei liegt, nur einmal lag sie unter dem' 
Mittel. Ein Gichtiker erfährt immer unter dem Einfluß der 
Behandlung mit Emanation Steigerung der Beschwerden. Diese 
Untersuchungen sind noch zu erweitern, wenn man gleichzeitig 
mit den Messungen der Außenluft auch solche der Luft in den 
Kellern einer Anstalt verbindet. Diese hat einen höheren 
Gehalt. Hier hatten diese Kranken stärkere Erscheinungen. 
Interessant war es bei der Hysterie, daß die Erregungszustände 
manchmal um die Zeit der Vollmonde auftrat und besonders, 
die Menses verstärkt waren. 

Daß nervöse Menschen in der Vollmondszeit erregter sind, 
wissen wir. Es ist also nicht der Mond selbst wirksam, sondern 
die zu dieser Zeit größere Ausstrahlung der Emanation aus dem 
Boden. Immerhin ist es wahrscheinlich, daß mit dem wech¬ 
selnden Befinden die Emanation der Bodenluft in Beziehung 
steht. 

1910 stellte Vortr. neue Experimente an. Er lud die Per¬ 
sonen auf einem genügend isolierten Sitz mit einer gewissen 
negativen Spannung, die Luft war mit der Atmosphäre aus¬ 
geglichen. Er setzte sie der unmittelbaren Einwirkung einer 
Influenz-Maschine aus; er benutzte die gewöhnliche Maschine. 
Die Kranken standen zwar unter psychischer Einwirkung, 
waren aber nicht über die Ziele seiner Beobachtungen orien¬ 
tiert. Danach traten Unruhe, besonders Herzklopfen, Kribbeln, 
Hitzegefühl und schlechter Schlaf ein. Diese Prozedur wurde 
vormittags angestellt. Täglich wurde bei 5000 Volt negativer 
Spannung isoliert, einmal zur Kontrolle mit Ableitung zur Erde.. 
Schließlich untersuchte Vortr. die Einwirkung der verstärkten, 
induzierten Becquerelstrahlen auch an sich selbst. Nach einer 
halben Stunde hatte er jedesmal nach dieser Exposition ein er¬ 
höhtes Wärmegefühl auf der ganzen Haut; vielleicht ist das 
nur subjektiv, aber es war ebenso, wie bei den Erscheinungen 
der Kranken. 

Es ist anzunehmen, daß die Radioaktivität der Bodenluft 
bezw. der Atmosphäre die Causa movens klimatischer Ein¬ 
flüsse sein kann. 

Einzelne Kollegen haben Vortr. mitgeteilt, daß sie bei Ge¬ 
witterbildung sich ungemütlich fühlen. Das sind nicht bloß 
elektrische Spannungsdifferenzen. Denn die elektrische Differenz 
zwischen —Erde und +Atmosphäre ist ziemlich groß, ohne daß 
jedesmal Gewitter eintritt. Vortr. nimmt eine höhere negative 
Spannung an. Der Mensch ist höher aktiviert. Setzt sofort 
reichlicher Regen ein, so wird die Ausstrahlung beschränkt; die 
Poren schließen sich. Daher besteht stärkeres Mißbehagen vor 
als nach den Niederschlägen. Vortr. glaubt, daß die Ionen- 
rnenge der Atmosphäre, besonders die Menge der Emanation 
und die Höhe des Potentials den klimatischen Einfluß ausmacht. 

Die Becquerelschen Strahlen enthalten auch a- und y-, d. h. 
exzitierende und lebenfördernde Strahlen. Es ist also wahr¬ 
scheinlich, daß die Radiumemanation den eigentlichen Faktor 
des Klimas darstellen kann; und daß der gesunde Mensch nicht 
sichtbar reagiert, ist nicht verwunderlich. Denn erst der ge¬ 
störte Körper zeigt dies deutlich. Der Gesunde ist adaptiert; er 
reagiert erst bei Krankheit und bestimmter Konzentration der 
Emanation. Aehnlich ist es ja mit der Wirkung der Sonnen¬ 
strahlen. 

Diskussion: 

Herr Gudzent: Der Vortr. hat eine Reihe von Vorgängern 
gehabt, zuletzt Dr. Müller in Augsburg, der systematisch 
seine Krankenhauspatienten beobachtete und den Barometer¬ 
stand berücksichtigte; er hat einen Zusammenhang zwischen 
niedrigem Barometerstand und schlechtem Befinden bei Gicht, 
Rheumatismus und Nervosität angenommen. Damals kannte 
man noch nicht die Erscheinungen des Radiums und die 
Hypothese von der elektrischen Spannung. Nun ist zu be¬ 
grüßen, daß Vortr. als Schüler von G e i t e 1 und E1 s t e r sich 
an das Studium dieser Frage in exakter Weise herangemacht 
hat. Auch in der zweiten medizinischen Klinik beschäftigt sich 
Redner ebenfalls mit dem Studium der Radiumemanation. Er er¬ 
zeugt sie künstlich und setzt die Kranken derselben aus. Da 
wo das Experiment klar ist, ist es eine alltägliche Erscheinung, 
daß die Kranken darauf so glatt reagieren, wie es Grabley 
geschildert hat; am zweiten Tage tritt Fieber bis 38° auf, sowie 
alle Erscheinungen, die uns die Laien bei schlechtem Wetter 
schildern. Man sieht, wie das abklingt und die klinische 
Wirkung eintritt. 

Herr Grabley sollte seine Untersuchungen fortsetzen. 
Noch manches würde sich dabei erklären. Aber einige Kritik 
ist nötig. Die Strahlen, die aus dem Zerfall des Radiums 
stammen, haben eine starke Wirkung. Auch Redner fand, daß sie 
z. B. die leukocytäre Infiltration verhindern. Aber Grabley 



No. 27. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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(Solle bedenken, daß diese Produkte des Radiums kurze Lebens¬ 
dauer haben. Das Radium b schickt keine Strahlen aus, hat 
aber lange Lebensdauer. Ein Teil der Wirkungen im Reagens¬ 
glas beruht aut Radium b. 

Herr Grabley (Schlußwort): Die Messungen von Barometer¬ 
stand und Spannungsdifferenz hat er jahrelang ohne positiven 
Befund vorgenommen. An Tagen, wo allgemeine Schwan¬ 
kungen im Gesundheitszustand der Kranken auftraten, hat 
Vortr. gemessen und manchmal niedrigen Barometerstand bei 
hoher Aktivitätszahl gefunden; aber ebenso oft war es auch 
anders. Es ist jedenfalls die Emanation am Boden von dem 
Barometerstände nicht abhängig. Aber Niederschlagsmengen 
verstopfen die Poren des Erdbodens und hemmen die Emana¬ 
tion. Die flüchtigen Radiumstrahlen wirken unmittelbar und 
zerfallen rasch, während die persistierenden Substanzen sich 
nachweisbar niederschlagen und lange wirken. 

Ueber Nierenwassersucht. (Referat.) 

Herr P. F. Richter will nicht auf alle Einzelheiten dieses 
wichtigen Themas eingehen; er stellte sich nur die Aufgabe, in 
großen Umrissen ein Bild von dem zu geben, was auf dem Ge¬ 
biete der Nierenwassersucht seit B r i g h t von dem Alten übrig¬ 
geblieben und durch die Fortschritte der physikalischen Chemie 
zu dauerndem Besitze der Wissenschaft geworden ist. Es folgt 
eine Uebersicht über die verschiedenen Theorien von dem Ent¬ 
stehen der Nierenwassersucht. Das Ergebnis sagt, daß die 
Gründe für ihre Bildung in den Nieren und in den Geweben 
zu suchen sind. Es sind renale und extrarenale Momente. 

Am nächstliegenden ist es, in der Störung der Nieren¬ 
funktion die Ursache der Wasserretention zu sehen (Bartels 
und Stuart). Unsere modernen Anschauungen haben einen 
anderen Modus angenommen. Es sind osmotische Austausch¬ 
vorgänge zwischen Blut und Geweben, die erst sekundär zur 
Zurückhaltung von Wasser führen. 

Alexander von Koranyi hat zuerst die Wasser¬ 
retention als eine Art Ausgleich für die Zurückhaltung der ge¬ 
lösten Moleküle angegeben. Welcher Art sind diese? Er hatte 
ursprünglich nur die Abblauprodukte von Eiweiß gemeint. 
A c h a r d hat dann dem Kochsalz und dem Harnstoff bei der 
Wasserretention die wesentliche Rolle zugeschrieben. In den 
Vordergrund ist das Na CI unter den gelösten Produkten durch 
die Arbeiten von Widal und Strauss getreten. Der 
klassische Versuch stammt von Widal und Jauer: ein 
Kranker verlor die Oedeme bei Milchkost; sie erschienen sofort 
wieder, sobald er dazu täglich 10 g Kochsalz nahm. Damit 
-schien der Beweis geliefert zu sein, daß die Na Cl-Entziehung 
oder -Zulage den Grad der Oedeme bestimme. Mit dem 
Schwinden der Oedeme verließ Na CI in vermehrter Menge den 
Körper. Das ist vielfach seither bestätigt worden. Welche Be¬ 
weise liegen vor? 

Es ist festgestellt, daß es bei Nierenkranlien auch eine 
Na Cl-Retention gibt. Die Ursache liegt in den Nieren. Denn 
bei einseitiger Nierenerkrankung ist der Urin auf der kranken 
Seite an Na CI ärmer, als auf der gesunden. Komplizierter ist 
die Deutung bei doppelseitiger Nierenerkrankung, besonders 
akuter und chronisch-parenchymatöser Art. Es wird sehr 
wenig Na CI hier ausgeschieden. Eine Mehrgabe von 
Na CI steigert oft nicht die Na CI-Ausscheidung, sondern die 
Retention. Und die Entziehung des Na CI führt umgekehrt 
häufig zur Verstärkung der Ausscheidung. Aber es ist immer 
möglich, an dem Schema festzuhalten. Es gibt auch Fälle, wo 
das Ausscheidungsvermögen der kranken Niere völlig erhalten 
bleibt und umgekehrt bei Cl-Reichtum dem Kochsalz den Weg 
nach außen eröffnet. 

Sicher ist also folgendes: Die Fälle, wo Insuffizienz der 
Niere gegen Kochsalzbelastung besteht, gehen mit Oedemen 
einher. Die verschiedenen Varietäten der Kochsalzausschei¬ 
dung hängen von dem Kochsalzbestande des Organismus ab. 

Um zu unterscheiden, wie weit Störungen der Kochsalz¬ 
ausscheidung, die durch die Niere bedingt sind, mit einer be¬ 
stimmten Läsion derselben Zusammenhängen, ist das Tier¬ 
experiment benutzt worden. Das histologische Bild dei 
Nephritis variiert sehr; bald sind mehr die Glomeruli, bald die 
Epithelien, bald beide betroffen. Gerade das Wechselvolle der 
Ausscheidung, das typisch für die Nephritis ist, erklärt sich 
nach Senator durch die verschiedene anatomische Lokalisa¬ 
tion des Prozesses. Ribbert hat die topisch-funktionelle 
Diagnose angestrebt. Für Na CI hat er bei gesunden Nieren 
den tubulären Apparat als Ausscheidungsort gefunden. Syste¬ 
matische Untersuchungen hat Schlayer angestellt. Er hat 
bei tubulärer wie vaskulärer Nephritis weitgehende Schädi¬ 
gungen gesehen, gleichgültig, durch welches Gift der Na Cl- 
Stoffwechsel erheblich beeinträchtigt worden ist. Wichtig ist 
die Tatsache, daß unter den Nierengiften mit tubulärer Schä¬ 
digung nur eines konstant Nephritis mit Oedemen erzeugt : das 
Uran. Bei Sublimat- und Aloinvergiftung entstehen sie über¬ 
haupt nicht, bei Chromvergiftung selten. 

Bei rascher Läsion, die durch Uran erzeugt wird, sinkt der 
Kochsalzwert schneller ab. Alsa das eine Mal wird hydropigene 


Wirkung beobachtet, das andere Mal nicht. Wird nun hier Na CI 
primär zurückgehalten und sekundär Wasserretention bewirkt, 
oder findet beides gleichzeitig statt? Es ist verschiedenes 
möglich: entweder ist die Wasserretention Folge der Salz- 
retentiou oder umgekehrt, oder beide sind voneinander un¬ 
abhängig. Das letztere kann bei Ausscheidung von Wasser und 
Salzen Vorkommen; denn ersteres scheiden die Glomeruli, 
letztere die Tubuli aus. Es gibt also Stadien, wo nur eines von 
beiden ausgeschieden wird. Für beide hat man das zeitliche 
Verhältnis als entscheidend angesehen. 

Strauss fand, daß die Elimination des Wassers meist 
früher als die des Na CI stattfindet. Ferner bleibt zu unter¬ 
suchen, ob zwischen Kochsalz- und Wasserausscheidung, Ent¬ 
chlorung und Entwässerung Gesetze bestehen, die dem Prozeß 
entsprechen. In 1 Liter Oedemflüssigkeit sind 6—7 g Na Ci 
vorhanden. Gehen die Oedeme zurück, so bleibt das Verhältnis 
das gleiche. Aber zahlreiche Beispiele ließen sich anführen, 
wo die Zahlen nach oben und unten beträchtliche Schwankungen 
aufweisen. Diese Ausnahmen sind aber zu erklären, wenn 
neben dem zirkulierenden CI in den Gewebssäften von den 
Geweben Organ-Cl aufgenommen und festgehalten wird; das¬ 
selbe wird erst später ausgeschieden. Freilich ist diese 
trockene Cl-Retention mehr dem vaskulären als dem epithelialen 
Prozeß eigentümlich. 

Den Hauptbeweis für den Zusammenhang von Na CI- und 
Wasserretention bei Nephritis bilden die zahlreichen Er¬ 
fahrungen, wonach die Zufuhr von Na CI Wasserretention er¬ 
zeugt oder vergrößert. Ein Zweifel ist nicht mehr möglich. 
Eine Beweiskraft für das Gegenteil ist nur da möglich, wo 
1. Hydrops sich längere Zeit unabhängig von der Na Cl-Aus- 
scheidung konstant erhielt, 2. Bettruhe, Milchdiät und Diuretica 
auf diesen ohne Einfluß waren, 3. die Flüssigkeitszufuhr genau 
geregelt ist. 

Es gibt keine Methode, um die Gesamtmenge des Na CI 
im Körper zu messen. Wie viele Irrtümer können also von 
alimentären Versuchen ausgehen, wenn auf ihnen therapeu¬ 
tische Maßnahmen aufgebaut werden! Wichtig ist eben die 
gleichzeitige Regelung der Wasserzufuhr. Das Tierexperiment 
zeigt, daß auch ohne Darreichung von Na CI die Ueber- 
schwennnung des Organismus mit Wasser völlig genügt, um 
Oedeme zu erzeugen. Welche anderen Salze spielen hierbei 
eine Rolle ? Na CI prävaliert gegenüber den anderen Elektro¬ 
lyten im Organismus, es steht mit 74% gegenüber 26% anderer 
Salze, insbesondere Natronkarbonat und Natrouphosphat. Sie 
sind Bestandteile der Nahrung und des Zellplasmas und immer 
vorhanden. Für das Natronbikarbonat hat Blum gezeigt, daß 
die Darreichung größerer Mengen in sechs Tagen bei Dia¬ 
betikern deutliche Oedeme an Beinen und im Gesicht hervorrief. 

Für das Phosphat hat L. Meyer am Säugling ebenfalls 
Wasseraufspeicherung, wenn auch nicht deutliche Wassersucht, 
nachgewiesen. Er nahm an, daß der hydropigene Effekt Eigen¬ 
schaft sowohl des CI wie des Na ist und daß beide, zusammen¬ 
genommen, stärkere Wirkung haben. Bei der kranken' Niere 
wurde im Tierversuch eine ausgesprochene steigernde Wirkung 
des Natronphosphat auf wässerige Ergüsse gefunden. 

Die Phosphate spielen eine geringe Rolle gegenüber den 
Chloriden; ferner sind die Ausscheidungsverhältnisse ver¬ 
schieden. Auch bei starker Nephritis ist das Vermögen der 
Ausscheidung für die Phosphate ziemlich gut. Das Gleiche gilt 
für die Karbonate; ferner steht noch der Weg durch den Darm 
offen. Auch Schloss fand, daß bei Säuglingen die Wirkung 
der Natronverbindungen stärker als die der Verbindungen von 
Ca usw. ist. Fleischer und L ö b zeigten, daß Ca CU die 
Bildung des Ascites bei Nephrektomie stark vermehrt. 

Für Na CI liegen die Verhältnisse wegen der Wasser¬ 
retention wesentlich anders. Sie treten stärker wegen der 
großen Wassermengen in Erscheinung. Die Wasserretention 
ist lediglich Salzwirkung. Die Wasseranziehung ist nicht gleich¬ 
bedeutend mit Wassersucht. Erstere ist die Ursache der letz¬ 
teren. Es gibt Wassersucht ohne Hydrämie und umgekehrt. 
Es gibt mechanische Hydrämie, z. B. infolge von Anurie; letztere 
war in einem Falle von Carcinom durch Druck der Tumor¬ 
knoten auf die Ureteren bedingt. 

Allerdings ist die völlige Wasserretention seitens der 
Nieren kein Beweis für hydrämische Plethora. Denn es können 
andere Wege für die Ausscheidung durch die Niere in Anspruch 
genommen werden; es kann die Wasseraufnahme eingeschränkt 
werden und die Bildung von Wasser eine Verminderung er¬ 
fahren. Wir wissen hierüber noch wenig; nur die Störungen 
der Wasserausfuhr sind, so weit sie renal sind, bekannt. Wie 
weit Störungen der Wasserbildung bei Nephritis bestehen, ist 
noch nicht bekannt; es ist ein Punkt, der bei den zahlreichen 
einschlägigen Untersuchungen noch zu wenig berücksichtigtest. 

Die experimentelle Plethora hydraemica als Ursache der 
Wassersucht ist also noch nicht bedingungslos bewiesen 
(Cohnhei m). Andere Autoren konnten sie allerdings unter 
Zuhilfenahme von Modifikationen erzeugen. Gärtner sah 
bei langsamer Infusion von Wasser in die Blutbahn Anasarca 



426 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 27. 


eintreten; durch Inlusion von Na CI traten Oedeme auf (Albu 
und Brandenburg). So riesige Wassermengen, wie hier 
in die Blutbahn hineingebracht wurden, kommen bei Nephritis 
nicht in Frage. Will man den Einfluß der Retention auf Oedeme 
prüfen, so muß man den menschlichen ähnliche Verhältnisse 
erzeugen und die Aufnahme vom Darm aus geschehen lassen. 

Gegenüber dem renalen Moment der Plethora hydraemica 
hat Cohnheim die extrarenalen Faktoren betont. Nach ihm 
erklärt eine Entzündung der Gewebe der Haut die Wassersucht. 
Senator hat dann unter dem Einfluß von Schädlichkeiten die 
Nierengefäße, die Kapillaren der Glomeruli, erkranken lassen, 
später sollen die übrigen Gefäßapparate der Haut und der 
serösen Häute erkranken. Also diese Erkrankung der Gefäße 
wäre die primäre Ursache der Wassersucht bei Nephritis. 

Haben wir Beweise für die Cohnheim- Senator sehe 
Theorie? Es ist sicher möglich, am Tiere einen Zustand zu 
erzeugen, der dem Zustand der Wassersucht bei Nephritis 
gleicht. Es gelingt mit Hilfe der Urannephritis. Eine große 
Zahl von Forschern hat daran gearbeitet und nachgewiesen, 
daß die experimentelle Urannephritis vor anderen toxischen 
Nephritiden Besonderheiten darbietet, daß gerade bei dieser 
die Neigung zu Oedembildung besteht. Man hat zur- Erklärung 
pathologisch-anatomische Verschiedenheiten annehmen wollen, 
aber ohne jeden Erfolg. Es gibt kein bestimmtes Substrat 
dieser Störung; bald sind die Glomeruli, bald die Epithelien 
betroffen, zumal in den chronischen Stadien. Die Uran¬ 
nephritis bedingt besonders die Erkrankung der Harnkanälchen. 
Trotzdem unterscheidet sich die Urannephritis wesentlich durch 
ihren hydropigenen Effekt. Es wäre aber denkbar, durch das 
Studium der Funktionen der Niere einen Zusammenhang auf¬ 
zuklären. Diesen Weg haben Schlayer und K a j a s o be¬ 
treten. Ihnen verdanken wir eine wesentliche Erweiterung 
unserer Kenntnisse von der Nierenwassersucht. In einem 
Punkte unterscheidet sich die Urannephritis von den anderen 
toxisch-experimentellen, nämlich durch die plötzlich auftretende 
Insuffizienz der Ausscheidung gegen erhöhte Zufuhr von 
Wasser. Es ist eine Schädigung der Nierengefäße, eine Ver¬ 
änderung ihrer Durchlässigkeit. Es kommt zu starker Retention 
von Wasser und Elektrolyten. Es ist aber möglich, daß noch 
Veränderungen der serösen Häute und Störung der Wasser¬ 
verteilung unabhängig von den Gefäßveränderungen Vor¬ 
kommen. Dafür traten Koranyi und seine Schüler ein. 
Nach ihnen geht ein Strom von Geweben zu den Gefäßen. Es 
liegen Störungen in den Geweben bei Hydrops vor. Für Er¬ 
schwerung der Zirkulation und Erleichterung der Transsudation 
liegen Befunde vor. Die Oedembildung ist von einer Abnahme 
der Blutmenge nicht begleitet. Es zeigt sich auch ohne Wasser¬ 
zufuhr von außen Zunahme der Blutmenge auf dem Höhepunkt 
der Oedeme. Aber gerade bei der künstlichen Nephritis, die 
mit Wassersucht einhergeht, müßte man schon bei Beginn der 
Versuche ein Gleichbleiben oder eine Zunahme der Blutmenge 
verlangen. Das ist nicht der Fall. Daher kann man eine 
Stromrichtung des Wassers aus den Gefäßen heraus, also eine 
Schädigung der letzteren, nicht ohne weiteres bestätigen. 

Kann die Cohnheim-Senator sehe Theorie zu Recht 
bestehen? Man hat versucht festzustellen, ob nach Ausschaltung 
der Niere doch Hydrops durch Gifte erzeugt wird, und gesehen, 
daß nach Nierenexstirpation auch die Ödeme fortfielen. Aber 
das beweist nichts; denn die Haut wird auch hier geschädigt. 
Auch bei Nierenexstirpation kommt es zu Oedemen. Das Uran 
trifft also nicht gesunde, sondern kranke Gewebe. So ist die 
Entstehung von Nierenwassersucht durch extrarenale Momente 
noch zu beweisen. 

Schlayer versuchte sie durch direkte Schädigung zu be¬ 
weisen. Er fand, daß die Hauptgefäße bei experimenteller 
hydrämischer Plethora durchlässiger werden, aber nicht etwa 
in der Art, daß die gedehnten Kapillaren reißen, sondern erst 
wenn die Nierengefäße Zeichen von Funktionsschädigung 
zeigen. Also beides geht parallel. Schlayer und seine Mit¬ 
arbeiter kommen zur gleichen Auffassung wie Senator: 
Das Ursprüngliche ist die Schädigung der Nierengefäße infolge 
fortschreitender Erkrankung des Nierengefäßsystems bei zu¬ 
gleich fortschreitender Vergiftung der Hautgefäße. Also weder 
Kochsalz- und Wasserretention allein, noch Vergiftung allein 
genügt. Die Kombination beider Faktoren würde den Prozeß 
erklären. Schlayer und Hedinger weisen auf den Unter¬ 
schied zwischen dem Zwischen- und dem Endstadium der Uran¬ 
nephritis hin. Im Zwischenstadium entsteht kein Oedem; es 
ist erst im Endstadium deutlich. Also inzwischen ist Läsion der 
Gefäße und Permeabilität hinzugetreten. 

Es kommt eine wenig feine Reaktion bei dieser Art 
Versuchen zu Stande. Vortragender hat sich bemüht, einen 
anderen Weg ausfindig zu machen. Er versuchte erst 
die Gefäße zu schädigen ' und untersuchte dann die 
Permeabilität. Wenn die Cohnheim-Senator sehe 
Theorie zutrifft, dann müßte es überall da möglich sein, Oedeme 
zu erzeugen, wo die Erscheinung der Niereninsuffizienz, die 
Retention, besteht. In der intravenösen Injektion von Amyl- 
nitrit fand Vortr. ein solches Mittel. Hier wirkt die Kombina¬ 


tion der Gefäßmittel mit verschiedenen Nierengiften. Hier 
kommen ausgesprochene Oedeme zustande. Die hydropigene- 
Wirkung des Urans wird außerordentlich verstärkt. Bei völliger 
Einstellung der Nierenfunktion durch Nephrektomie kommt bei 
Reizung der Gefäße ebenfalls Hydrops zustande. Neigung zur' 
Oedembildung ist nur dann vorhanden, wenn gleichzeitig 
Gefäßschädigung besteht. Diese ist also der wichtigste und 
immer gleichbleibende Faktor. Die anderen Momente wirken 
alle nur, wenn gleichzeitig Gefäßschädigung besteht oder mjt 
ihnen verbunden ist. Es wird dann die Durchlässigkeit der 
Gefäße so groß, daß nicht einmal die Retention von Wasser nötig 
ist, um Wasseraustritt zu erzielen. 

Auch nach anderer Richtung wurde der Beweis geführt. 
Gelingt es, ein Nierengift zu finden, das Wasser aus den Ge¬ 
weben und dem Blut zieht, so muß auch das zu Oedemen und 
Hydrops führen. Das ist das Glyzerin, wenn es subkutan in¬ 
jiziert wird. Im Stadium der Albuminurie und Hämaturie 
macht es ausgesprochene Oedeme und Höhlenhydrops. Das 
ausgetretene Wasser wird dem Blut entzogen. Es läuft also, 
ein Wasserstrom aus dem Blut in die Gewebe. 

Was die Giftwirkung bei nephritisehem Hydrops anbelangt, 
so ist wahrscheinlich, daß es Giftwirkungen gibt, die die Ge¬ 
fäße schädigen. Magnus-Levy fand im Chloralhydrat eine 
solche Substanz, die zum Wasseraustritt aus den Gefäßen führt. 
Es ist wahrscheinlich, daß die erkrankte Niere selbst Gifte 
liefert. Bei fortgesetzten Adrenalineinspritzungen kommen 
Oedeme vor. Vielleicht spielen auch diese Momente eine ge¬ 
wisse Rolle. Bei Nephrektomie wird bei Behandlung mit Koch¬ 
salzlösungen die Neigung zu Oedemen verstärkt. Endlich 
könnten die retinierten Salze die Gefäße schädigen. Beweise 
liegen noch nicht vor. Ca CI» kann allein Oedeme und Ascites 
erzeugen. 

Das Fazit aller Ausführungen ist folgendes: Im allgemeinen 
spielen bei dem Zustandekommen der Nierenwassersucht mit: 
1. anatomisch-funktionelle lokalisierte Schädigungen der Niere 
mit Retention von Salz und Wasser, 2. Hydrämie, 3. Schädigung 
der Gefäßwände. Aber diese drei Faktoren sind nicht gleich¬ 
wertig. Die Ursache ist die Schädigung der Niere und der Ge¬ 
fäße. Die Retention von Salz und Wasser ist nur die Ver¬ 
anlassung der Wassersucht, begünstigt und löst sie aus. Allein 
macht die Retention keine Wassersucht. Nur bei Säuglingen 
scheinen Wasserretention und Wassersucht allerdings in¬ 
einander überzugehen. Nach Senator sind wahre Ergüsse- 
bei Säuglingen immer eitrig. 

So wenig Ergebnisse sich theoretisch gewinnen ließen, 
immerhin ist es wichtig, daß es mit ihrer Hilfe möglich ist, den 
Grad der Wassersucht therapeutisch zu beeinflussen. 

Mode. 


27. Kongress für innere Medizin in Wiesbaden 
vom 18.—21. April 1910. 

Berichterstatter: K. Reicher (Berlin). 

(Schluß.) 

Herr Schlayer (Tübingen): Untersuchungen über die 
Funktion kranker menschlicher Nieren. 

Oligurie ist immer die Folge einer vaskulären Läsion ln 
der Niere; in allen Fällen von Oligurie ist auch die Milchzucker¬ 
ausscheidung stark verlängert. Die Polyurie bei Schrumpf¬ 
niere ist als Reizerscheinung, als Symptom der beginnenden 
Gefäßschädigung zu deuten. Das wichtige an S c h.’s bekannten 
neuen funktionellen Untersuchungen liegt in der Möglichkeit, 
uns jederzeit bis zu einem gewissen Grade über die anatomi¬ 
schen Veränderungen der kranken Niere orientieren zu können. 

Herr Hedinger (Badenweiler): Ueber die Wirkungsweise 
von Nieren- und Herzmitteln auf kranke Nieren. 

Bei der Cantharidinvergiftung, also der vaskulären Form 
der Nephritis wirken schon wenige Stunden nach der Intoxika¬ 
tion die Diuretica nicht mehr, ebensowenig in den Endstadien 
der tubulösen Nephritis, weil dann sekundär auch die Nieren¬ 
gefäße geschädigt sind. Bei der reinen tubären Form der 
Nephritis hingegen haben Theophyllin und ebenso Na CI eine 
enorme Harnflut und-starke Erweiterung der Nierengefäße zur 
Folge. Aehnlich wirken Digitalispräparate. 

Herr Lichtwitz (Göttingen): Die Konzentrationsarbeit der 
Niere. 

Die Konzentrierung des Chlors kann isoliert geschädigt 
sein, in manchen Fällen gehen N-Anstiege parallel mit P»0 5 - 
Vermehrung. Die Eigenschaft der Diuretica, der Purinderivate 
sowohl wie der Salze, kolloidfällend zu wirken, führt L. dazu, 
die Konzentrations- und Sekretionsarbeit der Nieren auf 
kolloidchemische Vorgänge zu beziehen. Die in die Zelle ein¬ 
tretenden Stoffe bewirken eine Fällung von Zellkolloiden 
(Granulabildung), die durch Adsorption die gelösten Stoffe fest- 
halten und damit konzentrieren. Diese Granula werden sezer- 
niert und bedingen die Existenz der Harnkolloide. Der Durch¬ 
tritt von Wasser durch die Zellen erfolgt durch Quellung und 
Entquellung. ■ 




No. 27. 


427 


THERAPEUTISCHE 

. Herr, H. Philippi (Davos): Ueber Entfieberungen bei 
Lungentuberkulose durch kleinste Dosen Tuberkulin. 

P h. hat mit ungeheuer kleinen Dosen, Millionstel Milli¬ 
gramme T. 0. A., Entfieberungen bei Tuberkulösen erzielt und 
die auffallendsten Erfolge bei Patienten des dritten Stadiums 
(70 pCt. gegen 45,8 pCt. der nicht spezifisch behandelten) ge¬ 
sehen. 

Herr Lommel (Jena): Zur Pathogenese der Lungen¬ 
emphysems. 

L. untersuchte bei den Glasbläsern, welche bedeutende 
exspiratorische Anstrengungen leisten, die verschiedenen Kom¬ 
ponenten des Lungenluftwechsels und fand die Totalkapazität 
ihrer Lungen annähernd normal, ebenso die absoluten Werte 
der Mittellage. Die Menge der Residualluft war verschiedent¬ 
lich sehr hoch, das Verhältnis der Residualluft zur Totalkapazi¬ 
tät, welches bei Gesunden 30 pCt. beträgt, betrug wiedernolt 
45 und 56 pCt., also eine Vermehrung des funktionell nicht 
brauchbaren Restes wie bei Emphysematikern, und es fehlten 
Herz- und Kreislaufstörungen. Aus diesen interessanten Unter¬ 
suchungen ergibt sich, daß bei chronischer exspiratorischer An¬ 
strengung der Lungenluftwechsel häufig in derselben Richtung 
von der Norm abweicht wie beim echten Emphysem. Darin 
scheint ein pathogenetisch begünstigender Faktor für das echte 
Emphysem zu liegen. 

Herren Bittorf und Forschbach (Breslau): Ergebnisse 
spirometrischer Untersuchungen. 

Der gesunde Mensch reagiert auf die verschiedensten auch 
außerhalb des Atmungsvorganges gelegenen Reize (chemische, 
mechanische und in höheren Zentren lokalisierte) mit einer 
vermehrten mittleren Füllung der Lunge (Erhöhung der Mittel¬ 
lage). Die Untersuchungen an Gesunden, Herzkranken und 
Emphysematikern ergaben aber keine Stütze für B o h r s An¬ 
schauung, daß es sich dabei stets um einen zweckmäßigen Vor¬ 
gang zur Verbesserung des Gasaustausches in der Lunge 
handle. 

Herr Ephraim (Breslau): Lieber entlobronchiale Therapie, 
besonders bei der chronischen Bronchitis und beim endo- 
bronchialen Asthma. 

E. hat einen biegsamen Spray konstruiert, den man durch 
das Bronchoskop einführen und mit dem man beliebige Stellen 
wirklich endobronchial behandeln kann. Bei chronischer 
Bronchitis bewirkt ein- oder mehrmalige Einstäubung von 
Novocain-Suprarenin eine erhebliche Steigerung und Erleichte¬ 
rung der Expektoration, welche die Beseitigung der katarrhali¬ 
schen Beschwerden einleitet. Ebenso erzielte E. bei 44 Fällen 
von Bronchialasthma regelmäßig eine unmittelbare, meist 
dauernde Behebung der asthmatischen Erscheinungen. 

Bei einer langjährigen Bronchektasie erreichte E. nach 
Aspiration des Sekrets unter lokaler Behandlung mit Terpentin 
und Aoua picea eine bedeutende Verminderung des Auswurfs. 

Diskussion: 

Herr Kraus (Berlin) hat bei gewöhnlicher, mehrere Tage 
fortgesetzter Inhalation von 1 ccm der Adrenalinstammlösung 
auch bei Asthmatikern auffallende Besserungen gesehen. Das 
Vorgehen von Ephraim bedeutet jedenfalls einen Fortschritt. 

Herr Kuhn (Biebrich a. Rh.): Physikalische Behandlung 
des Asthma bronchiale. 

An Stelle der schädlichen Ausatmungsübungen der Emphy- 
sematiker sind Einatmungsübungen zu setzen, und zwar muß 
man praktischerweise die Einatmung erschweren, wodurch 
eine Verlängerung derselben zustande kommt. In dem Sinne 
hat sich die Kuhn sehe Lungensaugmaske, welche eine thera¬ 
peutische Abstufung der Erschwerung gestattet, außerordentlich 
bewährt. 

Herr Köhler (Wiesbaden): Demonstration eines einfachen 
Gestelles für Teleröntgenographie. 

K. demonstriert ein zusammenlegbares, einfaches Gestell 
mit Präzisionseinstellvorrichtung, welches eine fehlerfreie Er¬ 
mittlung von Herzgröße und Form gewährleistet und sich auch 
für Thorax- und Darmuntersuchungen eignet. 


XIX. Versammlung der Deutschen Otologischen 
Gesellschaft. 

Am 13. und 14. Mai 1910 fand in Dresden die 19. Versamm¬ 
lung der Deutschen Otologischen Gesellschaft statt, an der laut 
Präsenzliste 136 Aerzte teilnahmen. 

Nach Eröffnung der Sitzung durch den Vorsitzenden. Herrn 
Geheimrat Schwabach (Berlin) begrüßte Herr Prof. Klimmer 
die Gesellschaft im Namen der Gesellschaft für Natur- und Heil¬ 
kunde in Dresden, Herr Dr. Baron als Vertreter der Aerzte- 
kammer und des ärztlichen Bezirksvereins Dresden. 

In der Geschäftssitzung gedachte der Vorsitzende zweier 
Mitglieder, die die Gesellschaft im vergangenen Jahre durch den 
Tod verloren: Katz (Berlin) und Zaufal (Prag). Der Schatz¬ 
meister berichtete über den Stand des Vermögens, der Schrift¬ 
führer über die Aufnahme von 27 Mitgliedern; die Mitgliederzahl 
stieg dadurch auf 470. Prof. Denker legte die VII. Liefe¬ 
rung der von der Gesellschaft herausgegebenen „Anatomie der 


RUNDSCHAU 1910. 

Taubstummheit“ vor, enthaltend Arbeiten von (J u i x und 
Brouwer,Üffenorde,. Schoeneman n und D e n k e.r. 

Als Ort für die XX. Versammlung wurde Frankfurt a. M. 
gewählt, als Zeit Freitag und Sonnabend vor Pfingsten 1911. 

Die wissenschaftliche Sitzung wurde durch das Referat von 
Malusse eröffnet. 

Herr Manasse (Straßburg i. E.): Die Folgezuständc der 
Verletzungen des Schläfenbeins. 

M. teilt die Folgezustände der Verletzungen des Schläfen¬ 
beins in drei Gruppen: 

I. Fälle, die direkt durch das Trauma zugrunde gehen;' 

II. Fälle, die indirekt, also an den weiteren Folgen des 
Traumas, das Leben einbüßen; 

III. Fülle, die mit dem Leben davonkommen. 

Die I. Gruppe ist für das Referat ohne Interesse, die 11. 
wird kurz besprochen, zu ihr gehören die Fälle, die an eitriger 
Meningitis, selten an Sinusthromben oder Hirnabscessen zu¬ 
grunde gehen. Man könnte sie bezeichnen als „entzündliche 
Erkrankungen des Hirns und seiner Häute nach Felsenbein¬ 
traumen“. ■ I 

Das größte Interesse beansprucht die 111. Gruppe, welche 
diejenigen Patienten umfaßt, die an ihrem Felsenbeintrauma 
weder direkt noch indirekt zugrunde gehen. Sie werden ein¬ 
geteilt in 

A. solche, die auch funktionell zur völligen oder fast völligen 
Heilung kommen. 

a) Leichte Fälle (R h e s e) mit normalem oder fast normalem 
Gehör, aber sonst deutlich nachweisbaren Labyrinth¬ 
störungen, bedingt durch Commotio labyrinthi. 

b) Schwere Fälle von typischer Basisfraktur, die trotzdem 
auch zur funktionellen Heilung kommen (ziemlich selten). 

B. Fülle mit dauernder schwerer Schädigung der Funktion: 
traumatische Taubheit oder Schwerhörigkeit. 

a) Zufolge von Felsenbeinfraktur. 

b) Zufolge von Commotio labyrinthi, beide nur anatomisch, 
weniger klinisch zu unterscheiden. 

Herr Rudolf Panse: Präparate von geheilter Meningitis nach 
Ohreiterung infolge Schläfenbeinbruchs. 

33 jährige. Ohnmacht, Fall. Fieber, Ohrenschmerz, scharfes 
Zischen. Schwindel, Erbrechen, Taubheit. .Trommelfellschnitt, 
Aufmeißelung fördert wenig Eiter. Dauerndes Fieber, Hinter¬ 
kopfschmerz, kein Patellarreflex. Oeffnung des Labyrinthes 
ohne Nystagmus, beider Schädelgruben, ohne Eiter zu finden. 
1 Jahr später Tod an Frauenleiden. Verwachsungen zwischen 
linker Kleinhirnhemisphäre und Oblongata. Glatte Hirnhaut¬ 
narben. Blut zwischen Dura und Knochen. 

Pyramide mit Bindegewebe gefüllt, in dem ein Sequester 
eingeheilt ist, Schnecke knöchern ohliteriert. 

Diskussion: 

Herren Busch, Kümmel, Voss. R u 11 i n, R h e s e , 
H aike, Frey, Denker, Bäräny,Wagener, Habe r- 
m ann. 

Herr Dennert: Zur Physiologie der Schallauslösung im Ge¬ 
hörorgane. 

Vortragender war nach seinen früheren in dieser Versamm¬ 
lung in Hamburg und Bremen mitgeteilten Untersuchungen zu 
dem Schluß gelangt, daß der Schall auf drei Wegen, dem 
Paukenhöhlenapparat, dem Knochen und dem runden Fenster 
in das innere Ohr gelangt, daß aber der Weg durch den Pauken¬ 
höhlenapparat zweckmäßiger für diese Aufgabe von der Natur 
entwickelt sei als die beiden anderen W T ege, und wurde durch 
diese Untersuchungen zugleich auch der Gedanke nahegelegt, 
daß der normale Vorgang der Schallübertragung im Ohr ein 
molekulärer sei. 

Um nun weiter die molekuläre Theorie in bezug auf ihre 
Bedeutung zu studieren, prüfte er an der Hand experimenteller 
Versuche nach beiden Richtungen, nach der Seite der moleku¬ 
laren wie der massalen Theorie, ihre größere oder geringere 
Zweckmäßigkeit. In bezug auf die molekuläre Theorie konnte 
er an der Hand sehr instruktiver Versuchsanordnungen ent¬ 
wickeln, daß der Vorgang sich hier nach dem allgemeinen 
physikalischen Gesetz der Mitteilung und Leitung des Schalls 
vollzieht und daß dieses Gesetz sehr geeignet sei, den Vorgang 
der Schall Übertragung im Ohr auf molekularem Wege in ein¬ 
fachster Weise zu erklären, während der ganz besonders als 
Paradigma ins Feld geführte Versuch mit dem Phonographen 
infolge seiner ganzen Konfiguration, seiner sehr viel geringeren 
Leistungsfähigkeit gegenüber dem Ohr. und weil sich seine 
Fünktion in gleichem Medium, die des Ohrs in verschiedenen 
Medien. Fett und Flüssigkeit, vollzieht, nicht als solches gelten 
kann. In bezug darauf, wie die Bedingungen im Ohr selbst für 
die beiden Theorien entwickelt seien, konnte der Vortragende 
für die molekuläre Theorie die anatomische und physio¬ 
logische Zweckmäßigkeit der Einrichtungen im Ohr ent¬ 
wickeln, während die von Helm hol tz mit großer geistiger 
Schärfe entwickelte massale, Theorie bei seinen Voraus¬ 
setzungen in bezug auf die Einrichtungen im Gehörorgan und 




428 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


an der Hand des Kirchhoff-d’Ale m bert sehen Prinzips 
und seiner mathematischen Entwicklungen zwar anscheinend 
begründet sei, seine Voraussetzungen aber aus theoreti¬ 
schen, anatomisch-histologischen Gründen und namentlich auch 
infolge von Beobachtungen an Ohrenkranken begründete Zweifel 
an ihrer Stichhaltigkeit aufkommen ließen. Was nun den 
schwierigsten Punkt, die Auslösung des Schalles im Ohr an- 
betrifft, so gibt der Resonanzvorgang, der sich zwischen zwei 
Körpern gleicher Schwingungsperiode vollzieht und sich 
nach seinen Untersuchungen als Teilerscheinung des all- 
genjeinen physikalischen Gesetzes von der Mitteilung und 
Leitung des Schalls erwiesen hat. einen deutlichen Fingerzeig 
für die Lösung dieser Frage auf molekularem Wege, wobei 
der Vortr. die resonatorische Eigenschaft nicht wie Helm- 
li o 11 z in den Fasern der Memb. cort., sondern in der inneren 
Anordnung der Moleküle und Atome, den inneren Kräften, der 
spezifischen Energie der Hörzellen sucht. Es vollziehe sich somit 
die Schallübertragung wie die Schallauslösung von der Schall¬ 
quelle bis einschließlich zu den Hörzellen, das ist auf moleku¬ 
larem Wege, nach dem allgemeinen physikalischen Gesetz der 
Mitteilung der Leitung des Schalls und seiner speziellen An¬ 
wendung, der Resonanz. Unsere als zweckmäßig erkannten 
Maßnahmen wie unsere physiologischen Kenntnisse, spez. über 
Akkommodation, Dämpfung und die Funktion des runden 
Fensters, stehen im Einklang mit dieser Theorie, und sie bietet 
weitere Ausblicke nach beiden Richtungen. 

Herr E. Waetzmann (Breslau): Die akustischen Eigen¬ 
schaften der Membrana basilaris. 

Es werden die Konsequenzen der an anderer Seite be¬ 
gründeten Annahme erörtert, daß die Resonatoren im Ohre 
für den mittleren Teil der Tonskala etwa die gleiche Abklinge¬ 
zeit haben. Diese Hypothese vermag eine Reihe von Erschei¬ 
nungen zu erklären, denen die H eil m h ol t z sehe Annahme, 
daß alle Ohrresonatoren etwa gleich stark gedämpft sind, nicht 
gerecht zu werden vermag. 

Hierher gehört die Tatsache, daß in den tiefen Oktaven 
weitere Intervalle von Primärtönen noch Schwebungen geben 
als in den hohen Oktaven; ferner, daß die Zonen völliger Ver¬ 
schmelzung zweier Primärtöne zu einem Zwischenton in den 
höheren Oktaven relativ enger sind als in den tieferen. Die 
erwähnte Hypothese gestattet auch physiologische Aequivalente 
für eine ganze Reihe von Regeln aus der Harmonielehre anzu¬ 
geben, sowie die Helm holt z sehe Theorie der Konsonanz 
und Dissonanz rechnerisch zu verifizieren. 

Zum Schluß wird darauf hingewiesen, daß die in den letz¬ 
ten Jahren an Meerschweinchen angestellten Versuche über 
Schädigungen des C o r t i sehen Organs bei Einwirkung lang¬ 
dauernder, starker Töne durchaus zugunsten der Resonanz¬ 
theorie als solcher zu deuten sind. 

Derselbe: Ueber Differenztöne höherer Ordnung. 

Es wird gezeigt, daß die Differenztöne höherer Ordnung 
nicht als Sekundärerscheinungen eines der Primärtöne und 
eines Differenztones niedrigerer Ordnung aufzufassen sind, 
sondern daß sie direkt aus den Primärtönen entstehen, ebenso 
wie der Differenzton erster Ordnung. 

Des weiteren wird gezeigt, daß die H el m hol t z sehe 
Theorie der Kombinationstöne den experimentellen Befund über 
die Eigenschaften der Differenztöne höherer Ordnung in be¬ 
friedigender Weise wiedergibt, w r oniit rückwärts ein Beweis für 
die Richtigkeit der Helmholtz sehen Theorie erbracht ist. 

Diskussion: 

Herren Brünings, Zimmermann, Kümmel, 
v. Ei ck en. 

Herr Denker (Erlangen): Zur Funktion der Schnecke und 
des Vorhofbogengangapparates. 

In seinen Ausführungen nimmt der Vortragende Stellung 
zu der von Lticae aufgestellten Theorie daß der Schnecke nur 
die Perzeption der ultramusikalischen Töne, d. h. der Töne von 
der 5. oder 6. Oktave an aufwärts zukomme, daß die 
musikalischen Töne von den Christae ampullarum und 
die farblosen Geräusche von der Macula utriculi und 
sacculi perzipiert werden. Nach den Ergebnissen seiner 
Untersuchungen gelangt D. zu der Ansicht, daß die 
l.ucae sehe Theorie durch die von dem Autor selbst 
ins Feld geführten Gründe nicht genügend gestützt erscheint, 
und daß die Resultate der experimentellen Untersuchungen am 
Tierohr ebenso wie die Befunde bei Taubstummen fast aus¬ 
nahmslos gegen die Richtigkeit der Lucae sehen Lehre 
sprechen. Es müsse deswegen an der Funktion der Schnecke 
als Organ der Hörperzeption festgehalten werden; ob dem Vor¬ 
hofbogengangapparat ein gewisses, geringes Schallperzeptions¬ 
vermögen zukomme, lasse sich nicht ganz ausschließen, sicher 
festgestellt sei es aber noch nicht. . 

Herr Bäräny berichtet über seine Versuche, die Wirkung 
des künstlichen Trommelfells zu studieren und zu erklären. 
Unter künstlichem Trommelfell versteht man eine bei Zer¬ 
störung des Trommelfells im Mittelohr auf die Gegend des Steig¬ 
bügels oder des runden Fensters gelegte, paraffingetränkte 


No. 27. 

Wattekugel, die eine Hörverbesserung zur Folge hat. An 
Stelle der Wattekugel kann man auch Silberpapier oder eine 
Gummiplatte verwenden.. Die Wirkung dieser Prothesen war 
bisher nicht erklärt. Bäräny hat, um diese Wirkung zu ver¬ 
stehen, Versuche mit Eingießen von Quecksilber vorgenonnnen. 
Dazu eignen sich nur Patienten, bei denen die Tuba Eustachii 
verschlossen und die Trommelhöhle vollkommen epidermisiert 
ist. Schüttet man in einem derartigen Falle einen Tropfen 
Quecksilber ins Ohr, so tritt in dem Momente, wo das Queck¬ 
silber die Nische zum runden Fenster bedeckt, die Hörverbesse¬ 
rung auf. Dieser Versuch läßt sich beliebig oft hintereinander 
wiederholen und auf diese Weise gelingt es, genau die Art der 
Hörverbesserung mit Stimmgabeln zu studieren und auch die 
Ursachen derselben aufzudecken. Der Quecksilbertropfen be¬ 
wirkt nämlich nichts anderes, als daß er die Schallwellen aut 
ihrem Wege zur Membran des runden Fensters aufhält. Ist das 
Trommelfell zerstört, so gelangen, die Schallwellen zu gleicher 
Zeit zu den Membranen des runden und ovalen Fensters und 
versuchen zu gleicher Zeit beide einwärts zu drücken. Nun 
ist aber das Labyrinth von einer inkompressiblen Flüssigkeit 
erfüllt. Infolgedessen würde bei gleicher Größe der beiden 
Fenstermembranen überhaupt kein Schall in das Labyrinth 
einzudringen vermögen da sich die auf die beiden Membranen 
einwirkenden, gleich großen und entgegengesetzt gerichteten 
Kräfte aufheben würden. Da die runde Fenstermembran 
aber größer ist als die ovale, so wird doch noch etwas, aber 
wenig gehört. Verschließt man aber dem Schall den Weg zu 
einer der beiden Membranen, so kann er nun ungehindert die 
eine in Schwingung versetzen, während die andere lediglich als 
Ausweichstelle fungiert. Damit tritt daher sofort eine Hörver¬ 
besserung auf. Auf Grund dieser Ueberlegungen ist es ver¬ 
ständlich warum die Fixation des Steigbügels wie sie bei der 
Otosklerose. diese Krux der Ohrenärzte, auftritt, eine so große 
Schwerhörigkeit verursacht. Es fehlt eben jetzt eine Ausweich¬ 
stelle. Daß überhaupt noch gehört wird beruht wahrscheinlich 
darauf, daß die Blutgefäß? des Labyrinths ein? gewisse Aus 
Weichsmöglichkeit ergeben. Bäräny zieht aus seinen Versuchen 
den Schluß daß ps durch Anlegen einer Labyrinthöffnung an 
einem gegen das Eindringen der Luftschallwellen geschützten 
Punkte gelingen müsse in Fällen mit Fixation des Steigbügels 
den Patienten das Gehör wiederzugeben. 

Diskussion: 

Herren Nadoleczny. Rudolf Panse. Herzog, 
Nager. Scheibe, Gomperz, Dennert. Hegener, 
Bäräny. 

Herr E. Waetzmann (Breslau): Vorschlag zu einer exakten 
Methode der Ibirschärfehestimmllmr. 

Die Methode beruht auf der Interferenz des Schalles. Es 
werden mehrere Interferenzvorrichtungen in der Weise ge¬ 
koppelt, daß sie gleichzeitig und um gleichviel verstellt werden 
können. Dadurch ist die Möglichkeit geneben, einen Ton in 
beliebigen Abstufungen und in meßbarer Weise zu schwächen. 

Als besondere Vorzüge der Methode gegenüber Bestim¬ 
mungen mittels der Stimmgabel werden erwähnt: Sämtliche 
Obertöne der Klangnuelle können mit Sicherheit ausgeschlossen 
resp. ertötet werden: die sehr schwierige Bestimmung der Ab- 
klinguneskurve der Klangniielle. z B. der Stimmgabel, fällt fort. 
Der Moment des Verschwindens des Tones, der bei abklingen 
den Klangnuellen (Stimmgabel! sehr schwer zu bestimmen ist, 
kann in aller Ruhe festgestellt werden da der beschriebene 
ApDarat gestattet, jede beliebige Intensität des Tones beliebig 
lange konstant zu halten Ins der Hörende mit Sicherheit auszu- 
sagen vermag, ob er den Ton noch hört oder nicht. 

(Fortsetzung folgt.) 


III. Therapeutische Notizen. 

Prof. Dr. Braun (Zwickau) wendet das von den Höchster 
Farbwerken hergestellte synthetische Sunrarenin seit einigen 
Monaten in der gleichen Form und in den gleichen Dosen wie 
bisher das Organsuprarenin an und hat keinen Unterschied in 
der Wirkung finden können. Sein Testobjekt bei derartigen 
Prüfungen pflegt die Radikaloperation des doppelseitigen 
Leistenbruches zu sein. Er anästhesierte die eine Seite mit der 
gewohnten Novokainlösung, die eine bestimmte Menge Organ¬ 
suprarenin enthielt, die andere Seite mit der gleichen Menge 
Novokainlösung, welche die gleiche Menge des zu prüfenden 
Präparates enthielt. So war er in der Lage, beim ersten Ver¬ 
such die Identität des synthetischen Suprarenins mit dem Organ¬ 
suprarenin zu erkennen. Für die Praxis ist dieses Ergebnis 
der chemischen Industrie keineswegs ohne Bedeutung. Demi 
die Reinheit und Gleichmäßigkeit eines synthetischen Präpa¬ 
rates kann weit besser garantiert werden als die eines aus den 
Organen von Schlachttieren hergestellten Präparates. Das 
synthetische Suprarenin ist gegen Alkalien natürlich ebenso 
empfindlich, wie das Organsuprarenin. Es empfiehlt sich daher, 
der zur Herstellung von Lösungen bestimmten physiologischen 



No. 27. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


429 


Kochsalzlösung eine Spur Salzsäure (zwei bis drei Tropfen 
offizineile verdünnte Salzsäure auf den Liter) zuzusetzen. Solche 
Lösungen vertragen dann jede Sterilisation und sind einige 
Zeit haltbar. Die für die Lokalanästhesie bestimmten Novo- i 
kaintabletten der Höchster Farbwerke werden in Zukunft an- j 
statt des bisher ihnen zugesetzten borsauren Organsuprarenins j 
die entsprechende Menge weinsaures synthetisches Suprarenin ] 
enthalten. Tabletten, welche 1 mg reines synthetisches j 
Suprarenin enthalten, dienten Verfasser zur Herstellung reiner 
Suprareninlösung, die er zur Blutstillung bei T h i e r s c h sehen 
Transplantationen und zur intravenösen Injektion bei Kollaps¬ 
zuständen anwendet. Die noch vielfach übliche Dosierung dieses 
so überaus differenten Mittels durch Tropfen fertiger Lösung 
kann Verfasser nicht mehr für zulässig halten, nachdem nun 
alle Wege zu einer besseren Dosierung geebnet sind. (Zentral¬ 
blatt für Chirurgie, 1910, No. 16.) K r. 

Dr. Bruno Bosse, leitender Arzt der Heimstätte Berlin N.20, 
berichtet über klinische Erfahrungen mit dem neuen Keuch¬ 
hustenmittel „Eulatin“. Die günstigen Erfolge, welche 
.mit dem Eulatin anderwärts erzielt sein sollten, veranlaßten 
den Verfasser, Versuche mit den Tabletten anzustellen. Das 
Präparat versucht nur, wie man aus seinen Komponenten 
(Amidobenzoesäure, Brombenzoesäure und Antipyrin) ersehen 
kann, symptomatisch zu wirken. Das Antipyrin fungiert darin 
als anti infektiöses, die Benzoesäure als antikatarrhalisches und 
exzitierendes Mittel, das Brom als Nervinum. Uebereinstimmend ; 
mit den Erfahrungen anderer Autoren konnte Verfasser be- j 
stätigen, daß vou dem Moment der Verabfolgung des Eulatins j 
ab das Gesamtbild sich sofort änderte. Bei den meisten Kindern ! 
trat sofortige Verminderung der Zahl der Anfälle und Ab- | 
Schwächung der Intensität derselben, besonders auch nachts, j 
ein. Ohne Zuhilfenahme eines anderen Narkoticums oder J 
irgendwelcher anderer Maßnahmen ließ das Erbrechen nach, { 
die schweren Fälle gingen bald in das Stadium decrementi über, ! 
die Kinder sahen frisener aus, spielten wieder und nahmen da 
an Gewicht zu, wo sie vorher abgenommen hatten. Das zähe 
Sekret verflüssigte sich und lief mühelos aus Nase und Mund; 
der konvulsivische Charakter der Anfälle ging in kurzem ver¬ 
loren. Nur pfeifende Inspirationen und der katarrhalische 
Husten erinnerten gelegentlich noch an das Grundleiden. Ver- | 
lasser behandelte im ganzen etwa 30 Fälle mit Eulatin. Das 
Mittel wird von I)i'. Ludwig Oestreicher, Berlin W. 30, 
hergestellt. (Centralblatt für Kinderheilkunde, 1910, Heft 4.) 

L. 

IV. ßücherscliau. 

Anwendungsformen und Wirkungsweise der Hydrotherapie bei 
den Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Von Ernst 
Tobias (Berlin). Sammlung zwangloser Abhandlungen 
aus dem Gebiete der Verdauungs- und Stoffwechselkrank¬ 
heiten, II. Band, Heft 5. Halle a. S. 1910, CarlMarhold, 

' Verlagsbuchhandlung. 53 S. 1,40 M. 

In der vorliegenden Abhandlung gibt der Verfasser eine 
übersichtliche Zusammenstellung aller hydriatrischen Ma߬ 
nahmen, welche sich ihm bei den verschiedenen Verdauungs¬ 
krankheiten und Krankheiten des Stoffwechsels bewährt haben. 
Von vornherein sei bemerkt, daß der Autor den Nutzen der 
Hydrotherapie bei den in Rede stehenden Krankheiten in durch¬ 
aus objektiver Weise beurteilt und den hydriatrischen Proze¬ 
duren im allgemeinen mehr eine zweite Rolle neben den sonsti¬ 
gen therapeutischen Maßnahmen zuweist. Die langjährige aus¬ 
gedehnte Erfahrung auf dem Gebiet der praktischen Hydro¬ 
therapie befähigt den Autor, nur solche Maßnahmen zu empfeh¬ 
len, welche er als brauchbar erprobt hat. Die Darstellung ist 
nach den einzelnen Krankheitsgebieten gegliedert; der erste 
Teil ist den Krankheiten der Verdauungsorgane (Speiseröhre, 
Magen, Darm), der Leber und des Bauchfells gewidmet, der 
zweite Teil beschäftigt sich mit der Fettsucht, der Gicht und 
dem Diabetes mellitus. Die nützliche Schrift sei allen Kollegen 
bestens empfohlen. 

Der Radiumvorrat der Natur. Von Dr. phil. Karl Kurz, Privat¬ 
dozent der Physik an der kgl. technischen Hochschule in 
München. München, Verlag der ärztlichen Rundschau, Otto 
Gmelin. 31 S. 

In dieser kleinen Abhandlung werden die wichtigsten Tat¬ 
sachen der Radioaktivität, speziell das interessante Gebiet der 
radioaktiven Umwandlungen recht klar und präzis, aber trotz¬ 
dem allgemeinverständlich behandelt; Da Verfasser nur die 
wesentlichsten Forschungsergebnisse in großen Zügen dar¬ 
stellen will, geht er auf Einzelheiten, Meßmethoden, Experi¬ 
mente und dergleichen nicht ein. Er bespricht den Gegenstand 
vorwiegend vom energetischen Standpunkt. 'Die Bedeutung der 
radioaktiven Stoffe für die Medizin streift er nur gelegentlich. 
Trotzdem empfehlen wir die Schrift auch den Kollegen zur 
Lektüre; sie bietet frotz ihrer Kürze manche Belehrung. 


Jahreskurse für ärztliche Fortbildung in zwölf Monatsheften. 

Herausgeber: Profi, von Bruns, E. Bumm, Erb, von Grober. 

v. Noorden, v. Strümpell, Redakteur: Dr. D. Sarason (Berlin). 

München, Mai 1910, .1. F. Lehmanns Verlag. 5. Heft. 

2,50 M. Preis des vollständigen Jahrgangs 16 M. 

Das vorliegende Maihefl des Unternehmens ist den Nerven¬ 
krankheiten und der Psychiatrie gewidmet. Bearbeitet ist das 
Gebiet der Nervenkrankheiten von Prof. E ding er (Frank¬ 
furt a. M.) und Prof. H. V o g t (Frankfurt a. M.), Autoren, welche 
infolge ihrer Arbeiten auf dem Gebiet der Neurologie eine 
autoritative Geltung genießen. E d i n g e r gibt eine allgemeine 
anatomisch-physiologische Einleitung über das Rückenmark, be¬ 
spricht im Anschluß daran die Lumbalpunktion und ihre 
diagnostische Bedeutung und referiert über die neuesten Fort¬ 
schritte hinsichtlich einiger Rückenmarkskrankheiten, ins¬ 
besondere der akuten Kinderlähmung. Vogt schildert ein¬ 
gehend die neuesten Forschungsergebnisse bezüglich der Polio¬ 
myelitis und der Encephalitis, besonders der Encephalitis der 
Kinder. — Der psychiatrische Teil ist von Prof. Binswanger 
und Prof. Dr. H. B e r g e r , beide in Jena, bearbeitet. Sehr an¬ 
regend behandelt Binswanger die ' allgemeinen 
Grundlagen der Psychiatrie, wobei er insbesondere 
auf die Grundfragen der Psychologie, die Beziehungen zwischen 
Physischem und Psychischem sowie auf die, Vererbungslehre in 
ihrer Bedeutung für die Psychiatrie eingeht, Berger gibt 
einen Ueberblick über die neuesten Ergebnisse hinsichtlich der 
organischen Psychosen (Dementia paralytica, Lues cerebri, 
arteriosklerotische Psychosen), ein Gebiet, auf welchem die 
letzten Jahre mancherlei neue Erkenntnis gebracht haben. Diese 
Inhaltsangabe zeigt, daß in dem vorliegenden Heft ein ziemlich 
reichhaltiger Stoff auf einen engen Raum zusammengedrängt ist; 
für die Trefflichkeit der Darstellung sprechen die Namen der 
Bearbeiter. R. L. 


V. TagesgescMchte. 

Standesangelegenheiten , Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

B e r 1 i n. Das Zentralkomitee für das ärztliche 
Forthildungswesen in Preußen hielt agi 25. Juni unter 
dem Vorsitz von Geheimrat Waldeyer seine zehnte 
Generalversammlung ab. Nach einigen einleitenden 
Worten des Vorsitzenden erstattete der General¬ 
sekretär Prof. Dr. Kutn er den Jahresbericht. Nach diesem be¬ 
stehen gegenwärtig in Preußen 28 örtliche Vereinigungen für 
ärztliche Fortbildung, in 35 Städten ist Fortbildungsgelegenheit. 
In ganz Deutschlang haben 14 Staaten Komitees, im ganzen 
findet in 55 Städten unentgeltliche ärztliche Fortbildung statt. 
Im vorigen Jahre wurde im Anschluß an den Budapester Aerzte- 
kongreß ein Internationales Komitee für ärztliche 
Fortbildung begründet. Dieses wird eine Sammelforschung über 
die akademische Ausbildung und Fortbildung in allen Ländern 
veranstalten, eine internationale Auskunftei errichten und Listen 
über die Fortbildungskurse aus allen veröffentlichen. Gelegent¬ 
lich der Hundertjahrfeier der Berliner Universität soll eine 
Sitzung stattfinden, in der besonders über die wissenschaftliche 
und praktische Gleichwertigkeit der Ausbildung und Fortbildung 
der Aerzte in den verschiedenen Ländern beraten werden soll. 
Von einzelnen Orten erstatteten Prof. Tillmann Bericht über 
die Akademie in Cöln, Prof. L u bars c h über die Akademie in 
Düsseldorf, Prof. Alt über Sonderkurse in der Anstalt Ucht- 
springe. Es folgte dann eine sehr ausgedehnte Erörterung über 
das praktische Jahr in seiner Beziehung zur ärztlichen 
Fortbildung. Hierzu erstatteten zunächst Prof. Kutner, Prof. 
Hoff mann (Düsseldorf) und Prof. Peiper (Greifswald) 
Referate. Sie kamen alle zu dem Schluß, daß sich das praktische 
Jahr in seiner jetzigen Ausführung nicht bewährt habe. Auch 
Prof. Alt (Uchtspringe) und Prof. Lubarsch (Düsseldorf) 
sprachen die gleiche Ansicht aus. Prof. Leunhoff (Berlin) 
berührte die Ausbildung in der sozialen Medizin, die er 
vorwiegend dem praktischen Jahr zuweisen will. Wenn die 
Aerzte aus sich heraus Seminare für soziale Medizin gegründet 
hätten, so sei dieses eben nur geschehen, weil es bislang hierfür 
an jeder anderen Ausbildungsmöglichkeit gefehlt habe. Be¬ 
schlüsse über die Phage wurden in der Versammlung nicht ge¬ 
faßt. Sie wählte zum Schluß den Kultusminister v. Trott z u 
Solz und den jetzigen Kurator der Universität Marburg, Geh. 
Rat Schmidt m ann, früheren Vortragenden Rat im Kultus¬ 
ministerium, zu außerordentlichen Mitgliedern. Es fand dann 
eine Besichtigung der im Kaiserin Friedrich-Hause unter¬ 
gebrachten und von Prof. Holländer neugeordneten histori¬ 
schen Universitätssammlung medizinischer Instrumente statt, 
die jetzt gerade hundert Jahre besteht. 

Cöln. Das Ehrengericht der Rheinischen Aerzte- 
kammer in Coblenz hatte im Januar 1909 gegen acht Cölner 
Aerzte, die mit dem Krankenkassenverband in Cöln Verträge 
abgeschlossen hatten, wegen Bruches des Ehrenwortes auf Ver- 




430 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 27. 


weis und Geldstrafen von je 300 M. erkannt und die Veröffent¬ 
lichung des Urteils in der „Kölnischen Zeitung“ und der „Kölni¬ 
schen Volkszeitung“ angeordnet. Der ärztliche Ehren¬ 
gerichtshof für Preußen, der von den Verurteilten als Be¬ 
rufungsinstanz angerufen worden war, hat am 7. Juni d. J. das 
Urteil im wesentlichen bestätigt und nur insofern eine Milderung 
angeordnet, als von der Veröffentlichung des Urteils in den ge¬ 
nannten Zeitungen nunmehr abgesehen wird. 


Universitätswesen, Personalnachrichten. 

B e r 1 i n. Die Rechte der außerordentlichen Professoren 
innerhalb des Lehrkörpers der preußischen Universitäten sind 
erweitert worden. Wie die Tageszeitungen mitteilen, ist vor 
kurzem eine königliche Verordnung erlassen worden, die folgen¬ 
des bestimmt: 1. daß hinfort die etatsmäßigen außerordentlichen 
Professoren, welche ein in ihrer Fakultät nicht vertretenes 
Spezialfach bekleiden, in dieser Fakultät Sitz und beschließende 
Stimme haben, wenn es sich um Angelegenheiten ihres Spezial- 
faches handelt; 2., daß an den Universitäten zu Berlin, Bonn, 
Breslau, Greifswald, Halle, Kiel, Königsberg und Marburg sowie 
an dem Lyceum Hosianum zu Braunsberg fortab auch den etats¬ 
mäßigen außerordentlichen Professoren das Recht zusteht, den 
Rektor aus der Mitte der ordentlichen Professoren zu wählen, 
jedoch mit der Maßgabe, daß die Gesamtzahl der hiernach wahl¬ 
berechtigten außerordentlichen Professoren die Hälfte der Ge¬ 
samtzahl der etatsmäßigen ordentlichen Professoren nicht über¬ 
steigen darf. Wird diese Beschränkung wirksam, so steht das 
Wahlrecht den der Annciennität nach ältesten etatsmäßigen 
außerordentlichen Professoren zu. Daß bei der Aufzählung 
der Universitäten, bei denen die außerordentlichen Professoren 
das aktive Wahlrecht erhalten, Göttingen und Münster nicht ge¬ 
nannt sind, dürfte wohl darauf zurückzuführen sein, daß an 
diesen Universitäten schon von jeher den Extraordinarien das 
aktive Wahlrecht zusteht. 

— Nachdem Prof. K r ö n i g in Freiburg i. Br. ab¬ 
gelehnt hat, hat Prof. Döderlein in München einen Ruf als 
Nachfolger B u m m s für das mit der gynäkologischen Charite- 
ldinik verbundene Ordinariat der Frauenheilkunde erhalten. Ob 
er demselben Folge leisten oder in München bleiben wird, hängt 
davon ab, ob die bayerische Regierung den dringend erforder¬ 
lichen Neubau der Frauenklinik nach Döderleins Vor¬ 
schlägen bewilligen wird. 

— Ein früherer Arzt und Anthropologe, der Literarhisto¬ 
riker Dr. Max Morris, hat soeben für seine Verdienste als 
Literaturforscher die Goethe-Medaille erhalten, eine 
neue Auszeichnung, die in diesem Jahre von der Goethe- 
Gesellschaft "anläßlich ihres Jubiläums zum ersten Male 
zuerkannt wurde. 

F rankfurt a. M. Als Nachfolger des kürzlich verstorbe¬ 
nen Sanitätsrats Dr. Max Hirschberg ist der Spezialarzt 
für Chirurgie Dr. Ernst Siegel zum leitenden Arzt der 
äußeren Abteilung des israelitischen Gemeindehospitals er¬ 
nannt worden. 

— Dr. Adolf Friedlaender, Leiter des Sanatoriums 
Hohe Mark in Oberursel (Obertaunuskreis) hat den Professor¬ 
titel erhalten. 

Erlangen. Dem ersten Assistenten am Pathologischen 
Institut Prof. Dr. H. Merkel ist durch Ministerialentschließung 
vom Wintersemester 1910/11 ab ein Lehrauftrag für gerichtliche 
Medizin erteilt worden. 

Heidelberg. Der Professor der Chirurgie in Basel 
Dr. Wilms hat einen Ruf als Nachfolger des in den Ruhestand 
tretenden Prof. Dr. N a r a t h erhalten und wird ihm vermutlich 
Folge leisten. — Der Direktor der medizinischen Klinik Prof. 
Dr. K r e h 1 hat entgegen der ursprünglichen Mitteilung den Ruf 
nach Leipzig als Nachfolger Curschmanns abgelehnt. 

T ü b i n g e n. Staatsrat Prof. Dr. v. Bruns ist anläßlich 
seines Rücktritts von der Leitung der chirurgischen Klinik zum 
Geheimen Rat ernannt worden. 

Innsbruck. Im Hörsaal des Pathologischen Universi¬ 
tätsinstituts kam es in der vorigen Woche gegen den Professor 
der pathologischen Anatomie P o m m e r , der nach Ansicht der 
Studenten beim Examen zu streng gewesen war, zu Kund¬ 
gebungen nach Pariser Muster, infolge deren der Pro¬ 
fessor sofort seine Vorlesung abbrach. 

Budapest. Der Privatdozent der Pädiatrie Dr. Felix 
v. Szontägh ist zum außerordentlichen Titularprofessor er¬ 
nannt worden. 

Bern. Dr. Ries hat sich für Psychologie habilitiert. 


Gerichtliches. 

B e r 1 i n. Der Badeanstaltsbesitzer und Naturheilkundige 
Sch. zu Erkner, war vom Schöffengericht zu Rüdersdorf wegen 
fahrlässiger Körperverletzung zu 1% Jahren Gefängnis verurteilt 


worden. Es hatte dem erkrankten Sohn eines Schiffers, den 
der Angeklagte einige Zeit hindurch mit Umschlägen, Salben¬ 
einreittungen usw. behandelt hatte, schließlich ein Bein exarti¬ 
kuliert werden müssen. Die Fahrlässigkeit wurde darin er¬ 
blickt, daß Sch. durch seine Behandlung einen rechtzeitigen 
chirurgischen Eingriff, der dem bedauerswerten Knaben das 
Bein erhalten hätte, verteitelt habe. Auf die gegen das Urteil 
eingelegte Berufung hatte die 3. Strafkammer des Land¬ 
gerichts III die Strafe auf sechs Monate Gefängnis ermäßigt. Das 
Kammergericht hob, als die Verteidigung Revision beantragte, 
das landgerichtliche Urteil auf, weil es die Frage nicht für ge¬ 
nügend geklärt ansah, ob nicht schon zu der Zeit, als die Eltern 
des Patienten diesen zu dem Angeklagten brachten, die Zeit zu 
einem erfolgreichen operativen Eingriff verpaßt gewesen war. 
Nach ärztlichem Gutachten hatte bei dem Knaben akute 
Knochenmarkentzündung Vorgelegen. Nach abermaliger um¬ 
fangreicher Beweisaufnahme in der erneuten Verhandlung 
wurde der Angeklagte wiederum zu sechs Monaten Ge¬ 
fängnis verurteilt. 

— Die Saniagesellschaft in Erfurt, welche • 
chemisch-pharmazeutische Präparate herstellt, hatte ein Heil¬ 
mittel „A n t i d i a b e t i n“ gegen die Zuckerkrankheit in den 
Verkehr gebracht. Nach einer Auskunft des Nahrungsmittel¬ 
untersuchungsamts handelt es sich um eine bräunliche Ab¬ 
kochung von Chinarinde, welcher Salicylsäure, bittere Pflanzen¬ 
säfte und Kochsalz beigemengt sind. Der Wert des Mittels 
soll 30 Pfg. betragen, verkauft wurde es für 6 M. Wegen Be¬ 
nachteiligung der Käufer warnte der Regierungsprä¬ 
siden t F. vor dem Ankauf dieses Mittels, welches keine spezi¬ 
fische Wirkung habe. Die erwähnte Gesellschaft behauptete, 
das fragliche Mittel sei von außerordentlicher Wirkung, wie 
zahlreiche Aerzte und Patienten bekundet hätten, und verklagte 
deshalb den Regierungspräsidenten auf 3000 M. Schadenersatz. 
Ehe es aber zu einer Entscheidung kam, erhob der Minister 
des Innern zugunsten des Regierungspräsidenten den Kon¬ 
flikt, da eine Ueberschreitung von Amtsbefugnissen nicht vor¬ 
liege. Der Regierungspräsident habe die Warnung erlassen, 
nachdem von sachverständiger Seite erklärt worden war, daß 
das Mittel die beigelegte Wirkung nicht habe und daß eine 
Schädigung des Vermögens und der Gesundheit der Käufer zu 
besorgen sei. Das Oberverwaltungsgericht erklärte 
auch den Konflikt für begründet und stellte das gerichtliche 
Verfahren ein, indem u. a. ausgeführt wurde, ein Konflikt sei 
dann begründet, wenn unzweifelhaft feststeht, daß Beamte sich 
einer Ueberschreitung oder Unterlassung einer ihnen obliegen¬ 
den Amtshandlung nicht schuldig gemacht haben. Eine solche 
Ueberschreitung oder Unterlassung einer dem Regierungspräsi¬ 
denten obliegenden Amtshandlung sei im vorliegenden Falle 
nicht vorhanden. Nach der Regierungsinstruktion vom 23. Ok¬ 
tober 1817 liege den Regierungspräsidenten die Pflicht ob, alles 
zu entfernen, was dem Staat oder seinen Bürgern Nachteil 
bringen könne. Dem Regierungspräsidenten stehe als sachver¬ 
ständiger Berater der Medizinalrat zur Seite; auf diesen, welcher 
dem Mittel die behauptete spezifische Wirkung absprach, durfte 
er sich verlassen und war deshalb befugt, die fragliche Warnung 
zu erlassen. (Entscheidung vom 17. Juni 1910.) 

„Pharmac. Ztg.“ 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

Personaliu. 

Bayern. 

Niederlassung:Hans Arnold in Untersteinbach, Bez.- 
Amt Hassfurt. 

Baden. 

N i e d e r g e 1 a s s e n: Dr. L e o M ü 11 e r als Oberarzt der inne¬ 
ren Abteilung des städtischen Krankenhauses in Baden- 
Baden, Dr. H. Teufel in Uehlingen, Dr. Otto Müller in 
Kürnbach, Di-. Gutowitz in Bühlertal, Dr. Heinrich 
Engel in Kippenheim; Dr. Mayerle in Karlsruhe, Dr. 
Le11au in Lörrach, Dr. Meitzen in Badenweiler, Dr. 
W e 11 z in Nordrach, Dr. Adolf Schwarz in Gengenbach, 
Dr. Heislerin Königsfeld, Dr. S p ö r 1 in Konstanz. 


Neu und von unfehlbarer Wirkung bei Furunkulosis 

ist das 

Furunkulose-Sapalcol 

c. Zinc. oxyd. et Acid. boric. paratum 
auch bei überm. Schweißbildung vorzüglich bewährt. 
IHf Für Krankenkassen zugelassen. 


VefantwortHch für den redaetionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131 B.. für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin. 
Verlag von Oscar Oohleutz. Expeditiousbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Oarl Marsebner. Berlin SW.. Alexandrinenatrasse 110. 





No. 27. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 27. 



Haupt-Detail-Depot für Berlin und Umgegend: 
Arooiia-Apotlieke, Berlin N., Arconaplatz 5, Fernspr. Amt III, No. 8711. 

Noridal=Zäpfchen 1 

gegen 

Haemorrhoiden. 

Blutungen, Pruritis, Tenesmus, Mastdarm¬ 
katarrh, Schrunden und Wundsein der ilnal- 
gegend, schmerzhafte Stuhlentleerung. 

Wirkung ohne irgendwelche Sekundär-Erscheinung. 

Literatur: Professor Boas- Berlin, Kehr- Halberstadt, 
Pi ckardt - Berlin, Weiß-Berlin, Landsberg - Berlin, 
Zibell - München, Wright - London, Silvestri r Rom, 
Dawson - London. 

Proben und Literatur gratis und franko. 

Kontor chemischer Präparate Berlin C 2 28. 


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nelles Gebäck hergestellt, welches allen Anforderungen des gegenwärtigen 
wissenschaftlichen Standpunktes und der praktischen Erfahrung entspricht 
und durch seinen physiologischen Nährwert andere Nährmittel Übertritts, wie 
durch zahlreiche Wägungen und Beobachtungen festgestellt ist. Der Nähr- 
zwieback bessert die Ernährung, vermehrt die Körperzunahme und stärkt die 
Knochen des normalen Kindes. Rachitis und Dispositionen zu Knochenerkran- 
ku»gen erfahren bei längerem Gebrauch Besserung und Stillstand. Vor den 
Folgen, welche durch unzweckmäßige, unzureichende oder fehlerhafte Nahrung 
entstehen, insbesondere Drüsen, Skrophnlose, bleibt das Kind mehr als durch 
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Therapeutische Rundschau 


(Sonderausgabe der Allgem. medicin. Central=Zeitung> 


Redaktion: 

Dr, H. Lohnstein und D r. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernspreeh-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernspreeh-Amt VI, No. 3302 


IV. Jahrgang Berlin, 9. Juli 1910 


\o. ‘£H 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buclhandlungen und Posi&mter. Aboniieiiieuts gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Qnartalssclilnss ahbestellt sind. Inserate 
werden fflr die 4gcsp. Zeile oiler deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inh altsiib er si cht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Siebold: GynovaL 
Flu: Beobachtungen während der Gelbfieberepidemie. die 
vom Dezember 1908 bis Februar 1909 in Paramaribo herrschte. 

— Grau: Ueber den Zusammenhang von Rauchoinatraiing und 
croupöser Pneumonie — Huber: Hautblutungen im Verlauf 
von Typhus abdominalis. — Reenstj er na: Fa'l von Costo- 
chondralabsceß mit Bacterium pnratyphi. — Hofbauer: Zur 
Emphysemfrage. — Amrein: Einige Erfahrungen bei Asthma 
bronchiale. — Boellke: Ueber Digistrophan, ein neues Kar-, 
diacurn. — Lin zenmeier: Ueber innerliche Anwendung von' 
g-Strophanthin (Thoms), klinische und pharmakologische Unter¬ 
suchungen. — Bühl er: Ueber die Lymphocytose bei Basedow¬ 
scher Krankheit und bei Basedowoid. — Mo mm: Ein Beitrag 
zur Ban tischen Krankheit. — Caan: Ueber Komplement¬ 
ablenkung bei Hodgkin scher Krankheit — Beuster: Ueber 
einen Fall von akuter traumatischer NiereninSuffizienz. — 
Hnatek: Die nichtparasitäre Chylurie. — Riebold: Ueber 
rasch vorübergehende cerebrale Hemiplegien. — Müller: 
Klinische Studie über die Kontusionen und Distorsionen der 
Wirbelsäule und ihre Folgezustände an der Hand von 56 Fällen 
eigener Beobachtung. — Strub eil: Opsonisches über Staphylo¬ 
kokkenimmunität. — Küll: Ein Fall von Kiemengangeiterung. 

— Baum: Der Wert der Joddesinfektion, geprüft an einem 
großen Hernienmaterial. — Klauber: Gallenbronchus-Fistel; 
Laparotomie; Heilung. — Maetzke: Die Ruptur von Bauch- 
narbenhernien. — Hinz: Ueber Chyluscysten — Krüger: 
Klinische Beiträge zur Gefäßchirurgie. — Turan: Zur Be¬ 
handlung des habituellen Abortus. — Cholmogoreff: Extra : 
peritonealer Kaiserschnitt nach Latz ko. — Bayer: Zur Therapie 
der Blennorrhoe mittels der Blennolenicetsalbe. — Chalupecky: 


Seltene traumatische Erkrankungen der Hornhaut. — Deutsch- 
mann: Zur Kenntnis der Netzbautablösung und ihrer Be¬ 
handlung — Sy 11a: Einige therapeutische Beobachtungen. Das 
Diaspirin als Schwitzmittel. — Stocher und Wacker: Ein 
weiterer Beitrag zur Erzeugung atypischer Epithelwucherungen 
mit Eiweißfäulnisprodukten. — Bildwinkel: Der Aderlaß ein 
unentbehrliches Heilmittel in der Medizin. — Siebelt: Kur 
und Körpergewicht. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 8. Juni 1910 — 

XIX. Versammlung der Deutschen Otologisclien Gesellschaft 
(Fortsetzung 1 . 

III. Therapeutische Notizen. Feis: Wärmeapparat für vaginale 
Anwendung. — Schnitter: Die diuretische Wirkung des 
Fibrolysins. 

IV. Bücherschau. Goldschmidt: Asthma. — Kinzcl: Wie 
reist man in Oberbayern und Tirol? Kinzel: Sommerfrischen 
und Standquartiere in Oberbayern und Tirol — Brorström: 
Akute Kinderlähmung und Intiucnza und deren Auftreten im 
Bezirk Tingsryd in Schweden. 

V. Feuilleton. Heeg er: Das Königliche Bad Oeynhausen in 
seiner jetzigen Entwicklung. 

VI. Tagesgeschichte. Standesangelegeuheityn, Medizinnl-Gcsetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes 
Erklärung. 

VII. Amtliche Mitteilungen. Zu besetzende Stellen von Medizinal¬ 
beamten. — Personal ia 


1. Wissenschaftliche Mitteilungen. 
Gynoval. 

Von 

Dr. med. W. Sicbold, St. Petersburg. 

Die Wirkung der Valerianapräparate wird bekannt- | 
lieh von den verschiedenen Beobachtern sehr ungleich¬ 
mäßig eingeschätzt; während erste Autoritäten, wie 
Kuss m a u 1 , keine Bedenken trugen, den Baldriantee 
zu empfehlen, stehen viele Praktiker auf dem Standpunkt, 
die Valeriana sei so gut wie wirkungslos, zum mindesten be¬ 
ruhe der Effekt in der Hauptsache auf Suggestion. Diese 
Meinungsverschiedenheit läßt sich vielleicht ohne 
Schwierigkeit daraus erklären, daß man erstens über die 
wirksamen Prinzipien der Baldrianwurzel kaum etwas 
Positives wußte und daher a priori geneigt war, eine 
Wirkung zu verneinen, und daß zweitens offenbar die 
Valeriana tatsächlich verschieden wirkte. Durch Kion- | 
k a. s Untersuchungen wissen wir, daß die in der frischen 
Wurzel enthaltenen wirksamen Substanzen sein- veränder¬ 
lich und zersetzlicli sind, sogar schon beim Trocknen und 
Lagern. Wie bei einem galenischen Präparat nicht anders | 
zu erwarten, schwankt, wie Tierversuche beweisen, der [ 
Gebalt an aktiven Prinzipien in weiten Grenzen, ebenso 
sind die Valeriana-Infuse, Tinkturen sowie das Baldrianöl 
sehr veränderlich und wegen der wechselnden Zusammen¬ 
setzung unzuverlässig. Sn lange man die Valerianwirkung 
auf die Valeriansäure bezog, konnte man nicht zur Bein¬ 
darstellung von brauchbaren Baldrianpräparaten ge- 1 
langen, denn die Valeriansäure au sich besitzt die thera¬ 
peutisch gewünschte Wirkung, wie jetzt überall zugegeben , 
wird, n i c h t. 

Wirksam dagegen ist, wie man sich durch Versuche 
an Katzen überzeugen kann, das Baldrianöl, welches zwei 
Terpene (Pinen, Camphen), Borneo], Isoborneol und zahl¬ 
reichen Ester der Ameisen-, Essig-, Baldrian- und Tso- 
valeriansäure enthält. Bei entsprechender Dosis und 


bei richtiger Auswahl der Versuchstiere sieht man 
eine reflexherabsetzende Wirkung, sowie eine Ver¬ 
minderung des Blutdrucks und der Herzschläge, zu¬ 
weilen nach vorangehender Reflexsteigerung. An der 
Valerianwirkung sind mindestens zwei Komponenten 
beteiligt: der sekundäre Alkohol Borneol und die 

Ester der Valeriansäure resp. die Isoverbindungen 
dieser Körper. Das neueste der modernen Baldrian¬ 
präparate, das Gynoval (Tsovaleriansänre-Ispborneolester'l 
enthält nun beide aktiven Prinzipien, riecht nicht wider¬ 
lich, besitzt einen annehmbaren, mildöligen Geschmack 
und wird, soweit ich die Literatur übersehen habe, überall 
als brauchbar empfohlen, namentlich bei Hysterien, 
Neurasthenien, nervösen Erregungszuständen und vor 
allem nervösen Herzaffektionen. Auch hei nervösen Be¬ 
schwerden im Klimakterium wird es geloht. 

Ich habe Gelegenheit genommen, daß Gynoval bei 
einer großen Reibe von Patienten, besonders solchen mit 
Herzneurosen zu versuchen, und kann nur sagen, daß ieb 
das Mittel weiter verordnen werde, weil cs meinen Er¬ 
wartungen entsprochen bat. 

Zahlreiche kasuistische Belege, die leicht ermüden, 
hier zu bringen bat wohl keinen Zweck. 

Ich beschränke mich darauf, liier etwas ausführlicher 
nur über 2 Fälle zu berichten, bei welchen ich eine sugge¬ 
stive Wirkung ansscliließen möchte und welche deshalb 
den Wert des Gynoval gut beleuchten, weil sie an Kranken 
gemacht sind, die sieb unter besondersartigen Verhält¬ 
nissen (im Zellengefängnis) befanden. 

Fall 1. Junger Mann von zirka 24 Jahren, leidet an 
starkem Herzklopfen, Angstgefühl, Schlaflosigkeit. Es besteht 
Unvermögen geistig zu arbeiten, leichtes Erschrecken. Außer¬ 
dem klagt Patient über ein sonderbares Gefühl in der Herz¬ 
gegend, sowie über Stiche in derselben. In der Nacht ver¬ 
schlechtert sich der Zustand. Bisher ist Patient vollkommen 
gesund gewesen (kein Rheumatismus), Untersuchungsbefund: 
Lunge gesund, Herztöne reih, kein organischer Herzfehler, 
Puls 160—180. Diagnose: Neurosis cordis. Es wurden Brom 







432 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 28. 


Präparate verordnet, doch olme jeglichen Erfolg. Darauf erhielt 
der Kranke Tinct. Valeriaii. Simplex, die eine Erleichterung 
brachte, aber des Geruches und Geschmackes wegen schlecht 
vertragen wurde. Schließlich verweigerte der Patient den 
weiteren Gebrauch. Nun ordinierte ich dreimal täglich eine 
Perle Gynoval. Das Präparat wurde ausgezeichnet vertragen, 
der Patient merkte nicht einmal, daß er ein Valeriana-Präparat 
nahm. Schon nach drei Tagen war eine wesentliche Besse¬ 
rung im Allgemeinbefinden bemerkbar, Patient war bedeutend 
ruhiger. Allmählich wurde auch das Herzklopfen geringer, der 
Kranke konnte wieder lesen, der Schlaf wurde besser und 
nach 14 tägigem Gebrauch stieg die Pulsfrequenz nicht über 
80—90 in der Minute. Ein sehr gutes Resultat, wenn man die 
Verhältnisse, in denen sich der Patient befand, in Betracht 
zieht Beim Verlassen des Gefängnisses fühlte er sich voll¬ 
kommen wohl. 

Fall 2. Junger Mann, zirka 20 Jahre alt. Als ich in der 
Nacht gerufen wurde, lag Patient vollkommen entkräftet auf 
dem Bett, sein Gesicht drückte Angst aus, er zitterte am ganzen 
Körper, gab verwirrte Antworten, konnte kaum sprechen, Puls 
kaum zu fühlen. Es wurde Brom mit Valeriana verordnet. Am 
anderen Tag fühlte sich der Kranke ein wenig besser, Brom 
wurde weitergegeben. Nach einigen Tagen konnte ich eine 
genauere Untersuchung vornehmen. Patient klagt neuerdings 
über starkes Herzklopfen, zeitweilig vollkommenes Aussetzen 
der Herzaktion. Angstgefühl. Schmerzen und Stiche in der 
Herzgegend, die in den Rücken und linken Oheraum aus¬ 
strahlen. Absolute Schlaflosigkeit. Jedes Geräusch, Oeffneu 
der Tür, Hereinbringen des Essens in die Zelle regt ihn sehr I 
auf, verschlechtert bedeutend sein Befinden. Vor dem Schlafen¬ 
gehen verschlimmert sich der Zustand enorm, das Angstgefühl 
wird sehr stark; Manipulationen, die er sich ausgedacht um 
den Zustand zu erleichtern, helfen nicht, die Angst wird immer 
größer, zuletzt wirft er sich fast entkräftet aufs Bett; kein Schlaf. 
Am Morgen steht er ganz erschöpft wie zerschlagen auf. In 
der Gegend des Zwerchfelles ein „sonderbares“ Schmerzgefühl, 
hauptsächlich linkerseits. Darm träge. Bei der Untersuchung 
Herztöne rein, kein organischer Herzfehler. Bis jetzt ist Patient 
vollkommen gesund gewesen, hat sogar die gewöhnlichen 


Kinderkrankheiten nicht durchgemacht. Puls über 200 (bis 
240) manchmal kaum zu zählen. Das Atem ist unregelmäßig, 
durch starke Inspiration unterbrochen. Diagnose; Neurasthenia 
cordis, Phrenocardia. Da Brom und Tinct. Valeriana sich als 
wenig wirksam erwiesen, wurde Gynoval verordnet, und zwar, 
dem Zustande entsprechend, dreimal täglich zwei Perlen. Am 
nächsten Tag war noch keine Veränderung des Zustandes zu 
bemerken. Von da an aber rasche Besserung. Mit 
jedem Tage wurde Patient ruhiger; es stellte sich Schlaf ein, 
Angstgefühl und Schmerzen schwanden allmählich gänzlich, 
Puls 150—120—90. Patient fühlte sich sehr gut und ist für das 
Mittel sehr dankbar. Er verträgt es sehr gut und gebraucht das 
Präparat schon den vierten Monat, wobei gar keine unan¬ 
genehmen Nebenerscheinungen auftreten. (Aufstoßen etc.) Auf¬ 
regungen wirken auf den Patienten nicht mehr mit derselben 
Stärke; doch ohne Gynoval kann er nicht mehr 
bleiben. Tinct. Valerian. simplex, versuchsweise verordnet, 
ruft Uebelkeit und Aufstoßen hervor, desgleichen Unlust zum 
Essen. 

Außerdem habe ich Gynoval in der Privatpraxis in 
Fällen von allgemeiner Nervosität, Schlaflosigkeit etc. so¬ 
wohl bei Frauen, als auch Männern verordnet und durch¬ 
weg sehr günstige Resultate erzielt. Das Mittel wurde von 
allen Kranken gern genommen, ausgezeichnet vertragen, 
nie wurden unangenehme Nebenerscheinungen beobachtet, 
auch nicht bei längerem Gebrauch und in höheren Dosen. 

Man verordne im allgemeinen: 

Rp. Gynovalperlen No. XXV ä 0,25 g 
(Originalpackung Bayer) 

S. 3 mal täglich 1—2 Perlen nach dem Essen 
(bei nervöser Schlaflosigkeit 2 Perlen vor dem 
Schlafengehen) oder 

Rp. Gynoval 10,0 (Originaltropfflasche Bayer) 

S. 3 mal tägl. 12—24 Tropfen zu nehmen (auf 
Zucker oder in Pfefferminztee). (Bei nervöser 
Agrypnie 24 gtt vor dem Schlafengehen.) 


Flu: Beobachtungen während der Gelbfiebcrepidemie, die vom 
Dezember 1908 bis Februar 1909 in Paramaribo herrschte. 

(Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten, 1910, 
Bd. 65, H. 1.) 

Bei einer sorgfältigen Vergleichung dieser Gelbfieberfälle 
mit perniziösen Malariaformen hat sich bei der Epidemie der 
enorme Unterschied zwischen gelbem Fieber und perniziöser, 
biliöser Malaria gezeigt. 

Gemeinsam ist beiden Krankheiten nur der Ikterus und 
die Temperaturferhöhung; aber der Ikterus ist bei Febris flava 
niemals so stark; die Kranken zeigen im Lehen niemals die 
zitronengelbe Farbe der Kranken an biliöser Malaria. 

Abgesehen von dem großen Werte der Blutuntersuchung 
wird die Differentialdiagnose olme Mühe zu stellen sein, wenn 
man auf das Folgende acht gibt: 

Beim gelben Fieber sieht man. daß der Kranke leicht 
ikterisch ist. aber rote Lippen und Schleimhäute hat: der Hämo¬ 
globingehalt des Blutes ist ja normal! Bei perniziöser Malaria 
dagegen besteht, wenn Ikterus vorhanden ist, ein hoher Grad 
von Anämie, die Lippen und die Schleimhäute sind bleich, da 
der Hämoglobingehalt sehr vermindert ist. 

Auch die allgemeinen Erscheinungen unterscheiden sich so 
sehr bei beiden Krankheiten daß es rätselhaft ist, wie es immer 
wieder vorkommt, daß bei Gelbfieberfällen die Diagnose Febris 
perniciosa biliosa gestellt wird. 

Am Ende des Berichts weist Verfasser darauf hin, von wie 
großem Nutzen eine ernstlich angefangene und streng durch¬ 
geführte Moskitobekämpfung für die Volkssesundheit sein kann. 

Mühlschlegel. 

Dr. II. Grau. Assistent der med. Klinik'der Akademie zu Düssel¬ 
dorf: Ueber «len Zusammenhang von Raueheinatmung und 
croupöser Pneumonie. (Medizinische Klinik, 1910, No. 12.) 

Wir pflegen seit Jürgensen die crouoöse Pneumonie 
als eine Infektionskrankheit anzusehen. Gewöhnlich verstehen 
wir unter croupöser Pneumonie im engeren Sinne die eigent¬ 
liche typisch verlaufende Pneumonie, nämlich die durch 
Pneumokokken verursachte. Die Aetiologie der fibrinösen 
Pneumonie ist aber keineswegs eine einheitliche. Oft genug 
findet sich bekanntlich der Diplobacillus pneumoniae Fried- 
1 ander, ferner sind Streptokokken verschiedener Art. 
Staphylokokken, auch Kolibacillen. Influenza-, Typhus- und 
andere Bacillen, oft mit Pneumokokken gepaart, als wahrschein¬ 
liche Erreger der Erkrankung nachgewiesen worden. Es darf 
Irotz der entgegenstehenden Resultate einiger Forscher jetzt als 
sicher angenommen werden, daß normalerweise die Lunge 
in gesundem Zustand nicht keimfrei ist. Fast alle Bakterien 
die eben als Errege« der Pneumonie angesprochen wurden, fand 


Dürck in einer Reihe von absolut gesunden Lungen. Man 
kann aus diesem Vorkommen mit Recht schließen, daß der 
Köi'per normalerweise gegen das Eindringen dieser Entzün- 
| dungserreger gefeit ist und daß zum Zustandekommen eine«' 

| Lungenentzündung noch eine weitere Ursache tätig sein muß. 
Wir kommen damit auf die’ Reihe der Gelegenheitsursachen. 
Man hat von jeher vor allem die Erkältung als wichtigen Faktor 
hingestellt. Weitere etwas vage Begriffe sind: Körpei'liche 
Ueberanstrengung, geistige' Aufregung. Die Bedeutung des 
Traumas, die Jürgensen nicht anerkannte, in diesem Sinne 
ist von Stern und anderen sichergestellt. Wenn wir einmal 
das Voi-handensein normaler Schutzmittel für den Organismus 
als einen Grund ansehen, weshalb die saprophytischen Bak¬ 
terien nicht in jedem Falle zur Pneumonie führen, so müssen 
wir folgerichtig sagen, daß die Vei'minderung dieser Abwehr¬ 
kräfte, das Vorhandensein von Reiz- oder Krankheitszuständen 
zur Entstehung einer Pneumonie führen kann. Diese Frage 
| kann besonders in der Unfallbegutachtung von großer Bedeu¬ 
tung werden, wie folgender Fall zeigt: Der Anstreicher D. B. 
war vom 1. Dezember 1908 ab in einem Walzwerk tätig, und 
zwar zunächst in einem Teile, der Anlage, in dem gute Luft 
herrschte. Dann, vom 18. Januar ab, arbeitete er in einer Neu¬ 
anlage mit mehreren Arbeitern zusammen am Anstriche der 
Dachkonstruktion. Er war dabei direkt über Wärmöfen tätig, 
bei deren Bedienung es zum Aufsteigen sehr unangenehmer 
Rauchgase kam. B. hat sich seinen Mitarbeitern gegenüber 
mehrfach über diese Gase heftig beklagt. Weiter geht aus den 
Aussagen der Mitarbeiter hervor, daß B. in der Zeit vom'25. bis 
30. Januar einmal bewußtlos hingesunken ist, danach Blut- 
spucken gehabt und von da an über Kopf schm ei'zen geklagt hat. 
Das Blutspucken soll sich wiederholt haben. B. hat dann noch 
bis zum 2. Februar 1909 in demselben Raume gearbeitet. An 
diesem Tage war er gerade über den Oefen beschäftigt und 
bei ungünstiger Windrichtung ganz in Rauch gehüllt. Er soll 
nach Angabe seiner Frau an diesem Abend mehrfach über Un¬ 
wohlsein geklagt und gebrochen haben. Vom 3. bis 5. Februar 
arbeitete B. dann in einem anderen Teil des Werkes, in dem 
bessere Luft herrschte. An diesen Tagen soll er von Husten¬ 
anfällen nicht belästigt worden sein. Vom 5. Februar an ist 
B. dann zunächst zwei Tage krank zu Hause geblieben. Am 
8. Februar hat er nach einem vergeblichen Arbeitsversuch den 
Arzt aufgesucht, der einen ziemlich ausgedehnten Luftröhren¬ 
katarrh feststellte, ohne dadurch die voi-handene Atemnot, die 
die große Unruhe des Kranken und die Kleinheit des Pulses 
erklärt zu finden. Vom 8. bis 11. Februar war B. zeitweise 
außer Bett, war aber völlig verwirrt. Am 11. Februar fand ihn 
der Arzt besinnungslos und stellte 1 eine Lungenentzündung fest. 
Nach der Ueberführung ins Krankenhaus starb B. doi't am 



No. 28. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


433 


folgenden Tage. Da die Frau den Tod ihres Mannes auf Gas¬ 
vergiftung zurückführte, wurde die Sektion der exhumierten 
Leiche vorgenonnnen. Diese ergab schwer trennbare Ver¬ 
wachsungen zwischen Lunge und Brustwand beiderseits, linke 
Lunge lufthaltig und stark wässrig durchtränkt, rechte Lunge j 
ausgedehnt verdichtet. Die chemische Untersuchung einer | 
Blutprobe auf Kohlenoxyd hatte ein negatives Ergebnis. Ein 
Zusammenhang des Todes mit der Einatmung wurde daher vom 
Gutachter Dr. P. abgelehnt. Daraufhin ließ die Witwe des Ver- j 
storbenen den Gedanken der Gasvergiftung fallen, führte aber 
die Lungenentzündung des Mannes auf die Einwirkung von 
Rauchgasen zurück. Dieser Zusammenhang zwischen der 
Raucheinatmung und dem Tode des Mannes wurde von dem 
Schiedsgericht für Arbeiterversicherung auf Grund folgenden 
Gutachtens anerkannt: B. hat infolge heftiger Raucheinatmung 
eine Tracheobronchitis erworben. Diese ist weiterhin die 
Gelegenheitsursache zur Entstehung einer echten fibrinösen 
Pneumonie geworden. K r. 

Dr. Adolf Huber (Blumenbach in Mähren): Hautblutungen im 
Verlauf von Typhus abdominalis. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 19.) 

Verf. hat in den letzten 13 Jahren ungefähr 600 Fälle von | 
Unterleibstyphus in seiner Praxis beobachtet, darunter traten 
dreimal Hautblutungen im Verlauf der Krankheit auf. Zwei j 
dieser Fälle endeten letal, der dritte ging in Genesung aus. Die j 
drei Fälle ergeben: Hautblutungen können sowohl bei klinisch J 
von vornherein schweren, als auch bei leicht verlaufenden I 
Fällen von Typhus abdominalis auftreten; sie erscheinen auf 
der Höhe der Erkrankung und brauchen nicht unbedingt mit j 
Darmblutungen kombiniert zu sein. Bei Stellung der Prognose 
hat der Arzt nicht ausschließlich auf die Blutungen zu sehen, 
sondern auf den ganzen Fall; doch gestalten zahlreiche Blu¬ 
tungen die Prognose ungünstig. 

John Reenstjerna (Stockholm): Fall von Costochondralabsceß 
mit Bacterium paratyphi. (Deutsche med. Wochenschrift, 
1910, No. 19.) 

Bei einer 41 jährigen Patientin, welche im Jahre 1906 
einige Wochen hindurch an Fieberanfällen gelitten hatte, ent¬ 
standen im Anschluß daran Schmerzen in der linken Seite, in 
der Gegend der Milz; allmählich bildete sich eine Ausbuchtung 
am linken unteren Brustkorbrand, welche mit der Zeit größer 
wurde. Schließlich wurde die Stelle eröffnet; an der Vorder¬ 
seite eines Rippenknorpels lag eine haselnußgroße Höhlung,' 
gefüllt mit einem gelbgefärbten, geleeartigen Inhalt; durch den j 
Rippenknorpel ging von dieser Höhlung eine Fistel nach einer 
hinter dem Knorpel liegenden kleineren Höhlung, die mit ähn¬ 
lichem Inhalt wie die vorige gefüllt war. Der Weichteilabsceß 
wurde exzidiert. In den medialen Teil der Wunde wurde eine | 
Drainage nach Mikulicz eingelegt. Der laterale Teil wurde 
mit Silkworm verschlossen. Nach etwa zwei Wochen wurde die 
Patientin geheilt entlassen. Der Absceßinhalt wurde unmittel- | 
bar nach der Operation bakteriologisch untersucht. Das mikro- j 
skopische Präparat zeigte zahlreiche typhusähnliche Stäbchen. 
Die genaue Untersuchung ergab dann, daß es sich um den J 
Bacillus paratyphi B handelte. Der Absceß ist daher als post j 
paratyphöse Affektion aufzufassen, obgleich keine bindenden 
Beweise vorliegen, daß die frühere Krankheit der Patientin 
ein Paratyphus war. R. L. 

Dr. Ludwig Hofbauer (Wien): Zur Emphysemfrage. (Berliner 
klinische Wochenschrift, 1910, No. 12.) 

Die Entstehung der Lungenblähung ist nicht an anatomische 
Vorbedingungen (wie Verengerung der luftzuführenden 
Bronchienverteilungen oder Schwäche der elastischen Fasern 
der Lunge) gebunden, wie das Auftreten des vikariierenden 
Emphysems an den gesunden Teilen der Lunge bei Fällen von 
Pleuritis, Bronchuscarcinom usw. erweist. Vielmehr ist für die 
Lungenblähung der eigentümliche Atemmechanismus verant¬ 
wortlich zu machen, welcher bei Lufthunger, aus welcher Ur- | 
Sache immer entstanden, in Aktion tritt. Bei Vertiefung der 
Atmung wird nämlich die Einatmung viel mehr verstärkt als 
die Ausatmung, Das hierdurch veranlaßte Mißverhältnis 
zwischen In- und Exspiration geht soweit, daß ein Teil der j 
eingeatmeten Luft in der Lunge zurückbleibt und Ueberdehnung 
der Alveolen bedingt. Bei röntgenographischer Beobachtung des 
Zwerchfells läßt sich feststellen, daß bei Atemvertiefung das 
Diaphragma in der Mehrzahl der Fälle dauernd vom Thorax¬ 
zentrum sich entfernt. Die Einatmung war zwar viel stärker 
geworden, das exspiratorische Höhertreten des Zwerchfells aber 
nicht dementsprechend gesteigert. Ebenso bleibt die knöcherne 
Brustwand beim Einsetzen der tiefen Atmung weiter vom 
Thoraxzentrum entfernt, wie die pneumographische Unter¬ 
suchung des Cheyne-Stokes Atmen aufweisenden Urämi- 
kers erwies. Die Uebereinstimmung dieser mittels verschiede¬ 
ner Untersuchungsmethoden gewonnenen gleichsinnigen Resul¬ 
tate schien zu der Annahme zu berechtigen: Bei jeder Atmungs¬ 


vertiefung rücken die Wände des Brustkastens weiter vom Zen¬ 
trum desselben hinweg. Es entsteht vermehrter Luftgehalt der 
Lungen, d. h. Lungenblähung. Diese Erfahrung, sagt Verfasser, 
scheint für das Verständnis der Pathogenese von Lungenblähung 
und Lungenemphysem nicht ohne Wert. Nun veröffentliche in 
allerjüngster Zeit Bruns eine Arbeit, in welcher die Frage 
aufgeworfen wurde: „Dürfen wir mit Hof bauer annehmen, 
daß jede Atemvertiefung zu Ueberdehnung der Lunge, zu 
Lungenblähung führe und daß infolgedessen bei Zuständen mit 
längere Zeit anhaltender Atemnot echtes Emphysem sich ein¬ 
stellt? Ich glaube kaum . . . Eine Schätzung der Füllungszu¬ 
nahme der Lunge ist ohne Spirometer nicht möglich." Dadurch 
wurde H. veranlaßt, die Ergebnisse der radiologischen und 
pneumographischen Untersuchungen auch noch durch spiro- 
metrische ergänzend zu überprüfen. Dieselben wurden mittels 
eines Bohr sehen Spirometers durchgeführt. Diese Unter¬ 
suchungen ergaben aber in voller Uebereinstimmung mit den 
vorherigen Versuchsresultaten, daß bei der Mehrzahl der 
Menschen die Vertiefung der Atmung fast ausschließlich als 
eine Verstärkung der Inspiration sich darstellt. 

Dr. 0. Amrein (Arosa): Einige Erfahrungen bei Asthma 
bronchiale. (Therapeutische Rundschau, 1910, No. 13.) 

Verfasser spricht zunächst von der Wirkung des Klimas auf 
Asthmatiker. Wenn auch an dem Satze viel Wahres ist, sagt 
Verfasser, daß jeder Asthmatiker sein Privatklima habe, so 
gibt es doch auch allgemeine Gesichtspunkte, die bei verschie¬ 
denen Patienten zusammenpassen. Schlecht sind nach Ver¬ 
fassers Erfahrung: Eingeschlossene Talkessel, Gegenden mit 
stagnierender Luft, so Holland (Kanalluft), Venedig (Lagunen), 
dann dem Föhnwind stark ausgesetzte Gegenden, das schweize¬ 
rische Rheintal (Ragaz), die italienischen Seen (speziell Comer- 
see). Sehr gut dagegen sind offene, dem Winde zugängliche 
Gegenden, Hochebenen (München, Mailand), oft auch größere 
Städte (London, New York). Stagnierende Luft beengt schon 
den gesunden Menschen in gewissem Maße und löst bei dem 
Asthmatiker ein Beklemmungs- und Angstgefühl aus. Zu den 
für Asthmatiker günstigen Klimaten gehören das Meer- und 
das Gebirgsklima. Von beiden sah Verfasser gute Erfolge 
und verschiedentlich konnte ein drohender Anfall durch so¬ 
fortige Reise ans offene Meer oder ins Gebirge direkt coupiert 
werden. In der großen Mehrzahl der Fälle tritt in diesen beiden 
Klimaten während der ganzen Dauer kein weiterer Anfall auf 
oder wenn, dann gelinder. In beiden tritt dazu noch die spezielle 
günstige Beeinflussung der sekundären katarrhalischen Er¬ 
scheinungen, der Bronchitis, des Luftröhrenkatarrhs mit trocke¬ 
nem Reizhusten. Im Meerklima wirkt die weiche, feuchte, salz¬ 
haltige Luft günstig in dieser Beziehung ein. Im Gebirge ist es 
die trockene und reine Luft, das Freisein von Staub. Zudem 
wirkt das Gebirgsklima anregend und abhärtend auf die meist 
gegen Zugluft und Kälte empfindlichen Asthmatiker. Man er¬ 
zielt mit Hochgebirgsbehandlung überraschend günstige Resul¬ 
tate. Freilich ist ein langer Aufenthalt (übrigens auch am Meer) 
notwendig. Sind klimatische Kuren nicht möglich oder tritt 
während solcher hin' und wieder Neigung zu Anfällen auf. so 
muß zu Coupierungsmitteln Zuflucht genommen werden. Der 
hydrotherapeutische Apparat (warme Packungen, namentlich 
auch mit Essig, heiße Fußbäder, Frottage und Abreibungen) 
kann von großem Nutzen sein und wird nach Verf. viel zu wenig 
angewandt. Sehr beliebt sind bei den Patienten die Räuche¬ 
rungen mit den verschiedensten Asthmapulvern, Asthma¬ 
papieren (Salpeterpapieren), von denen das Schiff mann- 
sche und das Neumeyer sehe die verbreitetsten sind. Aber 
diese Räucherungen reizen die Schleimhäute zu sehr. Chloral- 
hydrat und Atropin, letzteres innerlich oder subkutan in steigen¬ 
den und wieder zurückgehenden Dosen angewandt, können in 
gewissen Fällen sehr wirksam sein, sind aber doch immer etwas 
riskant und für längere Zeit nicht anzuraten. Von den Inhala¬ 
tionsmitteln ist der Tucker sehe Apparat der wirksamste. Er 
hat in letzter Zeit große Verbreitung gefunden. Er leistet Vor 
treffliches, wenn er im Beginn sofort angewandt werden kann 
und er wird deswegen von vielen wie ein Talisman stets in der 
Tasche mitgetragen. Dann genügen wenige Inhalationen, um 
einen drohenden Anfall zu verscheuchen. Ist aber der Anfall 
in vollem Anzuge, so ist er unwirksam und kann verhängnisvoll 
werden. Der heftige Asthmaanfall verlangt fast immer 
Morphium. In den schwersten Fällen ist es sogar nötig, den 
Patienten während einiger Tage ganz unter Morphium zu halten. 
Es können dann zwei bis drei Morphiumeinspritzungen, even¬ 
tuell noch mehr, in 24 Stunden nötig sein. In den anfallsfreien 
Zeiten kann auch eine methodische Atemgymnastik von Nutzen 
sein. Namentlich die bekannte Methode, bei der Aus- und 
Einatmung dem Patienten vorzuzählen, ihm selber nachzählen 
zu lassen und die Inspirations- und Exspirationsphase nach dem 
Zählen zu beeinflussen, ist sehr zu empfehlen: 

1—2 Inspiration .... 1—2—3—4 Exspiration 

1—2—3 Inspiration . ... 1—2—3 Exspiration 

1—2—3—4 Inspiration.1—2—3 Exspiration 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 28. 


Man kann also die Inspirationsphase gegenüber der ver¬ 
längerten Exspirationsphase vergrößern und die Exspirations¬ 
phase allmählich verkleinern. Doch vertragen auch das nicht alle 
Patienten und es kann das Exerzitium direkt zu einem Anfalle 
reizen. Was dem einen von Vorteil ist, versagt bei dem andern 
häufig. Auch die pneumatische Kammer, die vielen gut tut, 
vermehrt andern das Beengungsgefühl. Durch Zufall. kam 
Verfasser in der letzten Zeit auf eine Art hygienischer Uebung, 
die wenigstens in einem, aber besonders schweren Falle, außer¬ 
ordentlich günstig einwirkte. Es ist das Reiten. 

Dr. 0. Boellke, dirigier. Arzt der inneren Abteil- d. städt. Kran¬ 
kenhauses in Ratibor: Ueber Digistrophan, ein neues Kar- 
diaeum. (Die Therapie der Gegenwart, April 1910.) 

Das auf Verfassers Anregung von der Firma Goedecke 
& Co., Berlin, nach einem patentierten Verfahren dargestellte 
Digistrophan ist ein Herzmittel, welches alle wirksamen Bestand¬ 
teile bester Digitalisblätter und Strophanthussamen enthält und 
dabei doch störende Kumulation vermeidet. Das Herstellungs¬ 
verfahren sichert dem Mittel neben absoluter Haltbarkeit und 
bequemster Dosierbarkeit eine dauernde Konstanz und Intensi¬ 
tät der Wirkung, welche der der Droge weit voransteht. Infolge 
dieser Vorzüge verdient das Digisti'ophan, bei allen geeigneten 
Herzkranken in Anwendung zu gelangen. Kr. 

Georg Linzenmeier (Innere Abteilung des Bürgerhospitals 
Colmar): Ueber innerliche Anwendung von g-Strophanthin 
(Thoms), klinische und pharmakologische Untersuchungen. 
(Inaugural-Dissertation, Heidelberg 1909.) 

Bei schweren Dekompensationszuständen scheint man mit 
Strophanthin Thoms per os nicht zum Ziel einer Entwässerung 
und vollständigen Herstellung der Kompensation zu kommen. 
Um in solchen Fällen günstige Wirkungen und nennenswerte 
Beeinflussungen zu erzielen, muß man Dosen von 30—40 mg 
pro die längere Zeit geben; diesen Dosen sind Reizwirkungen 
auf den Magen-Darmkanal und die Gefahren der Kumulation 
eigen. .Auch wenn man diese Nebenwirkungen mit in den Kauf 
nehmen wollte, kann man durch eine längere Anwendung von 
g-Strophanthin in wirksamen Dosen nicht die bekannten typi¬ 
schen Wirkungen bei schwerer Herzinsuffizienz erzielen, die 
man auf unschädliche und sichere Weise mit hochwertigen und 
konstanten Digitalispräparaten, wie etwa mit Extr. digit. 
depurat. (Digipurat) erzielen kann. Der einzige Vorsprung 
des g-Strophanthins vor andern intern verabreichten Digitalis¬ 
präparaten ist der, daß Strophanthin schon nach wenigen Stun¬ 
den das quälende Symptom, die Dyspnoe, bessern kann, wäh¬ 
rend diese Wirkung auf das subjektive Befinden unter den 
üblichen Digitalispräparaten erst nach 1—2 Tagen einzutreten 
pflegt. Wenn überhaupt, kann bei schweren Fällen von 
Dekompensation des Herzens das g-Strophanthin per os höch¬ 
stens zur Einleitung von Digitaliskuren, dort, wo die Dyspnoe 
im Vordergrund der Beschwerden steht, versucht werden. Die 
Hauptbedeutung und ein Vorzug interner Anwendung des 
Strophanthins zeigt sich bei einmaliger Anwendung in wirk¬ 
samen Dosen von 30—40 mg in Fällen leichterer Grade von 
Herzinsuffizienz. Man kann daher schon nach einigen Stunden 
eine günstige Wirkung besonders auf die Dyspnoe erzielen, 
und es kami unter Umständen eine einzige Dosis zur Her¬ 
stellung der Kompensation genügen. Diese durch innere An¬ 
wendung des Strophanthins günstig beeinflußbaren Fälle sind 
dieselben, bei denen auch kleine Dosen von Digitälis- 
präparaten, wenn auch nicht so rasch, zur Erleichterung des 
Kranken und seiner Wiederherstellung führen. In solchen 
Fällen günstiger Wirkung des g-Strophanthins per os tritt die 
Wirkung wohl rascher ein als die eines galenischen Digitalis¬ 
präparates, aber sie ist nicht so prompt und nicht so stark und 
nachhaltig wie die einer intravenösen Injektion. Man kann die 
interne Anwendung des g-Strophanthins nur für bestimmte 
Fälle als Ergänzung der üblichen Digitalistherapie per os an- 
sehen; einen Ersatz für die intravenöse Anwendung von Stro¬ 
phanthin in Fällen akuter oder bedrohlicher Herzschwäche wird 
sie wohl nicht bieten. F. 

Dr. Max Biihler (Tübingen): Ueber die Lymphocytose bei 
Basedowscher Krankheit und hei Basedowoid. (Münchener 
med. Wochenschrift, 1910, No. 19.) 

Verschiedene Autoren haben neuerdings über die Verände¬ 
rungen des Blutbildes bei Basedow scher Krankheit berich¬ 
tet. Insbesondere hat Kocher eine Lymphocytose auf Kosten 
der polynukleären Leukocyten, eine gewisse Leukopenie und 
in den Strumen von Basedowkranken Lymphocytenhäufchen 
gefunden. Verfasser hat im Laufe des vorigen Jahres in der 
Tübinger medizinischen Klinik eine Reihe von Basedowkranken 
und von sogenannten Basedowoidfällen auf die Veränderungen 
ihres Blutbildes untersucht. Es kamen 20 ausgebildete Base¬ 
dowfälle zur Untersuchung und 70 Fälle, welche in die Rubrik 
der Formes frustes fallen. Verfasser kann die angegebenen 
Befunde der früheren Autoren im wesentlichen bestätigen. Bei 


echtem Basedow und bei den ausgeprägten Formen von Base¬ 
dowoid ist eine relative Lymphocytose so gut wie konstant vor¬ 
handen. Ferner kommt er zu dem Ergebnis, daß die Zugehörig¬ 
keit eines zweifelhaften Falles zu den auf thyreotoxischer Basis 
beruhenden Krankheitsfällen sehr wahrscheinlich ist, wenn 
eine prozentuelle Vermehrung der Lymphocyten gefunden wird. 
Das Vorhandensein einer Lymphocytose ist also in diesen 
Fällen von differentialdiagnostischer Bedeutung. Das Fehlen 
der Lymphocytose in einem Fall von Basedow oder Basedowoid 
berechtigt jedoch an sich nicht zur Ablehnung dieser Diagnose. 

Dr. Moinm (Düsseldorf): Ein Beitrag zur Bantischen Krankheit. 
(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 17.) 

Verf. berichtet über einen Fall von B a n t i scher Krankheit 
bei einem 30 jährigen Manne, der nach mehrjähriger Dauer der 
Krankheit durch die Exstirpation der Milz geheilt wurde. Der 
Fall ist deswegen bemerkenswert, weil die Krankheit mehrere 
Wochen nach einem stumpfen Trauma, welches den Unterleib 
getroffen, begonnen hatte. Verf. kommt bei seiner kritischen 
Besprechung des Falles zu nachstehenden Schlußfolgerungen: 
Bei der Banti sehen Krankheit lassen sich nicht immer drei 
Stadien unterscheiden, insbesondere kann der Ascites schon 
recht frühzeitig auftreten. Der Ascites wird höchstwahrschein¬ 
lich durch die abnorme Blutbeschaffenheit und besonders durch 
Verlegung der Lymphwege infolge Schwellung der Mesenterial- 
und Retroperitonealdrüsen hervorgerufen. Es empfiehlt sich 
nicht, die Talmasche Operation der Splenektomie anzu¬ 
schließen. Bisweilen kommt ein Trauma ätiologisch in Betracht. 
Die klinische Differentialdiagnose zwischen Milzvenenthrombose 
und Banti scher Krankheit kann heute noch nicht gestellt 
werden. 

Dr. Albert Caan (Heidelberg): Ueber Komplementablenkung 
bei Hodgkinscher Krankheit. (Münch, med. Wochenschrift, 
' 1910, No. 19.) 

In vier Fällen von Hodgkin scher Krankheit (Pseudo¬ 
leukämie. malignen Lymphomen) bei Männern im Alter von 28 
bis 43 Jahren, bei denen sich weder durch die Anamnese noch 
durch den klinischen Befund ein Anhaltspunkt für das Vor¬ 
handensein einer syphilitischen Infektion ergab, fand sich eine 
Komplementablenkung im Blute. Bei zwei Patienten war diese 
nur eine vorübergehende. Die Untersuchung geschah sowohl 
mittels der von Landsteiner modifizierten Wasser- 
m a n n sehen Reaktion wie nach der durch v. Düngern und 
.Hirschfeld modifizierten N o g u c h i sehen Methode. Beide 
Verfahren ergaben übereinstimmende Resultate. — Irgend 
welche weiteren Schlußfolgerungen will Verfasser aus diesen 
Beobachtungen nicht ziehen. 

Dr. Wilhelm Beuster (Berlin): Ueber einen Fall von akuter 
traumatischer Niereninsuffizienz. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 18.) 

Verfasser berichtet über einen vom Standpunkt der Unfall¬ 
kunde bemerkenswerten Fall, welcher im städtischen Kranken¬ 
hause am Urban zu Berlin beobachtet wurde. Ein 30 jähriger 
Straßenbahnschaffner erlitt bei einem Zusammenstoß des 
Straßenbahnwagens mit einem Automobil einen Stoß, konnte 
aber noch zwei Tage nachher seinen Dienst versehen. Seit 
einem halben Jahre hatte er mitunter über Kopfschmerzen ge¬ 
klagt. Bald nach dem Unfall begannen kurze Anfälle von Be¬ 
wußtlosigkeiten und Konvulsionen, die anfangs selten, dann 
immer häufiger auftraten, so daß der Patient seinen Dienst ein¬ 
stellen mußte. Fünf Tage nach dem Unfall wurde der Kranke 
im bewußtlosen Zustand in das Krankenhaus eingeliefert. Die 
Krämpfe bestanden fort; der durch Katheter entleerte Urin 
enthielt Eiweiß in Spuren, keinen Zucker, granulierte und 
hyaline Zylinder. Temperatur etwa 39° C. Blutgefrierpunkt 
ö = — 0.75° C. Es wurde die Diagnose Urämie gestellt und 
durch Venaesectio 400 ccm Blut abgelassen; ferner wurden 
durch Lumbalpunktion mehr als 15 ccm Liquor cerebrospinalis 
entleert. Jedoch hatten diese Maßnahmen keinen Erfolg, zwei 
Tage nach der Aufnahme starb der Patient. Die Obduktion 
ergab in der Hauptsache: Doppelseitige hypostatische Pneumo¬ 
nie, frische Tuberkulose beider Lungenspitzen; Verkäsung der 
bronchialen, portalen und mesenterialen Lymphdrüsen. Die 
mikroskopische Untersuchung der Nieren ergab außer Ver¬ 
fettung und teilweiser Nekrose der Epithelien der gewundenen 
und geraden Harnkanälchen beider Nieren keine pathologischen 
Veränderungen. Offenbar handelte es sich hier um eine 
urämische Intoxikation infolge Niereninsuffizienz; eine chro¬ 
nische Erkrankung der Nieren hatte dem Ergebnis der Autopsie 
zufolge vorher nicht bestanden; als ursächliches Moment kann 
nur das Trauma gelten, welches indirekt wohl eine Läsion 
beider Nieren bewirkt hatte. Unerklärt und ohne Analogie ist 
nach Verfasser die Tatsache, daß so geringfügige anatomische 
Veränderungen der Niere eine derartig schwere Insuffizienz 
auszulösen vermochten. Jedenfalls ist nach Verfasser der Tod 
als Folge des Unfalls anzusehen und somit eine Entschädigungs¬ 
pflicht anzuerkennen. 



No. 28. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


435 


Prol. Dr. J. Hnatek (Prag): Die nichtparasitäre Chylurie. i 
(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 17.) 

Verf. berichtet über folgenden Fall: Eine 33 jährige, bis j 
dahin gesunde Frau bemerkt plötzlich eine milchige Ver¬ 
färbung des Urins und den Abgang zottenförmiger Gerinnsel 
unter Schmerzen, die Nierenkoliken ähnlich sind. Der chyl- 
urische Harn enthält im Liter 7,73 g Eiweiß. Die Chylurie hat 
einen nächtlichen Typus, der Tagesharn ist ganz normal. Aber 
in Rückenlage war auch bei Tage der Harn chylös und enthielt 
bei gleichbleibender Kost die 123 fache Fettmenge des im Gehen 
entleerten Urins. Die Sondierung der Ureteren erwies, daß die 
linke Niere viermal so viel Fett sezernierte, als die rechte. 
Zucker fehlte konstant im Urin. Die Ursache der Chylurie 
konnte nicht ermittelt werden. 

Dr. Georg Riebold (Dresden): Ueher rasch vorübergehende 
cerebrale Hemiplegien. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 20.) 

Verfasser kommt auf Grund einiger Beobachtungen zu 
folgender Auffassung: Leichte, rasch vorübergehende cerebrale 
Hemiplegien können beim Vorhandensein einer lokalen Er¬ 
krankung der Gehirngefäße durch zeitweise mechanische Be¬ 
hinderung der Blutzufuhr und infolgedessen momentan un¬ 
genügende, sich aber rasch wieder ausgleichende Blutver¬ 
sorgung wichtiger Gehirnabschnitte ohne anatomische Läsionen 
zustande kommen. Sie können weiterhin bei Embolie oder 
Thrombose kleiner und kleinster Gehirngefäße durch das 
rasche Eintreten eines genügenden Kollateralkreislaufes sich 
erklären, wie er bei dem normalen Vorhandensein von 
Anastomosen zwischen den kleinsten Aestchen auch der 
Arteriae fossae Sylvii sich jederzeit ausbilden kann. Mög¬ 
licherweise sind manchmal zwischen den Aesten der Art. 
fossae Sylvii größere anastomotische Verbindungsäste vor¬ 
handen, durch deren Eintreffen auch schwere cerebrale Hemi¬ 
plegien nach Verschluß eines Hauptstammes der Art. fossae 
Sylvii sich sehr rasch zurückbilden können. R. L. 

G. Müller: Klinische Studie über die Kontusionen und Distor¬ 
sionen der Wirbelsäule und ihre Folgezustände an der Hand 
von 56 Fällen eigener Beobachtung. (Archiv für klinische 
Chirurgie, Bd. 91, H. 2.) 

M. entwirft auf Grund von 56 eigenen Beobachtungen ein 
charakteristisches Bild der Rückenquetschung, wie es wohl 
jedem Praktiker mehr oder weniger geläufig ist: Ein bis dahin 
gesunder, voll erwerbsfähiger Mensch wird von einem verhält¬ 
nismäßig geringfügigen Trauma (Fall von der Treppe, Auf¬ 
fallen eines Sackes gegen den Rücken etc.) betroffen. Er 
arbeitet zunächst weiter, geht dann am folgenden Tage oder 
noch später zum Kassenarzt und wird vom ihm 13 Wochen lang 
mit Einreibungen, Umschlägen usw. behandelt. Nach Ablauf 
der Karenzzeit übergeben die Berufsgenossenschaften den 
Kranken einer mit allen Hilfsmitteln für Nachbehandlung aus¬ 
gestatteten Spezialheilanstalt. Die objektive Untersuchung fällt 
fast durchweg negativ, aus. Subjektiv wird über Schmerzen 
in der Wirbelsäule, sowohl spontan als auch bei Beklopfen be¬ 
klagt. Die Bewegungen des Rumpfes sind schmerzhaft und ein¬ 
geschränkt. Nach einer verhältnismäßig langen, nach Müllers 
Erfahrungen durchschnittlich neun Monate dauernden Behand¬ 
lung wird das Heilverfahren beendet und der Verletzte bleibt 
noch um zirka 1 / 5 in seinem Erwerbe beeinträchtigt. 

M. vertritt den Standpunkt, daß es sich bei diesem von ihm 
als „Vertebralgie“ bezeichneten Symptomenkomplex um eine 
vorwiegend psychogene, erst durch das Unfallversicherungs¬ 
gesetz gezüchtete Affektion sui generis handelt. Aber nach des 
Ref. Ansicht sehr zu Unrecht wird von M. die kassenärztliche 
Behandlung beschuldigt, zur Entwickelung des Leidens beizu¬ 
tragen. Der Patient liest auf dem Krankenschein, daß er an 
einer Verstauchung der Wirbelsäule leidet und nun meint Verf., 
daß sich auf Grund dieser Kenntnis allmählich bei dem Ver¬ 
letzten das Bewußtsein, eine schwere Verletzung erlitten zu 
haben und das Verlangen nach Rente in das Unterbewußtsein 
einschleiche. Und wodurch will M. das verhüten? Durch 
Ausschaltung der kassenärztlichen Karenzzeit, durch sofortige 
Uebemahme des Heilverfahrens seitens der Berufsgenossen¬ 
schaften. Und worin besteht die „zielbewußte systematische, 
streng individualisierende“ Behandlung in den berufsgenossen¬ 
schaftlichen Heilanstalten? ln Massage, nervenstärkenden und 
kräftigenden Mitteln, Hydrotherapie, Gymnastik und Elektrizi¬ 
tät. „Ein lokaler Wert kommt aber diesen therapeutischen 
Faktoren nur in beschränktem Maße zu, die Hauptsache war 
doch meist, daß der Stoffwechsel angeregt, das Allgemein¬ 
befinden gebessert, das Selbstbewußtsein gehoben und die 
Krankheitsvorstellung verdrängt wurde.“ 

Nach meiner Kenntnis der berufsgenossenschaftlichen 
Heilanstalten sind dieselben ein denkbar ungeeigneter Ort, 
derartigen Indikationen gerecht zu werden. Durch Ansamm¬ 
lung derartiger an ..Begehrungsvorstellungen" leidender 
Kranken in einer Anstalt erreicht man keine Verdrängung der 
Krankheitsvorstellung, sondern das gerade Gegenteil. Ebenso 
verfehlt erscheint die Applikation von Stützkorsetts, von 
welchen Müller ausgezeichnete Erfolge gesehen haben will. 


Wenn dies der Fall ist, so dürfte es sich wohl kaum um rein 
psychische Beschwerden gehandelt haben, denn bei letzteren 
steigert das Korsett das Krankheitsbewußtsein und ist weit 
schädlicher, als die von M. zu Unrecht beschuldigte kassenärzt¬ 
liche Diagnose auf dem Krankenschein, durch welche angeb¬ 
lich der Patient erst krank wird. Meines Dafürhaltens sind 
die Wirbelkontusionen und ihre Folgezustände nicht blos ein 
Produkt der sozialen Gesetzgebung. Man beobachtet diese 
überaus hartnäckigen Folgen auch bei Verletzten, welchen 
keinerlei Rentenansprüche zustehen. Der Unterschied besteht 
blos darin, daß letztere durch den Kampf ums Dasein, die dira 
necessitas zur möglichst baldigen Wiederaufnahme der Arbeit 
trotz ihrer Schmerzen gezwungen werden und so die schwere 
Zeit überwinden, während der Unfallverletzte Arbeiter mit 
einem gewissen Recht annimmt, daß ihm die staatliche Für¬ 
sorge zu Hilfe kommen müsse. Sache des erfahrenen Arztes 
ist es, durch sorgsam abgeschätzte Uebergangsrenten dem Ver¬ 
letzten allmählich wieder das Vertrauen zu sich und die 
Wiedergewöhnung an die Arbeit zu ermöglichen. Daß die be¬ 
rufsgenossenschaftlichen Heilanstalten dieser Aufgabe besser 
gewachsen seien, als der praktische Arzt, muß bestritten 
werden. Adler (Pankow-Berlin). 

Privatdozent Dr. A. Strubcll (Dresden): Opsonisches über 
Staphylokokkenimmunität. (Deutsche med. Wochenschrift, 

1910, No. 18.) 

Verfasser berichtet über weitere experimentelle und prak¬ 
tische Erfahrungen bezüglich der opsonischen Verhältnisse der 
Staphylokokken. Nach seinen, allerdings nur auf eine Zeit von 
einer halben Stunde sich beziehenden Untersuchungen bewirkt 
die induzierte Phagocytose in vitro gegen hochvirulente 
Staphylokokken keine nachweisbare Abtötung der Keime. Die 
Giftigkeit der standardisierten Staphylokokkenvaccine „Opsono- 
gen" an Meerschweinchen, Hunden und Kaninchen geprüft, er¬ 
wies sich bei den genannten Tieren, selbst bei der Verwendung 
außerordentlich hoher Dosen, als ganz gering. Der opsonische 
Index gegen Staphylokokken schwankte bei Gesunden in 81 pCt. 
der Fälle innerhalb 0,90 und 1,10, während er bei an Staphylo¬ 
kokkeninfektionen erkrankten Patienten nur in 41,1 pCt. der 
Fälle innerhalb der Norm sich bewegte. Auch in einem von 
Verf. neuerdings beobachteten, unglücklich verlaufenen 
schweren Fall von Staphylokokkensepsis erwies sich die Be¬ 
stimmung des opsonischen Index als ein gutes Kriterium für 
den jeweiligen Stand der Immunität des Patienten und verhielt 
sich umgekehrt proportional zur Höhe der Fieberkurve. Die 
von Verf. vor Jahresfrist unabhängig von, aber in Ueberein- 
stimmung mit W r i g h t empfohlene Vaccinebehandlung der 
lokalen Staphylokokkenerkrankung ohne die Indexbestimmung 
hat sich auch weiterhin bewährt. In der Mehrzahl der Fälle 
wird ein Erfolg leicht erzielt und erspart dem Patienten 
schmerzhaften Verlauf und chirurgische Behandlung. Verf. be¬ 
richtet beispielsweise über zwei mit Erfolg behandelte Fälle 
von rezidivierender Furunkulose. Die Herstellung individueller 
Vaccinen ist ein Auskunftsmittel für die prozentual geringe An¬ 
zahl von Fällen, in denen die Heilwirkung des Opsonogen 
zögernd eintritt oder sogar ausbleibt. Doch Ist eine solche 
individuelle Vaccinetherapie wohl nur in Universitätskliniken 
oder bei sehr wohlhabenden Patienten möglich. Für die ärzt¬ 
liche Praxis kommt im allgemeinen nur die in der Mehrzahl 
der Fälle zum Ziele führende Behandlung mit fabrikatorisch 
im großen dargestellten Vaccinen in Betracht. R. L. 

Dr. Max Kiill, Arzt in Radevormwald: Ein Fall von Kiemengang- 
eiterung. (Medizinische Klinik, 1910, No. 15.) 

Verfaser wurde zu einem drei Tage alten Kinde gerufen, 
an dessen linker Seite des Halses er neben dem Kehlkopfe 
eine kleinwallnußgroße, rundliche, feste, glatte, verschiebliche 
Geschwulst fand, die Aehnlichkeit mit einer vergrößerten 
Lymphdrüse hatte. 14 Tage später wurde ihm das Kiud wieder 
vorgeführt, und er fand es nun bis zur Unkenntlichkeit ver¬ 
ändert. Es war enorm abgemagert, während die Geschwulst 
mächtig gewachsen war. Sie war prall-fluktuierend und nahm 
die Gegend zwischen Unterkiefer und Brust von Ohr zu Ohr ein. 
ln ihrer Mitte deutete eine Furche an, daß sie aus zwei ge¬ 
trennten Säcken bestand; auch griff die Fluktuation nicht von 
einer Halsseite auf die andere über. Bei Druck auf die linke 
Halsseite entleerte sich unter dem linken seitlichen Zungen¬ 
rande Eiter in reichlicher Menge in die Mundhöhle. Aus beiden 
Säcken entleerte sich nach dem Einschnitte eine Menge gelben, 
rahmigen, äußerst stinkenden Eiters. Die Absonderung aus 
den großen Höhlen ließ nun schnell nach, so daß schon nach 
einigen Tagen.der drainierende Gazestreifen fortbleiben konnte 
und die Wunde bald verheilt war. Das Kind erholte sich nun 
außerordentlich schnell. Kr. 

Privatdozent Dr. E. Willi. Baum, Oberarzt der königlich chirur¬ 
gischen Klinik zu Kiel: Der Wert der Joddesinfektion, ge¬ 
prüft an einem großen Hernienmaterial. (Medizinische 
' Klinik, 1910. No. 12.) 

Unter den Errungenschaften auf dem Gebiete der Desinfek¬ 
tion bedeutet die von Grossich inaugurierte Joddesinfektion 





436 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 28. 


den bemerkenswertesten Fortschritt: Verzicht aui mehr oder 
■weniger komplizierte Reinigung des Operationsfeldes, die durch 
Pinselung der Haut mit Jodtinktur ersetzt wird. Genügt diese 
so ungemein einfache Wundvorbereitung allen Anforderungen 
an strenge Asepsis und leistet sie das, was ihr Urheber ihr 
nachsagt, so kann sie eine ideale Methode genannt werden. 
Von jeher ist der beste Prüfstein für den Wert eines Sterilisa¬ 
tionsverfahrens der Heilverlauf einer Hernienoperation ge¬ 
wesen. Gelingt es, in der gefährdeten, jeder Desinfektionsart 
schwer zugänglichen Leisten- und Skrotalregion Heilung per 
primam zu erzielen, so bewährt sich die Methode. Verfasser 
hat nun in diesem Wintersemester bei allen Radikaloperationen 
des Leisten- und Schenkelbruches die Jodpinselung ausnahms¬ 
los angewandt und berichtet in vorliegender Arbeit über die 
Ergebnisse: Im ganzen sind es 91 Radikaloperationen, die an 
68 Patienten in der Zeit vom 1. Oktober 1909 bis 15. Februar 
1910 vorgenommen wurden. Fast stets wurde nach B a s s i n i 
operiert; als Nahtmaterial diente für die tiefen Gewebe wie 
auch für die Haut dünne Seide, niemals Katgut. Unter den 
91 Fällen befinden sich sieben Kranke mit incarceriertem 
Bruch, zwei mit Hernia permagna. Von den incarcerierten 
Hernien sind alle per primam geheilt, von den letzten beiden 
hat der eine, ein 61 jähriger Mann, der in Lokalanästhesie 
operiert wurde, eine zirkumskripte Nekrose der Aponeurosis 
externa davongetragen, die nach Entfaltung einiger Hautnähte 
in kürzester Zeit ohne Abstoßung von Seidenfäden ausheilte. 
Die Auflockerung der an sich sehr dünnen Fascie durch die 
Novokaininjektion und das Alter des Kranken sind wenigstens 
als prädisponierende Momente für die Wundstörung anzusehen. 
Bei den Testierenden 82 Hernienoperationen hat Verfasser drei¬ 
mal eine umschriebene oberflächliche Hautinfektion erlebt, die 
in keinem Fall eine Verzögerung des Krankenlagers nach sich 
zog. Neben der eben erwähnten Fasciennekrose ist somit im 
Heilverlauf von 91 Radikaloperationen dreimal eine geringe 
Störung der Asepsis zu verzeichnen; alle übrigen Fälle ver¬ 
liefen ohne jede Infektion. Da das Jod der einzig konstante 
Faktor, alle anderen Faktoren aber, die für die Wundheilung 
in Frage kommen (Hände der Operierenden, Instrumente, 
Nahtmaterial und Verbandstoffe) variieren, so liegt es näher, 
einem von diesen und nicht dem Jod die Schuld an der lokalen 
Infektion zuzuschieben. 

In gleicher Weise wie die Hernien hat Verfasser die 
anderen großen und kleinen Operationen fast ausnahmslos mit 
der Jodpinselung vorbereitet. Hier kann er von noch günstige¬ 
ren Resultaten berichten, denn alle aseptischen Laparotomien, 
Trepanationen, Knochenimplantationen, Knochen- und Gelenk¬ 
operationen, Strumen- und Mammaamputationen konnten einer 
normalen, völlig aseptischen Wundheilung entgegengeführt 
werden. Sömit hat die Joddesinfektion ihre Feuerprobe be¬ 
standen. Sie ist nach Verf. dank ihrer unbestreitbar großen 
Vorzüge wert, allgemeine Verbreitung zu finden; speziell der 
praktische Arzt sollte sich ihrer als einer sicheren, schnell 
und einfach ausführbaren Sterilisationsmethode auf allen Ge¬ 
bieten der kleinen Chirurgie bedienen. K r. 

0. Klauber: Gallenbronchus-Fistel; Laparotomie; Heilung. 

(Archiv für klinische Chirurgie, Bd. 91, FI. 2.) 

K. berichtet über drei Fälle von Leberechinococcus, welche, 
ohne palpable Tumoren zu erzeugen, unter dem klassischen 
Bilde der Cholelithiasis verliefen: heftige Koliken, Ikterus, 
Acholie der Fäces. Erst die Operation klärte den Tatbestand. 
Der Choledochusverschluß war durch Kompression seiner Wand 
oder durch Eindringen der Echinococcusblasen in die Gallen¬ 
wege zu erklären. Der erste Fall ist dadurch noch besonders 
bemerkenswert, daß der Echinococcus infolge von Perforation in 
den rechten Bronchus zu einer hartnäckigen Gallengangs¬ 
bronchusfistel mit reichlicher Expektoration von Galle geführt 
hatte. Alle drei Fälle wurden geheilt; der Fall von Bronchus¬ 
fistel erst nach dreimaligem Eingriff. Echinococcushaken oder 
Membranen waren im Sputum nicht nachzuweisen. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Jlaetzke (Seidenberg): Die Ruptur von Bauchnarben¬ 
hernien. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 18.) 

Narbenbrüche in Laparotomien-Narben sind nicht gerade 
selten und kommen besonders bei Angehörigen der arbeiten¬ 
den Stände, welche sich in bezug auf körperliche Arbeit nicht 
schonen können, vor. Dagegen ist es eine große Seltenheit, daß 
die Bauchwand über derartigen Brüchen durch Dehnung 
schließlich so dünn wird, daß die Narbe platzt und Bauchein¬ 
geweide austreten. In der Literatur finden sich 17 derartige 
Fälle.,alle bis auf einen betreffen Frauen. Unter diesen Fällen 
finden sich zwei, in denen die Bauchnarbenhernie von einer 
früheren Sectio caesarea herrührte. Verfasser ist in 
der Lage, diesen zwei Fällen einen von ihm beobachteten an¬ 
reihen zu können, der noch die Besonderheit bietet, daß bei 
der Frau zwei Kaiserschnitte vorausgegangen waren. ES 
handelt sich um eine jetzt 39 jährige Frau, welche im Februar 
1902 und im April 1904 in der Breslauer Provinzialhebammen¬ 


lehranstalt (Dr. Baum m) durch Sectio caesarea entbunden 
worden war. Nach dem ersten Kaiserschnitt, der ganz glatt 
verlaufen war, trat noch keine Narbenhernie auf, erst nach 
dem zweiten, wo ein Bauchdeckenabsceß eine vollständige 
Heilung per primam hinderte, bildete sich eine solche und zwei 
Jahre nach dem Kaiserschnitt platzte gerade an der Stelle, wo 
der Absceß damals seinen Sitz hatte, der Bauchbruch. Es ge¬ 
lang dann dem hinzugezogenen Kollegen, Sanitätsrat 
R. Schindler (Görlitz) nach Erweiterung des Bruchrings 
und Eröffnung des Abdomens die vorgefallenen Därme zu 
reponieren und die Bauchhöhle exakt zu verschließen. Die 
Heilung verlief bis auf eine geringfügige Stichkanaleiterung 
glatt. Nach sechs Wochen verließ die Frau das Krankenhaus, 
bekam eine Leibbinde und nahm wieder ihre landwirtschaft¬ 
liche Arbeit auf. Seitdem hat sie keinerlei ärztliche Hilfe 
nachgesucht. R. L. 

R. Hinz: Ueber Chyluscysten. (Archiv f. ldin. Chirurgie, Bd. 91, 
No. 3.) 

H. beschreibt zwei seltene Fälle von Chyluscyste. Der erste 
Fall wurde unter der Diagnose Ovarialtumor operiert. Es fand 
sich eine mannsfaustgroße Mesenterialcyste, welche aus den 
Mesenterium des Dünndarms ausgeschält wurde. Der Fall ver¬ 
lief letal. Der doppelfaustgroße cystische Sack war innen glatl- 
wandig und enthielt zirka 300 ccm Chylusflüssigkeit. Der zweite 
Fall wurde unter der Diagnose appendicitischer Absceß oder 
Mesenterialcyste operiert. Auch in diesem Fall handelte es sich 
um eine im Mesenterium des Dünndarms liegende zirka 600 ccm 
Chylus enthaltende Retentionscyste, welche nach Spaltung des 
Mesenteriums ausgeschält wurde. Heilung. Manche Autoren 
halten die Cysten, von welchen nach Klein bisher etwa 
52 Fälle bekannt sind, nicht für einfache Retentionscysten, 
sondern für echte Chylangiome. Jedenfalls kann man durch 
Unterbindung von Lymphgefäßen echte Lymphcysten experi¬ 
mentell erzeugen. 

Krüger: Klinische Beiträge zur Gefäßchirurgie. (Archiv für 
klinische Chirurgie, Bd. 91, H. 2—3.) 

Seit den Publikationen von Carrel, Stich. Fischer. 
W i e t i n g, Trendelenburg u. a. ist die Frage der Ge¬ 
fäßnaht ein aktuelles Thema geworden. Zwar befriedigen die 
bisherigen Resultate noch keineswegs, da häufig Thrombosen 
nachträglich noch den Erfolg der gelungenen Gefäßnaht ver¬ 
eiteln. Immerhin bedeutet die Ausgestaltung der Technik der 
Gefäßnaht einen großen Fortschritt. Krüger hat nun das 
große Material der Jenenser chirurgischen Klinik aus den 
Jahren 1889—1909 in bezug auf die in das Gebiet der Gefä߬ 
chirurgie gehörigen Fälle gesichtet und konnte insgesamt 
46 Fälle zusammenstellen, w'elche sich auf 19 Aneurysmen und 
27 Verletzungen und Erkrankungen verteilen. Gefäßnaht 
wurde einmal gleichzeitig an der Art. und Vena femoralis aus¬ 
geführt, einmal an der Vena femoralis allein und einmal an 
der Vena jugularis interna. In einem Falle von angioskleroti- 
scher Gangrän wurde eine Anastomose zwischen Art. und Vena 
femoralis nach W i e t i n g — ohne Erfolg — ausgeführt. Alle 
übrigen Fälle wurden mit Ligatur behandelt. Bei kritischer 
Sichtung seiner Fälle kommt Verfasser zu dem Schlüsse, daß 
von den ausführlich mitgeteilten Fällen 23 überhaupt für eine 
Naht gar nicht in Frage kommen konnten, sondern nur für eine 
Ligatur. Darunter finden sich 17 glatte Heilungen, während 
in sechs Fällen Gangrän eintrat. Unter den 15 Fällen, in 
welchen eventuell eine Naht hätte ausgeführt rverden können-, 
wurde elfmal durch Ligatur Heilung erzielt, viermal trat 
Gangrän ein. Von 15 nachuntersuchten Fällen waren fünf ganz 
beschwerdefrei, bei zehn bestanden noch Schmerzen, Parästhe- 
sien, Paresen, Ankylosen etc. in verschiedenen Graden wahr¬ 
scheinlich infolge mangelhafter Wiederherstellung des Collate- 
ralkreislaufes. Es bleibt vorläufig noch fraglich, ob in Zukunft 
die häufiger an Stelle der Ligatur anzuwendende Gefäßnaht 
bessere Resultate zeitigen wird. A d 1 e r (Pankow r -Berlin). 

Dr. Felix Turan (Franzensbad): Zur Behandlung des habi¬ 
tuellen Abortus. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, 
No. 18.) 

Es gibt Fälle von habituellem Abort, in denen eine lokale 
oder konstitutionelle Ursache sich nicht ermitteln läßt. Man 
nimmt in solchen Fällen eine allgemeine körperliche oder auch 
eine Schwäche der Gebärmutter als Ursache an und die Be¬ 
handlung besteht dann gewöhnlich in Verordnung von Ruhe, 
Salz- und Moorbädern, Eisen, roborierender Diät. Der Erfolg 
dieser Verordnungen ist aber unsicher. Verfasser hat nun in 
zwei Fällen von habituellem Abort, in denen gar keine Krank¬ 
heit oder abnormer Zustand nachweisbar war und bei welchen 
die üblichen Behandlungsmethoden bereits wiederholt erfolg¬ 
los angewendet worden waren, durch ein neues Mittel Erfolg 
erzielt, indem bei beiden Frauen nach einer Gravidität von 
normaler Dauer die Geburt je eines gut entwickelten Kindes 
erfolgte. Die Behandlung bestand neben den üblichen Moor- 
ünd Stahlbädern, welche eine aktive Hyperämie der Becken- 



No. 28. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


437 


orgape bewirken, in der Anwendung einer direkten intraute¬ 
rinen Ansaugung, welche eine passive Blutüberfüllung der Ge¬ 
bärmutter hervorruft. Bäder wurden zirka 22 genommen, etwa 
ebenso oft wurde die intrauterine passive Hyperämisierung an¬ 
gewendet. Es dient dazu eine von Verfasser schon früher be¬ 
schriebene intrauterine Kanüle, die behufs Ansaugung mit 
einem 10—12 cm langen Gummirohr versehen ist. Es wird ein 
negativer Druck von 30—50 mm Hg erzeugt. Dann wird der 
Schlauch abgeklemmt, mittels einer Sicherheitsnadel an der 
Leibwäsche der Patientin befestigt und nun die Kanüle 5 bis 
10 Stunden liegen gelassen. Die Patientin kann damit un¬ 
gehindert gehen und verspürt weder Schmerzen noch irgend ein 
Fremdkörpergefühl im Unterleib, nur in der ersten halben 
Stunde nach der Einführung der Kanüle empfindet sie ein 
krampfartiges Gefühl daselbst, das aber das subjektive Be¬ 
finden nicht stört. Nach 5—10 Stunden wird der Katheter 
entfernt, der mit mäßig tingiertem Schleim gefüllt ist. R. L. 

S. Cholmogoreff, Direktor der kaiserl. Gebäranstalt zu Moskau: 
Extraperitonealer Kaiserschnitt nach Latzko. (Zentralblatt 
für Gynäkologie, 1910, No. 16.) 

Die Bestrebungen, den Kaiserschnitt extraperitoneal zu 
machen, fallen schon in den Anfang des 19. Jahrhunderts. In 
letzter Zeit wurde die Frage von F r a n k im Jahre 1907 wieder 
aufgenommen. Seine Methode kann jedoch nicht als „extra¬ 
peritoneal“, sondern muß als „transperitoneal“ bezeichnet wer¬ 
den. Im vollen Simie des Wortes für „extraperitoneal“ kann 
die Methode von S e 11 h e i m gehalten werden. Leider wurden 
beim Operieren nach dieser Methode nicht selten Blasenver¬ 
letzungen beobachtet. Nur durch die Methode des extraperito¬ 
nealen Kaischnittes, die Latzko vorschlug, ist der richtige 
Weg vorgezeichnet. Da diese Operationen verhältnismäßig 
selten gemacht werden, so berichtet Verfasser über einen von 
ihm operierten Fall, der eine 38 Jahre alte Frau betraf. Verf. 
bezeichnet die Operation als ziemlich schwer, besonders wenn 
sie mit dem klassischen Kaiserschnitt verglichen wird. Bei der 
geringsten Unvorsichtigkeit kann die Blase verletzt oder das 
Peritoneum eröffnet werden. Am leichtesten läßt sich die 
Operation dann ausführen, wenn volle Eröffnung eingetreten 
ist und die Geburt sich etwas verzögert. Dann ist die Plica 
vesicovaginalis leicht abzuschieben. Diese späte Operationsvor¬ 
nahme kann als Vorzug des extraperitonealen Kaiserschnittes 
bezeichnet werden, da sie dann vorgenommen werden kann, 
wenn die Zeit zum klassischen Kaiserschnitt schon verpaßt ist. 
Die Operation muß gemacht werden, wenn die Infektion auf 
Grund mehrfacher innerer Untersuchungen nur geahnt werden 
kann. Wenn die weiteren Beobachtungen die erwähnten Be¬ 
dingungen feststellen, so bekommt der extraperitoneale Kaiser¬ 
schnitt nach Latzko ohne Zweifel eine große Verbreitung, 
jedenfalls aber nur in gut eingerichteten Gebäranstalten und 
Kliniken. K r. 

Dr. H. Bayer (Straßburg i. E.): Zur Therapie der Blennorrhoe 
mittels der Blennolenicetsalbe. (Münch, med. Wochenschr., 
1910, No. 19.) 

Verfasser hat in der Straßburger Universitäts-Augenklinik 
12 gonorrhoische Augenentzündungen (bei zwei Neugeborenen, 
neun Kindern im Alter von 3—11 Monaten, eine Frau von 
68 Jahren) mittels der von C. Adam empfohlenen Blenno¬ 
lenicetsalbe behandelt; die Resultate waren aber sehr un¬ 
günstig, denn eine Anzahl von Augenerkrankten litt während 
der Behandlung so schwer an Hornhautkomplikationen, daß 
sie erblindeten. Viel bessere Erfolge gab die bisherige an der 
Klinik geübte Methode: zweimal täglich Touchieren mit Arg. 
nitric. (2proz.) Spülungen mit Kal. hyperm., fünfmal täglich 
Protargol, zwei Stunden Eisaufschläge, eine Stunde Pause. Von 
18 auf diese Weise in der gleichen Zeit behandelten Fällen 
heilten 17 glatt, nur einmal entstand ein Ulcus bei einem 
Patienten, der zuvor schon an Trachom gelitten hatte. Unter 
den 18 Fällen waren neun, zum Teil sehr schwere, von Blennor- 
rhoea adultorum. — Auf Grund seiner traurigen Erfahrungen 
warnt Verfasser direkt vor der Blennolenicetsalbe bei blennor- 
rhoischen Erkrankungen der Augen. R. L. 

Prof. Dr. H. Chalupecky (Prag): Seltene traumatische Erkran¬ 
kungen (1er Hornhaut. (Wiener klin. Rundschau, 1910, 
No. 9—12.) 

Verf. stellt in seinem Resümee folgende Punkte auf: 
1. Außer den eitrigen Entzündungen der Hornhaut nach infi¬ 
zierten Verletzungen derselben gibt es noch einige seltenere 
traumatische Erkrankungen, zu denen man zählen muß: 
a) Nichtentzündliche tiefe Trübungen nach Kompression der 
Cornea bei der Zangenentbindung; b) den Uebergang von 
diesen zur entzündlichen Form bildet vielleicht die sogeuannte 
Infractio corneae nach starker Durchbiegung; c) von Entzündung 
begleitet sind: Die Keratitis traumatica recidivans, charakteri¬ 
siert durch die Bildung von Pusteln, die nach der Heilung von 
Zeit zu Zeit wiederkehren; dieser Form verwandt ist die Kera¬ 
titis stellata, während die Keratitis striata, das Ergebnis einer 


ungleichmäßigen Spannung der Cornea nach deren Durch¬ 
schneidung, eher mit der erwähnten Infractio corneae auf eine 
Stufe zu stellen wäre. — Eine zweite entzündliche Form ist die 
Keratitis disciformis, die dem Hornhautabsceß verwandt ist. — 
Am wichtigsten unter allen ist die echte Keratitis parenchyma- 
tosa, die früher angezweifelt wurde. 2. Die Abschätzung der 
Unfallschäden ist nur bei der Keratitis parenchymatosa einiger¬ 
maßen strittig. Die einseitige Affektiou dürfte nach Erwägung 
der Momente des Nachweises des Unfalls, des Intervalls, der 
Kontinuität heutzutage wohl kein Unfallsarzt mehr ablehnen. 
Schwieriger ist die Entscheidung bei beiderseitiger tiefer Ent¬ 
zündung nach Verletzung nur eines Auges. Hier wird es haupt¬ 
sächlich auf eine sorgfältige Erwägung aller in Betracht 
kommenden Umstände, kurz auf eine strenge Individualisie¬ 
rung in jedem einzelnen Falle ankommen. Soviel aber geht aus 
der Erwägung des Verhältnisses des verletzten Auges zum un¬ 
verletzten hervor, daß wir nicht berechtigt sind, die beider¬ 
seitige Erkrankung ohne weiteres zu verwerfen. K r. 


Prof. R. Deutschmann (Hamburg): Zur Kenntnis der Netzhaut¬ 
ablösung und ihrer Behandlung, (v. Gr a e f e s Archiv für 

Ophthalmologie, 1910, Band 74, Leber-Festschrift.) 

Verfasser skizziert in der vorliegenden Arbeit in Kürze 
seine derzeitigen Anschauungen bezüglich der Pathogenese 
und Therapie der Netzhautablösung auf Grund seiner Erfahrun¬ 
gen an 260 Patienten mit 345 an Ablatio retinae erkrankten 
Augen. Wir wollen hier nur die die Therapie und ihre Erfolge 
betreffenden Angaben des Verfassers mitteilen. Er hat 
I 267 Augen mittels des von ihm angegebenen Verfahrens opera¬ 
tiv behandelt; von diesen wurden geheilt 26,1 pCt., gebessert 

35.2 pCt., ungeheilt blieben 38,7 pCt., es sind allerdings hier¬ 
unter 42 Augen einbegriffen, die von vornherein aussichtslos nur 
auf Wunsch der Patienten operiert wurden; zieht man diese 
ab, so werden die Prozentzahlen: Geheilte 31,1 pCt., gebessert 

41.3 pCt., ungeheilt 27.6 pCt. Was die übliche Behandlung an¬ 

langt, so steht Verfasser auf dem Standpunkt, daß bei 
frischer Netzhautablösung jede Therapie nutzlos ist; er hält 
das übliche Schwitzen, das Monate hindurch fortgesetzte Liegen, 
womöglich im Dunkelzinnner, den konsequenten Druckverband, 
die Jod- und Quecksilberkuren für unnütze Maßnahmen, die 
den Kranken physisch und psychisch erschöpfen. Diese Ab¬ 
lösungen, welche bei solcher Behandlung heilen, wären auch 
ohne jede Therapie geheilt; denn, allerdings sehr selten, kom¬ 
men bekanntlich Spontanheilungen der Netzhautablösung vor. 
Verf. läßt demnach frisch an Netzhautablösung Erkrankten jede 
mögliche Bewegungsfreiheit und warnt sie nur vor übermäßigen 
körperlichen Anstrengungen, vor Bücken und dergl., sowie vor 
Nahrungs- oder Genußmitteln, die ihnen erfahrungsgemäß leb¬ 
hafteren Blutandrang nach dem Kopf machen. Dabei vollzieht 
sich die Senkung des subretinalen Ergusses schneller, even¬ 
tuelle Spontanrupturen in der oberen Netzhauthälfte können 
heilen und die Chance für die Operation wird günstiger. Bei 
frischen Netzhautablösungen operiert Verfasser nicht, jeden¬ 
falls nicht, so lange das subretinale Exsudat sich nicht gesenkt 
hat. R. L. 


Dr. Bruno Sylla (Bremen): Einige therapeutische Beobachtun¬ 
gen. Das Diaspirin als Schwitzmittel. (Wochenschrift für 
Therapie und Hygiene des Auges, 1910, H. 20.) 

Die Beobachtung, daß das Diaspirin eine stärkere Schwei߬ 
produktion herbeiführt als das Aspirin, nützte Verfasser überall 
dort aus, wo ihm an einer Schwitzprozedur gelegen war und er 
substituierte das von ihm sonst bevorzugte Atropin durch das 
Diaspirin angesichts mancher Nebenwirkungen, die dem Atro¬ 
pin zukommen. Verfasser leitet das Schwitzen durch Diaspirin 
mit einem heißen Fußbade, dem alten guten, bei Augenleiden 
bewährten Ableitungsmittel ein und kombiniert dieses Ver¬ 
fahren mit heißem Fliedertee. Er läßt stets am Abend 
schwitzen. Um 6 Uhr nimmt Patient 1 g Diaspirin (2 Tabl. 
ä Vz g) mit einem großen Glase warmem Wasser oder warmer 
Zitronenlinionade, um 7 1 i Uhr ein heißes Fußbad von 10 bis 
15 Minuten Dauer. Während Patient im Fußbade sitzt, nimmt 
er wiederum 2 Tabletten ä V 2 g, trinkt dazu zwei Tassen Flieder¬ 
tee, dann legt er sieh in eine wollene Decke gehüllt, daß nur 
der Kopf herausguckt, ins Bett. Gewöhnlich tritt dann nach 
5—10 Minuten Schweiß auf. Nötigenfalls nimmt dann Pat. noch¬ 
mals ein drittes Gramm mit Fliedertee. Der sich absondernde 
I Schweiß ist dann ein profuser. Dieses Verfahren eignet sich 
nicht nur bei der akuten Iritis, sondern auch bei anderen akuten. 
Augenerkrankungen, besonders bei den durch Erkältung even¬ 
tuell durch Influenza hervorgerufenen Bindehautentzündun¬ 
gen u. ä.; auch kommt es nach Beendigung der Schmierkur zur 
besseren Ausscheidung des Quecksilbers in Betracht. Die dem 
Aspirin eigene schmerzlindernde Wirkung ist bei dem Diaspirin 
ebenso vorhanden. Für die ambulante Praxis besitzen wir 
demnach in dem Diaspirin ein recht brauchbares Mittel. A. H. 




438 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 28. 


Dr. H. Stoeber und Dr. L. Wacker (Würzburg): Ein weiterer 
Beitrag zur Erzeugung atypischer Epithelwucherungen mit 
Eiweißfäulnisprodukten. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 18.) 

Die Verfasser versuchten, ob Substanzen, die im tierischen 
Organismus unter physiologischen oder pathologischen Ver¬ 
hältnissen als Spalt- oder Fäulnisprodukte des Eiweiß ent¬ 
stehen, in das Kaninchenohr injiziert eine dem Scharlachöl 
ähnliche Wirkung ausüben. Nach den bisherigen Erfahrungen 
haben nur organische Substanzen basischen Charakters diese 
Eigenschaft, und zwar nur solche, welche fettlöslich sind. 
Positive Resultate wurden erzielt mit Pyridin (2- und 5 proz.) 
in Olivenöl, Indol (5 proz.) in Kaninchenfett und S k a t o 1 
(5 proz.) in Kaninchenfett. Es erwies sich als vorteilhaft, nicht 
blos einmal unter Druck zu injizieren, sondern nach 1—2 Tagen 
ein wenig nachzuspritzen. Die schönsten Wucherungen wurden 
mit Indol erzielt, wenn mit etwas Skatol nachgespritzt wurde. 
Sie erreichten in einem Falle die Größe einer kleinen 
Haselnuß und entwickelten sich innerhalb 15 Tagen. Die durch 
Pyridin erzeugten epithelialen Neubildungen waren weniger 
charakteristisch, als die durch Indol und Skatol hervorgerufenen. 
Die letzteren gleichen durchaus in morphologischer Hinsicht 
dem Plattenepithelkrebs. R. L. 

Dr. Burwinkel (Bad Nauheim): Der Aderlaß ein unentbehr¬ 
liches Heilmittel in der Medizin. (Therapeutische Monats¬ 
hefte, Aprilheft 1910.) 

B. hielt in der 31. Versammlung der Baineologischen Ge¬ 
sellschaft (28. Januar bis 1. Februar in Berlin) einen höchst 
bemerkenswerten Vortrag über die Notwendigkeit der Wieder¬ 
einführung des Aderlasses, in welchem er zu folgenden 
Schlußsätzen kommt: Der Aderlaß wirkt: 1. Durch Herab¬ 
setzung des Blutdruckes, 2. durch Verminderung der Viskosi¬ 
tät des Blutes, 3. durch Erhöhung der Alkaleszenz und damit 
der Oxydationskraft des Blutes, 4. durch Entgiftung des Blutes 
speziell bei C0 2 -Ueberladung, 5. durch Förderung des Lymph- 
stromes, 6. durch Steigerung der Diurese und 7. durch An¬ 
regung der blutbildenden Organe. Der Aderlaß hat seine ganz 
bestimmte Indikation bei einer großen Reihe der verschieden¬ 
artigsten Krankheiten, speziell bei Kreislaufstörungen: | 

Plethora, Arteriosklerose in allen Stadien, Asthma eardiale, : 
Angina pectoris, Aortenaneurysma, bei Stauungsherzfehlem 
und bei Störungen infolge Emphysems, Asthma, Kyphoskoliose, 
Pleurasynechien. Bei allen asphyktischen Zuständen bei j 
Polycythämie, beim Hitzschlag hat er sich vorzüglich bewährt, j 
Bei Hirnhyperämie und Apoplexie ist eine sofortige Venae- | 
sectio stets am Platze. Man venaeseziere frühzeitig bei Poly- j 
arthritis rheumatica, Pneumonie und vor allem bei Vergiftungen 
(Kohlenoxyd, Urämie, Eklampsie). Migräne, Epilepsie, 

Schrumpfniere, Gicht, Arthritis deformans, klimakterische Be- 
schwerden, chronische Hautleiden reagieren vorzüglich auf 
Blutentziehungen. Sehr zu empfehlen ist der periodisch wieder¬ 
holte Aderlaß bei Chlorose. Der Präservativ-Aderlaß verdient 
weitgehende Anwendung gegen Senium praecox und früh 
einsetzende Arteriosklerose. Ueble Nebenwirkungen hat dieser 
einfache und prompt wirkende Eingriff nie; er kann in jedem 
Lebensalter vorgenommen werden, auch bei Säuglingen. 

Dr. Siebelt (Bad Flinsberg): Kur und Körpergewicht. (Medizin. 
Klinik, 1910, No. 15.) 

Im allgemeinen kann als Grundsatz gelten, daß die meisten 
Krankheiten mit einer Gewichtsveränderung einhergehen, ganz 
besonders gilt dies von allen denen, welche den Verdauungs¬ 
kanal in Mitleidenschaft ziehen und von vermehrten Ausschei¬ 
dungen begleitet sind. In der Regel wird also die Gewichts¬ 
zunahme als Besserung anzusprechen sein. Wir besitzen daher 
in der Wägung ein Mittel, welches Schlüsse in therapeutischer 
und prognostischer Beziehung zuläßt. So kann man das Körper¬ 
gewicht als eine Art von Index für das Wohlbefinden seines 
Trägers ansehen. Am deutlichsten wird uns das, wenn wir 
an das Säuglingsalter denken. Hier gilt der Satz fast unein¬ 
geschränkt, daß eine stetige Gewichtszunahme von etwa 125 g 
in der Woche das beste Anzeichen für eine gesunde und normale 
Entwicklung des Kindes ist; Störungen machen sich sofort, wenn 
sie nicht anderweitig bemerkbar werden, durch auffallende 
Schwankungen kenntlich. Aber auch für das spätere Jugend- 
alter, namentlich die Entwicklungszeit beider Geschlechter, 
deren Gesundheitsstörungen einen Hauptteil der therapeuti¬ 
schen Tätigkeit des Arztes in den Stahlquellen- und klimatischen 
Kurorten beanspruchen, ist die genauere Beobachtung des Ver¬ 
hältnisses zwischen Körperlänge und Körpergewicht wertvoll 
und geeignet, einen Einblick in den Körperhaushalt zu gestatten. 
Es ist eine bekannte Tatsache, daß sich die Tuberkulose gerade 
im Jugendalter schon oft durch anämische Zustände verbunden 
mit stetiger Gewichtsverminderung ankündigt, lange bevor phy¬ 
sikalische -wie bakteriologische Untersuchungsmethoden ein 
positives Ergebnis beibringen können. Von welcher Bedeutung 
dieser Gesichtspunkt auch heute noch im Zeitalter der Heil¬ 
stättenbewegung werden kann, ist unschwer zu ermessen. Aller¬ 
dings gibt es hier Ausnahmen von der Regel. Gerade die Tuber¬ 


kulose täuscht manchmal, wenn man sich auf das Ansteigen, 
des Körpergewichtes allein verläßt, Erfolge vor, welche der 
Wirklichkeit leider nicht entsprechen. Allein aus seiner 
Görbersdorfer Zeit kennt Verfasser eine ganz Anzahl von 
Fällen, in denen es gelang, das Körpergewicht in einigen 
Monaten um ein ganz Erhebliches zu steigern, gelegentlich bis 
an 100 kg heran; trotzdem war das Ende nicht aufzuhalten. 
Wenn sich bei der Tuberkulose nicht mit der Gewichtszunahme 
die Abnahme der Bacillen und eine stetige Besserung des All¬ 
gemeinbefindens vergesellschaften, dann hat leider die erstere 
nicht allzu viel zu bedeuten. — Mancherlei Wahrnehmungen 
haben Verfasser schon längst dazu geführt, dem Körpergewicht 
seiner Patienten die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Man 
macht dabei, sagt er, manchmal ganz eigentümliche Beob¬ 
achtungen, namentlich in der Richtung auf Zunahme desselben. 
Ganz außerordentlich hohe Werte erreicht sie gelegentlich bei 
Leuten, welche aus sehr ungünstigen hygienischen Verhält¬ 
nissen kommen. Uni ein genaueres Bild zu bekommen, ob sich 
die Gewichtszunahme irgendwie gesetzmäßig bewegt, hat Verf. 
die Gewichte von 219 möglichst gleichartigen Patienten, welche 
sämtlich unter mehr oder minder schweren Zeichen von Anämie 
litten, verglichen. Dabei ergab sich, daß 207 von ihnen bei 
einem Durchschnittskuraufenthalt von 3,74 Wochen um je 
1,64 kg, wöchentlich also um 0,43 kg ihr Körpergewicht erhöht 
hatten. 12 Patienten hatten nicht zugenommen, sondern an 
Körpergewicht verloren; die entsprechenden Ziffern ergaben 
bei ihnen 4,25 Wochen als Durchschnittsaufenthalt, je 0.86 kg 
Gewichtsabnahme während der ganzen Zeit, somit 0,20 kg für 
die einzelne Woche. Es lag nahe, die Körpergewiehtsverhält- 
nisse mit einer anderen Beobachtung in Beziehung zu setzen, 
nämlich der Prüfung des Blutes auf seinen Hämoglobingehalt. 
Dabei ergab sich für die erste Gruppe, daß in der übergroßen 
Mehrzahl der Fälle auch dieser nach und nach höhere Werte 
aufwies, wenngleich durchaus nicht etwa den höchsten Ge¬ 
wichtszunahmen auch die höchsten Hämoglobinwerte ent¬ 
sprachen. K r. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung“.) 

Sitzung vom 8. Juni 1910. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Tagesordnung: 

Ueber die Azidität des Magensaftes. (Nach gemeinschaftlichen 
Untersuchungen mit Herrn Heinrich Davidsohn.) 

Herr Leonor Michaelis: Die Messung der Azidität des 
Magensaftes ist bisher ausschließlich durch Titration erfolgt, 
indem festgestellt wurde, wieviel Kubikzentimeter einer 
Normalnatronlauge erforderlich sind, um 10 ccm des Magen¬ 
saftes zu neutralisieren. Diese Methode ist, wie Vortragender 
auseinandersetzt, auf Grund neuer physikalisch-chemischer 
Untersuchungen unzuverlässig. Das Maß für die wirkliche 
Azidität wird allein durch die Bestimmung der H-Ionenkonzen- 
tration festgestellt. Die Methode, nach der man die H-Ionen- 
konzentration mißt, ist die Gaskettenmethode nach Nernst. 
(Beschreibung derselben.) Vergleicht man die Resultate der 
H-Ionenkonzentrationsbestimmung mit denen der Titratious- 
azidität, so sieht man, daß im großen und ganzen die Werte 
parallel gehen, im einzelnen ergeben sich aber auffallende 
Differenzen; so findet man, daß Flüssigkeiten mit gleichen 
H-Ionen eine verschiedene Titrationsazidität zeigen. — Vor¬ 
tragender sucht zu erklären, wie es kommt, daß die Pepsin¬ 
wirksamkeit an eine bestimmte H-Ionenkonzentration gebunden 
ist. Die optimale H-Ionenkonzentration des Magensaftes für 
Pepsin liegt bei 0,017, dabei hat das Pepsin den Charakter 
einer Säure, die untere Grenze liegt bei 0,0033, die obere bei 
0,033. Die neue Methode ist für die allgemeine Durchführung 
etwas umständlich, wenn auch absolut sicher. Es wäre daher 
vorteilhaft, eine Annäherungsmethode zu haben. Eine solche 
haben wir und benutzen wir seit langem, ohne uns dessen be¬ 
wußt zu sein: Die Prüfung des Magensaftes mit Tropäolin, 
Methylorange. Kongo etc. Früher meinte man, diese Methode 
gebe nur qualitative Aufschlüsse, sie gibt uns aber quantitative 
Aufschlüsse. Die Indikatoren sind Farbstoffe, die bei verschie¬ 
dener Azidität verschiedene Nuancen haben. Aus den Farben 
können wir quantitative Schätzungen bezüglich der Menge der 
im Magensaft enthaltenen H-Ionen vornehmen. Vortragender 
zeigt an einer Zusammenstellung von Farbstoffen (Methyl¬ 
violett, Kongorot, Tropäolin, Methylorange, Lakmus), wie diese 
sich bei bestimmter Aenderung der H-Ionenkonzentration des 
Magensaftes auch in ihren Farbennuancen ändern; so nimmt 
z. B. Methylviolett bei 10— 1 eine blaue, bei 10 —- eine bläuliche, 
bei 10— 3 eine violettblaue und bei 10—° eine violette Fär¬ 
bung an. 

Vortragender empfiehlt daher, in Zukunft auf die Titration 
nicht zu viel Rücksicht zu nehmen, sondern die Prüfung mittels 
Indikatoren vorzuziehen. 




No. 28. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


439 


Diskussion: 

Herr Kraus fragt, ob die Untersuchungen des Magensaftes 
nach Eiweißmahlzeiten oder nach dem gewöhnlichen Probe¬ 
frühstück gemacht worden sind. • 

Herr Stadelmann fragt, ob er richtig verstanden habe, daß 
es bei Ausführung der neuen Methode nicht nötig sei, ein Probe¬ 
frühstück zu geben und daß es gleichgültig sei, welche Nahrung 
man gebe. Unsere Anschauung bestände doch wohl zu Recht, 
daß verschiedene Nahrungsstoffe auf die Verdauung des Pepsins 
einen verschiedenen Einfluß ausübten. 

Herr Michaelis: Die Uebereinstimmung bezüglich der 
H-Ionenkonzentration kann nur gelten, wenn wir einen Magen¬ 
inhalt nehmen, der auf der Höhe der Verdauung steht. 

Herr Fuld betont den Wert des Probefrühstücks. 

Herr Boas: So hoch er den Wert der M i c h a e 1 i s sehen 
Untersuchungen auch anschlage, so glaube er doch, daß die 
Titrationsmethode vom Vortragenden unterschätzt werde. Man 
vergesse nicht, daß man es bei der Titrierung mit Vergleichs¬ 
werten zu tun hat, und der Vortragende sprach ja auch von 
relativen Werten. Allerdings sei es von großer Wichtigkeit, 
daß man imstande ist, ohne Zugrundelegung einer bestimmten 
Mahlzeit in jedem Falle die H-Ionenkonzentration zu bestimmen. 
Es dürfte nur noch festzustellen sein, inwieweit die Beimischung 
gewisser Stoffe auf die Bestimmung der H-Ionen einen Ein¬ 
fluß hat. 

Herr Michaelis (Schlußwort): Seine Methode solle nicht die 
altbewährten Verfahren ersetzen. Er wollte nur einen Einblick 
in Verhältnisse vermitteln, die bisher nicht berücksichtigt 
worden sind. 

Eine Mahnung zur Vorsicht der diagnostischen Verwendung 
der Wassermannschen Syphilisreaktion. 

Herr Albert Freudenberg: Daß die W a s s e r m an n sehe 
Reaktion einen wesentlichen Fortschritt in wissenschaftlicher 
und praktischer Hinsicht bedeutet, steht fest. Trotzdem er¬ 
scheint Vortragendem auch ihr gegenüber eine gewisse Vorsicht 
gerechtfertigt, wie er an zwei Fällen erfahren hat. Ein 
40 jähriger Beamter, der vor Jahren Lues und Schmierkur 
durchgemacht hatte, erkrankte eines Tages an Syphilis, die bald 
heilte. Da er gleichzeitig über Kopfschmerzen klagte, empfahl 
Vortragender, die Wassermannsche Reaktion prüfen zu 
lassen. Diese ergab ein negatives Resultat. Da die Kopf¬ 
schmerzen nicht nachließen, w'urde eine nochmalige Prüfung 
an anderer Stelle vorgenommen, diese fiel positiv aus. Einige 
Monate später kam Patient wieder mit einer ausgesprochenen 
Abducenslähmung. Sodann wurde nochmals dem Patienten 
Blut entnommen und an drei verschiedene Untersuchungs¬ 
stellen zur Untersuchung geschickt; das Resultat war zweimal 
positiv, einmal negativ. 

In dem anderen Falle, in dem es sich um eine zweifelhafte 
Ulceration am Penis nach Phimosenoperation handelte, war das 
Ergebnis der Blutuntersuchung erst positiv, sodann einige Tage 
später, von anderer Stelle ausgeführt, negativ. Vier an ver¬ 
schiedene Stellen verschickte Blutproben des Patienten hatten 
teilweise ein positives, teilweise ein negatives Resultat. 

Darauf stützt sich Vortragender in seiner Mahnung, vor¬ 
sichtig zu sein bei der Wassermann sehen Reaktion. Man 
gebe sein Urteil erst ab, wenn zwei Untersucher das gleiche 
Resultat angegeben haben und das Blut mit verschiedenen 
Extrakten untersucht worden ist. Für falsch hält es Vortragen¬ 
der, wenn man die Wassermann sehe Reaktion so in den 
Vordergrund stellt, daß man darüber die sonstigen klinischen 
Anzeichen vernachlässigt. 

Diskussion: 

Herr Hans Mühsam macht auf die möglichen Fehlerquellen 
bei der Wassermann sehen Reaktion aufmerksam, die 
einen verschiedenen Ausfall bei verschiedenen Unter¬ 
suchungen bedingen können. Von den künstlichen Extrakten 
empfiehlt M., das wässerige Extrakt allen übrigen vorzuziehen; 
besser sei natürlich noch das wirkliche Extrakt aus syphilitischer 
Fötalleber. Eine weitere Fehlerquelle kann im Komplement 
liegen, in der Beschaffenheit der anzuwendenden Hammelblut¬ 
körperchen und in der Verwendung des Hämolysins. Bevor die 
Reaktion endgültig bestimmt wird, müssen verschiedene 
Kautelen erfüllt sein. Auch die schwach positiven Resultate 
sind zu berücksichtigen. 

Herr L. Michaelis: Ueber technische Einzelheiten wolle er 
nichts weiteres sagen. Jeder ist auf seine eigene Methode ein¬ 
gearbeitet, und wer Erfahrung und Veranlagung besitzt, wird 
es richtig machen. Es sei die Tatsache nicht zu leugnen, daß 
verschiedene Untersucher bei gleichen Fällen verschiedene 
Resultate geben. Die Beurteilung, ob positiv, ob negativ, unter¬ 
liegt einem gewissen Grad der Willkür. In zweifelhaften Fällen 
neige man sicher mehr nach der negativen Seite. 

Herr F. Lesser gaubt, daß die Hauptkalamität in den 
Organextrakten liege. Sie enthalten oft Stoffe, welche die 
Reaktion beeinträchtigen. Alle Fälle, die verschieden aus¬ 
fallende Wasserma n n sehe Reaktion ergaben, seien immer 
Syphilitiker. Ob auch Nichtsyphilitiker einen positiven Wasser¬ 
mann haben können, diese_ Frage ist wissenschaftlich nicht zu 


entscheiden; denn wir können nie sicher entscheiden, daß 
jemand nicht syphilitisch ist. Wir können aus vereinzelten Be¬ 
obachtungen allerdings sagen, daß fieberhafte Krankheiten, 
Scharlach, die Narkose, Lepra, zuweilen eine positive Reaktion 
auch bei Nichtsyphilitischen hervorrufen. Das malmt zur 
Vorsicht. 

Herr Saalfeld: Es würde sich empfehlen, ein Institut zu 
schaffen, in dem eine absolut sichere Kontrolle ausgeübt wird. 

Herr Abel: Ein 24 jähriges Mädchen von gesundem Aus¬ 
sehen konsultierte ihn wegen hartnäckiger Obstipation; sie 
hatte vorher viel Abführmittel bekommen und war zeitweise 
14 Tage lang verstopft. Bei der vaginalen Untersuchung fand 
A. eine Härte des Mastdarms, bei der rektalen Exploration 
stellte er fest, daß das ganze Rektum 4 cm oberhalb des 
Sphincter externus in einer Ausdehnung von 10 cm in ein 
starres Rohr verwandelt war. Die Diagnose schwankte zwischen 
Carcinom, Sarkom und Lues. Vortragender ließ nun durch 
Herrn Michaelis die Blutprobe anstellen. Letzterer fand 
erst stark positive Reaktion, nach einigen Tagen war die Blut¬ 
probe aber negativ; auch eine dritte Prüfung fiel negativ aus. 
Die mikroskopische Untersuchung ausgekratzter Stückchen des 
erkrankten Mastdarms ergab keinen Anhalt für Carcinom oder 
Sarkom. A. beabsichtigt daher, die Patientin schmieren zu 
lassen. 7 

Herr Blaschko: Es gibt Fälle, in denen die Reaktion so 
schwach ausfällt, daß man als Resultat der Prüfung „zweifelhaft'“ 
angeben kann. Die meisten Untersucher scheuen sich aber, eine 
solche Auskunft zu geben, und daher kommen die Differenzen, 
die rein subjektiver Natur sind. Für verfehlt hält es Redner, 
dem Patienten die Antwort über den Ausfall der Wasser- 
m a n n sehen Reaktion in die Hand zu geben. 

Britzmann. 

XIX. Versammlung der Deutschen Otologischen 
Gesellschaft. 

(Fortsetzung.) 

Herr Hinsberg (Breslau) berichtet über die praktische Ver¬ 
wendbarkeit des Waetzmannschen Apparates für Hörprüfungen. 
Als Tonquelle wurden für tiefe Töne Orgelpfeifen, für mittlere 
und hohe angeblasene Flaschen benutzt. Die Hörprüfung ist 
leicht und schnell auszuführen und verdient wenigstens für 
wissenschaftliche Untersuchungen der Vorzug vor den Stimm¬ 
gabelprüfungen. 

Diskussion: 

Herren Frey, Bäräny, V ohsen, Brünings, 
Q u i x. 

Herr Hcgencr (Heidelberg): Kritische Untersuchungen 
zur oberen Hörgrenze. 

Die sichere Erzeugung genau gemessener, reiner, sehr 
hoher Töne macht erhebliche physikalische Schwierigkeiten, 
die erst alle (Aufzählung in der Arbeit) zu überwinden sind, 
ehe die Methode der Untersuchung als einwandfrei gelten kann. 
Ebenso sind die Angaben des Untersuchten durch die Verwen¬ 
dung verschiedener Tonquellen zu kontrollieren. 

Die älteren Untersuchungen von Savart, Pr eye, Lord 
Ray 1 e igh und Pauchon, welche erheblich über 21 000 
v. d. als obere Grenze angeben, entsprechen den physikalischen 
Bedingungen nicht. 

Von neuesten Untersuchungen ist sicher, daß Wanners 
Untersuchte durch niedrige Schneidentöne der Galtonpfeife, 
deren Tonbildung auch jetzt nicht verbessert ist, getäuscht 
worden sind. Die Untersuchungen Wilbergs leiden an der 
Einseitigkeit der Tonquelle (nur Monochord), die Täuschung 
dürfte durch das Reibungsgeräusch hervorgerufen sein. 

Nach Untersuchungen mit sechs kontrollierten Tonquellen 
ergab sich H. bei 100 Normalhöreuden des 1.—4. Lebensjahr- 
zehntes, daß die Grenze durchschnittlich bei 20 000 v. d. liegt, 
niemand über 22 000 sicher hörte. Schalleitungshindernisse 
setzen je nach Intensität der Tonquelle um 1000—3000 v. d. 
herab. (Demonstration eines verbesserten Monochords.) 

Diskussion: Herr Wilberg. 

Herr Bäräny: Demonstrationen. 

1. Vortragender demonstriert eine neue Methode 
zum Nachweis der Simulation einseitiger 
und doppelseitiger Taubheit. Läßt man einen 
Normalhörenden aus einem Buche vorlesen und setzt ihm 
währenddessen je einen der von Bäräny konstruierten 
Lärmapparate in die beiden Ohren, so wird im Moment, wo die 
Lärmapparate betätigt werden, die Stimme des Vorlesenden be¬ 
deutend lauter, ohne daß der Vorlesende selbst etwas bemerkt. 
Bei einseitiger Taubheit genügt das Einsetzen eines Lärmappa¬ 
rates in das gesunde Ohr. um das Phänomen hervorzurufen. 
Bei Simulation einseitiger Taubheit hat das Einsetzen des Lärm¬ 
apparates in das gesunde Ohr keine Verstärkung der Stimme 
zur Folge, wohl aber die Einsetzung des zweiten Apparates in 
das angeblich taube Ohr. Bei’ Simulation doppelseitiger Taub- 




440 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 28. 


heit tritt bei Wirkung beider Lärmapparate die Stimmver¬ 
stärkung ein, die bei wirklicher Taubheit fehlt. 

2. Worttabellen zur exakten Hörprüfung. 

Bei den bisherigen Methoden der Prüfung konnte man 
zwischen Hören und Erraten nicht unterscheiden. B ä r ä n y 
wählt nun zur Prüfung Worte, die sich lediglich durch einen 
Konsonanten oder Vokal unterscheiden, z. B. Wabe, Wade, 
Wage, Ware, Vase, Waffe, Wanne etc. oder Sonne, Senne, Sinne 
etc. und stellt die Hördistanz fest, in welcher der von ihm sogen. 
„Wechsellaut“ jedesmal richtig gehört wird. Auf diese Weise 
ist ein Erraten unmöglich gemacht. 

Diskussion: Herr Q u i x. 

Herr Frey (Wien): beschäftigt sich in seinem Vortrag mit 
der Mechanik des Schalleitungsappparatcs. 

Seine anatomischen Untersuchungen haben ergeben, daß 
bei vielen Säugetieren die Hammer-Amboßverbindung kein Ge¬ 
lenk, sondern eine echte Ankylose ist; hei allen anderen steht 
die Verbindung einer Ankylose ziemlich nahe und ist wenig¬ 
stens für die physiologische Inanspruchnahme als fest zu be¬ 
trachten. Demgemäß ist jede Schalleitungstheorie, die eine 
gegenseitige Beweglichkeit der Knöchelchen voraussetzt, als 
unzutreffend anzusehen, da es nicht anzunehmen ist, daß bei 
verschiedenen Säugern die Schalleitung in verschiedener Weise 
vor sich geht und an der sicheren Ankylose bei einer Anzahl 
von Tieren nicht zu zweifeln ist. Er beweist auch, daß für keine 
der physiologisch vorauszusetzenden Betätigungen der SchalL 
leitungskette eine gegenseitige Beweglichkeit der beiden 
Knöchelchen notwendig ist. Endlich kritisiert er noch den Teil 
der Helmholtz sehen Theorie, der sich mit dieser Frage 
befaßt und zeigt, daß sie in dieser Beziehung korrigiert werden 
muß. Insbesondere der von Helmholtz angenommene 
„Sperrzahnmechanismus“ entspricht nicht den tatsächlichen 
Verhältnissen. 

Herr Herzog (München): Demonstration von Präparaten 
experimentell erzeugter Labyrinthitis. 

Als Versuchsteire dienten Affen; die Schädigung erfolgte 
durch Eröffnung des horizontalen Bogenganges und Plombierung 
der Lumina mit Zement. Pathologisch-anatomisch ist eine Ab¬ 
nahme des entzündlichen Substrates von der Reizstelle aus 
gegen entferntere Bezirke unverkennbar. In einem Falle ist 
sogar eine deutliche Abgrenzung der Entzündung im horizon¬ 
talen Bogengang festzustellen, während Vestibulum und 
Schnecke kaum sichtbare Spuren von Gerinnungen zeigen. 

In Anbetracht der groben mechanischen Schädigung und 
der verhältnismäßig geringen Propagation darf wohl bei 
schonenderer Infektion des Labyrinths (menschliche Pathologie) 
eine vollkommene Abgrenzung des Entzündungsprozesses er¬ 
wartet werden. Durch diese Experimente hält H. den Bpweia 
für die Möglichkeit zirkumskripter Labyrintheiterungen für er¬ 
bracht. 

Herr W. Uffenorde (Göttingen): 

1. Ein weiterer Fall von Labyrintheiterung nach akuter 
genuiner Mittelohreiterung (mit Demonstration von den histo¬ 
logischen Präparaten des entzündeten Labyrinths). 

2. Ein weiterer Fall von zirkumskripter Labyrintheiterung 
mit Saccusempyem, Kleinhirnabsceß, Leptomeningitis nach 
chronischer Mittelohreiterung (Cholesteatom). Demonstration 
von histologischen Präparaten des Saccusempyems und eines 
Felsenbeines mit der eigenen Labyrinthoperationsmethode. 

ad 1. Es ist der 6. Fall von Labyrintheiterung nach akuter 
genuiner Mittelohreiterung, abgesehen von anderen namhaft ge¬ 
machten und hierher gehörigen Fällen, die im letzten Jahre 
veröffentlicht sind. Also sind diese Fälle nicht mehr als seiten 
anzusehen. Oefters sind die Fälle mangels genauer funktioneller 
Prüfung und histologischer Untersuchung nicht richtig erkannt. 
Die funktionelle Prüfung ist um so wertvoller, als gerade die 
gefährlichen Fälle ohne jedes ausgesprochene Symptom seitens 
des Vestibulum entstehen zu können scheinen. Die Eiterung 
geht durch die intakten Fenster aufs Labyrinth über, die Fistel¬ 
bildung entsteht erst sekundär durch die Ernährungsstörung. 
Bei diesen Labyrintheiterungen soll man zunächst, auch bei 
Reaktionslosigkeit und Taubheit des Labyrinths, abwarten, sowie 
aber Fieber, Kopfschmerzen oder irgendwelche endokranielle 
Symptome auftreten, ist gleichzeitige Totalaufmeißelung der 
Mittelohrräume und des Labyrinths nach der Methode des Vor¬ 
tragenden mit Eröffnung des Fundus des inneren Gehörgangs 
dringend angezeigt. Die Operationsmethode ist entgegen der 
oft geäußerten Ansicht für den Facialis bei genügender Technik 
ungefährlich und hat sich bereits in einer Reihe von Fällen be¬ 
währt. 

ad 2. Der Fall zeigt, daß ein gutes Gehör keineswegs die 
Möglichkeit einer Eiterung im Vestibulum ausschließt, daß also 
eine umschriebene Eiterung im Labyrinth sehr wohl möglich 
ist, wie Vortr. in einem früheren Falle schon durch histologische 
Untersuchung nachweisen konnte. Also muß man auch u. a. 
bei Vorhandensein von gutem Gehör das Labyrinth operativ 
angreifen, wenn sichere Symptome seitens Vestibulum und 
schon seitens des Cerebellum dazu auffordern. Trotzdem das 


ganze Vestibulum wohl schon mindestens seit einem Jahr etwa 
eitrig entzündet war, bestand in beiden Blickrichtungen leb¬ 
hafter Nystagmus nach der gesunden Seite gerichtet. Beim Ein¬ 
haken in die Fistel am Tuber ampullare bei der Operation wurde 
typische Bewegung des Bulbi oculorum beobachtet. 

Diskussion: 

Herren Neumann, Bondy, Scheibe, Ruttin, 
Voss, Ritter, Mann, E. Urbantschitsch. 

Herr Brühl (Berlin) zeigt Präparate von drei Felsenbeinen, 
in denen Spongiosierungsherde sind, ohne daß der Steigbügel 
ankylosiert ist. Klinisch war nervöse Schwerhörigkeit vor¬ 
handen und dementsprechend fand sich Labyrinthatrophie. Aus 
drei weiteren Fällen von „typischer Otosklerose“, d. h. Spongio- 
sierung mit Stapesankylose, schließt B., daß die Knochenalte¬ 
rationen, die zur Stapesankylose führen, klinisch wie anato¬ 
misch anders zu bewerten sind als die histologisch ähnlichen 
Knochenalterationen, die zuweilen bei Labyrinthatrophie und 
Mittelohrprozessen gefunden werden, ohne daß der Stapes 
ankylosiert ist. Ueber die Bedeutung derselben können zurzeit 
noch keine Schlüsse gezogen werden. 

Diskussion: 

Herren Manasse, Panse, Scheibe, Frey. 

Herr Otto Mayer (Wien): Endemische Schwerhörigkeit. 

An Diapositiven werden die wichtigsten mikroskopischen 
Befunde von vier Fällen demonstriert, bei welchen sich neben 
verschiedengradiger Schwerhörigkeit auch Zeichen kretinischer 
Degeneration fanden. 

Uebereinstimmend wurde bei allen Fällen konstatiert: 

1. Massenzunahme des Knochens der Pyramide, wodurch 
es zu einer Aenderung der Konfiguration an der medialen 
Paukenwand kam. Namentlich war die Nische des runden und 
des ovalen Fensters verengt, erstere in einem Falle sogar voll¬ 
kommen durch Knochen abgeschlossen; 

2. fand sich in allen Fällen eine Verödung der Fenster¬ 
nischen durch Schleimgewebe, Bindegewebe und Fettgewebe. 

Andere Befunde waren: Verdickung der Gehörknöchelchen, 
Verwachsung derselben, so des hinteren Steigbügelschenkels 
mit der hinteren Nischenwand und des absteigenden Ambo߬ 
schenkels mit der Antrumschwelle, Atrophie des C o r t i sehen 
Organes etc. 

Da dieselben Befunde auch für das Gehörorgan von Kretinen 
typisch sind, da ferner in zwei Fällen eine Struma, in einem 
Falle eine kolloide Entartung der Schilddrüse und in zwei 
Fällen Schwachsinn vorhanden war und sämtliche Fälle aus 
Steiermark stammten, und zwar gerade die beiden hochgradig¬ 
sten Fälle aus Gegenden, wo Kretinismus in den typischsten 
Formen vorkommt, sieht Mayer diese Fälle als Uebergangs- 
formen zum echten Kretinismus und zur kretinischen Taub¬ 
stummheit an. 

Diskussion: Herr Habermann. 

(Fortsetzung folgt.) 


III. Therapeutische Notizen. 

Einen Wärmeapparat für vaginale Anwendung zum Er¬ 
zeugen von aktiver Hyperämie in der Scheide hat Dr. Oswald 
Feis (Frankfurt a. M.) konstruiert. (Münch, med. Wochenschrift, 
1910, No. 19.) Der Apparat besteht im wesentlichen aus einem 
länglichen, zylinderförmigen Metallkörper, der mittels Bajonett¬ 
verschlusses, auf einem Handgriff befestigt, leicht abgenoinmen 
und sterilisiert werden kann. Im Inneren des Metallzylinders 
befindet sich eine aus einer Glühlampe bestehende elektrische 
Heizvorrichtung. Man kann verschiedene Glühlampen, ent¬ 
sprechend den verschiedenen zur Verfügung stehenden Span¬ 
nungen anwenden; durch einen Vorschaltwiderstand kann man 
auch die Temperatur regulieren. Bei 120 Volt lassen sich 
Temperaturen von 33—80° C. erreichen; in der Praxis wird man 
über 50—60° kaum gehen. Bei Anwendung des Apparats be¬ 
obachtet man zunächst eine schmerzstillende Wirkung (bei 
Perimetritis und Oophoritis), die über Stunden anhält und nach¬ 
haltiger wirkt, als die heißen Irrigationen. (Der Apparat ist 
unter der Bezeichnung Kolpotherm von B. B. Cassel in 
Frankfurt a. M. zu beziehen.) R. L. 

Auf die diuretische Wirkung des Fibrolysins, 
welche bisher weniger beachtet zu sein scheint, macht Dr. 
Schnitter (Offenbachl aufmerksam (Münch, med. Wochenschrift, 
1910, No. 19). Verfasser führt acht Fälle an, in denen diese 
Wirkung deutlich hervortrat. Die Patienten bekamen 2,3 ccm 
steriles Fibrolysin (Me rck), eine Dosis, die auf mindestens 
zwei aufeinander folgende Tage verteilt wurde. In allen dieseu 
Fällen erstreckte sich die Wirkung über längere Zeit hin; die 
täglichen Harnmengen sinken nach dem Höhepunkt der Diurese 
ganz allmählich auf die Beträge vor der Injektion ab. R. L. 



Nn. 28. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


441 


IV. ßücherschau. 

Asthma. Von Hofrat Dr. Sigismund Goldschmidt (Bad Reichen¬ 
hall). Zweite, völlig umgearbeitete Auflage. München 1910, 
Verlag der ärztlichen Rundschau (Otto Gmelin). 106 S. 
2,80 M. 

ln der vorliegenden Monographie schildert der Verfasser 
das Symptomenbild des Asthma wesentlich vom Standpunkt der 
Erfahrung. Verfasser sagt ausdrücklich, daß er sich darauf 
beschränken will, die Krankheit so zu schildern, wie sie dem 
Arzt nach ihrem Verlauf entgegentritt; das eigentliche Wesen 
des Asthma ist nach seiner Meinung noch nicht ergründet, alle 
Angaben hierüber haben nur den Wert von Hypothesen. Verf. 
geht zwar kurz auf die von anderen Autoren aufgestellten 
Asthmatheorien ein, aber nur, um sie alle als unzureichend 
abzulehnen. Vom klinischen Standpunkt aus unterscheidet er 
folgende Unterarten des Asthmas: 1. das Asthma epilepticum 
s. nervosum, 2. das Asthma bronchiale s. catarrhale paroxys¬ 
male, 15. das Asthma catarrhale chronicum, 4. das Asthma 
catarrhale permanens. Hieran schließt Verfasser noch das 
Krankheitsbild des Asthma psychicum und suggestivum, wel¬ 
ches er aber nicht als echtes Asthma anerkennt. Ebenso skep¬ 
tisch wie in bezug auf die Asthma-Theorien verhält sich Verf. 
hinsichtlich der Therapie. Man kann zwar teils durch medika¬ 
mentöse, physikalische und klimatische Behandlung, teils durch 
operative (z. B. intranasale) Eingriffe vorübergehende Erfolge 
erzielen, Heilungen auf Zeit; aber eine dauernde radikale 
Beseitigung des Asthmas gelingt in den wenigsten Fällen. G. 
hat in einer 26 jährigen Praxis in Bad Reichenhall seine Er¬ 
fahrungen an etwa 9000 Asthmatikern gesammelt, darum ver¬ 
dient dieses sein Urteil über die Asthmatherapie besondere 
Beachtung. Was die Therapie gegen die einzelnen Symptome 
heim Asthma zu leisten vermag, stellt Verfasser in ziemlicher 
Vollständigkeit zusammen. In einem Anhang gibt er 
eine historische Uebersicht über die Entwicklung der Asthma- 
Theorien. Die Monographie ist recht anregend geschrieben; 
der Verfasser vertritt überall, auch Autoritäten gegenüber, 
ungeschminkt seine eigenen Ansichten, und so können wir die 
Schrift allen Kollegen als interessante Lektüre empfehlen. 

Wie reist man in Oberbayern und Tirol? Ein Buch zum Lust- 
und Planmachen. Von Prof. Dr. K. Kinzel. Mit sechs Stadt¬ 
plänen, zwei Grundrissen, einer Karte und Titelbild. Neunte 
umgearbeitete und vermehrte Auflage. Schwerin i. M., 
Verlag von Fr. Bahn, Hofbuchhändler. Geb. 3 M. 

Sommerfrischen und Standquartiere in Oberbayern und Tirol. 

Ausgewählt und beschrieben von Prof. Dr. Karl Kinzel. Mit 
Titelbild und vier Stadtplänen. Dritte vermehrte Auflage. 
Schwerin i. M.. Verlag von Fr. Bahn, Hofbuchhändler. 
Biegsam kartoniert. 1,75 M. 

Angesichts der jetzt beginnenden Reisezeit, in welcher 
vielen erholungsbedürftigen Kollegen gerade das Gebirge ein 
seit jeher bevorzugtes Ziel zu sein pflegt um sich in der er¬ 
habenen Einsamkeit der Berge von den aufreibenden Mühen 
des Berufs zu erholen, machen wir auf diese beiden uns zu¬ 
gesandten Reiseführer aufmerksam, für deren Brauchbarkeit 
die hohe Zahl der Auflagen spricht. Besonders die weniger 
im Reisen erfahrenen Kollegen werden die kleinen, bequem in 
der Tasche mitzuführenden Bücher mit Nutzen zu Rate ziehen. 
Wie der Prospekt besagt, haben diese von einem erfahrenen 
Schulmann, der seit langen Jahren in den Ferien die Alpen 
durchwandert hat, verfaßten Bücher ein ganz bestimmtes Publi¬ 
kum im Auge: die erholungsbedürftigen Männer des Mittel¬ 
standes, die einige Wochen ausspannen wollen, um in der 
schönen Natur Leib und Seele zu erquicken, und zwar womög¬ 
lich zusammen mit der Gattin. Dieser Gesichtspunkt ist von 
Anfang an festgehalten; auf das Wandern mit der Frau sind 
die vorgeschlagenen Touren berechnet. Während das erste 
Buch ein Führer für größere Touren sein will, ist das zweite 
Buch für solche bestimmt, welche gemächliche Wanderungen, 
ruhige Landaufenthalte und kleine Spaziergänge vorziehen. 

_R. L. 

Akute Kinderlähmung und Influenza und deren Auftreten im 
Bezirk Tingsryd in Schweden. Von Th. Brorström, Leipzig 
1910, Verlag von Georg T li i e m e. Preis 6 M. 

Der Verfasser, Provinzialarzt in einem ca. 19 000 Ein¬ 
wohner umfassenden Bezirk Schwedens, hat in dem Buch seine 
klinischen Beobachtungen und Erfahrungen an über 800 Fällen 
von sogen. „Kinderlähmung“ niedergelegt, die er in den Jahren 
1905, 1906, 1907 und im Frühjahr 1908 behandelt hat. Literatur, 
bakteriologische Untersuchungen, kurz der ganze moderne 
wissenschaftliche Apparat standen ihm nur in äußerst be¬ 
schränktem Maße zur Verfügung. Sehr viele seiner Fälle 
zeigten Lähmungserscheinungen. Influenza (Respirationserkran¬ 
kungen). Dieses Zusammentreffen ist nach B. kein zufälliges, 
sondern die Krankheit, die heute offiziell als akute Poliomyelitis 
bezeichnet wird, ist eine Influenza mit Komplikation seitens des 


Nervensystems, d. h. mit Lähmungen. Der Nachweis von In¬ 
fluenzaerregern ist in den wenigen Fällen, wo er unternommen 
ist, nicht immer geglückt, übrigens ruft nach Verf. nicht der 
Bacillus, sondern die Toxine die Schädigung des Nervensystems, 
die Lähmungen, hervor. Wenn auch die Ansichten des Ver¬ 
fassers von den heute gültigen durchaus abweicheu, so regt die 
Lektüre doch zum Nachdenken an, und man darf wünschen, daß 
eine Prüfung der Theorien mit modernen wissenschaftlichen 
Hilfsmitteln gegebenenfalls erfolgen möge. Eine sein- reiche 
Kasuistik aus des Autors Beobachtungen beschließt das Buch. 

J. R. 


V. Feuilleton. 

Das Königliche Bad Oeynhausen in seiner 
jetzigen Entwicklung. 

Von 

Eduard Felix Heeger (Greifswald). 

..Heil dir Oeynhausen, Kleinod in Westfalen: 

Wie eine Blume sprießt zur Maienzeit, 

So blüh'st du auf im Glanz der „Sonnenstrahlen“. 

Der „roten Erde" Zier und Herrlichkeit: 

Du scheuchst mit heil'gem C^uell der Krankheit Schmerzen 
Und spendest Segen stets mit reicher Hand, 

Du füllst mit Dankbarkeit viel tausend Herzen, 

Du Born des Heils im deutschen Vaterland". 

(Paul Baehr.l 

Unter den vielen segensreichen Schöpfungen F r i e d r i c h 
Wilhelms IV. nimmt das Bad Oeynhausen in West¬ 
falen eine der ersten Stellen ein. Seit dem Jahre 1829, wo 
die erste Quellenbohrung begann, hat sich das kleine Dörfchen 
zu einem Bade mit Weltruf entwickelt, und man sieht daraus, 
was Menschenhände schaffen können, wenn königliche Muni- 
fizenz, reger Eifer, Intelligenz hoher und höchster Behörden 
und eine richtige Erkenntnis des Volkes Hand in Hand gehen. 
Ursprünglich ein Salzwerk, verdankt es seine Entstehung einem 
Versuche des königlichen Berghauptmanns vonOeynhausen 
zu Dortmund, ein Steinsalzlager zu erbohren. Statt dessen er¬ 
schloß er eine warme, stark kochsalz- und kohlensäurehaltige 
Quelle, welche Anlaß gab, daß im Jahre 1845 durch Kabinetts¬ 
ordre König Friedrich Wilhelm» IV. die Kon¬ 
zession zur Eröffnung des Badebetriebes erteilt und am 
3. September 4848 dem sonst nach dem nahen Dorfe Reh m e 
oder dem „Solbad bei Neusalz wer k“ benannten Bade 
zu Ehren seines hochverdienten Begründers der Name Oeyn¬ 
hausen gegeben wurde. Herrlich ist die landschaftliche Lage 
des Badeortes und wunderbar sein Kurpark, der in den letzten 
Jahren bedeutend vergrößert und gärtnerisch derart ausgebaut 
wurde, daß er den Vergleich mit den besten im Reiche aus- 
halten kann. Wahrhaft großstädtisch hat sich der Ort ent¬ 
wickelt. Zahlreiche neue Villenstraßeu sind entstanden, die 
in modernem Landhausstil mit entzückenden Vorgärten das 
Auge des Besuchers erfreuen. 

Daß aber Oeynhausen zu einem Kur- lind Badeort ersten 
Ranges geworden ist, das verdankt es in erster Linie den Vor¬ 
zügen seiner Bäder. Unter den Kurgästen ist stets eine Anzahl 
solcher, die aus eigener Wahl zu wiederholten Malen nach 
Oeynhausen kommen, weil es ihnen so gute Dienste geleistet. 
Verfasser dieses, der im Sommer 1909 in Bad Oeynhausen tätig 
war, konnte des öfteren die Erfahrung machen, daß skrofu¬ 
lös-anämische Kinder und Kranke mit mannigfachen 
Spinalirritationen und Paresen, allgemeiner 
Nervenschwäche usw. schon nach einem mehl-wöchent¬ 
lichen Gebrauch der Bäder sich augenscheinlich erholten, so 
daß sie sich der Rollwagen viel seltener bedienten, die Krücken 
mit einem einfachen Stock vertauschten und körperlich und 
geistig an Kraft und Lebensfrische gewannen. Ja, gar mancher 
wurde bei seiner Ankunft in Oeynhausen im Rollstuhl ins 
Badehaus gefahren und konnte bei seiner Abreise den Weg 
zum Bahnhof auf eigenen Füßen machen. 

Die Entwicklung des Bades wird am besten aus nachstehen¬ 
der Tabelle ersichtlich: 


Im Jahre 

Personen 

Bäder 

1845 

— 

16081 

1855 

2145 

48 460 

1865 

2308 

46 584 

1875 

3275 

63 210 

1885 

4877 

75 960 

1895 

7902 

107118 

1905 

12 685 

187 019 


1907 zählte man 16 500 Kurgäste und über 20 000 Passanten. 
Die Zahl der verausgabten Bäder betrug 235 000. 

Die Indikationen für eine Badekur in Oeynhausen sind im 
allgemeinen dieselben wie für andere Solthermen: 

1. Ernährungsstörungen nach schweren Krankheiten, sowie 
durch Bleichsucht, Harnruhr, Gicht usw. 

2. Skrofulöse in allen ihren verschiedenen Aeußerungen. 

3. Muskelrheumatismus. 

4. Chronische Gelenkentzündungen infolge von Ver¬ 
letzungen und anderen Ursachen. 





442 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 28. 


5. Chronischer Gelenkrheumatismus. 

6. Deformierende Gelenkentzündungen. 

7. Lähmungen nach Schlaganfällen. 

8. Chronische Entzündungen des Rückenmarks und der 
Rückenmarkshäute. 

9. Funktionelle Erkrankungen des Zentralnervensystems 
(Hysterie, Nervenschwäche usw.). 

10. Die durch Verletzung und Schreck (Eisenbahnunfall, 
Sturz usw.) entstandenen Störungen des Nervensystems. 

11. Die durch akute Krankheiten, Erkältung, Verletzung. 
Druck usw. hervorgebrachten Entzündungen und Lähmungen 
peripherer Nerven. 

12. Neuralgien (Ischias) usw. 

13. Muskelschwund, progressive Muskelatrophie usw. 

14. Herzkrankheiten (Klappenfehler, Fettherz, Herzmuskel¬ 
schwäche usw.). 

15. Exsudate (Ausschwitzungen) infolge von Entzündungen 
des Brustfelles, der Beckenorgane, der Wirbel usw. 

16. Chronische Entzündungen der Gebärmutter und ihrer 
Anhänge. 

Das Spezifische der Oeynhauser Bäder liegt jedoch in ihrem 
bedeutenden Reichtum an Kohlensäure (1082 ccm auf 1 Liter), 
vielleicht auch in der Temperatur von über 33° C. und in einem 
geringen Gehalt an Eisenoxydul. In ihrer Gesamtwirkung 
dürften daher die Thermalbäder in der Mitte stehen 
zwischen einfachen Solbädern und Seebädern. Die 
Kohlensäure entweicht nun nicht in großen Blasen schäumend, 
sondern ganz allmählich in fein verteilten Perlen, wodurch 
eine konstante Einwirkung auf den Körper während der ganzen 
Dauer des Bades bedingt ist und dadurch die Wirkung zu einer 
besonders nachhaltigen sich gestaltet. Die sich ferner gleich¬ 
zeitig am Kurorte bietende Gelegenheit zum Gebrauche ein¬ 
facher Solbäder mit gradierter Sole, 12pCt. Chlor natrium 
enthaltend, machen es erklärlich, daß hier fast alle chronischen 
Krankheiten vertreten sind. 

Die Analysen der Thermalquellen, sämtlich von Professor 
Dr. Finken er (Berlin) ausgeführt, ergeben folgende Werte: 




Quelle I 



Quelle IV 

£ 

Chemische Bestandteile 

Oeyn¬ 

hausen- 

Quelle II 

Quelle III 

Kaiser 

Wilhelm- 


Sprudel 



Sprudel 



In 100 

Gramm Sole sind enthalten: 



Gramm 

Gramm 

Gramm 

Gramm 

1 

Kieselsäure. 

O.004!» 

0,0029 

0,0034 

0.0034 

2 

Tonerde. 

0.0008 

0,0004 

Ü.OCOH 

0,0006 

3 

Arsensäure ...... 

0,00001 

0,00001 

0.(30001 

0,< 002 

4 

Chlornatrium . . . . 

8.1(i7 

3,458 

3.228 

3.477 

•”) 

Chlorlithium. 

0,0001 

0,0005 

0,0005 

0,00048 

fi 

Brom natrium. 

0.00015 

0.00013 

0,00016 

0,00055 

7 

Jodnatrium. 

0,00005 

0.00002 

0,00001 

0,00003 

8 

Schwefel sau res Natron 

0,293 

0,000 

0,153 

0,3876 

(1 

Schwefelsnures Kali . . 

0,027 

0.030 

0,025 

0.050 

I() 

Schwefelsaurer Kalk . . 

0,341 

0,446 

0,385 

0 2147 

11 

Chlormagnesium . . . 

0,145 

0,125 

0,122 

0,1452 

12 

Kohlensäure Kalkerde 

0,102 

0,079 

0,088 

0,1197 

13 

Kohlensaures Eisenoxyd 

0,011 

0,006 

0,004 

0/067 


In 1 Liter Thermalsole sind also enthalten: 




Quelle I 



Quelle IV 



Oeyn 

hausen- 

Quelle II 

Quelle III 

Kaiser 

Wilhelm 



Sprudel 



Sprudel 

Summe d. festen Bestandteile 

14 92 gr. 

42.07 gr. 

40.10 gr. 

44,06 gr. 

Kochsalz. 

31,07 .. 

34,58 

32,28 „ 

34.77 

Absb. Köhlens, i. 1 L. 

1082 ccm 

737 ccm 

768 ccm 

1090 ccm 

Ab 

<h. Stickstoff i. 1 L . . 

22 „ 

14 „ 

21 

31 

Spezifisches Gewicht . . 

1,0333 

1,0283 

1,026 

1,034 

Mittlere Temperatur am Aus- 




bei 19« C 

fi 

uß nach C. . 

33,25» 

24.2° 

24,9° 

33.42° 


Es finden sich in den Thermalsolen Oeynhausens nicht 
unter 4,09 pCt. feste Bestandteile, und da diese in erster Linie 
durch Kochsalz und ihm verwandte Verbindungen repräsentiert 
werden, so ergibt sich daraus ein Salzgehalt von annähernd 
einem Drittel Zentner Kochsalz in jedem einzelnen Bade. Bad 
Oeynhausen verfügt also nicht über Thermalbäder in dem all¬ 
gemein gebräuchlichen Sinne des Wortes, der für gewöhnlich 
den indifferenten Wildbädern zuerteilt wird, sondern es sind 
kohlensäurehaltige naturwarme (d. i. Thermal-) 
Solbäder, die dort zutage treten. 

Die Gesamtmenge des verfügbaren Thermalwassers beträgt 
etwa 3000 Liter in der Minute. Der natürliche innere Druck, 
unter dem die Quellen I, IV und V stehen, beträgt etwa zwei 
Atmosphären; das Wasser wird daher beim Verlassen des 
Erdbodens in einem stolzen 12—15 cm dicken Strahle 8—10 m 
in die Höhe geschleudert. Die Tiefe, aus denen die Quellen 
entspringen, ist eine sehr beträchtliche, bei Quelle I sind es 
709 m, bei Quelle IV 688,74 m. 

Quelle 1. IV und V sind diejenigen, welche vorwiegend 
zum Baden benutzt werden, da ihre Beschaffenheit sich am 
besten für die hier zur Behandlung kommenden Krankheits- 


formen eignet. Quelle 11 und III kommen in den lallen in Be¬ 
tracht, in denen es sich darum handelt, Badeflüssigkeiten von 
kühleren Temperaturen herzustellen. Diese Möglichkeit ist 
insofern außerordentlich wichtig bei der Verordnung der Bäder, 
als man dadurch Süßwasser und Eis aus Süßwasser als Ab¬ 
kühlungsmittel entbehren kann, eine unerwünschte Verdünnung 
des Bades infolgedessen vermeidet. 

Kommt nun noch hinzu, daß es durch Anbringung von 
Dampfheizung in einer Reihe von Badewannen ermöglicht ist, 
die Temperatur der Thermalsole beliebig zu steigern, so er¬ 
geben sich daraus Verhältnisse, wie sie vollkommener für die 
Verwendung nicht gedacht werden können und auch in der Tat 
von keinem anderen Bade in dieser idealen Weise erreicht 
werden. Der Individualisierung ist der weiteste Spielraum 
gelassen, da man in der Lage ist, Bäder aller Temperaturgrade 
bis 18" R. herab zu verabfolgen, ohne daß eine Differenzierung 
der mineralischen und Gasbestandteile notwendig gemacht 
wird. 

Die Thermalbäder in Oeynhausen gehören allerdings zu 
den kräftig erregenden, bei mangelnder Vorsicht leicht über¬ 
reizenden, aber es beruht sicher auf Irrtum und Vorurteil, wenn 
man ihren Gebrauch zu den eingreifendsten, ja selbst gefahr¬ 
vollen Kuren zählt. Wo bei sonst nicht kontraindizierten 
Bädern (wie z. B. bei Kranken mit Gehirnerweichung, bei psy¬ 
chischen Exaltationen, bei Herzkranken mit sehr straffem 
Aortensystem usw.) ihr Gebrauch nachteilig einwirkt, Schwin¬ 
del Herzklopfen Mattigkeit und dergleichen erzeugt, da ist es 
in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle Schuld der Patienten 
die entweder proprio märte sich ihren Kurplan entwerfen, 
zumal wenn sie schon häufiger am Kurorte waren, oder sonst 
von den individuell gebotenen Vorsichtsmaßregeln abweichen, 
indem sie das Bad zu unpassender Tageszeit, zu kühl, zu heiß, 
zu lange dauernd, in zu rascher Aufeinanderfolge nehmen. 
Darum ist auch die alte, unter den dort Heilung Suchenden so 
weit verbreitete Ansicht als ganz verwerflich anzusehen, die 
gebotenen Heilmittel so ausgiebig und konzentriert, wie nur 
möglich, zu gebrauchen, nach dem Sprichwort: ..Viel hilft viel!" 
Diesen Kranken ermangelt jegliches Verständnis der Grund¬ 
prinzipien und der Wirkungsweise einer Badekur in Oeyn¬ 
hausen. Nicht gewaltige Einzelwirkungen und Parforcekuren 
können dem Gros der dortigen Kranken helfen, sondern eine 
größere Zahl kleiner Einzelerregungen ist es, die sich nach und 
nach zu einer erfolgreichen Gesamtwirkung vereinigen müssen. 
Am allgemeinsten werden die früheren Morgenstunden bei nicht 
völlig leerem Magen in Anspruch genommen und mit Recht, da 
die Bäder zu dieser Tageszeit wohl zur kräftigsten Reaktion 
führen. Vielen ist die natürliche Temperatur des Thermal¬ 
wassers zu kühl; doch durch Erniedrigung einer anfänglich 
höheren Temperatur um % Grad von Bad zu Bad tritt bald Ge¬ 
wöhnung ein. Für das ne quid nimium muß stets die ärztliche 
Anordnung sorgen, da eine zu hohe Temperatur das. was durch 
die Kohlensäure Spi^ifisches geboten wird, vollständig para¬ 
lysieren kann. 

In der Regel ist es ratsam, die ersten Bäder kurz abzu¬ 
brechen, 5—10 Minuten, und sie im allgemeinen nicht über 
20 Minuten auszudehnen. Ein Gefühl von erfrischendem Wohl¬ 
behagen und behaglicher Wärme, ein rötlicher Anflug der Haut, 
tritt schon nach wenigen Minuten ein. Wer schon häufiger ge¬ 
badet hat, hat bald von selbst ein subjektives Gefühl, daß die 
Badezeit von selbst verstrichen sei. und jedenfalls ist es hohe 
Zeit das Bad zu verlassen, sobald sich ein leises Frösteln 
einstellt. 

Wenn auch im Einzelfall die Zahl de rBBder natürlich 
vom behandelnden Arzt bestimmt wird, so läßt sich doch im 
allgemeinen sagen, daß 24—30 Bäder als die Mittelzahl für eine 
Kur zu betrachten sind. In den Kreisen der Badegäste be¬ 
gegnet man hier oft der Ansicht, daß man stets eine un¬ 
gerade Anzahl Bäder nehmen müsse, eine Ansicht, die 
selbstverständlich als Aberglaube zu bezeichnen ist. 

Die Thermalbäder lassen drei Arten des Badens zu: das 
ruhige, wo die Wanne sich vom Boden aus füllt und das 
Wasser unbewegt bleibt; das bewegte, in welchem das Zu¬ 
leitungsrohr nicht geschlossen wird und das Wasser durch eine 
Seitenöffnung in der Wanne wieder abfließt, und endlich das 
Schaumbad, in welchem von oben der Wasserstrahl in 
die Wanne stürzt. Nach dieser Richtung hin herrscht unter 
Laien gar oft das Vorurteil, als ob die bewegten Bäder die 
kräftigsten wären, während das Gegenteil der Fall ist. 

Je ruhiger sich der Badende im ruhigen Bade verhält, um 
so weniger entweicht die Kohlensäure in die Luftschicht über 
dem Wasserspiegel; um so kräftiger ist die Reaktion auf die 
Haut, auf das Blut- und Nervensystem, um so weniger be¬ 
lästigend für die Lungen und das Gehirn, während im bewegten 
Bade, am meisten im Schaumbade, ein reichliches Ausströmen 
des Gases aus dem Wasser zu mannigfachen Belästigungen 
führt, und der Kranke bald genug von der momentan eintreten¬ 
den kräftigeren Erregungen des Körpers und des physischen 
Eindrucks enttäuscht werden wird. 

Das einfache Solbad ist ebenfalls gut eingerichtet, 
und der Komfort dieser Badehäuser wird bescheidenen wie 









No 28. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


448 


den : verwöhntesten Ansprüchen gerecht. Diese Solbäder in 
verschiedener Stärke (0—9 pCt.) werden namentlich von 
skrofulösen Kindern und dem weiblichen Ge¬ 
schleckte am meisten in Anspruch genommen, während 
die erfrischende, kühle, mit Salzteilen imprägnierte Luft aii 
den Gradierwerken eine beliebte Morgen- und Abendprome¬ 
nade für alle, oder Ruheplätze für sehr schwächliche Kurgäste 
darbietet. Man unterscheidet unter den Solquellen die so¬ 
genannte Schachtsole und die sogenannte Bohr¬ 
loch s o 1 e. Beide werden in eine m Schacht gewonnen, die 
erstere in dem oberen Teile desselben, wo sich die aus dei 
Tiefe heraufsteigende Sole mit den oberflächlicheren süßen 
Wässern vermischt, die zweite in der Tiefe in unverdünntem Zu¬ 
stande. Die Bohrlochsole ist daher das ursprünglichere Produkt, 
sie enthält 9 pCt. Kochsalz, während sich in der Schachtsole, nur 
3 pCt. befinden. In den Bädern mit reiner 9proz. Sole sind 
78 Pfund Kochsalz in der Badewanne enthalten. Infolgedessen 
eignen sich die Solbäder Oeynhausens zum Gebrauch für die 
oben erwähnten Krankheitsformen in hervorragendem Maße 
und werden von den Solen nur weniger Bäder übertroffen, 
von den meisten aber bei weitem nicht erreicht. 

Es ist schwer verständlich, daß de -r artig 
kräftige, allen Indikationen gerecht wer¬ 
dende Solbäder bei den so außerordentlich 
günstigen örtlichen Verhältnissen so wenig 
nach außen hin in weiteren Kreisen gekannt 
u li d g e w ü r d i g t s i n d. Esliegtumsom ehr Grund 
vor, dies hier zu betonen, als des öfteren 
Patienten zum Gebrauch der kohlensäure¬ 
haltigen Thermalbäder nach Oeynhausen ge¬ 
schickt werden, während deren Angehörige, 
Frauen oder Kinder, auf Anordnung des¬ 
selben Arztes ein anderes Solbad besuchen. 
Ja, es werden sogar Patienten nach Oeyn¬ 
hausen gesandt mit der ärztlichen Verord¬ 
nung, dort Moor- und Schlammbäder zu 
n e li m e n. , 

(Schluß folgt.) 


VI. TagesgescMchte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Qesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Die Aerztekammer für die Provinz 
Brandenburg und den Stadtkreis Berlin hatte 
in ihrer letzten Sitzung ihren Vorstand beauftragt, an den 
Reichskanzler und den preußischen Medizinalminister eine Ein¬ 
gabe in der Angelegenheit des vom Kreiskrankenhause 
zu Britz wegen seiner Konfession zurückgewiesenen jüdi¬ 
schen Medizinalpraktikanten zu richten. (Vgl. Allg. med. 
Central-Ztg., 1910, No. 5, S. 69.) Auch im preußischen Ab¬ 
geordnetenhause ist die leidige Affäre mehrmals zur Sprache 
gebracht worden. (Allg. med. Central-Ztg;, 1910, No. 20, S. 276.) 
Nach alledem durfte man erwarten, daß die Regierung schleu¬ 
nigst Maßregeln treffen würde, um die Möglichkeit eines der¬ 
artigen mit den verfassungsmäßigen Garantien in Widerspruch 
stehenden Vorgangs für die Zukunft zu verhindern. Es ist aber 
anders gekommen. Bereits unter dem 13. Mai d. J. ist, wie 
merkwürdigerweise erst jetzt aus den „Amtlichen Mitteilungen 
der Aerztekammer für die Provinz Brandenburg und den Stadt¬ 
kreis Berlin“, No. 6 u. 7, vom 1. Juli d. J. bekannt geworden ist, 
dem Vorstand der Aerztekammer folgender Bescheid des Ober¬ 
präsidenten der Provinz Brandenburg zugegangen: 

„Auf die an den Herrn Reichskanzler und den Herrn 
Minister der Medizinal-Angelegenheiteu gerichtete Eingabe 
vom 2. Februar d. J. eröffne ich dem Vorstande im Aufträge 
des Herrn Ministers, daß dem Anträge, dem Kreiskranken- 
hause in Britz wahrend der jetzigen Leitung das Recht zur 
Annahme von Medizinalpraktikanten abzuerkennen, nicht 
stattgegeben werden kann da der in der Eingabe erwähnte 
Vorgang außerhalb der Erwägungen und Gesichtspunkte 
liegt, die für die Ermächtigung des Krankenhauses zur Be¬ 
schäftigung von Praktikanten und folgeweise auch für deren 
Wiederentziehung maßgebend sind. Die Begründung der Ab¬ 
weisung in dem Schreiben des Krankenhausleiters vom 
1. Mai 1909 bietet allerdings zur Beanstandung Anlaß, zumal 
aus dem amtlichen Verzeichnisse der zur Annahme von 
Praktikanten ermächtigten Krankenanstalten nicht hervor¬ 
geht, daß das Kreiskrankenhaus in Britz rein konfessionellen 
Charakter hat.“ 

Der vorstehende, höchst bedauerliche Bescheid umgeht ge- 
flissentlich die prinzipielle Seite der ganzen Frage und zeigt 
somit, daß die Aktion der Aerztekammer und die Erörterungen 
der Affäre im Landtag völlig ergebnislos verlaufen sind. Es 
wird nunmehr Sache der Interessenten sein, die Angelegen¬ 
heit sobald angängig vor das Forum des Reichstages zu bringen, 
um dadurch den Bundesrat zur Ausarbeitung revidierter 
Vorschriften über die Ableistung des praktischen Jahres zu 


veranlassen. Denn nach dem gegenwärtig von der preußischen 
Regierung vertretenen Standpunkt hat kein Mediziner die 
Sicherheit, nach Absolvierung eines sechsjährigen Studiums und 
Ablegung der Staatsprüfung in absehbarer Zeit rite die 
Approbation als Arzt erwerben zu können. Dem Leipziger 
Verbände aber empfehlen wir, seiner „Warnung vor dem 
Studium der Medizin" noch ein diesen absonderlichen Zustand 
beleuchtendes Kapitel anzufügen. 

Zwickau. Die städtischen Kollegien haben die An¬ 
stellung eines Stadtbezirksarztes beschlossen, wie ihn von säch¬ 
sischen Städten Dresden, Leipzig und Chemnitz be¬ 
reits besitzen. 

London. Auch in England blühte seit langem die Kur¬ 
pfuscherei, ohne jedoch bisher von den Aerzten sonderlich be¬ 
achtet zu werden, da sie deren wirtschaftliches Gedeihen nicht 
merkbar beeinträchtigte. Das scheint jedoch in leizier Zeit 
anders geworden zu sein, denn auf Anregung des britischen 
Aerztevereins wird dem Parlament eine Vorlage zur 
Bekämpfung des Kurpfuschertums vorgelegt werden, mit deren 
Ausarbeitung eine Kommission betraut wurde. 


Universitiitswesen, Personalnachrichten. 

Berlin. Die preußische Akademie der Wissenschaften 
hat Prof. Dr. Abderhalden (Berlin) zu Versuchen über 
Ernährung mit vollständig abgebautem Eiweiß 1000 M„ Dr. 
Otto Kalischer (Berlin) zur Fortführung seiner Unter¬ 
suchungen über die Hörsphären des Großhirns etc. 600 M. be¬ 
willigt. 

— Der Generaloberarzt Dr. Vollbrecht, Divisions¬ 
arzt in Allenstein, ist als Chefarzt der türkischen Armee 
zur Neuorganisation ihres Sanitätswesens nach deut¬ 
schem Vorbild nach Konstantinopel berufen worfen. 

Kiel. Der Direktor der chirurgischen Klinik, Prof. Dr. 
Willy Anschütz, hat einen Ruf nach Tübingen als Nach¬ 
folger von Geheimrat v. B r u n s erhalten, ihn jedoch abgelehnt. 
— Der als beurlaubt dem Lehrkörper der hiesigen Universität 
noch angehörige Privatdozent Prof. Dr. Wandel, leitender 
Arzt der inneren Abteilung des Stadtkrankenhauses zu 
Plauen i. V., ist zum leitenden Arzt des im Bau begriffenen 
Stadtkrankenhauses St. Georg in Leipzig gewählt worden. 

Bonn. Dr. G. Stertz hat sich für Psychiatrie und 
Neurologie habilitiert. 

B r a u n s c h w e i g. Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Schul z in 
Braunschweig, der langjährige Oberarzt der medizinischen Ab¬ 
teilung des Herzoglichen Krankenhauses, ist am 1. Juli in den 
Ruhestand getreten. 

P laue n. Dr. Breitung, chirurgischer Oberarzt am 
Stadtkrankenhause, hat den Professortitel erhalten. 

Jena. Der Privatdozent der Chirurgie Dr. W. Roepke 
ist zum außerordentlichen Professor ernannt worden. 

Münche n. Prof. Döderlein hat den Ruf nach Berlin 
endgültig abgelehnt, nachdem ihm vom bayerischen Kultus¬ 
ministerium der von ihm gewünschte Neubau der Klinik zu¬ 
gesichert worden ist. 

Würzburg. Der Professor der pathologischen Anatomie 
an der deutschen Universität in Prag hat einen Ruf an die 
hiesige Universität als Nachfolger von Borst erhalten; er ge¬ 
denkt ihm Folge zu leisten. 

Erlangen. Der außerordentliche Professor der Physio¬ 
logie Dr. Richard Fuchs ist von der kaiserlichen Leopol- 
dinisch-Carolinischen Akademie der Naturforscher in Halle a. S. 
zum Mitglied ernannt worden. 

Heidelberg. Der Privatdozent der inneren Medizin 
Dr. S. Schönhorn ist zum außerordentlichen Professor er¬ 
nannt worden. 

S t r a ß b u r g i. E. Dr. med. Hans Vogt, bisher Privat- 
dozenl an der Universität Breslau, wurde zum Oberarzt an der 
Kinderklinik der hiesigen Universität ernannt, wohin er seinem 
bisherigen Chef Prof. Ä. C z e r n y gefolgt ist; er wird demnächst 
auch in den Lehrstuhl der Straßburger medizinischen Fakultät 
eintreten. 

Prag. Dr. F r. Votruh a hat sich an der tschechischen 
Universität für innere Medizin habilitiert. 

Krakau. Der Privatdozent Dr. Adam Wrzosek ist 
zum außerordentlichen Professor für allgemeine und experimen¬ 
telle Pathologie ernannt worden. Der Professor der Geburts¬ 
hilfe an der Hebammenlehranstalt Dr. Stanislaus Dohro- 
w o 1 s k i und die Privatdozenten Dr. F ranz No w 0 t n y und 
Dr. Max Rutkowski haben den Titel „außerordentlicher 
Universitätsprofessor“ erhalten. 

Zürich. Der ordentliche Professor und Direktor des 
Hygienischen Universitäts-Instituts Dr. O. Wyss tritt mit Ende 
dieses Sommersemesters vom Lehramte zurück. 

Paris’ Am College de France ist mit den Mitteln einer 
privaten Stiftung eine Professur fiir Versicherungsmedizin be¬ 
gründet und Herrn Eduard Fester, einem aus der Juris¬ 
prudenz hervorgegangenen Gelehrten, übertragen worden. 

T u r i n. Am 15. Juli werden die wissenschaftlichen 
Institute „Angelo Mosso“ auf dem Monte Rosa eröffnet. 



444 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 28. 


Von den 19 Arbeitsplätzen stehen zwei für Deutschland (Reichs¬ 
amt des Innern) zur Verfügung. Bewerbungen sind unter Bei¬ 
fügung der Genehmigung der Regierung au Prof. A. Mosso, 
Turin, Corso Raffaello 30, zu richten. Auskunft erteilt der 
Direktor Dr. A. A g g a z o 11 i in Turin. 

Neapel. Der jetzige Leiter der hiesigen Zoologischen 
Station, Dr. Reinhard Dohm, Sohn des vor kurzem ver¬ 
storbenen Begründers, ist von der preußischen Regierung zum 
Professor ernannt worden. 

Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Leipzig. Hierselbst wurde am 27. Juni die Jahres¬ 
versammlung der Freien Vereinigung sächsischer Orts¬ 
krankenkassen abgehalten. Unter anderem beriet man über 
einen Antrag der Ortskrankenkasse Leipzig, bei der 
Regierung um Errichtung eines Lehrstuhls für Natur¬ 
heilkunde an der Universität Leipzig zu peti¬ 
tionieren. Dieser Antrag war schon in den Jahren 1895 
und 1890 gestellt, jedoch nicht angenommen worden. Der 
Referent führte aus, daß inzwischen ein großer Wandel in den 
Anschauungen über die Naturheilmethode eingetreten sei. Diese 
habe immer mehr Anhänger gewonnen. Für die Kassen käme 
hauptsächlich die materielle Seite in Betracht. Es w ü r d e 
zweifellos bedeutend an Medikamenten ge¬ 
spart. Jetzt mußte sich der Kranke Medikamente verschreiben 
lassen, aber vielfach nehme er sie nicht, weil er Gegner der 
medizinischen Behandlung sei. Man müsse solchen Kranken 
die Möglichkeit gewähren, auch die Naturheilkunde pflegende 
Aerzte zu konsultieren. Der Antrag wurde einstimmig an¬ 
genommen. — Wir glauben, daß sich die Kassenvorstände in 
Bezug auf die Wünsche der Kassenklientel in einer großen 
Täuschung befinden. Es sind nämlich, wie jeder Kassenarzt 
mit einiger Erfahrung weiß, gar nicht die verhältnismäßig billig 
herzustellendeu häuslichen Wasserapplikationen, nach denen 
es die Kassenpatienten gelüstet, sondern die von Medizinern 
und Nichtmedizinern in den letzten Jahren in so reicher Zahl 
in die Therapie eingeführten meist recht teuren physikalischen 
Prozeduren, deren Wirkungen obenein im allgemeinen doch 
recht unsicher sind. Nachgiebigkeit der Aerzte und Kassen¬ 
leitungen gegen diese Wünsche der Kranken würde die 
Krankenkassen in kürzester Zeit dem Bankerott zuführen, wäh¬ 
rend der Ordination der einfachen Prozeduren der älteren 
Hydrotherapie bei den Patienten wahrscheinlich bald dasselbe 
Schicksal blühen würde wie den viel geschmähten „Medizinen". 
Die sächsische Regierung wird es sich auch aus anderen Grün¬ 
den noch eine Weile überlegen, ehe sie auf die Petition der 
Kassen eingeht; denn eine Naturheilkunde als abgeschlossene 
Lehrdisziplin, wie sie in den Köpfen der Kassenvorstände offen¬ 
bar herumspukt, gibt es nicht und wird es nicht geben, und es 
dürfte daher die „Professur der Naturheilkunde“ bis auf weite¬ 
res ein frommer Wunsch jener großen Klasse von Halbgebilde¬ 
ten bleiben, deren Denken weniger durch Sachkenntnis als 
durch die Schlagwörter des Tages bestimmt wird. 

Gerichtliches. 

Leipzig, ln einem Zivilprozeß, den ein ehemaliger 
festangestellter Kassenarzt, der w e g e n beruf¬ 
licher Unfähigkeit von der Leipziger Ortskrankenkasse 
vor Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist entlassen worden 
war, gegen diese Kasse angestrengt hatte, hat das Reichsgericht 
als letzte Instanz am 1. Februar d. J. dem Kläger Recht gegeben, 
indem es ausführte, daß ein einmaliger Kunstfehler eines 
Kassenarztes nicht ohne weiteres einen Grund zur kündigungs¬ 
losen Entlassung darstelle. (Korresp.-Blatt d. kgl. sächs. Aerzte- 
vereine 1910, No. 13, S. 248.) 


Verschiedenes. 

Berlin. Am Vormittag des 29. Juni hat nun endlich die 
feierliche Enthüllung des vielumstrittenen Denkmals für Rudolf 
Virchow stattgefunden. Das Monument steht auf dem Karls¬ 
platze, d. h. an der Kreuzung der Karl- und der Luisenstraße, 
also inmitten des medizinischen Viertels. Die medizinische 
Fakultät war fast vollständig erschienen; die städtischen Be¬ 
hörden und die Stadtvertretung hatten ihre Spitzen entsandt. 
Für die Staatsregierung war der derzeitige Medizinalminister 
mit vielen seiner Räte erschienen, das Sanitätskorps der Armee 
wurde durch den Generalstabsarzt Prof. v. S ch j e r n i ng und 
zahlreiche andere Sanitätsoffiziere repräsentiert, die Reichs¬ 
behörden durch den Präsidenten des Gesundheitsamtes 
Bumm; außerdem nahmen zahlreiche andere Notabilitäten 
sowie Vertreter von studentischen Korporationen an der Feier 
teil. Für die Mitglieder dter Familie Virchow mit der 
greisen Witwe Rudolf V i r c h o w s an der Spitze war eine 
besondere Tribüne errichtet. Die Festrede hielt Geheimrat 
W a 1 d e y e r; er zeichnete in großen Zügen ein Bild von dem 


Wirken des Gefeierten. Darauf sprach der Stadtverordneten¬ 
vorsteher M i c h e 1 e t, der vorwiegend auf die kommunale und 
politische Tätigkeit V.irchows einging. Nachdem nunmehr 
die Hülle von dem Denkmal gefallen war, ergriff der Ober¬ 
bürgermeister Kirschnfer als Vertreter der städtischen Be¬ 
hörden das Wort, wobei er hauptsächlich die Universalität von 
Virchows Wirken hervorhob. Mit der Niederlegung von 
Kränzen seitens einer großen Reihe von wissenschaftlichen Ge¬ 
sellschaften, Vereinen usw. an den Stufen des Denkmals und 
mit einem Schlußgesang erreichte darauf die Feier ihr Ende. 

Fraukf u r t a. M. Eine Augenklinik ist beim Städti¬ 
schen Krankenhause am 1. Juni eröffnet worden; ihr Direktor 
ist Dr. Schnaudigel. 

Wien. Der Internist Hofrat Prof. Dr. L. 0 s e r hat die ihm 
zum 70. Geburtstag übergebene Ehrengabe von 20 000 K 
der Israelitischen Kultusgemeinde als Stiftung übertragen, mit 
der Bestimmung, alle zwei Jahre Subalternärzte der Allgemei¬ 
nen Poliklinik und des Israelitischen Spitals, ev. Rigorosanten 
der Medizin ohne Unterschied der Konfession mit Prämien für 
wissenschaftliche Arbeiten und Reisestipendien zu unterstützen. 

Erklärung. 

Herr Prof. W. Heubner in Göttingen hat in einem in der 
Juni-Nummer der „Therapeutischen Monatshefte“ veröffentlich¬ 
ten Artikel „Reklame durch Sonderabdrucke“ sich 
gegenüber einer Bemerkung von Prof. Klemperer, daß die 
Redaktion der „Therapeutischen Monatshefte“ in der Frage der 
Sonderabdrucke selbständig vorgegangen sei, ohne sich an das 
berufene Forum, die Freie Vereinigung der deutschen medizini¬ 
schen Fachpresse, zu wenden, in folgender Weise geäußert: 
„Diese Vereinigung hat bereits im Jahre 1908 diese Frage dis¬ 
kutiert und ist zu dem Resultate gekommen: Es dürften .weiter¬ 
hin Separata an industrielle Firmen geliefert werden. Somit er¬ 
schien ein Appell an diese Vereinigung von vornherein ziemlich 
aussichtslos. Auch darf es zweifelhaft sein, wieweit bei dieser 
Entscheidung der Einfluß der pharmazeutisch-chemischen Gro߬ 
industrie beteiligt war, deren Vertreter ja zu gewissen Beratun¬ 
gen der Vereinigung der medizinischen Fachpresse hinzu¬ 
gezogen wird. Ich halte mich für berechtigt, diesen Zweifel 
auszusprechen, da ich Beweise dafür in der Hand habe, daß von 
seiten der Großindustrie versucht worden ist, sogar den redak¬ 
tionellen Teil wichtiger Publikationsorgane in ihrem Sinne zu 
beeinflussen.“ Gegen diese Ausführungen, die bei uneingeweih¬ 
ten Lesern den Verdacht erwecken können, daß der von Herrn 
Heubner erwähnte Beschluß der Vereinigung vom Jahre 1908 
durch eine unzulässige Beeinflussung seitens der pharmazeu¬ 
tisch-chemischen Grohßindustrie zustande gekommen sei, legt 
der Unterzeichnete Ausschuß der Freien Vereinigung der deut¬ 
schen med. Fachpresse im Namen ihrer Mitglieder nachdrück¬ 
liche Verwahrung ein. Wäre Herr Heubner Mitglied unserer 
Vereinigung, so müßte er wissen, daß der Vertreter der phar¬ 
mazeutisch-chemischen Großindustrie bei Sitzungen, der Ver¬ 
einigung lediglich informatorisch zugegen ist, zu dem Zwecke, 
die med. Fachpresse in ihrem Kampfe gegen die Arzneimittel- 
Soldschreiber mit geeignetem Material zu versehen. Nur dieser 
Unterstützung hat die deutsche med. Fachpresse es zu ver¬ 
danken, daß sie innerhalb kurzer Zeit den Reinigungsprozeß 
so erfolgreich durchführen konnte. 

Wenn Herr Heubner ferner auf Versuche der pharma¬ 
zeutisch-chemischen Großindustrie, wichtige Publikationsorgane 
in ihrem redaktionellen Teil zu beeinflussen, hinweist, so er¬ 
warten wir von ihm das belastende Material zur weiteren Ver¬ 
folgung. 

Der Ausschuß der Freien Vereinigung der Deutschen 
medizinischen Fachpresse. 

Dr. B. Spatz. 


VII. Amtliche Mitteilungen, 

Zu besetzende Stellen von Medizinalbeamten. 

Die Kreisarztstelle für den Kreisarztbezirk Stralsund- 
Franzburg; Regierungsbezirk Stralsund, mit dem Amts¬ 
in Stralsund (jährliche Remuneration 1800 M.). 

(Veröffentlicht am 1. Juli.) 


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IW“ Für Krankenkassen zugelassen. '•B 


Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N. f Friedrichstrasse 131 B., für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin. 
Verlag von Oscar Coblentz. Kxpeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Carl Marschner. Berlin SW., Alexandrinenstrasse 110. 





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Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefel¬ 
präparats hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche 
nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche oben¬ 
drein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen 
Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatz¬ 
präparate anscheinend unter Mißbrauch unserer Marken,,Ichthyol“ 
und „Sulfo-ichthyolicuin“ auch manchmal fälschlicherweise mit 

Ichthyol 

oder 

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gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur 
unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klini¬ 
schen Versuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten 
wir um gütige Mitteilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn 
irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. 


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Das durch Erfahrung Erworbene und Erprobte, das uns 
schon von unseren Voreltern überkommen ist, nämlich die Er¬ 
nährung mit einfachsten, natürlichsten Stoffen, hat viele jener 
mit Posaunenstössen der Welt verkündeten, selbst unter dem 
empfehlenden Protektorate der Berühmtheiten auf den Markt 
gebrachten künstlichen Nährmittel überdauert. „Simplex veri 
sigillum“ (Das Kennzeichen des Wahren und Guten ist die Ein¬ 
fachheit). So ist es denn gekommen, dass bei der Ernährung 
von Schwachen, von Rekonvaleszenten, Greisen oder 
Magenleidenden neben Bouillon mit Graupen oder Haferschleim, 
neben Gelees und Flammeries, neben Pürees von Hühner- und 
Taubenfleisch und starken alten Süssweinen sich als tägliche 
Kost der schlichte, altgewohnte Milchzwiebackbrei immer als das 
Beliebteste erwiesen hat. Ihn findet man in der ärmsten Hütte 
wie im Palast, überall wo Kinder oder Kranke leicht und doch 
genügend ernährt werden sollen, und gerade diesem Umstande 
hat auch das Nestle’sche Kindermehl, ursprünglich nur für Kinder¬ 
ernährung bestimmt, welches ja nichts anderes als ein exquisit 
feines „Milch-Zwieback-Pulver“ ist und sein will und dessen 
Zubereitung nur heisses Wasser erfordert, seine unerschütterte, 
immer zunehmende Beliebtheit zu verdanken. 


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No. 29 XV. Jahrgang 


16. Juli 1910 


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(Sonderausgabe der Allgem. medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Dp« H. Lohnstein und Dr. Th. LohnsteEn 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedriclistr. 131B 
Fernspreck-Amt UI, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprecli-Amt VI, No. 3302 


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Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie siimtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnement« gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor ({uartalssciiliiss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


I nhaltsü h ersieht. 


1. Wissenschaftliche Mitteilungen. Aufrecht: Experi¬ 
mentelle Untersuchungen über die Resorbierbarkeit des „Feo- 
lathan“. 

Doevenspeck: Nephritis haemoglobinurica (Senator) bei 
Pneumonie. — Steinhaus: Beobachtungen über die Tuber- 
kulosehäufigkeit an Dortmunder Volksschulkindern im Schul¬ 
jahre 1906/07. — Fodor: Ungleiche Reaktion der Pupillen 
gegen Lichtreiz als Frühsymptom der Lungentuberkulose. — 
Klose und Vogt: Tuberkulose und Neubildung. — War¬ 
schauer: Zur Genese der Lebercirrhose. — Fleisch: Ueber 
Carcinommetnstasen im Gehirn — Barth: Ueber die Bezie¬ 
hungen der Migräne zu anderen Nervenkrankheiten. — Kausch: 
Die Behandlung des Hydrocephalus mit konsequenter Punktion 
— Pollak: Zur Hirnpunktion. — Hovesi: Beitrag zur opera¬ 
tiven Behandlung der angeborenen Gliederstarre (Littlesche 
Krankheit) mit Resektion hinterer Rückenmarks wurzeln. — 
Strauss: Beitrag zur Kenntnis der Wirkung des Scharlach R 
auf das Epithelwachstum. — Peel Ritchie: Experimentelles 
und Kritisches über die bakteriologische Bedeutung der Haut¬ 
drüsen und deren Sekrete bei der aseptischen Chirurgie. — 
Staffel: Ueber die schnellende Hüfte. — Rüge: Zur Patho¬ 
logie und Therapie der Nabelhernien der Erwachsenen. — 
Stii hm er: Ueber die Hernien der Bauchwand seitlich der Mittel¬ 
linie unter besonderer Berücksichtigung dnr Hernien der Linea 
semilunaris (Spigelii). — Senator: Gelenkrheumatismus nach 
operativem Trauma. — Wassermann: Ueber die kosmetische 


1. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Aus dem chemischen lind bakteriologischen Institut 
von Dr. Aufrecht, Berlin. 

Experimentelle Untersuchungen über die 
Resorbierbarkeit des „Feolathan“. 

Von 

Dr. S. Aufrecht. 

Von der Firma Goed ecke & Co., Chemische Fabrik, 
Berlin, wird seil einiger Zeit unter der Bezeichnung „Feola- 
than“ ein Eisenpräparat in den Handel gebracht, welches nach 
den Angaben der genannten Firma durch Sättigung von 
Ammon- und Eisenhydroxyd mit Milchsäure hergestellt wird 
derart, daß auf 4 Moleküle Milchsäure je ein Molekül Eisen 
und Ammonium kommen. DasPräparat ist als ein chemisch 
einheitlicher Körper und zwar als Doppelsalz analog dom 
schwefelsauren Eisen-Ammon (FeS0 4 [NHJ 2 S0 4 -j-6 HoO) 
gedacht. 

Ueber die Zusammensetzung und Eigenschaften dieses 
Körpers finden sich weder in der medizinischen noch in der 
pharmazeutisch-chemischen Literatur irgend welche An¬ 
gaben vor. 

Meine eigenen Untersuchungen haben folgendes Re¬ 
sultat ergeben: Das Präparat stellt eine grünliche, mus- 
artige, äußerst hygroskopische Kristallmasse vor, welche 
sich in Wasser und Alkohol mit zeisiggrüner Farbe löst. 

Die wässerige Lösung ist geruchlos und besitzt einen 
metallisch herben Geschmack. 

in Aethor, Chloroform, Benzin und Schwefelkohlen¬ 
stoff ist das Präparat fast unlöslich. Beim Stehen an der 
Luft, zersetzt sich allmählich das Präparat, was sich schon 
äußerlich durch eine Bräunung der Kristallmasse bemerkbar 
macht. Die einführende Firma bringt daher das Mittel in 
Pillenform auf den Markt. 

Beim Erhitzen des Präparates verkohlt die Substanz 
und hinterläßt eine rotbraune Asche, weiche ausschlie߬ 
lich aus Eisenoxyd bestellt. 

Die wässerige Lösung (1:10) reagiert sauer und gibt auf 
Zusatz von Kaliumferricyanidlösung selbst in stärkster Ver¬ 
dünnung eine tiefblaue Farbreaktion: 

Durch Kaliumferrocyanid entstellt nur eine hellblaue 1 


und therapeutische Anwendung des Paraffins auf dem Gebiete 
der Nasenkrankheiten. — Mayer: Pfählungsverletzuug in der 
Gravidität mit günstigem Ausgang für Mutter und Kind. — 
Weber: Beiträge zur Therapie der Nachgeburtsblutungen. -- 
Wunsch: Ueber ring- und kugelförmige Pessare bei der 
Behandlung des Scheidenvorfalls. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 15. Juni 1910. — 
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. Sitzung vom 
4 Juli 1910. — XIX. Versammlung der Deutschen Otologischen 
Gesellschaft. 

III. Therapeutische Notizen. Zickgraf: Die Anwendung von 
Limonen bei Lungenkranken. 

IV. Bücherschau. Schwalbe: Therapeutische Technik für die 
ärztliche Praxis. — Pritsch: Die Krankheiten der Prauen für 
Aerzte und Studierende. — Huxley: Grundzüge der Physio¬ 
logie. — Levy: Neurasthenie et neuroses. — Wachenfeld: 
Der Stoffwechsel und die Krankheiten des Herzens und der 
Gefäße. 

V. Feuilleton Heeg er: Das Königliche Bad Oeynhausen in 
seiner jetzigen Entwicklung. (Schluß.) 

VI. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinäl-Gesotz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Oniversitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. 

VII. Amtliche Mitteilungen. Personalia, 


Färbung. Mit Natronlauge gekocht, spaltet sich Ammoniak 
ab. Wird die wässerige Lösung mit rauchender Salpeter¬ 
säure erhitzt, hierauf Ammoniak im Ueberschuß heigefiigl 
und filtriert, so erhält man ein farbloses Filtrat, welches 
beim Eindampfen auf dem Wasserbade einen sirupartigen 
Rückstand hinterläßt. Beim Glühen desselben im Platin - 
scliälchen bleibt keine Spur eines wägbaren Rückstandes 
zurück. 

Durch Analyse wurden gefunden: 


Hygroskopisches Wasser 17,70% 
Gebundenes Wasser 24,30 ,, 

Milchsäure 48,34 „ 

Ammonium 2,54 „ 

Eisen 7,12 „ 


LTm mich davon zu überzeugen, ob däs Eisen des 
„Feolathan“ vom Organismus gul resorbiert wird, habe ich 
eine Reihe von Versuchen angestellt, deren Ergebnisse fol¬ 
gende sind. 

Für die ersten beiden Versuche benutzte ich 2 mittel¬ 
große Hunde im Gewichte von zirka 8 bezvv. 9>/» kg. 

Die eingeführte Nahrung wurde sorgfältig kontrolliert ; 
sie bestand in dem einen Falle aus Pferdefleisch und 
Wasser, im anderen Falle aus Pferdefleisch, Speck, Brot 
und Wasser. Nach einer mehrtägigen Vorperiode erhielten 
die Hunde außer dieser Nahrung noch bestimmte Mengen 
„Feolathan“ (in Wasser gelöst.). Ich schicke liier gleich 
voraus, daß die beiden Versuchstiere während der ganzen 
Versuchsdauer von diarrliöischen Stühlen und sonstigen 
krankhaften Zuständen befreit blieben; ebenso wenig war 
in dieser Zeit eine Abnahme der Freßlust zu beobachten. 

Der im Käfig über Nacht eingetrocknete Urin wurde 
hei der Untersuchung nicht berücksichtigt, da es sich nur 
um verschwindend kleine Urinverluste handelte, welche 
auf das Gesamtergebnis keinen nennenswerten Einfluß aus¬ 
üben konnten. Die Bestimmung des Eisens erfolgte in der 
Asche der bei 105° Celsius getrockneten Fäces bezw. des 
eingedampften Urins mittels Titration mit Uebermangan- 
siiure. Der Eisengehalt der Nahrung wurde gleichfalls 
in der Asche in bekannter Weise bestimmt. 

Sämtliche Analysenwerte bilden das Mittel aus min¬ 
destens zwei gut untereinander übereinstimmenden Re- 
s ul taten. 




446 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 29. 


In der ersten Versuchsreihe wurde ein zirka 8 kg 
schwerer Hund benutzt. Seine tägliche Nahrung bestand 
aus 200 g Pferdefleisch und zirka i/4 Liter Wasser (Lei- 
tungswasser). Vom vierten Tage ab erhielt das Tier noch 
0,5 g „Feoiathan“ (in Wasser gelöst) pro die. 

Tabelle I. 

Versuch I. 

Dauer des Versuches 7 Tage; Nahrung des Hundes pro die 200 g 
Pferdefleisch. 


Ver¬ 

suchs¬ 

tag 

Eisengehalt 

der 

Nahrung 

Harn- 

Menge 

Eisen 

im 

Harne 

Kotascho 

Eisen 
in der 
Asche 

Gesamt¬ 
menge des 
abge¬ 
schiedenen 
Eisens 

1 

0,014 g 

280 ccm 

0,0020 g 

1,85 g 

0,018 g 


2 

0,014 „ 

195 ., 

0,0020 ,, 

2,07 „ 

0,017 „ 


3 

0,014 „ 

260 „ 

0,002 > ,. 

2,30 „ 

0,014 „ 


4 

0,014 „|=|? 

220 „ 

0,0020 „ 

2,57 „ 

0,025 „ 


5 

0,014 „Ui! 

225 „ 

0,0030 „ 

2,52 „ 

0,027 

-0,120g 

0 

0,014 „ 5 

270 „ 

0,0025 „ 

2,84 „ 

0,025 ,, 


7 

0,014 ., US“ 

260 „ 

0,0075 „ 

2,70 „ 

0,028 „ 



Körpergewicht zu Beginn des 

Versuches. 7850 f 

Körpergewicht bei Beendigung 

des Versuches. 7870 , 

Eingeführt wurden . . .= 0,1948 , 

Mit Harn und Eaeces wurden 

abgeschieden. 0,1200 , 

Mithin wurden resorbiert bezw. 
in den Organen abgelagert 

gleich. 0,0748 

Versuch II. 


= 38,4 pCt. Fe. 


In dem folgenden Versuche erhält ein mittelgroßer Hund acht 
Tage hindurch täglich 125 g Pferdefleisch, 30 g Speck, 50 g Schwarz¬ 
brot und Wasser nach Belieben; vom neunten Tage ab außerdem 
1 g Feoiathan pro die._ 


Ver¬ 
such s- 
tag 

Eisengehalt 

der 

Nahrung 

g 

Körper¬ 

gewicht 

£ 

Harn¬ 

menge 

ccm 

Eisen- 

im 

Harn 

g 

Kotasche 

g 

Eisen 
in der 
Asche 

g 

Gesamt¬ 
menge des 
abgeschie¬ 
denen Fe. 

g 

1 

0,03 

7730 

235 

0,0016 

2,50 

0,016 



2 

0,03 

7730 

270 

0,0014 

2,47 

0,018 



3 

0,03 

7730 

210 

0,0020 

1,90 

0,018 



4 

0,03 

7750 

225 

0,0018 

2,66 

0,018 


0,139 + 

5 

0,03 

7760 

280 

0,0016 

2,47 

0,015 


0,240 

G 

0.03 

7750 

185 

0,0020 

2,42 

0,020 



7 

0,03 

7780 

270 

0,0020 

2,78 

0,016 



8 

0,03 

7760 

265 

0,0018 

2,40 

0,018 



9 

0,5 Feol. 

7780 

280 

0,0018 

2,90 

0,042 



10 

0,5 „ 

7780 

310 

0,0018 

2,47 

0,060 



11 

0,5 „ 

7800 

270 

0,0020 

2,60 

0,070 


0,0050 


Eingeführt wurden = 0,282 g Fe. 

Abgeschieden wurden = 0,177 g Fe. 

Mithin wurden resorbiert bezw. 

in den Organen abgelagert = 0,105 g = 37,23 pCt. Fe. 


Aus diesen beiden Versuchen ergibt sich, daß rund 
60 pCt. Feolothan mit den Fäces wieder abgeschieden 
wurden, während die Testierenden 40 pCt. im Körper ver¬ 
bleiben. 


Es bleibt somit noch die weitere Frage zu beant¬ 
worten, ob und inwieweit das aus dem Darmkanale resor¬ 
bierte Eisen einen Einfluß auf die Hämoglobinbildung aus¬ 
übt. Um diese Frage zu klären, habe ich eine weitere 
Reihe von Versuchen ausgeführt, zu denen ich ausschlie߬ 
lich Kaninchen verwendete. 

Der Hämoglobingehalt dieser Tiere schwankte bei Be¬ 
ginn der Versuche zwischen 47—60 pCt. 

V ersuch III. 

Beginn des Versuches am 5. Januar 1910. Kaninchen, 1500 g, erhält 
täglich 0,15 g Feoiathan in Wasser gelöst 
Hämoglobingehalt = 00 pCt. 


Datum 

Körper¬ 

gewicht 

Feoiathan 

Hämoglobin¬ 

gehalt 

Bemerkungen 

5. 

Jan 

1910 

1560 g 

0,15 g 

60 pCt. 

Der Hämoglo¬ 

6. 

„ 

1910 

— 

0,15 „ 

-r- 

bingehalt stieg 

7. 


1910 

— 

0,15 „ 

— 

somit im Verlauf 

8. 

„ 

1910 

1575 g 

0,15 „ 

62 pCt. 

der Versuchs- 

9. 

?» 

1910 

— 

0,15 „ 

— 

Periode lim 

10. 

>» 

1910 

— 

0,15 „ 

— 

10 pCt. und er¬ 

11. 

„ 

1910 

— 

0,15 „ 

— 

hielt sich bei 

12. 


1910 

1600 g 

0,15 „ 

65 pCt. 

weiterer Darrei¬ 

13 

„ 

1910 

— 

0,15 „ 

— 

chung von Feo- 

14. 

„ 

1910 

• — 

0,15 „ 

— 

lathan auf dieser 

15. 

„ 

1010 

1620 g 

0,15 „ 

70 pCt. 

Höhe. 

17. 

i) 

1910 

— 

0,15 „ 

— 


18. 

V 

1910 

— 

0,15 „ 

— 


24. 


1910 

1620 g 

0,15 „ 

70 pCt. 



Körpergewichtszuuuhme ~ 00 pCt. 
wesamtdosiö — 2,1 pCt. 

Zunahme des Hämoglobins = 10 pCt. 


Beginn des Versuohes am 20. Dezember 1909. Kaninchen 1870 g. 
Hämoglobingehalt — 52 pCt. 


Datum 

Körper¬ 

gewicht 

Feoiathan 

Hämoglobin¬ 

gehalt 

Bemerkungen 

20. Dezember 

1870 g 

0,1 g 

52 pCt. 


21. „ 


0,1 „ 

— 


22. „ 

— 

0,1 „ 

— 


23. 

— 

0,1 „ 

— 


24 

— 

0,1 „ 

52 pCt. 


25. 

— 

0,1 „ 

— 

Zunahme 13pCt. 

27. 

— 

0,1 „ 

— 


28. 

— 

0,1 „ 

— 


29. „ 

— 

0,1 „ 

— 



— 

0,1 ,. 

— 


31. 

1875 g 

0,1 „ 

65 pCt. 



Beginn des Versuches am 3. Januar 1910 Kaninchen 2020 g. 
Hämoglobiugehalt = 47 pCt. 


Datum 

Körper¬ 

gewicht 

Feoiathan 

Ilämoglobin- 
geli alt 

Bemerkungen 

3 

2020 g 

0,15 g 

47 pCt. 


4 

— 

0,15 „ 

— 


5 

_ 

0,15 „ 

_ 


0 

_ 

0,15 „ 


Der Hämoglo¬ 



0,15 ,, 


bingehalt liat 

8 


0.15 „ 


innerhalb der 

9 

_ 

0,15 „ 

_ 

Versuchs¬ 

10 

2050 g 

0,15 ., 

54 pCt 

periode eine Zu¬ 

11 

_ 

0,15 „ 

_ 

nahme um 

12 

— 

0,15 „ 

— 

19 pCt. erfahren. 

13 

— 

0,15 „ 

— 


14 

— 

0,15 „ 

— 


15 

2050 g 

0,15 „ 

66 pCt. 


Beginn des 

Versuches am 10. Januar 1910. Kaninchen 1800 g 
Hämoglobingehalt — 55 pCt 

Datum 

Körper¬ 

gewicht 

Feoiathan 

Hämoglobin¬ 

gehalt 

Bemerkungen 

10. Jauuar 

1800 g 

0,2 g 

55 pCt. 


11. 


0,2 „ 

— 


12. „ 

— 

0,2 „ 

— 


13 „ 

— 

0,2 „ 

— 

Das Tier ver¬ 

14 „ 

— 

0,2 „ 

— 

endet am 21. Ja¬ 

15. „ 

— 

0,2 „ 

— 

nuar. Todes-Ur- 

17. „ 

1780 g 

0,2 „ 

53 pCt. 

sache: Tuber¬ 

18. 


0,2 „ 

— 

kulose. 

19. „ 

— 

0,2 „ 

— 


20. 

— 

0,2 „ 

— 


21. 

— 

0,2 „ 

— 



Beginn des Versuches am 24. Januar 1910. Kaninchen 1020 g. 
Hämoglobingehalt — 52 pCt. 


Datum 

Körper¬ 

gewicht 

Feoiathan 

Hämoglobin¬ 

gehalt 

Hämoglobin- 

zunahme 

24. Januar 

1620 g 

0,2 g 

52 pCt. 

— 

25. „ 

— 

0,2 „ 

— 

— 

26. 

— 

0,2 „ 

— 

— 

27 „ 

— 

0,2 „ 

— 

— 

28. „ 

— 

0,2 „ 

— 

— 

29. 

— 

0,2 „ 

— 

— 

1. Februar 

— 

0.2 

— 

— 

2 . „ 

1650 g 

0,2 „ 

64 pCt. 

— 

3. „ 

— 

0,2 „ 

— 

— 

4- 

— 

0,2 „ 

— 

— 

5- „ 

— 

0,2 „ 

— 

— 

7. „ 

— 

0,2 „ 

— 

— 

8 . 

1650 g 

0,2 „ 

70 pCt. 

18 pCt. 


Aus meinen Untersuchungen ergeben sich folgende 
Schlüsse: 

1. Das Eisen des Feoiathan wird leicht und rasch im 
Tierkörper resorbiert; der Uebersehuß an Eisen wird 
größtenteils mit den Fäces wieder ausgesc.hiedon. 

2. Die Darreichung von Feoiathan- hat zur Folge, daß 
der Hämöglohingehalt der Versuchstiere nicht unwesent¬ 
lich gesteigert wird. 

3. Eine ungünstige Beeinflussung des Allgemein¬ 
befindens der Versuchstiere nach Darreichung selbst re¬ 
lativ großer Gaben von Feoiathan konnte ich in keinem 
Falle beobachten. 

Zum Schluß möchte ich noch mit wenigen Worten 
darauf hinweisen, daß ich weit davon entfernt bin, aus 
den angestellten Tieroxpcrimentcn. Rückschlüsse auf die 
Wirkung des T'oolathan am Menschen zu ziehen. Ich bin 
mir der Mängel, welche mit solchen Versuchen verknüpft 
sind, wohl bewußt; immerhin dürfte es sieh mit Rücksicht 
auf den günstigen Verlauf der Tierversuche empfehlen, 
Versuche mit dem Mittel an geeigneten Kranken in 
größerem Umfange apzusteRen. 











No. 29. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


447 


Di-- Wilhelm Doevenspeck (Essen): Nephritis haemoglobinurica 
(Senator) bei Pneumonie. (Deutsche med. Wochenschrift, 
1910, No. 20.) 

Verfasser beobachtete in drei Fällen von croupöser Pneu¬ 
monie, welche er im vorigen Jahre behandelte, das Auftreten 
von vorübergehender Hämoglobinurie. Die betreffenden Patien¬ 
ten waren 38, 17 und 70 Jahre alt, sämtlich Männer; die Krank¬ 
heit endigte in allen drei Fällen in Heilung. Die Untersuchung 
des Urins ergab in den drei Fällen, daß es sich um echte Hämo¬ 
globinurie handelte; das Zentrjfugat enthielt Leukocyten, Nieren- 
epithelien, vereinzelte hyaline und granulierte Zylinder, ganz 
vereinzelte Erythrocyten (Schatten), außerdem massenhafte, bei 
schwacher Vergrößerung schwarz bis dunkelbraun, bei starker 
bräunlichgelb aussehende körnige Zylinder, dazu reichlich 
Schollen und Detritus von derselben braungelben Farbe., Die 
filtrierten Urine enthielten Eiweiß (bis 0,2 pCt. Esbach); die 
Blutsera von zwei darauf untersuchten Patienten erwiesen sich 
rötlich gefärbt. Es handelt sich in diesen Fällen nach Verf. um 
eine Nephritis haemoglobinurica im Sinne von Senator. 

R. L. 

Steinhaus: Beobachtungen über die Tuberkulosehäufigkeit an 
Dortmunder Volksschulkindern im Schuljahre 1906/07. (Cen- 
tralblatt für öffentliche Gesundheitspflege, 1910, H. 1/2.) 
Verfasser hat die dortige Tuberkulosehäufigkeit nach dem 
Ergebnis der Obduktionen, nach dem Ergebnis der Mortalitäts¬ 
statistik und nach dem Ergebnis der klinischen Erfahrungen hin 
untersucht und kommt zu folgenden Schlußsätzen: 

1. Die Lehre Nägel is von der Verbreitung der Tuber¬ 
kulose bedarf für das kindliche Alter auf Grund der neueren 
Forschungen der Ergänzung nach folgenden Richtungen hin: 

a) Das Säuglingsalter ist nicht frei von Tuberkulose. 

b) In dem Zeitabschnitt vor Eintritt der Pubertät kommen 
ausgeheilte, latent inaktive Tuberkulosen vor. 

c) Die Infektion mit Tuberkulose erfolgt in der bei weitem 
größten Zahl der Fälle nicht im Pubertäts-, sondern im 
vorschulpflichtigen und ganz besonders im schulpflich¬ 
tigen Alter durch Kontakt. 

2. Die Erfahrungen, die an Obduktionen kindlicher Leichen 
gesammelt sind, lehren, daß etwa 75 pCt. der Kinder, die im 
schulpflichtigen Alter sterben, tuberkulöse Veränderungen auf¬ 
weisen. 

3. Durch die neuesten Untersuchungen darf es als Tatsache 
angesehen werden, daß mindestens 50 pCt. aller schulpflichtigen 
Kinder als tuberkuloseinfiziert anzusehen sind. Damit ist un¬ 
gefähre Uebereinstimmung mit den bei Obduktionen ermittel¬ 
ten Zahlen gewonnen. 

4. Die Tuberkulose des Kindesalters hat nach Einleitung 
einer rationellen Bekämpfung seit einigen Jahren — von 1905 
ab — eine bemerkenswerte Abnahme in der Mortalität gezeigt. 

5. Die an Lebenden in Ergänzung der Obduktionsbefunde 
und der Berechnung der Mortalität ermittelten Zahlen lehren, 
daß die kindliche manifeste, mit Veränderungen an den Lungen 
verbundene Tuberkulose, wie die der Erwachsenen, lokal eine 
ganz verschiedene Verbreitung hat; die Zahl der untersuchten 
eingeschulten kranken Kinder schwankt zwischen 1 und 17 pCt. 
(Grancher); soweit es sich um infizierte kranke Kinder 
handelt. 

6. Die Tuberkulose in ihren verschiedenen Formen ist die 
für die Schule bedeutsamste Kinderkrankheit. Die von Verf. 
für 1906/07 aufgestellte Statistik hat eine Erkrankuhgsziffer an 
Tuberkulose von 50 pCt. sämtlicher Krankheitsfälle ergeben. 

7. Das Dortmunder Material bestätigt die auch anderwärts 
festgestellte Tatsache, daß die weibliche Jungend prozentual 
häufiger an Tuberkulose erkrankt, woraus die Forderung ab¬ 
geleitet werden muß, ihr ganz besondere Aufmerksamkeit zuzu¬ 
wenden. 

.8. Die Sanierung der Bevölkerung gegenüber der Tuber¬ 
kulose wird größere Erfolge zeitigen, wenn die Bekämpfung 
mit allen zu Gebote stehenden Mitteln im Kindesalter einsetzt 
und bezüglich der direkten Behandlung der Erkrankungsfälle 
durch Errichtung von Kinderheilstätten und den Ausbau der 
Waldschulen eine Erweiterung erfährt. 

9. Der Schule fallen große Aufgaben zu bei dem Kampfe 
gegen die Tuberkulose. Insbesondere ist die schulärztliche 
Organisation berufen, bei dieser Aufgabe große Dienste zu 
leisten. Den Gemeinden erwächst die Pflicht, an diesem 
Kampfe sich zu beteiligen durch die Einrichtung von Schularzt¬ 
stellen in den Landesgebieten, wo sie bis jetzt nicht vorhanden 
sind. Eine von Verf. zusammengestellte Statistik ergibt, daß 
in ganz Deutschland nur etwas mehr als 1000 Schularztstellen 
bis zum 1. April 1909 vorhanden waren. Mühlschlegel. 

Dozent Dr. Geza Fodor (Abbazial: Ungleiche Reaktion der 
Punillen gegen Lichtreiz als Frühsymptom der Lungentuber¬ 
kulose. (Wiener med. Wochenschrift. 1910, No. 11.) 

Die Pupillendifferenz als eine Begleiterscheinung der halb¬ 
seitigen Lungentuberkulose ist zwar längst bekannt, wird aber 
in den meisten Lehrbüchern entweder überhaupt nicht oder nur 
flüchtig erwähnt, und zwar aus dem Grunde, weil sie verhält¬ 
nismäßig selten beobachtet und nicht genügend verläßlich ge¬ 


funden wurde, um zu diagnostischen Zwecken benützt werden 
zu können. Mit Rücksicht darauf, daß bei dem Verdachte einer 
Lungentuberkulose alle jene Symptome, welche leicht nach¬ 
weisbar sind und dabei eventuell die Frühdiagnose der Krank¬ 
heit ermöglichen, eine große Bedeutung haben können, unter¬ 
suchte Verfasser die Frage näher. Auf Grund dieser Beob¬ 
achtungen ist er nun zu der Ueberzeugung gekommen, daß das 
Symptom — wenn auch nicht in jedem einzelnen Falle — aber 
doch in der überwiegenden Mehrzahl vorhanden ist und bisher 
der Aufmerksamkeit wahrscheinlich nur deshalb entging und 
so selten beobachtet wurde, weil es überhaupt nur dann mit 
Sicherheit nachgewiesen werden kann, wenn die Untersuchung 
unter besonderen Kautel en ausgeführt wird. Nach Verfassers 
Erfahrungen kann die Pupillendifferenz entweder gar nicht 
oder nur selten nachgewiesen werden, wenn die Beobachtung 
der Pupillen bei zu hellem Lichte, z. B. am Tage zu nahe beim 
Fenster oder abends bei greller Beleuchtung, geschieht, wenn 
also die durch den Lichtreiz mehr oder minder verengten 
Pupillen verglichen werden; sie wird aber leicht erkennbar, 
wenn die Untersuchung in einem minderbeleuchteten Raume 
vorgenommen wird. In diesem Falle können wir uns überzeu¬ 
gen, daß die der erkrankten Lungenseite entsprechende Pupille 
sich lebhafter und bedeutender erweitert und am Ende der 
Reaktion weiter wird als die andere, bei nachfolgender Licht¬ 
einwirkung dagegen schwächer reagiert, sich langsam verengt, 
der anderen Pupille gegenüber zurückbleibt. 

Verfasser erklärt sich das ungleiche Verhalten der Pupillen 
gegen den Lichtreiz bei einseitiger Lungentuberkulose dadurch, 
daß der Brustteil des Sympathicus gereizt wird und dadurch an 
derselben Körperseite eine spastische Mydriase entsteht. Es 
ist klar, daß die Erscheinung nicht nur durch die halbseitige 
Lungentuberkulose allein, sondern auch durch alle übrigen 
Erkrankungen der einen Brusthälfte (Tumoren, Aneurysma, 
Pleuritis etc.) hervorgerufen werden kann, welche durch die 
Reizung des Brustsvmpathicus eine halbseitige Pupillenerweite¬ 
rung auslösen können. Auf Grund seiner Erfahrungen glaubt 
Verfasser jedoch, daß die ungleiche Reaktion der Pupillen 
gegen den Lichtreiz als leicht nachweisbares und verläßliches 
SyniDtom — unter Berücksichtigung der übrigen Krankheits¬ 
erscheinungen — sich in den meisten Fällen mit Vorteil ver¬ 
weilen läßt, um — auch bei negativem Lungenbefund — eine 
beginnende Lungentuberkulose zu erkennen, und uns sogar 
ermöglicht, schon frühzeitig auch den Sitz der Erkrankung fest¬ 
zustellen. 

Dr. H. Klose und Prof. Dr. H. Vogt (Frankfurt a. M.): Tuber¬ 
kulose und Neubildung. (Beiträge zur klinischen Chirurgie, 

1910, 66. Bd., H. I.) 

Dr. H. Klose berichtet über einen Fall, in welchem er. 
das koinzidierende Wachstum von Tuberkulose und Adeno- 
carcinom in einem und demselben Organe, der Brustdrüse, 
eindeutig konstatieren konnte. Rokitansky leugnete be¬ 
kanntlich, daß Tuberkulose und Krebs ein Individuum be¬ 
fallen könnten, obwohl schon Cruveilhier ein konkretes 
Argument liefern konnte. Später fiel man in das entgegen¬ 
gesetzte Extrem und behauptete, die Tuberkulose bereite dem 
Carcinom einen günstigen Boden. Jetzt weiß man, daß Tuber¬ 
kulose gemeinsam mit Carcinom in drüsigen Organen äußerst 
seltene und daher wichtige Vorkommnisse darstellen. Franco, 
der sich neuerdings mit der Kasuistik dieser Fälle befaßt hat, 
konnte nur 11 Fälle ans der älteren Literatur beibringen, denen 
er zwei eigene, die Brustdrüse betreffend, hinzufügt. Zwei 
weitere sind von Davis und Poncet-Leriche beschrie¬ 
ben worden Auch Orth besitzt Präparate eines solchen 
Falles von Adenom und Tuberkulose der Mamma. Verfassers 
Beobachtung vermehrt die Zahl der einwandfreien Fälle gleich¬ 
zeitiger Entwicklung von Tuberkulose und Tumor in der Brust¬ 
drüse auf 17. Ju K.'s Fall war bei der Operation das Adeno- 
carcinom so weit vorgeschritten, daß ein Kausalitätsverhältnis 
zwischen beiden Prozessen nach irgend einer Richtung anato¬ 
misch nicht statuiert werden kann. 

Vogt berichtet im Anschlüßen Kloses Beobachtung über 
einen Fall, der eine Kombination von Tumor und Tuberkulose 
im Bereich des Kleinhirns betrifft. Es handelt sich dabei um 
die Tatsache daß zu einem offenbar schon lange Zeit bestehen¬ 
den Gliom des Kleinhirns sich eine Tuberkulose hinzuent¬ 
wickelte. Es hatten in dem Fall schon sehr lange Zeit gering¬ 
fügige statische Störungen bestanden, bis sich schließlich in der 
Begleitung einer verbreiteteren Tuberkulose über einen größe¬ 
ren Teil der Körnerorgane auch Erscheinungen einer intensiver 
werdenden Kleinhirnerkrankimg zeigten. So ist schon aus dem 
klinischen Bild der tuberkulöse Prozeß als der jüngere anzu- 
sorechen. und es ist dies auch anatomisch wahrscheinlich, da 
das Glioma cerebri sicherlich zu den am langsamsten wachsen¬ 
den Tumoren gehört, die wir kennen. Kr. 

Dr. Ott« Warschauer /Frankfurt a. M.): Zur Genese der Leber- 
cirrliosc. (Deutsche med. Wochenschrift. 1910. No. 20.) 

Ueber die Genese der Lebercirrhose sind wesentlich zwei 
Theorien aufgestelt worden: nach der einen liegt eine Hepatitis 
interstitialis, eine primäre entzündliche Wucherung des peri- 



448 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 29. 


portalen bezw. perilobulären Bindegewebes mit sekundärem 
Zugrundegehen des Parenchyms vor; nach der anderen Theorie 
ist die Schädigung des Parenchyms das Primäre, die Wucherung 
des periportalen Bindegewebes ist ein sekundärer, kompen¬ 
satorischer Vorgang. Verfasser hatte nun Gelegenheit, bei 
einer Frau, welche infolge von Myodegeneratio cordis und 
doppelseitiger Nephritis interstitialis starb, bei der Sektion eine 
beginnende Lebercirrhose zu finden und mikroskopisch zu 
untersuchen. Dabei ergab sich keine nennenswerte Schädigung 
der Parenchymzellen, keine Bindegewebsneubildung innerhalb 
der Acini, dagegen lebhafte Neubildung und Wucherung des 
interazinösen, periportalen Bindegewebes. Der Fall zeigt nach 
Verf. jedenfalls, daß die in neuerer Zeit sich immer mehr Gel¬ 
tung verschaffende Lehre, daß die Lebercirrhose durch primäres 
Zugrundegehen des Leberparenchyms und regenerative sekun¬ 
däre Wucherung des interlobulären Bindegewebes entsteht, 
nicht für alle Fälle zutrifft. Für einige ist es notwendig, an 
der alten Lehre von der primären BindegeweOsneubaldung 
festzuhalten. R. L. 

P. Fleisch; Ucbcr Carcinommctastascn im Gehirn. (Dissertation, 
Jena 1909.) 

Bei jedem klinisch als primärer Hirntumor imponierenden 
Leiden muß stets an ein eventuell vorhandenes sekundäres 
Hirncarcinom gedacht werden; zur Sicherung der Diagnose sind 
folgende Gesichtspunkte maßgebend: 

1. Berücksichtigung des ganzen Krankheitsbildes (rapide 
Abmagerung, Kachexie, hohes Alter). 

2. Beachtung eventuell vorhandener geringfügiger Sym¬ 
ptome von seiten anderer Organe, besonders derjenigen Organe, 
welche bei primärer Carcinomerkrankung am häufigsten 
Metastasen im Gehirn machen. 

3. Besondere Beachtung verdient der ganze Komplex der 
Herdsymptome als solcher in bezug auf die Heterotopie der 
jedem einzelnen Herdsymptome entsprechenden Herde im Ge¬ 
hirn; die Berücksichtigung der eventuell vorhandenen Rücken¬ 
markssymptome. 

4. Das Fehlen oder schwache Ausgesprochensein der all¬ 
gemeinen Hirnsymptome kann gelegentlich zur Verstärkung 
der Diagnose verwertet werden (Fehlen der Stauungspapille, 
Verwaschenheit der Sprache etc.). 

Georg Barth: Ueber die Beziehungen der Migräne zu anderen 
Nervenkrankheiten. (Inaugural-Dissertation, Leipzig 1909.) 

Auf Grund seiner Krankengeschichten und der ein¬ 
schlägigen Literatur kommt Verfasser zu den folgenden Schlu߬ 
sätzen : 

1. Eine Umwandlung der Migräne in eine andere Nerven¬ 
krankheit scheint in äußerst seltenen Ausnahmefällen zu er¬ 
folgen und zwar in die ihr pathogenetisch mutmaßlich nahe¬ 
stehende Epilepsie. 

2. Das Zusammentreffen der echten Migräne mit anderen 
Nervenkrankheiten ist meist ein rein zufälliges, oft in der ver¬ 
erbten neuropathischen Anlage begründetes (Hysterie, Epilep¬ 
sie, Neurasthenie). Zumeist gehen beide Krankheitsprozesse 
nebeneinander her, ohne ineinander einzugreifen (Epilepsie, 
Hysterie, Neurasthenie, Tumor cerebri, Lues cerebri). Nur von 
der Tabes und der Paralyse wird die Migräne in ihren Er¬ 
scheinungsformen verändert. 

3. In allen Fällen, wo Migränefälle mit Symptomen anderer 

Nervenkrankheiten gepaart auftreten, hat man stets an die früher 
unterschätzte Häufigkeit des symptomatischen Auftretens der 
Migräne zu denken (bei Epilepsie, periodischer Oculomotorius¬ 
lähmung, Tabes dorsalis, progressiver Paralyse, Lues cerebri, 
Tumor cerebri). F. 

YV. Kausch: DieBehandlung des Hydroccphalus mit konsequen¬ 
ter Punktion. (Mitteilungen aus den Grenzgebieten der 
Medizin und Chirurgie, Bd. 21, H. 2.) 

Verfasser bringt in dieser Arbeit seine technischen Er¬ 
fahrungen und seine klinischen Erfolge resp. Mißerfolge bei 
der Behandlung des Hydrocephalus mit konsequenter Punktion 
an der Hand von zwei Fällen. Er warnt vor den komplizierten 
Methoden bei der operativen Behandlung des Hydrocephalus, 
weil die kleinen elenden Kinder dem schweren Eingriff fast 
ausnahmslos zum Opfer fallen, und glaubt auf Grund seiner 
Erfahrungen der einfachen Methode der Ventrikelpunktion das 
Wort reden zu müssen. 

Im 1. Falle wurden durch 13 Ventrikelpunktionen innerhalb 
44 Tagen 3035 ccm entleert. Der Kopf verkleinerte sich be¬ 
deutend. Das Kind ging leider an Enteritis zugrunde. 

Im 2. Faile wurden durch 9 Ventrikelpunktionen 857 ccm 
entleert. Es trat zunächst eine evidente Besserung ein. Der 
Tod dieses Kindes muß auf die allzu energisch vorgenommene 
Punktion gesetzt werden. 

Seine Erfahrungen faßt er in folgende Leitsätze zusammen: 

1. Bei weit offenem Schädel soll die Ventrikelpunktion 
energisch von den offenen Stellen aus vorgenommen werden. 

2. Stets ist der Druck am Anfang und Ende der Punktion 
zu bestimmen. 


3. Beim ersten Male sind in schweren Fällen bis 100 ccm 
abzulassen, der erhöhte Druck soll um etwa 20 cm Wasser, aber 
nicht tiefer als auf + 5 cm sinken; verträgt das Kind dies gut, 
so soll der Druck beim nächsten Male auf 0, später auf minus 
gebracht werden. Die einmalig abgelassenen Quanten können 
schließlich mehrere 100 ccm, bis 300 ccm betragen. 

4. Die Punktion ist jedenfalls zu wiederholen, sobald wieder 
ein positiver höherer Druck vermutet wird; wenn erforderlich 
täglich, sonst nach einigen Tagen, so lange bis der Schädel nor¬ 
male Größe erreicht. 

5. Bei negativem Druck, ferner bei infolge der Entleerung 
abstehenden Schädelknochen ist die Kompression anzuwenden. 

6. Lumbal punktiere man bei offenem Schädel nur in leich¬ 
teren Fällen oder in schweren später, wenn durch Ventrikel¬ 
punktionen erhebliche Besserung erzielt wurde und das Ab¬ 
lassen großer Quantitäten nicht mehr in Betracht kommt. 

7. Je weiter der Schluß des Schädels fortgeschritten ist. uni 
so vorsichtiger sei man besonders im Herbeiführen negativen 
Druckes; letzterer übersteige nicht die Fontanellenbreite. 

8. Bei geschlossenem Schädel ist sehr vorsichtig vorzugehen, 
negativer Druck völlig zu vermeiden, auch jede stärkere Herab¬ 
setzung des erhöhten Druckes in einer Sitzung, man lasse 
häufiger und jedesmal weniger all. Zunächst ist hier die konse¬ 
quente Lumbalpunktion zu versuchen. Erreicht sie nichts, so 
ist auch hier die konsequente Ventrikelpunktion von kleinen 
Bohrlöchern aus vorzunehmen, am besten in der Stirngegend. 

9. Die komplizierten Operationsmethoden sollen bei offenem 
wie bei geschlossenem Schädel erst versucht werden, wenn die 
konsequente und energische Punktion nicht zum Ziele führt. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Kurt Pollack (früher Oberarzt am städtischen Krankenhause 
zu Stettin): Zur Hirnpunktion. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 20.) 

Verfasser bespricht unter Mitteilung von einigen Fällen 
seiner Beobachtung einige Gesichtspunkte, welche bei der 
diagnostischen Hirnpunktion nach Neisser (Stettin) in Be¬ 
tracht kommen. Zunächst zeigt er an einigen Beispielen die 
Bedeutung der Hirnpunktion für die Diagnose des Hvdro- 
cephalus acquisitus beim Erwachsenen, sDeziell ermöglicht das 
Ergebnis der Hirnpunktion oft. einen Hirntumor mit Sicher¬ 
heit auszuschließen; gleichzeitig ist die Hirnpunktion in 
manchen Fällen von Hydrocephalus internus acquisitus von 
therapeutischem Nutzen, da es Fälle gibt, in denen nach der 
durch die Punktion bewirkten Entleerung des überschüssigen 
Liouor dauernde Heilung eintritt. Verfasser teilt einen der¬ 
artigen Fall mit. — Ein weiteres Gebiet, auf welchem die Hiru- 
nunktion oft von Nutzen ist sind die oberflächlichen 'lokalen 
Flüssigkeitssammlungen in der Schädelhöhle; es kommen hier 
in Betracht: 4. die umschriebenen entzündlichen Prozesse der 
Meningen mit ihrem Produkt, dem serösen, eventuell eitrigen 
Exsudat; 2. die Meningealcysten und die davon teilweise 
schwer trennbaren Zysten der Oberflächlichsten Gehirnschich¬ 
ten; 3. die extra- und intraduralen Hämatome. In diesen 
Fällen ist die Hirnpunktion nicht nur von diagnostischem Wert, 
sondern sie genügt unter Umständen auch, um einen Rückgang 
der Erscheinungen herbeizuführen und erspart die sonst not¬ 
wendige Operation. Verfasser teilt z. B. einen Fall einer ober¬ 
flächlich im Kleinhirn oder über diesem gelegenen Cyste mit, 
in welchem bei einem moribund erscheinenden Patienten durch 
einmalige Punktion sofortiger Rückgang der Erscheinungen und 
nach sechs nochmaligen späteren Punktionen dauernde Heilung 
eintrat. Ferner berichtet Verfasser über zwei Fälle von trau¬ 
matischen Hämatom der Dura, in denen durch die Punktion 
Heilung erzielt wurde. — Von Wichtigkeit hat sich die Hirn¬ 
punktion schließlich erwiesen für die Diagnose des Hirn- 
abscesses. sowohl nach der positiven wie negativen Seite hin. 
Auch hierfür führt Verfasser einige Beispiele an, welche zeigen, 
daß man ohne die Hirnuunktion zu ganz falschen Annahmen 
bezüglich der Diagnose kommen kann, daß manchmal nur die 
Hirnpunktion das Fehlen oder Vorhandensein eines Abscesses 
aufdeckt, was für die Behandlung natürlich von der größten 
Wichtigkeit ist. 

Dr. .T. Hcvesi (Klausenburul: Beitrag zur oncraiiven Behand¬ 
lung der angeborenen Gliederstarre tlJttleselie Krankheit) 
mit Resektion hinterer Rückenmarks wurzeln, (Deutsche 
med. Wochenschrift. 1910, No. 19.) 

Auf Grund theoretischer Ueberlegungen hat vor einigen 
Jahren der Breslauer Neurologe O t f r i e d Foerster vor- 
vorgeschlagen. bei gewissen SDastisch-nareti.schen Zuständen, 
insbesondere bei der L i 111 e sehen Krankheit, um den Spasmus 
zu beseitigen, die hinteren Rückenmarkswurzeln zu durch- 
schneiden. Die zu durchtrennenden sensiblen Wurzeln ge¬ 
hören denselben Rückenmarkssegmenten an welche die spina¬ 
len Kerne der affizierten Muskelgrunnen beherbergen Bei 
Paraplegien der Beine kommen lumbale und saarale Hinter¬ 
wurzeln in Fraue. Die erste derartige Oneration führte im 
Mai 1907 Prof. Tietze auf Foersters Anregung aus. und 
der funktionelle Erfolg entsprach dem Erwartungen. Verfasser 



No. 29. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


449 


hatte nun ebenfalls Gelegenheit, die Foerstersehe Opera¬ 
tion auszuführen, und zwar bei einem 11 jährigen Mädchen mit 
einer schweren spastischen Paraplegie beider Beine. Beide 
untere Extremitäten waren in den Hüftgelenken in Flexion,. 
Adduktion und Innenrotation, in den Kniegelenken in mittlerer 
Flexion, in den Sprunggelenken in Mittelstellung fixiert; die 
Sehnenreflexe waren stark erhöht. Ohne Stütze konnte das 
Kind nicht gehen, und sich nur mühsam einige Schritte fort¬ 
bewegen. "Verfasser machte die Operation: Laminektomia und 
Rhizectömia spinalis posterior lumbosacralis im Januar d. J. 
Bauchlage, Beckenhochlagerung, vorwiegend Aethernarkose, 
nur im Exzitationsstadium wenige Tropfen Chloroform. Die 
Domfortsätze des 1.—5., die Bögen des 2.-5. Lendenwirbels 
sowie die hintere Wand des oberen Teiles des Sacralkanals 
wurden mittels einer L ü e r sehen Zange abgekniffen. Nach 
Durchschneidung der Ligamenta interspinalia und des sonsti¬ 
gen darüber liegenden Bindegewebes wurde die Dura ge¬ 
spalten und dann links die 2., 3., 5. lumbale und zweite sacrale 
hintere Wurzel, rechts die 2. und 4. lumbale und die erste 
sacrale Wurzel reseziert. Es wurde die Wunde jetzt vorläufig 
geschlossen und die endgültige Wundversorgung (Verschluß der 
Dura, Vereinigung der Muskulatur, Hautnaht usw.) erst am 
nächsten Tage gemacht. Der weitere Verlauf war gut. — Un¬ 
mittelbar nach der Operation trat ein Nachlassen der MuskeL- 
rigidität ein; ebenso ging die Steigerung der meisten Reflexe 
zurück. Passive Bewegungen konnten sofort ausgeführt werden. 
Im Laufe der nächsten Wochen wurden sowohl die passiven 
wie auch die willkürlichen Bewegungen immer ausgiebiger 
vollzogen. Um die bestehenden Schrumpfungskontrakturen zu 
überwinden, wurde die Patientin von der fünften Woche an 
nachts auf ein Gipsbett mit gespreizten, gestreckten und aus¬ 
wärts gerollten Beinen festgebunden. Von der sechsten Woche 
an wurde das Stehen und Gehen geübt; im Anfang mit Unter¬ 
stützung durch zwei Personen, dann im Laufbarren. Von der 
siebenten Woche an kann das Kind gehen, wenn auch noch lang¬ 
sam und zögernd mit etwas gebeugten Knien und Hüftgelenken. 
Gröbere Sensibilitätsstörungen sind nach der Operation nicht 
eingetreten, ebensowenig Erscheinungen von Ataxie. Die 
Patientin wurde nach acht Wochen aus der Klinik entlassen; 
durch Uebungstherapie muß die Funktion der Muskulatur der 
Beine noch weiter verbessert werden. 

Dr. M. Strauss (Nürnberg): Beitrag zur Kenntnis der "Wirkung 
des Scharlach R auf das Epithelwachstum. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 19.) 

Verfasser berichtet über seine Erfahrungen bei der Ver¬ 
wendung des ScharlachRin der Wundbehandlung. Er ver¬ 
wendet die Substanz in Salbenform, gewöhnlich in 8 proz. Kon¬ 
zentration; die Salbe wird so hergestellt, daß man Scharlachrot- 
Grübler in Chloroformöl löst und das Gemenge frei verreibt, bis 
alles Chloroform verdunstet ist. Aus der übrigbleibenden 
öligen Lösung wird mit Vaselin, flavum eine 8 proz. Salbe her¬ 
gestellt; eine solche wird auch fertig von der B r etschnei¬ 
de r sehen Apotheke in Berlin geliefert. Bei jugendlichen 
Personen oder bei sehr zarter empfindlicher Haut, vor allem 
im Bereich des Gesichts und der Achselhöhle, gebraucht er auch 
eine 4 proz. Salbe. Die Salbe wird messerrückendick auf eine 
vierfache Lage Verbandsmull gestrichen, dessen Größe un¬ 
gefähr der Ausdehnung der Wunde entspricht. Nur Wunden 
mit guten Granulationen, d. i. reine, frischrote, flache, nicht 
ödematös gequollene Flächen sollen mit der Salbe verbunden 
werden. Bei unreinen, jauchenden Wunden oder solchen mit 
eitrigen Belägen ist die Salbe wertlos. Die Salbe soll im all¬ 
gemeinen nicht länger als 24 Stunden auf der Wunde bleiben, 
da sie anfangs oft Reizerscheinungen im Bereich der Wunde 
und ihrer Umgebung bedingt. Wenn diese fehlen, kann der 
folgende Verband ebenfalls wieder mit Scharlachsalbe gemacht 
werden, bei vorhandenen Reizerscheinungen ist ein feuchter 
Verband mit essigsaurer Tonerde oder ein solcher mit Borsalbe 
anzulegen, der dann mit dem Scharlachsalbenverband alter¬ 
nieren kann. Die ersten Scharlachsalbenverbände bedingen in 
allen Fällen einen feinen, grauweißen Belag auf den Granu¬ 
lationen und eine etwas stärkere Sekretion. Wenn die Salbe 
keine Reizerscheinungen macht, kann der Verband auch zwei¬ 
mal 24 Stunden liegen bleiben. Ein zeitweise angelegter feuch¬ 
ter oder Borsalbenverband ist jedoch im Interesse einer guten 
Wirkung der Scharlachsalbe notwendig. Die Hauptwirkung 
der Scharlachsalbe besteht in der Beförderung der Epitheli¬ 
sierung, die in einzelnen Fällen T h i e r s c h sehe Transplan¬ 
tationen unnötig macht, sowie in der Bildung eines derben, 
dicken Epithels, das vor allem bei Wunden im Bereich der 
Gelenke wertvoll ist. Ferner werden auch Kontrakturen und 
Narbenspannungen vermieden. Deshalb ist die Schariachsalbe 
in erster Linie für Brandwunden indiziert, die auffallend rasch 
zur Vernarbung gelangen. Ferner erzielte Verfasser gute Er¬ 
folge bei Unterschenkelgeschwüren, bei den Granulationen nach 
Karbunkeln usw. Ein schädlicher Einfluß auf die Wunde wurde 
bei geeigneter Verwendung bisher nicht beobachtet. Zum 
Schluß bemerkt der Verfasser, daß die wirksame Komponente 
im Scharlach R das Amidoazotoluol ist, welches neuer¬ 


dings ebenfalls in Salbenform (8 proz. Konzentration) unter de)' 
Bezeichnung Scharlachsalbe für die Wundbehandlung in ■ den 
Handel gebracht wird. K. l 

L. C. Peel Ritchie: Experimentelles und Kritisches über die 

bakteriologische Bedeutung der Hautdrüsen und deren 

Sekrete bei der aseptischen Chirurgie. (Archiv für klinische 

Chirurgie, Bd. 91, H. 2.) 

R. sucht auf Grund erneuter Experimente die bisher all¬ 
gemein verbreitete Mikulicz sehe Lehre zu widerlegen, nach 
welcher die Schweißdrüsen und Ausführungsgänge der nor¬ 
malen Haut Keime beherbergen. Der fettige Sekretstrom ver¬ 
hindert die Ansiedlung von Bakterien. Nur unter abnormen 
Bedingungen, z. B. an einer sehr trockenen rauhen Haut, welche 
der natürlichen fetten Schutzdecke entbehrt, sowie durch Ein¬ 
reiben der Mikroorganismen können wohl Keime in die Aus¬ 
führungsgänge eindringen, sie werden aber sehr rasch wieder 
eliminiert. Jedenfalls kann die Chirurgie das Schweißsekret 
als eine Quelle der Reinfektion außer Betracht lassen. Auch 
in die Haarfollikel können Mikroorganismen nicht leicht ein¬ 
geführt werden und nie soweit, daß deren Entfernung auf 
mechanischem Wege nicht möglich wäre. Künstlich in die 
Haarfollikel durch Einreiben eingeführte Keime dringen nicht 
in die Drüsen ein und werden rasch wieder eliminiert, so daß 
also auch der Inhalt der Haarfollikel für die Durchführung der 
chirurgischen Asepsis Kaum eine praktische Bedeutung hat. 

F. Staffel: Ueber die schnellende Hüfte. (Archiv für klinische 

Chirurgie, Bd. 91, H. 1.) 

Unter den Namen schnellende Hüfte, schnappende Hüfte, 
Hanche ä ressort, Luxatio tractus ileofemoralis ist in den letzten 
Jahren mehrfach eine Erscheinung beschrieben worden, welche 
darin besteht, daß sich beim Vorwärts- und Rückwärtsbewegen 
des Oberschenkels im Hüftgelenk ein sehniger Strang über dem 
Trochanter major hin- und herbewegt. Es handelt sich hier 
streng genommen nur um die Uebertreibung eines physiologi¬ 
schen Vorganges. In der Mehrzahl der bisher publizierten 
11 Fälle bestanden weder Beschwerden noch Funktionsstörun¬ 
gen. Immer handelt es sich um den Teil der Fascia lata, ins¬ 
besondere des M a i s s i a t sehen Streifens, welcher von der 
Crista ilei abwärts über dem Trochanter major herabzieht und 
sich sogar über das Kniegelenk hinaus bis in die Untersehenkel- 
fascie erstreckt. Aus diesen anatomischen Verhältnissen er¬ 
klärt sich auch die Tatsache, warum bei gebeugtem Knie, d. i. 
verminderter Spannung des M a i s s i a t sehen Streifens das 
Schnappphänomen in der Regel nicht zu erzielen ist. Der von 
Staffel beobachtete Fall gehört nun zweifelhaft zu den patho¬ 
logischen. Denn das Phänomen war hier in ziemlich unmittel¬ 
barem Anschluß an einen Fall auf die Hüfte aufgetreten. Legte 
man die Hand auf den großen Rollhügel und ließ den Patienten 
in stehender Haltung das Hüftgelenk bewegen, so konnte man 
deutlich fühlen, wie bei Bewegung und Streckung ein strang¬ 
artiger Körper unter schmerzhaftem Schnappen sich über den 
großen Rollhügel nach vorn bezw. hinten bewegte. Noch nach 
vier Jahren bestanden Schmerzen, hinkender Gang und eine 
fühlbare Verdichtung des M a i s s i a t sehen Streifens. In drei 
bisher publizierten Fällen ist durch operative Anheftung des 
Stranges an das Periost des Trochanter major Heilung erzielt 
worden. ' In der Mehrzahl der Fälle, in welchen es sich wie 
gesagt mehr um einen übertriebenen physiologischen Vorgang 
handelt, erübrigt sich eine besondere Behandlung. 

E. Rüge: Zur Pathologie und Therapie der Nabelhernien der 

Erwachsenen. (Archiv für klinische Chirurgie, Bd. 91, H. 1.) 

R. berichtet auf Grund des großen Materiales von Körte 
über 79 Fälle von Nabelbruchoperationen. Die große ätiolo¬ 
gische Bedeutung der Fettleibigkeit geht schon daraus hervor, 
daß 72 von diesen 79 Kranken fettleibig waren. 60 mal han¬ 
delte es sich um Frauen und nur 19 mal um Männer. Während 
die angeborenen Hernien der Kinder auf mangelhaftem Ver¬ 
schluß des Nabelringes brühen, entstellen diese erworbenen 
Hernien infolge von Dehnung und Durchwachsung der Fascien- 
lamellen der Bauchwand infolge der zunehmenden Fettentwick¬ 
lung. Wiederholte Schwangerschaften begünstigen die Entwick¬ 
lung ohne Zweifel. 

Die Nabelhernie verursacht im Beginn wenig Beschwerden 
und so entschließen sich die Kranken meist dann erst zur Ope¬ 
ration, wenn sekundäre Veränderungen des Bruchinhaltes oder 
exzessives Wachstum desselben sie dazu zwingen. Dabei 
ist die Gefahr der Incarceration bei den Nabelhernien ganz be¬ 
sonders groß. Zwei Drittel der 79 Fälle, über welche R. berich¬ 
tet, waren incarceriert, neun davon sogar mit kompletter Gan¬ 
grän. Hieraus erklärt sich auch die relativ hohe Mortalität der 
Operation (18 pCt.); von den neun Fällen mit bereits eingetrete¬ 
ner Gangrän des Darmes starben allein 7, während bei den 
übrigen 47 eingeklemmten Hernien die Mortalität nur 16 pCt. 
beträgt und von 27 nicht eingeklemmten Nabelbrüchen kein 
Fall tötlich endigte. Die Gefahren der Radikaloperation der 
Nabelbrüche liegen mehr in dem Allgemeinzustand der fett- 





460 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 



süchtigen Patienten, als in den eventuellen lokalen Kompli¬ 
kationen. Findet man den Nabelbruch kompliziert durch Fett¬ 
herz, Myokarditis, Zirkulationsstörungen, Bronchitis, Dyspnoe, 
so empfiehlt sich eine auf Besserung dieser Komplikationen ab¬ 
zielende Vorbehandlung. 

Je besser die Muskulatur der geraden Bauchmuskeln er¬ 
halten ist, um so größere Chancen hat die Radikaloperation, 
welche prinzipiell darin zu bestehen hat, daß die Muskulatur 
der oft weit auseinandergewichenen Musculi recti abdominis 
wieder aneinander gebracht und vernäht wird. Diese Methode 
bringt bei einigermaßen kräftigen Leuten der mittleren Jahre 
einen Dauerheilungsprozentsatz von 93 pCt. 

Ist, wie leider so häufig der Fall, die Degeneration und 
Auffaserung der Muskulatur so weit vorgeschritten, daß eine 
Naht derselben sich nicht mehr ausführen läßt, so sinkt sofort 
die Aussicht auf Radikalbeseitigung der Hernie um ein be- 
trächliches, auch wenn es gelingt, die vordere und hintere 
Rektusscheide isoliert in Etagen zu nähen. Die auf diese Weise 
erzielten Dauerheilungen betragen 70 pCt. 

Die weitere Erfahrung aber ist ebenfalls zu beachten, daß 
es im allgemeinen nicht genügt, die operierten Patienten einige 
Monate nach der Operation zu beobachten, um sie dann An¬ 
dauernd geheilt zu erklären. Solange die schwere Fettleibig¬ 
keit, an welcher die meisten von ihnen leiden und welche 
in der Aetiologie der Nabelbrüche die aus¬ 
schlaggebende Rolle spielt, fortbesteht, ist jederzeit 
die Gefahr des Rezidivs vorhanden. Rüge konnte nachweisen, 
daß noch nach sieben Jahren trotz gelungener Operation bei 
Fettleibigen Rezidive auftreten können. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Alfred Stühmer, Assistent der chirurgischen Klinik zu Bres¬ 
lau: Ueber die Hernien der Bauchwand seitlich der Mittel¬ 
linie unter besonderer Berücksichtigung der Hernien der 

Linea semilunaris (Spigelii). (Beiträge zur klinischen 

Chirurgie, 1910, Bd. 66, H. 1.) 

Sieht man von Traumen ab, so können nur zwei Momente 
zur Entstehung solcher Brüche führen, nämlich entweder an¬ 
geborene Lücken in den muskulären oder aponeurotischen Be¬ 
standteilen der Bauchdecken oder Gefäßlücken, die durch 
irgendwelche Einflüsse ausgeweitet werden. Wenn nun auch 
nicht bestritten werden kann, daß gelegentlich auch einmal ein 
kleiner Defekt zur Bildung einer Hernie der Bauchwand führen 
kann, so ist doch eine andere Art der Entstehung sicher die 
weitaus häufigste. Es ist dies die Ausweitung der Kanäle, die 
normalerweise nur den Gefäßen und Nerven den Durchtritt 
gestatten. Die wichtigsten Blutgefäße, die in Betracht kom¬ 
men, sind die Verzweigungen der Art. epigastrica inferior, die 
Art. circumflexa ilium prof., die Art. epigastrica superior und 
die untersten der Art. intercostales und lumbales. Irgend eine 
konstante Beziehung dieser Gefäßlücken zu der Linea semi¬ 
lunaris (Spigelii) konnte Verf. nicht feststellen, und er glaubt 
daher, daß es nicht berechtigt ist, diese Hernienform von den 
übrigen abzutrennen, namentlich da eine besondere nur ihr 
zukommende Aetiologie nicht nachzuweisen ist. 

Was die Gelegenheitsursache betrifft, die bei der Ent¬ 
stehung unserer Hernien mitwirken, so kann jede abnorm starke 
Dehnung der Bauchdecken das Erscheinen von Brüchen be¬ 
dingen. Solche Dehnungen sind ganz gewöhnlich bei wieder¬ 
holten Schwangerschaften. Starke Fettleibigkeit wirkt ebenfalls 
begünstigend, indem besonders in den Gefäßkanälen sich reich¬ 
lich Fettgewebe ablagert und als minder widerstandsfähig dem 
Vordringen von Hernien weniger entgegenwirkt. Besonders 
wenn dann durch irgendwelche Umstände eine starke Abmage¬ 
rung eintritt, läßt sich dieser Mechanismus verstehen. Viel 
wesentlicher ist jedoch die Rolle, die jene kleinen subperito¬ 
nealen Lipome bei der Ausweitung der präformierten Gefä߬ 
lücken spielen, die auch so häufig zur Entstehung anderer Her¬ 
nien, besonders der epigastrischen führen. — Pathologisch¬ 
anatomisch bieten diese Hernien manches Interessante dar. 
Ihre Größe ist außerordentlich verschieden. Weitaus am häufig¬ 
sten handelt es sich um anfangs unsichtbare Vorwölbungen, die 
dann allmählich oder gelegentlich der Einklemmung eine ziem¬ 
lich ansehnliche Größe gewinnen. Die Form des Bruchsackes 
weist eine außerordentliche Mannigfaltigkeit auf, die hauptsäch¬ 
lich bedingt ist durch den Weg, den die Hernie bei allmählicher 
Vergrößerung zwischen den einzelnen Schichten der Bauchwand 
nimmt. Bei den meisten Fällen handelt es sich um rundliche, 
oder eiförmige Vorwölbungen, aber auch schräg zwischen den 
Schichten der Bauchwand verlaufende würfelförmig lang¬ 
gestreckte Bruchsäcke sind mehrfach beschrieben worden. Die 
Beschaffenheit der Bruchpforte bei den einzelnen Fällen ist 
typisch zu nennen. Alle Autoren beschreiben sie als kreis¬ 
runde oder etwas mehr querovale Ringe. Die Größe der Bruch¬ 
pforten ist im ganzen wechselnd, doch fällt auf, daß ganz kleine 
Oeffnungen von etwa 5—10 Pfennigstückgröße bei weitem vor¬ 
herrschen. Die Tatsache läßt es begreiflich erscheinen, daß 
erstens diese Brüche einen auffallend hohen Prozentsatz von 
Incarcerationen auf weisen und daß zweitens die Incarcerationen 


No. 29. 

sehr schnell zu schweren Veränderungen des eingeklemmten 
Teiles führen. Jene engen fibrösen Ringe, wie sie meist vor¬ 
liegen, bewirken sofort eine außerordentlich feste Umklamme¬ 
rung mit völliger Sistierung der Zirkulation in dem betroffenen 
Darm. Dazu kommt die eigenartige Beschaffenheit der Ränder 
dieser an sich schon sehr engen ßruchpforten. In der Regel 
zeigen die Ringe eine scharfe Umgrenzung von derben fibrösen 
Zügen, die nur sehr geringe Elastizität besitzen. Außerordent¬ 
lich häufig machen diese Brüche lange Zeit gar keine Symptome, 
so daß der Träger keine Ahnung von seinem Leiden hat. Die 
meist nur kleinen Vortreibungen bleiben in dem gerade in den 
Bauchdecken so reichlichen Fettpolster so lange völlig unbe¬ 
merkt, bis bedrohliche Komplikationen die Aufmerksamkeit des 
Untersuchers darauf lenken. Unbestimmte ziehende oder 
stechende Schmerzen im Abdomen, Verdauungsstörungen und 
leichte Störungen des Allgemeinbefindens können lange Zeit die 
einzigen Anzeichen einer bestehenden Hernie sein. In den 
meisten Fällen wird ein vorhandener Bruch dem aufmerksamen 
Beobachter nicht entgehen, sofern dieser überhaupt an die 
Möglichkeit des Vorliegens einer so seltenen Erkrankung denkt. 
Die Palpation ergibt dann in der Regel eine rundliche Vor¬ 
wölbung an der Stelle des Schmerzpunktes. Therapeutisch 
gelten für diese Hernien genau wie für alle anderen die ge¬ 
bräuchlichen Regeln. Prognostisch ist das Bestehen eines 
Bruches von der in Rede stehenden Art nicht sehr günstig zu 
beurteilen, da die Gefahr der Einklemmung eine große ist. Man 
wird gut tun, dem Patienten in jedem Falle zur operativen Be¬ 
seitigung zu raten, die im allgemeinen für gefahrlos erklärt 
werden kann. Die Prognose der Incarceration ist insofern un¬ 
günstig, als die enge Einschnürung schon sehr schnell schwere 
Veränderungen hervorruft. 

Dr. Max Senator, Spezialarzt in Berlin: Gelenkrheumatismus 

nach operativem Trauma. (Medizinische Klinik, 1910, No. 8.) 

Der Zusammenhang von akutem Gelenkrheumatismus und 
Affektionen des Halses, besonders den verschiedenen Formen 
der Angina, ist bekannt. Weniger geläufig ist die Kenntnis vom 
Auftreten des Gelenkrheumatismus nach Affektionen oder Lä¬ 
sionen in anderen Teilen der oberen Luftwege. In vorliegendem 
ist von den Läsionen der Nase als eventuellen Eingangspforten 
die Rede. Verf. erlebte folgenden Fall: Ein junges, sonst ge¬ 
sundes Mädchen von 21 Jahren wurde von ihm wegen Schleim¬ 
hauthypertrophie beider Nasenhälften operiert. Zuerst wurde 
an der linksseitigen unteren Muschel mittels schneidendem 
Konchotom eine polypenartige Schwellung entfernt, der 
Heilungsverlauf war in örtlicher und allgemeiner Hinsicht völlig 
gut und ohne jede Störung. Nach acht Tagen wurde auf der 
anderen, rechten Seite teils mit der kalten Drahtschlinge, teils 
ebenfalls mit dem schneidenden Konchotom an der unteren 
Muschel ein ähnlicher Eingriff vorgenommen, der unter gleich¬ 
langer Tamponade wie bei der ersten Operation (16—17 Stun¬ 
den) wiederum ohne jeglichen Zwischenfall ablief. Nach weite¬ 
ren acht Tagen wurden nochmals auf der bereits vor vierzehn 
Tagen erstmalig operierten linken Seite einige Reste der 
Muschelschwellung mit der kalten Drahtschlinge und dem 
Konchotom abgetragen. Abgesehen von einer etwas stärkeren 
Blutung, die aller Wahrscheinlichkeit nach auf die noch vor¬ 
handene Reaktion der Gewebe zu beziehen war, verlief auch 
diesmal vorerst alles gut. Die mäßige Blutung ließ sich ohne 
weiteres durch die übliche wiederum 16—17 Stunden dauernde 
Tamponade mit steriler Gaze zum völligen Stillstand bringen. 
Indessen nach ungefähr fünf bis sechs Tagen erkrankte die 
Patientin an akuter fieberhafter Polyarthritis rheumatica der 
Knie- und Fußgelenke, nebst leichter, aber deutlicher Endo¬ 
karditis. Der Verlauf war ein sehr hartnäckiger und lang¬ 
wieriger. Kr. 

Dr. M. Wassermann (München): Ueber die kosmetische und 
therapeutische Anwendung des Paraffins auf dem Gebiete 
der Nasenkrankheiten. (Münch, med. Wochenschr., 1910, 
No. 20.) 

Verfasser bespricht kurz seine Erfahrungen auf dem Gebiet 
der Paraffininjektionen bei Deformitäten und Krankheiten der 
Nase. Die der Methode anhaftenden Gefahren sind verschwun¬ 
den, seitdem es der Technik gelungen ist, Spritzen zu kon¬ 
struieren, welche gestatten, Paraffin von höherem Schmelzpunkt 
als Körpertemperatur in kaltem Zustand und fester Form dem 
Organismus einzuverleiben. Verfasser bedient sich seit drei 
Jahren der Lermoyez-Mahnsehen Spritze. Sie gestattet 
ein Paraffin vom Schmelzpunkt 42—45° in starrer Konsistenz 
einzuspritzen. Solches Paraffin ist nach Verfasser besonders 
zum Gebrauch geeignet, wenn es durch Mischen von Vaselin 
mit härterem Paraffin dargestellt wird. Selbstverständlich muß 
es vor der Injektion fraktioniert sterilisiert werden und die Ein¬ 
spritzung selbst unter aseptischen Kautelen stattfinden. Die 
Injektion kann man unter Lokalanästhesie vollständig schmerz¬ 
los ausführen. In geeigneten Fällen kann man nach Eck¬ 
stein das Paraffin in entsprechende Stücke geschnitten nach 
Durchtrennung der Weichteile implantieren. Die früher so ent- 




No. 29. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


451 


stellenden Stirnhöhlenradikaloperationen haben seit der 
Paraffinmethode recht befriedigende Resultate, insofern tief ein¬ 
gesunkene Knochenlücken mit Leichtigkeit ausgefüllt werden 
können. Eine besonder Domäne für die ParafEininjektionen 
sind die Sattelnasen, die teils angeboren, teils traumati¬ 
scher Natur, teils durch Syphilis verursacht sind. Bei einer 
bestimmten Affektion haben sich die Paraffininjektionen auch 
therapeutisch nützlich erwiesen, nämlich bei der Ozaena. 
Verfasser hat in etwa 30 Fällen von Ozaena eine entschiedene 
Besserung durch wiederholte submucöse Einspritzungen in das 
Nasenseptum, in die untere Muschel und in den Nasenboden be¬ 
obachtet. Allerdings ist nicht jeder Fall von Ozaena durch diese 
Therapie beeinflußbar oder für dieselbe geeignet. Wenn näm¬ 
lich die Schleimhaut infolge sehr hochgradiger Atrophie 
schon vollständig morsch ist, gelingt es nicht, Paraffin sub- 
mucös zu injizieren. Die Wirkung der Paraffininjektion bei 
Ozaena besteht darin, daß der bekannte üble Geruch ganz zu¬ 
rückgeht oder sehr gering wird. Dies beruht wahrscheinlich 
darauf, daß die Schleimhaut infolge der Injektion wieder eine 
gewisse Turgeszenz annimmt, so daß die Borkenbildung auf¬ 
hört oder in sehr geringen Grenzen bleibt. Daneben spielt 
auch die durch die Injektion bewirkte räumliche Verengerung 
der Nase und der dadurch bedingte heftigere Exspirationsstrom 
beim Entfernen der Sekrete eine Rolle. Denn bei der Ozaena 
stagnieren die Borken und Sekrete um so mehr, je weiter die 
Nase ist. 

Dr. K. Mayer (Posen): Pfähliingsvcrletzuiig in der Gravidität 
mit günstigem Ausgang fiir Mutter und Kind. (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 20.) 

Eine 23 jährige Schwangere im zehnten Monat der Gravidi¬ 
tät stürzt rittlings auf die Lehne eines umkippenden Stuhles, auf 
dem sie gestanden hatte. Sie blutete stark, wurde von einem 
Arzt tamponiert und in die Klinik gebracht. Es fand sich, daß 
der Scheideneingang von seiner Umgebung fast vollständig ab¬ 
gerissen war, das äußerste Ende der Urethra in einer Aus¬ 
dehnung von 1 cm mit dem Urethralwulst desgleichen, in der 
Vagina selbst fanden sich mehrere blutende Risse. Das untere 
Scheidenende wurde an den Scheideneingang angenäht, die 
Urethra wurde nach Resektion des abgerissenen Endes an der 
Stelle der Harnröhrenmündung angenäht und ein S k e n e scher 
Pferdefußkatheter eingelegt, die übrige Vagina wurde fest tam¬ 
poniert, da die Blutung durch Umstechungen sich nicht stillen 
ließ. Als nach drei Tagen die Tamponade entfernt wurde, be¬ 
gann die Blutung von neuem, weswegen von neuem tamponiert 
wurde. Am fünften Tage nach der Verletzung begannen Wehen, 
der Katheter wurde jetzt entfernt; am nächsten Tag trat der 
Blasensprung ein; es wurde bei völlig erweitertem Muttermund 
in leichter Chloroformnarkose ein großer Schuchardt scher 
Schnitt angelegt und mittels Zange langsam das Kind extrahiert, 
worauf der Schnitt vernäht wurde. Die neugebildete Mündung 
der Harnröhre, ebenso die Naht am Scheideneingang blieben 
intakt. Das Kind, 48 cm lang, 2600 g schwer, blieb am Leben. 
Das Wochenbett verlief vollständig fieberfrei, die Mutter stillte 
selbst. Nach einem Monat wurde sie mit verheilten Scheiden¬ 
wunden entlassen. 

Dr. Franz Weber (München): Beiträge zur Therapie der Nach- 
geburtsblutungen. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 20.) 

Zur Behandlung der Nachgeburtsblutungen ex Atonia uteri 
stehen dem Arzt eine ganze Reihe von Hilfsmitteln zur Ver¬ 
fügung. Geringere Grade solcher Blutungen beherrscht man m 
der Regel durch Massage des Uterus und heiße Uterovaginal- 
duschen mit 1 Liter 50° C. warmer 1 proz. Lysoformlösung. 
Führt dieses Mittel nicht zum Ziel, so bleibt als zuverlässigstes 
Mittel die Tamponade des Uterus und der Scheide mit steriler 
Jodoformgaze nach Dührssen. Man hat zwar verschiedene 
andere Methoden zur Stillung der atonischen Postpartum- 
Blutungen angegeben, indessen stehen alle an Zuverlässigkeit 
der Wirkung weit hinter der Tamponade nach Dührssen 
zurück. Natürlich muß die Technik der Tamponade richtig 
gehandhabt werden. Die Scheide wird mit breiten Platten- 
speculis freigelegt, die Muttermundslippen mit Winter sehen 
Zangen, angehak't, herabgezogen und dann wird auf dem Specu- 
lum der Uterus mittels eines Stopfinstrumentes fest mit steriler 
Jodoformgaze austamponiert. Man muß darauf achten, die 
beiden Tubenecken fest mit Gaze anzufüllen, überhaupt im 
Uterus keinen leeren Raum zu lassen. Von 82 Fällen, bei 
welchen in 9 Jahren in der Münchener Universitätsfrauenklinik 
die Uterustamponade angewendet wurde, starben im ganzen 
12, darunter acht an Verblutung, bei denen die Blutung zwar 
prompt stand, aber die Tamponade viel zu spät gemacht worden 
war, drei an interkurrenten Erkrankungen, einer an septischer 
Endometritis. Nur dieser eine Todesfall ist auf Rechnung der 
Tamponade zu setzen. Nur in fünf Fällen war ein Mißerfolg 
hinsichtlich der Blutstillung zu verzeichnen; in diesen Fällen 
führte die äußere Tamponade bei gleichzeitiger Verstärkung 
der Vaginaltamponade zum Ziele. Seit kurzem ist in der 
M o in b u r g sehen Umschnürung ein neues Hilfsmittel zur Be¬ 
herrschung der Uterusblutungen hinzugekommen, welches von 


den Geburtshelfern schon in einer Reihe von Fällen mit Erfolg 
verwendet worden ist. Die Technik kann als bekannt voraus¬ 
gesetzt werden. Schädigungen sind bisher kaum beobachtet 
worden. Auch in der Münchener Universitätsfrauenklinik wurde 
im letzten Jahre die M o m b u r g sehe Umschnürung in zahl¬ 
reichen Fällen angewendet, ohne irgendwelche Nachteile. Zu¬ 
nächst handelt es sich elfmal um Fälle, in denen nach der Ge¬ 
burt des Kindes der Uterus nicht genügend sich kontrahierte 
und die Blutung bei noch teilweise adhärenter Placenta jedes¬ 
mal beträchtlich war. Die Blutung stand sofort, der Uterus 
wurde in kürzester Zeit steinhart und im Laufe der nächsten 
Viertelstunde wurde die Placenta ohne nennenswerte Blutung 
bei noch liegendem Schlauch ausgestoßen. Gleich günstig war 
die Wirkung in 32 Fällen von atonischer Blutung des Uterus, 
bei denen die Atonie erst nach Ausstoßung der Placenta auf¬ 
getreten war; in allen Fällen wurde durch die Umschnürung 
in kürzester Zeit Stillstand der Blutung und gute Kontraktion 
des Uterus erzielt. Ferner leistete die Umschnürung gute 
Dienste bei der manuellen Lösung der Placenta und bei der 
Naht von Cervixrissen. In fünf Fällen versagte die Um- 
1 Schnürung, viermal bei atonischen Nachblutungen, einmal bei 
einer manuellen Placentarlösung und Naht eines großen Cervix¬ 
risses. In derartigen Fällen bleibt als letztes Hilfsmittel die 
Uterovaginaltamponade nach Dührssen. R. L. 

Dr. Max Wunsch, Arzt in Berlin: Ueber ring- und kugelförmige 
Pessare bei der Behandlung des Scheidenvorfalls. (Medi¬ 
zinische Klinik, 1910, No. 8.) 

Verfasser hat die alte Methode des Kugelpessars, die nur 
noch wenig geübt wird, für gewisse Fälle sehr brauchbar ge¬ 
funden. ln der Tat gelingt es oft, z. B. durch einen einfachen 
Gummiball (ohne jede Bandage), selbst größere Vorfälle zu¬ 
rückzuhalten. Dieser Ball, der vor der Einführung mit Vaseline 
eingefettet wird, muß zwei Bedingungen erfüllen. 1. Er darf 
nicht zu weich sein, muß also ziemlich prall mit Luft gefüllt 
sein. 2. Der Ball muß genügend groß sein, um nicht durch die 
Bauchpresse herausgedrängt zu werden. (Für Prolapse mittle¬ 
ren Grades genügt für gewöhnlich ein Ball von 7—8 cm Durch¬ 
messer.) Die Vorzüge des Balls vor dem Ring bestehen darin, 
daß die Patientin bei Anwendung des Balls fast stets vor Druck¬ 
nekrosen, bewahrt bleibt, wie wir sie bei der Ringbehandlung 
öfters erleben, speziell bei der senilen Involution der Scheide. 
Obwohl nun der Ball die Scheide nur gering belastet und dabei 
(bei entsprechender Größe) häufig imstande ist, den Prolaps 
zurückzuhalten, so ist er trotzdem nicht ohne weiteres als Ersatz 
für den Ring zu betrachten. In folgenden Fällen ist der Gummi¬ 
ball bei der Behandlung des Vorfalles zu empfehlen: 1. Bei 
Frauen in der Menopause (falls kein stärkerer Fluor besteht). 
2. Versuchsweise in denjenigen Fällen, wo der Ring nicht mehr 
imstande ist, den Vorfall zurückzuhalten, und wo das Tragen 
eines Hysterophors als sehr lästig empfunden wird. Mit ande¬ 
ren Worten: Der Ball ist kontraindiziert bei Frauen, die noch 
menstruieren, respektive an Fluor leiden. Um den in der 
Scheide liegenden Ball bequem herausnehmen zu können, hat 
Verfasser an dem Ball einen kleinen Griff anbringen lassen. 
Ein solcher Ball ist zu erhalten in dem Gummiwarengeschäft 
von P o 11 e i, Berlin C., Rosenthalerstr. 44. K r. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung".) 

Sitzung vom 15. Juni 1910. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Diskussion über den Vortrag des Herrn Freu¬ 
denberg: Eine Mahnung zur Vorsicht bei der 
diagnostischen Verwertung der Wassermann- 
sehen Syphilisreaktion. 

Herr Toby Cohn: Redner kann die Erfahrung Freuden¬ 
bergs über die gelegentliche Diskrepanz bet gleichzeitiger 
mehrfacher Untersuchung des gleichen Serums aus eigener 
Erfahrung bestätigen. Er möchte ferner noch 2 Pimkte an¬ 
führen, die nach anderer als der vom Vortragenden gewiesenen 
Richtung bei der praktischen Verwendung der Wasser- 
m annsc.hen Reaktion zur Vorsicht mahnen. Einmal müßte bei 
der großen, diagnostischen und therapeutischen Tragweite, 
welche die Reaktion für die praktische Neuro-Pathologie hat, 
verlangt werden, daß die Serologen ihre Scheu, zweifelhafte 
Resultate anzugeben, ablegen. Den anderen Gesichtspunkt illu¬ 
striert Redner an einem Beispiel. Ein Herr erkrankt unter den 
Erscheinungen eines Tumors des Kleinhirnbrückenwinkels. Die 
Operation wird angeraten, von seiten des Patienten aber ab¬ 
gelehnt. Von anderer Seite wird die W a s s e r m a nn sehe 
Reaktion angestellt, und da sie positiv ausfällt, eine Schmier¬ 
kur durchgeführt. Es tritt erhebliche Besserung ein, aber nach 
Jahresfrist kehren die Symptome wieder. Nun ist der Zeit¬ 
punkt der Operation verpaßt, gleichwohl findet sie statt und 




452 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1940. 


No. 29. 


Patient stirbt. Die Sektion ergibt einen nicht syphilitischen 
Tumor. Pipen ähnlichen Fall hat Redner bei einem älteren 
Fräulein erlebt. Man muß sich also klar machen, daß das Vor¬ 
handensein der Wassermann sehen Reaktion nicht immer 
für die syphilitische Natur eines gerade vorliegenden Krank- 
lieitsbildes spricht; beobachtet mau dies nicht, so gelangt man 
zu schweren Irrtümern. — Von serologischer Seite ist ferner 
versucht worden, die Wasserman nsche Reaktion als thera¬ 
peutisches Agens gegen die Syphiliphobie zu empfehlen. Nun 
ist zwar nicht zu leugnen, daß es in einzelnen Fällen möglich 
ist, durch den negativen Ausfall der Reaktion jemand den 
Zwangsgedanken, er sei syphilitisch, auszureden. Der Zwangs¬ 
gedanke ist aber der Ausdruck einer Krankheit, die im all¬ 
gemeinen durch ein oder mehrmaligen negativen Ausfall der 
W a ss e r m annschen Reaktion nicht beseitigt werden kann; 
denn es handelt sich um eine Konstitutionskrankheit. Was 
würde geschehen, wenn nun die Reaktion positiv oder zweifel¬ 
haft ausfiele? 

Herr Citron: Es fragt sich, ob es bei einwandfreier Technik 
Vorkommen kann, daß sicher syphilitische Fälle eine negative 
und umgekehrt nicht syphilitische Fälle eine positive Wasser- 
m a n n sehe Reaktion ergeben. Was den einen Punkt betrifft, 
so ist einer dieser Fälle bereits erwähnt worden. Es gehören 
hierher jene Fälle mit zweifelhafter (+)-Reaktion, deren 
Existenz nicht zu leugnen ist. Es machte sich nun der oppo¬ 
sitionelle Standpunkt geltend, daß die +-Reaktion nichts be¬ 
weise und daß ein solcher Befund als negatives Resultat zu be¬ 
zeichnen sei. Demgegenüber betont Redner, daß es nicht zweck¬ 
mäßig ist, die (pF)-Reaktion auszuschalten. Es ist wichtig zu 
wissen, daß sie nicht für oder gegen die Syphilis spricht, son¬ 
dern daß sie nur nach einer Reihe gedanklicher Ueberlegungen 
verwendet werden kann. Ein Ulcus molle kann 4- -Reaktion 
geben, ein Gesunder dagegen nie, ferner kommt eine + -Reak¬ 
tion bei fast allen Infektionskrankheiten, bei Tumoren, Diabetes, 
schweren Tuberkulosen und auch bei Urämie vor. Trotzdem 
ist die +-Reaktion in diagnostischer Beziehung verwertbar. 
Syphilis gibt positive Reaktion, nach der Behandlung + -Reak¬ 
tion. Daraus kann man schließen, 1. daß die Behandlung ge¬ 
wirkt hat; 2. das sie noch nicht das gewünschte Ziel erreicht 
hat. Bei der Differentialdiagnose zwischen Mediastinaltumor 
und Aneurysma kann die Reaktion den Auschlag geben. Die 
Erfahrung lehrt, daß Aneurysmen gewöhnlich stark positive 
W.a ssermann sehe Reaktion geben, fällt sie + aus, so han¬ 
delt es sich wahrscheinlich um einen anderen Tumor; Befund 
und Anamnese müssen die weitere Aufklärung bringen. — In 
der Literatur aus der ersten Zeit ist die irrtümliche Behauptung 
aufgestellt worden, daß Lues cerebri einen negativen Ausfall 
gibt; das ist falsch, sie gibt gewöhnlich einen positiven Ausfall 
der Reaktion. Die negativen Befunde beruhten auf Unter¬ 
suchungen der Lumbalflüssigkeit. Die Fälle, in denen neben 
Syphilis ein maligner Hirntumor vorliegt, bieten nichts Ueber- 
raschendes. Redner erwähnt aus früherer Zeit einen Fall von 
Lungentumor, bei dem die Wassermann sehe Reaktion + 
ausgefallen war, obwohl Lues auf das bestimmteste bestritten 
wurde. Auf Grund dessen lautete die Diagnose: maligner 
Tumor. Die Sektion ergab Carcinom, gleichzeitig aber schwere 
Lebersyphilis. In einem Fall von spastischer Spinalparalyse 
bei einer Frau fand sich nichts von Lues, obwohl der über¬ 
weisende Arzt den Verdacht auf Lues geäußert hatte. Die Reak¬ 
tion war negativ. Es wäre nun falsch, deshalb Lues auszu¬ 
schließen. C. griff zu einem Hilfsmittel, indem er den gesunden 
Ehemann untersuchte, dieser ergab eine stark positive Reaktion. 
— Kann eine nicht syphilitische Krankheit ein positives Resul¬ 
tat geben? Redner hatte verschiedentlich beobachtet, daß bei 
Carcinom und Sarkom die Sera positiv reagierten und bei der 
Sektion nichts Syphilitisches festgestellt werden konnte. Bei 
genauerer Prüfung mit verschiedenen Extrakten gelingt es 
jedoch, diese Fälle von Lues zu unterscheiden. Die positive 
Reaktion beweist, wenn sie einwandsfrei geprüft ist. in fast allen 
Fällen Lues. Die negative Reaktion schließt Syphilis im all¬ 
gemeinen nicht aus, macht sie aber höchst unwahrscheinlich. 
Bei -( -Reaktion ist es von höchster Bedeutung, die Angehörigen 
des Patienten zu untersuchen. 

Herr Dreuw erwähnt zwei Fälle eigener Beobachtung, in 
denen der verschiedene Ausfall der zu gleicher Zeit angestellten 
Blutuntersuchung nach Wassermann zu verschiedenen 
Resultaten geführt hat. Wenn auch an dem wirklichen Wert 
der Wassermannschen Reaktion nicht zu zweifeln ist, so 
mahnen derartige Fälle doch zur Vorsicht. Die Ursache der 
Differenzen liegt teils an technischen Fehlern, teils an der Fahr¬ 
lässigkeit bei der Anstellung der Reaktion. 

Herr Isaak: Auf Grund der Erfahrung über die praktischen 
Resultate stehe er auf dem Standpunkt, daß die Wasser- 
m a n n sehe Reaktion ein Kardinalsymptom der Lues ist, wel¬ 
ches das am häufigsten vorkommende und wichtigste vorstellt. 
Bezüglich der Frendenberg sehen Fälle betont I., man solle 
die W a s s e r m ann sehe Reaktion nicht in Fällen anwenden, 
wo es sich um die Differentialdiagnose zwischen Ulcus molle und 
Syphilis handelt. Hier entscheidet die klinische Untersuchung 
und der SpiroehäteubefuuJ. Vor 1% Jahren behandelte Redner 


einen Patienten mit frischer Gonorrhoe und, da diesei;, den 
Typus eines gesunden Menschen bot, sollte er al§ negativer 
Kontrollfall bei Anstellung einer Wassermann sehen Reak¬ 
tion benutzt werden. Die Reaktion fiel fiel indes positiv aus 
und blieb es trotz mehrfacher Wiederholung der Prüfung im 
Verlauf mehrerer Wochen, ohne daß sich syphilitische Sym¬ 
ptome zeigten. Da erschien im Ulcus coronarius ein kleines 
Geschwür, nun wurde die Reaktion negativ, um mit dem Auf¬ 
treten des Exanthems wieder positiv zu werden. Aehnliche 
Beobachtung hat auch Neisser an experimenteller Affen¬ 
syphilis gemacht. 

Herr Ledermann hält es für wünschenswert, daß man sich 
bei der Serumprüfung nicht auf e i n Extrakt beschränkt, son¬ 
dern mit mehreren untersucht; dann klärt sich das Bild auf. 
Am zuverlässigsten hat sich ihm das wässerige Extrakt aus 
fötaler syphilitischer Leber erwiesen. Unter den 1000 Fällen, 
die er untersucht hat, fanden sich nur wenige, in denen die 
serologische Untersuchung nicht mit dem klinischen Befunde 
übereinstimmte. Man vermeide es Sera von Fiebernden zu 
untersuchen, hier kann Hemmung auftreten, ohne daß Lues be¬ 
steht. Ein Uebelstand sei es, daß viel zu wenig auf die klini¬ 
schen Symptome geachtet wird. Sind die letzteren positiv und 
die W a s s e r m a n n sehe Reaktion negativ, so leite man die 
Kur ein; im umgekehrten Falle warte man ab, bevor man sich 
zu therapeutischen Maßnahmen entschließt. Redner schlägt vor, 
zur Klärung der Sachlage eine statistische Sichtung eines großen 
Krankenmaterials vorzunehmen. 

Herr Rosenthal: Es sind noch weitere Erfahrungen über 
mögliche Fehlerquellen zu sammeln. So gibt z. B. Blut, das 
während der Narkose entnommen ist, ein positives Resultat, 
nachher ein negatives. Die Anstellung der Wassermann- 
schen Reaktion ist eine Sache der Technik, die jeder erlernen 
kann und besonders jeder Syphilidologe beherrschen sollte. 
Maßgebend ist die Zuverlässigkeit des Untersuchers. Das nega¬ 
tive Resultat ist nur in sehr bedingter Weise verwertbar, im 
therapeutischen Vorgehen lasse man sich durch die negative 
Reaktion nicht beeinflussen. Maßgebend ist allein der klinische 
Befund, die Reaktion stellt nur ein wertvolles Adjuvans in der 
Hand eines Klinikers dar. 

Herr Wossidlo hat die Frage nach dem Werte der 
Wassermann sehen Reaktion vom Standpunkt des Prak¬ 
tikers zu klären gesucht und hat in 21 Fällen das Blut in den 
sieben serologischen Instituten Berlins untersuchen lassen. Von 
den Resultaten scheidet einer aus, da zu wenig Blut geschickt 
wurde. Es bleiben 20 Fälle, von diesen hat er nur in sieben 
Fällen übereinstimmende, in den übrigen 13 Fällen hingegen 
widersprechende Angaben erhalten. Von sechs Nichtsyphili¬ 
tischen bekam er in vier Fällen ein übereinstimmendes nega¬ 
tives Resultat, in zwei Fällen widersprechende Resultate. Bei 
14 Syphilitischen erhielt er nur dreimal übereinstimmende und 
11 mal widersprechende Angaben. Unter den letzten 11 Fällen 
befanden sich fünf mit manifesten Erscheinungen. Ohne sich 
ein Urteil über die Methode zu erlauben, glaube er jedoch da¬ 
nach sagen zu müssen, daß derselben noch erhebliche Fehler¬ 
quellen anhaften müssen, die bei weiterer Forschung auszu¬ 
schalten seien. Vorsicht bei der praktischen Verwertung der 
Wassermann sehen Reaktion sei geboten. 

Herr Schütz 'berichtet über die Erfolge der Wasser- 
m annschen Methode bei der Rotzkrankheit der Pferde. In den 
letzten Jahren ist die Methode mit ausgezeichnetem Erfolge an 
der tierärztlichen Hochschule angewandt worden. Unter Be¬ 
achtung der Prüfung sei nie ein Mißerfolg zu verzeichnen ge¬ 
wesen. Redner weist auf den großen Vorteil hin, den die 
Methode für die Landwirtschaft bietet, da man mit deren Hilfe 
jetzt schon in kurzer Zeit entscheiden kann, ob ein Tier rotz¬ 
krank ist oder nicht. 

Herr Citron macht Angaben über die Herstellung eines zu¬ 
verlässigen Antigens. 

Herr v. Wassermann: Heute über den Wert der Sero¬ 
diagnostik der Lues zu sprechen, sei überflüssig, heute handle 
es sich nur darum, Vorsicht anzuwenden gegenüber den Stellen, 
wo die Reaktion ausgeführt wird. Er hält nur die Ausführung 
der Methode für die Wassermann sehe, die nach seinen An¬ 
gaben angestellt wird. Er habe vor Abänderungen und Ver¬ 
feinerungen der Methode gewarnt, da wir für die Praxis grobe 
Ausschläge gebrauchen, die eine totale Hemmung ergeben. Auf 
Grund eigener Erfahrung, die sich über 10 000 Fälle erstrecke, 
müsse er sagen, daß die ursprüngliche Methode auch nicht ein 
einziges Mal zu einer MeinungsdiHerenz gegenüber dem Kliniker 
geführt habe. In den dänischen Instituten und bei Ehrlich 
seien ebenfalls nie Differenzen vorgekommen. Die Differenzen 
bei uns könnten nur beseitigt werden, wenn man sich ent¬ 
schlösse, einheitlich zu arbeiten, wenn die Reagentien von einer 
Zentralstelle geprüft und abgegeben würden. Die Serodiagnostik 
der Lues sollte nur durch Aerzte ausgeführt werden und nur 
auf ein ärztliches Rezept. Redner erläutert eingehend das 
Wesen der Luesreaktion, legt da, woher es kommt, daß ver¬ 
schiedene Untersuoher verschiedene Resultate bekommen und 
schildert die Methode, die er für die einzig zuverlässige hält. 



No. 29. 


THERAPEUTISCHE 

,. § err E - Lcsscr spricht seine Genugtuung darüber aus, daß 
die Kopenhägener und das Ehrlich sehe Institut so gute 
Resultate erzielt haben, da sie mit einem Serum arbeiten, das 
von ihm hergestellt sei. 

Herr Freudenberg (Schlußwort). B r i t zm a n n. 


Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung“.) 

Sitzung vom 4. Juli 1910. 

Vorsitzender: Herr Kraus. 

Tagesordnung: 

Diskussion zu dem Vortrage des Herrn 
P. F. Richter: Ueber Nieren Wassersucht. 

Herr Bönniger: Herr R i c h t e r hat betont, daß Na CI- und 
Wasser-Retention parallel laufen, daß es aber Ausahmen gibt; 
er hat auch von organisch gebundenem CI gesprochen. Redner 
bezweifelt, daß dieses bei der überwiegenden Menge des freien, 
im Serum befindlichen Na CI eine Rolle spielt. Es wird nicht 
berücksichtigt, daß es sich bei den Organen um komplexe Ge¬ 
bilde handelt, die aus Zellen, Gerüstsubstanzen, Zwischen¬ 
flüssigkeit und einem Rest von Blut bestehen und daß Menge 
und Konzentration der Flüssigkeit auf den CI- und Wassergehalt 
der Organe großen Einfluß haben müßten. Bei Oedemen ist die 
Zwischenflüssigkeit vermehrt, damit der Cl-Gehalt. Die Zellen 
zeigen wechselnden Gehalt der Trockensubstanz. Es gibt 
Cl-bindende Zellen; das sind die Magenzellen. Aber das ist eine 
spezifische Sekretion. Sie ist nicht auf andere Körperzellen zu 
übertragen. Wir. können aber Körperzellen exakt analysieren, 
z. B. die roten Blutzellen. Redner hat bei Nephritis ohne 
Oedeme CI- und Wassergehalt der roten Blutzellen bestimmt; 
es hat sich ergeben, daß der Cl-Gehalt ziemlich konstant 
zwischen 0,1 und 0,2 Volumen-Prozent sich bewegt, also kaum 
die Hälfte des Na Cl-Gehaltes des Serums beträgt; der Wasser¬ 
gehalt ist bei Hydrops nicht vermehrt; also die roten Blutzellen 
nehmen an einer Schwellung nicht teil; sie behalten normale 
Größe. Das alles können wir nicht auf andere Zellen über¬ 
tragen. Es besteht immer die Möglichkeit, daß da für den 
Wasserhaushalt ausschlaggebende Einflüsse sich geltend 
machen. 

Herr Ehrmann hat mit Herrn Richter zusammen Ver¬ 
suche angestellt; es zeigte sich, daß, wenn man Na CI subkutan 
oder per os gibt und es zu Oedemen kommt, hier die Nieren 
nur wenig oder gar nicht geschädigt sind; es ist also ein strikter 
Beweis, daß das Wesentliche an der Entstehung des Hydrops 
das Erhaltensein des Endothels in den Gefäßen ist. 

Ueber die diagnostische Bedeutung der im Urin und Sputum 

ausgeschiedenen mikroskopisch sichtbaren Lipoide. 

Herr Fritz Munk (a. G.): Es handelt sich um morphologische 
Gebilde, die bei der Degeneration Vorkommen, ähnlich wie die 
Fettkörnchen. Bei der Untersuchung der Nebennieren sah 
Virchow im Mark neben dem Nebennierenfett noch andere 
Kügelchen, die stark lichtbrechend -waren. Er nannte sie 
Myelin-Körner. Sie färben sich wie Fett. Es besteht Schwierig¬ 
keit, sie vom Fett zu differenzieren. Lange Zeit hat man ihnen 
keine Bedeutung zugemessen. Erst Kaiserling entdeckte, 
daß diese Körner sich im Polarisations-Mikroskop als anisotrop 
erweisen. Kaiserling und 0 r g 1 e r haben nun die ver¬ 
schiedensten Organe des Körpers darauf untersucht; sie konnten 
das Myelin in der Nebenniere zuerst beständig finden; nur bei 
Kachexie, bei Tuberkulose etc. waren die Körper in geringerer 
Zahl vorhanden oder fehlten ganz; ferner fanden sie sie in der 
zurückgehenden Thymus, den Corpora lutea, bei starker Athe- 
romatosis der Aorta in der Intima, liei zerfallenden Tumoren 
und ihren Metastasen, in den Alveolen der Lunge und bei ver¬ 
schiedenen Formen der chronischen Nephritis. Asch off sah 
sie im Epithel der Gallenblase, im Rückenmark bei Dementia 
paralytica, ebenso in der Gehirnrinde, Vortr. im Uterus. Er 
konnte sie in Organen, die zur Degeneration neigen, Leber- und 
Herzmuskelzellen trotz starker Verfettung nie sehen. 

Welche Bedeutung haben sie? Es ist bekannt, daß im 
Stoffwechsel auch Lecithine, Cholesterin und Protagon eine 
große Bedeutung haben. Albrecht sah zuerst, daß die Kerne 
von dem Zeilleib durch eine feine Membran lipoider Natur ge¬ 
trennt werden. Wie das Fett in der Zelle in der Norm nicht zu 
sehen ist, so ist das bei Lipoiden erst in der Zeit der Störung 
möglich. Erst bei Schädigung der Zelle treten Fett und Lipoide 
in Erscheinung. Daher ist es heute Gebrauch geworden, neben 
der fettigen von einer lipoiden Degeneration zu sprechen. 

In einer früheren Preisarbeit über diesen Gegenstand kam 
Vortr. zu folgender Zusammenfassung: Die fettige Degeneration 
ist der Ausdruck funktioneller Störung der Zelle; das Fett kann 
aus der Zelle oder aus dem Säftestrom (Ribbert) stammen 
oder durch chemisch-physikalische Zerstörung entstehen. Nur 
bei allmählichem Absterben der Zelle kommen die Lipoide zu¬ 
stande. 


RUNDSCHAU 1910. 


Während die Lipoide im allgemeinen nur ein Symptoni der 
Degeneration sind, scheinen die Nebennieren eine Ausnahme zu 
machen. Die Nebenniere ist ein Zentrum des Lipoid-Stoffwech¬ 
sels. Nicht alle Formen zeigen die Doppelbrechung. Dietrich 
sah in den Zellen der in Autolyse begriffenen Organe Myelin- 
Schollen auftreten, die das Licht nicht doppelt brechen. 

Bei Nieren-Erkrankungen sali Kaiserling, daß das Fett 
der Niere nicht fett, sondern häufig lipoid ist. Störck ist 
ihm gefolgt. Klemperer hat dies ebenfalls bestätigt. 

Vortr. hat 1906 eine große Anzahl Nieren untersucht. Seit¬ 
her hat er das Urinsediment systematisch untersucht. Er hat 
im allgemeinen die Lipoide im normalen Urin nicht gefunden, 
ebenso wenig bei Veränderungen der Blase und der Nieren¬ 
becken, auch bei chronischen Prozessen der letzteren sind sie 
nicht aufgetreten. Es stammen also die Lipoide des Urins, be¬ 
sonders die in Zylinderform angeordneten, aus der Niere. 
P o s n e r hat nachgewiesen, daß auch die Körnchenkugeln- der 
Prostata unsere Lipoide enthalten. 

Wenn nun auch von der akuten Nephritis bis zur Granutar- 
atrophie die Befunde eine fortlaufende Kette bilden, so ist es 
doch hinsichtlich der Therapie und Prognose geboten, zwischen 
den verschiedenen Formen der Nephritis zu unterscheiden. Ein 
Maßstab ist die Menge des ausgeschiedenen Urins, des Eiweiß- 
und Blutgehaltes und der Formenelemente. Aber bei der akuten 
und der chronischen parenchymatösen Nephritis ist das Urin¬ 
sediment oft identisch, indem alle Formen von Zylindern, be¬ 
sonders die Fettkörnchen-Zylinder in beiden Vorkommen. 

Es ist nun möglich, mit Hilfe des Polarisations-Mikroskops 
zwischen akuter und chronischer Nephritis zu unterscheiden, 
indem die Fettröpfchen bei der chronischen meist doppelt¬ 
brechendes, bei der akuten meist isotropes Fett darstellen. Ein 
solcher Lipoid-Zylinder bildet unter dem Mikroskop eine hell¬ 
glänzende Gruppe von feinen Körnchen. 

Das Auftreten der Lipoide gerade bei chronischen Pro¬ 
zessen, d. h. das Zustandekommen der Doppelbrechung ist nur 
möglich, wenn eine Zelle im Körper allmählich abstirbt; es ist 
also ein nekrobiotischer Prozeß. Aber bei akuter Nephritis mit 
starker Hyperämie werden die Zellen zu rasch abgestoßen. 
Hier können sie die Lipoidkörper nicht bilden. Bei akuter 
Nephritis sieht man zuerst zahlreiche Zylinder, die nie die 
Doppelbrechung aufweisen. Allmählich nehmen die klinischen 
Erscheinungen ab, desgleichen der Eiweißgehalt und die 
Formen-Elemente. Entdecken wir aber das Auftreten von 
Lipoiden, so wird die Prognose ungünstiger, weil wir mit Sicher¬ 
heit annehmen können, daß nach der Entzündung Degeneration 
eingesetzt hat. Es ist eine chronische Nephritis geworden. — 
Damit ist die Verwendbarkeit der Doppelbrechung für die 
Diagnose nicht erschöpft; sie ist auch bei der Schrumpfniere 
möglich. Auch bei der sekundären Schrumpfniere kommen die 
Lipoide vor. Aber auch bei dem sofort interstitiell einsetzenden 
Prozeß der genuinen Schrumpfniere finden wir die Lipoide; sie 
haben nicht mehr Zylinderform, sondern sind meist in größe¬ 
ren Formen zusammengeschlossen, welche die Leukocyten an 
Größe übertreffen. Mitunter sind sie in die Reste zerfallender 
Epithelien eingeschlossen. Bei älteren Leuten kommen Lipoide 
auch in der Norm vor, die wahrscheinlich aus den Gefäßen 
stammen, wie z. B. bei sclrwerer Arteriosklerose. 

Gerade bei der Schrumpfniere ist sehr oft das Sediment und 
der Befund sehr gering. , Hier ist wichtig, daß die mikro¬ 
skopische Untersuchung wertvollen Aufschluß gibt. 

Bezüglich der Lipoide im Sputum kommt dem mikro¬ 
skopischen Befunde nicht entscheidende Bedeutung zu; aber 
immerhin bietet auch er einen interessanten Beitrag zur Dia¬ 
gnose. Diese Lipoide entstammen den Epithelien der Alveolen 
und Bronchien. Sie finden sich bei Bronchiektasie, Cavernen, 
auch ohne Andeutung von Sputum besonders bei Bronchitis 
sicca im zähen Schleim. Eine merkwürdige Art wird bei Asthma 
bronchiale im ersten Stadium in ungeheurer Menge im Schleim 
produziert, sie sind in Ketten angeordnet und auch einzeln vor¬ 
handen. Die Ketten sind vvohl Ausgüsse der feinsten Bronchien. 
Dem Asthmaanfall ist also eine Degeneration von Bronchial- 
Epithel vorangegangen. Die Myelinkugeln sind nicht immer 
doppeltlichtbrechend. Vor dem Anfall werden die Epithelien 
von ihrer Unterlage abgehoben und damit die Kugeln aus¬ 
gestoßen. Bisher ist das Phänomen chemisch von Panzer 
und Ascher untersucht worden. Sie nahmen Cholesterin an. 
Schmidt und Müller nahmen an, daß der Urin reich an 
Myelin und Protagon sei; aber die Substanz war nicht doppelt¬ 
brechend. 

Vortr. konnte nach Salkowskischer Methode eine Sub¬ 
stanz herstellen, die alle Reaktionen des Cholesterins gab. Durch 
andere Methoden wurde Lecithin gefunden. Wahrscheinlich 
sind die Lipoide zum Fett gemischt. Zuerst wurde danach das 
Fett abgerahmt, dann die Lipoide. Mischen sie sich zum Fett, 
so entstehen die flüchtigen Kristalle, welche die Doppelbrechung 
zeigen. 

Die vorläufig kärgliche Kenntnis des chemischen Charakters 
der Lipoide tut ihrer diagnostischen Bedeutung keinen Ab- 



454 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 29. 


brach; es kommt eben auf die physikalisch-chemische Eigen¬ 
schaft der Doppelbrechung des Lichtes an. 

Diskussion: 

Herr Kaiserling demonstriert an Präparaten der großen 
bunten und weißen Niere gelbweiße Flecke, welche auf Lipoide 
deuten; bei allen sind Reste der renkulären Zeichnung vor¬ 
handen. Dann gibt es Formen, wo die Markstrahlen, die geraden 
Kanälchen oder Henl eschen Schleifen die Verfettung dar¬ 
bieten. Bei den Schrumpfnieren enthalten gleichzeitig die 
Kanälchen und Glomeruli die Fettzeichnung. Dann gibt es 
Formen, wo die Lipoide in dem interstitiellen Gewebe sitzen; 
eigentümliche Zellformen treten dann auf. Pick sah ähnliches 
in den Tuben. Das sind keine Epithelien; nun können aus 
diesen Zellen Lipoide in die Harnkanälchen gelangen. Sie 
treten aber nur als Körnchenkugeln durch. Es muß nicht jedes 
Lipoid aus den Epithelien stammen, sondern kann aus den 
Körnchenkugeln (Leukocyten) entstehen. 

Redner fand in einem Fall von Bronchitis im Sputum leb¬ 
haft bewegliche Körper, die an Amöben erinnerten; er unter¬ 
suchte dann weiter und fand, daß es nur Leukocyten-Körnchen- 
kugeln waren; hierin war die Substanz enthalten; es waren 
Myelin-Figuren, die aber im Wasser Quellung zeigten. Diese 
Zellen bewegten sich durch Diffusion ganz wie Protozoen. 

Mit der Chemie ist es hier schwierig. Wie bekommt man 
die Dinge auseinander? Eine Anzahl von Lipoiden brechen das 
Licht nicht doppelt. Was sind sie? Das ist schwer zu sagen. 
Körper, die sich in fettlösenden Stoffen lösen, aber keine Fette 
sind. Nun haben schon Weigert und Dietrich gesehen, 
daß man diese Körper chromieren (mit saurer Chromlösung 
behandeln) und unlöslich machen kann. Man kann sie dann in 
Xylol und Paraffin einbetten und zum Studium färben. Das 
frisch im Polarisations-Mikroskop sichtbare Lipoid gehört nicht 
dazu. 

Eine Verfettung ist das nicht. Wir haben Hyalin und 
Amyloid, die voneinander verschieden sind. Ebenso sind die 
Nicht-Fette nicht Fette, sondern heißen Lipoide im weitesten 
Sinne. Redner unterscheidet daher Lipoidosis und Liposis. Es 
ist also möglich, die Lipoide durch Chromieren zu gruppieren. 
Die Lipoidosis ist sehr häufig bei Tuberkulose, in den Riesen¬ 
zellen etc. findet sich Lipoid, auch wenn es nicht doppelt¬ 
brechend ist. Diese Frage ist noch nicht gelöst. Der Pathologe 
muß eben mit dem Kliniker Zusammengehen. Sonst kommt 
für die Praxis nichts heraus. Es ist ein Teil des Stoffwechsels; 
welcher Art derselbe ist, ist zweifelhaft. Körnchenkugeln findet 
man auch im Gehirn und im Rückenmark. Die Lipoide sind 
übrigens trotz der Munk sehen Preisarbeit auch in Leber und 
Herzmuskel enthalten. 

Herr Pick kann nur sagen, daß die Lipoide nicht doch dazu 
Veranlassung geben, ohne weiteres chronische Nephritis anzu¬ 
nehmen; er hat schwerste Pyelitis und Ureteritis mit kolossalen 
Myelin-Mengen gesehen. Sie entstammen nicht den pyogenen 
Membranen, sondern alten, chronischen Prozessen; es ist eine 
gelblichweiße Schicht, welche die Organe auskleidet. Dann 
findet man eben die großen Zellen, welche eine Struktur Vor¬ 
täuschen. 

Redner hat seine Angaben nicht blos als für die gynäko¬ 
logischen Präparate gültig gemacht, sondern für alle gleichen 
Fälle; das sind aber diejenigen, bei denen die chronischen Eite¬ 
rungen außerordentlich lange anhalten. Redner kann jetzt 
zeigen, warum in der Radix mesenterica eine merkwürdig große 
Menge dieser lichtbrechenden Substanz ausgebildet ist. 

Herrn Posners Erfahrungen stimmen mit denen Munks 
überein. Er bestätigt, daß im gewöhnlichen Urin und meist bei 
Pyelitis keine Lipoide gefunden werden. Eine Ausnahme bildet 
die Prostatitis. Dagegen findet man sie bei chronischer Nephritis 
als Zylinder häufig und zahlreich. Redner verfügt über sechs 
Fälle. Reichliches Vorkommen von Lipoiden bedeutet starken 
Zellzerfall. Einmal stellte Redner einen zeitlich nahen Zu¬ 
sammenhang mit einem urämischen Anfall fest; so hat er zwei¬ 
mal die Prognose stellen können. Das deckt sich nicht ganz 
mit den M u n k sehen Ausführungen, denn auch bei akuteren 
Fällen kommen Lipoide vor. Einmal stellte Redner die Diffe¬ 
rentialdiagnose zwischen Epilepsie und Eklampsie bei einer 
Wöchnerin. 

Bei genuiner Schrumpfniere sah er nie Lipoide. 

Herr Munk (Schlußwort) hat Lipoide in Zylinderform bei 
Schrumpfniere nie gesehen, sondern nur in beträchtlicher 
Größe in Körnchenkugeln. Eine vier Jahre alte Pyelitis hat er 
vier bis fünf Tage lang untersucht und nie Lipoide gefunden. 

(Schluß folgt.) 

XIX. Versammlung der Deutschen Otologischen 
Gesellschaft. 

(Fortsetzung.) 

Herr Ernst Urbantschitsch (Wien): Zur Aetiologie der 
Taubstummheit. 

Verfasser teilt, analog der Einteilung von Hammer- 
schlag, die Taubstummheit in zwei große Gruppen: in er¬ 


worbene und kongenitale. Die erworbene kann intrauterin 
oder postfötal entstanden sein. Zur ersteren gehört neben den 
verschiedenen Entzündungsformen die Lues hereditaria. 
E. Urbantschitsch untersuchte nun 125 Taubstumme und 
zum Teil deren Angehörige mittels Wassermann scher 
Seroreaktion, und zwar mit folgendem Resultat: negative oder 
spurweise Reaktion: 86,4 pCt., mittelstarke 6,4 pCt. (Grenzfälle); 
7,2 pCt. fast oder ganz komplette Reaktion. 

Da Verfasser unter „hereditär-degenerativer Taubstumm¬ 
heit“ (Hammerschlag) jene Fälle versteht, in denen die 
Ursache der Taubstummheit in der Keimesanlage gelegen ist, 
wenn auch mitunter eine scheinbar auslösende Ursache hinzu¬ 
tritt, wodurch die „latente“ Disposition „manifest“ wird, wäh¬ 
rend in anderen die Disposition von Beginn an manifest er¬ 
scheint, so teilt er die hereditär-degenerative Taubstummheit 
in eine „manifeste“ und in eine „latente“; für die Berechtigung 
dieser Einteilung erbringt Verf. Beweise aus seiner Erfahrung. 

Mitunter kann eine schwere Konstitutionskrankheit im¬ 
stande sein, den degenerativen Charakter einer Familie auszu¬ 
lösen. Hierzu gehören unter Umständen Syphilis und Tuber¬ 
kulose (Anführung von je zwei Beispielen aus dem Beob¬ 
achtungsmaterial des Verf.). 

Die Konsanguinität der Eltern als solche übt nur einen 
sehr geringen Einfluß auf das Zustandekommen von Taub¬ 
stummheit aus; es muß sich vielmehr um eine konsanguine Ehe 
in einer hereditär-degenerativen Familie handeln. Verf. beob¬ 
achtete unter 400 Taubstummen (hiervon 390 Katholiken!) nur 
zweimal Konsanguinität, und in einer dieser konsanguinen 
Ehen ist außerdem die Blutsverwandtschaft nicht als auslösendes 
Moment für das Zustandekommen der Taubstummheit zu be¬ 
trachten. Dieser geringe Koeffizient dürfte seine Erklärung in 
der Seltenheit konsanguiner Ehen unter Katholiken finden. 

Von Wichtigkeit kann zur Beurteilung des degenerativen 
Charakters in einer Famile der Nachweis anderweitiger körper¬ 
licher Abnormitäten sein, von denen Verf. eine ganze Reihe 
aus seinem Beobachtungsmaterial anführt und zwei sehr seltene 
Formen (Ektro- und Syndaktylie an den Füßen, Verschmelzung 
zweier Gaumenbogen) im Bilde vorführt. 

Zum Schluß gibt Urbantschitsch noch eine schema¬ 
tische Einteilung der Taubstummheit: 

Taubstummheit 

erworben kongenital 

intrauterin postfötal heredit.-degen. endemisch 

manifest latent 
Diskussion: Herr Denker. 

Herr Quix (Utrecht) demonstriert farbige Mikrophoto¬ 
gramme von Taubstummenohren. 

Herr W. Uffenorde (Göttingen): Beiträge zur Pathogenese 
des sekundären Cholesteatoms. (Vorläufige Mitteilung.) 

Vortr. hat einen Fall von sekundärem Cholesteatom in der 
Nasenhöhle selbst — den ersten Fall — behandelt; auf dem 
Cholesteatom hatte sich ein Rhinolith gebildet. Die Matrix be¬ 
stand aus papillären Exkreszenzen, auf deren Kuppen Epithel¬ 
metaplasie eingetreten war, während in den Nischen Zylinder¬ 
epithel erhalten war. Der beweisende Fall von Habermann, 
Cholesteatom des Mittelohrs, weist große Aehnlichkeit mit dem 
vorliegenden auf, so daß leicht entgegen der Theorie der Ein¬ 
wanderung der Gehörgangsepidermis in die Mittelohrräume, 
die vom Autor aufgestellt wurde, die Annahme der Metaplasie 
— alte meist verlassene Theorie von v. Tröltsch — danach 
gemacht werden kann. Vortr. hat daraufhin in 20 Fällen aus 
der Göttinger Ohrenklinik die bei den Totalaufmeißelungen 
kürettierten Schleimhautpartikel histologisch untersucht und 
gefunden, daß man meist sicher Metaplasie des Epithels nach- 
weisen könnte. Diese wurde vom Vortr. auch bei seinen histo¬ 
logischen Untersuchungen der hyperplastischen Rachenmandel. 
Nasenpolypen u. a. gefunden, wie auch von anderer Seite 
häufig derselbe Befund erhoben wurde. Auch klinische Er¬ 
fahrungen lassen sich für die Annahme der Metaplasie geltend 
machen. 

Man muß also danach die fast als dogmatisch geltende 
Auffassung bezüglich der Genese des sekundären Cholestea¬ 
toms, und zwar die Theorie des Hineinwanderns von Epidermis 
des Gehörgaugs resp. des Gesichts auf jeden Fall einschränken 
und der alten Theorie der Epithelmetaplasie von v. Tröltsch 
mehr Berücksichtigung schenken. 

Diskussion: Herr Hoff mann (Dresden). 

Heri' Brünings (Jena): Ueber die sogenannte Knochen¬ 
leitung als Grundlage der qualitativen Hörprüfung (Mit Demon¬ 
stration.) 

Zunächst wird die Haltlosigkeit der zahlreichen bisherigen 
Hypothesen über das Wesen des Weber sehen und Rinne¬ 
schen Versuches diskutiert. Richtig ist, daß eine dem Knochen 
mitgeteilte Schallschwingung zum Teil auf den Luftleitungsweg 
des Ohres übergeht (Politzer, Lucae) und durch diesen 
perzipiert wird, doch läßt sich sowohl experimentell wie 
klinisch beweisen, daß auch die Knochenschwingung als solche 



No.. 29. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


455 


dem C o r t i sehen Organ zugeführt wird und eine Schallempfin¬ 
dung auslöst. 

Es handelt sich demnach bei der sogen, kranio-tympanalen 
Leitung um das Phänomen der erzwungenen Mitschwingung, 
bei der immer eine Phasenverschiebung gegenüber dem er¬ 
regenden Ton eintritt. Vortr. weist an mehreren Beispielen 
nach, daß diese Phasenverschiebung unter bestimmten Bedin¬ 
gungen zu einer völigen Phasenopposition (Interferenz) führt 
und demonstriert ein Ohrmodell, bei dem das durch eine 
Knochenschwingung erregte Trommelfell in entgegengesetzter 
Phase mit dem Knochen schwingt. Vereinigt man die Schwin¬ 
gungen beider Leitungswege durch einen geteilten Gummi¬ 
schlauch, so wird der Ton immer stärker, wenn man das künst¬ 
liche Trommelfell vernichtet oder an der Schwingung hindert. 
Hierin liegt eine vollständige Erklärung des Rin ne sehen 
Phänomens, indem jede Beeinträchtigung des Luftleitungsweges 
den Knochenleitungston verstärken muß, da die durch Phasen¬ 
opposition bewirkte Abschwächung im C o r t ischen Organ ver¬ 
mindert oder aufgehoben wird.. 

Vortr. demonstriert dann einen auf dieser Theorie auf¬ 
gebauten neuen Stimmgabelapparat zur qualitativen Hör¬ 
prüfung, der sich auf das Prinzip der Phasenverschiebung 
zwischen Luft- und Knochenschwingung gründet und die Inter¬ 
ferenz beider im C o r t i sehen Organ der Messung zugrunde 
legt. 

Diskussion: 

Herren Denker, Frey, v. Eicken. 

Herr Bloch (Freiburg): Bemerkungen zu der von der 
internationalen etc. 

Bloch bespricht die Prüfung mit der Sprache und den 
R inn e sehen Versuch, wie diese beiden Methoden in der 
obigen Formel vorgeschlagen sind. Er ist der Ansicht, daß 
beide, wie noch andere Methoden, nicht ganz dem heutigen 
Stand unserer diagnostischen Anschauungen entsprechen. 

Diskussion: 

Herren Panse, Jörgen Möller, Habermann, 
Sieben mann, Bäräny, Voss. 

Herr Brünings (Jena): Ueber quantitative Funktions¬ 
prüfung des Vestibularapparates. (Mit Demonstration.) 

Vortr. bespricht zunächst die besondere klinische Bedeu¬ 
tung, welche einer zuverlässigen quantitativen Funktionsprü- 
fung des Vestibularapparates im Gegensatz zu den bisherigen 
qualitativen Methoden zukommt, und die Fehler, die bei den 
bisherigen Versuchen in dieser llichtung gemacht wurden. Als 
Grundlagen für die quantitative Prüfung eignet sich nur das 
kalorische Reizverfahren und die zeitliche Feststellung des 
Nystägmusbeginnes. Dazu ist Einhaltung einer bestimmten 
Blickrichtung erforderlich, was durch den vom Vortr. an¬ 
gegebenen Spiegelfixator erreicht wird. 

Um den kalorischen Reiz — dessen Wirkungsweise be¬ 
sondere Versuche klarstellen — quantitativ verwendbar zu 
machen, ist zunächst eine ganz bestimmte Kopfstellung erforder¬ 
lich, bei welcher der horizontale Bogengang vertikal steht. 
Diese wird durch das „Otogoniometer“ des Vortr. erreicht. 
Das „Otokalorimeter“ erfüllt alle Bedingungen einer quanti¬ 
tativen kalorischen Reizung: Konstante Temperatur, konstante 
Stromstärke, konstanter Strömungsweg im Ohr. Es ist so ein¬ 
gerichtet, daß die bis zum Eintritt der Reaktion verbrauchte 
Wassermenge an der Skala des Meßgefäßes ohne weiteres den 
Grad der Erregbarkeit in Bruchteilen oder Multipla des Nor¬ 
malen angibt. Die Normalzahl wurde an 72 gesunden Ohren 
ermittelt und wies nur geringe Schwankungen auf. Die bis¬ 
herige klinische Anwendung des Otokalorimeters lieferte sehr 
zahlreiche Beobachtungen über quantitative Abweichungen der 
Vestibularreaktion, welche a. a. 0. publiziert werden. 

Vortr. kann nach seinen bisherigen Erfahrungen sagen, daß 
die neue Methode einfacher und bequemer ist und den Kranken 
weniger belästigt als das bisherige Abspritzverfahren und daß 
sie zuverlässige vergleichbare Werte auf einheitlicher Grund¬ 
lage liefert. 

Diskussion: 

Herren Bäräny, Ruttin, v. Urbantschitsch, 
Marx, Quix, Schoenemann. 

(Fortsetzung folgt.) 


III. Therapeutische Notizen. 

Dr. Zickgraf (Bremerhaven) berichtet über die Anwendung 
von Limonen bei Lungenkranken (Münch, med. Wochenschr., 
1910, No. 20). Das Limonen wurde 1903 von Robert als 
Ersatz für das Terpentinöl empfohlen. Es zeichnet sich von 
diesem durch seinen angenehmen Geruch und Geschmack aus 
und hat eine sechsmal so große Desinfektionskraft wie Terpen¬ 
tinöl. Indiziert ist das Limonen in erster Linie bei allen Pro¬ 
zessen in der Lunge, die mit Absonderung von übelriechendem 
Auswurf einhergehen, also Bronchitis foetida, Bronchitis 
bronchiectatica foetida, Lungengangrän und tuberkulösen Caver- 
nen. Man läßt es am besten inhalieren, wofür der kleine 


Sänger sehe Apparat am zweckmäßigsten ist, und kann es 
daneben auch innerlich nehmen lassen (dreimal täglich 10 bis 
20 Tropfen auf Zucker oder mit Wasser). Eine Nierenreizung 
verursacht das Limonen nicht. Nach des Verfassers Erfahrun¬ 
gen ist das Limonen dem Tepentinöl in seiner Wirkung be¬ 
deutend überlegen. Es übt nicht nur eine desodorierende, son¬ 
dern auch eine erheblich sekretionsbeschränkende Wirkung 
aus. Darum kann man es auch bei unkomplizierter einfacher 
Bronchitis mit reichlichem Auswurf verwenden. Anstatt des 
natürlichen Limonen, welches als Nebenprodukt bei der Her¬ 
stellung terpenfreier Oele, wie des Orangen- und Kümmelöls, 
gewonnen wird, kann man auch ein „Limonen künstlich rein“ 
benutzen, welches bei der Fabrikation von Kampfer gewannen 
wird. Es ist viel billiger als das natürliche Limonen, hat aber 
im übrigen die gleiche Wirkung. R. L. 


IV. Bücherschau. 

Therapeutische Technik fiir die ärztliche Praxis. Ein Hand¬ 
buch für Studierende und Aerzte. Unter Mitwirkung zahl¬ 
reicher Gelehrten herausgegeben von Prof. Dr. Julius 
Schwalbe. Mit 537 Abbildimgen. Zweite verbesserte und 
vermehrte Auflage. Leipzig' 1910, Georg Tliiem e. 
979 S. 

Die immer mehr um sich greifende Neigung der modernen 
Aerzte, sich auf eine Spezialität zu beschränken, ist keineswegs 
allein durch materielle Gründe bedingt. Die kolossale Ent¬ 
wicklung, welche die ärztliche Technik auf sämtlichen Spezial¬ 
gebieten erfahren hat, bringt es mit sich, daß die Erlernung und 
sachgemäße Ausführung vieler Spezialgebiete nur möglich ist, 
wenn man seine Tätigkeit auf sie beschränkt. — Unter diesen 
Umständen würde der allgemeine Praktiker zum Kommissionär 
für Spezialisten herabsinken, wenn er nicht wenigstens die 
wichtigsten technischen Methoden der einzelnen Spezialgebiete 
beherrschte. — Wie groß die Anforderungen sind, welche selbst 
bei äußerster Beschränkung in der Auswahl der Methoden an 
ihn gestellt werden, zeigt eine Durchsicht des Schwalbe- 
schen Buches, dessen zweite Auflage nunmehr vorliegt. Ihr 
schnelles Erscheinen, kaum drei Jahre nach der ersten Auflage, 
lehrt gleichzeitig, wie groß das Bedürfnis nach einem derartigen 
Werk in den Reihen der Praktiker ist. — Gegenüber der ersten 
Auflage hat das Werk nicht nur rein äußerlich an Umfang ge¬ 
wonnen. Dadurch, daß es dem Herrn Verfasser gelungen ist 
für die Bearbeitung einzelner Spezialgebiete, deren Autoren 
inzwischen verstorben sind, vollwertigen Ersatz zu schaffen 
(an Stelle von Hoffa, Vierordt und E n g 1 i s h sind 
Rieder, Riedinger und Zuckerkandl getreten), ist 
der wissenschaftliche Wert einzelner Abschnitte sicherlich noch 
erhöht worden. Zweifellos trifft dies bei dem Kapitel 
Harnorgatie und männliche Geschlechtsorgane zu, dessen Be¬ 
arbeitung Zuckerkandl in geradezu mustergültiger Weise 
besorgt hat. — Außerdem sind der Zusammenstellung ganz 
neue Kapitel eingefügt worden: Die Technik der Ernährungs¬ 
therapie, um deren Bearbeitung sich kein Geringerer als unser 
Kliniker F. Kraus (in Gemeinschaft mit B rüg sch) verdient 
gemacht hat. Weiterhin die Technik der Haut- und venerischen 
Krankheiten aus der Feder von Bettm ann (Heidelberg). 
Im übrigen ist die Anordnung des Stoffes die gleiche 
geblieben wie in der ersten Auflage. Neuerscheinungen, 
soweit sie keine allzu subtile Technik voraussetzten, sind, soweit 
wir dies bei der Duchsicht des Buches verfolgen konnten, über¬ 
all gebührend berücksichtigt worden. Rein äußerlich tritt dies 
durch die Vermehrung der Abbildungen von 465 auf 537 hervor. 

— Das Werk, welches einem dringenden Bedürfnis entspricht 
und dessen Autoren ausnahmslos durch klare Darstellung der 
Technicismen besonders mit Rücksicht auf weniger geübte Kol¬ 
legen ihre Aufgabe mustergültig gelöst haben, ist jedem Kol¬ 
legen aufs angelegentlichste zu empfehlen. Lohnstein. 

Die Krankheiten der Frauen für Aerzie und Studierende. Von 
Prof. Dr. med. Heinrich Fritsch (Bonn). 12. vielfach ver¬ 
besserte Auflage. — Leipzig 1910, S. Hirzel. 664 S. 

Wiederum ist eine Neuauflage des Fritschschen Lehr¬ 
buches notwendig geworden, der beste Beweis dafür, in wie 
außerordentlichem Maße es sich der Gunst der ärztlichen Welt 
und ihres Nachwuchses erfreut. — Und dies mit vollem Recht 1 . 

— Gehört doch Fritsch zu denjenigen, welche niemals altern, 

sondern alle Neuerrungenschaften ihrer Spezialwissenschaft, 
wenn auch mit der nötigen Kritik und dem Verständnis, welches 
nur der ausgereiften Erfahrung eigen ist, zu würdigen wissen. 
Sehr bezeichnend für seine Stellungnahme gegenüber neuen 
Richtungen in der Gynäkologie sind die einleitenden Worte zu 
seinem Buche, in welchem er die Entwicklung seiner Spezial¬ 
disziplin zur allgemeinen Abdominalchirurgie des Weibes 
schildert, und ihr gebührend Rechnung zu tragen verheißt, wenn 
er auch, wie es scheint, dieser Richtung etwas ablehnend gegen¬ 
übersteht. —n - 




4B6 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Grundzüge der Physiologie. Von Thomas H. Huxley. Neu be¬ 
arbeitet von Prof. Dr. J. Rosenthal (Erlangen). Mit 
101 Abbildungen im Text. Hamburg und Leipzig, Verlag von 
Leopold Voss. 

Wir haben schon mehrfach Gelegenheit gehabt, uns über 
die Vorzüge dieses Werkes auszusprechen. — In erster Linie 
für gebildete Laien geschrieben, ist es doch auch geeignet, 
solchen Kollegen, welche weder Zeit noch Gelegenheit haben, 
ihre physiologischen Kenntnisse aufzufrischen, vermöge seiner 
leicht faßlichen Darstellung als Informationsstelle für Gebiete, 
deren Kenntnis lückenhaft geworden ist, zn dienen. — Dem 
Zweck des Buches entsprechend, ist natürlich von Formelent¬ 
wicklung, Darstellung chemischer Konstitutionsformeln etc. 
ganz abgesehen. — Auch diese neue Auflage, in welcher den 
inzwischen neu erworbenen Errungenschaften der Physiologie 
zweckentsprechend Rechnung getragen worden ist, kann nur 
empfohlen werden. Lohnstein. 

Neurasthenie et neuroses. Leur guerison definitive en eure 
libre par le docteür Paul Emil Levy (Paris). Zweite Auf¬ 
lage. Paris 1910, Fel. A1 c an. 4Ö7 S. 

Verfasser ist ein Anhänger der „freien“ Behandlungs¬ 
methode der Neurosen (Hysterie, Neurasthenie etc), welche 
durch methodische Erziehung und Beeinflussung in dem Milieu 
des Kranken, nicht in Sanatorien, mit demselben Erfolge zu be¬ 
handeln sind. Wie aus der verhältnismäßig schnell nötig ge¬ 
wordenen zweiten Auflage (die erste, auch von mir besprochene 
erschien erst Juli 1908) ersichtlich, haben die Ausführungen des 
Verfassers, auch wenn man ihnen nicht überall beistimmen 
kann, großes Interesse erweckt. — Wir empfehlen das elegant 
geschriebene Werkchen besonders den Neurologen, welche ja 
in ihrer Mehrzahl auf einem dem des Verfassers entgegen¬ 
gesetzten Standpunkte stehen. H. L. 

Der Stoffwechsel und die Krankheiten des Herzens und der 
Gefäße. Von San.-Rat. Dr. Wachenfcld (Bad Nauheim). 
Erster Teil. München 1909, Verlag der ärztlichen Rund¬ 
schau (Otto Gm ei in). 56 S. 

In unserer forschungsfreudigen Zeit wird oft an Theorien 
gerüttelt, welche der Mehrzahl der Aerzte schon nahezu als 
Tatsachen galten, werden Behauptungen aufgestellt, welche ge¬ 
eignet sind, bekannte Krankheitsbilder in einem ganz anderen 
Lichte erscheinen zu lassen: so erwecken Bang und Forss- 
m a n n Zweifel an der Richtigkeit der Ehrlich sehen Seiten¬ 
kettentheorie, so erklärt neuerdings Emmerich die Cholera 
asiatica als eine Salpetrigsäurevergiftung. 

W. stützt seine aus den Ernährungsvorgängen des embryo¬ 
nalen Lebens sowie aus Beobachtungen am Krankenbette ge¬ 
wonnene Hypothese, daß „den Lymphbahnen eine 
viel größere. Bedeutung beim Stoffwechsel 
beigemessen werden müsse, als bishe r“, da¬ 
durch, daß er gewisse physiologische Tatsachen hervorhebt, 
welche die Präsumption umfangreicher Stoffwechselvorgänge 
innerhalb der Blutbahnen als unzulässig erscheinen lassen. 
Daß die Sauerstoifspaimung der Lymphe höher als die der 
Atmosphäre, ihre Kohlensäurespannung niedriger als die des 
venösen Blutes ist, fand Strassburg schon 1872, und ein 
Forscher von der Bedeutung E. Abderhaldens spricht sich 
folgendermaßen aus: „Ob in der Lymphe selbst bedeutende Um¬ 
setzungen vor sich gehen, ob sie die dem Blute entnommenen 
Stoffe selbst modifiziert und den jeweiligen Verhältnissen an¬ 
paßt, sie umbaut und vorbereitet, darüber wissen wir gar nichts. 
Hier liegt noch ein ganz gewaltiges Forschungsgebiet un- 
beackert vor uns!“ 

Andererseits hat derselbe Forscher schon früher (Zeitschr. 
f. Biol., 1900) festgestellt, daß beispielsweise Eisen (gleich¬ 
gültig, ob es in anorganischer oder in organischer Form ein¬ 
verleibt worden) in und jenseits der Darmwand sich 
stets in salzartiger anorganischer Form findet; diese anorga¬ 
nischen Eisensalze müssen demnach, weils sie innerhalb der 
Blutbahnen giftig wirken würden, zweifellos sehr bald und 
noch innerhalb der Lymphbahnen in organische Zu¬ 
sammensetzungen umgewandelt werden. 

Ferner enthält selbst normale Lymphe gewisse andere 
Stoffwechselprodukte, w’elehe, direkt in die Blutbahnen ein¬ 
geführt, gleichfalls zu Störungen führen können (Asher, Ab¬ 
derhalden); auch diese Produkte müssen also noch inner¬ 
halb der Lymphbahnen modifiziert werden. 

W. hebt weiter hervor, daß auch die Entwicklung von In¬ 
fektionskeimen, die zum allergrößten Teil durch den Darm in 
den Körper gelangen, in den Lymphbahnen stattfindet, und daß 
jedenfalls aus seiner Hypothese vieles, was heute noch dunkel 
erschien, sich genügend erklären lasse. In der Tat erkennt ja 
auch u. a. der bekannte französische Kliniker H u c h a r d 
(Paris) die dominierende Bedeutung alimentärer Intoxikationen 
für die Entstehung von Arteriosklerose und anderen „arte¬ 
riellen“ Krankheiten an, und der auf einer veränderten Zu¬ 
sammensetzung der Lymphflüssigkeit beruhende Hydrops 
toxicus Quinckes, wie beispielsweise auch das „Haferödem“ 


No. 29. 


v. N o o r d e n s erscheinen gleichfalls durchaus geeignet, die 
Hypothese des Lymphbahnstoffwechsels zu unterstützen. 

Denn abgesehen von den beiden großen Eingangspforten 
des Duct. thoracic, und Duct. dexter, durch welche von den 
Lymphbahnen aus Krankheitskeime in die Blutbahnen ge¬ 
langen können, bestehen noch Kommunikationen zwischen den 
Lymphgefäßen des Colon desc. und der Flexura sigm. einer- und 
den hinter beiden liegenden Venae iliacae andererseits, und 
auch in der Leistengegend sind direkt in die Venen einmün¬ 
dende Lymphgefäße vorhanden, so daß auf diesem Wege 
(z. B. bei Operationen eingeklemmter Brüche) Thrombophlebi¬ 
tiden leicht entstehen können. 

Nachdem er eingangs (S. 15) der im ganzen flott und an¬ 
regend geschriebenen Broschüre „das normale Herz und seine 
und der Blutgefäße normale Tätigkeit“ kurz besprochen hat,, 
beschreibt Verf. die Funktionsstörungen des gesunden Herzens 
und der gesunden Gefäße, wie sie zustande kommen durch 

1. mangelhafte, 

2. unzweckmäßige Ernährung; ferner 

3. durch (infolge von mangelhafter Bewegung der Körper¬ 
muskulatur) abnorm langsame, 

4 . durch (infolge von längerem Aufenthalte in Höhen von 
mehr als 1000—1500 m über dem Meeresspiegel) abnorm 
schnelle Stromgeschwindigkeit der Lymphflüssigkeit; endlich 

5. durch zu reichlichen Genuß von Reizmitteln (Kaffee, 
Tee, Alkohol, Tabak). 

Es folgen Erörterungen über „Die Neurosen des Herzens“, 
über „Perikarditis“ und „Myokarditis“, sowie über den zwischen 
Lymphstoffwechsel und Pathogenese dieser Krankheitszustände 
bestehenden Zusammenhang. 

Bei Schilderung der Myokarditis nimmt W. die Gelegenheit 
wahr, in durchaus zutreffender Weise die bei der Therapie der 
Herzkrankheiten zu Recht bestehende Suprematie der Nau- 
heimer Bäder ins Licht zu stellen. 

Ueberall, besonders auch bei der Kritik der besten Ernäh¬ 
rungsweise der Herzkranken, finden sich Bemerkungen und 
Winke, die den bewährten Praktiker verraten. Die „Endo¬ 
metritis“ und „Die Sklerose der Gefäße“ bilden den Schluß 
des Werkchens, dessen Lektüre Ref. jedem Kollegen ange¬ 
legentlich empfehlen möchte, der über die hier besprochenen 
Dinge sich ein selbständiges Urteil bilden will. 

Dr. O. Fr. Alberts (Friedenau). 

Y. Feuilleton. 

Das Königliche Bad Oeynhausen in seiner 
jetzigen Entwicklung. 

Von 

Eduard Felix Heeger (Greifswald). 

(Schluß.) 

Die bekanntesten Solbäder des nordwestlichen Deutsch- 


lands sind: 

feste 

darunter Kochsal; 


Bestandteile 

auf 1 Liter 

1. Kreuznach. 

17,638 

14.153 

2. Oldesloe. 

24,105 

23,30 

21,824 

3. Nauheim (entgaster Sprudel) 

26,353 

4. Eimen. 

29,7 

26,17 

5. Salzuflen. 

41,916 

33,978 

6. Kosen. 

49,58 

43,43 

7. Kolberg . . . 

51,038 

43,037 

8. Königsborn. 

65,25 

50,158 

9. Harzburg. 

65,2 

61,10 

10. Oeynhausen. 

100,29 

90,73 

11. Salzungen. 

265,08 

256,59 


Aus dieser Aufstellung ergibt sich, daß Oeynhausen an 
zweiter Stelle steht und über eine Sole verfügt, die für alle Fälle 
ausreicht und nicht benötigt, zu Kunstprodukten, wie Herstellung 
von Mutterlaugen usw. zu greifen. 

Die genauen Analysen der beiden Solquellen von Prof. 
Dr. Finke ne r (Berlin) lauten:_ 


Lfd. Nr 

Chemische Bestandteile 

Schacht-Sole | Bohrloch-Sole 
vom Bülowbrunnen 

| In 1 Liter Sole s. enthalten: 

1 

Kieselsäure . . . . . . . . . 

0,023 

0,033 

2 

Tonerde. 

0,006 

0,008 

3 

Arsensäure . 

0,0001 

0,0002 

4 

Chlornatrium. 

27,32 

90,73 

5 

Chlorlithium. 

0,004 

0,006 

6 

Bromnatrium. 

0,0013 

0,0028 

7 

Jodnatrium. 

0,0002 

0,0005 

8 

Schwefclsaures Natron. 

2,39 

2,12 

9 

Schwefel saures Kali. 

0,18 

0,42 

10 

Schwefelsaurer Kalk. 

— 

3,81 

11 

Chlormagnesia. 

0,50 

1,70 

12 

Kohlensaures Magnesia .... 

0,37 

— 

13 

Kohlensaurer Kalk. 

1,32 

1,35 

14 

Kohlensaures Eisenoxydul . . . 

0,08 

0,11 


Summa feste Bestandteile 

32,19 

| 100,29 




















457 


No. 29. THERAPEUTISCHE 

Wenige Bäder dürfen sich des Besitzes ghMch schöner 
monumentaler Badehäuser erfreuen, wie Oeynhausen, sowohl 
was innere Ausstattung, wie äußere Form anbetrifft. Es gibt 
deren fünf. 

Das I. T h e r m a 1 b a d e h a u s, nach den Angaben 
König Friedrich wilhelms IV. erbaut und im Jahre 1855 
in Betrieb genommen, ist als architektonisches Kunstwerk be¬ 
kannt und enthält 78 Zellen. 

D a s II. T h e r m a 1 b a d e h a u s ist 1899/1900 im norwegi¬ 
schen Holzstyl errichtet, mit Vorrichtung für Bäder während 
der Winterkur versehen und enthält 68 Zellen. (Unter dem 
vorherrschenden Einfluß westlicher Luftströmungen, welche auf 
der kurzen Strecke von zirka 150 Kilometer ihren maritimen 
Charakter nicht verlieren, erfreut sich Bad Oeynhausen kühler 
Sommer mit bewegter Luft und milder Winter. Hierauf fußend 
hat sich dort in dem letzten Jahrzehnt auch eine Winterkur aus¬ 
gebildet, die von Jahr zu Jahr sich mehr entwickelt hat.) 

Das III. oder kleine Thermalbadehaus ent¬ 
hält 42 Badezellen. 

Das I. oder neue Solbadehaus ist ein im Jahre 
1885 vollendeter prächtiger Renaissancebau. Es ist zurzeit un¬ 
streitig eins der schönsten und am zweckmäßigsten eingerichte¬ 
ten Solbadehäuser Deutschlands. Im Erdgeschoß enthält es 
119 Badezellen, sowie neben der großartigen Wartehalle im 
linken Flügel ein mit den neuesten Einrichtungen versehenes 
Röntgenkabinett und im ersten Stock einen großen Inhalations¬ 
raum. i 

Im II. oder alten Solbadehause befinden sich 
155 Badezellen. Wie das kleine Thermalbadehaus dient das 
alte Solbad zur Benutzung für Minderbemittelte. 

Des weiteren steheu Schwimmbäder, gespeist von 
dem Wasser der Werre, in der städtischen Badeanstalt, die im 
Sommer 1909 errichtet wurde, zur Verfügung. Oertlich mit 
dieser ist ein Luft- und Lichtbad verbunden. 

Nachdem die von den Aerzten Oeynhausens angestellten 
\ ersuche ergehen haben, daß die Thermalsole in der nötigen 
Verdünnung ein hervorragendes innerliches Mittel darstellt zur 
Hebung und Bekämpfung von Krankheiten der Verdauungs- 
nrgane. der Leber und Nieren, von Blutstockungen der Unter¬ 
leihsorgane und auch bei allen Zuständen bei denen eine 
Durchspülung des Körpers von Vorteil ist, so hat sich die König¬ 
liche Badeverwaltung auf Antrag der Aerzte bereit finden 
lassen, eine Anstalt zu errichten, in der das Thermalwasser mit 
koblensanrem Süßwasser gemischt und in dieser Form zum 
kurgemäßen Gebrauch abgegeben wird. Der Zufall hat es ge¬ 
fügt, daß die Oeynhauser Thermale bei einer 4 fachen Ver¬ 
dünnung dem Kissineer Ragoczy und hei einer 9 fachen Ver¬ 
dünnung der Pynnonter Salz-Ouelle entspricht und zwar ist 
die Gleichartigkeit der chemischen Zusammensetzung derartig, 
daß die wichtigeren Bestandteile bis zur 2. Dezimale in beiden 
Wässern fast genau übereinstimmen. Das Wasser kann durch 
Wärmevorrichtung auf jede beliebige zum Trinken geeignete 
Temneratur gebracht werden. Es bedeutet diese Neuerung für 
Oeynhausen einen, gewaltigen Schritt nach aufwärts; der be¬ 
handelnde Arzt entbehrte bisher des inneren Mittels, welches 
den Gebrauch der Bäder von der Blutbahn aus unterstützen 
und ergänzen muß, um zu einem gedeihlichen Gesamtresultat 
zu führen. Man war gezwungen, die Wasser anderer Kurorte 
heran zu ziehen, was für die Patienten vielfach ein pekuniäres 
Onfer bedeutete. Heute werden sie hiervon in den ineisten 
Fällen absehen können und werden in der Lage sein, bei nötig 
erscheinenden Trinkkuren mit unseren eigenen Kurmitteln aus¬ 
zukommen. 

Molke und Milch werden in der herrlich gelegenen Milch¬ 
halle dargeboten. Der Stall wird alljährlich mit Holländer 
Kühen besetzt. Die Tiere stehen unter tierärztlicher Kontrolle. 

Werfen wir nun noch einen Blick auf den Kurort selbst, 
seine lokalen und sozialen Verhältnisse, so zeichnet sich der¬ 
selbe in vielen Beziehungen vor vielen, selbst romantischer Ge¬ 
legenen Salinen auf das Vorteilhafteste aus. 

Die Stadt Oeynhausen bildet kein regelrecht anein¬ 
ander geschlossenes Ganze, sondern eine freie Zusammen- 
fügung von schönen, stattlichen, z.mn größten Teil elegant her¬ 
gestellten und eingerichteten städtischen Gebäuden und länd¬ 
lichen Wohnungen, von Gärten. Wiesen und Feldern umgeben, 
überall gefällig in die Augen snrmpend und für die verschieden¬ 
sten Ansprüche zweckmäßig eingerichtet. Die ganze Landschaft 
bietet einen Wechsel von Bergen. Tälern, Ebenen, Wiesen, 
Büschen und Feldern und verleiht derselben einen eigentüm¬ 
lichen Reiz, der in dem benachbarten Wesergebirge (Porta 
Westfalica) seinen Glanzpunkt findet. Sie bietet in der Um¬ 
gehung, nahe und fern, die angenehmsten Ausflüge, von denen 
ich nur die wunderbare Allee nach dem Siel.' die wenige 
Minuten vom Kurpark entfernt liegenden idyllischen Anlagen, 
-die Oeynhau eener Sch w e i z“, die reizenden Partien 
nach dem Siekertal. nach Melbergen, nach Berg¬ 
kirchen. nach der Porta, nach dem Kappen berge 
nach V ] o t Ii o . nach der Residenz Bückeburg, hervor¬ 
heben will, die teils zu Fuß, teils durch leicht und billig zu be- 


RUNDSCHAU 1910. 

schaffende Fuhrwerke, teils mit der Eisenbahn zu erreichen 
sind. Mittels letzterer bietet eine kleine Exkursion nach 
Bielefeld, sowie nach dem Herniannsdenk m a 1 eine 
angenehme Zerstreuung und lohnende Aussichten auf eine 
weite, reich bevölkerte Ebene. 

Für die Badeanlagen und die Bequemlichkeit der Bade¬ 
gäste ist in Oeynhausen viel geschehen und alljährlich werden 
neue Opfer gebracht. Nachdem erst im Jahre 1908 das mit 
einem Kostenaufwands von 1 1 - Millionen Mark erbaute neue 
Kurhaus eingeweiht wurde, waren im vorjährigen Etat der 
preußischen Bergverwaltung wiederum 700 000 Mark aus¬ 
geworfen für den Badeort, und zwar 600 000 Mark für ein 
neues Kurtheater, der Rest für eine Wandelhalle 
und eine Polizeibeamtenwohnung am Siel. 

Das neue K u r h aus, ein Prachtbau, ist unstreitig eines 
der schönsten lind vornehmsten im Reiche, und wer nach Oeyn¬ 
hausen kommt, sollte es nicht versäumen, dieser herrlichen 
Anlage einen Besuch abzustatten. Schon die H auptein- 
gangshalle gibt ein beredtes Zeugnis von dem echt künst¬ 
lerischen Hauch, der das gesamte Werk durchweht. Die grau¬ 
warmen, marmorähnlichen Tönungen der Wände werden durch 
die in tiefem Violett gehaltenen, aus reicher Stuckverzierung 
gebildeten Teilungen der Wandfelder wirksam gehoben. Diese 
Farbenharmonie, sowie die reich vergoldeten, herrlich ge¬ 
schwungenen Festons bringen die Malerei der Decke zur höch¬ 
sten Geltung: klar lind scheinbar unendlich wölbt sich der 
Aether über dem schön gestalteten Kamme, lind in seinem 
wolkenlosen Blau schwebt als Sinnbild von Macht und Stärke 
ein gekrönter Aar, das Wappen des königlichen Hauses gleich¬ 
sam" symbolisierend. Im anstoßenden Konzertsaal, dem 
Schmuckstück des Hauses, ist symbolisch die Musik als 
Herrscherin zur Darstellung gelangt. 

Von überraschender Wirkling ist ein Blick in die beiden 
Wandelhallen, wo das zarte Blaugrau der Wandelfelder durch 
die dunkelroten Marmorsäulen prächtig gehoben wird. Die 
Flächen der Decken, belebt durch gemalte Spaliergitter und 
reiches Blumengeranke, bilden hier eine Fortsetzung der im 
herrlichsten Flor prangenden Gartenanlagen. 

Im schönen Tonnengewölbe des Erfrischungsraumes wird 
durch eine vollendete Farbenabstimmung die Kunst des Bau¬ 
meisters in höchst wirkungsvoller Weise betont: Reiche Rosen¬ 
zweige unterbrechen hier die übersichtliche Teilung der Decke 
und schließen sich zu einem üppigen Kranz, die über dem 
ganzen Raum schwebende, in idealster Auffassung dargestellte 
Figur des blumenstreuenden Frühlings duftig umrahmend. 

Der große Speisesaal ist in geradezu klassischer Weise 
ausgestaltet. Die Umrahmung des großen glatten Plafonds 
bildet eine Fassettierung mit besonders originellen und inter¬ 
essanten Motiven, ein wirksamer Hintergrund für große, in 
Grisaille gemalte Kartuschen. Diese gestatten einen Durchblick 
in den blauen Aether und auf die. auf Postamenten malerisch 
angeordneten Figuren in freier Gewandung. Tn die breiten 
Balkenunterzüge der Decke des Rauchzimmers sind auf echtem 
Silbergrund reiche farbige Rankenverzierungen angebracht, 
einen wirksamen Gegensatz zu den gatten Putzflächen der 
Decken bildend. Die großen Wandflächen um den Kamin sind 
belebt durch charakteristische Figuren und Darstellungen, das 
Rauchen in den verschiedenen Jahrhunderten darstellend. 

Das daneben liegende Damenzimmer ist in leicht bläu¬ 
lichen Tönen gehalten Kleine ornamentale Verzierungen auf 
dunklem Grund unterstützen die plastische Teilung der Decke, 
deren auf dunkelviolettem Fond angebrachten Beleuchtungs¬ 
körper durch hellgemalte Perlenschnüre symmetrisch ver¬ 
bunden sind. 

Die Farbenharmonie des Lesesaales erhöht den Eindruck 
von Ruhe und Sammlung, der bei der Ausstattung des Raumes 
das leitende Motiv war. In dem von reich vergoldetem Rahmen 
umschlossenen Deckengemälde bewegen sich symbolische 
Sternenhilder um das feurige Heliosgesnann und um den silber¬ 
nen Sichelwaeen der Göttin Luna Einzigartig auch wirkt die 
elektrische Beleuchtung. 

Ebenso schön wie eigenartig ist die Malerei im Winter¬ 
garten. Entsprechend seiner Bestimmung ist er bis zu zwei 
Dritteln seiner Höhe mit Fliesen belegt deren blauviolette 
Tönung mit dem Grün der Pflanzen herrlich harmoniert. An 
einer Längswand über dem Brunnen findet der langjährige Be¬ 
sucher von Oeynhausen eine liebe alte Erinnerung: das Bild 
des alten ..Goldfischteiches“, auf dessen Grund und Boden das 
neue Kurhaus entstanden ist. Mit reicher, auf die Bestimmung 
des Raumes hindeutender Malerei ist der obere Teil der Wand 
geschmückt: Sumpf- und Stelzvögel, reiche Ornamente und 
Blumengehänge, gaukelnde Libellen und zartfarbige Wasser¬ 
rosen schließen sich in geschickter Reihenfolge zu einem lieb¬ 
lichen Reigen um die in tropischer Fülle prangenden Pflanzen- 
grupnen. 

Da das Spielzimmer mit einer gewölbten Decke versehen 
ist wurde hier der Hauptwert auf die Dekoration der Wände 
gelegt. Reiches BhunPiigersnke bildet reizende Rähmchen um 
die in wunderbarer Technik' und in effektvoller Anordnung 
wiedergegebenen Bilder des Kartenspiels, . 




458 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Das Billardzimmer mit seiner reich gemalten Kassetten¬ 
decke und seinen Pflanzen- und Tiermotiven wirkt trotz seiner 
geringen Höhe äußerst einheitlich; der auf grauvioiett ge¬ 
stimmte Grundton und der tiefgoldgelbe Wandstoff erhöhen im 
Verein mit der dunkelvioletten Färbung des Holzwerkes auf 
das beste seine intime Wirkung. 

Und dann Küche und Keller: die Küche ein Prachtbau 
mit zwölf Riesenherden, der Keller ein Lagerraum für eine 
große Weinhandlung. 

Vor dem Kurhaus dehnt sich die geräumige Terrasse aus, | 
auf der sich nachmittags und abends die gesamte Badewelt 
versammelt und „halb Oeynhausen“ sich ein Rendezvous gibt. 
Wahrlich, hier ist ein Plätzchen, das an die Schönheiten der j 
größten modernen Badeorte erinnert. Ein Abend auf den 
Terrassen, wenn die vortreffliche Kurkapelle ihre Weisen er¬ 
tönen läßt, die farbenreiche Leuchtfontäne plätschert, der 
Scheinwerfer die umliegenden Partien des Parkes in Tageshelle 
zurückruft und der berauschende Duft des Rosengartens vor 
der Molkerei hier vorüberflutet, gehört zu den schönsten An¬ 
nehmlichkeiten des reizenden Badeortes. 

Alles in allem: Bad Oeynhausen ein Eldorado 
für Kranke und Gesunde. Wer aber bei blauem Hirn- j 
mel und klarer Luft in den Morgenstunden in den Kuranlagen 
weilt, der steige hinauf zum Turm-Ausguck des Kurhauses und j 
halte Umschau über das Land: Sein Auge übersieht den Rücken 
des ganzen Wiehengebirges von der Porta Westfalica bis hinauf 
gen Osnabrück, es erblickt das Lippische Bergland und die 
Weserkette und sieht den Lauf der Werre und den der Weser 
in zahlreichen Windungen. Ich schließe mit den Worten des [ 
Dichters Paul Baehr: 

„Darum, ihr Kranken, kommt zur Heilung schnell! 

Hier ist der Port, hier blüht das höchste Gut.' 

Holt euch Genesung aus dem Zauberquell, 

Stärkt eure Glieder in der Wunderflut, 

Und dieses Lenzluft atmende Gefild’ 

Wird eurem Herzen neue Hoffnung geben, — 

Bald ist der Leiden tiefe Qual gestillt, 

Ihr führt mit neuer Kraft.ein neues Leben!“ 


VI. Tagesgeschichte, 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale [ 
Medizin etc. 

B e r 1 i n. Für die weitere Gestaltung der wirtschaftlichen [ 
und sozialen Lage der deutschen Aerzte sind die Verhandlungen 
von der größten Bedeutung, welche in der vom Deutschen 
Reichstag eingesetzten Kommission zur Beratung des Entwurfs 
der Reichsversichcrungsortlliung in der vergangenen Woche 
stattgefunden haben. Zur Beratung standen die Paragraphen 
1177 fl., welche die näheren Bestimmungen über die ärztliche 
Versorgung der Krankenkassen enthalten. Die §§ 377 u. 378 
lauten in der Fassung des Regierungsentwurfs folgendermaßen: 

§ 377. Die rechtlichen Beziehungen der Krankenkassen 
und der Aerzte, die sich aus der ärztlichen Behandlung der 
Kassenmitglieder ergeben, werden durch Vertrag zwischen den 
Kassen und den Aerzten geregelt. Der Vertrag wird entweder 
als allgemeiner oder als besonderer Arztvertrag abgeschlossen. 

Den allgemeinen Arztvertrag schließen die Kassen nach 
Bestimmung der §§ 389 bis 395 mit den Aerzten ihres Be¬ 
reichs ab. Ist ein solcher Vertrag geschlossen, so kann jeder 
approbierte Arzt, der im Bereiche der Kasse wohnt, 

1. Kassenmitglieder behandeln, wenn er dem Vertrage 

schriftlich beitritt, 

2. vom Beitritt nur ausgeschlossen werden, wenn ein wich¬ 
tiger Grund vorliegt. 

Der Kassenvorstand kann beantragen, daß ein Arzt vom 
Beitritt zum allgemeinen Arztvertrag ausgeschlossen wird. 
Ueber den Antrag entscheidet der Vertragsausschuß (§ 378). 
Der ausgeschlossene Arzt und der Kassenvorstand haben die 
Beschwerde an die höhere Verwaltungsbehörde. Diese ent¬ 
scheidet endgültig. 

Die Satzung kann den Vorstand ermächtigen, den Ver¬ 
trag als besonderen Arztvertrag nur mit bestimmten Aerzten 
zu schließen und. von dringenden Fällen abgesehen, die Be¬ 
zahlung anderer abzulehnen. Dabei soll jedoch den Mitgliedern, 
soweit es ohne erhebliche Mehrbelastung der Kasse möglich 
ist die Wahl zwischen mindestens zwei Aerzten freibleiben. 
Ein Wechsel des Arztes ohne Zustimmung des Vorstandes 
während desselben Geschäftsjahres oder derselben Krankheit 
darf ausgeschlossen werden. 

§ 378. Um die Unterlagen für die Verträge festzusetzen, 
den Abschluß von Verträgen zu erleichtern oder herbeizuführen 
sowie Streitigkeiten aus den Verträgen zu schlichten, werden 
für den Bezirk des Oberversicherungsamts ein Vertragsaus- 
schuß für allgemeine und einer für besondere Arztverträge 
gebildet. Jeder Vertragsausschuß besteht aus gewählten Ver¬ 
tretern der Kassen und der Aerzte in gleicher Zahl. 


No. 29. 

... P le oberste! Verwaltungsbehörde des Bundesstaates kann 
tur dessen Gebiet oder Teile davon die Bezirke für die Ver¬ 
tragsausschüsse anders begrenzen. 

Die Kosten des Vertragsausschusses werden auf die be¬ 
ledigten Krankenkassen und Aerzte nach Bestimmung der 
obersten Verwaltungsbehörde umgelegt. Diese kann be- 
stim inen, 

1. daß die Kassen und die Aerzte je die Kosten ihrer Ver¬ 
treter selbst zu tragen haben, 

2. daß die Kosten nach einem anderen Maßstab verteilt oder 

_ von den Krankenkassen allein getragen werden, 

3. wie die zur Deckung der Auslagen erforderlichen Vor¬ 
schüsse zu leisten sind, 

4. daß für das Verfahren vor dem Vertragsauschuß Ge¬ 
bühren erhoben werden; sie werden zur Deckung der 
Kosten verwendet. 

Diese Bestimmungen wurden, wie früher an anderer Stelle 
mitgeteilt, auf das schärfste von der im Deutschen Aerztevereins- 
bund vertretenen deutschen Aerzteschaft bekämpft, weil sie die 
von den deutschen Aerzten mit Recht erstrebte allmähliche Ein¬ 
führung der freien Arztwahl bei den Krankenkassen so gut 
wie illusorisch machen. Ueberlassen sie doch die Wahl des 
Kassenarztsystems wie bisher der Willkür des Kassenvor¬ 
standes. Die daraus für das wirtschaftliche, sittliche und wissen¬ 
schaftliche Niveau des Aerztestandes zu befürchtenden Folgen 
sind ja bekannt genug und brauchen hier nicht von neuem 
beleuchtet zu werden. Trotz aller Resolutionen des Deutschen 
Aerztevereinsbundes, der in letzter Stunde auf dem im April 
einberufenen Aerztetag seine Bedenken gegen die Bestim¬ 
mungen des Entwurfs in aller Schärfe zum Ausdruck brachte, 
hat die Kommission die §§ 377 und 378 mit unerheblichen Ab¬ 
änderungen angenommen. Gegen die Paragraphen 
stimmten nur die Vertreter der fortschrittlichen 
Volkspartei und ein Mitglied der Nationalliberalen. Für 
die Regierungsvorlage stimmten alle übrigen Kom¬ 
missionsmitglieder, also neben Konservativen, Zentrumsleuten, 
Nationalliberalen, Antisemiten usw. vor allem die Sozial¬ 
demo k r at e n, die seit etwa 10 Jahren in der Kassenarztfrage 
einen merkwürdig reaktionären Standpunkt einnehmen, trotz¬ 
dem die meisten sozialdemokratischen Aerzte mehr als ein¬ 
mal für die Forderungen der ärztlichen Organisation, vor allem 
für die organisierte freie Arztwahl öffentlich eingetreten sind. 
Die Freunde der Regierungsvorlage griffen natürlich 
die deutschen Aerzte im allgemeinen und die Standesver- 
tretungen im besonderen, vor allem aber den bösen Leipziger 
Verband, auf das schärfste an. Der böse Leipziger Verband! 
Was hat er denn bisher so Schlimmes gegen die Kassen unter¬ 
nommen? Konnte er die Vorgänge in Cöln und Bocholt 
verhindern, wo die einheimischen Aerzte ausgesperrt sind und 
auswärtige Aerzte die gesamte Kassenpraxis versehen. 
Sind irgendwelche Kassen im Deutschen Reich durch den 
Leipziger Verband ohne Aerzte? Vorläufig stellt der Leipziger 
Verband nur eine große Unterstützungsorganisation der deut¬ 
schen Aerzte dar, die nach Möglichkeit die willkürliche Aus¬ 
sperrung von Aerzten durch Krankenkassen verhüten will 
und nach Kräften dadurch brotlos gemachte ärztliche Exi¬ 
stenzen über Wasser zu halten bemüht ist. Das nennen die 
Aerztegegner, u. a. der Staatssekretär Dr. Delbrück, einen 
Terrorismus schlimmster Art. Ein anderer Redner 
drückte sich noch geschmackvoller dahin aus, der Leipziger 
V e r b a-n d wolle alle Aerzte unter seine Knute 
bringen! Tn zweiter Linie wurden die ärztlichen Ehrengerichte 
angegriffen, auch von seiten der Regierungskommissare, weil 
sie angeblich ihre Tätigkeit ganz einseitig im Sinne des Leip¬ 
ziger Verbandes ausübten. Jeder, der die einschlägigen Ver¬ 
hältnisse kennt, besonders die Entscheidungen des Ehrengerichts¬ 
hofes, weiß, daß nichts weniger gerechtfertigt ist als dieser 
Vorwurf Eine Entscheidung des Ehrengerichtshofs hat einmal 
sogar einen Arzt verurteilt, der — angeblich in unzulässiger 
Weise und um sich materielle Vorteile zu verschaffen — f ür d i e 
freie Arztwahl agitiert hatte. Hingegen wurden gewisse 
Hauptgegner der freien Arztwahl, deren Verhalten bei Ver¬ 
tragsabschlüssen mit den Krankenkassen dem Ehrengericht 
unterbreitet worden war. ‘jedesmal freigesprochen! Trotzdem 
die immer wiederkehrende Behauptung, die Ehrengerichte ur¬ 
teilen einseitig im Sinne des Leipziger Verbandes! Auf die 
Angriffe der Regierungsvertreter gegen die ärztlichen Ehren¬ 
gerichte kündigte schließlich, wie die „Voss. Ztg.“ mitteilt, ein 
Vertreter der fortschrittlichen Volkspartei (wir vermuten, der 
Abgeordnete San.-Rat Dr. M u g d a n.) an, er werde seine 
Parteigenossen im Preußischen Abgeordnetenhause ver¬ 
anlassen- einen Initiativantrag auf Abschaffung der ärztlichen 
Ehrengerichte und Standesvertretung einzubringen und ihn mit 
den Ausführungen zu begründen, die die Vertreter des Reichs¬ 
amts des Innern in dieser Kommission gemacht hätten. Hoffent¬ 
lich folgt diesen Worten die Tat: denn positive Leistungen zum 
Nutzen der Aerzte hat die Standesvertretung bisher nicht auf¬ 
zuweisen; Beschlüsse der Aerztekammern in ärztlichen Fragen 
werden von den Regierungsbehörden fast grundsätzlich nie- 



No. 29. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


459 


mals beachtet. Warum also die Aerztekammem bestehen 
lassen? — Ebensowenig orientiert wie über die Recht¬ 
sprechung der ärztlichen Ehrengerichte zeigten sich, wie sich 
bei der Beratung schließlich herausstellte, die maßgebenden 
Regierungsvertreter trotz jahrelanger Vorbereitung des Gesetz¬ 
entwurfs über das Wesen und die Einrichtung der organisierten 
freien Arztwahl. Man ist sich, wie die „Voss. Ztg.“ mitteilt, 
in Regierungskreisen jetzt darüber klar geworden, daß die 
Verträge, auf denen gegenwärtig in Leipzig, Berlin, Frank¬ 
furt a. M., München die freie Arztwahl beruht, im Sinne des 
S 1177 ebenfalls besondere Aerzteverträge seien und daß die 
algemeinen Arztverträge des Entwurfs, wenn dieser Gesetz 
würde, voraussichtlich nur -auf dem Papier existieren wür¬ 
den. Der Staatssekretär Delbrück soll deshalb erklärt 
haben, er sähe es selbst jetzt ein, daß die Paragraphen so, 
wie in dem Entwurf, unmöglich bleiben könnten und in der 
zweiten Lesung einer gründlichen Umarbeitung bedürften. — 
Im weiteren Verlauf der Beratung wurde der Entwurf bis 
zum § 403 mit einigen mehr oder minder wesentlichen Äende- 
rungen angenommen. Der § 380 lautete im Regierungsentwurf 
folgendermaßen: 

§ ^380. Die Wahlen zu den Ausschüssen für allgemeine 
und für besondere Arztverträge finden gesondert statt. 

Die Kassenvertreter werden von den Vorständen der be¬ 
teiligten Krankenkassen gewählt. Wählbar jst jedes Vor¬ 
stands- oder Auschußmitglied sowie jeder Beamte oder An¬ 
gestellte einer beteiligten Krankenkasse. 

Zur Wahl der Arztvertreter stellt die höhere Verwaltungs¬ 
behörde für jeden Vertragsausschuß eine Liste auf. In diese 
Liste kann sich jeder Arzt eintragen lassen, der im Bezirke 
des Vertragsausschusses wohnt und nachweist, daß er mit 
einer beteiligten Krankenkasse in einem Vertragsverhältnisse 
der entsprechenden Art steht oder innerhalb der letzten zwei 
Jahre vor der Wahl gestanden hat. Eine Woche vor der Wahl 
wird die Liste geschlossen. Jeder in die Liste eingetragene 
Arzt ist wählbar und wahlberechtigt. Die Arztvertreter werden 
nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt. 

Die Arztvertreter sind durch die für den Bezirk zuständige 
ärztliche Standesvertretung zu wählen, wenn die in die Liste 
eingetragenen Aerzte es einstimmig beantragen. 

Der § 380 erhielt den Zusatz: Jeder Arzt kann sich nur in 
eine Liste eintragen. Soll hierdurch eine dauernde Spaltung in 
die Aerzteschaft hineingetragen werden? Zum Schluß der Be¬ 
ratung über die Aerzteparagraphen erklärte nach der „Voss. 
Ztg.“ Staatssekretär Delbrück, daß die Frage, ob freie 
Arztwahl oder Kassenarztsystem, durch die Debatte in der 
Kommission und in der Presse vollkommen dahin geklärt sei, 
daß weder das eine noch, das andere allein möglich sei. Wenn 
man an der vollen Selbstverwaltung der Kassen festhalte und 
einen Vertragsausschuß schaffe, könne man die Regelung der 
Frage ganz der Praxis überlassen, und alle speziellen Bestim¬ 
mungen (§§ 377 fl.) seien überflüssig. Darin muß man dem 
Staatssekretär eigentlich beistimmen; mit dieser Bemerkung, 
wenn sie dem Sinne nach richtig in dem uns vorliegenden Be¬ 
richt wiedergegeben ist, hat er aber den Gesetzentwurf, für 
welchen er verantwortlich zeichnet, teilweise selbst desavouiert. 
Soviel geht aus der bisherigen Beratung hervor, daß die Aerzte 
in ihrem Ringen um eine standeswürdige Stellung bei den 
Krankenkassen von der Regierung ünd dem Reichstag keine 
Hilfe zu erwarten haben. Entweder bleibt alles beim Alten 
oder die Lage der Aerzte wird durch das neue Gesetz noch 
verschlechtert. Nach wie vor ist die deutsche Aerzteschaft auf 
Selbsthilfe angewiesen. — Vorläufig ist abzuwarten, welche 
Metamorphosen die Reichsversicherungsordnung in den weite¬ 
ren Lesungen schließlich erfahren wird. Eine endgültige Be¬ 
deutung hat ja diese erste Beratung auf keinen Fall, wie aus 
den Aeußerungen einiger Kommissionsmitglieder zu ent¬ 
nehmen war. 

Halle a. S. Hier scheint wieder ein Konflikt zwischen 
den Aerzten und Krankenkassen bevorzustehen. Die Aerzte 
der kaufmännischen Ortskrankenkasse haben ihre Verträge ge¬ 
kündigt, um freie Arztwahl bei angemessenen Honorarsätzen 
zu erreichen, aber erst dann, als die Aerzte erfuhren, daß die 
Kasse mit einzelnen Aerzten hinter dem Rücken der anderen 
feste Verträge abzuschließen versuchte. Es wird dann weiter 
berichtet, daß die anderen dem Halleschen Kassenverband an¬ 
gehörenden Krankenkassen sich dem Vorgehen der kaufmän¬ 
nischen Kasse anzuschließen beabsichtigten und ebenfalls neue 
Aerzte anstellen wollten. Von anderer Seite wird dies jedoch 
bestritten; die übrigen Hallenser Krankenkassen sollen mit 
dem Vorgehen der kaufmännischen Kasse nicht einverstanden 
sein. Eine Vertreterversammlung des Hallenser Kranken¬ 
kassenverbandes faßte nämlich folgenden Beschluß: „Um die 
Friedensliebe der hiesigen Krankenkassen und den Wunsch 
derselben zu dokumentieren, die leidige Angelegenheit zu 
einem für Aerzte wie Krankenkassen annehmbaren Abschluß 
zu bringen, wird der Vorstand beauftragt, unter Hinzuziehung 
je eines Vertreters der im Verbandsvorstande nicht vertretenen 


Krankenkassen Verhandlungen mit der ärztlichen Vertrags¬ 
kommision anzubahnen und dieselbe zu ersuchen, zu diesen 
Verhandlungen auch bisherige Kassenärzte heranzuziehen.“ 


Universitätswesen, Personalnachrichten. 


— An den 21 Universitäten des Deutschen Reichs befinden 
sich im laufenden Sommerhalbjahr 54 845 immatrikulierte Stu¬ 
dierende, worunter 2169 Damen, gegen 51 700 im Sommer des 
Vorjahres und 33 700 vor zehn Jahren. Außer diesen imma¬ 
trikulierten Studierenden haben diesen Sommer noch 2680 
Männer und 1226 Frauen als sog. „Gastzuhörer“ die Erlaubnis 
zum Besuch von Universitätsvorlesungen erhalten, so daß die 
Gesamtzahl der Berechtigten 58 755 beträgt, gegenüber 55 554 
im Vorjahre. Von der derzeitigen eigentlichen Studentenzalfl 
sind 27 577 an den zehn preußischen Universitäten ein¬ 
geschrieben gegen 25 638 im Vorjahre; an den drei bayerischen 
befinden sich 9269 gegen 9074, an den zwei badischen 5297 
gegen 4931 und an den übrigen sechs einzelstaatlichen (ein¬ 
schließlich der reichsländischen) 12 602 gegen 12 057. Stark 
die Hälfte des Zuwachses entfällt auf die Philosophen, Philo¬ 
logen und Historiker, die 15 475 zählen, gegen 13 911 im vor¬ 
jährigen Sommerhalbjahr und etwa 6000 vor fünf Jahren. 
Auch die Mediziner weisen eine Steigerung von 9462 auf 
10 682 auf. Auf die einzelnen Universitäten verteilen sie sich: 
Berlin 7902 Studierende gegen 7194 im Sommer 1910; München 
6890 (6547), Leipzig 4592 (4581), Bonn 4070 (3801), Freiburg 
2884 (2760), Halle 2451 (2310), Breslau 2432 (2347), Heidel¬ 
berg 2413 (2171), Göttingen 2353 (2239), Marburg 2192 (2134), 
Tübingen 2061 (1921), Münster 2007 (1760), Straßburg 1964 
(1935), Jena 1817 (1606), Kiel 1760 (1593), Würzburg 1429 
(1369), Königsberg 1381 (1293), Gießen 1334 (1271), Erlangen 
1050 (1158), Greifswald 1029 (967), Rostock 834 (743). 

Berlin. ,Dr. Georg Finder, Oberarzt an der Uni¬ 
versitätsklinik für Nasen- und Kehlkopfkrankheiten in der 
Charite unter Geheimrat B. Fraenkel, hat den Professor¬ 
titel erhalten. 

— Das Padersteinstipendium ist für dieses Jahr von der 


Berliner medizinischen Fakultät dem Assistenten am anato¬ 
mischen Institut daselbst Dr. Friedrich Hein zuerkannt 
worden. 

Rostock. Der Kliniker Prof. M a r t i u s ist für das kom¬ 
mende Studienjahr zum Rektor gewählt worden. 

Göttingen. Zum Nachfolger des Prof. Verworn auf 
dem Lehrstuhl der Physiologie und in der Leitung des physio¬ 
logischen Instituts wurde der Breslauer Privatdozent Professor 
Dr. med. Paul Jensen berufen. 

Leipzig. Als Nachfolger Curschmauns in der 
Leitung der medizinischen Universitätsklinik ist jetzt Professor 
vonStrümpell (Wien) berufen worden; er wird dem Rufe 
Folge leisten und hat sich bereits von seinen Wiener Hörern 
verabschiedet. Er gehörte bekanntlich schon 1883—1886 der 
Leipziger medizinischen Fakultät als außerordentlicher Pro¬ 
fessor und Direktor der medizinischen Poliklinik an; er hatte 
auch in Leipzig seine Studien beendigt und war 1876—1882 
Assistent an der medizinischen Klinik unter Wunderlich 
und E. Wagner gewesen. 

Dresden. Der Assistenzarzt der städtischen Heil- und 
Pflegeanstält Dr. Klengel wurde zum Stadtarzt von Leipzig 
gewählt. — Der bisherige Oberarzt der II. inneren Abteilung 
der Stadtkrankenhauses Friedrichstadt Prof. Dr. Rostoski 
wurde zum Oberarzt der inneren Abteilung des Stadlkranken¬ 
hauses Johaimstadt ernannt. 

Kiel. Der Marine-Generalarzt Dr. Paul 
Arendt, Flottenarzt der Hochseeflotte, ist an einem Nieren¬ 
leiden gestorben. Er gehörte der Marine seit 1885 an und wai 
1890 Marine-Stabsarzt geworden. Seit 1907 war er Marine- 
Generalarzt. I I ■ . 1 

Breslau. Prof. Filehne w’urde von der Academie 
de Medecine in Paris zum auswärtigen Mitglied gewählt. 

Würzburg. Prof. Kretz in Prag hat den hui als 
ordentlicher Professor der pathologischen Anatomie an Stelle 
von Prof. B o r st angenommen. 

Tübingen. Nachdem Prof. Anschutz (Kiel) den Rut 
als Nachfolger von Prof. Bruns abgelehnt hat, ist Prof. 
Payr (Greifswald) berufen worden; er hat aber dem ver¬ 
nehmen nach ebenfalls abgelehnt. Für Tropenheilkunde wird 
sich Dr. Olpp, 2. Direktor des tropenärztlichen Instituts, haln- 

litieren. , . . , , . 

Prag. Der ordentliche Professor der Chirurgie der deut¬ 
schen Universität, der im 61. Lebensjahre stehende Professor 
Anton W ö 1 f 1 e r, ein Schüler B i 11 r o t li s, tritt wegen 
Krankheit von seiner Lehrtätigkeit zurück. 

Budapest. Zum ordentlichen Professor der Derma¬ 
tologie wurde der a. o. Professor Dr. Ludwig Nekam er¬ 
nannt. Diese Berufung hat, wie wir der „Wiener med. Wochen¬ 
schrift“ entnehmen, eine Vorgeschichte, in welcher politische 
und konfessionelle Momente eine Rolle gespielt haben. Del 
Privatdozent l)r. Adolf Onodi wurde zum außerordent¬ 
lichen Professor für llhinologie Und Laryngologie ernannt. 




460 


No. 29. 


THERAPEUTISCHE 

Hasel. Dr. Ernst Hagenbach-Merian habili¬ 
tierte sich für das Fach der Chirurgie. Am Jubiläumstage er¬ 
nannte die medizinische Fakultät zu Ehrendoktoren den Zoo¬ 
logen Prot. Zschokke aus Basel und Prof. Schöne aus 
Greifswald, letzteren wegen seiner Arbeiten zur Geschichte der 
ältesten griechischen Medizin; die philosophische Fakultät den 
Fabrikanten und Ingenieur Friedrich Klingelfuß aus 
Basel, der durch systematisch-wissenschaftliche Untersuchungen 
auf dem Gebiete der elektrischen Induktoren und der Röntgen¬ 
strahlen für die Physik und die Medizin wertvolle Hilfsmittel 
geschaffen hat. 

Pari s. Der seit Jahren hier lebende Ophthalmologe Prof. 
Richard Liebreich, bekanntlich der ältere Bruder des 
vor 2 Jahren verstorbenen hervorragenden Berliner Pharma¬ 
kologen Oscar Liebreich, feierte am 30. Juni d. J. seinen 
80. Geburtstag. 

Kongreß- und V ereinsnaclirichten. 

Königsberg i. Pr. Die 82. Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte, die im September d. J. in Königs¬ 
berg i. Pr. tagen wird, plant eine Rundfahrt mit Sonderdampfer 
in der Ostsee. Die Fahrt beginnt am 5. September in Swine¬ 
münde, berührt Wisby auf Gotland, Stockholm (Aufenthalt 
zwei Tage), Helsingfors, Wyborg (zum Besuch der Imatrafälle), 
Petersburg (Aufenthalt drei Tage), Riga und endet in Pillau 
am 18. September früh. Es ist Sorge getragen, daß die Teil¬ 
nehmer der Fahrt rechtzeitig zur Eröffnung der Versammlung 
in Königsberg i. Pr. eintreffen. Schleunige Anmeldung zur 
Teilnahme ist dringend erwünscht. Nähere Auskunft erteilt der 
Vorsitzende des Verkehrsausschusses der 82. Versammlung 
deutscher Naturforscher und Aerzte, Herr C h r. B o t h e , Kö¬ 
nigsberg i. Pr., Schleusenstraße. 

Gerichtliches. 

Dresden. Im Gegensatz zu der kürzlich hier mitgeteil- 
ten Entscheidung des königlich sächsischen Ober¬ 
in n d e s g e r i c h t s (vgl. Allg. med. Central-Ztg. 1910, No. 25, 
S. 347) hat die königliche Amtsanwaltschaft zu Dresden kürzlich 
beschlossen, ein gegen einen Arzt, der sich auf seinem Türschild 
als „Dr. med. K., approb. Arzt, Spezialarzt für Zahn- und Mund¬ 
krankheiten, Zahnersatz“ bezeichnete, wegen Vergehens gegen 
die Gewerbeordnung § 147, Ziffer 3 eingeleitetes Strafverfahren 
einzustellen, da „einerseits eine allgemein als Arzt approbierte 
Person (Vollmediziner) berechtigt ist, sich einen Titel beizu-. 
legen, der auf ein spezielles Gebiet der Heilkunde hinweist, wie 
„Spezialarzt für Zahn - und Mundkrankheiten“, 
und da andererseits die von Dr. K. gewählte Bezeichnung 
nicht besage, daß er speziell als Zahnarzt approbiert sei.“ 
Das „Ivorresp.-Bl. d. kgl. sächs. Aerztevereine“ (1910, No. 13, 
S. 249) bemerkt zu vorstehender Mitteilung: „Auffallend ist, daß 
an demselben Gerichtsort die erste Instanz der Strafbehörde 
trotz wiederholter Entscheidungen der höchsten Instanz eine 
entgegengesetzte Ansicht vertritt. Welche Ansicht ist nun die 
richtige ?“ 

Stuttgart. Ein hiesiger Arzt hatte bei der württem- 
bergischen Baugewerbsberufsgenossenschaft eine Honorar- 
forderung erhoben, gegen die Verjährung geltend gemacht 
worden war. Der Arzt sandte darauf dem Vorstand der Ge¬ 
nossenschaft einen Brief, in dem er drohte, die Angelegenheit 
im ärztlichen Verein zur Sprache zu bringen und eine Sperrung 
der Gutachten zu beantragen. Das Königl. Medizinalkollegium 
hatte die Honorarforderung als zu hoch bezeichnet. Die Ge¬ 
nossenschaft erhob darauf Klage wegen Erpressung, und der 
Arzt wurde zu acht Tagen Gefängnis verurteilt. — Der Fall 
mahnt die Kollegen aufs neue, bei Geltendmachung von Ho- 
uoraransprüehen mit der größten Gewissenhaftigkeit und Vor¬ 
sicht, besonders auch in der Form, vorzugehen. 


Verschiedenes. 

Elsaß-Lothringen. In den Nachrichten des Statisti¬ 
schen Landesamts für Elsaß-Lothringen werden die Ergebnisse 
einer Untersuchung über den Anteil der ärztlich Behandelten 
unter den Gestorbenen veröffentlicht, die zum erstenmal über 
die Häufigkeit der Beiziehung ärztlicher Hilfe in Elsaß-Loth¬ 
ringen Aufschluß geben. „Demnach sind rund 8000 Personen, 
also mehr als ein Viertel aller Gestorbenen, im Jahre 1909 
verschieden, ohne daß ihnen ärztliche Hilfe zuteil geworden 
ist. In den Städten ist die Beiziehung eines Arztes in Krank¬ 
heitsfällen naturgemäß häufiger als auf dem Lande. In der 
Stadt sind 94,6 pCt. aller Gestorbenen in ärztlicher Behandlung 
gewesen, in der Stadt Mülhausen waren es sogar 95,6 pCt. Von 
den Bezirken weist Oberelsaß die günstigsten Zahlen auf. Im 
Bezirk Unterelsaß bleiben die Kreise Weißenburg, Erstein, 
Schlettstadt und Zabern hinter dem Durchschnitt zurück. Auf¬ 
fallend gering ist der Anteil der ärztlich Behandelten unter den 
Gestorbenen im Bezirk Lothringen. Sieht man von der Stadt 

Verantwortlic.h für den redaktionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin 
Verlag von Oscar Coblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maasseustr 


RUNDSCHAU 1910. 

Metz ab, so ergeben sich für den Bezirk Lothringen nur 60,3 pCt. 
aller Todesfälle als ärztlich behandelt. Die Durchschnitts¬ 
zahlen für das Land sind im ganzen in Elsaß-Lothringen etwas 
günstiger als in Bayern und Würtemberg, bleiben dagegen 
hinter Baden zurück. Jedoch mußten für Württemberg und 
Baden die Zahlen für das Jahr 1907 zum Vergleich heran- 
gezogen werden, während die für 1908 wohl etwas höher sein 
würden. 

BewYor k. Aus Anlaß des 80. Geburtstages des deutsch¬ 
amerikanischen Arztes Dr. Abraham Jacobi, des be¬ 
kannten Paediaters, hat Frau Anna Wörishöf er eine Stif¬ 
tung von 100 000 Dollars zur Errichtung eines Kinderpavillons 
im Deutschen Hospital in New York gemacht. 


VII. Amtliche Mitteilungen, 

Personalien. 

Auszeichnungen: Brillanten zum Roten Adle r- 
Orden 2. Kl. mit der Kröne: Leibarzt Generalarzt 
Dr. v. 11 b e r g. 

Königl. Kr on en-O r d en 2. Kl.: Geh. Med.-Rat Dr. Bier 
in Berlin. 

Königl. Kronen-Orden 3. Kl.: Oberstabsarzt z. D. 
Prof. Dr. S a 1 z w e d e 1 in Schöneberg. 

Roter Adler-Orden 4. Kl.: Dr. G. Linde mann in 
Hannover, Dr. Hirschfeld in Brisbane. 

Kreuz der Ritter des Königl. Hausordens.von 
H o h e li z o 11 e r n: Leibarzt Oberstabsarzt Dr. N i e d n e r. 

Rote Kreuz-Medaille 3. Kl.: Prof. Dr. S t i e d a in 
Halle, Dr. Ad. v. Chamisso de Bonc.ourt in Stargardt 
in Pommern. 

Charakter als Medizinalrat: den Kreisärzten Dr. F r, 
Bachmann in Harburg, Dr. M. H o p m a n n in Briesen, Dr. 
A. Dietrich in Rixdorf, Dr. K. Lachmann in Gels, Dr. 

F. B a n i k in Schlochau und Dr. A. Bartels in Husum, 
sowie den Gerichtsärzten Dr. G. K e f e r s t e i n in Magdeburg 
und Dr. H. Martini in Breslau. 

Charakter als Geheimer Sanitätsrat: San.-Rat 
DDr. Mer sc heim in Essen. 

Prädikat Professor: den Stabsärzten Dr. N a p p und Dr. 
Momburg in Berlin, und Dr. Friedländer in Hohe 
Mark. 

Ernennung: Kreisassistenzarzt Dr. P a 11 e s k e in Stral¬ 
sund zum Kreisarzt in Greifenhagen, Dr. S e i t z in Borgholz¬ 
hausen zum Kreisassistenzarzt in Halle i. W. 

Versetzungen: Kreisarzt Dr. Engels von Gummersbach 
nach Saarbrücken, Kreisarzt Dr. Gross von Greifenhagen 
nach Gummersbach. 

Niederlassungen: Arzt R. Eden in Berlin, Aerztin Dr. 
Fr. Leuss in Charlottenburg, Dr. Liebrecht in Berlin, 
Dr. Mertens und Dr. Schenk in Charlottenburg, Dr. W. 
S c h u 11 z e , Dr. Sieber und Dr. S t ö 11 in Berlin, Dr. A. 
Strobel in Charlottenburg, Dr. V o r d t r i e d e in Berlin, 
Dr. Ascher in Landsberg a. W„ Dr. Hartmann in Dem- 
min, Dr. Kahl in Stralsund, Dr. Philip pi in Trier, M. 
L i 1 i e n t h a 1 in Danzig, Buchmann in Riemertsheide, 
K. Goldammer in Hohndorf, Dr. Wolf in Merseburg, 

G. Albert und R. Jäger in Halle a. S„ Dr. F r. W. 
Schmidt in Frankfurt a. M., Dr. F. C o b n in Kolberg. 

Verzogen: San.-Rat Dr. Heinrich und Dr. Eimann von 
Posen nach Neuburg a. D. bezw. Gera, Generaloberarzt a. 1). 
Dr. Haertel von Krotoschin nach Krappitz, Dr. Mahlo 
von Jutroschin nach Prittisch, Dr. P u p k e von Prittisch nach 
Bentschen, Dr. Thenne von Posen nach Schmiegel, J. M a j 
von Kazmierz nach Wronke, Dr. Gensero wski von 
Zduny nach Krotoschin, Prof. Dr. Czerny von Breslau nach 
Straßburg, Dr. Herschei m e r von Straßburg und Dr. 
S a m e 1 s o n von Karlsruhe nach Breslau, Dr. H e n k e von 
Breslau nach Königsberg i. Pr., Dr. Scholz von Nietleben 
nach Breslau, Dr. Fr. Müller von Breslau nach Liegnitz, 
Dr. Davidson und Dr. Rupprecht von Breslau nach 
Hannover bezw. Dresden, Dr. Clingst e in von Würzburg 
und Dr. Hertel von München nach Breslau, Dr. Fundne r 
von Zillerthal nach Altheide, Dr. Lagreze von Arosa nach 
Kudowa, Dr. Ortlop von Untersteinbach nach Waldenburg, 
Dr. Flemming von Habelschwerdt nach Salzbrunn, Dr. 
Kins eher von Peterwitz nach Breslau, Dr. Höhlmann 
von Görlitz nach Liegnitz, Dr. Berndt von Wigandsthal 
nach Görlitz, Dr. Blumensath von Hirschberg nach 
Blankenburg, R. S t o e z von Hohenwiese nach Kutzenberg, 
Dr. R o n g e von Berthelsdorf nach Görlitz, Dr. A r m and 
von Lauban nach Altenburg, Dr. Born von Bolkenhain nach 
Neumarkt, Dr. B1 a e k von Görlitz nach Beelitz, Dr. Scholz 
von Ruda nach Schömberg, O. Wesemeyer von Myslowitz 
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zufrieden sind, denselben stets gern 
empfehlen und verordnen und daß 
sie auch in ihrer eigenen Familie 
ausschließlich „Kaffee Hag“ trinken. 
Dem coffeinfreien „Kaffee Hag“, 
reinem Tropenkaffee, dem das 
Coffein entzogen ist, fehlt jede 
Coffei'nwirkung, während er den 
vollen würzigen Geschmack des 
coffeinhaltigen Kaffees. beibehalten 
hat. „Kaffee Hag“ ist in allen 
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schon von unseren Voreltern überkommen ist, nämlich die Er¬ 
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mit Posaunenstössen der Welt verkündeten, selbst unter dem 
empfehlenden Protektorate der Berühmtheiten auf den Markt 
gebrachten künstlichen Nährmittel überdauert. „Simplex veri 
sigillum“ (Das Kennzeichen des Wahren und Guten ist die Ein¬ 
fachheit). So ist es denn gekommen, dass bei der Ernährung 
von Schwachen, von Rekonvaleszenten, Greisen oder 
Magenleidenden neben Bouillon mit Graupen oder Haferschleim, 
neben Gelees und Flammeries, neben Pürees von Hühner- und 
Taubenfleisch und starken alten Süssweinen sich als tägliche 
Kost der schlichte, altgewohnte Milchzwiebackbrei immer als das 
Beliebteste erwiesen hat. Ihn findet man in der ärmsten Hütte 
wie im Palast, überall wo Kinder oder Kranke leicht uiid doch 
genügend ernährt werden sollen, und gerade diesem Umstande 
hat auch das Nestle’sche Kindermehl, ursprünglich nur für Kinder¬ 
ernährung bestimmt, welches ja nichts anderes als ein exquisit 
feines „Milch-Zwieback-Pulver“ ist und sein will und dessen 
Zubereitung nur heisses Wasser erfordert, seine unerschütterte, 
immer zunehmende Beliebtheit zu verdanken. 

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Dr< H. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131B 
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IV. Jahrgang Berlin, 33. Juli 1910 IVo. 30 

Die „Therapeutisclie Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
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Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Dölliug: Landarzt- I 
liehe Blutantherapic. 

Iiaubitschek: Ueber moderne Raumdesinfektion. — He- 
dinger: Ueber Verkalkung der Leber. — Wiesner: Früh¬ 
zeitige allgemeine Verknöcherung der Rippenknorpel — eine 
Röntgenschädigung? — Alexandroff: Ueber die analeptische 
Wirkung des Alkohols hei pathologischen Zuständen. — Kisch: 
Ueber plötzliche Todesfälle in den Kurorten. — Benczür: 
Die wahre Bedeutung des sogenannten maximalen Blutdrucks. 

— Funck: Ueber Transthermie und die Therapie mitAether- 
wellen. — Segel: Ein Beitrag zur Therapie des Asthma bron¬ 
chiale. — da Gradi: Ueber den Verlauf der Kehlkopftuber¬ 
kulose bei der mit künstlichem Pneumothorax behandelten Lungen¬ 
schwindsucht. — Riehl: Zur Behandlung der Bauchwasser¬ 
sucht mit Kollargol. — Gross: Eine Duodenalröhre. — Ber- 
nouille: Ueber den Wert der Cammidge-Reaktion für die 
Diagnose von Pankreaserkrankungen, — Siebke: Beitrag zur 
Frage des Niereudiabetes. — Hauptmann: Ein Fall von pri¬ 
märem Milzsarkom — Kuchendorf: Zwei Fälle von Base¬ 
dowscher Krankheit durch Röntgenstrahleu sehr günstig beein- 
flußt. — Siegmund: Schilddrüserisch wache und Zuckerhunger. 

— v. Niessl-Mayendorf: Die linke dritte Stirnwindung spielt 
keine Rolle im Mechanismus der Sprache. — Nägeli: Nach¬ 
untersuchungen bei traumatischen Neurosen. — Cluss: Ueber 
Dauererfolge der operativen Behandlung der traumatischen | 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Landärztliche Blutantherapie. 

Von 

Dr. med. Max Dölling, prakfc. Arzt, Wolkonbuog a. d. Mulde. 

Im Anschlüsse an die bereits früher seit längeren Jahren 
gebräuchlichen Liquores Ferro Manganici., welche 
jedoch alkoholhaltig sind, ist seitens der Chemischen 
Fabrik Helfenberg A.-G., vorm. Eugen Dieterich in 
Helfenberg i. Sa. seit mehreren Jahren das Dr. K. Die¬ 
terich sehe „B1 u t a n“ in den Handel gebracht worden. 
„Blutan“ ist ein gänzlich alkoholfreier Liquor Ferro 
Mangani Peptonati mit Äcid. Albumin. Vermöge 
seiner Imprägnierung mit Kohlensäure (D. R.P.) erweist sich 
„Blutan“, auch ohne Alkoholzusatz/ von vorzüglicher lang¬ 
andauernder Haltbarkeit. Das „Blutan“ ist ein bewährtes 
Eisenpräparat, welches Dr. K. Dieterich der modernen 
Abstinenzbewegung in geschickter Weise ajfgepaßt hat. Es 
liegen bereits eine ganze Reihe von ärztlichen Mitteilungen 
vor, die für den therapeutischen Wert des „Blutan“ 
sprechen. 

Auch die vorliegende Abhandlung, die sich auf die 
praktischen Erfahrungen des Verfassers in mehrjähriger 
Landpraxis stützt, soll dazu dienen, dem „Blutan“ das 
allgemeine Interesse zuzuwenden und demselben neue 
Freunde zuzuführen. Der Gebrauch von „Blutan“ ist in allen 
Fällen indiziert, in denen überhaupt ein wohlpräpariertes 
Eisenpräparat mit Vorliebe gebraucht wird, also vor allem 
bei Schwächeerscheinungen jeder Art und Gattung, bei 
Unterernährungszuständen, hei Erscheinungen der Phthisis 
pulmonum, Rachitis, ' Skrofulöse, ferner bei Anämie, 
Chlorose, Amenorrhoe, Dysmenorrhoe usw. Als Dar¬ 
reichungsmodus erscheint es am besten, von „Blutan 
3 mal täglich, im direkten Anschluß an die Nahrungs¬ 
aufnahme, i/ 2 —1 Likörglas voll in Milch nehmen zu lassen. 
Streng kontraindiziert ist, analog dem Gebrauche jedweden 
anderen Eisenmittels, der Genuß saurer oder auch fetter 
Speisen und Getränke dieser Art, da sich im anderen Falle 
im menschlichen Magen-Darmtraktus Nebenerscheinungen 
zeigen können. Bezüglich der Kardinalfrage, ob man denn 


Jacksonsclieu Epilepsie. — Ulrich: Weitere Mitteilungen 
über die praktische Verwendung des Kochsalzes in der Behand¬ 
lung der Epilepsie. — Fi ekler: Atropinwahnsinn bei einem 
Asthmatiker —Grossich: Zu meinem Desinfektionsverfahren 
der Haut des Operationsfeldes mittels Jodtinktur. Einige Be¬ 
merkungen und Berichtigungen. — Franke: Narkosen be^ 
künstlich verkleinertem Kreislauf. — von den Velden: Di(- 
prophylaktische Blutstillung bei Operationen. —Bibbert: Ueber 
Knochennekrose durch Gefrieren. — Papaioannou: Ein Fall 
von zirkulärer Arteriennaht. — Tiegel: Experimentelle Studien 
über die Chirurgie des Bronchus. — Koväcs: Die operative 
Behandlung der kindlichen Leistenbrüche.—F rank: Die Bilharzia- 
krankheit der Harnblase. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 22. Juni 1910. — 
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. Sitzung vom 
4. Juli 1910. — Freie Vereinigung für Mikroboliogie. —XIX. Ver¬ 
sammlung der Deutschen Otologischen Gesellschaft. 

III. Therapeutische Notizen. Boer: Ueber flüssige Seifen. 

IV. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal- 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Ver¬ 
schiedenes. 

V. Amtliche Mitteilungen. Bekanntmachungen. — Personalia 


unbedingt ein absolut alkoholfreies Medikament bevor¬ 
zugen solle, sei darauf hingewiesen, daß sich bei manchen 
Erkrankungsformen der Gebrauch von Alkoholicis ganz und 
gar verbietet, so z. B. bei gewissen Herzleiden, bei gewissen 
Nierenleiden, bei. der Harnsäuregicht (Arthritis urica), bei 
Gelenkrheumatismus mit Herzkomplikationen, bei Neur¬ 
asthenie, Hypochondrie, Melancholie nsw. Viele dieser 
Leiden basieren erfahrungsgemäß erst auf dem Abusus 
der Alkoholica. Selbstredend darf man einem solchen 
Patienten nicht ein alkoholhaltiges Roborans 
darreichen wollen. Ebenso gilt auch in der Kinderpraxis 
mit vollstem Rechte der Grundsatz, den Alkohol gänz¬ 
lich zu meiden, und ebenso empfiehlt sich die Ver¬ 
meidung inderallgemeinen Kassenpraxis aus 
dem Grunde außerordentlich, daß sehr viele Patienten 
nur zu sehr geneigt sind, mit den alkoholhaltigen 
Eisenliquores einen großem Mißbrauch, im 
Sinne von Alkoholvöllerei, zu treiben. 

Daß in manchen Fällen, wobei der Alkohol im Sinne 
eines Herzanregungsmittels (Analepticums) ge¬ 
braucht wird, auch die beieits erwähnten alkoholhaltigen 
Eisenliquores ihre berechtigte Bedeutung haben, 
und wohl auch stets behalten werden, ist ebenso 
selbstverständlich. 

Aus der weit größeren Anzahl der vom Verfasser in 
eigener Landpraxis beobachteten, mit „Blutan“ behandelten 
Erkrankungsfällo seien die nachfolgenden besonders hervor¬ 
gehoben : 

1. Ein zehnjähriger landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter geriet 
mit seiner linken Hand zwischen die beiden Messer einer 
Häckselschnittmaschine und erlitt beim Unfälle einen größeren 
Blutverlust, der sich auf dem Wege nach Verfassers Wohnung 
noch wesentlich vergrößerte. Nach der Amputation des ersten 
Gliedes des Kleinfingers der linken Hand, galt es, dem armen 
verunglückten Knaben bald wieder zu Kr-äften zu verhelfen. 
Verfasser erzielte in diesem Falle mit „Blutan“, in Darreichung 
von drei Likörgläsern in Milch pro die, einen beachtenswert 
guten Erfolg. Der kleine Patient erholte sich in kurzer Zeit 
völlig zur Genesung. 

2. Eine Landmagd, 24 Jahre alt, aus kränklicher und unter¬ 
ernährter zahlreicher Familie stammend und von schwächlicher 
Konstitution, litt an anämisch-chlorotischer Blutbeschaflenheit, 








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No. 30. 


THERAPEUTISCHE 

welche es zu beheben galt. „Blutan“ bewies sich im besten 
Sinne als „Roborans-Diäteticum-Tonicu m“, es 
führte nach Verbrauch von drei Flaschen, im Laufe von mehre¬ 
ren Wochen, eine ganz erfreuliche Besserung des 
anämisch-chloroti sehen Zustandes herbei. In¬ 
folge des „Blutan“ bekam Patientin mehr Lust zum Essen, mehr 
Lust zur Arbeit und es machte sich eine wesentliche Er¬ 
höhung der Lebensenergie in bester Weise geltend. 

3. Eine im 32. Lebensjahre stehende Patientin, welche 
infolge früher wiederholt stattgefundener spezialärztlicher 
größerer und kleinerer Operationen an ausgesprochenen 
neur asthenisch-neurotischen Herzbeschwer¬ 
den und allgemeiner Neurasthenie litt, brauchte, 
auf des Verfassers Veranlassung, „Blutan“ und erreichte eine 
allgemeine Hebung und Besserung ihrer Ge¬ 
samtkonstitution. Insbesondere wurde „Blutan“ wäh¬ 
rend dreiwöchentlicher Kurdauer stets gern, ohne jede mi߬ 
lichen Nebenerscheinungen gebraucht. Patientin fühlte sich 
durch die Kur weit wohler. 

4. Einem 56 jährigen Fabrikarbeiter, welcher wiederholt, 
besonders während der Aequinoktien-Perioden des Jahres an 
ausgesprochenen Symptomen der Arthritis urica zu leiden hatte, 
verordnete Verfasser, von dem Wunsche geleitet, diesem Manne 
den Wert der „abstinenten Lebensführung“ zu be¬ 
weisen, das alkoholfreie „Blutan“. Verfasser machte die sehr 
erfreuliche Bemerkung, daß diesem Manne „Blutan“ 
sehr gut bekam und daß er Gefallen an solcher alkoholfreien 
Eisenkur fand. 

5. Ein im 42. Lebensjahre stehender Patient, der in früheren 
Jahren als Student mehrere Jahre „Studierens halber auf 
Deutschlands hohen Schulen aufhältlich“ gewesen war und der 
sich infolge allzueifriger Befolgung der von Goethe stammen¬ 
den Aufmunterung „Ergo bibamus“ die Arthritisurica und 
Dilatatio cordis zugezogen hatte, litt besonders zu 
den Aequinoktien sehr viel unter deii Symptomen seines Leidens 
und bedurfte daher eines zweckmäßigen alkoholfreien 
Stärkungsmittels, als welches Verfasser mit bestem 
Erfolge „Blutan“ anwandte. Verfasser hat die Ueberzeugung, 
daß gerade in solchen Fällen das „Blutan“ eine 
recht wesentliche Rolle zu spielen berufen ist. 

6. In einem Falle eines 65 jährigen Patienten, welcher 
Neurastheniesymptome, Melancholie und H y - 


RUNDSCHAU 1910. 


pochondrie äufwies, trug das „Blutan“ zur Hebung des Ge¬ 
samtwohlbefindens wieder sehr wesentlich mit bei. Auch in 
diesem Falle zeigte sich ein großer praktischer Nutzeffekt 
in bestem Lichte. 

Es hieße „Eulen nach Athen tragen“, wollte ich noch’ 
weitere Fälle beifügen; ich meine den praktischen Nutz¬ 
wert durch die mitgeteilten Fälle genügend dargetan zu 
haben. Es sei noch erwähnt, daß außer dem „Original- 
Blutan“ noch als Kombinationspräparate „Brom-, Jod-, 
Diabetiker- und China-Blutan“ im Großbetriebe hergestellt 
werden. Ueber „China-Blutan“ ist, eine recht ausführliche 
Arbeit seitens des Herrn Kollegen Dr. Ludwig Ries, 
em. Selumdararzt des K. K. Allgemeinen Krankenhauses 
in Wien, erschienen. Mein Resume geht dahin aus, daß 
sich das „B 1 u t an und seine K o m b i. n a t i o n e n“ den 
vielen, bereits früher bekannten wirksamen Präparaten der 
Chemischen Fabrik Helfenberg A.-G. in würdiger 
Weise anreiht und daß es den bisherigen günstigen 
Begutachtungen nach besonderer Beachtung wert ist. 

Litteratur. 

Dr. Alb. Kaiser (Dresden), Therapeutische Monatshefte, 
1906, No. 4. 

Dr. Z o r e f (Wien). Medizinische Blätter, 1906, No. 17. 

Dr. Klautsch (Halle). Repertorium der praktischen Medi¬ 
zin, 1906, No. 5. 

Dr. Bliimel (Görbersdorf), Medizinische Klinik, 1906, No. 32. 

Dr. Hugo Gerber (Wien), Medizinische Blätter, 1906, No. 31. 

Dr. Weissmann (Lindenfels), Aerztliche Rundschau. 1906, 
No. 36. 

Dr. Ferrua (London), Le Mödecin, Brüssel, 1906, No. 42. 

Dr. J. Kraus (Wien), Medizinische Blätter, 1907, No. 8. 

Distrikts-Bahnarzt Med. univ. Dr. Richard Fuchs (Bloi- 
stadt), Reichs-Medizinal-Anzeiger. 1907, No. 9 u. 10. 

Dr. Riess (Wien), Klinisch-therapeutische Wochenschrift. 
1908, No. 8. 

Dr. R. Meissner (Wien), Oesterreichischc Aerzte-Zeituusr, 
1908, No. 11. 

Dr. C. Kabis ch (Frankfurt a. M.L Medizinische Blätter. 1908 
No. 36. 

Dr. Rudolf IJ h 1 i r z (Schönfeld b. Karlsbad), Oester- 
reichische Aerzte-Zeitung, 1909, No. 16. 


Sanitätsrat Dr. Hugo Raubitschek (Czernowitz): Ueber moderne 
Raunnlesinfektion. (Wiener med. Wochenschrift, 1910, 
No. 11.) 

Verfasser zeigt, daß die Kaliumpermanganatmethode nach 
Doerr und Raubitschek nicht nur eine wertvolle Be¬ 
reicherung und Ergänzung unserer bisherigen Desinfektions¬ 
praxis ist, sondern zurzeit auch die einzige Methode „auf kaltem 
Wege“ zu sein scheint, die, was desinfektorischen Effekt anlangt, 
vollauf mit den vielfach erprobten Formalinapparaten kon¬ 
kurrieren kann. Sie übertrifft jedoch alle gebräuchlichen Appa¬ 
ratverfahren, weil sie 1. in Verhältnissen anwendbar erscheint, 
wo Apparate überhaupt nicht oder nicht in genügender Anzahl 
vorhanden sind, 2. keine Feuersgefahr involviert, wie zahllose 
diesbezüglich angestellte Versuche von vielen Seiten beweisen, 
3. keine spezielle Abdichtung der Räume erfordert, 4. die 
billigste aller Methoden ist, da eine Anschaffung spezieller 
Apparate entfällt, 5. auch Laien überlassen werden kann, 6. die 
Mengenverhältnisse der zu verwendenden Quantitäten der ein¬ 
zelnen Reagentien einfach und leicht zu merken sind und alle 
Tabellen etc. ersparen, 7. auch den extremsten militärischen 
Forderungen, durch den Ersatz des flüssigen Formalins durch 
Festoform, gerecht wird. Das genannte Verfahren beruht auf 
dem Phänomen, daß beim Liebergießen von reinem kristalli¬ 
sierten übermangansauren Kali und der doppelten Menge 
einer zur Hälfte mit Wasser verdünnten Formalinlösung eine 
stürmische Entwicklung von Formaldehydgas und Wasserdampf 
stattfindet. Die Masse braust unter starker Erhitzung stürmisch 
auf und stößt dichte Schwaden von Formaldehydgas aus. Diese 
Reaktion ist in kürzester Zeit beendet und es bleibt nur eine 
trockene braune Masse zurück. Der Raum selbst wird wie zu 
jeder anderen Formalindesinfektion hergerichtet; schließen 
Fenster imd Türen exakt, so ist eine besondere Abdichtung des 
Zimmers nicht erforderlich, nur Ofentüren müssen des starken 
Zuges wegen verklebt werden. Der Kubikinhalt des Raumes 
wird ungefähr bestimmt, da sich selbstverständlich nach dem¬ 
selben die erforderlichen Mengen der Reagentien richten. 
Tloer r und Raubitschek schlagen vor, für 100 cbm Raum 
2 kg kristallisiertes Kalium hypermanganicum, 2 kg Formalin 
und 2 Liter Wasser zu verwenden, eine sehr einfache Formel, 
welche die komplizierten Tabellen der früheren Apparate über¬ 
flüssig macht. In ein oder besser mehrere recht große Gefäße 
aus Metall oder Holz (Blecheimer, Waschsechter, Kochkessel, 
Badewannen, alte dichte Fässer etc.) wird zunächst das Kalium¬ 
permanganat hineingeschüttet, sodann das Formalin (mit 


Wasser gemischt). Man hat dann wohl einige Sekunden Zeit, 
das Lokal zu verlassen, die Türe zu schließen, wenn nötig, von 
j außen abzudichten. Da die Masse sehr heftig aufschäumt, so 
I darf man in ein Gefäß, das zirka 25 Liter faßt, nicht mehr als 
1 kg von jedem Reagens (Kal. permang., Formalin, Wasser) 
einfüllön. Nach sechsstündiger Einwirkung ist die Desinfektion 
beendet, die Türen und Fenster werden geöffnet, der Formalin¬ 
dampf durch Lüftung oder durch Ammoniakneutralisation ent¬ 
fernt. Die Kosten einer Desinfektion nach diesem Verfahren 
nach Doerr und Raubitschek betragen zirka 4 K 
= 3,40 M. pro 100 cbm, sind also ganz bedeutend billiger als 
Autan (zirka 7 mal). 

Prof. Dr. med. Ernst Hedinger (Basel): Ueber Verkalkung der 
Leber. (Correspondenz-Blatt für Schweizer Aerzte, 1909, 
No. 24.) 

Verkalkungsprozesse der Leber sind, wenn man von der 
relativ häufigen Chalicosis nodularis hepatis absieht, sowohl in 
der menschlichen wie in der Pathologie der Haustiere außer¬ 
ordentlich selten beobachtet worden. Verfasser kennt nur drei 
einschlägige Beobachtungen aus der Literatur. Der von ihm 
beobachtete Fall von Leberverkalkung betrifft einen 36 jährigen 
Mann, der bei der Autopsie neben einer ausgedehnten Osteo- 
malacie mit Cysten im rechten Humerus und im zwölften Brust¬ 
wirbelkörper eine genuine Schrumpfniere aufwies. Die mikro¬ 
skopische Untersuchung ergab eine ausgedehnte Kalkablage- 
rung in dem Myokard, den Lungen, den Nieren und der Leber. 
Verfasser beschränkt sich hier auf die Wiedergabe der Leber¬ 
verkalkung. Es handelt sich ganz vorzugsweise um phosphor¬ 
sauren Kalk. Der Fall bleibt in manchen Beziehungen unklar. 
Diese Unklarheit ist der Ausdruck unserer mangelhaften Kennt¬ 
nisse des Kalkstoffwechsels unter pathologischen Verhältnissen. 
Ein gewisser Zusammenhang dieser Verkalkungsprozesse mit 
Nephritiden scheint nach den bisherigen Mitteilungen wahr¬ 
scheinlich. K r. 

Dr. B. Wiesner (Aschaffenburg): Frühzeitige allgemeine Ver¬ 
knöcherung der Rippenknorpcl — eine Röntgenschädigung? 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 21.) 

Bei vier Männern im Alter von 28, 32, 34, 45 Jahren, welche 
sich berufsmäßig eine Reihe von Jahren viel der Wirkung 
von Röntgenstrahlen (u. a. häufige Durchleuchtungen des 
Thorax) ausgesetzt hatten, fanden sich starke Verknöcherungs¬ 
prozesse der Rippenknorpel. Bei Leuten, welche wenig 





No. 30. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


463 


oder nicht der Wirkung der Röntgenstrahlen aiisgesetzt waren, 
fanden sich derartige Veränderungen nicht. Verfasser vermutet 
deswegen, daß es sich hier um eine Wirkung der Röntgen¬ 
strahlen handelt. R. L. 

Emilie Alexandrolf (Zürich): Ueber die analeptische Wirkung 
des Alkohols bei pathologischen Zuständen. (Correspon- 
denz-BIatt f. Schweizer Aerzte, 1910, No. 15.) 

Verfasserin stellte sich die Aufgabe, die Wirkung des Al¬ 
kohols an kranken Tieren zu studieren. Versuche dieser Art 
sind bis jetzt nur in geringer Zahl angestellt worden. Solche 
Versuche können uns viel eher über den Wert des Alkohols 
aufklären, als Versuche an gesunden Tieren, denn wir wissen, 
wie verschieden das kranke und das gesunde Herz auf Phar¬ 
maka reagieren. Was speziell den Alkohol betrifft, so wissen 
wir z. B., daß eine Kranke mit Puerperalfieber ohne Trübung 
des Bewußtseins eine bis zwei Flaschen starken Weines täg¬ 
lich verträgt, eine Menge, die sie zu anderer Zeit in schweren 
Rausch versetzen würde. Die Verschiedenheit in der Wirkung 
des Alkohols, welche die verschiedenen Beobachter konsta- ■ 
tierten, läßt sich gewiß zum größten Teil aus den ganz ver¬ 
schiedenen Bedingungen erklären, unter denen derselbe zur 
Anwendung gelangte. Hierüber ins Klare zu kommen, wäre 
beim Menschen nur an der Hand von sehr großen Statistiken 
möglich, wie sie der einzelne kaum ausführen kann; dagegen 
bietet uns das Experiment am kranken Tier den Vorteil des 
klaren, scharf umschriebenen und namentlich genau dosierten 
Krankheitszustandes, wie er eben in der menschlichen Patho¬ 
logie nicht geboten ist. Als solche Zustände hat Verfasserin 
gewählt: 1. Die Diphtherievergiftung; 2. den Erschöpfungs¬ 
zustand; 3. die Infektion mit Heujauche als Typus der Misch¬ 
infektion; 4. Mischungen dieser einzelnen Schädigungen mit¬ 
einander. Die größte Aufmerksamkeit schenkte Verf. der 
Diphtherievergiftung. Wie bekannt, ist das Diphtherietoxin ein 
Gift, welches das Herz schwer schädigt, und oft genug ist die 
akute Herzschwäche bei Diphtherie die Ursache des letalen 
Ausgangs. Um dem vorzubeugen, wird von mancher Seite als 
eines der besten Mittel Alkohol vorgeschlagen, ein Mittel, wel¬ 
ches, wie Verfasser zeigt, den mit ihm verknüpften Hoffnungen 
kaum entspricht. 

Als Versuchsobjekte dienten ausschließlich Kaninchen; im 
ganzen wurde an 36 Tieren experimentiert. Bei der Diphtherie¬ 
intoxikation erwies sich der Alkohol als ein mächtiges An¬ 
regungsmittel für die Atmung, welche um 42,5 pCt. des Anfangs¬ 
volumens gesteigert wurde; dagegen wird die Zirkulation nach 
jeder Richtung hin ungünstig beeinflußt, indem der Blutdruck 
sinkt, die Pulszahl sich gleich bleibt, die Amplitude abnimmt, 
somit also das Minutenvolumen ganz bedeutend abnehmen muß. 
Bei Erschöpfungszuständen ist der Einfluß des Alkohols ein 
geringer; die Atmungsgröße wird wenig gesteigert, die Zirku¬ 
lation bleibt sich ungefähr gleich, indem das Absinken des Blut¬ 
drucks in einigen Fälen durch Vergrößerung der Amplitude 
etwas kompensiert wird, so daß die Organe annähernd gleich 
viel Blut erhalten; wir können also sagen, der Alkohol wirkt 
hier weder günstig, noch schädlich. Bei der Jauchevergiftung 
steigt die Atmungsgröße wenig, aber regelmäßig etwas an; da¬ 
gegen fällt der Blutdruck fast so stark, wie bei der Diphtherie, 
indessen unterscheidet sich dieser letztere Zustand von der 
Jaucheinfektion dadurch, daß bei dieser fast regelmäßig eine 
Zunahme der Amplitude und dementsprechend auch des Ampli- 
tudenfreqenzproduktes eintrat, da die Pulsfrequenz nur mäßig 
abnimmt. Es wird also jedenfalls die Zirkulation viel weniger 
affiziert, als bei der Diphtherie, möglicherweise bleibt auch hier 
die die Organe durchströmende Blutmenge gleich groß infolge 
Zunahme der Amplitude. Die Mischversuche haben insofern 
ein interessantes Resultat ergeben, als sich bei ihnen die Einzel¬ 
heiten der verschiedenen pathologischen Zustände wieder¬ 
holten, je nachdem die einzelne Schädigung überwog. Am 
stärksten zeigte sich hierbei das Diphtheriegift, indem die Ver¬ 
stärkung der Atmung bei der Mischinfektion fast so intensiv war, 
wie bei den reinen Versuchen. Bei Zutritt von Jauchevergiftung 
zu anderen Zuständen nimmt im allgemeinen die Tendenz zur 
Vergrößerung der Amplitude zu. — Objektiv haben die experi¬ 
mentellen Ergebnisse am Tier kein günstiges Bild der Alkohol¬ 
wirkung ergeben; denn wir dürfen bei der Bewertung der Er¬ 
gebnisse die Verbesserung der Atmung nicht so hoch ein¬ 
schätzen, wie die Verschlechterung der Zirkulation; denn jene 
ist doch bis zu einem gewissen Grade willkürlich zu regulieren. 
Trotzdem möchte Verfasserin aus diesen negativen Ergebnissen 
keine gänzliche Verneinung der Alkoholtherapie ableiten, denn 
wir dürfen, sagt sie. nicht vergessen, daß „der Wein des 
Menschen Herz erfreut“; es wird also abzuwägen sein, ob eine 
Herbeiführung von Euphorie mit ihren Nebenwirkungen durch 
Alkohol dem 'Patienten unter Umständen nützlicher sein kann, 
als die somatische Schädigung durch denselben. 

Prof. E. Heinrich Kisch (Prag-Marienbad): Ueber plötzliche 
Todesfälle in den Kurorten. (Med. Klinik, 1910, No. 11.) 

Tst schon unter gewöhnlichen Verhältnissen der plötzliche 
Tod eines Menschen, dessen Täge noch nicht gezählt zu sein 


scheinen, ein Ereignis, welches im Bekanntenkreise Schreck 
und Entsetzen hervorruft, so bildet ein solcher Fall von Mors 
subita inopinata im Kurorte, wo es so leicht zur Massen¬ 
suggestion kommt, den Gegenstand tiefer Erschütterung unter 
den Kurgästen und scharfer Urteile über das prognostische 
Wissen der Aerzte, wie über die Gefährlichkeit der örtlichen 
Heilquellen. Bei der überwiegenden Mehrzahl der plötzlichen 
Todesfälle aus natürlichen Ursachen handelt es sich erfahrungs¬ 
gemäß um eine plötzlich eingetretene Herzlähmung infolge einer 
schon vorhandenen Herzerkrankung. Dieser Fundamentalsatz 
läßt es schon im allgemeinen begreiflich und erklärlich finden, 
daß besonders an jenen Heilquellen, an denen sich Herz¬ 
leidende in großer Zahl zusammenfinden, der Prädilektions- 
ort für das Vorkommen plötzlicher Todesfälle gegeben ist, be¬ 
sonders wenn daselbst auch leicht unmittelbar Anlässe zum 
Eintritt dieser Ergebnisse gegeben sind. Verfassers Unter¬ 
suchungen über Mors subita der Herzkranken haben ergeben, 
daß es bestimmte Altersverhältnisse der letzteren, sowie be¬ 
stimmte lokalisierte Erkrankungen des Herzens und der Ge¬ 
fäße sind, welche den plötzlichen Tod befürchten lassen, daß 
jedoch die alte Anschauung, das über jedem Herzkranken das 
Damoklesschwert des plötzlichen unvorherzusehenden Todes 
schwebt, als zu verallgemeinernd unrichtig ist. Nach den Ob¬ 
duktionsbefunden plötzlich verstorbener Herzkranker wie auch 
klinischen Beobachtungen hat Verf. konstatieren können, daß 
die Mors subita besonders bei zwei Gruppen von Personen 
mit Herzbeschwerden eintritt: bei hochgradig lipomatösen In¬ 
dividuen und bei Personen mit allgemeiner bedeutender 
Arteriosklerose. Speziell das Zusammentreffen von Biku- 
spidalinsuffizienz mit Endarteritis und Insuffizienz der Aorta 
muß als eine verhängnisvolle Kombination nach der bezeichne- 
ten Richtung betrachtet werden, wenn die Untersuchung vor¬ 
geschrittene fettige Degeneration des Myokards und starke 
Dilatation des linken Ventrikels erweist. In rund 15 pCt. der 
hier betrachteten plötzlichen Todesfälle war teils durch die 
Untersuchung am Lebenden, teils durch die Obduktion dieses 
Zusammentreffen von Bikuspidal- und Aorteninsuffizienz nach¬ 
weisbar. Weiter spricht die Kombination von hochgradiger 
Lipomatosis mit Arteriosklerosis für die Wahrscheinlichkeit, 
daß über kurz oder lang plötzlicher Tod eintreten wird, zumal 
wenn chronischer Alkoholismus als ätiologisch nachzuweisen ist. 
Ferner muß in allen Fällen von hochgradigem Aortenaneurysma 
der plötzliche Exitus durch Ruptur des Aneurysma als ein zu 
erwartendes Ereignis betrachtet werden. Es sind weiter häufig 
wiederkehrende schwere Anfälle von Angina pectoris, die mit 
Sklerose der Koronararterien in Verbindung gebracht werden 
müssen, bei hochgradig Fettleibigen und Personen im Alter 
über 60 Jahren ein Alarmsignal, daß in absehbarer Zeit ein 
plötzlicher Tod droht. Und endlich ist auch das kombinierte 
Vorkommen von Lungenemphysem mit derartigen Herzerkran¬ 
kungen ein den plötzlichen Exitus begünstigendes Moment, der 
Tod erfolgt zuweilen während des Hustenanfalles. Die Frage 
aber, unter welchen Umständen der plötzliche Tod bestimmt zu 
befürchten ist und in welchem Zeitpunkte derselbe eintreten 
muß, harrt noch immer einer genaueren Präzisierung. Wir 
wissen jedoch, daß bei Herzkranken gewisse scheinbar ganz 
geringfügige Anlässe den unmittelbaren Anstoß zum plötzlichen 
Tode geben können. Seelische Erregungen können das Ereignis 
herbeiführen, ebenso wie die verschiedensten den Blutdruck 
steigernden ätiologischen Momente. Solche Anlässe sind in 
den Kurorten nicht selten dann gegeben, wenn die Kranlien 
ohne ärztliche Beratung oder trotz dieser, recht unpassend 
hygienisch und diätetisch leben. K. hat als solche Anlässe der 
Mors subita bei Herzkranken starke körperliche Anstrengungen, 
Bergsteigen, reichliche Mahlzeit, Genuß alkoholischer Getränke, 
Vollziehung des Koitus, Absetzen harten Stuhles, Darmkolik 
usw. aufgezeichnet. 

Es wurde bereits hervorgehoben, welche mißliche allge¬ 
meine Folgen ein Fall von Mors subita inopinata für den Kur¬ 
ort und den Kurarzt haben kann. Wie soll dieser letztere sich 
nun dem Ereignisse gegenüber stellen? Verf. hat das Prinzip, 
in allen Fällen, wo ihm die genaue Untersuchung des Patien¬ 
ten die Befürchtung des Eintrittes einer plötzlichen letalen 
Katastrophe naherückt, dies einem Angehörigen oder näheren 
Bekannten des Kurgastes mitzuteilen und diesen selbst 
schonend, aber ernst darauf aufmerksam zu machen, daß er 
kein gewöhnlicher Dutzendfall sei, sondern daß die Nichtbeach¬ 
tung der ärztlichen Vorschriften in bezug auf Trinken, Baden, 
Essen und Bewegen die ernstesten Folgen haben kann. Von 
Seiten der Badeverwaltungen wäre an die Kurgäste eine ernst¬ 
liche Mahnung zu richten, die Kurprozeduren nicht ohne ärzt¬ 
liche Beratung zu gebrauchen. Es ist erwünscht, daß in den 
Kurorten eine genaue Statistik der Fälle von Mors subita inopi¬ 
nata geführt und eiue möglichst eingehende Obduktion der Be¬ 
troffenen vorgenommen werde. Es wird dazu beitragen, manches 
unberechtigte Vorurteil gegen die Badeärzte und Badeorte zu 
beseitigen. K r. 




464 


No. 30. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Dr. J. v. Bencziir (Budapest): Die wahre Bedeutung des so¬ 
genannten maximalen Blutdrucks. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 22.) 

Legt man am Oberarm einer Person die Manschette des 
Recklinghausen sehen Apparates an und erzeugt in dieser 
einen dem maximalen Blutdruck entsprechenden Druck, und 
bestimmt man an einem Finger derselben Extremität den Blut¬ 
druck nach Gärtner, so ergibt sich, daß der Gärtne r sehe 
Blutdruck nur unbedeutend abnimmt, wenn auf dem Oberarm 
ein dem maximalen entsprechender Druck lastet. Aus diesen 
Erfahrungen folgt, daß ein auf den Arterien lastender Druck, 
bei welchem die Fortpflanzung der Pulswelle eben aufgehalten 
wird, das Lumen der betreffenden Arterie keineswegs ver¬ 
schließt, sondern durch die künstlich erzeugte Stenose nur einen 
Widerstand einschaltet, au dem die Pulswelle erlischt und wel¬ 
cher eben genügt, um den Blutstrom in einen kontinuierlichen 
zu verwandeln. Bei einigen Krankheiten ist der Unterschied 
zwischen dem maximalen Blutdruck und demjenigen Druck in 
der Manschette, bei welchem der Gärtner sehe Blutdruck be¬ 
seitigt wird, verschieden. So ist dieser Unterschied bei Herz¬ 
kranken im Stadium der Dekompensation auffallend gering. 
Wird dann die Kompensation durch Digitalis hergestellt, so 
nimmt der Unterschied von Tag zu Tag sehr stark zu. R. L. 

■ 

Dr. C. Funck (Cöln-Braunsfeld): Lieber Transthermie und die 
Therapie mit Aetherwellen. (Deutsche med. Wochenschrift. 
1910, No. 22.) 

Verfasser hat sieben Fälle mit der Transthermie (Thermo- 
penetration) behandelt. Bei einem Falle von Arthritis urica 
und einem Falle von Arthritis chronica deformans war nach 
14- bezw. 20 tägiger Behandlung ein deutlicher Einfluß nicht zu 
erkennen. In zwei weiteren Fällen wurde die Behandlung 
nach 10 Applikationen unterbrochen, es handelte sich dabei 
um eine Brachialneuralgie, die durch Verwachsungen bedingt 
war, und eine Tabes, deren lanzinierende Schmerzen zu sehr 
wanderten, als daß die Therapie ihnen hätte folgen können. 
Der fünfte Fall, ein seit 7—8 Wochen bestehender Muskel¬ 
rheumatismus des Oberarms, der in den ersten fünf Wochen 
seines Bestehens ohne Erfolg mit Salicyl und Hitze behandelt 
worden war, wurde durch Transthermie in sechs Sitzungen von 
je 12 Minuten geheilt, der sechste Fall, eine seit neun Monaten 
bestehende typische Ischias wurde in 22 Sitzungen von je 
18 Minuten derartig gebessert, daß der Patient Spaziergänge 
bis zu zwei Stunden unternehmen kann. Der letzte Fall betrifft 
eine sehr benigne Tabes mit seit neun Jahren am rechten Knie 
bestehenden Arthralgien. Der Kranke ist früher mit Medika¬ 
menten verschiedenster Art, Injektionen von Arsacetiu, Hänge¬ 
kur, Radiogen, Katalyse, galvanischem und Leducschein 
Strom, d’Arsonvalisation, Röntgenstrahlen, Blaulicht, Hydro¬ 
therapie etc. fast ohne jeden Erfolg behandelt worden. Der 
Kranke wurde jetzt an der betreffenden Stelle 18 mal im An¬ 
fang zweimal täglich, mit Thermopenetration behandelt; die 
Schmerzen ließen schon nach den ersten Sitzungen merklich 
nach, nach der 12. Sitzung sind sie fast verschwunden und seit¬ 
her nur einmal zwei Tage hindurch schwach aufgetreten; im 
übrigen ist der Patient sechs Monate hindurch am Knie ohne 
Beschwerden. Die anderen Symptome der Tabes sind stationär 
geblieben. — Verfasser ist der Ansicht, daß bei der Thermo¬ 
penetration durch ungedämpfte Schwingungen die im Gewebe 
entstehende Wärme nicht der alleinige Heilfaktor ist, sondern 
daß auch die durch elektrische Oscillation verursachte mole¬ 
kulare Erschütterung der Gewebe eine wichtige Rolle spielt. 
Er sucht diese seine Ansicht durch längere theoretische Er¬ 
örterungen zu stützen, wobei er auch auf die Wirkungen der 
anderen Arten von Aetherschwingungen eingeht. R. L. 

Dr. J. Segel (Wien): Ein Beitrag zur Therapie des Asthma 
bronchiale. (Zentralblatt für innere Medizin, 1910, No. 211.) 

v. Jagic berichtete vor einiger Zeit aus der Klinik 
v. Noorden über einige Fälle von Asthma, die er nach dem 
Beispiel amerikanischer Autoren mit Adrenalininjektionen be¬ 
handelte. Er sah in allen seinen Fällen promptes Coupieren 
des asthmatischen Anfalles; schädliche Nebenwirkungen irgend¬ 
welcher Art konnte er bei keinem seiner Kranken beobachten. 
S. wurde durch diesen Erfolg veranlaßt, hei Asthmatikern eine 
kombinierte Sauerstoff-Adrenalintherapie in Anwendung zu 
bringen. Er erwartete im Vorhinein die bekannte gute Wirkung 
des Sauerstoffs plus der von v. J a g i c festgestellten des Neben¬ 
nierenextraktes. Verfasser hatte Gelegenheit, diese Methode 
in zwei sehr schweren Fällen in Anwendung zu bringen. Das 
Leiden trat in beiden Fällen in frühester Kindheit auf und hatte 
jeder erdenklichen Behandlungsmethode hartnäckig getrotzt. 
Durch die kombinierte Sauerstoff-Adrenalinbehandlung wurden 
beide Fälle ebenso rasch wie günstig beeinflußt. Be¬ 
sonders hervorgehoben zu werden verdient, daß die kombinierte 
Sauerstoff-Adrenalinbehandlung mit keinerlei Unannehmlich¬ 
keiten für den Kranken verbunden ist, daß die Prozedur mit 


dem Sauerstoffapparate dem Patienten vielmehr außerordentlich 
angenehm ist. Ein Versuch mit dieser Methode ist nach Verf. 
in jedem Falle von Asthma geboten. Kr. 

Dr. A. da Gradi (Pavia): Ueber den Verlauf der Kehlkopf- 
tuberkulose bei der mit künstlichem Pneumothorax be¬ 
handelten Lungenschwindsucht. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 22.) 

Verfasser berichtet über drei Fälle von vorgeschrittener, 
mit Kehlkopftuberkulose komplizierter Lungentuberkulose, in 
denen von Forlanini die Behandlung mittels künstlichen 
Pneumothorax vorgenommen wurde. Diese Beobachtungen er¬ 
geben, daß bei dieser Behandlung, wenn der Lungenprozeß 
geheilt oder weitgehend gebessert wird, auch die Kehlkopf¬ 
erkrankung, selbst wenn sie sehr vorgeschritten und ausgedehnt 
ist, geheilt oder ganz erheblich gebessert werden kann. Es 
wurden daneben nur einfache lokale Maßnahmen, wie Inhala¬ 
tionen und Pinselungen angewendet. In einem der Fälle konnte 
.Verfasser eine vollständige Heilung der Kehlkopftuberkulose 
konstatieren, die jetzt mehrere Jahre besteht. 

Dr. Riehl (München): Zur Behandlung der Bauchwassersucht 
mit Kollargol. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 21.) 

Verf. berichtet über einige Fälle aus der Münchener medi¬ 
zinischen Universitätspoliklinik, in denen ausgedehnte Flüssig- 
keitsansammlungen in der Bauchhöhle (bei traumatischer Peri¬ 
tonitis oder bei andern Krankheitszuständen) bei Einreibung 
des Abdomens mit der Crede sehen Kollargolsalbe zum Ver¬ 
schwinden gebracht oder doch vermindert wurden. Gleichzeitig 
trat eine vermehrte Diurese ein. Verfasser nimmt eine Reiz¬ 
wirkung des Silbers auf die Nierenepithelien an. Auch andere 
Autoren haben schon die diuretische Wirkung des Kollargols 
bemerkt. Bei einem gesunden Manne konnte Verfasser bei 
Kollargolanwendung eine mäßige Vermehrung der täglich aus¬ 
geschiedenen Urinmenge feststellen. Außerdem ließ sich auch 
in allen Fällen eine Wirkung auf den Darm konstatieren. Einige 
Zeit nach Beginn der Salbeneinreibungen traten breiige oder 
flüssige Stuhlentleerungen auf. Die Behandlung geschah in der 
Weise, daß 3—4 g Unguentum Crede 15—20 Minuten lang in 
die durch ein einfaches Vollbad oder ein Schwitzbad gut ge¬ 
reinigte Haut des Leibes eventuell auch des Rückens des 
Kranken fest eingerieben wurden. Ueber die eingeriebene 
Fläche wurde dann gewöhnlich eine Schicht Watte mit Billroth- 
batist gelegt. Die Einreibungen wurden gewöhnlich jeden 
dritten bis vierten Tag wiederholt. Am besten eignen sich für 
diese Therapie, Funktionstüchtigkeit von Herz und Nieren vor¬ 
ausgesetzt, entzündliche Bauchergüsse. 

Dr. M. Gross (New York): Eine Duodenalröhrc. (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 22.) 

Verfasser hat einen Schlauch konstruiert, welcher es er¬ 
möglicht, vom Magen aus den Pylorus zu überschreiten und aus 
dem Duodenum Inhalt zu aspirieren. Der Apparat besteht aus 
einer Bleikugel von etwa Doppelerbsengröße als Endstück, 
daran anschließend aus einer etwa % cm im Durchmesser 
starken und 125 cm langen, nicht leicht collabierbaren, in 
10 cm geteilten Röhre, aus einem Auffangsgefäß und aus einem 
Mundstück, wenn man selbst aspirieren will, oder einem Aspi¬ 
rationsballon. Der Patient bekommt des Morgens eine Probe¬ 
mahlzeit, bestehend aus einem Glase zur Hälfte mit Wasser 
verdünnter Milch. Etwa eine halbe Stunde später wird die 
Duodenalröhre eingeführt. Der Patient schlingt die wohl ein- 
gespeichelte Kugel bis etwa 45 cm herunter, dies fast ohne 
Schwierigkeit. Durch leichtes Hineinblasen macht man den 
Schlauch frei in die Magenhöhle hineinhängend. Der Patient 
legt sich nun hin, und zwar auf die rechte Seite. Nach einigen 
Minuten läßt man die Röhre bei halb geöffnetem Munde des 
Patienten von selbst, ohne Schlingbewegung, bis etwa 60 cm 
heruntergleiten, einfach dem Zuge der kleinen Kugel folgend. 
Nach weiteren 10—15 Minuten aspiriert man zum ersten Male 
und wird oft schon jetzt eine gelbliche Verfärbung des Magen¬ 
inhalts finden, als Zeichen der vollendeten Einstellung. Der 
Patient liegt dabei noch immer mit halbgeöffnetem Munde, dem 
Schlauche Gelegenheit gebend, noch tiefer hineingesogen zu 
werden. Nach einiger Zeit kann man 65—70 cm am Schlauch 
ablesen. Jetzt aspiriert man wieder und findet fast regelmäßig 
eine gleichmäßig trübe, eidottergelbe, nicht mehr von Kasein¬ 
flocken der Milch durchmischte Flüssigkeit, von saurer oder 
schwach saurer Reaktion. Nach 10—15 Minuten und nach ge¬ 
legentlichem Aspirieren gelingt es in normalen Fällen, den 
charakteristisch gallig gelben, wässerigen Inhalt des Duode¬ 
nums zu bekommen, von deutlich neutraler oder alkalischer 
Reaktion. Die ganze Prozedur dauert %—% Stunde. Beim 
Entfernen des Schlauches findet man manchmal eine deutliche 
Resistenz am Pylorusring, die ohne weiteres überwunden wird. 
In einer Reihe von Fällen gelingt es nicht, den Pylorus zu über¬ 
schreiten. Die Ursache kann in Stenosen und Tumoren des 
Pylorus liegen, ferner in länger dauernden Pyloruskontrak- 



No. 30. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


tionen, welch letztere aber durch kurzes Abwarten oder durch 
Aufsitzenlasseh des Patienten oft überwunden werden können. 
Ist man wegen der Reaktion der aspirierten Flüssigkeit im 
Zweifel, ob man in das Duodenum gelangt ist, so muß man 
zweimal aspirieren, einmal in situ und darauf nach Heraus¬ 
ziehen des Schlauches bis etwa zur Marke 50 cm, nachdem der 
Patient vorher schwarzen Kaffee getrunken hat, wobei der 
Unterschied in der Farbe der nacheinander aspirierten Flüssig¬ 
keiten jeden Zweifel beheben wird. R. L. 


Dr. Eugen Bernouilli: Ueber den Wert der Canunidge-Reaktion 
für die Diagnose von Pankreaserkrankungen. (Correspon- 
denzblatt für Schweizer Aerzte, 1910, No. 10.) 

In der Frage nach dem praktischen Wert der Cammidge- 
reaktion gehen die Ansichten noch sehr auseinander; das ist 
nicht zu verwundern, wenn wir berücksichtigen, wie leicht 
Fehler beim Anstellen der Probe gemacht werden können. 
Cammidge fand in 200 durch Sektion kontrollierten Fällen 
75 positive Reaktionen, denen jedesmal eine Erkrankung des 
Pankreas (65 mal chronische Pankreatitis) entsprach. M a a s s 
sah in 20 Fällen, die zur Sektion kamen, 14 mal positiven, sechs¬ 
mal negativen Ausfall der Reaktion. 15 mal stimmten Reaktion 
und histologischer Befund am Pankreas überein. Bei fehlen¬ 
der Erkrankung des Pankreas wurden in der Regel negative 
Proben gefunden. Es gibt jedoch eine große Anzahl Erkran¬ 
kungen, bei denen positive Reaktionen gefunden werden 
können. Besonders häufig scheint das der Kali zu sein bei 
Carcinomen des Verdauungstraktus, seltener bei Lebererkran¬ 
kungen, Infektionskrankheiten, Herz- und Gefäßerkrankungen, 
Blutkrankheiten, chronischer Arthritis, Magen- und Darm¬ 
erkrankungen, Erkrankungen der Gallenwege etc. Selbst beim 
Gesunden sind neben vielen negativen einzelne Proben positiv 
ausgefallen. Die Untersuchungen beim Diabetes mellitus haben 
stark wechselnde Befunde ergeben, jedoch mehr negative. 

Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Cammidge- 
reaktion keineswegs spezifisch für Pankreaserkrankungen ist; 
wir übersehen aber noch nicht, wie häufig sie mit solchen zu¬ 
sammen vorkommt. Für den praktischen Wert der Probe 
kommt dann noch in Betracht, daß sie ziemlich umständlich und 
schwierig ist. Wird sie aber mit allen Kautelen ausgeführt, so 
läßt sie sich nach Verfasser als ein die Diagnose einer Pankreas¬ 
erkrankung unterstützendes Moment neben anderen Symptomen 
bei kritischer Würdigung des gesamten Untersuchungsbefundes 
heranziehen. K r. 


Dr. Siebke (Magdeburg): Beitrag zur Frage des Nierendiabetes. 

(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 22.) 

Verfasser berichtet über einen Fall, welcher nach seiner 
Ansicht als Nierendiabetes zu deuten ist. Es handelte sich um 
einen 54 jährigen Mann, welcher wegen einer chronischen Pyelo¬ 
nephritis in das Krankenhaus aufgenommen wurde und nach 
22 Tagen starb. Der Urin enthielt 4—7 pro Mille Eiweiß, und 
ständig, ganz unabhängig von der Art der Nahrung, 0,1 bis 
0,2 pCt. Traubenzucker. Außerdem reichlich Leukocyten, wenig 
Erythrocyten, keine oder nur spärliche granulierte Zylinder; 
Tuberkelbacillen waren auch mittels der komplizierteren 
modernen Anreicherungsverfahren nicht nachzuweisen. Früher 
waren im Urin Tuberkelbacillen gefunden worden. Die Lungen¬ 
spitzen waren infiltriert. Eine Sektion konnte nicht gemacht 
werden. Auch der Blutzuckergehalt wurde nicht bestimmt. 

R. L. 

F. J. Hauptmann (Prag): Ein Fall von primärem Milzsarkom. 

(Medizinische Klinik, 1910, No. 7.) 

Die bisher publizierten Fälle von primärem Milzsarkom 
sind nicht sehr zahlreich. Verfasser berichtet deshalb über 
einen von ihm in der Prager Medizinischen Universitätsklinik 
(v. J a k s c h) beobachteten Fall, der einen 39 jährigen Sammet¬ 
fabrikarbeiter betrifft. Als klinisch bedeutsam zeigen sich in 
diesem Falle zwei Umstände: nämlich das relativ lange Be¬ 
stehen des Tumors, ohne daß dieser Schmerzen verursacht, 
ferner der fast normale Blutbefund. Der erste Umstand findet 
Analogien in den Fällen von Wagner und von Asch und 
anderen, bei denen eine Schmerzhaftigkeit gar nicht oder sehr 
spät beobachtet wurde. Was die Blutbefunde betrifft, so waren 
diese in den beiden soeben erwähnten Fällen, sowie in einem 
von Simon veröffentlichten Falle normal und in keiner der 
ihm zugänglichen Arbeiten fand Verf. ausdrückliche Erwähnung 
eines abnormen Blutbefundes. Allerdings ist in dem vor¬ 
liegenden Falle eine geringe Vermehrung der Lymphocyten 
(27 pCt.) gegenüber der von R. v. J a k s c h für Lymphocyten 
angenommenen und festgelegten Normalzahl (22—25 pCt.) zu be¬ 
merken. Auch der fast fieberfreie Verlauf der Krankheit ist 
erwähnenswert. Schließlich ist noch der terminal aufgetretene 
leichte Ikterus hervorzuheben, der durch Metastasenbildung zu¬ 
stande kam. K r. 


465 

Oberstabsarzt Dr. Kuchendorf (Posen): Zwei Fälle von Basedow ¬ 
scher Krankheit durch Röntgenstrahlen sehr günstig beein¬ 
flußt. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 21.) 

Verfasser berichtet über zwei Fälle von Basedowscher 
Krankheit, in welchen er eine günstige Einwirkung der Rönt¬ 
genbestrahlung beobachtete, ln dem ersten Falle handelte es 
sich um einen Sergeanten, bei welchem schon die partielle 
Strumektomie gemacht worden war. Die Untersuchung der 
exstirpierten Drüse ergab, daß es sich um eine Struma maligna 
handelte. Der zurückgebliebene Rest der Geschwulst wucherte 
weiter, die Wunde zeigte keine Tendenz zur Heilung. Es wurde 
deshalb ein.Versuch mit Röntgenbestrahlung gemacht. Zwei 
Bestrahlungen wurden gemacht, in einem Intervall von 14 Tagen. 
Zwei Wochen nach der letzten Bestrahlung hatte die Wunde 
sich vollständig geschlossen, es trat dann vollständige Heilung 
ein, so daß der Patient wieder dienstfähig wurde. Der zweite 
Fall betrifft eine Frau, welche seit sechs Jahren an Basedow- 
Symptomen leidet. Die Patientin war allmählich in einen ziem¬ 
lich bedenklichen Zustand geraten. Es wurde von einer Opera¬ 
tion Abstand genommen, vielmehr machte Verfasser sofort einen 
Versuch mit der Röntgenbestrahlung. Es wurden viermal die 
einzelnen Lappen der Schilddrüse bestrahlt (jedesmal V 2 Ery¬ 
themdosis, Intervalle von 14 Tagen). In der Zwischenzeit wurde 
je eine Herzbestrahlung ausgeführt, ebenfalls im ganzen vier 
Bestrahlungen. Durch diese Behandlung wurde sowohl der 
Umfang der Schilddrüse verringert, als auch die sämtlichen 
übrigen objektiven und subjektiven Symptome sowei t beseitigt, 
daß die Frau jetzt wieder völlig arbeitsfähig ist und ihrem 
Haushalt in vollem Umfang vorstehen kann. 

Dr. Arnold Siegmund (Berlin-Wilmersdorf): Schilddrüsen¬ 
schwäche und Zuckerhimger. (Deutsche med. Wochenschrift, 

1910, No. 21.) 

Auf Grund einer Reihe von 'Beobachtungen stellt Verf. fol¬ 
gende Theorie auf: Es gibt (bei Kindern) einen krankhaften, 
durch eine bestimmte Art von Schilddrüsenschwäche verursach¬ 
ten Zuckerhunger. Diese Zuckergier ist durch eine Thyreoidin- 
kur (Thyreoidin vom Scha’fe) heilbar. Zur Herstellung des er¬ 
forderlichen Zuckerhaushaltes im Körper ist .die Gesundheit der 
Schilddrüse eine wichtige Voraussetzung. Zuckergierige Schild¬ 
drüsenschwächlinge vertragen lange Zeit sehr große Zucker¬ 
mengen, ohne Zucker im Harn auszuscheiden. Solchen Kranken 
ist nach Verf. Zucker nach Belieben zu gewähren, so lange 
eine Thyreoidinbehandlung nicht möglich ist. Denn Zucker 
mindert die Folgen der Schilddrüsenschwäche solcher Kranken 
etwas. Die Zuckergier ist eine Schutzeinrichtung bei einer ge¬ 
wissen Form von Schilddrüsenschwäche. 

Privatdozent Dr. v. Niessl-Mayendorf (Leipzig): Die linke dritte 
Stirnwindung spielt keine Rolle im Mechanismus der Sprache. 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 21.) 

Verfasser versucht auf Grund einer sorgfältigen Analyse 
der in der Literatur vorliegenden für die Frage in Betracht 
kommenden Fälle, sowie auf Grund eigener histologischer 
Untersuchungen den Nachweis, daß die bisher geltende 
Broca sehe Lehre, nach welcher die linke dritte Stirnwindung 
das motorische Sprachzentrum enthält, aufgegeben werden muß. 
Vielmehr ist diese Rolle der Rinde der vorderen Zentral¬ 
windung, und zwar ihrem unteren Abschnitt, wahrscheinlich 
aber auch dem unteren Abschnitt der hinteren Zentralwindung 
zuzuweisen. Auf die Einzelheiten der schwierigen Darlegungen 
des Verfassers können wir nicht eingehen. R. L. 

Privatdozent Dr. Nägeli (Zürich): Nachuntersuchungen bei 
traumatischen Neurosen. (Correspondenz-Blatt f. Schweizer 
Aerzte, 1910, No. 23.) 

Die traumatische Neurose hat jederzeit aus praktischen wie 
aus wissenschaftlichen Gründen ein ganz besonderes Interesse 
für den praktischen Arzt, wie für die Spezialisten gehabt, bald 
stand diese, bald jene Einzelfrage mehr im Vordergründe der 
Aktualität., Zuerst handelte es sich um die Existenz der Krank¬ 
heit selbst; dann um die Abgrenzung gegenüber der Simulation. 
Nachher beschäftigte man sich ganz besonders mit den Sym¬ 
ptomen und dem diagnostischen Wert derselben. Später be¬ 
trafen die Erörterungen die Pathogenese und das Wesen der 
Krankheit und jetzt stehen im Vordergrund die Therapie und 
die Prognose. Verf. erörtert in vorliegendem speziell die Pro¬ 
gnose des Leidens. Seine Nachuntersuchungen sollen ein ob¬ 
jektives Bild wiedergeben, was aus derartigen Patienten nach 
der Erledigung aller rechtlichen Ansprüche wird. Sie zeigen, 
daß die traumatische Neurose nicht die schwere Krankheit ist, 
als die sie vielfach hingestellt wird. Bei definitiver Erledigung 
aller Rechtsansprüche tritt rasch bleibende volle Erwerbs¬ 
fähigkeit ein. Gesundheitliche Störungen sind in manchen 
Fällen zwar noch nachzuweisen, sie sind aber nicht schwer, 
führen nie zu Rezidiven oder gar zu noch schwereren Zuständen 
und haben keinen ersichtlichen Einfluß auf die Erwerbsfähig- 





466 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


keit. Es kann daher eine bleibende Erwerbseinbuße in Zu¬ 
kunft bei traumatischer Neurose nicht mehr angenommen 
werden, sondern nur eine vorübergehende. Vorsicht ist be¬ 
sonders geboten in der Beurteilung aller schweren chirurgi¬ 
schen Verletzungen, besonders des Schädels, aber nicht wegen 
der gleichzeitigen Neurose, sondern wegen der chirurgisch be¬ 
dingten Folgezustände. Der Arzt wird in Zukunft dem Patien¬ 
ten seine Heilung mit einer Sicherheit Voraussagen könpen, 
die er vorher nicht besitzen konnte. Auch das, schließt Verf., 
dürfte für die Vermeidung vieler Neurosen von großer Bedeu¬ 
tung werden. 

Dr. K. C'luss, Assist, d. chir. Klinik zu Tübingen: Uebcr Dauer¬ 
erfolge der operativen Behandlung der traumatischen 
Jacksonschen Epilepsie. (Beiträge zur klin. Chir., 19f0, 
66. Bd., 2. Heft.) 

Schlußfolgerungen: 1. Zur Feststellung der Dauerheilung 
der traumatischen Jackson sehen Epilepsie ist eine Nach¬ 
beobachtung von mindestens 3 Jahren nach der Operation er¬ 
forderlich, da selbst nach einem anfallsfreien Zeitraum von 
3 und 5 Jahren noch vereinzelte Rezidive aufgetreten sind. 
2. Eine günstigere Prognose gibt ein jüngeres Lebensalter bei 
der Operation. 3. Die Länge der Latenz und die Dauer der 
Epilepsie ist ohne Einfluß auf die Prognose. 4. Das Stadium der 
Latenz ist größer, wenn das Trauma in frühester Kindheit oder 
in der Jugend erfolgt ist. 5. Die Aussicht auf Erfolg der Ope¬ 
ration ist größer bei Vorhandensein greifbarer örtlicher Ver¬ 
änderungen, als bei Fehlen von solchen. 6. Zur besseren Uebec- 
sicht der vorhandenen Veränderungen empfiehlt sich die 
temporäre Schädelresektion. Die Dura ist unter allen Um¬ 
ständen zu spalten. 7. Zur Dauerheilung ist eine Ventilbildung 
in der Schädelkapsel nicht erforderlich. 8. Ebensowenig muß 
in allen Fällen das krampfeude Zentrum der Gehirnrinde ent¬ 
fernt werden. 9. Lähmungen nach der Operation im Anschluß 
an Exstirpation von Gehirnsubstanz gehen meistens fast völlig 
zurück. 10. Anfälle, welche unmittelbar nach der Operation 
wieder auftreten, können selbst nach einigen Monaten und 
Jahren noch dauernd ausbleiben. ' K r. 

Dr. A. Ulrich (Zürich): Weitere Mitteilungen über die prak¬ 
tische Verwendung des Kochsalzes in der Behandlung der 
Epilepsie. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 22.) 
Hans v. Wyss hat nachgewiesen, daß durch die Brom¬ 
salze künstlich ein Chlordefizit im Körper herbeigeführt wird 
und daß auf diesem Chlormangel auch die Wirkung des Broms 
beruht. Vergiftuugserscheinungen bei mit Brom gefütterten 
Tieren ließen sich rasch und sicher mit Kochsalz bekämpfen. 
Durch diese Ergebnisse wurde Verfasser veranlaßt, das Koch¬ 
salz zur Bekämpfung der Bromintoxikationserscheinungen zu 
versuchen, welche bei mit Brom behandelten Epileptikern auf¬ 
treten. Die Erfahrungen des Verfassers waren sehr befriedi¬ 
gende. Na CI beseitigt rasch und sicher die motorischen, sen¬ 
siblen und psychischen Erscheinungen des akuten Bromismus. 
Auch die durch das Brom hervorgerufenen Hautaffektionen 
werden durch Na CI (innerlich sowie auch in Form von Bädern, 
und Umschlägen) zum Verschwinden gebracht. Das Na CI muß 
nach Verfasser als einziges Gegenmittel des Bromismus gelten, 
indem es den durch die Bromsalze künstlich erzeugten Chlor¬ 
hunger sofort stillt. Na CI ist somit allen bisher gegen den 
Bromismus empfohlenen Mitteln vorzuziehen. Bei bromisierten 
im Ladungszustand befindlichen Epileptikern lassen sich mit 
Na CI Anfälle provozieren. Um die anfallprovozierende 
Wirkung des Na CI während der therapeutischen Verwendung 
bei Hautaffektionen zu paralysieren, wurde mit Erfolg Chloral- 
hydrat in Dosen von 1—2 g pro die gegeben. Das Na CI gibt 
Verf. meist in Dosen von 15—20 g pro die. Den Bromisierten 
verordnete er gegen den Foetor ex ore 1 proz. Na Cl-Lösung als 
Mundwasser. Ferner gibt er Na CI in Dosen von 1—2 g vor 
dem Essen als Stomachicum bei an Verdauungsstörungen 
leidenden bromisierten Epileptikern. Auch verordnet er 
Na CI regelmäßig als Zusatz zu Bädern. 

Dr. Alfred Fickler (Kosten): Atropinwahnsinn bei einem 
Asthmatiker. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 22.) 
Ein nüchterner, 40 Jahre alter Mann aus gesunder Familie, 
leicht erregbar und alkoholintolerant, nahm wegen Bronchial¬ 
asthma acht Wochen lang mit zwei Unterbrechungen von 14 und 
10 Tagen Atropin in maximaler Dosis, die letzten acht Tage 
1 mg darüber. Er bekam, nachdem er schon in der sechsten 
Woche Sehstörungen, Trockenheit im Munde und Bewegungs¬ 
störungen verspürt hatte, in der achten Woche starke Schling¬ 
beschwerden, Appetitlosigkeit, Erbrechen, Stuhlverstopfung, 
Sehstörungen, maximale Erweiterung und Ileaktionslosigkeit 
der Pupillen, Pulsbeschleunigung, dann nach einer 2—3 tägigen 
heiteren Erregung eine akute Halluzinose in sämtlichen Sinnes¬ 
gebieten und daraus resultierend Unruhe, Angst und Wahnvor¬ 
stellungen. In den ersten acht Tagen der Psychose machte er 
den Eindruck eines Alkoholdeliranten, dann schwanden die Ge- 


No. 30. 

Sichtstäuschungen, während die übrigen Sinnestäuschungen und 
ihre Folgeerscheinungen weiter bestanden. Sie ließen allmäh¬ 
lich an Intensität nach und hörten, am letzten die Gefühls¬ 
täuschungen, 11 Wochen nach Beginn der Psychose ganz auf. 
Seitdem ist der Manu wieder gesund. Er hat also eine akute 
halluzinatorische Paranoia von einer Dauer von 11 Wochen 
durchgemacht, die nach Verfasser jedenfalls eine Wirkung des 
Atropins war. r ] 

Dr. Anton Grossich, Primarchirurg am stiidt. Hospital in Fiume: 
Zu meinem Desinfektionsverfahren der Haut des Operations¬ 
feldes mittels Jodtinktur. Einige Bemerkungen und Berich¬ 
tigungen. (Zentralblatt für Chirurgie, 1910, No. 21.) 

Die meisten Chirurgen gehen genau nach Verfassers An¬ 
gaben vor, einige wenige davon raten jedoch, vor der Anwen¬ 
dung der Jodtinktur die Flaut mit Benzin, Alkohol oder Aether 
zu reinigen. Verfassers Erfahrung sowie jene der meisten 
Chirurgen beweisen zum Ueberfluß, daß die Jodtinktur für sich 
allein imstande ist, die Haut so herzustellen, daß eine Infektion 
von ihrer Seite vollkommen ausgeschlossen ist. Das von G. an¬ 
gegebene Verfahren ist einfach, schnell und absolut sicher; die 
von einigen Seiten angeratenen erwähnten Modifikationen kom¬ 
plizieren also die Methode ohne Not und ohne Nutzen. Dr. 
G. H e s s e in Dresden wendet statt der offiziuellen Jodtinktur 
eine Verdünnung derselben (200 ccm der offizinellen Jodtinktur, 
800 ccm Alkohol) an und glaubt, daß auch Verfasser in seinen 
Publikationen nicht die offizineile Jodtinktur, sondern eine 
10—12 proz. Verdünnung derselben gemeint habe. Verfasser 
hebt jedoch hervor, daß er von Anfang an die in Fiume offizi¬ 
neile 10 proz. Jodtinktur unverdünnt angewendet hat. Verf. 
gibt die Möglichkeit zu, daß auch durch eine schwächere Lösung 
gute Resultate zu erzielen seien; doch hat er selbst keinen 
Grund, seine ursprüngliche Methode irgendwie zu modifizieren. 
— Die Angst vor Ekzemen und Dermatiten ist nach Verfassers 
Ansicht übertrieben, und zweifellos mehr aus theoretischen 
Vorurteilen, als aus praktisch beobachteten Tatsachen ent¬ 
sprungen. K r. 

Stabsarzt Dr. Paul Franke (Berlin): Narkosen bei künstlich 
verkleinertem Kreislauf. (Deutsche med. Wochenschrift, 
1910, No. 21.) 

Verfasser hat die von Klapp angegebene, von Ziegner 
und zur Verth experimentell geprüfte Methode der Narkose 
bei künstlich verkleinertem Kreislauf in einer Reihe von Fällen 
angewendet. Hierbei wird das zirkulierende Blut durch Ab¬ 
schnürung einer oder beider unteren Extremitäten verringert, 
was zur Folge hat, daß man mit einer geringeren Menge des 
Narkoticums, meist Chloroform, auskommt. Die Abschnürung 
nahm' Verfasser zu Beginn der Narkose in der von Klapp 
angegebenen Weise mit einer festeren, umsponnenen elastischen 
Binde nach Esmarch vor. Die Verwendung elastischer 
Schläuche ist zu diesen Gliedabschnürungen nicht statthaft, des¬ 
gleichen ist auch eine Bier sehe Staubinde ungeeignet. Nach 
Anlegen der Binde tritt eine geringe Anschwellung und leicht 
blaurote Verfärbung des Gliedes auf. Tritt eine stärkere 
Schwellung und venöse Stauung oder deutliches Hervortreteu 
von Krampfadergeflechten auf, so liegt die Binde ungenügend 
und ist noch einmal nach Abnahme mit etwas stärkerem An¬ 
ziehen umzulegen. Oft genügt die Abschnürung nur eines 
Beines. Die Ergebnisse waren folgende: Es erfolgte stets, so¬ 
wohl bei Aether- wie bei reiner Chloroformnarkose, ein 
ruhiges Einschlafen. Exzitationen waren während der ganzen 
Narkose außerordentlich selten. Weder Zyanose noch Speichel¬ 
fluß traten auf. Die Atmung war immer regelmäßig, zuweilen 
etwas oberflächlich und verlangsamt, aber niemals in bedroh¬ 
licher Weise. Der Puls pflegte nach Anlegen der Binde an 
Frequenz und Höhe um ein geringes zu steigen. Nach Abnahme 
der Umschnürung trat eine deutliche Beschleunigung des Pulses 
auf. Diese Erscheinungen waren jedoch im allgemeinen nach 
10—12 Minuten wieder ausgeglichen. Niemals erfolgte Er¬ 
brechen, weder während der Narkose, noch nachträglich. So¬ 
wohl . von Aether wie von Chloroform wurde viel weniger ge¬ 
braucht als bei Narkose ohne Abschnürung. Das Erwachen aus 
der Narkose erfolgte auffällig rasch, niemals später als 10 bis 
15 Minuten nach Beendigung der Narkose. Die Wiedereinschal¬ 
tung des kohlensäurebeladenen Blutes der unteren Extremi¬ 
täten in den Kreislauf übt einen durch tiefe Atemzüge unmittel¬ 
bar erkennbaren Einfluß auf die Respiration aus. Niemals 
wurde über Schmerzen infolge der Abschnürung geklagt. In 
einem Falle beobachtete Verfasser eine leichte vorübergehende 
Nervenstörung im rechten Bein, hier hatte die Binde zwei 
Stunden lang gelegen. Die Abschnürung der Arme hält Ver¬ 
fasser aus verschiedenen Gründen nicht für ratsam. Bei Leuten 
mit ausgedehnteren Varicen und Ulcera c.ruris (wie häufig bei 
Frauen) ist die Methode kontraindiziert, ebenso bei Arterio- 
sklerotikern; überhaupt sollte sie nur bei kräftigen und ge¬ 
sunden Extremitäten angewendet werden. R. L. 





No. 30. 


THERAPEUTISCHE 

I 1 ivatdozent Dr, R. von den Velden, Oberarzt der medizinischen 

Klinik der Akademie für praktische Medizin zu Düsseldorf: 

C. lc . 'ablisi'lli* Blutstillung bei Operationen. (Zentral- 

blalt für Chirurgie, 1910, No. 21.) 

Verfasser macht den Vorschlag, bei Operationen, bei denen 
man parenchymatöse Blutungen zu erwarten oder es mit einem 
schlechtgerinnenden Blute (Ikterus, Kachexie, Hämophilie in 
ihren leichteren, weniger ausgeprägten Formen) zu tun hat, 
zur Blutstillung bereits prophylaktisch oder auch nach Bedarf 
wahrend der Operation intravenös Na CI zu verabreichen, eine 
Prozedur, die man eventuell nach % Stunde oder auch öfters 
noch in dem gefährlichen Stadium der postoperativen Blutun¬ 
gen zu wiederholen hat. Verfasser hat durch zahlreiche tier¬ 
experimentelle wie klinische Untersuchungen nachweisen kön¬ 
nen, daß man durch Konzentrationsänderungen des Blutes eine 
Verbesserung der Blutgerinnungsfähigkeit erzielen kann. Und 
zwar gelingt dies am stärksten und schnellsten, wenn man durch 
stomachale oder intravenöse Zufuhr von Na CI eine vorüber¬ 
gehende Störung des osmotischen Gleichgewichts des Blutes 
hervorruft. Es wird bei dem sofort regulatorisch einsetzenden 
„Stoffaustausch“ zwischen Gewebe und Kreislauf eine ge- 
rmnungsbefördernde Substanz, die Thrombokinase, in das Ge¬ 
fäßsystem hineingeschwemmt, so daß es zu einer starken Er¬ 
höhung der Gerinnungsfähigkeit kommt bei gleichzeitiger 
mäßiger Hydrämie. Dieser Zustand ist natürlich nur ein 
passagerer, doch dauert er z. B. nach intravenöser Zufuhr von 
3—5 ccm einer sterilen 5 proz. Na Cl-Lösung etwa 30—50 Minu¬ 
ten, kann aber durch wiederholte Gaben immer wieder erneuert 
werden. 

Prof. Dr. Hugo Ribbert (Bonn): Ueber Knochennekrose durch 

Gefrieren. (Klinisch-therapeutische Wochenschrift, 1910, 

No. 6.) 

Verf. hat einige Versuche über die Nekrose der Knochen 
durch Gefrieren angestellt, die für die Frage der Knochen¬ 
transplantation, insbesondere für die Verpflanzung ganzer 
Diaphysen von Interesse sind. Es ist bekannt, daß transplan-, 
tierter Knochen ganz oder bei gleichzeitiger Mitübertragung des 
Periostes bis auf kleine unter diesem gelegene Abschnitte ab¬ 
stirbt, daß er aber trotzdem in der Lücke, in die er eingepflanzt 
wird, fixiert wird und hier in gewissem Sinne einheilt. Das 
geschieht dadurch, daß das angrenzende lebende Periost und 
Mark auf den transplantierten toten Knochen, der gleichzeitig 
sehr langsam resorbiert wird, und in die in ihm enthaltenen 
Lücken neue Knochensubstanz abscheidet. So vermag er dann 
den an ihn gestellten mechanischen Anforderungen zu genügen. 
Es ist bemerkenswert, daß die lebenden Gewebe die umfang¬ 
reichen toten Körper ohne lebhaftere Reaktion ertragen, sie nicht 
wieder ausstoßen. Wir dürfen dieses Verhalten nach R. wahr¬ 
scheinlich daraus ableiten, daß es sich eben um Knochen, um 
ein ziemlich differentes Gewebe handelt, das auf die Umgebung 
nur sehr wenig entzündungserregend einzuwirken vermag. 
Diese- Deutung wird durch die Gefrierversuche bestätigt. Sie 
wurden zurerst von Kleinschmidt auf R.’s Veranlassung 
vorgenommen und beschrieben. Er ließ die Extremitäten von 
Ratten und Kaninchen durch den Kohlensäurestrom gefrieren 
und untersuchte die Beine nach wechselnden Intervallen bis zu 
58 Tagen. Ribbert selbst hat, um eine gleichmäßigere und 
weniger intensive Kältewirkung zu erreichen, die Extremitäten, 
nachdem er sie durch Umschnürung blutleer gemacht hatte, bis 
zum Oberschenkel in eine Kältemischung (Eis und Kochsalz) 
getaucht und 10 Minuten darin gelassen. Darm waren die 
Beine steinhart. Sie wurden langsam aufgetaut und zeigten in 
den ersten Tagen ein oft sehr hochgradiges Oedem, so daß 
sie nicht gebraucht, sondern nur nachgeschleppt wurden. Diese 
Erscheinungen schwanden im Verlauf von 8—14 Tagen ganz 
und nun benutzten die Tiere die Extremität 
wieder, wie wenn nichts geschehen wäre. In 
einzelnen Fällen starb die eine oder die andere Zehe ab und 
wurde mumifiziert. Die mikroskopische Untersuchung ergab 
nun wie in den Versuchen von Kl ein Schmidt, daß die 
Knochen der Fußwurzel und des Unterschenkels größtenteils, 
zumal im Vergleich der Diaphyse, insofern abgestorben waren, 
als sich in ihnen keine Kerne mehr färben ließen. Das ist 
aber für uns der Ausdruck des Todes der Gewebe. — Ver- i 
fassers Versuche lehren also, daß der Knochen durch Ge¬ 
frieren seiner Zellen beraubt, also im gewöhnlichen Sinne 
nekrotisch wird, daß er aber trotzdem funktionell durchaus 
brauchbar bleibt. Auf Grund der aus diesen Erfahrungen sich 
ergebenden Gesichtspunkte wird uns die Möglichkeit einer 
Transplantation und funktionellen Einheilung toten Knochen¬ 
gewebes leichter als bisher begreiflich. Kr. 

Prof. Dr. Th. Papaioannou (Athen): Ein Fall von zirkulärer 

Arteriennaht. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 22.) 

Verfasser berichtet über einen Fall von querer Durch¬ 
trennung der Arteria brachialis oberhalb der Ellenbeuge, in 
welchem er 12 Tage nach der Verletzung die Arteriennaht vor¬ 
nahm. Es wurde nach Anfrischung der Enden der Arterie die 


RUNDSCHAU 1910. 467 

zirkuläre Naht der Arterie End zu End gemacht. Daim folgte 
das Nähen der Muskeln und Weichteile zur Deckung der 
Arterie und die partielle Hautnaht mit kleiner Drainage im 
unteren Wundwinkel. Aseptischer Verband und Erhaltung des 
Armes in permanenter hoher Temperatur durch Thermophor. 
Eist /2 Stunden nach Vornahme der Naht fühlte man schwachen 
1 uls an der Art. radialis als Zeichen, daß die Blutzirkulation 
wieder begonnen hatte. jj. l 

Dr. Max 'Tiegel, Sekundärarzt der chirurgischen Abteilung des 
Luisenhospitals zu Dortmund: Experimentelle Studien über 
die Chirurgie des Bronchus. (Beiträge zur klinischen 
Chirurgie, 1910, Bd. 66, II. 2.) 

Die hier erörterten Versuche haben die schon früher vom 
Verfasser geäußerten Bedenken (Experimentelle Studien über 
Lungen- und Pleurachirurgle, Mitteilungen a. d. Grenzgebiet 
dei Medizin und Chirurgie, 1907) gegen die durchgreifende 
Bi onchusnaht ausnahmslos bestätigt, die gegenteiligen Behaup¬ 
tungen Danielsens aber als nicht haltbar erwiesen. Verf. 
kann daher die schon früher gezogenen Schlußfolgerungen nur 
im wesentlichen wiederholen und sagen: 1. Soweit bisher das 
Tierexperiment entschieden hat, ist als der von vornherein 
haltbarste und darum beste Verschluß einer Bronchuswunde 
die peribronchiale Naht anzusehen. Die durchgreifende Naht 
steht in der ersten Zeit nach der Operation an Haltbarkeit weit 
hinter jener zurück. 2. Die den Knorpel durchgreifende Naht 
führt fast stets auch zur Verletzung der Schleimhaut und ist 
darum auch wegen der daraus entstehenden Infektionsgefahr 
zu vermeiden. 3. Die plastische Deckung der Naht durch Lunge 
ist für die Haltbarkeit derselben keine Grundbedingung; doch 
ist sie eine wertvolle Sicberheitsmaßregel, die bei ihrer ein¬ 
fachen und schnellen Ausführbarkeit in praxi daher nicht unter¬ 
lassen werden sollte. j 4r 

P. Koväcs: Die operative Behandlung der kindlichen Leisten¬ 
brüche. (Archiv für klinische Chirurgie, Bd. 91, H. 1.) 

Nach K. ist eine Spontanheilung angeborener Hernien bei 
Kindern jenseits des Säuglingsalters nur noch ausnahmsweise 
zu erwarten. Er berichtet über 253 binnen zehn Jahren aus¬ 
geführte Radikaloperationen an Kindern, darunter befinden 
sich nicht weniger als 21 eingeklemmte Hernien, von welchen 
drei letal verliefen, während von den 232 operierten mobilen 
Hernien nur ein Fall infolge eines technischen Fehlers des un¬ 
geübten Operateurs zugrunde ging (Einriß des Bruchsackes, 
Einklemmung). Bei 144 Fällen konnte das Dauerresultat durch 
schriftliche Auskunft oder persönliche Nachuntersuchung ge¬ 
prüft werden mit dem erfreulichen Ergebnis, daß 143 Fälle 
rezidivfrei und gesund sind. 

Nach K. ist der Standpunkt, man solle Kinder mit Hernien 
nicht operieren, heutzutage nicht mehr haltbar. Er versucht 
vielmehr an der Hand seines Materiales nachzuweisen, daß die 
Heilungsaussichten gerade bei Kindern besonders günstig sind. 
Was die Technik anlangt, so wurde stets die B a s s i n i sehe 
Methode mit einigen unwesentlichen Modifikationen angewandt. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Ernst R. W. Frank (Berlin): Die Bilharziakraiikheit der 
Harnblase. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 20.) 

Verfasser hatte Gelegenheit, in London drei an der Bil- 
harziakrankheit leidende Patienten zu sehen und zwei davon 
cystoskopisch zu untersuchen. Er schildert hier den dabei in 
der Blase erhobenen Befund unter Beifügung von Abbildungen. 
Die Veränderungen betreffen hauptsächlich den Blasenboden 
und die Blasenwände. Die nicht erkrankten Partien der Blasen- 
schleimhaut sehen vollkommen normal aus. Auf einem Bild, 
welches mehr den früheren Stadien der Krankheit entspricht, 
erscheint die Blasenschleimhaut derb und verdickt, stellenweise 
ist sie mit ganz feinen zottigen Granulationen bedeckt und samt¬ 
artig anzusehen. Der größte Teil dieser feinen Granulationen 
erscheint blendend weiß, wie mit Kalk inkrustiert. Im oberen 
Teil des Gesichtsfeldes fanden sich kleine hahnenkämmartige 
Exkreszenzen und in der Mitte und seitlich einzelne kleinere 
breit aufsitzende Tuberositäten, ferner eine Gruppe von kleinen, 
weiß schimmernden pustelartigen Gebilden; es sind das solche 
Stellen, an welchen die Eier des Distomum haematobium frei 
werden und ins Blaseniimere gelangen. In einem anderen Bilde 
findet sich eine Gruppe von größeren, breit aufsitzenden Tube- 
rositäten von Erbsen- bis Hasehmßgröße, die über diesen be¬ 
findliche Schleimhaut ist etwas verdickt, zeigt stellenweise nor¬ 
male Gefäßinjektion und Gruppen kleiner weißer Narben, 
welche wie Auflagerungen aussehen und deutlich verkalkt sind; 
sie stellen offenbar das Resultat oberflächlicher Ulcerationen 
dar. Auf einem dritten Bild erscheint die Blasenschleimhaut 
in der Umgebung der rechten Harnleitermündung stark ver¬ 
dickt, stellenweise hypertrophisch; man nimmt zahlreiche durch 
Farbe und Form deutlich erkennbare Narbenstränge wahr. Auch 
an solchen Stellen findet man noch Distomumeier, die zu neuen 
Schüben Veranlassung geben können. R. L. . 




468 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung“) 

Sitzung vom 2 2. Juni 1910. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Tagesordnung: 

Ueber die Behandlung der Syphilis mit Dioxy-Diamidoarseno- 
benzol. (Mit Krankenvorstellung.) 

Herr \Y. Wechselmann berichtet über seine Versuche mit 
dem neuen Ehrlich-Hata sehen Syphilismittel Dioxy- 
diamidoarsenobenzol, das nach einmaliger Injektion die patho¬ 
genen Parasiten töten sollte. Es unterliegt nach ihm keinem 
Zweifel, daß das neue Mittel ein Spezificum gegen Syphilis in 
allen Formen darstellt, und so rapid und gründlich wirkt, wie 
keins der bisher bekannten Präparate. Vortr. hat es in 80 Fällen 
erprobt und demonstriert einige geheilte Patienten, sowie Mu- 
lagen geheilter Patienten. Die leichteren Fälle mit Erosionen und 
erodierten Papeln werden in sehr kurzer Zeit hergestellt. Aber 
auch Patienten mit schweren ulcerösen Plaques im Munde und 
Drüsenpaketen am Halse sind nach einer vor 8 Tagen aus- 
geführteu Injektion von ihrem Leiden befreit worden. Fälle 
schwerer hereditärer Syphilis krustösen Charakters, die an¬ 
fangs April gespritzt wurden, befinden sich jetzt in verschie¬ 
denen Heilungsstadien. Kleine papulöse und tuberöse Syphilide, 
welche der Hg-Kur großen Widerstand leisten, sind durch Hata- 
Einspritzung in wenigen Tagen zum Verschwinden gebracht 
worden. Um die Ueberlegenheit des neuen Präparates zu 
zeigen, führt Vortragender mehrere' Fälle von krustösen ulce¬ 
rösen Syphiliden an, die kurze Zeit nach vollendeter Hg-Kur 
Rezidive bekamen; eine Injektion mit dem E h r 1 i c h sehen 
Mittel führte in kurzer Zeit zur Heilung. In einem Falle von 
Syphilis maligna wurde nur 0,25 injiziert, es zeigte sich in¬ 
sofern eine Besserung, als die großen Geschwüre sich danach 
verkleinert hatten. Der Patient verließ die Klinik und kam erst 
heute wieder zurück. Die verabreichte Dosis war eben zu klein 
gewesen und muß wiederholt werden. Mit Recht warnt Ehr¬ 
lich vor einer kleinen Dosis. Man gibt jetzt bis 0,6 des Mittels, 
was anstandslos vertragen wird. Rezidive sind bisher nicht be¬ 
obachtet worden, doch ist die bisherige Beobachtungszeit noch 
zu kurz, um ein endgültiges Urteil abgeben zu können. Im 
ältesten Falle beträgt die Beobachtungszeit 3 Monate. Einen 
Anhaltspunkt hat man an dem Verhalten der Wassermann- 
schen Reaktion. Bei stärkerem Ausfall schwindet sie langsamer, 
bei schwächerem schneller, sie schwindet aber regelmäßig. 
Eine toxische Wirkung des Mittels ist in keinem Falle bisher 
beobachtet worden, weder eine üble Wirkung auf den Darm 
oder das Herz, weder Eiweiß- noch Zuckerausscheidung. Im 
Laufe der Zeit wurden auch Tuberkulöse, Nephritiker und 
Schwangere ohne Schaden gespritzt, alle haben an Gewicht zu¬ 
genommen. Auch bei einer Kranken mit perniziöser Anämie 
nach frischer Lues hat das Mittel nicht schädlich gewirkt. Schä¬ 
digungen des Sehnerven und des N. vestibularis sind nicht beob¬ 
achtet worden. Nach seinen Tierversuchen hält Ehrlich die 
Gefahr für Gesicht und Gehör nicht für wahrscheinlich. Was 
die Behandlung hereditär luetischer Kinder betrifft, die gewöhn¬ 
lich sterben, so war es Vortragendem gelungen, 2 Kinder mit 
Pemphigus syphiliticus durch Behandlung mit dem Hata-Prä- 
parat zu retten. Immerhin sind solche Kinder sehr gefährdet, 
wenn die Ernährungsfrage nicht gut geregelt ist. Sache weiterer 
Forschung wird es sein, eine genauere Indikation für die An¬ 
wendung des neuen Präparates festzustellen; immerhin kann 
man heute schon sagen, daß es eine große Schlacht ge¬ 
wonnen hat. 

Diskussion: 

Herr L'. Michaelis demonstriert 2 mit dem E h r 1 i c h sehen 
Präparat behandelte Fälle, die insofern interessant sind, als sie 
die Ueberlegenheit des neuen Mittels gegenüber dem Queck¬ 
silber dartun. Der eine Patient, der die Syphilis 1906 akqui¬ 
rierte, hatte bisher 6 Hg-Kuren durchgemacht, 15 Atoxylinjek- 
tionen und auch wiederholt Jodkali bekommen. Trotzdem 
traten seit 1907 Geschwüre im Halse auf, von denen eins an 
der Uvula so groß war, daß die letztere abzufalleu drohte. 
Nach einer Hata-Einspritzung vor 8 Tagen erkemit man jetzt 
noch gerade, daß Geschwüre vorhanden gewesen sind. Bei 
dem andern Fall bestand Idiosynkrasie gegen Hg. Nach einer 
Injektion von 0,3 des neuen Mittels war von dem vorher vor¬ 
handenen papulösen Syphilid nichts mehr zu sehen. 

Herr Alt (Uechtspringe): Daß die Psychiater ein beson¬ 
deres Interesse an dem Mittel haben, ist nicht verwunderlich, 
da sie Kranke zu Gesicht bekommen wie die idiotischen Kinder 
und die epileptischen, bei denen Lues in der Anamnese in 
einem erheblichen Prozentsatz vorkommt. Bei der progressiven 
Paralyse vollends handelt es sich nach der heutigen Anschauung 
nur um eine Nachkrankheit der Syphilis. In Deutschland gehen 
jährlich gegen 3000 Menschen im besten Alter an Paralyse zu¬ 
grunde. Vortragender berichtet zunächst über seine Versuche, 


No . 30, 

die er mit Arseno-phenylglycin an Idiotischen angestellt hat; 
diese bekamen bis zu 1,0 an einem Tage, am nächsten Tage 
noch 1,0 g. Es kommt bei dieser Therapie darauf an, den 
Feind zu erspähen, die richtige Munition zu wählen und ihn 
mit einem Schuß zu erlegen. Eine ganze Reihe von Verände¬ 
rungen bei chronischen Kranken, die von unverkennbar spezi¬ 
fischer Natur waren, wurden beeinflußt. Es erfolgte eine erheb¬ 
liche Vermehrung der Leukocyten, die zehn Tage anhielt. Der 
Lecithinstoffwechsel wurde wesentlich beeinflußt. Bei 16 pCt. 
ging die Wassermann sehe Reaktion gänzlich verloren, bei 
27 pCt. wurde sie geändert. Dieses Resultat wurde eine längere 
Zeit hindurch kontrolliert. Seit November v. J. hat Vortragender 
das neue nach Ehrliche Tierversuchen noch wirksamere 
Mittel erprobt, nachdem er erst Versuche an höheren Tieren 
angestellt, ohne schädigende Wirkungen zu erhalten. 2 Kollegen 
hatten sich selber 0,1 eingespritzt, ohne davon einen Schaden 
zu haben. In allen Fällen wurden genaue Stoffwechselbestim¬ 
mungen und Feststellungen über die Arsenausscheidung ge¬ 
macht. In einem Falle, der das Mittel in die Glutäen erhielt 
und aus einem anderen Grunde ad exitum kam, konnte Arsen 
14 Tage nach der Injektion im Muskel nachgewiesen werden. 
Anders bei intravenöser Injektion, hier ist die Ausscheidung 
schon in 2 Tagen vollendet. Bei Fällen selbst schwerster Lues 
hat Vortragender eine unverkennbare, rasch einsetzende Wir¬ 
kung nach Applikation des Mittels gesehen, ln einem Falle von 
schwerstem syphilitischen Ikterus mit makula-papulösem Aus¬ 
schlag waren 9 Tage nach der einmaligen Injektion alle Er¬ 
scheinungen zurückgegangen. Bei 6 Fällen frischer Tabes 
konnte ein wesentlicher Rückgang der subjektiven und objek¬ 
tiven Symptome beobachtet werden. Eine ganze Anzahl von 
Epileptikern konnte erheblich gebessert werden. In 2 Fällen 
wurde intravenös injiziert mit verblüffendem Erfolge; bei einem 
derselben waren die Anfälle gänzlich ausgeblieben. Ob es sich 
um eine endgültige Heilung handelt, das wird die weitere Be¬ 
obachtung lehren. 

Herr Schreiber (Magdeburg) betont, es sei auch ihm auf¬ 
gefallen, daß schwere Fälle ausgezeichnet auf das Präparat 
reagieren, und zwar auch viele von ihnen, die schon lange 
vorher energisch mit Hg behandelt worden waren und 
immer rezidivierten. Derartige Patienten konnten bereits 
14 Tage nach der Injektion mit dem neuen Präparat als geheilt 
vorgestellt werden. Bisher hat Redner 150 Fälle behandelt, und 
zwar 128 intramuskulär, 22 intravenös. In allen Fällen wurde 
promptes Zurückgehen der Erscheinungen konstatiert; bei 
10 Fällen von den 128 hatte indes die Dosis nicht genügt, da 
schon nach 4 Wochen neue Erscheinungen auftraten. Die an¬ 
fängliche Dosis betrug 0,4 g; in letzter Zeit sind aber nur Dosen 
von 0,6—0,7 angewandt worden. Irgend welche unangenehmen 
Nebenerscheinungen wurden nicht beobachtet, auch 2 Gravide 
wurden ohne Schaden gespritzt. Bei 2 Patienten trat am 10. Tage 
nach der Injektion ein Arzneiexanthem auf, das bald zurück¬ 
ging, bei einem anderen ein geringer Temperaturanstieg. 1 Fall 
kam ad exitum. Es handelte sich um eine luetische Idiotin 
mit schwerer Hirn- und Nervenstörung und schwerer Herz¬ 
dilatation. Es ist notwendig, daß man die gelegentlich nach der 
Einspritzung beobachteten Erscheinungen genau analysiert. Die 
beschleunigte Herzaktion nach der Einspritzung dürfte auf den 
Schmerz zu beziehen sein. Temperatursteigerungen scheinen 
bei intravenöser Injektion auszubleiben. Auch bei Anwendung 
stärkster Konzentration findet eine Zerstörung des Hämoglobins 
nicht statt. Es sind im ganzen bisher etwa 600 Fälle gespritzt 
worden, bei keinem Falle hat sich etwas Unangenehmes er¬ 
eignet. Redner betont, daß wir bei der neuen Medikation nur 
von einem Zurückgehen der syphilitischen Erscheinungen und 
noch nicht von einer Heilung sprechen können. 

Herr Ehrlich, mit Beifallsäußerungen empfangen, dankt für 
den Beifall, der mehr seinen Vorrednern gebühre. Es sei eine 
einfache Sache, ein neues Mittel zu finden, schwerer aber sei 
es, die Einführung eines solchen Mittels in die Praxis zu be¬ 
wirken. Was die klinische Verwertung des Präparates betrifft, 
so seien ihm auch von anderer Seite, nämlich aus Bosnien, 
günstige Resultate berichtet worden. Betreffs der theoretischen 
Begründung des Mittels weist E. auf den wesentlichen Punkt hin, 
daß bei den Tierversuchen die heilende Dosis nur einen kleinen 
Teil der toxischen Dosis darstellt. Gerade solche Mittel ver¬ 
dienen es, beim Menschen angewendet zu verden. Was die Art 
der verschiedenen Einführung des Mittels in den Körper betrifft, 
so bemerkt Vortragender dazu, daß ein Huhn, dem man die 
Substanz in den Brustmuskel einspritzt, 30—40 Tage gegen die 
Spirillose gefeit ist, weil sich dabei ein Depot bildet, das lang¬ 
sam resorbiert wird; gibt man das Mittel intravenös, so wird es 
nach 3—4 Tagen ausgeschieden und daun gelingt bei Hühnern 
die Infektion mit Spirillen. 

Herr Senator regt an, einen kürzeren Namen für das Mittel 
vorzuschlagen. 

Herr Kromayer hat das Ehrlich sehe Mittel in 15 Fällen 
versucht und sich von der wunderbaren Einwirkung desselben 
überzeugt. Ausgezeichnete Erfolge hat er in solchen Fällen 
schwerster Art erzielt, bei denen das Hg versagt hat. Ueber- 



No. 30. 


469 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


raschend war esjrī s.ejien, wie sich die syphilitischen Infiltrate 
zurückbildeten und die vielfach sehr tief gehenden Ulcerationen 
sich überhäuteten. Sehr guten Erfolg brachte das Mittel in 
einem Falle von Psoriasis vulgaris, dem mit keinem anderen 
Mittel beizukommen war. 

Herr Tomaszewski berichtet im Aufträge des Herrn 
Lesser über die Erfolge mit dem Ehrlich sehen Präparat 
an der Hautklinik der Charite. 17 Fälle wurden gespritzt, alle 
mit gutem, einer mit verblüffendem Erfolg. Als unangenehme 
Nebenwirkung sei die Schmerzhaftigkeit der Injektion anzu-' 
sehen, die bis 14 läge anhalten kann, ferner die Temperatur¬ 
steigerung, die gewöhnlich einige Tage andauert. Ob der thera¬ 
peutische Erfolg von Dauer ist, muß die Zukunft lehren. 

_ Britzmann. 

Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung“.) 

Sitzung vom 4. Juli 1910. 

Vorsitzender: Herr Kraus. 

(Schluß.) 

Ucber die Genese der Urininfektion beim Abdominaltyphus. 

(Mit Demonstrationen.) 

Herr L. Pick: Die bakteriologische Untersuchung lehrt das 
Vorkommen von Bakteriämie bei Typhus in der ersten Woche. 
Es dringen also die Bacillen mit dem Blut in alle Organe. Der 
ganze Körper ist mit allen seinen Se- und Exkreten infektiös. 
Stuhl und Urin spielen bei der Weiterverbreitung der Infektion 
die Hauptrolle. 

Die Frage der typhösen Bakteriurie ist sehr bedeutsam. 
Es gibt keinen Fall, ohne daß Bacillen im Urin enthalten sind, 
unabhängig von der Schwere des Falles. Sie treten auch schon 
vor dem Erscheinen der Roseola auf und kommen in großen 
Mengen vor. Unbehandelt sistiert die Bakteriurie gewöhnlich 
nicht. Beschmutzungsflecke brauchen nicht sichtbar zu sein. 
Die Gefahr dieser Bakteriurie ist erwiesen. Man keimt Typhus- 
bacillen-Träger und -Dauerausscheider. Diese Frage ist mit 
Rücksicht auf die Darmentleerung untersucht worden. Aber 
man muß auch an anderes denken. 

Sicher ist, daß nach Typhus monatelang Bakterien aus¬ 
geschieden werden können. Die Ausscheidung kann aufhören 
und wieder beginnen. Aber es gibt solche Fälle, die viele 
Jahre lang Bacillen entleeren. In einer Kaserne in Wesel, wo 
mehrfach Epidemien mit vielen schweren z. T. tötlichen Fällen 
vorkamen, wurde ein Sergeant ermittelt, der vor 31 Jahren 
Typhus gehabt hatte. Seine Fäces waren frei, aber im Urin 
schied er kolossale Massen Bacillen aus. Es ist durch ver¬ 
schiedene Methoden nicht gelungen, die Kot-Typhus-Bacillen- 
Träger zu sterilisieren, während wir für die Bekämpfung der 
Bakteriurie im Urotropin ein souveränes Mittel besitzen. 

Aus der Gallenblase läßt sich regelmäßig der Typhus- 
Bacillus züchten; seine Ansiedlung ist dort auf dem Blutwege 
zustande gekommen. Die Dauerausscheider haben in der 
Gallenblase Steine und alte Entzündungsreste. Man hat ge¬ 
sagt, dies sei in solchen Fällen der Schlupfwinkel. Förster 
in Straßburg hat deswegen die Verödung der Gallenblase und 
die Cholecystektomie vorgeschlagen, die in einigen Fällen 
auch schon ausgeführt wurde. Doch haben diese Be¬ 
mühungen Fiasko gemacht. Denn ebenso kommen auf 
dem Blutwege die Bacillen in den Choledochus, Cysticus, Hepa- 
ticus und seine Aeste; auch hier sind natürliche Schlupfwinkel 
gegeben. Es ergibt sich so die hepatogene und die hämatogene 
Möglichkeit der Infektion. Die Dauerinfektion kann von dem 
ganzen System der galleabführenden Wege ausgehen. 

Was wir von der Infektion des Urins wissen, ist wenig, 
meist nur Hypothese. Man hat zunächst die Niere herangezogen. 
Die klinischen Verhältnisse der Niere hei Typhus sind wech¬ 
selnd; bald spricht man von Nephrotyplius, bald macht sie wie¬ 
der geringe oder gar keine Erscheinungen. Andererseits wer¬ 
den Bacillen in keinem Falle vermißt und dann kann eine ge¬ 
sunde Niere nie pathogene Bacillen passieren lassen. 

Daraus folgt: Es muß die Niere in jedem Falle Verände¬ 
rungen zeigen, die in klinische Erscheinungen treten können 
und den Durchtritt einzelner Bacillen zulassen. Was sind 
das für Veränderungen? Kon ja j eff hat vor 20 Jahren ge¬ 
lehrt, die Bacillen kämen beim Auftreten der Roseola mit dem 
Blut in die Nieren und erzeugten hier subkapsuläre Nekrosen; 
aus diesen könnten die Bacillen in den Urin kommen oder es 
kapseln sich die Herde ab und die Bacillen treten zu irgend¬ 
einer Zeit aus. Dagegen bestehen eine ganze Reihe von Be¬ 
denken. Die Typhusbacillen erzeugen in Kapillaren durchaus 
keine Nekrose. Ihr Erscheinen ist nicht an die Roseola ge- 
bundeu. W a s i 1 i e w hat lymphomatöse Herde bei Typhus 
erzeugt. Aber sie sind nicht immer vorhanden und dann lassen 
sie sich auch durch Toxininjektionen erzeugen. 

Des Vortr. Untersuchungen weisen ganz diffuse Verände¬ 
rungen des Parenchyms infolge von toxischen Wirkungen auf; 
sie ermöglichen den Durchtritt einzelner Bacillen. Auch das 


Tierexperiment bestätigt das. Gibt man Tieren Typhusbacillen 
per os, so erscheinen sie im Urin nur nach Schädigung der 
Nieren durch Staphylokokken. 

Oft treten Zeichen der Cystitis und Pyelitis auf ohne Ne¬ 
phritis. Wir müssen annehmen, daß diese Affektion urinogen 
eintritt. Es gibt aber auch Steine in der Niere oder Harnblase, 
wo sekundär diese loci minoris resistentiae hämatogen infiziert 
werden. Die Infektion des Urins kommt also in zweifacher 
Weise zustande, einmal durch die Niere oder extrarenal in den 
ableitenden Harnwegen selbst auf dem hämatogenen Wege. 

So lassen sich die meisten Fälle von Bakteriurie erklären; 
bei saurer oder schwach saurer Reaktion bleiben die Bacillen 
im Urin wochenlang virulent. Wo Cystitis oder Pyelitis 
besteht, kann der Befund jahrelang bleiben, bis der Chirurg 
den Stein beseitigt oder Urotropin die Bakterien ableitet. 

Eine Reihe Befunde erklärt sich nicht so, z. B. da, wo 
plötzlich im 2. Monat Bacillen auftreten, verschwinden oder 
wieder auftreten, auch ohne daß Cystitis oder Pyelitis besteht. 
Das kann jahrelang so gehen wie bei dem Sergeanten. Sie 
haben keine Bacillen in Blut, Niere oder Gallenblase. Woher 
kommen sie? 

Hier müssen sie in den appendikulären Brutstätten der 
Harnwege wie in den Anfängen der Gallenblase abgelagert 
werden, aus denen sie jederzeit abgestoßen werden können. 
Vincent hat das einen lokalen typhösen Prozeß der Harn¬ 
blase genannt. Vor allem kommen die Drüsen des Urogenital- 
apparates, Prostata, Samenblasen, heim Weibe 1 die parure- 
thraien Ductus etc. in Betracht; in ihnen können sich die 
Bacillen einnisten. Bei Prostatitis ist hämagotene Entstehung 
wahrscheinlich. 

Es ist schwer, diese Ausführungen zu beweisen, weil Sek¬ 
tionen derartiger Bacillenausscheider Sache des Zufalls sind. 
Es ist nötig, zu exakten Untersuchungsergebnissen zu kommen, 
indem man auf typhöse Infektionen in Prostata und Samen¬ 
blase regelmäßig fahndet. Vortr. hat das systematisch verfolgt, 
weil er für die epidemische Genickstarre eine Infektion der 
Samenblase fesigestellt hat. 

Nur ein Fall von Prostatitis typhosa ist bisher in Amerika 
festgestellt worden. Vortr. hat 32 Typhusfälle seziert; zweimal 
sah er akut eitrige Entzündung der Samenblasen und der Pro¬ 
stata, die über ihre hämatogene Entstehung geringen Zweifel 
aufkommen ließ. In einem Fall von Spermatocystitis purulenta 
war die Samenblase total mit Eiter gefüllt; im anderen Falle 
bestand Prostatitis mit reichlichen Bacillen. Vortr. hat die 
größte Vorsicht angewendet. Die Bacillen sind nicht etwa aus 
dem Preßsaft oder Blut der Organe, sondern aus dem freien 
Eiter gezüchlet worden; es fanden sich hier Bacillen im Ge¬ 
webe und auch innerhalb der Kapillaren, dagegen keine Spur 
von Nekrose, aber ziemlich reichlich entzündlich-eitrige Ein¬ 
schmelzung. 

Es ist selbstverständlich, daß diese Beobachtungen nur 
zeigen, daß infektiöse Prozesse in Prostata und Samenblase 
Vorkommen können. Vortr. kann schon jetzt sagen, daß es sicli 
nicht um regelmäßige Vorkommnisse handelt, denn er hat 
systematisch untersucht. Aber es sind doch unsere Kenntnisse 
von Dauerausscheidung spärlich gesät. Alle einschlägigen 
Fälle sind daher klinisch und bakteriologisch zu prüfen. Erst 
kürzlich sah Vortr. einen Mann, der seit Monaten Bakteriurie 
zeigt; nach Urotropingebrauch zessiert sie, um dann plötzlich 
wieder aufzutreten; die Fäces sind frei. Man müßte einen 
Druck auf Prostata und Samenblase ausüben und nachsehen, 
ob größere Mengen von Typhusbacillen im Urin enthalten sind. 

Bei Cystitis und Ureteritis kann der Urin desinfiziert wer¬ 
den, al>er nicht in diesen Schlupfwinkeln, wie Samenblase etc. 

Es besteht also ein deutlicher Parallelismus zwischen 
Gallen- und Urininfektion, ein weiterer Parallelismus in der 
Lokalisation der Dauerinfektion, nämlich im gesamten System 
der ableitenden Wege beider Organsysteme. Es läßt sich für 
die akute typhöse Infektion, für das Vorkommen einer typhösen 
Cystitis und Prostatitis ein exakter Nachweis bringen. 

Diskussion: 

Herr Fiirbringer kann sich trotz seiner literarischen Be¬ 
schäftigung nicht erinnern, einem ähnlichen Befunde begegnet 
zu sein. Sind auch die Hoden und Nebenhoden untersucht wor¬ 
den? Denn die Franzosen sprechen häufig von Orchitis und 
Epididymitis mit Typhusbacillenbefund. Ist das Sperma im 
Vergleich zum Urin ein günstiger Nährboden für die Bacillen? 
Die Kohabitation solcher chronischen Bacillenträger ist wohl 
nicht bedenklich. Aber Typhuspatienten leiden häufig und 
leicht an Pollutionen; sie können Anlaß zur Infektion geben. 
Die Aussichten der Therapie sind sehr trübe. Ein Medikament, 
welches auf den Inhalt der Samenblase oder der Prostata wirkt, 
kennen wir nicht. 01) wir mit einem Serum Erfolg Haben wer¬ 
den, ist zweifelhaft. Eine Exstirpation der Samenblase ist wohl 
nicht angängig und berechtigt. Die Prostata können wir nicht 
exstirpieren. 

Herr Pick (Schlußwort) hat an Hoden und Nebenhoden 
nichts gefunden. Würde man aus den Organen auf Druck 
Typhusbacillen entleeren, so könnte der Einwand erhoben wer- 





470 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 30. 


den, daß sie nicht im Organ, sondern im Blut sitzen. Gerade 
weil in Hoden und Nebenhoden die Entzündungen nicht selten 
sind, darum hat Vortr. mit Zuversicht in Samenblase und Pro¬ 
stata darauf gefahndet. Er hat auch auf die Gefahr des Spermas 
hingewiesen. Es kann bei jedem das Sperma mit Bakterien ge¬ 
impft werden. Das ist aber nicht unbedenklich für den Koitus 
bei Menschen, die wie die Dauerausscheider sonst vollkräftig 
sind. Die Gefahr ist wohl unwahrscheinlich, aber möglich. 

Was die Therapie anbetrifft, so hatStabsarzt Niepraschk 
bei dem Sergeanten in Wesel Urotropin und Hetralin, dann 
ßorpvertin gegeben; letzteres in solcher Menge, daß erhebliche 
Einwirkungen auf den Körper entstanden. Er magerte ab, 
wurde hinfällig. Dann verschwanden schließlich auch die Ba¬ 
cillen aus dem Urin. Immerhin läßt sich vorstellen, daß, wenn 
man den ganzen Körper mit Borsäure etc. durchtränkt, die I 
Stellen sterilisiert werden, die sonst Bakterien in den Urin¬ 
strom ausscheiden. Mode. 

Freie Vereinigung für Mikrobiologie. 

4. Tagung vom 19.—21. Mai 1910 im Kgl. Institut für Infektions¬ 
krankheiten in Berlin. 

1. Tag 19. Mai 1910. 

Vorsitzende: Herren Kirchner, Flügge, Löffler. 

Herr Friedemann (Berlin)': Referat über Anaphylaxie. 

Alle Anaphylaxie erzeugenden Stoffe sind Eiweißkörper 
aus dem Pflanzen- oder Tierreich, gleichgültig ob sie in gelöster 
Form oder als Zellen organisiert angewandt werden. Die Vor¬ 
gänge heim Kaninchen, Menschen und größeren Fleischfressern 
einerseits und dem Meerschweinchen andererseits sind ver¬ 
schiedenartig und erfordern gesonderte Betrachtung. Beim 
Kaninchen, das sich am besten zum Studium der Anaphylaxie 
eignet, gelingt auch die passive Anaphylaxie am besten durch 
Uebertragung des Antigens und Antikörpers, eine Mitwirkung 
der Zellen des Organismus findet nicht statt. Bei der durch 
Injektion von Erythrocyten erzeugten Anaphylaxie sind nach 
Friedemanns Versuchen der anaphylaktische Reaktions¬ 
körper und die Hämolysine identisch. Die Giftwirkung beruht 
nach Friedemann auf einer durch das Komplement be¬ 
wirkten Abspaltung eines Giftes aus der Vereinigung von An¬ 
tigen und Antikörper. Als charakteristisch für die Meer¬ 
schweinchenanaphylaxie betrachtet Friede mann 1. die 
minimalste Menge, die zur Sensibilisierung ausreicht, sowie die 
lange Dauer dieses Zustandes; 2. bei der passiven Anaphylaxie 
wird der fertige Antikörper übertragen; 3. die Erscheinungen 
der „Antianaphylaxie“, die aber noch experimentell geklärt 
werden müssen. Die Natur des anaphylaktischen Reaktions¬ 
körpers ist unaufgeklärt. Friede mann glaubt, daß das 
Komplement zum Zustandekommen des Symptomenkomplex 
nötig ist. Die Erscheinungen der Anaphylaxie fügen sich den 
Erscheinungen der Immunität ein. 

Herr Doerr (Wien): Referat über Anaphylaxie. 

Die Erscheinungen der Anaphylaxie bei den verschiedenen 
Tierarten sind als einheitliche aufzufassen. Doerr bevorzugt 
das Meerschweinchen als Versuchstier, dem an Reaktionsfähig¬ 
keit der Mensch am nächsten steht. Als Antigen wirkt art¬ 
fremdes Eiweiß, dessen Injektion die Bildung des anaphylak¬ 
tischen Reaktionskörpers veranlaßt, neben der Bildung der ge¬ 
wöhnlichen Immunkörper, z. B. der Präzipitine, mit denen nach 
Doerr der anaphylaktische Reaktionskörper identisch ist. Die 
Mitwirkung des Komplements ist zur Auslösung der anaphy¬ 
laktischen Symptome notwendig. Doerr glaubt, daß in 
Friedbergers gewaschenen Präzipitaten der giftige Stoff 
gefunden ist. Die Symptome der Anaphylaxie können durch 
präventive Gaben von Atropin, sulfur. verhütet werden. Der 
von Kraus als typisch angegebene Krampf der Bronchial¬ 
muskulatur genügt Doerr nicht zur Charakterisierung des 
anaphylaktischen Befundes. Doer r betont nochmals die voll¬ 
ständige Analogie zwischen der Anaphylaxie und den bis jetzt 
schon wohlbekannten Antikörpern, speziell den Präzipitinen. 

Herr Bicdl (Wien): Fieber Anaphylaxie. 

Die Verhältnisse sind noch recht unklar. Als Kriterium 
ist der von Kraus angegebene Lungenbefund anzusehen. 
B i e d 1 hält das Friedberger sehe Anaphylatoxin nicht für 
die Ursache des anaphylaktischen Shocks. Auch die Salz¬ 
versuche Friedbergers seien nicht eindeutig beweisend. 
Die Identität von Präzipitinen und anaphylaktischem Reaktions¬ 
körper sei keineswegs bewiesen. 

Herr Weichardt (Erlangen): Ueber einige Befunde der 
modernen Eiweißcheinie in ihrer Beziehung zur Bakteriologie 
und Immunitätsforschung; mit besonderer Berücksichtigung der 
Anaphylaxie. 

Das von W. 1901 gewonnene Synzitiotoxin ist ein Ana¬ 
phylatoxin. Störungen im Stickstoffgleichgewicht von Hunden 
sind als Kriterium der Anaphylaxie zu verwenden, während die 
Untersuchung mit dem Polarisationsapparat versagt. Die von 
W. gefundene Veränderung des osmotischen Druckes bei An- 
tigen-Antikörperreaktion hat möglicherweise etwas mit den 
anaphylaktischen Störungen zu tun. 


Herr Friedberger (Berlin): Ueber Anaphylatoxin und pri¬ 
märe Serum-Anaphylaxie. 

Das Anaphylatoxin wird nach F r. so gewonnen, daß man 
normales Meerschweinchenserum auf ein Eiweiß-Antieiweiß- 
Präzipitat einwirken läßt und dann abzentrifugiert. Durch in¬ 
aktiviertes Meerschweinchenserum oder physiologische Koch¬ 
salzlösung läßt sich kein Gift gewinnen, es handelt sich also 
um eine dem Komplement des frischen Serums zukommende 
Eigenschaft. Die optimale Giftwirkung erhält man bei Anwen¬ 
dung mittlerer Dosen von Antigen und Antikörper, sowie erst 
nach einer gewissen Zeitdauer der Einwirkung. Bei Anwen¬ 
dung von Erythrocyten als Antigen gelten diese Verhältnisse 
nicht, da hierbei die Giftwirkung des Hämoglobins mit in Tätig¬ 
keit tritt. F r. faßt die Ueberempfindlichkeit als humoralen 
Vorgang auf. Es gelang ihm nachzuweisen, daß schon Antisera 
an sich bei nicht vorbehandelten Tieren Giftwirkung äußern 
können, z. B. hat ein vom Kaninchen gewonnenes Antihammel¬ 
serum, zu geeigneter Zeit entnommen und in geeigneter Menge 
eingespritzt, akut toxische Wirkung beim nicht vorbehandelten 
Meerschweinchen. Ein Uebergreifen der Antikörperreaktion ist 
bei der großen Verschiedenheit von Hammel und Meerschwein¬ 
chen nicht wahrscheinlich, überdies wirkt ein gewöhnliches 
Typhusantiserum ganz analog. Die primäre Giftigkeit des Anti¬ 
serums hängt von dem Intervall zwischen letzter Antigenzufuhr 
und Serumentnahme ab. (Kurvendemonstration.) Als Erklä¬ 
rung nimmt F r. an, daß im Antiserum immer noch Antigen¬ 
reste enthalten seien. Die aktive und passive Anaphylaxie sind 
nach F r. nur besondere, durch quantitativ geänderte Anord¬ 
nung bedingte Spezialfälle. Bei der Verwendung von solch 
primär giftigen Seris beim Menschen ist die Zeit der Entnahme 
zu beachten, um die Giftwirkung zu vermeiden.' 

Herr Lockemann und Thieß (Berlin): Ueber Anaphylaxie 
durch fötales Serum. 

Die Injektion von fötalem Kaninchenserum bei Kaninchen 
wirkt toxisch. Die erste Injektion ist bei 33 pCt. der Tiere 
giftig, wovon der größere Teil auf trächtige Tiere entfällt. Die 
wiederholte Injektion wirkt bei 71 pCt. toxisch, bei trächtigen 
schwerer wie bei nichtträchtigen. Diese Versuche und kli¬ 
nische Analogien zwischen Eklampsie und Anaplilylaxie lassen 
an einen Zusammenhang zwischen beiden denken. 

Herr Hailer (Groß-Lichterfelde): Die praktische Verwert¬ 
barkeit der Anaphylaxiereaktionen. 

Zur Untersuchung von Nährpräparaten wurde die Ana¬ 
phylaxie herangezogen. Wegen der auf verschiedene Eiwei߬ 
abbauprodukte übergreifenden Gruppenreaktion sind praktisch 
verwertbare Resultate nicht erhalten worden. 

Herr Haendel und Steffcnhagen (Groß-Lichterfelde): Aus¬ 
wertung von Antieiweißseris. 

Die Austitrierung des gleichen Antieiweißserums mit der 
Präzipitation, Komplementbindung und Anaphylaxie gibt stark 
abweichende Titres. Die 3 Stoffe sind nach Haendel ver¬ 
schieden. Komplementbindende und anaphylaktische Stoffe 
sind zeitlich vor den Präzipitinen im Serum nachzuweisen. 

Diskussion über Anaphylaxie: 

Herren Gröber, Pfeiffer, Sachs, Friede¬ 
mann, Friedberger, Kraus, Weichardt, Pri- 
bram, Uhlenhuth, Biedl, Haendel, Doerr, 
Thiess, Sobernheim, Löffler, Wassermann. 

Herr Doerr (Schlußwort): 

Herr Weber (Dresden) macht Mitteilungen über die nächst¬ 
jährige Hygieneausstellung in Dresden und bittet um Anmel¬ 
dungen. 

Diskussion: 

Herren Löffler (Greifswald), Weber (Dresden). 

Herr Reichenbach (Bonn): Zur Theorie der Desinfektion. 

Bei der Desinfektion durch Chemikalien und Hitze sterben 
die Bakterien nicht gleichzeitig ab. R. versuchte den Hergang 
auf mathematischem Wege zu verfolgen. Die Desinfektion ver¬ 
läuft in einer Exponentialkurve und folgt dem Gesetz der mono¬ 
molekularen chemischen Reaktionen. Die Kurve ist für jede 
Bakterienart konstant, gleichgültig ob mit Sublimat oder Hitze 
desinfiziert wird. 

Herr Lentz (Berlin): Vorschlag einer einfachen Bezeich 
nung des Wertes von spezifischen Serumreaktionen. 

Bei der Identifizierung von Bakterien ist die Angabe des 
Agglutinationswertes ungenügend, wenn nicht zugleich der 
Titer des Testserums angegeben wird. Ein Agglutination von 
1:4000 ist bei einem Serum vom Titer: 1:5000 anders zu be¬ 
werten als bei einem von 1 :50 000. Lentz schlägt vor, die 
Angaben in Form eines Bruches zu machen, bei dem im Zähler 
der enthaltene Agglutinationswert, im Nenner der Titer des 

Testserums steht. Ifgggg würde bedeuten: Ein Serum vom 

Titer 1: 5000 agglutiniert in dem betreffenden Fall 1:1000. Auch 
für andere Serumreaktionen lassen sich die Werte analog an¬ 
geben, z. B. für die Bakteriolyse. 

Diskussion: Herr Löffler (Greifswald). 

Herr Heim (Erlangen): Schutzstoffe aus Organen. 

In Kochsalzlösung, mit der die entbluteten Kaninchen 
| durchspült wurden, waren keine Schutzstoffe nachzuweisen. 



No. 30. 


THERAPEUTISCHE 


Dagegen fanden sie sich in der Leber, die durch Verdauungs- 
fermente aufgeschlossen war. 

Herren Kraus und Amiradzibi (Wien): Ueber den Mecha¬ 
nismus der Antitoxinwirkung bei der Heilung. 

Versuche über die Frage, ob das Antitoxin und Toxin sich 
innerhalb oder außerhalb der Zelle vereinigen. Nach Kraus 
kann Antitoxin nicht in gesunde Zellen eintreten, dagegen 
tritt bei Diffusionsversuchen das Toxin durch die Membran zum 
Antitoxin. Nach Kraus tritt im Körper das Toxin aus der 
Zelle in die Umgebung heraus und wird hier vom Antitoxin 
neutralisiert. 

Diskussion: Herr Weichardt (Erlangen). 

Herr Liefmann (Berlin): Ueber das Komplement. 

Versuche, die Bestandteile des Komplements durch Li¬ 
poide zu ersetzen. Der Albuminteil läßt sich durch Lipoide 
gar nicht vertreten, beim Ersatz des Globulinteiles durch Oel- 
säure tritt die Komplementwirkung ein, doch zeigt es sich, daß 
die Oelsäure allein dieselbe Wirkung hatte (Hämolyse), daß 
also auch hier ein.Ersatz des Globulinteiles nicht gelingt. 

Herr Liefmann (Berlin): Der Horror autotoxicus bei der 
Hämolyse. 

Das Serum einer Tierart wirkt nicht als Komplement, 
wenn es sich darum handelt, Blutkörperchen der eigenen Art 
aufzulösen. Ersetzt man aber in diesem Serum den Albumin- 
teil durch Albumin eines artfremden Serums, so tritt Hämo¬ 
lyse ein. 

Diskussion: Herr Landsteiner (Wien). 

Herren Steffenhagen und Andrcjew (Groß-Lichterfelde): 
Haltbarkeit von Mikroorganismen und Immunkörpern in Blut¬ 
egeln. 

Die Blutegel enthalten a priori keine pathogenen Keime. 
Mit dem Blut aufgenomene pathogene Mikroorganismen halten 
sich im Blutegel von 14 Tagen bis zu 3 Monaten und noch länger 
lebend und infektiös. Präzipitierende, agglutinierende und 
hämolytische Immunkörper gehen in ca. 30—50 Tagen zugrunde. 
Keimübertragung ist demnach bei öfterem Gebrauch ein und 
desselben Egels denkbar. 

(Fortsetzung folgt.) 


XIX. Versammlung der Deutschen Otologischen 
Gesellschaft. 

(Fortsetzung.) 

Herr Brünings (Jena): Ueber neue Gesichtspunkte in der 
Diagnostik des Bogengangapparates. (Mit Demonstration.) 

Diskussion: 

Herren Bäräny, Neu mann. 

Herr Hansberg (Dortmund): Zur Frühoperation der 
akuten otogenen Sepsis. 

H. empfiehlt an der Hand von 15 beobachteten Fällen 
akuter otogener Sepsis die Frühoperation. In allen seinen 
Fällen bestanden äußerlich keine Veränderungen am Warzen¬ 
fortsatz, 8 mal fehlte sogar eine Empfindlichkeit auf Druck. 
Eiter wurde in allen Fällen im Warzenfortsatz gefunden, 5 mal 
fand sich 4 Tage nach dem ersten Auftreten der Mittelohr- 
erkrankung bereits eine Thrombose im Sinus resp. krankhafte 
Veränderungen an der Wand desselben. 

Als Operation kommt zunächst die Eröffnung des Warzen¬ 
fortsatzes, dann die Freilegung des Sinus, event. mit Eröffnung 
desselben in Betracht. H. hat gewöhnlich sehr frühzeitig ope¬ 
riert, 2 mal iy 2 , 4 mal 3, 4 mal 4, je 1 mal 6 resp. 10 Tage 
nach dem ersten Auftreten der Mittelohrerkrankung, in 3 Fällen 
wurde im Verlaufe von Angina resp. Scharlach operiert. 

Die Diagnose ist in den Frühstadien sehr schwierig, aber 
nicht unüberwindlich, von großer Bedeutung sind Temperatur¬ 
erhöhung, Schlummersucht, Empfindlichkeit am Warzenfortsatz. 
Aus der Höhe des Fiebers läßt sich nicht immer ein Schluß 
ziehen auf die Schwere der Erkrankung. 

Jeder Fall muß streng individualisiert werden, die The¬ 
rapie muß immer dem jeweiligen Fall angepaßt sein. Ueber 
den Zeitpunkt, wann eingegriffen werden soll, lassen sich keine 
bestimmten Regeln aufstellen, Erfahrung und Takt des Ope¬ 
rateurs entscheiden. 

Von den Fällen H.s wurden 13 geheilt, 2 starben. 

Diskussion: Herr Mayer (Wien). 

Herr Wittmaack: Zur Frage des Tubenabschlusses bei der 
Totalaufmeißelung. 

W. schlägt vor, die durch Offenbleiben der Tube bei Total¬ 
aufmeißelungen bedingten nachteiligen Folgezustände dadurch 
zu vermeiden, daß man am Schluß der Totalaufmeißelung das 
tympanale Tubenostium durch Aufheilung eines gestielten 
Hautläppchens zum Verschluß bringt. Dieses Verfahren, dessen 
Technik im einzelnen ausführlich beschrieben wird, hat sich 
in einer Reihe von Fällen bereits so gut bewährt, daß W. es 
zur weiteren Nachprüfung empfehlen zu können glaubt. 

Diskussion: 

Herren Siebenmann, H insberg, Pr ey sing, 
E. Urbantschitsch, Habermann, Passow. 
Winckler, Ritter. 


RUNDSCHAU 1910. 471 


Herr 0. Voss (Frankfurt a. M.): Meningitis serosa otogener 
Genese mit eigenartigem Verlauf. 

V. teilt einen Fall von Sinusphlebitis mit konkomitierender 
Meningitis serosa der hinteren Schädelgrube mit, in dem es 
während der Rekonvaleszenz unter plötzlichem Auftreten von 
Kreuzschmerzen und Kernigscher Kontraktur zu einer In¬ 
fektion der spinalen Häute kam. V. führt dieses Vorkommnis 
auf Zerreißung von Adhäsionen im Bereich der hinteren 
Schädelgrube zurück, ehe der Prozeß hier vollkommen ab¬ 
geklungen war und gibt dem zu frühen Aufstehen des Patienten 
schuld hieran. Er knüpft hieran die Mahnung zu striktester 
Innehaltung von Bettruhe bis zu dem Momente, in dem das 
letzte Anzeichen der entzündlichen Exsudation vollkommen 
verschwunden ist. 

Herr Herzog (München): Mechanik des Fistelsymptoms. 

Nach kurzen einleitenden Bemerkungen über die Art und 
Richtung des Nystagmus beim Fistelsymptorn weist H. darauf 
hin, daß für die Erklärung der klinischen Erscheinungen fol¬ 
gende Tatsachen vorausgesetzt werden: 

1. Der Luftdruck greift immer den Labyrinthwanddefekt an. 

2. Durch die einwirkende Kraft wird eine genügend starke 
Strömung im Labyrinthwasser erzeugt, um die Nervenendigun¬ 
gen des Vorhofbogengangapparates zu reizen. 

An der Richtigkeit dieser Voraussetzung zweifelt H. haupt¬ 
sächlich aus zwei Gründen. Einmal, weil die klinischen Be¬ 
funde hiermit keine vollkommen befriedigende Erklärung 
finden und dann insbesondere, weil bei unkomplizierten chro¬ 
nischen Mittelohreiterungen kein Fistelsymptom auslösbar ist, 
obowohl das runde Fenster einen idealen Labyrinthwanddefekt 
darstellt. 

Auf Grund von rechnerischen Ueberlegungen und unter 
Verwertung der bei manometrischen Untersuchungen am 
Präparate gewonnenen Resultate gelangt H. zur Ansicht: 

Die durch den Druck mit dem Schlauchballon erzeugte 
Kompresion des Labyrinthwassers (= Strömung) genügt nicht, 
um die Nervenendstellen zu reizen. 

Durch den Druck wird eine Verschiebung des Labyrinth¬ 
wassers bewirkt, und zwar zwischen Labyrinthwanddefekt und 
rundem Fenster (bezw. eines zweiten Defektes). 

Der Angriffspunkt der Druckwirkung ist dort, wo die Kraft 
senkrecht auftritt. Ob dies einmal der Labyrinthwanddefekt, 
das andere Mal das runde Fenster ist, hängt von individuellen 
anatomischen Verschiedenheiten (Lage des runden Fensters) 
und von jeweils verschiedenen pathologischen Zuständen in 
der Umgebung des Labyrinthwanddefektes ab. 

Aus diesem Grunde ist es begreiflich, daß bei gleicher 
Lage des Labyrinthwanddefektes entgegengesetzte klinische 
Symptome beobachtet wurden. 

Aus diesem Grunde ist auch eine Lokalisation des Laby¬ 
rinthwanddefektes aus der Art und Richtung des Nystagmus 
beim Fistelsymptom nicht statthaft. 

Diskussion: 

Herren Neumann, E. Urbantschitsch. 

Herr Scheibe (München): „Fistelsymptom“, postoperative 
Labyrinthitis und Verhütung derselben. 

Die postoperative Labyrinthitis hat in den letzten Jahren 
an Zahl plötzlich bedeutend zugenommen. Die Zunahme fällt 
zusammen mit dem Bekanntwerden des sogen. Fistelsymptoms. 
Obwohl dauernde Taubheit in der Hälfte der Fälle die Folge 
der Aufmeißelung des Mittelohres ist, nehmen alle Autoren 
ausnahmslos diese Komplikation als etwas Selbstverständliches 
hin. Scheibe wirft deshalb die folgenden beiden Fragen auf: 

Erstens: Ist in den Fällen mit Kompressionsnystagmus oder, 
was ziemlich gleichbedeutend ist, Bogengangsusur — nicht 
..Fistel“, wie unberechtigterweise allgemein die Bezeichnung 
lautet! — die Aufmeißelung des Mittelohres notwendig? Auf 
Grund von 4 konservativ behandelten Fällen und unter Ver¬ 
wertung seines gesamten in 17 Jahren konservativ behandelten 
Materials, bei dem in keinem einzigen Falle Taubheit ein¬ 
getreten ist, kommt er zu dem Schlüsse, daß das Fistelsymptom 
oder, wie es richtiger heißt. Drucksymptom an und für sich 
keine Indikation zur Aufmeißelung ist. 

Zweitens ini Falle aus einem anderen Grunde die Auf¬ 
meißelung notwendig ist, läßt das Auftreten der postoperativen 
Labyrinthitis sich verhüten? Da als auslösendes Moment haupt¬ 
sächlich das Suchen nach der sogen. Fistel in Betracht kommt, 
während die Meißelerschütterung und die Tamponade weniger 
von Bedeutung sind, rät er dringend, das so wichtige Druck- 
svmptom in den Fällen mit funktionsfähigem Labyrinth nicht 
als Wegweiser anzusehen, sondern als Warnungstafel, auf der 
die zwei Sätze stehen: „Halt, hier ist eine Usur!“ und „Nil 
nocere!“ 

Diskussion: 

Herren Ruttin, Habermann, Bondy, Voss, 
Wagner. 

Herr v. Gyergyay (Klausenburg): Demonstration einer 
neuen, direkten Methode zur Untersuchung und Behandlung der 
pharyngealen Tubenmündung und des Innenraumes der Ohr¬ 
trompete. 




472 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 30. 


Herr Morian (Karlsruhe): Beitrag zur klinischen Kenntnis 
der Neuritis acustica alcoholica. 

Die Neuritis acustica alcoholica äußerte sich in den bis 
jetzt bekannt gewordenen Fällen (8 Beobachtungen aus der 
Literatur, 3 eigene Beobachtungen) in einer meist sehr plötz¬ 
lich auftretenden Schwerhörigkeit ins Taubheit, verbunden mit 
sehr heftigen subjektiven Geräuschen, und außerdem in einem 
Teil der Fälle mit mehr oder weniger heftigen Schwindel¬ 
erscheinungen. Neuritische Erscheinungen von andern Seiten 
des Nervensystems vervollständigen das Krankheitsbild, dessen 
Prognose quoad restit. als zweifelhaft bezeichnet werden muß. 
Therapeutisch kommt in erster Linie eine strikt durchgeführte 
Abstinenz in Betracht. 


III. Therapeutische Notizen. 

Flüssige Seifen finden seit jeher in der Dermato- 
therapie ausgedehnte. Verwendung, insbesondere wird die 
tlüssige Glyzerinseife für die Haut- und Haarpflege viel ge¬ 
braucht. Neuerdings hat Apotheker Böer eine flüssige Glyzerin 
seife hergestellt, welche sich durch ihre absolute Neutralität 
auszeichnet und in dieser Hinsicht den Anforderungen des 
Deutschen Arzneibuches mehr als genügt. Weitere Vorzüge 
dieser hellblonden „Böers flüssigen Glyzerinseife“ sind große 
Schaumkraft, Sparsamkeit im Gebrauch und absolute Haltbar¬ 
keit, so daß die Seife selbst in der Kälte klar bleibt. Auch zur 
Herstellung von medikamentösen Seifen ist Böers flüssige 
Glyzerinseife sehr geeignet. So kann sie alsTräger vonFormalin, 
Sulfur colloidale dienen. Ganz besonders hinzuweisen ist auf 
das mittels der Glyzerinseife hergestellte Präparat: S a p o 
anthracisdetergensliquid. Böer mit Steinkohlenteer¬ 
extrakt, das ebenfalls absolute Neutralität besitzt. Diese Seife 
ist den üblichen Teerseifen an Reinheit und an Wirksamkeit 
überlegen und wird auch als Toiletteseife gern verwendet. Be¬ 
währt hat sich Böers flüssige Teerseife bei der Psoriasis vul¬ 
garis, bei Ekzemen des Kopfes und der Extremitäten, bei Hyper- 
keratosis der Fußsohlen. Speziell für die Pflege des Haares 
und der Kopfhaut verwendet man Böers flüssige Teerseife 
auf folgende Art: Auf den mit Wasser angefeuchteten Kopf¬ 
schwamm gießt, man etwa einenFingerhut voll von der Seife und 
verreibt sie 2—3 Minuten lang auf dem Kopf. Alsdann taucht 
man den Schwamm in lauwarmes Wasser, schäumt den Kopf 
damit einige Minuten lang ab und wäscht nachher die Haare 
wie gewöhnlich aus. In dieser Weise 1 —2 mal wöchentlich an¬ 
gewendet, stellt die Böer sehe flüssige Teerseife ein gutes 
Prophylaktikum für die Kopfhaut dar, indem sie die Schuppen¬ 
bildung und den dadurch bedingten Haarausfall verhütet. Zum 
Einfetten der Haare verwendet man am besten 2 proz. Salicylöl 
oder reines Olivenöl. (150 ccm von Böers flüssiger Glyzerin¬ 
seife kosten 1 M., die Doppelflasche 2 M.; zu beziehen ist sie 
von Böers Apotheke, Berlin NO. 18, Gr. Frankfurterstr. 103.) 


IV. TagesgescMchte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Die Reichstagskommission für die 
Reichsversicherungsordnung hat bis zum Juli getagt und wird 
ihre Beratungen erst am 20. September wieder aufnehmen. 
Nachdem die das Verhältnis der Aerzte zu den Krankenkassen 
betreffenden Paragraphen, wie in der vorigen Nummer mit¬ 
geteilt, erledigt oder eigentlich nicht erledigt waren, kam die 
Frage der Arzneiversorgung der Krankenkassen an die Reihe. 
Die betreffenden Paragraphen haben in der ersten Lesung der 
Kommission folgende. Fassung erhalten: 

§ 404. Die Satzung kann den Vorstand der Kasse ermächti¬ 
gen, wegen Lieferung der Arznei Vorzugsbedingungen mit ein¬ 
zelnen Apothekenbesitzern oder -Verwaltern zu vereinbaren 
und, von dringenden Fälle abgesehen, die Bezahlung anderer 
abzulehnen, wenn sie sich nicht bereit erklären, zu den gleichen 
Bedingungen zu liefern. 

Die Verträge sind binnen einer Woche dem Versicherungs¬ 
amt und außerdem spätestens eine Woche, bevor sie den 
Kassenmitgliedern bekanntgegeben werden, allen Apotheken¬ 
besitzern und -Verwaltern des Kassenbereichs mitzuteilen. 

Genügt die von einer Kasse gewährte Arzneiversorgung 
nicht, so gilt § 400 entsprechend. 

Soweit die freigegebenen Arzneimittel in Betracht kommen, 
dürfen die Kassen auch mit Drogisten, die die Erlaubnis zum 
Giftverkauf haben, Verträge abschließen. 

§ 405. Die Apotheken haben den Krankenkassen für die 
Arzneien nach näherer Bestimmung der obersten Verwaltungs¬ 
behörde einen Abschlag von den Preisen der Arzneitaxe zu ge¬ 
währen. 


Die Höchstpreise von einfachen Arzneimitteln, die ohne 
ärztliche Verschreibung (im Handverkauf) abgegeben zu wer¬ 
den pflegen, sind von "der höheren Verwaltungsbehörde unter 
Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und der im Hand¬ 
verkauf üblichen Preise festzusetzen. Die Höchstpreise dürfen 
die nach Absatz 1 sich ergebenden Beträge nicht überschreiten. 
Die oberste Verwaltungsbehörde kann näheres bestimmen, 
auch der nach § 406 bestimmten Stelle die Festsetzung über¬ 
tragen. i«. 

§ 406. Die oberste Verwaltungsbehörde kann zur Herbei¬ 
führung und Erleichterung von Verträgen und zur Schlichtung 
von Streitigkeiten zwischen den Kassen und den Apotheken¬ 
besitzern oder -Verwaltern ähnliche Einrichtungen anordnen, 
wie sie dieses Gesetz für das Verhältnis zwischen den Kassen 
und Aerzten vorsieht. 

Der § 407, der den Landesregierungen gestatten will, für die 
Betriebskassen des Reiches oder der Bundesstaaten hinsichtlich 
der Verträge mit Apothekern und Aerzten Ausnahmen zu ge¬ 
statten, wurde nach kurzer Debatte abgelehnt. 

Der erwähnte § 400 ermächtigt, wie zur Erläuterung bemerkt 
sei, im Falle ungenügender ärztlicher Versorgung und Kranken¬ 
hauspflege durch die Krankenkassen das Oberversicherungsamt 
einzugreifen und auf Kosten der Kasse das Erforderliche zu ver¬ 
anlassen. — Auf die übrigen Beschlüsse der Kommission, 
welche die Krankenversicherung in erster Lesung so ziemlich 
erledigt hat, wollen wir an dieser Stelle vorläufig nicht ein- 
gehen, schon aus Raummangel, und weil die Beschlüsse nur 
vorläufige sind. — Die Beschlüsse der Kommission, in bezug 
auf die kassenärztliche Versorgung der Krankenkassen, haben, 
wie vorauszusehen, in den weitesten Kreisen der deutschen 
Aerzte große Erregung hervorgerufen. Ihren offiziellen 
Ausdruck findet diese Stimmung in folgender Erklärung der 
Krankenkassenkommission des Deutschen Aerztevereinsbundes, 
die am 10. Juli in Eisenach tagte: 

„Die Verhandlungen der 16. Reichstagskommission über 
die die Aerzte berührenden Paragraphen des zweiten Entwurfes 
einer Reichsversicherungsordnung haben bei der Regierung 
und bei den Vertretern der meisten Parteien eine völlige Un¬ 
kenntnis der elementarsten Tatsachen der Arztfrage und eine 
unverhüllte Feindseligkeit gegen den ärztlichen Stand bewiesen 
und müssen die allgemeine Entrüstung der deutschen Aerzte 
erregen. Die Kommissionsbeschlüsse bedeuten eine erhebliche 
Verschlechterung des an sich schon unbrauchbaren Entwurfs; 
ihre Erhebung zum Gesetz müßte den unbeugsamen Widerstand 
der organisierten Aerzteschaft zur unabwendbaren Folge haben. 
Nachdem nun aber der Herr Staatssekretär im Reichsamt des 
Innern und Vertreter sämtlicher Parteien die über das Ver¬ 
hältnis der Krankenkassen zu den Aerzten (§§ 377 ff.) gefaßten 
Beschlüsse selber für unhaltbar und deren völlige Umgestaltung 
in der zweiten Lesung für notwendig erklärt haben, so muß 
erwartet werden, daß dabei die ärztlichen Forderungen endlich 
in vollem Umfange Erfüllung finden. Allerdings vermag nach 
dem bisher Vorgefallenen die Aerzteschaft dep kommenden 
Verhandlungen nur mit dem stärksten Mißtrauen entgegenzu¬ 
blicken.“ 

Aber trotz dieser die ärztlichen Forderungen so vollständig 
ignorierenden Beschlüsse der Kommission sind die extremen 
Aerztefresser auf der Krankenkassenseite durch das Gesetz in 
seiner vorläufigen Fassung keineswegs zufriedengestellt. Im 
Gegenteil, sie sehen darin eine Begünstigung der Aerzte. Dies 
kam u. a. auf dem Verbandstag der Ortskrankenkassen Deutsch¬ 
lands, der in der vergangenen Woche in Regensburg tagte, zum 
Ausdruck. Hier hatte der aus dem Cölner Krankenkassenstreit 
bekannte Herr Brachei das Referat über die Aerzte- und 
Apothekerfrage. Nach dem Bericht der „Vossischen Zeitung“ 
führte er etwa folgendes aus: Die Vorschläge des Regierungs¬ 
entwurfs seien für die Kassen ungünstig. Hinter der freien 
Arztwahl verstecke sich nur nackter Egoismus anti¬ 
sozialer Aerzte. Der Leipziger Verband lasse Ethik und 
Moral außer acht. Die Krankenkassen dürften kein Aus¬ 
beutungsfeld für den Aerztestand auf Kosten der wirtschaftlich 
Schwächeren sein usw. Immer dieselben oft gehörten Schlag¬ 
worte. Also der Ruf der Aerzteschaft nach freier Arztwahl hat 
seinen Grund in antisozialen Motiven? Weiß Herr 
Brachei nicht, daß gerade die Führer der Aerzte im Kampf 
für die freie Arztwahl für die soziale Förderung der 
Versicherten jederzeit, und zwar nicht nur mit Worten, 
sondern auch mit Taten durch Schaffung der Walderholungs¬ 
stätten, Fürsorgestellen usw. eingetreten sind? Daß der Ver¬ 
ein der freigew 7 ählten Kassenärzte zu Berlin 
zuerst hygienische Vorträge für Kassenmit¬ 
glieder ins Leben gerufen hat? Daß derselbe Verein eine 
Einrichtung geschaffen hat, welche es den Versicherten ermög¬ 
licht, sich in Unfallsachen unter billigen Bedingungen Gutachten 
durch selbstgewählte Spezial-Aerzte gegenüber den Vertrauens¬ 
ärzten der Berufsgenossenschaften zu verschaffen? Männer, 
welche alle diese Einrichtungen ins Leben gerufen haben, kann 
man doch unmöglich als antisoziale Egoisten be¬ 
zeichnen! Haben dagegen die fixierten Kassenärzte jemals 





No. 30. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1010. 


473 




eine derartige soziale Initiative, gezeigt ? Der Egoismus, will 
sagen die Honorarfrage ist für den Kampf um die freie Arzt¬ 
wahl überhaupt von keiner Bedeutung mehr, jetzt, wo, wie jeder 
Sachverständige weiß, die Kassen bei jedem Arztsystem un¬ 
gefähr das gleiche Pauschale für die ärztliche Behandlung aus- 
. geben. Viele Kassen mit fixierten Aerzten zahlen sogar ein 
höheres Pauschale als die Kassen mit freier Arztwahl. Darum 
sind solche agitatorischen Schlagworte wie Ausbeutung der wirt¬ 
schaftlich Schwächeren durch die Aerzte gegenüber den durch¬ 
aus bescheidenen Forderungen der deutschen Aerzteschaft 
wirklich nicht am Platze. Es handelt sich für die Aerzte, wie 
neulich Mermann (Mannheim) ausführte, nur um die Frage: 
Aussperrungssystem oder Zulassungssystem. Diese Frage ist 
jetzt um so mehr eine Lebensfrage für die deutsche Aerzte¬ 
schaft, als ja durch die neue Vorlage der Kreis der Zwangs¬ 
versicherten sehr erheblich erweitert ist, nicht nur durch Auf¬ 
nahme der Landarbeiter, Dienstboten, kleinen Gewerbetreiben¬ 
den, sondern zuletzt auch durch die Heraufsetzung der Ein¬ 
kommensgrenze von 2000 auf 2500 M. 

Universitätswesen, Personalnachrichten. 

Berlin. Der außerordentliche Professor in der juristi¬ 
scher Fakultät der hiesigen Universität Dr. W. Kahl, ist von 
der Universität Erlangen zum Dr. medicinae honoris causa er¬ 
nannt worden. 

— Geheimrat Prof. Dr. Waldeyer, Direktor des anato¬ 
mischen Instituts, ist von der Academia dei Lincei in Rom zum 
auswärtigen Mitglied ernannt worden. 

—• Der Oberstabsarzt und Regimentsarzt Prof. Dr. Otto 
• H u b e r ist im Alter von 44 Jahren gestorben. Er war früher 
Arzt an der Charite und zwar an der Leyden sehen Klinik 
gewesen. 

— Den von ddr H u f el and sehen Gesellschaft ausge¬ 
schriebenen Al varenga - Preis, für welchen dieses Jahr das 
Thema lautete: „Die Blutdrucksteigerung vom ätiologischen und 
therapeutischen Standpunkt“ hat Dr. Hasebroek in Ham¬ 
burg erhalten. 

Bonn. Der bisherige Privatdozent der Physiologie in 
Göttingen Dr. Fröhlich hat sich in der hiesigen Fakultät 
habilitiert. 

Göttingen. Prof. Jensen (Breslau) hat die Berufung 
als Nachfolger Verworns auf den Lehrstuhl der Physiologie 
angenommen. — Der Privatdozent der Chirurgie Prof. Dr. 
A. Jenckel tritt von seiner Dozentur zurück und übernimmt 
die Stellung eines Chefarztes am Krankenhaus zu Bremen. 

Marburg. Der Direktor der hiesigen medizinischen 
Klinik Professor Dr. Ludolph Brauer hat einen Ruf nach 
Hamburg als Direktor des allgemeinen Krankenhauses in 
Eppendorf an Stelle des dahingeschiedenen Lenhartz 
erhalten. 

Frankfurt a. M. Geheimrat Prof. Paul Ehrlich, 
Direktor des Instituts für experimentelle Therapie, wurde vom 
Bundesrat zum Mitglied des Reichsgesundheitsrats gewählt. 

Dresden. Der Altmeister der deutschen Kinderärzte, 
Geheimer Medizinalrat Prof. Dr. Eduard Henoch, welcher bis 
1893 die Kinderklinik der Berliner Charite leitete, feierte am 
16. Juli seinen 90. Geburtstag. Er war an der Berliner Univer¬ 
sität seit 1850 Privatdozent, wurde 1858 außerordentlicher Pro¬ 
fessor und 1872 Direktor der Charite-Kinderklinik. Nachdem 
er 1893 in den Ruhestand getreten war, lebte er anfangs in 
Meran und seit 1899 in Dresden. Während er in der ersten 
Hälfte seiner wissenschaftlichen Laufbahn das Gesämtgebiet 
der inneren Krankheiten bearbeitete, wandte er sich später aus¬ 
schließlich der Kinderheilkunde zu. Sein pädiatrisches Haupt¬ 
werk sind die „Vorlesungen über Kinderkrankheiten“. Das 
Werk erschien erstmalig 1881 und schon 1899 war die 10. Auf¬ 
lage nötig. In der Tat war es früher das populärste Lehrbuch 
der Kinderheilkunde in deutscher Sprache. 

Würzburg. Der Privatdozent der Augenheilkunde Dr. 
Wessely hat den Titel außerordentlicher Professor erhalten. 
Dr. Wessely war, bevor er sich in Würzburg habilitierte, eine 
Reihe von Jahren in Berlin als Augenarzt tätig. 

Mülhausen i. Eis. Dem Chefarzt des hiesigen 
Bürgerspitals Dr. Alfred Kleinknecht wurde vom 
Kaiserlichen Statthalter der Titel Professor verliehen. 

Zürich. Prof. Dr. Krönlein hat aus Gesundheitsrück¬ 
sichten um seine Entlassung als akademischer Lehrer und als 
Direktor der chirurgischen Klinik gebeten. 

Innsbruck. Nach Beendigung dieses Sommersemesters 
tritt der Vorstand der Lehrkanzel für angewandte medizinische 
Chemie in Innsbruck, Hofrat Dr. W. F. L ö b i s c h, in den 
Ruhestand. Die Fakultät hat folgenden Ternovorschlag für die 
Neubesetzung der Universität beschlossen: Primo loco Dr. 
Richard von Zeynek, Vorstand des medizinisch-chemi¬ 
schen Instituts in Prag, secundo und aequo loco die außerordent¬ 
lichen Professoren Dr. Fritz P r e g 1 in Graz und Dr. Otto 
Ritter von Fürth in Wien; tertio loco Abteilungsvorstand 
der zoologischen Station in Neapel, Dr. Richard Buria n. 


Kraka u. Der Privatdozent Dr. AdamWrzosek wurde 
zum außerordentlichen Professor für allgemeine und experi¬ 
mentelle Pathologie ernannt. Der Privatdozent der Chirurgie 
Dr. Max Rutkowski erhielt den Titel eines außerordent¬ 
lichen Professors. 

Kopenhagen. Prof. M. Tscherning ist zum Pro¬ 
fessor der Augenheilkunde und Direktor der Augenabteilung 
des Reichshospitals ernannt worden. 

T o k i o. Hier fand kürzlich eine große Gedächtnis¬ 
feier für Robert Koch statt. An der Feier, die im Shinto- 
Ritus abgehalten wurde, nahmen außer dem Unterrichtsminister 
Komatsubam, dem Minister des Innern I chiki und 
mehreren Vizeministern sämtliche Professoren der medizini¬ 
schen Fakultät in Japan — darunter der Schüler Kochs, Prof. 
Kitasato — und die in Tokio anwesenden Stabs- und 
Marineärzte teil. Der W'itwe Prof. Kochs wurde eine photo¬ 
graphische Aufnahme der Trauerfeier übersandt. 

Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

— Der Internationale Kongreß für Radiologie und Elektri¬ 
zität findet vom 13.—15. September ds. Js. in Brüssel statt. Das 
Programm umfaßt das ganze Gebiet der Elektrizität, der Rönt¬ 
genstrahlen und der Radioaktivität, sowie ihre medizinischen 
Anwendungen. Es wird beabsichtigt, in einer gemeinsamen 
Sitzung der physikalischen und der medizinischen Gruppe die in 
letzter Zeit zu allgemeiner Bedeutung gelangte Frage einer Ma߬ 
einheit radioaktiver Strahlungen, sowie der Methoden zu ihrer 
experimentellen Bestimmung international zu regeln. Mit Rück¬ 
sicht auf die große Bedeutung der auf dem Kongresse zur Ver¬ 
handlung kommenden Gegenstände ist eine zahlreiche Beteili¬ 
gung deutscher Physiker und Mediziner sehr zu wünschen. An¬ 
meldungen zur Teilnahme, sowie von Vorträgen, sind an Pro¬ 
fessor Dr. Krüger in Danzig-Langfuhr für die physikalische, 
an Dr. Loewenthal in Braunschweig für die medizinische 
Gruppe zu richten. 

Verschiedenes. 

— Die medizinische Klinik der Akademie für praktische 
Medizin in Düsseldorf hält im Herbst d. J. vom 17.—25. Oktober 
1910 in Verbindung mit dem Institut für allgemeine Pathologie 
und experimentelle Therapie einen Kursus der Pathologie, 
Diagnostik und Therapie der Erkrankungen des Kreislaufes ab. 
Anmeldungen an das Sekretariat, Moorenstr. 5. Anfragen an die 
Medizinische Klinik, ebenda. Es wird eine Einschreibgebühr 
von 10 M. erhoben. 

Bad Reichenhall. Die Errichtung eines Denkmals 
für Dr. Georg Frhr. v. Liebig, den Sohn Justus Liebigs, 
wird in Bad Reichenhall geplant. Georg v. Liebig war seit 
1859 lange Jahre als Arzt in Bad Reichenhall tätig und hat sich 
um die Entwicklung des Kurortes große Verdienste erworben. 

Straßburg. Nach Abschluß der Sammlung für die 
Recklinghausen-Stiftung sind nahezu 15 000 M. Herrn Professor 
Recklinghausen gleichzeitig mit einer Adresse über¬ 
geben. Wahrscheinlich wird eine von Universität und Fakultät 
unabhängige Stiftung zu medizinisch - wissenschaftlichen 
Zwecken begründet werden. 


V. Amtliche Mitteilungen. 

Bekanntmachung. 

Die Diphtherie-Heilsera mit den Kontrollnummern 1002 bis 
1015 aus den Höchster Farbwerken, 

190 und 191 aus der Merckschen Fabrik in Darmstadt, 

133—136 aus dem Serum-Laboratorium Ruete-Enoch 
in Hamburg, 

224 und 225 aus der Fabrik vorm. E. S c h e r i n g in Berlin 
sind, soweit sie nicht bereits früher wegen Abschwächung pp. 
eingezogen sind, vom 1. Juli d. Js. ab wegen Ablaufs der staat¬ 
lichen Gewährdauer zur Einziehung bestimmt. 

Das Diphtherie-Heilserum mit den Kontrollnummern 214, 
216, 219 und 258 aus der M e rckschen Fabrik in Darmstadt ist 
wegen Abschwächung zur Einziehung bestimmt. 

Zu besetzende Stellen von Medizinalbeamten. 

Die Kreisarztstelle des Stadt- und Landkreises 
Kattowitz, Regierungsbezirk Oppeln, mit dem Amtssitz in 
Kattowitz (Gehalt nach Maßgabe des Dienstalters 3000—7200 M., 
800 M. Wohnungsgeldzuschuß und 750 M. Amtsunkostenentschä¬ 
digung jährlich). 

Die Kreisarztstelle des Kreises Rosenberg in 
Oberschlesien, Regierungsbezirk Oppeln, mit dem Amtssitz in 
Rosenberg, O.-Schl. (Gehalt nach Maßgabe des Dienstalters 2100 
bis 3900 M., Stellenzulage von 900 M. und 240 Amtsunkosten¬ 
entschädigung jährlich). (Veröffentlicht am 15. Juli.) 








474 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 4. Kl.: 
Oberstabsarzt a. D. Dr. Radünz in Gießen, Dr. S t u d t - 
m a n n in Hannover, Oberstabsarzt Dr. Pritsche in Dres¬ 
den, Dr. Georg Lindemann irr Hannover, Dr. Hirsch- 
f e 1 d in Brisbane. 

Königl. Kronen-Orden 3. Kl. mit der Zahl 60: Dr. 
Heck in Oberlahnstein. 

Ernennung: der Leiter der bakteriologischen Typlnisstation 
in Idar, Dr. Neu mann, zum Kreisarzt in Westerburg. 
Versetzung: Kreisarzt Med.-Rat Dr. Schröder von 
Kattowitz in den Kreis Teltow. 

Niederlassung: Dr. Asch und Dr. K. Singer in Char¬ 
lottenburg, Dr. Broschwitz, Dr. R. Gross, Dr. W. Is¬ 
rael, Dr. Koppel, Dr. Lissauer, Dr. E. Mayer, Dr. 
Mühlfelder, Dr. 0 p p, Dr. Philipsborn, Aerztin 
Dr. H. Prager, Dr. Silbersiepe, Arzt M. Stein- 
k Uhler, Dr. Unna und Dr. W i 11 i g in Berlin, Dr. D a - 
v i d s o h n und Dr. Graf enberg in Schöneberg, Dr. 
Scholinusin Hagen, Dr. T ü r k in Witten, Dr. Holter¬ 
dorf in Dortmund, Dr. Escherer, Dr. Heuser und 
Arzt B. Schneider in Aachen, Arzt F. J. Kauert in 
Düren. 

V erzogen: Dr. Nieberg von Ahrweiler nach Berge, Dr. 
!•’ r ech von ■ Coblenz nach Neuwied, Dr. Lehr ecke von 
Herrischried nach Rengsdorf, Dr. K r ü 11 von Freiburg i. B., 
Arzt A. Mülberger von Frankfurt a. M., Dr. Forjahn 
von Rendsburg, Dr. Florange von Cöln, Dr. Star¬ 
gar d t e r und Dr. Rosenfeid von Straßburg .und Arzt 
J. Oberdörffer von Niederweiler nach Düsseldorf, Dr. 
Falls cheer von Groß-Lichterfelde nach Duisburg, Arzt 
F. K a t z von Münster und Dr. B a u in a n n von Wiesbaden 
nach Essen, Dr. E. B1 u m e n t h a 1 und Dr. Pinczower 
von Düsseldorf nach Berlin, Dr. Huch und Arzt A. D e 11 - 
m e r von Düseldorf nach Hannover bezw. Mülheim a. Ruhr, 

' Dr. Bartsch von Heilsberg nach Eppelborn, Dr. R u - 
d o 1 p li i von Sien nach Honnef, Dr. Martin von Lobenstein 
nach Sien, Dr. Kuczinski von Jucha nach Oberwiesenthal, 
Oberarzt Dr. Starke von Lötzen nach Potsdam, Dr. P a g e 1 s 
von Berlin nach Bromberg, Dr. P. Michaelis von Leipzig 
und Prof. Dr. Freiherr v. Pirquet nach Breslau, Dr. Kin- 
scher von Breslau nach Peterwitz, Aerztin Dr. K. Brei- 
t i n g e r von Eßlingen nach Herrnprotsch, Dr. Hansen von 
Westrhauderfehn nach Bielefeld, Dr. B e i t z von Berlin nach 
Oeynhausen, Dr. Bauer von Friedrichsheim nach Sende, Dr. 
F. W o 1 f f und Dr. Jaenicke von Cöln nach Wartha bezw. 
Essen, Dr. D a n d e 1 s k i von Posen, Dr. H e 11 w i g von 
Lyck und Dr. Wolfsohn von Breslau nach Berlin, Dr. 
FritzSchulze von Münster, Dr. Barth von Dresden und 
Dr. S t e n d e m ann von Neustrelitz nach Frankfurt a. M., 
Dr. Schmielau und Dr. Stehr von Wiesbaden nach 
Spandau bezw. Münster a. St., Dr. Schneider von München 
und Oberarzt Dr. Tiedemann nach Wiesbaden, Artur 
Pomppe von Ruppertsheim nach Naurod, Stabsarzt Dr. 
Kuhn von Mahl nach Biebrich, Dr. Abee von Naurod nach 
München, Dr. Martin von Oberursel nach Ahrweiler, 
Dr. Bresler von Lublinitz nach Lüben, Dr. Adelt von 
Lüben nach Lublinitz, Dr. M a e n e 1 von Neutomischl nach 
Oppeln, Dr. L. Müller von Erfurt nach Recklinghausen, 
Dr. L o t z e von Gelsenkirchen nach Suderwich, II. Fries 
und Dr. J e h n von Freiburg i. B. nach Marburg, Dr. Stein- 
meye r von Straßburg i. E. nach Oberkaufungen, Dr. Stur m 
von Würzburg nach Melsungen, Dr. Kannegiesser von 
Frankfurt a. M. nach Südwestafrika, Dr. Bloch von Berlin, 
Dr. L i e b 1 von Togo, Dr. B r ö t z von Freiburg, Dr. Lö¬ 
we n s t e i n von Baden-Baden, Aerztin Dr. A. H o h 1 b a u m 
von Basel, Dr. Schmuckert von Freiburg i. B. nach 
Frankfurt a. M., Dr. Schild von Frankfurt a. M. nach 
Berlin, Dr. Michail von Birkenwerder nach Homburg v. d. H., 
Dr. Ensgraber von Wiesbaden nach Darmstadt, Dr. 
Müller von Hütten und Dr. Kohl nach Wiesbaden, Dr. 
Schröder von Aachen nach Rendsburg, Dr. Moser von 
Langenenslingeu nach Stuttgart, San.-Rat Dr. Lange von 
Pr.-Stargard nach Zoppot, Dr. Herse von Schwetz nach 
Neustadt i. Westpr., Dr. Adler von Berlin nach Paretz, Dr. 

B ecke r von Halle nach Berlin, Dr. Dünzelmann von 
Berlin nach Leipzig, Dr. Hess von Schöneberg nach Frie¬ 
denau, Dr. Huisking von Berlin nach Iburg, Dr. I s a a c 
von Leipzig nach Wilmersdorf, Dr. Reiter von Berlin nach 
Groß-Lichterfelde, Dr. M. Rosenbaum von Berlin nach 
Amerika, Dr. Wittkugel von Charlottenburg nach Zoppot, 
Dr. Gronarz von Gießen, Dr. Cohn von Kiel und Dr. 

K o c h nach Greifswald, Dr. Wilde von Schleusenau nach 
Schwedenhöhe, Dr. 1) o m a n s k i von Culm nach Lobsens, 
Dr. Voigt von Halle und Dr. H u 11 von Hamburg nach 
Görlitz, Dr. Sprenger von Falkenhayn nach Birkenhof, 


No. 30. 

Dr. Ö p p i t z von Kosten nach llohenwiese, Stabsarzt Dr. 
Otto von Neiße nach Jauer, Oberstabsarzt Müller von 
Jauer nach Oppeln, Dr. R e t h g e von Mikultschütz nach 
Hultschin, Dr. Becker von Magdeburg nach Potsdam, 
J. Schwalb von Rostock nach Magdeburg, Oberstabsarzt 
a. D. Dr. Schöpwinkel und Stabsarzt a. D. Dr. The 1 e- 
mann von Berlin nach Wernigerode, Dr. Campe von Nie- 
derndodeleben nach Gönningen, Dr. Oehmig von Altscher¬ 
bitz nach Jerichow, Dr. K ü n z e 1 von Leipzig nach Altscher¬ 
bitz, Dr. Lange nach Zeit, Dr. W o h 1 w i 11 von Hamburg 
nach Halle a. S., Prof. Dr. Hofimana und Dr. Blumen¬ 
thal von Halle nach Bonn. 

Verzogen ohne Angabe des neuen Wohnortes: 
Dr. Hantschel, Dr. Grimm und Dr. Noltenius von 
r rankfurt a. M., Dr. W e e g e von Weilmünster, Dr. Ehren- 
reich von Rixdorf, Dr. Putsch von Charlottenburg, Hans 
Sachs von Berlin, Dr. Spiegelberg von Wilmersdorf, 
Dr. Umbreit von Berlin, Dr. Pencker und Di’. 
Preusse von Greifswald, Erich Wedekind von Rix¬ 
dorf, Dr. Tschirschwitz von Birkenhof, Dr. Breuer 
von Halberstadt, Dr. G r i e b 1 i n g von Heddernheim, Dr. 
N o t h m a n n von Düsseldorf, Dr. Rust und Dr. F ö c k 1 e r 
von Bad Oeynhausen, Dr. Lampe von Cöln, Aerztin 
Dr. M. Dupre, Dr. Dunkel, Dr. Haupt n er und 
Dr. Zimmer m ann von Kirchheilingen. 

Gestorben: R. Kitze in Pilgramsdorf, Dr. Mi eck in 
Dilingen, Dr. Klapp in Zoppot, Geh. San.-Rat Dr. Ewer 
in Berlin, Geh. San.-Rat Dr. Volborth in Berlin, Geh. 
San.-Rat Dr. Wanjura in Berlin, Dr. Ragotzky in Burg, 
Dr. S c h m i d t in Tuchebrand, Dr. C ö r n e r in Görlitz, San.- 
Rat Dr. L o t h in Erfurt, Dr. Mensinga in Flensburg,- Dr. 
S t o t e in Göttingen, San.-Rat Dr. Audrae in Goslar, Dr. 
Oswald in Löhnde, San.-Rat Dr. Wulff in Worpswede, 
San.-Rat Dr. T h o 1 e in Borgloh, Dr. Beisheim in Salz¬ 
schlirf, Dr. J. Müller in Niederbreisig, Dr. Allgayer in 
Achberg, Dr. v. Plewkiewicz in Znin, Geh. San.-Rat 
Dr. F r e u n d t in Münsterberg, A. Berkenkamp in 
Hiddenhausen, Geh. San.-Rat Dr. E1 p e n in Lötzen, Dr. H a - 
n e 1, Dr. Korn und Geh. San.-Rat Dr. L e m p in Berlin, Dr. 
Heuser in Dortmund. 


Mecklenburg-Strelitz. 

Gestorben: Dr. J ü h 1 k e in Strelitz. 

Mecklenburg-Schwerin. 

Ernennung: San.-Rat Dr. Dannien in Malchin zum 
Kreisphysikus ebenda. 

V erzogen: Prof. Dr. J. Müller von Rostock nach Düssel¬ 
dorf. 

Gestorben: Kreisphysikus Med.-Rat Dr. M o z e r in Malchin. 

Sachsen-Weimar-Eisenach. 

Niederlassung: Dr. Brocke in Berga a. E. 

Sachsen-Coburg-Gotha. 

Niederlassung: Dr. Schlick in Coburg. 

Verzogen: Dr. Meyer von Gotha. 

Sachsen-Meiningen. 

Verzogen: Dr. Emil Otto Br ehme von Jüchsen. 

Gestorben: Dr. Kost in Hildburghausen. 

Bayern. 

Ernennungen: Dr. Gustav Borger in Helmbrechts 
zum Bezirksarzt in Illertissen und Dr. Eduard Schultz 
in Landau (Pfalz) zum Bezirksarzt in Teuschnitz auf ihr An¬ 
suchen in etatmäßiger Eigenschaft. 

Verzogen: Dr. Justus Sehmauser von Regensburg 
nach Röttingen, Dr. Friedrich Herbst von Nürnberg 
nach Schwabach. 

Württemberg. 

Auszeichnungen: Ritterkreuz des Ordens der 
Württembergischen Krone: Prof. Dr. Zeller, 
Vorstand der chirurgischen Allteilung des Marienhospitals in 
Stuttgart. 

Rang und Titel eines Geheimen Rats: Staatsrat 
Prof. Dr. v. Bruns in Tübingen. 

Gestorben: Dr. Franz Höring in Stuttgart. 

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Indiziert bei allen dyspeptischen Erkrankungen: chronischer und ner¬ 
vöser Diarrhoe, nervöser Dyspepsie, ferner bei Steatorrhoe. Zur 
Hebung der Kräfte durch Beförderung der Resorption. Zur 
besseren Ausnützung der Milch bei kurmäßigem Gebrauch. In 
der Rekonvaleszenz nach Typhus etc. 

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pital-Neuralgie, Ohren-, Kopf- u. Zahn¬ 
schmerzen. Spezifikum b. Schmerz, in¬ 
folge v. Periostitis. Pulpitis, Neuritis u. 
solchen, die nach Freilegung der Pulpa 
lind Einlagen von Aetzpasten auftreten. 
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Arten von schmerzhaften Wunden und 
Hautentzündungen, bei tuberkulösen u. 
syphilitischen Larynx- u. Pharynx-Ge¬ 
schwüren, Ulcus u. Carcinoma ventriculi, 
Voraitus gravidarum, Hyperästhesie des 
Magens, Seekrankheit etc. Dosis int. 
0,3—0,5 g 1—3 mal tägl. vor d. Mahlzeit. 


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Das durch chem. Aufbau dargestellte 
wirks. Prinzip d. Nebennieren zeichnet 
sich d. absolute. Reinheit, zuverlässige, 
konstant bleibende Wirkung und gute 
Haltbarkeit seiner Lösungen aus. — 
Synthet. Suprarenin ist demnach in 
allen Fällen den anderen, aus. Organen 
gewonnenenNebennierenpräparatenvor- 
znzieben. Orig. - Gläs.: Sol. Supraren. 
liydrochl. synth. 1:1000 u. Tabl. Supr. 
hydrochl. synth. 20 ä 0,001 g. 

Tumenol 

ist. in der 

Ekzemtherapie 

ein unersetzliches Mittel, desgleichen zur 
Behandlung juckender Dermatosen. Mit 
Erfolg angewandt bei allen Arten von 
Hauterkraukungen. Tumenol- A nimonium 
ist le'cht wasserlöslich, ungiftig, rea¬ 
giert neutral und verursacht keine Reiz¬ 
erscheinungen. Tumenol-Ammonium läßt 
sich gleich gut zu Salben, Pasten und 
Pinselungen verarbeiten. Dieselben wir¬ 
ken juckmildernd u. leicht austrocknend. 

Valyl 

zeigt die 

Typische Baldrianwirkung 

in verstärkt. Masse. Die Valyl-Perlen 
lösen sich erst im Darm u. verursachen 
keinerlei Beschwerden von Seiten des 
Magens. Indiziert als vorzügliches Anti- 
dysmenorrhoikum, ferner b.Beschwerden 
während der Gravidität und des Klimak¬ 
teriums u. b. nervös. Störungen jed. Art. 
Dos.: 2—3 Valyl-Perl en, 2—3mal tägl. 
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Vei&Ltrvörtlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 181 B„ für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin. 
V«r]ag von Oscar OobUutz- Eypeditionsbureau: Berlin W.30, Maassenstrasse 18. — Druck von Carl Marsebner, BerMr SW., Alexandrineupt’-asao 110. 












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Therapeutische Rundschau 


30. Juli 1910 


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Therapeutische Rundschau 


(Sonderausgabe der Allgem. medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Dr< H. Lohnstein und D r. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz v Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt VI, No. 3302 


IV. Jahrgang Iterlin. 30. Juli 1910 


Wo. 31 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buc.i handlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor (Junrtalsschliiss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp Zeile oder deren Raum mit öl) Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissende haftliche Mitteilungen. Bircher: Zur Wirkung 
der Tliyreoidintabletten auf das normale Knochenwachstum. — 
Ibrahim: Zur Behandlung schwerer Bronchopneumonien des 
frühen Kindesalters. — Brückner: Ueber die Bedeutung der 
ambulanten Typhusfälle im Kindesalter bei der Weiterverbreitung 
des Abdominaltyphus. — Schöne: Ueber Infektionen mit Para¬ 
typhusbacillen des Typhus A und Befunde von verwandten Bak¬ 
terien. — Br e k le: Beitrag zur Fleischvergiftung, bedingt durch 
den Bacillus enteritidis Gärtner. — Heuser: Zur Frage nach 
der Pathogenität der beim Menschen, bei Tieren und in ge¬ 
sund aussehenden Fleischwaren nachgevviesenen Bakterien der 
Enteritis-Gruppe. — Schmidt: Die Tuberkulose bei Volks- 
schullehrern — Roepke: Ueber die Wohnuugsdesinfektion bei 
Tuberkulose. — Rüge: Dauererfolge nach 10 Jahren bei Lungen¬ 
tuberkulose im Hochgebirge. — K ö h 1 er: Die Bedeutung Aegyptens 
in der Behandlung unserer Lungentuberkulosen. — Karewski: 
Ueber die neueren Methoden chirurgischer Therapie der Lungen¬ 
tuberkulose. — Benind e: Zur Frage der ambulauten Tuberkulin¬ 
therapie. — H offmau n: Erfolgreiche Uebertragung von Syphdis- 
spiroc bäten auf Meerschweinchen. — Ivänyi: 157 neuere Fälle von 
extragenitaler Syphilisinfektion. — Hof bauer: Technik und Er¬ 
folge der Atmungsgymnastik beim Bronchialasthma. —Herz: Die 
Herzbeschwerden der Adoleszenten. — Günther: Die Orexin- 
probe zur Feststellung der Salzsäuresekretion des Magens — 
Hauser: Zur Frage der krebsigen Entartung des chronischen 
Magengeschwürs —Fränkel: Die Salomon sehe Probe und der 
Nachweis von Hämolysinen im Magensaft beim Magencarciuom, 
Beitrag zur Frühdiagnose des Magen carcinoms. — Funck: 
Weitere Beiträge zur Kausaltherapie bei GJykösurie und Diabetes. 
— Huber: Ueber Behandlung schwerer Anämien mit Blut¬ 
injektionen. — Schumburg: Neue Erfahrungen mit der 
Alkoholdesinfektion der Hände ohne vorheriges Seifen. — 
Heerfordt: Bemerkungen über die Bedeutung der Suturtechnik 
für die Wundaseptik. — Ewald: Ueber unsere Erfahrungen 
mit der Lumbalanästhesie. — Röpke: Ueber akute primäre 


1. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

E. Bircher: Zur Wirkung der Thyreoidintabletten auf das nor¬ 
male Knochenwachstum. (Archiv für klinische Chirurgie, 
Bd. 91, H. 3.) 

Aus zahlreichen klinischen und experimentellen Befunden 
(Bayou, V e i 11 o n , S t e in 1 in u. a.) geht unzweifelhaft 
hervor, daß die Thyreoideapräparate einen entschiedenen Ein¬ 
fluß auf die Wachstumsprozesse in den Knochen haben, daß 
dieser Einfluß aber nicht spezifisch für gewisse Störungen im 
Knochenwachstum, wie Myxödem und Kretinismus ist, sondern 
daß er auch am normalen, im Wachstum befindlichen 
Knochen sicli geltend machen kann. 

Zur Entscheidung der Frage, ob auch das normale Wachs¬ 
tum an der Epiphysenlinie durch Thyreoidinzufuhr eine Beein¬ 
flussung erfährt, hat B. an jungen Hatten, deren Stillungszeit 
durch die Mutter schon abgelaufen war, Fütterungsversuche mit . 
Thyreoideatabletten vorgenommen. Die Resultate bei all’ diesen 
Versuchen fielen derartig eindeutig aus, daß an einem sicheren 
und geichmäßigen Einfluß nicht mehr gezweifelt werden kann. 
Die Tiere blieben schon vom zweiten Monat ab im Wachstum 
zurück und dieser Unterschied gegenüber den Konfrontieren 
war im vierten Monat, als die Tiere getötet wurden, ein sehr 
auffallender. Letztere hatten um 15 g an Gewicht abgenommen, 
die Konfrontiere um zirka 40'g zugenommen. Während die 
Kontrolltiere noch eine breite deutliche Epiphysenlinie zeigten, 
konnte an den Versuchstieren die Linie nur noch undeutlich als 
schmaler Streifen erkannt werden. Die unverkennbare Ein¬ 
wirkung der Thyreoideafütterung hat also nicht zu einem 
exzessivem Lungenwachstum geführt, wie erwartet wurde, son¬ 
dern die Ablagerung von Kalksalzen und die Calcincierung der 
Epiphysenlinien ist so rasch vor sich gegangen, daß das Längen¬ 
wachstum mit diesem Prozesse nicht Schritt halten konnte und 
der zum Wachstum notwendige Knorpel an der Epiphysenlinie 


Typhlitis. — Lampe: Die Anregung der Peristaltik nach 
Laparotomie wegen Appendicitis mit freier Peritonitis. — Franke: 
Ein Fall von sechs Jahre lang bestehender Fistel an ungewohnter 
Stelle bei chronischer Appendicitis. — Mühsam: Zur Operation 
des perforierten Magengeschwürs. — Spas okukozky: Volvulus 
intestiuorum als Krank heit des hungernüen Menschen. — Spitz er: 
Ueber Harnröhren Verätzungen mit chemischen Substanzen. — 
Ehrmann: Eine neue Verwendung von Pyrogallolderivaten 
(EugalloJ) auf Schleimhäuten, besonders der männlichen Harn¬ 
röhre. — Berg: Zur Diagnose und Therapie der Blasensteine 
beim Kinde. — F r a n ken s t e i n: Zur Laparotomie bei Hetrotiexio 
Uteri gravidi fixata. — Basch: Ueber experimentelle Milch- 
auslösung und über das Verhalten der Milchabsonderung bei 
den zusammengewachsenenSchwesternBLazek.—Engelmann: 
Ueber die Aufnahme von Radiumemanation durch die Haut. — 
Saalfeld: Hautkrankheiten und moderne Kleidung. —Krüger: 
Zur Aetioiogie des Lupus vulgaris. — Salus: SchwarzesKammer- 
wasser. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom Z9. Juni 1910. — 
Freie Vereinigung für Mikrobiologie. (Fortsetzung und Schluß.) 
— XIX. Versammlung der Deutschen Otologischeu Gesellschaft. 
(Schluß.) 

IIT. Therapeutische Notizen. Müllern-Aspegren: Ueber 
Zinkpernydrol bei der Behandlung von Ulcus molle. — Ebe ling 
und Döliing: Ueber Brausau-ßader. 

IV. Bücherschau. Perez: Leciones de Giuecologia. —Sarason: 
Jahreskurse für ärztliche Fortbildung in zwölf Mouatskursen. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Ge¬ 
richtliches. — Verschiedenes. 

VI. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 


vorher anfgebraucht war. Die beigefügten Röntgenbilder 
illustrieren gut diese Verhältnisse. Somit beeinflußt die Schild- 
drüsendarreichung bei Kretinen und Myxödematösen, bei wel¬ 
chen der Calcificationsprozeß und der Wachstumsprozeß da¬ 
niederliegt, beide Prozesse günstig. Bei normalen Verhält¬ 
nissen jedoch bewirkt die Thyreoideadarreichung nur eine vor¬ 
zeitige Verkalkung der Epiphyse, während das Längenwachs¬ 
tum unbeeinflußt bleibt. Adler (Berlin-Pankow). 

Privatdozent Dr. J. Ibrahim (München): Zur Behandlung 
schwerer Bronchopneumonien des Iriihcn Kindesalters. 
(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 23.) 

Verfasser hat bei der Behandlung der schweren Broncho¬ 
pneumonien des Kindesalters einige physikalische Heil¬ 
methoden besonders wertvoll gefunden. Eine Hauptrolle spielen 
die hydrotherapeutischen Prozeduren. Von vielen 
Aerzten werden alle Pneumonien mit Wickeln und feuchten 
Packungen behandelt; in dieser schematischen Form stiften 
sie jedoch nach Verf. bei schweren Bronchopneumonien der 
ersten Lebensjahre, speziell bei Rachitikern, mitunter mehr 
Schaden als Nutzen. Sie behindern die Inspiration; außerdem 
bedingt ein regulärer Prießnitzumschlag mit undurchlässiger 
Einlage für liochfiebernde Kinder stets die Gefahr der Wärme- 
stauung; vor allem bei spasmophilen Kindern, die zu Hyper¬ 
thermien besonders disponiert sind. Verf. rät, von den Priess- 
n i t z sehen Packungen bei höher fiebernden Pneumonikem 
ganz abzusehen und die Wickel überhaupt nur da anzuwenden, 
wo man eine Äntipyrese erzielen will, dann aber so, daß man 
die undurchlässige Einlage ganz wegläßt und alle 10—20 Mi¬ 
nuten (höchstens V 2 stündlich) die mit zimmerwarmem Wasser 
getränkten und mit einfachem Wolltuch bedeckten Umschläge 
(Rumpfwickel oder Ganzpackungen) so oft wechselt, bis der ge- 
wünsche Effekt erzielt ist. Auch die Heubnersche Senf- 
packung ist bei schweren kontluierten Bronchopneumonien nur 






476 


THERAPEUTISCHE 


mit großer Vorsicht und Auswahl anwendbar. Dagegen sind 
warme Bäder mit nachfolgender kühlerer Uebergießung in der 
Regel sehr wirksam und nützlich, namentlich als expektorie- 
rende Maßnahme, wo viel feuchtes Sekret vorhanden ist, z. B. 
häufig bei Masernpneumonien, auch wo das Sensorium getrübt 
ist. Zum Abguß verwendet Verf. Wasser von 28°—22 " C. Diese 
Bäder müssen natürlich im warmen Zimmer vorgenommen wer¬ 
den. Wo Herzschwäche zu befürchten ist, speziell bei Influenza- 
pneumonien, sind kurze, heiße (35—37" C.) Bäder mehr am 
Platz; sie empfehlen sich auch bei jüngeren Säuglingen. Bei 
trockenem Husten, zähem Sekret ist die Feuchterhaltung der 
Luft eine Hauptaufgabe. Man erreicht dies am besten durch 
den „Brouchitiskessel". — Neben den hydriatrischen Maßnahmen 
sind nach Verf. besonders wirksam regelmäßige Sauer¬ 
stoffinhalationen, die in Fällen mit großer Atemnot und 
dauernder Zyanose ausgiebig angewendet werden sollten. Sie 
üben eine sehr günstige Wirkung auf die Herztätigkeit aus und 
erleichtern den nicht infiltrierten Luugenabschnitten ihre Auf¬ 
gabe sehr. Allerdings müssen die Sauerstoffinhalationen mög¬ 
lichst ausgiebig angewendet werden. Verf. läßt in schweren 
Fällen stündlich 1 Viertelstunde, sogar halbstündlich 10 Mi¬ 
nuten einen schwachen Sauerstofi'strom neben dem Gesicht des 
Kindes über das Bett hinströmen, und zwar bei Tag und Nacht. 
Wo die künstliche Sauerstoffzufuhr nicht angängig ist, da ist 
die natürliche Sauerstoffzufuhr nach Möglichkeit zu fördern. 
Daher läßt Verf. Kinder mit ausgebreiteten katarrhalischen 
Lungenentzündungen, wenn das Wetter es zuläßt, täglich mehr¬ 
mals wohlverpackt x /% Stunde oder länger spazieren tragen (auf 
dem Arm der Pflegerin, nicht fahren). — Von Wichtigkeit ist 
auch die Ernähr u n g der Kinder, welche bei Bronchopneu¬ 
monien oft große Schwierigkeiten macht. Hierbei leistet die 
Schlundsonde (beim kleinen Kinde nimmt man hierzu 
einen Nelatonkatheter, der durch Mund oder Nase ein¬ 
geführt wird) ausgezeichnete Dienste. Oft genügt es, 2 oder 
3 Mahlzeiten künstlich zuzuführen und den Rest mit Löffel oder 
Flasche zu verabreichen. In einzelnen Fällen war Verf. ge¬ 
nötigt, die Schlundsondenfütterung wochenlang durchzuführen. 
Um Gasauftreibungen zu verhüten, wird man die Zufuhr 
größerer Mengen von Kohlehydraten (Mehl und Zucker) ver¬ 
meiden. Von Medikamenten haben sich die Herzmittel bewährt, 
subkutan Kampfer und Coffein, innerlich D i g a 1 e n (3 mal 
2—3 Tropfen bei Säuglingen). 

Dr. G. Brückner (Straßburg i. E.): Ueber die Bedeutung der 
ambulanten Typhusfälle im Kindesalter bei der Weiter¬ 
verbreitung des Abdominaltyphus. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 23.) 

Die neueren epidemiologischen Untersuchungen haben in 
bezug auf den Abdominaltyphus ergeben, daß die explosiv aus¬ 
brechenden Epidemien fast immer durch Wasser oder Milch 
bedingt werden, während bei den allmählich beginnenden, 
aber lange sich hinziehenden Epidemien und bei der Endemie 
es sich im allgemeinen um eine Uebertragung von Person zu 
Person handelt; dabei kann natürlich auch die Uebertragung 
durch Zwischenglieder erfolgen, es braucht nicht gerade eine 
direkte Kontaktinfektion vorzuliegen. Eine besondere Bedeu¬ 
tung für die Weiterverbreitung der Typhusinfektion haben die 
Kinder, bei denen häufig die Krankheit so leicht und wenig 
ausgesprochen auftritt, daß sie als Typhus nicht erkannt wird; 
daher werden keine Vorsichtsmaßregeln getroffen; außerdem 
bedingen typhuskranke Kinder deswegen eine viel größere 
Gefahr, weil sie sich und ihre Umgebung häufig mit Kot und 
Harn beschmutzen. Neuere Beobachtungen haben ferner er¬ 
geben, daß die Kinder das Hauptkontingent bei Typhusepi¬ 
demien abgeben. Verf. führt als Beweis hierfür neueres statisti¬ 
sches Material an. Verf. schildert w r eiter drei in kleinen Städten 
des Elsaß in den letzten Jahren aufgetretene Typhusepidemien, 
bei welchen die Art und Weise der Verbreitung genauer unter¬ 
sucht wurde. Bei zwei dieser Epidemien ist das Kindesalter 
in besonders hohem Maße an den Erkrankungen beteiligt und 
erfolgte die Verbreitung der Krankheit durch Kinder. — Diese 
Beispiele zeigen wieder, daß der ambulante Kindertyphus zu¬ 
weilen das auslösende Moment mehr oder weniger zahlreicher 
Erkrankungen an Typhus und sogar von Epidemien ist. Die 
Bekämpfung dieser leichten Kindertyphen ist daher für die 
Typhusbekämpfung von besonderer Bedeutung, wobei vor allem 
die Schulärzte und Lehrer mitwirken müssen. Ebenso müssen 
die praktischen Aerzte diesen larvierten typhösen Erkrankungen 
besondere Aufmerksamkeit zuwenden und namentlich bei 
fieberhaften Erkrankungen der Kinder mit zweifelhafter Dia¬ 
gnose die Hilfe der bakteriologischen Untersuchungsanstalten 
in Anspruch nehmen. R. L . 

Schöne: Ueber Infektionen mit Paratyphusbacillen des 
Typhus A und Befunde von verwandten Bakterien. (Zeit¬ 
schrift für Hygiene und Infektionskrankheiten, 1910, Bd. 65, 
H. 1.) 

Diese Befunde bilden gewissermaßen eine Ergänzung der 
von Morgan mitgeteilten (Brit. Med. Journ. 1905). Derselbe 


RUNDSCHAU 1910. No. 31. 


isolierte Stämme, die zwar alle wesentlichen kulturellen, aber 
keine serologischen Reaktionen mit Paratyphus A-Bacillen ge¬ 
meinsam hatten, Verfasser dagegen solche mit umgekehrtem 
Verhalten. 

Als wesentliches Ergebnis kann die Tatsache gelten, daß 
es Bakterien gibt, die in gleicher Weise mit den gemeinen Coli- 
und den Paratyphusbacillen vom Typhus A verwandt und mithin 
als Zwischenstufen zwischen beiden anzusehen sind, und daß 
mit diesem Nachweis auch das im Einklang steht, was wir über 
die Pathogenitätsverhältnisse der hier in Frage stehenden Bak¬ 
terien sagen können. Müssen die Paratyphus A-Bacillen im 
allgemeinen als nicht eben gefährliche Krankheitserreger, 
immerhin als Krankheitserreger gelten, hingegen die gewöhn¬ 
lichen Colibacillen nicht, so gibt es Zwischenstufen, deren 
Pathogenität für Menschen noch nicht erwiesen und, wenn über¬ 
haupt vorhanden, sehr gering sein muß. M ü h 1 s c hl e g e 1. 

Dr. Brekle (Stuttgart): Beitrag zur Fleischvergiftung, bedingt 
durch den Bacillus enteritidis Gärtner. (Münchener med. 
Wochenschrift, 1910, No. 23.) 

Verf. berichtet über eine Fleischvergiftungsepidemie, 
welche im März 1909 in Zazenhausen, Oberamt Cannstatt, aus¬ 
brach. Im ganzen erkrankten 13 Personen, von denen 2 starben. 
Als Ursache wurde ermittelt, daß die betreffenden Personen 
das Fleisch eines notgeschlachteten Kalbes gegessen hatten, 
welches zum Verkauf nicht zugelassen war. Die Krankheit ver¬ 
lief mit zum Teil ausgesprochenem typhösen Charakter, sie be¬ 
gann meist 18—24 Stunden nach Aufnahme des Fleisches mit 
Uebelsein, Erbrechen, Schwindelgefühl, Schüttelfrost und hohem 
Fieber; bald stellten sich Kolikanfälle und profuse Diarrhöen 
ein, der Puls wurde fadenförmig; in 2 Fällen bestand an Stelle 
der Diarrhöen hartnäckige Obstipation. Die Fiebererscheinun¬ 
gen dauerten im allgemeinen 4—6 Tage, dann trat langsame 
Rekonvaleszenz ein. Sowohl in den Entleerungen der Kranken 
wie in den Organen der Gestorbenen, sowie in den untersuchten 
Kalbfleischproben wurde ein zur Gärtnergruppe gehöriger Ba¬ 
cillus enteritidis nachgewiesen. Von Wichtigkeit war die Beob¬ 
achtung, daß das Kochen und Braten des Fleisches durchaus 
nicht die Giftwirkung aufhob, im Gegenteil waren die Krank- 
heitserscheinungen am schwersten bei denjenigen Personen, die 
das Fleisch gekocht und gebraten genossen hatten. Der Grund 
ist der, daß das Toxin des Gärtner sehen Bacillus der Siede¬ 
hitze widersteht, abgesehen davon, daß durch das Kochen und 
Braten im Innern des Fleisches nicht diejenige Temperatur er¬ 
reicht wird, die zum Abtöten aller Bacillen nötig ist. R. L. 

Heuser: Zur Frage nach der Pathogenität der beim Menschen, 
bei Tieren und in gesund aussehenden Fleischwaren nach¬ 
gewiesenen Bakterien der Enteritis-Gruppe. (Zeitschrift für 
Hygiene und Infektionskrankheiten, 1910, Bd. 65, H. 1.) 
Durch die Tierpassage wurde bei Bakterien der Hogcholera- 
gruppe eine deutliche Anpassung an weiße Ratten und Viru¬ 
lenzsteigerung beobachtet. Weitere Untersuchungen müssen 
lehren, ob es auf diesem Wege auch gelingt, die betreffende 
Tierart durch Fütterung zu infizieren. 

Mit der beobachteten Pathogenitätssteigerung durch Tier¬ 
passage geht auch eine Virulenzsteigerung Hand in Hand. Um¬ 
gekehrt sinken die Tierpathogenität und Virulenz gleichzeitig, 
wenn die Enteritisbakterien unter ungünstigen Lebens¬ 
bedingungen, z. B. in der künstlichen Kultur, gehalten werden 
Ferner scheinen die angestellten Versuche mit Bouillon¬ 
kulturen und Bouillonfiltraten darauf hinzuweisen, daß die in 
die Nährmedien abgegebenen Toxine und Endotoxine das Zu¬ 
standekommen der Infektionen mit Bakterien der Enteritis¬ 
gruppe erleichtern. 

Schließlich üben, wie auch aus den Fütterungsversuchen 
an Mäusen mit sterilem Fleisch hervorgeht, offenbar die ver¬ 
schiedensten Momente, ungeeignete Ernährung, äußere Schädi¬ 
gungen (Erkältung?), einen disponierenden Einfluß auf ein 
empfängliches Individuum aus, und ebnen so auch bei schwer 
empfänglichen Arten der Paratyphusinfektion den Weg. 

Schmidt: Die Tuberkulose fyei Volksschullehrern. (Klinisches 
Jahrbuch, 1910, Bd. 22, H. 4.) 

Verfasser nimmt mit anderen Autoren an, daß für die Ver¬ 
breitung der Tuberkulose in der Schule weniger die Kinder 
selbst, bei denen die offene Tuberkulose verhältnismäßig sehr 
selten angetroffen wird, als die Lehrer und die Lehrerinnen in 
Betracht kommen. Nach seinen Feststellungen, die er auf die 
amtsärztlichen Gutachten über das pensionierte Lehrpersonal 
gründet, ist die Tuberkulose im Volksschullehrerstande in er¬ 
heblichem Umfange verbreitet; seine für den Stadtkreis Düssel¬ 
dorf gewonnenen Zahlen ergaben bei den Lehrern in 13,3 pCt., 
bei den Lehrerinnen sogar in 22 pCt. die frühzeitige Pensio¬ 
nierung oder den Tod infolge dieser Krankheit. Das Mehr auf 
Seite der Lehrerinnen wird auf die geringere Widerstandskraft 
des weiblichen Organismus zurückgeführt. Bei der Verhütung 
der Tuberkulose unter der Lehrerschaft kommt es auf folgende 



No. 31. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Gesichtspunkte an: Sorgfältige Auswahl bei dem Eintritt in die 
Präparanden- bezw. Seminaranstalt und bei dem Eintritt in den 
Schuldienst, Ueberwachuiig des Gesundheitszustandes in den 
Ausbildungsanstalten und eventuell auch im Schuldienst, Ein- 
lichtung der Prapärändeil- und Sehlinaränstalteli, söwie der 
Schulgebäude nach modernen hygienischen Grundsätzen, Ver¬ 
ringerung des Arbeitsstoffes an den Seininarien, rechtzeitige 
rursorge für gefährdete oder bereits erkrankte Lehrpersonen 
und Ausschaltung derjenigen, die an offener Tuberkulose 
“* ld Wünschenswert hält es Verfasser, daß in den ärztlichen 
Fortbildungskursen auf die spezialistische Untersuchungs- 
techmk mehr Wert gelegt wird. 


Rtiepke: lieber dl« Wohiltuigsdesinfcktioli bei Tuberkulose. 

(Zeitschrift für Tuberkulose, 10Ö9, Bd. 14, H. 5.) 

.... . ft* d '. e Bekämpfung der Tuberkulöse notwendige 
hygienisch-prophylaktische Maßnahme der WöhHungsdds'lnfek- 
tioit wird nur dann in dem wünschenswertem Umfange hei 
I uberkuloseerkränkungen und Wohnungswechsel Tuberkulöser 
uurchführbar, wenn sie auf die Anwendung des strömenden 
7 assei 'dampfes verzichtet. Die Verdampfung flüssigen Forma- 
bns ist zurzeit das billigste und wirksamste Verfähfe». 


Ituge: Dauererfolge nach 10 Jahren bei Lungentuberkulose im 
Hochgebirge. (Zeitschrift für Tuberkulose, 1910, Bd. 15, 
H. 1.) 


.. Von 113 Lungentuberkulosen, die vor 10 Jahren im Sana- 
töriuih Arösä in Behandlung wafeii und unter welchen sich 
44 im dritten Stadium befanden, leben jetzt flöfiti Sicher 52, 
das sind 46 pCt; gestorben sind 57 (= 50,5 pCt.), üflaüfflöd- 
bar vier. 

Bei 33,6 pCt. ist jetzt nach 10 Jahren die Leistungsfähigkeit 
nicht oder wenig beeinträchtigt. 

Bei 30 Patienten ist die Annahme berechtigt, daß sie die 
Krankheit gänzlich überwunden haben oder noch überwinden 
werden und dann als völlig geheilt zu betrachten sind; darunter 
sind zwei Patienten des dritten Stadiums. 

Bill, ungünstiger Einfluß der tuberkulösen Belastung auf 
die Heilungsresultate ist nicht zu erkennen. 


Köhler: Die Bedeutung Aegyptens in der Behandlung unserer 
Lungentuberkulosen. (Zeitschrift für Tuberkulose, 1909, 
Bd. 14, II. 5.) 

l)äs Klimä Aegypteiis kattü Unter gewissen Umständen für 
wohlhabende, mit eitler gewissen Festigkeit des Gemüts und 
einem gesunden Öisziplihierungsvermögeii ausgerüstete Leicht¬ 
tuberkulöse unverkennbaren Nutzen bringen, sofern diese die 
Eigenheiten des Klimas wie die Schädlichkeiten, welche im 
Städteleben begründet sind, gewissenhaft beobachten und zu 
vermeiden suchen, besonders wenn die leichte Tuberkulose 
mit reichlichem Sekret verbunden ist, keine Neigung zu Er¬ 
kältungen, Kehlkopfaffektionen und sonstiger Organtuberkulose 
zeigt. Tuberkulöse mit trockenen Katarrhen und Herzkompli- 
kationen, Tuberkulöse mit Ansätzen zu fortschreitender Tuber¬ 
kulose, Kavernen, Temperaturlabilität lind reizbarem Nerven¬ 
system — dessen Beeinflussung durch das ‘Klima Aegyptens 
zweifellos keiner Regel unterliegt und individuell betrachtet 
werden muß — sind unbedingt fernzuhalten. 

Karewski: Ueber die neueren Methoden chirurgischer Therapie 
der Lungentuberkulose. (Zeitschrift für Tuberkulose, 1909, 
Bd. 14, H. 6.) 

Chirurgische Behandlung der Lungenschwindsucht hat eine 
Berechtigung nur dann, wenn alle anderen Allen der medika¬ 
mentösen, diätetischen und physikalischen Behandlung ohne 
Nutzen erschöpft sind und der Prozeß unaufhaltsam Fort¬ 
schritte macht. 

Direkte Eingriffe in das Lungenparenchym sind prinzipiell 
verwerflich, können aber ausnahmsweise unter besonderen 
Umständen erlaubt und vorteilhaft sein. 

Alle übrigen operativen Maßnahmen setzen Intaktheit oder 
doch mindestens nur geringe Aflektion der anderen Seite 
voraus. 

Die Freund sehe Methode der Pseudarthrosenbildung 
an der ersten Rippe ist bei schweren zirkumskripten Spitzen- 
herden angezeigt, wenn dieselben mit Engigkeit und Starre 
der oberen Brustapertur vergesellschaftet sind; sie intendiert 
die Ermöglichung besserer Lungengymnastik, d.. h. bessere 
Durchlüftung und Durchblutung der kranken Stelle. 

Ausgedehnte Infiltrationen mit oder ohne kavernösen Zer¬ 
fall bei Kranken, die sich in gutem Allgemeinzustand befinden, 
keine anderen tuberkulösen Herde haben, bei denen Zeichen 
narbiger Schrumpfung vorhanden sind, können durch Immo¬ 
bilisation und Kompression vorteilhaft beeinflußt werden. 

Die Ruhigstellung und der Kollaps der Lunge wird auf fast 
ungefährlichem Wege durch den künstlichen Pneumothorax 
herbeigeführt. Dieser kann aber nur bei voller oder relativer 
Gesundheit der Pleura erzeugt werden. 


Bestehen ausgedehnte Verwachsungen der Brustwand mit 
der Lunge, oder hat der künstliche Pneumothorax nicht den 
gewünschten Effekt gehabt, so ist die totale Entknochung der 
kranken Thoraxhälfte ohne Eröffnung der Brusthöhle angezeigt. 

Mühlschlegel. 

Kreisarzt Dr. Bciiinrie (Liebenwerda): Zur Frage der ambulan¬ 
ten Tube rk iilili tlie rapie. (Deutsche med. Wochenschrift, 

1910, No. 23.) 

Verfasser berichtet über die Erfahrungen, welche er 
inbetreff der ambulanten Durchführbarkeit der Tuber- 
kuliiilhsrapie gemacht hat. Er hat in Liebenwerda ein 
Ambulatoriülil für Tuberkulindiagnostik und Tuberkulin¬ 
therapie eingerichtet, welches vom November 1908 bis zum 
1. Mai 1910 von 208 Personen aufgesucht wurde. Es werden 
nur solche Personen behandelt, welche von ihren Aerzten über¬ 
wiesen werden. 39 wurden zur Diagnosenstellung, 169 zur Be¬ 
handlung geschickt. Unter den 169 Patienten sind drei ge¬ 
storben, drei zur Lungenheilstätte abgegeben, 18 ohne Grund 
weggebliebeil, sechs verzogen, sieben aussichtslos aufgegeben, 
im klinischen Sinne vorläufig geheilt 61, noch ln Behandlung 
77 Patienten. Lungenbhitungen traten während der Behand¬ 
lung bei 14 Patienten auf, wovon 12 schon vorher an Bildungen 
gelitten hatten. Verfasser erklärt auf Grund seiner Erfahrungen 
die ambulante Tuberkulinbehandlung auch unter den Verhält¬ 
nissen der Kleinstadt und des flachen Landes für durchführbar. 

Marinestabsarzt Dr. Hoffman« (Berlin): Erfolgreiche Uebcr- 
tragung von Syphiflsspirochäten auf Meerschweinchen. 

(Deutsche med. Worhenschrift, 1910, No. 22.) 

Verfasser gelang es, bei drei Meerschweinchen . durch 
Üeberträgung syphilitischen Gewebes von einem Kaninchen 
(Ueherptlafizüilg unter die Haut des Hodensacks) schankerartige 
Geschwüre zu erzeugen. Nach fünf Tagen zeigten die Ge¬ 
schwüre im allgemeinen Neigung zur Heilung; nur ein Geschwür 
hatte sich vergrößert, zeigte wallartig verdickte Ränder und 
einen harten Untergrund. In dem Reizsaft dieses Geschwürs 
waren im Dunkelfeld reichliche, sehr gut bewegliche Spirochä¬ 
ten vom Aussehen der Pallida nachweisbar, in jedem Gesichts¬ 
feld mehrere, bis 15—20. R. L. 

Dr. Ernö Ivanyi, Assistent der Abteilg. f. Haut- u. vener. Krank¬ 
heiten des St. Stephan-Spitals in Budapest: 157 neuere Fälle 
von extragenitaler Syphilisinfektion. (Pester med.-chir. 
Presse, 1910, No, 24.) 

Der praktische Wert solcher von Zeit zu Zeit erscheinenden 
Artikel ist einleuchtend. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf 
sich und halten sie wach. Auf diese Weise wird auch der we¬ 
niger erfahrene Arzt gelegentlich an die extragenitale Syphilis¬ 
infektion denken, die Therapie auf die richtige Bahn lenken 
und dermaßen deren Weiterverbreitung verhindern. Wir 
wissen, welche geringe Bedeutung die mit extragenitaler In¬ 
fektion Behafteten ihrer Affektion beilegen, während sie, wenn 
sie sich an den Genitalien zeigt, sofort zum Arzt gehen. Seit 
der Entdeckung der Spirochaete pailida kann die Diagnose der 
an verschiedenen Stellen des menschlichen Körpers erscheinen¬ 
den Primär-Sklerosen mit Gewißheit gestellt werden. Aus 
den vorliegenden Daten ersehen wir, daß die extragenitale Sy¬ 
philis nicht gar so selten ist. Was die anamnestischen Angaben 
betrifft, war bei den meisten Patienten der Kuß, der Biß der 
Vermittler; sexuelle Perversität konnte nur in wenigen Fällen 
ermittelt werden. Von den drei mit Anussklerose Infizierten 
gestanden 2 die pasive Päderastie ein; von den mit Zimgeu- 
sklerose infizierten zwei Männern gestand der eine Cunni- 
linguus ein. Von den an den Fingern Infizierten waren 2 Heb¬ 
ammen, eine Pflegerin. Von den an der Brust Infizierten wurde, 
mit Ausnahme zweier, bei welchen das Beißen die Ursache 
war, die Infektion durch das Stillen kranker Kinder verursacht. 
Der Patient muß über seine Krankheit genau aufgeklärt wer¬ 
den. Nur wenn er im Bewußtsein des Ernstes und des Wesens 
seiner Krankheit ist, wird er sich vor jeder solchen Handlung 
hüten, welche die Infektion seiner Nebenmenschen zur Folge 
bat. Von großer Wichtigkeit ist, daß der Arzt jedem Syphilis¬ 
kranken eine gedruckte Instruktion in die Hand gibt, aus 
welcher er die ansteckende Natur erfahren und wissen soll, daß 
sie heilbar ist und daß ihre Heilung eine längere Zeit in An¬ 
spruch nimmt; er muß darüber im klaren sein, was er sowohl 
während der Behandlung als auch außer derselben tun darf 
und was ihm verboten ist. Wenn das Uebel auch nicht ganz 
ausgerottet werde kann, tragen wir in jedem Falle doch sehr 
viel zur Verminderung der Erkrankungen bei. 

Dr. Ludwig Hofbauer (Wien): Technik und Erfolge der At¬ 
mungsgymnastik beim Bronchialasthma. (Medizin. Klinik, 
1910, No. 11.) 

Das Bronchialasthma ist dadurch charakterisiert, daß im 
Anfalle die Ausatmung erschwert und lange andauernd sich 
gestaltet. Trotz aller Anstrengung des Patienten gelingt es ihm 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 31. 


nicht, soviel Luft auszutreiben, als er einatmet. Daher weist 
der Asthmatiker nach Abklingen des Anfalles ein Herabrücken 
seiner unteren Lungengrenzen und eine teilweise Ueberlage- 
rung seiner Herzdämpfung durch hellen Lungenschall auf; es 
entwickelt sich die konsekutive Lungenblähung. Die mangel¬ 
hafte Ausatmungsmöglichkeit bewirkt aber auch das Er¬ 
stickungsgefühl während des Anfalles. Dementsprechend be¬ 
zweckt die Atmungsgymnastik, dem Patienten die Ausatmung 
in genügendem Ausmaße möglich zu machen. Durch theoreti¬ 
sche Feststellungen wurde erwiesen, daß Erleichterung der 
Ausatmung behufs Verbesserung der Ausatmungstechnik vor 
allem durch entsprechende Verlängerung der Ausatmungsdauer 
sich bewerkstelligen läßt. Der Patient wird aufgefordert, ohne 
jede Kraftanstrengung die Ausatmung möglichst lange andauern 
zu lassen. Erst dann, wenn es ihm unmöglich geworden ist, 
weiterhin zu exspirieren, darf er die auxiliären Muskelkräfte 
zu Hilfe nehmen. Behufs Erfüllung dieser Postulate hat Verf. 
einen Apparat konstruiert, den er als „Exspirator“ bezeichnet. 
Der Patient bekommt die Aufgabe, entsprechend dem Rhyth¬ 
mus, den der Exspirator angibt, tönend auszuatmen. -Der Ex¬ 
spirator läßt nämlich seine Schnarre infolge seines eigentüm¬ 
lichen Rädermechanismus streckenweise tönen und in den 
Zwischenzeiten verstummen. Der Patient bekommt die Auf¬ 
gabe, dieses Aufeinanderfolgen von Tönen und Stummsein dem 
Apparat nachzuahmen. Wenn er mit dem Apparat seine Stimme 
ertönen läßt, so muß er dabei selbtsverständlich Luft ausstoßen. 
Einatmen kann er nur während der Zeit, wo der Apparat ruhig 
ist. Nun hat der Apparat durch entsprechende Konstruktion 
die Eigentümlichkeit, daß stetig die Zeitdauer des Tönens sich 
länger gestaltet, als die zwischenliegenden Ruhepausen. Schon 
dadurch ist garantiert, daß die Ausatmungsdauer immer größer 
ist als die Einatmungsdauer. Durch leicht ausführbare Varia¬ 
tionen der Einstellung läßt sich dieses Prävalieren der Exspi¬ 
rationsdauer in genügendem Ausmaße verstärken. Anfänglich 
wird der Atemtypus des Patienten möglichst vollständig be¬ 
rücksichtigt, so daß er gar keine wesentliche Veränderung 
seines Atemrhythmus merkt. Er gewinnt dadurch Zutrauen 
und lernt seine Atmung entsprechend den Apparatsignalen 
regeln, den Anforderungen bezüglich der Ausatmungsdauer an¬ 
passen. Ueberdies wird er aufgefordert, zu Hause die Uebun- 
gen zu imitieren, respektive durch Zählgymnastik zu unter¬ 
stützen. Es werden dabei je drei, vier und mehr Zahlen tönend 
aufeinanderfolgend gesprochen und dann ein Zeitraum, der 
einer folgenden Zahl entspricht, zur Einatmung benützt. Da bei 
Verwendung des Exspirators von seiten der Patienten öfter 
über nervöse Erscheinungen als Folge des Schnarrens geklagt 
worden ist. hat Verf. den Mechanismus des Exspirators dahin 
umändern lassen, daß man statt der Schnarre eine matte elek¬ 
trische Lampe als Zeichen für die Exspirationszeit verwenden 
kann. Der Patient muß solange tönend ausatmen, als die 
Lampe leuchtet und darf nur dann einatmen und solange, als 
die Lampe erloschen ist. Hat dann der Patient mit Hilfe dieser 
Uebungen eine genügend lange Ausdauer für seine Ausatmung 
erlernt, so wird er darüber belehrt, daß eine Verstärkung der 
Luftaustreibung durch Muskelkräfte am Ende der Ausatmung 
nicht nur erlaubt, sondern sogar zweckdienlich ist. Die beste 
Methode der muskulären Exspiration nun ist die der Hoch- 
treibung des Zwerchfells. Bei dieser Behandlung ergab sich 
empirisch die Tatsache, daß nicht bloß die Lungenblähung zu¬ 
rückgeht. sondern auch die asthmatischen Anfälle immer selte¬ 
ner werden, um nach relativ kurzer Zeit schon dauernd zu 
verschwinden, sogar bei solchen Fällen, welche mit Hilfe aller 
anderen Methoden vergeblich behandelt worden waren. 

Privatdozent Dr. Max Herz (Wien): Die Herzbeschwerden der 
Adoleszenten. (Wiener med. Wochenschr., 1910, No. 22.) 

Die Entscheidungen, sagt Verf., die wir zu treffen haben, 
wenn uns ein junges Individuum vorgestellt wird, das an Herz¬ 
beschwerden ieidet, sind von der weittragendsten Bedeutung. 
Ein Irrtum von unserer Seite kann in solchen Fällen die ver¬ 
hängnisvollsten Folgen zeitigen. Gewöhnlich handelt es sich 
um die Entscheidung, ob der junge Mensch herzkrank sei oder 
nicht. Beantworten wir diese Frage irrtümlich mit einem Ja, 
dann belasten wir auf Jahre hinaus die Eltern mit einer schwe¬ 
ren Sorge, beeinflussen die Erziehung in einer für die Entwick¬ 
lung des Charakters höchst bedeutungsvollen Weise und ver¬ 
hindern eventuell eine den Anlagen und Neigungen des Pa¬ 
tienten entsnrechende Berufswahl, d. h. wir greifen mit un¬ 
geschickter Hand in den Gang eines Menschenschicksals ein. 
Da es nun so überaus häufig vorkommt, daß während der Ent¬ 
wicklungsjahre eine Reihe von subjektiven und auch objektiven 
Symptomen'bloß den Schein einer organischen Herzerkrankung 
hervorruft, der nach erlangter Mannbarkeit bis auf den letzten 
Rest verschwindet, sind wir verpflichtet, im vollen Bewußtsein 
unserer großen Verantwortlichkeit in jedem Falle, der nicht 
mit einer jeden Zweifel ausschließenden Bestimmtheit ein ätio¬ 
logisch sichergestelltes, in allen klinischen Details einer ge¬ 
weblichen Herzläsion entsprechendes Bild darbietet, die 
äußerste Vorsicht walten zu lassen und unsere endgültige Ent¬ 


scheidung so lange hinauszuschieben, bis eine längere Beob¬ 
achtung uns eine volle Gewißheit über die Natur des Leidens 
verschafft. 

Die Symptome hängen mit verschiedenen Faktoren zu¬ 
sammen, welche in der Pubertätszeit zur Geltung kommen. 
Da sie nun dieser und nicht den, früheren oder späteren Ent¬ 
wicklungsperioden eigentümlich sind, geht man nicht fehl, wenn 
man annimmt, daß hier eine Aeußerung der geschlechtlichen 
Ausreifung des Organismus vorliegt. Verf. unterscheidet zwei 
verschiedene Arten unter den maßgebenden Momenten, und 
zwar die rein vegetativen, welche sich aus den spezifischen 
Wachstumsvorgängen, den äußeren und inneren Umformungen 
der verschiedenen Organe, der Drüsen, des die Lage des Her¬ 
zens bestimmenden Brustskelettes, sowie des Herzens und der 
Gefäße selbst ergeben und welche dem Uebergang von der 
Kindheit zum Jünglingsalter eigentümlich sind, und zweitens 
die psychischen, welche in den anfangs unverstandenen sinn¬ 
lichen Regungen und später in den durch die mangelhafte Be¬ 
friedigung derselben hervorgerufenen Gemütsalterationen 
wurzeln. 

Die Symptome, welche wir als Herzbeschwerden der Ado¬ 
leszenten zu bezeichnen haben, teilt Verf. in folgende Gruppen 
ein: erstens in solche, welche gemeinhin von dem Kranken 
selbst und seiner Umgebung auf Störungen der Herztätigkeit 
bezw. der Zirkulation bezogen werden, ohne daß wir mit 
Sicherheit entscheiden können, ob dies mit Recht oder Un¬ 
recht geschieht, und zweitens in zweifellose Herzsymptome, 
die sich naturgemäß wieder in subjektive und objektive ein¬ 
teilen lassen. Unter den Allgemeinsymptomen dominieren die 
Schwächegefühle, eine allgemeine Mattigkeit, leichte körper¬ 
liche und geistige Ermüdbarkeit, welche eine Unlust zum 
Lernen zeitigt, zu häuslichen Konflikten und eventuell zur 
Unterbrechung begonnener Studien führt. Häufig, besonders 
bei Mädchen, treten Exazerbationen bis zu Ohnmachtsanfällen 
auf. All dies pflegt nicht nur von den Laien als Herzschwäche 
gedeutet zu werden. Als Herzangst erscheinen die so gewöhn¬ 
lichen Angstgefühle in der Pubertätszeit,, die wahrscheinlich 
denjenigen der sexuellen Neurosen analog sind. Sie stören ge¬ 
wöhnlich auch die Nachtruhe dadurch, daß sie sich in sehr be¬ 
klemmenden Verfolgungsträumen äußern, welche gernezueinem 
jähen Erwachen führen, nach welchen stets eine sehr erregte 
Herzaktion und subjektives Herzklopfen zu konstatieren ist. 
Sie werden in hohem Grade durch die Körperlage beeinflußt, 
die der Kranke im Bette einnimmt. Unfehlbar treten sie auch 
bei sonst gesunden Individuen in der Rückenlage auf. Da auch 
das Liegen auf der linken Seite, der „Herzseite“, unmöglich ist, 
gewinnt für den Patienten die Annahme einer Herzaffektion 
sehr an Wahrscheinlichkeit. Verf. glaubt, daß in letzterem 
Falle die Verlagerung des Herzens in die engen Teile des 
ohnehin flachen Brustkorbes und die innigere Anpressung der 
vorderen Fläche des Herzens an die Brustwand durch die 
Schwere den Eintritt dieser Erscheinungen begünstigt. Ist der 
Verdacht einer Herzkrankheit rege geworden, dann werden 
auch die Appetitlosigkeit und das gelegentliche Erbrechen 
leicht auf eine Zirkulationsstörung bezogen. 

Unter den Herzbeschwerden im engeren Sinne dominiert 
die Trias der Phl-enokardie, Herzklopfen, Schmerzen in der Ge¬ 
gend unterhalb der linken Mamille und eine charakteristische 
Behinderung der Atmung, die Verf. als Atemsperre bezeichnet. 
Dabei ist die Herztätigkeit außerordentlich erregt und sehr labil. 
Das erstere ist an einem eigentümlichen systolischen Schwirren 
zu erkennen, welches entweder über der Gegend des Spitzen¬ 
stoßes oder über der ganzen Herzdämpfung zu tasten ist. Die 
Herzdämpfung ist dem Tropfenherzen entsprechend zumeist 
lang und schmal. Die Auskultation ergibt fast ausnahmslos die 
eigentümlich vibrierende Beschaffenheit des ersten Tones, die 
wir gewöhnlich bei den Herzneurosen anzutreffen gewohnt sind 
und die so häufig irrtümlich zur Annahme eines systolischen 
Geräusches Veranlassung gibt. Nicht selten aber ist ein echtes 
systolisches Geräuch zu hören, bald nur auf die Spitzengegend 
konzentriert, bald auch an der Basis, besonders über der Pul- 
monalis hörbar. 

Die Prognose des Leidens kann unter allen Umständen als 
gut bezeichnet werden. Die Therapie der Herzbeschwerden 
der Adoleszenten ist sehr dankbar, wenn sie den Allgemein¬ 
zustand berücksichtigt, also durch diätetische und allgemein¬ 
hygienische Maßregeln den Organismus zu beruhigen und zu 
kräftigen sich bestrebt. Ferner muß sie suggestiv sein, und 
zwar ebenso für den Patienten wie für seine besorgte Um¬ 
gebung. K r. 

Willy Günther: Die Orexinprobe zur Feststellung der Salz¬ 
säuresekretion des Magens. (Inaugural-Dissertat., Jena 1910.) 

Das Orexin. tannic. ist an sich imstande, die Salzsäure- 
absc.heidung der Magenschleimhaut anzuregen und zu fördern. 
Bei Appetitmangel und ungenügender Salzsäureproduktion 
dürfte dieses Mittel einen nicht zu unterschätzenden Bestand¬ 
teil des Arzneischatzes bilden. Darauf beruht auch die Verwend¬ 
barkeit der Orexinprobe zu diagnostischen Zwecken. Die 



No. 31. 


THERAPEUTISCH? RUNDSCHAU 1910. 


479 


Orexihprobe ist imstande, Aufschluß über die Salzsäuresekre¬ 
tionsfähigkeit der Magenschleimhaut zu geben. Sie ist ein 
brauchbares Hilfsmittel nicht zur Sicherung der Diagnose Car- 
cinom, sondern auch zur Feststellung anderer Magenleiden. 

F. 

Prof. Dr. G. Hauser (Erlangen): Zur Frage der krebsigen Ent¬ 
artung des chronischen Magengeschwürs. (Münchener med. 
Wochenschrift, 1910, No. 23.) 

Verf. berichtet zunächst über einen Fall, welcher von 
Wichtigkeit für die Frage der gegenseitigen Beziehungen 
zwischen Magencarcinom und Magengeschwür ist. Eine 63 jäh¬ 
rige Frau, welche erst seit wenigen Wochen an Magenbeschwer¬ 
den erkrankt war, die auf Magencarcinom hinwiesen, starb, 
nachdem sie nur einige Tage in der Klinik gewesen war, unter 
den Erscheinungen einer Perforationsperitonitis. Die Sektion 
führte zu folgender Diagnose: Ulcerierter Scirrhus des Pylorus 
mit Stenose, großes, frisches Magengeschwür (5% cm im Durch¬ 
messer) mit Perforation in die Bauchhöhle, verschorfter frischer 
hämorrhagischer Infarkt der Magenwand mit beginnender Ab¬ 
stoßung, diffuse Peritonitis mit enormer Hyperämie des ganzen 
Bauchfells, reichlicher Mageninhalt in der Bauchhöhle. Außer¬ 
dem Gallensteine mit Schrumpfung der Gallenblase,; hyposta¬ 
tische Hyperämie beider Unterlappen, geheilte Tuberkulose der 
rechten Lungenspitze, Sklerose der Aorta und der Arteriae 
coronariae. Aus dem von Verf. im einzelnen mitgeteilten Er¬ 
gebnis der makroskopischen und mikroskopischen Unter¬ 
suchung geht hervor, daß hier die Kombination eines schon vor¬ 
her bestehenden Scirrhus des Magens mit frischem Ulcus 
pepticum vorlag. Die beiden einfachen Geschwüre sind nach 
Verf. jedenfalls erst am letzten Tage des Lebens aufgetreten, 
und zwar wahrscheinlich zuerst das große perforierte. Von 
besonderem Interesse ist auch, daß die Geschwüre sich bei 
völligem Salzsäuremangel entwickelten. — Verf. erörtert im 
Anschluß an den Fall die Frage der gegenseitigen Beziehungen 
zwischen Ulcus ventrieuli und Magenkrebs. Während der be¬ 
schriebene Fall beweist, daß in Fällen von scheinbar sekun¬ 
därer Krebsentwicklung im Anschluß an ein Ulcus wohl auch 
das umgekehrte Verhältnis vorliegen kann, ist es jedenfalls viel 
häufiger, daß ein Carcinom auf dem Boden eines Ulcus oder 
einer Geschwürsnarbe sich entwickelt, wahrscheinlich viel 
häufiger, als es pathologisch-anatomisch oder klinisch fest¬ 
gestellt werden kami. Der Umstand, daß das Ulcus rotundum 
und das Magencarcinom für ihre Lokalisation durchaus die 
gleichen Prädilektionsstellen haben, legt die Vermutung nahe, 
daß dieser Zusammenhang zwischen Ulcus und Magencarcinom 
keineswegs selten ist. R. L. 

Ernst Fränlsel: Die Salomonsche Probe und der Nachweis von 
Hämolysinen im Magensaft heim Magencarcinom. Beitrag 
zur Frühdiagnose des Magencarcinoms. (Dissertation, 
Breslau 1910.) 

1. Positiver Ausfall der Salomon sehen Probe spricht 
für Magencarcinom. 2. Positiver Ausfall mit dem Esbach- 
schen Reagens ist dabei häufiger als N-Werte über 20 mg. Des¬ 
halb ist, abgesehen von der größeren Bequemlichkeit, diese 
Probe mit dem Esbach sehen Reagens empfehlenswerter. 
3. Positiver Ausfall der Hämolysinprobe fand sich zwar häufi¬ 
ger beim Magencarcinom, war aber auch bei anderen Er¬ 
krankungen nicht selten. Oft waren die Resultate nicht ganz 
eindeutig. Deshalb ist die Probe diagnostisch nicht so gut ver¬ 
wertbar. 4. Der negative Ausfall einer oder beider Proben 
spricht nicht gegen Magencarcinom. 5. Der positive Ausfall 
der Salomon sehen Probe ist nicht allein von der Größe der 
Ulcerationsfläche abhängig, vielleicht spielt daneben auch der 
Grad der Retention eine Rolle. F. 

Dr. C. Funck (Cöln-Braunsfeld): Weitere Beiträge zur Kausal¬ 
therapie hei Glykosurie und Diabetes. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 23.) 

Verf. ist durch eine Reihe von Beobachtungen zu der Ueber- 
zeugung gekommen, daß der Diabetes mellitus in einem Teil 
der Fälle auf Störungen des Magens und Darms be¬ 
ruht und daß man durch eine gegen diese Störungen 
gerichtete Behandlung auch die Glykosurie heilen kann. 
Es ist daher in jedem Fall von Glykosurie und Dia¬ 
betes eine genaue funktionelle Untersuchung der Magen- 
und Darmverdaung vorzunehmen; von dem Ergebnis dieser 
hängt die anzuwendende medikamentöse und diätetische 
Behandlung ab. In derartigen Fällen,, wo z. B. dem Diabetes 
eine Gastritis oder Enteritis zugrunde liegt, wird man durch 
eine schematische antidiabetische Diät keinen Erfolg erzielen, 
dagegen durch eine gegen den Magen- resp. Darmkatarrh ge¬ 
richtete entsprechende "diätetische, physikalische, medikamen¬ 
töse Behandlung. Verf. berichtet über 4 derartige Fälle. In 
einem Falle wurde ein seit 4M? Jahren bestehender Diabetes 
durch vorzugsweise diätetische Behandlung der gleichzeitig be¬ 
stehenden Gastritis chronica geheilt, d. h. er erlangte wieder 


eine Toleranz für Kohlehydrate in einer das gewöhnliche Kost¬ 
maß überschreitenden Menge. Im zweiten Falle bestand eine 
Enteritis chronica mit Eiweißfäulnis, im dritten Falle lag schein¬ 
bar ein mit Kohlehydrat-Gärung verbundener Darmkatarrh 
vor, der sekundär zu Koliken, Meteorismus, Durchfällen etc. 
geführt hatte. Ein darauf gerichtetes Regime (Eiweißdiät) hatte 
aller keinen Erfolg, und nun wurde unter Wiedereinführung 
der Kohlehydrat-Diät die scheinbar sekundäre Motilitätsstö¬ 
rung des Darmes in ihrer Ursache, d. h. der Sympathicusneu- 
rose, und daneben die allgemeine Neurasthenie behandelt mit 
dem Resultat, daß die Darmstörung in kurzer Zeit verschwand 
und zugleich der Diabetes zur Heilung gelangt;:. In dem vierten 
Falle handelte es sich um eine Gastritis chronica, zu der sich 
ab und zu enteritische Störungen gesellten. In diesem Falle 
verursachte Fleischeiweiß eine bedeutend stärkere Glykosurie 
als Kohlehydrate gleicher Kalorienwerte. Auch in diesem Falle 
wurde durch eine entsprechende Hafermehl-Milchdiät die 
Zuckerausscheidung beseitigt. Zum Schluß hebt Verf. hervor, 
daß es voll Wichtigkeit ist, den Prädiabetes, d. h. den be¬ 
ginnenden Diabetes, rechtzeitig zu erkennen und nach den dar- 
gelegten Gesichtspunkten, d. h. durch Beseitigung der eventuell 
zugrunde liegenden anderweitigen Funktionsstörung, zu be¬ 
handeln. 

Dr. O. Huber (Schöneberg-Berlin): Ueber Behandlung schwerer 
Anämien mit Blutinjektionen. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 23.) 

Verfasser berichtet über die Ergebnisse von Versuchen, 
welche er mit der Injektion von defibriniertem Blut bei 
schweren, insbesondere „perniziösen“ Anämien gemacht hat. 
Er wählte die intraglutäale Methode, weil hier eine schnellere 
Resorption anzunehmen ist und weil sie relativ schmerzlos er¬ 
tragen wird. Es gelingt leicht, 20 ccm Blut zu injizieren; in 
manchen Fällen konnten sogar 50 ccm injiziert werden. Zum 
Defibrinieren benutzt Verfasser ein Erlenmeyerkölbchen mit 
Glasperlen; derartige Kölbchen muß man sich steril vorrätig 
halten, um sie stets zur Verfügung zu haben. Zur Blutentnahme 
benutzt man eine gewöhnliche Venenpunktionsnadel, die mit 
einem etwa 25 cm langen Schlauch versehen ist. Bei der 
Punktion wird der Schlauch mit dem Glasrohr des Defibrinier- 
kolbens verbunden und letzterer während des Abfließens des 
Blutes leicht geschüttelt. Das Schütteln des Blutes muß 10 bis 
15 Minuten fortgesetzt werden, dann filtriert man durch Leine¬ 
wand. Das defibrinierte Blut hat Verf. gewöhnlich Va—1 Stunde 
bei Stubentemperatur stehen lassen, bevor er es zur Injektion 
benutzte. Bei der Auswahl der Blutspender wurde kein Unter¬ 
schied zwischen älteren und jüngeren Personen gemacht. 
Fiebernde oder Leute mit positiver Wassermann scher 
Reaktion sind natürlich auszuschließen. Verfasser berichtet 
über fünf mit Blutinjektionen behandelte Fälle. Davon waren 
vier schwere perniziöse Anämien; in einem Falle handelte es 
sich um eine schwere Anämie und Chlorose. Die einzelnen 
Injektionen wurden meist in Intervallen von 5—7 Tagen ge¬ 
macht. Daneben wurden die Patienten mit geringen Arsen¬ 
dosen (3 mal 5 Tropfen Sol. Fowleri), eventuell auch mit lacto- 
vegetabiler Diät, Darmspülungen behandelt. In einem Falle 
wurde eine der Heilung nahekommende Besserung erzielt, der 
Hämoglobingehalt stieg von 18 pCt. auf 92 pCt., die Zahl der 
Erythrocyten von 1,2 auf 4,8 Millionen; das mikroskopische 
Blutbild wurde fast normal. Nach einigen Monaten trat jedoch 
ein Rezidiv ein, welchem die Patientin bald erlag. Bei einem 
fast moribund eingelieferten Patienten, welcher neun Injek¬ 
tionen innerhalb neun Wochen erhielt, stieg der Hämoglobin¬ 
gehalt von 20 auf 90 pCt., die Zahl der Erythrocyten von 1,46 
auf 5,2 Millionen, das mikroskopische Blutbild wurde voll¬ 
kommen normal; der Patient ist wieder arbeitsfähig, allerdings 
hat sich der Zustand nach Aussetzen der Injektionen wieder 
verschlechtert. In einem zweiten Falle, der noch in Behand¬ 
lung ist, wurde ebenfalls Besserung erzielt. Ein vierter Fall 
war schon zu weit vorgeschritten, hier trat der Exitus nach vier 
Wochen ein. Gut war der Erfolg auch in dem Falle von Chloro- 
Anämie. — Die Nebenwirkungen der Injektion sind verschieden. 
Insbesondere variiert die Schmerzhaftigkeit. Temperatur- 
Steigerungen auf 37,5 " treten häufig auf, seltener solche auf 38 °. 
Ernstere Nebenwirkungen kamen bisher nicht vor. Als 
Dosis empfiehlt Verfasser für den Anfang 10—20 ccm, später 
20—40 ccm. Die Injektionen sind alle 5—8 Tage zu wieder¬ 
holen. 

Generaloberarzt Prof. Dr. Schumburg (Straßburg i. E.):,Neue 
Erfahrungen mit der Alkoholdesinfektion der Hände ohne 
vorheriges Seifen. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, 
No. 23.) 

Verf. hat in früheren Versuchen folgendes gefunden: Das 
Waschen und Bürsten der Hände mit Seile und heißem, sterilen 
Wasser beseitigt, selbst wenn es 15—20 Minuten lang intensiv 
fortgesetzt wird, gar nicht oder nur zum geringsten Teil die 
an der Gebrauchshand haftenden Keime. Dagegen können 




480 


THERAPEUTISCHE 

durch Waschen der Hände mit möglichst absolutem Alkohol 
fast ausnahmslos 99 pCt. und mehr der Handbakterien unschäd¬ 
lich gemacht werden. Zu einer Waschimg genügen 200 ccm Al¬ 
kohol, der mit Mullbäuschchen oder mit Watte auf die Hand 
gebracht wird. Statt des absoluten Alkohols kami mit genau 
dem gleichen Erfolg der gewöhnliche denaturierte Brennspiritus 
Anwendung finden. Wie Verf. jetzt mitteilt, haben die neueren, 
von der Medizinalabteilung des Kriegsministeriums angestellten 
Untersuchungen diese Ergebnisse in jeder Hinsicht bestätigt. 
Daher empfiehlt Verf. neuerdings sowohl für den Betrieb in 
der Klinik wie für den praktischen Arzt die einfache Alkohol¬ 
desinfektion — ohne jede vorherige Waschung mit Seife. Auch 
der grobe Schmutz wird mit Alkohol beseitigt; Blutreste werden 
eventuell mit Wasserstofisuperoxydlösung vorher entfernt. 

R. L. 

C. F. Heerlordt: Bemerkungen über die Bedeutung der Sutur- 
technik fiir die Wundaseptik. (Archiv für klinische 
Chirurgie, Bd. 91, H. 1.) 

H. macht eine Reihe beherzigenswerter Vorschläge zur Ver¬ 
besserung der Suturtechnik und Aseptik des Nähmateriales. Das 
letztere soll steril, nicht antiseptisch sein. Seine Oberfläche muß 
glatt, seine Substanz solide sein. Unter sonst gleichen Um¬ 
ständen ist resorbierbares Material dem nichtresorbierbaren 
vorzuziehen. Demgemäß empfiehlt H. als bestes Material 
Metalldraht und Kochkatgut. Nadel und Faden werden ge¬ 
brauchsfertig eingefädelt, auf einem besonders hierfür kon¬ 
struierten Metallrahmen ausgespannt und dann erst sterilisiert. 
Der Operateur kann von hier die Nadel direkt mit dem Nadel¬ 
halter abnehmen, so daß jede Berührung mit den Fingern ver¬ 
mieden wird. Auch bei Knotung der Naht läßt sich bei einiger 
Uebung eine Berührung des mittleren Teiles des Fadens, wel¬ 
cher in der Wunde liegen bleibt, sicher vermeiden. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Karl Ewald, Primararzt am Sophien-Spitale in Wien: Ueber 
unsere Erfahrungen mit der Lumbalanästhesie. (Wiener 
med. Wochenschrift, 1910, No. 20 und 21.) 

E. faßt seine Ansichten über die Lumbalanästhesie folgen¬ 
dermaßen zusammen: 

• 1. Die Lumbalanästhesie ist eine berechtigte Methode und 

soll von jedem Arzte, der sich operativ betätigt, gekannt werden. 

2. Das Indikationsgebiet ist noch nicht scharf abgegrenzt. 
Zumeist wird man die Lumbalanästhesie anwenden, wenn man 
keinen verläßlichen Narkotiseur zur Verfügung hat. Außerdem 
gibt es aber noch eine kleine Zahl von Fällen, in denen man 
die Narkose wegen Krankheiten des Herzens, der Lunge oder 
Nieren fürchtet und da wird die Lumbalanästhesie einen guten 
Ersatz bieten. Potatoren, die eine unruhige Narkose gewärtigen 
lassen, wird man auch besser mit der Lumbalanästhesie vor¬ 
bereiten. Kommt es auf eine sehr vollständige und lange 
dauernde Entspannung der Bauchdecken an, dann ist dieses 
Verfahren ebenfalls am Platze. 

3. Die Lumbalanästhesie ist zu widerraten, wenn man 
Kinder oder an septischen Krankheiten Leidende zu operieren 
hat, andererseits erzielt man bei Greisen mit ihr die besten 
Erfolge. 

4. Die Gefahren der Lumbalanästhesie erscheinen mir eher 
kleiner als die der Narkose. Wenn man nicht über einen ver¬ 
läßlichen Narkotiseur verfügt, dann halte ich die Lumbal¬ 
anästhesie entschieden für weniger gefährlich als die Narkose. 

5. Die Erfolge des Verfahrens sind unsicher. Die Punktion 
kann mißlingen, es kann Blut statt Liquor kommen, oder man 
kann keinen Liquor finden. Die Anästhesie kann aber auch 
ausbleiben, weim alles bis dahin nach Wunsch ging. Manch¬ 
mal dauert die Anästhesie nur eine Viertelstunde, oder sie ist 
unvollkommen, oder sie setzt verspätet ein. Man muß mit 
mindestens 10 pCt. Mißerfolgen rechnen. 

6. Adrenalinzusatz wirkt auf den Darm anregend zur 
Peristaltik. Diese kann so stürmisch sein, daß Darmnähte ge¬ 
fährdet werden, sobald mau die Klemmen abnimmt. Andere 
Male hat der Zusatz den Vorteil, daß der Darm sich während 
der Operation durch Abgang von Gasen und Stuhl entleert, der 
geblähte Darm sich verengt, leichter in der Bauchhöhle zurück¬ 
zuhalten ist. 

7. Eine vor der Lumbalinjektion gegebene subkutane In¬ 

jektion von 0,001 Skopolamin und 0,02 Morphin verbessert das 
Verfahren erheblich, weil der Schmerz des Einstiches genom¬ 
men wird, Aufregungszustände und dunkle Empfindungen, die 
manchmal trotz gelungener Lumbalanästhesie auftreten, ge¬ 
mindert werden. Diesen Vorteilen gegenüber sind die Nach¬ 
teile — übermäßige Exzitation, die sogar zur Narkose nötigen, 
kann — selten, zu selten, als daß man das kombinierte Ver¬ 
fahren deshalb aufgeben sollte. Kr. 

W. Röpke: Ueber akute primäre Typhlitis. (Archiv für klinische 

Chirurgie, Bd. 91, H. 1.) 

Die große Zahl der Appendektomien, welche heutzutage 
ausgeführt wird, gibt Gelegenheit zur Untersuchung der Be- 


RUNDSCHAU 1910. _ No. 81.,. 

schaffenheit des Typhlon. Da dasselbe so gut wie nie oder doch 
höchstens nur sekundär bei der Appendicitis erkrankt gefunden 
wird, so herrscht heute die Ansicht vor, daß die primäre 
Typhlitis, welche einst eine so große Rolle gespielt hat, de facto 
gar nicht existiert (Sonnenburg, Sprengel). Dieser 
Standpunkt ist zu radikal. Primäre Typhlitiden kommen vor, 
sind aber überaus selten. R. beschreibt vier einschlägige Fälle, 
welche unter der irrigen Annahme einer Appendicitis zur 
Operation kamen und erst bei der Operation erkannt wurden. 
Es handelte sich um mehr weniger ausgedehnte Entzündungen 
und Verwachsungen; für tuberkulösen Ursprung lag kein Anhalt 
vor. Lösung der Verwachsungen, Resektion der Geschwüre 
und Naht führten in allen vier Fällen zur Heilung; der Wurm¬ 
fortsatz wurde mit entfernt, aber nachträglich als intakt be¬ 
funden. Eine klinische Unterscheidung dieser seltenen Fälle 
von der Appendicitis dürfte kaum möglich sein. Die Operation 
■ ist unbedingt indiziert, wenn die Erscheinungen nur in der 
rechten Darmbeingrube lokalisiert sind. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Oberarzt Dr. R. Lampe: Die Anregung der Peristaltik nach 
Laparotomie wegen Appendicitis mit freier Peritonitis. 
(Zentralbl. f. Chirurgie, 1910, No. 21.) 

Zur Anregung der Peristaltik bedienen wir uns im all¬ 
gemeinen der Darmeinläufe, ferner kommt die Injektion von 
Eserin in Betracht, und schließlich steht uns die Enterotomie 
zur Verfügung; man wird aber gut daran tun, letztere nur bei 
den schwersten Fällen zur Anwendung zu bringen; denn der 
Verschluß der Fistel erfordert eine Nachoperatioü, und die 
1 Adhäsionen, welche sich zwischen der zur Anlegung benutzten 
Schlinge und dem parietalen Bauchfell zu bilden pflegen, 
können späterhin verhängnisvoll werden. In vorliegender Ar¬ 
beit empfiehlt Verf. ein Mittel zur Anregung der Darmtätigkeit, 
das ihm wenigstens bei den frühen Formen der freien Perito¬ 
nitis gute Dienste geleistet hat: er trägt in diesen Fällen die 
Appendix nicht durch Abquetschen an ihrer Basis ab, er am¬ 
putiert sie vielmehr mit einem Scherenschlage und benutzt 
nun die Oeffnung des Coecum dazu, um mit einer B o z e - 
mann sehen Zange einen Nelaton-Katheter, dem er dicht 
oberhalb seiner Oeffnung noch eine zweite beigegeben hat, 
durch die Bauhinsehe Klappe etwa 10 cm weit in das Ileum 
einzuführen. Diese Manipulation gelingt beim Erwachsenen 
verhältnismäßig leicht, beim Kinde ist sie mitunter etwas müh¬ 
sam. ln der Wand des Coecum wird der Katheter auf einer 
Strecke von 5—6 cm im Sinne W i t z e 1 s übernäht. Die Lapa¬ 
rotomiewunde wird nunmehr geschlossen unter Offenlassen 
einer Lücke im unteren Wundwinkel für das bis in das kleine 
Becken reichende Glasdrain und einer solchen im mittleren 
Teil für die Herausleitung des Katheters; letztere. wird zur 
Verhütung des Herausgleitens aus dem Darm an den Wund¬ 
rand der Haut mit einer Naht fixiert. Noch auf dem Operations¬ 
tisch werden nun Einläufe durch den Katheter in den Dünn¬ 
darm gemacht, und man erhält sofort ein gewisses Urteil über 
über den Grad der Darmlähmung; in den schweren Fällen 
läuft das Wasser ohne vis a tergo wieder ab; es wird zum 
Teil stoßweise entleert, sobald die Peristaltik noch wach ist. 
Eine gewisse Stuhlentlerung gelingt so hin und wieder un¬ 
mittelbar nach Anlegung dieser „Ileocoecalfistel“. Im Bett wird 
der durch einen Gummischlauch verlängerte Katheter in eine 
Ente geleitet und nun halbstündlich das Einlaufenlassen von 
Kochsalzlösung wiederholt; zweckmäßig ist es auch, von Zeit 
zu Zeit 300 bis 400 ccm Flüssigkeit langsam einzuführen und 
diese durch Abquetschen des Katheters längere Zeit im Dann 
zu belassen. Während bei den sonstigen Maßnahmen die Stuhl - 
entleerung per rectum gewöhnlich erst im Laufe des 2. Tages 
p. op. einzutreten pflegt, hat Verf. sie durch diese Dünndarm¬ 
fistel zunächst schon gegen Ende des 1. Tages, in einigen Fällen 
schon nach 6—12 Stunden erzielt. K r. 

Dr. Carl Franke (Heidelberg): Ein Fall von sechs Jahre lang 
bestehender Fistel an ungewohnter Stelle bei chronischer 
Appendicitis. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 21.) 
Bei einem 34 jährigen Manne, welcher der Heidelberger 
chirurgischen Universitätsklinik zur Begutachtung überwiesen 
wurde, ergab die Anamnese folgendes: Vor sechs Jahren wurde 
er wegen plötzlicher Schmerzen im Leib bettlägerig. Im Ver¬ 
lauf von etwa vier Wochen bildete sich dann eine starke 
Schwellung und Rötung des rechten Oberschenkels; es wurde 
am Oberschenkel inzidiert, die Wunde heilte. Noch in dem¬ 
selben Jahre trat eine Schwellung in der rechten Leistengegend 
auf. Es wurde wiederum inzidiert und nun blieb eine Fistel 
zurück. Wenn diese sich vorübergehend schloß, stellten sich 
Kopfweh, Verstopfung, Leibschmerzen und zuweilen Erbrechen 
ein. Es fand sich am rechten Oberschenkel etwa handbreit 
unterhalb der Spina anterior superior eine alte Narbe, und dicht 
unterhalb der Mitte des P o u p a r t sehen Bandes eine zweite 
Narbe mit einer Fistel. Zwischen lateralem Rektusrande, Pou- 
| partschem Bande und der Verbindungslinie des Nabels mit der 




No. 31. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


481 


Spina anterior superior fühlte man eine derbe wenig druck¬ 
empfindliche, nicht verschiebliche, etwa apfelgroße Resistenz; 
beim Druck auf diese entleerte die Fistel einige Tropfen Eiter. 
Es wurde eine chronische Appendicitis diagnostiziert und ope¬ 
riert. Dabei zeigte sich, daß die Fistel oberhalb des Leisten¬ 
bandes die Bauchdecken durchsetzte. Die Aponeurose des 
Obliquus externus wurde in der Faserrichtung gespalten, Obli- 
quus internus und transversus quer zur Faser durchtrennt und 
auf die zu fühlende Resistenz eingegangen. Der Wurmfortsatz 
wurde nicht gefunden; die Wunde, lose tamponiert, blieb voll¬ 
ständig offen. Bei einem Verbandwechsel sah man acht Tage 
später in der Tiefe der Wunde einen kleinfingerdicken Wulst, 
der bei näherer Untersuchung sich als Wurmfortsatz erwies. In 
einer zweiten Operation wurde dieser abgetragen. Er war in der 
Nähe der Kuppe perforiert. Die Heilung erfolgte ungestört. 

Dr. Richard Mühsam (Berlin): Zur Operation des perforierten 

Magengeschwürs. (Deutsche med. Wochenschr., 1910, No. 23.) 

Verf. berichtet über seine Ergebnisse bei der operativen 
Behandlung des perforierten Magengeschwürs. Zunächst teilt 
er 3 Fälle mit, in denen durch die Operation die Patienten ge¬ 
heilt wurden. Diese 3 Kranken kamen wenige (2, 3 und 7) 
Stunden nach Eintritt der Perforation zur Operation. In einem 
Falle exzidierte Yerf. die ganze, das perforierte Ulcus enthal¬ 
tende Partie der Magenwand; in den beiden anderen Fällen 
wurden die Ulcera, welche in der Nähe des Pylorus saßen, über¬ 
näht und daran eine Gastroenterostomia retrocolica posterior 
angesehlossen. Außerdem wurde die Bauchhöhle in den 3 Fällen 
ausgiebig gespült, die Laparotomiewunde wurde vernäht und 

2 Glasdrains in die Flankengegend eingelegt. Der Verlauf war 
nur in einem Falle durch eine doppelseitige Bronchopneumonie 
sowie durch eine einmalige Blutung, möglicherweise aus einem 
Duodenalgeschwür, gestört. In dem ersten Falle, bei dem die 
Exzision der Ulcus-Partie gemacht wurde, ging es der Pat. in den 
ersten Monaten nach der Operation sehr gut; es bildete sich je¬ 
doch, wie die Röntgenaufnahme deutlich zeigte, eine Stenose an 
der Stelle der Exzision aus, so daß ein Sanduhrmagen entstand, 
welcher schließlich die Nahrungsaufnahme unmöglich machte. 
Daher mußte eine zweite Operation gemacht, werden. Die bei¬ 
den durch die Stenose getrennten Magenhälften wurden durch 
eine 5 cm breite Gastrogastrostomie mit dreifacher Nahtreihe 
vereinigt. Der Verlauf nach der Operation war glatt. Die Pa¬ 
tientin ist vorläufig von ihren Beschwerden befreit. Außer den 

3 geheilten Patienten hat Verf. in den letzten 4 Jahren noch 

9 Patienten wegen perforierten Magengeschwürs operiert, und 
zwar operierte er auch, wenn der Zustand hoffnungslos erschien. 
Diese 9 Patienten starben sämtlich. Verf. gibt eine Zusammen¬ 
stellung auch dieser Fälle. Als Operationsverfahren empfiehlt 
Verf. die Uebemähung des Geschwürs eventuell unter Zuhilfe¬ 
nahme von Netz. Die Exzision ist möglichst zu beschränken, 
sie ist nur in den Fällen angezeigt, in denen wegen harter Be¬ 
schaffenheit der Ränder die Naht nicht sicher ist und durchaus 
kein anderer Verschluß des Loches erzielt werden kann. Oh 
eine Gastroenterostomie gemacht wird, hängt davon ab, ob eine 
Verengerung des Pylorus vorliegt. Die Bauchhöhle ist 
durch reichliche Mengen Kochsalzlösung zu spülen, der Ab¬ 
fluß von Exsudat durch Einlegen von Glas- oder Zelluloiddrains 
in die Flanken zu fördern, die Laparotomiewunde wird am 
besten ganz geschlossen. Tamponade derselben ist nur dann 
am Platze, wenn die Naht des Geschwürs nicht möglich oder 
unsicher war. R. L. 

S. Spasokukozky: Volvulus intestinonim als Krankheit des 

hungernden Menschen. (Archiv für klinische Chirurgie, 

Bd. 91, H. 1.) 

S. beobachtete an dem Semstwo-Krankenhause in Smolensk 
binnen 11 Jahren unter 96 Ileusfällen nicht weniger als 47 Fälle 
von Volvulus und zwar war der Sitz desselben 18 mal das 
S romanum, 1 mal das Coecum und 28 mal der Dünndarm. Dies 
auffallend häufige Vorkommen des bei uns in Deutschland 
seltenen Dünndarmvolvulus bezieht Verfasser auf die Eigen¬ 
artigkeit seines Krankenmateriales. Es handelt sich meist um 
russische Bauern, welche nur in ziemlich großen Pausen essen 
und eine sehr grobe vegetarische Kost genießen. Dadurch wird 
der Dünndarm oft leer und bei erneuter voluminöser Nahrung 
senken sich die obersten Darmschlingen über die leeren hin¬ 
weg nach unten. S. beruft sich auch auf die Gewohnheit <Jer 
afrikanischen Karawanenführer, nach langem Hungern die 
Nahrung nur in kleinsten Portionen mit Pansen zu sich zu 
nehmen und während der Hungerbeschwerden eine sogenannte 
Hungerbinde um den Leib zu tragen. S. führt ferner die Tat¬ 
sache an, daß Tiere, wenn man sie hungern läßt, leicht Volvu¬ 
lus bekommen. Fünf Fälle werden ausführlich mitgeteilt. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr.Ernest Spitzer (Wien): lieber Harnröhrenverätzungen mit 

chemischen Substanzen. (Wiener med. Wochenschrift, 1910, 

No. 19.) 

Eine Hauptstellung unter diesen chemischen Agentien 
nehmen alle jene Medikamente ein, die bei der Behandlung der 


Gonorrhoe in Verwendung stehen. So finden wir häufig im 
Anschluß an eine Gonorrhoe noch lange Zeit ein eitriges 
Sekret, aus dem die Gonokokken schon längst geschwunden 
sind und wo die Reizerscheinungen ein'zig und ailein auf der 
forcierten Injektionsbehandlung beruhen. Mit dem Aussetzen 
dieser Reizung schwindet auch prompt der Katarrh. Zu diesen 
Mitteln, die im Uebermaß angewendet schaden, gehören nicht 
nur alle antiseptischen Silberpräparate, sonderen auch: das 
adstringierend wirkende Cuprum und Zincum sulfuricum. 
Starke entzündliche Reizungen mit Nekrotisierung der Harn¬ 
röhre wurden in früherer Zeit öfters durch die Lallemand- 
sche Kauterisation der Pars posterior mittels Argentum nitri- 
cum in Substanz herbeigeführt. Solche Reizungskatarrhe der 
Urethra häufen sich in letzter Zeit, seitdem die Abortivkuren 
gegen Gonorrhoe von Aerzten öfters vorgenommen werden und 
von den Patienten präventiv, unmittelbar post coitum stark 
konzentrierte, bakterientötende Lösungen in die Harnröhre in¬ 
jiziert oder eingeträufelt werden. Es kommt hierbei öfter zur 
Abstoßung größerer Schleimhautpartien der Harnröhre; manch¬ 
mal konnte Verfasser auch ganze membranöse Ausgüsse der 
Harnröhre finden. Auf dem Boden einer solchen ursprünglich 
oft sterilen, chemisch erzeugten Schleimhautentzündung siedeln 
sich dann schon nach 1—2 Tagen Kolonien des von außen ein¬ 
gewanderten Bacterium coli oder der in der Harnröhre normal 
lebenden Bakterien an. Diese Reizungskatarrhe sind recht 
hartnäckig. Manchmal bringt man sie durch Spülungen mit 
Kalium permanganatum- oder Hydrargyrum oxycyanatüm- 
Lösungen zur Heilung. Am schnellsten verschwinden sie aber 
noch ohne jede Behandlung. Eine verhältnismäßig seltene Ur¬ 
sache für die Entstehung einer durch chemische Agentien her¬ 
beigeführten Urethritis bieten unglückselige Verwechselungen 
von Injektionsflüssigkeiten. Verfasser sind Verätzungen durch 
Injektionen mit Alcohol absolutus, Sublimatlösungen, Karbol¬ 
säure und Jodtinktur bekannt geworden. Das Einspritzen von 
Alcohol absolutus in die Harnröhre ist zwar recht schmerzhaft, 
erzeugt aber keine lang andauernden Veränderungen. Jod¬ 
tinktur wurde einmal durch Verwechselung mit Protargollösung 
injiziert und erzeugte sehr starke Verätzungen. Verätzungen 
mit Sublimatlösungen in der Konzentration von 1—2 pCt. wurde 
von Ullmann und Burkhardt beobachtet, von letzterem 
auch eine solche durch 5 proz. Karbolöl. Verecs beschreibt 
drei Fälle von Urethritis traumatica nach Injektionen stark 
ätzender Flüssigkeiten, wobei große nekrotische Schleimhaut¬ 
felzen abgestoßen wurden. W e r 1 e r erwähnt vier Fälle von 
Periurethritis im Gefolge von scharfen Injektionen. 
M. v. Z e i s s 1 zitiert ein Experiment Swediaurs, der durch 
Einspritzung von Ammoniak einen hartnäckigen Ausfluß der 
Harnröhre erzeugte, ln letzter Zeit berichtet Grandjean 
über zwei Fälle, wo sich Frauen zwecks Herbeiführung eines 
Abortus Essig und Essigalkohol irrtümlicherweise in die Harn¬ 
blase einspritzten, was eine Abstoßung der verätzten Mucosa 
zur Folge hatte. In vorliegender Arbeit beschreibt Verfasser 
zwei eigene Beobachtungen solcher Harnröhrenverätzungen, 
deren eine durch Aether sulfuricus, die andere durch Salmiak¬ 
geist entstand. 

Dr. Oskar Ehrniann (Mannheim): Eine neue Verwendung von 
Pyrogallolderivaten (Eugallol) auf Schleimhäuten, besonders 
der männlichen Harnröhre. (Therapeutische Monatshefte, 
Mai 1910.) I 

Verfasser empfiehlt an Stelle der nach ihm nur in reniten¬ 
ten Fällen empfehlenswerten Abtragung chronischer Epithel¬ 
wucherungen der Urethra mit schneidenden oder schabenden 
Instrumenten die medikamentöse Reduktion durch Eugallol. 
Seine praktischen Versuche mit Eugallol zeigten folgende 
höchst frappanten Sonderwirkungen des Mittels auf der 
Schleimhaut: 1. Oberflächliche Anätzung in Form dünnen 
Aetzschorfs mit Weißfärbung der Mucosa (Epithel¬ 
trübung durch Koagulation). 2. Schmerzlosigkeit der 
Verschorfungsfläche resp. kurzes, Bruchteile einer Minute 
dauerndes schmerzhaftes Initialstadium, gefolgt von kompletter 
Lokalunempfindlichkeit der Applikationsstelle von längerer 
Dauer. 3. Mehr im Einklang mit der bekannten Hautwirkung 
stehende, Epithelproliferation reduzierende Wirkungen inten¬ 
siver Art bei starker Anwendung (Eugallol pur.) oder milder 
Art bei schwacher Anwendung (Oelverdünnung mit Ol. Ricini 
zu gleichen Teilen). Die Eugallol-Anästhesie resp.' schmerz¬ 
lose Aetzung tritt am deutlichsten bei der typischen, unverdünn¬ 
ten Eugallol-Starkwirkung in Erscheinung. Es zeigte sich Verf. 
hier und da die pharmakologisch interessante Tatsache, daß 
wässerige Verdünnungen mehr irritative Eigenschaften boten 
auf Schleimhäuten als unverdünnte Substanz, allerdings erst 
nachträglich. Die den neuesten Versuchen des Verfassers zu¬ 
grunde liegende ölige Verdünnung scheint an Reizlosigkeit 
nichts zu wünschen übrig zu lassen und die Oelvermischung ein 
geeignetes Abstufungsmittel der Eugallolwirkung ohne irrita¬ 
tive Nebeneigenschaften zu sein. In dem hochprozentigen 
Eugallol-Oelgemisch haben wir für Schleimhäute eine Modifika- 





482 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 31. 


tion des Eugallols, in der die verscliorfenden Oberflächen- 
wirkungen weniger zur Geltung kommen können — ohne Be¬ 
hinderung der reaktiven Wirkungen — auch aut tieferen Ge- 
websschichten ohne die irritierenden Nebenwirkungen gleich¬ 
artigerer wässeriger Mischungen. Je nach Art und Sitz des 
pathologischen Schleimhautprozesses ist mehr pures oder ölig 
verdünntes Eugallol indiziert. Im allgemeinen ist ersteres mehr 
für rein lokalisierte, letzteres auch für ausgedehntere Anwen¬ 
dung zu empfehlen. Für proliferierende Schleimhautkatarrhe 
stärkeren Grades ist Eugallol (unverdünnt) am Platze. — Die 
Anwendungstechnik für die vordere Harnröhre bestand in 
Pinselungen mit dem Ultzmannsehen Hartgummi-Pinsel¬ 
apparat oder dem Silber-Pinselapparat nach Leistikow, für 
die hintere Harnröhre (neben gelegentlichen Instillationen nach 
Giiyon) in Pinselungen mit dem urethroskopischen Pinsel¬ 
apparat nach Wossidlo unter Beleuchtung (Urethroskop 
Valentine) im Tubus für hintere Harnröhrenbeleuchtung 
nach Wossidlo (Collicuspinselungen). Für die allgemeine 
Praxis genügt der bekannte und billige Hartgummi-Pinsel¬ 
apparat nach Ultzmann (ev.. auch Watteträger, einfache 
Drahtpinsel im Tubus eingeführt u. a.). Kr. 

Dr. Georg Berg (Frankfurt a. M.): Zur Diagnose und Therapie 
der Blasensteine beim Kinde. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 20.) 

Verfasser berichtet über einen Fall, in welchem er bei 
einem 12 jährigen Mädchen einen sehr großen Blasenstein ent¬ 
fernte. Das Kind litt seit einem halben Jahr an Urinbeschwer¬ 
den und entleerte trüben Urin. Der Stein wurde sowohl mittels 
Katheter wie durch ein ganz feines Cystoskop (sogen. Salpingo- 
skop), als auch radiographisch nachgewiesen. Die Entfernung 
geschah mittels Sectio alta. Der Stein lag mit seiner oberen 
Hälfte in einem großen Divertikel der hinteren oberen Blasen¬ 
wand, während er mit dem übrigen Teil in das Blasencavum 
hineinragte, welches er zum größten Teile ausfüllte. Es gelang, 
den Stein ohne Schädigung der Wundränder zu entfernen. Seine 
Dimensionen waren 4,2 :8,2 :2 cm, sein Gewicht 55 g in trocke¬ 
nem Zustand. Der Kern bestand im wesentlichen aus oxal- 
saurem Kalk, der Mantel aus phosphorsaurer Ammoniak- 
Magnesia. Die Blase wurde partiell geschlossen, ein Drain kam 
ins Cavum Retzii, außerdem wurde ein Dauerkatheter(P ezzer) 
eingelegt, durch welchen stündlich Blasenspülungen gemacht 
wurden. Nach einigen Zwischenfällen (u. a. Thrombose im 
linken Bein) trat Heilung ein. — Die Lithotripsie bietet* bei 
Kindern nach Verfasser besondere Schwierigkeiten, um so 
größere, je jünger das Kind und je größer der Stein ist; bei 
adhärentem Stein ist die Sectio alta jedenfalls die Operation 
der Wahl. Die totale Blasennaht ist fast immer ein Risiko und 
kürzt den Heilungsverlauf nur in den seltensten Fällen ab. Der 
Dauerkatheter soll so lange als möglich, jedenfalls aber bis zum 
Schluß der Blasenwunde, beibehalten w-erden. 

Dr. Curt Frankenstein (Cöln): Zur Laparotomie bei Retroflexio 
uteri gravidi fixata. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910. 
No. 22.) 

Verfasser berichtet über einen Fall, in welchem er — es 
handelte sich um eine 23 jährige Frau, die zweimal geboren 
hatte — wegen lucarceration des retroflektierten, im dritten 
Monat graviden Uterus, nachdem Repositionsversuche erfolglos 
verlaufen waren, die Laparotomie machte und den Uterus nach 
Lösung der hinteren Adhäsionen im kleinen Becken in die 
richtige Lage brachte. Der weitere Verlauf war gut, die Frau 
koimte nach 20 Tagen mit erhaltener Schwangerschaft entlassen 
werden. Etw'a vier Wochen später trat jedoch Abort ein, jeden¬ 
falls war dieser nicht durch die Operation bedingt, möglicher- 
w'eise absichtlich von der Frau herbeigeführt. — Nach Verfasser 
ist die Laparotomie indiziert bei allen Fällen von Retroflexio 
gravidi fixata, bei denen eine Reposition mit den gebräuchlichen 
Mitteln unmöglich und die Blase noch nicht soweit in Mitleiden¬ 
schaft gezogen ist, daß septische Zustände nach der Operation 
befürchtet werden müssen. Es ist dabei nach Verfasser gleich¬ 
gültig, ob es schon zu einer wirklichen Incarceration gekommen 
ist oder nicht. Eine Antefixation des Uterus nach der Reposi¬ 
tion hält Verfasser für unnötig, eventuell wäre die Alexan¬ 
der-Adams sehe Operation in der von Wert angegebenen 
Modifikation, d. h. von einem tief angelegten Fascienquerschnitt 
aus, das geeignetste und ungefährlichste Operationsverfahren. 

Dr. Karl Basch (Prag): Lieber experimentelle Milchauslösung 
und über das Verhalten der Milchabsonderung bei den zu- 
sammengewachsenen Schwestern Blazek. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 21.) 

Die experimentellen Untersuchungen des Verfassers über 
Auslösung der Milchabsonderung bei Tieren haben ergeben, 
daß das Wachstum der Brustdrüse durch Reizkörper veranlaßt 
wird, die im befruchteten Ovarium enthalten sind, während die 
Auslösung der Milchabsonderung durch Reizkörper geschieht, 
die aus der ausgestoßenen Placenta gewonnen werden können. 
Es konnte unabhängig von der Schwangerschaft sowohl bei 


Tieren, die geworfen haben, als auch bei jungfräulichen Tieren 
Milchabsonderung erregt werden. In Uebereinstimmung mit 
den Ergebnissen der Tierversuche ist die Erscheinung, daß nach 
der Entbindung der einen der beiden zusammengewachsenen 
Schwestern Blazek auch bei der nicht graviden Schwester Milch¬ 
sekretion auftrat, dahin zu erklären, daß es sich um zwei in 
Parabiose lebende Individuen handelt, bei welchen von der 
Schwangeren her durch die gemeinsame Blutmasse die zur 
Auslösung der Milchabsonderung notwendigen Reizkörper auch 
auf das zweite Individuum mit Erfolg übertragen wurden. 

R. L. 

Dr. W. Engelmaim (Bad Kreuznach): lieber die Aufnahme von 
Radiumemanation durch die Haut. (Berliner klinische 
Wochenschrift, 1910, No. 22.) 

Die Ansichten über die Art imd Weise der Aufnahme von 
Radiumemanation in den Körper sind immer noch geteilt. Die 
sehr verbreitete Anschauung, daß die Emanation durch die 
Lungen und nur durch die Lungen aufgenommen und ausge¬ 
schieden werde, kann nicht befriedigen, wenn man die ein¬ 
deutigen therapeutischen Erfolge nach Bädern, Packungen und 
Umschlägen mit radioaktiven Wässern, sei es natürlichen, sei 
es künstlichen, sieht. Obwohl es feststeht, daß die in den 
Körper aufgenommene Emanation zum weitaus größten Teile 
durch die Lungen ausgeschieden wird, gibt es doch nirgends 
systematische Messungen, welche die Frage entscheiden, ob 
nicht auch nach radioaktiven Bädern die Ausatmungsluft 
emanationshaltig sei, weiterhin, ob Emanation in der Aus¬ 
atmungsluft auch dann noch nachzuweisen ist, wenn Inhalation 
ausgeschlossen war. Damit würde dann auch die Frage be¬ 
antwortet: Wird Emanation durch die Haut aufgenommen? 
Nach theoretischen Erwägungen darf man aimehmen, daß 
Emanation durch die Haut in den Körper eindringe. Emana¬ 
tion wird als ein flüchtiges Gas charakterisiert. Nun werden 
aber sowohl Gase durch die Haut aufgenomen, wie Winter- 
n i t z bei Kohlensäurebädern nachweisen konnte, als auch 
flüchtige Substanzen, wie Schwenkenbecher festgestellt 
hat. Verfasser hat nun in der medizinischen Klinik zu Bonn, 
wo die Radiumemanation auf der Abteilung von Prof. J.Stras- 
burger in ihren verschiedenen Formen (Bäder, Packungen, 
Umschlägen und Trinkkuren) therapeutisch Anwendung findet, 
eine Reihe von Messungen vorgenommen, welche die Frage 
beantworten sollten: Wird die Emanation durch die Haut auf¬ 
genommen? Die Anordnung der Versuche war folgende: Ge¬ 
sunde Versuchspersonen erhielten Emanationsbäder. Vor und 
nach denselben wurde die Ausatmungsluft auf das Vorhanden¬ 
sein von Emanation hin geprüft und gemessen. Dieselben Ver¬ 
suche wurden wiederholt, während die Versuchsperson im zu¬ 
gedeckten Bade sitzend, mittelst eines Ventilschlauches emana¬ 
tionsfreie Luft von außen her einatmete, so daß also eine In- 
halierung der Emanation des Bades und des Baderaumes völlig 
ausgeschlossen war. Die Ergebnisse der Messungen waren kurz 
folgende: Nach Emanationsbädern konnte, wie anzunehmen war, 
in der Ausatmungsluft Emanation mit Sicherheit nachgewiesen 
werden. Die weiteren Messungen, welche die Möglichkeit der 
Inhalierung bei sonst gleicher Versuchsanordnung ausschließen 
sollten, ergaben nun ebenfalls die Tatsache, daß Emanation in 
der Ausatmungsluft sich befand, und zwar stieg der Emanations¬ 
gehalt ganz erheblich, wenn die Bäder stärker radioaktiv ge¬ 
macht wurden. Die Emanation wird also durch die Haut auf¬ 
genommen. Diese Tatsache ist für die Frage der Anwendungs¬ 
weise der Radiumemanation, ob zweckmäßig innerlich oder 
äußerlich, nicht unwichtig. 

Dr. Edmund Saalfeld (Berlin): Hautkrankheiten und moderne 
Kleidung. (Medizinische Klinik, 1910, No. 9.) 

Verfasser hatte Gelegenheit, am Halse von Damen Ekzeme 
zu beobachten, als deren Ursache ausschließlich die in die 
weichen Kragen eingenähten Fischbeinstäbchen anzusehen 
waren. Die Stäbchen haben die Aufgabe, die Kragen eng¬ 
anliegend erscheinen zu lassen und hochzuhalten. Diese Fisch¬ 
beinstäbchen üben bei jeder Bewegung des Halses einen Reiz 
aut die entsprechenden Hautstellen aus, und so ist es erklär¬ 
lich, daß sich bei einer empfindlichen Haut auch eine chro¬ 
nische Entzündung derselben ausbildet. Auch bei Männern 
rufen die hohen, steifen Kragen nicht selten eine Hautreizung 
am Halse hervor, die häufig zu hartnäckiger Furunkelbildung 
führt. Einige Male beobachtete Verf. bei jungen Leuten am 
Halse ein streifenförmiges Chloasma, dessen Ursache ebenfalls 
in zu hohen und zu engen Kragen lag. Aber nicht allein un¬ 
zweckmäßige Kragen sind bei Männern Veranlassung für F’u- 
runkulose, sondern auch die Bartbinde ruft Furunkeln hervor. 
Hier ist es das aus Blech bestehende Schloß der Binde, welches 
der Hinterhauptnackengegend straff anliegt und durch häufigen 
Druck und oft wiederholte Reibung der Haut leichte Epidermis- 
verletzungen verursacht und auf diese Weise den Staphylo¬ 
kokken eine Eingangspforte schafft und so Veranlassung zum 
Auftreten von Furunkeln gibt. Kr. 



No. 31. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


483 


Dr. Max Krüger (Altona): Zur Aetiologie des Lupus vulgaris. 

(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 22.) 

Bekanntlich ■ gelingt es nur selten, im lupösen Gewebe 
mittels der gewöhnlichen Methoden Tuberkelbacillen nach¬ 
zuweisen; findet man solche, so sind sie meist nur in so ge¬ 
ringer Zahl vorhanden, daß sich der Verlauf der Infektion nicht 
recht erklärt. Dagegen ist es schon mehrfach gelungen, mit* 
lupösem Gewebe, das mikroskopisch bacillenfrei erschien, Ver¬ 
suchstiere tuberkulös zu infizieren. Daraus geht hervor, daß 
Tuberkulosevirus in infektiös tüchtigem Zustand im lupösen 
Gewebe vorhanden ist, wemi auch nicht in Form von nach 
Z i e h 1 färbbaren Tuberkelbacillen. Verf. vermutete deshalb, 
daß im Lupus die Muchsche Form des Tuberkelbacillus sich 
finden würde, und untersuchte ein Material von 13 Lupus¬ 
fällen auf das Vorhandensein der genannten Bacillen. Er be¬ 
diente sich dabei der Antiforminmethode. Ein etwa bohnen¬ 
großes Stück lupösen Gewebes wurde mit steriler Schere zer¬ 
kleinert und im sterilen Mörser zu Brei zerdrückt; dieser Brei 
wurde in einer 10 proz. Antiforminlösung 8—24 Stunden im 
Brutofen stehen gelassen. Dann wurde 1—2 Stunden zentri¬ 
fugiert, wobei zu einigen Gläschen 1 / 6 Volumen Alkohol hinzu¬ 
gesetzt wurde. Das Zentrifugat wurde auf sterile Objektträger 
gebracht. Nach dem Trockenwerden Fixieren in der Flamme, 
Färbung. 1. 2 Minuten hindurch in frischer Methylviolettlösung 
(5 ccm alkoholisch gesättigte Methylviolettlösung + 45 ccm 
2 proz. Phenollösung, nochmaliges Filtrieren), unter häufigem 
Aufkochenlassen über der Flamme. 2. Zwei Minuten L u g o 1 - 
sehe Lösung. 3. Eine Minute 5 proz. Salpetersäure. 4. 10 Se¬ 
kunden 3 proz. Salzsäure. 5. Azetonalkohol (ää) bis zur Ent¬ 
färbung. 6. Abspülen mit Wasser. 7. Kurze Gegenfärbung 
(2—5 Sekunden) in 1 proz. Safraninlösung. 8. Abspülen mit 
Wasser. 9. Trockenlassen, Zedernöl. Durch diese Methode, 
konnte Verf. in den 13 Lupusfällen im exzidierten Gewebe stets 
das nach Gram färbbare Tuberkulosevirus nachweisen, wäh¬ 
rend daneben der säurefeste Tuberkelbacillus nur in 3 Fällen 
gefunden wurde. Die gefundenen granulierten Gramstäbchen 
und die gleichzeitig vorhandenen anderen Formen waren der 
Zahl nach so gering, daß sie auch von geübten Untersuchern 
meist erst nach längerem Suchen gefunden wurden. Es fanden 
sich zwischen verschiedenen Fällen deutliche quantitative 
Unterschiede; am zahlreichsten waren die Stäbchen in einigen 
Fällen mit tiefgehenden Veränderungen. — Es handelt sich 
nach den Ergebnissen des Verf. beim Lupus vulgaris um eine 
wahre Tuberkulose, welche hier meist in der von Much ent¬ 
deckten Form auftritt. 

Dr. R. Salus (Prag): Schwarzes Kammerwasser. (Deutsche med. 

Wochenschrift, 1910, No. 20.) 

Bei der Extraktion der kataraktösen Linse einer 39 jährigen 
Frau, welche an Diabetes mellitus litt, entleerte sich nach dem 
Linsenaustritt aus der Wunde eine dünne, schmutzig grau¬ 
schwarz gefärbte Flüssigkeit. Der Heilungsverlauf war glatt, 
trotzdem der Sphincter iridis oben leicht eingerissen, die Regen¬ 
bogenhaut brüchig war. Die Heilung erfolgte mit kreisrunder 
Pupille. Ein Ausstrichpräparat der tintenartigen Kammer¬ 
flüssigkeit zeigte fast nur massenhafte Pigmentkörnchen, stellen¬ 
weise große, gequollene Zellen mit undeutlichen, oft unter¬ 
brochenen Grenzen, spärlich pigmentführend. Die Färbung 
rührt also von Pigment her, welches aus dem brüchigen 
Pigmentepithel der Regenbogenhaut ausgetreten ist. Mit weni¬ 
gen Ausnahmen ist dieses Auftreten von schwärzlichem Kam¬ 
merwasser nur bei Kataraktoperationen an Diabetikern gesehen 
-worden. Verfasser führt ähnliche Beobachtungen aus der 
Literatur an und gibt einige theoretische Erörterungen über die 
Ursache der Erscheinung. R. L. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medie. Central-Zeitung“.) 

Sitzung vom 29. Juni 1910. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Vor der Tagesordnung: 

Herr Leonor Michaelis demonstriert ein wochenaltes Kiml 
mit hereditärer Lues, das vorgestern mit 6 cg des neuen E h r - 
lieh sehen Mittels gespritzt worden ist. Er hofft das Kind, 
welches ein ausgedehntes makulo-squamöses Exanthem an 
Stirn, Wangen, Infiltration und Schuppung an den Extremitäten, 
Koryza und Milzschwellung aufweist und eine stark positive 
W a s s e r m a nn sehe Reaktion ergeben hatte, in 8 Tagen als 
geheilt vors teilen zu können. Schon jetzt, am 3. Tage nach der 
Injektion, ist eine Heilwirkung zu erkennen. 


Herr A. Baginsky berichtet über 2 interessante Fälle aus 
seiner Klinik. Im ersten Falle handelte es sich um eine 
Appendicitis, die von den Krypten der Tonsillen 
ausging und unter den Erscheinungen einer schweren Sepsis 
schon am nächsten Tage nach der Aufnahme zum letalen Ende 
führte. Bei der Sektion zeigten sich die Tonsillen geschwollen; 
als man sie anschnitt, quoll aus hundert Stellen wie aus einem 
Siebe der Eiter hervor. In der Bauchhöhle fand sich die Ap¬ 
pendix verdickt und .geschwollen, von etwas Eiter umgeben. 
Die bakteriologische Untersuchung des Blutes und die der Ap¬ 
pendix ergab Pneumokokken. — Im zweiten Falle handelte es 
sich um ein Kind mit schwersten Erscheinungen einer Tetanie. 
Das Kind zeigte eine Colicystitis und ging ebenfalls unter sep¬ 
tischen Symptomen zugrunde. Als überraschender Befund bei 
der Sektion ergaben sich bronchopneumonische Herde der 
Lunge, die sich aus Soor zusammensetzten. Beide Fälle be¬ 
anspruchen nach B. ein Interesse nach der Richtung der Tuber¬ 
kulosefrage. In den Fällen der ersten Art passiert es nicht 
selten, daß man käsige, viszerale Lymphdrüsen findet. Aus dem 
2. Falle, der zeigt, daß Soor in die Lunge eindringen kann, 
wird man verstehen, daß Tuberkelbacillen auch inhaliert wer¬ 
den können. 

Tagesordnung: 

Antrag: 3 Referenten zu wählen üb er das Thema: 
Die ärztliche Berufstätigkeit in juristischer 
Beleuchtung unter besonderer Berücksichti¬ 
gung der Vorlage des neu zu schaffenden 
Strafgesetzbuches. 

Herr A. Baginsky begründet seinen Antrag unter Hinweis 
auf einen bestimmten Fall auf dem letzten Tuberkulosekongreß. 
Bei der Beratung über die Frage, ob man die Pirquet sehe 
Reaktion beim Kinde ausführen dürfe, wurde von angesehener 
Seite geäußert, daß nur mit Zustimmung des Patienten dieser 
Eingriff vorgenommen werden dürfte. Diese Forderung kann 
irgendwo und wann zu Konflikten mit dem Strafgesetzbuch 
führen und rechtfertigt es, daß die medizinische Gesellschaft 
sich mit dieser Angelegenheit befaßt. 

Diskussion: 

Herr Alexander äußert seine Bedenken sowohl in ma- 
.terieller als auch formaler Richtung gegen den Antrag und 
'bittet ihn abzulehnen. Das Erforderliche sei vom Ausschuß der 
Aerztekammer schon eingeleitet, mit einer Vielheit von An¬ 
trägen könnte der Sache nur geschadet werden. 

Herr Munter bekräftigt die Ausführungen des Vorredners. 

Der Antrag wird abgelehnt. 

Ein neues Verfahren zum direkten Nachweis der freien Säure 
im Magen. 

Herr E. Fuld: Das Verfahren ist ein einfaches, leicht aus¬ 
führbares und direktes. Pat. bekommt ein Probefrühstück, eine 
Stunde darauf einen Schluck Natron ins Wasser. Wenige Augen¬ 
blicke später auskultiert man den Magen an Stelle einer unteren 
Grenze und vernimmt, falls freie Salzsäure vorhanden ist, das 
knisternde Krepitieren der Kohlensäureblasen. Es entsteht 
perkutorisch nachweisbare Tympanie, auf dem Röntgenbilde 
kann man die Gestalt des Magens erkennen. Vor Anstellung 
der Probe überzeuge man sich, daß kein etwa durch Gärungen 
hervorgerufenes Geräusch im Magen bereits besteht. Bei dem 
Versuch, die Methode feinfühliger zu machen, kam F. zur 
Ueberzeugung, daß alle Zusätze das Knacken leiser machen. 
Durch Fraktionierung der einzuführenden Dosis vermag man 
auch die Quantität der vorhandenen Salzsäure einigermaßen ab¬ 
zuschätzen. 

Vortragender empfiehlt seine Methode nicht etwa um den 
Magenschlauch entbehrlich zu machen, sondern wünscht sie 
dort als bequemes Notbehelf angewendet zu sehen, wo der 
Magenschlauch verweigert wird oder nicht angezeigt ist. Die 
Statistik lehrt, daß das Magencarcinom das am häufigsten vor¬ 
kommende von allen Carcinomen ist (bei Männern in 50 pCt., 
bei Frauen in 33 pCt.) und daß jährlich tausende davon zu¬ 
grunde gehen; und wenn man auch das Fehlen der Salzsäure 
nicht pathognomonisch ist für Carcinom, so stellt es doch das 
häufigste Symptom des Magencarcinoms dar; mindestens drei 
Viertel der zur Operation kommenden Fälle weisen es auf. 
Bei der Häufigkeit des Magencarcinoms ist es wohl angezeigt, 
diese Methode zur Vervollständigung der Untersuchung in jedem 
Falle zur Anwendung zu bringen. . 

Diskussion: 

Herr L. Michaelis: Die Methode F u 1 d s ist praktisch recht 
brauchbar, sie stößt aber auf theoretische Schwierigkeiten. Es 
fragt sich, ob nicht auch andere Säuren imstande sind Kohlen¬ 
säure auszutreiben. Alle diejenigen Säuren treiben Kohlen¬ 
säure aus, deren Dissoziationskonstante stärker ist als die der 
Kohlensäure (Essigsäure und Milchsäure). Trotzdem ist die Me¬ 
thode berechtigt, da Essigsäure nur vorkommt, wo Gärung vor¬ 
handen ist, und die Milchsäure, wo schon eine starke Säuerung 
besteht. Das Wesentliche ist, daß die Salzsäure an Stärke alle 
anderen im Magen vorkommenden Säuren so sehr überwiegt, 



484 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 31. 


daß ein schnell aultretendes Blasenknistern nach Natronwasser 
auf Salzsäure zu beziehen sein wird. 

Herr Rosenheim: Die Schwierigkeit der Einführung der 
Sonde möchte er nicht so hoch bewerten, wie Herr F u 1 d. 
Immerhin kommt sie vor und eine Methode die Sondeneinfüh- 
rung überflüssig zu machen, ist daher von Wert. Die Methode 
F u 1 d s ist brauchbar, der klinische Gewinn dürfte aber nur 
ein beschränkter sein. Ein positiver Ausfall mag, wenn exakt 
ausgeführt, das Vorhandensein freier Salzsäure beweisen, aber 
was besagt der negative Ausfall, wie er hei rascher Beförderung 
des Mageninhalts, hei Achylie, und bei Nervösen mit normaler 
Sekretion vorkommt? 

Herr Mosse gibt zu bedenken, ob das eingeführte Natron 
nicht reizt und ein akustisches Phänomen nicht auch dort er¬ 
zeugt, wo keine Salzsäure vorhanden ist. 

Herr UUmann: Mit dem Nachweis von freier Salzsäure sei 
für die Diagnose sehr wenig gewonnen. Ist Salzsäure da, so 
sagt das nichts über die Größe der Störung aus, daher ist für 
die Diagnose nervöser Leiden nichts gewonnen. Für die funk¬ 
tioneile Diagnostik des Magens wird man die Ausheberung des 
Magens nie entbehren können. Es gebe nur wenige Fälle, die 
der Ausheberung nicht zu unterwerfen sind, etwa 15—20 unter 
1000. Die Einführung von Alkali in den Magen ist wegen der 
Reizwirkung nicht ohne Bedenken. 

Herr Senator bemerkt, daß es nicht gleichgültig sei, ob 
man die Patienten nach einem Probefrühstück oder nach irgend¬ 
einer Mahlzeit mit der F u 1 d sehen Methode untersucht. Wenn 
der Patient eine Mahlzeit genommen hat, die an sich schon 
Milchsäure enthält oder Käse und Milch, so gibt das schon eine 
reiche Kohlensäureentwicklung. 

Herr Fühl (Schlußwort) betont, daß er die Anwendung des 
Magenschlauches durchaus nicht einschränken wolle. Die Me¬ 
thode soll im wesentlichen angeweudet werden um nachzusehen, 
oh Salzsäure vorhanden ist oder nicht, sei es, daß der Magen¬ 
schlauch anwendbar ist oder nicht. Man vermeidet die Ver¬ 
wechslung mit einer Gärung dadurch, daß wir kein gärungs¬ 
fähiges Material als Probefrühstück verabfolgen. Untersuchen 
wir einen Patienten, ohne daß er vorher ein Probefrühstück 
bekommen, so können wir uns ja vor Anstellung der Probe 
überzeugen, ob eine Gärung vorhanden ist. (Schluß folgt.) 1 

Britzmann. 


Freie Vereinigung für Mikrobiologie. 

4. Tagung vom 19.—21. Mai 1910 im Kgl. Institut für Infektions¬ 
krankheiten in Berlin. 

(Fortsetzung und Schluß.) 

2. Tag. 

Vorsitzende: Herren Pfeiffer, Kraus. 

Vor der Tagesordnung: Herren Friedberger (Berlin), 
Kraus (Wien): Nacht ragzurDiskussionüber Ana¬ 
phylaxie. 

Herr Hartmann (Berlin): Referat über Chlamydozoen. 

Name und Begriff stammt von Prowazek und betrifft die 
filtrierbaren Erreger von Variola, Trachom, Molluscum conta¬ 
giosum und Geflügelpocken. Die ursprünglich als Parasiten 
angesehenen Guarnieri sehen, N e g r i sehen pp. Körper 
sind Reaktionsprodukte der Zellen und bestehen aus Nukleolar- 
und Chromatinsubstanzen. Durch die von Prowazek und 
Halberstädter ausgeführte Uebertragung des Trachoms 
auf Affen konnte eine gewisse Entwicklung der Chlamydozoen 
festgestellt werden. (Initialkörperchen, Elementarkörperchen.) 
Bei Variola und Molluscum contagiosum scheint die Spezifizität 
sicher, bei Trachom ungewiß. Die Auffassung der Chlamy¬ 
dozoen als spezifischer Krankheitserreger sieht Hartmann 
als Hypothese an, die fruchtbar sein kann. 

Herr Flemming (Berlin): Referat über Chlamydozoen. 

Uebersicht über die Anschauungen der Autoren in der 
Chlamydozoenfrage. Aus klinischen Gründen hält F 1 e m m i n g 
die Trachomübertragung noch nicht für sichergestellt. Die ätio¬ 
logische Bedeutung der Chlamydozoen scheint ihm zweifelhaft, 
jedenfalls sei ein abschließendes Urteil nicht zu fällen. 

Herren Schuberg und Schubotz (Groß-Lichterfelde): Zur 
Frage der Geflügelpocken. 

Molluscum contagiosum und Geflügeldiphtherie sind iden¬ 
tisch. Die „Pockenkörperchen“ halten Vortragende, weil sie 
im ungefärbten Präparat fehlen und wegen ihres Verhaltens 
Säuren, Alkalien und Aceton gegenüber, für Produkte der Prä¬ 
paration. 

Diskussion über Chlamydozoen: 

Herren Heymann (Breslau), Czaplewski (Cöln), 
Lipschütz (Wien), Jacobsthal (Hamburg), Uhlen- 
huth (Groß-Lichterfelde), Neufeld (Groß-Lichterfelde), 
Czaplewski (Cöln), Sticker (Berlin), Hey mann 
(Breslau), Schubotz (Groß-Lichterfelde). 

Herren Hartmann (Berlin), Flemming (Berlin): Schlußwort. 


Herr Kraus (Wien): Ueber Poliomyelitis. 

An jungen Kaninchen konnten durch Impfen mit mensch¬ 
lichem Virus eigentümliche nervöse Störungen erzeugt werden, 
die wahrscheinlich Poliomyelitis sind. Sicherheit besteht aller¬ 
dings nicht. Rückimpfung von solchen Kaninchen auf Affen ge¬ 
lang nicht. Kraus hält aktive Immunisierung mit karbolisier- 
tem, filtriertem, fein suspendiertem und verdünntem Affenvirus 
für eine praktische ausnützbare Schutzimpfung beim Menschen. 

Herren Lentz und Huntemüller (Berlin): Ueber Polio¬ 
myelitis. 

Bei Kaninchen, die höchstens 600 g schwer sein dürfen, 
gelang die positive Uebertragung der Poliomyelitis mit Er¬ 
zeugung von mäßigen pathologisch-anatomischen Verände¬ 
rungen im Rückenmark durch intravenöse Injektion. Auch die 
Rückimpfung auf Affen gelang. Es hat den Anschein, als wenn 
durch Konservierung in Glyzerin auf die Dauer die Infektiosi¬ 
tät des Virus leidet. 

Diskussion: 

Herren Römer (Marburg), Landsteiner (Wien), 
Neisser (Frankfurt), Meinicke (Hagen), Kraus (Wien), 
Selter (Bonn), Lentz (Berlin), Landsteiner (Wien), 
Römer (Marburg), Krause (Bonn), Huntemüller 
(Berlin), Neisser (Frankfurt), Meinicke (Hagen). 

Herr Wechselmann (Berlin): Chemotherapie bei Syphilis. 

Mitteilungen über Erfolge in der Syphilistherapie mit dem 
Ehrlichschen Arsenpräparat „606“ (Dioxy-diamido-arseno- 
benzol). Bei 300 Fällen keine schädliche Wirkung, keine 
Neuritis optica. Einmalige intramuskuläre Injektion von 0,3 bis 
0,4 ccm erzielt überraschendes, sehr rasches Schwinden lueti¬ 
scher Symptome. Die Wassermann sehe Reaktion schwindet 
bei der Behandlung bis jetzt nicht. W. glaubt, daß das Mittel 
„606“, falls es sich um Dauererfolge handelt, von souveräner 
Bedeutung sein wird. (Krankenvorstellung.) 

Diskussion: 

Herren Uhlen huth (Groß-Lichterfelde), Hoff mann 
(Bonn), Tomaczewski (Berlin), Ehrlich (Frankfurt), 
Wechsel mann (Berlin), Wassermann (Berlin), H o f f- 
m a n n (Bomi), Ehrlich (Frankfurt), Schereschewski 
(Göttingen). 

Herr Josef Koch (Berlin): Studien zur Aetiologie der 
Tollwut. 

Im Ammonshorn, dem Nuclöus caudatus und andern Teilen 
des Gehirns fand K. bei zwei an Lyssa gestorbenen Kindern, 
11 Kühen sowie bei experimentell mit Lyssa infizierten Hunden 
eigentümliche kokkenähnliche Gebilde. Die in normalen und 
pathologischen Hirnen mit der K r o g h sehen Färbung nach¬ 
weisbaren Gebilde sind zwar ähnlich, aber doch zu unter¬ 
scheiden. IC hält die Gebilde nicht für Degenerationsprodukte, 
läßt aber ihre Deutung offen. (Demonstration.) 

Herren Trautmann und Dale (Hamburg): Beitrag zum 
Formenkreis des Diphthcriebacillns. 

Bei 21 Fällen von Diphtherie fanden T r. und D. eine eigen¬ 
tümliche gigantische Form des Diphtheriebacillus, die nach 
mehrfachen Umzüchtungen in die gewöhnliche Form überging. 
(Demonstration.) 

Diskussion: Herr Löffler (Greifswald). 

Herr Lipschütz (Wien): Ueber einen mikroskopischen Be¬ 
fund bei Pemphigus vulgaris. 

L. fand im sterilen Blaseninhalt bei Pemphigus vulgäris 
extrazellulär liegende, sich hantelförmig abschnürende, nach 
Giemsa und Heidenhain färbbare Gebilde, die er Cysto- 
plasmen nennt. Die Bedeutung dieser Befunde ist noch un¬ 
sicher. 

Herr Conradi (Neunkirchen): Chemotherapeutische Ver¬ 
suche .bei Typhus. 

Werden Kaninchen mit 1 Oese Typhusbacillen pro Kilo¬ 
gramm infiziert, so tritt eine Ueberschwemmung des Körpers 
mit Typhusbacillen ein, die 14 Tage andauert. Nach dieser Zeit 
finden sich Typhusbacillen nur noch in der Gallenblase. Durch 
rektale Einführung eines Gemenges von 0,5 Chloroform, in 
Milch und Rahm verrührt, an 5 aufeinanderfolgenden Tagen, 
sind die Typhusbacillen auch aus der Gallenblase verschwun¬ 
den. Versuche am Menschen, durch 6 X 0,5 g Chloroform pro 
die in Geloduratkapseln Typhusbacillenträger von ihren 
Typhusbacillen zu befreien, sind im Gange, aber noch nicht ab¬ 
geschlossen. 

Diskussion: 

Herren v. Drigalski (Halle), Jakobsthal (Ham¬ 
burg), Kraus (Wien), Jos. Koch (Berlin), Finkler 
(Bonn), Pribram (Wien), Conradi (Neunkirchen), v. D r i- 
galski (Halle). 

Herren Schuberg und Kuhn (Groß-Lichterfelde): Ein¬ 
heimische Stechfliegen als Krankheitsüberträger. 

Durch Versuche konnte nachgewiesen werden, daß auch 
einheimische Stechfliegen, besonders die Stomoxys, Hühner- 
spirochätose, Dourine, Geflügelpocken und Schlafkrankheit 
übertragen können. 



No. 31. 


THERAPKUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


485 


Diskussion: 

Herren Uhlenhuth (Groß-Lichterfelde), Bongert 
(Berlin). : 

Herren Kraus, Ranzi und Ehrlich (Wien): Experimentelles 
über Tumoren. 

Demonstration von Rattensarkomen (Impfung am Rücken). 

Herren Uhlenhuth, Haendel und Steffenhagen (Groß- 
Lichterfelde): Ueher Rattensarkom. 

Wurde bei Ratten der primäre Tumor operativ entfernt, so 
blieb eine Reinfektion erfolglos, wenn die Entfernung so radikal 
war, daß an der Stelle des primären Tumors kein Rezdiv auf¬ 
trat. Kam ein Rezidiv, so ging die Reinfektion an. 

Diskussion zu den zwei letzten Vorträgen: 

Herren Sticker (Berlin), Haendel (Groß-Lichterfelde), 
Uhlenhuth (Groß-Lichterfelde), Küster (Freiburg). 

Herr Sobernheim (Berlin): Das agglutinatorische Verhalten 
der Enteritisbakterien. 

Mit sicher echten Gärtnerstämmen hergestellte Sera agglu- 
tinieren nur den homologen und noch einen andern Stamm, 
andere ließen sie unbeeinflußt. Neu gewonnene Stämme liefer¬ 
ten andererseits ein Serum, das die alten echten Gärtnerstämme 
unbeeinflußt ließ. S. nimmt an, daß sich die Differenzen mit 
der Zeit ausgleichen werden. Auch bei Paratyphusstämmen 
kommen solche Unregelmäßigkeiten vor, die aber ohne prak¬ 
tische Folgen sind. 

Herren Zwick und Weichsel (Groß-Lichterfelde): Ueber 
den Bakteriengehalt des Fleisches gesunder Schlachttiere. 

Mitteilungen über Massenuntersuchung von Schlachtfleisch 
nach verschiedenen bakteriologischen Methoden. 

Diskussion über die beiden letzten Vorträge: 

Herren Seligmann (Berlin), Selter (Bonn), Fischer 
(Kiel), Kuhn und Riin p au (Groß-Lichterfelde), Lentz 
(Berlin), v. Drigalski (Halle), Conradi (Neunkirchen), 
Uhlenhuth (Groß-Lichterfelde), Tie de (Cöln), Lentz 
(Berlin), Uhlenhuth (Groß-Lichterfelde), Conradi (Neun¬ 
kirchen), Sobernheim (Berlin). 

3. Tag. 

(Im Kaiserlichen Gesundheitsamt Groß-Lichterfelde.) 
Vorsitzende: Herren Uhlenhuth, Fischer, Gärtner. 

Herren Kraus und Volk (Wien): Ueber Tuberkulose. 

Es gelang bei Affen eine tuberkulöse Hautentzündung zu 
erzeugen. Nach deren Abheilung war keine Immunität gegen 
eine Reinfektion vorhanden. 

Tuberkulöse Meerschweinchen geben bei Injektion von 
Tuberkulin eine spezifische Reaktion. Eine gleiche Reaktion 
erhält man bei Behandlung mit kleinen Mengen von Tuberkel¬ 
bacillen des Typus humanus und bovinus, gleichgültig ob die 
Tiere vorher mit Bacillen des Typus humanus oder bovinus in¬ 
fiziert waren. Die mit Bacillen vom Typus gallinarum infizier¬ 
ten Tiere gaben dagegen nur Reaktionen mit Hühnertuberkel¬ 
bacillen. 

Aus den tuberkulösen Organen ließ sich ein Gift gewinnen. 

Herr Römer (Marburg): Die tuberkulöse Reinfektion. 

Es gelang durch subkutane Ifnpfung mit lebenden Tuberkel¬ 
bacillen Tiere (Meerschweinchen und Schafe) gegen eine 
spätere intravenöse Reinfektion mit lebenden Bacillen des 
Typus bovinus zu schützen, während gesunde Kontrolltiere der 
Impfung erlagen. Die von den Immuntieren geworfenen 
Lämmer zeigten keine Immunität, aber auch keine gesteigerte 
Empfänglichkeit. Eine Infektion mit menschlichen oder Perl¬ 
suchtbacillen gibt Immunität gegen diese beiden Typen, nicht 
aber gegen den Typus gallinarum. 

Herr Ungermann (Groß-Lichterfelde): Ueber Tuberkulose- 
opsonine. 

Die normalen Opsonine des Menschen- und Rinderkörpers 
geben gegenüber den Tuberkelbacillen des Typus humanus 
und bovinus keine Differenz. Bei Immunisierungen von Tieren 
stieg der opsonische Titer. Mit dem gewonnenen Serum ließ 
sich aber auf diese Weise keine Differenz der Bacillen des 
Typus humanus und bovinus feststellen. 

Herr Titze (Groß-Lichterfelde): Zur Epidemiologie der 
Rindertuberkulose. 

Tuberkelbacillen werden nur von Rindern mit offener 
Tuberkulose im Kot ausgeschieden. Durch diesen Kot kommt 
dann eine Weiterinfektion zustande. Diese Tiere müssen daher 
ausgemerzt werden. Der Nachweis der offenen Tuberkulose 
ist sehr schwierig zu führen. Tiere, die auf Tuberkulinimpfung 
reagieren, müssen abgesondert und mit Tuberkulin weiter be¬ 
handelt werden. 

Herr Zwick (Groß-Lichterfelde): Ueber die Beziehungen 
zwischen Säugetier- und Hühnertuberkulosc, insbesondere über 
das Vorkommen von Hiihnertuberkulosebacillen bei Pferden. 

Die aus Pferden gezüchteten Tuberkelbacillen zeigten 
meist den Typus gallinarum. Doch kamen auch Bacillen vom 
Typus humanus und bovinus vor. Es gelang nicht sicher, 
Bacillen vom Typus bovinus in den Typus gallinarum umzu¬ 
züchten. 


Diskussion: 

Herren Reichenbach, Sobernheim, ßongert, 
Kraus, Römer, Sticker,' Pfeiffer, Löffler, 
Petruschky, Uhlenhuth, Hahn. 

Herren Haendel und Böing (Groß-Lichterfelde): Demon¬ 
stration von Blutpräparaten. 

Herr Schellak (Groß-Lichterfelde): Demonstration von 
Spirochäten. 

Herr Reichenow (Groß-Lichterfelde): Demonstration von 
Hämogregarinen der Schildkröte. 

Herr Selter (Bonn): Das Dysenterietoxin. 

Das Dysenterietoxin enthält mehrere Komponenten, eine 
ist für Kaninchen toxisch, nicht aber für Meerschweinchen. Aber 
auch für Meerschweinchen finden sich in den Bacillen tötliche 
Gifte. (Zeitschrift für Immunitätsforschung, Bd. V, H. 4.) 

D i s k u ss i o n: 

Herren Kraus, K o 11 e, Pfeiffer, Hahn, Selter. 

Herren Uhlenhuth und Mulzer (Groß-Lichterfelde): Zur 
experimentellen Kaninchensyphilis. 

Es gelang Infektion durch subkutane Impfung am Kanin¬ 
chenhoden, sowie durch intravenöse Injektion von infektiösem 
Material. Bei einem Affen ließ sich durch intravenöse Impfung 
von syphilitischem Kaninchenhoden ein papulöses Syphilid er¬ 
zeugen. Heilversuche mit Atoxyl und atoxylsaurem Queck¬ 
silber gaben gute Erfolge. 

Diskussion: 

Herren Schereschewski, Tomaczewski, 
Holle, Uhlenhuth, Mulzer, Hoff mann. 

Herren Finkler und Selter (Bonn): Von Papageien auf den 
Menschen übertragbare Erkrankungen (Psittakosis). 

Eine Reihe zum Teil tötlich verlaufener Erkrankungen an 
Pneumonie in der Nähe von Bonn ließen ihren Ausgang auf ein 
Zimmer zurückführen, in dem Papageien gehalten wurden und 
das die Erkrankten auf kurze Zeit betreten hatten. Es ließen 
sich aus zwei Sittichen und aus verschiedenen menschlichen 
Leichen Streptokokken züchten, die der Vortragende für- 
identisch hielt. Eine Kontagiosität der Krankheit war auszu¬ 
schließen. 

Diskussion: 

Herren Finkler, Czaplewski, Lentz, Selter. 

Herren Mayer und Waldmann (München): Untersuchungen 
über Genickstarre, speziell über Keimträger. 

Es läßt sich ein merkwürdig gleichmäßiges Steigen und 
Fallen der Genickstarreerkrankungen bei den verschiedenen 
Armeen, wie der bayerischen, preußischen, französischen etc., 
feststellen, der Gipfel und der tiefste Stand dieser Kurven 
fallen ungefähr zusammen. 

Die Zahl der Bacillenträger bei den Truppenteilen ist ziem¬ 
lich gleich, mag der Truppenteil von der Erkrankung ergriffen 
sein oder nicht. Die höchste Prozentzahl fand sich bei einem 
Truppenteil, bei dem gar keine Fälle vorkamen. Sonst fanden 
sich Kokkenträger in etwa 1—2 pCt. der Fälle. 

Diskussion: 

Herren Trautmann, Jäger, Scheller, Mayer. 

XIX. Versammlung der Deutschen Otologischen 
Gesellschaft. 

(Schluß.) 

Herr Winckler (Bremen): Sind die bei Totalaufmeiße¬ 
lungen oder Antrotomien gesetzteil Defekte der Schädelhöhle 
als irrelevant zu bezeichnen? 

Diskussion: Herr B r i e g e r. 

Herr Winckler (Bremen): Modifikation des Schnittes für 
die Trepanation der Fossa eanina. 

Herr Ruttin: Zur Pathologie der Taubstummheit. 

R. zeigt Präparate der Labyrinthe eines albinotischen 
tauben Hundes. In den Schnecken fehlen die C o r t i sehen 
Organe. Der Aquaeductus cochleae ist mit Bindegewebe aus¬ 
gefüllt, das wahrscheinlich als Rest des embryonalen Binde¬ 
gewebes aufzufassen ist. Der Vestibularapparat ist normal. 
Dieser Befund hat prinzipielle Bedeutung da der Hund vorher 
funktionell geprüft worden ist. Wenn der Vestibularapparat 
trotz des Verschlusses des Aquaeductus cochleae normal sein 
kann, so beweist dies, daß die Perilymphe nicht das für den 
Vestibularapparat funktionell wichtige Medium sein kann. 
Nach der Helmholtzsehen Theorie ist für die Funktion der 
Schnecke eine Ausweichungsmöglichkeit der Labyrinthflüssig¬ 
keit nötig. Dies ist aber nur für die Perilymphe der Fall, da¬ 
gegen ist die Endolymphe vollständig abgeschlossen, um s6 
mehr, wenn wir die Ansicht Schönemanns akzeptieren, 
daß der Ductus reuniens normalerweise geschlossen ist. Es 
würde also für die Schnecke das funktionell wichtige Element 
die Perilymphe sein, für den Vestibularapparat die Endo¬ 
lymphe. Dies erklärt eine pathologisch wichtige Tatsache. Bei 
der serösen Labyrinthitis ist immer zunächst die Funktion der 
Schnecke geschädigt; es gibt nun weiter Fälle von seröser Laby¬ 
rinthitis mit totalem Verlust der Funktion des Vestibularappa- 



486 


THERAPEUTISCHE 


rates, aber keine Fälle von Verlust der Funktion des Vesti- 
bularapparates bei erhaltener Funktion der Schnecke. Wir 
haben das früher mit einer größeren Läsibilität der Schnecke 
erklärt. Nach meinen Ausführungen aber ist dies einfach me¬ 
chanisch zu erklären. Jede Labyrinthentzündung ergreift ja zu¬ 
erst den der primären Mittelohreiterung zunächst liegenden 
perilymphatischen Raum, daher ist stets zunächst das funktionell 
wichtige Medium der Schnecke geschädigt und erst bei weiter¬ 
greifender Entzündung auch die Endolymphe, das funktionell 
wichtige Element des Vestibulums. Besteht daher bei einer 
serösen Labyrinthitis Taubheit bei erhaltener Funktion des 
Vestibularapparates, so handelt es sich um eine seröse Peri¬ 
labyrinthitis, ist bei einer serösen Labyrinthitis die Funktion 
der Schnecke und des Vestibularapparates ausgefallen, so han¬ 
delt es sich um eine seröse Endolabyrinthitis, die selbstver¬ 
ständlich eine seröse Perilabyrinthitis vorausetzt. 

Herr Hugo Stern (Wien): Fortschritte in der Ausbildung 
und Fortbildung der Taubstummen. 

■ Schon im vorschulpflichtigen Alter muß man systematische 
Stimmübungen vornehmen, wozu adäquate Vorbilder (gleich¬ 
altrige hörende Kinder) heranzuziehen sind. Große Beachtung 
ist der Kehlkopfstellung und Kehlkopfbewegung zuzuwenden, 
ferner der Verbesserung der Vibrationsempfindlichkeit und 
einer richtigen Atemtechnik. Im allgemeinen bewährt es sich, 
beim Artikulationsunterricht nicht vom einzelnen Laut, sondern 
von Silben auszugehen. Vortr. verweist weiter auf die Wichtig¬ 
keit der Vornahme der Hörübungen (U r b a n t s c h i t s c h) in 
geeigneten Fällen, auf die phonetische Schrift Gutzmanns, 
auf das Häufigkeitswörterbuch K ä d i n g s und Koliraks 
mimische Schrift — alles Hilfsmittel für ein rascheres und 
sichereres Absehenlernen. Das größte Gewicht ist auf eine 
weitere Fortbildung der Taubstummen in stimmlicher und 
sprachlicher Hinsicht zu legen, um eine reine und modulations¬ 
fähige Sprache zu erzielen. 

Diskussion: 

Herren P a s s o w, E. Urbantschitsch, Kümmel. 

Herr Kretschinann (Magdeburg) spricht über drei Fälle 
von Osteomen. 

Das erste hatte seien Sitz aii der medialen Wajid der 
rechten Orbita bei einem 16 jährigen jungen Manne. Wegen 
Tränenträufeln wurde ärztliche Hilfe gesucht; weiter keine 
Klagen. Freilegen der medialen Orbitalwand, Abmeißeln des 
Tumors, der in der Tiefendimension 4 cm, in der Höhe 3 cm, 
in der Dicke 2 cm betrug. Glatte Heilung. Die Knochen¬ 
geschwulst zeigt den Bau der Elfenbeingeschwülste. Sie gehört 
zu den gutartigen. 

Fall 2. Rechts Exostose bei einem 20 jährigen jungen 
Mädchen, das auf dem gleichseitigen Ohre eine chronische 
Mittelohreiterung hatte. Der Tumor ist halbkugelig, mißt in 
Basis und Höhe 2% cm und sitzt fest auf. Er befindet sich auf 
dem Nahtzwickel, der durch das Zusammentreffen von Scheitel-, 
Schläfen- und Hinterhauptboden gebildet wird. Er stammt 
wahrscheinlich aus dem Schädelknochen und hat die Struktur 
der Elfenbeingeschwülste. 

Fall 3. Rechts harter Tumor bei einem 19 jährigen ohr¬ 
gesunden jungen Mädchen hinter der Wurzel des Warzenfort¬ 
satzes. Bei der Ausschälung läßt sich das Periost von der 
Geschwulst nicht ablösen, weil es fest mit ihr verwachsen ist. 
Der Tumor selbst ist breit gestielt. Mit Abtragung eines Stückes 
der Tabula externa wird er in toto entfernt. Aul dem Durch¬ 
schnitt zeigen sich in ein Bindegewebslager eingebettet eine 
große Anzahl Stecknadelkopf- bis reiskorngroßer, harter, regel¬ 
mäßiger, glatter Körper, die an das Aussehen von Zähnen er¬ 
innern. Mittels mikroskopischer Schnitte erweisen sich diese 
harten Körperchen als gesonderte Knochengeschwülstchen von 
sehr regelmäßiger lamellöser Schichtung. In einzelnen dieser 
Osteomchen finden sich Gefäße, die zwischen die Lamellen 
dringen und nicht wie beim Haversi scher Typus von be¬ 
sonderen Lamellen umgeben sind. Auch Andeutungen von 
Markhöhlen finden sich in einzelnen Gebilden. Eingelagert 
sind die Osteome in ein Stroma von bindegewebiger Struktur. 
Zwischen den Lamellen kann man bei starker Vergrößerung 
Fasern verlaufen sehen, die als S h a r p e y sehe angesprochen 
werden müssen. Es handelt sich in dem vorliegenden Tumor 
um eine Kolonie von kleinen Osteomen, deren Abstammung 
von dem Periost wohl mit Sicherheit anzunehmen ist. 

Herr Claus (Berlin): Zur Diagnostik der Kleinhirnbrücken¬ 
winkeltumoren. 

C. berichtet über zwei Fälle von Kleinhirnbrückenwinkel¬ 
tumor, die selbst in vorgeschrittenem Stadium noch gutes Ge¬ 
hörvermögen besaßen. Dagegen war bei beiden der Vestibular- 
apparat in keiner Weise zu erregen. Der eine Fall kam zum 
Exitus während der Beobachtungszeit und die Autopsie ergab, 
daß der Acusticus nur gedehnt oder im inneren Gehörgang 
komprimiert worden ist durch ein vom Tentorium cerebelli aus¬ 
gehendes Sarcoma psammosum endotheliale. Es ergibt sich 
daraus die Forderung, bei Verdacht eines Tumors der hinteren 
Schädelgrube stets nicht nur den Ivochlearis, sondern auch den 
Vestibularis einer genauen Prüfung zu unterziehen. 


RUNDSCHAU 1910. No. 31. 


Herr Wanner (München): Die Neuregelung der Taub¬ 
stummenstatistik im Königreich Bayern. 

Diskussion: Herr Passow. 

Herr Ernst Urbantschitsch (Wien): Ueber den Einfluß der 
Kopfstellung auf die im Ohr befindlichen Sekrete. 

E. Urbantschitsch fand durch experimentelle Unter¬ 
suchungen und zahlreiche Beobachtungen an Patienten folgende 
praktisch wichtige Tatsachen: 1. die mitunter benützten „Ohr¬ 
mandeln“ können nur dann auf weiter nach innen gelegene 
Teile des Gehörorgans eine Wirkung entfalten, wenn der Pat. 
mindestens 45 Minuten konstant auf dem gesunden Ohr liegt. 
— 2. Gelatineohrmandeln mit 12 pCt. Gelatinegehalt können 
keine medikamentöse Wirkung ausüben. — 3. Freie Flüssig¬ 
keit (wie Eiter etc.) sammelt sich in den Warzenzellen leichter 
an, wenn der Patient auf gesundem, als wenn er auf krankem 
Ohr liegt. — 4. Bei einseitigem Ohrenschmalzpfropf läßt sich, 
wemi keine Reinigungsversuche vorausgegangen sind, der 
sichere Schluß ziehen, daß der betreffende Patient nachts auf 
zerumenfreien Ohr zu liegen pflegt. — 5. Bei beiderseitigem 
Ohrenschmalzpfropf pflegen die Patienten abwechselnd rechts 
und links zu schlafen, welliger häufig auf dem Rücken. — 6. In 
manchen Fällen von akut eitrigen Mittelohrentzündungen läßt 
sich durch konstant eingenommene, dem kranken Ohr ent¬ 
sprechende Seitenlage des Kopfes zuweilen der Entzündungs¬ 
prozeß auffallend gut beeinflussen. — 7. Eine Reihe von anam¬ 
nestischen Angaben, wie gesteigerter oder verminderter Aus¬ 
fluß während der Nacht und dergl., hängt mit der Lage des 
Patienten während des Schlafes zusammen. 

Herr Brünings (Jena): Demonstration von steno-röntgeno- 
graphischcn Schnellaufnahmen des Felsenbeins am Lebenden. 

Herr Schoenemann (Bern): Ueber den Einfluß nach¬ 
giebiger Trommelfallnarben auf die durch chronische katarrha¬ 
lische Prozesse bedingte Mittelohrschwerhörigkeit. 

Diskussion: Herr Krebs. 

Herr Bäräny berichtet über seine Untersuchungen, welche 
die Beziehungen zwischen Vestibularapparat und Kleinhirn be¬ 
treffen. Die bei Erkrankung des Vestibularapparats auftretende 
Ataxie unterscheidet sich auf den ersten Blick nicht von der 
Ataxie der Kleinhirnkranken. Erst genauere Untersuchung er¬ 
gibt, daß bei der Ataxie der Vestibularkranken bestimmte Be¬ 
ziehungen zum Nystagmus und zur Kopfstellung bestehen, die 
bei Kleinhirnerkrankungen fehlen. Auf Grund dieser Tatsachen, 
sowie auf Grund physiologischer und hirnanatomischer Ueber- 
legungen verlegt Bäräny die Entstehung der vestibulären 
Reaktionsbewegungen des Kopfes in den Deiters sehen Kern, 
der Reaktionsbewegungen des Körpers in die Kleinhirnrinde. 
Bäräny weist nach, daß diese Annahme in vortrefflicher 
Weise durch die Anatomie und Histologie des Kleinhirns resp. 
durch bereits bekannte Verbindungen des Nervus vestibularis 
mit dem Kleinhirn gestützt wird. Es wird künftig nötig sein, 
in jedem Falle von Verdacht auf Kleinhirnerkrankung eine 
genaue Prüfung des Vestibularapparats nach den von Bäräny 
eingeführten Methoden vorzunehmen, da, wie B. gefunden hat, 
sich bereits in den Anfangsstadien der Kleinhirnerkrankung 
Störungen in dem außerordentlich komplizierten Mechanismus 
der im Kleinhirn zustandekommenden vestibulären Reaktions¬ 
bewegungen ergeben. 

Herr Ruttin berichtet über Elephantiasis des Ohres, die 
durch Mißhandlung, „Ausdrehen des Ohres“, entstanden war. 
Die Ohrmuschel und der Gehörgang sind stark verdickt, der 
Gehörgang kollabiert. Durch eine von R. angegebene Plastik 
wurde der Kollaps des Gehörgangs beseitigt, die Verunstaltung 
zum Teil gehoben. Die Aetiologie des Falles ist offenbar so zu 
erklären, daß durch das Trauma alle zu den das Ohr umgeben¬ 
den Lymphdrüsen gehenden Bahnen auf einmal abgeschnitten 
wurden. 

Herr 0. Voss (Frankfurt a. M.): Demonstration eines ein¬ 
fachen und koinpendiösen Wasserstrahlgebläses. 

V. demonstriert ein Wasserstrahlgebläse, das im wesent¬ 
lichen aus einer Glashohlkugel mit einem Wasser- und Luft¬ 
zuführungsrohr sowie einem Wasserablaufs- und Luftaustritts¬ 
rohr besteht. Es kann ohne weiteres mit jedem Wasserhahn 
in Verbindung gesetzt und in Betrieb genommen werden. Wegen 
seiner einfachen und kompendiösen Form sowie wegen seines 
billigen Preises (8 bezw. 12 M.) erscheint das Gebläse berufen, 
alle bisher für Zwecke der Katheterisation in Gebrauch befind¬ 
lichen Apparate zu ersetzen. Zu beziehen durch Dr. Bach¬ 
feld & Cie., Frankfurt a. M., Kaiserstr. 33. 


III. Therapeutische Notizen. 

Ueber Zinkperhydrol bei der Behandlung von Ulcus molle 
berichtet Dr. Müllern - Aspegren (Stockholm) [Dermatolog. 
Centralbl., 1910, No. 7]. Auf der Stiche nach einem vollkommen 
geruchlosen, jedoch wirkungsvollen Streupulver für die Trocken¬ 
behandlung nicht mit Bubo oder schwerer Lymphangitis kom¬ 
plizierter Geschwüre hat Verfasser das Zinkperhydrol (Zink- 




No. 3!. 


487 


THERAPEUTISCHE 

Superoxyd Merck angewandt und die Resultate mit denen 
>ei Anwendmig an d erer gebräuchlicher Pulver verglichen. Die 
Benandlungsweisa ist folgende: Unmittelbar nach gründlicher 
Aetzung mit Zinc. chlorat. wird das betreffende Pulver dick auf- 
gestreut und darüber Watte, und wenn nötig eine Binde, auf¬ 
gelegt. 2—3 mal täglich reinigt der Patient das Geschwür mit 
antiseptischer Lösung und verbindet wieder mit Pulver. Er¬ 
weist sich das Geschwür bei der ärztlichen Kontrolle neuerdings 
virulent, so wird wieder geätzt. Die Reinigungszeit, innerhalb 
der das virulente Geschwür avirulent wurde, betrug bei Zink- 
perhydrolanwendung durchschnittlich 5 bezw. 4,3 Tage, bei 
Europhen 5,86, bei Calomel 5,14, Jodoformogen 6,82 Tage. Nur 
einmalige Aetzung erforderten von den mit Zinkperhydrol be¬ 
handelten Fällen 89,2 pCt., gegenüber 70,25 pCt. der mit 
Europhen, /1,5 pCt. der mit Calomel und 76,9 pCt. der mit Jodo- 
formogen behandelten Fälle. Die Heiluugsdauer betrug bei 
Benutzung von Zinkperhydrol durchschnittlich 10,95 Tage, bei 
Europhen 14,83, bei Calomel 15,9 und bei Jodoformogen 
16,2 tage. Der Autor glaubt, daß das Zinkperhydrol auch eine 
stimulierende Wirkung auf die Epidermisierung der reinen Ge¬ 
schwüre ausgeübl habe. Sehr große Geschwüre sind bisweilen 
geradezu erstaunlich'schnell geheilt. Er schließt: Zinkperhydrol 
erweist sich als Streupulver bei Ulcus moile mindestens 
ebensogut wie die verschiedenen Ersatzmittel des Jodo¬ 
forms, ja den besten von ihnen sogar überlegen, zumal es ge¬ 
ruchlos, farblos (weiß) ist und niemals reizt. M. 

Die im Handel befindlichen künstlichen Kohlensäurebäder 
haben als Ersatz der natürlichen Bäder eine große Reihe von 
Nachteilen. Vor allen Dingen enthalten die meisten der künst¬ 
lichen Kohlensäurebäder zu viel Kohlensäure, die Entwicke- 
lung geht zu schnell und zu stark vor sich, und der Badende 
wird durch den Ueberschuß der Kohlensäure sehr belästigt. Das 
Haupterfordernis ist als Nachahmung des natürlichen Bades die 
Gewinnung eines gleichmäßigen Gasstromes einerseits und die 
Erzielung einer sehr fein verteilten, kleinperligen Kohlensäure 
im Badewasser andererseits. Die „Bräusan-Bäder“ zeigen nun 
die oben erwähnten Nachteile nicht, wohl aber haben sie große 
Vorteile, die sie in die Reihe der künstlichen Kohlensäurebäder 
stellen, die den natürlichen möglichst nahe kommen. Vor allen 
Dingen ist die komprimierte haltbare Brikettform und die Ent¬ 
wickelung eines gleichmäßigen Kohlensäurestroms aus diesen 
dein natürlichen Sprudelbad entsprechend, und der Körper von 
einem direkten Kohlensäurestrom umspült (Kältegefühl!). Nach 
der Entwickelung der direkt strömenden Kohlensäure aus den 
Brausan-Briketts bleibt eine genügende Menge Kohlensäure im 
Badewasser in feinperliger Form gelöst, und der Körper wird 
nun noch — auch dem natürlichen Bad entsprechend — einer- 
ganz fein verteilten, möglichst gelösten Kohlensäure ausgesetzt! 
Durch diese beiden Phasen: Direkte Umströmung mit Kohlen¬ 
säure und Einwirkung der feinperligen, gelösten Kohlensäure 
tritt das nach den Kohlensäurebädern zu beobachtende Müdig¬ 
keitsgefühl sehr bald ein, außerdem wird, was wesentlich ist, 
die Badedauer herabgesetzt und der Badende nicht durch un¬ 
nötige Mengen von überflüssiger Kohlensäure, welche sich auf 
dem Badewasser ablagern, belästigt oder geschädigt. Die 
Brausan-Briketts stellen — dem natürlichen Vorgang ent¬ 
sprechend — die Kohlensäurequellen dar, durch welche der 
Strom zuerst direkt als solcher und dann später im Wasser 
verteilt und gelöst als kleinperlige Kohlensäure wirkt. Die 
ätzenden Säuren. Flaschen, Einlagen, Kissen kommen voll¬ 
kommen in Wegfall: die chemischen Entwickler sind haltbar 
komprimiert; außerdem kommen als Entwickler nur solche 
Säuren in Anwendung, welche auf den Körper nicht nur keine 
schädliche, sondern im Gegenteil eine heilende Wirkung aus¬ 
üben. Es findet Borsäure als Säure und die im Brausepulver 
verwendete, bekannte, vollkommen unschädliche organische 
Weinsteinsäure Anwendung. Aus der Borsäure bildet sich bei 
Umsetzung mit dem doppeltkohlensauren Natron Borax, welcher 
bekanntlich eines der besten Hautpflegemittel darstellt. Die 
Haut ist nach dem Brausebad weich und geschmeidig, und der 
Badende kann auch mit Wunden, Ekzemen und Verletzungen 
ruhig in das Badewasser hineinsteigen, ohne Nebenwirkungen, 
wie bei anderen Bädern, befürchen zu müssen. Die Bade¬ 
wannen selbst werden durchaus nicht angegriffen. Von großer 
Bedeutung ist noch, daß die bequeme Brikettform das Mit¬ 
nehmen der Kohlensäurebäder auf die Reise gestattet, ohne 
großen Platzbedarf. Man kann sich also in jedem Hotel sein 
Kohlensäurebad selbst hersteilen. Der Preis einer Original¬ 
packung der Brausanbäder mit 3.50 M. für zwei Bäder ist in 
Rücksicht auf die großen Vorteile derselben als bedeutend 
billiger zu bezeichnen, als bei anderen Handelspräparaten. Die 
Brausanbäder werden hergestellt: 1. ohne Zusatz, 2. mit 
Schwefel, 3. mit Jod. 4. mit Eisen. In den letzteren Formen ist 
das Jod wie der Schwefel, wie das Eisen, in der Haupt¬ 
sache in gelöster Form und organischer Bindung (Jod-Eigon- 
Natrium, Thiozonid-Schwefel und Eisendextrinat) vorhanden. 
Die betr. Lösungen für die Brausebäder mit Schwefel, Jod, 
Eisen werden in separaten Flaschen abgegeben. 


RUNDSCHAU 1910. 

Unter den kritischen Besprechungen der „Brausan“-KohIen- 
säurebäder sind besonders die von Dr. Martin Ebeling (Berlin) 
[illustrierte Reise- und Bäderzeitung, 1910, No. 495] und die 
von Dr. med. Max Diilling (Wolkenburg) [Eine neue Modifika¬ 
tion des „künstlichen Kohlensäurebades“ und seine therapeu¬ 
tische Bedeutung für die ärztliche allgemeine Praxis] hervor¬ 
zuheben. Beide sprechen sich sehr anerkennend über die 
,,Brausan“-Bäder aus. Sie bewährten sich nach ihnen besonders 
bei Neurasthenie und Neurosen, bei Arthritis urica und defor- 
mans, bei Menstruationsanomalien, Metritis, Endometritis und 
Katarrhen der Vagina, bei Ermüdungszuständen nach erschöp¬ 
fenden Leiden, nach Operationen, sowie auch insbesondere bei 
Herzkomplikationen. „Brausan“ wird hergestellt von der che¬ 
mischen Fabrik Helfenberg A.-G. " K r. 


IV. ßücherschau. 

Leciones de Gineeologia por Ernestina Perez, Doctora en me- 
dicina. Berlin 1910, Breitkopf & Härtel, Verlags¬ 
buchhandlung. 167 S. gr. 8”. (Preis nicht angegeben.) 

Die Verfasserin, welche seit 20 Jahren in Chile die frauen- 
ärztliche Praxis ausübt und sich vielfach an europäischen Kli¬ 
niken, u. a. auch der Landau sehen Klinik in Berlin, weiter¬ 
gebildet hat, gibt in dem vorliegenden in spanischer Sprache 
geschriebenen Grundriß eine zusammenfassende Uebersicht 
über die Gynäkologie nach ihrem heutigen Standpunkt. Das 
Buch ist nicht für Spezialisten, sondern für Allgemeinpraktiker 
und Studierende der Medizin bestimmt; der Inhalt des Buches, 
welches in sehr großem Format gedruckt ist, ist etwa der eines 
Kompendiums von 300 Seiten gewöhnlichen Formats; alles We¬ 
sentliche ist kurz und bündig dargestellt; die Verfasserin hat 
nicht den Ehrgeiz, eigene Ansichten wiederzugeben, sie ver¬ 
folgt nur den Zweck, über das sicher feststehende und praktisch 
verwendbare Wissen in der Gynäkologie zu orientieren, theo¬ 
retische Fragen sind daher nur gestreift. Auf Vollständigkeit 
macht die Darstellung keinen Anspruch; im Kapitel über die 
Dysmenorrhoea z. B. vermissen wir die Erwähnung der nasalen 
Aetiologie und Behandlung nach F1 i e s s u. a.. Die typographi¬ 
sche Ausstattung des Buches verdient alles Lob, nicht weniger 
als 22 Tafeln mit vorzüglich ausgeführten Abbildungen er¬ 
gänzen in glücklicher Weise die Darstellung. Geheimrat Prof. 
L. Landau in Berlin, in dessen Klinik die Verfasserin ihr 
Werk fertiggestellt hat und dessen Anschauungen das Buch 
natürlich beeinflußt haben, schickt ihm ein empfehlendes Geleit¬ 
wort voraus. . 

Jahreskurse fiir ärztliche Fortbildung in zwölf Monatskursen. 

Systematisch angeordnete Lehrvorträge über den jährlichen 
Wissenszuwachs der gesamten Heilkunde. Herausgeber 
Proff. v. Bruns (Tübingen), E. Bumm (Berlin), Erb 
(Heidelberg), v. G r u b e r (München), v. Noorden (Wien), 
v. Strümpell (Wien). Redakteur: Dr. D. Sarason 
Berlin. Heft 6. München, Juni 1910, J. F. Lehmanns 
Verlag. Einzelpreis 2,20 M. 

Das vorliegende sechste Monatsheft des regelmäßig an 
dieser Stelle angezeigten Unternehmens ist der K i n d e r.h e i 1 - 
künde gewidmet, einem Gebiet, auf welchem jeder Arzt, der 
allgemeine Praxis treibt, bis zu einem gewissen Grade Spe¬ 
zialist sein muß, wenn er sich in dem Kampf um die ärzt¬ 
liche Existenz in Ehren behaupten will; darum hat die hier 
gegebene Darstellung der jüngsten Fortschritte auf wichtigen 
Gebieten der Pädiatrie einen ganz besonderen Anspruch auf 
die Beachtung eines jeden Kollegen. Die Bearbeitung dieses 
Heftes haben zwei durch eigene Forschungen und als klinische 
Lehrer bestens bewährte Autoren übernommen, Professor 
M e i n h' a r d P f a u n d 1 e r und Privatdozent Ernst Moro, 
beide an der Münchener Universität tätig, der erstere als Di¬ 
rektor, der zweite als Oberarzt an der Münchener Universitäts¬ 
kinderklinik. Pfaundler stellt die neueren Lehren 
von der Pathologie und Therapie der Ernäh¬ 
rungsstörungen im S ä u g 1 i n g s a 11 e r in übersicht¬ 
licher, kritisch referierender Darstellung zusammen, wobei er 
besonders die Lehren der Finkeistein sehen Schule berück¬ 
sichtigt, entsprechend der Bedeutung, welche diese, die gründ¬ 
lich mit alten Anschauungen aufräumten und vielfach neue Ge¬ 
sichtspunkte sowohl hinsichtlich der Theorie wie für die The¬ 
rapie der Ernährungskrankheiten der Säuglinge brachten, in 
kurzer Zeit in der Kinderheilkunde sich errungen haben. 
Pfaundler hat es verstanden, einen umfangreichen Stoff 
auf verhältnismäßig knappem Raum zu bewältigen. Moro be¬ 
handelt die neueren Forschungsergebnisse auf 
dem Gebiet der Tuberkulose im Kindesalter, 
und zwar bespricht er wesentlich die modernen diagnostischen 
Hilfsmittel zur Erkennung der Tuberkulose; in erster Linie die 
kutanen Methoden, an deren Ausbau er sich selbst durch Ein¬ 
führung der Tuberkulinsalbenprobe beteiligt hat. Er beschreibt 



488 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 31. 


zunächst die Technik dieser Methoden und erörtert im An¬ 
schluß daran die neuen Erkenntnisse, welche uns diese so¬ 
wie die übrigen klinischen Methoden in bezug auf die Tuber¬ 
kulose des Kindesalters gebracht haben. In beiden Abschnitten 
finden die Kollegen ein Material in konziser Form zusammen¬ 
gestellt, welches bisher nur durch Zeitschriftenabhandlungen 
oder größere teurere Spezialbücher zugänglich war. Es sei 
zum Schluß darauf hingewiesen, daß durch die Liberalität der 
Verlagsbuchhandlung diese Hefte auch einzeln zu kaufen sind, 
was den Interessenten die Anschaffung besonders erleichtert. 

R. L. 


V. Tagesgeschichta 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Anläßlich des Wechsels in der Leitung des 
Ministeriums des Innern, der kürzlich stattgefunden, 
war die Befürchtung aufgetaucht, daß die früher beschlossene 
Angliederung der bisher dem Kultusministerium zugehörigen 
Medizinalabteilung an jenes nunmehr wieder auf unbestimmte 
Zeit vertagt werden würde. Demgegenüber wird jetzt offiziös 
mitgeteilt, daß es bei dem früheren Beschluß bleibt und daß 
bereits vom 1. April 1911 ab die Medizinalabteilung ein Teil¬ 
ressort des Ministeriums des Innern bilden wird. 

— Zahnärztliche Vereinigungen haben infolge der Kom- 
missionsbeschlüsse des Reichstages betreffend die §§ 135 und 
136 der Reichsversicherungsordnung in Frank¬ 
furt, Breslau, Karlsruhe, Barmen und vielen anderen Städten 
Einspruchsversammlungen abgehalten. Die Zahnärzte prote¬ 
stierten energisch gegen die Kommissionsbeschlüsse, da nach 
deren Gesetzwerdung die zahnärztliche Hilfeleistung der Ver¬ 
sicherten durch Zulassung von Nichtapprobierten herabgedrückt 
und auch der gapze zahnärztliche Stand mit großer Wahrschein¬ 
lichkeit zurückgehen werde. 

— Zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in Kur- 
lind Badeorten haben die Minister für Handel, für Kultus, für 
Landwirtschaft und des Innern folgende Verfügung er¬ 
lassen: ,.Es ist von sachverständiger Seite mehrfach in An¬ 
regung gebracht worden, das königliche Staatsministerium möge 
auf Grund der §§ 5, 7 und 11 des Gesetzes, betreffend die Be¬ 
kämpfung übertragbarer Krankheiten, vom 28. August 1905 die 
in den §§ 1 bis 4, 6 Abs, 1 und § 8 des Gesetzes enthaltenen 
Bestimmungen über die Anzeigepflicht, die Ermittlung 
und die Schutzmaßregeln in allen Orten, die Fremde zum Ge¬ 
brauch ihrer natürlichen oder künstlichen Kurmittel einladen 
oder zulassen — Kur- und Badeorten —, für die Zeit der Kur¬ 
oder Badesaison auf Keuchhusten oder Masern ausdeh¬ 
nen, wenn und solange diese Krankheiten dort in epidemischer 
Verbreitung auftreten. Eine generelle Anordnung dieser Ma߬ 
regel erscheint gesetzlich nicht zulässig. Damit jedoch den un¬ 
leugbaren Gefahren, welche der Ausbruch einer der beiden 
genannten Krankheiten in einem Kur- und Badeorte für die 
Kinderwelt im Gefolge hat, womöglich vorgebeugt, jedenfalls 
aber rechtzeitig tatkräftig entgegentreteu werden möge, er¬ 
suchen wir Sie, Vorsorge zu treffen, daß Sie von dem Aus¬ 
bruche von Keuchhusten und Masern in einem der in Ihrem 
Bezirke belegenen Kur- oder Badeorte stets umgehend unter¬ 
richtet werden, um für den Fall, daß eine dieser beiden Krank¬ 
heiten in einem Kur- oder Badeort epidemische Verbreitung 
erlangt, unverzüglich, gegebenenfalls telegraphisch, bei mir, 
dem Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalange¬ 
legenheiten, die Ausdehnung der Anzeigepflicht usw. auf die 
betreffende Krankheit für den betreffenden Ort zu beantragen.“ 
. — Der preußische Ministerialerlaß vom 12. Oktober 1908 

betr. einheitliche ärztliche Leitung der Krankenanstalten hat 
zu Mißverständnissen Veranlassung gegeben, so daß durch einen 
Erlaß vom 2. Juni d. Js. bestimmt wird: 1. Mit dem Grund¬ 
sätze, daß in jeder Krankenanstalt eine verantwortliche ärzt¬ 
liche Leitung für den allgemeinen Krankendienst und für die 
gesundheitlichen Maßnahmen vorhanden sein solle, ist nicht 
beabsichtigt in die Haushalts- und Wirtschaftsführung der An¬ 
stalt einzugreifen. Deshalb ist nichts dagegen einzuwenden, daß 
die Haushalts- und Wirtschaftsführung der von dem Vorstand, 
Besitzer und Unternehmer der Krankenanstalt dazu bestellten 
Persönlichkeit (Oberin, Verwaltungsdirektor, Inspektor etc.) 
verbleibt. Doch erscheint es erforderlich, dieser sowohl wie 
dem leitenden Arzte eine ausreichende Selbständigkeit in ihrem 
Tätigkeitsbereich zu gewährleisten. 2. Der Erlaß vom 12. Ok¬ 
tober 1908 hat auch nicht beabsichtigt, auf die klösterliche Ord¬ 
nung oder die durch Stiftungssatzungen festgelegte Eigenart der 
Anstalt abändernd einzuwirken. Von einer Einwirkung dahin, 
daß der leitende Arzt im Verein mit der Oberin die Verteilung 
des Pflegepersonals und Versetzungen auf andere Abteilungen 
anordnet, wird daher überall da abzusehen sein, wo die Ver¬ 
fassung der Anstalt dies Recht der Oberin allein vorbehält. 
Im Interesse der Krankenfürsorge muß jedoch Wert darauf ge¬ 


legt werden, daß durch den Wechsel des Pflegepersonals die 
Versorgung der Kranken nicht leidet ulld daß sich deshalb die 
Oberin vor der Anordnung des Wechsels mit dem leitenden 
Arzte ins Benehmen setzt. 3. Der Grundsatz, daß in allen 
größeren öffentlichen Krankenanstalten auch für die Kranken- 
behandlung ein Arzt an leitender Stelle stehen soll, schließt 
nicht aus, daß die Kranken der I. und II. Klasse solcher An¬ 
stalten mit Genehmigung des Verstandes sich von einem andern 
Arzte ihres Vertrauens behandeln lassen können. Aber auch 
für diese Fälle wird vorauszusetzen sein, daß der leitende Arzt 
für die Hygiene des Hauses und für die Ausbildung und Ueber- 
wachung des Pflegepersonals beim Krankendienst verantwort¬ 
lich und zuständig ist. 

Leipzig. Der Antrag des Aerztlichen Bezirks¬ 
vereins Leipzig-Land, der verlangt, daß die Aerzte 
ihre ärztliche Fachtätigkeit für gemeinnützige Unternehmungen, 
und zwar auch für Säuglingsfürsorge, Rotes Kreuz, Samariter¬ 
ausbildung u. dergl., nur gegen Bezahlung ausüben 
(vergl. Allg. med. Central-Zig., 1910, S. 139 und 166), hat 
den übrigen sächsischen Aerztlichen Bezirksvereinen zur Be¬ 
ratung Vorgelegen. Von 29 Vereinen haben 18 den An¬ 
trag abgelehnt, 3 ihn angenommen; 3 Vereine haben es 
für wünschenswert erklärt, daß die Frage auf dem Aerztetag 
verhandelt werde, 1 Verein hat dies gegenwärtig für nicht 
zweckmäßig erklärt. 4 Vereine haben keine Stellung genommen. 

Universitätswesen, Personalnachrtchten. 

Berlin. Ueber die Erweiterung der Rechte der außer¬ 
ordentlichen Professoren an denpreußischfeüUüiyh'rsitätehhäbeh 
wir bereits vor kurzem berichtet. Die davöft Berührte)) sind jetzt 
von der durch königl. Erlaß erfolgten Verbesserung ihrer Stel¬ 
lung innerhalb des Lehrkörpers offiziell in Kenntnis gesetzt 
worden. Danach haben nunmehr die etätsmäßigen außerordent¬ 
lichen Professoren, die ein in ihrer Fakultät nicht vertretenes 
Spezialfach bekleiden, in dieser Fakultät Sitz und beschließende 
Stimme, wenn es sich uni Angelegenheiten ihres Spezialfaches 
handelt. Die Bestimmung darüber, welches Fach als berech¬ 
tigtes Spezialfach in diesem Sinne anzusehen ist, steht detu 
Kultusminister zu. Ferner haben in Zukunft auch diü 
etatmäßigen außerordentlichen Professoren das Rechi, Üeil 
Rektor aus der Mitte der ordentlichen Pröfessöreft mitzuwähleii, 
jedoch mit der Maßgabe, daß die Gesamtzahl der hiernach wahl¬ 
berechtigten außerordentlichen Professoren die Hälfte der Ge¬ 
samtzahl der etatsmäßigen ordentlichen Professoren nicht über¬ 
steigen darf. Wird diese Beschränkung wirksam, so steht das 
Wahlrecht den dienstältesten außerordentlichen Professoren zu. 
Durch die neuen Bestimmungen wird den außerordentlichen 
Professoren zum ersten Male eine Teilnahme an der Selbst¬ 
verwaltung der Universität zugestanden. 

— Wie mehrere Tageszeitungen berichteten, hat die Re¬ 
gierung gegen die Beibehaltung der von der medizini¬ 
schen Fakultät der hiesigen Universität vor Jahresfrist 
beschlossenen geheime Abstimmung über die Zu¬ 
lassung von Privatdozenten Einspruch erhoben und öffentliche 
Abstimmung verlangt. Die Fakultät wird sich dem Wunsche 
des Kultusministeriums fügen. Die Haltung des Kultusministe¬ 
riums in dieser Frage ist durch die Erwägung bestimmt, daß 
die öffentliche Abstimmung der Stellung eines akademischen 
Lehrkörpers mehr entspricht, als die geheime. 

— Dem Professor der Chirurgie Geh. Med.-Rat Dr. 
A. Bier ist von der Universität Edinburgh für seine Ent¬ 
deckung der Rückenmarksanalgesie der Cameron-Preis zu¬ 
erkannt worden. 

— Dem Gynäkologen Geheimrat Prof. Dr. R. 01 s h a u s e n, 
der vor kurzem das 75. Lebensjahr vollendet hat und mit dem 
Schlüsse dieses Semesters von seinem Lehramt zurücktritt, ist 
aus diesem Anlaß der erbliche Adel verliehen worden. 

— Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Waldeyer ist zum Ehren¬ 
mitglied der R. Accademia dei Fisiocritici in Siena ernannt 
worden. 

— Im 61. Lebensjahre starb in Steglitz, wohin er sich nach 
Niederlegung seiner Praxis zurückgezogen hatte, der Geh. Sani¬ 
tätsrat Dr. Ferdinand Plehn, der, einer der ältesten 
Schüler Schweiggers, als Augenarzt lange Jahre im Zen¬ 
trum Berlins eine umfangreiche Tätigkeit ausgeübt hat. In 
seinen Mußestunden beschäftigte er sich mit Astronomie und 
ist auf diesem Gebiet auch publizistisch hervorgetreten. 

Marienfelde b. Berlin. Hierselbst starb der Oberstabs¬ 
arzt a. I). Dr. Tiburtius, ein bekannter, lange Zeit in 
Groß-Berlin praktizierender Arzt, der sich auch auf dem Ge¬ 
biete des plattdeutschen Schrifttums einen Namen gemacht hat. 

Göttingen. Die kürzlich gebrachte Mitteilung von der 
Ernennung des hiesigen. Privatdozenten Prof. Dr. A. J e n c k e 1 
zum Chefarzt des Krankenhauses in Bremen trifft neueren 
Nachrichten zufolge nicht zu. 

— Hierselbst gelangt demnächst wieder das Blumen- 
bachsche Reisestipendiuin (1980 Mark) zur Verleihung. 
Bewerbungsberechtigt sind unbemittelte, befähigte Doktoren 



No. 31. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 191Ö. 


489 


der Medizin; Gesuche sind vor Ablauf eines halben Jahres an 
die medizinische Fakultät in Göttingen zu richten nebst Disser¬ 
tation, etwaigen sonstigen Publikationen, Führungs- und Ver¬ 
mögenszeugnissen und einem Plan über Umfang und Zweck der 
stiftungsgemäß vorzunehmenden % jährigen Reise. 

Marburg a. L. Professor Brauer teilt mit, daß die 
Nachricht, er habe einen Ruf an das Eppendorfer Krankenhaus 
zu Hamburg erhalten, unzutreffend ist. 

Dresden. Der Direktor der Landes-Heil- und Pflege¬ 
anstalt Sonnenstein, Medizinalrat Dr. 11 b e r g, ist zum ordent¬ 
lichen Mitglied des sächsischen Landesmedizinalkollegiums er¬ 
nannt worden. 

Jena. Der als Verleger medizinischer Fachwerke be¬ 
kannte Verlagsbuchhändler Dr. med. et phil. hon. c. Gustav 
Fischer ist gestorben. 

Heidelberg. Prof. Feer, Direktor der hiesigen Uni¬ 
versitäts-Kinderklinik, hat primo et unico loco einen Ruf als 
Nachfolger des in den Ruhestand tretenden Prof. W y s s an 
die Kinderklinik in Zürich erhalten. 

T ü b i n g e n. Dr. R e i c h hat sich für Chirurgie habilitiert. 

Wien. Das Professorenkollegium der medizinischen 
Fakultät hat für die durch das Ableben Professor Dr. Emil 
Zuckerkandis erledigte Lehrkanzel für deskriptive und 
topographische Anatomie dessen Schüler und langjährigen 
Assistenten Prof. Dr. Julius Tandler unico loco iil Vor¬ 
schlag gebracht. Prof. Tandler hat Zucke rkandl schon 
während seiner letzten Krankheit vertreten und ist gegenwärtig 
mit der provisorischen Leitung des anatomischen Institutes 
betraut. 

— Prof. Dr. M. Sternberg, Dozent für innere Medizin, 
hat auch die Venia legendi für soziale Medizin, Dr. D. Ga¬ 
la 11 i eine Berufung als Professor der Kinderheilkunde nach 
Athen erhalten. 

Graz. Die Privatdozenten Prof. Dr. Th. Pfeiffer 
(innere Medizin) und Dr. FI. Pfeiffer (gerichtliche Medizin) 
sind zu außerordentlichen Professoren ernannt worden. 

Prag. An Stelle des in den Ruhestand tretenden Hofrates 
Prof. Dr. W ö 1 f 1 e r ist der Professor der Chirurgie an der 
Innsbrucker Universität, Dr. Hermann Schlöffe r, primo 
et unico loco in Vorschlag gebracht worden. 

Budapest. Dr. M. P a u n c z hat sich für Nasen-, Rachen- 
und Kehlkopfkrankheiten habilitiert. 

Zürich. Zum ordentlichen Professor der Hygiene und 
Bakteriologie an der Universität und zum Direktor des Hygiene¬ 
institutes ist der bisherige außerordentliche Professor Dr. 
William Silber Schmidt in Zürich ernamit worden. 

Paris. Der. Professor der allgemeinen Therapie Dr. 
A. G i 1 b e r t ist an Stelle von Prof. D i e u 1 a f o y zum Pro¬ 
fessor der medizinischen Klinik ernannt worden. 

— Der verdienten Radiumforscherin Frau Curie ist 
für die Entdeckung des Radiums von der Royal Society of Arts 
in London die Albert-Medaille verliehen worden. 

P a v i a. Der bekannte Pathologe Prof. M. A s c o 1 i hat 
einen Ruf auf den Lehrstuhl für spezielle Pathologie innerer 
Krankheiten an der Universität Catania angenommen und wird 
im Herbst dahin übersiedeln. 


Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

— Deutscher Verein für öffentliche Gesundheitspflege. 

Nach einer Mitteilung des ständigen Sekretärs, Prof. Dr. Pröb¬ 
sting in Cöln a. Rh., wird die diesjährige Jahresversammlung 
des Vereins in den Tagen vom 14. bis 17. September in Elber¬ 
feld stattfinden, unmittelbar vor der am 18. September begin¬ 
nenden Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in 
Königsberg. Folgende Verhandlungsgegenstände sind in Aus¬ 
sicht genommen: 1. Die Errichtung einfacher Krankenhäuser 
zur Aufnahme von Leicht- und Chronischkranken. Referent: 
Prof. Dr. Grober (Essen). 2. Die hygienische Verbesserung 
alter Stadtteile. Referent: Stadtbaurat Voss (Elberfeld). 
3. Die Ueberwachung des Nahrungsmittelverkehrs. Referent: 
Geh. Medizinalrat Dr. Abel (Berlin). 4. Neuere Erfahrungen 
über die Behandlung und Beseitigung der gewerblichen Ab¬ 
wässer. Referent: Geh. Regierungsrat Prof. Dr. König 
(Münster). 5. Aufgaben und Ziele der Rassenhygiene. Referent: 
Dr. A. Ploetz (München). 


Gerichtliches. 

Dresden. Ueber die Verurteilung ei ne s 
Arztes wegen vorsätzlicher Körperverletzung durch eine 
Operation entnehmen wir der „Voss. Ztg.“ nachstehenden Be¬ 
richt: Der praktische Arzt Dr. med. et phil. T. aus 

Cassel hielt im vorigen Jahre in mehreren Städten Vorträge 
über Wucherungen der Nasen- und Rachenschleimhäute. Einem 
in Werdau gehaltenen Vortrage hatte die Ehefrau eines Post¬ 
assistenten beigewohnt. Sie litt an chronischem Schnupfen und 
bat den Arzt, sie am nächsten Tage zu untersuchen, erklärte 
aber ausdrücklich, daß sie sich keiner Operation unterziehen, 


überhaupt nichts mit sich geschehen lassen wolle, was irgend¬ 
wie Schmerzen bereiten könne. Der Arzt kam, untersuchte die 
Frau, ließ sich mehrere Schüsseln mit Wasser geben, ersuchte 
den anwesenden Ehemann, die Hände seiner Frau festzuhalten 
und fuhr, ehe es sich die Frau versah, durch beide Nasen¬ 
löcher mit einer Sonde, die im Munde wieder zum Vorschein 
kam. Zugleich hielt er der Frau den Mund mit seiner Hand 
zu. Dickes Blut drang alsbald aus Mund und Nase, die Frau 
schrie vor Schmerzen, aber mit den Worten „halbe Sache mache 
ich nicht!“ griff er der Patientin zum zweiten Male in den 
Mund und zerdrückte ihr mit dem Daumen beide Mandeln. 
Der Arzt gab der Patientin noch einige Verhaltungsmaßregeln, 
steckte das Honorar von 20 M. ein und ging seiner Wege. 
Die Familie ließ nunmehr ihren Hausarzt kommen, der über 
die von seinem Werdauer Kollegen vorgenommene Operation 
aufs höchste überrascht war. Die sofort vorgenommene Unter¬ 
suchung ergab, daß die Nasenschleimhäute zerrissen, die Man¬ 
deln schwarz-brandig waren, und im Gaumen hing ein Haut¬ 
fetzen, der bereits in Fäulnis übergegangen war. Durch das 
Dazwischentreten des Hausarztes wurde rechtzeitig folgen¬ 
schweren Komplikationen vorgebeugt. Der Operateur wurde 
wegen vorsätzlicher Körperverletzung zur Anzeige gebracht und 
vom Landgericht Zwickau zu 150 M. Geldstrafe und 100 M. 
Buße verurteilt. Die beim Oberlandesgericht eingelegte Re¬ 
vision wurde kostenpflichtig verworfen. Der oberste sächsische 
Gerichtshof fühlte folgendes aus: Ein Mensch, der einen Arzt 
hole, habe auch Vertrauen zu ihm, und der Arzt habe das 
Recht, zu tun, was er für recht halte. Aber wenn der Patient 
nichts von einer Operation wissen wolle, habe der Arzt diesen 
Willen zu respektieren. Im vorliegenden Falle habe die Pa¬ 
tentin dem Angeklagten dreimal gesagt, daß sie nichts von 
einem operativen Eingriff wissen wolle, er habe aber trotzdem 
die Sonde durch beide Nasenlöcher geführt. Der Angeklagte 
habe sich der vorsätzlichen Körperverletzung schuldig gemacht 
und in bezug auf seine angeblich vortreffliche Methode in Ueber- 
hebung gehandelt. 

Verschiedenes. 

Berlin. Zur Erinnerung an das 200 jährige Bestehen des 
Charitekrankenhauses ist im Gebäude der alten Charite 
eine historische Ausstellung eröffnet worden. Sie enthält in großer 
Zahl alte Pläne von Berlin, Bilder und Grundrisse des Charite¬ 
geländes. Sie sind zum großen Teil von der Stadt Berlin her¬ 
geliehen. Es folgen weiter Bilder der meisten hervorragenden 
Chariteärzte, der alten Generalärzte und Regimentschirurgen, 
die in dem Krankenhause Dienst getan haben. Die Bilder aus 
neuerer Zeit stammen zum Teil von den bedeutendsten Malern 
wie Lenbach, Israels etc. Die Ausstellung ist bis zum 10. August 
täglich von 12—2 Uhr geöffnet. 

— In der letzten Sitzung der Deutschen che¬ 
mischen Gesellschaft machte Herr O. Hahn Mittei¬ 
lung über die Herstellung sehr hochwertiger radio¬ 
aktiver Substanzen aus Thoriumoxyd, die als 
Ersatz für das Radiumbromid zu dienen bestimmt sind. Wir 
entnehmen der „Voss. Ztg.“ folgenden Bericht über den Inhalt 
dieses wichtigen Vortrages. Das bisher in der Medizin 
als Quelle radioaktiver Strahlung fast ausschließlich be¬ 
nutzte Präparat war Radiumbromid. Nun läßt sich dieses 
nach dem bisherigen Stand unserer Kenntnisse nur aus 
Uranerzen (Pechblende, Bröggerit, Carnotit) hersteilen, und 
die zugänglichen Vorräte an Uranerzen sind sehr beschränkt, 
namentlich besitzen wir hier in Deutschland zurzeit keine 
nennenswerten Lagerstätten solcher Erze mehr (in Deutsch¬ 
ostafrika sind allerdings Vorkommen aufgefunden worden, die 
vielleicht eine Ausbeutung erlauben werden). Dazu kommt, 
daß aus sehr großen Mengen von Uranerz nur verschwindende 
Mengen Radiumsalz erhalten werden können; die Gesamtmenge 
des Radiums, das in absehbarer Zeit der Menschheit für wissen¬ 
schaftliche und für praktische Zwecke zur Verfügung stehen 
wird, dürfte etwa 10 g nicht übersteigen, bei dem außerordent¬ 
lichen Interesse, das den radioaktiven Erscheinungen zukommt, 
ein verschwindender Betrag. Herr O. H a h n hat nun schon 
vor mehreren Jahren gefunden, daß Thoriumsalze von selbst 
in eine radioaktive Substanz, das Radiothor, zerfallen, die 
ganz ähnliche Eigenschaften besitzt wie das Radium. Allerdings 
besitzt es eine sehr viel kürzere Halbierungszeit als dieses 
(zwei Jahre gegen 1750 Jahre). Das Radiothor bildet sich aus 
den gewöhnlichen Thorsalzen nur in sehr geringer Menge und 
läßt sich von diesen nicht ohne weiteres isolieren, da es ganz 
ähnliche chemische Eigenschaften besitzt wie das gewöhnliche 
Thorium. Nun fand Hahn weiter, daß das Radiothor nicht 
direkt aus Thorium entsteht, sondern daß bei dem Zerfall des 
Thoriums zunächst gleichfalls in sehr geringer Menge ein in¬ 
aktives Zwischenprodukt auftritt, das seinerseits (Zerfallshalb¬ 
periode 5,5 Jahre) erst das Radiothor liefert. Dieses Produkt 
kann also als Träger für Radiothor dienen, und da es chemisch 
vom Thorium hinreichend unterschieden ist, erlaubt es eine 
Isolierung bezw. Anreicherung. Hahn hat diesem Körper, 


490 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 191Ö. 


der als ein chemisches Element anzusehen ist, den Namen 
Meso-Thorium gegeben. Scheidet man ihn von dem gewöhn¬ 
lichen Thorium ah, so erhält man Produkte, die bei gleichem 
Gewicht eine mehrfach so große Strahlungsstärke an a- und 
^-Strahlen besitzen, als sie Radiumbromid hat; und zwar nimmt 
die Strahlungsstärke in den ersten zehn Jahren zu, um dann 
in weiteren zehn Jahren auf ungefähr die Hälfte zu sinken. 
Herr Hahn hat in Verbindung mit der bekannten Thorium- 
Firma 0. Knöf ler, Plötzensee, die Frage der fabrikatorischen 
Herstellung des Meso-Thoriums aus Thoriumrückständen prak¬ 
tisch gelöst und gibt an, daß es dieser Industrie leicht möglich 
sein werde, hochstrahlende Meso-Thor-Präparate zu einem an¬ 
nehmbaren Preise jährlich in einer Menge zu liefern, die 5 g rei¬ 
nen Radiumsalzes entspricht. Die Einzelheiten der Herstellung 
sind vorläufig noch Fabrikgeheimnis. Die Strahlung der neuen 
Präparate ist ihrer Art nach mit der Radiumstrahlung völlig 
identisch. Ihre /3-Strahlen sind sogar noch etwas leichter ab¬ 
sorbierbar, als die des Radiums, was ihre medizinische Wirk¬ 
samkeit nur erhöhen kann. 

— Durch preußischen Ministerialerlaß vom 29. Juni ist 
wegen der Gefahr der Einschleppung der Cholera 
durch den Eisenbahnverkehr aus Rußland an¬ 
geordnet worden, daß bis auf weiteres die Bestimmungen zur 
Bekämpfung ansteckender Krankheiten im Eisenbahnverkehr 
für Ost- und Westpreußen, Posen, Schlesien, Pommern und 
Brandenburg wieder in Kraft treten. Eine Ueberwachung der 
Reisenden an der Grenze w'ird zurzeit nicht beabsichtigt. — 
Der R e i c h s k a n zier hat unterm 1. Juli verfügt, die aus 
den russischen Häfen des Schwarzen und Asowschen Meeres 
nach einem deutschen Hafen kommenden Schiffe und ihre 
Insassen im Hinblick auf die Gefahr der Choleraein¬ 
schleppung bis auf weiteres vor der Zulassung zum freien 
Verkehr ärztlich zu untersuchen. 

— Das Verzeichnis der von der Dozenten-Vereinigung zu 
Berlin im Oktober abgehaltenen Ferienkurse ist jetzt erschie¬ 
nen; es ist durch Herrn Melzer (Berlin N., Ziegelstr. 10/11) 
zu beziehen. 

Hambur g. Ueber Geheimmittelwcsen und Kurpfuscherei 
im Jahre 1909 macht der Hamburger Medizinal¬ 
bericht folgende Angaben: „Die Ueberwachung des Arznei¬ 
verkehrs, des Geheimmittelwesens und der Ausübung der 
Heilkunde durch nichtapprobierte Personen führte noch im 
vergangenen Jahre eine Reihe von Bestrafungen herbei. Unter 
anderem wurden wegen Führung arztähnlicher Doktortitel und 
wegen unbefugter Führung ausländischer Doktortitel fünf Per¬ 
sonen, wegen fahrlässiger Tötung eine und wegen fahrlässiger 
Körperverletzung unter Außerachtlassung der Berufspflicht 
auch eine Person bestraft. Von den Redaktionen Hamburger 
Zeitungen und von Privaten wurden 543 Anpreisungen von 
Krankenbehandlern und von Arznei- und Geheimmitteln dem 
Medizinalkollegium zur Begutachtung vorgelegt. 291 von ihnen 
wurden beanstandet; die Veröffentlichung der übrigen konnte 
nicht verhindert w r erden. Am Schlüsse des Jahres 1908 blieb 
ein Bestand von 802 Personen, die sich auf Grund der Ver¬ 
ordnung vom 11. April 1904 über die Ausübung der Heilkunde 
durch nichtapprobierte Personen bei dem Medizinalamt ge¬ 
meldet hatten. Im Jahre 1909 kamen 88 solcher Personen zur 
Anmeldung und 127 in Abgang, so daß am Schlüsse des Jahres 
1909 ein Bestand von 769 Personen blieb. 468 von ihnen waren 
Männer, 295 Frauen.“ 

Dresden. Das sächsische Ministerium des Innern hat 
an die Amtshauptmannschaften des Königreiches Sachsen eine 
Verordnung erlassen, in welcher die Behörden angewieen wer¬ 
den, den zahlreichen Ausschankstelleu und Restaurants für 
alkoholfreie Getränke ihre besondere Aufmerksamkeit zuzuwen¬ 
den und den dort-zutage tretenden Mißständen energisch ent¬ 
gegenzutreten. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß in zahl¬ 
reichen alkoholfreien Ausschankstellen auch alkoholhaltige 
Getränke, und zwar Wein und Spirituosen verschänkt worden 
sind und daß es in diesen Lokalen nicht immer ganz einwand¬ 
frei zugegangen sein soll. 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

Personalien. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 3. Kl. mit 
der Schleife: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Kuhnt in Bonn. 
Roter Adler-Orden 4. Kl.: Stabsarzt Dr. Breuer in 
Deutsch-Ostafrika, Dr. Bar in Gorze. 

König!. Kronen-Orden 3. Kl.: Generaloberarzt Dr. 
Schmidt in Berlin, Oberstabsarzt Dr. M e i x n e r in 
Deutsch-Ostafrika, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. H i s in Berlin. 
Königl. Kronen-Orden 4. Kl.: Dr. Rum bäum in 
Brieg. 


No._3l. 

Charakter als Geheimer Medizinalrat: Med.- 
Rat Prof. Dr. Reinhold und San.-Rat Prof. Dr. Schlange 
in Hannover. 

Prädikat Professor: Dr. Finder in Berlin. 

Ernennung: Regierungs- und Med.-Rat Dr. Finger zum 
Geh. Med.-Rat und vertragenden Rat im Kultusministerium. 

Niederlassung: Dr. S o w k a in Lübbenau, Dr. Kallas 
in Jannowitz, Dr. S u d h o f f in Ahlen, Dr. Henze in Buer, 
Dr. Menche in Cassel. 

V erzogen: Privatdozent Dr. Lesser von Halle a. S. 
nach Mannheim, Dr. L o t h von Hannover und Dr. 
Kleider von Löbau nach Erfurt, E. Tschoepe von 
Lauter nach Altona, Dr. Halleur von Reinbek nach Süd¬ 
ende, Dr. Hartmann von Gütersloh nach Plön, Dr. Fröh¬ 
lich von Göttingen nach Bonn, Dr. Haipersohn von 
Magdeburg nach Hildesheim, Dr. Wallbaum von Elend 
nach Alexisbad, Dr. Ludwig von Hänigsen nach Glauchau, 
Dr. R ö p k e von Grohn nach Leipzig, San.-Rat Dr. Har m s 
von Norden nach Carolinensiel, Dr. Boecker von Cassel 
nach Bochum, Dr. Plessum von Düsseldorf nach Frede- 
burg, Dr. Suntheim von Leipzig nach Brackei, Dr. 
V e z i n von Heesen nach Dortmund, Dr. P r e i n von Ham¬ 
burg und Dr. Junkermann von Rauxel nach Dortmund. 
Dr. Kowallek von Schlitz nach Salzschlirf, Dr. Koch 
von Sterbfritz nach Zeitlofs, Dr. Noll von Blankenese nach 
Hanau, Dr. Bilfinger von Detmold nach Langenöls, Dr. 
F. Schulze von Münster, Dr. Barth von Dresden und 
Dr. Stendemann von Neustrelitz nach Frankfurt a. M., 
Dr. Schneider von München und Oberarzt Dr. T i e d e - 
m ann nach Wiesbaden, Dr. S ch m i e 1 a u von Wiesbaden 
nach Spandau, A. Pompe von Ruppertshain nach Naurod, 
Stabsarzt Dr. Kuhn von Mainz nach Biebrich, Dr. Abee 
von Naurod nach München, Dr. Martin von Oberursel nach 
Ahrweiler, Dr. Friedrichsen von Zanzibar nach Neuen¬ 
ahr, Dr. Stehr von Wiesbaden nach Münster a. St., Dr. 
H. Fischer und Dr. Hirsch von Berlin nach München 
bezw. Grunewald, Dr. Rothschild und Dr. Schilling 
von Berlin nach Breslau, Dr. Hans von Königsberg nach 
Schöneberg, Dr. Gorodiski von Bremen, Prof. Dr. 
Pfister von Wiesloch und Dr. K. P o 11 a c k von Breslau 
nach Charlottenburg. 

Königreich Sachsen. 

Niedergelassen: In Dresden: Dr. Johannes Alfred 
Hofmann, Dr. J. B. E. R u p p r e c h t, Dr. E. M. B. Gün¬ 
ther, Oberstabsarzt a. D., H. Rail, Oberstabsarzt, in 
Laubegast, Dr. Kurt Ehregott Zimmermann in 
Großschirma, Dr. Joseph W e i s s in Leißnig, Dr. Mör- 
b i t z in Zwenkau, Dr. Roederer in Quasnitz, Dr. A do¬ 
rn- e i t, Dr. Uterhardt und Dr. H. F. C. E b e 1 i n g in 
Leipzig und Dr. F. O. Giesing in Leipzig-Eutritzsch. 

Angestellt: In Dresden: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Fried¬ 
rich Renk als Präsident des Königl. Sächsischen Landes- 
Medizinal-Kollegiums, Ober-Med.-Rat Dr. J. F. V. L u f f t als 
Hilfsarbeiter im Königl. Ministerium des Innern, Ober-Med.- 
Rat Dr. R u d. Th. W. Streit als medizinischer Rat bei 
der Königl. Kreishauptmannschaft Dresden, Med.-Rat Dr. 
R. O p p e 11 als geschäftsführendes Mitglied des Königlich 
Sächsischen Landes-Medizinal-Kollegiums, Med.-Rat Dr. J. H. 
F. T h i e r s c h als Bezirksarzt für den Medizinalbezirk 
Dresden-Altstadt, Dr. Ernst Schümann, Hilfsarzt am 
Stadtkrankenhaus Johannstadt, ist zum II. Arzt der chirurgi¬ 
schen Abteilung des genannten Krankenhauses befördert 
worden. 

Praxis hat aufgegeben: Dr. K. H. J. Goebel in 
Leipzig. 

Verzogen: Von Dresden: Dr. Max K ä r c h e r nach Kai¬ 
serslautern, Dr. O. S i n a p i u s nach Chemnitz, Dr. E. T h. 
M. Schöning nach Mainz, Dr, K. H. Barth nach Frank¬ 
furt a. M., Dr. 0. Kleider nach dem Ausland, Dr. Rö¬ 
der er von Großschirma nach Quasnitz bei Lützschena 
(Leipzig), Stadtarzt San.-Rat Dr. J. H. F. Thier sch von 
Leipzig und Dr. W. Petzei von Zwenkau. 

Gestorben: Geh. Rat Prof. Dr. H. J. W. Curschm ann 
und Dr. E. Keyssner in Leipzig, Geh. Rat Dr. A. L. 
Buschbeck, Präsident des Königl. Sächsischen Landes- 
Medizinal-Kollegiums, in Dresden, Dr. H. Kleeberg in 
Cossebaude, Dr. W. Anger in Kötzschenbroda. 

Bayern. 

Niederlassung: W. Rüth in Weitnau, Bez.-A. 

Kempten; F. Söldner in Türkheim, Bez.-A. Mindelheim; Dr. 

Josef D essloch in Würzburg; Dr. C a r o s s a in Nürnberg; 

Dr. S c h u h in Nürnberg. 

Verzogen: A. Noder von Türkheim nach München; 

Dr. Häusler von Solnhofen nach Abbach bei Regensburg. 

Württemberg. 

Niedergelassen: Dr. L. Schäffler in Obermarchtal. 


Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein , Berlin N., Friedrichstrasse 131 B.. für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin. 
Verlaß von 0?car Coblentz, Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Carl Marschner. Berlin SW., Aiexandrinenstrasse HO. 








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Knochen des normalen Kindes. Rachitis und Dispositionen zu Knocheuerkran- 
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Folgen, welche durch unzweckmäßige, unzureichende oder fehlerhafte Nahrung 
entstehen, insbesondere Drusen. Skrophulose, bleibt das Kind mehr als durch 
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schon von unseren Voreltern überkommen ist, nämlich die Er¬ 
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mit Pösaunenstössen der Welt verkündeten, selbst unter dem 
empfehlenden Protektorate der Berühmtheiten auf den Markt 
gebrachten künstlichen Nährmittel überdauert. „Simplex veri 
sigillum“ (Das Kennzeichen des Wahren und Guten ist die Ein¬ 
fachheit). So ist es denn gekommen, dass bei der Ernährung 
von Schwachen, von Rekonvaleszenten, Greisen oder 
Magenleidenden neben Bouillon mit Graupen oder Haferschleim, 
neben Gelees und Flammeries, neben Pürees von Hühner- und 
Taubenfleisch und starken alten Süssweinen sich als tägliche 
Kost der schlichte, altgewohnte Milchzwiebackbrei immer als das 
Beliebteste erwiesen hat. Ihn findet man in der ärmsten Hütte 
wie im Palast, überall wo Kinder oder Kranke leicht und doch 
genügend ernährt werden sollen, und gerade diesem Umstande 
hat auch das Nestle’sche Kindermehl, ursprünglich nur für Kinder¬ 
ernährung bestimmt, welches ja nichts anderes als ein exquisit 
feines „Milch-Zwieback-Pulver“ ist und sein will und dessen 
Zubereitung nur heisses Wasser erfordert, seine unerschütterte, 
immer zunehmende Beliebtheit zu verdanken. 

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nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche oben¬ 
drein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen 
Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatz¬ 
präparate anscheinend unter Mißbrauch unserer Marken,, Ichthyol“ 
und „Sulfo-iehthyolicum“ auch manchmal fälschlicherweise mit 

Ichthyol 

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Ammonium sulfo-ichthyolicum 

gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur 
unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klini¬ 
schen Versuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten 
wir um gütige Mitteilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn 
irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. 


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(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Dr H. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernspreeh-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt VI, No. 3302 


IV. Jahrgang Berlin, 6. August 1910 Xo. 32 


Die „Therapeutische Rundschau 1 erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalsschluss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Dreuw: Herabsetzung 
der Schmerzen bei Hg-Injektionen. 

Mayer: Zur Epidemiologie und Bakteriologie der Pseudo- 
dySenterien. — Jessen und ßabinowitsch: Ueber das Vor¬ 
kommen von Tuberkelbacillen im kreisenden Blut und die prak¬ 
tische Bedeutung dieser Erscheinung. — Fein: Halsschmerz 
und Halsdrüsenschwellung. — Stern: Ueber den Einfluß der 
Zittmannsehen Kur auf den Ausfall der Wassermannschen 
Reaktion. — Stern: Ueber die sogenannten Verfeinerungen der 
Wassermann schon Reaktion. — v. Tabora: Ueber den Ader¬ 
laß bei Kreislaufstörungen und seinen unblutigen Ersatz. — 
Herz: Genußmittel als Heilmittel bei Herzkranken. — Aschen¬ 
heim: Ueber familiären hämolytischen Ikterus. — Mayer:, 
Ueber biliäre Lebercirrhose infolge von Gallensteinerkrankung 
und ihre Bedeutung für die Indikation operativer Eingriffe. — 
Strü be: Ueber die Magenspülung auf neuen Indikationsgebieten 
und in modifizierter Anwendungsform. — Schnee: Ueber das 
Schrothsche Heilverfahren. — Suntheim: Ueber konjugale 
Tabes und Paralyse. — Schäfer: Ueber die familiären und 
konjugalen Fälle von progressiver Paralyse und Tabes dorsalis. 

— Siovers: Ein Fall von Pseudobulbärparalyse durch Schu߬ 
verletzung. — Schultze: Zur Frage der postoperativen Psy¬ 
chosen.— Ewald: Zur Aetiologie der Myositis ossificans trau¬ 
matica. — P ul Im an n: Ein neues Meßinstrument für Ex¬ 
tremitäten. — Freund: Die Röntgenbehandlung der Kröpfe. 

— Dumont: Rekurrensläsionen bei Strumaoperationen. — 
Ny ström: Kritische Bemerkungen zu einigen neueren Arbeiten 
über die Sensibilität der Bauchorgane. — Oehlecker: Patho¬ 


logische intraperitoneale Harnblasenruptur. — Kiellenthner 
Ueber die Behandlung der Prostatahypertrophie. — Zange¬ 
meister: Ueber die Verbreitung der Streptokokken im Hinblick 
auf ihre Infektiosität und ihre hämolytische Eigenschaft. — 
Zade: Studien über immunisatorische, insbesondere phagocytäre 
Vorgänge am Auge. — Salus: Das Verhalten des Corpus cili¬ 
are zu Antikörpern. —Neuhann: Zur operativen Behandlung 
der rezidivierenden ekzematösen Hornhautentzündung. — Her¬ 
zog: Ueber die Natur des Trachomerregers. — von Schjcr- 
ning: Sanitätsstatistische Betrachtungen über Volk uud Heer. 
— Kon rieh: Zur Bewertung des Bacterium coli im Wasser. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzungen vom 29. Juni 1910 
(Schluß) und 6. Juli 1910. 

III. Therapeutische Notizen. Schreiber und Hoppe: Ueber 
die Technik der Behandlung mit dem neuen Ehrlich-Hata- 
schen Arsenpräparat. — Schlüter: Ueber die Erfolge der 
Uterusspülungen bei Fieber im Wochenbett. 

IV. Bücherschau. Baumgarten: Die Kneippsche Hydro¬ 
therapie. — Küsel: Das Trachom in Ostpreußen. 

V. Feuilleton. Heeger: Zur Geschichte der Medizin. 

VI. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Ge¬ 
richtliches. — Verschiedenes. 

VII. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Aus Dr. Dreuws Poliklinik für Haut- und Harnleiden. 

Herabsetzung der Schmerzen bei Hg-Injektionen. 

Von 

Dr. Breuw (Berlin). 

Die bisherigen Bestrebungen, die Schmerzhaftigkeit 
während und nach Hg-Injektionen herabzusetzen, waren 
hauptsächlich chemischer Natur. So entstanden eine Reihe 
von Hg-Präparaten, die letzten Endes nicht das hielten, 
was sie versprachen. Ich habe nun versucht, auf . rein 
physikalischem Wege dem Ziele zuzustreben, von dem 
Gesichtspunkte ausgehend, daß die Schmerzen größtenteils 
durch das plötzliche Ausbreiten des Hg-Präparates an einer 
Stelle im Gewebe entstehen. Denn wenn man mit einer 
gewöhnlichen Pravaznadel eine Dosis von z. B. Hydrarg. 
salicyl. in Paraffin, liquid, verteilt injiziert, so wird das 
Medikament durch die Spitzenöffnung der Nadel an einen 
einzigen Punkt im Gewebe suspendiert. Hierdurch wird [ 
das Gewebe gewaltsam auseinandergedrängt, es findet ein 


Druck auf die in der Nähe liegenden Nerven statt, die 
j Resorption wird beeinträchtigt und die Infiltratbiidung be¬ 
günstigt. Würde es gelingen, auf einen weiteren Raum 
so das Medikament zu verteilen, so würde ein Teil der er¬ 
wähnten Umstände wegfallen. Diese weiter gehende Ver¬ 
teilung wird nun erreicht durch eine Kanüle (Abbild.), deren 

EK r — 

Spitze zugelötet ist. Die Inj ektionsflüssigkoit wird infolge¬ 
dessen gezwungen, durch etwa 5—10 feine Oeffnungen, 
die seitwärts angebracht sind, nach allen Richtungen der 
Windrose ins Gewebe einzudringen und sich hier zu ver¬ 
teilen. 

In der Tat hat die Anwendung der Kanüle bei Hydrarg. 
salicyl. - Injektionen die Schmerzen sowohl während als 
nach der Injektionen herabgesetzt, wenn auch nicht voll¬ 
ständig beseitigt. Auch bei allen anderen subkutanen In¬ 
jektionen (Morphium, Kampferöl etc.) wird eine feinere 
Verteilung und eine größere Resorptionsfläche erzielt. 


Otto Mayer: Zur Epidemiologie und Bakteriologie der Pseudo¬ 
dysenterien. (Klinisches Jahrbuch, 1910, Bd. 23, H. 1.) 

Bei einer 'durch Pseudodyseiiteriebacillen hervorgerufenen 
Epidemie wurden 22 klinisch als Ruhr diagnostizierbare 
Krankheitsfälle und 31 Darmkatarrhe in der Umgebung der¬ 
selben beobachtet. Bei 52 dieser insgesamt 53 Krankheitsfälle 
wurde die Diagnose Pseudodysenterie bakteriologisch ge¬ 
sichert. Bei einem Kalle, der klinisch als Ruhr diagnostizier¬ 
bar war, konnte die bakteriologische Bestätigung nicht er¬ 
bracht werden. 

Außer bei Kranken wurden Pseudodyseiiteriebacillen noch 
bei 22 Bacillenträgern gefunden, welche sich als vollkommen 
gesund augaben. 

Die Beimengung von Schleim und Blut im Stuhle trat in 
verschiedenen Fällen erst sehr spät auf, am 16. bis 40. Tage 
von der Lazarettaufnahme. 


Ein Mann, der als gesunder Bacillenträger dem Garnison- 
lazarett zur Beobachtung und Isolierung überwiesen worden 
war, bekam am neunten Beobachtungstag blutige Durchfälle. 

Die Darmkatarrhe in der Umgebung der Ruhrfälle waren 
bei dieser Epidemie als echte Pseudoruhrerkrankungen auf¬ 
zufassen, wie teilweise die klinischen Beobachtungen, vor allem 
aber die bakteriologischen Stuhl- und Blutuntersuchungen be¬ 
wiesen. 

Es lag nahe, die Entstehung der Epidemie auf den Genuß 
infizierter Tierleber zurückzuführen; jedoch konnte der Be¬ 
weis für diesen Entstehungsmodus nicht einwandfrei erbracht 
werden. Eine Reihe von Fällen ließ sich als sichere Kontakt¬ 
infektionen nachweisen. 

Das Wiederaufflackern der Epidemie nach fast einmonat¬ 
lichem ruhrfreien Intervall war mit-größter Wahrscheinlich¬ 
keit auf einen Ruhrrückfall und einen zu früh als bakterien¬ 
frei entlassenen Rekonvaleszenten zurückzuführen. 




' 



492 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 32. 


Der in der „Anweisung zur Bekämpfung der Ruhr“ § 15 
Abs. 5 angegebene Termin, daß Ruhrkranke nach klinischer 
Gesundung entlassen werden dürfen, sobald zwei in ein¬ 
wöchigem Zwischenraum ausgeführte bakteriologische Unter¬ 
suchungen negativ ausgefallen sind, erwies sich als zu kurz. 
Bei Einhaltung desselben würden 44,4 pCt. der Rekonvales¬ 
zenten nach Ruhr, 36,3 pCt. jener nach Darmkatarrh in der 
Umgebung der Ruhrkranken als unverdächtig entlassen 
worden sein zu einer Zeit, in der sie noch lange nicht bacillen¬ 
frei waren. 

Nur bei den Bacillenträgern ohne vorangegangene Krank¬ 
heitserscheinungen hätte die Anweisung zur Bekämpfung der 
Ruhr genügt. 

Leute, die nach vorhergegangener Krankheit Pseudo¬ 
dysenteriebacillenträger wurden, schieden noch zirka zwei 
Monate lang verhältnismäßig große Mengen von Pseudoruhr¬ 
bacillen in festen Stuhlentleerungen aus. Ohne klinisch be¬ 
merkbare Resultate trat nach zweimonatlichem bacillenfreien 
Intervall eine mehrere Tage anhaltende Ausscheidung von 
Pseudodysenteriebacillen ein. 

Innerhalb der ersten vier Wochen genasen bakteriologisch 
nur 70 pCt. Von 28 schwerer Kranken schieden zwischen 5 
und 16 Wochen aus 31,14 pCt. Von 25 unter dem Bilde des 
gewöhnlichen Darmkatarrhs Erkrankten schieden zwischen 5 
und 12 Wochen aus 28 pCt. 

Von den 22 Bacillenträgern genasen bakteriologisch in der 
ersten Woche der Feststellung 81,8 pCt und schieden je zwei 
Wochen und je vier Wochen Pseudodysenteriebacillen aus 
je 9 pCt. 

Für die Gefährlichkeit eines Pseudoruhrbacillenträgers 
waren nicht klinische Gesichtspunkte oder die Beschaffenheit 
des Stuhles (fest oder nicht fest), sondern lediglich der bak¬ 
teriologische Stuhluntersuchungsbefund maßgebend. 

Der Bekämpfungserfolg bei der fraglichen Ruhrepidemie 
schien von der möglichst rasch und umfassend ausgeführten bak¬ 
teriologischen Untersuchung und der auf Grund dieser durch¬ 
geführten Isolierung abzuhängen. Die Isolierung der klinisch 
Ruhrkranken allein wäre nur eine halbe Bekämpfungsmaßregel 
gewesen. Es empfiehlt sich demnach bei Pseudodysenterie, 
Rekonvaleszenten mindestens drei Monate lang, von der klini¬ 
schen Genesung an gerechnet, als Bacillenträger zu behandeln 
und innerhalb dieser Zeit wöchentlich zu untersuchen. 

Bei allen Ausscheidern wurde der gleiche Bacillenstamm 
gefunden. Er stand nach den kulturellen Merkmalen dem 
Pseudodysenteriestamm D Kruse sehr nahe, war aber sero¬ 
logisch von diesem verschieden. Gruber-Widalsehe Re¬ 
aktion auf Pseudodysenterien wurde bei Ruhrkranken, Durch¬ 
fallkranken und Bacillenträgern nur gegenüber dem bei dieser 
Epidemie isolierten Stamm gefunden, und zwar in Serum¬ 
verdünnung 1 :50, bei Kranken gewöhnlich 1 :200. Die Reak¬ 
tion trat ungefähr vom 8. Krankheitstage ein; sie verschwand 
in einigen Fällen schon nach Verlauf von wenigen Wochen. 

Mühlschlegel. 

Prof. F. Jessen (Davos) und Lydia Rabinowitsch (Berlin): Ueber 
das Vorkommen von Tuberkelbacillen im kreisenden Blut 
und die praktische Bedeutung dieser Erscheinung. (Deutsche 
med. Wochenschrift, 1910, No. 24.) 

Erst seit wenigen Jahren ist durch exakte Untersuchungen 
nachgewiesen, daß nicht nur bei Miliartuberkulose, sondern 
auch schon bei beginnender Lungentuberkulose Tuberkel¬ 
bacillen im strömenden Blut sich finden. Die Verff. haben in 
dem Sanatorium von Jessen in Davos diese Angaben nach¬ 
geprüft und berichten nun über ihre Ergebnisse. Das zur 
Untersuchung gelangende Blut wurde in einer Menge von 
5—10 ccm durch Venenpunktion entnommen und daraus durch 
Zentrifugieren das Material zur Untersuchung gewonnen. Die 
Präparate wurden sowohl nach Ziehl-Neelsen wie nach 
Gram gefärbt. Die näheren Einzelheiten der Methodik seien 
hier übergangen. Von 36 Patienten wurde das Blut unter¬ 
sucht. Unter 12 Fällen des ersten Stadiums fanden sich 2 mal 
Tuberkelbacillen und Granula im Blut, unter 12 Fällen des 
zweiten Stadiums. 5 mal Tuberkelbacillen und einmal nur 
Granula. Die Verff. erörtern dann die Frage, ab der Nachweis 
von Tuberkelbacillen im strömenden Blut auch diagnostische 
Bedeutung gewinnen kann. Dies ist in der Tat der Fall. Es 
gibt Fälle, in denen allgemeine Krankheitserscheinungen wie 
Fieber, Schweiße, nervöse Störungen den Verdacht auf Tuber¬ 
kulose erwecken, ohne daß durch Husten, Auswurf oder den 
physikalischen Lungenbefund sich sichere Anhaltspunkte für 
Tuberkelbacillen ergeben. Die Verff. verfügen über 2 derartige 
Fälle; es ließen sich in beiden Bacillen und Granula im Blute 
nachweisen. Bei Kranken mit bestimmten allgemeinen Ge¬ 
sundheitsstörungen wird man also durch die Blutuntersuchung 
unter Umständen eine Tuberkulose feststellen können. Hin¬ 
gegen scheint für die Prognose der Befund von Tuberkel¬ 
bacillen von geringerer Bedeutung zu sein, denn sie wurden 
auch bei leichter Erkrankten gefunden, welche sich später gut 
erholten. R. L. 


Privatdozent Dr. Johann Fein (Wien): Halssclnnerz und Hals- 
driisenschwellung. (Wiener medizin. Wochenschrift, 1910, 
No. 25.) 

Der Hals ist sehr häufig der Sitz abnormer Sensationen, 
deren Ursachen nicht sofort erkennbar sind. Verf. hebt in vor¬ 
liegender Arbeit nachdrücklich hervor, daß katarrhalische 
Affektionen ganz leichten Grades auftreten, welche entweder gar 
nicht bemerkt werden oder nur eine unbedeutende Belästigung 
verursachen und daß erst nach Ablauf dieser Affektionen, 
welche vielleicht nur 1—2—3 Tage bestanden und kaum eine 
Erinnerung zurückgelassen hatten, der von der regionären in¬ 
fizierten Drüse ausgehende Schmerz dem Patienten zum Be¬ 
wußtsein kommt und daher als die eigentliche Krankheit auf¬ 
gefaßt wird. In diesen Fällen erhebt der Facharzt auch nach 
sorgfältigster Untersuchung des Rachens und der Nase einen 
vollkommen negativen Befund und ist dann genötigt, sich mit 
der Annahme einer Neurose oder dergleichen zu begnügen. 
Der Ursprung des Leidens erscheint aber bloß deshalb rätsel¬ 
haft, weil in der Regel bei der Untersuchung es unterlassen 
wird, genauer auf den eigentlichen Sitz der angegebenen 
Schmerzen einzugehen, indem die Palpation des äußeren Halses 
vernachlässigt wird. Wenn wir nun nach durchgeführter gründ¬ 
licher innerer Untersuchung des Rachens und seiner Nachbar¬ 
organe die Palpation des äußeren Halses folgen lassen, dann 
werden wir in vielen Fällen eine Aufklärung für die angegebe¬ 
nen Schmerzempfindungen auffinden. Diese Untersuchung zeigt 
nämlich bei den in Rede stehenden Krankheitsfällen einen auf 
Druck schmerzhaften Punkt an einer bestimmten Stelle. Die 
Stelle liegt ungefähr in der Höhe des Zungenbeins am vorderen 
Rande des Kopfnickers und entspricht jener Drüse, welche ihre 
Lage konstant, in dem Dreieck hat, das von der Jugularis, der 
Vena facialis und dem lateralen Biventerbande gebildet wird 
und entsprechend der Bezeichnung von H e n 1 e zur Gruppe 
der Glandulae cervicales profundae (auch Glandulae jugulares 
internae genannt) zu rechnen ist. Die Drüse ist leicht unter 
der Haut und dem Platysma zu tasten, wenn die Decke da¬ 
durch zur Entspannung gebracht wird, daß der Kopf des 
Kranken gegen die untersuchte Seite gebeugt wird. Wenn der 
tastende Finger die Drüse etwas nach aufwärts, median- und 
rückwärts drückt, wird der Kranke konstant Schmerz angeben 
und auf Befragen bestätigen, daß dieser Schmerz sowohl in 
seiner Qualität als auph in bezug auf seine Lokalisation mit 
demjenigen Schmerzgefühl identisch ist, welches den Schluck¬ 
akt begleitet. Mit diesem Palpationsergebnis haben wir den 
Sitz des Leidens und die Diagnose festgestellt. Es kann uns 
nicht überraschen, daß die Drüse auch bei der Ausführung 
von Schluckbewegungen von den umgebenden Muskeln ge¬ 
drückt wird und Schmerzen verursacht. Daß entsprechend der 
Lage der Drüse die starre Unterlage des Zungenbeins hierbei 
eine Rolle spielt, ist zweifellos. 

Die Therapie der geschilderten Affektion besteht in erster 
Linie in Dunstumschlägen. Die Empfindlichkeit der Drüse 
schwindet dann rasch, die Verkleinerung des Volumens geht 
langsamer vor sich. Zweitens kann bei Drüsen, welche nicht 
mehr allzu druckempfindlich sind, eine sanfte Massage geübt 
werden. Wird das Leiden nicht richtig erkannt und imaginäre 
entzündliche Veränderungen der Rachenschleimhaut für die 
Ursache desselben angesehen, dann wird — wie die Erfahrung 
lehrt — planlos das Allheilmittel aller Halskrankheiten, Pinse¬ 
lung mit irgendeinem Medikament, angewendet und wochen¬ 
lang fortgesetzt. Nichts ist besser geeignet, den anfänglich un¬ 
bedeutenden Reizzustand der affizierten Drüsen zu einem 
dauernden Schwellungszustand umzugestalten, als die im Quell¬ 
gebiete der Drüsen ausgeführten, mechanisch insultierenden 
und irritierenden Pinselungen. Während die Drüsenaffektionen 
in der Regel, wenn sie keine Behandlung erfahren, in wenigen 
Tagen ablaufen, wird ihr Entzündungszustand dadurch gestei¬ 
gert, daß in kritikloser Weise der Rachen als Sitz des Schmerzes 
oder des Unbehagens angesehen und zum Schauplatz der Be¬ 
handlung ausersehen wird. 

Dr. Karl Stern, Assistent der Heidelberger Universitäts-Haut¬ 
klinik: Ueber den Einfluß der Zittmannschen Kur auf den 
Ausfall der Wassermannschen Reaktion. (Medizin. Klinik, 
1910, No. 23.) 

Für die Beurteilung der Güte und Zuverlässigkeit einer 
Behandlung der Syphilis ist die Wassermann sehe Reaktion 
ein Maßstab geworden. Wenn dieser Satz auch nur mit einer 
gewissen Reserve vertreten werden darf, so ergibt doch durch¬ 
schnittlich die serologische Kontrolle der Syphilitiker, die wir 
Quecksilberkuren unterwerfen, gewisse Gesetzmäßigkeiten, die 
für die hohe Bewertung dieser Kuren Ins Gewicht fallen. Für 
die Mehrzahl der Fälle stimmt es, daß durch eine rite durch¬ 
geführte Quecksilberkur eine positive Wassermann sehe 
Reaktion negativ wird, daß das Abklingen der Reaktion bis 
zum vollkommenen negativen Eintritt im Verhältnis zu der 
Intensität der Behandlung steht, und daß bei den Fällen, bei 
denen die Reaktion unter der Quecksilberbehandlung positiv 
blieb, schnellerer Eintritt und stärkere Häufung der Rezidive 




No. 32. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


493 


zu erwarten steht. Aber nicht nur bei Quecksilber, sondern 
auch bei anderen Heilmethoden der Syphilis ist das Verhalten 
der Wassermann sehen Reaktion für die Bewertung der 
Kuren untersucht worden, so z. B. beim Jodkali, Atoxyl und 
Arsenophenylglyzin. Verf. war es nun interessant, den Ein¬ 
fluß der Zittmann sehen Kur zu studieren. Das Z i 11 - 
mann sehe Dekokt gehört zu den Mitteln, die von Kurpfuschern 
ganz speziell auf Kosten der Quecksilberbehandlung empfohlen 
werden. Eine große Reihe von Kurpfuscherbroschüren und 
Schriften weiß von dieser Behandlung die großartigsten Wir¬ 
kungen auf die Lues in allen Stadien der Erkrankung zu er¬ 
zählen. Die wissenschaftlichen Erfahrungen - stimmen damit 
nicht überein. Doch verdient die Zittmann sehe Kur unter 
bestimmten Voraussetzungen auch heute noch Berücksichtigung. 
Nach den Erfahrungen in der Heidelberger Klinik empfiehlt 
sich die gelegentliche Verwendung, erstens bei maligner Lues, 
die sich gegen Quecksilber resistent zeigt, zweitens bei tertiärer 
Lues, die aus irgendwelchen Gründen keine Quecksilber- und 
Jodbehandlung gestattet oder sich dagegen refraktär zeigt, 
drittens bei schwerer Stomatitis niercurialis, die zur Unter¬ 
brechung der Quecksilberkur zwingt. Gerade bei der malignen 
Lues scheint der augenblickliche Erfolg der Zittm annschen 
Kur manchmal überraschend. Doch gibt es auch Fälle genug, 
In denen sie völlig versagt. 

Das Material nun, das Verfassers Untersuchungen zugrunde 
lag, war nicht nach den oben gegebenen Indikationen aus¬ 
gewählt. Für ihn war die Fragestellung vielmehr die, wie 
wirkt unter den verschiedensten Bedingungen die Zittmann- 
sche Kur auf die Wassermann sehe Reaktion? Die Unter¬ 
suchungen erstreckten sich im ganzen auf 14 Fälle, die sämtlich 
vor der Behandlung positiv reagierten. Von diesen waren 10 
noch im primären oder sekundären Stadium der Krankheit. 
Bei den Fällen mit Primäraffekt und makulopapulösem Syphilid 
schien es, als ob in den ersten Tagen nach Beginn der Kur 
Besserung einträte. Aber bald brach der in Heilung begriffene 
Schanker wieder auf und das Exanthem wurde wieder deut¬ 
licher. Was nun die Wirkung dieser Kur auf die Wasser¬ 
mann sehe Reaktion betrifft, so ist sie in 13 von den 14 Fällen 
unverändert stark positiv geblieben. Es ist das um so mehr 
hervorzuheben, als eben die verschiedensten Formen der 
Krankheit Vorlagen, frische Lues, Lues recidiva, tertiäre Lues. 
Die Ergebnisse, die Verf. mit der Z i t tm a nn sehen Kur ge¬ 
macht hat, sind also sehr unbefriedigend. Die Kur ist nicht 
■zu empfehlen, wenn wir absehen von jenen Notfällen, in denen 
wir auf jede Quecksilberbehandlung verzichten müssen. Es 
zeigt sich zugleich in Verfassers Ergebnissen, daß sich die 
klinische Beobachtung sehr gut mit dem Resultat der serologi¬ 
schen Untersuchung deckt. K r. 

Dr. Carl Stern (Düsseldorf): Ueber die sogenannten Verfeine¬ 
rungen der Wassermannschen Reaktion. (Deutsche med. 

Wochenschrift, 1910, No. 24.) 

Verf. erörtert eingehend auf Grund seiner eigenen Erfah¬ 
rungen an ca. 3000 serologischen Untersuchungen sowie der in 
der Literatur sich findenden Berichte die Fehlerquellen der 
Wassermann sehen Reaktion und ihrer Modifikationen. Er 
kommt u. a. zu dem Ergebnis, daß etwa 2 pCt. aller Menschen 
eine positive Wassermann sehe Reaktion aufweisen, ohne 
daß sie Syphilis haben. Die Wassermann-Neisser- 
Bruck sehe Reaktion ist nach Verf. demnach nicht absolut für 
die Syphilisdiagnose entscheidend, sondern stets nur als Er¬ 
gänzung der klinischen Diagnose bezw. der Anamnese anzu¬ 
wenden. Auf Grund einer einmaligen Untersuchung ist in 
zweifelhaften Fällen bei positiver Reaktion die Diagnose Sy¬ 
philis nur mit Vorsicht zu stellen, vielmehr die Reaktion nach 
einigen Wochen zu wiederholen. Sämtliche Modifikationen der 
Wassermann sehen Reaktion, sofern sie grundsätzliche Ab¬ 
weichungen von der Originalmethodik bedeuten, sind nach Verf. 
lediglich zur Orientierung bei sicher Syphilitischen anzuwenden. 
Zur einwandsfreien Diagnose zweifelhafter Fälle genügen die 
Modifikationen nicht. 

Privatdozent Dr. D. v. Tahora (Straßburg): Ueber den Aderlaß 

bei Kreislaufstörungen und seinen unblutigen Ersatz. 

(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 24.) 

Nach Verfasser ist man bisher bei der therapeutischen 
Verwendung des Aderlasses nicht richtig vorgegangen. Vor 
allem sind die von verschiedenen Aerzten bei der Venae sectio 
entleerten Blutmengen ziemlich willkürliche gewesen. Die 
einen entleerten kleinere Mengen, die anderen größere; im 
Durchschnitt gelten 200 ccm als Normalmenge. Ferner mangelt 
es an bestimmten Grundsätzen für die Indikationsstellung. In 
dieser Beziehung will Verfasser nur bestimmte Grundlagen 
schaffen. Auf Grund seiner Untersuchungen stellt er den Satz 
auf: Der Aderlaß, bezw. sein unblutiger Ersatz, das Ab¬ 
binden der Glieder, ist bei bestehender Kreislaufstörung nur 
dann indiziert, wenn der Venendruck erhöht ist. 
Der Venendruck wird in der V. mediana mittels des Phlebo- 


tonometers des Verf. gemessen. Der Aderlaß hat, wenn 
er in ausreichendem Maße geübt wird, die Wirkung, den 
Venendruck herabzusetzen, daneben verringert er auch die 
Viskosität des Blutes. Aber es hat sich gezeigt, daß kleinere 
Blutentleerungen, von 150—200 ccm, einen erhöhten Venen¬ 
druck nur ganz unbedeutend herabsetzen; eine ausreichende 
Wirkung läßt sich nur durch Entnahme größerer Blutmengen, 
die 6—10 pCt. der Gesamtblutmenge betragen, also 300 bis 
500 ccm, erreichen. Am zweckmäßigsten macht man den Ader¬ 
laß unter Kontrolle durch Messung; Verfasser bestimmt mit 
dem Phlebotonometer in der Mediana des einen Armes den 
Druck fortlaufend, während aus der Vene des anderen das Blut 
abfließt; man muß bestrebt sein, den Venendruck tunlichst bis 
zum Normalwert auf etwa 60—80 ccm Wasser zu reduzieren, 
wo das nicht angeht, muß man ihn jedenfalls nach Möglichkeit 
erniedrigen. In manchen Fällen kann man sogar ohne Ge¬ 
fahr mehr als 500 ccm Blut entleeren. — Ist man bei anämi¬ 
schen Kranken genötigt, jeden Blutverlust zu vermeiden, so 
bietet das Abbinden der Glieder einen Ersatz für den Aderlaß. 
Die größte von Verfasser durch Abbinden beobachtete Druck¬ 
herabsetzung betrug 143 mm Wasser (von 217 mm auf 74 mm). 
Das Abbinden der Glieder wirkt jedoch langsamer als der 
Aderlaß; wo Gefahr im Verzüge liegt, ist daher dem letzteren 
ceteris paribus der Vorzug zu geben. Die Binden muß man 
mindestens 1—2 Stunden liegen lassen und dann ganz allmäh¬ 
lich und vorsichtig lösen, um Kollapse zu verhüten. Verfasser 
bedient sich des Abbindens nicht nur zum Ersatz, sondern oft 
auch zur Ergänzung der Venaeseetio, in Fällen, in denen ein 
ausreichender Aderlaß dem Patienten nicht zugemutet werden 
kann; es wird dann an eine Venaeseetio von zirka 300 ccm 
ein Abbinden angeschlossen. Die beiden Methoden zur Ent¬ 
lastung des nervösen Systems hat Verfasser bei zwei Gruppen 
von Kreislaufstörungen in Anwendung gebracht, bei kar¬ 
dialen Dekompensationen und bei Pneumonien mit 
Kreislaufschwäche. Besonders wirksam erweist sich in 
schwereren Fällen von Dekompensation die Kombination der 
Digitalistherapie mit einer der genannten Methoden, ln 
manchen Fällen konnte die Digitalis Wirkung erst nach der 
Venaeseetio sich überhaupt entfalten. Während bei primärer 
kardialer Dekompensation eine Erhöhung des Veuendruckes 
eine frühzeitige Erscheinung ist, fehlt sie in der Regel bei der 
pneumonischen, auf Vasomotorennachlaß beruhenden Kreis¬ 
laufstörung. Tritt sie hier doch auf, so weist sie auf das Hin¬ 
zutreten von Herzschwäche hin und kann dann ebenfalls einen 
Aderlaß indizieren. Doch mahnt ein schlechter Puls bei der 
Ausführung eines Aderlasses speziell bei der Pneumonie zur 
Vorsicht. R. L. 

Privatdozent Dr. Max Herz (Wien): Genußmittel als Heilmittel 
bei Herzkranken. (Medizin. Klinik, 1910, No. 22.) 

Verfasser zeigt, daß Genußmittel in großem Umfange die 
Rolle von Heilmitteln übernehmen können. Speziell bei Herz¬ 
kranken hält Verfasser es stets für einen Vorteil, wenn er die 
letzteren durch die ersteren zu ersetzen vermag. Wir ent¬ 
gehen dadurch der oft so lästigen Häufung von Medikamenten, 
führen dem Organismus Stolle zu, für deren Aufnahme von 
vornherein eine instinktive Neigung besteht, deren Wirkungen 
uns genauer bekannt sind, als diejenigen irgend eines Medika¬ 
mentes, deren Gebrauch erfahrungsgemäß durch Jahrzehnte 
ohne Schaden fortgesetzt werden kann und die schließlich für 
den Kranken noch viel mehr als für den Gesunden dadurch 
von unschätzbarem Werte sind, das sie, sagt Verfasser, ihm 
in das Grau des Alltagslebens einen, wenn auch noch so 
blassen Strahl jener Sonne werfen, auf die all unser Sehnen ge¬ 
richtet ist, des Glückes. Verfasser berücksichtigt in erster 
Linie den Alkohol, den Kaffee, den Tee und den Tabak. Das 
strikte Verbot dieser Genußmittel bei Herzleiden aller Art 
bildet eine für den Kranken derzeit so selbstverständliche 
Maßnahme, daß der Arzt, der seiner Autorität nicht ganz sicher 
ist, sich nur schwer zu Konzessionen nach dieser Richtung ent¬ 
schließt, auch dann, wenn ein Verbot ihm selbst nicht dringend 
angezeigt oder gar bedenklich erscheinen mag. Die Aversion 
gegen die Genußmittel bei Herzkranken ist vor allem darin 
begründet, daß man sich in Ermangelung einer anderen, sicht¬ 
baren Aetiologie vielfach bemüßigt sieht, ihren Abusus für 
die Entstehung hauptsächlich der Herzmuskelerkrankungen 
und der Arteriosklerose verantwortlich zu machen. Nach 
Verfassers Ansicht geht man hierbei viel zu weit, weil man 
kein Recht hat, aus den besonderen Eigentümlichkeiten, welche 
die derzeitigen Lebensgewohnheiten des männlichen Ge¬ 
schlechtes darbieten, ohne weiteres einen Schluß auf die Ent- 
slehungsweise derjenigen Krankheiten zu ziehen, welche das 
männliche Geschlecht bevorzugen. Die Kenntnis der even¬ 
tuellen Giftwirkung läßt sich nicht einmal als Argument für 
die gänzliche Entziehung eines Stoffes bei einem an ihn ge¬ 
wöhnten Organismus verwerten, denn es ist wohl bekannt, daß 
bei einem plötzlichen Wegfall einer durch lange Zeit — und 
hier handelt es sich um Jahrzehnte — dem Körper konti¬ 
nuierlich einverleibten Substanz pathologische Erscheinungen 




494 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 32. 


der heftigsten Art auftreten können, die Abstinenzsymptome, 
die das Wohlbefinden des Kranken stark beeinträchtigen, ja 
in Anbetracht der Labilität seiner Herzfunktion in weiterer 
Folge sein Leben in Frage stellen können. Von den ver¬ 
breiteten Genußmitteln möchte Verfasser am Krankenbette 
vor allem den Alkohol nicht missen. Seine Verwendung als 
Analeptikum wird mit Unrecht bei Herzkranken vernach¬ 
lässigt. Freilich ist hier eine genaue Individualisierung sehr 
am Platze. Es muß in jedem Falle festgestellt werden, ob und 
in welchem Umfange der Kranke an den Alkoholgenuß ge¬ 
wöhnt ist und ob es sich nicht um eine jener Personen handelt, 
welche schon auf minimale Mengen sehr heftig besonders mit 
Kongestionen und Herzklopfen reagieren. Sehr häufig kann 
uns der Alkohol außerordentlich wertvolle Dienste leisten, 
wenn es sich um die Bekämpfung eines Symptomes handelt, 
das nur zu wenig gewürdigt zu werden pflegt, obwohl es den 
größten Einfluß auf die Entwickelung eines chronischen Herz¬ 
leidens auszuüben vermag, nämlich die dauernde peinliche 
psychische Verstimmung. Auch als Schlafmittel, steht der 
Alkohol bei Herzkranken dem Verfasser näher als manches 
der gebräuchlichen Präparate. Ein ganz ähnliches Anwen¬ 
dungsgebiet findet der schwarze Kaffee, weniger der Tee. Er 
bewährt sich gleich dem Kampfer als ein ausgezeichnetes 
Herztonikum und Analeptikum. Schließlich bespricht Verf. 
die hohe Bedeutung der Zigarre für den herzkranken Raucher. 

Kr. 

Dr. Erich Aschenheini (Heidelberg): Ueber familiären hämo¬ 
lytischen Ikterus. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 24.) 

Verf. lenkt die Aufmerksamkeit auf ein in Deutschland 
weniger als in Frankreich beachtetes Krankheitsbild, welches 
in einem auf Hämolyse beruhenden familiären Ikterus besteht. 
Der von Verf. beobachtete Fall betrifft einen 6% jährigen 
Knaben, welcher eine gelbliche Gesichtsfarbe hat, die seit 
einigen Jahren besteht, auch leicht gelblich verfärbte Skleren. 
Der Knabe leidet an häufigen Fieberanfällen, bei der Auf¬ 
nahme war die Temperatur 38,3", sie fiel in einigen Tagen 
zur Norm ab. Leber und besonders die Milz sind erheblich ver¬ 
größert. Der Kot war stets cholisch. Im Urin war die Probe 
auf Urobilin und Urobilinogen stets stark positiv. Der Vater 
des Knaben, 45 Jahre alt, leidet ebenfalls, angeblich seit 
seiner Geburt, au Ikterus und bietet, abgesehen von den Fieber¬ 
anfällen, im wesentlichen den gleichen Befund wie sein Sohn. 
Beide haben einen sehr herabgesetzten Hämoglobingehalt im 
Blut, der Knabe 30—50 pCt., der Vater 55 pCt. Was im übrigen 
die Blutbeschaffenheit anlangt, so besteht eine Resistenzvermin¬ 
derung der Erythrocyten; der Färbeindex ist herabgesetzt. 
'Dauernd besteht hochgradige Anisocytose (Megalocyten und 
Mikrocyten). Stets finden sich granulierte Erythrocyten (bei 
Vitalfärbung). Veränderungen zeigen auch die Leukocyten, 
doch sind diese weniger charakteristisch. Ihre Zahl ist leicht 
vermehrt, die Vermehrung betrifft vorwiegend die poly¬ 
nukleären neutrophilen, es finden sich fast immer, vorwiegend 
im granulierten System, einige jugendliche Formen. — Eine 
ändere Bezeichnung für das Leiden ist: chronischer achol- 
urischer Ikterus. Das Wesen der Krankheit scheint darin zu 
bestehen, daß es aus vorläufig unbekannten Ursachen zu einem 
vermehrten Zerfall der Erythrocyten kommt. Dies führt zur 
Pleiochromie, als deren Folge tritt Stauung in den Gallen¬ 
kapillaren und Ikterus auf. Auch der Milztumor ist. auf den 
vermehrten Abbau der Erythrocyten zurückzuführen. R. L. 

Ernst Mayer: Ueber biliäre Lebercirrhose infolge von Gallen¬ 
steinerkrankung und ihre Bedeutung für die Indikation 
operativer Eingriffe. (Dissertation, Straßburg 1909.) 

Der sichere Nachweis einer fortgeschrittenen biliären 
Cirrhose bei Cholelithiasis, insbesondere das Auftreten von 
Ascites, verschlechtert bedeutend die Proguose einer sonst gut 
gelingenden Operation. Man muß annehmen, daß in solchen 
Fällen die Leber nicht mehr imstande ist, ihrer Funktion als 
Exkretionsorgan zu genügen und das Blut von den Gallen¬ 
bestandteilen zu befreien, die für die Cholämie verantwortlich 
zu machen sind. Es ist daher in solchen Fällen eine Operation 
nur als allerletztes Mittel zu betrachten, von dem nur in den 
wenigsten Fällen, in denen die Leber noch nicht zu hochgradig 
geschädigt ist, ein Erfolg zu erwarten ist, das aber in den 
meisten Fällen nicht imstande ist, den tötlichen Ausgang zu 
verhindern. Hieraus ergibt sich, daß man nicht zu lange mit der 
Operation warten soll, wenn man einen Choledochusverschluß 
konstatiert hat, um solche Komplikationen zu verhindern, die 
in kürzester Zeit auftreten können. F. 



Indikationsgebieten und in modifizierter Anwendungsform. 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 23 u. 24.) 

Verf. teilt in der vorliegenden Arbeit eine Reihe von 
Krankengeschichten mit, welche beweisen sollen, daß das An¬ 
wendungsgebiet der Magenspülungen erheblich weiter als bis¬ 
her ausgedehnt werden muß, da eine ganze Reihe von Krank- 


I heitszuständen, abgesehen von den eigentlichen Magenkrank¬ 
heiten, durch methodisch geübte Magenspülungen geheilt oder 
wenigstens gebessert werden. Verf. fand, daß durch die Magen¬ 
spülung die resorptive Tätigkeit der Magenschleimhaut ge¬ 
fördert wird. Eine Steigerung der Resorption ist aber ohne 
Steigerung der Zirkulation nicht möglich; die Magenspülung 
fördert also den Blut- und Lymphstrom in der Magenwamf. 
Dadurch wird zunächst auf anatomische und funktionelle 
Krankheitszustände des Magens selbst günstig eingewirkt, in 
zweiter Linie aber auch auf die dem Magen benachbarten 
Bauchorgane. Hier kommt vor allem das Pankreas in Be¬ 
tracht. ln der Tat gelingt es nach Verf. eine Reihe von Dia¬ 
betesfällen durch methodische Magenspülungen zu heilen oder 
zu bessern. Solche Formen von Diabetes sind nach Verf. als 
sekundäre anzusehen, hervorgerufen durch dauernde Schädi¬ 
gung des Pankreas von seiten erkrankter Nachbarorgane. We¬ 
nige Spülungen können genügen, um einen Patienten, der mo¬ 
natelang Zucker ausschied, dauernd zuckerfrei zu machen, wenn 
auch das zugrunde liegende Leiden zunächst noch weiter be¬ 
steht. Verf. hat allerdings auch in einer ganzen Zahl von 
Fällen bei Diabetikern durch Magenspülung keine Besserung 
erzielt. Ferner erzielte Verf. durch die Magenspülungen bei 
Krankheiten der Leber und insbesondere bei Cholelithiasis 
gute Erfolge, indem der Gallenfluß angeregt und dadurch 
der Abgang von Steinen befördert wird. Günstig wirkte die 
Magenspülung auch bei manchen chronischen Gastroenteri¬ 
tiden, bei Cholera nostras, bei Pruritus ani, bei Dickdarm¬ 
katarrhen. Manchmal wurde eine langjährige Acne, die wahr¬ 
scheinlich auf chronischer Gastritis beruhte, durch Magen¬ 
spülungen beseitigt. Ein weiteres Indikationsgebiet stellen die 
Anämien und Chlorosen junger Mädchen dar, die nach Verf. 
teilweise auf einer peptischen Insuffizienz des Magens be¬ 
ruhen, welche durch die Ablenkung des Blutes von den Ver¬ 
dauungsorganen zur Zeit der Periode hervorgerufen wird. 
Häufig wurden allgemeine psycho-neurotische Störungen und 
Entkräftungszustände durch Magenspülungen gebessert, soweit 
ihnen nämlich Magenaffektionen zugrunde liegen. Endlich er¬ 
zielte Verf. auch bei Asthma Besserungen oder Heilungen 
durch Magenspülung. — Zum Schluß erwähnt Verf. einige 
von ihm eingeführte Modifikationen der Technik der Magen¬ 
spülung. Er hat an seinen Magenschläuchen neben den üb¬ 
lichen 2 Sondehfenstern noch 10—12, auf eine Strecke von 
10 cm von der Spitze aus verteilte Löcher von 3—4 mm Durch¬ 
messer mittels einer glühenden Nadel eingebrannt. Diese 
Löcher verhindern das Einsaugen von Magenschleimhaut in. 
die Sondenfenster. Deswegen lassen sich auch größere Druck¬ 
differenzen im Magen erzielen, wie solche für die Anregung 
der Zirkulation wichtig sind, ohne daß man dabei Schleimhaut¬ 
verletzungen zu befürchten hätte. Man läßt das Wasser unter 
mäßigem Druck einfließen und senkt dann den Trichter so tief 
wie möglich, um einen recht raschen Rückfluß zu erzielen. Zur 
leichteren Einführung des Schlauches gibt Verf. seinen Patien¬ 
ten ein Hartgummimundstück zwischen die Zähne, von Gestalt 
eines rechteckigen Klotzes, aus dem eine die Dicke des 
Schlauches etwas überragende Längsrinne herausgearbeitet 
ist. Vorne rechts trägt es einen kleinen Handgriff, der mit 
Daumen und Mittelfinger gehalten wird. R. L. 

Dr. Adolf Schnee (Berlin): Ueber das Schrothsche Heilver¬ 
fahren. Aus der stationären Abteilung der Universitäts- 
Anstalt für Hydrotherapie zu Berlin. (Zeitschrift für phy¬ 
sikalische und diätetische Therapie, 1910, Bd. 14, H. 3.) 

Der Autor weist auf die Entwickelung der Hydrotherapie 
hin, die heute den ersten Platz unter den physikalischen Heil¬ 
methoden einnimmt, bis vor nicht allzulanger Zeit aber noch 
als Kurpfuscherei par excellence betrachtet wurde. Daher 
verlohnt es sich auch, das S c h r o t h sehe Heilverfahren unter 
die kritische Lupe der Wissenschaft zu nehmen. Nach einem 
kurzen historischen Rückblick werden die bisher über diese 
Kurmethode erschienenen Publikationen zeitlich geordnet be¬ 
sprochen und besonders bei jenen von Jürgensen und 
Sandoz länger verweilt, aus denen einige markante Ab¬ 
schnitte im Wortlaut zitiert werden. Neben diesen beiden hat 
sich besonders Möller (Dresden) des Schrothschen Ver- 
1 fahrens angenommen. Seine Angaben sollen die Grundlage 
für die vorzunehmenden Versuche bilden. Hierauf folgen 
genaue Daten und Tabellen über einen während mehrerer 
Wochen an der stationären Abteilung der Universitätsanstalt 
für Hydrotherapie zu Berlin beobachteten und eine gewisse 
Zeit der S c h r o t h sehen Kur unterzogenen Fall von Adi¬ 
posität, der durch Lungenemphysem und linksseitige Ischias 
kompliziert war. 

Aus der Beobachtung dieses einzigen Falles läßt Bich 
natürlich kein abschließendes Urteil fällen, doch darf man sich 
auf Grund des vorliegenden Materials wohl dahin aussprechen, 
daß eine Kur nach den S c h r o t h sehen Vorschriften nur mit 
größter Vorsicht und unter steter Kontrolle durchgeführt 
werden sollte, da sie einen sehr energischen Eingriff bedeutet. 



No. ü'2. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


4! >5 


Die Unterernährung und hauptsächlich die Wasserentziehung 
führen zu einer rapiden Gewichtsabnahme, greifen den Ge- 
samjorganismus an und werden selbstverständlich besonders 
schon vor Einleitung einer solchen Kur geschwächte Organe 
■von geringerer Widerstandsfähigkeit beeinflussen. 

ln der Folge sollen genaue Stoffwechselversuche in einer 
Reihe von Fällen weiteren Aufschluß geben, welchen reellen 
Wert wir dieser Behandlungsmethode beizumessen haben. 

A. S. 

Erich Suntheim: Ucber konjugale Tabes und Paralyse. Aus 
der neurologischen Abteilung des Eppendorfer Kranken¬ 
hauses. (Inaugural-Dissertation, Leipzig 1909.) 

Der Arbeit Suntheims liegen 23 Fälle von konjugaler 
Tabes und Paralyse zugrunde. Die systematische Durch¬ 
musterung einer größeren Zahl von Familien, in denen ein 
Mitglied an Tabes oder Paralyse leidet, hat den überraschend 
hohen Prozentsatz von 9 pCt. konjugaler Erkrankung ergeben. 
Auffallend groß ist die Zahl konjugal (sekundär oder primär) 
erkrankter Ehemänner, wenn die Frauen wegen Tabes Auf¬ 
nahme gefunden haben (18 pCt.). Die Verteilung der beiden 
Krankheiten auf beide Gatten entspricht den'bisher gemachten 
Beobachtungen. Es wird ferner bestätigt, daß meist der Mann 
zuerst erkrankt; daß die Frau häufig eine kürzere Latenzzeit 
•zwischen Infektion und nervöser Erkrankung zeigt. Die Er¬ 
krankung des zweiten Gatten an Tabes zeigt auch hier einen 
piogredienteren Verlauf der primären gegenüber; dagegen 
nimmt die Paralyse des zuerst erkrankten Gatten den rapide¬ 
ren Verlauf. Lues kann auffallenderweise für beide Erkran¬ 
kungen in noch nicht 50 pCt. der Fälle festgestellt werden. 
•Gut die Hälfte der Fälle zeigt genügende Behandlung, die 
■entgegen den bis jetzt gemachten Beobachtungen die Erkran¬ 
kung des Nervensystems nicht zu beschleunigen scheint. Der 
in der Literatur oft betonte ähnliche Beginn und weiterhin 
Aehnlichkeiten im ganzen Bild beider Gatten konnte nicht 
besonders häufig beobachtet werden. Eine Ausnahme mach¬ 
ten Pupillenveränderungen, Romberg sches Symptom, Ge¬ 
dächtnisschwäche. Auch unter den vorliegenden Fällen von 
Paralyse überwog die demente Form; an zweiter Stelle fand 
sich beim Mann vorwiegend verändertes Wesen, Größenideen; 
bei der Frau die depressiven Formen. Die wenigen Fälle mit 
dreifacher Erkrankung zeigten einmal auffallende Aehnlich- 
keit bei den an 2. und 3. Stelle Erkrankten, keine Aehnlichkeit 
mit dem zuerst erkrankten Teil (dem Mann). In zwei anderen 
Fällen traten je drei ganz verschiedene Krankheitsbilder auf 
(Paralyse-Taboparalyse-Tabes). Sehr wesentlichen Einfluß 
scheint Paralyse der Eltern auf den Gesundheitszustand der 
Kinder zu haben; über 50 pCt. sind Fehlgeburten, deren Zahl 
bei Tabes die Durchschnittszahl von 10 pCt. fast nicht über¬ 
steigt. Der Kinderreichtum einer Ehe ist nur um ein geringes 
herabgesetzt. Kinderlose Ehen finden sich bei der Tabes in 
28 6 pCt., gegen 15 pCt. der Norm; bei Paralyse beider Eltern 
scheint Kinderlosigkeit (22,2 pCt.) nicht häufiger zu sein als bei 
Paralyse nur eines Teiles (23,2 pCt.). 

Pclcr Schäfer: Ueber die familiären und konjugalen Fälle von 
nrogressiver Paralyse und Tabes dorsalis. (Inaug.-Dissert., 
Berlin 1909.) 

Zur Erklärung des familiären und konjugalen Vorkom¬ 
mens von Paralyse und Tabes glaubt Verfasser nicht eine be¬ 
sondere Luesvarietät annehmen zu dürfen, sondern neben dem 
exogenen Faktor, der Syphilis, noch ein endogenes Moment, 
eine funktionelle Schwäche des zentralen Nervensystems, bei 
den später an Paralyse und Tabes Erkrankenden voraussetzen 
zu müssen. Diese Schwäche oder Minderwertigkeit von Gehirn 
oder Rückenmark kann angeboren sein oder im Laufe des 
Lebens durch Vorgänge erworben, wie sie z. B. in E d i n g e r s 
Ersatztheorie gemeint smd. Und die definitive Erkrankung 
scheint dem Verfasser dann durch von den Spirochaeten pro¬ 
duzierte giftige Substanzen und deren Wirkung auf das ge¬ 
schwächte zentrale Nervensystem erklärt zu werden. F. 

Kotiertet! Sievcrs: Ein Fall von Pseudobulbärparalyse durch 
Schul!Verletzung. (Mitteilungen aus den Grenzgebietender 
Medizin und Chirurgie, Bd. 21, H. 1.) 

Verfasser teilt einen Fall von Schädelschuß mit, der neben 
einem eigenartigen Schußverlauf einen recht interessanten 
Komplex von cerebralen Ausfallerscheinungen aufzuweisen 
hotte. Es handelte sich um einen Patienten, der am Unfalls¬ 
tage unter mittelschwerer Shockwirkung bei klarem Bewußt¬ 
sein mit einer schweren Beeinträchtigung des Sprachvermögens 
eingeliefert wurde. Die Diagnose lautete wegen der enormen 
Zertrümmerung des Gehirns auf Tangentialschuß. Das Pro¬ 
jektil sollte im Cerebrum stecken. Die Parese der linken 
körperhälfte erklärte sich aus dem Sitz des Einschusses in der 
■Gegend der rechten motorischen Region. 


Auffallend blieb die Sprachstörung. Es handelt sich um 
die Deutung dieser Sprachstörung. Das Wortverständnis war 
intakt, nur die äußere Sprache versagte, es war keine Spur 
von Lautbildung vorhanden. Daneben besteht doppelseitige 
Facialis- und Hypoglossuslähmung, Lähmung resp. Schwäche 
der Pharynx- und Kehlkopfmuskiilatiir. Die Diagnose 
schwankte zwischen der von Wernicke beschriebenen als 
subcorticale, von D e j e r i n e als rein motorische Aphasie be- 
zeichneten Form der Sprachstörung und zwischen einer An- 
arthrie. Letztere Annahme erwies sich später als die richtige. 
Dieser Symptomenkomplex ist als Pseudobulbärparalyse be¬ 
kannt. Daneben bestanden Augenmuskelstörungen, die sich 
nicht hi das Schema einfügen lassen. Es bestand assoziierte 
Blicklähmung nach links und oben kombiniert mit doppel¬ 
seitiger Ptosis. 

Es handelt sich nun darum, diesen Symptomenkomplex 
mit dem Sektionsbefund in Einklang zu bringen. Die spastische 
Hemiparese der linken Extremitäten bereitete der Lokalisation 
keine Schwierigkeit. Schwieriger ist schon der Symptomen¬ 
komplex der Pseudobulbärparalyse zu erklären. Verfasser 
bewegt sich bei diesen Erklärungen auf Wegen, die, wie er 
selbst sagt, nur Hypothesen bleiben. 

E. Schnitze: Zur Frage der postoperativen Psychosen. (Deutsche 

Zeitschrift für Chirurgie, Bd. 104, H. 584.) 

An der Hand von 12 Beobachtungen schildert S c h. Genese, 
Verlauf, Prognose und Therapie des Kraukheitsbildes. In einer 
großen Zahl der Fälle handelt es sich um prädisponierte bezw. 
belastete Individuen. Meist ist die Psychose keine idiopathische, 
sondern sie ist mittelbar verursacht durch die das Grundleiden 
begleitenden Erscheinungen, wie Fieber, Intoxikationszustände, 
Ikterus, Inanitions- und Schwächezustände. Somit hat sich die 
Therapie in erster Linie die Beseitigung dieser ursächlichen 
Momente zur Aufgabe zu machen und Sch. weist überzeugend 
an seinen Fällen nach, wie nach Beseitigung von Infektions¬ 
und Intoxikationsherden die Psychose prompt zurückging. In 
der Mehrzahl der Fälle ist die Prognose günstig, nur die Minder¬ 
zahl behält dauernd geistige Defekte. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. P. Ewald (Hamburg-Altona): Zur Actiologie der Myositis 

ossificans traumatica. (Zentralblatt für Chirurgie, 1910, 

No. 22.) 

Es ist schon von vielen Autoren, die über die Myositis 
ossificans nach einmaligem Trauma gearbeitet haben, aufge¬ 
fallen, daß diese Knochenbildung einzelne Stellen des Körpers 
bevorzugt: am häufigsten wird der M. brachialis internus, dann 
der Quadriceps femoris, insbesondere der yastus extern, er¬ 
griffen, ganz selten sind die Gefäßmuskeln, der Deltoideus, 
der Coracobrachialis, der Masseter befallen. Verschiedene 
Erklärungsversuche sind gegeben worden: Muskelruptur, 
llächenförmige Ausbreitung der in Frage kommenden Muskeln, 
stumpfes Trauma ohne Knochenverletzung, starke Irritation 
des Muskels (z. B. durch Repositionsversuche nach Luxatio 
| cübiti post.), oder auch durch frühzeitige Massage und Gym¬ 
nastik, Hämatombildung im Muskel innerhalb lind außerhalb 
des Periosts. Als Ursachen für die Entstehung werden das 
Periost und das Muskelbindegewebe in Betracht gezogen. 
Einige Autoren lehnen strikt den einen oder anderen Ent- 
stehimgsmodus ab, die meisten nehmen jedoch beides an. 
Nicht beantwortet wird aber trotz aller Erklärungsversuche die 
Frage, warum gerade ein paar Stellen im menschlichen Körper 
Piädilektionssiiz der Affektionen sind, während doch jeder 
Teil des Rumpfes und der Extremitäten genügend oft starken 
Stößen ausgesetzt ist. Immer sind die Muskeln in der Nähe der 
Gelenke Sit? der Myositis ossificans traumatica. Ein Fall von 
Muskelverknöcherung nach Hüftverrenkung nach hinten ließ 
Verfasser diese Frage naher untersuchen. Auch dieser Fall 
weist aul eine Beteiligung irgendeiner Gelenkkomponente hin, 
wie ja auch die Myositis ossificans nach reponierter und nicht 
reponierter Luxatio cubiii post, etwas recht Häufiges ist. Von 
den einzelnen Gelenkteilen, die die Gewebe zur Knochenbil¬ 
dung in der Art der Ausbreitung und Entwicklung, wie wir 
sie bei der Myositis ossificans beobachten, beeinflussen können, 
kommt nur die Synovia in Betracht: sie kann sich in die Muskel- 
interstitien ergießen und Veranlassung zu dem schalenförmi¬ 
gen Bau der Verknöcherung geben, sie läßt auch — als ent- 
wicklungsgeschlchtlich eng verwandt mit dem Knochen- 
Knorpelgewebe — die Vorstellung zu, daß sie einen Reiz auf 
das Muskelbindegewebe ausüben kann. Für diese Annahme 
spricht auch das häufige Rezidiv nach zu frühzeitig vorge¬ 
nommener Operation, dafür auch der oft angegebene Befund 
von Cysten im Tumor mit bernsteinheller (synoviaähnlicher?) 
Flüssigkeit. — Zur Herausbildung einer Myositis ossificans 
scheint aber immer zu gehören, daß ein fleischiger, breiter 
Muskel der verletzten Gelenkstelle aufliegt, und daß dieser 
erheblich gequetscht oder zerrissen ist. K r. 



496 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 32. 


Dr. Willy Pullmann (Ollenbach): Ein neues Meßinstrument für 

Extremitäten. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 24.) 

Um genaue Messungen der Länge der Extremitäten, be¬ 
sonders der unteren, vornehmen zu können, muß man einer¬ 
seits immer zwischen den gleichen Knochenvorsprüngen messen 
(z. B. Spina ant. superior und Malleolus ext.), andererseits 
muß die Messung von der verschieden starken Entwicklung 
der Weichteile (Haut, Muskulatur) unabhängig sein. Bei der 
Messung mittels eines Meßbandes läßt sich dies nicht erreichen. 
Verfasser iiat deshalb ein Instrument, konstruiert, welches 
aus Metall besteht und in seiner Einrichtung sich an die bei 
Tischlern und Schlossern gebräuchliche Schublehre anlehnt. 
Es besteht aus einem Maßstab mit Zentimeterteilung, der in 
einer Doppelschiene verschiebbar ist. Rechtwinklig angebrachte 
Fortsätze mit stumpfen Enden dienen zum Anlegen an die 
maßgebenden Knochenpunkte und bewirken, daß die Messung 
durch die Weich teile nicht behindert wird. (Der Apparat 
wird von dem Mechaniker der chirurgischen Universitätsklinik 
zu Greifswald, Herrn Karbow, angefertigt.) R. L. 

Privatdozent Dr. Leopold Freund, Assistent d. Klinik. Prof. 

Finger in Wien: Die Röntgenbehandlung der Kröpfe. 

(Wiener med. Wochenschrift, 1910, No. 21.) 

Verf. hat, seitdem die Röntgentherapie der Kropfes auf¬ 
kam, im ganzen 23 Fälle nach dieser Methode behandelt. Da¬ 
von betrafen 6 Fälle Basedow-Kranke. Von letzteren war 
wiederum 1 Fall rasch und stürmisch unter hochgradigem 
Exophthalmus bedeutender Schilddrüsenvergrößerung, außer¬ 
ordentlich rascher Pulsfrequenz, Dyspepsie, Abmagerung, 
Schlaflosigkeit, nervösen Störungen aufgetreten. Der Verlauf 
der fünf anderen Basedow-Fälle war milder und chronischer. 
Die übrigen 17 Fälle von Kropf betrafen durchweg Fälle der 
parenchymatös-kolloiden Form in den verschiedensten Graden, 
welche entweder bloß als kosmetischer Defekt oder auch 
wegen hochgradigster Behinderung der Atmung, die sie ver¬ 
ursachten, zur Behandlung kamen. Was die Resultate bei den 
echten Strumen anlangt, so war unmittelbar oder kurze Zeit 
nach der Röntgenbestrahlung, welche immer im „Kreuzfeuer“, 
d. h. unter solchen Bedingungen stattfand, daß die Strahlen¬ 
energie bei geringer Reizung der Oberfläche im Innern der Tu¬ 
mormasse konzentriert wurde, bei 11 von 17 Fällen eine geringe 
Volumenverkleinerung des Kropfes zu konstatieren, die sich 
den Patienten darin dokumentierte, daß sie nunmehr Hemd¬ 
kragen, die ihnen bis vor der Behandlung zu eng gewesen 
waren, leicht tragen konnten. Objektiv gemessen, betrug die 
Verkleinerung der Halscircumferenz zumeist (bei sieben 
Fällen) höchstens 2 cm, nur bei drei Fällen konnte Verf. eine 
Verkleinerung des Halsumfanges um 3—4 cm konstatieren. 
In einem einzigen Falle, bei einer 46 Jahre alten Dame, bei 
welcher eine anscheinend rein parenchymatöse Struma ohne 
Kolloidknoten bestand, der rechte Schilddrüsenlappen apfel¬ 
groß und auch der Isthmus beträchtlich hypertrophisch war, 
war der unmittelbare Erfolg noch wesentlicher. Verf. hat die 
Dame zwei Jahre später wieder zu Gesicht bekommen; der 
Kropf war wieder fast vollständig zurückgekehrt. Ob dies da¬ 
mit zusammenhing, daß die Röntgenbehandlung zu wenig ra¬ 
dikal war oder daß die Patientin in ihre alten Lebensbedin¬ 
gungen zurückkehrte, kann Verf. nicht entscheiden. Er be¬ 
strahlte die Patientin wieder, und zwar nach gleicher Methode, 
wie vor zwei Jahren. Der Kropf wurde wieder kleiner, aber 
nicht mehr in demselben Maße wie nach der ersten Behand¬ 
lung. Bei 6 von diesen 17 Patienten hatte die Bestrahlung 
keine nachweisbare Verkleinerung der Schilddrüsen zur Folge. 
Bei den sechs Basedow-Fällen trat nach der ersten Behand¬ 
lung durchweg eine Besserung des Allgemeinbefindens, der 
Stimmung, des Schlafes, des Appetits, bei zwei Fällen auch 
eine Erhöhung des Körpergewichtes auf. Der Exophthalmus 
wurde aber in allen sechs Fällen, gar nicht, die Struma und 
die rasche Herzaktion hei je einem Falle geringfügig beein¬ 
flußt, trotzdem die Bestrahlung so intensiv war, als es über¬ 
haupt zulässig erschien. Verf. hat von seinen 23 Fällen später 
14 wiedergesehen. Sowohl bei den Fällen von parenchymatös- 
kolloidem Kropfe, als auch bei den Basedowikern mußte Verf. 
feststellen erstens, daß der Erfolg der ersten Behandlung nicht 
nachhaltig war, zweitens, daß bei der zweiten und den fol¬ 
genden Behandlungen der Effekt immer mehr nach¬ 
ließ. Die Resultate, über die Verf. verfügt, sind demnach im 
großen und ganzen nicht besonders begeisternd. Soweit Verf. 
die Literatur übersieht, stehen diese Erscheinungen mit jenen, 
welche andere Autoren an einem größeren Beobachtungs- 
material gewonnen haben, nicht im Widerspruch. Trotzdem 
sollte nach Verfassers Ansicht die Röntgenbehandlung der 
Kröpfe nicht überhaupt und gänzlich aufgegeben werden. Sie 
hat in manchen Fällen unzweifelhaft einen, wenn auch nicht 
bedeutenden und andauernden, so doch immerhin nachweis¬ 
baren günstigen Einfluß. Von dieser Wirkung sollte man 
speziell "in einem ganz besonderen Falle nicht absehen, und 
zwar bei jenen durch Kröpfe bewirkten Stenosen der Luft¬ 
röhre von Leuten, welche wegen sehr hohen Alters, wegen 


Myokarditis, Arteriosklerose, stenokardischen Anfällen u. dgl.. 
nicht mehr operiert werden können. Gerade in solchen Fällen, 
hat Verf. von der Röntgenbehandlung den allergrößten Nutzen 
gesehen. K r. 

F. L. Dumont: Uekurrensläsionen bei Strumaoperationen.. 

(Deutsche Zeitschrift f. Chirurgie, Bd. 104, pag. 386.) 

Nach eingehender Schilderung der anatomischen Verhält¬ 
nisse und der von Roux geübten Technik der Strumektomie 
berichtet D. über 16 operative Rekurrenslähmungen, welche 
bei 1148 Strumektomien binnen 22 Jahren in der Klinik von 
Roux beobachtet worden sind. 9 mal handelte es sich um 
Durchschneidung oder Ligatur des Rekurreus, 7 mal um leichte 
Zerrungen oder Quetschungen des Nerven, dessen Parese nur 
vorübergehender Natur war. Bei den kompletten Durchschnei¬ 
dungen pflegt die Stimme dauernd klanglos zu bleiben, wenn 
auch durch die Ueberkreuzung des gesunden Stimmbandes 
ein Teil der Störung kompensiert wird. Am sichersten schützt 
vor der Rekurrensverletzung die von Roux geübte Enuklea¬ 
tionsmethode mit vorheriger Unterbindung der Arteriae thy- 
reoideae sup. et inf. Die Ligatur der Art. thyr. inferior ist- 
möglichst zentral von ihrer Kreuzung mit dem Nerv, recurrens, 
auszuführen. 

G. Nyström: Kritische Bemerkungen zu einigen neueren Ar¬ 
beiten über die Sensibilität der Bauchorgane. (Mitteilungen 
aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, Band 21, 
Heft 1.) 

Als früherer Assistent Lennanders wendet sich Ver¬ 
fasser gegen einige neuere Arbeiten über die Sensibilität der 
Bauchorgane, die mit den Erfahrungen Lennanders in 
Widerspruch zu stehen scheinen. Nach Lennander ist das- 
Peritoneum parietale intensiv schmerzempfindlich, dagegen be¬ 
sitzen Magen, Darm, Omentum, Gallenblase, Leber, Pankreas, 
Milz, Nierenparenchym, innere weibliche Genitalien und 
die Serosa der Harnblase keine Empfindung für Schmerz, Be¬ 
rührung, Wärme und Kälte. Ueber die Empfindlichkeit der 
Mesenterien ist man noch nicht einig. 

Im Gegensatz zu Lennander haben sehr umfassende 
Untersuchungen von Melzer und Käst, allerdings nur bei 
Hunden ergeben, daß der Magen- und Darmkanal Schmerz¬ 
empfindung besitzt; die vermeintliche Analgesie der Organe 
beruht auf dem injizierten Kokain. 

Dagegen konnte L. R. Müller bei entsprechenden Tier¬ 
experimenten keine Schmerzempfindlichkeit der Bauchorgane 
nachweisen. Karl Ritter bestätigte wiederum die Angaben 
von Melzer- Käst. Verfasser kommt auf Grund eigener 
exakt ausgeführter Versuche zu den Schluß, daß die Erfah¬ 
rungen, die aus dem Tierexperiment gewonnen wurden, nicht 
auf. den Menschen übertragen werden konnten. 

Ebensowenig ist trotz zahlreicher Hypothesen die Ent¬ 
stehung der Bauchschmerzen geklärt. Auch hier steht Leu¬ 
nander in Opposition gegen allgemeine Auffassungen.. 
Nothnagel erklärte sie einfach durch Zusammenpressen 
der Darmnerven bei den gewaltigen Kontraktionen. Als die 
Erklärung durch Lennanders Untersuchung als unrichtig 
zurückgewiesen wurde, meinte er, daß die Schmerzen durch 
die entstehende Ischämie ausgelöst würden. Auch diese Er¬ 
klärung hielt einer genaueren Prüfung nicht stand. Len¬ 
nanders Erklärung fußt auf der Schmerzempfindung des 
Mesenteriums bei Zugwirkung und auf dem durch die harten 
Dannschlingen ausgeübten Druck auf die Bauchwandserosa. 

Wilms konnte auch diese Erklärung nicht für stich¬ 
haltig ansehen und griff wieder auf die auf das Mesenterium 
geübte Zugwirkung zurück. 

Der Streit drehte sich nun hauptsächlich darum, ob die 
Schmerzempfindung nur den spinalen Nerven zukomme, ob 
demnach der N. sympathicus überhaupt keine schmerzemp¬ 
findlichen Fasern besitzt. 

L. R. Müller meint, daß die bisherigen Beobachtungen 
nicht als endgültig beweisend angesehen werden können. Er 
meint vielmehr, daß Schmerzen auch durch die sympathischen 
Nerven auf das Zentralnervensystem übertragen werden. 
Jedenfalls entbehren alle bisherigen Angriffe gegen Len¬ 
nanders Hypothesen einer hinreichenden Begründung. 

Adler (Pankow-Berlin). 

Dr. F. Ochleckcr (Hamburg-Eppendorf): Pathologische intra¬ 
peritoneale Harnblasenruptur. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 24.) 

Verf. berichtet über einen Fall, in welchem eine spontan 
eingetretene Ruptur der Harnblase bei einem 70 jährigen Mann 
mit Erfolg operiert wurde. Der Kranke kam erst 4 Tage nach 
Eintritt der Perforation in das Krankenhaus; er war fast mori¬ 
bund, hatte seit 4 Tagen keinen Stuhlgang und keine Urin¬ 
entleerung gehabt. Vor der Operation wurde angenommen, 
daß es sich um ein Carcinom des Colons oder des Rektums 
mit Perforation in die Blase und Peritonealhöhle handelte. Nach 



No. 32. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


497 


Oeffnung der Bauchhöhle erst wurde der wahre Sachverhalt 
erkannt. Es .fand sich an der Hinterfläche der Blase an der 
linken Seite ein schräg verlaufender, etwa 5—6 cm langer, 
unregelmäßiger Riß, aber kein Tumor. Der Riß wurde mit 
Katgut doppelt vernäht. Da außerdem Zeichen beginnender 
Peritonitis bestanden, wurde die Bauchhöhle mit 60—70 Litern 
physiologischer Kochsalzlösung ausgespült, die Bauchwunde 
bis auf eine Lücke für das Drainrohr vernäht, und ein Dauer¬ 
katheter in die Blase gelegt. Der Zustand des Patienten war 
an den beiden ersten Tagen nach der Operation sehr bedroh¬ 
lich, dann trat eine rasche Besserung ein. Die Kryoskopie des 
bald nach der Operation entnommenen Blutes ergab den Ge¬ 
frierpunkt — 0,66 °, am dritten und vierten Tage fand sich der 
Wert von —0,59", dann wurde er normal —0,56". Am 
8. Tage nach der Operation setzten dann von neuem Erschei¬ 
nungen von Peritonitis ein; die Bauchhöhle wurde deshalb 
durch linksseitigen Pararektalschnitt von neuem geöffnet; die 
Blasennaht hatte gehalten, aber die Darmschlingen waren mit 
eitrig fibrinösen Massen bedeckt. Die Bauchhöhle wurde mit 
physiologischer Kochsalzlösung ausgespült und dann bis auf 
eine Drainagestelle geschlossen. Auch diesen Eingriff über- 
tand der Patient. Er konnte schließlich nach 3 Monaten geheilt 
entlassen werden. Die Blase hielt wieder 400 ccm Urin. Bei 
der cystoskopischen Untersuchung fand sich jetzt mäßiger 
Grad von Balkenblase. Die Narbe an der Rißstelle war kaum 
zu erkennen, ln mäßigem Grade fand sich Hypertrophie des 
Mittellappens der Prostata. — Während die meisten Blasen¬ 
rupturen durch ein plötzliches Trauma hervorgerufen werden, 
handelte es sich hier um eine spontane oder, was Verf. für 
eine richtigere Bezeichnung hält, pathologische Harnblasen¬ 
ruptur. Der Kranke hatte schon seit 3—4 Jahren erschwerte 
Urinentleerung gehabt; in der letzten Zeit mußte er alle halbe 
Stunde, manchmal noch häufiger urinieren. Schließlich war 
die Ruptur eingetreten, als er eine Viertelstunde im Bett lag 
und sich auf die andere Seite drehen wollte. In der Literatur 
finden sich einige Fälle von Ruptur der bei Prostatahyper¬ 
trophie oder bei Harnröhrenstrikturen überdehnten Blase. 
Ferner körnen bei Neubildungen der Blase, ulcerativen Pro¬ 
zessen etc., Spontanperforationen vor. Im vorliegenden Falle 
lag die Ursache der Perforation wohl in Ueberdehnung der 
Blase bei partieller Wandschwäche. Bemerkenswert waren die 
Erscheinungen von Urinintoxikation in den ersten Tagen nach 
Eintritt der Perforation, die sich in dem Ergebnis der Blut- 
kryoskopie zeigten. Die Urinsalze wurden in der Bauchhöhle 
resorbiert und erhöhten wahrscheinlich die Salzkonzentration 
des Blutes. 

Dr. Kiellenthner (München): Ueber die Behandlung der Pro¬ 
statahypertrophie. (Münch, med. Wochensehr., 1910, No. 21.) 

Verf. gibt einen Ueberblick über die in der Gegenwart 
dem Arzt zu Gebote stehenden Methoden zur Behandlung der 
Prostatahypertrophie. Er bespricht zunächst die allgemeinen 
Grundsätze, welche bei der Prophylaxe des Leidens im Auge 
zu halten sind und wesentlich darauf hinauslaufen, Kon¬ 
gestionszustände der Beckenorgane zu verhüten. Dann geht 
Verf. auf die Behandlung über. Er erwähnt u. a. die Behand¬ 
lung der Prostata mit Röntgenstrahlen. Bei manchen Kranken 
verlieren sich danach die Beschwerden, andere, dagegen rea¬ 
gieren mit einer heftigen Exazerbation der Schmerzen, wieder 
andere werden gar nicht beeinflußt. Nach Verf. sind die 
weichen Formen der Hypertrophie am besten der Röntgen¬ 
behandlung zugänglich. Eine wirkliche Heilung durch Rönt¬ 
genbehandlung hat er allerdings niemals gesehen. Verf. be¬ 
spricht darauf die Katheterbehandlung, die ja die wichtigste 
Rolle in der Therapie der Prostatahypertrophie spielt, und geht 
dann zu den operativen Methoden über. Kurz erwähnt er 
B o 11 i n i s galvanokaustische Behandlung, deren Nachteile er 
hervorhebt; sie ist in den letzten Jahren fast ganz durch die 
rein chirurgischen Methoden der Prostatektomie verdrängt 
worden. Die Prostatektomie kann sowohl auf perinealem 
Wege wie auch transvesikal ausgeführt werden; die transvesi- 
kale Methode ist besonders durch den englischen Chirurg 
Frey er ausgebildet worden. Verf. schildert die Technik so¬ 
wohl der perinealen wie der transvesikalen suprapubischen 
Prostatektomie, und bespricht auch die Nachbehandlung. In 
bezug auf die Frage: perineale oder transvesikale Methode? 
gibt Verf. folgende Regel: Ist die Prostata klein, vernarbt 
oder vereitert, so wird man die subtotale perineale Prosta¬ 
tektomie machen; ist sie sehr groß, gegen die Blase entwickelt 
und hat sich ein sogen. Mittellappen gebildet, so wird man 
die transvesikale Prostatektomie ausführen. In bezug auf die 
Indikation zur Prostatektomie steht Verf. auf folgendem Stand¬ 
punkt: Solange die Katheterbehandlung sich ohne Gefahr 
durchführen läßt, ist die Operation nicht nötig. Erst Störungen 
der Harnentleerung, die eine Gefahr mit sich bringen, und die 
durch die gewöhnlichen Maßnahmen nicht zu beeinflussen 
sind, bedingen die Operation. Hierher sind infizierte Fälle 
zu rechnen, bei denen der Harn durch regelmäßiges Kathete- 
risieren sich nicht unter 300 ccm herabdrücken läßt, ferner I 


Fälle, bei denen es unter dem Einfluß des Residualharns zur 
aufsteigenden Infektion des Nierenbeckens und der Nieren zu 
kommen droht, endlich Fälle, bei denen die Ausführung des 
Katheterismus auf besondere Schwierigkeiten stößt (Schmerz¬ 
haftigkeit, Blutungen, Strikturen, fälsche Wege). Ferner ist die 
Operation indiziert bei Hämaturien, die aus der die Prostata 
bedeckenden Schleimhaut oder aus dem übrigen Harnapparat 
ohne jede Veranlassung auftreten können, einmal, weil sie oft 
eine ganz außerordentliche Heftigkeit erreichen, und dann 
auch, w'eil sie unter Umständen auf beginnendes Carcinom 
der Drüse hinweisen, das natürlich so früh als möglich entfernt 
werden sollte. Endlich würde Verf. auch bei solchen Patienten 
die Prostatektomie machen, die bereits verschiedene Male eine 
Lithötripsie durchgemacht haben und bei denen es immer 
wieder im Recessus prostaticus zur Bildung von Konkrementen 
kommt. Die Operation kann unter Lumbalanästhesie gemacht 
werden. Schwerere Nierenerkrankungen stellen im allgemei¬ 
nen eine Kontraindikation gegen die Operation dar. 

Prof. W. Zangemeister (Königsberg i Pr.): Ueber die Verbrei¬ 
tung der Streptokokken im Hinblick auf ihre Infektiosität 
und ihre hämolytische Eigenschaft. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 24.) 

Verf. kam bei seinen Untersuchungen im wesentlichen 
zu folgenden Ergebnissen: Streptokokken finden sich am ge¬ 
sunden Menschen häufig. Im Mund kommen sie in ca. 62 pCt. 
der Fälle vor, im Rektum und in der Scheide fand Verf. sie 
bei Kreißenden in etwa 30 pCt. An der äußeren Haut sind 
sie relativ selten. Die Umgebung von Mund, Anus und Vagina 
ist erheblich reicher an Streptokokken (25 pCt.) als die übrige 
Haut (ca. 15 pCt.), wobei aber die Haut der Hand namentlich 
solcher Personen eine Ausnahme macht, welche viel mit 
Streptokokken in Berührung kommen (Hebammenhand: 
42 pCt.). In der Frauenmilch fand Verf. sie unter 10 Fällen 
nur einmal, hier waren aber Rhagaden vorhanden. Alle diese 
Streptokokken sind anhämolytisch, entweder handelt es sich 
dabei um den Streptococcus anhaemol. vulgär, oder den virid. 
In der Umgebung des Menschen nehmen sie rapid ab, so daß 
man den Menschen als den Verbreiter der Streptokokken an- 
sehen muß. Verf. hat in der Königsberger Frauenklinik alle in 
Betracht kommenden Räume auf Streptokokken untersucht und 
dabei festgestellt: Wände, Fußböden, Möbel, Vorhänge etc. 
waren fast stets — selbst auf der Infektionsabteilung — strepto¬ 
kokkenfrei, ebenso Abgüsse, Abwässer und dergl. Ausnahms¬ 
weise fanden sich Streptokokken an solchen Gegenständen, 
welche viel mit den Händen oder anderen streptokokkenhal¬ 
tigen Körperteilen oder Sekreten in direkte Berührung kom¬ 
men (Türklinken, Griffe von Sterilisatoren, Sterilisiertrom¬ 
meln, Untersuchungsstühle etc.). In der Luft ließen sich 
Streptokokken fast nie nachweisen. Nur w r eim unmittelbar vor¬ 
her und in nächster Nähe gesprochen worden war, fanden sich 
Streptokokken in der Luft, und zwar unter solchen Umständen 
recht häufig. — Im Gegensatz zu diesen relativ spärlichen 
Streptokokkenbefunden am gesunden Menschen und in seiner 
Umgebung zeigte die Nachbarschaft von Kranken mit strepto¬ 
kokkenhaltigen Infektionssekreten einen geradezu verblüffen¬ 
den Streptokokkenreichtum. Bettgestelle, Bettwäsche waren 
auch, wenn eine sichtbare Verunreinigung mit den Sekreten 
gar nicht stattgefunden hatte, mit kultivierbaren Streptokokken 
übersät. Diese waren anhämolytisch, wenn ein Sekret 
mit anhämolytischen Streptokokken abgeschieden wurde, hä¬ 
molytisch, wenn das Sekret der betreffenden Patienten hämo¬ 
lytische Streptokokken enthielt. Streptokokken ließen sich 
jederzeit durch Eintrocknen (z. B. an Seidenfäden) einige 
Wochen lebend erhalten. Von derartigen Kranken und ihrer 
Umgebung geht also eine Gefahr aus, die allerdings lediglich 
dort in Betracht kommt, wo andere Kranken mit frischen 
Wunden behandelt werden. Diese Gefahr wächst erheb¬ 
lich, wenn die klinischen Erscheinungen auf den Strepto¬ 
kokkenreichtum eines Wundsekretes nicht oder nicht mehr 
hinweisen, wie dies bei manchen normalen Wöchnerinnen oder 
nach bereits abgelaufener Streptokokkeninfektion der Fall ist. 

Dr. Martin Zade (Jena): Studien über immunisatorische, ins¬ 
besondere phagocytäre Vorgänge am Auge. (v. Graefes 
Archiv für Ophthalmologie, Baud 75, Heft 1.) 

Die Untersuchungen des Verf. haben zu folgenden Ergeb¬ 
nissen geführt: 1. Die Tränenflüssigkeit enthält weder bakte- 
ricide Substanzen noch Opsonine. 2. Das Vorderkammerwasser 
normaler, nicht gereizter Augen (Kaninchen, Hund und Mensch) 
enthält keine baktericiden Stoffe und keine Opsonine. Nach 
einmaligem Ablassen des Kammerwassers tritt in dem zweiten 
Ersatzkammerwasser baktericide und opsonische Kraft zutage. 
Ebenso treten Opsonine in die vordere Augenkammer bei den 
verschiedensten Reizzuständen des Auges über. Diese durch 
Reizung hervorgerufene Ansammlung von Opsoninen steht 
quantitativ erheblich zurück hinter der opsonischen Kraft des 
Blutserums. Dioninreizung ruft geringere opsonische Wirkung 
im Kammerwasser hervor als subconjunctivale Kochsalzinjek- 



498 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 32. 


tionen. 3. Die Abtölung von Pneumokokken in der Bauchhöhle 
des Meerschweinchens und im Glaskörper des Kaninchens kann 
ohne nachweisbare Phagocytose allein durch Bakteriolyse her¬ 
beigeführt werden. 4. Bei zwei sicher wirkenden Immunseris 
ließ sich weder im Tierkörper noch im Reagensglas eine bak- 
teriotrope Wirkung feststellen. 5. Die nach Hornhaut- und Glas- 
körperinjektionen auftretenden Opsonine sind nicht spezifisch. 

Dr. Robert Salus (Prag): Das Verhalten des Corpus ciliare zu 
Antikörpern. (v. Graeies Archiv für Ophthalmologie, 
Band 75, Heft 1.) 

Die Versuche des Verf. haben u. a. folgende Resultate er¬ 
geben: Von den Antikörpern gehen in das unbeeinflußte 
Kammerwasser am leichtesten die Agglutinine und Antitoxine 
(bei passiver Immunisierung), etwas schwieriger die Bakterio- 
lysine, in geringster Menge die Hämolysine über. Komplemente 
s : nd im ersten Kammerwasser nicht nachweisbar. Nach Punktion 
der Kammer nimmt der Gehalt des Kammerwassers an Anti¬ 
körpern sehr stark zu, ohne jedoch den gleichzeitigen Gehalt 
des Serums zu erreichen. Die Eiweißpräzipitine nehmen eine 
Sonderstellung ein, indem für dieselben von Seite des nor¬ 
malen Ciliarkörpers eine absolute Retention besteht. In bezug 
auf den Uebertritt in das nach der Punktion neu angesammelte 
Kammerwasser verhalten sich dagegen diese Antikörper wie 
alle übrigen. Die Abfuhr der in das zweite Kammerwasser 
übergehenden Präzipitine erfolgt sehr rasch, vielleicht rascher 
noch, als die der anderen Antikörper. Das Auftreten stärkere]' 
Hämolyse im lebenden Körper ist durch Rotfärbung des 
Kammerwassers, besonders des nach Punktion sich wieder an¬ 
sammelnden, ausgezeichnet erkennbar. In bezug auf die ma- 
kroskopisoh sichtbare Präzipitation verhält sich die Vorder¬ 
kammer wie ein Reagensglas, indem bei geeigneter Versuchs¬ 
anordnung diese Reaktion in der Vorderkammer in charak¬ 
teristischer Weise auftritt. R. L. 

Augenarzt Dr. Neuhann, Arzt der Provinzial-Augenheilanstalt 
Münster i. W.: Zur operativen Behandlung der rezidivie¬ 
renden ekzematösen Hornhautentzündung. (Medizinische 
Klinik, 1910, No. 4.) 

Verf. nimmt Stellung zu der in No. 52 der „Medizinischen 
Klinik“, 1909, erschienenen Arbeit von Schultz-Zeh den 
(Berlin), in der die Blepharotomie respektive Kanthoplastik 
als sicheres Mittel empfohlen wird, der rezidivierenden Binde¬ 
hautentzündung sofort Einhalt zu gebieten und Rückfälle zu 
verhindern. Es läßt sich nach N. nicht leugnen, daß in einer 
Reihe von Fällen nach der Operation der Verlauf der Erkran¬ 
kung eine günstige Wendung nimmt. Oft genug konnte aber 
Verf. sich überzeugen, daß die Kanthoplastik nicht imstande 
ist, Rückfälle zu verhüten, was nach der Art der Erkrankung 
auch von vornherein anzunehmen ist. Verf. hält die Kantho¬ 
plastik bei ekzematösen Hornhauterkrankungen für indiziert, 
wenn gleichzeitig die Lidspalte verengt ist und ein starker 
Lidkrampf besteht, der jeder medikamentösen und Hydro¬ 
therapie widersteht. Mit letzterer kommt man immer aus, wenn 
klinische Behandlung möglich ist. Kann aber aus irgend einem 
Grunde klinische Behandlung nicht stattfinden, so kann man 
die Grenzen für die Operation ruhig etwas weiter ziehen. Der 
operative Eingriff läßt sich ganz gut ambulant ausführen. 
Kinder mit ekzematöser Bindehautentzündung --- auch rezi¬ 
divierender — sollten in keinem Falle der Kanthoplastik 
unterzogen werden. K r. 

Prof. Dr. H. Herzog (Berlin, z. Z. Triest): Ueber die Natur des 
Trachomerregers. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, 
No. 23.) 

Wie Verfasser mitteilt, ist es ihm gelungen, den Nachweis 
zu führen, daß die Elemente der Trachomkörper mit gewissen 
zur Zeit noch nicht gekannten Involutionsformeu des Gono- 
coccus Neisser identisch sind und daß die Infektion mit dem 
Trachom dadurch zustande kommt, daß diese bisher unbekann¬ 
ten Wachstumsformen des genannten Keimes auf Grund einer 
symbiotischen Anpassung an einen intraepithelialen Parasitis¬ 
mus sich fortdauernd innerhalb der Epithelzellen der Conjunc- 
tiva vermehren, hierselbst die bekannten als Trachomkörper 
bekannten Zoogloeen bildend. Es ist Verfasser möglich ge¬ 
wesen, die gleichen Wachstumsformen durch fortgesetzte Züch¬ 
tung von Reinkulturen des Gonococcus Neisser auf Wert- 
heim-Agar kulturell zur Entwickelung zu bringen und mit Hilfe 
der Giemsafärbung darzustellen. Verfasser nennt diese Invo¬ 
lutionsformen des Gonococcus Mikrogonokokken. Nach Verf. 
gehört somit der Trachomerreger nicht zu den Protozoen, son¬ 
dern zu den Bakterien. Er hat auch bei zweifelloser Gono¬ 
blennorrhoe mit dem Rückgang der akut entzündlichen Er¬ 
scheinungen das völlige Verschwinden der typischen Gono¬ 
kokken und das Auftreten der Involutionsformen mit Bildung 
typischer Trachomkörper beobachtet. Bei typischem frischen 
Trachom fanden sich intraepithelial noch Mikrogonokokken 
vom Habitus der normalen Gonokokken, sogen. Uebergangs- 


formen der Mikrogonokokken, gleichzeitig . mit typischen 
Trachomkörpern. Endlich ist es Verf. auch in einem Falle, bei 
einem an Glaucoma absolutum erblindeten Auge, gelungen, 
durch Verimpfung einer Reinkultur des Gonococcus auf die vor¬ 
her gesunde Conjunctiva 14 Tage nach der Impfung die Ent¬ 
wicklung typischer Trachomkörper zu erzielen. R. L. 

von Schjerning: Sanitätsstatistische Betrachtungen über Volk 
und Heer. (Bibliothek v. Coler-v. Schjerning, 1910, 
Band 28.) 

Verfasser, der Generalstabsarzt der Armee, versteht es 
ausgezeichnet, die Zahlen, die die Statistik haufenweise um ihn 
antürmt, zu ordnen, zu gestalten und mundgerecht vorzusetzen. 
Es ist eine helle Freude, die Betrachtungen zu lesen und zu 
ersehen, wie vielfach, fest und innig die Beziehungen sind, die 
Volk und Heer zum Besten der Nation verknüpfen. Das Heer 
ist ein Teil des Volkes, aus den kräftigen, wehrfähigen Söhnen 
des Volkes zusammengesetzt, und von der Volkski'aft und der 
Volksgesundheit ist die Beschaffenheit des Heeres abhängig. 
Wie ein Sohn seinem Vater ähnelt, so ähnelt die Armee dem 
Volke, aus dem sie stammt, und wie der Sohn gewisse Eigen¬ 
tümlichkeiten, bestimmte Züge und Charaktereigenschaften vom 
Vater ererbt, so weist auch das Heer in seiner Zusammen¬ 
setzung und Beschaffenheit, in seiner körperlichen und psychi¬ 
schen Art Aehnlichkeiten mit der Gesamtbeschaffenheit und 
mit dem Gesamtcharakter des Volks auf. Und umgekehrt 
wirkt die Armee auf das Volk und das Volkswohl und die 
Volksbeschaffenheit ein. Sie ist ein Erziehungsfaktor der Nation 
geworden, sie bildet und formt die Söhne des Volkes, die zu 
den Fahnen gerufen sind, zu Soldaten, sucht sie gesund zu er¬ 
halten, an Geist und Körper harmonisch auszubilden, erzieht 
sie zur Hygiene und in der Hygiene und bestrebt sich, sie ge- 
kräftigt nach vollbrachter Dienstpflicht ihrem bürgerlichen Be¬ 
ruf zurückzugeben, damit sie — gesund und geformt — hier 
wirken und selbst ihren Herd und ihre Familie gründen 
können. 

Verf. teilt seine Arbeit in 3 Abschnitte: 

■ I. Die Grundlagen der deutschen Wehrkraft; 

II. Gesundheitszustand des Heeres, nach Krankenzugang 
und Sterblichkeit; 

III. Einfluß des Heeres auf das Volk. 

ln Anbetracht des allgemeinen Interesses und der ma߬ 
gebenden Persönlichkeit des Verfassers halte ich es für das 
Beste, die Endergebnisse unverkürzt wiederzugeben. 

I. 

1. Die Wehrkraft ist bisher in Deutschland noch nicht er¬ 
heblich gesunken; aber.es wird aller Anstrengungen bedürfen, 
sie auf der Höhe zu halten oder zu bessern. 

2. Die Wehrkraft ist abhängig von der Geburtenziffer und 
der Säuglingssterblichkeit. 

3. Die Säuglingssterblichkeit übt auch Einfluß aus auf Zahl 
und Beschaffenheit der Tauglichen, indem in Gegenden mit 
hoher Säuglingssterblichkeit auch die Ueberlebenden vielfach 
körperlich minderwertig sind; alle Maßnahmen zur Bekämpfung 
der Säuglingssterblichkeit sind daher auch im Interesse der 
Wehrkraft des Volkes lebhaft zu unterstützen. 

4. Der Beruf der Militärpflichtigen an sich ist von ver¬ 
hältnismäßig geringerem Einfluß auf ihre Körperbeschaffen¬ 
heit und Militärtauglichkeit, als Herkunft und Abstammung 
(Stadt- und Landbevölkerung). 

5. Die Zahl der aus der Armee entlassenen Dienstbrauch¬ 
baren und Invaliden (Rentenempfänger) ist zwar gewachsen, 
läßt aber die Annahme eines schlechter werdenden Ersatzes 
nicht ohne weiteres zu, da vielfache Umstände, z. B. die Ein¬ 
führung der zweijährigen Dienstzeit, strengere Anforderungen 
im Dienst, größere Milde bei den Invalidisierungen usw., diese 
Zunahme der Entlassungen begründen. 

6. Ueber die wirkliche Ursache der Untauglichkeit ent¬ 
scheiden die bei den Gestellungspflichtigen gefundenen Fehler 
und Gebrechen. Bei den Gestellungspflichtigen sowohl wie bei 
den zum einjährig-freiwilligen Dienst berechtigten Militärpflich¬ 
tigen steht die allgemeine Schwächlichkeit als Untauglichkeits¬ 
grund obenan (bei etwa V., aller Untauglichen). Bei den ersteren 
folgen in absteigender Reihenfolge die Fehler an den Glied¬ 
maßen, Herzfehler, Plattfußzustände, Refraktionsfehler, Krampf¬ 
adern, Verkrüppelungen, Ohrenleiden, Lungenkrankheiten, 
Narben und Geisteskrankheiten. Bei den zum einjährig-frei¬ 
willigen Dienst Berechtigten ist die Reihenfolge: Herzfehler, 
Refraktionsfehler, Fehler der Gliedmaßen, Lungenkrankheiten, 
Unterleibsbrüche, Krankheiten der Ohren, Plattfuß, Narben, 
Fettleibigkeit, Krampfadern. 

Bei den Einjährig-Freiwilligen über wiegen hiernach die 
eigentlichen Organerkrankungen, während bei den übrigen 
Militärpflichtigen die äußeren Körperschäden im Vordergründe 
stehen. 

7. Der Einfluß der Schule auf die Militärtauglichkeit zeigt 
sich in folgendem: 



No. 32. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


499 


a) Von den höheren Schulen (mit der Berechtigung zur | 
Ausstellung von Belähigungszeugnissen für den einjährigen I 
Dienst) haben die meisten Tauglichen geliefert die Landwirt¬ 
schaftsschulen; es folgen die Privatschulen, Seminare, Handels¬ 
schulen, Oberrealschulen, Realprogymnasien, Realschulen, In¬ 
dustrieschulen, Progymnasien, Realgymnasien und endlich die 
Gymnasien. 

b) Je länger der Schulbesuch gedauert hat, desto geringer 
ist die Zahl der Tauglichen unter den Schülern. 

c) Die Tauglichkeit nimmt aber noch stärker ab, je mehr 
Zeit zwischen dem Verlassen der Schule und der Meldung zum 
Dienst verflossen ist. 

Es ist also namentlich die Zeit nach der Schule, welche 
sich für die körperliche Entwicklung der jungen Leute als be¬ 
sonders ungünstig erweist. 

Es ergibt sich hieraus, daß — neben der Vertiefung und 
Ausgestaltung schulhygienischer Maßnahmen — mehr als bis¬ 
her alle Bestrebungen zur gesundheitlichen Förderung der j 
männlichen Jugend nach dem Verlassen der Schule gefördert 
werden müssen. , 

8. a) Soweit verwertbares Material vorliegt, ist bei einer 
großen Reihe von europäischen Staaten in den letzten Jahr¬ 
zehnten eine Zunahme der Körpergröße der militärpflichtigen 
Jugend nachweisbar — eine Tatsache, die jedenfalls gegen 
einen körperlichen Niedergang der heutigen Bevölkerung 
spricht. 

b) Die zum einjährig-freiwilligen Dienst Berechtigten in 
Deutschland sind durchschnittlich größer als die anderen Mann¬ 
schaften. 

c) Die Körpergröße ist abhängig von der Größe der Ge¬ 
burtsgemeinde, die durchschnittlich kleinsten Leute stammen 
aus den Städten von 2000—10 000 Einwohnern, der Anteil der 
kleineren und mittleren Leute nimmt mit der Größe der Ge¬ 
meinden prozentual ab, der der großen Leute erheblich zu. 

d) Je größer die Leute sind, desto geringer ist die Zahl 
der Militärdienstuntauglichen unter ihnen; nur die ganz 
großen Leute (über 180 cm) haben eine etwas geringere Taug¬ 
lichkeitsquote, als die mittelgroßen und großen Leute. 

9. Internationale Vergleiche der Rekrutierungsstatistiken 
verschiedener Staaten und damit der körperlichen Tüchtigkeit 
der betreffenden Völker sind undurchführbar, da die gesetz¬ 
lichen Vorschriften hinsichtlich der Diensttauglichkeit, der vor¬ 
handene Ersatz von dienstpflichtigen jungen Leuten und die 
Art der statistischen Erhebungen zu verschiedenartig sind, um 
zu vergleichbaren Ergebnissen führen zu können. 

II. 

1. Der Gesamtkrankenzugang hat in der preußischen Armee, 
einschließlich der sächsischen und württembergischen Kontin¬ 
gente in den letzten 35 Jahren um 35,2 pCt. abgenommen, durch¬ 
schnittlich jährlich um 1 pCt. 

2. Nur Geistes- und Ohrenkrankheiten haben — die ersteren 
erheblich, die letzteren um ein geringes — zugenommen, beides 
nachweisbar durch die Zunahme in der bürgerlichen Bevölke¬ 
rung und bessere Diagnosenstellung bedingt. 

3. Gegenüber den Heeren der übrigen europäischen 
Staaten ist der Gesundheitszustand des preußischen bezw. deut¬ 
schen sehr günstig. 

4. Als ein besonders günstiges Ergebnis hygienischer Ma߬ 
nahmen ist der Stand der Typhuserkrankungen im Heere zu 
betrachten. 

a) Von allen europäischen Armeen hat das deutsche Heer 
fast dauernd den niedrigsten Zustand an Typhus gehabt. Am 
ungünstigsten stehen das französische und das russische Heer. 
Alle Heere weisen aber einen erheblichen Rückgang der 
Typhuserkrankungen im Laufe der letzten Jahrzehnte auf. 

b) Das preußische Heer hat eine geringere Typhussterb¬ 
lichkeit als die männliche Zivilbevölkerung der entsprechenden 
Altersklasse (von 20—25 Jahren). 

c) Die Ursachen zu den meisten Typhuserkrankungen im 
Heere werden nachweisbar aus der Zivilbevölkerung ein¬ 
geschleppt. 

5. Besondere Beachtung beanspruchen die venerischen 
Krankheiten in der Armee. 

a) In fast allen Heeren ist im Laufe der Jahre eine zum 
Teil beträchtliche Abnahme der genannten Krankheiten ein¬ 
getreten; sie ist am größten in der preußischen und bayerischen 
Armee gewesen. 

b) Die großen Städte liefern die meisten venerischen Er¬ 
krankungen, auch die weitaus meisten geschlechtskranken Re¬ 
kruten. 

c) Die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten, deren 
Ausbreitung in der Zivilbevölkerung und Armee aufs engste 
Zusammenhängen, ist für Volk und Heer eine Lebensaufgabe. 

6. a) Die' Todesfälle haben in der Armee in den letzten 
35 Jahren um 73,1 pCt. abgenommen, im jährlichen Durch¬ 
schnitt um 2,1 pCt. 

b) Gegenüber den fremden Armeen weist die deutsche 
Armee hei weitem die niedrigste Sterbeziffer auf. 


c) Auch die Sterblichkeit, bezogen auf die Zahl der Be- 
I handelten (Letalität), hat im preußischen Heere beträchtlich 
abgenommen. 

7. a) Die Selbstmordhäufigkeit hat sich im preußischen 
Heere in den letzten Jahrzehnten erheblich verringert. 

b) Gegenüber den fremden Heeren wird trotzdem das 
preußische Heer nur von der österreichisch-ungarischen Armee 
in der Höhe der Selbstmordziffer übertroffen. 

c) In der Selbstmordbewegung gibt es viele Aehnlichkeiten 
zwischen Volk und Armee. Die meisten Selbstmorde erfolgen 
in den gleichen territorialen Gebieten, in der gleichen Jahres¬ 
zeit, bei den Angehörigen gleicher Konfessionen, aus gleichen 
Beweggründen. 

d) Die Zahl der Selbstmorde bei den Mannschaften des 
preußischen Heeres ist in der letzten Zeit nicht mehr höher, 
als ihre Zahl in der gleichaltrigen männlichen städtischen Zivil¬ 
bevölkerung. 

e) Die Mittel zur Bekämpfung der Selbstmorde sind für 
Volk und Heer die gleichen; ihre Wirkung ist aber nicht so¬ 
bald zu erwarten, da die Selbstmordhäufigkeit ein Ausfluß des 
Volkscharakters ist. 

111 . . 

1. Der Einfluß der Armee auf das Volk ist ein erziehlicher 
in gesundheitlicher und geistiger Beziehung. 

2. Der günstige Einfluß der Armee auf die Zivilbevölkerung 
ist zahlenmäßig an den Sterbetafeln nachzuweisen. Die Sterb¬ 
lichkeitskurven der männlichen Bevölkerung sinken in den 
20 er bis 30 er Lebensjahren durch die Wirkung des militäri¬ 
schen Lebens. 

3. Auch unmittelbar ist der Einfluß fühlbar: bei der Hilfe 
des Sanitätskorps bei ausgebrochenen und drohenden Epi¬ 
demien; durch Aufdeckung körperlicher Fehler usw. der bei 
der Aushebung untersuchten Militärpflichtigen und Zuführung 
der Erkrankten in geeignete Behandlung; durch Aufdeckung 
gesundheitlicher Schäden und Mängel in bestimmten Gegenden, 
Berufsgruppen usw. 

4. Die Dienstzeit wirkt nachweisbar günstig ein auf die 

geistige Entwicklung der Mannschaften durch Erziehung zu 
größerer geistiger Regsamkeit, Klarheit und Entschlossenheit im 
Denken und Handeln. Mühlschlegel. 

Konrich: Zur Bewertung des Bacterium coli im Wasser. 

(Klinisches Jahrbuch, 1910, Bd. 23, H. 1.) 

Die Colibacillen finden sich überall auf der Erde, und 
zwar um so zahlreicher, je intensiver ein Land unter Kultur 
genommen ist. Sie leben sehr lange in der Erde und ver¬ 
mehren sich wohl auch darin; jedenfalls dauert es lange Zeit, 
bis ein mit Colibakterien mfiziertes Land wieder colifrei wird. 
Dient eine Fläche als Niederschlagsgebiet für eine Wasserver¬ 
sorgung oder wird deren Grundwasser benutzt, so wird das 
Wasser um so mehr Colikeinte enthalten, je mehr von seinem 
Niederschlagsgebiet Kulturland ist, und je durchlässiger die 
Erdschichten sind. Einige Gegenden haben daher durchweg 
colireiche, andere coliarme oder vielleicht auch colifreie 
Wässer. Grundsätzlich Wässer zu verwerfen, die auch in 
Mengen von etwa 1,0 ccm noch Colibacillen enthalten, ist un¬ 
möglich; manche Gegenden haben eben kein anderes Wasser. 
Wollte die Hygiene Coligrenzzahlen für die Wasserbegut¬ 
achtung aufstellen oder gar verlangen, daß ein Trinkwasser 
überhaupt keine Bact. coli enthalten solle, so würde sie in der 
wichtigen Frage der Beurteilung von Wässern vom gesund¬ 
heitlichen Standpunkte aus unfruchtbar werden; sie muß zu 
Kompromissen bereit sein. 

Wie weit sie aber darin gehen darf, wieviel Colibacillen 
im gegebenen Falle als gleichgültig betrachtet werden dürfen, 
darüber gibt einzig und allein die örtliche Besichtigung der 
Wasserentnahmestelle Auskunft. Nur auf diesem Wege kann 
ein Urteil darüber gewonnen werden, ob ein Wasser infizier¬ 
bar ist; niemals auf Grund des Colibefundes. 

Zu der grundsätzlichen Unzulänglichkeit der Coliprobe 
hinsichtlich der Frage, ob ein Wasser infizierbar sei, kommt 
noch ihre sehr große Unzuverlässigkeit und Unregelmäßigkeit 
hinzu. Wohl ist es vielleicht möglich, daß jemand an oft unter¬ 
suchtem Wasser und mit „seiner“ Methode sich ein Urteil 
über die jeweilige Güte des Wassers bilden kann; aber die 
einfache Keimzählung leistet ganz unzweifelhaft dasselbe und 
hat den großen Vorzug der Einfachheit. Neu in Gebrauch 
zu nehmendes Wasser aber nach dem Coliverfahren beurteilen 
zu wollen, auch dann, wenn der Untersucher auf „seine“ 
Methode auf das gründlichste eingearbeitet ist, erscheint Verf. 
nicht möglich. Von den Untersuchungsmethoden für Trink¬ 
oder Gebrauchswässer, als welche benutzt werden können: 
physikalisch-chemische, bakteriologisch-keimzählende, ort¬ 
besichtigende und Coliprobe, ist die letzte die bei weitem un¬ 
zuverlässigste, die für die Praxis kaum Wert hat. Ihr Ergebnis 
macht die Ortbesichtigung nicht entbehrlich, sondern erst recht 
notwendig. Die Coliprobe leistet nicht mehr als eine ganz 
grobe Orientierung über die Ursprungsgegend eines Wassers; 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 32. 


darüber hinaus versagt sie. Sie in die Methodik der Wasser- 
begutachtung einführen, heißt die Methodik zu komplizieren, 
ohne sie zu verbessern. Man wird deshalb gut tun, bis auf 
bestimmte Fälle die Coliprobe für die Praxis abzulehuen. 

Mühlschlegel. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung“.,' 
Sitzung vom 29. Juni 1910. (Schluß.) 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Die „Hand“ als Instrument des Geburtshelfers. 

Herr W. Liepmann: Die „Hand“ als Instrument des Ge¬ 
burtshelfers wird in der Praxis viel zu wenig berücksichtigt, 
obwohl man vermöge verschiedener methodischer Handgritfe 
imstande ist, viele Geburten im Privathause zu Ende zu brin¬ 
gen, die gewöhnlich der Klinik überwiesen werden. Der 
Peter Müller sehe Handgriff ermöglicht es in der Schwan¬ 
gerschaft die Größe des kindlichen Kopfes abzuschätzen, in¬ 
dem man sich bemüht, den Kopf ins Becken zu pressen. Später¬ 
hin in der Geburt vermag man bei engem Becken oft durch 
diesen Handgriff (H o f m e i e r) den Kopf ins Becken zu 
bringen und den Wehen einen Teil der Arbeit abzunehmen. 
Vortragender wurde zu einer Erstgebärenden mit anscheinend 
rachitisch verengtem Becken (Conjugata vera 9 cm) gerufen, 
weil die Geburt keine Fortschritte machte. Er brachte die 
Frau in die Walcher sehe Hängelage und führte unter Nar¬ 
kose den Hofmeier sehen Handgriff aus, darauf erfolgte 
nach einer halben Stunde die spontane Entbindung. — Auch 
wo die Indikation drängt, die Operation der hohen Zange aus¬ 
zuführen, sollte dieser Handgriff, der in vielen Operations¬ 
lehren gar nicht erwähnt ist, Anwendung finden. Ebensowenig 
geübt wird ungerechterweise der Martin-Wiegand- 
Winckelsche Handgriff, der bei nachfolgendem Kopfe an¬ 
gewendet werden soll, und zwar wenn dieser über dem Becken 
stehen bleibt. — Bei Gesichtslage empfiehlt sich vielfach der 
Dohm sehe Handgriff, der darin besteht, daß man die eine 
Hand an den kindlichen Kopf legt, während man mit der an¬ 
deren an die Bruslseite des Kindes geht und versucht aus der 
Gesichtslage eine Flexionslage zu machen; gleichzeitig läßt 
mau durch die Hebamme den Steiß nach unten pressen. Vor¬ 
aussetzung ist 1. daß Mutter und Kind gesund sind, 2. daß keine 
Ausziehungserscheinungeu vorhanden sind und 3. daß der 
Kopf beweglich ist. Der Handgriff ist auch bei Stirnlage indi¬ 
ziert; bei dieser ist es notwendig, die Stirnlage in eine Ge¬ 
sichtslage zu verwandeln, sobald es nicht gelingt, eine Flexions¬ 
lage herbeizuführen. Ein wichtiges Gebiet stellen die falschen 
Drehungen des Kopfes dar. Wenn bei Gesichtslage das Kinn 
sich nach hinten drehen will, gehe man mit der Hand ein, um¬ 
fasse den Kopf und suche das Kinn nach vorn zu schieben. 
Die Zange als Drehinstrument anzuwenden, wäre hier grund¬ 
falsch und gefährlich. Bei Vorfall der Nabelschnur ist die 
Hand das beste Instrument für die Reposition. Desgleichen ist 
die Hand das schonendste Instrument für die Erweiterung der 
Cervix, allerdings muß das Dilatieren mit der Hand geübt 
werden. 

Bei Placenta praevia wird die Wendung mit 2 Fingern 
nach B raxton Hicks oder die Metreuryse und Extraktion 
empfohlen. Vortragender hält die Ausführung der ersteren 
für sehr schwierig; die Metreuryse erfordert eine gewisse 
Uebung. Die Wendung mit der ganzen Hand wiederum ist 
nicht ohne Gefahren, daher bleibe in der Praxis oft nichts 
übrig, als den Fall an die Klinik abzugeben. Ganz vorzüglich 
ist in diesem Falle, wenn die Blase noch steht, die Methode 
Strassmanns. Diese besteht 1. in der äußeren Wendung, 
2. im Herabholen des Fußes mit 2 Fingern. Zum Schluß 
empfiehlt Vortragender den sogenannten Kegelkugelhandgriff, 
den er in einem Falle, und zwar bei einer Kreißenden mit 
schwerem Herzfehler erprobt hat. Der Muttermund war drei¬ 
markstückgroß, weichsäumig, der Kopf stand im Beckeneingang 
fest, die Wehen waren gut. Er ging mit 2 Fingern in den 
Muttermund und massierte ihn, jetzt erkannte er, daß der Kopf 
nicht groß war, umfaßte ihn wie eine Kegelkugel und konnte 
durch Zug von innen und Druck von außen innerhall) 5 Mi¬ 
nuten das Kind gewissermaßen an den Haaren herausziehen. 
Im allgemeinen ist dieser Handgriff nur bei kleinen Früchten 
ausführbar und soll ausgeführt werden, wenn die Beendigung 
der Geburt indiziert ist. 

Sitzung vom 6. Juli 1910. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Vor der Tagesordnung: 

Herr L. Michaelis stellt das vor 8 Tagen gezeigte Kind 
nach der Behandlung mit dem Ehrlich sehen Syphilismittel 
als geheilt vor. Alle Erscheinungen sind bis auf die Koryza 


zurückgegangen. Die Behandlung bestand in einer einmaligen 
Einspritzung von 0,06 g. Vortragender fügt noch einige de¬ 
taillierte Angaben über die Herstellung der zur Injektion 
dienenden Lösung hinzu. 

Tagesordnung: 

Diskussion über den Vortrag des Herrn 
W. Liepmann: Die „Hand“ als Instrument des 
Geburtshelfers. 

Herr Hammerschlag drückt seine Zustimmung dem Vor¬ 
tragenden gegenüber darin aus, daß die operative Geburtshilfe 
im wesentlichen auf manueller Geschicklichkeit beruhe. Darin 
müsse er dem Vortragenden widersprechen, daß der Veit- 
S m e 11 i e sehe Handgriff bei über dem Becken stehenden 
Kopfe nicht auszuführen sei. Auf der anderen Seite eigne sich 
der Wiegand-Martin-Winckelsehe Handgriff für viele 
Fälle. Was die Ausführung desselben betrifft, so würde Redner 
im Gegensatz zum Vortragenden Vorschlägen, das Kinn auf 
die Brust herabzuziehen. Ist der Beckeneingang nicht über¬ 
mäßig verengt, dann geht der Kopf ohne weiteres hindurch, 
ist er verengt, so können allerdings Impressionen erzeugt 
werden. Wenn man das Kinn nicht hinünterzieht, läuft man 
aber die größere Gefahr, die Schädelbasis zu verletzen oder 
die Schuppe des Hinterhauptbeins von den Partes condyloideae 
abzusprengen. Ferner kann H. dem Vortragenden darin nicht 
beipflichten, was er bezüglich der Schwierigkeit der kombi¬ 
nierten Wendung bei Placenta praevia gesagt hat. Diese 
Schwierigkeit bleibt auch daun bestehen, wenn man vorher 
die äußere Wendung auf den Steiß gemacht hat. Was den 
Kegelkugelhandgriff betrifft, so ist ja die Kombination der 
Kristeller sehen Expression von außen mit der Erweite¬ 
rung des Muttermundes von innen ein gutes Verfahren und soll 
angewendet werden, wo es möglich ist. Sie ist aber nicht für 
alle Fälle brauchbar, so z. B. nicht, wenn die Weichteile nicht 
eröffnet sind. Die Erweiterung der Weichteile hat ihre Grenze; 
bei rigidem Muttermund der Ertsgebärenden und bei nicht 
verstrichenem Cervicalkanal ist die Dehnung des Muttermundes 
im Innern nicht einfach und nicht ungefährlich. 

Herr W. Liepmann (Schlußwort): Wenn das Mißverhältnis 
nicht sehr groß ist, kann man auch bei über dem Becken 
stehenden Kopf den Veit-Smellie ausführen. Die Wendung 
nach Braxton Hicks muß L. nach seinen Erfahrungen 
in Aerztekursen für eine schwierige Operation halten. Die 
Schwierigkeit des Heraushebens des Fußes nach voraus¬ 
gegangener äußerer Wendung möchte L. dagegen nicht so 
hoch anschlagen. Ferner sucht L. auseinanderzusetzen, daß bei 
dem Kegelkugelhandgriff die Hand als das schonendste In¬ 
strument anzusehen ist. In einem Fall von Gesichtslage und 
dringender Indikation zum Eingriff bei einer Erstgebärenden 
— Muttermund erweitert, Gesicht quer im Beckeneingang, Wen¬ 
dung nicht ausführbar, Blase gesprungen — versuchte L. den 
Handgriff als Extraktor, und es gelang ihm, den Kopf bis über 
die Beckenmitte hinunterzuziehen, so daß er dann im schrägen 
Durchmesser die Zange anlegen konnte. 

Herr Waldeyer macht einige Mitteilungen über das Pro¬ 
gramm für das am 26. Oktober stattfindende 50. Stiftungsfest 
der medizinischen Gesellschaft. 1. Festsitzung im Laufe des 
Tages, 2. in der Philharmonie um 8 Uhr Festkommers, 3. Fest¬ 
spiel, für das Herr Peyser sorgen wird. Die Ausgabe der 
Teilnehmerkarten zum Preise von 2 Mark findet bereits am 
1. Oktober bei Herrn Melzer statt. Britzmann. 

(Schluß folgt.) 


III. Therapeutische Notizen. 

Ueber die Technik der Behandlung mit dem neuen Ehr- 
lich-Hataschen Arsenpräparat No. 606, dem Dioxyd ia- 
midoarsenobenzol, wird in einer Arbeit von Schreiber 
und Hoppe (Münchener med. Wochenschrift, 1910, No. 27) 
folgendes angegeben: Das Dioxydiamidoarsenobenzol ist nur 
als Dichlorat haltbar. Da es aber als doppeltsaizsaures Salz 
nicht eingespritzt werden darf, wird es kurz vor der Injektion 
durch Zusatz von Natronlauge in das Mono- oder Dinatrium- 
salz übergeführt und gelöst. Diese Lösung ist aber nur kurze 
Zeit haltbar, muß also stets frisch hergestellt werden. Die 
Verff. verfahren folgendermaßen: ln einen Mischzylinder von 
150 ccm wird die Einzeldosis 0,6—0,7 g und 0,5 Methylalkohol 
hineingetan. Sobald die Substanz durchfeuchtet ist. wird etwa 
10 ccm steriles Wasser hinzugefügt und ordentlich durch- 
| geschüttelt. Dann wird soviel sterile Normal-Natronlauge 
hinzugesetzt, daß höchstens ein kleiner Rest der Substanz 
| nach längerem kräftigen Durchschütteln imgelöst bleibt, man 
j braucht dazu ungefähr 3(4—4 ccm Normal-Natronlauge. Dann 
wird Wasser bis zum Teilstrich 60 aufgefüllt und von der so 
erhaltenen Lösung werden je 30 ccm durch eine feine Kanüle 
unter möglichst langsamem Druck in die rechte und in die 
linke TJlutäalmuskulatur eingespritzt. Eine Neutralisation der 
Lösung mit 1 proz. Essigsäurelösimg hat sich nicht bewährt. 



501 


No. |2. ___THER APE UTISCHE 

Geheimrat Ehrlich gibt jetzt folgende abgeänderte Vor¬ 
schrift: Man löst unter gutem Verreiben mit einem Glasstab 
0,6 g Substanz in 3 ccm Glykol, Zusatz weniger Tropfen 
Wassers erleichtert die Lösung. Nun gibt man 12 ccm Wasser 
hinzu, schüttelt um und versetzt auf einmal mit 10,3 ccm 
’/r. normal NaOH. Beim Umschütteln entsteht eine klare Lö¬ 
sung, die mit Wasser auf 60 ccm ergänzt wird. Verdünnte Lö¬ 
sungen für intravenöse Injektionen werden folgendermaßen 
bereitet: Lösung A: 0,6 g Substanz, 0,3—0,5 ccm Methylalkohol 
oder 3 ccm Glykol. Lösung B: 240 oder mehr ccm physiolo¬ 
gischer NaCl-Lösung, 10,3 ccm V r , NaOH. Unter gutem Um¬ 
rühren wird Lösung A in Lösung B eingegossen. Nach der 
Injektion bleibt der Patient einige Zeit auf dem Bauch liegen. 
Meistens halten die Schmerzen nach der intraglutäalen Injek¬ 
tion mehrere Stunden an, es bleibt dann ein dumpfes Gefühl 
in der Muskulatur zurück, welches noch mehrere Tage an¬ 
dauern kann. Es empfiehlt sich, die Patienten 4 Tage im Bett 
liegen zu lassen. Die intravenösen Injektionen sind, abgesehen 
von dein Einstich, schmerzlos; Zwischenfälle sind dabei bis 
jetzt nicht vorgekommen. R, L. 


Hermann Schlüter beschreibt in seiner Arbeit über die 
Erfolge der Uterusspülungen hei Fieber im Wochenbett die an 
der Straßburger Klinik übliche Technik der Uterusspülungen: 
Lagerung der Wöchnerin auf das Querbett; vor Beginn der 
Gebärmutterirrigation Sekretentnahme aus der Uterushöhle, 
wo die Portio ohne irgendeine vorhergehende Desinfektion der 
Patientin mit hinterer und vorderer Rinne eingestellt und mit 
Muzeux angehakt wird. Abimpfen und Abschaben mit Döder- 
1 e i n scher Röhre, die geschlossen in den Uterus eingeführt und 
deren Spitze von den mit sterilen Tüchern belegten Bauch¬ 
decken her durch Auflegen der Hand kontrolliert wird. Die 
Röhre wird alsdann geöffnet und bei fortgesetzter Kontrolle, von 
außen die Uteruswand mehrmals vorsichtig abgeschabt, worauf 
die Röhre geschlossen herausgeleitet wird. Sodann Einführen 
des doppelläufigen B i s c h o f f sehen Uteruskatheters und Ein¬ 
laufenlassen von 2—3 Liter Spülflüssigkeit. Gespült wurde mit 
1 —2 proz. Lysollösung, manchmal auch mit 5—10 proz. Wasser¬ 
stoffsuperoxydlösung, seltener mit Formalin und Alkohol. For¬ 
malin wurde in einer Verdünnung von 5—7 pCt., Alkohol 6proz. 
angewandt. Nach den gewonnenen Resultaten ist die Wertein¬ 
schätzung dieser Irrigationen inder Klinik von dem Befund 
der bakteriologischen Untersuchung des aus der Gebärmutter 
steril entnommenen Sekrets abhängig; bei positivem Strepto¬ 
kokkenbefund sind die uterinen Ausspülungen kontraindiziert, 
doch möchte sie Verf. nicht missen in den Fällen von Puerperal¬ 
fieber, in denen die geimpften Platten entweder steril blieben 
oder andere Kolonien als Streptokokken aufkeimen ließen. 
Der praktische Arzt dagegen, der im allgemeinen eine bakterio¬ 
logische Lochialuntersuchung nicht machen kann, wird gut 
tun, wenn bei Fieber im Wochenbett Scheidenspülungen und 
Ergotindarreichung nicht von Erfolg sind, eine Uterusspülung 
zu machen und erst dann, wenn er beobachtet, daß auch diese 
ohne Erfolg bleibt, von weiteren solchen Irrigationen Abstand 
zu nehmen, in der Annahme, daß es sich um Streptokokken- 
Endometritis handelt, bei der eine Uterusspülung nichts nützt, 
sondern eher Schaden bringen kann. (Diss., Straßburg 1910.) 

F. 


IV. Bücherschau. 

Die Kncippschc Hydrotherapie. Von Dr. Alfred Baumgarten, 
Dr. med. und prakt. Arzt. Mit 109 Holzschnitten, 13 Zink¬ 
ätzungen, 78 Tabellen und 567 Sphygmogrammen. Wöris- 
hofen 1909, Buchdruckerei und Verlags-Anstalt Wöris- 
hofen. 895 S. 

Das dickleibige, fast 900 Seiten starke Buch bietet in sehr 
breit geratener Darstellung eine Schilderung der von Kneipp 
geschaffenen, von dem Verfasser, seinem ärztlichen Nachfolger, 
in manchen Punkten modifizierten Hydrotherapie. Der erste 
Teil ist der allgemeinen Hydrotherapie gewidmet, d. h. der 
Erörterung der physiologischen Wirkungen der hydrothera¬ 
peutischen Prozeduren, wobei Verf. mittels der Hilfsmittel der 
Thermometrie, Kalorimetrie und Sphygmographie dem 
Kneipp sehen System eine wissenschaftliche Grundlage zu 
geben sucht. In derselben Weise bespricht Verf. in dem 
zweiten Teil die einzelnen hydriatrischen Prozeduren auf 
Grund zahlreicher thermometrischer, sphygmographischer und 
kalorimetrischer Messungen. Auf Einzelheiten wollen wir hier 
nicht eingehen. Der ärztliche Leser wird in dem Buch nicht 
wenige Ansichten finden, die zum Widerspruch herausfordern; 
vor allem wird, wer als Arzt Hydrotherapie treibt, sie nach selb¬ 
ständigen Erwägungen auf Grund seiner physiologischen 
Kenntnisse und seiner im ärztlichen Leben gewonnenen Er¬ 
fahrungen ausüben. Aber als ausführliche Darstellung der 
Technik der Kn ei pp sehen Hydrotherapie aus ärztlicher 
Feder dürfte dieses mit großem Fleiß ausgearbeitete Buch doch 


RUNDSCHAU 1910. 

die Beachtung der Kollegen, welche sich für die physikalischen 
Heilmethoden interessieren, verdienen. Die Ausstattung des 
Werkes ist eine recht gediegene. 

Das Trachom in Ostpreußen. Kurzgefaßte Darstellung seiner 
Pathologie und Therapie. Von Dr. Kiisel, Stabsarzt in Gum¬ 
binnen, ehemaligem Oberarzt der Königl. Universitäts¬ 
augenklinik in Königsberg. Sammlung zwangloser Abhand¬ 
lungen aus dem Gebiete der Augenheilkunde, VIII. Band, 
Heft 2. Halle a. S. 1910, Carl Mar hold Verlagsbuch¬ 
handlung. 80 S. 1,80 Mk. 

Der Verfasser der vorliegenden Monographie hatte in 
seiner früheren Tätigkeit in der Königsberger Universitäts¬ 
augenklinik Gelegenheit, sich mit der Pathologie und Therapie 
des Trachoms eingehend zu beschäftigen; er stellt nun auf 
Grund der Erfahrungen der Königsberger Klinik die Klinik 
des Trachoms zusammenfassend dar, speziell mit Rücksicht auf 
die Bedürfnisse der praktischen Aerzte. Nach einer historisch¬ 
geographischen Einleitung, in der er die Geschichte und Ver¬ 
breitung der Körnerkrankheit schildert, bespricht er weiter 
die Aetiologie, den Krankheitsverlauf des Trachoms im all¬ 
gemeinen, ferner geht er auf Besonderheiten im Verlauf (Re¬ 
zidive usw.), sowie auf die Komplikationen ein, die zum 
Trachom hinzutreten können; zum Schluß bespricht er die 
Diagnose und Prognose sowie die pathologische Anatomie der 
Krankheit. Der Therapie ist kein besonderes Kapitel, auch 
keine kurze Besprechung gewidmet; Verf. erwähnt nur ge¬ 
legentlich die operative Behandlung, ohne sie zu beschreiben, 
die nichtoperativen Methoden berücksichtigt er überhaupt 
nicht. Deswegen ist es nicht recht zu verstehen, daß im Titel 
der Abhandlung von der Therapie die Rede ist. Im übrigen 
bietet aber die Abhandlung den Kollegen gute Belehrung und 
sei deshalb zum Studium empfohlen. R. L. 

V. Feuilleton. 

Zur Geschichte der Medizin. 

Der ärztliche Stand in Rom in den ersten Jahrhunderten 
des Kaiserreiches. 

Von 

Eduard Felix Ileeger (Greifswald). 

In den altersgrauen Hallen der Geschichte besitzt auch 
die Heilkunde ihre eigene große Kapelle, die nicht ein zu¬ 
fälliger Anbau, sondern ein wesentlicher Bestandteil des er¬ 
habenen Tempels ist. Denn dieses Gebäude ist ein Archiv, 
welches auf ehernen Tafeln von allem Kunde enthält, was die 
Zeit in den Reichen der Natur und des Geistes zutage förderte, 
deren Harmonie der Mensch hier erkennen lernen soll. Die 
vollkommenste Verschmelzung von Natur und Geist ist die 
Menschheit, und die nach dem Ratschlüsse des höchsten Geistes 
geleitete Entwicklung derselben die erhabene Aufgabe, deren 
Lösung der Forscher in diesen Hallen zu linden strebt. Wenn 
nun die Menschheit ihre Entwicklung vorzugsweise durch 
Kunst und Wissenschaft betätigt, Kunst und Wissenschaft aber, 
wie mannigfach auch gegliedert, ein großes organisches Ganze 
bilden, dessen Metamorphosen die Geschichte verfolgt und 
verzeichnet, so darf die Heilkunde nicht fehlen, welche, den 
Menschen allseitig auffassend, von der Entwicklung seines 
Geistes das sprechendste Zeugnis ablegt. Da die Heilkunde 
nur ein Fragment ist aus dem großen Ganzen der Wissen¬ 
schaften, deren Fäden in sie verlaufen, so hängt mit der Ge¬ 
schichte derselben ihre eigene Geschichte auf das engste zu¬ 
sammen. Zuerst steht sie mit der Weltgeschichte im innigsten 
Verhältnis. Das Leben der Staaten und Völker spiegelt sich 
im Leben der Wissenschaften wieder, und was das Schicksal 
über jene verhängt, das läßt auch diese nicht unberührt. Große 
welthistorische Begebenheiten haben daher immer irgendeine 
bedeutende Entwicklungsepoche der Heilkunde im Gefolge; 
große Völkerbewegungen, mächtige Heereszüge, Kriege zu 
Land und See, Aufschwung und Verfall der Staaten, neu er- 
öffnete Handelswege erweitern nicht nur materiell das Gebiet 
der Heilkunde, sondern rufen auch andere intellektuelle 
Formen derselben hervor. Eine andere sehr nahe Beziehung 
hat die Geschichte der Medizin zur Kulturgeschichte des 
Menschengeschlechts und zur Bildungsgeschichte der einzelnen 
Völker, von welcher sie selbst ein wichtiges Moment ist. Sie 
muß daher aufgefaßt werden im Verhältnis zur Religion, zu 
den Gesetzen, den Sitten, der Industrie und dem daraus er¬ 
zeugten Nationalcharakter, welcher den Wissenschaften bei den 
verschiedenen Völkern ein verschiedenes Gepräge aufdrückt. 
Auf diese Weise erhält die Heilkunde eine volkstümliche Ge¬ 
stalt, die sich nicht nur bei Völkern mit schärfer ausgeprägter 
Physiognomie, wie bei Aegyptern, Griechen, Arabern, sondern 
selbst in der Medizin der durch europäische Kultur sich so 
verwandten Franzosen, Engländer, Italiener und Deutschen 
erkennen läßt. Endlich steht die Heilkunde im innigsten 





THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No..32. 


50 2 

Bunde mit der Philosophie. Durch sie erhält jede Wissen¬ 
schaft erst ihr eigentliches Leben, ihre Bedeutung und Würde, 
und neben der Selbständigkeit das Bewußtsein ihrer organi¬ 
schen Verbindung mit den übrigen Wissenschaften. Drum 
schmiegt sich auch die Heilkunde kindlich dieser Mutter alles 
Wissens an, aus deren Hand sie die Fackel der Erkenntnis und 
den Schlüssel zu den Schatzkammern der Erfahrung erhält. 
Wie demnach die Systeme der Philosophie wechselten, wan¬ 
delten auch die Theorien der Heilkunde sich um; wie dort 
das Licht der Vernunft sich verdunkelte oder durch trübe 
Mittelkörper gebrochen zu einem undeutlichen Farbenspektrum 
ward, so artete auch die Heilkunde aus, wenn zügellose Spe¬ 
kulation oder Schwärmerei sich ihrer bemächtigte und sie zu 
unwegsamen Höhen mit sich fortriß, oder sie unter der Schwere 
des Stoffes entgeistet in bodenlosem Abgrund versank. 

Das Studium der Sittengeschichte Roms nun gewährt uns 
einen klaren Einblick in die sozialen Zustände des Weltreiches 
und gestattet uns eine Vergleichung der damaligen Verhält¬ 
nisse mit den unsrigen. 

Von höchstem Interesse für jeden Gebildeten wird es 
darum sein, bekannt zu werden mit dem staatlichen und bürger¬ 
lichen Leben im alten Rom, welches zahlreiche Anknüpfungs¬ 
punkte bietet zu Betrachtungen über die Zustände der Neuzeit. 

Besonders hat es ein Schriftsteller, Professor Ludwig 
Friedländer in Königsberg, mit Erfolg unternommen, die 
Sittengeschichte des römischen Kaiserreiches in den ersten 
Jahrhunderten nach Christus darzustellen 1 ), und ich glaube 
im Einverständnis mit den Lesern dieser Zeitschrift zu handeln, 
wenn ich einiges über den ärztlichen Stand in damaliger Zeit 
hier mitteile. 

Griechenlands Blütezeit war längst vorüber, als bei den 
Römern, die sechshundert Jahre hindurch fast kein anderes 
Streben als Krieg und Eroberung gekannt hatten, die Ent¬ 
wicklung geistiger Fähigkeit kaum sich zu regen begann. Aus 
Etrurien und Großgriechenland drangen zwar früh einige 
Schimmer der Kultur nach Rom, aber sie konnten das Dunkel 
des Aberglaubens und der Unwissenheit nicht verscheuchen. 
Strenge einfache Lebensweise machte dem kräftigen Volke die 
Heilkunde fast entbehrlich, deren wahres Bedürfnis auch erst 
in der Zeit ausartender Sitten entstand. Einstweilen befragte 
man in Zeiten der Not und der Seuchen die sibyllinischen 
Bücher, oder rief Gottheiten an, die ihren Namen von körper¬ 
lichen Uebeln oder gewissen Hilfeleistungen erhielten (F e - 
b r i s, Fessonia, Prosa, Postverta, In tersidona, 
Cama, Ossipaga), bis der Dienst des griechischen 
Asklepios nach Rom verpflanzt wurde und Aesculap 
seinen Wohnsitz auf der Tiberinsel aufschlug. Gewinnsucht 
lockte allmählich griechische Abenteurer, meistens Bader, 
Jatralipten und Pharmakopolen, oder Sklaverei brachte sie in 
den Dienst einiger Großen nach Rom, wo sie dann als Frei¬ 
gelassene ihr rohes ärztliches Gewerbe in Marktbuden trieben, 
in denen die Krankheit Hilfe suchte und der Müssiggang Kurz¬ 
weil fand. Noch bis in die späteste Zeit wurde der ärztliche 
Beruf von Freigelassenen und Sklaven ausgeübt 2 ). Die freien 
Aerzte in Rom waren zum größten Teil Ausländer, nament¬ 
lich Griechen und Orientalen, besonders Aegypter, 
denen Cäsar, wie den Lehrern, wenn sie sich dort ansiedelten, 
das Bürgerrecht verlieh, und welche auch zur Heilung ge¬ 
wisser in ihrer Heimat endemischer Krankheiten, eigens nach 
Rom berufen wurden. Römer, sagt Plinius, befaßten sich 
mit der ärztlichen Kunst nur ausnahmsweise 3 ). Die Patienten 
hatten zu Ausländern mehr Vertrauen, doch gab es auch nam¬ 
hafte und gesuchte römische Aerzte, namentlich unter den Hof¬ 
ärzten der ersten Kaiserzeit. Seitdem Antonius Musa, 
den Augustus glücklich durch eine kühne Kaltwasserkur 
gerettet hatte, nachdem er von den übrigen Aerzten schon auf¬ 
gegeben war 4 ), stieg das Ansehen der kaiserlichen Leibärzte, 
von denen Andromachos durch Nero zuerst den Titel 
eines Archiater erhielt und so die Archiatri pala- 
t i n i entstanden, deren Rang späterhin der Fürstenwürde 
gleichkam. Außerdem hatte zu der Zeit jede Stadt je nach 
ihrer Größe eine bestimmte Anzahl öffentlicher, von der Mu¬ 
nizipalität gewählter Aerzte, die ein eigenes Kollegium bil¬ 
deten, ansehnliche Besoldung und Befreiung von vielen öffent¬ 
lichen Lasten genossen, aber dafür die Aufsicht über das ge¬ 
samte ärztliche Personal führen, Prüfungen abhalten, Arme 
unentgeltlich behandeln und junge Leute in der Heilkunde 
unterrichten mußten. Viele Aerzte fanden bei Gladiatoren¬ 
schulen, eine sehr große Anzahl bei den Truppen aller Gat¬ 
tungen Anstellung. 

Da es aber im Altertum keine Prüfungen und nur eine 
sehr beschränkte Verantwortlichkeit der Aerzte gab, so dräug- 

') Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms in der Zeit 
von August bis zum Ausgang der Alt t o n i n e. Von Ludwig 
Friedländ.er. Professor in Königsberg. Sechste, neu be¬ 
arbeitete und vermehrte Auflage, I, Leipzig 1888, Hirzel. 

2 ) Marauardt: Privatleben der Römer, I., 156, 9. 

3 ) Plinius: N. h„ XXIX, 17, 

4 ) Friediähder: 886. 


ten sich viele Unberufene zur Ausübung der Kunst, die im 
Falle des Gelingens sehr einträglich war. Schuster, Zimmer- 
leute, Färber, Schmiede 5 ) gaben ihr Handwerk auf und wurden 
Aerzte und unter diesen Pfuschern nahmen die Verfertiger 
von Salben und offizinellen Waren einen hohen Rang ein. 

Galen versichert, daß die meisten, die sich zu seiner 
Zeit dem ärztlichen Berufe widmeten, nicht einmal gut lesen 
konnten, und warnt seine Kollegen, sich im Gespräch mit ge¬ 
bildeten Patienten vor Sprachfehlern zu hüten"). Aerzte 
wiederum, denen es nicht glückte, wurden Leichenträger odei 
ergriffen das Gladiatorenhandwerk; wenigstens witzelt M a r - 
t i a 1 über solche, die nun in ihren neuen Gewerben dasselbe 
taten, was sie in ihrem alten getan hatten'). 

Der Zudrang steigerte sich, seit Thessalus von 
T r a 11 e s , selbst roh und ungebildet, erklärte, daß sechs Mo¬ 
nate zut Erwerbung der erforderlichen medizinischen Kennt¬ 
nisse hinreichend seien und daher einen Troß von Schülern 
aus dem gemeinsten Pöbel hinter sich herzog, mit welchen er 
seine Kranken besuchte, damit eine Unsitte einführend, die 
M a r t i a 1 s ) in folgenden Worten geißelte: 

Elend war ich und krank, da kämest sofort Du von hundert 
Schülern rüstig gefolgt, Symmachus, eilends zu mir. 
Hundert Hände, von Frost erstarrt, befühlten den Puls mir; 
Hatt’ ich das Fieber noch nicht, Symmachus, hab’ ich es jetzt! 


Vielleicht hat das handwerksmäßige Betreiben der Heil¬ 
kunde zur Vermehrung der Spezialärzte beigetragen, deren 
wenigstens, abgesehen von den ärztlichen Gehilfen, ziemlich 
viele beiläufig erwähnt werden: nicht nur Zahnärzte, Ohren- 
und Augenärzte (und besonders Augenoperateure) und 
Aerztinnen für Frauenkrankheiten, sondern auch Aerzte, 
welche sich speziell mit der Behandlung von Brüchen, Fisteln, 
Krankheiten des Zapfens beschäftigten"). Nichtchirurgen ent¬ 
hielten sich in Rom in der Regel der Behandlung chirurgischer 
Fälle. (Schluß folgt.) 


VI. Tagesgeschichte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Qesetzgehung, soziale 
Medizin etc. 

Graudenz. Bei der Bewerbung um die Stelle eines 
Gefängnisarztes in Graudenz war von der Vertragskom- 
mission der Aerztekammer eine Bestimmung des 
Anstellungsvertrages beanstandet worden, nach der sofor¬ 
tige Entlassung ohne weitere Ansprüche 
möglich sein sollte, wenn der Arzt sich wei- 
gerlt, den Anordnungen des Regierungsprä¬ 
sidenten nachzukommen. Die Vertragskommission 
war der Ansicht, ein Arzt dürfe keine Verpflichtung eingehen, 
auf Grund deren er unter Umständen Anordnungen zu be¬ 
folgen habe, die er vom ärztlichen Standpunkt aus für schäd¬ 
lich und als gegen seine ärztliche Pflicht verstoßend ansehe. 
Ein Militärarzt hatte trotzdem die Stelle angenommen und des¬ 
halb sein Abschiedsgesuch eingereicht. Es war damals wegen 
der Einleitung eines ehrengerichtlichen Verfahrens zu einem 
Konflikt zwischen dem Vorsitzenden der Aerztekammer und 
dem Oberpräsidenten gekommen. Die Angelegenheit zog noch 
weitere Kreise dadurch, daß der nunmehrige Gefängnisarzt 
gegen den Redakteur des „Aerztl. Vereinbl.“ Sanitätsrat Dr. 
H e i n z e in Leipzig, der die Sache in seiner Zeitschrift kri¬ 
tisch beleuchtet hatte, eine Beleidigungsklage anstrengte. In 
zwei Instanzen wurde dementsprechend Dr. Heinze zu 
300 Mark Geldstrafe verurteilt und dem Privatkläger die Be¬ 
fugnis, das Urteil im „Aerztl. Vereinsbl.“ und im Graudenzer 
I „Geselligen“ zu publizieren, zugebilligt. In der Begründung 
des Urteils erklärte das Schöffengericht den Vertrag für ein- 
wandsfrei. In der Begründung hieß es u. a.: 

„Die Disziplin in der Strafanstalt erfordert, daß der be¬ 
treffende Arzt den Anordnungen des Regierungspräsidenten, 
und zwar auch in Angelegenheiten, die auf das 
ärztliche Gebiet hinüberspielen, wie die Ent¬ 
ziehung der Nahrung, des Schlafes und Lichtes, unbedingt 

Folge leistet.“ T . 

Auf denselben Standpunkt stellte sich die zweite Instanz, 
die dritte Strafkammer des Landgerichts in Graudenz: 

„Die Disziplin in einer solchen Anstalt erfordert, daß alle 
Beamten sich einem ihrer Vorgesetzten unbedingt unter- 
ordnen, und daß bei dem Anstaltsarzte, selbst 
dann, wenn es sich um rein Wissenschaft- 
liehe, sein Fach betreffende Fragen handelt, 
eine Ausnahme nicht gemacht werden kann.“ 


5 ) Galen: De meth. med.. 1. 1. eil K. X.. p. 
•) Galen: Comm. in Hippokr. epid, IV., 
2, p. 146. 

7 ) Martial: I.. 30, VIII.. 74, I., 47. 

8 ) Martial: Epigr. lib. V.. 9. 

“) Friedländer: 340—41. 


5. 

9 ed K. XV 


II., 



'No. 32. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


503 


Durch diese von der Regierung unter Approbation der Ge¬ 
richte bekundete Auflassung wird die Annahme einer Ge- 
fängnisarztstefie solchen Aerzten, die als Richtschnur für ihr 
ärztliches Handeln einzig ihre wissenschaftliche Ueberzeu- 
gung anerkennen, geradezu unmöglich gemacht. 

Eupen. Wie wir in der „Pharmäc. Ztg.“ lesen, hatten 
die hiesigen Aerzte beschlossen, eine organisierte Sonntags¬ 
ruhe einzuführen in der Weise, daß sie nur früh eine Sprech¬ 
stunde abhalten wollten, für den übrigen Teil des Tages aber 
stets ein Arzt für Notfälle zur Verfügung stehen solle. Die 
Durchführung dieses Beschlusses ist indessen bei den Kran¬ 
kenkassen auf Widerstand gestoßen, weil er den zwischen 
Aerzten und Kassen bestehenden Verträgen angeblich wider¬ 
spreche. 

R o m. Die italienische Deputiertenkammer hat im Juni 
ein neues Sanitätsgesetz angenommen. Nach diesem Gesetze 
dürfen für die Zukunft in Italien nur solche ausländische 
Aerzte Praxis ausüben, welche das italienische Staats¬ 
examen rite abgelegt haben, oder deren Staat auch den 
italienischen Aerzten ohne Ablegung eines besonderen Exa¬ 
mens die Ausübung der Praxis gestattet. Als Uebergangs- 
beStimmung ist im Gesetz der Passus aufgenommen 
worden, daß diejenigen ausländischen Aerzte, welche seit 
3 Jahren in die Steüerrollen eingetragen sind und während 
dieser Zeit ein Einkommen aus ihrer ärztlichen Praxis in 
Italien besteuert haben, das Recht behalten, weiter zu prakti¬ 
zieren. 

ifcjJTJ . 

Universitätswesen, Personalnachrichten. 

Berlin. Am 30. Juli fanden an der hiesigen Universität 
zwei Abschiedsvorlesungen statt, die von zwei der hervor¬ 
ragendsten Hochschullehrer, dem Gynäkologen Prof. Robert 
v. Olshausen und dem Internisten Prof. Hermann Se¬ 
nator, gehalten wurden. Beide haben ihr Lehramt wegen vor¬ 
gerückten Alters bei noch ungeschwächter geistiger Kraft und 
in körperlichem Wohlbefinden niedergelegt, v. Olshausen 
zog in seinen Darlegungen eine historische Parallele zwischen 
dem gynäkologischen Unterricht vonheute und dem vor58 Jahren, 
als er selbst seine Studien begann. Nachdem er seine inter¬ 
essanten Ausführungen geendet, sprach namens der jetzigen 
Assistenten Oberarzt Dr. Jolly, namens der früheren Pro¬ 
fessor Koblanck, dem Lehrer Dank aus, darauf sprachen 
im gleichen Sinne zwei Studenten. Namens des Rektors der 
Universität und der medizinischen Fakultät, deren ordentliche 
Professoren fast vollzählig erschienen waren, würdigte der 
Dekan Geh. Medizinalrat Prof. B u m m , der Nachfolger Ols- 
hausens, dessen Lehrtätigkeit. Zum Schluß der Vorlesung 
wurde den Hörern ein kleines Schriftchen verteilt, „Sententiae 
controversae aus der Gynäkologie und Geburtshilfe, meinen 
Schülern gewidmet“, in dem v. Olshausen einige wichtige 
Lehren in knappen Worten seinen Schülern noch einmal ans 
Herz legt. 

Wenige Stunden später hielt Senator seine letzte Uni¬ 
versitätsvorlesung, ebenfalls unter großer Beteiligung seitens 
früherer Schüler und Fakultätskollegen. Für die Schüler und 
Assistenten hielt zunächst Prof. Dr. P. F. Richter eine An¬ 
sprache, dann sprach ein Vertreter der Studierenden und end¬ 
lich nahm Prof. Kraus als engerer klinischer Kollege S e - 
nators das Wort zu einer warmherzigen Würdigung des 
Scheidenden. Nunmehr erhob sich Senator selbst, um nach 
Dankesworten an die Vorredner einen Rückblick auf seinen 
Entwicklungsgang zu werfen, wobei er interessante Streiflichter 
auf die Geschichte der Medizin in den letzten 50 Jahren und 
die Wandlungen in der Wertung des ärztlichen Standes in 
diesem Zeitraum fallen ließ. 

— Als Nachfolger B u m m s ist Prof. Dr. Franz, der 
erst seit kurzem den gynäkologischen Lehrstuhl in Kiel inne 
hat, zum Direktor der geburtshilflich-gynäkologischen Klinik 
der Charite ernannt worden. 

— Mit dem Schlüsse des Sommersemesters hat Geheimrat 
Prof. Dr. v. Leyden wegen andauernder Kränklichkeit die 
Leitung des Instituts für Krebsforschung nieder¬ 
gelegt. Ueber seinen Nachfolger bezw. das fernere Schicksal 
des Instituts ist bisher noch nicht entschieden. 

Breslau. Der Privatdozent der pathologischen Ana¬ 
tomie an der hiesigen Universität, Dr. Davidsohn, ein 
früherer Assistent Virchows, siedelt am 1. Oktober als 
Prosektor des neuen Reinickendorfer Krankenhauses nach 
Berlin über. 

— Der außerordentliche Professor der Physiologie Dr. 
R. Fuchs in Erlangen hat einen Ruf an die hiesige Univer¬ 
sität erhalten und angenommen. 

Bonn. Der vor kurzem mit Prof. Verworn aus Göt¬ 
tingen hierher übergesiedelte Privatdozent der Physiologie Dr. 
Friedrich F r o e h 1 i c h hat den Professortitel erhalten. 

Saarbrücken. Dem Chefarzt am Lazarett des Saar¬ 
brücker Knappscliaftsvereins Dr. med. Wilhelm Nötzel 
in Völklingen ist der Professortitel verliehen worden. 


Frankfurt a. M. Dem Stabsarzt Dr. W i 1 h e 1 m 
Bergbaus, wissenschaftlichem Mitgliede am hiesigen In¬ 
stitut für experimentelle Therapie, ist der Professortitel bei¬ 
gelegt worden. 

R o s t o c k. Den Privatdozenten Dr. Meine rtz, Ober¬ 
arzt der medizinischen Poliklinik, und Dr. Winterstein, 
Assistent des physiologischen Universitätsinstituts, ist der Pro¬ 
fessortitel verliehen worden. Professor Winterstein wird 
im Winter-Semester 1910/11 die Vertretung des erkrankten 
Ordinarius Professor Nagel übernehmen. 

W eima r. Prof. Heinrich Hertz, der langjährige 
Amsterdamer geschätzte Kliniker,, der schon 1896 aus Gesund¬ 
heitsrücksichten sein Amt niedergelegt und seit einer Reihe 
von Jahren seinen Wohnsitz in Weimar aufgeschlagen hat, 
feierte in der vorigen Woche sein 50 jähriges Doktorjubiläum. 
Er war, ehe er sich dem medizinischen Studium zuwandte, 
bereits 7 Jahre im Buchhändlerberuf tätig gewesen. Schüler 
von Niemeyer und G r o h e und mit V i r c h o w eng be¬ 
freundet, wurde er 1868 nach Amsterdam zuerst als Professor 
der pathologischen Anatomie berufen, um zwei Jahre später 
den Lehrstuhl der inneren Medizin zu erhalten. Er steht jetzt 
im 79. Lebensjahre. 

J e n a. Der außerordentliche Professor der Pharmakologie 
und Direktor des pharmakologischen Universitätsinstituts Dr. 
H. Kionka hat die Uebernahme der Leitung des in Frank¬ 
furt a. M. begründeten Balneologischen Instituts abgelehnt. 

— Als Nachfolger des Geh. Rats Prof. Wagen m a n n 
ist der außerordentliche Professor Dr. Stock in Freiburg i. B. 
als Ordinarius der Augenheilkunde und Direktor der Univer¬ 
sitätsaugenklinik hierher berufen worden. 

Dresden. Zum Oberarzt der II. inneren Abteilung des 
hiesigen Stadtkrankenhauses wurde Prof. Dr. Arnsperge r 
in Heidelberg gewählt. 

München. Dr. Edens hat sich für innere Medizin, 
Dr. Schmincke, bisher Privatdozent der pathologischen 
Anatomie in Würzburg, für eben dieses Fach hier habilitiert. 

Bayreuth. Im Alter von fast 90 Jahren starb Ende 
Juni Medizinalrat Dr. Karl Hermann Landgraf, auch 
in weiteren Kreisen bekannt als langjähriger Arzt und Ver¬ 
trauter Richard Wagners. 

Heidelberg. Prof. Feer hat den Ruf als Ordinarius 
der Kinderheilkunde nach Zürich angenommen, wird aber 
seine neue Stellung erst am 1. April n. J. antreten. 

Tübingen. Dr. E. R e i s s hat sich für Psychiatrie und 
Nervenkrankheiten habilitiert. 

Metz. Im Alter von 51 Jahren erlag der auch literarisch 
hervorgetretene Generalarzt Dr. Adolf Steinhausen, 
Korpsarzt des 16. Armeekorps, ohne vorhergegangene Krank¬ 
heit einem Herzschlage. 

Innsbruck. Dr. G. Bayer hat sich für allgemeine 
und experimentelle Pathologie habilitiert. 

Lausann e. Der Professor der Ophthalmologie Prof. 
Dr. Marc Dufour ist gestorben. 


Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Berlin. Die 4. Jahresversammlung der Gesell¬ 
schaft Deutscher Nervenärzte wird vom 6. bis 8. Oktober 1910 
hierselbst stattfinden. Die wissenschaftlichen Sitzungen finden 
am 6. und 7. Oktober von vormittags 9 Uhr bis nachmittags 
5 Uhr im Physiologischen Institut, Hessische Straße 3/4, statt. 
Für den 8. Oktober, vormittags 9% Uhr, sind klinische 
und anatomische Demonstrationen im Auditorium der 
psychiatrischen und Nervenklinik der Charite in Aus¬ 
sicht genommen. Desgleichen ist eine Ausstellung ana¬ 
tomischer Präparate aus dem Gebiete der Neurologie 
geplant, die in den Laboratoriumsräumen der Nerven¬ 
klinik der Charite stattfinden soll. Diese Räume sind den 
Teilnehmern der Versammlung täglich von 10—2 Uhr geöffnet. 
Auch Nichtmitglieder der Gesellschaft sind als Teilnehmer an 
der Versammlung willkommen, werden aber ersucht, sich in 
die Präsenzliste einzutragen. Das geschäftsführende Vorstands¬ 
mitglied für Berlin ist Prof. Dr. H. Oppenheim, W. 10, 
Königin Augustastraße 28. Referate: 1. Ueber die neueren 
Fortschritte in der topischen Diagnostik der Erkrankungen des 
Pons und der Oblongata; Referenten: A. Wallenberg 
(Danzig) und Marburg (Wien). 2. Die Pathologie und The¬ 
rapie der nervösen Angstzustände; Referenten: H. Oppen¬ 
heim (Berlin) und A. Ho che (Freiburg i. B.). Es sind bis¬ 
her 31 Vorträge und Demonstrationen angemeldet. 

Dresden. Die „Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung 
der Geschlechtskrankheiten“ hat beschlossen, auf der inter¬ 
nationalen Hygieneausstellung Dresden 1911 einen Sonder¬ 
pavillon zu errichten und zu diesem Zwecke die .Summe von 
4000 M. bewilligt. Aus Anlaß der Ausstellung wird die Ge¬ 
sellschaft ihren IV. Kongreß im nächsten Sommer 
in Dresden abhalten. 

Brüssel. Zu der ersten Jahresversammlung des Inter¬ 
nationalen Vereins für medizinische Psychologie und Psycho- 







504 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 32. 


therapie, die am 7. und 8. August im unmittelbaren Anschluß 
an den Kongreß der französischen Irrenärzte und Neurologen 
in Brüssel stattlindet, sind zahlreiche Vorträge angemeldet. 
Eröffnungrede Professor Raymond (Paris); Diskussionen: 
1. Ueber das Problem der Suggestion auf Grund eines Referates 
des Herrn Prof. Jan et (Paris). 2. Theorie und Praxis der 
Psychoanalyse a. Gr. eines Referates des Herrn de Montet 
(Vevey). Referate werden erstatten: 1. Prof. Forel 
(Yvorne): Die Psychologie und die Psychotherapie auf der 
Universität. 2. Dr. 0. Vogt (Berlin): Neue hirnanatomische 
Erkenntnisse und das Lokalisationsproblem. Vorträge: 
1. Prof. H.Bemhei m (Nancy): Der grundlegende Unterschied 
zwischen den Psychoneurosen (inklusive der Hysterie) und der 
Neurasthenie. 2. Dr. Bonjour (Lausanne): Die Notwendig¬ 
keit der Hypnose in der Psychotherapie. 3. Dr. Kohn- 
stamm (Königstein): Die Bedeutung der hypnotischen Expe¬ 
rimente für das psycho-biologische Theorem. 4. Prof. Dr. 
A. Meyer (New York): Psychedynamik in der Dementia 
praecox. 5. Dr. Mohr (Coblenz): Ueber die Benützung ad¬ 
äquater physikalischer und chemischer Reize in der Psycho¬ 
therapie. 6. Dr. Oesterreich (Berlin): Zur Psychopatho¬ 
logie des Selbstbewußtseins. 7. Dr. L. S e i f (München): Ueber 
Wert und Bedeutung der Psychoanalyse für die Diagnose und 
die Neurosen. 8. Prof. Dr. Semo n (München): Assoziation 
als Teilerscheinung der mnemischen Grundgesetzmäßigkeit. 
9. Dr. Tr ö inner (Hamburg): Ueber Vorgänge beim Ein¬ 
schlafen. Die Sitzungen im Maisou des Medecins (Grande place) 
sind öffentlich. Die Diskussionen finden in deutscher und 
französischer Sprache statt, die Diskussionsäußerungen werden 
sofort verdolmetscht. Die Diskussionsreferate werden in deut¬ 
scher und französischer Sprache in Druck gelegt. 


Gerichtliches. 

Berlin. Der Verlagsbuchhändler Georg Hart¬ 
mann, Mitinhaber der Firma Ad. Haussmann, in deren 
Verlag die „Berl. Aerzte-Correspondenz“ erscheint, der wegen 
schwerer, durch eine Ohrfeige herbeigeführter Körperverletzung, 
begangen an dem russischen Mediziner Dr. med. S. L i - 
pliawski, zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt worden war 
(vergl. Allgemeine Medizin. Central-Zeitung, 1909, S. 642) 
und sich außerdem auf dem Wege gütlicher Vereinbarung zur 
Zahlung einer etwa 100 000 M. betragenden Entschädigung an 
den Verletzten verstanden hatte, ist vom Kaiser zu drei Mo¬ 
naten Festungshaft begnadigt worden. Bei dieser Gelegenheit 
teilt die „Voss. Ztg.“ mit, daß sich L. inzwischen erheblich er¬ 
holt hat und bereits wieder Kongresse besucht. 

— Das Kammergericht hat kürzlich entschieden, daß 
das Gesundbctcn eine gewerbsmäßige Ausübung 
der Heilkunde darstellt. Gesundbeter haben sich also 
beim Kreisarzt zur Eintragung in das bezügliche Register zu 
melden. Gewerbsmäßige Ausübung der Heilkunde liege vor, 
wenn jemand gewerbsmäßig die Heilbehandlung bestimmter 
Personen übernehme, die wirklich oder angeblich an körper¬ 
lichen Uebeln oder sonstigen Schäden litten oder wegen 
körperlicher Funktionen sachverständiger Unterstützung be¬ 
dürften oder zu bedürfen glaubten. Dies liege beim Gesund¬ 
beten vox-, bei dem eine Einwirkung auf die Seele des Kranken 
durch gemeinsames Beten beabsichtigt sei. Zur Gewerbs- 
mäßigkeit genüge, daß der Gesundbeter überhaupt Geld 
nehme; es sei nicht nötig, daß er etwas fordere. 

(Apotheker-Ztg.) 

Güstrow. Vom hiesigen Schöffengericht wurde der 
Schäfer und Rattenfänger Z., der sich als Wunderdoktor und 
Nachfolger von Schäfer Ast ausgab, wegen Betruges zu 
3 Wochen Gefängnis verurteilt. Er verschrieb weiblichen Per- 
sonen Medikamente, Tee, Kräuter und Pillen, die er sich weit 
über den Preis bezahlen ließ. 

Cassel. Die hiesige Strafkammer verurteilte wegen 
Betrugs den 71 Jahre alten „Naturheilkundigen“ A., welcher 
bereits 28 mal vorbestraft ist, mit Rücksicht auf sein gemein¬ 
gefährliches Treiben und die vielen Vorstrafen zu einem Jahr 
drei Monaten Zuchthaus. Der Verurteilte hatte gewöhn¬ 
liche Kräuter als wertvolle Medikamente in den ländlichen 
Kreisen Hessens zu teuren Preisen verkauft. 

C.ö 1 n. Ueber einen mit dem hiesigen Krankimkassen¬ 
konflikt zusammenhängenden Zivilprozeß von prinzipieller 
Wichtigkeit, über den weder die uns zugänglichen Tages¬ 
zeitungen noch die ärztlichen Standesorgaue bisher etwas ge¬ 
bracht haben, entnehmen wir der „Pharmac. Ztg.“ folgende 
Mitteilung: Ein Arzt halte sich gegen Zahlung von 3000 Mk. 
bestimmen lassen, sich dem Leipziger Verbände 
gegenüber auf Ehre n w o r t und gegen eine Konven¬ 
tionalstrafe von ebenfalls 3000 M. zu verpflichten, inner¬ 
halb 10 Jahren an keinem Ort in Deutschland, wo Streitig¬ 
keiten zwischen Aerzten und Krankenkassen entstehen würden, 
ärztliche Tätigkeit auszuüben. Trotzdem ließ sich der Arzt 


im Februar 1909 in Cöln nieder und wurde Krankenkassen¬ 
arzt. Nun klagte der Leipziger Vei-band beim Landgericht in 
Leipzig die Konventionalstrafe ein. Das Gericht ent¬ 
schied abei-, daß der Vertrag, in welchem der Arzt seine 
Freiheit verkauft habe, den guten Sitten zu¬ 
wider 1 a u f e und deshalb ungültig sei. Dai-aufhin vei-klagte 
der Verband den Arzt beim Cölner Landgericht auf Heraus¬ 
gabe der als Gegenleistung für diese Verpflichtung gezahlten 
3000 M., denn wenn der Vertrag ungültig sei, habe der Arzt 
diese 3000 Mk. unrechtmäßig erhalten. Das Gericht wies aber 
den Verband auch hier ab. Es liege zwar, so sagt das Urteil, 
auf beiden Seiten ein Verstoß gegen die guten Sitten vor. Das 
B. G.-B. bestimme aber für einen solchen Fall beiderseitigen 
unsittlichen Vex-haltens nach § 817, daß die Rückforde¬ 
rung des Geleisteten ausgeschlossen sei. (Im 
gewerblichen Leben ist es etwas ganz Gewöhnliches, daß An¬ 
gestellte von Firmen im Anstellungsvertrag unter Festsetzung 
von Konventionalstx-afen zu Einschränkungen ihrer Bewegungs¬ 
freiheit verpflichtet werden — s. g. Konkurrenzklausel! Nach 
der reproduzierten juristischen Deduktion müßten auch derlei 
Abmachungen ungültig sein, und doch sind sie unseres Wissens 
mehrfach in Streitfällen von den Gerichten als zu Recht be¬ 
stehend anerkannt worden. Red.) 

Essen. Wegen fahrlässiger Körperverletzung wurde der 
Krankenbehandler O. vom hiesigen Landgericht zu 150 Mark 
Geldstrafe verux-teilt. 

Verschiedenes. 

St. Petersburg. Seit der vorigen Woche ist hierselbst 
die Ckoleraepidemie wieder aufgeflammt und hat bereits 
mehrere hundert Opfer gefordert. 

Paris. Hierselbst sind zurzeit Bemühungen zur Errich¬ 
tung eines Radiuminstitutes im Gange, das im Lateinischen 
Viertel von Paris an der Ecke der Rue Ulm und der Rue Nou- 
velle seinen Platz finden soll. Es soll den Namen „Institut 
Curie“ ti-agen und nach den Plänen der ähnlichen Institute 
gebaut werden, die bereits in London und Wien bestehen. Es 
soll ein Amphitheater für Vorlesungen, ein Laboratorium und 
eine Bibliotliek enthalten. 


VII. Amtliche Mitteilungen. 

Personalia. 

Preußen. 

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Stern zum Roten Adler-Orden 2. Kh mit 
Eichenlaub und Krone: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. 
H e n o c h. 

Roter Adler-Orden 4. KL: San.-Rat Di-, Schied- 
g e s in M.-Gladbach, Prof. Dr. W i e t i n g in Konstantinopel, 
Geh. Med.-Rat Dr. B r i e g e r in Berlin, Kreisarzt Di-. 
F’ e i g e in Marienbui-g. 

Koni gl. Kronen-Orden 3. Kl.: Geh. San.-Rat Dr. 
W o 1 f f in Zabrze, Regierungs- und Geh. Med.-Rat Dr. See¬ 
mann in Danzig. 

Rote Kreuz-Medaille 3. KL: Kreisarzt Geh. Med.-Ral 
Dr. Jaenicke in Spandau. 

Niederlassung: Dr. Li ehr echt in Prenzlau, Arzt 
D. Hilleisohn in Adlershof, Arzt P. Kühl in Pankow, 
Dr. Degener in Lankwitz, Dr. Hansen in Britz, Dr. 
P o 1 z i e n in Wolgast. 

Gestorben: San.-Rat Dr. Tre n k m a n n in Eilsleben, Dr. 
F’ i c k in Neuteich, Geh. San.-Rat Dr. S t u m p f f in Wolden- 
berg, Dr. Reich m ann in Glogau, San.-Rat Dr. Benne- 
mann und Dr. Holtermann in Ahlen, San.-Rat Dr. 
Bröckenhoff in Bottrop, San.-Rat Dr. S c h e e 1 in Haina, 
Geh. San.-Rat Dr. Führer in Wolfhagen, San.-Rat Dr. 
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Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein , Berlin N., Friedrichstrasse. 131 B., für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin. 
Verlag von Oscar Coblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Oarl Marschner. Berlin SW., Alexandrinenstrasse 110. 





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12. bis 18. V. Internationaler Kongreß für Medizinische 
Elektrologie und Radiologie in Barcelona. 

13. bis 16. Versammlung des Deutschen Vereins für öffent¬ 
liche Gesundheitspflege in Elberfeld. 

18. bis 24. V. Internationaler Geburtshilflicher Kongreß 
in St. Petersburg. 

18. bis 24. LXXXII. Versammlung Deutscher Naturforscher 
und Aerzte in Königsberg i. Pr. 

27. bis 30. VIII. Internationaler Physiologenkongreß in 
Wien. 

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von absolut sicherer, stark bakterizider, 
trotzdem aber reizloserWirkung. Mit Er¬ 
folg angewandt bei akuter und chron. 
Gonorrhoe; bei Blasenspül.ungen, chron. 
Kieferhöhlenempyemen, bei Erkrankun¬ 
gen d. Dickdarms, in der Augenheilkunde 
und als Propbylaktikum in 0,1— 2,0°/ 0 igen 
wässerigenLösungen. Billig imGebrauch. 
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Bester Kokain-Ersatz-und mindestens 
7 mal weniger giftig als dieses, 3 mal 
weniger giftig als dessen Ersatz¬ 
präparate. Es ist in Wasser leicht lös¬ 
lich, seine Lösungen sind durch Kochen 
sterilisierbar. Novocain verursacht 
keine Intoxikationen, keine Gewebs¬ 
schädigungen oder Nachschmerz und 
wird mit glänzendem Erfolge bei Me¬ 
dullär- und allen Arten der Lokal¬ 
anästhesie angewandt. 


Trigemin 

ausgezeichnetes 

Analgetikum 

bei schmerzhaften Affektionen d. direkten 
Gehirnnerven, wie Trigeminus, u. Occi- 
pital-Neuralgie, Ohren-, Kopf- und Zahn¬ 
schmerzen. Speziflkumbei Schmerzen in¬ 
folge von Periostitis, Rulpitis, Neuritis 
u. solchen, die nach Freilegung der Pulpa 
und Einlagen von Ätzpasten auftreten. 
Dosis: 2—3 Gelatinekapseln ä 0,25 g. 
Originalflakon: 20 Kapseln = 1,60 Mk. 
Original döschen: 10 Kapseln = 0,85 M. 


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Unersetzliches Mittel in der Ekzemtherapie. 

Eine Reihe von längere Zeit fortgesetzten Untersuchungen haben das Tumenol (Rp. Ammon, tumenolic.) 
als ganz vorzüglich geeignet befunden zur Behandlung juckender Dermatosen und von Kiriderekzemen; 
es ist absolut reizlos und von sehr schwachem, nicht unangenehmem Gerüche. Mit Erfolg angewandt 
hei allen Arten von Hauterkrankungen, nässendem Ekzem, Erosionen, Exkoriationen, Rhagadenbildung, 
parasitären Dermatitis-Eormen, Prurigo und Pruritus, wie auch als Yerbandmittel oder in Pinselungen. 

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Verhalten gegen andere Jodpräparate. 
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Lues u. postsyphiiitischenErkrankungen, 
Asthma hronchiale, chron.Bronchitis etc. 
Dosis 2—4 mal täglich 2 Tabletten, eine 
Stunde nach dem Essen. 
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Suprarenin 

hydrocbloric. 

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Das durch chem. Aufbau dargestellte 
wirksame Prinzip der Nebennieren 
zeichnet sich durch absolute Reinheit, 
zuverlässig konstant bleibende Wirkung 
und gute Haltkarkeit seiner Lösungen 
aus. Synthetisches Suprarenin ist dem¬ 
nach in allen Fällen den anderen, aus 
Organen gewonnenen Nebennierenprä¬ 
paraten vorzuziehen. 
Rp.Sol.Suprarenin. hydrochl. synth.l:1000. 


Anaesthesin 

absolut reizloses 
Lokalanästhetikum 

von sicherer, langandauernder Wirkung 
u. völliger Ungiftigkeit bei externen* u. 
internem Gebrauche. Indiziert bei allen 
Arten von schmerzhaften Wunden und 
Hautentzündungen, bei tuberkulösen und 
syphilitischen Lärynx- und Pharynx-Ge¬ 
schwüren, Ulcus u. Carcinoma ventriculi, 
Vomitns gravidarum, Hyperästhesie des 
Magens, Seekrankheit etc. Dosis int. 
0,3 -0,5 g 1—3 mal täglich vor d. Mahlzeit. 


Valyl 

zeigt die 

Typische Baldrianwirkung 

in verstärktem Maße. Die Valyl- 
Perlen lösen sich erst im Darm und 
verursachen keinerlei Beschwerden von 
Seiten des Magens. Indiziert als vor¬ 
zügliches Antidysmenorrhoikum, ferner 
bei Beschwerden während der Gravidität 
und des Klimakteriums, und bei nervö¬ 
sen Störungen jed. Art. Dosis: 2—3VaIyi- 
Perle n ,2—3mal tägl.; Originalflakon od. 
Blechdose: 25 Perlen ä 0,125 g = 2,00Mk. 


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No. 33. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 33. 


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nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche oben¬ 
drein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen 
Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatz¬ 
präparate anscheinend unter Mißbrauch unserer Marken „Ichthyol“ 
und „Sulfo-ichtliyolicum“ auch manchmal fälschlicherweise mit 

Ichthyol 

oder 

Ammonium sulfo-ichthyolicum 

gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur 
unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klini¬ 
schen Versuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten 
wir um gütige Mitteilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn 
irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. 

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Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt YI, No. 3302 


IV. Jahrgang Berlin, 13. August 1910 \o. 33 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Bucthandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalsschluss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Redaktion: 

Dp- H. Lohnstein und Dp. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Holdheim: Biocitin 
als Unterstützungsmittel für ambulatorische Tuberkulinkuren. 

Keller: Fachlich ausgebildete, beamtete Helferinnen in der 
Säuglingsfürsorge. —E ngelmann:U eber dieGelatinebehandlung 
bei Malaenaneonatorum. — Brandenberg: Polyarthritis chronica 
progressiva primitiva im Kindesalter. — Grober: Zu der Frage 
der Infektionswege und zum Verlauf der Pneumokokkeumenin- 
gitis. — Möllers: Welche Gefahr droht dem Menschen durch 
das tuberkulöse Tier? — Deutsch: Tuberkulose und Stillen. 
— Lang, Zinsser, Wichmann und Gottschalk: Die 
Behandlung des Lupus. — Zickgraf: Ueber therapeutische 
Auwendung von Projodin. — Weiss: Eine eigenartige 
Gelenksaffektion, geheilt durch Sajodin. — Sahli: Ueber 
Pantopon. — Schiemann: Ueber quantitative Eiweilibestim- 
mimgen nach Tsuchiya. — lioubitschek: Zur Kenntnis der 
Obstipationsalbuminurie. — Zironi: Experimenteller Beitrag 
zur Pathogenese des Ulcus rotundum des Magens. — Miln er: 
Die entzündlichen Pseudo-Carcinome des Wurmfortsatzes. — 
Fabian: Fremdkörper im Bruchdarm als Ursache schwerer 
Komplikationen. —Berensnegowsky: Ueber die Pathologie 
und Therapie des Mastdarm Vorfalles. — Crede: Die Talma- 
sche Operation. — Heitler: Herzstörungen durch Reizung des 
Perikards. Vorschlag zur Kokainisierung des Perikards bei 
Operationen am Herzen. — Wiesner: Beitrag zur nichtkompli¬ 
zierten traumatischen Sehnenluxation. — Momburg: Ein neues 
Prinzip in der Plattfußbehandlung. — v. Herff: Serres fines 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Biocitin als Unterstützungsmittel für ambula¬ 
torische Tuberkulinkuren. 

Yon 

Dr. W. HoliUieiin, Spezialarzt für Lungeuleiden in Berlin. 

Bei der täglich allgemeiner werdenden Anerkennung des 
Tuberkulins als vielleicht einziges spezifisches Mittel im 
Kampfe gegen die Tuberkulose, hat sich die Notwendigkeit 
immer mehr ergeben, daß auch der Arzt der freien Praxis 
sich mehr als bisher mit ihr beschäftige und ihre Anwendung 
sich aneigne. 

In früheren Arbeiten sowohl 1 ), wie in verschiedenen 
Vorträgen 2 ) habe ich darauf 'hingewiesen, daß. sich die 
Tuberkulinbehandlung bei einigermaßen sorgfältiger Beob¬ 
achtung des Kranken und Auswahl der Fälle ohne jede Ge¬ 
fahr in der ambulanten Praxis durchführen läßt, ein Stand¬ 
punkt, ider auch von dem Begründer der Therapie, Robert 
Koch, eingenommen wurde 3 ). 

Auf die meist vorzüglichen Resultate dieser Behand¬ 
lungsmethode, welche die in Heilstätten erzielten Erfolge 
bezgl. ihrer Dauer noch' übertreffen, möchte ich an dieser 
Stelle ebensowenig wie auf die von mir geübte Methode ein- 
gehen, da ich sie an anderer Stelle 1 ) bereits mehrfach 
beschrieben habe. 

Bei dem großen, mir in meiner spezialärztlichen Praxis 
sowohl privat als auch besonders in ,der kassenärztlichen 
Tätigkeit zur Verfügung stehenden Material hat sich jedoch 
im Laufe der Zeit bei der langen Dauer der meist 5 Ins 
7 Monat in Anspruch nehmenden ambulatorischen Tuber¬ 
kulinkuren ein Uebelstand bemerkbar gemacht, der einer be¬ 
sonderen .Würdigung bedarf. Es konnte nämlich oft die 

1) cf. Zeitschrift f. ärztl. Fortbildung, 1905, No. N; Medic. Klinik, 
1907, pg. 1521; Wiener Hin-therap. Wochenschrift, 1909, No. 1. 

2 ) Naturf.- und Aerzte-Vers. in Breslau 1904 u. Stockholm 1909; 
VIII. Internat. Tuberkulose-Konferenz; endlich XVI. Internat. Aerzte- 
Kongreß in Budapest 1909, Sekt. V. 

3 ) cf. Einleitung zur 3. Auflage des Lehrbuches der spez. Diagn. 
und Therapie der Tuberkulose von Bandelier und Roepke. Würz¬ 
burg 1909, Stübers Verlag. 

*) 1. cit, 


oder Michelsche Klammern. — Mayer: Zur Diagnose des 
übergroße retroplacentaren Hämatoms. — Rethi: Zur Frage der 
vollständigen Entfernung der Gaumenmandeln (Tonsillektomie). 
— Gutmann: Augensymptome bei Erkrankungen der Stirnhöhle 
und Siebbeinzellen. — Lutz: Ueber einige weitere Fälle von 
Heterochromia iridum. — Juselius: Experimentelle Unter¬ 
suchungen über die Regeneration des Epithels der Cornea unter 
normalen Verhältnissen undunter therapeutischen Maßnahmen. — 
Flemming: Zur Keratomalaciefrage unter besonderer Berück¬ 
sichtigung des Allgemeinleideus und des Ausganges. — Best: 
Ist Schutz der Augen vor ultraviolettem Licht notwendig? — 
Robitschek: Ein Mundkühler. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 6. Juli 1910. (Schluß ) 

III. Therapeutische Notizen. Hamm: Das Alypinum nitricum 
als lokales Anästheticum in der kleinen Chirurgie. 

IV. Bücherschau. Sommer: Klinik für psychische und nervöse 
Krankheiten. — Helwig: Das kranke Kind und das Seeklima. 
— Zeitschrift für Säuglingsschutz. — Feldmann: Die ärztliche 
Mission. 

V. Feuilleton. Heeger: Zur Geschichte der Medizin. (Schluß.) 

VI. Tagesgeschichte. StandesaDgelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätsw’esen, Personal- 
nachrichten. — Gerichtliches. — Verschiedenes. 

VII. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 


1 Beobachtung gemacht werden, daß manche Patienten be¬ 
sonders dann, wenn leichte Reaktionen, welche trotz vor¬ 
sichtigster Dosierung des Mittels nicht immer zu vermeiden 
sind, ötter .auftraten, unter der Kur nicht unerheblich litten. 
Es stellte sich Abgeschlagenheit, .Mattigkeit, Unlust, bis¬ 
weilen Unfähigkeit izur Fortführung ihrer Arbeit ein; der 
Appetit nahm ab und es ließ sich, trotz deutlich nachweis¬ 
barer Besserung des physikalischen Lungenbefundes, oft 
nachweisen, daß das subjektive Befinden der Patienten hier¬ 
mit nicht Schritt hielt. 

Um diesen unangenehmen Zwischenfällen, welche bis¬ 
weilen die ganze Durchführung einer Tüberkulinkur in Frage 
stellen, aus dem Wege zu gehen resp. ihnen zu begegnen, 
erschien mir das Lecithin, welches seit zirka 10 .Jahren 
eine ausgedehnte therapeutische Anwendung besonders im 
Anslande gefunden hat, außerordentlich geeignet. Es galt 
jedoch ein Präparat zu finden, das bei nicht zu hohem Preise 
einen möglichst großen Prozentgehall an physiologisch 
reinem Lecithin besitzt. Als solches hat sich mir am besten 
das, nach einem Verfahren des Hofrat Professor Haber¬ 
mann, Direktor des chemischen Instituts an der k. k. tech¬ 
nischen Hochschule in Brünn, gewonnene Biocitin .be¬ 
währt. Es enthält nach der Analyse von Altmann 
10,7 pCL physiologisch reines Lecithin. Ich verwandte dak- 
' selbe bisher in zirka 20 Fällen mit ausgezeichnetem Er¬ 
folge. Es gelang überall, die oben geschilderten unange¬ 
nehmen Begleiterscheinungen der Tuberkulinkur einzu¬ 
dämmen resp. ganz zu vermeiden. Das Biocitin wurde 
seines guten Geschmackes wegen stets gern genommen und 
gut vertragen, so daß mir von einigen meiner Patienten, 
welche vorher kein Lecithinpräparat bekommen hatten, 
spontan gesagt wurde, daß ihnen die Purchführung der 
Tuberkulinkur ohne gleichzeitigen Gebrauch des Biocitins 
ganz unmöglich gewesen wäre. Es sei mir erlaubt, in. 
Folgendem des Näheren auf die einzelnen Fälle einzugehen: 

1. A. B., 25 Jahre alt, Buchhalter in einem großen kauf¬ 
männischen Betriebe, wurde von mir wegen einer gelegent¬ 
lich der Untersuchung für eine Lebensversicherungs-Gesell¬ 
schaft entdeckten doppels. Phthis. pulm. mit steigenden Dosen 
Alt-Tuberkulin behandelt. Klagte schon nach wenigen Ein- 
I Spritzungen über Mattigkeit und verminderte Eßlust, ohne daß 
| Temperatursteigerungeu oder irgendwelche Zeichen einer Re- 








506 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 33. 


aktion vorhanden waren. Vom Schlüsse des ersten Monats der 
Kur ab erhält er Biocitin dreimal täglich einen Teelöffel. Be¬ 
reits nach Verlauf eines Monats gibt Patient spontan an, sich 
viel frischer zu fühlen; Appetit ist wesentlich besser geworden. 
Er hat bei Durchführung der Tuberkulinbehandlung unter 
gleichzeitiger Darreichung des Biocitins wesentlich an Gewicht 
zugenommen und fühlt sich heute, nach Verlauf von fünf Mo¬ 
naten, wieder völlig wohl und arbeitsfähig. 

2. I. L., 34 Jahre alt, selbständiger Kaufmann, war bereits 
zweimal wegen eines doppelseitigen Lungenkatarrhs verbun¬ 
den mit häutigen schmerzhaften Pleurareizungen in einem Sa¬ 
natorium in Davos und wurde mir von dort am 14. IX. 1909 zur 
weiteren Behandlung zugeschickt. “Patient ist ein sehr schmäch¬ 
tiger, elend aussehender Herr, dessen Lungenuntersuchung 
einen doppelseitigen Spitzenkatarrh mit geringen katarrhali¬ 
schen Erscheinungen und eine deutlich nachweisbare pleuri- 
tische Schwarte R. H. U. zeigt. Er wurde von mir in der ge¬ 
wohnten Weise ambulatorisch mit Alt-Tuberkulin behandelt 
und nimmt seit Oktober wegen starker nervöser Störungen, die 
ihn ab und zu nötigten seine Tätigkeit zu unterbrechen, Bio¬ 
citin in der oben angegebenen Menge. Seitdem hat sich sein 
Zustand trotz einer interkurrenten Laryngitis und Bronchitis 
wesentlich gebessert. Gewichtszunahme 4 Pfund. Patient fühlt 
sich kräftig und kann seiner Tätigkeit den ersten Winter 
wieder in Berlin nachgehen. Appetit, der früher sehr mangel¬ 
haft war, ist erstaunlich gebessert. 

3. Reg.-Assessor v. M., 31 Jahre alt, wegen eines doppel¬ 
seitigen Lungenspitzenkatarrhs seit 22. VIIL in Behandlung, 
wird nach positiver diagnostischer Tuberkulinprobe therapeu¬ 
tisch mit Tuberkulin behandelt. Patient klagt seit Mitte Ok¬ 
tober sehr über Mattigkeit, Gliederschmerzen, Appetitlosigkeit 
und Unlust zum Arbeiten. Erhält deshalb Biocitin. Gewicht 
im Beginn der Kur 69 kg. Bei strenger Durchführung seiner 
Kur und bei anstrengender gleichzeitiger Tätigkeit — Patient 
kommt erst 7 Uhr abends zum Mittagessen — Gewichtszunahme 
bis Anfang Februar 4 kg. Subjektives Wohlbefinden, macht 
allabendlich große Spaziergänge und fühlt sich am Morgen 
nach gutem Schlaf durchaus gekräftigt und munter. 

4. Frau A. M., Witwe, 32 Jahre alt, wurde von mir von 
Juni bis September 1909 wegen einer zuerst mit hohem Fieber 
verbundenen Pleuritis nach Influenza behandelt. Hieran 
schloß sich ein deutlich nachweisbarer Spitzenkatarrh, wes¬ 
wegen am 22. IX. mit einer ambulatorischen Tuber¬ 
kulinkur begonnen wurde. Gewicht damals 54,5 kg. Da die 
Patientin sich sehr matt fühlte, und durchaus nicht zum Essen 
zu bewegen war, erhielt sie seit Mitte Oktober Biocitin. Seit¬ 
dem nimmt sie, trotz der stetig fortgeführten Tuberkulinkur, 
an Gewicht zu und wiegt Ende Januar 1910 58,5 kg. 

5. K. W., 27 Jahre alt, Kaufmann, erblich belastet, war 
bereits in Reichenhall und Leysin wegen eines rechtsseitigen 
Lungenkatarrhs in Behandlung. Zeigt bei Beginn der Tuber¬ 
kulinkur deutliche katarrhalische Erscheinungen der rechten 
Lungenspitze bis 4. Proc. spin., R. V. bis zur zweiten Rippe. Zur 
Unterstützung seiner angestrengten Berufstätigkeit in einem 
Detailgeschäft erhält er seit Ende Oktober Biocitin und ver¬ 
trägt die ihm anfänglich schwer durchführbare Kur unter 
ständiger Gewichtszunahme bei glänzendem Appetit vor¬ 
züglich. 

6. Frl. K. Z., 35 Jahre alt, wird w'egen eines doppelseitigen 
Lungenkatarrhs von einer Aerztin im August zur Tuberkulin¬ 
kur überwiesen. Sie verträgt die Kur bis zu einer Dosis von 
0,5 g Tuberkulin recht gut, fühlte sich aber seitdem recht matt 
und elend, klagte über Appetitmangel und große Müdigkeit 
im Geschäft. Sie erhält deshalb Biocitin dreimal pro die. 
Seitdem geht es ständig besser. Appetit und Gewicht haben 
sich gehoben, die Mattigkeit ist fast ganz geschwunden. 

7. Frl. E. St., Verkäuferin, 23 Jahre alt, wird sei Mai 1909 
mit Alt-Tuberkulin wegen eines doppelseitigen katarrhali¬ 
schen Lungenprozesses ambulatorisch behandelt. Sie verträgt 
dasselbe zunächst recht schlecht, reagiert häufig und es ge¬ 
lingt schwer, zu höheren Dosen zu gelangen. Die Patientin 
klagt viel über Kopf- und Rückenschmerzen, Mattigkeit und 
Appetitlosigkeit. Sie erhält deswegen seit Mitte Oktober Bio¬ 
citin. Seitdem nimmt sie ständig an Gewicht zu, konnte die 
Kur bis zu 500 mg Tuberkulin ungestört fortführen und hat 
trotz fortdauernder geschäftlicher Tätigkeit 3 kg Gewichts¬ 
zunahme zu verzeichnen. 

8. A. R., 24 Jahre alt, Kaufmann, kommt wegen einer ini¬ 
tialen Hämoptoe im November v. J. in meine spezialärztliche 
Behandlung. Die Untersuchung ergab einen deutlich nach¬ 
weisbaren tuberkulösen Katarrh beider Spitzen, besonders 
rechts, wo die Veränderungen von oben bis zum sechsten 
Dornfortsatz reichten. Da Patient sehr abgemagert ist, über 
Appetitlosigkeit und Mattigkeit klagte, erhält er sofort zur 
Unterstützung der Tuberkulinkur Biocitin. Er verträgt die 
Kur ausgezeichnet, nimmt unter ständig größeren Tuberkulin¬ 
dosen andauernd an Gewicht zu. und hat deutlich nachweis¬ 
baren, objektiven wie subjektiven Erfolg der Kur aufzuweisen, 
obwohl er nach w'ie vor seiner Tätigkeit nachgeht. 


Sind die Erfolge in den oben geschilderten Fällen aus 
der privatärztlichen Tätigkeit schon recht gute zu nennen, 
so hat sich die Anwendung des Biocitins in der kasseti,- 
ärztlichen Praxis zur Unterstützung der Tuberkulinkuren 
noch bedeutsamer gestaltet. Handelte es sich doch hier 
u'm ein wesentlich anderes Publikum, teils Arbeiter großer 
Berliner Betriebskrankankassen wie der Großen Berliner 
Straßenbahn und der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesellschaft, 
teils um Frauen, deren Emährungs- und Kräftezustand durch 
häusliche Sorgen, schwere Arbeit, viele Geburten ein wesent¬ 
lich minderwertigerer war, als bei den bisher geschilderten 
Patienten. In Folgendem seien auch einige derartige Fälle 
aus meinem kassenärztlichen Ambulatorium mitgeteilt: 

9. Frau H. K., 30 Jahre alt, Gattin eines Straßenbahn¬ 
fahrers, ist seit Herbst 1908 lungenkrank und hat seitdem 
5 kg an Gewicht abgenommen. Seit August 1909 wird Pa¬ 
tientin von mir mit Tuberkulin behandelt, klagt jedoch im 
Verlaufe der Kur sehr über zunehmende Schwäche und 
Mangel an Appetit. Sie erhält deswegen seit Anfang .No¬ 
vember Biocitin. Seit Ende Januar ist die Kur der Patientin 
beendigt. Auf den Lungen sind Geräusche nicht mehr nach¬ 
weisbar; die Schwäche, die Patientin zuerst fühlte, hat voll¬ 
ständig nachgelassen; ihren Appetit bezeichnet die Patientin 
als „unheimlich“. Gewichtszunahme seit November 6 kg. 

10. Frau W. K., 35 Jahre alt, Wäschenäherin, schwer erb¬ 
lich belastet, Lues überstanden, wird Ende Juli 1909 w'egen 
doppelseitigen Lungenkatarrhs meiner Poliklinik zur Behand¬ 
lung überwdesen. Es fanden sich über beiden Spitzen katarrha¬ 
lische Geräusche bei vesico-bronchialem Atmen nebst 
Dämpfung über beiden Spitzen. Seit Anfang August wird die 
Patientin mit Alt-Tuberkulin gespritzt; Ende Oktober erhält 
sie, da sie seit längerer Zeit über Kopf- und Schulter¬ 
schmerzen, große Müdigkeit und Unfähigkeit zum Arbeiten 
klagt, Biocitin. Seitdem nimmt der Appetit wesentlich zu. 
Patientin arbeitet seil Mitte Dezember wieder ständig und 
fühlt sich nach beendeter Tuberkulinkur zurzeit außerordent¬ 
lich wohl. 

11. R. H., 21 Jahre, Friseur, wegen eines doppelseitigen 
Lungenleidens seit Mitte September 1909 in Behandlung, rea¬ 
gierte bei Beginn der Tuberkulinkur sehr häufig und fühlte 
sich deshalb, da auch der Appetit nachließ, recht elend. Seit 
30. X. erhält Patient Biocitin. Seitdem ungestörter Ver¬ 
lauf der Tuberkulinkur, Appetit sehr gut, objektive Krank¬ 
heitserscheinungen zurzeit nicht mehr nachweisbar. 

12. E. Sch., 35 Jahre, Plätterin, hereditär belastet, seit 
3 Jahren lungenleidend, ist bei Beginn der Kur sehr elend, 
zeigt objektiv tuberkulöse Veränderungen in beiden Spitzen, 
Appetit sehr wenig vorhanden, weshalb Patientin verschie¬ 
dene Stomachica erhält. Seit 23. XI. nimmt Patientin 
täglich dreimal Biocitin; seitdem ist der Appetit wesentlich 
besser geworden; Patientin fühlt sich zurzeit recht kräftig und 
arbeitet in ihrem Berufe. 

13. Frl. M. Sp., 30 Jahre alt, Näherin. Vor drei Jahren 
Pneumonie, vor einem Vierteljahr von anderer Seite mit po¬ 
sitivem Erfolge probatorisch mit Tuberkulin gespritzt. Klagt 
über Rücken- und Kreuzschmerzen, will in kurzer Zeit über 
10 kg abgenommen haben. L. H. vesico-bronchiales Atmen 
mit spärlichem klingenden Rasseln bis 3. Proc. spin. R. V. 
derselbe Befund mit zahlreicheren kleinblasigen Rassel¬ 
geräuschen. Patientin wird seit Ende Oktober mit Tuberkulin 
behandelt und erhält seit Mitte November Biocitin zur Unter¬ 
stützung ihrer Ernährung. Patientin fühlt sich nach. Verlauf 
von vier Monaten wieder vollkommen munter und arbeitsfähig, 
hat 10 kg an Gewicht zugenommen. 

14. Frau M. K., 33 Jahre, Ehemann Straßenbahnschaffner, 
seit Anfang November wegen Stichen im Rücken, Husten, 
Auswurf, Appetitmangel in Behandlung, zeigt tuberkulöse 
Veränderungen über beiden Lungenspitzen, rechts mehr als 
links, und wird sofort mit Alt-Tuberkulin behandelt. Da die 
Patientin über große Schwäche’ klagt, der Appetit auch trotz 
Stomachica sich nicht besserte, erhält sie seit Anfang De¬ 
zember Biocitin. Schon nach 4 Wochen gibt Patientin an, sich 
nicht mehr so müde wie anfangs zu fühlen. Der Appetit hat 
sich wesentlich gehoben, so daß Patientin zurzeit ihren 
Pflichten im Haushalt wie in gesunden Tagen nachkommen 
kann. 

15. L. M., 35 Jahre alt, Arbeiter bei der A. E. G., ist seit 
1906 lungenkrank, war 18 Wochen in der Heilstätte Loslau und 
kommt wegen Husten, blutigem Auswurf, Nachtschweiß, 
starker Gewichtsabnahme und Appetitlosigkeit In mein Am¬ 
bulatorium zur Behandlung. Mitte November wird gleichzeitig 
mit Einleitung der Tuberkulinkur Biocitin gegeben. Schon 
Mitte Dezember gibt Patient an, wesentlich besseren Appetit 
zu haben, muß jedoch leider Ende Dezember wegen eines 
Gelenkrheumatismus die Kur unterbrechen. Appetit seiner¬ 
zeit recht gut, Husten und Auswurf fast völlig verschwunden. 

16. Frl. E. Sch., 18 Jahre alt, Kontoristin, wegen Lungen¬ 
katarrhs im vorigen Jahre im städtischen Krankenhause 




No. 33. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


507 


Friedrichshain in Behandlung gewesen, klagt zurzeit über 
Stiche, Schmerzen in den Schultern, hat seit 3 Monaten 7 Pfund 
abgenommen. Deutlich nachweisbarer rechtsseitiger Lungen¬ 
spitzenkatarrh. Patientin wird deshalb seit Anfang August 
1909 mit Alt-Tuberkulin behandelt. Da sie im Verlaufe der 
Kur über vermehrte Müdigkeit, Kopfschmerzen, Unfähigkeit 
zum Arbeiten klagt, erhält sie seit Ende Oktober Biocitin, unter¬ 
dessen ständigem Gebrauch sich Appetit und Kräftezustand 
schnell erheblich besserten, so daß die Patientin, welche seit 
Anfang Februar ihre Kur beendet hat, zurzeit völlig arbeits¬ 
fähig ist und ca. 10 Pfund an Gewicht zugenommen hat. 


Auf Grund obiger Fälle, deren Anzahl sich leicht noch 
steigern läßt, glaube ich sagen zu dürfen, daß wir im 
Biocitin ein außerordentlich wertvolles Unterstützungsmittel 
bei der Durchführung langdauernder ambulatorischer Tuber¬ 
kulinkuren besitzen, dessen Anwendung vermöge seiner 
leichten Verdaulichkeit und seines angenehmen Geschmackes 
mit gutem Erfolge überall da anzuraten ist, wo der Ivräfte- 
zusiand -daniederliegt, der Appetit ein schlechter ist und 
nervöse Erscheinungen die Ausführung einer Kur unmöglich 
machen resp. sehr erschweren würden. 


f 



I 


* 




Artur Keller: Fachlich ausgebildete, beamtete Helferinnen in 
der Säuglingsfiirsorge. (Zeitschrift für Säuglingsschutz, 
II. Jahrgang, Heft 5.) 

Der Magistrat in Charlottenburg hatte die Absicht, zwei 
besoldete Gehilfinnen für die Kontrolle der Pflegekinder und 
Mündel anzustellen. Dieser Antrag, der durch die guten Re¬ 
sultate einer Umfrage in 29 Städten, wo Berufspflegerinnen an¬ 
gestellt sind, gestützt wurde, hat in den Kreisen der ehrenamt¬ 
lichen Pflegerinnen eine gewisse Erregung hervorgerufen, die 
in dem Vorgehen des Magistrates ein unberechtigtes Mißtrauen 
gegen ihre bisherige Tätigkeit erblickten. In dem vorliegenden 
Aufsatz nimmt nun Keller Stellung zu der Frage, die viel¬ 
leicht auch in anderen Städten aktuell ist, oder es sehr rasch 
bei der gegenwärtigen, fast allzu raschen Ausdehnung der 
Säuglingsfürsorge werden kann, und aus diesen Gründen sei 
auf den Aufsatz auch an dieser Stelle aufmerksam gemacht. — 
Verfasser tritt unbedingt für besoldete Pflegerinnen mit fach¬ 
licher Vorbildung ein, dabei muß die Organisation der Für¬ 
sorge einheitlich sein. Die Pflegerin ist in erster Linie Ge¬ 
hilfin des Fürsorgearztes, ohne die der Arzt überhaupt nicht 
arbeiten kann; denn in ihrer Hand liegt die Fürsorgetätigkeit 
weit mehr als in der des Arztes, sie muß hei ihren sehr wesent¬ 
lichen Hausbesuchen die Ausführung der ärztlichen Anord¬ 
nungen überwachen bezw. den Müttern die notwendigen An¬ 
weisungen geben. Sie ist nach der Hebamme die nächste Be¬ 
raterin der Mütter, wenn sie überhaupt zeitig genug eingreifen 
kann. Aber hierzu gehört eine reiche praktische Erfahrung 
und gründliche Vorbildung, zumal die Fürsorgepflegerin viel¬ 
fach selbständig eingreifen muß, sei es aus prophylaktischen 
Gründen, sei es zu therapeutischen Zwecken. Neben der ärzt¬ 
lichen Pflichten soll eine beamtete Pflegerin auch soziale er¬ 
füllen, also mehr im eigentlichen Sinn Fürsorge treiben, wie 
sie die Polizei, Armendirektion, Vormundschaftsbehörde und der 
Waisenrat ausübt. In dieser Weise soll eine beamtete Berufs¬ 
pflegerin tätig sein. Einwände dagegen sind nach Keller 
leicht zu widerlegen. Solche Einwände sind, daß eine bezahlte 
Pflegerin nicht Einfluß habe wie eine ehrenamtliche, daß die 
letztere bezüglich der Hausbesuche nicht so an die Zeit ge¬ 
bunden sei, daß die Besuche einer bezahlten Pflegerin, die 
große Bezirke zu kontrollieren habe, von den Müttern mit ziem¬ 
licher Richtigkeit vorausgeahnt würden, daß endlich eine be¬ 
zahlte Pflegerin ihre Tätigkeit sehr rasch schematisch ausübe. 
Wenn auch eine besoldete Pflegerin „beamtet“ sei, so dürfe 
man nicht glauben, daß „Schematismus“ und „Bureaukratis- 
mus“ in die Fürsorge käme. Eine Berufspflegerin gewinne 
sehr rasch das Vertrauen der Leute in ihrem Bezirk, sie sei 
dadurch genau orientiert und erfahre daher das Notwendige 
(Entbindungen) viel rascher, als ehrenamtliche Pflegerinnen 
auf dem Instanzenweg. — Aus diesem kurzen Auszug ist zu 
ersehen, daß die Frage, ob berufliche oder ehrenamtliche Pfle¬ 
gerin, keineswegs geklärt ist. Es muß auffallen und verdient 
vermerkt zu werden, daß Keller die Fürsorgetätigkeit durch 
die Pflegerin in der Familie höher anschlägt als durch den Arzt 
in der Fürsorgestelle. J. R. 

Dr. W. Engelmann (Bad Kreuznach): Ueber die Gelatine- 
behandlung hei Melaena neonatorum. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 24.) 

Verf. berichtet über einen Fall von Melaena neonatorum 
bei einem 3 Tage alten gesunden Kind, welches leicht ge¬ 
boren werden war. Verf. machte 2 Gelatineinjektionen; er in¬ 
jizierte in beide Oberschenkel je 10 ccm der sterilen Merck- 
schen Lösung. Nach der Injektion erfolgte kein weiterer Blut¬ 
abgang, weder per anum, noch aus Mund und Nase. Das Kind 
blieb am Leben und entwickelt sich jetzt gut. Rechtzeitige 
Gelatineinjektionen führen, soweit es sich um in der Literatur 
mitgeteilte Fälle handelt, fast stets zum Erfolg. Verf. fand in 
der Literatur von 1903 an 43 mit Gelatineinjektionen behan¬ 
delte Fälle mit 40 Heilungen. 

Dr. Fritz Brandenburg (Winterthur): Polyarthritis chronica 
progressiva primitiva im Kindesaltcr. (Münchener med. 
Wochenschrift, 1910, No. 24.) 

Verf. hatte Gelegenheit, diese Fälle von Polyarthritis chro¬ 
nica progressiva primitiva im Kindesalter zu beobachten. 


Dieses Krankheitsbild wurde vor wenigen Jahren von H o f f a 
aufgestellt; sie ist durch eine frühzeitige Atrophie der Knochen 
und Muskeln charakterisiert. Die Krankheit beginnt meist in 
den kleinen Fingergelenken; die Gelenke sind spindelförmig 
aufgetrieben, die Gelenkenden verdickt. Das Röntgenbild zeigt 
neben der Knoehenatrophie Schwund des Knorpels, die Ge¬ 
lenkenden werden aufeinander gepreßt, durch eine plastische 
Veränderung des Knochens entsteht eine scheinbare Verbrei¬ 
terung desselben. Diese Veränderungen der Gelenke werden 
durch die Schrumpfung der Gelenkkapseln bedingt. Die 
Streckmuskeln atrophieren schneller als die Beugemuskeln, 
daher entstehen meist Beugekontrakturen. Die Krankheit ist 
durch ihren progressiven Verlauf charakterisiert. In den drei 
von Verf. beobachteten Fällen handelte es sich um Mädchen 
von 14, 9 und 13 Jahren. Bei dem 14 jährigen Mädchen er¬ 
zielte Verf. eine erhebliche Besserung durch Fibrolysininjek- 
tionen, so daß die Patientin, welche 'seit IV 2 Jahren das Bett 
nicht hatte verlassen können, wieder gehfähig wurde, wenn 
auch nur in beschränktem Maße. Ausnahmsweise treten bei 
der Krankheit die dem akuten Gelenkrheumatismus eigenen 
Komplikationen von seiten des Herzens und der serösen Häute 
auf. Salicylpräparate und Badekuren sind meist wirkungslos. 
Die Behandlung zielt aut eine Kräftigung der Muskulatur im 
allgemeinen und speziell der atrophischen Muskeln hin; Pendel- 
und Widerstandsapparate sollen teils die Muskeln kräftigen, 
teils einer Ankylose der Gelenke entgegenwirken. Droht eine 
Ankylose einzutreten, so ist eine Fibrolysinkur zu versuchen, 
unterstützt von heilgymuastischen Uebuugen. Bei Kontrakturen 
sind nach H o f f a Schienenhülsenapparate anzuwenden. 


Prof. Dr. J. Grober (Essen): Zu der Frage der Iniektionswege 
und zum Verlauf der Pneumokokkenmeiiiugitis. (Münch, 
med. Wochenschrift, 1910, No. 25.) 

Di Pneumokokkenmeningitis kann auf verschiedenen In¬ 
fektionswegen entstehen, ln der vorliegenden Arbeit berichtet 
Verf. über 3 Fälle, welche die verschiedenen Infektionswege 
deutlich erkennen lassen. Im ersten Falle handelte es sich um 
einen 37 jährigen Mann, welcher unter pneumonischen Er¬ 
scheinungen erkrankte, zu denen sich bald meningitische 
Symptome gesellten. Bald nach der Aufnahme des Patienten 
im Krankenhaus trat Bewußtlosigkeit ein. Die Spinalpunktion 
ergab trübe Flüssigkeit, in welche Pneumokokken nach¬ 
gewiesen wurden. Es wurde deshalb zuerst subkutan, dann 
intraspinal Pneumokokkenserum (R ö m e r) injiziert, jedoch 
ohne Erfolg, wenige Tage nach der Aufnahme starb der Pa¬ 
tient. Die Autopsie bestätigte die klinische Diagnose. Im 
zweiten Falle handelte es sicli um einen 26 jährigen Mann, 
der nach einem Fall aut den Hinterkopf unter meningitischen 
Symptomen erkrankte und nach wenigen Tagen starb. Auch 
hier waren im Lumbalpunktat Pneumokokken nachgewiesen 
und deshalb das Römer sehe Serum injiziert worden. Hier 
ergab die Autopsie das völlige Fehlen pneumonischer Erschei¬ 
nungen, 'dagegen eine leichte Infraktion des Schädeldachs an 
der rechten Seite des Hinterkopfes, von welcher eine Fissur 
nach vorn fast bis zur Nasenwurzel ausging. Unter der In¬ 
traktionsstelle waren die Hirnhäute stark blutig verfärbt. Eine 
eigentliche Basisfraktur konnte nicht nachgewiesen werden. 
Im dritten Falle handelte es sich um ein 8 jähriges Mädchen, 
welches an ausgesprochener schwerer Meningitis erkrankte. 
Im Lumbalpunktat wurden wieder massenhaft Pneumokokken 
nachgewiesen. Dieser Fall gelangte zur völligen Heilung; 
es wurden 3 mal 10 ccm resp. 20 ccm des Römer sehen Se¬ 
rums intradural injiziert, im Anschluß an Lumbalpunktionen. 
— Wie weit das Serum an der Heilung beteiligt ist, will Verf. 
seihst nicht entscheiden. Nach Verf. ist die Infektion der 
Meningen in dem ersten Falle von den pneumonisch er¬ 
krankten Lungen, und zwar vielleicht auf dem Blutwege, zu¬ 
stande gekommen. Im zweiten Falle kann man annehmen, 
daß das Schädeltrauma in abnormer Weise Verbindungen 
zwischen lymphatischen Räumen hergestellt hatte, durch 
welche dann die Infektion vielleicht von der Nasenrachen- 
höhle aus erfolgte. Im dritten Falle handelte es sich wohl 
um eine Infektion von der Rachentonsille aus, vermutlich auf 
dem Lymphwege. Lungenerscheinungen waren klinisch nicht 
nachweisbar. R. L. 








5U8 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 33. 


Oberarzt Dr. B. Möllers: Welche Gefahr droht dem Menschen 

durch das tuberkulöse Tier? (Berliner klin. Wochenschrift, 

1910, No. 19.) 

Im Vordergründe des Interesses steht hier die Frage nach 
der Bedeutung der Perlsuchtbacillen. Daß dem Menschen eine 
gewisse Gefahr durch den Genuß perlsuchthaltiger Nahrung, 
insbesondere der rohen Milch von eutertuberkulösen Kühen 
droht, haben, abgesehen von den früheren Berichten anderer 
Autoren, die beiden positiven Fälle von Perlsuchtinfektion in 
der Sammelforschung des Gesundheitsamts von neuem be¬ 
wiesen. Der Umstand, daß in beiden Familien, trotz der zur 
Infektion so günstigen Bedingungen, nur das jüngste Kind 
unter zusammen 10 Geschwistern erkrankt, zeigt in Ueberein- 
stimmung mit den Tuberkuloseforschungen der letzten Jahre, 
daß durch perlsuchtbacillenhaltige Nahrungsmittel in erster 
Linie Kinder gefährdet sind, und zwar, wie es scheint, in 
höherem Grade, je jünger sie sind. Jedenfalls aber ist es auch 
ein Beweis für die nur geringe Gefährlichkeit der Perlsucht¬ 
bacillen für den Menschen, daß die in beiden Fällen schon im 
Säuglingsalter erworbene Persuchterkrankung einen so milden 
Verlauf nahin, während die durch den humanen Typus be¬ 
dingte Säuglingstuberkulose in der Regel tötlich verläuft. Mit 
vollem Recht kann daher Weber das Resultat der Sanunel- 
ferschung in den Satz zusammenfassen: „Die Gefahr, welche 
dem Menschen durch den Genuß von Milch und Milchprodukten 
eutertuberkulöser Kühe droht, ist im Vergleich zu der Gefahr, 
welche der mit offener Lungentuberkulose behaftete Mensch 
für seine Nebenmenschen bildet, sehr gering.“ Ueber ähnliche 
Feststellungen wie die deutsche Sammelforschung hat kürzlich 
A. F. Hess berichtet, der die Marktmilch der Stadt New York 
auf das Vorkommen von Tuberkelbacillen untersuchte und 
unter 107 Proben in 17 Fällen, d. i. in 16 pCt., durch den Tier¬ 
versuch einen positiven ßacillenbefund feststellen konnte. Von 
der bacillenhaltigen Milch hatten in 10 Familien insgesamt 
18 Kinder im Alter von % bis 9 Jahren längere Zeit in rohem 
Zustande getrunken. Die Untersuchung des Gesundheits¬ 
zustandes dieser Kinder, welche ein Jahr lang beobachtet wur¬ 
den, ergab, daß alle gesund geblieben waren und nur ein zwei¬ 
jähriges Kind an Halsdrüsenschwellung litt. Das letztere zeigte 
positive Ophthalmo- und Pirquetreaktion und befand sich in 
schlechtem Ernährungszustände. Die Ergebnisse der bis¬ 
herigen Untersuchungen stützen daher in vollem Maße die An¬ 
schauung Robert Kochs, daß im Kampfe gegen die Tuber¬ 
kulose die Maßregeln gegen die Uebertragung von Mensch zu 
Mensch, nicht aber die Bekämpfung der Rindertuberkulose die 
ausschlaggebende Rolle spielen. Die letztere ist aus landwirt¬ 
schaftlichen und ökonomischen Gründen gewiß notwendig, und 
alle Maßnahmen, welche die Versorgung mit einwandfreier 
Milch bezwecken, sind lebhaft zu unterstützen. Diese an sich 
sehr nützlichen Maßnahmen sollten aber nicht bei der Be¬ 
kämpfung der menschlichen Tuberkulose in den Vordergrund 
gestellt werden. Der Hauptangriffspunkt für alle Maßnahmen 
der menschlichen Tuberkulosebekämpfung muß der tuberku¬ 
löse Mensch sein, der durch seinen Auswurf die Tuberkel¬ 
bacillen auf seine Umgebung überträgt. Die Bekämpfung der 
Tiertuberkulose kommt erst in zweiter Linie in Betracht und 
hat für die menschliche Tuberkulose bei weitem nicht die 
praktische Bedeutung, die ihr früher vielfach zugeschrieben 
wurde. K r. 

Dr. A. Deutsch (Frankfurt a. M.): Tuberkulose und Stillen. 

(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 23.) 

Die Frage, ob tuberkulöse Frauen stillen sollen oder nicht, 
ist nicht leicht zu beantworten. Wenn man jede latente Tuber¬ 
kulose als Kontraindikation gegen das Stillen ansieht, so wür¬ 
den die Bestrebungen, der natürlichen Säuglingsernährung 
möglichste Verbreitung zu verschaffen, offenbar schwere Ein¬ 
buße erleiden. Zwei Punkte sind in der Frage zu erwägen, 
welchen Einfluß hat das Stillen auf die tuberkulös erkrankte 
Mutter, sodann, besteht für den von der tuberkulösen Mutter 
gestillten Säugling eine erhöhte Gefahr an Tuberkulose zu er¬ 
kranken? Da noch wenig gesichertes Material zu der Beant¬ 
wortung dieser Fragen existiert, unternahm es Verf., einen 
Beitrag dazu zu liefern, wobei er das Material der Säuglings¬ 
fürsorgestelle am Hospital der israelitischen Gemeinde zu 
Frankfurt a. M. verwertete. Er konnte 74 Mütter mit 77 Säug¬ 
lingen beobachten; von diesen waren 30 sicher lungengesund, 
14 als verdächtig zu bezeichnen, 30 waren als sicher tuber¬ 
kulös anzusehen, und zwar 1.8 davon als aktiv tuberkulös. Es 
waren durchweg Spitzen- und Oberlappenerkrankungen; alle 
waren fieberfrei. Es fand sich nun, daß 18 Frauen mit aktiver 
Tuberkulose 20 mal geboren und 16 mal gestillt hatten; ein 
Vergleich mit gesunden Frauen ergab, daß die Fähigkeit zu 
stillen, und zwar mit gutem Ernährungseffekt zu stillen, durch 
die Tuberkulose nicht im mindesten zu leiden braucht. Die 
nächste Frage ist, wie den stillenden aktiv-tuberkulösen Müt¬ 
tern das Stillen bekommen ist. Dabei ergab sich, daß an Ge¬ 
wicht nur 2 Frauen zugenömmen haben eine um 3 kg, eine 


um Vi kg, daß die große Mehrzahl aber abgenommen hat, und. 
zwar mehrere bis 6 kg. Der Lungenbefund hat sich in 1 F'all 
gebessert, ist 7 mal ungefähr gleich geblieben, hat sich in. 
den meisten Fällen, in einigen Fällen bedeutend, verschlech¬ 
tert. Eine Primipara verschlimmerte sich nach halbjährigem. 
Stillen akut und starb. Jedenfalls überwiegen Schädigungen. 
Auch bei den lungengesunden Frauen seines Materials fand 
Verf. mehr Gewichtsverluste als Gewichtszunahmen, und zwar 
bei den Nichtstillenden ebenso wie bei den Stillenden; aber 
Neuerkrankungen und Schädigungen während und nach der 
Stillzeit kamen nicht vor. Das Stillen scheint also auf die 
Tuberkulose meist einen ungünstigen, zuweilen einen dele¬ 
tären Einfluß auszuüben, Während Geburt und Puerperium an. 
sich der Heilung oder dem Stillstand der Phthise nicht im 
Wege zu stehen scheinen. Was nun die Kinder anlangt, so 
finden sich unter 77 Kindern der Beobachtungsreihe 4 sichere 
Todesfälle an Tuberkulose, 2 verdächtige Todesfälle, 2 sichere 
und 2 höchstwahrscheinliche Erkrankungen an Tuberkulose,, 
also 10 Infektionen. Unter den 16 von aktiv tuberkulösen 
Müttern gestillten Kindern waren 2 Todesfälle an Tuberkulose 
(2 Todesfälle an „Pneumonie“), 1 sichere Erkrankung an Tuber¬ 
kulose, 2 positive Lokalreaktionen. Unter den 4 nicht ge¬ 
stillten Kindern tuberkulöser Mütter kam keine Infektion vor. 
Unter 8 Kindern inaktiv tuberkulöser Mütter, die von diesen 
gestillt wurden, fand sich 1 Todesfall an Tuberkulose, 1 Er¬ 
krankung an Tuberkulose. Alles in allem ergab sich: Gerade 
die tuberkulös infizierten Kinder waren alle gestillt, und zwar 
7 unter 8 (vielleicht 9 unter 10) von einer tuberkulösen Mutter, 
während die nicht gestillten Kinder auch bei familiärer Be¬ 
lastung, bis jetzt alle verschont geblieben sind. — Daß es sich 
um Uebertragung der Tuberkulose direkt durch die Mutter¬ 
milch handelt, ist nach Verf. nach unserem heutigen Wissen 
und auch nach dem Verlauf der Erkrankung bei den Kindern 
(vor allem Fehlen von Darm- und Mesenterialtuberkulose) 
nicht anzunehmen. Möglicherweise handelt es sich um in¬ 
direkte Schädigung, Resistenzverminderung durch die Milch 
tuberkulöser Mütter. In praktischer Hinsicht folgert Verf. aus 
seinen Ergebnissen, daß Müttern mit deutlichen tuberkulösen 
Lüngenerkrankungen in ihrem eigenen Interesse wie im 
Interesse der Kinder das Stillen unbedingt zu verbieten ist; 
Mütter mit verdächtigen Veränderungen dürfen nur unter ärzt¬ 
licher Ueberwachung das Stillen versuchen. 

Die Behandlung des Lupus. Referate, erstattet auf Ersuchen: 
des Vorstandes der Lupus-Kommission des Deutschen 
Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose in der 
Sachverständigen-Sitzung vom 12. Mai 1910 in Berlin. 
(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 25.) 

I. Hofrat Prof. Dr. Lang (Wien): Die chirurgische Be¬ 
handlung des Lupus. Der Vortr. hat seit 1892 mit zunehmen¬ 
dem Erfolg die chirurgische Behandlung des Lupus ausgeführt. 
Diese Behandlung besteht in der Exzision der erkrankten 
Hautpartien und plastischer Deckung der entstandenen Defekte 
mittels ungestielter oder gestielter Lappen gesunder Haut, 
eventuell auch mittels Thierschscher Läppchen. Die Me¬ 
thode ist auch bei sehr ausgedehnten Lupusherden, selbst 
solchen im Gesicht, anwendbar; die Behauptung, die von 
manchen aufgestellt wird, daß die Exstirpation des Gesichts- 
lupus nur dann angezeigt sei, wenn der Krankheitsherd die 
Größe eines Fünfmarkstücks nicht überschreite, ist durch die 
Erfahrungen von L. widerlegt; unter den von ihm operierten 
Kranken hatten 95 Gesichtsherde, welche größer als ein Fünf- 
markstück waren. Bis Ende 1909 wurden von Lang bezw. 
in der Wiener Heilstätte für Lupuskranke im ganzen 441 Lu¬ 
puskranke der Radikaloperation unterzogen, und zwar 311 
Frauen, 130 Männer, 87 Kinder. Bei den meisten Kranken 
bestand die Krankheit schon viele Jahre, bei etwa der Hälfte 
der Fälle 5—20 Jahre. Die Höchstdauer war 55 Jahre. Bei 
den 441 Kranken wurden zum Teil auch mehrere Herde ex- 
stirpiert. Die größte Anzahl der bei einem Kranken operierten 
Herde betrug 26. Im ganzen wurden bei 441 Kranken 745 Lu¬ 
pusherde exstirpiert; davon waren 250 Gesichtsherde. Lang 
hatte Gelegenheit, 308 operierte Patienten wiederholt zu unter¬ 
suchen, er fand 256 rizidivfrei, die Beobachtungsdauer liegt 
dabei zwischen 16 Jahren und einem halben Jahr; bei weiteren 
17 Patienten wurde ein kleiner Rezidivherd durch einen un¬ 
bedeutenden chirurgischen Eingriff behoben und die Be¬ 
treffenden sind danach ebenfalls als geheilt zu betrachten. 
Somit ist der Bruchteil der durch die Operation dauernd Ge¬ 
heilten sehr bedeutend. Nur 10 von den 308 Patienten boten 
gelegentlich neuerlicher Revision inoperable Rezidive. Nach 
Einsen behandelte Stellen wurden im ganzen 9 mal operiert. 
Meist war die Indikation durch tiefen Sitz der Lupusknötchen 
gegeben, einzelne Kranke wünschten die Operation, weil sie 
durch die lange Dauer der Finsenbehandlung ungeduldig ge¬ 
worden waren. L. stellte im ganzen bei der anschließenden 
Demonstration 15 geheilte Patienten vor. Diese Erfolge zeigen, 
daß der operativ-plastischen Metiiode in jeder Lupusheilstätte 
der breiteste Raum zuzuweisen ist. Die Methode ist gegen- 



No. 38. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


509 


über der Lichtbehandlung als äußerst billig zu bezeichnen, 
welcher Gesichtspunkt ja auch in Frage kommt. 

II. Prof. Dr. Zinsser (Cöln): Die Behandlung des Lupus 
nach Finsen. Verf. gibt zunächst eine Statistik über die bis¬ 
herigen Ergebnisse der Finsenbehandlung des Lupus. Das 
Finsen-Institut in Kopenhagen verfügt bisher über 800 Fälle; 
davon sind etwa 90 pCt. unbedingt durch die Behandlung 
günstig beeinflußt. Geheilt wurden kleine Herde 73 pCt., 
mittelgroße Herde 58 pCt, große 37 pCt., ausgebreitete 23 pCt. 
Aehnlich sind die von anderen Finsen-Instituten erzielten Er¬ 
folge. Zinsser selbst hat von Dezember 1904 bis Dezember 
1909 im ganzen 142 Fälle behandelt, davon 116 nach Finsen, 
teils in Verbindung mit anderen Methoden, teils (36) aus¬ 
schließlich mit Licht. Die Gesamtzahl der Finsenbestrahlungen 
betrug 11 633; es kommen also 100 Bestrahlungen im Durch¬ 
schnitt auf jeden Fall. Verf. teilt die Fälle in 4 Gruppen ein: 
I. Ganz schwere, II. schwere, II. mittelschwere, IV. leichte 
Fälle. In Gruppe 1 wurden 14 pCt., in II 16 pCt., in III 
34,7 pCt., in IV 85,2 pCt. geheilt entlassen, darunter rezidi- 
vierten aber einige später, bei anderen ist die Beobachtungs¬ 
zeit noch zu kurz, um ein endgültiges Urteil zu gestatten, einige 
endlich konnten nicht weiter beobachtet werden. Aus der 
Betrachtung der Statistiken geht nach Z. hervor, daß die 
Finsenmethode imstande ist, bei leichten Fällen eine Heilung 
geradezu zu versprechen, wenn die Behandlung wirklich 
durchgeführt wird, daß man auch bei schweren Fällen eine 
gewisse Aussicht auf vollkommenen Erfolg hat, und daß auch 
bei ganz schweren Fällen eine Besserung erzielt werden kann. 
Z. präzisiert die Indikationen der Finsentherapie folgender¬ 
maßen : 1. Die kleinen Fälle von reinem Hautlupus ohne 
Schleimhautkomplikationen in der Ausdehnung bis etwa Fünf¬ 
markstückgröße sollten, namentlich wenn sie im Gesicht 
sitzen, nur der Finsentherapie unterzogen werden. In diesen 
Fällen kann man, wenn die Behandlung wirklich durchgeführt 
wird, nach Z. 100 pCt. Heilung erwarten, und zwar eine Hei¬ 
lung mit glatter, im Niveau der gesunden Haut sitzender, nor¬ 
mal gefärbter, weicher, fast unsichtbarer Narbe. Nach Z. ist 
das kosmetische Resultat in diesen Fällen besser als bei der 
Exzisionsbehandlung, wenngleich in bezug auf die Heilung 
letztere das gleiche leistet. Die Mehrkosten der Finsenbehand¬ 
lung dürfen wegen der Vorzüglichkeit des kosmetischen Re¬ 
sultats daher nicht zu beanstanden sein. Die Quarzlampe da¬ 
gegen scheint nur die ganz oberflächlichen Formen günstig zu 
beeinflussen; sie ist daher nur zur Vorbereitung der Finsen¬ 
behandlung zu gebrauchen. Sitzen die kleinen umschriebenen 
Lupusherde an anderen Körperstellen' als im Gesicht, und 
kommt es mehr darauf an, sie rasch zu beseitigen, als ihre 
Spuren möglichst zu verwischen, dann wird die Exzision oft 
der Finsenbehandlung vorzuziehen sein. 2. Für Fälle mit 
größerer Ausdehnung, aber ohne Komplikationen gilt im we¬ 
sentlichen dasselbe, was von den kleineren Fällen gesagt 
wurde. Wegen der langen Dauer der Finsenbehandlung und 
der Kosten wird öfter der chirurgischen Therapie in diesen 
Fällen der Vorzug gegeben. Um die Behandlungsdauer mög¬ 
lichst abzukürzen, wird schon bei den mittleren Fällen manch¬ 
mal die Anwendung anderer Methoden, die der Finsenbestrah- 
lung Vorarbeiten, in Betracht kommen. Als vorbereitende Be¬ 
handlung für mittelgroße Fälle bevorzugt Verf. die Pyro- 
gallusbehandlung. Sie wirkt rasch und gründlich, freilich mit 
ziemlichen Schmerzen, verschont das gesunde Gewebe leid¬ 
lich gut und hinterläßt weiche Narben, welche der anschließen¬ 
den Finsenbehandlung keine Hindernisse bereiten. 3. Bei den 
ganz ausgedehnten und tiefen Fällen mit mehr oder weniger 
schweren Komplikationen wird die Finsenbehandlung schon 
außerordentlich mühsam und langwierig. Was man hier durch 
andere Methoden beseitigen kann, sollte man nicht mit der 
Finsenlampe behandeln. Z. zieht auch hier die Pyrogallus- 
therapie anderen Methoden vor und scheut sich nicht, auch 
ausgedehnte Flächen damit zu behandeln. Hier empfiehlt es 
sich auch nach Z. die Pyrogailusbehandlung mit einer Röntgen¬ 
behandlung zu kombinieren, die man in diesen schweren 
Fällen getrost etwas herzhafter anwenden darf. Ulceraiionen 
schließen sich unter dem Einfluß der Röntgenstrahlen meist 
ziemlich rasch, und hypertrophische Lupusformen sinken meist 
in verhältnismäßig kurzer Zeit zusammen. Ist das Schlimmste 
beseitigt, so bleiben oft glatte Lupusflächen übrig, die für die 
Finsentherapie geeignet sind. — Die Schleimhäute, namentlich 
die der Nase, sind freilich für die Finsentherapie fast ganz 
unzugänglich. Auch an den Ohren ist die Finsenbehandlung 
aus technischen Gründen nicht gut zu verwenden. Es ist hier 
nach Verf. zweckmäßiger, entweder zu exzidieren öder mit 
Heißluftkauterisation oder Pyrogallus das Kranke zu zer¬ 
stören. Die Kosten der Finsenbehandlung berechnet Verf. auf 
1.50 M. pro Bestrahlung, wobei zu bedenken ist, daß die 
schweren Fälle Hunderte von Bestrahlungen erfordern. 

III. Dr. Paul Wichmann (Hamburg): Die Behandlung des 
Lupus mit Radium. Gegen die Radiumtherapie des Lupus wird 
gewöhnlich eingewendet, sie wirke zu oberflächlich, oder es 
trete bereits eine starke Zerstörung der Oberfläche ein, ehe 


eine genügende Tiefenwirkung erzielt ist. Es hängt dies zu¬ 
sammen mit der Tatsache, daß die Radiumstrahlung nicht 
homogen ist, sondern aus verschiedenen Strahlen ungleicher 
Absorbierbarkeit («-, ß-, ^-Strahlen) besteht. Die leichter ab¬ 
sorbierenden Komponenten (a-Strahlen, /i-Strahlen z. T.), 
welche die Hauptmasse der Strahlung ausmachen, führen nun 
in den oberflächlichen Hautschichten bereits zur Nekrose, ehe 
die in geringer Anzahl vorhandenen tiefer wirkenden Kompo¬ 
nenten eine hinreichende Tiefenwirkung entfalten können. 
Wenn man aber die oberflächlich wirkenden Strahlen durch 
geeignete Filter unschädlich macht, kann man ohne Gefahr 
die Applikation solange ausdehnen, bis die erwünschte Tiefen¬ 
wirkung erzielt ist. Mit dieser von ihm angegebenen Filter¬ 
methode hat W. gute Erfolge gehabt. Im ganzen hat er 30 ver¬ 
schiedene Lupusfälle mit Radium bestrahlt, wobei dieses ent¬ 
weder allein oder in Kombination mit anderen therapeutischen 
Faktoren zur Anwendung kam. Von diesen 30 Fällen war bei 3 
die Kontrolle nicht durchführbar, 4 hatten Rezidive, die übri¬ 
gen 23 sind 1—4 Jahre rezidivfrei geblieben. Der kosme¬ 
tische Erfolg ist durchaus befriedigend. Die Radiumbehand¬ 
lung ist nach W. besonders angezeigt a) bei kleinen Lupus¬ 
herden, disseminierten Knötchen in der Haut, falls eine tief¬ 
greifende, weit im Gesunden zu umgrenzende Exzision wegen 
schwieriger Lokalisation oder sonstiger Gründe nicht durch¬ 
führbar ist, eine derartige Exzision mit nachfolgender Plastik 
in kosmetischer Beziehung ungünstig ins Gewicht fallen würde, 
b) bei Schleimhautlupus. Notwendige Vorbedingungen einer 
erfolgreichen Radiumbehandlung des Lupus ist a) Verwen¬ 
dung von Präparaten höchster Aktivität (von mindestens 
500 000 Uraneinheiten an), deren biologische Leistungsfähigkeit 
empirisch festgestellt ist, b) Anwendung geeigneter Filter. 

IV. Dr. Gotischalk (Stuttgart): Die Behandlung des Lupus 
nach anderen Methoden. Verl, bespricht in erster Lmie die 
Röntgenbehandlung des Lupus, von welcher er sehr gute Er¬ 
folge gesehen hat. Allerdings wendet er sie meist nicht aus¬ 
schließlich, sondern in Kombination mit der Lichttherapie an, 
deswegen verfügt er nur über 6 Fälle, welche ausschließlich 
durch die Röntgentherapie geheilt sind. Was die Methode an¬ 
langt, so empfiehlt G. ein sehr vorsichtiges Vorgehen, Bestrah¬ 
lung bis zum Stadium der Hyperämie, er benutzt jetzt zur Kon¬ 
trolle der Strahlenmenge das Kienböck sehe Radiometer. 
Was die Röhren anlangt, so kommen nach G. für die Zwecke 
der Lupusbehandlung nur mittelharte Röhren (von 4—8 Weh- 
nelt-Einheiten) in Betracht. Hat man das Stadium der Hyper¬ 
ämie erreicht, so empfiehlt es sich, dieses möglichst lauge 
zu erhalten. Ist das Gewebe aber durch die vorhergehende 
Behandlung unempfindlich gegen die Röntgenstrahlen ge¬ 
worden, so muß man es sensibilisieren; dieses geschieht durch 
Erzeugung von Hyperämie, und zwar beim Extremitäteu- 
Lupus durch Vorbehandlung im B i e r sehen Heißluftkasten, 
beim Lupus des Gesichts durch Gesichtsdampfbäder öder 
durch Scheinwerfer-Blaulicht-Vorbehandlung. Auch den Lu¬ 
pus der Schleimhaut kann man mittels besonderer Bleiglas¬ 
ansätze an den Konzentrator mit Röntgenstrahlen behandeln. 
Wie schon erwähnt, kombiniert G. die Röntgenbehandlung 
meist mit der Finsentherapie. Zusammengefaßt vertritt G. in 
bezug auf die Indikationsstellung bei der Lupusbehandlung 
folgende Grundsätze: Bei kleinen, umschriebenen Herden 
und möglichst exogener Entstehungsursache empfiehlt er die 
Exzision und Plastik, bei ausgedehnteren Prozessen aber jeg¬ 
licher Lokalisation und jeglicher Entstellungsursache tritt als 
Hauptfaktor die kombinierte Röntgen- und Finsenbehandlung 
auf den Plan, wobei je nach den individuellen Umständen 
bald in die Röntgentherapie, bald in die Finsenbehandlung 
der Schwerpunkt zu legen ist. Ausschlaggebend ist die je¬ 
weilige klinische Form des Lupus. Bei den ulcerierten, intu- 
mescierten und verrucösen Formen des Lupus kommt der 
Röntgenbehandlung eine weit mehr als vorbereitende Bedeu¬ 
tung zu, während bei den flachen, nicht ulcerierten Formen 
die Finsenbehandlung im Vordergründe steht. Aber auch bei 
den zuerst genannten Formen hat die Behandlung stets vor¬ 
sichtig zu bleiben, um sekundären Hautveränderungen vor¬ 
zubeugen und der folgenden Lichtbehandlung den Weg für 
die definitive Heilung offenzuhalten und zu ebnen. Von der 
unterstützenden Tuberkulinbehandlung hat G. keinen wesent¬ 
lichen Nutzen gesehen. Im ganzen hat er 167 Lupusfälle nach 
den auseinandergesetzten Grundsätzen behandelt; kosmetische 
oder soziale Heilungen erzielte er in 70 pCt., klinische Hei¬ 
lungen in 52 pCt. der Fälle. Ueber 2 Jahre geheilt blieben 
bis jetzt 48 pCt. der Fälle. Die Zahl der Rezidive betrug bis 
jetzt 15 pCt. Die Behandlungsdauer lag zwischen 1 Monat 
und 33 Monaten. R. L. 

Dr. med. Goswin Zickgraf (Bremerhaven): Ueber therapeuti¬ 
sche Anwendung von Projodin. (Zentralbl. f. innere Me¬ 
dizin, 1910, No. IT.) 

Es ist eine noch viel zu wenig bekannte, Tatsache, daß in 
verhältnismäßig vielen Fällen von Lungentuberkulose, die 
früher eine Lues durchgemacht haben, die luetische Erkrankung 



610 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 38. 


einen merkbaren Einfluß auf die tuberkulöse Lungenerkran¬ 
kung ausübt. Verf. ist durch eine Reihe von Erfahrungen dazu 
gekommen, in jedem Falle, wo anamnestisch Lues zu eruieren 
war, und wo ihm die durchgemachten antisyphilitischen Kuren 
nicht genügend erschienen, Jod in irgendeiner Form wochen¬ 
lang zu verabfolgen. Er konnte in vielen so behandelten Fällen 
ein viel rascheres Schwinden eines Teiles der Lungenverände¬ 
rungen konstatieren und jedenfalls eine bedeutend raschere 
allgemeine Erholung und erheblichere Gewichtszunahme er¬ 
zielen. Als Jodmedikamente verwandte Verf. Jodkalium und 
Jodipin subkutan und per os. Im Sommer 1909 begann er 
Versuche mit einem neuen Präparat, dem Projodin (Dr. W o 1 f f 
[Bielefeld]) zu machen. Das Projodin ist eine Milcheiweiß-Jod¬ 
verbindung, die nach den Angaben des Fabrikanten das Jod 
zu 5 pCt. intramolekular gebunden enthält. Das Präparat 
wurde unter dem früheren Namen Laktojod von Stanjeck 
einer Prüfung unterzogen. Aus den Stoffwechseluntersuchun¬ 
gen Stanjecks ging hervor, daß das Laktojod-Projodin un¬ 
giftig ist, die Resorption prompt eintritt, und daß ein relativ 
großer Teil des Jods im Organismus längere Zeit in Wirksam¬ 
keit bleibt. Die klinischen Versuche, die an einem schwer 
luetischen Material gemacht wurden, ergaben, daß dem Lakto¬ 
jod-Projodin eine milde Jodwirkung eigen ist. Störende Neben¬ 
wirkungen zeigten sich nicht; mit der Jodwirkung vereint sich 
ein dem Präparat als Milcheiweiß zukommender Nährwert, der 
seinen Ausdruck in einer in den meisten Fällen erheblichen 
Gewichtszunahme fand. Die in der Stanjeck sehen Arbeit 
hervorgehobene milde Jodwirkung (ohne lästige Nebenerschei¬ 
nungen des Jodismus zu erzeugen), wird von einer Reihe von 
modernen Jodpräparaten zwar behauptet, ohne daß es aber 
bei gegen Jod sehr empfindlichen Menschen immer gelingt, 
Joderscheinungen fernzuhalten. V erf assers Beobachtungen 
stimmen mit denen Stanjecks überein. Nach ihm ist das 
Projodin nicht nur ein äußerst mildes und doch sicher wir¬ 
kendes Jodpräparat zur Behandlung der Krankheiten, die für 
die Jodtherapie meist in Betracht kommen, sondern kann auch 
ohne Bedenken bei Lungentuberkulose angewendet werden, 
wo es in vielen Fällen günstige symptomatische Erfolge auf¬ 
zuweisen haben wird, und wo die Anwendung der dem Pro¬ 
jodin als Eiweißverbindung innewohnenden Nährkraft an¬ 
gezeigt erscheint. K r. 

Dr. Armin Weiss, Bezirksarzt in Nagyhalmagy: Eine eigen¬ 
artige Gelenksaffektion, geheilt durch Sajodin. (Pester me¬ 
dizinisch-chirurgische Presse, 1910, No. 12.) 

Die gute Verträglichkeit des Sajodins bei prompter Jod¬ 
wirkung kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, 
hierüber ließe sich etwas Neues nicht sagen. Dagegen hatte 
Verfasser Gelegenheit, eine vorzügliche Wirkung des Sajodins 
zu beobachten, die ihm interessant genug erscheint, um sie 
weiteren Kreisen bekannt zu geben. Dieser Fall hat insofern 
größeres Interesse, als er der Familie des Verfassers ent¬ 
stammt. Der Schmerz an einem Finger rührte allem Anschein 
nach von einem äußeren Insult her und war bedingt durch 
eine Zerrung und Verbrennung im Gelenk. Der bis zum 
Schultergelenk ausstrahlende Schmerz, der zunächst bekämpft 
werden mußte, ging auf die üblichen Medikamente nicht zu¬ 
rück, im Gegenteil, der Finger nahm immer größeren Umfang 
an, wurde blaurot und empfindlicher, war heiß und hart an¬ 
zufühlen. Später wurde durch Röntgenbeleuchtung Beinhaut¬ 
entzündung mit Knochenfraß festgestellt. Da eure Amputation 
vorgeschlagen wurde, griff Verfasser in seiner Verzweiflung 
zu einer Jodkur und benützte als internes Heilmittel das Sa¬ 
jodin. Nach 8 Tagen wurde der Finger dünner, die Haut dar¬ 
über schälte sich ab, nach weiteren 8 Tagen verlor sich der 
Schmerz und die Entzündung verschwand. Die Heilung ver¬ 
dankt Verf. der Medikation mit Sajodin. Trotz der langen Ver¬ 
wendungszeit trat niemals eine Störung des Appetites oder eine 
Belästigung des Magens auf. Am besten ist das Mittel eine 
Stunde nach den Mahlzeiten zu nehmen und die Tabletten sind 
im Munde zu zerkauen. Dr. S r. 

Prof. H. Sahli (Bern): Ueber Pantopo». (Münchener med. 
Wochenschrift, 1910, No. 25.) 

Verf. berichtet über weitere Erfahrungen mit dem’ von 
ihm in die Therapie eingeführten Pantopon. Im Pantopon sind 
die Alkaloide des Opiums als leicht lösliche, rasch resorbie- 
bare Chloride vorhanden, völlig von Harzen und sonstigen 
störenden Substanzen befreit; das Pantopon ist ein gelbbraunes 
Pulver, welches aus den Gesamtalkaloiden des Opiums in 
Form ihrer salzsauren Salze besteht. Das Präparat ist in 
kaltem Wasser leicht (in ca. 12 Teilen) löslich, noch leichter 
in heißem Wasser; die Lösung reagiert auf Lakmus schwach 
sauer. Verf. hat das Pantopon seit mehreren Jahren in seiner 
Klinik in ständigem Gebrauch; es kann sowohl innerlich wie 
subkutan gegeben werden. Für beide Zwecke dient eine Lö¬ 
sung, welche 2 pC't. Pantopon in einer Mischung von 75 Teilen 
Wasser und 25 Teilen Glyzerin gelöst enthält. Diese Lösung 


braucht nach Vei'f. auch für die subkutane Injektion nicht 
sterilisiert zu werden, da das Glyzerin als Antisepticum wirkt. 
Die Lösung hält sich unbegrenzt. Zum einmaligen Gebrauch 
ist diese Lösung ungefähr so zu dosieren wie die offizineile 
Opiumtinktur. Sie dient in der Dosis 5—20 Tropfen nament¬ 
lich zur Behandlung peritonitischer Affektionen (Perityphlitis 
etc.) und zur symptomatischen Stillung von Durchfällen, peri- 
staltischer Unruhen und Krampfkoliken. Bei leerem Magen 
gegeben, wirkt die Pantopon-Lösung in der Dosis von 10 bis 
20 Tropfen sehr prompt symptomatisch antidiarrhoisch, rascher 
als die entsjjrechende Dosis Tinct. Opii. In subkutaner In¬ 
jektion wird das Pantopon in des Verf. Klinik vielfach mit 
vorzüglichem Erfolg als schmerzstillendes Mittel und Schlaf¬ 
mittel, letzteres besonders bei schmerzhaften Affektionen, ver¬ 
wendet ; die gewöhnliche Dosis ist dabei 1 ccm der 2 proz. 
Lösung; oft genügt auch die Hälfte. Auch als Zusatz zu 
Hustenmedizinen und pulverförmigen antikatarrhalischen Me¬ 
dikationen wird das Pantopon mit Erfolg verwendet, z. B. 
0,03—0,04 g Pantopon als Zusatz zu Lösungen von 200 ccm 
oder als Pulver in 3 maliger Dosis von 5 mg. Auch D o w e r - 
sehe Pulver werden mit einem Gehalt von 5 mg Pantopon in 
Tablettenform hergestellt. — In einem Falle hatte eine In¬ 
jektion von 0,02 Pantopon und 0,1 g Hyoscinum hydrobrom. bei 
einem Alkoholdeliranten eine prompte schlafbringende Wir¬ 
kung. R. L. 

Dr. 0. Schiemann, Volontärassistent d. med. Klinik zu Königs¬ 
berg i. Pr.: Ueber quantitative Eiweißbestimmungen nach 

Tsnchiya. (Zentralbl. f. innere Medizin, 1910, No. 31.) 

Verf. hat in vorliegender Arbeit den Eiweißgehalt von 
14 Urinen, 3 Exsudaten, 4 Transsudaten vergleichend nach der 
Methode von Tsuchiya und Esbach bestimmt und die 
Ergebnisse durch das Wägungsverfahren kontrolliert. Seine 
Untersuchungen haben folgendes ergeben: 

I. Urinuntersuchungen: Bei den mittleren Eiwei߬ 
mengen, die gemeinhin bei den Urinuntersuchungen in Frage 
kommen, leistet das Tsuchiya- Verfahren nicht mehr als 
die seit langen Jahren in der Klinik eingebürgerte Esbach- 
Methode. Bei der Bestimmung großer Eiweißmengen ist es 
der Esbach- Methode überlegen. Für die Bestimmung 
kleinster Eiweißmengen ist das neue Verfahren im Gegensatz 
zu den Angaben des Autors schlechter als das Esbach sehe, 
denn die Ausfällung an sich, wenn der abzulesende Wert falsch 
ist, ist nach Verfassers Meinung eine Verschlechterung einem 
Verfahren gegenüber, bei dem Fällungen ausbleiben, aber auch 
keine Täuschung möglich ist. II. Untersuc h unge n v o n 
Transsudaten und Exsudaten: Für derartige Unter¬ 
suchungen ist das Tsuchiya sehe Verfahren ebenso unbrauch¬ 
bar wie das Es hach sehe Verfahren. — Unter diesen Um¬ 
ständen, schließt Verf., fragt es sich, ob es einen wesentlichen 
Vorteil für die klinische Untersuchung bedeuten würde, wenn 
man an Stelle des alten Esbach- Verfahrens die T s ri¬ 
eh i y a - Methode einführen wollte. Nach Verfassers Meinung 
ist dies nicht der Fall, da der einzige eventuell erreichte Vor¬ 
teil eine größere Genauigkeit in der Ablesung der seltener sich 
findenden Eiweißwerte jenseits von 6 0 /»o im Urin wäre. 

Dr. Roubitschek (Karlsbad), Assistent von Prof. Dr. Rosen¬ 
heini in Berlin: Zur Kenntnis der Obstipationsalbuminurie. 

(Berliner klm. Wochenschrift, 1910, No. 18.) 

Durch die Arbeiten von Kobler, Wasserthal und 
Epstein ist neuerdings wieder auf eine besondere Abart 
der Albuminurie, nämlich die infolge Obstipation entstehende, 
die Aufmerksamkeit gelenkt worden. Es handelt- sich in den 
genannten Mitteilungen um die Frage: Woher entsteht bei 
Obstipation eine Eiweißausscheidung und weshalb kommen 
bei dieser Zylinder im Harne vor? Man hat die Frage experi¬ 
mentell untersucht, und in Wallersteins Versuchen, bei 
denen den Tieren (Kaninchen) der Mastdarm zugenäht wurde, 
trat bereits am zweiten Tage Albuminurie auf, die sich in 
den folgenden Tagen noch bedeutend steigerte. Diese Me¬ 
thode, die den sicheren Vorteil hat, die Darmpassage voll¬ 
kommen abzusperren, hat allerdings den Nachteil, den- natür¬ 
lichen Verhältnissen, wie solche bei der Obstipation bestehen, 
nicht Rechnung zu tragen. R. hat nun versucht, bei Kaninchen 
Verstopfung auf natürliche Weise herbeizuführen. Durch die 
Nahrung allein gelang es nicht. Die Tiere wurden daher durch 
Opium (10—15 Tropfen) und Tamialbin (lg pro die) obstipiert. 
Die Dauer der 4 einzelnen Versuche betrug 14—22 Tage, 
länger ertrugen die Tiere die Obstipation nicht. Bei allen Ver¬ 
suchen trat die Eiweißausscheidung ungefähr am 4. bis 6. Tage 
auf. Das Auftreten von Zylindern fällt in die Zeit des 6. bis 
9. Tages. Gleichzeitig erscheinen im Harn rote und weiße 
Blutkörperchen. 

Die Ursachen für die Albuminurie infolge Obstipation sind 
nicht ganz klar. Man könnte an zweierlei denken: erstens an 
die Wirkung toxischer Stoffe, die im Darme Zurückbleiben 
und bei ihrer Resorption die Niere schädigen. Zweitens können 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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No. 38. 


reflektorische Vorgänge, die vom Darme ans den Nierenkreis¬ 
laut beeinflussen und daselbst zu einer venösen Stauung 
führen, eine Rolle spielen. Daß die venöse Stauung die Ob¬ 
stipationsalbuminurie steigert, beweist Verfassers letzter Ver¬ 
such, der von den früheren insofern abweicht, als er bei den 
Kaninchen eine Binde um das Abdomen legte, welche dieses 
ziemlich fest einschnürte. Hierbei begann die Eiweißmenge, 
die bis dahin ziemlich konstant geblieben war, zu steigen, ein 
Umstand, der sich gleichfalls im Sinne einer vermehrten 
Stauung im Kreisläufe mit folgender Mehrausscheidung von 
Eiweiß deuten läßt. Demnach kommt Verf. zu folgendem Re- 
sume: Die künstliche Obstipation bei Tieren bedingt wahr¬ 
scheinlich eine venöse Stauung, die zu Eiweißausscheidung 
führt; diese Albuminurie ist gekennzeichnet durch das Auf¬ 
treten anfangs geringer, später größerer Eiweißmengen. Im 
Harnsedimente treten zuerst rote und weiße Blutkörperchen, 
dann einzelne granulierte und epitheliale Zylinder, schließlich 
vereinzelte hyaline auf. Ihre Erklärung finden diese in dem 
mikroskopischen Bilde, welches durch starke Blutungen und 
trübe Schwellungen der Epithelien gekennzeichnet ist. 

Im Anschluß hieran berichtet Verf. kurz über drei Fälle 
von Obstipationsalbuminurie aus eigener Beobachtung: 

1. Frau v. K., 29 Jahre alt, anämisch; seit 3 Jahren hart¬ 
näckige Obstipation; im Harn, der ein spezif. Gew. von 1025 
zeigt, Eiweiß in Spuren nachweisbar, vereinzelte hyaline Zy¬ 
linder. Pat. beginnt die Brunnenkur, die Defäkation regelt 
sich innerhalb 8 Tage, von da an jede Spur Eiweiß sowie 
Zylinder verschwunden. 

2. H. G., 19 Jahre alt, legt eine mehrtägige Reise mit 
kurzen Unterbrechungen zurück. Stuhlgang bisher stets nor¬ 
mal. Während der Reise 4 Tage Obstipation. Bei der sofort 
nach der Ankunft des Pat. vorgenommenen Untersuchung zeigt 
der Harn deutliche Eiweißreaktion und vereinzelte hyaline Zy¬ 
linder, die prompt nach erfolgter Defäkation verschwinden. 

3. H. K., 50 Jahre alt, war bisher stets gesund und rüstig. 

Keine Zeichen von Arteriosklerose. Seit 2 Monaten andauernde 
Obstipation. Pat. leidet an Schwindel und Müdigkeit. Der 
Stuhlgang erfolgt nur mühsam durch Irrigation, die einzelnen 
Scybala werden als Kugeln abgesetzt. Die Ausnutzung der 
Nahrung ist eine sehr gute. Im Harn Spuren von Eiweiß, die 
dauernd konstant bleiben. Gleichzeitig manchmal hyaline 
Zylinder nachweisbar. Nach Regelung der Diät erfolgt Besse¬ 
rung und gleichzeitig schwinden aus dem Harn Eiweiß, sowie 
Zylinder. K r. 


G. Zironi: Experimenteller Beitrag zur Pathogenese des Ulcus 
rotundum des Magens. (Archiv f. klin. Chirurgie, Band 91, 
Heft 3.) 

Nach kritischer Besprechung der großen Reihe der für 
die Entstehung des runden Magengeschwürs aufgestellten 
Theorien kommt Verfasser auf Grund zahlreicher Tierversuche 
zu dem Schlüsse, daß die subdiaphragmatische Vagusresektion 
imstande ist, ein Magengeschwür zu erzeugen, dessen makro- 
und mikroskopische Erscheinungen sich denjenigen des runden 
Geschwürs beim Menschen stark nähern. In 63 pCt. der von 
ihm operierten Tiere fand er solche Geschwüre, welche nur 
in sehr seltenen Fällen eine Neigung zur Ausheilung zeigten. 
Man findet das Geschwür schon am dritten Tag nach der Ope¬ 
ration und fand es noch, als die Tiere 9 Monate nach der Ope¬ 
ration behufs Untersuchung getötet wurden. Zahlreiche Ver¬ 
suche, durch künstlich hervorgerufene Anämie ein Geschwür 
zu erzeugen, schlugen fehl, wohl aber verschlimmerte diese 
Anämie den Zustand der durch Vagusresektion erzeugten Ge¬ 
schwüre. Die künstlich anämisierten Tiere erkrankten durch 
die Vagusresektion nicht häufiger an Magengeschwür als die 
gesunden Tiere, dagegen zeigte das Geschwür bei den anämi¬ 
schen eine größere Intensität. Adler (Pankow-Berlin). 


Dr. R. Milner (Leipzig): Die entzündlichen Pseudo-Carcinome 
des Wurmfortsatzes. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, 
No. 25.) 

Am Wurmfortsatz kommen nicht selten, meist in oder nahe 
der Spitze, aber auch an anderen Stellen, besonders in Strik- 
turen, Knoten von Stecknadelkopf- bis Erbsen- und Bohnen¬ 
größe vor, die wegen ihres mikroskopischen Baues bisher 
immer für Carcinome oder von einzelnen auch für Endo- 
theliome erklärt worden sind, während Verf., wie er schon 
in früheren Mitteilungen ausgeführt hat, sie für Produkte einer 
entzündlichen Wucherung hauptsächlich des adenoiden Ge¬ 
webes der Mucosa und des Lymphgefäßendothels aller anderen 
Wandschichten des Wurmes und sogar des Mesenteriolum an¬ 
sieht. In der vorliegenden Arbeit faßt er noch einmal die 
Gründe zusammen, welche für diese Auffassung sprechen; ins¬ 
besondere weist er auf die ausnahmslose Gutartigkeit dieser 
kleinen Tumoren hin sowie auf die Tatsache, daß die Patienten, 
bei denen man sie gefunden hat, in relativ jugendlichem 
Lebensalter stehen (im Durchschnitt etwa 25 Jahre). 


Dr. Erich Fabian: Fremdkörper im Bruchdarm als Ursache 

schwerer Komplikationen. (Münch, med. Wochenschrift, 

1910, No. 25.) 

Verf. berichtet aus der Bonner chirurgischen Klinik über 
einen von ihm beobachteten und operierten Fall, der in das 
Gebiet der durch Fremdkörper bedingten Bruchkoniplikationen 
gehört. Es handelt sich um ein 17 Monate altes Mädchen mit 
einem seit der Geburt bestehenden Nabelbruch, welcher seit 
1 Tag nicht mehr zurückgebracht werden konnte. Es be¬ 
stand mäßige Temperaturerhöhung (38,6°); die Gegend des 
Nabels war in der Größe eines kleinen Apfels vorgewölbt, der 
Nabel selbst verstrichen, die Haut gerötet, stark gespannt; die 
Vorwölbung war von prall elastischer Konsistenz. Das übrige 
Abdomen weich, nirgends druckschmerzhaft. Bei der Ope¬ 
ration in Aethernarkose wurde nach einem Längsschnitt über 
die Höhe des Tumors schichtweise in die Tiefe gegangen, bis 
der Bruchsack eröffnet wird, aus dem sich einige Tropfen 
einer gelbbräunlichen, wenig getrübten Flüssigkeit entleeren. 
Im Brucksack ein Netzzipfel, der keinerlei Verfärbung zeigt, 
und ein Darmwandstück, in welchem man einen festen Körper 
fühlt. Der Darm wurde nach Spaltung der Bruchpforte gegen 
oben ganz vorgezogen. Es fand sich gegenüber dem Mesen¬ 
terialansatz ein iy 2 cm langer Längsriß, rechts davon ein stark 
nadelkncpfgroßes Loch. Serosa in der Umgebung fibrinös be¬ 
legt, Darmwand ödematös, aber nicht blau verfärbt, keine 
Zeichen von Schnürung. Durch den Riß entleert sich ein 
Pflaumenkern, der quer zur Bruchpforte stand. Die beiden Risse 
wurden in gerader Richtung übernäht, Netz auf der lädierten 
Darmschlinge mittels einiger Knopfnähte befestigt; der Bruch 
reponiert, dann erfolgte die Naht des Peritoneums, der Fascie 
und Haut. — Das Kind hatte 2 Tage vor der Operation einen 
Pflaumenkern verschluckt. Trotzdem 4 Tage nach der Ope¬ 
ration das Kind an Masern erkrankte, war der weitere Verlauf 
bis auf eine geringfügige Stichkanaleiterung ungestört. — 
Verf. stellt im Anschuß an den Fall Mitteilungen aus der Lite¬ 
ratur zusammen, in denen sich Fremdkörper in Brüchen fanden. 

R. L. 

N. Berensnegowsky: Ueber die Pathologie und Therapie des 

Mastdarmvorfalles. (Archiv für klin. Chirurgie, Band 91, 

Heft 3.) 

Verfasser hat eine Reihe sorgfältiger Experimente an 
Kinderleichen angestellt und konnte durch Einpumpen von 
Luft oder Wasser in die Bauchhöhle unter einem Druck von 
1 - 2 Atmosphären das klinische Bild des Mastdarmvorfalles 
hervorrufen. Hierbei zeigte sich, daß die entscheidende Rolle 
für das Zustandekommen des Vorfalles weder der Darm und 
sein Gekröse, noch die Afteröffnung, sondern einzig und allein 
der Beckenboden spielt. Solange der Boden des Beckenbauch¬ 
felles nicht unter die Linie sinkt, welche das Ende des Stei߬ 
beines mit der Symphyse verbindet, tritt ein Mastdarmvorfall 
nicht ein. Somit wäre der Mastdarmvorfall als eine Art Hernie 
des Beckenbodens und demgemäß alle Operationsmethoden, 
welche am Darm angreifen, als prinzipiell verfehlt anzusehen. 
Der kausalen Indikation genügt vielmehr nur eine Methode, 
welche den Beckenboden so verstärkt, daß er dem abnorm ge¬ 
steigerten intraabdommellen Druck hinreichenden Widerstand 
zu leisten vermag. Selbst die von Napalkow angegebene 
Methode, bei welcher durch einen Querschnitt über den Darm 
die heruntergetretene Bauchfelltasche nach Art eines Bruch¬ 
sackes abgetragen wird, genügt nicht, weil sie den Becken¬ 
boden bloß verkleinert, ohne ihn zu verstärken. Verfasser hat 
deshalb diese Methode dahin erweitert, daß vom freien Rande 
der Musculi glutaei maximi je ein Muskellappen abgetrennt und 
in der Tiefe der Dammwunde vor dem Mastdarm vereinigt 
werden. Verfasser teilt zum Schluß einen nach dieser Methode 
operierten Fall mit, welcher ein gutes funktionelles Resultat 
ergeben hat. Der Patient war noch 3 Jahre nach der Operation 
frei von Rezidiv. Wie Verfasser selbst hervorhebt, kommt diese 
| eingreifende Methode nur für die schwereren Fälle in Be¬ 
tracht. Adler (Pankow-Berlin.) 

Dr. Benno Crede (Dresden): Die Tahnasche Operation. (Beil. 

klin. Wochenschr., 1910, No. 18.) 

Talma veröffentlichte seine Operation, die in der Haupt¬ 
sache bei Lebercirrhose angezeigt ist, im Jahre 1904 unter dem 
Titel: „Chirurgische Oeffnung neuer Seitenbahnen für das 
Blut der Vena portae.“ Seitdem ist diese Operation von vielen 
Chirurgen ausgeführt worden, und Verf. hat etwa 120 Fälle in 
der Literatur auffinden können, von denen angeblich 40 pCt. 
geheilt sein sollen. Dieses Resultat kann sich nach Verf. nur 
auf vorübergehende Besserung beziehen, denn seiner Beurtei¬ 
lung nach sind keineswegs mehr als 20 pCt. der Fälle dauernd 
geheilt worden. Er hatte bis jetzt fünfmal Gelegenheit, die 
Operation auszuführen. Zweimal hatte er keinen Erfolg, zwei¬ 
mal eine auffallende Besserung für 6 bezw. 8 Monate, und ein¬ 
mal, glaubt er, wird man von einem Dauererfolg reden können. 
Woran liegt es nun, fragt Verf., daß die Erfolge dieser logi- 





512 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 33. 


sehen und berechtigten Operation noch so geringe sind? Veit, 
ist überzeugt, daß er den günstigen Verlaut seines letzten 
Falles durch sein gegen früher viel radikaleres operatives 
Vorgehen erreicht hat und glaubt dasselbe aus diesem Grunde 
empfehlen zu können. Er glaubt die Mißerfolge zum Teil dar¬ 
auf schieben zu sollen, daß nicht genug und nicht genügend 
große Gefäße sich hatten bilden können. Er hat deshalb die 
vordere Fläche des großen Netzes in der Ausdehnung fast einer 
Hand mit der Schere energisch wund geschnitten, ebensoweit 
das Bauchfell von den Muskeln abgelöst und dann die große 
blutende Wundfläche durch Steppnähte mit Silberkatgut in 
der ganzen Fläche miteinander vereinigt. Verfassers Ansicht 
nach haben wir bei dieser Ausbildung der Operation und den 
schon vorliegenden Erfahrungen jetzt bereits die Pflicht, ge¬ 
eigneten Kranken die Tal m a sehe Operation anzuempfehlen, 
namentlich auch deshalb, weil wir die Mortalität bei derselben 
mit gutem Gewissen als gleich 0 pCt. bezeichnen können und 
andere Behandlungsarten bisher meistens erfolglos geblieben 
sind. 

Prof. Dr. M. Heitler (Wien): Herzstiirungcn durch Reizung 
des Perikards. Vorschlag zur Kokainisierung des Perikards 
hei Operationen am Herzen. .(Medizin. Klinik, 1910, No. 25.) 

Verf. fand bei seinen an Hunden ausgeführten Versuchen, 
daß die mechanische und elektrische Reizung des Perikards 
(Epikard) Arhythmie erzeugt und daß die Arhythmie nicht ein- 
tritt, wenn das Perikard vor der Reizung mit einer 10 proz. 
Kokainlösung bestrichen wird. Außer Störungen des Rhyth¬ 
mus traten bei Reizung des Perikards noch weitere intensive 
Störungen auf, welche die Bedeutung des Perikards für die 
Vitalität des Herzens dartun. Bei mechanischer Reizung des 
Perikards wurde das Herz nach einer gewissen Dauer der 
Reizung größer und blieb größer. Bei allen Versuchen mit 
mechanischer Reizung starb das Herz frühzeitig ab. Nach 
einer gewissen Dauer des Versuches trat plötzlich ein Sinken 
der Energie der Herztätigkeit ein, Verringerung der Anzahl 
der Kontraktionen, Arhythmie, und das Herz starb unter 
diesen Erscheinungen ab. 

Pulsverlangsamung ist bei Perikarditis beim Menschen 
im Beginne der Erkrankung im Einklang mit dem Tierversuch 
— Auftreten von Pulsverlangsamung nach Bestreichen des 
Herzens mit Krotonöl — beobachtet worden; die Arhythmie 
im Beginne der Perikarditis, insbesondere von Bamberger 
hervorgehoben, findet ebenfalls im Tierversuch befriedigende 
Erklärung; auch manche schwere Erscheinungen im Verlauf 
der Perikarditis, welche man aut’ Mitbeteiligung des Herz¬ 
muskels bezieht, sind wahrscheinlich mit der Reizung des 
Perikards in Zusammenhang zu bringen. Schnitzler, der 
mehrere Male Operationen am Herzen ausgeführt hat, und den 
Verf. über das Verhalten des Herzens beim operativen Ein¬ 
griff, insbesondere beim Anlegen der Naht fragte, bemerkte, 
daß das Herz sehr unruhig sei, es tanze. Diese fortwährende 
Unruhe, die unregelmäßige Aktion des Herzens, wie sie beim 
Tiere bei rasch hintereinander folgenden Reizungen des Peri¬ 
kards mit einer Nadel beobachtet wird, ist offenbar auch hier 
durch Reizung des Perikards durch die operativen Manipu¬ 
lationen hervorgerufen, und Verf. hat Schnitzler emp¬ 
fohlen, in einem nächsten Falle zur Hintanhaltung der die 
Operation erschwerenden Störung das Perikard zu kokaini- 
sieren. Aber nicht dieses Moment allein, die beim Tiere bei 
Reizung auftretenden schweren Herzerscheinungen und die 
Wahrscheinlichkeit analoger Verhältnisse beim Menschen, das 
Nichtauftreten derselben bei Kokainisierung des Perikards 
lassen es als zweckmäßig erscheinen, bei operativen Ein¬ 
griffen am Herzen das Perikard zu kokainisieren. Mau ver¬ 
wende eine 10 proz. Lösung; eine 5 proz. erwies sich bei Ver¬ 
fassers Versuchen als zu schwach; wurde das Perikard mit 
einer 5 proz. Lösung bestrichen, so blieb bei Reizung desselben 
die Arhythmie nicht aus. Nach Vollendung der Operation kann 
das Kokain mit physiologischer Kochsalzlösung w'eggewaschen 
werden. 

Regimentsarzt Dr. .T. Wiesner: Beitrag zur nichtkomplizierten 
traumatischen Sehnenluxation. (Der Militärarzt, 1910, 
No. 13.) 

Ein Reservist meldete sich im Frühjahr 1909 gelegentlich 
seiner Einrückung zur Ableistung einer Waffenübung mit 
Schmerzen im linken Kniegelenke, welche beim Gehen auf¬ 
traten, krank. Er gab an, daß dieselben die Folge eines Un¬ 
falles seien, welchen er im Sommer 1906 durch Sturz vom 
Heuboden erlitten habe. Das linke Kniegelenk soll damals an 
der Innenseite stark angeschw'ollen gewesen sein. Er konnte 
nicht auftreten und war zwei Monate bettlägerig. Die Unter¬ 
suchung ergab zunächst den gänzlichen Mangel eines Merk¬ 
males einer stattgefundenen äußeren Verletzung. Bei der In¬ 
spektion fiel die Stellung der linken unteren Extremität auf. 
Dieselbe wurde im Kniegelenke leicht flektiert gehalten, ging 
jedoch, wenn man den Mann aufforderte, das Knie zu strecken, 


schnellend, wie eine Feder, in Hyperextension, über, so daß 
der Unterschenkel mit dem Oberschenkel einen ausgesproche¬ 
nen, nach vorne offenen Winkel bildete. Dabei sah und fühlte 
man deutlich, wie das Sehnenbündel, welches sich aus den 
Sehnen des M. sartorius, M. semitendinosus und M. gracilis zu¬ 
sammensetzt, mit einem Rucke auf die vordere Seite des unte¬ 
ren Femurrandes sprang und hier einen deutlichen Wulst bil¬ 
dete. Pat. fühlte in diesem Momente einen „Knacks“ und 
leichten Schmerz. Der Gang hatte durch das schnellende 
Uebergehen in die Hyperextension große Aehnlichkeit mit dem 
schleudernden Gange eines Tabikers. Operation verweigert. 

Stabsarzt Dr. Momburg (Berlin): Ein neues Prinzip in der 
Plattfußbehaiullung. (Zentralbl. f. Chirurgie, 1910, No. 29.) 

Die zahlreichen Mittel, die zur Beseitigung des Plattfußes 
und seiner Beschwerden vorgeschlagen werden, sind durch¬ 
weg unzulänglich, weil sie auf falschen Prinzipien beruhen. 

| Die Hauptstützpunkte des Fußgewölbes sind der Calcaneus 
und die Köpfchen des II. und III. Metatarsale. Von diesen 
wird beim gewöhnlichen Stehen der Calcaneus fast ganz allein 
vom Körpergewicht belastet. Das Primäre des Plattfußes ist, 
daß der Calcaneus nach außen abweicht und in Pronations¬ 
stellung gerät, das Gewölbe also nicht mehr senkrecht, sondern 
von der Seite her belastet wird, wie bei jedem Knickfüße sehr 
schön zu sehen ist. Alle weiteren Veränderungen sind sekun¬ 
därer Natur. An diesem primären Abweichen der Hauptstütze 
des Fußgewölbes muß die Therapie anfassen. M. hat nun ge¬ 
funden, daß, wenn man den Calcaneus in Supinationsstellung 
bringt, daß dann sich das Gew'ölbe von selbst wieder herstellt. 
Von diesem Prinzip ausgehend hat M. eine Plattfußeinlage 
konstruiert, bei der das ganze Gewicht auf die Supiuations- 
stellung des Calcaneus gelegt und auf die Hebung des Ge¬ 
wölbes verzichtet wdrd. Bei Herstellung dieser Einlage glaubt 
M. alle Mängel, welche den bisherigen Einlagen und Schuhen 
anhaften, berücksichtigt zu haben. Sie sollte 1. uns frei vom 
Schuhmacher machen, 2. in jedem Schuh zu tragen sein, 3. den 
Schuh nicht entstellen, 4. für jeden Fuß passend sein 
(4 Größen), 5. dauerhaft und daher billig sein, 6. einfach, am 
besten fabrikmäßig herzustellen sein. Die einzige Bedingung 
ist, daß ein Schnürschuh mit breitem, niedrigem Absatz ge¬ 
tragen wird. M. empfiehlt die Einlage, die sieh seit einem 
Jahre an der Königlichen Klinik bewährt hat. K r. 

Prof. Otto v. Hcrif (Basel): Serres fines oder Michelsche Klam¬ 
mern. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 24.) 

Verfasser empfiehlt als Ersatz der Mi che Ischen Klam¬ 
mern sogenannte „Serres fines“. Er hat durch die Firma 
C. Stiefenhofer (München) ein neues zweckmäßiges 
Modell hersteilen lassen, dessen Brauchbarkeit für die Haut¬ 
naht bei Laparotomien er bisher in 100 Fällen erprobt hat. 
Die neuen Agraffen lassen sich ebenso leicht wie die Michel- 
schen Klammern anlegen und halten die Wundränder sehr 
fest; der Hauptvorzug der neuen Agraffen besteht darin, daß 
sie sich sehr leicht und rasch, ohne jede Belästigung des 
Kranken, entfernen lassen (mit den Fingern oder einer 
Pinzette). Dieselbe Klammer kann sehr oft (30—50 mal) ver¬ 
wendet werden; dadurch stellen sie sich in der Praxis billiger 
als die Michel sehen Klammern. 

Privatdocent Dr. August Mayer (Tübingen): Zur Diagnose des 
übergroßen retroplacentaren Hämatoms. (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 25.) 

Verf. bespricht eine Komplikation der Nachgeburtsperiode, 
der in den Lehrbüchern der Geburtshilfe im allgemeinen zu 
wenig Beachtung zuteil wird; es handelt sich um das abnorm 
große retroplacentare Hämatom. Die Merkmale dieser Ano¬ 
malie sind: Keine Blutung nach außen; schon bald nach der 
Geburt des Kindes häufige, kräftige, schmerzhafte Nachwehen, 
die man am Stöhnen der Patientin weithin erkennen kann, so 
daß alles in bester Ordnung zu sein scheint. Auch der Zu¬ 
stand des Uterus trügt: Er entleert auf mäßigen Druck kein 
Blut nach außen, ist wohl auffallend dick und groß, aber in 
typischen Fällen fest, ja sogar hart, so daß man zunächst an 
eine große Placenta denkt und abwartet. Plötzlich klagt die 
Frau über Uebelsein, die Gesichtsfarbe wird auffallend blaß, 
der Radialpuls merklich schlechter. Unter heftigem Drang 
wird, wenn man nicht eingreift, meist nicht allzu lange nach 
der Geburt die Placeuta mit einem sehr großen retroplacen¬ 
taren Hämatom ausgestoßen. Damit ist meist auch die Blutung 
zu Ende. Das retroplacentare Hämatom stellt so ziemlich den 
Gesamtblutverlust während des bisherigen Verlaufs der Nach¬ 
geburtsperiode dar. Häufig ist es im Eihautsack so gut ein¬ 
geschlossen, daß kaum ein wenig Blut verschmiert wird und 
genaue Gewichtsbestimmungen leicht auszuführen sind. Verf. 
hat retroplacentare Hämatome bis zu 900 g beobachtet. Für 
die Differentialdiagnose stellt Verf. folgendes Schema auf: 
Bei gelöster Placenta ist der Hochstand des Fundus aus¬ 
gesprochen, die Wand des Uterus hart, der Dickendurch- 




No. 33. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


513 


messer des Uterus gering. Bei retroplaeentarem Hämatom: 
Hochstand, des Uterus ausgesprochen, Wand hart resp. ge¬ 
spannt, Dickendurchmesser groß. Bei freier innerer Blutung: 
Hochstand des Uterus ausgesprochen, Wand des Uterus weicn, 
Dickendurchmesser groß. Erkennt man das Vorhandensein 
eines übergroßen retroplacentaren Hämatoms, so wird man 
die Placentarperiode nicht weiter ausdehnen, sondern die Pla- 
centa exprimieren. Damit spart man einen unnützen weiteren 
Blutverlust. R. L. 

Prof. Dr. L. Rethi (Wien): Zur Frage der vollständigen Ent¬ 
fernung der Gaumenmandeln (Tonsillektomie). Wiener 
med. Wochenschrift, 1910, No. 28.) 

Während man früher nur jenen Teil der Mandeln ent¬ 
fernte, der über das Niveau der Gaumenbögen vorsprang, 
wird jetzt vielfach die vollständige Auslösung der Mandeln 
aus der Nische, die Enukleation, ausgeführt. Die Tonsillo¬ 
tomie führt zwar in den meisten Fällen zum Ziele, d. h. die 
akuten Entzündungen, welche gewöhnlich den Anlaß zu 
einer derartigen operativen Behandlung geben, stellen 
sich dann selten oder gar nicht wieder ein; dennoch gibt es 
Fälle, in denen diese mehr oder weniger konservative Me¬ 
thode nicht ausreicht. Es kommt vor, daß die Entzündungen 
nach Ablauf von 2—3 Jahren wieder anfangen häutiger auf¬ 
zutreten; in diesen Fällen führt dann eine neuerlich vorgenom¬ 
mene Schlitzung zumeist definitiv zum Ziele. Ist jedoch auch 
dieser Eingriff nicht von bleibendem Erfolge begleitet oder stellt 
sich im Gefolge der Angina eine Allgemeinerkrankung, eine 
Gelenkentzündung etwa ein, so tritt die Enukleation der Ton¬ 
sille in ihre Rechte, d. h. wenn es sich darum handelt, den 
Kranken vor der Gefahr allgemeiner Erkrankungen (verschie¬ 
dener septischer Prozesse, Nephritiden) und insbesondere vor 
Gelenkentzündungen zu behüten, so muß die Mandel voll¬ 
ständig entfernt werden. Diese Fälle geben eine absolute In¬ 
dikation für die Vornahme der Tonsillektomie. Die Gefahr 
starker Blutungen bei der Tonsillektomie ist im allgemeinen 
nicht wesentlich größer als bei der Tonsillotomie. 

Daß durch die Tonsillotomie funktionelle Störungen, etwa 
Beeinträchtigung der Singstimme, hervorgerufen werden 
könnte, ist bisher nicht beobachtet worden; dennoch fürchten 
die Sänger die Tonsilloomie häufig gerade aus diesem Grunde. 
Es gibt Sänger, die außerordentlich große, weit nach innen 
vorspringende Gaumenmandeln haben, bei denen die Sprech- 
und Singstimme gepreßt und klosig klingt, die an oft wieder¬ 
kehrenden und berufsstörenden Halsentzündungen leiden, die 
sich aber trotzdem, zu einer Abkappung nicht entschließen 
können, weil sie fürchten, daß dadurch die Stimme leiden 
könnte; während sie tatsächlich dadurch nur gewinnen können, 
weil die Stimme dann größer und freier wird. Was aber die 
Tonsillektomie betrifft, so ist allerdings bei’ Sängern besondere 
Vorsicht am Platze und Verf. weist auf 2 Fälle mit Stimm¬ 
beeinträchtigung hin, die er kurz nacheinander gesehen hat. 
Handelt es sich bei der Vornahme der Tonsillektomie um 
Sänger, so muß man sie ganz besonders darauf aufmerksam 
machen, daß die Singstimme möglicherweise eine Beeinträch¬ 
tigung, eine Verminderung der Klangfarbe, Verringerung der 
Ausdauer etc. erfahren könnte. K r. 

Dr. Adolf Gutmann (Berlin): Augensymptome bei Erkrankun¬ 
gen der Stirnhöhle und Siebbeinzellen. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 25.) 

Verf. bespricht an der Hand einer Reihe von Fällen die 
durch Nasennebenhöhlenaffektionen bedingten Augenaffektio¬ 
nen. Bei Orbitalphlegmone nach perforiertem Stirnhöhlen¬ 
empyem ist ein pralles, rundliches, durch das Oberlid fühl¬ 
bares Zellgewebsinfiltrat im oberen Orbitawinkel vorhanden 
und die Lidplilegmone auf das Oberlid beschränkt, bei Frei¬ 
bleiben des Unterlides. Eine Ablenkung des Augapfels erfolgt 
regelmäßig temporalwärts und nach unten. Wenn Doppel¬ 
bilder nachzuweisen sind, sind es begrenzte mit stark aus¬ 
gesprochener Höhendifferenz. Bei Orbitalphlegmone nach per¬ 
foriertem Siebbeinempyem besteht eine abgegrenzte' Infiltration 
des Orbitalzellgewebes nahe dem Canthus internus, Ablenkung 
des Bulbus temporalwärts ohne Abweichung von der Hori¬ 
zontalebene. gekreuzte Doppelbilder ohne Höhendifferenz, 
ferner Lidphlegmone, die sich gleichzeitig auf das Ober- und 
Unterlid erstreckt und am stärksten nasal ausgesprochen ist. 
Wenn ein Kieferhöhlenempyem auf das Orbitalzellgewebe 
überzugehen droht, läßt sich als Frühsymptom isoliertes Unter¬ 
lidödem nachweisen, ferner pflegt in diesen Fällen die Con- 
iunctivalentzündung zuweilen zur Chemosis gesteigert, haupt¬ 
sächlich in der unteren Bulbushälfte ausgesprochen zu sein. Bei 
Verwertung dieser differentialdiagnostischen Momente ist es 
dem Augenarzt möglich, durch einen operativen Eingriff von 
der Orbita aus, eventuell unter Gebrauch der Sonde, bis zur 
Ursprungshöhle zu gelangen und durch Ausräumung der er¬ 
krankten Schleimhaut und Tamponade kausal vorzugehen, 
wenn es sich um perforierte Stirnhöhlen- oder Siebbein-Em- 


pyeme handelt. Bei perforierten Kieferhöhlen-Empyemen sind 
rhinologische Eingriffe (eudonasale oder alveoläre) notwendig. 
— Auch nach ausgeführter Radikaloperation der Stirnhöhle 
können Augensymptome Zurückbleiben. Wenn nach der 
Jansen sehen Kadikaloperation die Vernarbung am stärksten 
nach dem inneren oberen Orbitawinkel erfolgt, wird das Ober¬ 
lid schief nach innen oben gezogen, und es erhält die Lidspalte 
eine Schiefstellung und Schlitzform. Nach der Kil Manschen 
Radikaloperation können Doppelbilder im Sinne einer iso¬ 
lierten Trochlearislähmung entstehen. Obwohl dabei die Stelle 
der Trochlea mit ihrer knöchernen Unterlage geschont wird, 
kann es bei der Abmeißelung des Stirnhöhlenbodens zu 
Knochenfissuren in der Gegend der Trochlea kommen, die 
später durch Callusbildung oder periostale Verwachsungen Be¬ 
wegungshemmung hervorrufen können. — Verf. berichtet 
weiter über einige Fälle von Erkrankung der vorderen Sieb¬ 
beinzellen mit leichteren Augensymptomen, welche nach na¬ 
saler Eröffnung des Empyems heilten. In 2 Fällen von Er¬ 
krankung der hinteren Siebbeinzellen und der Keilbeinhöhle 
waren Sehnervensymptome (Neuritis optica resp. horizontale 
Hemianopsie) entstanden, welche nach operativer Heilung der 
primären Nebenhöhlenerkrankung zurückgingen. Hier war 
also die Entzündung auf das Periost des Canalis opticus und 
den Sehnerven übergegangen. In einem anderen Falle kam 
es im Anschluß an ein rechtseitiges Stirnhöhlen- und Kiefer¬ 
höhlenempyem zu Sehnervenatrophie rechts trotz rhinologischer 
Behandlung, ln einem anderen Falle trat Sehnervenatrophie 
bei polypöser Hypertrophie der mittleren Muschel mit reich¬ 
licher Polypenbildung der Siebbeinzellen ein. R. L. 

Dr. Anton Lutz (Zürich): Ueber einige weitere Fälle von 
Heterochromia iritlum. (Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
No. 24.) 

Unter Heterochromie versteht man die Erscheinung, daß 
bei demselben Individuum das eine Auge eine hellere Iris be¬ 
sitzt als das andere, z. B. das eine eine blaue, das andere eine 
braune, es können auch die Unterschiede weniger frappant 
sein, z. B. hellbraun und dunkelbraun, oder hellblau und 
dunkelgraublau. Auf Grund seiner Studien an dem Material 
der Züricher Universitätsaugenklinik kommt Verf. bezüglich 
dieser Anomalie zu folgenden Ergebnissen: Die Heterochromia 
iridum ist selten, sie fand sich bei etwa 0,2 pCt. der Patienten. 
Sie stellt eine Entwicklungsstörung dar und kann auf 3 Arten 
entstehen: a) das eine Auge bleibt 1 schon in den ersten Tagen 
nach der Geburt in der Pigmentation zurück; b) das eine Auge 
bleibt erst in den späteren Jahren (5.—15.) in der Pigmen¬ 
tation zurück, c) das eine Auge verliert nachträglich an 
Pigment. Zur Erklärung ihrer Entstehung ist in erster Linie 
die Vererbung der elterlichen Augenfarben heranzuziehen; es 
muß jedoch eine weitere Störung (vielleicht eine anormale 
embryonale Gefäßentwicklung) angenommen werden, einmal 
zur Erklärung des Verlustes der Korrelation der Augenfarben 
und dann zur Erklärung der auffallenden Häufigkeit der Er¬ 
krankung der helleren Augen. Solche heterochrome Augen 
zeigen Komplikationen; entweder atypische oder zufällige, wie 
z. B. Colobome, die sich deshalb auch in jedem der beiden 
Augen finden können, und typische, die sich stets auf der Seite 
des helleren Auges finden. Vielleicht ist zu diesen letzteren 
auch die Sympathicusparese zu zählen, die sich in etwa der 
Hälfte der Fälle findet, der jedoch keine praktische Bedeutung 
zukommt, sicher ist die Cyclitis, die sich in mindestens der 
Hälfte der Fälle findet, eine typische Komplikation. Diese 
Cyclitis ist äußerst chronisch, erstreckt sich mindestens über 
Jahre und zeichnet sich aus durch das Fehlen jeglicher In¬ 
jektion, durch die strenge Einseitigkeit, die Feinheit der Be-, 
Schläge, die Rarefizierung des Pupillarsaumes, den Mangel an 
Synechien, die häufige Kataraktbildung, die Schwierigkeit thera¬ 
peutischer Beeinflussung und die günstige Heilungsprognose bei 
Kataraktoperation. Die Cyclitis beginnt frühestens zu Anfang 
des zweiten Dezenniums, meist erst gegen Ende desselben und 
macht die Hauptbesclnverden im dritten und vierten Dezen¬ 
nium. Verschiedene Momente sprechen gegen ein Entstehen 
von Heterochromie und Cyclitis aus gemeinsamer Ursache. 
Die Cyclitis entwickelt sich nur auf dem Boden des mangel¬ 
haft pigmentierten Auges. Infolge der Entwicklungsstörung 
neigt das Auge eher zu einer Erkrankung, seine Widerstands¬ 
kraft wird im Kampfe mit den äußeren Schädigungen früher 
aufgebraucht. 

Dr. Emil Juselius (Wiborg, Finnland): Experimentelle Unter¬ 
suchungen über die Regeneration des Epithels der Cornea 
unter normalen Verhältnissen und unter therapeutischen 
Maßnahmen, (v. Graefes Archiv für Ophthalmologie, 
Bänd 75, Heft 2.) 

Verf. stellte im Laboratorium der Freiburger Universitäts¬ 
augenklinik Versuche an Kaninchen, z. T. auch an Katzen 
und Hunden an, um über die Frage der Regeneration des Horn¬ 
hautepithels nach Verletzungen näheren Aufschluß zu erhalten. 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 33. 


514 


Hierbei erwiesen sich Trepandefekte als geeignetste Unter¬ 
suchungsobjekte. Verf. kam zu folgenden Resultaten: 1. Die 
normale Regeneration geht so vor sich, daß sogleich nach der 
Entfernung eines Epithelstückes aus dem Zentrum der Cornea 
als Vorbereitung eine mitotische Teilung fern vom Defekt an 
der Corneoskleralgrenze zentripetal beginnt, welche nach 
2 Stunden den Defekt erreicht hat (karyokinetische Reaktions¬ 
welle). Nach 8—12 Stunden findet in der Hornhautperipherie 
Karyokinese nicht mehr statt. 2. Die eigentliche Regeneration 
des Defekts beginnt erst 4 Stunden nach der Verletzung in den 
randständigen Zellen. Die primäre Ueberhäutung geht mit einer 
Durchschnittsschnelligkeit von etwa 1 mm in 12 Stunden bei Ka¬ 
ninchen vor sich. 3. Eine passive Gleitung, ein Hinausgeschoben¬ 
werden des ursprünglichen Epithels vom Rande in den Defekt 
hinein ist nicht vorhanden. 4. Unter den Medikamenten wirkt 
Cocainum muriaticum auch in verdünnten Lösungen hemmend 
auf die Regeneration. Die Reaktionswelle bleibt aus und die 
Vitalität der Zellen ist herabgesetzt. Konzentrierte Lösungen 
(mehr als 4proz.) schädigen sie erheblich. 5. Subconjunctivale 
Injektion von physiologischer Kochsalzlösung beschleunigt die 
Regeneration etwas, mehr noch die’2proz.; während die 4proz. 
und noch mehr die 6proz. Lösung hemmend oder direkt schä¬ 
digend wirkt. 6. Sublimatlösung in einer Konzentration von 
1:10 000 subconjunctival injiziert wirkt beinahe wie Kochsalz, 
aber unregelmäßiger. Sublimatlösung 1:2000 subconjunctival 
injiziert wirkt dagegen schädigend. 7. Dionin in lOproz. Lö¬ 
sung eingetropft, wirkt als feuchte Wärme, beschleunigt die 
Epithelregeneration, während Kälte als Eiskompresse hem¬ 
mend wirkt. — In praktischer Hinsicht weist Verf. darauf hin, 
daß das Kokain aus der Therapie der Hornhautepithelver¬ 
letzungen in mäßiger Konzentration nicht vollständig verbannt 
zu werden braucht, sondern in Kombination mit anderen re¬ 
generationsbefördernden Maßnahmen, z. B. feuchter Wärme, 
subconjunctivaler Injektion geeigneter Kochsalzlösungen (1 bis 
2 proz.) verwendet werden kann. R. L. 

Georg Flemmiug: Zur Keratomalacieirage unter besonderer 
Berücksichtigung des Allgemeinleidens und des Ausganges. 
Aus der Universitätsaugenklinik zu Breslau. (Dissertation, 
Breslau 1909.) 

Auf Grund der bei 30 Fällen gewonnenen Erfahrungen 
kommt Verfasser zu dem Schluß, daß die Keratomalacie nur 
einen geringen Prozentsatz. (etwa 0,05—0,1 pCt.) aller Augen¬ 
erkrankungen ausmacht. Sie ist eine Erkrankung des frühe¬ 
sten Kindesalters und befällt weitaus am häufigsten Kinder 
in den ersten neun Lebensmonaten. Bei Erwachsenen kommt 
sie sehr selten vor. Die Ursache ist in mangelhaftem Er- 
nährungs- und Kräftezustand zu suchen. Im einzelnen kommt 
das Leiden hauptsächlich bei den Erkrankungen des 
Digestionsapparates des Säuglings vor, ferner bei Krankheiten 
der Lungen, bei allgemeiner Tuberkulose, kongenitaler Lues, 
bei schweren Infektionskrankheiten, bei Erkrankungen des Ge¬ 
hirns und der Gehirnhäute, ferner bei ausschließlicher vege¬ 
tabilischer Ernährung, bei lang anhaltender Agonie und bei 
plötzlich auf einen schon schwächlichen, anämischen Körper 
einwirkenden, mit größeren Blutverlusten verknüpften 
schwächenden Einflüssen (z. B. Entbindungen). Schon vor¬ 
handene, selbst leichte Erkrankungen der Augen begünstigen 
die Entstehung der Keratomalacie. Den Xerosebacillen kommt 
keine ätiologische Bedeutung zu. Sie sind harmlose Schma¬ 
rotzer des Conjunctivalsackes. Die Prognose ist bei ganz 
kleinen Kindern schlecht, die Mortalität beträgt etwa 50 pCt. 
Mit zunehmendem Alter bessert sich die Prognose quoad 
vitam. Die Keratomalacie befällt fast stets beide Augen. In 
4 /s der Fälle bleiben starke Trübungen der Hornhaut, größten¬ 
teils mit Einheilung der Iris in dieselbe, zurück. Die Behand¬ 
lung hat in erster Linie eine Hebung des Ernährungs- und 
Kräftezustandes durch entsprechende Diät zu erstreben. Die 
lokale Behandlung erfolgt nach denselben Grundsätzen wie 
bei den anderen Augenleiden. F. 

Prof. Dr. Best (Dresden): Ist Schutz der Augen vor ultra¬ 
violettem Licht notwendig? (Medizin. Klinik, 1910, No. 7.) 

In letzter Zeit ist von verschiedenen Augenärzten auf an¬ 
gebliche Schädigungen unserer Augen durch ultraviolette 
Strahlen aufmerksam gemacht worden. Vor allem werden Be¬ 
schwerden, die gelegentlich durch die modernen hellen Licht¬ 
quellen entstehen, dem ultravioletten Anteil derselben zu¬ 
geschoben. Da unsere Lichtquellen mit steigender Lichtfülle 
auch zunehmenden Gehalt an ultravioletten Strahlen auf¬ 
weisen, so wird die Notwendigkeit eines Schutzes der Augen 
gegen letztere gefolgert. Die Anschauung von der Gefährlich¬ 
keit ultravioletter Strahlen gründet sich auf folgende Experi¬ 
mente und Erfahrungen. Zuerst wurde von Widmark und 
von Schul ek gezeigt, daß die ultravioletten Strahlen eine 
schmerzhafte äußere Augenerkrankung hervorrufen können, 
die sogenannte elektrische Ophthalmie, sowie die Schneeblind¬ 
heit; ferner, daß man bei Tieren durch konzentrierte lang¬ 


andauernde Einwirkung Star erzeugen kann. Hess hat er¬ 
wiesen, daß es vor allem die ganz kurzwelligen ultravioletten 
Strahlen sind, welche bei diesen Versuchen zur Katarakt¬ 
bildung wirksam sind. Demi das einfache Zwischenschalten 
einer Glasplatte genügte, um die Linse der Tiere zu schützen. 
Glas läßt Strahlen unter etwa 300 ,u,u nicht passieren. Weiter¬ 
hin hat Birch- Hi r schfeld die Entstehung einer leichten 
Bindehautentzündung unter dem Einfluß des Lichtes der 
Uviollampe beobachtet. Durch wiederholte Bestrahlungen 
vermochte er bei Tieren eine dem Frühjahrskatarrh ähnliche 
Erkrankung der Bindehaut zu erzeugen. Alle diese Erfah¬ 
rungen im Verein mit gelegentlichen sonstigen Erkrankungen 
und Störungen des Auges, die ohne exakte Beweisführung den 
ultravioletten Strahlen zugeschrieben werden, haben bei einer 
Reihe von Autoren die Vorstellung aufkommen lassen, daß 
die ultravioletten Strahlen an sich schädlich seien. Infolge¬ 
dessen haben sich Schulek, Fieuzal, Hailauer, 
Schanz und andere mit der Herstellung von Gläsern be¬ 
schäftigt, welche die ultraviolette Strahlung möglichst restlos 
absorbieren sollen. Es ist nun die Frage, ob und in welchen 
Fällen diese Schutzgläser notwendig sind. Sie wird verschieden 
beantwortet, je nachdem man die Tragweite der Schädigung 
durch ultraviolette Strahlung einschätzt. In der einen Rich¬ 
tung am weitesten gehen vielleicht Schanz und Stock- 
hausen, die es für nötig halten, alle intensiven künstlichen 
Lichtquellen mit Euphosglas zu versehen, außerdem Schutz¬ 
brillen aus diesem Glas bei Augenerkrankungen zu verwen¬ 
den. Die entgegengesetzte Ansicht vertritt Verfasser vor¬ 
liegender Arbeit. Ohne die Möglichkeit einer Schädigung des 
Auges durch ein Uebermaß von ultravioletten Strahlen zu be¬ 
streiten, hält B. den Fall der Schädigung des Auges durch 
übermäßige Lichtfülle (d. h. eben durch die sichtbare Strah¬ 
lung) für weit häufiger gegeben und fordert demgemäß Ab¬ 
schwächung des gesamten Strahlenbereichs durch unsere 
Schutzgläser, besonders aber der leuchtenden Strahlung. 

Dr. Max Robitschek, gew. Sekundararzt des Allgem. Kranken¬ 
hauses in Wien: Ein Mundkühler. (Wiener med. Wochen¬ 
schrift 1910, No. 19.) 

Anläßlich eines Typhus, den Verf. durchmachte, kostete 
er am eigenen Leibe aus, welch’ quälende Symptome bei 
schweren Fieberkranken in der Mundhöhle auftreten können 
und wie ohnmächtig unsere Therapie diesen abnormen Hitze¬ 
empfindungen der Mundschleimhaut und der trockenen Zunge 
gegenübersteht. Weder Pinselungen mit Glyzerin (ekelhaft 
durch den süßlichen Geschmack), noch Eispillen, noch Reini¬ 
gung des Mundes mit Menthol-Perhydrolmundwässern, Eibisch¬ 
wurzelabkochungen etc. sind imstande, auch nur für wenige 
Minuten über ihre Anwendung hinaus Erleichterung zu schaffen. 
Dasselbe gilt auch für das Gurgeln mit eisgekühltem Mineral- 
resp. Sodawasser, welch’ letzteres Verf. noch für das an¬ 
genehmste Mittel hält. Welcher Schwerkranke findet die Kraft, 
kontinuierlich zu gurgeln und in eine Schale zu spucken? Er¬ 
mattet sinkt er in die Kissen, um nach wenigen Minuten 
wiederum allein oder mit Hilfe der Wartung den Versuch zu 
machen, sich Linderung der qualvollen Sensationen im Munde 
durch kühlende Flüssigkeit zu verschaffen. Verf. übergibt nun 
der Oeffentlichkeit einen von ihm konstruierten Mundkühler 
zur Nachprüfung, der aus einem plattgedrückten, die Konturen 
emes S-förmig gebogenen Zungenspatels nachahmenden Doppel¬ 
rohre aus Hartglas besteht, welches nach dem System der 
Leiter sehen Kühlapparate mit einem Zu- und Abflußschlauch 
aus leichtem Weichgummi armiert, durch strömendes Wasser 
mit oder ohne Eiszusatz kontinuierlich auf zirka 8 0 R. gekühlt 
wird. Eine Fixierung ist jederzeit durch ein um den Mund¬ 
kühler geknüpftes Band, das an beiden Enden mit Sicherheits¬ 
nadeln am Kopfpolster befestigt wird, möglich. Im Anschluß 
an diesen Mundkühlapparat konstruierte Verf. eine noch ein¬ 
fachere Mundkühlflasche. Sie besteht aus einer mit einem iso¬ 
lierenden Material (Asbest, Stroh, Watte etc.) umgebenen 
Flasche und einem Mundstück aus Metall. Die Flasche wird zu 
drei Viertel- mit einer Kältemischung aus Eis, Wasser und Salz 
gefüllt, auf derselben das Mundstück mittels eines Gummidrains 
befestigt und die Mundkühlflasche ist gebrauchfertig. Die Kälte¬ 
entwicklung ist eine intensive und kann jederzeit durch Nach¬ 
füllung der Flasche erneuert werden. Die federnde Verbin¬ 
dung zwischen Mundstück und Flasche ermöglicht die bequeme 
Anwendung dieses Mundkühlapparates auch in liegender 
Stellung. 

Bezugsquelle: Instrumentenmacher R. Thürriegel, 
Wien, IX., Schwarzspanierstr. 15. K r. 




No. 33. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


515 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung“.) 

Sitzung vom 6. Juli 1910. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

(Schluß.) 

Die Beziehungen der Appendicitis zu den Erkrankungen der 
Adnexe und zur extrauterinen Gravidität. 

Herr Heinz WohlgemutirDie Ueberzeugung scheint noch j 
nicht genügend. Boden gewonnen zu haben, daß bekn Weibe j 
die Diagnose der Erkrankungen in der rechten Regio hypo- 
gastrica, ob Appendicitis oder rechtsseitige Adnexerkrankung 
vorliegt, oft ihre großen Schwierigkeiten hat, ja oft unmöglich 
ist, wenn eine Komplikation der Appendicitis mit Erkrankun¬ 
gen der Beckenorgane vorhanden ist. Daß auch eine viszerale 
Hystero-Neurasthenie umgekehrt eine Appendicitis oder | 
Adnexerkrankung Vortäuschen kann, ist häufig beobachtet ! 
worden. Eine genaue Untersuchung per vaginam und per 
rectum ist daher unbedingt erforderlich. Von Wichtigkeit sind 
die anamnestischen Angaben, ob es sich um einen ersten An¬ 
fall handelt, ob eine Geburt oder ein Abort vorausgegangen, ' 
um zu entscheiden, ob nicht etwa eine Parametritis, Perimetri¬ 
tis, Pyosalpinx oder Tubengravidität vorliegt. — Vortragender ! 
berichtet über einen Fall, der ein 26 jähriges Mädchen betrifft. 
Dieses erkrankte im Januar an einem ersten Anfall, der 10 Tage 
anhielt und vorüberging. Ende Mai trat ein zweiter Anfall 
auf, der ebenfalls durch Bettruhe und Eisumschläge ausheilte. 
Es ging dann alles gut bis zum November, wo ein dritter An¬ 
fall auftrat, der aber nicht zurückging. Die blasse und zarte 
Patientin, welche ihre Menses erwartete, bekam Fieber (38 “) 
und Schmerzen. Der Puls betrug 96 Schläge. Bauchmuskel¬ 
rigidität bestand beiderseits unten, während Hypochondrium 
und Epigastrium nicht sehr empfindlich waren. In der unteren 
Bauchgegend ließ sich beiderseits eine diffuse Resistenz nach- 
weisen. Die Operation ergab, daß die Darmschlingen in großer 
Ausdehnung verklebt und hochrot verfärbt waren. In der Tiefe 
fand sich eine braune, nußfarbige, mit grauer Membran be¬ 
legte Masse. Von den rechten Adnexen war nichts zu sehen. 
Nach Säuberung des Beckens zeigte sich an der rechten 
Beckenwand eine geplatzte Tubargravidität, dje Appendix war 
stark gerötet. Vortragender setzt nun auseinander, daß es sich 
bei dem 2. Anfall in der Anamnese um eine Tubenruptur ge¬ 
handelt haben muß, an die sich später auf Grund einer frischen 
Appendicitis die Infektion des Hämatoms angeschlossen hat. 
Vortragender betont zum Schluß, daß man bei jeder Laparo¬ 
tomie wegen Erkrankung der Genitalorgane die Appendix 
fortnehmen solle, weim sich die geringsten pathologischen Ver¬ 
änderungen an ihr finden. Bei Frauen behandle man die 
Appendicitis mit Rücksicht auf die eventuellen schweren Kom¬ 
plikationen, die sich anschließen können, weniger exspektativ, 
vielmehr greife man sie operativ an. Vor einer periappendici- 
tischen Punktion zwecks Auffindung des Abscesses hüte man 
sich, m obigen Fällen hätte sie das Schicksal der Patientin 
sofort besiegelt. 

Diskussion: 

Herr Israel berichtet über einen seltenen Fall aus seiner 
Praxis. Eine 30 jährige Frau hatte vor ca. 1 Jahre eine Appen¬ 
dicitis, die unter schweren Erscheinungen verlief, aber schlie߬ 
lich ausheilte. In der Sexualsphäre war nie etwas Abnormes 
vorgekommen, die letzte Menstruation hatte vor 14 Tagen statt¬ 
gefunden. Nun erkrankte sie in der Nacht mit heftigen Leib¬ 
schmerzen, die sich am nächsten Morgen steigerten, so daß 
die Patientin von ihrem Arzt in die Klinik geschickt werden 
mußte. Redner stellte eine Perityphlitis fest und schritt zur 
Operation. Bei Eröffnung des Peritoneums stürzten ihm große 
Mengen geronnenen und flüssigen Blutes entgegen und er 
dachte an eine Extrauteringravidität; das war es aber nicht. 
Nach Ausräumung der Koagula fand sich eine Appendicitis 
höheren Grades, ein langer, prall gespannter Wurmfortsatz 
mit starrer, verdickter Wand und Ekchymosen auf der Schleim¬ 
haut. Als Quelle der Blutung ergab sich das nicht vergrößerte 
rechte Ovarium, welches an einer Stelle eine kirschgroße ge¬ 
platzte Cyste aufwies. Die Untersuchung des Ovariums lehrte, 
daß es sich um eine Blutung in ein Corpus luteum handelte, 
Diese Blutung wäre bestimmt tötlich geworden, falls die Ope¬ 
ration nicht rechtzeitig stattgefunden hätte. Nach der Heilung 
erzählte die Frau, sie habe in jener Nacht eine ungewöhnlich 
leidenschaftliche Kohabitation gehabt, dabei habe sie unter 
heftigsten Schmerzen das Gefühl empfunden, als ob etwas an 
ihrem Genitalapparat gerissen wäre. Dann seien die Schmerzen 
gewichen, um am nächsten Morgen in erneuter Stärke auf¬ 
zutreten. Die Deutung des Falles ist nicht leicht; J. glaubt 
das gemeinsame Moment in der Kongestion zu den Becken¬ 
organen unter dem Einfluß des Orgasmus zu erblicken. Durch 
sie sei es zur Blutung im Corpus luteum und zum Aufflackern 


einer chronisch und latent verlaufenden Perityphlitis ge¬ 
kommen. 

Herr Gottschalk hat vor 2 Jahren darauf aufmerksam ge¬ 
macht, daß, wo eine follikuläre Blutung zur Zeit der Men¬ 
struation eine Attacke auf der rechten Seite ähnlich wie bei 
akuter Appendicitis auslöst, es sich stets um eine entzünd¬ 
liche Verwachsung des rechten Ovariums handelt. In diesem 
Falle ist das Ovarium frei von Adhäsionen gewesen. — Die 
Schwierigkeit des in Rede stehenden Gegenstandes besteht 
darin, daß häufiger Appendicitis als umgekehrt eine Genital¬ 
affektion vorliegt. Die Stiltorsion des Ovariums gibt häufiger 
Veranlassung zu stürmischen, an Appendicitis erinnernden 
Erscheinungen als die Pyosalpinx. Bei genauer kombinierter 
Untersuchung wird man die Natur des Leidens feststellen 
können, die Pyosalpinx isf ja auch meist doppelseitig. Bei der 
Extrauteringravidität liegt das Blut so dicht dem Uterus an, 
wie etwa der Eiter bei der Appendicitis; auch das Abtasten 
von festem und flüssigem Blut ist für Extrauteringravidität 
charakteristisch. — Was den Fall des Vortragenden betrifft, so 
glaubt G., daß dort der Bluterguß zur Verwachsung der Ad¬ 
nexe mit der Appendix geführt hat. 

Herr Wohlgemuth (Schlußwort). Britzmann. 


III. Therapeutische Notizen. 

Als lokales Anästheticum in der kleinen Chirurgie emp¬ 
fiehlt Dr. Hamm (Braunschweig) das Alypinum nitricum. 
(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 25.) Das Mittel wird 
in 5 proz. Lösung am Orte der beabsichtigten Inzision einfach 
subkutan eingespritzt. Es genügt schon — je nach Ausdeh¬ 
nung des krankhaften Herdes — y 2 —1 Pravazspritze, um für 
Spaltung von Furunkeln, Abscessen, kleineren Phlegmonen 
eine auch in die Tiefe gehende ausreichende Anästhesie zu 
erzeugen. Man muß nach der subkutanen Injektion noch 10 Mi¬ 
nuten' warten, ehe die Wirkung erreicht ist. Die lokale An¬ 
ästhesie hält längere Zeit an. Sehr brauchbar sind die für 
diesen Zweck in den Handel kommenden zugeschmolzenen 
Glasröhrchen mit 1,3 g Aiypinlösung, die der praktische Arzt 
bequem überall mit sich führen kann. R. L. 


IV. Bücherschau. 

Klinik fiir psychische und nervöse Krankheiten. Herausgegeben 
von Robert Sommer, Dr. med. et ph.il., o. Professor an der 
Universität Gießen. V. Band, Heft 1. Halle a. S. 1910, 
Carl Mar hold Verlagsbuchhandlung. 

Das vorliegende Heft des bekannten Unternehmens ent¬ 
hält eine Reihe von Arbeiten verschiedenen Umfangs, von 
denen wir als besonders interessant hervorheben eine Mittei¬ 
lung von W. H. Becker (Weilmünster): Zu den Methoden 
der Intelligenzprüfung, Weinberg (Stuttgart): Statistik und 
Vererbung in der Psychiatrie, Berliner (Gießen): Zur 
Klinik und Pathogenese der traumatisch bedingten Epilepsie. 
Außerdem gibt der Herausgeber einen kurzen Bericht über die 
Verhandlungen der psychiatrischen Sektion des vorjährigen 
internationalen medizinischen Kongresses zu Budapest. 

Das kranke Kind und das Seeklima. Eine biologische Be¬ 
trachtung für Aerzte und Eltern. Von Dr. Helwig, Ostsee¬ 
bad Zinnowitz. Verlag P. Christiansen, Wolgast. 
103 S. 

In klarer, auch für gebildete Laien verständlicher Dar¬ 
stellung schildert der Verfasser die therapeutische Bedeutung 
der an unseren nördlichen Küstengegenden gelegenen See¬ 
bäder für kranke und schwächliche Kinder. In einem ausführ¬ 
lichen Kapitel über das Seeklima zeigt er, welche Faktoren für 
dieses im Gegensatz zum binnenländischen Klima wesentlich 
sind, ferner geht er auf die klimatischen Unterschiede zwischen 
unseren Nord- und Ostseebädern ein; er nimmt hierbei Ge¬ 
legenheit, irrige Ansichten richtigzustellen und hebt beson¬ 
ders hervor, daß eigentlich jedes einzelne Seebad ein indi¬ 
viduelles, durch seine Lage, Bodengestaltung, Bewaldung etc. 
bedingtes Klima besitzt, dessen Kenntnis durchaus notwendig 
ist, wenn für den einzelnen Fall die zweckmäßigste Wahl des 
zu verordnenden Seebades getroffen werden soll. In dieser 
Hinsicht wird viel gesündigt und dann nicht selten Schaden 
statt Nutzen gestiftet. So z. B. darf man nach Verf. die Ostsee¬ 
bäder durchaus nicht alle in einen Topf werfen und als „mild 
ansehen. Die richtige Würdigung der einzelnen klimatischen 
Faktoren bildet, wie Verf. weiter zeigt, die Grundlage der 
allgemeinen Indikationsstellung für die Seebadekuren speziell 
im Kindesalter. In Betracht kommen vorwiegend Skrofulöse, 
leichtere Tuberkulosen, Anämie, allgemein schwächliche Kon¬ 
stitution. Auch die Bedeutung der Winterkuren im Seebad, die 
neuerdings mehr und mehr in Aufnahme kommen, hebt Verf. 
hervor, ferner gibt er eingehende Anweisung über die Art der 



No. 33. 


516 _^ _ _THERAPEUTISCHE 

Ernährung, über die Kleidung, über den Gebrauch voii See¬ 
bädern durch Kinder, wobei er einen äußerst vorsichtigen 
Standpunkt einnimmt. Da der Verfasser bei seinen Dar¬ 
legungen sich nicht nur auf die allgemeine praktische Erfah¬ 
rung stützt, sondern auch auf eigene physiologische Unter¬ 
suchungen über die Wirkung des Seeklimas sich berufen kann, 
so verdient die Schrift, obwohl allgemeinverständlich abgefaßt, 
doch auch die Beachtung ärztlicher Leser, für welche sie, wie 
der Titel besagt, gleichzeitig bestimmt ist. R. L. 

Zeitschrift für Säuglingsschutz. Verlag von Georg Stilke, 
Berlin NW. 7. Preis des Doppelheftes Mk. 1,20. 

Die jetzt im zweiten Jahrgang unter der Redaktion von 
Prof. Dr. Arthur Keller erscheinende Zeitschrift bringt in 
ihrer neuesten Nummer (Doppelheft* Juni/Juli 1910) einen aus¬ 
führlichen interessanten Bericht (stenographisches Protokoll) 
über die Verhandlungen des zweiten Kongresses für 
Säuglingsfürsorge in München am 20. und 21. Mai 
1910. 

Die ärztliche Mission. Blätter zur Förderung der deutschen 
missionsärztlichen Bestrebungen. Zugleich Organ des Deut¬ 
schen Instituts für ärztliche Mission und der deutschen 
Vereine für ärztliche Mission. Herausgegeben von Dr. med. 
H. Feldmaim. 5. Jahrg. 1910. Jährlich (i Hefte mit Illustra¬ 
tionen. Preis d. Jahrg. 1,60 Mk., mit Porto 1,90 Mk. Verlag 
von C. Bertelsmann in Gütersloh. 

Von dieser Zeitschrift liegen uns die Hefte 2 und 3 des 
laufenden Jahrgangs vor, aus deren Inhalt wir nur folgende 
Aufsätze hervorheben wollen: „LTeber die Bedeutung des 
Sprachstudiums für die Missionsärzte“ von Dr. M. Schnei¬ 
der, „Stellung und Tätigkeit der Missionsärzte in unseren Ko¬ 
lonien“, „Das neue China und die ärztliche Mission“ von Dr. 
Wittenberg, „Die medizinische ärztliche Hochschule für 
christliche Frauen in Ludhiana“ von Dr. Feldma n n. — Ab¬ 
gesehen von ihrer eigentlichen Tendenz verdient die Zeit¬ 
schrift wegen des interessanten medizinisch-ethnographischen 
Materials, das sie bringt, die Beachtung ärztlicher Leser. T. 


V. Feuilleton. 

Zur Geschichte der Medizin. 

Der ärztliche Stand in Rom in den ersten Jahrhunderten 
des Kaiserreiches. 

Von 

Eduard Felix Heeger (Greifswald). 

(Schluß.) 

Die Honorare und Einnahmen gesuchter Aerzte, welche 
ihre Praxis in der Aristokratie Roms hatten, waren sehr hoch 111 ). 
Pli ui us erwähnt zweimal eines Honorars von 200 000 Se¬ 
sterzen (7250 Mark), welches für den Fall des Gelingens der 
Kur im voraus festgesetzt war; Galen erhielt von dem Kon¬ 
sularen und späteren Statthalter von Palästina Boethus für 
die Wiederherstellung seiner Gemahlin 400 Goldstücke 
(8700 Mark) 11 ). Die Gehälter der Hofärzte waren sehr hoch. 
Stertinius erwarb durch die Stadtpraxis jährlich 600 000 
Sesterzen (21 750 Mark). Crinas aus Massilia hinterließ 
10 Millionen (2175 000 Mark), nachdem er die Mauern seiner 
Vaterstadt und andere Mauern für eine kaum geringere Summe 
hatte erbauen lassen 12 ). Nicht das Anstandsgefühl der Aerzte, 
sagt P1 i n i u s , sondern allein die Konkurrenz ermäßigte ihre 
Honorarforderungen, zu deren Bewilligung sie die Kranken 
überdies oft im Augenblick der Gefahr zu bestimmen wußten; 
„das raubsüchtige Feilschen unter dem Schweben der Todes¬ 
verhängnisse“ nennt es P1 i n i u s in seiner schwülstigen 
Sprache 13 ). 

Ueber das ganze Verhalten der Aerzte dem Patienten 
gegenüber gibt Galen sehr ausführliche Vorschriften"). 

Die ärztliche Charlatanerie wurde in allen Formen geübt, 
vom bedenklichen Hinaufziehen der Augenbrauen bei den 
unbedeutendsten Fällen bis zur Ausführung von Operationen 
im Theater vor einer Menge von Zuschauern 15 ). Eine gewisse 
Oeffentliehkeit bei Ausübung der ärztlichen Praxis war aller¬ 
dings durch die Gewohnheiten des öffentlichen Lebens be¬ 
dingt. Die Aerzte erteilten ihren Rat, verkauften und ver¬ 
abreichten ihre Mittel und machten selbst Operationen in 
Buden und Läden, welche nach der Straße hin offen waren, 
und die Unwissendsten unter ihnen waren am meisten darauf 
bedacht, ihre Lokale mit elfenbeinernen Büchsen, silbernen 
Schröpfköpfen und Messern mit vergoldeten Grillen aus- 


10 ) Friedländer: 342. 
u ) Galen: XIV., p. 647. 
ls ) Plinius: N. li. XXIX., 8, 9. 

“) Plinius: N. h. XXIX., 21: F r i e d 1 ü n d e r: 344. 
”) Galen: XML. 6, 1 44 152. 

15 ) P1 u t a.r c h: De adulat. et nmiro, 32, p. 70. 


RUNDSCHAU 1910. 

zuschmücken 1 "). Epictet sagt, in Rom sei es be¬ 
reits so weit gekommen, daß die Aerzte die Patienten zum 
Eintreten ;bei sich einlüden 17 ). — Uebrigens scheinen auch 
Aerzte nicht selten in großen Hörsälen öffentliche Vorträge 
gehalten und mit Demonstrationen begleitet zu haben, wie 
Galen im Tempel des Friedens. 

Auch der Verkauf der Heilmittel, welche die Aerzte zum 
großen Teil selbst bereiteten, war für sie eine Quelle der Ein¬ 
nahme, besonders da der Glaube verbreitet war, daß die 
teuersten Mittel die wirksamsten seien. 

Die Bereitung gesuchter Medikamente wurde ohne Zweifel 
geheim gehalten. Von den Stempeln, mit welchen die Behält¬ 
nisse bezeichnet wurden, haben sich mehr als 70, zufällig sämt¬ 
lich von*Augenärzten herrührend, erhalten. Doch Plinius 
klagt, daß die Bereitung der Heilmittel, dies eigentlichste Ge¬ 
schäft der Heilkunde, bereits bei den Aerzten im Abnehmen 
begriffen sei, daß sie fertige Salben und Pflaster von Händlern 
und Fabrikanten kauften und mit schlechter Ware betrogen 
würden 18 ). Viele Aerzte mißbrauchten ihre Kunst nicht nur 
zu kosmetischen Zwecken, sondern auch zu angeblicher 
Zauberei und Giftmischerei. Andererseits war auch die Be¬ 
reitung von Gegengiften (die von vielen als Präservativ regel¬ 
mäßig gebraucht wurden) ein Gegenstand eifriger Bemühungen 
der Aerzte. 

Es ist selbstverständlich, daß ein Stand, zu welchem der 
Zutritt niemandem verwehrt wurde und dessen Mitglieder 
starken Versuchungen ausgesetzt waren, sehr viele unlautere 
Elemente enthält. Außer der Giftmischerei wurden die Aerzte 
besonders des Ehebruchs geziehen 111 ). Dazu kamen die Vor¬ 
würfe Jer Habsucht und Erpressung, der Streitsucht, des Brot¬ 
neides, der durch die Größe der zu gewinnenden Einnahmen 
in Rom mehr Nahrung erhielt, als anderwärts und nicht bloß 
gehässige Verleumdungen und Verfolgungen, sondern selbst 
Morde veranlaßte, und manche, wie Galen, aus Rom ver¬ 
trieb; endlich die Charlatanerie, die Unwissenheit und hand¬ 
werksmäßige Verachtung aller wissenschaftlichen Bildung. An 
dem Betragen der Aerzte wurde einerseits Hochmut und Grob¬ 
heit getadelt, durch die sie sich den Kranken verhaßt, anderer¬ 
seits sklavenartige Untertänigkeit, durch die sie sich verächt¬ 
lich machten 20 ). 

Auch die unaufhörlichen Neuerungen in Systemen und 
Heilmethoden (unter denen die Kaltwasserkur wiederholt in 
Rom Mode wurde, unter Nero durch Charmis aus 
Massilia), hatten zum Teil ihren Grund in dem Bestreben 
der Aerzte, Aufsehen zu erregen und Kranke anzulocken. 
Askl e pia d e s 2l )aus Bithynien, der in der letzten Zeit 
der Republik in Rom zuerst als Lehrer der Beredsamkeit auf¬ 
getreten war und sich, weil seine Einnahmen ihn nicht be¬ 
friedigten, plötzlich auf die Medizin warf, brachte es durch 
eine ganz neue, hauptsächlich auf zweckmäßiger Diät be¬ 
ruhende 'Methode, durch Akkomodation an die Launen der 
Patienten und durch unerhörte Charlatanerie dahin, daß, wie 
Plinius sagt, fast die ganze Menschheit die Gesetze be¬ 
folgte, wfelche er ihr gab, um seine Kasse zu füllen 22 ). Er be¬ 
hauptete,” Kräuter zu kennen, durch welche man Seen und 
Flüsse austrocknen, alles Verschlossene öffnen, feindliche 
Heere ini die Flucht schlagen, sich alle Dinge in Ueberfluß 
verschaffen könne usw. 23 ). 

Ueberhaupt stand die Magie mit der Medizin in 
vielfachem Zusammenhänge; sie wurde von Aerzten 
keineswegs bloß aus Charlatanerie, sondern vielleicht 
ebensooft in gutem Glauben angewendet. Gewisse Worte, 
sowohl gesprochene als geschriebene, sowie gewisse Figuren 
und Zeichen besaßen eine eigentümliche Gewalt über die Dä¬ 
monen (die alle Krankheiten bewirken sollten), und konnten 
daher vor ihnen schützen oder sie austreiben. Unter den 
Worten waren es die chaldäischen und hebräischen 
vor allem, weil sie den ältesten Völkern, den Erfindern der 
Magie, angehörten und daher den Dämonen am geläufigsten 
waren. Doch ging man sogar soweit, zu behaupten, gerade die 
unverständlichsten Worte seien die kräftigsten. Galen war 
einer der Wenigen, die sich von diesem Unsinn freihielten und 
dagegen sprachen; aber er klagt, daß er zu seiner Zeit schon 
Mode geworden sei, alle Arzeneien babylonisch oder 
ägyptisch zu benennen. Und Lucian berichtet, daß mau 
sich eine! arabischen Gedichtes zur Kur von Krank¬ 
heiten bedient habe, und daß ein angeblicher Orakelspruch 
in ganz unverständlichen barbarischen Worten als Mittel gegen 
die Pesfjan den meisten Türen der italienischen Städte an¬ 
geheftet* War. Dör Leibarzt des Kaisers Septimius Se¬ 
verus (193—211) erlangte einen besonderen Ruf durch das 


10 ) F r i e d 1 ä n d e r: 347. 

17 ) Ep ist et: III.. 23, 27. 

“) Plinius: N. h. XXXIV., 108. 

10 ) F r i e d 1 ä nder: 358. 

2 “) Galen: XIV., 600. und XIX., 15. 

21 ) Friedländer: 360. 

22 1 Plinius: N. li. XXVI., 12. 

23 ) Plinius: N. li. XXIX., 1—11; F r i e Wan d e r: 360. 

IJWIVFRSITY OF MICHIGAN 





No. 33. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


517 


Wort A b r a c a d a b r a, das er als Amulet zur Heilung des 
Fiebers gebrauchte 2 ' 1 ). Außer dem allgemeinen Glauben an 
die gute oder schlimme Bedeutung der Wochentage, an die 
geheimnisvolle Macht der Planeten und Gestirne und an die 
von diesen beeinflußten Metalle, waren ss vor allem die Edel¬ 
steine, denen man wunderbare Kräfte zutraute: der D i a - 
m ant, am linken Arme getragen, sollte gegen Gift und 
böse Geister schützen, der Smaragd die Epilepsie 
heilen, der Chrysolith die Melancholie, der Berg¬ 
kristall den Schwindel vertreiben. Es wäre ge¬ 
wiß sehr zeitgemäß, diesen heilsamen Stein 
wieder recht in die Mode zu bringen! 

Selbst diejenigen, die alle Zaubermittel verwarfen, stellten 
doch nicht leicht den Wert astrologischer Berechnungen in Ab¬ 
rede, welche besonders in Aegypten der Therapie;zugrunde 
gelegt wurden und vielen Aerzten und Nichtärzten als unent¬ 
behrlich galten. 

Die ungesunde Lage Roms ist allgemein bekannt; die 
Straßen waren eng und gewunden, die Häuser sehr hoch. 
Ganz Rom, sagt M a r t i a 1, war eine große Taberne geworden, 
alle Straßen von Händlern und Krämern, Fleischern, Schenk¬ 
wirten und Barbieren in Beschlag genommen, man sah keine 
Hausschwellen mehr. Hier hingen am Pfeiler der Schenke an¬ 
gekettete Weinflaschen, dort schwang mitten im dichtesten Ge¬ 
dränge der Barbier sein Schermesser, dampfende, ru߬ 
geschwärzte Garküchen nahmen die ganze Breite einer Straße 
ein, so daß die Prätoren gezwungen waren, durch den Kot des 
Fahrdammes zu wandeln 20 ). Die öffentliche Gesundheitspflege 
ließ daher viel zu wünschen übrig. Schon die ältesten An¬ 
siedler hatten dem Gotte des Fiebers Altäre errichtet 20 ) und 
das Fieber herrschte daselbst zu allen Zeiten endemisch. 
Hierzu kam, daß sich in einer so gedrängt wohnenden Bevöl¬ 
kerung zahlreiche schädliche Einflüsse erzeugten und fortwäh¬ 
rend vermehrten. Eine ungesunde Blässe" war die Gesichts¬ 
farbe der Städter. M a r t i a 1 27 ) schreibt an einen Freund 
D o m i t i u s, der nach Oberitalien reiste: 

Et venies albis non agnoscendis amicis 
Livebitque tuis pallida turba genis! 

Sed via quem dederit, rapiet cito Roma colorem, 

Niliaco redeas tu lizet ore nigro. 

Eine schwere Luft lagerte über der Stadt, von den Ge¬ 
rüchen unzähliger rauchender Küchen geschwängert, deren 
verpestete Dämpfe sich mit Staubwolken vermischten; sobald 
man die Stadt im Rücken hatte, fühlte man sich erleichtert 28 ). 
Im kaiserlichen, wie im republikanischen Rom haben 
große Epidemien, oft in erschreckend kurzen Zwischen¬ 
räumen einander folgend, zahllose Opfer hingerafft. Bei der 
großen Seuche im Jahre 65 nach Christus blieb kein Ge¬ 
schlecht, kein Stand noch Alter verschont, die Häuser waren 
voll von Leichen, die Straßen von Leichenzügen. In die 
Bücher der Todesgöttin Libitina wurden während 
dieses einen Herbstes 30 000 Bestattungen eingetragen. 

Auch auf den Ausbruch des Vesuv im Jahre 79 folgte 
eine verheerende Volkskrankheit in Rom, wie es kaum je eine 
gegeben hatte 2 "). Doch die furchtbarste, weil am längsten 
dauernde und am weitesten verbreitete aller Epidemien nicht 
bloß Roms, sondern der alten Welt überhaupt, ward von dem 
mit L. V e r u s aus dem Orient zurückkehrenden Heere (160) 
in den Westen eingeschleppt, wütete im ganzen römischen 
Reiche, und ergriff endlich Rom, wo sie vermutlich in den fol¬ 
genden Jahren bald schwächer, bald stärker auftretend, unter 
Commodus (180—192) mit furchtbarster Heftigkeit aus¬ 
brach. In dieser Zeit sollen in Rom an einem Tage oft 2000 
Personen gestorben sein. (Welcher Art von Seuchen die da¬ 
mals herrschende und die auch im Altertutme von Hippo- 
krates und anderen Aerzten beschriebenen angehört haben, 
läßt sich aus den Schilderungen schwer ermitteln; soviel steht 
fest, daß sie mit der Bubonenpest nichts gemein hatten 00 ). 

So zahlreiche, mannigfache und furchtbare Uebel erin¬ 
nerten auch in dem „goldenen, heiligen, ewigen“ 
Rom immer von neuem an das Wort Var ros: „Das Land 
ist göttlichen Ursprungs, die Städte von Menschenhand ge¬ 
baut“ 21 ). 


2 *) Dr. J. Möller: Zur Geschichte des Aberglaubens in der 
Heilkunde, p. 10 u. 20. Königsberg, 1872. 

20 ) Marti al: VII., 61; Friedläuder: 10. 

2Ö ) Preller: Römische Mythologie, II., 240. 

27 ) Martini: X., 12. 

28 ) Horat: C. 111.. 19. 12; Friedländer: 38. 
s0 ) Fried län der: 39. 

00 ) Hirsch: Handbuch der historisch-geographischen Patho¬ 
logie, I. > 

01 ) Varro: E. r. III.. 1, 4; Cowper Poems, London 1800. 
Vol. II., p. 41: God niade the country and man made the town; 
Friedländer: 41. 


YI. TagesgescMchte. 

Standesangelegenh eiten, Medizinal-Gcsetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Nach längerer Pause hört man wieder einmal 
von dem vor jetzt 2Va Jahren zuerst der üeffentlichkeit 
zugänglich gemachten Entwurf des Kurpfuschereigesetzes. Wie 
die „voss. Ztg.“ mitteilt, ist der abgeänderte Entwurf nach 
seiner Fertigstellung im Reichsamt des Innern nunmehr auch 
vom preußischen Staatsministerium verabschiedet worden. Die 
Vorlage werde dem Bundesrat in den nächsten Wochen zu¬ 
gehen, und es dürfe mit Sicherheit angenommen werden, daß 
der Gesetzentwurf im Reichstage nocn in diesem Jahre zur 
Vorlage gelangen wird. Die an dem ersten Entwurf geübte 
Kritik hat die Grundlage für eine Neubearbeitung der ganzen 
Vorlage gebildet. Wenn auch an ihren wesentlichen Urund- 
zügen festgehalten ist, ist doch an Einzelheiten eine ganze 
Reihe von Abänderungen vorgenommen worden. 

Leipzig. Seit Jahren sind wir gewohnt, in Schrift und 
Wort, besonaers auf Krankenkassenkongressen, die Behaup¬ 
tung zu hören, die freie Arztwahl sei schon aus finan¬ 
ziellen Gründen für die Kassen nicht annehmbar; erst 
auf dem letzten Verbandstage der Deutschen Ortskranken¬ 
kassen ertönte wieder dies alte Lied. Demgegenüber ist es 
von ganz besonderem Wert, wenn auch einmal eine Kranken¬ 
kasse für die so oft ohne sachliche Unterlagen angegriffene 
Institution Zeugnis ablegt. Dies hat vor kurzem die hiesige 
Ortskrankenkasse getan, der man gewiß keine Vorein¬ 
genommenheit für die ärztlichen Forderungen nachsagen kann, 
da sie sich im Jahre 1904 nur durch einen von der Regierung 
ihr aufgenötigten Vergleich zu Einführung der freien Arztwahl 
verstand. Diese Kasse, mit gegen 180 000 Mitgliedern und Fa¬ 
milienversicherung die größte Deutschlands, die bei einem 
Beitrag von nur 3y 2 pCt. des Einkommens die höchsten Leistun¬ 
gen bietet, hat in No. 168 der „Leipziger Volkszeitung“ eine 
scharfe Erklärung gegen die Behauptungen des Referenten auf 
dem Krankenkassentage erlassen, in der es heißt: „Dia 
Gegnerschaft gegen die gesetzliche Festlegung der freien Arzt¬ 
wahl überhebt objektive Beurteiler nicht der Pflicht der Ge¬ 
wissenhaftigkeit, die bisher unter dem System der vertrag¬ 
lichen freien Arztwahl gewonnenen Ergebnisse sachlich und 
ohne Voreingenommenheit zu würdigen, gleichviel, ob eine 
solche Würdigung den Gegnern der freien Arztwahl ä tout prix 
nun aiigenehm ist oder nicht. Es verträgt sich auch nicht mit 
den Grundsätzen der Gerechtigkeit, solche Betrachtungen ledig¬ 
lich im stillen Kämmerlein anzustellen, zumal wenn solche 
Ergebnisse im großem Umfange von großen Kassen, in diesem 
Falle von einer Kasse gewonnen werden, die gegenwärtig 
mehr als 180 000 Mitglieder exklusive der Familienangehöri¬ 
gen umfaßt. Es wäre einfach eine Pflichtversäumnis einer 
solchen Kasse, das von ihr gewonnene und für die Beurteilung 
der ganzen Arztfrage zweifellos nicht unwichtige Material der 
Ceilentlichkeit vorzuenthalten. Aus diesem Pflichtgefühl her¬ 
aus und gestützt auf die in Leipzig gewonnenen Ergebnisse 
haben Leipziger Kassenvertreter wiederholt auf Kassentagun¬ 
gen, zuletzt in Regensburg, ihrer Ueberzeugung dahin Aus¬ 
druck gegeben, daß die vertragliche freie Arztwahl, der als 
Korrelat eine sachgemäße Kontrolle der einzelnen behandeln¬ 
den Aerzte zur Seite steht, sehr wohl in Einklang gebracht 
werden kann mit den Fiuanzinteressen der Krankenkassen.“ 
Die Behauptung, daß, wenn die freie Arztwahl Bestand habe, 
dies nur auf Kosten der Mitglieder möglich sei, wird als un¬ 
begründet erwiesen. An der Hand von Zahlen wird ausein¬ 
andergesetzt, daß in Leipzig die aufgezwungene freie Arzt¬ 
wahl sich durchaus für die Kassenverwaltung und die Ver¬ 
sicherten bewährt hat, nachdem die Kasse, sich auf den Boden 
der Tatsachen stellend, ein gutes Einvernehmen mit den 
Aerzten gesucht und gefunden hat, und daß der Vorstand jetzt, 
wo der Zwangsvertrag zu Ende geht, freiwillig mit den 
Aerzten den Vertrag verlängern wolle. Die Er¬ 
klärung schließt mit den Worten: „Die Wahrheit ist, daß die 
Leipziger Ortskrankenkasse ihren Mitgliedern Leistungen 
bietet,' wie keine andere Ortskrankenkasse Deutschlands, und 
zwar trotz und mit dem jetzigen Arztsystem!“ 

Darm stadt. Im vorigen Jahrgang (S. 656. u. S. 715) 
hatten wir zu berichten, daß im Großherzogtum Hessen bei 
der zur Beratung stehenden Neuordnung der Gewcrbebesteuc- 
rung nach dem Wunsche mancher Kreise auch die Aerzte dieser 
Steuer unterworfen werden sollten. Zum Glück ist es dem 
energischen Protest der Aerzteschaft gelungen, diesen auf voll¬ 
ständiger Verkennung wesentlicher Seiten des ärztlichen Be¬ 
rufs beruhenden Bestrebungen vorerst einen Riegel vorzu¬ 
schieben. Die zweite Kammer der Landstände des Großherzog¬ 
tums Hessen hat in ihrer Sitzung vom 29. Juni d. J. den be¬ 
treffenden Passus des Regierungsentwurfes mit allen gegen 
1. Stimme in einer Fassung angenommen, nach der die Aerzte 
nicht zur Zahlung einer Gewerbesteuer herangezogen werden. 



618 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 33. 


Nur wenn, wie bei den Sanatorien, teilweise ein gewerblicher 
Betrieb vorliegt, unterliegen die Inhaber, auch wenn sie Aerzte 
sind, für den betreffenden Teil ihres Einkommens der Ge¬ 
werbesteuer. Das neue Gesetz hat zunächst eine Geltungs¬ 
dauer von 7 Jahren (es gilt von 1912 bis 1919); nach Ablauf 
dieser Zeit wird sich die jetzt erledigte Frage also vielleicht 
von ueuem erheben. 

Universitätswesen, Personal nach richten. 

Berlin. Der Privatdozent der Dermatologie Dr. Julius 
Heller, der dem Lehrkörper der Universität seit 1901 an¬ 
gehört, ist zum Professor ernannt worden und hat damit eine 
Auszeichnung erhalten, die ihm wegen seiner ausgezeichneten 
wissenschaftlichen Leistungen schon seit langem gebührte. 

— Der Chirurg Dr. M. Katzen stein hat vom College 
of Physicians in Philadelphia den Alvarengapreis für seine 
Arbeiten über den Kollateralkreislauf der Niere erhalten. 

Halle a. S. Mit dem Schlüsse des Semesters ist der 
ordentliche Professor der Ohrenheilkunde Geh. Medizinalrat 
Prof. Dr. Sch w a rtze in den Ruhestand getreten. 

Leipzig. Der außerordentliche Professor der physio¬ 
logischen Chemie Dr. Max Siegfried ist von der hiesigen 
medizinischen Fakultät zum Ehrendoktor ernannt worden. 

Jena. Der ordentliche Professor der Chirurgie und Di¬ 
rektor der chirurgischen Universitätsklinik Dr. Riedel ge¬ 
denkt aus Gesundheitsrücksichten sein Lehramt niederzulegen. 

München. Dr. W. Gilbert hat sich für Augenheil¬ 
kunde habilitiert. 

(Prag. Dr. Hans R o t k y , Assistent au der medizini¬ 
schen Klinik des Prof. v. Jaksch, hat sich an der deutschen 
Universität für innere Medizin habilitiert. 

Koloszvär (Klausenburg). Dr. Ludwig Goth hat 
die Venia legendi für gynäkologische Infektionskrankheiten 
erhalten. (So weit ist bei uns die Spezialisierung auf 
dem Gebiete des Universitätsunterrichts leider noch nicht ge¬ 
diehen! Red.) 

Wien. Dr. Artur Foges hat sich für Geburtshilfe und 
Gynäkologie habilitiert. 

Zürich. Für die Nachfolge des in den Ruhestand 
tretenden Chirurgen Prof. Dr. Krönlein hat die medizi¬ 
nische Fakultät an erster Stelle die Herren Dr. Kourad 
Brunner, Hospitalarzt in Münsterlingen und Prof. Payr in 
Greifswald, an zweiter Stelle Prof. Perthes (Leipzig) in 
Vorschlag gebracht. 


Gerichtliches. 

Berlin. Im vorigen Jahre hatte Dr. H. Lungwitz, 
damals Redakteur der „Therap. Rundschau“, in dieser Zeit¬ 
schrift über die Präparate der Firma Dr. Volkmar Klopfer 
in Dresden-Leubnitz einen Aufsatz veröffentlicht, der eine 
unberechtigte Kritik an ihnen übte und zu einer Privatklage 
des Herrn Dr. Klopfer gegen Dr. Lungwitz führte. Die 
Klage ist jedoch nicht zum gerichtlichen Austrag gekommen, 
da sich der Verklagte bereits vor dem Termin zur Abgabe 
nachstehender Erklärung bequemte: „Ich erkläre, daß ich 
die Behauptungen, die ich über die Fabrikation der Firma Dr. 
Volkmar Klopfer (Dresden-Leubnitz) in der „Thera¬ 
peutischen Rundschau“, August 1909, gebracht habe, n a c. h 
reiflicher Ueberlegung und Prüfung der 
Sachlage zurücknehme, da ich mich überzeugt habe, 
daß die Dr. Klopfer sehen Präparate die von mir erhobenen 
Vorwürfe nicht verdienen. Ich bedaure es ebenfalls, daß ich 
Herrn Dr. Klopfer durch meine Veröffentlichung beleidigt 
habe und erkläre, daß ich nicht die Absicht gehabt habe, ihm 
persönlich zu nahe zu treten. Sämtliche gerichtlichen und An¬ 
waltskosten werden von mir getragen, Dr. med. et phil. 
Lungwitz, Herausgeber der Zeitschrift „Moderne Medizin“, 
früher Herausgeber der „Therap. Rundschau“. 

Bocholt. In der vorigen Nummer hatten wir über eine 
Niederlage zu berichten, die der Leipziger Verband in 
einem gerichtlichen Streit über die Rechtsgültigkeit eines 
ihm ausgestellten Verpflichtungssciieines erlitten hat. Im 
Gegensatz dazu können wir heute einen Sieg des Ver¬ 
bandes in einer ähnlichen Angelegenheit vermelden. Ein 
jetzt in Bocholt bei den Krankenkassen angestellter Arzt 
hatte früher, vom Leipziger Verband eine Unterstützung er¬ 
halten gegen die Verpflichtung, eine gepiante Niederlassung 
dem Verband mitzuteilen und ohne dessen Genehmigung keine 
Stelle als Arzt bei einer Krankenkasse, Berufsgenossenschaft 
usw. anzunehmen. Auch war ausdrücklich festgelegt, daß die 
Genehmigung nur unter genau bestimmten Bedingungen ver¬ 
weigert werden dürfe. Als der Arzt dieser Verpflichtung zu¬ 
wider gehandelt hatte, erhob er auf die Klage des Leipziger 
Verbandes den Einwand gemäß § 138 des B. G.-B. (Un¬ 
gültigkeit eines Rechtsgeschäfts wegen Verstoßes gegen die 


guten Sitten). In der Entscheidung vom 20. Juni 1910 betont 
aber das Gericht, daß dieser Verpflichtungsschein nicht gegen 
die guten Sitten verstoße. Die Niederlassung an einem be¬ 
liebigen Orte Deutschlands sei in die freie Entschließung des 
Arztes gestellt geblieben. Er sei lediglich verpflichtet, dem 
Leipziger Verband von der geplanten Niederlassung Mitteilung 
zu machen. Die Bestimmung, daß unter genau vorgesehenen 
Bedingungen einzelne Stellen ohne vorherige Genehmigung 
nicht angenommen werden dürften, lasse die Freiheit des ärzt¬ 
lichen Berufs in ihrem Kern unberührt und betreffe nur die 
juristische Form und den wirtschaftlichen Effekt der Honorie¬ 
rung. („Voss. Ztg.“) 

Verschiedenes. 

Berlin. Die städtische Armendirektion hat mit dem Ku¬ 
ratorium des Kaiserin Auguste Viktoria-Hauses 
zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit im Deutschen 
Reiche eine vertragliche Vereinbarung getroffen, daß arme, 
der klinischen Behandlung bedürftige Schwangere, Wöchne¬ 
rinnen und Säuglinge in die genannte Anstalt aufgenommen 
und dort ärztlich auf Kosten der Armendirektion behandelt 
w 7 erden. Die Aufnahme erfolgt auf Grund von Krankenhaüs- 
Aufnahmescheinen. 

Düsseldorf. Der Verein fiir Säuglingsfürsorge im Re¬ 
gierungsbezirk Düsseldorf veranstaltet auf viel¬ 
fachen Wunsch in diesem Jahre unter Leitung des Herrn Prof. 
Schlossmann noch einen zweiten 14tägigen Kursus, der 
das gesamte Gebiet der Pathologie, Therapie und 
Hygiene des Säuglingsalters sowie die Säug¬ 
lingsfürsorge umfaßt. Als Lehrer wirken ein Teil 
der Professoren und Dozenten der Düsseldorfer Akademie, so¬ 
wie andere namhafte Kräfte mit. Der Kursus beginnt am 
3. Oktober und endigt am 15. Oktober 1910. Ausführliches Pro¬ 
gramm mit genauem Stundenplan ist durch die Geschäftsstelle 
des Vereins, Düsseldorf, Werstenerstr. 150, zu beziehen. 

C ö 1 n. Auf dem vor kurzem abgehaltenen achten rhei¬ 
nischen Gemeindetag wurde von Bürgermeistern lebhaft 
Klage darüber geführt, daß es nicht gelingen will, auf 
dem Lande Aerzte zu erhalten, da die Anstellung 
vom Leipziger Aerzteverband hintertrieben werde. Gegen 
diese Maßnahme des Leipziger Verbandes w'urde eine scharfe 
Protestresolution angenommen, die an verschiedene Ministe¬ 
rien, an den Oberpräsidenten der Rheinprovinz und an den 
leipziger Aerzteverband gesandt werden soll. Diese von uns 
der „Voss. Ztg.“ entnommene Mitteilung könnte in Laienkreisen 
den Glauben erwecken, daß der Leipziger Wirtschaftliche Ver¬ 
band aus taktischen Gründen einen Aerztemangel auf dem 
Lande herbeizuführen suche. In Wirklichkeit macht er mit 
Hilfe seines ausgezeichnet organisierten Informationsdienstes 
nur erfolgreich von seinem guten Rechte Gebrauch, die Aerzte 
von,der Niederlassung in Orten abzuhalten, die ihnen trotz viel 
verheißender Annoncen kein lohnendes Tätigkeitsfeld bieten 
können. 


VII. Amtliche Mitteilungen. 

Personalia. 

Preußen. 

Verzogen: Oberarzt Dr. C o 1 e r von Cöln und Dr. Ritter 
nach Uchtspringe, Dr. Fenne r von Gießen und Dr. Jae- 
nicke von Cöln nach Dortmund, Dr. Koehne von Gelsen¬ 
kirchen nach Hörde, Dr. Frankenberg von Göttingen 
nach Osnabrück, Dr. Schröder von Aachen nach Ham¬ 
burg und Dr. Oehler von Dresden nach Aachen, Dr. 
L i 1 i e n t h a 1 von Danzig nach Neuteich, Dr. M r o - 
czynski von Strasburg nach Graudenz, Oberstabsarzt Dr. 
Weniger von Cassel und Dr. Hahn von Wilhelmshagen 
nach Cottbus, Dr. Börngen von Lübbenau nach Breslau, 
San.-Rat Dr. Nückel von Braschen nach Lauenau, Assi¬ 
stenzarzt Wimmel von Wittenberg nach Köslin, Ober¬ 
arzt Dr. Lichthorn von Köslin nach Berlin, J. Zemke 
von Zanow nach Rummelsburg, Dr. P r e n h z e von 
Berlin und Dr. Happe von Freiburg nach Breslau, Dr. 
He'rtel von Breslau nach München, Dr. Herr mann von 
Oranienburg nach Kudowa, Dr. Rima n n von Gera und Dr. 
R o s e n o w von Berlin nach Liegnitz, Dr. P i t s c h von Bonn 
nach Sagan, Oberarzt Kröger von Sprottau nach Posen, 
Dr. Spiegel von Hannover und Dr. Spr.engeier von 
Bantorf nach Linden, Dr. Storch und Dr. Reimer von 
Lage nach Lüneburg, Dr. Steingröver von Oranienburg 
nach Worpswede, Dr. Bo ekler von Großenbuseck nach 
Wilhelmshaven, Dr. H o 11 z e r von Charlottenburg nach 
Bocholt, Dr. Fresen nach Recklinghausen, Dr. Herrn- 
johanknecht von Werne nach Bottrop. 


Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131 B., für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin. 
Verlag von Oscar Coblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Oarl Marschner. Berlin SW., Alexandrinenstrasse 110. 






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durch zahlreiche Wägungen und Beobachtungen festgestellt ist. Der Nähr¬ 
zwieback bessert die Ernährung, vermehrt die Kürperzunahme und stärkt die 
Knochen des normalen Kindes. Rachitis und Dispositionen zu Knoelienerkran- 
k untren erfahren hei längerem Gebrauch Besserung und Stillstand. Yor den 
Folgen, welche durch unzweckmäßige, unzureichende oder fehlerhafte Nahrung 
entstehen, insbesondere Drüsen. Skrophulose, bleibt das Kind mehr als durch 
jedes andere Gebäck geschützt. Der Nährzwieback ist eines der billigsten 
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33. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 33. 


PYONIN* 


D. R. Pat. 


Ueber die Versuche, welche seit längerer Zeit 
mit diesen neuen Präparaten angestellt wurden, be¬ 
richtete l)r. Hahn aus (1er Breslauer Königl. Uni- 
versitätshautklinik („Allg. Med. C.-Ztg.“ No. 32, 08): 
Als beste Anwendungsart dieser Seife hat sich uns 
ein Einreiben des mit Wasser geschlagenen Schaumes 
auf die erkrankte Haut erwiesen. Dasselbe geschieht 
so lange, bis sich die Haut mit einem Ueberzuge 
des braunen Seifenschaumes bedeckt hat. Dieser 
Ueberzug bleibt nunmehr längere Zeit auf. den er¬ 
krankten Partien, unter Umständen die ganze Nacht 
und wird dann mit warmem Wasser abgewaschen. 
Bereits einige Stunden nach der Application sieht 
man eine Rötuug und Spannung der Haut eintreten; 
bald beginnen die einzelnen Stellen sich zu schälen, 
bis schließlich nach genügender Fortsetzung der Kur 
eine kräftige Schäl Wirkung . eintritt. Dabei sind die 
häufig unangenehmen Nebenwirkungen der Schäl¬ 
pasten, starkes Brennen oder gar schmerzhaftes 
Spannungsgefühl fast garnicht vorhanden, nicht ein¬ 
mal bei der wirksamsten Form der Anwendung, die 
in mehrfachem, alle 10 Minuten etwa 4—5 mal wieder¬ 
holtem Einreiben der Seife bestand. 

Wir haben auf diese Weise eine sehr große 
Anzahl poliklinischer sowie klinischer Patienten mit 
Acne vulgaris behandelt und bald völliges Ver¬ 
schwinden, bald wenigstens eine solche Besserung 
hersteilen können, wie sie mit starken Schälpasten 
in derselben Zeit auch nicht deutlicher eingetreten 
wäre. Bei ganz besonders starken, großpustulöseu 
Acne-Eruptionen haben wir die Seife als Unter¬ 
stützungsmittel für Schälpasten angewandt, indem 
abwechselnd einen Tag für mehrere Stunden eine 
Schälpaste, den nächsten die Seife aufgetragen wurde. 


gez. Professor Dr. Neisser. 


■ii 


Seife 

Salbe 


Den seit uralten Zeiten bekannten Schwefel in wasserlöslicher Form zur 
Verwendung in der Heilkunde zu bringen, ist seit langen Jahren eifriges 
Bemühen der chemischen Großindustrie. Die Wasserlöslichkeit des Schwefels 
ist darum erstrebenswert, weil mit ihr eine bei weitem erhöhte Resorbierbarkeit 
des Schwefels verbunden ist. Wir kennen von bisherigen fein verteilten Schwefel¬ 
formen, abgesehen von dem präzipitierten, noch den kolloidalen, doch ist auch 
dieser nicht wasserlöslich. Es ist uns nun gelungen, nach einem vom Deutschen 
Reichspatentamt patentierten Verfahren, ein Präparat zu erhalten, welches den 
Schwefel nicht fein verteilt, sondern wasserlöslich enthält, und bringen dasselbe 
unter der Bezeichnuug „Pyonin-Seife“ und „Pyonin-Salbe“ in den Verkehr. 

Die inzwischen weiter ausgeführten prak¬ 
tisch - therapeutischen Versuche von Herrn 
Geheimrat Prof. Dr. Neisser selbst ergaben 
nachstehendes Resultat: 

„Die mir übergebenen Pyonin-Präparate 
wurden in der mir unterstellten Klinik und 
Poliklinik, sowie auch in meiner Privatpraxis 
längere Zeit angewendet und geprüft Ich 
kann hiernach bestätigen, daß diese nach dem 
patentamtlich geschützten (D. R. - P. 164322) 
Vei'fahren hergestellten Präparate (ich ver¬ 
weise auf die Arbeit des Herrn Dr. Hahn in 
der „Allgemeinen Medizinischen Central-Zei- 
tung“ 1908, No. 32) sich als gute brauchbare 
Schwefelpräparate erwiesen haben. Es ent¬ 
sprechen demgemäß auch die Indikationen 
und die'Anwendungsweise vollständig denen 
der an Schwefelpräparaten gemachten Er¬ 
fahrungen. Die ungemein feine Verteilung 
der Schwefelpartikelchen läßt vielleicht sogar 
auf eine Ueberlegenheit dieses Präparates 
vor gewöhnlichen Schwefel-Suspensionen und 
Salben schließen. Die reine unverdünnte 
Pymnin-Salbe enthält 66°/ 0 löslichen Schwefel; 
es entspricht demgemäß eine 15°/ 0 ige Pyonin- 
Salbe einer 10°/ 0 igen Schwefel-Salbe.“ 


Indikationen für Pyonin-Seife und Pyonin-Salbe: Acne vulgaris, Pityriasis versicolor, 
Pityriasis rosea, Nachbehandlung der Scabies, chronische Ekzeme, seborrhoische Processe, Acne rosacea. 

{ 1 Original Pyoninsalbe = 2,50 Mk. 

1 Original Pyoninseife = 1,20 Mk. 

1 Original Pyoninsalbe in Aerotube = 2,75 Mk. 

Den Herren Aerzten stehen Versuehsproben zu Diensten. 

Goedecke & Go., Chemische Fabrik, Leipzig „. Berlin N.24 

£1_ii 


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X«. 34 IV. Jahrgang; 


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des Krankenhauses eingeführt und 
auch außerhalb in geeigneten Fällen 
verordnet habe.“ 

Dr. med. F. in E.: 

„Von den Ooffeinspuren, die noch 
in Ihrem Kaffee enthalten sind, hat 
man keinerlei nachteilige, Folgen 
zu erwarten.“ 

Privatdozent Dr. L. in M.: 

„Ich muß sogar sagen, daß mir Ihr 
Kaffee aromareicher und wohl¬ 
schmeckender vorkommt als ge¬ 
wöhnlicher, coffeinhaltiger Kaffee.“ 


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Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Dr« H. Lohnstein und Dp. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernspreck-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt YI, No. 3302 


IV. Jahrgang Berlin, 30. August 1910 


Xo. 34 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nirlit 8 Tage tot Quartalsschluss nbbcstellt sind. Inserate 
werden fiir die 4gosp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Neisser: Ueber das 
neue Ehrl ic lisclie Mittel. — Kalb: Ueber eine neue Spirochäten¬ 
färbung. Müller: Neues Vorfahren zur frühzeitigen Diagnose 
und Verhütung der Lungenblutungen. — Bittner: Beitrag zur 
Röntgendiagnose bei Pneumonie. — Boos, Newburgh und 
Marks: Erfahrungen mit Digipuratum. — Smith: Ein Fall 
von lange bestehendem kardialen Hydrops, der mit Digipuratum 
und Diuretin behandelt wurde. — Jagic und Neukirch: Ueber 
das Auftreten großer mononukleärer ungranulierter Zellen im 
Blute chronischer Myelämien. — Morawitz: Untersuchungen 
über Chlorose. — Stierlin: Der Einfluß des Sennainfuses auf 
die Verdauungsbewegungen beim Menschen. — Vorpahl: Ueber 
einseitige orthostatische Albuminurie. — Doeven speck: 
JuveDileMuskeldystrophie infolgeUeheranstrengung.-Kuckro: 
Einige seltene Fälle von chronischer Chorea. — Bürker: Eine 
neue Theorie der Narkose. — Kutscher: Zur Frage der Steri¬ 
lität der Novacain-Suprarenintabletten. — Kausch: Zur Jod- 
tinkturdesinfektion nach Grossich. — Langemak: Zur Hände- 
desinfektion. — Hoffmann: Die Ursachen der Bauchdecken- 
spannung. — v. Bökay: Ueber die chirurgische Behandlung 
des chronischen und angeborenen Hvdrocephalus internus des 
Kindesalters. — Flörcken: Zur Behandlung tabischer Krisen 
mit Resektion der hinteren Wurzeln — Codivilla: Ueber die 
Förster sehe Operation (Resektion der hinteren Nervenwurzeln) 
bei der spastischeu Paralyse. — Kafemann: Ueber eine 
wichtige Verwendungsmöglichkeit der Elektrolyse in den oberen 
Luftwegen im Anschluß an einen geheilten Fall von Epithelial- 
carcinom der Basis cranii. — Süssmann: Doppelseitige Tubar- 
schwangerschaft. — Hofmeier: Zur Behandlung der Placenta 
praevia. — Russo: Styptol in der Frauenpraxis. — Marx: 
Ueber eine seltene rhinologische Ursache von Epiphora. — 


Prof. A. Neisser (Breslau): Ueber (las neue Ehrlichsche Mittel. 

(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 26.) 

Verfasser berichtet in einem „offenen Brief an den Heraus¬ 
geber“ ganz kurz über seine bisherigen Ergebnisse mit dem 
Dioxydiaminoarsenobenzol bei der Syphilisbehandlung. Zu¬ 
nächst konstatiert er, daß das neue Mittel eine überraschende 
Einwirkung auf die Spirochäten wie auf die Syphilisprodukte 
selbst ausübt. Die Spirochäten verschwinden in vielen Fällen 
schon nach 24—48 Stunden aus Primäraffekten und Condylomen, 
in denen sie vor der Darreichung reichlich vorhanden waren. 
Ein Beweis für die direkte Einwirkung der Substanz auf die 
Spirochäten ist nach Verfasser in dem Auftreten ganz besonders 
deutlicher örtlicher Herxheimer scher Reaktionen um 
maculöse und papulöse Effloreszeuzen herum zu erblicken. 
Primäraffekte, papulöse Syphilide, speziell ulceröse Prozesse, 
besonders der malignen Syphilis gehen in vielen Fällen so 
rapide zurück, daß über die Spezifizität des Mittels kein Zweifel 
herrschen kann. Jedoch wird nach Verf. eine wirkliche Aus¬ 
tilgung der Syphilis nur in wenigen Fällen erreicht; Verf. hat 
nur in etwa 10 pCt. der mit dem Mittel behandelten Fälle ein 
Umschlagen der positiven W a s s e r m a n n sehen Reaktion in 
die negative gefunden. Auch Rezidive sind beobachtet worden. 
Dies liegt möglicherweise daran, daß die bisher von Verf. an¬ 
gewendete Dosis zu klein ist, er hat höchstens 0,4 eingespritzt. 
Wenn irgend möglich, macht er die Einspritzung intravenös. 
Im Anschluß an diese entstehen allerdings manchmal Tempe¬ 
ratursteigerungen bis 39,5° und Erbrechen;*jedoch gehen diese i 
Erscheinungen nach wenigen Stunden zurück. Die intramusku¬ 
lären Injektionen machen dagegen, da das Präparat stets in 
ziemlich bedeutenden Quantitäten einer stark alkalischen 
Lösung (mindestens 20 ccm) eingespritzt werden muß, in den 
meisten Fällen erhebliche örtliche Schmerzen und harte Infil- | 
träte, Erscheinungen, die in 6—8 Tagen zurückgehen. Verf. 
glaubt, daß das Mittel bei ganz frischen Fällen imstande 
ist, die Syphilis wirklich im Keime zu ersticken. Bei schweren 
ulcerösen Fällen wird man wahrscheinlich viel schneller eine 
Heilung erzielen als bisher mit Quecksilber und Jod. In vielen 
Fällen wird man langwierige Quecksilberkuren durch eine ein¬ 


jung: Ein Beitrag zu den’Beziehungen zwischen Sehnerven¬ 
entzündung und Nasenerkrankung. — Ohly: Die Anwendung 
der Sedativa bei Augenoperationen. — Busse: Beitrag zur 
Tuberkulinbehandlung bei tuberkulösen Augenerkrankungen. — 
Davids: Ueber metastatische Conjunctivitis bei Gonorrhoikern. 
— Thiemich: Ueber die Leistungsfähigkeit der menschlichen 
Brustdrüse. — Brüning: Ueber Kropfblutungen. —Lorand: 
Ursachen der Schläfrigkeit und Schlaflosigkeit. — Hunt und 
Seidell: Studien über die Schilddrüse. — Schneider: Beitrag 
zur Organtherapie der postoperativen Tetanie. — Hart und 
Nordmann: Experimentelle Studien über die Bedeutung der 
Thymus für den tierischen Organismus. — Rössle: Beiträge 
zur Pathologie der Nebennieren. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 13. Juli 1910. 

III. Therapeutische Notizen. Read: Ueber die Behandlung 
der akuten Gonorrhoe mit Santyl. — Galler: Ueber Veronal- 
natrium bei Seekrankheit. — Reif: Ueber die Anwendung von 
Dionin. 

IV. Bücherschau. Erben: Handbuch der Sachverständigen¬ 
tätigkeit. Die Vergiftungen. — Rin gier: Leiden und Freuden 
eines Landarztes. — Davidsohn: Ueber den derzeitigen Stand 
der Frage der Radiumemanation. — Bäumer: Aeltere und 
neuere Methoden der Quecksilberbehandlung. — Sarason: 
Jahreskurse für ärztliche Fortbildung. 

V. Feuilleton. Rahow: Dr. David Gruby. 

VI. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizin al-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Ver¬ 
schiedenes. 

Personalia. 


malige oder wenigstens ganz selten zu wiederholende Injektion 
des Dioxydiaminoarsenobenzols ersetzen können. Endlich hat das 
neue Mittel seinen Platz bei allen Syphilisfällen, die entweder 
sich refraktär gegen Quecksilber verhalten oder bei denen 
wegen Quecksilberidiosynkrasie die Hg-Behandlung überhaupt 
nicht durchführbar ist. 

Dr. Richard Kalb (Frankfurt a. M.): Ueber eine neue Spiru- 
chätenfärbung. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 26.) 

Verfasser verwendet zur Darstellung der Spirochäten ein 
Gemisch von Eosin und Triacid: Eosin B. A. 0,5, Alkohol 
(70 proz.) 50, Triacid 30. Triacid enthält bekanntlich Methvl- 
grün, Säurefuchsin und Orange. Die fertige Lösung muß klar 
sein und darf keine Niederschläge oder sonstigen corpus- 
culären Elemente enthalten; vor dem Gebrauch empfiehlt es 
sich, die Farblösung zu schütteln. Das Untersuchungsmaterial 
entnimmt Verfasser auf folgende Weise: Bei nässenden Papeln 
genügt es, dieselben ein wenig mit einem Tupfer zu reiben, 
das aussiekernde Serum wird dann auf einen Objektträger 
gleichmäßig aufgetragen. Verdächtige Ulcera, Erosionen etc. 
werden zuerst mit einem scharfen Löffel abgekratzt, das Blut 
mehrmals abgetupft, hierauf eine Glocke angesetzt lind so lange 
getupft und gesaugt, bis das Serum leicht blutig ist. Das Präpa¬ 
rat wird durch die Flamme gezogen oder man kann es luft¬ 
trocken werden lassen. Dünne, nur Reizserum ohne Blut ent¬ 
haltenden Präparate müssen vorher gut fixiert werden, weil 
sonst der Ausstrich nicht haftet. Ist jedoch ein wenig Blut bei¬ 
gemengt, so fällt die Fixierung aus. Nun werden einige Tropfen 
der angegebenen Farbstofflösung mit einem Tupfer aufgetragen, 
das Präparat 1—2 mal zum Aufdampfen über der Flamme kurz 
erhitzt. Das so behandelte Präparat wird zuerst mit Wasser, 
dann mit einer größeren Menge schwacher Essigsäure (1 Teil 
Essigsäure auf 10 Teile Wasser) 2—3 mal vom Rande vorsichtig 
übergossen. Nach einmaligem Uebergießen kann man mit der 
Konzentration steigen. Bei Präparaten, die dicker aufgetragen 
sind oder viel Blutbeimengungen enthalten, wird man noch 
mehr mit Essigsäure nachbehandeln und einige Tropfen Alko¬ 
hol abs. kurz einwirken lassen. Man kann jedes Präparat 
eventuell zur Klärung mit 20 proz. wässeriger Tanninlösung 
differenzieren. Das Präparat wird dami zwischen Filtrier^ 


. I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 


VII. Amtliche Mitteilungen. 













520 


No. 84. 


THERAPEUTI SCHE 

papier getrocknet. Das Präparat ist, wenn es gelungen ist, 
klar und muß rosarot bis blaßrot erscheinen, speziell am 
Rande. Die Bakterien und Spirochäten erscheinen weiß (un¬ 
gefärbt), während der Untergrund rötlich bis blaßrot gefärbt 
ist. Ist das Präparat überfärbt, d. h. sind die Spirochäten durch 
Farbe verdeckt oder rotgefärbt und dadurch schwer zu sehen, 
so muß man nach der oben angegebenen Art noch weiter nach¬ 
behandeln. — Die Vorteile dieser Methode sind die kurze 
Dauer (V2 —1 Minute) und die leichte Anfertigungsart. R. L. 

Dr. Wilhelm Müller, dirigir. Arzt der Lungenheilanstalt Tätra- 
häza: Neues Verfahren zur frühzeitigen Diagnose und Ver¬ 
hütung der Lungenblutungen. (Wiener medizin. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 29.) 

Die Symptome, welche den tuberkulösen Lungenblutungen 
vorangehen, sind meistens so wenig charakteristisch, daß man 
eine eintretende Lungenblutung darauf nicht begründen kann. 
So war man bisher nicht in der Lage, prophylaktisch einzu¬ 
greifen. d. h. solche Maßregeln zu treffen, durch die eine Blutung 
verhindert oder wenigstens hinausgeschoben werden konnte. 
Verfasser ist es gelungen, den drohenden Eintritt von Lungen¬ 
blutungen durch Blutdruckmessungen vorherzusagen. Vor 
jeder Blutung kann man die Erhöhung des Blutdruckes regel¬ 
mäßig feststellen. Wenn die tonometrischen Messungen auf 
eine Zunahme des Blutdruckes, d. h. auf eine nahe bevorstehende 
Hämoptoe hinweisen, so muß der Kranke vollständige körper¬ 
liche und psychische Ruhe haben, im Bette bleiben und Medi¬ 
kamente nehmen (Digitalis und Morphin). Diese Behandlungs¬ 
methode wird solange fortgesetzt, bis die Messungen die Er¬ 
niedrigung des Blutdruckes zeigen, und somit die Gefahr eines 
Bluthustens nicht mehr vorhanden ist. Durch dieses Verfahren 
vermochte Verfasser in 98 pCt. der Fälle die Blutungen zu ver¬ 
hindern. 

Med.-Stud. J. Bittner, Demonstrator der deutschen medizin. 
Klinik in Prag: Beitrag zur Rönlgenrtiagnosc bei Pneumonie. 
(Prager medizin. Wochenschrift, 1910, No. 29.) 

Die vom Verfasser mitgeteilte Krankengeschichte zeigt 
ganz eklatant, daß die radiologische Untersuchungsmethode 
nicht blos eine sichere Diagnosenstellung — Beweis hierfür 
ist die Kongruenz zwischen dem klinischen und anatomischen 
Befunde —, sondern auch unter Umständen eine sichere Pro¬ 
gnosenstellung ermöglicht Die pneumonische Infiltration 
setzte im Unterlappen der linken Lunge ein. begann nach dem 
Befunde am Röntgenschirm alsbald an Intensität abzunehmen, 
um auf den Mittellappen der rechten Lunge überzugreifen, ohne 
daß mit Hilfe der physikalischen Methoden eine diesbezügliche 
Veränderung nachzuweisen gewesen wäre. War die Prognose 
bis zu dem Augenblicke, so lange der Prozeß auf den Unter¬ 
lappen der linken Lunge beschränkt blieb, immerhin noch 
zweifelhaft, so wurde sie in dem Momente, in dem am Röntgen¬ 
schirm bereits die Veränderungen an der rechten Lunge nach¬ 
gewiesen werden konnten, gewiß infaust, und der spätere 
physikalische Befund und der weitere Verlauf der Krankheit 
konnte nur noch die Bestätigung hierfür sein. K r. 

Dr. W. F. Boos, Dr. L. II Newburgh und Dr. H. K. Marks 
Massachusetts, General Hospital): Erfahrungen mit Digipu- 
ratum. (The Boston Medical and Surgical Journal, 1910. 
No. 6.) 

Digipuratum, ein physiologisch eingestelltes Digitalis¬ 
blätterextrakt, das von den Substanzen frei sein soll, die Magen- 
und Darmstörungen verursachen, wurde in 20 zum Teil ziem¬ 
lich schweren Fällen von Herzleiden an den beiden medizini¬ 
schen Abteilungen des Massachusetts General Hospital ge¬ 
braucht. Das Mittel schien schneller als irgend ein anderes 
internes Digitalispräparat zu wirken, da die Kompensation in 
vielen Fällen schon nach vier Tagen eingetreten war. Das 
Digipuratum wurde von allen Patienten gern genommen und 
rief niemals die geringsten Magen- oder Darmstörungen hervor. 
Der Einfluß auf die Diurese wird besonders hervorgehoben. 
Trotzdem das Mittel in großen Dosen wiederholt wurde, traten 
doch keine Vergiftung'serscheinungen infolge Kumulation ein, 
in den wenigen Fällen, in denen Digipuratum versagte, wurden 
auch alle • anderen Mittel ebenfalls ohne Erfolg angewandt. 

— 1 . 

Dr. W. H. Smith: Ein Fall von lange bestehendem kardialen 
Hydrops, der mit Digipuratum und Diuretin behandelt 

wurde. (The Boston Medical and Surgical Journal, 1910, 
No. 6.) 

Ein 67 jähriger Patient bekam vor sechs Monaten allmäh¬ 
lich zunehmende Dyspnoe, Schwindel und geschwollene Beine, 
seit fünf Monaten hat er Orthopnoe, Husten und zeitweilig 
Blutspeien. Dyspnoe und Orthopnoe waren drei Tage vor der 
Einlieferung auf dem Höhepunkt. Bei seinem Eintritt in die 
Anstalt litt er an Arteriosklerose, deutlicher Kompensations¬ 
störung, Hydrcthorax, Ascites und starken Oedemen der Beine. 


RUNDSCHAU 1910, 

Blutdruck 185, Temperatur 34,8“ C., Puls 95, Atmung 50. Er 
erhielt Digipuratumtabletten in fallenden Dosen, den ersten 
Tag vier, am zweiten und dritten Tag je drei und dann die 
folgenden Tage zwei Tabletten. Die Urinmenge, die anfangs 
verhältnismäßig klein war, stieg am vierten Tag auf 5,380 1. 
Damit trat eine deutliche Besserung m seinem Befinden ein, 
die Oedeme der Beine verschwanden, die Herztöne wurden 
lauter, obgleich der Rhythmus nur wenig geändert wurdfe. 
Leider kann man nicht sagen, daß diese ausgesprochene 
schnelle Besserung auf Digipuratum allein zurückzuführen ist, 
da er vom dritten Tag an alle vier Stunden 1 g Diuretin er¬ 
hielt. Nach seiner Entlassung erhielt Patient noch einige Zeit 
Digitalis. K. 

N. v. Jagic und P. Neukirch (Wien): Ueber das Auftreten großer 
mononuldeärer ungranulierter Zellen im Blute chronischer 
Myelämien. (Berl. klin. Wochenschr., 1910, No. 19.) 

Zusammenfassung: 

1. Neben typischen Myeloblasten (Naegeli) treten im 
Blute mit Röntgenstrahlen behandelter Fälle von chronischer 
myeloischer Leukämie große ungranulierte mononukleäre 
Zellen auf, die die Kriterien der Myeloblasten (Oxydasenreak- 
tion, Basophilie des Protoplasma, Nukleolen u. a.) nicht auf¬ 
weisen. 

2. In eben diesen Fällen findet sich im Blute nach mehre¬ 
ren Bestrahlungen neben vermehrten, nach allen Methoden 
ungranulierten Zellen, auch eine überwiegende Anzahl solche]', 
die mit Triacid und nach Romanowsky in der gewöhnlichen 
Weise distinkte Granula aufweisen, die jedoch die Oxydasen- 
reaktion entweder ganz vermissen lassen oder nur in verringer¬ 
tem Maße zeigen. 

3. Verff. fassen diesen Vorgang des Verlustes der Oxydasen- 
reaktion als funktionelle Schädigung (Oxydasenschwund) der 
Granulocyten auf. In weiterer Folge der Schädigung tritt dann 
auch morphologisch vollkommener Granulaschwund auf. 

4. Die Beobachtungen der betr. Fälle lassen einen Zu¬ 
sammenhang der Röntgenbestrahlung mit der erwähnten 
Schädigung der Granulocyten möglich erscheinen. 

5. Eine stete Kontrolle des Blutbildes auch mit Hilfe der 

Oxydasenreaktion während der Röntgenbestrahlung ist um 
Ueberstrahlungen zu vermeiden, zu empfehlen. K r. 

Prof. P. Morawitz (Freiburg i. B.): Untersuchungen über Chlo¬ 
rose. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 27.) 

Verfasser hat an einer Anzahl von chlorotischen Mädchen 
gefunden, daß der Hämoglobingehalt des Blutes meist nur wenig 
herabgesetzt ist, er liegt fast immer über 80 pCt.; trotzdem sind 
die subjektiven Beschwerden oft ziemlich schwere. Diese aus¬ 
gesprochenen Fälle von Chlorose mit normalem oder nahezu 
normalem Blutbefund werden durch Eisen ebenso günstig be¬ 
einflußt wie Chlorosen mit deutlicher Anämie. Die 'Anämie 
ist also nicht das Kardinalsymptom der Chlorose, das alle 
übrigen beherrscht, sondern nur ein Symptom unter anderen. 
Menstruationsstörungen, Nonnensausen. Wasserretentionen bei 
Chlorose sind nicht immer von einer Anämie abhängig, eben¬ 
sowenig die Mehrzahl der subjektiven Erscheinungen. Es ist 
nach Verfasser nicht bewiesen, ja sogar unwahrscheinlich, daß 
die heilende Wirkung des Eisens bei Chlorose als Reizwirkung 
auf die blutbildenden Organe, speziell als Reiz für reichlichere 
Hämoglobinbildung zu deuten ist. Die Nutzlosigkeit des Eisens 
bei fast allen nicht chlorotischen Anämien (im Gegensatz zum 
Arsen) spricht, abgesehen von anderen Beobachtungen, gegen 
die Existenz einer solchen Reizwirkung. Der Angriffspunkt 
des Eisens bei Chlorose ist wohl überhaupt nicht allein in den 
blutbildenden Organen zu suchen, sondern an der noch unbe¬ 
kannten Wurzel des gesamten Krankheitsbildes der Bleich¬ 
sucht. 

Dr. Eduard Stierlin (Basel): Der Einfluß des Sennainfuses auf 
die Verdauungsbewegungen beim Menschen. (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 27.) 

Verfasser untersuchte mittels Röntgenaufnahmen die Ein¬ 
wirkung des Sennainfus auf die Darmbewegung. Versuchs¬ 
personen waren drei Knaben von 8, 9 und 10 Jahren, welche 
eine normale Verdauung und gewöhnlich einmal täglich Stuhl¬ 
gang hatten.. Die Knaben bekamen morgens nüchtern 20 g 
Bismut. carbonic. in 400 ccm Wasser; es wurden bei jeder Ver¬ 
suchsperson Aufnahmen erst bei gewöhnlicher Lebensweise, ein 
zweites Mal nach Einnahme von Sennainfus gemacht. Der Ver¬ 
gleich beider Serien ergab folgende Tatsachen: Das Sennainfus 
wirkt beim Menschen im wesentlichen nur auf die Dickdarm¬ 
peristaltik, auf Magen- und Dünndarmperistaltik hat es keinen 
oder nur einen ganz unbedeutenden Einfluß. Die Wirkung auf 
den Dickdarm besteht darin, daß erstens, sobald das Senna¬ 
infus in Coecum und Colon ascendens eingetreten, eine Ent¬ 
leerung fast des gesamten Coloninhalts stattfindet, zweitens 
diese Entleerung sich ein bis mehrere Male wiederholt, so 
lange noch Senna im Darm vorhanden resp. ins Coecum über- 




No. 34. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


521 


tritt. Das Verharren des Chymus in Coecum und Colon ascen- 
dens, das physiologischerweise zum Teil bis 24 Stunden und 
länger dauert, fällt unter der Einwirkung des Sennainfus weg. 
Das Sennainfus hebt also, wie es Magnus radioskopisch bei 
Katzen nachgewiesen hat, die sehr wahrscheinlich auch dem 
menschlichen Colon ascendens physiologisch eigentümliche 
Antiperistaltik auf. Man kann demnach, sagt Verf., das Senna¬ 
infus als ein ideales Abführmittel bezeichnen. R. L. 

Dr. Kurt Vorpahl, Assistent der inneren Abteilung des städti¬ 
schen Krankenhauses Stettin: Ueber einseitige ortho- 
statische Albuminurie. (Berlin, klin. Wochenschrift, 1910, 
No. 18.) 

Verfasser reiht den grundlegenden Untersuchungen 
J e h 1 e s eine Beobachtung an, die eine Abweichung vom 
•fehle sehen Typus darstellt und dennoch gerade in ihrer 
Eigenart die Auffassung der Albuminurie durch diesen Autor 
bestätigt. Es handelt sich um ein 12 jähriges Mädchen. Seit sechs 
Monaten klagte es oft über Kopfschmerzen, Schmerzen im 
Rücken, Gliederschmerzen, Mattigkeit und schlechten Appetit. 
Vor etwa einem Jahre hatte die Mutter zum ersten Male eine 
Rückgratverbiegung bei dem Kinde bemerkt, die sich im Laufe 
der Zeit verschlimmerte. Die Harnuntersuchungen führten zur 
Diagnose einer echten orthostatischen Albuminurie. Das Haupt¬ 
interesse nahm die krankhafte Form der Wirbelsäule in An¬ 
spruch. Es war eine erhebliche habituelle Skoliose vorhanden. 
Wie gewöhnlich bei dieser Form der Skoliose bestand die Ver¬ 
krümmung in einer linkskonvexen Lumbalskoliose und einer 
kompensatorischen rechtskonvexen Dorsalskoliose. Es lag 
nahe, im. Hinblick auf die J e h 1 e sehen Untersuchungen diese 
Skoliose zu der vorhandenen orthostatischen Albuminurie in 
ursächliche Beziehungen zu bringen. Um sich darüber Klar¬ 
heit zu verschaffen, ob die Skoliose nicht bloß ein an sich 
wirkungsloser Nebenbefund sei, während die Lordose, wenn 
sie auch nur gering war, möglicherweise doch die eigentliche 
Ursache der Albuminurie sein konnte, suchte Verf. festzu¬ 
stellen, ob die Skoliose bei gänzlicher Ausschaltung der Lor¬ 
dose allein imstande sei, Albuminurie zu erzeugen. Geeignet 
zur Beantwortung dieser Frage schien Verfasser die sitzende 
Stellung, bei der die lordotische Krümmung völlig wegfiel, 
während die skoliotische keine sichtbare Aenderung erlitt. In 
der Tat gab nach halbstündigem Sitzen der vor dem Versuch 
eiweißfreie Urin deutliche Eiweißreaktionen, ein Beweis, daß 
in diesem Falle die Lordose nicht, oder doch gewiß nicht allein 
die Albuminurie hervorrief. Vielmehr war das Auftreten von 
Eiweiß im Ham von dem Vorhandensein der Skoliose ab¬ 
hängig, entsprechend der stehenden und sitzenden Körper¬ 
haltung; das Eiweiß fehlte im Urin bei horizontaler Lage und 
bei Suspension an den Armen, wobei die Skoliose ausgeglichen 
würde. Von weit größerem Interesse war aber die Prüfung 
folgender Frage: Wenn bei der vorliegenden Albuminurie 
analog den J e h 1 e sehen Fällen eine statische Ursache im 
Spiele war, so lag es nahe, daran zu denken, daß die hier vor¬ 
handene Skoliose eine einseitige Wirkung ausübte, so daß 
möglicherweise nur die eine Niere albumenhaltigen Harn aus¬ 
schied, die andere nicht. Um dies zu prüfen, wurde bei dem 
Kinde der doppelseitige Ureterenkatheterismus vorgenommen, 
nachdem vorher durch fünfminutenlanges Stehen eine deut¬ 
liche Albuminurie herbeigeführt worden war. Das Ergebnis 
war, daß der Urin der linken Niere völlig eiweißfrei war, daß 
dagegen der Urin der rechten Niere deutliche Eiweißreaktionen 
aufwies. J e h 1 e nimmt als direkte Ursache der lordotischen 
Albuminurie eine statisch bedingte Stauung im Nierenkreislauf 
an, und zwar gilt als selbstverständliche Voraussetzung die 
Doppelseitigkeit dieser Albuminurie, wie das bei der gerad¬ 
linigen Lordose ohne weiteres einleuchtet. Verfassers Beob¬ 
achtung einer einseitigen Albuminurie bei dem skolioti- 
schen Kinde scheint nun für die Frage des Zustandekommens 
der orthostatischen Albuminurie nicht ohne Bedeutung zu sein. 
In erster Linie bestätigt dieser Fall, so eigenartig er an sich 
ist, die Annahme von J e h 1 e , daß die gewöhnliche Ursache 
der orthostatischen Albuminurie in einer abnormen Gestalt 
der Wirbelsäule zu suchen ist, daß mithin die Albuminurie von 
rein statischen Störungen abhängig ist. In seinen Fällen be¬ 
wirkte das Auftreten der Lordose in dem vorliegenden Falle 
das Auftreten der Skoliose den Eintritt der Albuminurie, die 
dagegen nach dem Ausgleich der Wirbelsäule zur normalen Ge¬ 
stalt auch in orthotischen Haltungen, verschwindet. Gerade 
aber die Einseitigkeit der Albuminurie spricht mit für die 
Richtigkeit der Annahme einer statischen Störung und gegen 
die Annahme einer funktionellen Nierenschädigung; denn die 
skoliotische Wirbelsäule kann ihre albuminurieerzeugende 
Wirkung, falls diese mechanischer Natur ist, nicht auf beide 
Nieren in gleicher Weise ausüben, sondern es wird nur eine 
Niere unter ihrer Wirkung leiden, da sie ja der einen Niere 
ihre konvexe, der anderen ihre konkave Seite zuwendet. .Es 
bleibt jedoch noch zu erklären, in welcher Weise die skolio¬ 
tische Wirbelsäule auf die eine Niere wirkt. Nach Verfasser 
ist es durchaus denkbar, daß die skoliotische Wirbelsäule an 


den Gefäßen (Arterie und Vene) derjenigen Niere, welche auf 
ihrer konkaven Seite gelegen ist, nicht unerheblich zerrt. Diese 
Zerrung kann eine Zirkulationsstörung zur Folge haben, sei es, 
daß sowohl in der Arterie, wie in der Vene der Zufluß bezw. 
Abfluß behindert wird, oder sei es, da hauptsächlich in der 
widerstandslosen Vene der Blutabfluß gehemmt wird. Daß 
aber Zirkulationsstörungen in der Niere, sowohl im Sinne einer 
Anämie, als auch im Sinne einer Stauung zur Eiweißaus¬ 
scheidung führen, ist bekannt. K r. 

Dr. Doevcnspeck (Essen a. Ruhr): Juvenile Muskeldystrophie 
infolge Ueberanstrengung. (Münch, med. Wochenschrift, 

1910, No. 26.) 

Verfasser berichtet über einen Fall von juveniler Muskel¬ 
dystrophie vom Erb sehen Typus bei einem 25 jährigen Tage¬ 
löhner, bei welchem wesentlich die Brustschulteroberarm- 
muskulatur beiderseits betroffen war. Das Bemerkenswerte 
des Falles besteht darin, daß als einzige wesentliche Ursache 
Ueberanstrengung ermittelt wurde; der Patient mußte als 
14 jähriger, schwächlicher, schlecht ernährter Knabe über ein 
Jahr lang mit dem Dreschflegel dreschen oder die Dresch¬ 
maschine drehen; danach fing dann das Leiden an, sich zu ent¬ 
wickeln, so daß er diese Arbeit aufgeben mußte. Die Dystro¬ 
phie ist anscheinend seit dem 15. Lebensjahr stationär ge¬ 
blieben. R. L. 

Dr. Kuckro, Assistent der I. inneren Abteilung des städtischen 
Krankenhauses Friedrichshain in Berlin: Einige seltene 
Fälle von chronischer Chorea. (Medizin. Klinik, 1910, 
No. 25.) 

Verfassers Mitteilung findet ihre Rechtfertigung in der 
Seltenheit dieser Erkrankung. Die Fälle boten außerdem 
mancherlei Besonderheiten dar und zeigten bemerkenswerte 
Abweichungen von dem gewöhnlichen Krankheitsbilde. Den 
chronischen Fällen schickt Verf. die Krankheitsgeschichte einer 
Chorea voraus, die zw'ar nicht dauernd bestand, aber sehr 
häufig rezidivierte und durch positiven Babinski interessant 
war. Der Babinskische Reflex deutet darauf hin, daß 
die Chorea doch in gewissem Sinne als Herderkrankung anzu¬ 
sprechen und jedenfalls als eine organische Erkrankung anzu¬ 
sehen ist. Interessant ist noch, daß ein Bruder dieses Patienten 
zu gleicher Zeit auf der zweiten dimeren Abteilung des 
Krankenhauses Friedrichshain mit Chorea minor lag und eben¬ 
falls linksseitigen, allerdings nicht immer auslösbaren, 
Babinski aufwies. Eine echte Herderkrankung als Ursache 
der Chorea zeigt der zweite Fall, bei dem im Anschluß an eine 
vor drei Jahren erfolgte Apoplexie eine Hemichorea dextra 
auftrat. Den Herd muß man im linken Thalamus opticus oder 
im Brückenarm vermuten. Der dritte Patient bot ein Krankheits¬ 
bild dar, das infolge des akuten Beginns und ganzen Verlaufs 
äußerst eigenartig ist. Hier trat der Veitstanz im sechsten 
Lebensjahr ganz apoplektiform auf und bestand ohne Unter¬ 
brechung bis ins höhere Lebensalter. Um die von H u n t i n g - 
t o n zuerst beschriebene hereditäre Chorea handelte es sich 
nicht; denn es fehlt vollkommen das Moment der Heredität. 
Diesen chronischen Fällen ohne Erblichkeit in der Familie 
fügt Verfasser noch zwei weitere hinzu. Der eine betrifft einen 
62 jährigen Schuhmacher, bei dem die Erkrankung vor etv'a 
20 Jahren begann. Zuerst stellten sich Zuckungen und Unruhe 
in den Beinen ein, allmählich wurde aufsteigend der ganze 
Körper befallen. Seit zehn Jahren kann Verfasser sein Hand¬ 
werk nicht mehr ausüben. Irgendeine Ursache für diesen 
chronischen Veitstanz war nicht zu eruieren. Der andere Fall 
betrifft einen 45 jährigen Schriftsetzer. In diesem Fall trat das 
Leiden mit 42 Iahren auf; ein Jahr vorher hatte Bleikolik und 
Bleilähmung bestanden. Als ursächliches Moment ist wahr¬ 
scheinlich, da Heredität mit Sicherheit nicht vorhanden ist, die 
chronische Bleiintoxikation anzusehen. Einen analogen Fall 
hat Verfasser in der Literatur nicht gefunden. K r. 

Prof. Dr. K. Bürker (Tübingen): Eine neue Theorie der Nar¬ 
kose. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 27.) 

Verfasser stellt, ausgehend von den Theorien von 
H. Meyer und Overton, sowie von Verwora folgende 
modifizierte Theorie der Narkose auf: Die Narkose kommt da¬ 
durch zustande, daß sich zunächst das Narcoticum seiner großen 
Lipoidlöslichkeit wegen insbesondere im Nervensystem an¬ 
häuft. Diese Anhäufung allein aber genügt nicht, es kommt 
vielmehr zur chemischen Reaktion, indem das Narcoticum den 
aktiven Sauerstoff der nervösen Substanz mit Beschlag belegt. 
Dadurch wird der Sauerstoff dieser so sauerstoffgierigen Sub¬ 
stanz entzogen, worauf es zu temporärer Erstickung derselben, 
verbunden mit Lähmung der physiologischen Funktion kommt. 
Die bei der Oxydation des Narcoticums entstehenden Produkte 
erklären zum Teil die Säuerung des Organismus und indirekt 
die vermehrte Ammoniakbildung, die als ein Neutralisierungs¬ 
vorgang aufzufassen ist. Die mobilisierten und weiterhin zer¬ 
setzten Fette und Lipoide können als Quelle des gegenüber der 






522 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 34. 


Norm reichlich gebildeten Azetons angesehen werden. Der 
veränderte Stoffwechsel überhaupt, der bei einer chemischen 
Indifferenz des Narcoticums gar nicht zu verstehen wäre, läßt 
die üblen Nachwirkungen der Narkose begreiflich erscheinen: 
Verfasser macht noch darauf aufmerksam, daß bei der Narkose 
der Stoffwechsel im gleichen Sinne wie beim Diabetes ver¬ 
ändert ist, woraus sich auch erklärt, warum der Diabetiker so 
schlecht die Narkose erträgt. Als experimentelle Stütze seiner 
Theorie dient dem Verfasser folgende Tatsache: Er hat eine 
Reihe von Narcotica mittels Elektrolyse untersucht und ge¬ 
funden, daß, je stärker ein Narcoticum wirkt, es um so inten¬ 
siver den Sauerstoff bei der Elektrolyse zu seiner Oxydation 
beansprucht. 

Stabsarzt Dr. K. H. Kutscher (Berlin): Zur Frage der Steri¬ 
lität der Novocain-Suprarenintabletten. (Deutsche med. 

Wochenschrift, 1910, No. 24.) 

Unter 54 von den Höchster Farbwerken hergestellten 
Novocain-Suprarenintabletten fanden sich 4 = 8 pCt. mit 
sporenhaltigen Bacillen infiziert. An den Wattestopfen der 
Tablettenröhrchen waren unter 4 Fällen zweimal Gelatine 
nicht verflüssigende Kokken nachweisbar. Die von den 
Höchster Farbwerken geübte Methode der Sterilisation der 
Tabletten (fraktioniert au 3 Tagen je eine Stunde bei 60" im 
Trockenschrank) ist nach Verf. zur Erzielung einer sicheren 
Sterilität nicht geeignet. Da die Tabletten selbst bei dem 
jetzigen Stand der Technik nicht steril hergestellt werden 
können, empfiehlt Verf. zur Vermeidung etwaiger Infektionen 
(z. B. Tetanus) die Tabletten vor dem Gebrauch zu lösen und 
die Tablettenlösung durch Aufkochen zu sterilisieren. Die Zer¬ 
setzung des Suprarenins würde hierbei, nach Angabe von 
Braun, durch einen geringen Salzsäurezusatz eventuell zu 
vermeiden sein. R. L. 

Prof. Dr. W. Kausch: Zur Jodtinkturdesinfektion nach Grossich. 

(Medizinische Klinik, 1910, No. 25.) 

Verfasser weicht in mancher Hinsicht von G r o s s i c h ab 
und beschreibt deshalb sein Vorgehen. Er läßt den Patienten 
tags zuvor, 24 Stunden vor der Operation, baden und rasieren; 
nur dringende Fälle werden trocken rasiert und gleich darauf 
mit Jodtinktur angestrichen. K. sieht nicht ein, warum man 
prinzipiell trocken rasieren soll, wie G r o s s i c h schreibt. 
Grossichs Patient liegt beim ersten Jodanstrich nackt auf 
dem Tisch. K. sieht den Grund hierfür nicht ein; für den 
Kranken, sagt er, ist dies doch unangenehm. Selbst wemi ein 
wenig Jod in die Wäsche gelangt, schadet das nichts, bei der 
nächsten Wäsche oder nach der Sterilisation ist es wieder ver¬ 
flüchtigt. — Das Operationsgebiet wird in großem Umfange mit 
offizineller 10 proz. Jodtinktur bestrichen. Ueber die Stärke 
der Jodlösung besteht keine Einigkeit. Hesse emp¬ 
fiehlt eine Verdünnung auf 10 bis 20 pCt. (1 bis 2 pCt. 
Jod). K. warnt davor, mit der schwachen Jod¬ 
lösung das Operationsgebiet nur kurz auzustreichen; 
etwas anderes wäre es, wenn man die Haut energisch 
fünf Minuten lang damit wüsche. Wenn Hesse mit dieser 
schwachen Jodlösung gute Erfolge erzielte, so beweist das 
nach Verfassers Ansicht nur, eine wie geringe Aseptik in den 
meisten Fällen genügt; reicht doch, sagte er, oft einfache Seifen¬ 
waschung aus oder selbst das Unterlassen jeder Waschung und 
Desinfektion. Von Zeit zu Zeit erfolgt dann aber doch eine 
schwere Infektion, die man bei strenger Aseptik vermieden 
hätte. Den ersten Anstrich macht Verfasser recht intensiv. Er 
nimmt dazu meist einen Tupfer, den er mit einer Kornzange 
anfaßt und in die T ink tur taucht. Verfasser glaubt, daß manche 
eine zu starke Jodtinktur nehmen; wird die Tinktur z. B. in 
eine Schale mit breiter Oberfläche gegossen, so verdunstet der 
Alkohol schnell, es fällt Jod aus, die Tinktur wird jedenfalls 
konzentrierter, und so erklärt Verfasser manche Ekzeme, die 
er und andere erlebten. Nachdem die Jodtinktur auf der Haut 
vollständig eingetrocknet ist, legt er eine sterile Kompresse 
lose über das Operationsgebiet. Jetzt wird der Patient an¬ 
narkotisiert und in den Operationssaal, gefahren. Die Kompresse 
wird entfernt, das engere Operationsfeld wird ein zweites Mal 
mit Jodtinktur bestrichen — zwischen dem ersten und zweiten 
Jodanstriche sollen wenigstens zehn Minuten liegen — und, 
nachdem die Haut wieder trocken, wird ein großes, mit einem 
Schlitz versehenes steriles Laken über den ganzen Patienten 
gelegt. Am Kopfende des Tisches befindet sich der Kocher- 
sche Schutzbügel, an ihm wird mit Klemmen das Laken be¬ 
festigt. Nach Vollendung der Operation entfernt K. mit sterilen 
Tupfern, die in Alkohol getränkt sind, die Jodtinktur nach Mög¬ 
lichkeit vom ganzen Operationsfelde. Nur im Bereiche der 
Nahtlinie, in etwa 1 cm Entfernung, läßt er die Tinktur und 
bestreicht sogar die Nahtteiie nochmals mit ihr. Verband mit 
sterilen in Mull eingenähten Holzwollekissen, die mit Mastix¬ 
lösung befestigt werden. Bei jedem Verbandwechsel wird die 
Nahtlinie mit Jodtinktur angestrichen. Grossich tut dies 
nur innerhalb der ersten acht Tage, Schanz hat es auch noch 
für später empfohlen; E. hat durchaus den Eindruck, als ob die 


Narben dadurch feiner würden. — Ob Grossichs Methode 
sich dauernd erhalten wird, ob die Jodtinktur wirklich dem 
reinen oder verdünnten Alkohol, dem Seifenspiritus und den 
zahlreichen anderen Mitteln, auch abgesehen von der Zeit¬ 
ersparnis, überlegen bleiben wird, können nur weitere Er¬ 
fahrungen zeigen. 

Dr. Langemak, Spezialarzt für Chirurgie in Erfurt: Zur Hände- 
desinfektion. (Zentralblatt für Chirurgie, 1910, No. 29.) 

L. berichtet über die Erfahrungen, die er an 250 Fällen 
mit der abgekürzten und vereinfachten Hautdesinfektion ge¬ 
macht hat. Die Grossich sehe Methode hat ihn niemals im 
Stich gelassen. Es gibt aber Fälle, in denen man es als lästig 
und noch zu langwierig empfinden wird, nicht nur das Opera¬ 
tionsgebiet, sondern auch die von dem Operateur eventuell zu 
berührende Umgebung mit Jod einpinseln zu müssen, z. B. bei 
Operationen an den Händen und Fingern; in diesen Fällen hat 
Verf. die von Zabludowski empfohlene 5 proz. Alkohol 
(95 pCt.)-Tanninlösung mit nachfolgendem Jodanstrich des 
eigentlichen Operationsgebietes mit sehr gutem Erfolge ver¬ 
wendet, und zwar in der Weise, daß nach trockenem Rasieren 
die Haut 1 Minute lang mit Tanninalkohol abgerieben wird und 
nach Abdecken des Operationsfeldes noch ein einmaliger Jod¬ 
anstrich desselben folgt. L. hat mit dieser kombinierten An¬ 
wendung der beiden Methoden so vorzügliche Heilungen ge¬ 
sehen, wie bei keiner anderen. Das Desinfektionsverfahren 
hat bei seiner kurzen Dauer noch den Vorzug, daß die vor¬ 
herige Anwendung von Wasser und Seife nichts schadet, falls 
dieselbe z. B. zum Rasieren oder aus anderen Gründen not¬ 
wendig oder wünschenswert sein sollte. , K r. 

Privatdozent Dr. Adolf Hoffmann (Greifswald): Die Ursachen 
der Bauchdeckenspannung. (Deutsche med. Wochensclu., 
1910, No. 26.) 

Auf Grund von klinischen Beobachtungen sowie von Tier¬ 
versuchen stellt Verf. folgende Sätze auf: 1. Bauchdecken¬ 
spannung bei abdominalen Affektionen tritt nur ein bei Reizung 
des parietalen Peritoneums und wird vermittelt durch die 
Nervi intercostales, lumbales, sacrales. 2. Bauchdecken¬ 
spannung kann eintreten bei Reizung dieser Nerven an jeder 
beliebigen Stelle ihres Verlaufs. 3. Auch bei gesundem Perito¬ 
neum kann Bauchdeckenspannung bei schwerer (basaler) 
Pleuritis durch Irradiation zustande kommen, auch bei Pneu¬ 
monie. Vorbedingung ist hierbei ehre starke Reizung der 
Pleura parietalis (durch Toxine). 4. Bei Querdurchtrennung 
des Markes in Höhe des oberen und mittleren Brustabschnittes 
tritt bei Reizung des pai’ietalen Peritoneums Bauchdecken¬ 
spannung ein. R. L. 

Prof. Dr. Johann v. Bökay, Direktor des Budapester Stefanie- 
Kinderspitales: Ueber die chirurgische Behandlung des 
chronischen und angeborenen Hydrocephalus internus des 
Kindesalters. (Wiener medizin. Wochenschrift, 1910, No. 26 
und 27.) 

Verfasser präzisiert auf Grund seiner literarischen Studien, 
sowie seiner eigenen Erfahrung seinen Standpunkt bezüglich 
der chirurgischen Behandlung des chronischen und angebore¬ 
nen Hydrocephalus int. des Kindesalters in folgendem: 1. Die 
bisher angewandten komplizierten operativen Eingriffe haben 
keine nennenswerte praktische Bedeutung. 2. Durch Ver¬ 
fassers längere Zeit hindurch beobachteten Fälle wird die 
exquisit heilende Wirkung der systematischen Lumbalpunk¬ 
tionen nach Quincke unzweifelhaft nachgewiesen, und zwar 
für alle jene Fälle, wo die Kommunikation zwischen den Ge- 
hiruventrikeln und dem Subarachnoideal- bezw. Subdural¬ 
räumen des Gehirns und Rückenmarks ungestört besteht. 3. Für 
alle jene Fälle, wo diese Kommunikation gestört oder voll¬ 
kommen aufgehoben ist, sind die direkte bezw. indirekte, mit 
Craniotomie verbundene Seitenventrikelpunktion, sowie der 
Bramann-Anton sehe Balkenstich jene chirurgischen 
Eingriffe, welche von Wirksamkeit sein können. 4. Hoch¬ 
gradige offene oder bedeutende geschlossene interne Hydro- 
cephali sind durch kein chirurgisches Verfahren beeinflußbar. 
5. Die systematische Lumbalpunktion nach Quincke kann 
bei offenem internen Hydrocephalus Jahre hindurch ohne 
Schaden fortgesetzt werden. 6. Die systematische Lumbalpunk¬ 
tion ergibt um so bessere Ergebnisse, je früher die Fälle zur 
Behandlung kommen und je weniger die Gehirnsubstanz in¬ 
folge des gesteigerten Intrakranialdruckes gelitten hat. 7. Die 
Lumbalpunktion soll nicht in kürzeren Intervallen als 4 bis 
6 Wochen angewendet werden, ferner soll die einmalige Liquor¬ 
menge nicht mehr als 50 ccm betragen. K r. 

Dr. H. Flörcken (Würzburg): Zur Behandlung tabischer Krisen 
mit Resektion der hinteren Wurzeln. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 27.) 

Die Resektion der hinteren Wurzeln wurde schon in einigen 
Fällen von gastrischen Krisen mit Erfolg vollführt. Verfasser 




No. 34. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


523 


berichtet üjrer einen Fall von Tabes, in welchem er ebenfalls , 
die Operation ausführte, aber nicht wegen gastrischer Krisen, j 
sondern wegen neuralgischer Schmerzanfälle im Bereich der | 
Brustwirbelsäule und des Thorax. Das schmerzhafte Gebiet 
bei dem 49 jährigen Patienten entsprach dem 5. bis 9. Dorsal¬ 
segment, deshalb wurde die Resektion der 5. bis 9. hinteren 
Dorsalwurzel beschlossen. Der Eingriff wurde bei Morphium- 
Skopolamin-Chloroformnarkose gemacht. Der 4. bis 9. Pro¬ 
cessus spinosus wurde abgemeißelt; die Wirbelbögen wurden 
in derselben Ausdehnung teils mit Meißel, teils mit Luer scher 
Zange entfernt. Es gelang nach Spaltung der Dura in der Mittel¬ 
linie. mit einiger Mühe die sensiblen Wurzeln von den motori¬ 
schen zu isolieren; es wurde darauf jederseits die 5. bis 
9. hintere Thoracalwurzel teils durchschnitten, teils in geringer 
Ausdehnung reseziert. Nach sorgfältiger Säuberung wurde der 
Duralsack mit fortlaufender Katgutnaht geschlossen. Der 
Liquorabfluß war nicht stark, die Eröffnung des Duralsacks ohne 
jeden Einfluß auf den Puls, der während der ganzen Operation 
kräftig und gleichmäßig blieb. Es folgte die Naht der Musku¬ 
latur mit Katgutknopfnähten, Drainage, Hautnaht. Der weitere 
Verlauf war gut. Die Wirkung auf die Schmerzen war eine 
frappierende; die Schmerzanfälle sind vollständig verschwun¬ 
den. Das Allgemeinbefinden hat sich sehr gehoben, das Ge¬ 
wicht zugenommen. Nur tritt zuweilen noch ein Zucken im 
rechten 5. Intercostalraum auf. 

Prof. Dr. A. Codivilia (Bologna): Ueber die Förstersche Opera¬ 
tion (Resektion der hinteren Nervenwurzeln bei der spasti¬ 
schen Paralyse). (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 27.) 

Verfasser berichtet über einen Fall, in welchem er die 
Förster sehe Operation wegen spastischer Paralyse gemacht 
hat. Es handelt sich um ein 15 jähriges Mädchen, bei welchem 
die Diagnose: Paraplegia spinalis spastica wegen Sklerose der 
Seitenstränge lautete. Die Operation wurde zweizeitig gemacht. 
Das erste Mal (8. Mai 1909) wurde die Laminektomie aus¬ 
geführt. Die Laminae der Lendenwirbel (II. bis V.) und der 
Processus spinosus des I. Kreuzbeinwirbels wurden exstirpiert. 
Die Blutung war ziemlich profus. Die Wunde wurde voll¬ 
ständig geschlossen. Am 31. Mai 1909 erfolgte dann der zweite 
Eingriff: Eröffnung der Dura, Resektion der hinteren Wurzeln, 
rechts der II. sakralen, V. und III. lumbalen, links der 
II. sakralen und der V. lumbalen. Die III. lumbale Wurzel 
war links wegen eines abnorm hohen Ursprungs nicht erreich¬ 
bar. Naht der Dura mater, der Muskulatur und der Haut. In 
der ersten Zeit nach der Operation klagte das Mädchen über 
spontane Schmerzen in den Extremitäten und über Schmerzen 
bei aktiven und passiven Bewegungen. Am ersten Tage be¬ 
stand Harnverhaltung. Die Schmerzen verschwanden nach 
und nach und waren nach 12 Tagen völlig verschwunden. Am 
11. Tage wurden die Hautnähte entfernt. Die Reflexphänomene 
an der unteren Extremität, die vorher vorhanden gewesen 
waren, sind verschwunden. Der schließlich erreichte Erfolg 
ist folgender: Das Gehen ist eine kurze Strecke auch ohne 
Stock möglich. Der Gang ist noch immer spastisch, die Fu߬ 
sohlen streifen auf dem Boden mit ihrer ganzen Fläche und die 
Beine erscheinen in ihren Gelenken, besonders im Hüftgelenk, 
etwas steif. Die Hüften und die Knie sind leicht gebeugt, die 
Oberschenkel adduziert. Die Beine streifen bei jedem Schritt 
aneinander. Eine nicht unwesentliche Besserung in funktio¬ 
neller Beziehung wurde in diesem Falle erreicht. Jedoch 
glaubt Verfasser, daß man durch die gewöhnlichen peripheri¬ 
schen Eingriffe, wde Verlängerung der Achillessehne, Myoto¬ 
mien, Tenotomien, Ruhigstellung in korrigierter Lage, in diesem 
Falle -wohl dasselbe erreicht haben würde. Verfasser ist der 
Ansicht, daß man den Eingriff nach Stellung der nötigen Indi¬ 
kationen nur an muskelstarken und gut genährten Individuen 
vornehmen darf, und daß die Resektion selbst nicht zu aus¬ 
gedehnt sein sollte. Die Förster sehe Operation stellt einen 
schweren Eingriff dar. Unter den bis jetzt 16 operierten Fällen 
sind zwei Todesfälle zu verzeichnen. Verf. meint, daß, wenn 
man die Operation von der lumbo-sakralen auf die dorso-lum- 
bale Gegend übertrage würde, so daß man nicht die Cauda 
equina, sondern den letzten Teil des Rückenmarks freilegt, die 
Operation sich leichter und ungefährlicher gestalten würde. 

Prof. Dr. R. Kafemann (Königsberg i. Pr.): Ueber eine wichtige 
Verwendungsmöglichkeit der Elektrolyse in den oberen 
Luftwegen im Anschluß an einen geheilten Fall von 
Epithelialcarcinom der Basis cranii. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 26.) 

Ein sehr weit vorgeschrittenes Epithelialcarcinom des 
Nasenrachens bei einem 38 jährigen Manne mit zahlreichen 
Drüsenmetastasen auf beiden Seiten des Halses wurde in der 
Königsberger chirurgischen Universitätsklinik unter tempo¬ 
rärer Oberkieferresektion entfernt. Schon nach drei Monaten 
rezidivierte es ziemlich stürmisch; da eine nochmalige Opera¬ 
tion seitens der chirurgischen Klinik abgelehnt wurde, curet- 


tierte Verfasser unter Leitung des Spiegels das Rezidiv und be¬ 
handelte die Stelle, wo der Tumor saß, darauf mittels Elektro¬ 
lyse (Stromstärke 20—25 Milliampere), worauf die Tumorzellen 
an dem primären Herd ihre Rezidivfähigkeit anscheinend ein- 
gebüßt hatten, da zwei Jahre später ein neues Rezidiv sich 
nicht mehr eingestellt hat. — Verf. erörtert im Anschluß an 
die Mitteilung des Falles die Frage, inwieweit man berechtigt 
ist, das Ausbleiben des Rezidivs auf Rechnung der elektro¬ 
lytischen Behandlung zu setzen. 


Dr. Fritz Süssmann (Hermannstadt): Doppelseitige Tubar- 
schwangerschaft. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 25.) 

Bei einer 30 jährigen Frau, welche wegen einer Hämato- 
cele infolge von Ruptur einer linksseitigen Tubargravidität 
operiert wurde, fand sich bei der Operation nach Abbindung 
der linken Tube und Versorgung des Stumpfes auch die rechte 
Tube kleinhühnereigroß angeschwollen und am abdominalen 
Ostium verdickt. Auch diese Tube wurde reseziert, das nor¬ 
male Ovarium zurückgelassen. Der weitere Verlauf war durch 
einen Bauchdeckenabscefi und beiderseitige Bronchitis gestört, 
so daß sich die Heilung verzögerte. Die genauere Unter¬ 
suchung der beiden entfernten Tuben ergab, daß es sich links 
um eine Ruptur des abdominellen Endes der Tube handelte, 
rechts dagegen ein Tubarabort abgelaufen war. In der Lite¬ 
ratur sind nur 8 sichere Fälle von doppelseitiger Tubargravi¬ 
dität veröffentlicht, der vorstehende Fall wäre dann der neunte. 


Prof. M. Hofmeicr (Würzburg): Zur Behandlung der Placcnta 
praevia. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 26.) 

Die neuere chirurgische Richtung der Geburtshilfe hat bei 
der Placenta praevia zur Empfehlung des Kaiserschnittes resp. 
der Kolpo-Hysterotomie geführt. Demgegenüber vertritt Verf., 
gestützt auf seine ausgedehnten Erfahrungen, den Standpunkt, 
daß, soweit die Resultate für die Mütter iji Betracht kommen, 
von seltenen Ausnahmefällen abgesehen, kein Grund vorliegt, 
von den bisher gebräuchlichen und auch in der Praxis durch¬ 
aus durchführbaren Methoden der Behandlung der Placenta 
praevia: Blasensprengung, kombinierte Wendung, Hystereuryse 
abzugehen. Die Ausnahmefälle würden etwa solche sein, wo 
bei ziemlich reifem und lebenden Kinde und noch völlig er¬ 
haltener Cervix, bei völligem Fehlen von Wehen und bei 
völliger Ueberlagerung des inneren Muttermundes durch 
Placentagewebe die Aussichten für die baldige glückliche Be¬ 
endigung der Geburt sehr schlecht sind, ln solchen Fällen 
käme am ehesten der Kaiserschnitt in Frage; in ganz sauberen 
Fällen in Form des klassischen Kaiserschnittes, in zweifel¬ 
haften Fällen in Form des extraperitonealen Kaiserschnittes. 
Verfasser hat in 100 Fällen von Placenta praevia, welche er in 
seiner Klinik und Poliklinik mittels der oben angegebenen 
konservativen Methode behandelt hat, im ganzen acht Frauen 
verloren, von denen aber fünf ausscheiden, weil sie teils an 
anderen Komplikationen zugrunde gingen, teils schon völlig 
pulslos eingeliefert wurden; soweit es sich also um die Be¬ 
urteilung der Methoden handelt, ist die Mortalität 3 pCt. Aber 
auch hinsichtlich des Lebens der Kinder, welches bei Placenta 
praevia nach Verfasser erst in zweiter Linie in Frage kommt, 
waren die Resultate bei dem konservativem Verfahren nicht 
schlecht, Verfasser rechnet etwa 60 pCt. lebender Kinder. Alles 
in allem findet Verfasser es um so weniger angebracht, an den 
bisherigen klinischen geburtshilflichen Methoden zu rütteln, 
als sie auch von den Geburtshilfe treibenden praktischen 
Aerzten sehr wohl und mit gutem Erfolg geübt werden können, 
so daß auch in bezug auf die Placenta praevia die klinische Ge¬ 
burtshilfe von der häuslichen nicht abzuweichen braucht. 

R. L. 


Dr. V. Russo, Stadtkrankenhaus in Cefalü: Styptol in der 
Frauenpraxis. (Rassegna Sanitaria di Roma, 1910, No. 3.) 

Verfasser verwandte das Styptol unter anderem bei 
Menorrhagien mit sehr zufriedenstellendem Erfolg. Bei einer 
Patientin traten in der Menopause außerordentliche starke 
Blutungen auf, so daß eine lebenbedrohende Anämie entstand. 
Nachdem unter anderem Ergotin und Hydrastininchlorhydrat 
erfolglos angewandt waren, ließ Russo täglich sechs Styptol- 
tabletten nehmen; hierdurch wurde die Blutung zum Stehen 
gebracht und ein chirurgischer Eingriff überflüssig. Auch die 
sedative Wirkung des Styptols zeigte sich in diesem Falle bei 
der sehr aufgeregten Patientin in kurzer Zeit. Bei Dysmenorrhoe 
wurden gleichfalls gute Erfahrungen mit Styptol gemacht. Von 
besonderer Wichtigkeit ist die Beobachtung, daß das Styptol in 
zwei Fällen, in denen ein Abort unvermeidlich schien, Blutun¬ 
gen während der Gravidität stillte, so daß die Schwangerschaft 
ihren normalen Verlauf nehmen konnte. Trotzdem das Styptol 
zum Teil in sehr hohen Dosen längere Zeit gegeben wurde, 
traten unangenehme Nebenwirkungen niemals auf. —o— 



524 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 34. 


Privatdozent Dr. II. Marx (Heidelberg): Ucber eine seltene 
rhinologische Ursache von Epiphora, (v. G r a e f e s Archiv 
für Ophthalmologie, 1910, Bd. 74.) 

Eine der häufigsten Ursachen des pathologischen Tränens 
stellen krankhafte Veränderungen der Nase dar. Kuh nt fand 
in einer statistischen Zusammenstellung, daß über 90 pCt. aller 
Erkrankungen des tränenableitenden Apparates rhinogenen 
Ursprungs sind. Verfasser berichtet über zwei Fälle von 
Tränen, in denen dieses auf eine bis jetzt noch nicht beob¬ 
achtete rhinologische Ursache zurückzuführen war. In beiden 
Fällen war das Tränen hervorgerufen durch eine Zahncyste, 
welche den Nasenboden hochwölbte, das Cavum narium in 
seinem unteren Teil verlegte und so ein mechanisches Hinder¬ 
nis für die Tränenabfuhr darstellte. Nach operativer Beseiti¬ 
gung der Zahncyste hörte in beiden Fällen das Tränen auf. Die 
Fälle zeigen aufs neue, wie wichtig in allen Fällen von hart¬ 
näckigem, durch die gewöhnliche augenärztliche Behandlung 
nicht zu beseitigenden Tränen die rhinoskopische Unter¬ 
suchung ist. 

Dr. J. Jung (Cöln): Ein Beitrag zu den Beziehungen zwischen 
Sehnervenentziindung und Nasenerkrankung. (v. G r a e f e s 
Archiv für Ophthalmologie, 1910, Bd. 74.) 

Den engen Beziehungen zwischen den Erkrankungen der 
Nase und ihrer Nebenhöhlen und den Augenerkrankungen hat 
man in den letzten Jahren besondere Beachtung geschenkt, 
wenn auch die Abhängigkeit von Augenerkrankungen, speziell 
Amaurosen, von Erkrankungen der Stirn- und Kieferhöhlen 
einzelnen Aerzten schon in der vorophthalmoskopischen Zeit 
nicht entgangen war. Verf. bringt in der vorliegenden Arbeit 
einen Beitrag zu der Frage, in dem er zwei Fälle von doppel¬ 
seitigen Sehnervenentzündungen mitteilt, welche durch Erkran¬ 
kung der hinteren Siebbeinzeilen bedingt waren. In dem ersten 
Falle verlief die Erkrankung unter dem Bilde einer Stauungs- 
papillitis, in dem anderen Falle war der ophthalmoskopische 
Befund normal (retrobulbäre Neuritis); in dem einen Falle be¬ 
stand bei der Aufnahme hochgradige Amblyopie, in dem 
zweiten schon vollständige Amaurose. In beiden Fällen wurde 
durch rhinologische Behandlung, und zwar auf nicht operativem 
Wege, Heilung mit annähernder Wiederherstellung des nor¬ 
malen Sehvermögens erzielt. Die Behandlung bestand in Be- 
pinselung der Nasenschleimhaut mit Kokain-Suprarenin, wo¬ 
durch der Eiter zum Abfluß gebracht wurde, in dem einen Falle 
wurde noch durch Saugen die Entleerung des Eiters befördert. 
Wo derartige Maßnahmen nicht genügen, muß man natürlich 
operativ die Ausräumung der betreffenden Nebenhöhle vor¬ 
nehmen. R. L. 

Dr. J. H. Ohl y (Brooklyn): Die Anwendung der Sedativa bei 
Augenoperationen. (American Medicine, Januar 1910.) 

Bei Augenoperationen sind die Patienten oft sehr ängst- 
sieh, da die meisten Eingriffe unter Lokalanästhesie vorgenom¬ 
men werden, und die Kranken häufig haben erzählen hören, 
daß auf eine unvorsichtige Bewegung während der Operation 
der Verlust eines Auges zurückzuführen sei. Derartige 
Patienten sind natürlich sehr erregt und finden Tag und Nacht 
vor der Operation keine Ruhe. 

Auch nach einer Operation ist es häufig erwünscht, den 
Patienten eine Zeit lang ruhig zu halten z. B. nach Staropera¬ 
tionen. Gerade bei letzteren, wenn der Kranke mindestens 
24—48 Stunden mit verbundenen Augen liegen muß, treten oft 
Fälle von großer Unruhe, die sich bis zur Raserei steigern 
können, auf. 

Verfasser tritt dafür ein, bei aufgeregten Patienten beson¬ 
ders vor Kataraktoperationen Sedativa oder milde Schlafmittel 
anzuwenden. 

Morphin und C o d e i n sind dann angezeigt, wenn es 
sich um große Schmerzen handelt und man weiß, daß der Patient 
diese Mittel verträgt, sonst kann man z. B. nach Morphin 
häufig Aufregungszustände beobachten. Auch die Brom- 
alkalien eventuell in Verbindung mit Chloralhydrat sind 
zu versuchen. Sehr gut bewährte sich dem Verfasser das 
Bromural, das er vor allem bei intraokulären Operationen 
verwandte, und das keine Magen- und Darmerscheinungen 
oder irgendwelche unangenehme Nebenwirkungen zeigte. Die 
Patienten erhielten 4—5 Tage vor der Operation dreimal täg¬ 
lich 0,3 g und abends 0,6 g, am Tage der Operation und auch 
noch am folgenden Tage eine etwas größere Dosis. 

In schweren Fällen gibt'man Trional oder Veronal zu 
0,5 bis 1,0 g. K. 

—P*^. - - v» — -i' - 1 ■ 

Dr. A. Busse (Bremerhaven): Beitrag zur Tuberkulinbehand¬ 
lung bei tuberkulösen Augenerkrankungen, (v. G r a e f e s 
Archiv für Ophthalmologie, 1910, Bd. 74.) 

Verfasser hat in einer Anzahl von Fällen bei schleichend 
verlaufenden Augenerkrankungen, die auf Tuberkulose ver¬ 
dächtig erschienen, zunächst Probeeinspritzungen mit Alttuber- ' 


kulin gemacht und die positiv reagierenden Fälle einer metho¬ 
dischen Tuberkulinbehandlung unterworfen. Er verwendete 
anfangs das TR, später die Bacillenemulsion. Die Tuberkulin¬ 
behandlung wurde in den meisten Fällen ambulant vorgenom¬ 
men. In bezug auf die Dosierung folgte Verfasser den von 
v. Hippel gegebenen Vorschriften; anfangs spritzte er jeden 
zweiten Tag; später machte er die Injektionen nur alle fünf 
bis acht Tage und bei den höheren Dosen nur alle 12 bis 
14 Tage. Bei den größeren Pausen wurde das Tuberkulin 
besser vertragen, und die Resultate waren entsprechend 
bessere. Im ganzen behandelte Verfasser 36 Fälle mit Tuber¬ 
kulin, und zwar handelte es sich dreimal um Hornhaut¬ 
geschwüre, siebenmal um Keratitis parenchymatosa und Kera¬ 
titis profunda, sechsmal um Skleritis, 13 mal um Iritis und 
Iridocyclitis, siebenmal um Choroiditis. Die von Verfasser 
teilweise im einzelnen mitgeteilten Fälle zeigen, daß die Tuber¬ 
kulinbehandlung in vielen dieser zum Teil recht schweren Er¬ 
krankungen, bei denen vorher schon andere Methoden 
(Schmierkur und dergl.) ohne Erfolg versucht worden waren, 
unerwartet günstige Erfolge erzielt. Bei Kindern und jugend¬ 
lichen Individuen empfiehlt es sich nach Verfasser, die An¬ 
fangsdosis recht niedrig zu nehmen und langsam zu steigen; 
in einigen Fällen war die Anfangsdosis 0,0001 mg Trockensub¬ 
stanz. R. L. 

Dr. Hermann Davids, Augenarzt in Münster i. W.: Ueber 
metastatische Conjunctivitis bei Gonorrhoikern. (Medizin. 
Klinik, 1910, No. 25.) 

Man muß zwei Arten von Bindehautentzündungen bei 
Tripper unterscheiden: Einmal die schwere durch Sekretüber¬ 
tragung entstandene Form, bei der sich stets Gonokokken nach- 
weisen lassen, und dann die in vorliegender Arbeit in Frage 
kommende leichte Entzündung, die auf dem Wege der Metastase 
zustande kommt, und bei der Gonokokken nicht gefunden 
werden. Im Gegensatz zur Blennorrhoea conjunctivae hat die 
metastatische Conjunctivitis keine charakteristischen Merk¬ 
male, an denen sie ohne weiteres erkannt werden könnte. Sie 
wird öfter bei Männern als bei Frauen gefunden und tritt auf 
unter den Zeichen einer mehr oder weniger heftigen Binde¬ 
hautentzündung, die stets beiderseits auftritt und besonders 
die Uebergangsfalten ergreift. Das Sekret ist schleimig- 
eitrig, meist nicht sehr reichlich; Gonokokken lassen sich in 
ihm nicht nachweisen. Die Erkrankung heilt gewöhnlich glatt 
innerhalb 8 bis 14 Tagen, neigt jedoch, wie Vossius und 
andere Autoren hervorheben, zu Rezidiven. Aus dem Bilde 
der Conjunctivitis allein kann die Diagnose also nicht gestellt 
werden, vielmehr ist dazu die Berücksichtigung der weiteren 
Symptome, unter denen die Erkrankung auftritt, notwendig. 
Das' zeigt auch der vom Verfasser mitgeteilte Fall. Die Art 
der Metastase ist noch unklar. Gegen eine echte Gonokokken¬ 
metastase spricht das klinische Bild, vor allem aber der bak¬ 
teriologische Befund. Mehr Wahrscheinlichkeit scheint nacli 
den bisherigen Erfahrungen die Annahme für sich zu haben, 
daß es sich bei der metastatischen Conjunctivitis um die 
Wirkung von Toxinen der Gonokokken oder um Ansiedlung 
anderer, gleichzeitig in der Harnröhre vorhandenen Erreger 
handelt. K r. 

Prof. Thiemich (Magdeburg): Ueber die Leistungsfähigkeit der 
menschlichen Brustdrüse. (Münch, med. Wochenschrift, 
1910, No. 26.) 

Verfasser berichtet über die Erfahrungen, welche er be¬ 
züglich der Milchsekretion an einer größeren Anzahl von 
Frauen (zirka 150) gemacht hat. Die höchste Leistung, die 
eine Frau einige Wochen hindurch bot, betrug 2600 g Milch 
pro Tag, einige andere Ammen lieferten zwischen 2000 und 
2400 mehrere Wochen hindurch. Eine weitere beträchtliche 
Zahl produzierte 1500—2000 g monatelang, und die über¬ 
wiegende Mehrzahl der guten Ammen ebenso lange 1000 bis 
1500 g. Die meisten Frauen nehmen dabei in den ersten 
Wochen um mehrere Kilogramm an Körpergewicht zu und 
halten sich in der Folgezeit unter Schwankungen auf diesem 
Gewicht oder nehmen auch etwas ab, aber niemals bis zu dem 
Aufnahmegewicht herunter. Eine enge Beziehung zwischen 
Milchproduktion und Körpergewicht läßt sich nicht erkennen. 
Schwächliche Frauen liefern manchmal verhältnismäßig große 
Milchmengen, während kräftig gebaute weniger Milch produ¬ 
zieren. Als Kost erhielten die Frauen die Kost des Unter¬ 
personals und außerdem 1%— 2 Liter Milch täglich. Sehr viel 
kommt es auch auf den guten Willen an. Wo überhaupt von 
einer Brustdrüse Milch abgesondert wird, da ist der stärkste 
und unter allen Umständen unentbehrliche Reiz, der die Funk¬ 
tion anregt und steigert, die immer wiederholte, möglichst voll¬ 
kommene Entleerung der Brust, die zwar durch Abdrücken 
oder Absaugen der Milch mit Hilfe einer der vielen Milch¬ 
pumpen unterstützt, aber in erster Linie doch nur durch das 
Anlegen des hungrigen Kindes vollkommen bewirkt wird. 
Die zahllosen „Lactagogu“ üben nach Ansicht des 



No. 34. 


THERAPEUTISCHE 


Verfassers keine spezifische Wirkung auf die Milchsekretion 
aus, meist wirken sie nur suggestiv. Im allgemeinen kann man 
sagen, daß die Stilltauglichkeit der Frauen nicht in allen 
Gegenden und bei allen Ständen gleich ist; aber soviel ist 
sicher, neben milchreichen mühelos und lange stillenden 
Frauen gibt es überall mehr oder Weniger zahlreiche still¬ 
schwache Frauen, bei denen es nur mit bestem Willen und bei 
sachverständiger Leitung gelingt, die Laktation auf eine aus¬ 
reichende Höhe zu steigern, und Mutter und Kind davor zu be¬ 
wahren, daß ein vorzeitig vorgenommenes „Allaitement mixte“ 
zum schnellen Versiegen der Sekretion führt. R. L. 

F. Brüning: Ueber Kropfblutungen. (Archiv f. klin. Chirurgie, 
Band 91, Heft 3.) 

Die Struma führt relativ häufig durch rasches Wachstum 
oder entzündliche Vorgänge zu Erscheinungen von Atemnot, 
seltener durch Blutungen innerhalb des Kropfes. Deshalb ist 
ein von Brüning mitgeteilter Fall von Interesse, in welchem 
durch den Rückstoß eines abgeschossenen Gewehres gegen die 
Brust und die damit einhergehende Erschütterung eine be¬ 
trächtliche Kropfblutung mit hochgradiger Atemnot eintritt. In 
diesem Falle gingen die Erscheinungen unter Morphium 
und antiphlogistischer Behandlung zurück und die sekundär 
vorgenommene Strumektomie bestätigte die Richtigkeit der 
Diagnose. Aus den spärlichen mitgeteilten analogen Fällen 
aus der Literatur geht hervor, daß derartige Kropfblutungen 
unter Umständen zum Erstickungstod führen können. In 
solchen Fällen gefahrdrohender zunehmender Blutung ist 
selbstverständlich die sofortige Operation angezeigt, während 
die leichteren Fälle zweckmäßig erst nach Abklingen der Er¬ 
scheinungen operiert werden. Die Unterscheidung derartiger 
Zustände von der Kropfentzündung ist nicht immer leicht, doch 
wird in der Regel das bei letzteren vorhandene hohe Fieber, 
die Rötung und das entzündliche Oedem der Haut die Dia¬ 
gnose ermöglichen. Adler (Pankow-Berlin). 

Dr. Lorand (Karlsbad): Ursachen der Schläfrigkeit und Schlaf¬ 
losigkeit. (Fortschritte der Medizin, 1909, No. 36.) 

L. tritt für einen Zusammenhang zwischen Schilddrüsen¬ 
degeneration und Schläfrigkeit bezw. zwischen Schlaflosigkeit 
und erhöhter Tätigkeit der Thyreoidea ein. Er beobachtete 
z. B., daß mehrere Hunde nach Schilddrüsenexstirpation fort¬ 
während schliefen und selbst auf den lautesten Lärm nicht 
reagierten. Als fernerer Beweis dienen ihm vor allem die Tat¬ 
sachen, daß wir 1. die Schläfrigkeit als charakteristisches 
Symptom einer Schilddrüsendegeneration, so im Myxödem, und 
Schlaflosigkeit als ein solches der Uebertätigkeit der Schild¬ 
drüse, so bei der Basedowschen Krankheit, auftreten sehen 
lind daß, als ein noch wichtigerer Umstand, wir 2. die Schlaf¬ 
losigkeit mit dem Serum oder der Milch entkropfter Tiere, die 
Schläfrigkeit dagegen mit Schilddrüsentabletten (Thyraden) zu 
bekämpfen imstande sind. 

Die Schläfrigkeit ist eine so charakteristische Erscheinung 
des Myxödems, daß sie von P i 1 c z unter den vier Kardinal¬ 
symptomen dieser Krankheit angeführt wird. Auch findet man 
sie nicht selten bei der endogenen Fettsucht. So schlief z. B. 
einer der wohlbeleibten Patienten des Verf. im Theater, Kon¬ 
zert und in der Kirche stets mit Sicherheit ein. Durch Be¬ 
handeln solcher Fälle mit T h y r a d e n tabletten konnte Verf. 
eine Besserung des Zustandes erreichen. Auch bei einem an 
Schlafkrankheit leidenden Kolonialoffizier wurden durch 
Thyradentabletten die Krankheitserscheinungen, die mit den 
Symptomen eines myxödematösen Zustandes identisch waren, 
wie mit einem Schlage beseitigt. L. ist schon früher dafür ein¬ 
getreten, daß die Schlafkrankheit nur die auf Degeneration der 
Schilddrüse beruhende Nach krankheit der vorausgegangenen 
Trypanosomiasis sei. 

Reid Hunt, Direktor des Pharm. Inst., und Atherton Seidell, 
Assistent: Studien Uber die Schilddrüse. (Arbeiten aus dem 
Gesundheitsamt der Vereinigten Staaten von Nordamerika, 
Washington 1909.) 

Die Verlf. stellten fest, daß die Giftwirkung des Azeto- 
n i t r i 1 s bei bestimmten Versuchstieren durch Schild¬ 
drüsentherapie bedeutend herabgesetzt werden kann, 
und zwar verhält sich die giftneutralisierende Wirkung der ver¬ 
schiedenen Schilddrüsen und Schilddrüsenpräparate proportio¬ 
nal dem Jodgehalt; jedoch mit der Ausnahme, daß auch jod¬ 
freie Schilddrüsen die genannte Fähigkeit bis zu einem gewissen 
Grade besitzen. So vermag z. B. die jodfreie Schilddrüse des 
Alaska-Bären die Giftwirkung des Azetonitrils bei Mäusen bis 
zu einem gewissen Grade zu neutralisieren, allerdings be¬ 
deutend weniger als das Thyraden, das 0,085 pCt. Jod ent¬ 
hält. Die jodfreie Schilddrüse des Mähnenschafes war augen¬ 
scheinlich weniger wirksam als die des Alaska-Bären. Auch 
die Schilddrüse des schwarzen Leoparden (0,01 pCt. Jod) war 
nicht wirksamer als die des letztgenannten. Die Versuche mit 
den Schilddrüsen von Katzen und Hirschen zeigten gleichfalls, 


RUNDSCHAU 1910. 525 


daß dieWirkung bei der Entgiftung des Azetonitrils proportional 
dem Jodgehalte ist. Bei einem Vergleich zwischen verschiede¬ 
nen Proben von Thyraden und einer getrockneten, frischen 
Hammelschilddrüse von gleichem Jodgehalte zeigte sich, dal» 
die physiologische Wirksamkeit gegenüber Azetonitril gleich 
war. Merkwürdigerweise reagieren Ratten gerade umgekehrt 
nach Verfütterung von Schilddrüse, indem die Resistenz gegen 
das Gift bedeutend herabgesetzt wird; und zwar ist hier die 
Verminderung der Resistenz ebenfalls proportional dem Jod¬ 
gehalt der Schilddrüse. 

Die Verfütterung von Schilddrüsensubstanz ruft ferner eine 
Erhöhung der Empfindlichkeit gegen Morphin hervor und 
zwar verhält sich auch hier die physiologische Wirksamkeit der 
einzelnen Präparate genau entsprechend dem Jodgehalt. Die¬ 
selben Versuche mit Azetonitril einerseits und Morphin ande¬ 
rerseits wurden endlich mit den Schilddrüsen solcher Hunde 
angestellt, bei denen durch Verfütterung von Jodkalium oder 
Jodoform der Jodgehalt der Schilddrüse erhöht war; auch hier 
trat die Vermehrung bezw. Verminderung der Resistenz der 
Versuchstiere gegenüber den angegebenen Giften proportional 
dem Jodgehalt ein. 

Aus ihren Untersuchungen ziehen die Verfasser den Schluß, 
daß für die physiologische Wirksamkeit der Schilddrüse der 
Jodgehalt maßgebend ist, oder mit anderen Worten: das Jod 
bedingt die physiologische Wirksamkeit, es ist nicht das Er¬ 
gebnis der Tätigkeit der Schilddrüse. K. 

Schneider: Beitrag zur Organtherapie der postoperativen Te¬ 
tanie. (Deutsche Zeitschr. f. Chir., Bd. 104, pag. 403.) 

Bei einer 46jährigen Frau mußte wegen einer Struma ma¬ 
ligna (Sarkom) die totale Thyreoidektomie von Wiesinger 
(Hamburg) ausgeführt werden. Um Ausfallserscheinungen 
vorzubeugen, wurde unmittelbar nach der Operation mit Dar¬ 
reichung von Thyreoideatabletten (Burr. Wellcome 2 pro Tag) 
begonnen. Trotzdem setzten am sechsten Tage die typischen 
Symptome der Tetanie ein, welche auch durch das Merck- 
sche Präparat nicht gebessert wurden. Erst nach Verab¬ 
reichung frischer Pferde-Nebenschilddrüse gingen die schweren 
Symptome prompt zurück, und zwar binnen 6 Tagen. Nach 
dieser Erfahrung ist die spezifische Wirkung reiner Neben¬ 
schilddrüsensubstanz wohl kaum zu bestreiten und der Fall 
bietet eine Stütze der Lehre von der parathyreopriven Ent¬ 
stehung der Tetanie. Der günstige Erfolg läßt aber auch die 
an sich verpönte Totalexstirpation der Schilddrüse in Fällen 
maligner 'Erkrankung gerechtfertigt erscheinen, wofern man 
nur sofort nach der Operation mit Darreichung frischer Neben¬ 
schilddrüse beginnt, welche am leichtesten vom frisch ge¬ 
schlachteten Pferde zu gewinnen ist. 

Adler (Pankow-Berlin). 

C. Hart und 0. Nordmann (Berlin): Experimentelle Studien 
über die Bedeutung der Thymus für den tierischen Organis¬ 
mus. (Berliner klin. Wochenschrift, 1910, No. 18.) 

Was das Gesamtresultat der Versuche betrifft, so ver¬ 
hehlen sich die Verff. keineswegs, daß sie viel positive Er¬ 
gebnisse nicht gehabt haben. Ueberall sind sie auf Mut¬ 
maßungen angewiesen und das Studium der überreichen, aber 
widerspruchsvollen Literatur schafft nicht Klarheit, sondern im 
Gegenteil nur noch größere Unsicherheit. Sie behalten sich 
eine spätere ausführliche Mitteilung ihrer noch im Gange be¬ 
findlichen Studien vor. Als positive Ergebnisse ihrer Ver¬ 
suche betrachten sie die folgenden Feststellungen: Die Thy¬ 
mus ist ein für die Wachstumsepoche des Organismus wich¬ 
tiges, vielleicht sogar unerläßlich nötiges Organ. Es steht in 
Beziehung zur Nahrungsassimilation und zur Regulation der 
Herzarterienaktion und ist wahrscheinlich bedeutsam für die 
Widerstandskraft des 0%anismus gegenüber bakteriellen Ein¬ 
flüssen. Die Entwicklung der Keimdrüsen steht gleichfalls in 
Beziehung zur Thymus. Nur die totale, nicht aber die partielle 
Exstirpation löst krankhafte Erscheinungen aus, die sich als 
ein langsames Versiegen der Lebenskraft kennzeichnen. Ein 
Ueberschuß von Thymus resp. ihren Stoffwechselprodukten 
ruft Intoxikationserscheinungen hervor, die nach dem Schwin¬ 
den des Ueberschusses sich gleichfalls schnell verlieren. 

Kr. 

Prof. Dr. R. Rössle (München): Beiträge zur Pathologie der 
Nebennieren. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 26.) 

Verfasser bespricht eine Reihe von Befunden, welche er 
gelegentlich von Sektionen an Nebennieren erhoben hat. Zu¬ 
nächst erwähnt er einen Fall von sogenannter Apoplexie der 
Nebennieren bei einem Neugeborenen, das am 12. Lebenstage 
starb. Es handelte sich um ein frühgeborenes weibliches Kind, 
welches unter Schwierigkeiten am Beckenende extrahiert wor¬ 
den war. Die Sektion ergab die Nebennieren in blutgefüllte 
Cysten verwandelt, die homogene gelbrote Wand bestand aus 
vollständig nekrotischer Rinde. — Hypoplasien derNebennieren 
sind sehr häufig. Dabei ist nach Verfasser zu beachten, daß 



526 


No. 34. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


die Nebenniere des Erwachsenen durchschnittlich nur 1,65 mal 
so schwer ist als die des Neugeborenen. Völlige Aplasie der 
Nebennierenrinde bei vorhandenem Mark scheint nicht vor¬ 
zukommen. Partielle Defekte der Rinde sieht man häufiger. 
Alleinige Hypoplasie des Marks wird häufig beim Status lym- 
phaticus gefunden. Ebenso wie hypoplastische Zustände kom¬ 
men auch Hypertrophie der Nebennieren vor, und zwar schon 
angeboren bei Neugeborenen, und auch bei Erwachsenen. Das 
Durchschnittsgewicht der Nebennieren des Erwachsenen be¬ 
trägt 5,6 g. Verfasser fand in einigen Fällen hypertrophische 
Nebennieren von 25—30 g. Ferner kommen nicht selten ein¬ 
seitige vicariierende Hypertrophien der Nebenniere vor, bei 
Hypoplasie des Organs der anderen Seite; Verf. erwähnt sechs 
derartige von ihm beobachtete Fälle; in einem Fall fand sich 
vicariierende Hypertrophie der rechten Nebenniere bei abge¬ 
kapseltem alten Käseherd der linken Nebenniere, also gewisser¬ 
maßen einem geheilten Morbus Addisonii (es bestand auch 
graubräunliche Verfärbung der Haut der oberen Körperhälfte). 
Größenunterschiede zwischen den beiden Nebennieren sind an 
sich sehr häufig, der Unterschied beträgt nicht selten 2,5 g. — 
Die vicariierende Hypertrophie kann auch von accessorischen 
Nebennieren ausgehen. Ferner kommen accessorische Neben¬ 
nierenkeime von Rindencharakter vor; diese können bekannt¬ 
lich zu sogenannten Grawitz sehen Tumoren führen. Aber 
sie können auch zu tötlichen spontanen Blutungen des Nieren¬ 
lagers Veranlassung geben. Verfasser berichtet über einen 
derartigen Fall, wo ein sehr beträchtliches suprarenales Häma¬ 
tom der rechten Seite bei einem 28 jährigen Mädchen zum Tode 
führte, bei der Sektion fand sich eine ganze Anzahl flacher, 
accessorischer lipoider Nebennierenkeime zwischen kleinen 
verkalkten Herden des Bauchfells. — Verfasser bespricht dann 
weiter die Bedeutung der Hypertrophie des Nebennierenmarks. 
Die Fälle, in denen er besonders starke Hypertrophien des 
Nebennierenmarks fand, betrafen Personen, die an Geschwüren 
des Magens und Duodenums, an ulceröser Lungentuberkulose, 
an chronischen Nierenleiden, an idiopathischer Herzhyper¬ 
trophie oder auch an Klappenfehlern zugrunde gegangen 
waren. Das Gemeinsame aller dieser Fälle war, daß diese 
Personen während ihrer Krankheit wiederholt größere oder 
fortgesetzt kleinere Blutungen erlitten hatten. Ferner vermutet 
Verfasser, daß anfallsweise auftretende starke Wassersucht be¬ 
sonders mit Oedemen und hydropischen Ansammlungen, die 
künstlich entleert werden, ferner chronische Durchfälle und 
häufiges Erbrechen in der Aetiologie der Nebennierenmarks¬ 
hypertrophie als unterstützende Momente in Frage, kommen. 
Der Zusammenhang zwischen Blutverlusten und Nebennieren¬ 
markshypertrophie ist vorläufig noch dunkel; zu seiner Auf¬ 
klärung sind nach Verfasser experimentelle Untersuchungen 
erforderlich. R. L. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften, 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung“) 
Sitzung vom 13. Juli 1910. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Vor der Tagesordnung: 

1. Herr Ledermann stellt zwei Fälle von Sclerodermie und 
einen Fall von ungewöhnlich großem Ulcus cruris gummosum 
und starker Varicenbildung vor. Der letzte Patient wurde zum 
ersten Male im August 1906, nachdem er sich drei Monate 
vorher infiziert hatte, in schwer krankem Zustande aufgenom¬ 
men. Er erhielt 51 g Hg eingerieben und wurde im Oktober 
entlassen. Zwei Jahre später erneute Aufnahme wegen syphili¬ 
tischer Erscheinungen, die nach Einreibung von 119 g Hg 
wieder schwanden. Seit Juli v. J. litt ef an einem ausgedehnten, 
handgroßen spezifischen Unterschenkelgeschwür (scharf be¬ 
grenzter Rand, in der Nähe ein Gumma), das der gewöhnlichen 
Behandlung einen großen Widerstand entgegensetzte. Er erhielt 
daher am 25. Juli eine Injektion von 0,5 g des neuen E h r 1 i c Ir¬ 
schen Mittels, die er gut vertrug. Schon am nächsten Tage stieß 
sich der nekrotische Schorf von der Wunde ab und zwei Tage 
darauf fing vom Rande des Geschwürs die Epithelialisierung 
an fortzuschreiten, so daß am 12. Tage nach der Injektion die 
Hälfte des Geschwürs bereits epithelisiert war. Im Laufe 
weniger Tage wurde es dann vollends geheilt. (Demonstration.) 

2. Herr F. Lesser demonstriert einen Patienten, der 
eine schwere Lungensyphilis durchgemacht hat und dank dem 
neuen Präparat in sehr kurzer Zeit gebessert worden ist. Die 
Infektion lag acht Jahre zurück. Die ersten Erscheinungen 
schwanden nach einer Spritzkur; sieben Jahre blieb die Syphi¬ 
lis latent. Im Januar d. J. wurde ihm Patient wegen multipler 
gummöser Geschwüre zugeführt. Eine Schmierkur mußte mit 
Vorsicht und mit Unterbrechungen durchgeführt werden, da 
Patient außerdem an chronischer Nephritis litt. Zwei Ge¬ 
schwüre blieben trotz der Behandlung bestehen. Vor 17 Tagen 
wurde ihm Patient "on neuem zugeführt. Er war seit Ende 


März d. J. mit Husten und Atemnot erkrankt, es traten Er¬ 
stickungsfälle auf, die sich in letzter Zeit häuften. Im Auswurf 
waren keine Bacillen nachzuweisen, dagegen reichlich elasti¬ 
sche Fasern. Es bildete sich eine Atelektase des linken Ober¬ 
lappens aus. Die Diagnose lautet auf Lungensyphilis. Patient 
erhielt 0,3 g des Ehrlich- Hata sehen Präparates. Die 
rapide Wirkung blieb nicht aus. Nach 24 Stunden hörte die 
Atembeklemmung auf, am dritten Tage hörte man bereits über 
dem linken Oberlappen stellenweise Atemgeräusch, vom fünf¬ 
ten Tage an traten keine Hustenanfälle mehr auf, am zehnten 
Tage konnte man bereits, wie auch heute, vesikuläres Atem¬ 
geräusch über der affizierten Lungenpartie wahrnehmen. Der 
Eiweißgehalt des Harns betrug am fünften Tag 0,5 p. nt., wäh¬ 
rend er anfänglich 6 p. m. betragen hatte. Das größere der 
beiden Gummen ist jetzt deutlich abgeheilt, es besteht nur 
noch eine nekrotische Partie tu der Gegend des Sternum. 
Außer der Schmerzhaftigkeit an der Injektionsstelle waren 
| keine Nebenwirkungen 'aufgetreten. 

Diskussion: 

Herr Senator hält den Fall für sehr bedeutungsvoll, da 
Ehrlich vor der Injektion seines Mittels bei Nierenentzün¬ 
dung gewarnt hat. 

Herr L. Michaelis: Nephritis bildet keine Kontraindikation. 
Bei bestehender Nephritis habe er sogar eine Besserung der 
Nierensymptome beobachtet. • 

3. Herr Mosse: Bei Carcinomkranken soll nach amerikani¬ 
schen Autoren eine Aufschwemmung von roten Blutkörperchen, 
die man subkutan injiziert, nach 6—8 Stunden eine Rötung der 
betreffenden Hautstelle hervorrufen und dadurch die Diagnose 
auf Carcinom ermöglichen. M. hat diese Probe an 10 Patienten 
angestellt, ist aber noch zu keinem endgültigen Resultat gelangt. 

Diskussion: 

Herr Wolfsohn bemerkt, er habe bereits im vergangenen 
Jahr eine Anzahl von Fällen mit der Probe untersucht; dabei 
stellte es sich heraus, daß die Reaktion nicht spezifisch ist, und 
daher in diagnostischer Beziehung nicht verwendet werden 
kann. 

Tagesordnung: 

Zur Biologie der Tuberkelbacillen. 

Herr Hans Aronson: Im Anschluß an die aufgestellten 
Präparate erinnert Vortragender an einige neuere Forschun¬ 
gen über den Tuberkelbacillus und erörtert drei verschiedene 
Punkte, die für die Lehre von dem Tuberkelbacillus bedeu¬ 
tungsvoll sind. 1. Die Frage nach der Ursache der spezifischen 
Färbung der Tuberkelbacillen. 2. Die nach der Bedeutung 
der Much sehen Granula. 3. Das Problem der Auflösung der 
Tuberkelbacillen, ad 1. ist seit langem bekannt, daß die 
Tuberkelbacillen sich auszeichnen durch einen großen Gehalt 
an in Aether löslichen Substanzen. Durch Extraktion der fil¬ 
trierten und mit Wasser gewaschenen Bacillen erhält mau eine 
Substanz, die vom Vortragenden als Tuberkelwachs bezeichnet 
worden ist; daß es sich tatsächlich um ein Wachs handelt, 
läßt sich durch Verseifen feststellen. Bei der Verseifung mit 
Alkohol und Kalilauge bleibt ein unverseifbarar Teil zurück. 
A. hat ferner festgestellt, daß dieser höhere Alkohol allein 
für sich die spezifische Säurefestigkeit der Tuberkelbacillen 
bedingt, ad 2. Much hat vor einigen Jahren gefunden, daß 
die Tuberkelbacillen außer den nach Z i e h 1 färbbaren noch 
andere nach Gram darstellbare Substanzen enthalten: die 
sogenannten Much sehen Granula. Much hält sie für eine 
neue von ihm entdeckte Form des Tuberkelvirus. Nicht nur 
bei der Extraktion der Tuberkelbacillen in fettlösenden Sub¬ 
stanzen, sondern auch beim Schütteln mit Antiformin bleiben 
diese Körper färbbar. Vortragender hat nun ein Mittel ge¬ 
funden, das Entwaschen der Tuberkelbacillen deutlicher "zu 
machen. Schüttelt man Tuberkelbacillen mit Trichloräthylen, 
so bleibt nach zwei Tagen nicht nur keine säurefeste Substanz 
zurück, sondern auch die Much sehen Granula sind in Lösung 
gegangen, es findet sich bei Gram scher Färbung nichts von 
violetten Körperchen. Das beweist; daß die Granula nicht aus 
Eiweißsubstanzen bestehen können. Die Much sehen Granula 
verdanken ihre Färbbarkeit einer Fettsubstanz und ihre Be¬ 
deutung als besondere Art des Tuberkelvirus ist hinfällig. 
Ehrlich hat schon gezeigt, daß in den jungen Tuberkel¬ 
bacillenkulturen ein großer Teil der Bacillen nicht säurefest 
ist; man sieht aber auch bei der Untersuchung, daß die jüng¬ 
sten Tuberkelbacillen weder nach Gra m noch nach Z i e h 1 
färbbar sind. Wenn die Körnchen anfangen, sich'auszubilden, 
dann werden sie säurefest. Hand in Hand mit der Säurefestig¬ 
keit geht die Frage nach der Auflösung der Tuberkelbacillen. 
Diese lösen sich nicht in Antiformin, auch die Granula nicht. 
Diese Nichtlöslichkeit beruht auf der Anwesenheit jener Sub¬ 
stanz. Es hatte Aufsehen erregt, als aus Hamburg mitgeteilt 
wurde, es gelänge Tuberkelbacillen mit einer 25 proz. Lösung 
von Neurin aufzulösen. Es stellte sich aber heraus, daß nicht 
alle Bacillen gelöst werden. Es ist möglich, daß die voll¬ 
ständige Entwachsung der Tuberkelbacillen durch Trichloräthy¬ 
len (1 proz.) späterhin eine praktische Bedeutung gewinnt. 



No. 34. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


527 


Diskussion: 

Herr Reiter demonstriert Much sehe Granula, die er aus 
einem Sputum nach einem einfachen Verfahren dargestellt hat. 

Herr Aronson (Schlußwort) gibt technische Angaben zur 
Darstellung der Granula. 

Ueber Virchows Leontiasis ossea und Pagets Osteitis deformans. 

(Mit Demonstrationen von Präparaten und Lichtbildern.) 

Herr Max Koch: Die Bezeichnung Leontiasis ossea stammt 
von V i r c h o w. Er verfügte damals über keinen Fall eigener 
Beobachtung dieser seiteneu Erkrankung und seine Darstellung 
in der Vorlesung über die krankhaften Geschwülste bezog sich 
auf eine gewisse Reihe berühmter Schädel, die sich im Laufe 
der Zeit in den Sammlungen zusammengefunden hatten. Bei 
der Bezeichnung Leontiasis ossea war für V i r c h o w ma߬ 
gebend die äußere Aehnlichkeit, und das Wesen des Prozesses 
sah er in periostitischen Vorgängen, die durch Eiterungen her¬ 
vorgerufen, zu elephantiastischen Verdickungen des Knochens 
führten. Die Leontiasis ossea blieb also eine Erkrankung sui 
generis, bis 1876 Paget die Osteitis deformans beschrieb und 
das Leiden als eine Entzündung des Knochens bezeichnete, i 
das oft mit Verkrümmungen der Extremitäten und der Wirbel¬ 
säule, Abnahme der Kopfhöhe und Zunahme des Schädel¬ 
umfanges einherging. P a g e t hat dann aber selbst den Krank¬ 
heitsbegriff erweitert, indem er auch die großen porösen 
Schädel zum größten Teil zur Osteitis rechnete. Er beschränkte 
sich jedoch darauf, nur diejenigen Schädel zu reklamieren, bei 
denen keine Beeinträchtigung des Schädelinnerns, keine Ver¬ 
engerungen der Oeffnungen und keine Exostosen vorhanden 
waren. Dies hat sich aber nicht aufrecht erhalten lassen, seit¬ 
dem man die Fälle auch mikroskopisch zu untersuchen be¬ 
gonnen hatte. 

Vortragender berichtet über einen hierhergehörigen Fall, 
eine Patientin, die im Juni 1907 in der Medizinischen Gesell¬ 
schaft von Herrn T o b y Cohn vorgestellt, und schon damals 
auf Veranlassung des Herrn v.Hansema n n als Osteitis defor¬ 
mans Paget diagnostiziert worden ist. Die Patientin war früher 
nie krank gewesen und hatte als Kind keinen abnorm großen 
Kopf. Mit 20 Jahren bemerkte sie Zunahme des Kopfumfanges 
und Entstellung des Gesichts. Ihre Klagen bezogen sich auf 
Ohrensausen, Kopfschmerzen, Schwindel, Abnahme des Ge¬ 
sichts und Gehörs. Die Intelligenz war bis kurz vor dem Tode, 
der infolge eines auf arteriosklerotischer Grundlage beruhen¬ 
den apoplektischen Insults eintrat, ungestört. Bei der Obduk¬ 
tion fanden sich eine große fibromatöse Geschwulst an der 
rechten Brust, Adenome in der rechten Niere, Kyphose der 
Wirbelsäule, allgemeine hochgradige Arteriosklerose; die 
Weichteile des Kopfes sehr dünn, die Knochenhaut nicht ver¬ 
dickt, die Knochenoberfläche, im allgemeinen glatt, überall 
mit feinen Poren für den Durchtritt der Gefäße versehen. Die 
Farbe des Knochens mit Ausnahme des Unterkiefers bläulich¬ 
rot. Das Gewicht des uneröffneten Schädels betrug 5200 g. 
Die größte Dicke des leicht durchzusägenden Schädels be¬ 
fand sich am Stirnbein und betrug hier 6 cm. Die rechte Stirn¬ 
beinhöhle enthielt schleimig-eitrigen Inhalt, die Hirnhaut war 
unverändert, das Gehirn war plattgedrückt und wog nach 
Formalinhärtung 1250 g, das Volumen des Schädelinneren be¬ 
trug 1280 ccm. Der Unterkiefer war gar nicht, die Proc. 
zygomatici und condyloidei und die Gehörknöchelchen und die 
Schädelbasis weniger beteiligt. Die Oeffnungen an der Schädel¬ 
basis waren alle verengt. Die mikroskopische Untersuchung 
ergab eine typische Osteitis fibrosa. Der Fall ist insofern be¬ 
merkenswert, als die Veränderungen nicht auf die Knochen 
des Hirnschädels beschränkt sind und auch eine Verdickung 
einiger Gesichtsknochen (Nasen- und Jochbeine) vorhanden ist, 
ein Umstand, der früher für die Osteitis fibrosa Paget in Ab¬ 
rede gestellt wurde. Ueber die Aetiologie läßt sich nichts 
sagen, die Anamnese gibt keine Anhaltspunkte. Vortragender 
ist dafür, daß die Bezeichnung Leontiasis ossea als Krankheits¬ 
spezies fallen gelassen werde; man begnüge sich bei der 
Osteitis deformans von einer Hyperostosis leontiastica zu 
sprechen. (Demonstration.) 

Diskussion: 

Herr Bockenheimer demonstriert einige Schädel mit 
diffuser Exostose, die er in den Jahren 1903—1906 in der 
v. Bergman n sehen Klinik beobachtet und behandelt hat. (In 
einem Falle Knochenabtragung am Proc. alveolaris des Ober¬ 
kiefers und Prothesenbehandlung). Die Untersuchung ergab, 
daß es sich um Osteitis fibrosa handelte; es fand sich fibröses 
Fasermark in den langen Röhrenknochen, Verdünnung der 
Corticalis, marmorseifenartige Veränderung der Knochenhöhle. 
Was die Aetiologie betrifft, so spricht der klinische Verlauf 
dafür, daß es sich bei der Ostitis fibrosa um eine Krankheit 
handelt, die angeboren oder in früher Jugend erworben ist. 

Herr Koch "(Schlußwort). Britzmann. 


III. Therapeutische Notizen. 

In seiner Arbeit „die akute Gonorrhoe beim 
Manne, ihre Dauer und Heilung“ empfiehlt Dr. 
J. Sturdivant Read (Brooklyn), Assistent im Long Island Col¬ 
lege Hospital, zur Unterstützung der örtlichen Behandlung die 
interne Behandlung mit S a n d e 1 ö 1, das am besten in der 
Form des Santyls zu nehmen ist. Es ist geruchlos und rief nur 
in zwei von 100 Fällen Magenstörungen hervor. In seiner 
Wirkung scheint es dem reinen Sandelöl gleich zu kommen. 
(Long Island Medical Journal, 1910, No. 2.) . K. 

Ueber Veronalnatrium bei Seekrankheit berichtet 
Schiffsarzt Dr. Galler (Therapie der Gegenwart, 1910, II). Ver¬ 
fasser hat das zuerst von Schepelmann empfohlene Vero- 
nal ebenfalls längere Zeit als Sedativum bei Seekrankheit ver¬ 
wendet und gefunden, daß die Natriumverbindung, das Veronal¬ 
natrium, noch vorteilhafter ist. Dessen leichtere Löslichkeit 
und damit zusammenhängende schnellere Resorbierbarkeit und 
Wirksamkeit sind von größtem Wert, wenn infolge ständigen 
Brechreizes, w ie bei der Seekrankheit, alles in den Magen Ein¬ 
geführte wieder erbrochen zu werden droht. Veronalnatrium 
kann schon mit ganz geringer Flüssigkeitsmenge verabfolgt 
werden, die das Erbrechen nicht begünstigt. Bei länger dauern¬ 
dem schlechtem Wetter gab Galler innerhalb 24 Stunden 
zweimal 0,5 g in wenig Wasser. Gelingt es dem'Patienten, was 
mit wenig Ausnahmen der Fall ist, das Mittel zirka zehn 
Minuten bei sich zu behalten, so hat er sicher für die nächsten 
10—12 Stunden Ruhe. In leichten Fällen genügt einmalige 
Anwendung abends nach dem Zubettgehen. — Man kann auch 
mit Veronalnatrium den Eintritt der Seekrankheit nicht immer 
verhüten oder die Erscheinungen absolut beseitigen, es bringt 
aber „relativ in den häufigsten Fällen den Seekranken eine 
bedeutende Erleichterung von allen Beschwerden“. —r— 


Ueber die Anwendung von Dionin berichtet Dr. Reif 
(Ziegenrück). Als Ersatz des Morphiums angewendet war 
Dionin stets frei von Nebenwirkungen. Es rief weder Uebelkeit 
noch Erbrechen hervor, auch die zuweilen beklagte Einge¬ 
nommenheit des Kopfes nach Morphiumverabreichung fiel bei 
Dionin fast ganz fort. — In der Augenheilkunde emp¬ 
fiehlt sich die Verwendung von Dionin in Verbindung mit 
Atropin, wenn energische Erweiterung der Pupille geboten ist, 
z. B. bei traumatischem Katarrh, schwerer lridocyclitis. Ver¬ 
fasser verfährt so, daß er einen Kristall Atropin auf der Con- 
junctiva des Unterlids langsam zergehen läßt, während der 
Tränensack zugehalten wird, und nach genau sieben Minuten 
ein halbhirsekorngroßes Stück Dionin ebenfalls im Conjunc- 
tivalsack zergehen läßt. Die Wirkung ist schneller und ener¬ 
gischer, als nach wiederholten Atropin-Kokaiu-Einträufelungen. 
Bei deutlicher Arteriosklerose und Patienten über 60 Jahren 
wird Dioninanwendung am Auge vermieden. — Erwähnt wird 
ferner die besonders gute Wirkung des Dionins auf seröse 
Häute. Pleuraschmerzen nach Rippenbrüchen und Reizzu¬ 
stände des Pelveoperitoneums ließen nach Darreichung des 
Mittels prompt nach. (Med. Klinik, 1910, No. 9.) —r— 


IV. Bücherschau. 

Handbuch der Sacliverständigentätigkeit. — Die Vergiftungen. 

Klinischer Teil. Zweite Hälfte. — Die organischen Gifte. 

(Therapie, semiotische Uebersicht.) Von Dr. Franz Erben. 

1245 S. 

Dieser Abschnitt des groß angelegten Werkes ist eine 
spezialisierte Aufzählung sämtlicher als Gifte wirkender orga¬ 
nischer Körper, welche gelegentlich zu Schädigungen des 
Organismus führen können. Der erste Hauptabschnitt gibt eine 
Zusammenstellung derSymptomatologie sow'ie der ätiologischen 
Bedingungen, unter denen eine Vergiftung durch Zufall, Ab¬ 
sicht oder durch eine Selbstschädigung beobachtet worden 
ist. — Hervorzuheben ist die Vollständigkeit, mit welcher die 
Literatur verwertet worden ist, so daß gerade dieser Abschnitt 
für Sachverständige ganz unentbehrlich sein dürfte. — Für den 
Praktiker von großer Wichtigkeit ist der zweite Abschnitt, in 
welchem die Therapie der verschiedenen Vergiftungen eine 
systematische Darstellung erfahren hat. Sie gliedert sich in 
einen allgemeinen Teil, in welchem die kausale Behandlung 
je nach der Natur des Giftes und dem Organe, in welchem die 
Giftwirkung zuerst erfolgt, Gegenstand der Besprechung ist, 
und einen symptomatischen Abschnitt, in w'elchem die Behand¬ 
lung der Hauptsymptome bei dem einzelnen Gifte erörtert wird. 
— Entsprechend dem Zwecke des Ganzen, ein schnell orien¬ 
tierendes, das gesamte Gebiet erschöpfendes Nachschlagewerk 
für die Sachverständigen zu sein, ist die Darstellung möglichst 
knapp gehalten. Daß trotzdem der Umfang des Werkes ein so 
großer geworden ist, spricht für die Vollständigkeit des 




528 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 34. 


hier mit einem ungeheuren Fleiße und einer überaus großen 
Sorgsamkeit zusammengetragenen Materials, welches in dieser 
Beziehung seinesgleichen suchen dürfte. H. L. 

Leiden und Freuden eines Landarztes. Bilder nach dem Leben 
gezeichnet von Dr. Ernst Ringier, gew. Arzt in Kirchdorf 
(Kanton Bern). Verlag von Huber & Co. in Frauenfeld, 
1909. 127 S. 3 M. 

Der Schweizer Kollege, welcher seine selbständige land¬ 
ärztliche Tätigkeit kurz nach 1870 begann und bis vor wenigen 
Jahren in seinem Heimatort ausgeübt hat, bietet den Kollegen 
kurze autobiographische Aufzeichnungen über sein Werden 
und Wirken als Landarzt, wobei er wohl hauptsächlich junge 
Kollegen als Leser im Auge hat. Eine zufriedene, religiöse Natur 
spricht aus diesen Skizzen; auch wer nicht die Weltanschauung 
des Verfassers teilt, wird seine Erinnerungen mit Interesse 
lesen; zeigen sie doch, daß der Beruf des Landarztes, von einem 
Berufenen ausgeübt, reiche innere Befriedigung gewährt. 
Leider ist dieses Landarzt-Idyll, wenigstens bei uns, im Aus¬ 
sterben begriffen; die sozialen Kämpfe, das Krankenkassen¬ 
wesen lassen den seelischen Kontakt zwischen Arzt und 
Patienten nicht mehr aufkommen, der für eine befriedigende 
Ausübung der landärztlichen Tätigkeit Vorbedingung ist. 

Ueber den derzeitigen Stand der Frage der Radiumemanation. 
Von Dr. Felix Davidsohn. Arzt für Lichtbehandlung in 
Berlin. (Berliner Klinik, Heft 263, Mai 1910.) Berlin W. 35, 
Fischers med. Buchhandlung (H. Kornfeld). 22 S. 
0,60 M. 

Bei der Bedeutung, welche die radioaktiven Stoffe für die 
Therapie gegenwärtig erlangt haben, ist die Kenntnis 
der Haupttatsachen dieses Gebiets für jeden Arzt notwendig. 
Für die allgemeine Praxis kommt vorläufig fast nur die Radium¬ 
emanation in Betracht, welche in Form von Badekuren, In¬ 
halationskuren und Trinkkuren dem Organismus zugeführt 
werden kann. Da einige Fabriken die Herstellung von emana¬ 
tionshaltigem Wasser (Radiogen-Wasser) im großen betreiben, 
ist jeder Kollege in der Lage, in geeigneten Fällen die Radium¬ 
emanation zu versuchen. Die vorliegende kleine Schrift gibt 
eine brauchbare theoretische und praktische Anleitung hierzu. 
D'er Verfasser sucht dem physikalisch nicht vorgebildeten Leser 
zunächst das Wesen der Radiumemanation klar zu machen, er¬ 
geht dann kurz auf die einfachen in der Praxis anwendbaren 
Methoden zur Messung der Stärke der Radioaktivität ein und 
berichtet zum Schluß über seine therapeutischen Ergebnisse 
bei der Verwendung der Radiumemanation. Er empfiehlt 
Trinkkuren bei Gicht und anderen Stoffwechselstörungen, bei 
rheumatischen Erkrankungen, bei Neuritiden und Neuralgien, 
Inhalationskuren bei Katarrhen der oberen Luftwege, Bade¬ 
kuren bei Frauenkrankheiten, besonders Beckenexsudaten und 
Menstruationsanomalien. Seine eigenen Erfahrungen erstrecken 
sich allerdings fast nur auf rheumatische Affektionen, bei denen 
er sehr gute Erfolge gesehen hat. 

Aeltere und neuere Methoden der Quecksilberbehandlung. Von 
Dr.' Eduard Bäumer, Spezialarzt für Hautkrankheiten in 
Berlin. (Berliner Klinik, Heft 264, Juni 1910). Berlin 
W. 35, Fischers med. Buchhandlung (H. Kornfeld). 
18 S. 0,60 M. 

Gegenwärtig, wo das Ehrlich-Hatasehe Präparat 
seinen Siegeszug durch die Welt, in der man sich mit der Be¬ 
handlung der Syphilis abquält, angetreten hat, erscheint eine 
Abhandlung über die Methoden der Quecksilberbehandlung 
nicht recht zeitgemäß, es ist also nicht ersichtlich, aus welchem 
Grunde Verfasser diese Schrift gerade jetzt veröffentlicht hat; 
wesentlich Neues bringt er nicht, abgesehen von einem kurzen 
Bericht über das neueste Hg-Präparat, Asuro'l, das ein 
Doppelsalz aus Quecksilbersalicylat und amidooxybuttersaurem 
Natron darstellt. Deswegen möge auf die Schrift hingewiesen 
werden. 

Jahreskurse für ärztliche Fortbildung in 12 Monatsheften. Syste¬ 
matisch angeordnete illustrierte Lehrvorträge über den jähr¬ 
lichen Wissenszuwachs der gesamten Heilkunde, heraus¬ 
gegeben von den Professoren v. Bruns (Tübingen), 
E. Bumm (Berlin), Erb (Heidelberg), v. Gr über 
(München), v. Noorden (Wien), v. Strümpell (Leip¬ 
zig). Redakteur: Dr. D. Sarason (Berlin). Heft 7. J. F. 
Lehmanns Verlag, München. 

Das vorliegende 7. Heft (Juli) dieser Vorträge ist der 
Gynäkologie und Geburtshilfe gewidmet. Den 
gynäkologischen Teil hat Prof. Dr. Veit, Direktor der Univer¬ 
sitätsfrauenklinik in Halle a. S., bearbeitet. Er bespricht die 
Fortschritte der Gynäkologie in den letzten 
Jahren in der Weise, daß er eine Reihe für die allgemeine 
Praxis besonders wichtiger Einzelfragen kritisch auf Grund der 
Literatur sowie eigener Erfahrungen erörtert. Die einzelnen 
Abschnitte betreffen die Anwendung der Röntgenstrahlen in 


der Gynäkologie, besonders in der Behandlung der Uterus¬ 
myome, die operative Behandlung des Uteruscarcinoms, die 
Frage der Endometritis und uterinen Blutungen, das Frühauf- 
stehen nach Operationen, ferner Einzelheiten wie den duode¬ 
nalen Ileus, die postoperative Peritonitis, die Behandlung der 
Inversio uteri, endlich die Behandlung der Vorfälle und der 
Retroflexio uteri, zum Schluß die Frage der Appendicitis in 
ihren Beziehungen zu den Erkrankungen der Adnexe. Die 
Darstellung Veits hält gut die Mitte zwischen kritikloser 
Ueberschätzung und prinzipieller Verwerfung der zahlreichen 
besprochenen Neuerungen und ist daher recht geeignet, dem 
praktischen Arzt als Führer bei der objektiven Würdigung der 
Fortschritte der Frauenheilkunde zu dienen. In mehr subjek¬ 
tiver Weise behandelt im zweiten Teil des Heftes Professor 
Franz, der neuernannte Direktor der Berliner Charite- 
Frauenklinik, die Neuerungen auf dem Gebiet der 
Geburtshilfe. Die chirurgische Aera der letzten Jahre 
hat hier ziemliche Umwälzungen hervorgebracht; trotzdem die 
neuen geburtshilflichen Operationen im allgemeinen wohl der 
Klinik vorzubehalten sind, konnten die sich überstürzenden 
Neuerungen doch nicht ohne Einwirkung auf die Anschauungen 
der Allgemeinpraktiker bleiben und haben unstreitig eine ge¬ 
wisse Unsicherheit in die geburtshilfliche Indikationsstellung 
hineingetragen. Die Darstellung von Franz ist gut geeignet, 
über die bisherigen Erfolge der „chirurgischen Geburtshilfe“ 
zu orientieren. Er kommt zu dem Ergebnis, daß Hebosteotomie 
und cervicaler Kaiserschnitt wegen ihrer Gefahren und tech¬ 
nischen Schwierigkeiten keine Operation für den praktischen 
Arzt sind, daß dagegen der klassische Kaiserschnitt ohne Be¬ 
denken von ihm ausgeführt werden kann. Was die konser¬ 
vative Behandlung des engen Beckens anlangt, so verwirft 
Franz die hohe Zange und die prophylaktischen Operationen 
(prophylaktische Wendung und künstliche Frühgeburt). Er 
berücksichtigt hierbei wohl zu wenig die Verhältnisse der all¬ 
gemeinen Praxis. Auch der vaginale Kaiserschnitt, der haupt¬ 
sächlich bei Placenta praevia und Eklampsie indiziert ist, kann 
nach Verfasser im allgemeinen nicht als Operation des prak¬ 
tischen Arztes angesehen werden. Zum Schluß bespricht Ver¬ 
fasser kurz die Anwendung der Morphium-Skopolamin-Narkose 
zur Linderung des Geburtsschmerzes, die er vorerst für die 
allgemeine Praxis widerrät, und die Frage des Frühaufstehens 
der Wöchnerinnen. — Wie man sieht, sind im vorliegenden 
Heft trotz des nicht großen Umfangs (42 S.) ziemlich viele 
aktuelle Fragen aus dem Gebiet der Frauenheilkunde und Ge¬ 
burtshilfe behandelt. Auf den billigen Preis (1,50 M.) des auch 
einzeln käuflichen Heftes sei noch besonders hiiigewiesen. 

R. L. 

V. Feuilleton. 

Dr. David Gruby. 

(20. August 1810 — 13. November 1898). 

Zur Erinnerung an seinen hundertsten Geburtstag 
Von 

Prof. Dr. S. Rabow (Lausanne). 

Am 20. August jährt sich zum hundertsten Male der Tag, 
an dem David Gruby das Licht der Welt erblickte. Wer 
dieser Mann war, wissen heute nur noch wenige. Und doch hat 
Dr. Gruby bei Lebzeiten als bahnbrechender Forscher, an¬ 
regender Lehrer, bedeutender Arzt und Philanthrop lange 
genug viel von sich reden gemacht. Nach seinem Tode 
ist er, obgleich kein geringerer als Professor Ra plliael 
Blanchard 1 ) in Paris ihm eine, seinen Verdiensten ent¬ 
sprechende, ausgezeichnete Biographie gewidmet hat, rasch der 
unverdienten Vergessenheit anheimgefallen. Der bevorstehende 
hundertste Geburtstag Gruby’s ruft die Erinnerung an ihn 
wieder wach, so daß es angebracht erscheinen dürfte, der 
gegenwärtigen Generation noch einmal in kurzen Zügen das 
Leben und Wirken dieses seltenen, wunderlichen Mannes vor 
Augen zu führen. Sein Werdegang weicht in schroffer Weise 
von allem Herkömmlichen ab. Hervorgegangen aus ärmlichen, 
ungebildeten Kreisen, kämpfend mit den widrigsten Verhält¬ 
nissen und gröbsten Vorurteilen, ist es Gruby durch glück¬ 
liche Forschergabe und ungewöhnliches Lehrtalent auffallend 
schnell gelungen, sich zu ansehnlicher Höhe emporzuringen 
und sich einen wissenschaftlichen Namen zu machen. Er zählte 
jahrzehntelang zu den gesuchtesten Aerzten und unermüdlich¬ 
sten Wohltätern der französischen Kapitale. Dabei war er ein 
Sonderling, ein „Outsider“ in des Wortes wahrster Bedeutung, 
der manche mißliebige Bemerkungen über sich ergehen lassen 
mußte. Es fehlte nicht an übelwollenden Kollegen, die den 
Dr. Gruby wegen seines absonderlichen Auftretens und Ge- 
bahrens und vornehmlich seiner geradezu verblüffenden Ver- 

9 Raphael Blanchard, Arch, de Parasitol, 1899, Tom 2. 




No. 34. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1010. 


ordnungsweise für verrückt hielten; andere bezeichneten ihn 
als einen schlauen Charlatan. Aber er ertrug Hohn und Spott 
mit bewundernswerter Gleichgültigkeit und ließ sich durch 
nichts von dem einmal betretenen Wege und der ihm eigenen 
Lebensweise abbringen. 



DAVID GRÜBY 
f la a—j /gfd - n Mrtri* fj . 

Werfen wir nun einen Blick auf den Entwickelungsgang 
und das arbeitsreiche Leben dieses Mannes. Ueber seine Jugend 
ist nicht viel zu sagen. Gruby entstammt einer jüdischen 
Familie. Er wurde am 20. August 1810 zu Kis-Ker in Süd- 
Ungarn geboren, woselbst seine Eltern und Geschwister ihr 
sehr bescheidenes Auskommen durch Betrieb von Ackerbau 
gewannen. Für diese Beschäftigung zeigte der heranwachsende, 
wißbegierige Knabe wenig Neigung und Geschmack. Sein Sinn 
war auf Höheres gerichtet. Er wollte Kenntnisse erwerben, 
studieren. Der Vater mußte schließlich den Gedanken aui- 
geben, diesen Sprößling zu einem tüchtigen Bauern heranzu¬ 
ziehen, und erbittert forderte er ihn eines Tages auf, Elternhaus 
und Heimatdorf zu verlassen und in der Ferne sein Glück zu 
versuchen. So zog der Knabe, ausgerüstet mit nichts weiter 
als einem Barbestände von 50 Kreuzern zu Fuß in die unbe¬ 
kannte, weite Welt hinaus. Das Ziel seiner Wanderung war 
Pest. Da er in den vielen von ihm passierten Ortschaften 
arbeiten mußte, um etwas zu verdienen, dauerte diese Reise 
ziemlich lange. — 

In Pest war er so glücklich, bei Glaubensgenossen, in einer 
sogenannten Garküche Beschäftigung zu finden. Er hatte da¬ 
selbst jeden Abend die Rechnungen zu schreiben und erhielt 
als Gegenleistung Verpflegung und Nachtlager. Tagsüber blieb 
ihm genügend Zeit und Muße, für sich zu arbeiten und sich weiter 
zu bilden. Aber — in einer christlichen Schule konnte damals 
ein Jude nicht Aufnahme finden — und einen Lehrer zu be¬ 
zahlen, fehlten die erforderlichen Mittel. Da verfiel der von 
Wißbegierde beseelte Junge auf den Gedanken, sich jeden 
Morgen an eine Schule heranzuschleichen und mit gespannter 
Aufmerksamkeit, außerhalb der Klasse, an der Türe den Worten 
des Schulmeisters zu lauschen. In dieser Situation wurde er 
eines Tages von dem Lehrer überrascht und ausgefragt. Dieser, 
ein gutmütiger Priester, fand Gefallen an dem aufgeweckten 
Wesen des armen, strebsamen Burschen und gestattete ihm auf 
eigene Verantwortung die regelmäßige Teilnahme am Klassen¬ 
unterricht. Damit war dem Knaben der Weg für seine spätere 
Laufbahn geebnet. Er machte rapide Fortschritte und gewann 
auch bald durch Erteilen von Nachhilfestunden soviel Geld, daß 
er sich nach einigen Jahren zum Studium der Medizin nach 
Wien begeben konnte. 

Daselbst schlug er in einem uralten, verfallenen Hause, 
das nur ganz unbemittelten Studenten zum Obdach diente, sein 
Domizil auf. Von anderen lebenden Wesen sah man dort nur 
den Gerichtsvollzieher ein- und ausgehen. Auch Gruby’s 
wegen mußte derselbe sich zuweilen dorthin begeben. Um der 
unbehaglichen Amtstätigkeit des allgemein gefürchteten Mannes 
einen Damm entgegenzusetzen, pflegte G r u b y bei seinem Her¬ 
annahen in aller Eile Chlorgas in solcher Menge zu entwickeln, 
daß dem geborenen Peinigei- der akademischen Jugend Hören 
und Sehen vergingen und er sich schleunigst dem Bannkreise 
der irrespirablen Atmosphäre zu entziehen suchte. Und er 
sowohl wie das übrige kleine Völkchen von Hungerleidern 
konnte wieder freier atmen! — 

Aber nicht nur mit solchen scherzhaften und nützlichen 
chemischen Experimenten verbrachte der junge Gruby seine 
Zeit. Er widmete sich mit Fleiß und Eifer dem Studium der 
Medizin. Unter Rokitansky’s anregender Leitung be¬ 
schäftigte er sich unausgesetzt mit pathologischer Anatomie und 


529 

Histologie; außerdem zog ihn das Studium der Augenheilkunde 
an. Dabei zeichnete er sich in so hervorragender Weise aus, 
daß man ihn als „Operationszögling“ zuließ, ein Grad, der 
bisher seinen Glaubensgenossen niemals zugänglich gewesen 
war. 

Am 18. März 1839 erhielt David Gruby sein Doktor¬ 
diplom. Bald darauf erteilte er Kurse über Anatomie, Physio¬ 
logie und Ophthalmologie, die sich einer ganz ungewöhnlichen 
Beliebtheit zu erfreuen hatten. Er verstand es, seine Vorträge 
so anregend und interessant zu gestalten, daß immer größere 
Scharen von Zuhörern herbeiströmten. Zu dieser Zeit erschien 
auch schon sein groß angelegtes Werk: „Observationes micro- 
scopicae ad morphologiam physiologicam.“ Dasselbe erregte 
so viel Aufsehen, daß die Wiener Universität ihm eine außer¬ 
ordentliche Professur anbot, allerdings unter der Bedingung, 
daß er dem Glauben seiner Väter entsagte. Letzteres Ansinnen 
wies er jedoch ohne weiteres zurück, weil er es nicht fertig be¬ 
kam, seinem Intellekt das geforderte Opfer zu bringen. In¬ 
folgedessen verließ er Oesterreich, um in einem Lande mit 
liberaleren Grundsätzen sein Heil zu versuchen. Er ging zu¬ 
nächst für kurze Zeit nach England und schlug dann Ende 1840 
seinen festen Wohnsitz in Paris auf. 

Hier hat er nun während seines langen Lebens ein halbes 
Jahrhundert rastlos gearbeitet und seine erfolgreiche Tätigkeit 
nach den verschiedensten Richtungen entfaltet. In seinem Da¬ 
sein lassen sich mehrere genau abgegrenzte Perioden unter¬ 
scheiden. 

Nachdem er in Paris festen Fuß gefaßt und französischer 
Untertan geworden war, widmet er sich während der ersten 
18 Jahre ausschließlich ernsten wissenschaftlichen Forschungen, 
besonders auch mikroskopischen Untersuchungen und mit 
wahrem F'euereifer dem ihn vor allem anziehenden Lehrfache. 
Er macht in rascher Folge bedeutsame Funde und publiziert 
wertvolle Arbeiten. An seinen Namen heftet sich alsbald die 
Entdeckung des Soorpilzes, ferner des Trichophyton tonsurans 
und vieler anderer pflanzlicher parasitärer Gebilde, deren Be¬ 
kanntwerden für die Beurteilung und Behandlung verschiedener 
Haut- und Haarkrankheiten von eminent praktischer Bedeutung 
geworden ist. G ruby ist auch der erste, der in Frankreich die 
photographische Wiedergabe mikroskopischer Bilder in An¬ 
wendung bringt. Die vergleichende Anatomie hat ihn lebhaft 
interessiert, und seine Präparate und Abbildungen bilden noch 
heute eine Zierde des Musee Orfila. Eine ganze Sammlung 
solcher von Gruby angefertigter Abbildungen besitzt mein 
Freund, Professor G a 11 i - V a 1 e r i o in Lausanne. Kurze Zeit 
vor G r u b y ’ s Ableben hatte Professor R. Blanchard Ge¬ 
legenheit, dessen auf der Höhe des Montmartre errichtetes 
Observatorium zu besuchen. Er war nicht wenig überrascht, 
daselbst gleichzeitig ein naturwissenschaftliches Museum zu 
finden, das wahre Schätze barg. Die meisten Präparate waren, 
obgleich sie vor einem halben Jahrhundert angefertigt waren, 
noch gut erhalten. Beim Anblicke der 15 000 mikroskopischen 
Präpaiate und der 2000 nach einem von Gruby erfundenen 
Verfahren hergestellten photographischen Aufnahmen konnte 
B. sein Bedauern nicht unterdrücken, daß dieser bewunderns¬ 
werte, schaffensfreudige Mann den wissenchaftlichen Teil seiner 
Karriere so früh- und vorzeitig abgeschlossen. Er, der sich 
rühmen durfte, Flourens, M i 1 n e Edwards, Claude 
Bernard, Magendie und andere weltberühmte Gelehrte 
zu seinen Schülern zu zählen, würde zweifellos noch Hervor¬ 
ragendes als Lehrer und Forscher geleistet haben. Aber — 
Gruby wendet sich mit einem Schlage von seiner bisherigen 
rühm- und erfolgreichen wissenschaftlichen Tätigkeit ab, nach¬ 
dem er eine kränkende Zurücksetzung erfahren, indem ihm bei 
der Bewerbung um eine Professur an der Tierarzneischule ein 
geborener Franzose vorgezogen wurde. 

Von diesem Zeitpunkte an widmete Gruby sich aus¬ 
schließlich der ärztlichen Praxis — und auch hier gelang es 
ihm bald, fabelhafte Erfolge zu erringen. In dem kleinen, 
dicken, eigenartigen Manne hatte sich eine Summe nicht ge¬ 
wöhnlicher Talente vereinigt, und in bezug auf Wissen und 
Können stand er keinem Fachgenossen seiner Zeit nach. Seine 
Heilmittel schöpfte er aus keiner der vorhandenen Pharma¬ 
kopoen, sondern stets aus seinem phantasiereichem Kopfe. 
Und je phantastischer und tollkühner seine Verordnungen 
waren, desto wirksamer erwiesen dieselben sich, desto größer 
wurde der Zulauf des ihm blindlings vertrauenden Publikums. 
Dasselbe setzte sich aus den erlesensten Gesellschaftskreisen 
zusammen. Wir begegnen unter diesen Klienten Träger welt¬ 
bekannter Namen. So sehen wir Georges Sand, Hein¬ 
rich Heine, Alexander Dumas (Vater und Sohn), 
Alphonse Daudet, Chopin, Liszt, Mac M a h o n und 
die angesehensten Vertreter der Diplomatie und Finanzwelt bei 
Dr. Gr u b y ärztlichen Rat und Hilfe suchen. Sie alle schworen 
auf ihn, dessen eigenartige, einer komischen Mystik nicht ent¬ 
behrende Behandlungsmethode fast immer half und niemals 
schadete. Anders urteilten natürlich viele Fachgenossen, 
welche für den „Verrückten Charlatan“, den „alten Heil- 
derwisch“ gewöhnlich nur ein verächtliches Achselzucken 




530 THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. No. 34. 


hatten. Sein ganzes Auftreten und Gebaren schien allerdings 
gegen den gesunden Menschenverstand zu verstoßen. Die 
Räume, in denen der absonderliche Hagestolz hauste, fielen I 
durch ihre, jeder Beschreibung spottenden Unordnung auf. Die 
Fenster waren mit Büchern derart vermauert, daß sie dem 
Tageslicht nur wenig Zutritt gewährten. Auf den Stühlen, selbst 
iin sogenannten Sprechzimmer lagerten Stöße von Folianten. 
Ausgestopfte Tiere, exotische Pflanzen und die sonderbarsten 
Gegenstände standen durcheinander da. Auch der Wagen, in 
dem der wunderliche Doktor umherfuhr und sich den Parisern ) 
zeigte, war ebenso auffallend wie sein Besitzer. Es existierte 
kein Seitenfenster, sondern nur eine Lichtöffnung im oberen 
Teile. Durch diese steckte der kleine Herr, seinen mit einem 
Fez versehenen großen Kopf hinaus, um mit dem Kutscher zu 
verhandeln oder zu sehen, wohin derselbe ihn geführt. — Und 
nun erst sein Verhalten im Verkehr mit den Patienten! 

Die folgenden Beispiele mögen zeigen, in welcher origi¬ 
nellen Weise Dr. G r u b y ordinierte. 

Ais Alexander Dumas (Vater) infolge geistiger 
Ueberanstrengung hochgradig erschöpft, den Dr. G r u b y in 
der Sprechstunde konsultierte, erteilte dieser ihm folgende Ver¬ 
ordnung: „Sie verlassen früh um 6 Uhr Ihre Wohnung, begeben 
sich zu dem in der X.-Straße wohnenden Krämer Dupuis, 
um drei Aepfel zu kaufen. Dann gehen Sie weiter und ver¬ 
zehren den ersten Apfel am Fuße des Triumphbogens, den 
zweiten am Quai Orsay und den dritten am Place de la Made¬ 
leine.“ Diese Lebensweise sollte er 14 Tage hindurch genau 
einhalten und dann wiederkommen. 

Als D u m a s nach Ablauf der vorgeschriebenen Zeit sich 
wieder vorstellte, war er ein ganz anderer geworden und völlig 
genesen. 

Ein anderes Mal klagte D u m a s (wie er selbst erzählt) 
über hartnäckige Schlaflosigkeit. Gruby empfahl ihm. zur 
Bahn zu gehen, den ersten nach Versailles fahrenden Eisen¬ 
bahnzug' zu besteigen und mit dem nächsten Zuge nach Paris [ 
zurückzukehren. Während der Rückfahrt würde er fest schlafen. 
Diese Verordnung erschien selbst dem vertrauensseligen 
Dumas doch zu unsinnig, daher wollte er sie nicht weiter be¬ 
achten. — Auf dem Heimwege hatte er sich jedoch unwillkür¬ 
lich dem Bahnhofe genähert. Und da er nun einmal an Ort und 
Stelle war, wollte er es auch auf einen Versuch ankommen 
lassen. So .dampfte er denn in der Tat nach Versailles ab. 
Auf dem Rückwege wurde er schläfrig und bei seiner Ankunft 
mußte er aus tiefstem Schlafe aufgerüttelt werden. 

Einem andern, über unzählige Leiden klagenden, unbe¬ 
schäftigten, zur ebenen Erde wohnenden Hagestolz gebot 
Gruby, eine neue Wohnung in einem entfernten Stadtteile 
zu mieten. Als unerläßliche Bedingung galt dabei, daß dieselbe 
im fünften Stock und nach Südwesten gelegen sein müsse. 
Außerdem sollten sämtliche vier Zimmer mit vom Patienten 
selbst ausgewählten grünen Tapeten (jedes Zimmer in einem j 
besonderen Farbenton) neu ausgestattet werden. Das" Aus¬ 
suchen der Wohnung und der vorgeschriebenen Tapeten 
nahmen Zeit und Gedanken des Neurasthenikers so sehr in 
Anspruch, daß er von seinem Leiden abgelenkt, die Krankheit 
vergaß und nach einigen Wochen bei seinem erneuten Besuche 
völlig wiederhergestellt zu sein schien. 

Eine an nervösem Asthma leidende kranke Dame mußte 
mehrere Stunden in einem Kräutersacke stecken und aus dem¬ 
selben hinauskriechen, sobald der erste Glockenschlag der 
mitternächtlichen Stunde ertönte. Das half wie kein anderes 
Mittel. 

Einem anderen wohlhabenden Kranken war geraten 
worden, zu einer bestimmten Tageszeit eine halbe Stunde auf 
allen Vieren zu kriechen und abends zwei rohe Eier, jedes mit 
47 Salzkörnern zu essen. 

Dieser kleinen Auslese könnte ich noch manche amüsante 
Beispiele vonGruby’s Behandlungsmethode anreihen, die mir 
von seinen früheren Patienten oder Pariser Kollegen berichtet 
worden sind. Doch die oben angeführten reichen bereits hin, 
zu zeigen, wie er auf seine Leute einzuwirken verstand und 
welche wichtige Rolle Suggestion und diätetisch-hygienische 
Maßnahmen bei der Behandlung so vieler nervöser Beschwerden 
spielen. Auffallen und geradezu imponieren muß es hierbei, 
daß Dr. Gruby trotz der großen Anzahl der ihn Konsultieren¬ 
den sich nie wiederholte, sondern für jeden Fall ein eigenes 
Heilverfahren ersann. 

Natürlich hatte der berühmte Heilkünstler auch zuweilen 
Mißerfolge zu verzeichnen. Unter diesen ist besonders der 
folgende Fall, über den Dr. Schöbe r-) aus Paris berichtete, 
bekannt geworden. Gruby hatte einer reichen, alten Frau, 
die ihn wegen heftiger Magenschmerzen um Rat anging, 
dringend empfohlen, ihr Leben auf einem Dampfschiffe zuzu¬ 
bringen, das beständig zwischen Lyon und Avignon die Rhone 
auf- und abfahre. Sie sollte zu den Mahlzeiten die Musik 
spielen lassen — und im Takte der Musik essen. — Die Dame 

2 ) Schober, Deutsche med. Wochenschr., 1900, No. 7. 


verfuhr genau nach Vorschrift, aber der erwartete Erfolg blieb 
aus, denn — sie hatte ein Magencarcinom 1 — 

Was unser Heilkünstler dem bedauernswerten H e i n r i c h 
Heine in seiner schweren Krankheit verordnet hat, ist nicht 
weiter bekannt geworden. Wir wissen nur, daß er ihm nicht 
viel geholfen hat, denn das Leiden war bereits zu weit vor¬ 
geschritten und unheilbar, als Gruby’s Rat und Hilfe in An¬ 
spruch genommen wurde. 

In seinen Mußestunden beschäftigte der mit der Zeit zu 
Wohlstand gelangte Gruby sich gern mit meteorologischen 
Studien und der Herstellung von Präzisionsapparaten der ver¬ 
schiedensten Art. — Zu diesem Zwecke hatte er mit großem 
Kostenaufwande ein Observatorium auf dem Montmartre einge¬ 
richtet, in dem mit Fleiß und Eifer gearbeitet wurde. Die dort 
gemachten Beobachtungen wurden in der uneigennützigsten 
Weise andern dortigen wissenschaftlichen Instituten zur Ver¬ 
fügung gestellt. 

Bei dem ihm eigenen Interesse und Geschick für mecha¬ 
nische Fertigkeiten gelang es ihm, viele recht brauchbare Appa¬ 
rate und Instrumente herzustellen. So hatte er u. a. eine Uhr 
angefertigt, die, ohne aufgezogen zu werden, drei Jahre ging. 

Mit Vorliebe beschäftigte er sich auch mit der Konstruktion 
von Transportmitteln • für Kranke, und manche zweckmäßige 
Krankenwagen und -Zelte verdanken ihm ihre Entstehung. Im 
Ersinnen derartiger Apparate vermochte er Erstaunliches zu 
leisten, und seine mit Rädern versehenen Tragbaren und zer¬ 
legbaren Krankenbetten wurden später auf Ausstellungen mit 
den ersten Preisen bedacht. 

Bei Ausbruch des großen Krieges 1870/71 verlegte Gruby, 
der sein Adoptivvaterland über alles liebte, den Schwerpunkt 
seiner Tätigkeit auf die Pflege der Verwundeten. Mit raschem 
Blicke hatte er erfaßt, wie viel auf diesem Gebiete zu tun not¬ 
wendig war. Wo Not am Mann war, da fand man ihn hilfsbereit 
in der vordersten Reihe. Er richtete auf eigene Kosten Laza¬ 
rette ein, sorgte für schleunigste Unterbringung und geeignete 
Behandlung der Verwundeten und zeigte sich unermüdlich in 
der raschen Herstellung von Apparaten zur Linderung der 
leidenden Soldaten. Denselben hat übrigens Dr. Gruby, 
was sich gewiß der allgemeinen Kenntnis entzieht, auch dadurch 
einen nicht hoch genug anzuschlagenden Dienst geleistet, daß 
er bereits in der vorantiseptischen Aera. in richtiger Erkennt¬ 
nis ihrer Schädlichkeit, die bis dahin für unentbehrlich ge¬ 
haltene Charpie aus der Wundbehandlung streng verbannte. 
Für diese befreiende Tat kann ihm nicht genug Lob und An¬ 
erkennung gezollt werden. 

Die ärztliche Tätigkeit hatte sich für Dr. G r u b v einträg¬ 
licher gestaltet als für so viele seiner Kollegen. Er hatte, da 
jahrzehntelang die wohlhabendsten Leute seinen Rat in An¬ 
spruch genommen, große Einnahmen gehabt, aber er hing durch¬ 
aus nicht am Gelde. Er gab geräuschlos und mit vollen Händen, 
wenn es sich um wohltätige oder wissenschaftliche Zwecke 
handelte. In dieser Beziehung kann die letzte Phase seines 
langen Daseins ohne Uebertreibung als die rein philanthro¬ 
pische bezeichnet werden. Wenigen Personen war es bekannt, 
daß er mehr als 20 wohltätigen Vereinen als aktives Mitglied 
angehörte. Der einsam und zurückgezogen lebende, für seine 
Person bedürfnis- und anspruchslose Mann w r ar stets hilfsbereit 
und unermüdlich im Geben. Niemand klopfte vergebens an 
Dr. David Gruby’s Tür. 

So floß das Leben dieses eigenartigen, arbeitsamen Maimes 
dahin, das zuerst voll und ganz der wissenschaftlichen Forschung 
gewidmet war und dann in der Ausführung praktischer und 
wohltätiger Werke seine Befriedigung fand. Der Wert und die 
Bedeutung dieses so lange verkannten, von manchen für einen 
Tollhäusler gehaltenen Mannes scheint später doch noch von 
hoher Stelle erkannt worden zu sein. Am 14. Juli 1890, als 
Dr. David Gruby die Achtzig schon überschritten hatte, 
wurde ihm eine besondere Ehrung zuteil, indem man ihm das 
Kreuz der Ehrenlegion anhing. Es wäre gewiß interessant, zu 
erfahren, welchen Eindruck eine derartige Ovation auf einen 
Mann vom Schlage David Gruby’s gemacht hat. Darüber 
schweigt jedoch des Sängers Höflichkeit. Dagegen hat Gruby 
uns bei seinem, Tode gezeigt, daß er nicht gewüllt war, wie 
andere gewöhnliche Menschen aus der Welt zu scheiden. 

Als der fast 89 jährige, sich schwächer werden fühlte und 
das Herannahen seines Endes merkte, zog er sich in sein Schlaf¬ 
zimmer zurück, daß außer ihm nie eine Menschenseele betreten 
durfte. Hier wollte er ohne Zeugen sterben. Von Zeit zu Zeit 
wurde ihm etwas Nahrung hereingereicht. Als er am 13. No¬ 
vember 1898 seinem Diener auf mehrfaches Klopfen nicht mehr 
antwortete, wartete dieser, wie ihm zuvor von seinem Herrn 
angeordnet worden war, noch 24 Stunden und benachrichtigte 
alsdann die Polizei. Dieselbe sprengte die Tür und fand den 
Dr. Gruby, nur mit einem Heinde bekleidet, leblos am Boden 
liegen. Sein Gesichtsausdruck war ruhig und friedlich. In 
dem Zimmer, das seit 35 Jahren außer Gruby niemand be¬ 
treten hatte, herrschte eine unbeschreibliche Unordnung. Neben 
vielen Stücken zerbrochenen Geschirrs sah man nichts weiter 




No. 34. 


THERAPEUTISCHE 

als einen durcheinander geworfenen Haufen von Kissen ver¬ 
schiedener Form und Größe, die dem eigenartigen Manne seit 
vielen Jahren an Stelle eines Bettes als Lagerstätte gedient 
hatten. 

Am 18. November 1898 wurde Dr. David Gruby auf 
dem Kirchhofe Montmartre in Paris zur letzten Ruhe bestattet. 
An dem Leichenbegängnisse des hartgesottenen Freidenkers 
durfte die Geistlichkeit sich nicht beteiligen. 

Die in zahlreichen Tageszeitungen erschienenen Nachrufe 
brachten, wie zu erwarten war, viele amüsante Anekdoten und 
Schnurren aus dem Leben des alten, komischen Heilkünstlers. 
Sein absonderliches Verhalten und Gebaren hatte oft genug 
das Gesprächsthema gebildet und auch Veranlassung dazu ge¬ 
geben, ihn mit der Lupe des Psychiaters zu betrachten. Er 
wurde im wissenschaftlichen Sinne für einen Degenere 
oder „Desequilibre“ erklärt. Wer sich jedoch ein¬ 
gehender mit dem Leben und Wirken dieses ungewöhnlichen 
Mannes beschäftigt, wird unbedingt zu der Erkenntnis gelangen 
müssen, daß Dr. David Gruby auf keinen Fall als ein 
„Minderwertiger“ anzusehen ist. Man wird ihn im Gegenteil 
für einen sehr „Hochwertigen“ halten müssen, dem die Wissen¬ 
schaft und die Menschheit ungemein viel zu verdanken hat. 
Mich wenigstens will es bedünken, daß der alte Doktor Gruby 
in bezug auf Wert und Bedeutung weit höher eingeschätzt zu 
werden verdient als viele zeitgenössische Jünger Aeskulaps, 
deren gesteigertes Selbstbewußtsein und Aufgeblasenheit im 
umgekehrten Verhältnis zu ihren Leistungen zu stehen pflegt 
und die mit ihrem heutzutage so erstaunlich leicht erhältlichem 
Professortitel dem Publikum zu imponieren suchen. 


Vf. TagesgescMchte. 

Standes angelegen beiten, Medizi nal-Qesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Das preußische Zentralkomitee für das ärztliche 
Fortbildung»wesen wird hier im November und Dezember einen 
Vortragszyklus über die Grundzüge der modernen 
Psychologie ugd Psychiatrie veranstalten. 

Schwerin. Durch Verordnung vom 1. Juli 1910 ist für 
das Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin eine neue 
Taxe für die Kreisärzte eingeführt worden. 

Universitätswesen, Personalnachrichten. 

Berlin. Der Vortragende Rat im preußischen Ministe¬ 
rium der geistlichen usw. Angelegenheiten Dr. Rudolf Abel 
ist zum Geheimen Obermedizinalrat ernannt worden. Er hat 
eine ungemein rasche Laufbahn gemacht. 1890 als Arzt appro¬ 
biert, war er mehrere Jahre Assistent an der von Prof. Löff- 
1 e r geleiteten Universitätsanstalt für Hygiene in Greifswald. 
1897 wurde er Assistent der Hygieneanstalt in Hamburg und im 
folgenden Jahre Physikus daselbst. Im Jahre 1901 wurde er 
zum Regierungs- und Medizinalrat beim Polizeipräsidium in 
Berlin ernannt, und 1903 kam er in gleicher Eigenschaft an die 
Regierung in Oppeln. 1905 wurde er nach dem Ausscheiden 
P i s t o r s als Hilfsarbeiter in die Medizinalabteilung des Kul¬ 
tusministeriums berufen und im Februar 1906 zum Geheimen 
Medizinalrat ernannt. Seit einigen Monaten leitet er auch als 
Nachfolger Schmidtmänns die Prüfungsanstalt für Wasser¬ 
versorgung und Abwässerbeseitigung. 

— Der Direktor des städtischen Krankenhauses Moabit 
Prof. Dr. Georg Klemperer, der seit 1889 der Berliner 
medizinischen Fakultät als Privatdozent angehörte und seit 
1897 den Professortitel führte, ist zum außerordentlichen Pro¬ 
fessor und als Nachfolger Ernst v. Leydens zum Leiter 
des Krebsinstituts der Charite ernannt worden. 

Königsberg i. Pr. Dr. A. Lin ck hat sich für Ohren¬ 
heilkunde habilitiert. 

Kiel. Dem Oberarzt der chirurgischen Universitätsklinik 
Privatdozenten Dr. Ernst Baum ist der Professortitel ver¬ 
liehen worden. — An Stelle des nach Berlin berufenen Prof. 
Franz ist Prof. Dr. Walter Stoeckel aus Marburg als 
ordentlicher Professor der Gynäkologie und Geburtshilfe hier¬ 
her versetzt worden. 

Braunschweig. Zum Nachfolger des in den Ruhe¬ 
stand getretenen Oberarztes der inneren Abteilung des Herzog¬ 
lichen Krankenhauses, Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Richard 
Schulz ist der Oberarzt am städtischen Krankenhaus zu 
Frankfurt a. M. Dr. Adolf Bingel berufen worden. 

Gießen. Als Nachfolger des zurückgetretenen Prof. 
L e u t e r t ist der außerordentliche Professor Dr. v. E i c k e n 
in Freiburg i. Br. zum Professor der Oto-Laryngo-Rhinologie 
ernannt worden. 

Tübingen. Der außerordentliche Professor der 
Chirurgie in Leipzig, Dr. Perthes ist zum Nachfolger des 
Herrn Geheimrat Prof. v. Bruns berufen worden. 


RUNDSCHAU 1910. 53 ! 

Schömberg. Die ärztliche Leitung der Heilanstalt für 
Lungenkranke „Schwarzwaldheim“ in Schömberg bei Wildbad 
ist dem durch das mit Roepke herausgegebene Lehrbuch 
bekannten Dr. Bandelie r, z. Z. in Görbersdorf, übertragen 
worden. 

Zürich. Der hervorragende Chirurg Dr. I< oiira d 
Brunner in Münsterlingen, ein Self-made-man, hat den an 
ihn ergangenen Ruf als Nachfolger des zurücktretenden Prof. 
Krönlein ausgeschlagen, weil er vor den Schwierigkeiten 
zurückschreckte, die dem bisherigen Inhaber der Professur sein 
Lehramt verleidet haben. Nunmehr ist mau mit Prof. Payr 
in Greifswald wegen der Uebernahme des Lehrstuhls in Unter¬ 
handlung getreten. 

— Der ordentliche Professor der Agrikulturchemie an dem 
hiesigen Polytechnikum Dr. Ernst Schulze ist anläßlich 
seines 70. Geburtstages wegen seiner Verdienste um die bio¬ 
logische Chemie von der medizinischen Fakultät der Universi¬ 
tät Heidelberg ehrenhalber zum Doktor promoviert worden. 

Budapest. An der hiesigen Universität haben sich 
habilitiert: Dr. Geza Mansfeld für experimentelle Phar¬ 
makologie, Dr. Desider Navratil für Rhinolaryngologie, 
Dr. Sigmund, Ilitoök für Krankheiten des Zirkulations¬ 
systems, Dr. Elemer S c i p i a d e s für die Pathologie der 
Schwangerschaft und der Geburt und Dr. Rudolf B ä 1 i n t 
für systematische Pathologie. (An Spezialisierung sind uns 
die ungarischen Kollegen entschieden über! Red.) 

London. Sir Alfred D. Fripp ist zum Ehren- 
Chirurgen des Königs ernannt worden. 

Kongreß- und Vereinsnaehriehten. 

D r e s d e n. Anläßlich der hier im nächsten Jahr statt- 
finjdenden Internationalen Hygieneausstellung sind bis jetzl 
über 150 Kongresse angemeldet, die alle in Dresden innerhalb 
5 Monaten (also pro Tag 1 Kongreß! Red.) tagen werden. — 
Selbst wenn der Druckfehlerkobold in vorstehende Zeitungs¬ 
nachricht eine Null eingeschmuggelt haben sollte, wäre das ein 
bischen viel, doch warten wir in Ruhe die Entwickelung der 
Dinge ab! 

Erlangen. Hier hat sich eine Vereinigung der 
außerhalb des Senats stehenden Mitglieder 
des Lehrkörpers (etatsmäßige und nichtetatsmäßige 
Extraordinarien, sowie Privatdozenten) als „Nichtordinarien¬ 
verband“ unter dem Vorsitz des außerordentlichen Professors 
der Chirurgie v. K r y g e r gebildet und sich den an den meisten 
übrigen deutschen Universitäten bereits bestehenden ent¬ 
sprechenden Vereinigungen angegliedert. 

Augsburg. Auf dem vor kurzem hier abgehaltenen Kon¬ 
greß der Internationalen esperantistischen Aerzte-Gcsellschaft 
waren vertreten Frankreich, Rußland, Schweden, Polen, 
Deutschland, Oesterreich und England. Der Vorsitzende der 
Gesellschaft Professor Dr. Henri Dor (Lyon), ehemaliger 
Rektor der Universität Bern, eröffnete die Sitzungen, deren 
im ganzen fünf stattfanden, durch das Verlesen eines Be¬ 
grüßungsbriefes des Esperanto-Erfinders Dr. Zamenhof 
und zahlreicher Telegramme aus verschiedenen Ländern. 
In der 1. Arbeitssitzung wurde das Referat von 
Dr. Uhlman n (Huttwil, Schweiz) über medizinisch- 
technische Terminologie durchberaten. Es wurde beschlossen, 
eine Kommission einzusetzen. in welcher alle in 
der „TEKA“ vereinigten Nationalitäten durch je zwei Aerzte 
vertreten sind, um die Schaffung eines medizinischen techni¬ 
schen Wörterbuches in die Wege zu leiten. Chybczyniki 
(Warschau) referierte über medizinische Fortbildungskurse in 
Esperanto in den verschiedensten Universitätsstädten, ln Ver¬ 
tretung des verhinderten Dr. llogelio Perez Domingo 
Huermezas (Bnrgos in Spanien) verlas Kabauo w 
(Warschau) den Entwurf einer neuen Organisation, welche 
Aerzten praktische Hilfe und Auskunft ermöglichen soll. Der 
Bericht des Generalsekretärs über die Entwicklung der Ver¬ 
einigung, zeigte ein erfreuliches Resultat. Die Zahl der 
„TEKA“-Mitglieder beläuft sich auf fast 700, von denen 110 in 
den verschiedensten Weltteilen die Bürde eines Delegierten 
aui sich genommen haben, und die auch nicht esperantistischen 
Ärzten jede gewünschte Auskunft geben. Sehr lebhaft ge¬ 
staltete sich die Diskussion über das Vereinsorgan, Voce de 
Kuracistoj, das schon drei Jahre existiert und nunmehr laut 
Beschluß der Versammlung einer Reorganisation unterworfen 
werden soll, welche eine wesentliche Bereicherung und Ver¬ 
besserung der Zeitschrift herbeiführt. Den interessantesten Teil 
der Tagesordnung bildete ein wissenschaftlich-medizinischer 
Vortrag in Esperanto, von Dr. R 0 b i n (Warschau) über eine 
neue Methode zur Erkennung von Krankheiten 
des Darmes. In der lebhaften Diskussion tauschten die 
verschieden-sprachigen Aerzte mühelos ihre Ansichten und Er¬ 
fahrungen aus. Schließlich wurde als nächster Kongreßort 
Antwerpen gewählt. 

Wiesbaden. Die dritte Konferenz des Vereins für Er¬ 
ziehung, Unterricht und Pflege Geisteskranker findet vom 13. 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 34. 


Ö32. 


bis 16. September.in Wiesbaden statt. Am Abend des 13. Sep¬ 
tember findet im Kurhause eine Vorversammlung statt, in der 
die geschäftlichen Angelegenheiten erledigt werden. Die 
llauptverhandlungen sind im Paulineuschlößchen. Auf der 
Tagesordnung stehen für den 14. September: „Die geistig 
Minderwertigen im Strafvollzug.“ Referent: Oberarzt Dr. 
Meitzer (Waldheim). „Grundlegung und Gestaltung des 
Anfangsunterrichtes bei Schwachsinnigen mit besonderer Be¬ 
rücksichtigung der den Idiotenanstalten erwachsenden Auf¬ 
galten.'' Referent: Direktor Pastor Broistedt (Neuerkerode). 
„Die Organisation (der innere und äußere Betrieb) der An¬ 
stalten und Schulen für Geistesschwache in Ungarn.“ Referent: 
Hilfsschuldirektor Eltes-Ellenbach (Budapest). Abends 
wird in einer öffentlichen Versammlung Oberarzt Dr. Keil-' 
ner (Aistendorf) über „Die Gruppierung der Insassen einer 
Anstalt für Schwachsinnige mit Bezug auf ihre körperlichen 
Gebrechen and Demonstration der verschiedenen Gruppen 
durch Lichtbilder“ sprechen. Die Themata des 15. September 
lauten: „Zur Technik heilpädagogischer Spezialübungen“, Refe¬ 
rent Dr. phil. Gron (Heidelberg). „Mein Anschauungsunter¬ 
richt bei Geistesschwachen auf der untersten Stufe streng nach 
dem Prinzip des Selbsttuns", Referent Anstaltslehrer Gürt¬ 
ler (Chemnitz-Altendorf). „Der Zeichenunterricht bei Geistes¬ 
schwachen“, Referent Anstaltslehrer Schlegel (Dalldorf). 
Am 16. September nach Idstein: Besichtigung der Arbeits¬ 
kolonie Altenheim und der Anstalt Idstein; Unterricht in 
allen Klassen; in der Turnhalle der Anstalt historische Aus¬ 
stellung der Entwicklung des Schwachsinnigen-Bildungswesens; 
Ausstellung der Arbeiten der Schwachsinnigen und der Lehr¬ 
mittel der Anstalt. 

Brüssel. Vom 7. bis zum 11. August hat hierselbst der 
zweite internationale Anatomenkongreß unter dem Vorsitz von 
Wa 1 d ey er (Berlin), Henneguy (Paris), Ro nu t i (Pisa), 
Paterson (Dublin), Piersol (Philadelphia) stattgefunden. 
Die Anatomische Gesellschaft, die Anatomen aller Länder zu 
ihren Mitgliedern zählt, hatte sich, wie im Jahre 1905 zum ersten 
Male in Genf, mit der Association des Anatomistes, der Anato- 
mical Society ot Great Britain and Ireland, der American 
Association of Anatomists und der Unione Zoologica Italiana 
zu einem Kongreß vereinigt. Von allgemein interessierenden 
Verhandlungsgegenständen seien folgende erwähnt: v. ß a r d e- 
leben (Jena) hat seine Erhebungen über die Linkshändigkeit 
fortgesetzt und teilte mit. daß die großherzoglich sächsische 
Regierung zugesagt habe, eine statistische Erhebung über den 
Prozentsatz der Linkshänder unter den Schulkindern in die 
Wege zu leiten und unterstützen zu wollen. Auf den Vorschlag 
der amerikanischen Gesellschaft wurde beschlossen: wie vor 
zehn Jahren das große und schwierige Werk der anatomi¬ 
sche n Nomenklatur geregelt wurde, so soll nunmehr die 
Embryologie eine internationale Nomenklatur er¬ 
halten, die die internationale Verständigung erleichtern und 
den medizinischen Unterricht fördern wird. 

Verschiedenes. 

Berlin. Das Institut für Infektionskrank¬ 
heiten hat sich an die Stadt Berlin mit dem Ersuchen ge¬ 
wendet, einen Pavillon des Rudolf V i r c h o w - Kranken¬ 
hauses zur Behandlung von tuberkulösen 
Kranken mit Tuberkulin-Präparaten zur Verfügung zu 
stellen. Der Magistrat hat dem Anträge entsprochen. Der 
Direktor des Instituts für Infektionskrankheiten, Geheimrat 
Prof. Dr. G a f f k y, wird die Leitung der Behandlung bei den 
Versuchen übernehmen. 

— Nachdem neuerdings die Gebühr für die Prüfung 
ärztlicher Thermometer auf den Betrag von 50 Pfg. 
für das Stück herabgesetzt worden ist, hat der preußische 
Kultusminister die Regierungspräsidenten ersucht, darauf hin¬ 
zuweisen, daß in den Krankenanstalten und seitens der be¬ 
amteten Aerzte und der Hebammen künftig allgemein nur noch 
amtlich geprüfte Fieberthermometer verwendet werden. 

— Ueber Nachtkuren in Walderholuugsstätten entnehmen 
wir der „Voss. Ztg.“ folgende interessante Mitteilungen. Im 
Jahre 1906 berichtete Dr. Klebs (Chicago) auf der Inter¬ 
nationalen 1 uberkulosekonferenz im Haag über eine eigenartige 
Verwendungsart der von Deutschland übernommenen Wald¬ 
erholungsstätten. Während Wolf Becher diese für arbeits¬ 
unfähige Kranke aus dem Arbeiterstande bestimmt hatte, damit 
diese, statt sich in den Wohnungen und auf den Straßen der 
Großstadt aufzuhalten, bei Tage in guter Luft Erholung 
finden können, hat man sie in Amerika auch für 
arbeitsfähige Kranke nutzbar gemacht, derart, daß diese 
tagsüber arbeiten, des Nachts aber im Walde in der offenen 
Liegehalle schlafen. Nach dem Bericht des Regierungsrats Dr. 
H a m e 1 vom Reichsgesundheitsamt, den dieser im vorigen 
Jahre über seine Studienreise in Amerika erstattete, hat sich 
dort inzwischen diese Einrichtung, night-camps, so verbreitet, 


daß auf ihr in den Vereinigten Staaten zu einem erheblichen 
Teil die Tuberkulösebehandlung beruht. Schon seit langer 
Zeit war der Vorsitzende des Volksheilstättenvereins vom Roten 
Kreuz, Kammerherr v. d. Knesebeck, bemüht, die Berliner 
Walderholungsstätten für die neue Idee nutzbar zu machen. 
Dr. Iiohardt (Pankow) berichtet nunmehr in der Zeitschrift 
„Das Rote Kreuz“ über deu ersten Versuch, den er in der Wald¬ 
erholungsstätte für Frauen in Schönholz angestellt hat. Es isl 
bemerkenswert, daß die weiblichen Kranken viel bereitwilliger 
zu dem Versuch waren, als Männer. Ohne große Umstände, 
darin liegt ein wesentlicher Vorteil der neuen Einrichtung, 
konnte man an den Versuch herangehen. Es galt, die Liege¬ 
halle in einer Weise auszustatten, daß die Benutzung für die 
Tagespatienten nicht behindert wurde, Betten, die dort Platz 
wegnehmen, konnten also nicht aufgestellt werden. Darum be¬ 
schaffte mau eine Vereinigung von Hängematte und Schlafsack, 
außen Segeltuch, innen Kamelhaardecke, die abends in der 
Liegehalle aufgehängt und morgens zusammengerollt beiseite 
gelegt wird. Zu innerst ist ein abknöpfbarer Leinenbezug, 
der für sich gewaschen werden kann. Außerdem tragen die 
Patientinnen Nachtanzüge aus Flanell. Sie sind hierdurch aus¬ 
reichend gegen Kälte geschützt. Zum Aus- und Ankleiden 
genügt bisher ein mit Vorhang und Waschgefäßen versehenes 
Abteil der Liegehalle. Abends von 6 Uhr an kommen die 
Patientinnen in die Erholungsstätte, sie erhalten dann warmes 
Abendbrot, bringen noch eine Weile in der stillen Waldesruhe 
zu und schlüpfen dann in ihre Schlafsäcke. Morgens erhalten 
sie. Frühstück und begeben sich zur Arbeit. Vorläufig sind zehn 
solcher Schlafgelegenheiten eingerichtet und seit dem Mai in 
Benutzung. Die bisherigen Erfahrungen sind sehr befriedigend, 
die Patientinnen machen von .der neuen Einrichtung gern Ge¬ 
brauch. Auch die letzte Regenzeit hat nicht störend gewirkt. 
In Amerika werden die night-camps Sommer und Winter be¬ 
nutzt, bei uns muß erst versucht werden, ob ein ununterbroche¬ 
ner Betrieb während des ganzen Jahres möglich isl. Auf alle 
Phile verdient dieser Versuch großes Interesse, denn wenn er 
sich bewährt, wäre die Einrichtung überaus ausdehnungsfähig 
und damit ein neues wichtiges Mittel zur Hebung der Volks¬ 
gesundheit geschaffen. 

Stuttgart. Unter dem 13. Juli d. J. hat der württem- 
bergische Minister des Innern eine Verordnung über die Be¬ 
kämpfung der Geschlechtskrankheiten erlassen. 

Prag. Ueber ein beklagenswertes Vorkommnis bei dem 
neuen Desinfektiousverfahren mit Jod melden Tageszeitungen 
Bei einer Operation in einem hiesigen Krankenhaus wollte der 
Arzt die Hand eines zehnjährigen Mädchens mit Jodbenzin des¬ 
infizieren. Die Dämpfe explodierten und die Flamme ergriff 
die Kleider des Kindes, das leider nicht mehr gerettet werden 
konnte. 

Wien. Durch einen Ministerialerlaß vom 7. Juli ist die 
gewerbsmäßige Ausführung der Wassermannschen Reaktion 
in privaten Untersuchungsanstalten ohne besondere Be¬ 
willigung verboten worden. (Bei uns wäre ein solches Verbot 
nicht minder wünschenswert, da sich die Nichtapprobierteu 
auch hierzulande bereits des populär gewordenen Verfahrens 
zu bemächtigen begonnen haben. Red.) 

Petersburg. Die Cholera herrscht hierselbst noch mit 
ungeschwächter Heftigkeit, da die Durchführung hygienischer 
Maßregeln durch die auf Rußland seit Jahren lastende Ungunst 
der innerpolitischen Verhältnisse ungemein erschwert wird. 
Auch im Innern des Reiches hat die Seuche eine bedenkliche 
Ausdehnung gewonnen. In dem kurzen Zeitraum von kaum 
drei Wochen sind im Donezgebiet nach amtlichen Angaben 
4532 Arbeiter erkrankt und 1962 gestorben. Die Panik unter 
der Bevölkerung ist unbeschreiblich. 


VII. Amtliche Mitteilungen. 

Personalia. 

Preußen. 

V erzogen: Hofrat Dr. Weygand von Birstein nach Mar¬ 
burg, Dr. Raabe von Ziegenhain nach Saasen, Dr. Engel- 
h ard und Dr. K. Lehmann von Cassel nach Bremen 
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Therapeutische Rundschau 


(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedriclistr. 131 B 
Fernspreeli-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Femsprec.h-Amt.VI, No. 3302 


Berlin, '£ 7 . August 1910 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und, kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sümtl. Buci handlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor ({nartalssclilnss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen'wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


Wissenschaftliche Mitteilungen. W eitere Erfahrungen mit 
dem Ehrlich-Hataschen Syphilismittel: Loeb: Erfahrungen 
mitEhrlichs Dioxydiamido-arsenobenzol. Treupel: Erfahrun¬ 
gen und Erwägungen mit dem neuen Ehrlich-HataschenMittel 
bei syphilitischen und metasyphilitischen Erkrankungen Spatz: 
Vorläufige Mitteilungen über die mit der „Therapia sterilisans 
magna“ (Ehrlich-Hata-Präparat) behandelten syphilitischen 
Fälle.. Michaelis: Ueber die Anwendung des Ehrlich-Hata¬ 
schen Syphilisheilmittels in neutraler Suspension. Wechsel¬ 
mann und. Lange: Ueber die Technik der Injektion des Dioxy- 
diamidoarsenobenzol. — Bi ach: Psoriasis vulgaris und Wasser- 
mannsche Reaktion. — Meirowsky: Ueber einfache Methoden 
zur schnellen Färbung lebender Spirochäten. — Strauss: Zur 
Diagnose und Therapie der Stauungsdermatosen. — Heilig: 
Zur Frage der Coupiernng der Gonorrhoe. — Hoffmann: 
Anwendung des Uhlen huch sehen Verfahrens zum Nachweis 
spärlicher Tuberkelbacillen in Ge wehsstücken — Hart: Ueber 
sekundäre Infektion mit Tuberkelbacillen und deren saprophy- 
tisches Wachstum nebst einigen Schlußfolgerungen. — Käppis: 
Beitrag zur traumatischen Tuberkulose. — v. Zebrowski: 
Ueber die subkutanen Lymphdrüsen des Thorax bei Lungen¬ 
tuberkulose. — Thiemann: Chirurgische Tuberkulose der 
Mesenterial- und Bronchialdrüsen. — Winkler: Versuche über 
die Beeinflussung des intrakraniellen Volumens durch einige 
Arzneimittel. — Teubert: Ueber Arsentriferrin. — Naegeli: 
Ueber verkannte Leukämien. — Grau: Gelatine und Blut¬ 
gerinnung — Stringari: Bandwurmkur mit Filmaron. - 
Silva: Experimentelle Beobachtungen mit Diplosal. — Görner: 
Ueber die Anwendung von Radium bei rheumatischen Er¬ 
krankungen. — Ramsauer und Caan: Ueber Radiumaus¬ 
scheidung im Urin. — Liertz: Die radiographische Darstellung 
des Wurmfortsatzes. — Schnee: »^Elasto-Massage.“ — Kanto- 
rowicz: Die Therapie der nervösen Impotenz — Hilbert: 
Arznei-Ausschlag nach Gebrauch von Hexamethylentetramin. — 
Henssen: Ein Fall von taschenartiger Erweiterung der Ohr¬ 
speicheldrüse. — Momburg: Eine auf einem neuen Prinzip 


begründete Plattfußeinlage. — v. Frisch: Untersuchungen über 
den normalen Kniestreckapparat mit Rücksicht auf die hei der 
Patellarfraktur bestehenden mechanischen Verhältnisse. — Rüge: 
Zahlreiche freie Gelenkkörper bei isolierter Arthritis deformans 
der Fossa cubitalis — v Förster: Novojodin als Jodoform¬ 
ersatz. — Werner und Caan: Ueber die Wirkung von Röntgen¬ 
strahlen auf Geschwülste. — Müller: Eine neue Behandlungs¬ 
methode bösartiger Geschwülste. — zum Busch: Ein Beitrag 
zur Erkennung und Behandlung der nicht perforierten Duodenal¬ 
geschwüre. — van Royen: Ueber das Ulcus pepticum nach 
Gastroenterostomie. — Urban: Ueber Pneumatosis cystoides 
intestinorum. — Kostlivy: Ueber die Enderfolge.der Operation 
der Wanderniere nach Kukula. — Pick: Spontanblutungen iu 
das Nierenlager — Fabian: Zur Kenntnis des.malignen Gra¬ 
nuloms. — v. Möller: Zur Frage der operativen Behandlung 
der Lungenverletzungen. — Ungar: Ueber einen mit Anti¬ 
streptokokkenserum behandelten und geheilteu Fall von Strepto¬ 
kokkensepsis. — Hindenberg: Zu dem Kapitel der uner¬ 
wünschten Ergotin Wirkung. 

II. Therapeutische Notizen. Ljaschenko: Pul Vermischung 
gegen den chronischen Darmkatarrh kleiner Kinder. — Frame: 
Ueber Angiua pectoris. — Juliusburger: „Perplex“, ein 
alkoholfreies Ersatzgetränk. 

[II. Bücherschau. Grosse: Die Erkrankungen der Harnorgane. 
— Burwinkel: Die Gicht. Engel: Die Nierenleiden. — 
Gaupp: Ueber den Selbstmord. — Gasters: Volksgesundheit 
und Industrie. 

IV. Vermischtes Puppe: Alkoholischer Eifersuchtswahn. — 
Bertholet: Ueber Atrophie des Hodens bei chronischem 
Alkoholisrnus. — Dennig: Ueber den Einfluß des Alkohols 
auf den Blutdruck. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichteu. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. 

VI. Amtliche Mi|tteilung'en. Personalia. 


1. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Weitere Erfahrungen mit dem Ehrlich-Hataschen 
Syphilismittel: 

Heinrich hoch (Mannheim): Erfahrungen mit Ehrlichs Dioxy- 
diamido-arsenobenzol. (Münch, med. Wochenschr., 1910, 
No. 30.) 

Prof. Dr. G. Treupel (Frankfurt a. M.): Erfahrungen und Er¬ 
wägungen mit dem neuen Ehrlich-Hataschen Mittel hei 
syphilitischen und metasyphilitischen Erkrankungen. 
(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 30.) 

Nachdem seit einigen Monaten zahlreichen Krankenhäusern 
in Deutschland und im Ausland das Ehrlich-Hatasehe 
Präparat zur Prüfung überlassen wurde, beginnen jetzt die 
Mitteilungen über die Ergebnisse in den medizinischen Zeit¬ 
schriften sich zu häufen. Die Resultate sind fast durchweg 
glänzend, wenn auch nicht überall gleichmäßig. Loeb 
brachte das Mittel in 35 Fällen zur Anwendung. Die Technik 
der Injektion änderte er einige Male; zuletzt verfuhr er nach 
einer neuen Vorschrift von Ehrlich: 0,4—0,5 g des Präpa¬ 
rates werden mit V 2 —1 ccm Methylalkohol angerührt, in Wasser 
gelöst, mit 5—8 ccm NaOH gemischt und auf 25—30 ccm 
aufgefüllt; man hat jetzt eine völlig klare, hellgelbe Lösung, 
die sich leicht injizieren läßt; in jeden Glutaeus spritzt man die 
Hälfte ein. Diese Lösung verursacht bei der Injektion nur 
wenig Schmerzen. Am zweiten bis dritten Tage tritt dann eine 
mehr oder minder starke Schmerzhaftigkeit auf; die Nates wer¬ 
den infiltriert und druckempfindlich, das Gehen ist erschwert 
und das Sitzen behindert. Nach 5—8 Tagen bilden sich die 
Beschwerden zurück, eine gewisse Empfindlichkeit bleibt 
öfters noch einige Tage bestehen. Temperatursteigerungen 
von 37,5—38,5° werden in den meisten Fällen beobachtet, ein¬ 
mal stieg die Temperatur auf 39,8". Bald nach der Injektion 
wurde meist eta erster Anstieg beobachtet, dem am zweiten 


oder dritten Tage ein zweiter, höherer, länger dauernder folgte. 
Die Pulskurve verlief gewöhnlich parallel der Fieberkurve. 
Intoxikationserscheinungen wurden in keiner Form beobachtet. 
Dagegen trat zuweilen die sogen. H e r x h e i m e r sehe Reak¬ 
tion in den Fällen mit Roseola in bisher nie beobachteter 
Stärke ein. Die heilende Wirkung der Injektion zeigte sich 
sehr rasch. Bereits nach einem Tage begannen die Sklerosen 
lind nässenden Papeln sich zu überhäuten, die Roseolen bla߬ 
ten ab, Papeln und Condylome begannen zusammenzufallen; 
Kopfschmerz und periostitisc.he Schmerzen schwanden; etwas 
langsamer, immerhin schneller als sonst, bildete sich das sklero¬ 
tische Infiltrat sowie die Drüsen zurück. In 6—12 Tagen 
waren die Symptome meist verschwunden. Die angewandte 
Dosis betrug 5—8 mg pro Kilogramm Körpergewicht. Ein 
Rezidiv wurde nur in einem Falle beobachtet, der eine zu 
kleine Dosis (0,14 g) intravenös bekommen hatte. Einige Be¬ 
obachtungen zeigten, daß nach Anwendung des neuen Präpa¬ 
rats eine folgende Quecksilber- resp. Jodbehandlung sehr 
schnell alle Symptome zum Verschwinden brachte. Die 
Wassermann sehe Reaktion wurde in L o e b s Fällen 
wenig beeinflußt, in symptomatischer Beziehung erreicht man 
also mit einer einzigen Injektion des neuen Präparates minde¬ 
stens das Gleiche wie sonst mit einer 5—6 Wochen dauernden 
Schmierkur. In zwei Fällen sah L. gleichzeitig bestehende 
Hautaffektionen (Verrucae planae juveniles und Lichen Sim¬ 
plex Vidal) nach der Injektion prompt zurückgehen. 

Treupel spricht sich zunächst über die Indikations¬ 
stellung aus. Er hält es nur dann für gerechtfertigt, das Prä¬ 
parat anzuwenden, wenn durch die uns jetzt zur Verfügung- 
stehenden Methoden das Vorhandensein einer syphilitischen 
oder metasyphilitischen Erkrankung sichergestellt ist, ferner 
dann, wenn trotz mehrfacher lege artis ausgeführten Hg-Kuren 
doch immer wieder Rezidive auftreten. Bezüglich der Technik 
befolgt er die Anweisungen von Ehrlich (cf. oben und 
Therap. Notiz, No. 32, pag. 442 der Ztg.). Er hat anfangs 0,3 






534 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


bis 0,325 g, später 0,4—0,5 g Substanz injiziert. Die Injektionen 
macht er entweder intramuskulär, in die Glutäen, oder intra¬ 
venös, bei letzterem Vorgehen wird nach Ehrlich scher Vor¬ 
schrift die Injektionsflüssigkeit mit 1 , 1 physiologischer NaCl- 
Lösung verdünnt. In bezug auf die lokalen und allgemeinen 
Erscheinungen nach der Injektion sind Treupels Erfahrun¬ 
gen dieselben wie die von Loeb und anderen. Andere Neben¬ 
wirkungen hat er nicht beobachtet. Nach der intramuskulären 
Injektion dauert, wie die chemischen Harnuntersuchungen er¬ 
geben haben, die Ausscheidung des Arsens mindestens 12 bis 
13 Tage. In bezug auf den unmittelbaren therapeuti¬ 
schen Erfolg sind die Erfahrungen Treupels im wesent¬ 
lichen die gleichen wie die von Schreiber, Alt, Wechsel- 
m a n n usw. berichteten. Die spezifische Wirkung auf die 
syphilitischen Exantheme, Papeln, Geschwüre und Schleimhaut¬ 
prozesse ist zweifellos und setzt sofort nach der einmaligen 
Injektion ein. Die vorher positive Wassermannsehe Reak¬ 
tion wird nach Treupel oft in den nächsten Wochen bis 
zum 60. Tage nach der Injektion negativ. In bezug auf den 
Dauererfolg spricht sich Treupel vorläufig reserviert aus; 
um darüber ein Urteil zu gewinnen, ist natürlich eine jahre¬ 
lange Beobachtung der betr. Patienten nötig. R. L. 

Regimentsarzt Dr. Alexius Spatz, Chefarzt der Abteilung für 
Haut- und venerische Krankheiten des Garnisonspitales 
No. 17 in Budapest: Vorläufige Mitteilungen über die mit 
der „Therapia sterilisans magna“ (Ehrlich-Hata-Präparat) 
behandelten syphilitischen Fälle. (Wiener med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 27.) 

Verfasser hat die Ehr lieh sehe Behandlung der Syphi¬ 
lis bisher in neun Fällen angewendet. Neben latenter Syphilis 
wurden auch floride Fälle und Initialsklerosen dieser Injek¬ 
tionstherapie zugeführt. Verfasser ist voll Lobes für die neue 
Methode. Die geschwürigen Sklerosen waren in sechs Tagen 
überhäutet und- erweicht, die nässenden Papeln eingetrocknet 
und abgeflacht, die Schleimhautplaques epidermisiert, die 
kleinen makulösen Ausschläge vollkommen verschwunden. Die 
Injektion erfolgte in die beiderseitige Gesäßmuskulatur (je 
10 ccm). Die Injektionen . hatten sowohl lokale, als auch 
allgemeine, ziemlich turbulente Reaktionen zur Folge. Lokale 
Reaktionen: Heftige, spannende und prickelnde Schmerzen, 
welche schon eine Stunde nach der Injektion auftraten und oft 
auch drei Tage anhielten, in solchem Grade, daß die Patienten 
die Oberschenkel kaum zu beugen vermochten; die Schmerzen 
wurden sehr oft auch in der Steißbeingegend lokalisiert. Die 
allgemeine Reaktion äußerte sich in. Erhöhung der Körper¬ 
temperatur, welche jedoch nicht über 12 bis 16 Stunden an- 
hielt und 39,2° C. nie überschritt, ferner nach Ablauf von 
24 Stunden bereits in jedem Falle zwischen 36,8 bis 37,2° C. 
schwankte. Unmittelbar eine Stunde nach der Injektion betrug 
die Temperaturdifferenz 1,2 bis 1,5° C. Oefters stellten sich 
heftige Kopfschmerzen, Brechreiz, große motorische Unruhe 
ein, hauptsächlich aber klagten die Patienten über quälendes 
Durstgefühl, welches nicht allein durch das Fieber bedingt sein 
konnte, weil es selbst bei Kranken mit 37,5“ C. mit derselben 
Intensität auftrat. In einem Falle waren arhythmische Herz¬ 
aktion, beschleunigter Puls und allgemeines Unwohlsein die 
auffallendsten Symptome. In einem anderen Falle traten sechs 
Stunden nach der Injektion am ganzen Körper, sowie am Ge¬ 
sichte krönen- bis fünfkronenstückgroße juckende, hellrote, er¬ 
habene nesselausschlagartige Infiltrate auf, welche nach zwei 
Stunden spurlos verschwanden. Auffällig war noch die drei 
bis vier Tage anhaltende Harnflut, die tägliche Urinmenge 
überstieg 2 1. In einem Falle gesellte sich zum kleinmakulösen 
Ausschlage sowie zu den Papeln der Mandeln, der Analfalten 
und des Hodensackes eine über die behaarte Kopfhaut und 
über die charakteristischen Stellen des Gesichtes und der Ex¬ 
tremitäten verbreitete Schuppenflechte, welche am vierten Tage 
nach der Injektion auffallend rasche Abschuppung zeigte, so 
daß am 13. Tage die Flechte vollkommen geschwunden und 
die darunter liegende Haut gelbrot, weich, leicht in Falten ab¬ 
hebbar war. Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, daß der 
Erreger der Schuppenflechte auch zu der Art der Spirochäten 
gehört. Unter neun Fällen hat Verf. sechsmal die Wasser¬ 
mann sehe Reaktion am zwölften Tage nach der Injektion 
wiederholt, und hiervon erwies sich in zwei Fällen die vorhin 
stark positive Reaktion vollkommen negativ, wogegen sie in 
drei Fällen noch immer stark positiv war, während in einem 
Falle — geschwürige Initialsklerose — mit positivem Spirochä¬ 
tenbefund bei noch negativem Wassermann, letzterer auch nach 
der Injektion negativ blieb. K r. 

Prof. Leonor Michaelis (Berlin): Ueber die Anwendung des 
Ehrlich-Hataschen Syphilisheilmittels in neutraler Suspen¬ 
sion. (Berl. klin. Wochenschrift, 1910, No. 30.) 

Sanitätsrat Dr. Wechselmann und Dr. Carl Lange (Berlin): 
Ueber die Technik der Injektion des Dioxydiamidoarseno- 
benzol. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 30.) 

Nach der übereinstimmenden Erfahrung fast aller Beob¬ 
achter sind die Injektionen des Ehrlich-Hataschen Prä¬ 


No. 35. 

parats, wenn sie nach der von Ehrlich und A11 gegebenen 
Vorschrift geschehen, ziemlich schmerzhaft und von Infiltrat¬ 
bildung gefolgt. Um nun die Injektion weniger schmerzhaft 
zu gestalten, bemühte sich Michaelis, einen Modus der 
Injektion ausfindig zu machen, bei welchem die Flüssigkeit in 
neutraler Reaktion zur Anwendung gelangt. Hierbei bleibt 
das Dioxydiamidoarsenobenzol nicht in Lösung, sondern ist in 
feiner gleichmäßiger Suspension verteilt. Die Vorschrift ist fol¬ 
gende : 0,3—0,6g des salzsaureii Salzes werden in einem breiten, 
50 ccm fassenden Meßzylinder in 16 ccm sterilen, sehr heißen 
Wassers gelöst, indem die Substanz in das Wasser geschüttet 
und mit Hilfe eines dicken Glasstabs gut zerdrückt und zerrollt 
wird. Nach eingetretener Lösung werden 3—5 ccm normaler 
Natronlauge zugegeben, gut umgerührt, dazu 3 Tropfen einer 
% proz. alkoholischen Lösung von Phenolphthalein, und dann 
wird mit normaler Essigsäure bis zur völligen Entfärbung des 
Phenolphthaleins zurücktitriert. Dabei entsteht eine feine, 
gelbe Suspension des Präparates. Schließlich wird mit einigen 
Tropfen Natronlauge eine leichte eben beginnende Rötung des 
Phenolphthaleins wiederhergestellt, die ganze Suspension in 
eine Schale ausgegossen und mit einer Spritze intramuskulär 
auf beide Glutäen verteilt. Man muß dazu eine sehr dicke 
Kanüle, etwa von der Stärke einer Pleurapunktionsnadel, 
nehmen. Unmittelbar danach lasse man den Patienten aufstehen 
und 2—3 Minuten die Oberschenkel energisch heben und 
senken, zur schnellen Verteilung der Substanz. Dann ist ab¬ 
solute Bettruhe erforderlich. Diese Injektionen sind zunächst 
absolut schmerzlos, ln einem Teil der Fälle treten jedoch nach 
%—1 Tag Schmerzen an der Injektionsstelle, bisweilen auch ein 
derberes Infiltrat auf. 

Etwas anders verfahren jetzt nach mannigfachen Vorver¬ 
suchen Wechselmann und Lange. Das Präparat wird 
im Mörser in 1—2 ccm käuflicher Natronlauge gelöst; durch 
tropfenweisen Zusatz von Eisessig fällt ein feiner gelber 
Schlamm aus, der mit 1—2 ccm Aqua destillata steril aufge¬ 
schwemmt und nun durch Zusatz von '/To Normalnatronlauge 
oder 1 proz. Essigsäure je nach der Reaktion genauestens mit 
Lakmuspapier neutralisiert wird. Von der Genauigkeit hängt 
die Schmerzlosigkeit ab. Die Aufschwemmung wird in die 
Spritze gesogen und nun unterhalb des Schulterblattes s u b k u- 
t a n an vorher desinfizierter und mit Jodtinktur bestrichener 
Stelle langsam injiziert. Manchmal tritt für einige Minuten ein 
geringer Injektionsscbmerz ein, auch gelegentlich am zweiten 
oder dritten Tag eine geringe Anschwellung. Irgendwelche 
nennenswerten Beschwerden oder Temperaturerhöhungen sind 
bei diesem Vorgehen bisher nicht beobachtet worden. Die 
Wirkung des Mittels ist bei dieser Technik dieselbe wie bei der 
früheren Art der Injektion. Diese Technik bietet auch den 
Vorteil, daß man bei etwa auftretendem Arsenizismus das ge¬ 
setzte Depot leicht ausräumen kann. R. L. 


Dr. Moriz Biach, Assistent der Abteilung für Syphilis und 
Hautkranke der Wiener Allgemeinen Poliklinik: Psoriasis 
vulgaris und Wassermannsche Reaktion. (Wiener med. 
Wochenschrift, 1910, No. 20.) 

Trotz der meist einfachen Differentialdiagnose zwischen 
Lues und Psoriasis vulgaris begegnet man mitunter Fällen, bei 
denen die Unterscheidung auf einige Schwierigkeiten stößt, 
besonders dann, wenn der Verdacht besteht, daß beide Er¬ 
krankungen vorliegen; in neuerer Zeit gibt es jedoch fast nie 
einen Fall, bei dem diese Schwierigkeit durch die Wasser¬ 
mann sehe Reaktion nicht völlig beseitigt werden könnte. Es 
überraschte Verfasser daher, daß in einer jüngst erschienenen 
Arbeit ( von Dr. Gjorgjevic und Paul Savnik, Wiener 
klin. Wochenschrift, 1910, No. 17) die Brauchbarkeit der 
Wassermann sehen Reaktion für die Differentialdiagnose 
zwischen Lues und Psoriasis vulgaris in Abrede gestellt wurde. 
Bei der großen praktischen Bedeutung dieser Frage sah Verf. 
sich veranlaßt, das Material der Allgem. Wiener Poliklinik und 
der Finger sehen Klinik in Wien in dieser Beziehung einer 
Sichtung zu untersuchen. Im ganzen standeu B. die Resultate 
von 40 Fällen in den verschiedensten Stadien der Psoriasis 
zur Verfügung. Die Untersuchung führte zu folgenden Ergeb¬ 
nissen: völlig negativ reagierten 29 Fälle; nicht negativ reagier¬ 
ten 11 Fälle. Von diesen jedoch in der für Lues spezifischen 
Dosis nur fünf komplett positiv; in diesen fünf Fällen war Lues 
anamnestisch oder klinisch nachweisbar; inkomplett, aber stark 
positiv reagierten zwei Fälle, einer davon hatte vor fünf Jahren 
50 Injektionen erhalten; beim zweiten Falle fehlen Anhalts¬ 
punkte für Lues. Diese beiden Fälle wären diagnostisch als 
Grenzfälle aufzufassen, bei denen man die Diagnose nach 
keiner Richtung mit Sicherheit stellen kann. In vier Fällen 
zeigte sich eine Spur oder schwache Hemmung, ein Ausfall, 
der mit fast völliger Sicherheit gegen bestehende Lueserschei¬ 
nungen des Sekundärstadiums spricht, da hier, wenn nicht Be¬ 
handlungen vor kurzer Zeit vorausgegangen sind, in fast 
100 pCt. komplett positive Reaktionen zu finden »ind. Im Gegen¬ 
satz zu den Resultaten von Gjorgjevic mußte Verfasser 



No. 35. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


daher konstatieren, daß die Wassermann sehe Reaktion 
eine wertvolle Unterstützung der klinischen Untersuchung 
bildet und daß sie bei Verwendung der richtigen Technik in 
der für Lues charakteristischen Stärke nie positiv reagiert, 
wenn nicht gleichzeitig Lues besteht. K r. 

Dr. Meirowsky (Cöln a. Rh.): Ueber einiache Methoden zur 

schnellen Färbung lebender Spirochäten. (Münch, med. 

Wochenschrift, No. 27.) 

Wenn man sich aus Methylviolett (Grübler) und einigen 
Tropfen physiologischer Kochsalzlösung einen Farbstoffbrei 
herstellt und diesen in einen ulcerierten Primäraffekt oder in 
ein ulceriertes Condylom kräftig einreibt, so enthält das nach 
einigen Minuten entnommene Reizserum die Spirochäte pallida 
und die Spirochäte refringens* mehr oder weniger intensiv 
violett gefärbt. Die Intensität der Färbung hängt von der 
Konzentration der angewendeten Farbstofflösung und von der 
Intensität der Einreibung ab und ist erkennbar an der Färbung 
der linoiden Hülle der roten Blutkörperchen. Diese muß tief¬ 
blauviolett gefärbt sein, wenn die Färbung gelungen ist. Im 
Gegensatz zu der hellvioletten Färbung der Spirochäte pallida 
ist die Refringens intensiv blauviolett tingiert. Nicht bei 
allen Spirochäten iedoch bei einer gewissen Anzahl läßt sich 
ein leicht ovales, blauviolett gefärbtes Körperchen nachweisen, 
welches stets seitlich von der Mitte der Spirochäte gelegen ist. 
— An Stelle des Methylvioletts kann man auch das Kristall¬ 
violett verwenden. Es genügt, einen Kristall dieses Farbstoffs 
in die ulcerierte Papel oder in den ulcerierten Primäraffekt ein¬ 
zureiben. Dabei löst das Serum den Farbstoff. Die Spirochäten 
sind sogleich gefärbt, allerdings wird bei dieser Methode nicht 
so intensive Färbung erzielt wie bei dem ersten Verfahren. 
Endlich kann man auch so Vorgehen, daß man das Reizserum 
auf dem Objektträger mit einigen Körnchen Kristallviolett ver¬ 
reibt; man erhält auch dann die Spirochäten lebend gefärbt, 
aber am schwächsten. Mit allen drei Methoden findet man die 
Pallida häufig in Gruppen von sechs oder noch mehr Exem¬ 
plaren, die manchmal mit einander verflochten sind. 

Dr. med. Paul Slrauss (Hannover): Zur Diagnose und Thera¬ 
pie der Stauungsdermatosen. (Münch, med. Wochenschr., 

1910, No. 28.) 

Auf Grund von Stauung in den Venen der unteren Extremi¬ 
täten treten bekanntlich Hauterkrankungen auf, die sich durch 
ihre Vielgestaltigkeit auszeichnen. Solche Erkrankungen der 
Haut können sowohl von den oberflächlichen Varicen, als auch 
durch die tiefliegenden Krampfaderbildungen hervorgerufen 
werden, sie treten bald als die frühesten und einzigen Merk¬ 
male der Varicenbildung überhaupt, bald im weiteren Verlauf 
derselben als Begleiterscheinung fortgeschrittener Erkran¬ 
kungsformen. insbesondere des Ulcus cruris auf. Infolge langer 
Dauer der Erkrankung bieten sie oft das Bild einer Kombina¬ 
tion der verschiedensten Formen von Hauterkrankung dar; 
wird die Grundursache, die Stauung nicht erkannt, so ist oft 
jede Behandlung nutzlos. Verfasser hatte Gelegenheit, einen 
derartigen Fall zu beobachten. Es handelte sich um einen 
34 jährigen Mann, bei dem das betreffende Hautleiden im Laufe 
von 25 Jahren sich entwickelt hatte. An beiden Unterschenkeln 
fanden sich an den Streckflächen und in der Wadengegend 
mehrere über handtellergroße und zahlreiche kleinere bis 
bohnengroße, scharf umschriebene, unregelmäßig vorsprin¬ 
gende Herde von graurotem, schmutzigem Aussehen; im Be¬ 
reich derselben fanden sich zahlreiche tiefe Wunden und Ver¬ 
letzungen, durch Kratzen infolge auälender Juckanfälle hervor¬ 
gebracht mit teils eitrig-grauem, teils frisch blutigem Grunde. 
Die einzelnen Plaques fühlten sich äußerst derb, lederartig an. 
Die zwischen den einzelnen Herden liegende Haut zeigte sich 
unverändert, besonders war von oberflächlichen Varicenbildung 
nichts zu sehen. Der Patient hatte schon alle möglichen Mittel, 
die verschiedensten Kuren, ohne Erfolg versucht, zuletzt 
Röntgenstrahlen. Verfasser stellte die Diagnose Lichen chroni¬ 
cus simplex (Vidal), bei dem wahrscheinlich Krampfader¬ 
bildungen im Gebiet der Venae femorales, also der Venen der 
tieferen Gewebsschichten, zu einer mit Vermehrung und . Ver¬ 
dichtung des Gewebes einhergehenden Dermatose geführt 
hatten, während die oberflächlichen Venen keine Veränderun¬ 
gen zeigten. Eine kühlende Salbe und darüber angelegter 
Kompressionsverband linderte die Beschwerden sofort; die 
weitere Behandlung bestand demnach nur in Anlegung von 
Komnressionsverbänden in Verbindung mit Ichthyol, Teer etc. 
zur Bekämpfung der Dermatose: dadurch wurde der Patient 
im Laufe von acht Wochen vollständig geheilt. R. L. 

Dr. med. Heilig (Straßburg i. E.): Zur Frage der Coupierung 

der Gonorrhoe. (Medizin. Klinik, 1910, No. 25.) 

Das von Lcsser angegebene Protargolprophylakticum 
zur Verhütung beziehungsweise Coupierung der Gonorrhoe 
wird in der ärztlichen Praxis ziemlich häufig angewendet. 


535 

Einige Tropfen einer Lösung von Protargol 2,0 und Glyzerin 8,0 
werden möglichst bald nach suspektem Coitus vorsichtig in die 
Urethra injiziert und dort kurze Zeit belassen. Das Verfahren 
ist sehr schmerzhaft und hat öfters unangenehme Reizerschei¬ 
nungen zur Folge. In einer ziemlichen Zahl von Fällen hat 
FI. bei nachweislich höchst suspektem Coitus das Ausbleiben 
gonorrhoischer Erkrankung nach dieser prophylaktischen Be¬ 
handlung konstatieren können, in zwei Fällen auch da, wo an 
der in Betracht kommenden Infektionsquelle Gonokokken ge¬ 
funden wurden. Trotzdem war Verfasser der objektive Wert 
des Verfahrens aus verschiedenen Gründen schon längst 
zweifelhaft, zumal immer die Möglichkeit offen blieb, daß in 
den Fällen scheinbarer Coupierung, auch da, wo überhaupt 
noch keine makroskopischen, klinischen Erscheinungen zu Tage 
getreten waren, in Wirklichkeit durch irgendwelche zufälligen 
Ursachen, zu denen Verfasser nicht zum geringen Teil die 
Mictio post coitum rechnen zu dürfen glaubt, überhaupt keine 
Infektion stattgefunden hatte. Ein Fall, den er kürzlich zu be¬ 
obachten Gelegenheit hatte, scheint Verfasser auf die Frage 
nach dem Wei t der genannten prophylaktischen Methoden ein 
besonders helles Licht zu werfen. Der Fall zeigt, das Gono¬ 
kokken in die Urethra übertragen werden können beziehungs¬ 
weise in ihr vorhanden sein können, ohne daß eine Gonorrhoe 
zum Ausbruch kommt. Ein positiver Wert und damit eine 
sichere Indikation der prophylaktischen beziehungsweise 
coupierenden Methode wird daher erst erwiesen sein, wenn 
statistisch gezeigt werden könnte, daß trotz Vorhandenseins von 
Gonokokken und beginnenden Reizerscheinungen die Gonor¬ 
rhoe im klinischen Sinne häufiger nach Anwendung der ge¬ 
nannten Methode ausbleibt als ohne sie. K r. 

Marinestabsarzt Dr. Hoffmann (Berlin): Anwendung des Uhlen- 
huthschen Verfahrens zum Nachweis spärlicher Tuberkel¬ 
bacillen in Gewebsstiicken. (Deutsche med. Wochenschr.. 
1910, No. 28.) 

Verfasser verwendet zum Nachweis von Tuberkelbacillen 
in Gewebsstücken das Antiformin in folgender Weise: Man 
zerquetscht ein linsen- bis erbsengroßes Stück des zu unter¬ 
suchenden Gewebes mit einer dicken Pinzette, verreibt es auf 
dem Objektträger und läßt es leicht antrocknen. Darauf wird 
der ganze Objektträger mit 15—20 proz. Antiforminlösung über¬ 
schichtet und bis zum nächsten Tage in den Brutschrank bei 
37" gelegt. Das Gewebe ist dann aufgelöst, die Flüssigkeit 
unter Bildung von Kristallen auf dem Objektträger eingetrock¬ 
net. Nun werden vorsichtig einige Tropfen Wasser hinzu¬ 
gefügt, in denen das Salz sich schnell auf löst, die überstehende 
Flüssigkeit läßt man ganz langsam vom Rand ablaufen. Dann 
wird der Objektträger mit Karbolfuchsin übergossen, man er¬ 
hitzt in der gewöhnlichen Weise, entfärbt mit salzsaurem oder 
salpetersaurem Alkohol und färbt mit Methylenblau nach. Verf. 
stellte in dieser Weise an einer Reihe meist von Meerschwein¬ 
chen. stammender tuberkulöser Gewebsstücke Untersuchungen 
an, wobei zum Vergleich jedesmal ein anderes Gewebstück auf 
den Objektträger ausgestrichen und ohne Antiforminbehand¬ 
lung in der gewöhnlichen Weise auf Tuberkelbacillen unter¬ 
sucht wurde. Während auf den gewöhnlichen Ausstrichen in 
der Regel gar nicht oder nur nach langem Suchen Tuberkel¬ 
bacillen aufgefunden wurden, ließen sich in den mit Antiformin 
behandelten Ausstrichen regelmäßig ziemlich zahlreiche 
Tuberkelbacillen nachweisen. 

Dr. Carl Hart (Schöneberg-Berlin): lieber sekundäre Infektion 
mit Tuberkelbacillen und deren saprophytisches Wachstum 
nebst einigen Schlußfolgerungen. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 27.) 

Verfasser berichtet über einen bemerkenswerten Obduk¬ 
tionsbefund. Es handelte sich um einen 51 jährigen Mann, der 
seit einigen Jahren hustete, aber erst kurz vor seinem Tode 
stark abgemagert war. Klinisch wurde eine im Bereich des 
rechten Mittellappens lokalisierte Dämpfung als Tuberkulose 
aufgefaßt, weil der Patient einmal eine Hämoptoe hatte und sich 
einige Male ganz vereinzelt im Sputum Tuberkelbacillen fanden. 
Die Ophthalmoreaktion mit 2 proz. Tuberkulinlösung fiel nega¬ 
tiv, mit 4 proz. Lösung schwach positiv aus, die Kutanreaktion 
nach v. Pirquet war ganz schwach positiv. Bei der Sektion 
fand sich an Stelle der angenommenen Lungentuberkulose ein 
Bronchialkrebs im Bereich des rechten Mittellappenhaupt¬ 
bronchus, ferner waren im unteren mittleren Teil des Ober¬ 
lappens die Bronchien teilweise recht beträchtlich erweitert 
bei makroskopisch normaler Wandbeschaffenheit und mit 
dickem, rahmigem Eiter erfüllt. Das Lungengewebe des Ober¬ 
lappens zeigte überall guten Luftgehalt und nirgends eine Spur 
älterer oder frischer Herde, der Unterlappen verhielt sich in 
jeder Hinsicht normal, ebenso die linke Lunge. Ein tuber¬ 
kulöser Herd wurde nirgends im Körper gefunden. Als Quelle 
der im Sputum nachgewiesenen Tuberkelbacillen erwies sich 
der bronchiektatische Eiter des rechten Oberlappens, obwohl 
makroskopisch keine tuberkulöse Veränderung an den Bronchi- 



536 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


ektasen zu erkennen war. Verfasser deutet den Fall so, daß 
sich zu einem primären Bronchialkrebs eine sekundäre An¬ 
siedlung von Tuberkelbacillen in dem stagnierenden Sekret 
der komprimierten Bronchien hinzugesellt hat. Offenbar können 
die Tuberkelbacillen im menschlichen Körper unter gewissen 
Verhältnissen ein saprophytisches Dasein führen, wobei mög¬ 
licherweise einfache Toxinresorption ohne spezifisch tuber¬ 
kulöse Gewebsveränderungen anaphylaktische Erscheinungen 
auslöst. Auf diese Weise nur kann man nach Verfasser die 
in dem Fall beobachtete schwache Ophthalmoreaktion und 
kutane Reaktion erklären. Ferner weist Verfasser noch darauf 
hin, daß die Feststellung einer extrem hohen Häufigkeit der 
Tuberkulose im Kindesalter mittels der Tuberkulinreaktion 
im Widerspruch steht zu seinen eigenen sorgfältigen anatomi¬ 
schen Untersuchungen, denn.es gelingt mit Annäherung an die 
Pubertät immer seltener der Nachweis eines auch nur gering¬ 
fügigen tuberkulösen Herdes. Die Ergebnisse der Wiener 
Schule (v. Pirquet, Hamburger) und von Schloss¬ 
mann sind vielleicht im Sinne einer Toxinresorption von 
saprophytischen Tuberkelbacillenansiedlungen aus zu erklären. 

Dr. A. Käppis (Magdeburg): Beitrag zur traumatischen Tuber¬ 
kulose. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 28.) 

Ein 25 jähriger, bis dahin vollkommen gesunder resp. 
arbeitsfähiger Dachdecker erlitt durch Sturz vom Dach eine 
schwere komplizierte Fraktur des rechten Oberschenkels, wo¬ 
bei zunächst in der Wunde durch Mischinfektion mit Strepto- 
und Staphylokokken sich eine schwere Eiterung entwickelte, 
wozu später ein eitriger Erguß im rechten Kniegelenk sowie im 
Knochen eine Osteomyelitis mit Sequesterbildung hinzutrat, 
Komplikationen, welche im Laufe der nächsten Monate eine 
Reihe von Eingriffen erforderlich machten. Nach einem dieser 
Eingriffe gelangte Granulationsgewebe aus dem Bereich der 
Wundhöhle zur Untersuchung und erwies sich als tuberkulös. 
Da der Zustand immer bedrohlicher wurde, die Eitersekretion 
nicht nachließ und die Frakturstelle nicht heilte, wurde schlie߬ 
lich acht Monate nach der Verletzung die Amputation des 
Femur im Schenkelhälse vorgenommen. Infolge einer dabei 
durch Abgleiten des Schlauches auftretenden Blutung starb der 
vorher schon sehr geschwächte Patient unmittelbar nach der 
Amputation. Die Sektion ergab in den Lungenspitzen alte und 
frische tuberkulöse Herde, im Darm ein frisches tuberkulöses 
Geschwür; außerdem in der amputierten Extremität eine aus¬ 
gedehnte Weichteiltuberkulose. Verfasser nimmt an, daß hier 
von einem latenten tuberkulösen Herd aus der schwer ver¬ 
letzte rechte Oberschenkel sekundär mit Tuberkulose infiziert 
wurde und daß später infolge der Entkräftung des Patienten 
die alte Lungenspitzentuberkulose wieder aufflackerte und 
schließlich noch ein tuberkulöses Darmgeschwür hinzutrat. 

Privatdozent Dr. E. v. Zebrowski (Kiew): Uebcr (lie sub¬ 
kutanen Lymphdrüsen des Thorax bei Lungentuberkulose, 

(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 28.) 

Verfasser faßt die von ihm an einem großen Material ge¬ 
machten Beobachtungen in folgenden Sätzen zusammen: 1. An¬ 
nähernd in 20 pCt. der Fälle von Lungentuberkulose bei Er¬ 
wachsenen gelangt eine Vergrößerung der im vierten und fünf¬ 
ten Intercostalraum in der Linea axillaris media gelegenen 
unteren seitlichen Thoraxlymphdrüsen (Lymphoglandulae 
thoracales laterales inferiores) zur Beobachtung. 2. Bei Lungen¬ 
tuberkulose ist die Vergrößerung dieser Drüsen durch spezi¬ 
fische Veränderungen bedingt, die in ihnen durch den aus dem 
Innern des Thorax verschleppten Tuberkelbacillus hervor¬ 
gerufen werden. 3. Bei Personen ohne Anzeichen einer Er¬ 
krankung der Lungen oder der Pleura wird eine Vergrößerung 
der unteren seitlichen Thoraxdrüsen in 2,58 pCt. der Fälle an¬ 
getroffen, sie kann durch verschiedene Erkrankungen folgen¬ 
der Organe verursacht sein a) der Hautdecken des Thorax, 
b) der oberen Extremität, c) der Brustdrüse, d) der Thorax¬ 
wand, e) der Brusthöhlenorgane, nämlich, Bronchiallymph- 
drüsen, Organe des hinteren Mediastinums, des Oesophagus 
und der um denselben gelegenen Drüsen. 4. Die Vergrößerung 
der Glandulae thoracales laterales inferiores wird in der 
Mehrzahl der Fälle auf der mit der betroffenen Lunge gleich¬ 
namigen Seite angetroffen. 5. In vereinzelten Fällen von 
Lungentuberkulose, besonders bei latenten Formen mit un¬ 
klaren Spitzensymptomen, kann die Vergrößerung der unteren 
seitlichen Thoraxlymphdrüsen bis zu einem gewissen Grade 
zur Erkennung der Erkrankung beitragen, indem sie die Auf¬ 
merksamkeit auf eine bestimmte Lungenspitze lenkt. R. L. 

H. Thiemann: Chirurgische Tuberkulose der Mesenterial- und 

Bronchialdrüsen. (Archiv für klin. Chirurgie, Bd. 91, H. 2.) 

Unter 1000, während der letzten 10 Jahre in der chirurgi¬ 
schen Universitätsklinik Jena beobachteten Fällen «von chirur¬ 
gischer Tuberkulose fand sich sechsmal eine primäre, isolierte 
Tuberkulose der mesenterialen Lymphdrüsen. Im ganzen fand 


No. 35, 

T h. 26 einschlägige Fälle unter dem eigenen Material der 
Klinik, abgesehen von solchen Fällen, in welchen diese tuber¬ 
kulösen Drüsen einen rein zufälligen Nebenbefund darstellen. 
Die überwiegende Mehrzahl der Fälle betrifft die lleocoecal- 
gegend, in welcher auch die tuberkulösen Darmgeschwüre am 
häufigsten ihren Sitz haben. Entsprechend dem anatomischen 
Verlauf der vom Coecum und unterstem Ileum ausgehenden 
Lymphbahnen finden sich die oft recht mächtige Tumoren dar¬ 
stellenden Drüsenpakete in einem Dreieck, dessen Basis das 
Coecum und das unterste Ileum bildet und dessen Spitze am 
zweiten Lendenwirbel liegt. Je weiter der Prozeß vorge¬ 
schritten ist, desto mehr verwischt sich das typische Bild. Im 
Anfang machen derartige Drüsenschwellungen wenig klinische 
Symptome. Mit dem zunehmenden Wachstum kommt es aber 
zu Verwachsungen mit den Därmen, Strangbildungen, Absce- 
dierungen etc. und dementsprechend zu schweren Passage¬ 
störungen bis zum vollkommenen Bilde des Ileus. Verstopfung, 
Durchfall, Abmagerung, Erbrechen, Fieber, Anämie sind nicht 
selten. Meist ist ein Turner in der Tiefe des Abdomens fühl¬ 
bar, bei verkästen und verkalkten Drüsen ist er sogar durch 
das Röntgenbild nachzuweisen. In der Mehrzahl der Fälle 
wurde aber die richtige Dignose erst intra operationem ge¬ 
stellt. Die operative Behandlung ist unbedingt geboten bei 
Ileussymptomen und gut abgegrenzten Drüsentumoren, nicht 
aber bei disseminierter Drüsentuberkulose, welche überdies 
unter günstigen Allgemeinbedingungen spontan ausheilen kann. 
Von 15 Fällen isolierter Ileocoecaltuberkuose sind 13 durch die 
Operation geheilt, von acht Fällen mit gleichzeitig ausgeführten, 
zum Teil recht beträchtlichen Darmresektionen heilten sechs. 
Die operative Mortalität beträgt 15,4 pCt bei allen 26 Fällen. 
In zwei Fällen konnte Dauerheilung, in zwei Heilung nach 
einem Jahr bezw. 2V? Jahren konstatiert werden. 

Elf Krankengeschichten werden mitgeteilt.. Im Anschlüsse 
hieran berichtet T h. über eine mit Erfolg durch Operation vom 
Lungenhilus entfernte verkäste Bronchialdrüse. Es handelte 
sich um eine nach tuberkulösem Empyem zurückgebliebene 
Eiterfistel am rechten Stemalrand, welche erst nach Entfernung 
einer taubeneigroßen am Lungenhilus sitzenden verkästen 
Drüse zur Heilung gebracht werden könnte. Sie saß 6—7 cm 
von der vorderen Brustwand entfernt. Völlige Heilung. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Ferdinand Winkler: Versuche über die Beeinflussung des 
intrakraniellen Volumens durch einige Arzneimittel. Aus 
dem Laboratorium von Prof. Dr. v. Basch. (Wiener med. 
Wochenschrift, 1910, No. 25—26.) 

Verfasser registrierte das Gehirnvolumen bei kurarisier- 
ten Hunden nach der von v. Z e i s s 1 angewandten Methodik. 
Die Zunahme des Volumens des Schädelinhaltes kann mehr¬ 
fache Ursachen haben; entweder wird der arterielle Zufluß 
vermehrt oder der venöse' Abfluß vermindert oder der Inhalt 
der Gehirnventrikel nimmt zu oder es tritt eine Flüssigkeits- 
durchtränkung des ganzen Gehirns ein. Von Arzneimitteln 
kamen zunächst jene Substanzen zur Verwendung, von denen 
die tägliche Erfahrung lehrt, daß sie bei Kopfschmerzen günstig 
einwirken, also vor allem Antipyretica. Ferner wurden 
einige Vasomotorenmittel untersucht. Es zeigte sich, daß z. B. 
nach Injektion von D i u r e t i n das Gehirnvolumen stark an- 
steigt. Die Messung der Druckverhältnisse und die Berech¬ 
nung des H ü r t h 1 e sehen Quotienten zeigt, daß der Quotient 
vermindert ist, daß sich also die Gehirngefäße erweitert haben. 

Ergotin und Cotarnin bewirken zuerst eine geringe 
Verengerung der Gehirngefäße, auf welche dann eine Er¬ 
weiterung folgt. Auch die Phtalsäure bewirkt eine Vergröße¬ 
rung des Hirnvolumens, die auf Gefäßerweiterung zurückzu¬ 
führen ist. 

Aus den Untersuchungen geht hervor, daß jene Sub¬ 
stanzen, die bei Kopfschmerzen analgetisch wirken, das Gehirn¬ 
volumen vermehren; ferner ergibt sich, daß solche Mittel, die 
das Hirnvolumen steigern, aber bisher noch nicht als Kopf¬ 
schmerzmittel verwandt wurden, in dieser Richtung zu ver¬ 
suchen sind. 

Dr. A. Teubert (Hamburg): Ueber Arsentriferrin. (Beil. klin. 
Wochenschrift, 1910, No. 28.) 

Das Arsentriferrin wurde bei der Behandlung blutarmer 
und bleic.hsüchtiger Patienten mit gutem Erfolg angewandt. 
Was die Wirkungsweise des Mittels im allgemeinen betrifft, 
so ließ sich in allen Fällen eine Zunahme des Körpergewichtes 
feststellen, die zwischen ein bis fünf Pfund in der Woche 
schwankte. 

Es gelang sogar in mehreren Fällen bei Tuberkulose den 
Kräfteverfall durch Anwendung des Arsentriferrins für einige 
Zeit zum Stillstand zu bringen, ein Beweis dafür, welche stark 
roborierende Wirkung dem Mittel zukommt. Die ausge¬ 
sprochen anregende Wirkung auf die Blutbildung und der 
Ansatz von Körpereiweiß und Fett ließ sich im besonderen 
bei einer Reihe von Rekonvaleszenten nach schweren Krank- 



No. 35. 


THERAPEUTISCHE HUNDSCHAU 1910. 


537 


heilen beobachten. Ferner schien hei juckenden Hautkrank¬ 
heiten und hei skrofulösen Hautaffektionen mit Beteiligung des 
lymphatischen Apparates der Rückgang der Drüsenschwellun¬ 
gen und der lästigen Hautempfindungen unter der Einwirkung 
des Medikamentes beschleunigt werden. 

Bei weitem die auffallendsten Erfolge zeigten sich aber 
bei der Behandlung solcher Nervenleiden, bei denen anatomisch 
nachweisbare, schwere Krankheitsprozesse des Nervensytems 
nicht Vorlagen, so bei Chorea minor, Neurasthenie und den ver¬ 
wandten nervösen Erschöpfungszuständen, ganz besonders aber 
bei der Hysterie. 

Nach den Erfahrungen des Verfassers vereint das Arsen- 
triferrin die therapeutischen Wirkungen des Eisens und Arsens 
in einer besonders zweckmäßigen Form, es schmeckt ange¬ 
nehm, wird gern genommen und übt selbst bei schweren Fällen 
von Chlorose mit lästigen, subjektiven Mägenempfindungen, 
in denen andere Präparate schon nach wenigen Tagen Druck, 
Schmerz und seihst Erbrechen auslösten, keine Reizwirkung 
auf den Magen aus. 

Bei der Behandlung von Schwächezuständen nach Krank¬ 
heiten, bei Anämie und Chlorose, bei Hautkrankheiten und Er¬ 
krankungen des lymphatischen Apparates und besonders bei 
funktionellen Nervenerkrankungen verdient das Arsentriferrin 
bei seiner stark hausierenden und roborierenden Wirkungs¬ 
weise durchaus Beachtung. —1. 


Privatdozent Dr. Naegeli: Ueber verkannte Leukämien. (Korre- 
spondeuzblati für Schweizer Aerzte, 1910, No. 3.) 

Die Leukämie gilt im allgemeinen für ein leicht erkenn¬ 
bares Leiden, charakterisiert durch mächtige Vergrößerungen 
von Milz- und Lymphdrüsen und durch einen typischen Blut¬ 
befund mit starker Vermehrung der weißen Blutkörperchen. 
Dennoch werden viele Fälle nicht erkannt, und zwar besonders 
die akut verlaufenden. Dies erklärt sich daraus, daß in solchen 
Erkrankungen jede palpable Vergrößerung von Lymphknoten 
und Milz fehlen kann und auch der Blutbefund oft keine starke 
Vermehrung der Leukocyten ergibt. Man muß daher die Auf¬ 
merksamkeit der Aerzte auf diese vom gewöhnlichen Bilde 
abweichenden Fälle lenken und zeigen, bei welchen Sym- 
ptomenkomplexen an Leukämie gedacht werden muß. Seit 
längerer Zeit wissen wir, daß manche akute Leukämie sich 
unter dem Bilde einer hämorrhagischen Diathese verbergen, 
zumeist mit hohem Fieber verlaufen kann und dann gewöhnlich 
als Morbus maculosus Werlhoffii oder Skorbut und Purpura 
fulminans bezeichnet werden. Gerade in diesen Fällen fehlt 
meist jede Vergrößerung von Milz und Lymphknoten, und auch 
die Leukocytenzahl ist sehr oft nur mäßig vermehrt. Die Er¬ 
kennung der Leukämie ist möglich durch die genauere Ana¬ 
lyse der weißen Blutzellen, von denen gewöhnlich die Mehr¬ 
zahl aus pathologischen Formen (dominierend große patho¬ 
logische Lymphocyten oder hoher Prozentsatz kleiner Lympho- 
cyten, 90 und mehr pCt., oder bei der myeloischen akuten 
Form sehr zahlreiche Myelocyten und Myeloblasten) zusammen¬ 
gesetzt wird. — Bisher nicht bekannt war, daß auch bei chro¬ 
nischer lymphatischer Leukämie ohne jede Lymphknoten- 
und Milzschwellung (20—30,000 weiße Zellen mit 75—80 pCt. 
Lymphocyten) eine regionäre hämorrhagische Diathese 
(Nierenblutungen wegen leukämischer Nierenbeckeninfiltrate) 
als Frühsymptom Vorkommen kann. Eine zweite Gruppe 
solcher vielfach verkannten Leukämien verrät sich durch 
gangränös-ulceröse Prozesse der Mundhöhle. In einer dritten 
Gruppe von Leukämien dominiert die Anämie und Kachexie. 
In einer vierten Kategorie verkannter Leukämien lagen iso¬ 
lierte, nicht allgemeine Lymphknotenschwellimgen vor (Cer- 
vical- und Mediastinaldrüsen) oder isolierter mäßig großer 
oder großer Milztumor ohne Lymphknotenvergrößerung. — Be¬ 
sonderes Interesse beansprucht folgender Fall, in welchem das 
E hl-1 i c h sehe Arsenpräparat Arsacetin Wunder tat. Es 
handelt sich um einen 40 jährigen Mann, dessen Leiden lange 
Monate nicht diagnostizierbar blieb. Es bestanden täglich 
Fieber bis über 39,0". dann Schweiße, immer mehr fortschrei¬ 
tende Kachexie. Im Blute starke neutrophile Leukocytose, um 
20 000, so daß immer an Infektion oder Eiterung gedacht wurde. 
Die sorgfältigsten Untersuchungen konnten die Natur des Pro¬ 
zesses nicht feststellen. Sechs Monate nach Beginn des Fiebers 
wurde die Diagnose Leberabsceß gestellt. Die Operation er¬ 
gab völlig normale Leber, aber ausgedehnte retroperitoneale 
Lymphknotenschwellungen. Im Verein mit den klinischen 
Erscheinungen Fieber, Schweiße. Abmagerung, Kachexie, 
Leukocytose und Diazoreaktion ließ sich jetzt die Diagnose 
malignes Granulom der Lymphdrüsen (Lymphosarkom im 
Sinne V i r c h o w s) stellen. Nach der Operation verfiel der 
Patient immer mehr, konnte nicht mehr stehen, die Fieber 
erreichten täglich 39" und mehr und der Kranke wurde von 
allen Aerzten aufgegeben. Der Exitus schien nahe bevor¬ 
stehend. Von Prof. Krönlein aufgefordert, jetzt die Be¬ 
handlung zu übernehmen, verordnete -Verl das neue Ehr¬ 
lich sehe Arsenpräparat Arsacetin, viermal täglich 0,05, weil 


dieses Präparat sich gegen parasitäre Infektionen als sein- 
wirksam erwiesen hatte, und das maligne Granulom unzweifel¬ 
haft eine Infektionskrankheit mit noch nicht bekanntem Er¬ 
rege]- ist. Die Wirkung war geradezu wunderbar. Nach zwei 
Tagen völlige Entfieberung, die eine dauernde geblieben ist. 
Rasche Erholung. Rapide Zunahme des Körpergewichts, in 
2 ‘,2 Monaten 30 Pfund, und vollkommene Heilung. Leukocytose 
verschwunden. Patient erklärt, jetzt, 4U Monate nach der 
Entfieberung, sich gesünder als je zuvor zu fühlen. Gewichts¬ 
zunahme 36 Pfund, das Körpergewicht betrug damit sechs Pfund 
mehr als vor Beginn des Leidens. K r. 

Dr. H. Grau (Düsseldorf): Gelatine und Blutgerinnung. (Deut¬ 
sche med. Wochenschrift, 1910, No. 27.) 

Die in der Literatur sich findenden Angaben über den Ein¬ 
fluß der subkutan injizierten Gelatine auf die Blutgerinnung 
widersprechen einander. Verfasser stellte deshalb neue Ver¬ 
suche über diese Frage an, und zwar an 10 geeigneten Per¬ 
sonen. Er bestimmte bei diesen die Gerinnungszeit mittels der 
Methode von Bürker unter gewöhnlichen Verhältnissen und 
nach Injektion von Gelatine; unter gewöhnlichen Verhältnissen 
beträgt die durchschnittliche Gerinnungszeit beim Menschen 
4V 2 Minuten. Bei den Versuchen wurde die sterile 10 proz. 
Merck sehe Gelatine verwendet und in einer Menge von 40 
resp. 30 und 25 ccm subkutan injiziert. Dann wurde die Ge r 
rinnungszeit zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Injektion 
bestimmt. Das Ergebnis sämtlicher Versuche war. daß durch¬ 
schnittlich 2—4 Stunden nach der Injektion der Gelatine eine 
Erhöhung der Gerinnungsfähigkeit einsetzte, die von Stunde zu 
Stunde stärker wurde und etwa 10—12 Stunden nach der In¬ 
jektion ihren Höhepunkt erreichte. Von da nimmt sie in der¬ 
selben Weise allmählich ah und erreicht in 24 Stunden dabei 
ihren normalen Wert. Meist ging die Gerinnungszeit von 
4 ] /a Minuten auf etwa 1V 2 Minuten herunter; in einzelnen Ver¬ 
suchen betrug die Senkung sogar 85 pCt. des normalen Wertes. 
Diese Erhöhung der Gerinnungsfähigkeit nach Gelatineinjek¬ 
tion wurde in 9 von 10 Fällen beobachtet. R. L. 

Dr. F. Stringari: Randwurinkur mit Filmaron. („L’Italia Sani- 

taria“, 1910, VI, No. 6.) 

Seit vier bis fünf Jahren gebrauchte Verfasser für Band¬ 
wurmkuren das von der Firma C. F. Böhringer & Söhne 
in Mannheim-Waldhof hergestellte Filmaron und lernte es 
als ein ausgezeichnetes und zuverlässiges Bandwurmmittel 
kennen, das leicht einzunehmen, von prompter Wirkung und 
somit allen anderen bis jetzt angewandten Mitteln überlegen 
ist. Mit dem Präparat, das in drei Gelatinekapseln enthalten 
ist, die in der üblichen Weise auf nüchternen Magen genommen 
werden und denen eine Stunde später ein Abführmittel (Rici- 
nusöl) nachgeschickt wird, wird innerhalb von nur drei Stunden 
stets die Abtreibung des Bandwurmes mit Kopf beobachtet und 
so die völlige Heilung des Patienten erzielt. Unerwünschte 
Nebenerscheinungen hat Verfasser nie beobachtet. L. 

Dr. Umberto Silva, Assistenzarzt am Ospedale Civile in Padua: 
Experimentelle Beobachtungen mit Diplosal. („11 Cesalpino" 

[Arezzo] No. 6, 1910.) 

Verfasser berichtet über experimentelle Untersuchungen, 
welche die günstigen Resorptionsverhältnisse und die langsame 
Ausscheidung des Diplosals bestätigen. Ferner stellte er fest, 
daß der Harn nach dem Diplosalgebrauch in keiner Weise ver¬ 
ändert wird, ein Beweis dafür, daß das Präparat keine Reiz¬ 
wirkung auf die Nieren ausübt. Dagegen hat das Diplosal 
eine ausgesprochene harntreibende Wirkung, indem es ohne 
Brennen und stärkeren Harndrang eine leichte Diurese (Ver¬ 
mehrung der 24 ständigen Harnmenge um zirka 100 ccm) her¬ 
vorruft. Silva hat auch die therapeutischen Wirkungen des 
Diplosals geprüft und erzielte in allen Fällen von Gelenk- und 
Muskelrheumatismus (akute Formen) Heilung; er illustriert 
die prompte und von Nebenwirkungen freie Wirkung des Prä¬ 
parates durch die genauen Angaben von 12 Krankengeschich¬ 
ten. Der Autor schließt seine Beobachtungen folgendermaßen: 
..Das neue Salicylpräparat ersetzt aufs beste die anderen vom 
Praktiker gewöhnlich gewählten Derivate, da es in bezug auf 
Dosierung und Wirkung überlegene Eigenschaften aufweist.“ 

B. 

Dr. Gürner (Dresden): Ueber die Anwendung von Radium bei 
rheumatischen Erkrankungen. (Münch, med. Wochensehr., 

1910, No. 27.) 

Verfasser berichtet aus dem Stadtkränkenhause Dresden- 
j Friedrichstadt über die von ihm mit der Radiumbehandlung 
j hei rheumatischen Erkrankungen gemachten Erfahrungen. Zur 
Verwendung kamen sowohl Präparate, deren Wirkung auf 
ihrem Gehalt an Emanation beruht, wie auch Präparate, deren 
Gehalt an radioaktiver Substanz selbst die Heilwirkung be¬ 
dingen soll. Von Präparaten der ersten Art wurden versucht: 



538 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 35. 


das Radiogenwasser aus den Emanationen der Radiogengesell¬ 
schaft in Charlottenburg zu Trink- und Badekuren, ferner die 
Keil sehen Inhalations- und Badetabletten zu Inhalations- und 
Badekuren. Als Vertreter der zweiten Gruppe wurden’ ver¬ 
wendet: 1. Uranpecherzrückstände aus den Gruben von 
Joachimsthal, 2. ebensolche aus den Kgl. sächsischen Blau¬ 
farbenwerken zu Niederscldeina, 3. feingestampftes Joachims- 
thaler Uranpecherz in Substanz, 4. eine von Leopold 
Marcus (Berlin) in den Handel gebrachte radioaktive 
Kompresse. In erster Linie wurden subakute und chronische 
Rheumatismen der neuen Therapie unterworfen. Außer Rheuma¬ 
tismen kamen eine Anzahl von chronischen Ischiasfällen zur 
Behandlung. Was nun die Resultate anlangt, so hat Verfasser 
eine gewisse Enttäuschung erlebt. Bei Trinkkuren mit 
Radiogenwasser, welche gewöhnlich sechs Wochen und länger 
durchgeführt wurden (die tägliche Dosis betrug bis zu 30 000 
Einheiten), wurden niemals solche Wendungen im Krank¬ 
heitsverlauf beobachtet, die man als einigermaßen einwands¬ 
freie Erfolge hätte auffasseu können. Der häufig wechselnde 
Verlauf der subakuten Polyarthritis blieb unverändert be¬ 
stehen. Irgend welche Schädigungen durch die Nachkur wur¬ 
den auch nicht beobachtet. Ein wenig günstiger waren vielleicht 
die Resultate bei Anwendung von Radiogenbädern. Einem 
Wannenbad wurden 100 000 indizierte Emanationseinheiten aus 
den Badeemanatoren der Radiogengesellschaft oder zwei bis 
vier Keil sehe Badetabletten zugesetzt. Irgendwelche be¬ 
weisende Heilerfolge kamen aber auch bei den Radiogenbade- 
kureu nicht zur Beobachtung. — Daß die natürlichen radioak¬ 
tiven Heilquellen eine viel günstigere Wirkung ausüben, ist 
nach Verfasser einmal eine Folge ihres größeren Gehalts an 
radioaktiver Kraft, andererseits dadurch zu erklären, daß die 
Baderäume selbst mit Emanation gesättigt sind, welche mit der 
Luft eingeatmet wird. Dies war für Verfasser die Veran¬ 
lassung, bei einer größeren Anzahl von Rheumatikern Inhala¬ 
tionskuren mit Keil sehen Inhalationstabletten zu versuchen. 
Aber auch hierbei w'urden keine Erfolge erzielt, die man der 
Therapie als solcher hätte zuschreiben können, wenn auch die 
Erfolge um ein geringes besser schienen als bei Trinkkuren. 
Endlich stellte Verfasser noch Versuche mit Säckchen an, in 
welche radioaktive feste Substanzen (s. oben) eingenäht wur¬ 
den; die Säckchen wurden dann für eine Anzahl Wochen mög¬ 
lichst anschmiegend auf die erkrankten Gelenke gelegt. Als Er¬ 
satz dafür wurden später die radioaktiven Kompressen von 
L. Marcus verwendet. Diese Kompressen bestanden aus 
einem Gewebe, welches mit einer hochwertigen radioaktiven 
mineralischen Substanz imprägniert ist. Dieses Gewebe ist mit 
einer dünnen durchlässigen Stoffschicht überzogen und läßt 
sich auch bei ambulanter Behandlung beauem dauernd auf 
den erkrankten Gelenken tragen. Die Prüfung einer solchen 
Kompresse von 18X9 Fläche ergab einen Voltabfall von 
28 000 V. im Eugler-Sieveking sehen Apparat. Mittels 
dieser Art von Radiotherapie hat Verfasser bisher die relativ 
besten Erfolge erzielt, so daß hier vielleicht eine spezifische 
Wirkung vorliegt. 

Privatdozent Dr. phil. C. Ramsauer und Dr. med. Albert Caan 
(Heii'lberg): Ueber Radiumausscheidung im Urin. (Münch, 
med. Wochenschrift, 1910, No. 27.) 

Bei der Einverleibung von radioaktiven Substanzen in den 
Organismus zu therapeutischen Zwecken ist es auch von Wich¬ 
tigkeit zu wissen, was aus diesem radioaktiven Material wird, 
d. h. auf welchem Wege und in welcher Zeit es aus dem Körper 
ausgeschieden wird. Die Verfasser untersuchten diese Frage 
gemeinsam, indem sie bestimmten, eine wie große Menge radio¬ 
aktiver Substanz die mit radioaktiven Substanzen behandelten 
Patienten im Urin ausscheiden. Der physikalische Teil der 
Untersuchung wurde im radiologischen Institut, der medizi¬ 
nische Teil im Institut für experimentelle Krebsforschung zu 
Heidelberg ausgeführt. Zunächst untersuchten die Verfasser, 
ob nach dem Genuß von emanationshaltigem Wasser Emana¬ 
tion im Urin nachzuweisen ist; sie kamen dabei zu einem posi¬ 
tiven Resultat. Allerdings sind die gefundenen Werte sehr 
klein. Bei zwei Patienten, welche auf mehrere Wochen verteilt 
im ganzen 1800 resp. 1600 ccm Radiogenwasser (Voltabfall pro 
Liter und Stunde 1 300 000) erhielten, waren die Aktivitätswerte 
des nach der Behandlung entleerten Urins 91 resp. 68 Voltabfall 
pro Liter und Stunde. Von größerer Wichtigkeit ist die Frage 
nach dem Verbleib von festen, direkt injizierten radioaktiven 
Substanzen (Radiumpräparaten). Bei einem Patienten, dem 
38 ccm Radiogenol eingespritzt worden war, wurde eine Aktivi¬ 
tät des Urins von 360 Voltabfall pro Liter und Stunde fest¬ 
gestellt, was eine entsprechende Beladung des gesunden Blutes 
mit Emanation und eine ständige Ablagerung der Emanations¬ 
zerfallprodukte in allen Gefäßen bedeutet. Hierbei hatte die 
Urinentnahme zirka zwei Monate nach der letzten Einspritzung 
stattgefunden. Die Verfasser untersuchten ferner bei einer 
Anzahl von Patienten nach der Injektion von radioaktiven Sub¬ 
stanzen den Gehalt größerer Mengen von Urin an fester radio¬ 
aktiver Substanz im durch Eindampfen und Verwaschen er¬ 


haltenen Trockenrückstand. Die injizierten radioaktiven Sub¬ 
stanzen waren: Radiogenol (Charlottenburger Radiogen¬ 
gesellschaft) in Tuben, welche durchschnittlich 2 ccm einer 
2proz. Emulsion von Radiumbaryumcarbonat in Paraffinum 
liquidum mit Bismut. subnitricum als Schwemmittel enthiel¬ 
ten. Die Aktivität des Präparats wurde auf 10 500 Voltabfall 
pro Trockenrückstand aus 1 ccm Radiogenol bestimmt. Hoch¬ 
wertiges Radiol (Dr. Aschoff, Bad Kreuznach); Aktivität 
entsprechend gemessen 3000 Voltabfall pro Stunde. Bei den 
Patienten wurde die Aktivität des gesamten veraschten Rück¬ 
standes des Urins gemessen, indem der Voltabfall pro Stunde 
bestimmt wurde. Die erhaltenen Werte waren: 7—70,5 Volt¬ 
abfall pro Stunde. Diese Zahlen entsprechen aber nicht der 
wirklichen Radioaktivität der untersuchten Substanz, sondern 
sind erheblich zu klein, da bei der Bestimmung ein größerer 
Teil der ausgesandten X-Strahlen durch Absorption in dem 
Präparat von vornherein nicht zur Messung gelangt. Durch 
eine besondere Untersuchung ließ sich dieser nicht zur Wirkung 
kommende Teil der Radioaktivität annähernd bestimmen. Die 
wirkliche Aktivität beträgt z. B. statt 16,9 V. 127 V-, statt 70,5 V. 
244 V. usw., es kommt wesentlich auf die Schichtdicke der auf 
einer Fläche ausgebreiteten zur Untersuchung gelangenden 
Substanz an. Auf Grund der 30 ermittelten Zahlen sowie der 
bekannten physikalischen Konstanten des Radiums lassen sich 
auch die Mengen des wirklich einverleibten Radiums und die 
Mengen des pro Tag ausgeschiedenen Radiums berechnen. Die 
Mengen sind so klein, daß sie in Einheiten von 10— 9 ange¬ 
geben werden müssen. Bei 1600 10—" einverleibtem Radium 
betrug z. B. die Menge des im Urin pro Tag ausgeschiedenen 
Radiums 0,96 10—", bei 6640 10—" einverleibtem Radium die 
pro Tag ausgeschiedene Menge 0.66 10—". Die Gesamtausschei¬ 
dung im Urin würde also in absehbarer Zeit erfolgen, in dem 
einen Fall in 1670, in dem anderen Falle in 10 060 Tagen, wobei 
von der Ausscheidung durch Schweiß, Ausatmungsluft und 
Fäces, ganz abgesehen wird, die Zahlen sind also als Maximal¬ 
zahlen anzusehen. Jedenfalls findet eine fortwährende Aus¬ 
scheidung radioaktiver Substanz im Urin statt und zwar in 
solcher Größe, daß sie bei gleich bleibender Stärke imstande 
ist, das Gesamtmaterial der Radiumdepots in absehbarer Zeit 
aus dem Körper zu entfernen. Außerdem findet während dieser 
Zeit eine fortwährende Emanationsentwicklung statt, so daß 
der Urin und das Blut der Patienten, denen ein Radiumpräparat 
injiziert ist, beständig mit Emanation beladen ist. 

Rhaban Liertz: Die radiographische Darstellung des Wurmfort¬ 
satzes. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 27.) 

Verfasser gelang es in verschiedenen Fällen, den Wurm¬ 
fortsatz nach Eingabe von Wismutbrei im Röntgenbild zur Dar¬ 
stellung zu bringen. Es konnte in einem Falle radiographisch 
auch eine habituelle Darmträgheit nachgewiesen werden. Dabei 
blieb der Wurmfortsatz noch ganz mit Wismut gefüllt, als das 
Wismut aus dem distalen Abschnitt des Coecum schon längst 
verschwunden war. Dies wurde bei verschiedenen Aufnahmen 
immer wieder gefunden. Die habituelle Retention von Darm¬ 
inhalt in der Appendix schien somit noch stärker zu sein als 
die im Coecum. Dies stimmt auch mit der Erfahrung überein, 
daß häufig von Personen, die an Eoityphlitis erkrankt sind, 
anamnestisch -eine konstitutionelle Darmträgheit angegeben 
wird. Verfasser kommt auf Grund dieses und anderer Befunde, 
sowie im Hinblick auf die Ergebnisse von Aschoff zu dem 
Schluß, daß der primäre und wesentliche Faktor bei der Ent¬ 
stehung der Epityphiitis durch mechanische Verhältnisse, be¬ 
sonders Lageanomalien des Wurmfortsatzes gebildet wird; erst 
an zweite!- Stelle, sowohl zeitlich als auch an Wichtigkeit, 
kommt die bakterielle Infektion. Auf die Art der Bakterien 
kommt es dabei weniger an, jedenfalls liegt kein Grund vor, 
einen spezifischen Erreger anzunehmen. R. L. 

Dr. Adolf Schnee: ..Elasto-Massage.“ Eine neue Massage- 
Methode. (Med. Klinik, 1910, No. 30 und 31.) 

Der anerkannte therapeutische Wert der Massage braucht 
nicht besonders betont zu werden. — Bisher ist es nur gelungen 
die Vibrationsmassage durch zweckmäßig konstruierte Vibra¬ 
toren mit Hand- oder elektrischem Betriebe auszuüben, — alle 
anderen Manipulationen wie Streichung, Reibung, Knetung und 
Klopfung blieben die unbestrittene Domäne der manuellen 
Massage. Verfasser ist es nach mehrjährigen Bemühungen ge¬ 
lungen, einen Apparat zu konstruieren, der die Ausführung 
allgemeiner Streich-, Reib-, Knet- und Klopfmassagen nicht nur 
in einwandfreier Weise ermöglicht, sondern in vielen Fällen 
bezüglich der Wirkung die Handmassage sogar bei weitem 
übertrifft. Dieser Apparat. ,.E 1 a s t o" genannt, besteht 
aus einem massiven Handgriff, an dem die eigentliche 
Elasto-Massagevorrichtung abnehmbar befestigt ist. Die Elasto- 
Massagevorrichtung wird von einem Metallgehäuse gebildet das 
siebartig durchlöchert ist- In der Oeffnung befindet sich in 
besonderer Führung ein elastisch federnder, an seinem unteren 
Ende gleichmäßig abgerundeter, ganz glatter Metallstempel. Je 



No. 35. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


539 


nachdem bei.Vornahme der Massage auf Streichung und 
Reibung oder auf Knetung mehr Gewicht gelegt wird, wählt 
man den „Elasto 11“ mit zahlreichen dünnen oder den 
„Elasto III“ mit wenigeren dicken Stempeln. Für Gesichts-, 
Kopf-, Nacken- und Halsmassage, sowie für die Massage einzel¬ 
ner Muskeln oder Nerven dient der „Elasto I“ in kleinerer 
Ausführung, der sich durch besondere Zartheit seiner Stempel- 
'federung auszeichnet. Ebenso einfach wie die Konstruktion ist 
auch die Handhabung des Elasto. 

An der Hand zahlreicher Abbildungen werden zunächst die 
einzelnen Handgriffe bei der Streichung, Reibung, Knetung, 
Walkung und Klopfung demonstriert und darauf hingewiesen, 
daß die Elasto-Massage lediglich den dritten Teil an Kraftauf¬ 
wand erfordert als die manuelle Handmassage. Trotzdem die 
Elasto-Massage von durchgreifenderer und intensiverer Wir¬ 
kung ist als letztere, was schon durch die bei ihrer Anwendung 
eintretende starke Hyperämie der Haut und der darunter liegen¬ 
den Gewebe bewiesen wird, verursacht sie doch keinerlei 
Schmerzempfindung, sondern ruft vielmehr ein wohliges, an¬ 
genehmes und beruhigendes Gefühl hervor. Es soll nicht ge¬ 
sagt sein, daß die Elasto-Massage jede manuelle Massage über¬ 
flüssig macht, wohl aber daß sie dort, wo sie angewendet wer¬ 
den kann, vorzuziehen ist. ln hygienischer Hinsicht ist 
der Wegfall jedes direkten Kontaktes zwischen Masseur und 
Patient bei Behandlung mit der Elasto-Massage von Wichtigkeit, 
wozu noch die Möglichkeit leichtester Reinigung mittels einer 
mit wenigen Tropfen Benzin befeuchteter Bürste oder der 
Sterilisierung des Apparates in kochendem Wasser kommt. Die 
Massage der einzelnen Körperteile wird im zweiten 
Abschnitt der Arbeit ausführlich beschrieben und dabei vor 
allem der Kopfmassage, der kombinierten Streichungen und 
Reibungen des Rückens und der allgemeinen Körpermassage 
Erwähnung getan, welch letztere bei der Behandlung der Adi¬ 
positas vorzügliche Dienste leistet. 

Der Elasto eignet sich auch zur Therm o- und Elektro- 
Massage, worüber der Autor später ausführlich zu berichten 
verspricht. S. 

Dr. E. Kantorowicz (Berlin): Die Therapie der nervösen Impo¬ 
tenz. (Medizin. Klinik, 1910, No. 26.) 

Die Therapie der nervösen Impotenz kann eine lokale und 
allgemeine sein. Die lokale Therapie möchte Verfasser auf 
diejenigen Fälle beschränkt wissen, in denen es sich um lokale, 
leicht zu beeinflussende Veränderungen handelt. In der Haupt¬ 
sache käme hier die chronische Gonorrhoe in Frage. Die all¬ 
gemeine Therapie der Impotenz ist eine psychische, hygienisch¬ 
diätetische und medikamentöse. Namentlich die psychische 
Behandlung muß in den Vordergrund gestellt werden und muß 
auch bei Anwendung der übrigen Heilmethoden stets mit 
diesen in Fühlung bleiben. Der Arzt muß sich völlig in das 
Krankheitsbild des Einzelfalles versenken, und der Kranke 
muß die Empfindung haben, daß er unter der Obhut des Arztes 
sicher geborgen ist. Handelt es sich um psychische Hemmun¬ 
gen, so wird man das Vertrauen des Patienten auf sich selbst 
zu stärken haben und ihn dahin zu bringen suchen, eine mög¬ 
lichst unbefangene Auffassung der Situation sich zu eigen zu 
machen. Als zweites wertvolles Mittel zur Kräftigung des 
ganzen Nervensystems und damit auch der genitalen Sphäre 
steht uns der gesamte hygienisch-diätetische Heilapparat zur 
Verfügung. Körperpflege und -Übung bilden eine Hauptstütze 
des einzurichtenden ärztlichen Regimes. Morgens eine Ein- 
seifung des ganzen Körpers mit nachfolgender Abbrausung, 
abends kühle Waschungen vor dem Zubettgehen werden ihre 
wohltätige Wirkung nicht verfehlen. Mit aller Energie ist auf 
eine geregelte sportliche Betätigung hinzuwirken. Der Sport 
wirkt nicht allein kräftigend auf die trainierten Muskeln, auch 
das Kraftgefühl und Selbstbewußtsein erhöht sich, und 
die Umgebung der Sportgenossen schafft die nötige geistige 
Ablenkung und verhindert ein Zurückfallen in gedrückte 
Stimmungen. Eben darum sind auch solche Sportarten zu be¬ 
vorzugen^ die nicht allein, sondern in Gesellschaft betrieben 
zu werden pflegen, und es ist, wenn irgend möglich, zu raten, 
einem Sportverein beizutreten. Sportarten, wie Lawntennis, 
Kricket, sind wegen der Damengesellschaft und der damit ver¬ 
bundenen Möglichkeit geschlechtlicher Erregungen zu meiden, 
Radfahren und Reiten nur dann zu gestatten, wenn keine 
sexuelle Hyperästhesie vorhanden ist, bei der der Druck auf die 
Dammgegend schädlich wirken könnte. Reiten soll nur im 
englischen Trab oder im Schritt erfolgen. Das Ideal eines die 
gesamte Körpermuskulatur durcharbeitenden Sportbetriebes 
bildet der Rudersport, und der Eintritt in einen Ruderklub 
empfiehlt sich durchaus. Der Einzelne hat weder die Willens¬ 
kraft noch vor allem die Kenntnisse und Erfahrung, die nötig 
sind, um zu jenem Höchstmaß von Leistungen zu gelangen, die 
die sachliche Schulung durch einen geübten Trainer und der 
Stachel des Wettbewerbes mit den Sportkameraden aus ihm 
herausholt. Was besonders den Rudersport auszeichnet, ist, 
neben dem Aufenthalt in der reinen, bewegten Luft, die Gleich¬ 


mäßigkeit und Ruhe, das Taktmäßige seiner Ausübung. Im 
Winter suche man das Sportbedürfnis durch Schlittschuhlaufen, 
Turnen und Fechten zu befriedigen. Mit der elektrischen Be¬ 
handlung kann jedenfalls ein Versuch gemacht werden, ohne 
daß man sich übertriebenen Erwartungen über den Erfolg hin- 
! geben soll. Für die Fälle von Spinalirritation empfiehlt sich 
am meisten eine Galvanisation des Rückenmarkes mit Strömen 
I von 0,5—2 M.-A. Man nehme ziemlich große Elektroden, von etwa 
| 100 qcm Fläche, und vermeide plötzliche Stromschwankungen 
und Wendungen. In den seltenen Fällen der Impotenz infolge 
lokaler Anästhesie des Penis ist auch die faradische Pinselung 
angebracht. Die medikamentöse Therapie spielt im Rahmen 
der Gesamtbehaudlung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Als 
Tonica, die fortlaufend eine Zeitlang zu gebrauchen sind, 
empfehlen sich Chinin und Arsen, entweder einzeln oder in 
Kombination miteinander. Bei vorgeschrittenen Erschöpfungs¬ 
und Lähmungszuständen gibt K. Strychnin, eventuell mit Sekale 
kombiniert, während er bei Hyperästhesie und Spinalirritation 
Brom verordnet, am liebsten in Form eines Brausesalzes. Was 
bis vor kurzem unter dem Namen Aphrodisiaca bekannt war, 
ist wenig vertrauenswürdig. Verf. bedient sich als Aphrodi- 
siacum, mit dem er außerordentlich zufrieden ist, einer von 
ihm angegebenen Komposition von Yohimbin, Muira-puama 
und Kolanuß, die von der Fabrik in Originalflaschen unter dem 
Namen „Libidol“ in den Handel gebracht wird. K r. 


Sanitätsrat Dr. R. Hilbert (Sensburg): Arznei-Ausschlag nach 
Gebrauch von Hexamethylentetramin. (Münch, med. Wochen 
schrift, 1910, No. 28.) 

Bei Gebrauch von Urotropin resp. Hexamethylentetramin 
scheint man bisher noch keine Arzneiexantheme beobachtet zu 
haben. Verfasser hatte nun Gelegenheit, einen derartigen Fall 
zu sehen. Eine 36 jährige, leicht nervöse, im dritten Monat der 
Schwangerschaft stehende Frau, welcher wegen eines Blasen¬ 
katarrhs eine 5 proz. Lösung von Hexamethylentetramin ver¬ 
ordnet worden war, bekam schon nach 1 Eßlöffel des Medika¬ 
ments einen heftig juckenden Ausschlag auf dem ganzen 
Körper, verbunden mit Kopfschmerz und Tränenlaufen. Das 
Exanthem bestand aus ziemlich dicht stehenden, etwa linsen¬ 
großen, urticariaähnlichen Quaddeln, die etwa das Aussehen 
von Mückenstichen hatten. Auch die behaarte Kopfhaut war 
befallen, nur Handteller und Fußsohlen blieben frei. Die Lider 
waren geschwollen, die Bindehäute gerötet. Nach Ablauf von 
acht Stunden war der ganze Symptomenkomplex verschwunden. 
Es mußte selbstverständlich auf den Weitergebrauch des Hexa¬ 
methylentetramins in diesem Falle verzichtet werden. 


Dr. Hensscn (Sonnenberg): Ein Fall von taschenartiger Er¬ 
weiterung der Ohrspeicheldrüse. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 27.) 

Bei einem 43 jährigen Manne, von Beruf Glasbläser, besteht 
seit zwei Jahren folgende Anomalie: Beim Aufblasen der 
Backen wird die Luft mit einem ziemlich lauten, fauchenden 
Geräusch in die Ohrspeicheldrüsen hineingetrieben und dort 
zurückgehalten, auch wenn die Backen nicht mehr aufgeblasen 
sind. Vor beiden Ohren ist dann eine walnußgroße Geschwulst 
sichtbar. Durch Streichen mit dem Finger gelingt es, die Ge¬ 
schwulst zu beseitigen, wobei sich sehr reichlicher, schaumiger 
Speichel durch den Ausführungsgang der Drüse entleert. Der 
Patient wird durch diese Anomalie in seinem Beruf behindert. 
Denn sobald er die Pfeife an den Mund setzt, um zu blasen, ent¬ 
weicht die unter hohem Druck stehende Mundluft zum 'Peil in 
die Ohrspeicheldrüsen und treibt diese so weit auf, daß 
Schmerzen entstehen und die Drüsen erst mit dem Finger ent¬ 
leert werden müssen, ehe das Glasblasen von neuem beginnen 
kann. Deswegen beansprucht der Mann sogar Rente. 


Stabsarzt Prof. Dr. Momburg (Berlin): Eine auf einem neuen 
Prinzip begründete Plattfußeinlage. (Deutsche medizinische 
Wochenschrift, 1910, No. 27.) 

Verfasser hat eine Plattfußeinlage konstruiert, bei der das 
ganze Gewicht auf die Supinationsstellung des Calcaneus ge¬ 
legt und auf die Hebung des Gewölbes verzichtet ist. Die Ein¬ 
lage besteht aus dem Hauptteil, einem keilförmigen, von innen 
nach außen abfallenden und nach vorne spitz zulaufenden 
Gummistück, einer unter dieser liegenden Stahlfeder und einem 
Lederstück. Das ganze wird durch zwei Nieten zusannnen- 
gehalten. Das Leder dient dazu, die Einlage im Schuh an rich¬ 
tiger Stelle zu halten, es überragt den Hackenteil des Gummi¬ 
teils etwas. Dieser überragende Teil des Leders kann abge¬ 
schnitten werden, wenn er für den Schuh zu groß ist. Die ein¬ 
zige Bedingung für die Plattfußeinlage ist, daß ein Schnürschuh 
mit breitem, niedrigem, 2 cm hohem Absatz getragen wird. 
Die Einlage wird in vier Größen hergestellt. (Fabrikant: Firma 
M. Pech, Berlin.) R. L. 



640 


No. 36. 


THERAPEUTISCHE 

0. v. Krisch: Untersuchungen über den normalen Kniestreck¬ 
apparat mit Rücksicht auf die hei der Patellarfraktur be¬ 
stehenden mechanischen Verhältnisse. (Archiv für klm. 
Chirurgie, Bd. 91, H. 1.) 

Auf Grund überaus sorgfältiger anatomischen Untersuchun¬ 
gen und Messungen an Leichen kommt F. zu dem Schlüsse, daß 
von den fünf während der Kniebewegung im Streckapparat 
auftretenden Winkeln (Sehnenwinkel, PatelJarwinkel, Liga- 
tnentwinkel, Tuberositas- und Apexwinkel) für die Entstehung 
der Patellarfraktur nur jene zwei in Betracht kommen, an 
deren Bildung sich die Kniescheibe direkt beteiligt. Die Kom¬ 
bination dieser beiden Winkel gibt in ihrer Veränderung wäh¬ 
rend der Kniebeugung eine charakteristische Kurve, welche 
unter dem Einfluß zweier erst während der Bewegung in be¬ 
stimmten Phasen auftretender Winkel, des Sehnen- und Liga¬ 
mentwinkels, steht. Die Beobachtung der ganzen Kniescheibe 
in bezug auf ihre Bewegung ergiebt, daß letztere von der 
Streck- zur Kippstellung vorwiegend in einer Gleitbewegung, 
von hier zur spitzwinkligen Bewegung mehr in einer Drehung 
um eine frontale Achse besteht. Die Dimensionen der Patellen, 
speziell das Verhältnis ihrer Höhe zur Länge unterliegen 
ebenso wie die Form ihrer Berührungsflächen mit der Troehlea 
und die Winkelkurven des ganzen Sehnenapparates ziemlich 
großen individuellen Schwankungen. Nach dem Ergebnis der 
Untersuchungen des Verfassers ist somit gegen die von 
San so n -Lossen aufgestellte Theorie des Biegungsbruches 
der Patella bei mäßiger Bewegung im Kniegelenk ein be¬ 
gründeter Einwand nicht zu erheben. Vielmehr sprechen die 
hei dieser Stellung obwaltenden mechanischen Verhältnisse 
in gleicher Weise wie die begleitenden Umstande vieler Knie- 
scheibeubrüche durchaus im Sinne jener Erklärung. 

E. Rugc: Zahlreiche freie Gelenkkörper bei isolierter Arthritis 
deformans der Fossa cabitalis. (Archiv für klin. Chirurgie, 
Bd. 91, H. 1.) 

R. beschreibt den seltenen Fall einer isolierten Arthritis 
deformans cubiti bei einem 26 jährigen Maler. An einer ganz 
zirkumskripten Stelle des Gelenkes in der Fossa cubiti entstand 
ein degenerativ-produktiver Prozeß. Erst ging der Knorpel 
und Knochen an dieser Stelle zugrunde, dann entwickelten sich 
Zottenwucherungen und zahlreiche freie Geienkkörper, deren 
radikale Entfernung durch Operation zur Heilung und Wieder¬ 
erlangung der vollen Gebrauchsfähigkeit des Armes führte. 
Instruktive Köntgenbilder illustrieren die Lage und große Zahl 
der Ge.lenkmäuse. Neuropathische Gelenkerkrankung war 
ausgeschlossen. Adler (Pankow-Berlin). 

R.-A. Dr. Friedrich Ritter v. Förster (Wien): Novojodin als 
Jodoformersatz. (Wiener med. Wochenschrift, 1910, No. 30.) 

Novojodin ist nach dem Prospekte der Firma Chemische 
Fabrik Dr. R. Scheuble & Dr. A. Hochstetter in 
Tribuswinkel bei Baden, Nied.-Oesterr., ein Gemisch, bestehend 
aus gleichen Teilen Talkum und Hexamethylentetramindijodid, 
letzeres Produkt aus zwei hoch antiseptisch wirkenden Körpern 
— Jod und Formaldehyd — zusammengesetzt, jedes für sich 
von hochgradig baktericider Wirkung. Das Novojodin stellt 
ein gelbbraunes, vollkommen geruchloses Pulver dar, welches 
sich bei Licht nicht zersetzt, im Alkohol und Aceton löslich, 
im Wasser und Aether unlöslich ist; dagegen läßt es sich mit 
Oleum oliv., Paraffinum liquidum, Glyzerin, Kollodium in 10 bis 
20 proz. Suspensionen vereinigen. Seine Wirkung besteht 
darin, daß es bei Berührung mit Wundflächen Jod und 
Formaldehyd abspaltet und zwar derart, daß bei vollständiger 
Zersetzung 20 pCt. Formaldehyd und 32 pCt. Jod abgegeben 
werden. Von den dem Verf. zur Verfügung gestellten Formen 
dieses Präparates wurden Novojodinpulver, Novojodinsalbe, 
Novojodin in Oelemulsionen, 20 proz. Novojodingaze, Novojodin- 
stäbchen und Novojodin-Kollodium in Anwendung gebracht. 
Diese besteht teils in äußerer Applikation, teils in Form 
von Injektionen. Aeußerlich als Streupulver und als 
Salbe, Injektionen besonders bei Tuberkulose, wo es 
sich als spezifisches Heilmittel erwies. Bei der äußer¬ 
lichen Anwendung erweist sich das Pulver, besonders 
bei großen Wundflächen, z. B. Verbrennungen, als ein 
ausgezeichnetes Mittel, indem die Wundflächen wenig, fast 
gar nicht näßten und sich sowohl vom Rande her als auch von 
der Mitte aus rasch zarte Epidermisinseln bildeten und durch 
Konfluierung sich vereinten. Die Gaze wurde zur Tamponade 
infizierter Wunden verwendet, besonders bei solchen phleg¬ 
monöser Natur. Sie zeigt ein hohes Aufsaugungsvermögen, die 
Wunden reinigten sich bald, die Wundränder wiesen rasch 
schöne Granulation auf. Im weiteren Verlaufe wurde Novo¬ 
jodinsalbe in Anwendung gebracht, unter welcher die meisten 
Wunden rasch vernarbten. Besonders vorteilhaft erscheint 
der Umstand, daß die sich sonst meist bildenden Schorfe an 
den Wundrändern, die gern eine Sekretstauung bewirken, 
ferner Hypergranulation bei Anwendung des Novojodins unter¬ 
blieben und dadurch auch die Narbenbildung in kosmetischer 


RUNDSCHAU 1910, 

Hinsicht eine zufriedenstellendere wird. Nicht missen möchte 
Verfasser das Präparat bei allen tuberkulösen Erkrankungen 
der Weichteile und Knochen, Verfasser verwendet bei tuber¬ 
kulösen Abscessen nach kleiner Stichinzision Novojodinöl zur 
Injektion, eventuell Tamponade mit in Novojodinöl getränkter 
steriler Gaze. Ein Vorteil gegenüber der sonst verwendeten 
10 proz. Jodoform-Glyzerinlösung besteht darin, daß die Emul¬ 
sion sich vollständig zersetzt: das Sekret, anfangs milchig, dick¬ 
flüssig, wird rasch seröser Natur, bis es in verhältnismäßig 
kurzer Zeit gänzlich verschwindet. Bei tuberkulösen Fistel¬ 
gängen, besonders bei vereiterten Lymphdrüsen des Halses, 
erweisen sich Novojodinstäbchen als äußerst praktisch und 
leicht verwendbar. Die Sekretion wird bald eine geringere, 
die Fistelgänge granulieren rasch und schließen sich bald. Das 
Präparat ist vollkommen reizlos und zeichnet sich ferner durch 
Billigkeit aus. K r. 


Privatdozent Dr. Richard Werner und Dr. Albert Caan (Heidel¬ 
berg) : Ucber die Wirkung von Röntgenstrahlen auf Ge¬ 
schwülste. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 26 und 
27.) 

Die Verfasser berichten zusammenfassend über die Ergeb¬ 
nisse, welche im Heidelberger Institut für Krebsforschung bei 
der Röntgenbehandlung bösartiger Tumoren erzielt wurden. 
Zugrunde liegen die in der Zeit vom 1. Januar 1908 bis zum 
1. Mai 1910 zur Beobachtung gekommenen Fälle; sie umfassen 
255 maligne Tumoren (204 Carcinome, 36 Sarkome, 14 maligne 
Lymphome sowie eine Stuma maligna) und 5 benigne Strumen, 
außerdem einige andere Fälle. Von den bösartigen Tumoren 
standen an erster Stelle der Zahl nach die Mammacarcinome, 
dann folgten die Magencarcinome, gering an Zahl waren die 
Carcinome der Zunge, des Uterus und des Rektums. In bezug auf 
alle Einzelheiten muß auf die Arbeit verwiesen werden. Wir 
wollen hier nur die allgemeinen Ergebnisse der Arbeit wieder¬ 
geben. Ein gesetzmäßiges Verhalten der Tumoren den Röntgen¬ 
strahlen gegenüber hat sich nicht ergeben. Jedoch ist nach den 
Erfahrungen der Verfasser bei einem großen Prozentsatz der 
malignen Tumoren ein günstiger Einfluß der Röntgenstrahlen 
unverkennbar, wenn sie .auch kaum je als ein zuverlässiges 
Heilmittel bezeichnet werden dürfen. Selbst bei den scheinbar 
günstigsten Objekten können sie im Stich lassen, während man 
in einzelnen, selbst desolaten Fällen von ihrer Wirkung über¬ 
rascht ist. Operable Tumoren sind unter allen Umständen 
chirurgisch zu entfernen, doch ist die Röntgentherapie als Nach¬ 
behandlung, selbst wenn andere Hilfsmethoden (z. B. Fulgu- 
ration oder Thermopenetration) verwendet wurden, durchaus 
empfehlenswert. Die Bestrahlung in eine offene Wunde 
scheint wirksamer zu sein als die perkutane Belichtung 
des Operationsfeldes. Die Röntgenisierung exstirpierbarer 
Geschwülste wird aber trotzdem vorgenommen werden müssen, 
wenn der chirurgische Eingriff aus besonderen Gründen (Stoff¬ 
wechselerkrankungen, Herzschwäche, Messerscheu des 
Patienten) unmöglich ist. Unter diesen Bedingungen wird 
die Röntgenbestrahlung mit rücksichtsloser Energie durchzu¬ 
führen sein, wenn die chirurgische Kontraindikation eine ab¬ 
solute ist, sonst aber ist ein Verfahren, das zu stärkerer Ver¬ 
änderung der Haut führt, zu vermeiden, da bei weiterer Pro¬ 
gredienz des Tumors die Operation doch noch manchmal 
riskiert wird und dann der Wundverlauf durch eine voraus¬ 
gegangene Ueberexposition leicht gefährdet werden könnte. 
Das Gleiche gilt von Tumoren, die an der Grenze der Operabili¬ 
tät stehen und mit Röntgenstrahlen vorbehandelt werden sollen, 
in der Absicht, ihre Beweglichkeit zu erhöhen und dadurch die 
Exstirpation zu erleichtern. Bei sicher inoperablen Tumoren 
ist die Röntgenbehandlung in jedem Falle zu versuchen, da es 
ein sicheres Kriterium für die Radiosensibilität nicht gibt und 
Ueberraschungen nach der günstigen Seite hin nicht ausge¬ 
schlossen sind. Wenn aber nach der ersten Bestrahlungsserie 
eine Verschlechterung auftritt, erscheint die Fortsetzung der 
Röntgentherapie kontraindiziert. Ein anfänglicher Erfolg ist 
keineswegs ein Beweis für die Möglichkeit einer vollständigen 
Heilung. Am meisten enttäuschten in dieser Hinsicht die 
Melanosarkome, bei denen dem Schein einer glänzenden Besse¬ 
rung eine deletäre Propagation des Leidens folgte, sowie einige 
Fälle von Lymphosarkom, die sich anfangs überraschend zu¬ 
rückbildeten, um schließlich in eine Form überzugehen, die den 
weiteren Röntgenbestrahlungen trotzte. Ueberexpositionen, die 
zu tiefgehenden Nekrosen führen, sind als zwecklos und schäd¬ 
lich zu vermeiden. Das Endziel der Röntgentherapie besteht 
in einer möglichst elektiven Schädigung der pathologischen 
Zellen, welche diese zu' einer resorptionsfähigen Form ab¬ 
sterben läßt, unter Anregung des benachbarten Gewebes zu 
einer Proliferation, die zum Ersatz der entstehenden Substanz¬ 
verluste führt. Die Hauptschwierigkeit bei der Röntgenbestrah¬ 
lung scheint darin zu liegen, daß die einzelnen Gebiete des¬ 
selben Tumors verschieden radiosensibel sind; die Empfind¬ 
lichkeit kann fast von Zelle zu Zelle wechseln. Nur die nicht 
zahlreichen Fälle, in denen die Tumoren eine gleichmäßige 



No. 35. 


541 


therapeutische 

Radiosensibilität besitzen und in dieser Beziehung die Nach¬ 
barschaft deutlich überragen, sind ein dankbares Objekt für die 
Röntgentherapie. Eine große Bedeutung haben jedenfalls die 
Röntgenstrahlen für die palliative Behandlung. Meist wird die 
systematische Behandlung der Tumoren durch mittlere Dosen 
entweder durch Verminderung der Schmerzen oder durch Ein¬ 
dämmung des Fortschreitens der Erkrankung, Hebung des 
Körperzustandes und der Gemütsstimmung Nutzen stiften. 
Außerdem wird die Röntgentherapie als Adjuvans anderer 
Behandlungsmethoden, mit denen sie kombiniert werden kann, 
noch weiter an Bedeutung gewinnen. 


Br. Christoph Müller (Immenstadt): Eine neue Behandlungs¬ 
methode bösartiger Geschwülste. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 28.) 

Verfasser berichtet über eine von ihm ausgebildete 
Methode der Behandlung bösartiger Geschwülste, welche in 
einer kombinierten Verwendung verschiedener physikalischer 
Agentien besteht. Dr Hauptsache nach handelt es sich um 
eine kombinierte Verwendung von Hoch- 
frequenzströmen und Röntgenstrahlen. Den 
Hochfrequenzströmen kommt nach Verfasser eine spezifisch 
anämisierende Wirkung zu, welche sich auf einige Zentimeter 
Tiefe erstreckt. Da nun nach G. Schwarz die Haut durch 
Anämisierung weniger empfindlich gegen Röntgenstrahlen 
wird, müssen auch die Hochfrequenzströme die Empfindlichkeit^ 
der Haut gegenüber Röntgenstrahlen herabsetzen. Man kann 
daher bei Kombination von Röntgenstrahlen mit Hochfrequenz- 
strömen ohne Gefahr größere Mengen von Röntgenstrahlen auf 
den Tumor applizieren; es gelingt so, mehrfache Erythemdosen 
ohne irgendwelche Hautreizung zu geben. Außerdem kommt 
vielleicht der günstige Effekt beider Energieformen zur Geltung. 
Die dabei verwendete Technik ist folgende: Das zu behandelnde 
Gebiet wird zunächst mit Hilfe einer Kondensatorelektrode 
unter den Einfluß schmerzloser, mittelstarker Hochfrequenz¬ 
entladungen gebracht, indem diese möglichst gleichmäßig über 
das zu behandelnde Gebiet durch Bestreichen verteilt werden. 
Nachdem einige Minuten die Hochfrequenzströme eingewirkt 
haben, wird die Röntgenröhre in gewöhnlichem Abstand und 
unter mittlerer Belastung unter Belassung der Hochfrequenz¬ 
entladungen in Tätigkeit gesetzt. Nach Abstellen der Röntgen¬ 
röhre wird die Hochfrequenz noch eine Weile betätigt. Die 
von Verfasser verwendeten Hochfrequenzströme werden von 
einem Apparat geliefert,dessen primärer Schwingungskreis aus 
einem mit Gleichstrom und Unterbrecher betriebenen Induk- 
torium gespeist wird. Dieser Schwingungskreis ist elektrisch 
und schwach magnetisch gekuppelt mit einem Resonanzkreise, 
nach Art der 0 u d i n-S 1 a b y sehen Resonatoren. Die Kom¬ 
bination ist so getroffen, daß nicht der Kuppelungsfaktor ver¬ 
ändert wird, sondern die Amplitude der Welle in bezug auf die 
Elektrode verschoben werden kann. Die Kondensatorelektro- 
deu sind so gebaut, daß ihr Inneres mit Graphit- oder Metall¬ 
belag versehen ist. Es werden von diesem Instrumentarium 
stark gedämpfte Schwingungen geliefert. Was die Röntgen¬ 
strahlen anlangt so eignen sich nur solche für den beabsichtig¬ 
ten Zweck, welche weichen, mittelweichen oder eventuell noch 
mittelharten Röhren entstammen, ferner können nur solche 
Strahlen zerstörend auf das Tumorgewebe wirken, welche von 
dem Tumor absorbiert werden. — Verfasser teilt nun eine 
Reihe von Fällen mit, welche er erfolgreich mit seiner Methode 
behandelt hat. Völlig geheilt sind fünf Fälle; 1 Mammacarci- 
no®, 1 Zungencarcinom, 1 Hautcarcinom am Nasenansatz mit 
.Ulcenation, 1 Fall von multiplen haselnuß- bis taubeneigroßen 
Sarkomen am Schädel und Gesicht, ein kindskopfgroßes Sar¬ 
kom ans Hinterkopf. Dann teilt Verfasser einige Fälle mit, 
in denen .eine günstige Beeinflussung, aber keine vollständige 
Heilung erreicht wurde. In manchen Fällen ist zuerst eine 
rgünstige Wirkung der Behandlung unverkennbar, dann aber 
tritt ein Stillstand in der Rückbildung ein. Verfasser nimmt an, 
daß die Tumorzellen in solchen Fällen hochgradig unempfind¬ 
lich gegenüber den Röntgenstrahlen geworden sind. Man muß 
dann versuchen, die Tumorzellen wieder zu sensiblisieren, dies 
erreicht man nach Verfasser durch eingeschaltete Anwendung 
der Thermopenetration, welche eine hyperämisierende 
Wirkung hat. Dabei werden die Elektroden entsprechend dem 
größten Tumordurchmesser angelegt und entweder gleichzeitig 
mit der kombinierten Behandlung oder zeitlich gesondert von 
ihr der Strom durchgeleitet. Die Stellen, an denen die Elek¬ 
troden anliegen, sind so zu wählen, daß sie bei der späteren 
Röntgenbestrahlung gemieden werden können, sonst hat man 
Verbrennungen an dieser Stelle zu gewärtigen. In manchen 
Fällen treten bei dem Zerfall des Tumors stürmische Resorp¬ 
tionserscheinungen auf, dann ist die Behandlung auszusetzen. 
Die iiadiumbehandlung eignet sich nicht zur Kombination mit 
des Verfassers Methode, wie einige Versuche ergeben haben. 
Bei vorhergegangener einfacher Röntgenbestrahlung ist eine 
besondere Vorsicht nötig, weil sie die Widerstandsfähigkeit 
der Haut gegenüber den Strahlen-sein' herabsetzt. 


RUNDSCHAU 1910. 

Dr. .1. P. zmn Busch (Lolidon): Ein Beitrag zur Erkennung und 

Behandlung der nicht perforierten Duodenalgeschwüre. 

(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 28.) 

Während in Deutschland das Duodenalgeschwür als selten 
gilt und demgemäß selten diagnostiziert wird, wird nach den 
Erfahrungen des Verfassers in England und Amerika das 
Duodennalgeschwür weder zu den seltenen noch den schwer 
erkennbaren Krankheiten gerechnet; Blutung ist in der Mehr¬ 
zahl der Fälle als Spätsymptom aufzufassen, ln England hat 
besonders Moynihan (Leeds) im letzten Dezennium die 
Diagnostik des Ulcus des Duodenums gefördert. Meist werden 
Männer im mittleren Lebensalter vom Duodenalulcus befallen. 
Die Symptome sind sehr charakteristische und entwickeln sich 
allmählich zu immer größerer Heftigkeit. Gewöhnlich wird 
über ziehende und nagende Schmerzen im Epigastrium geklagt. 
Das Charakteristische an diesen Schmerzen ist, daß sie nicht 
gleich nach dem Essen auftreten, sondern meist 2—6 Stunden 
nach der Mahlzeit; flüssige Kost verkürzt den Zwischenraum, 
feste Kost verlängert ihn. Häufig geben die Kranken an, daß 
der Schmerz beginnt, wenn sie wieder hungrig werden; Nah¬ 
rungsaufnahme beseitigt oft sehr rasch die Schmerzen oder 
bessert sie wenigstens. In manchen Fällen sind die Schmerzen 
fast unerträglich, sie strahlen dann oft in die rechte Seite und 
den Rücken aus. Nicht selten beendet ein starkes Aufstoßen 
von Gasen oder saurer Flüssigkeit den Anfall. Erbrechen ist 
selten und tritt meist erst auf, wenn es schon zur Duodenal- 
j Stenose mit ihren Folgeerscheinungen am Magen gekommen 
ist. Der Appetit bleibt lange gut, abgesehen davon, daß sich 
die Kranken wegen der zu erwartenden Schmerzen oft vor dem 
Essen fürchten. Die eben geschilderten Beschwerden bestehen 
häufig nicht andauernd, sondern können durch Wochen und 
Monate dauerndes völliges Wohlbefinden unterbrochen sein: 
auch dieser Wechsel zwischen Wohlbefinden und Krankheit 
ist beim Duodenalgeschwür typisch. Bei genauem Abtasten des 
Bauches findet man schon nach einiger Zeit eine Rigidität des 
rechten Muse, rectus abdominis und einen entsprechenden 
Druckschmerzpunkt. Auch Blut wird bei genauer Unter¬ 
suchung des Stuhls zuweilen in kleinen Mengen gefunden. Zu 
den Spätsymptomen gehören außer den stärkeren Blutungen 
besonders die infolge der Stenosenbildung auftretende moto¬ 
rische Insuffizienz und Dilatation des Magens. Aus der Anam¬ 
nese und den geschilderten Beschwerden kann man in vielen 
Fällen schon das Ulcus duodeni diagnostizieren. Am leichtesten 
dürften Verwechselungen mit Magengeschwür, mit Gliolelithia- 
sis und deren Folgen sowie mit einer chronischen Appendicitis 
Vorkommen; auch können zwei oder drei dieser Krankheiten 
zugleich bestehen. Besonders Magen- und Duodenalgeschwüre 
kommen häufig zusammen vor; Moynihan fand bei 137 ope¬ 
rierten Männern 30 mal beide Organe ulceriert, bei 49 operier¬ 
ten Frauen 17 mal im Magen und Duodenum gleichzeitig Ulcera. 
Moynihan hat von 1900—1909 in 228 Fällen wegen chroni¬ 
scher, nicht perforierter Ulcera duodeni operiert und nur vier 
Fälle verloren. Die letzten 116 Fälle verliefen ohne Todesfall. 
78 mal wurde nur die hintere Gastroenterostomie gemacht, 
84 mal die hintere Gastroenterostomie mit Einstülpung und 
Uebernähung der Geschwüre, 3 mal wurde ein Duodenalulcus, 
einmal ein gleichzeitig bestehendes Magenulcus exzidiert. Verf. 
selbst hat in 19 Fällen ein Ulcus duodeni diagnostiziert und in 
14 Fällen operiert; er teilt seine Fälle in extenso mit. Von den 
operierten Kranken starb einer und zwar in der vierten Woche 
nach der Operation bei völlig geheilter Wunde und guter Magen¬ 
darmfunktion an einer septischen Pneumonie mit Pleura¬ 
empyem. Ein Patient, der gleichzeitig an Magen- und Duodenal¬ 
geschwüren litt, blieb 5 1 - Jahre völlig gesund, dann erlag er 
einem Magenkrebs, das Duodenalgeschwür war völlig aus¬ 
geheilt. Ein Kranker mußte zweimal später wegen Ulcera 
peptica jejuni, die in den Rektus durchgebrochen waren, ope¬ 
riert werden. Es bestand gleichzeitig Tabes und alte Lues. Im 
ganzen zeigten drei Fälle das gleichzeitige Vorkommen von 
Duodenal- und Magengeschwüren. In zwei Fällen bestand eine 
chronische Perforation des Geschwürs. Im einen davon wurde 
das große in der vorderen Duodenalwand sitzende Geschwür 
durch Aufnähen der Gallenblase und des Netzes gedeckt, im 
zweiten Falle wurde das Duodenum reseziert, ln einem Falle 
wurde eine zirkuläre Resektion vorgenommen, weil noch bei 
der Operation ein Carcinom angenommen wurde. Der weitere 
gute Verlauf widerlegte diese Diagnose. In 14 Fällen wurde 
eine Gastroenterostomie gemacht und zwar 10 mal die vordere 
mit Braun scher Anastomose und viermal die hintere mit 
möglichst kurzer Schlinge; zweimal wurde gleichzeitig eine 
zirkuläre Resektion des Duodenums ausgeführt. Die Dauer¬ 
resultate waren in den Fällen, die länger beobachtet werden 
konnten, fast stets gut. Ein großes Gewicht ist auf sorgfältigste 
Nachbehandlung zu legen. R. L. 

P. H. van Royen: Ueber «las I leus pepticuni nach Gastroenter¬ 
ostomie. (Archiv für klinische Chirurgie, Bd. 91, H. 2.) 

An der Hand von 12 Beobachtungen aus den Kliniken von 
R o t g a n s , O i d t m a n n, II o m b o u t s und K o r t e w e g, 




542 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 35. 


sowie 77 weiteren aus der gesamten Literatur zusammen¬ 
gestellten Fällen entwirft tt. ein anschauliches Bild des Ulcus 
pepticum. R. unterscheidet klinisch fünf verschiedene Formen 
imd zwar: 

1. Ulcera ohne bestimmte Symptome, welche spontan heilen. 

2. Ulcera mit unbestimmten lokalen und allgemeinen Er¬ 
scheinungen. ' 

3. Ulcera, welche zu akuter perforativer Peritonitis führen. 

4. Ulcera, welche durch chronisch adhäsive Peritonitis 
Tumoren, Banehwandinfiltrate, Abscesse und Darmfisteln her- 
vorrufen. 

5. Ulcera, welche eine Kommunikation zwischen Jejunum 
und Colon transversum hervorrufen. 

Das Ulcus pepticum jejuni kann entstehen unter dem Ein- 
llusse und der Einwirkung sauren Magenbreies auf eine durch 
scharfe oder stumpfe Gewalt lädierte Darmwand bei Indivi¬ 
duen, welche eine Prädisposition für Magengeschwür haben, am 
leichtesten bei solchen, welche eine durch Atheromatose der 
Gefäße oder gestörte Funktion der Gefäßmotoren besonders 
vulnerable Darmschleimhaut besitzen. 

Leichte Fälle von Ulcus pepticum können durch ent¬ 
sprechende Ulcusdiät, Darreichung von Magnesia, Atropin¬ 
injektion, zeitweilige Rektalernährung zur Ausheilung gebracht 
werden. Schwerere Fälle erfordern die Operation, welche je 
nach der Ausdehnung des Geschwürs in Üebernähung, Exzi¬ 
sion des Geschwürs, Resektion, Anlegung einer neuen Anasto- 
mose. besteht. In prophylaktischer Hinsicht ist Vermeidung 
jeder Schleimhautläsion durch Klemmen etc. bei der Operation, 
antacide Behandlung und Ulcusdiät auch nach der Operation 
zu empfehlen. Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Karl Urban, Primararzt am Krankenhause der Barm¬ 
herzigen Schwestern in Linz: lieber Pneumatosis cystoides 
intestiuorum. (Wiener medizin. Wochenschr., 1910, No. 90.) 

Unter Pneumatosis cystoides intestiuorum, auch Emphy- 
sema bullosum intestinale genannt, versteht man eine eigen¬ 
tümliche Veränderung des Darmes, welche in der Bildung zahl¬ 
reicher erbsen- bis haselnußgroßer, in der Wand des Darms 
sitzender, mit Luft gefüllter Bläschen besteht. Diese Anomalie, 
welche bei Schweinen nicht so selten vorkommt und in der 
Veterinärmedizin Luftblasengekröse genannt wird, wurde beim 
Menschen zuerst von K1 e b s und Bang beschrieben und sind 
bisher erst 12 Fälle publiziert. Verfasser beobachtete einen 
einschlägigen Fall, dessen Krankengeschichte er mitteilt. Es 
handelt sich um ein 13 jähriges Kind. Auf Grund des klini¬ 
schen Befundes wurde eine tuberkulöse Peritonitis angenom¬ 
men. Bei der Laparotomie entleerte sich ein halber Liter 
klarer seröser Flüssigkeit von 1020 spezifischem Gewichte, von 
der erwarteten Knötchenbildung am Darm oder Peritoneum 
war nichts zu sehen, dagegen war der ganze Dünndarm, das 
Coeeum und ein zirka 20 cm langes Stück des Colon ascendens 
stark gebläht, die Wand von zahllosen erbsen- bis haselnu߬ 
großen, durchscheinenden, untereinander nicht kommunizieren¬ 
den Bläschen durchsetzt, welche die Serosa vorwölbten und ihr 
ein höckeriges Aussehen verliehen. Beim Anstechen kolla¬ 
bierten die Bläschen unter Entleerung eines geruchlosen, an¬ 
scheinend nicht brennenden Gases. Das Mesenterium sowie 
das Peritoneum parietale war vollständig frei von Bläschen. 
Die Mesenterialdrüsen wareii erbsen- bis bohnengroß, nicht 
verkäst. Mit Rücksicht auf die Ausdehnung des Prozesses 
wurde von einem weiteren Eingriffe (Enterostomie, Resektion) 
abgesehen und nach Exstirpation mehrerer Cysten samt Darm¬ 
wand, behufs weiterer mikroskopischer und bakteriologischer 
Verarbeitung, die Bauchhöhle geschlossen. Nach Heilung der 
Wunde wurde mit einer Schmierseifen- und Arsenkur begon¬ 
nen. Das Kind erholte sich zusehends, der Bauch wurde 
kleiner, Erbrechen trat nicht mehr auf. Einen Monat nach der 
Operation wurde eine Probepunktion des Abdomens vor- 
genommen und zirka 4 ccm klarer, seröser Flüssigkeit, aber 
keine Luft aspiriert und hierauf das Kind in häusliche Pflege 
entlassen. Drei Wochen später wurde es von der Mutter wieder 
gebracht mit der Angabe, daß es ihm im allgemeinen gut gehe, 
daß das Erbrechen nicht mehr aufgetreten sei, daß aber der 
Bauchumfang in letzter Zeit wieder zunehme. Verfasser fand 
das Abdomen stark aufgetrieben. Es war kein Zweifel, daß es 
sich um eine Luftansammlung in der freien Bauchhöhle handle, 
die beim Fehlen aller übrigen Symptome einer Darmperfora¬ 
tion nur von den geplatzten Bläschen herrühren konnte. Bei 
der Laparotomie entleerte sich in der Tat eine große Menge 
vollständig geruchloser Luft und das Abdomen sank sofort zu¬ 
sammen. Sehr überraschend war der Befund an den Ge¬ 
därmen. Die sich vordrängenden Dünndarmschlingen waren 
nicht merklich gebläht, von dem Bläschen war nichts mehr zu 
sehen, dagegen war die Serosa mit einer Unmasse grieskorn¬ 
großer, heller Knötchen bedeckt, welche die Stelle der frühe¬ 
ren Bläschen einnahmen. Nur ein zirka 50 cm langes Stück 
des unteren Jejunum war mit Cysten dicht besetzt und gegen 
den übrigen Darm ganz scharf abgegrenzt. Da dieser Darm- 
absclmitt anscheinend keine rechte Neigung zur Rückbildung 


zeigte, schaltete Verfasser ihn durch die Enteroanastomose aus. 
Am Mesenterium das Colon ascendens und Coeeum, an welchem 
ebenfalls die Bläschen mit Hinterlassung der beschriebenen 
Knötchen geschwunden waren, war die Serosa in Form einer 
faustgroßen einkammerigen Blase abgehoben. Letztere ist 
zweifellos durch Konfluenz am Coeeum und Colon entstanden. 
Ein ähnlicher Vorgang dürfte sich, sagt Verfasser, auch am 
Dünndarm abgespielt und das Platzen dieser Blasen zur Gas- 
ansammlung in der freien Bauchhöhle geführt haben. Die 
Bauchhöhle wurde wieder geschlossen, die Heilung der Wunde 
war ungestört. Nach 14 Tagen machte U., da der Bauch wieder 
mehr aufgetrieben war, eine Punktion und wiederholte sie noch 
einmal in einem Intervall von 14 Tagen und zwei Monaten, 
wobei sich jedesmal zirka % 1 Gas entleerten. Die Analyse 
einer Gasprobe ergab neben 5,23 pCt. Kohlendioxyd 7,66 pCt. 
Grubengas. Die Frage nach dem Entstehungsmodus der Pneu- 
matose und deren Ursache wird verschieden beantwortet. 
Dupray und Oster tag halten an der mikroskopischen An¬ 
schauung fest; ersterer glaubt einen Coccus liquefaciens und 
Colibacillen, letzterer Hefezellen in den Cysten gefunden zu 
haben, ohne daß deren Züchtung gelang. Die meisten Autoren 
sind der Anschauung, daß es sich bei der Pneumatosis intesti- 
norum um eystische Erweiterungen der Lymphspalten und 
Lymphgefäße handle. Auch seinen Fall glaubt Verfasser mit 
Rücksicht auf den absolut negativen bakteriellen Befund, die 
Lage der Cysten in der Submucosa, dem Hauptsitze der Lymph- 
gaföße, und ihre Auskleidung mit kontinuierlichem Epithel 
am ungezwungensten in diesem Sinne auffassen zu dürfen. 
Wie die Luft in die Cysten gelangt, ist allerdings noch nicht 
aufgeklärt. Angenommen wird, daß sie aus dem Darme 
stamme und durch feinste Risse in die Darmwand eindringe. 
Auffallend ist jedenfalls die Tatsache, daß in fast allen bisher 
beobachteten Fällen von Pneumatosis intestinorum lange Zeit 
vorher bestandene gastrointestinale Störungen mit Erbrechen 
angegeben werden und auch in Verfassers Fall seit Jahren 
häufiges Erbrechen bestand. Bemerkenswert ist ferner das 
häufige Zusammentreffen der Pneumatosis mit Tuberkulose 
des Darmes oder der Lunge. Auch in vorliegendem Falle be¬ 
steht mit Rücksicht auf den klinischen Befund und den positi¬ 
ven Ausfall der Pirquetsehen Kutanreaktion eine, wenn 
auch derzeit latente, tuberkulöse Affektion der Lungen. K r. 

S. Kostlivy: Ueber die Enderfolge der Operation der Wander¬ 
niere nach Kukula. (Archiv für klin. Chirurgie, Bd. 91, 
H. 1.) 

Die Ausführung der von Kukula im Jahre 1902 ange- 
gegebeneu Operatiousmethode der Wanderniere gestaltet sich 
folgendermaßen: Hinterer Längsschnitt nach Simon, Frei¬ 
legung und Längsspaltung des Muse, quadratus lumborum in 
einer Ausdehnung von 6 cm. ln die so geschaffene Muskel¬ 
lücke wird der freigelegte und von der Fettkapsel entblößte 
untere Nierenpol hineingezogen und zwar so, daß die Niere mit 
ihrem kleinsten Umfang in dem Muskelschlitze reitet. Letzterer 
wird dann durch Nähte verkleinert, eventuell die Nierenkapsel 
noch durch einige Nähte am Winkel befestigt, so daß die Niere 
nicht mehr entweichen kann. Verfasser berichtet nun über 
21 nach dieser Methode operierte Fälle. Ausgeschlossen von 
der Operation blieben einerseits die Fälle mit nur gering¬ 
fügigen Beschwerden, andererseits Fälle mit ausgedehnter all¬ 
gemeiner schwerer Entereptose und Fälle, bei welchen die 
hysterischen Allgemeinsymptome im Vordergrund standen. In¬ 
dessen geht Verfasser doch nicht so weit, daß er alle Fälle 
mit nervösen Symptomen grundsätzlich von der Operation aus¬ 
schließt. Am meisten geeignet für die Operation sind die 
Falle mit vorwiegend urogenitalen bezw. gastro-intestinalen 
Beschwerden und die Kombination dieser beiden Zustände 
(Brechreiz, Appetitlosigkeit, Verstopfung, Abmagerung, Kreuz¬ 
schmerzen, Blasenbeschwerden, Polyurie etc.). 18 mal war die 
rechte Niere betroffen. Unter diesen 21 Operierten befindet 
sich ein Todesfall an akuter Magendilatation (arterio-mesen- 
terialer Darmverschluß). Alle übrigen Patientinnen haben den 
Eingriff gut überstanden. 14 konnten nachuntersucht w'erden. 
Die absolut feste Fixation der Niere ist in allen diesen 14 Fällen 
erreicht worden. 12 Patientinnen sind subjektiv mit dem Er¬ 
folg zufrieden und auch objektiv frei'von Störungen. Bei zwei 
Fällen soll wegen Beschwerden der linken Seite sekundär auch 
die linke Niere fixiert werden. Der definitive Erfolg trat durch¬ 
schnittlich erst 4—5 Monate nach der Operation ein. Die große 
Mehrzahl der operierten Fälle wurde wieder vollkommen 
arbeitsfähig. Die Beobachtungsdauer der 14 Fälle schwankt 
zwischen einem und sechs Jahren. Die 21 Krankengeschichten 
werden kurz mitgeteilt. Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Paul Pick, Sekundärarzt der chirurgischen Abteilung des 

Krankenhauses Wieden in Wien: Spontanblutungen in das 

Nierenlager. (Medizinische Klinik, 1910, No. 25.) 

Blutergüsse in der Umgebung der Niere sind gar nicht 
selten und in der Literatur sind' zahlreiche pararenale Massen- 



No. 35. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1010. 


543 


blutungen im Anschluß an ein Trauma bekannt. Sehr selten 
jedoch konmit.es zur Bildung eines pararenalen Hämatoms ohne 
das Moment des Traumas und die Fälle von spontaner Massen- 
blutung in das Nierenlager sind nur äußerst spärlich vertreten. 
Im ganzen würde bisher über acht Fälle von spontan entstande¬ 
nen pararenalen Hämatomen berichtet, von denen sechs Fälle 
zur Operation kamen. Ad exitum kamen vier Operierte und die 
beiden nicht operierten Fälle. Verfasser berichtet über einen 
weiteren Fall dieser Art, der mit Erfolg operiert wurde. Es 
handelte sich um eine 53 jährige _Frau, die vor acht Jahren 
einen Anfall von Cholelithiasis (Schmerzen, Ikterus, acholischer 
Stuhl) durchgemacht hatte und nun plötzlich mit heftigen 
Schmerzen in der rechten Bauchseite erkrankte. Da Patientin 
leicht ikterisch, die rechte Oberbauchgegeend etwas vorge¬ 
trieben und leicht druckempfindlich, überdies unter dem rech¬ 
ten Rippenbogen eine Resistenz undeutlich palpabel war, stellte 
man die Diagnose auf Cholelithiasis, und erst während der 
Operation wurde klar, daß es sich um ein retropei'itoneales, 
dem Nierenlager angehöriges Hämatom handle. Die Symptome 
waren hier wie in den früher publizierten Fällen: starke, 
krampfartige Schmerzen, die von solcher Heftigkeit waren, daß 
sie einen Kollaps zur Folge hatten, ferner hochgradiger 
Meteorismus, Druckempfindlichkeit der rechten Bauchseite und 
ein daselbst undeutlich palpabler Tumor. Auch das Auftreten 
des Ikterus, wie er hier vorhanden war, wurde schon von 
anderen Beobachtern beschrieben. Die mit einem Ikterus ver¬ 
bundene Erkrankung, welche die Pat. vor acht Jahren durch¬ 
gemacht hatte, ist mit großer Wahrscheinlichkeit eine Chole¬ 
lithiasis gewesen, da Pat. bestimmt angibt, es wäre der Urin 
ganz dunkel und der Stuhl hellgrün gefärbt gewesen. Das 
spricht dafür, daß der bei der damaligen Erkrankung aufge¬ 
tretene Ikterus hepatogener Natur war. Im Gegensatz dazu 
war der Ikterus bei der pararenalen Massenblutung hämato¬ 
gener Natur. 

Die Therapie bestand in Inzision und Ausräumung des 
Hämatoms mit nachfolgender ausgiebiger Tamponade und 
Drainage des Blutsackes. Eine vor wenigen Wochen vorge¬ 
nommene neuerliche Urinuntersuchung ergab bei der Patientin 
Spuren von Aibumen und im Sediment spärlich hyaline Zylin¬ 
der. Die Chromozystoskopie zeigte ein deutliches Zurück¬ 
bleiben der Indigo-Karminausscheidung durch die rechte 
Nephritis mit vorwiegender Beteiligung der rechten Niere, ein 
Umstand, auf dessen Koinzidenz mit pararenalen Blutungen 
Lenk aufmerksam gemacht hat. Patientin befindet sich seit 
ihrer Entlassung objektiv ganz wohl und ist vollständig be¬ 
schwerdefrei. 

Die Diagnosestellung der pararenalen Blutung ist nicht 
leicht. Plötzlich auftretende heftige Schmerzen in einer 
Bauchseite, von der Nierengegend gegen den Darmbeinkamm 
oder den Rücken ausstrahlend, mit einer in derselben Bauch¬ 
seite mehr oder weniger deutlich palpablen Resistenz und aus¬ 
gesprochenem Meteorismus werden an eine pararenale Blutung 
denken lassen, aber erst eine auffallende Anämie des Patienten 
oder in der Nierengegend auftretende Suffusionen sichern die 
Diagnose. Differentialdiagnostisch wird oft eine von der Appen¬ 
dix ausgehende retroperitoneale Eiterung oder eine Chole¬ 
lithiasis in Erwägung zu ziehen sein. 

Die Aetiologie der spontan pararenalen Blutungen ist 
ziemlich unklar. Auffallend ist es, daß in fast allen publizier¬ 
ten Fällen chronische Nephritis vorhanden war; auch vorliegen¬ 
der Fall bestätigt diese Beobachtung: 

Die Prognose der nicht zur Operation gelangenden Fälle 
ist bei einer wirklichen pararenalen Massenblutung unbedingt 
schlecht, und nur die rechtzeitige Operation kann Hilfe bringen. 
Der Exitus trat immer unter septischen Erscheinungen ein, und 
die Sepsis ist es, die das ganze Krankheitsbild in den späteren 
Stadien beherrscht. Die Gefahr der Vereiterung des Hämatoms 
weist der Therapie den Weg, die unbedingt eine chirurgische 
sein muß. Wird die Diagnose auf pararenale Blutung noch vor 
der Operation gestellt, dann ist jedenfalls eine funktionelle 
Nierenprüfung vorzunehmen, um, wenn sich während der Ope¬ 
ration eine Nierenexstirpation als zweckmäßig erweisen sollte, 
dieselbe ruhig vornehmen zu können. Liegt ein großer Blutsack 
vor, dann ist er zu indizieren, die Blutmassen müssen 
ausgeräumt und die Höhle ausgiebig tamponiert und drainiert 
werden. Sieht man aber an der Niere eine makroskopische 
Quelle der Blutung, dann ist die Blutung unbedingt zu stillen, 
eventuell, wenn alle anderen Mittel versagen, durch Exstirpa¬ 
tion der betreffenden Niere. Findet man die Niere eingebettet 
in schichtweise übereinander gelagerte Feit- und Cruormassen, 
dann sind sie zu exstirpieren, um einer Vereiterung der Cruror- 
inassen vorzubeugen. Hierauf ist gleichfalls ausgiebig zu 
tamponieren und zu drainieren. K r. 

E. Fabian: Zur Kenntnis des malignen Granuloms. (Archiv 
für klin. Chirurgie, Bd. 91, H. 2.) 

F. berichtet ausführlich die Krankengeschichte und den 
Autopsiebefund eines Falles von malignem Granulom, welcher 
unter dem Bilde einer fieberhaften, generalisierten, mit Kachexie 


und Anämie einhergehenden Affektion des lymphatischen 
Systems (thoracale, abdominale, inguinale und axillare Lymph- 
drüsen) mit Bildung gleichartiger Knoten in der Lunge, Leber, 
Milz, der linken Niere und den Wirbelkörpern letal verlief. 
Von besonderem Interesse ist der Blutbefund: geringfügige, 
späterhin deutliche polynukleäre neutrophile Leukocytose bei 
Verminderupg der Lymphocytenzahl. Histologisch fanden sich 
in den Lymphdrüsen epitheloide Zellen, spindlige Zelielemente, 
Riesenkeimzellen. Plasma-. Mast- und eosinophile Zellen; viel¬ 
fach nekrotische Zellen mit hyaliner Degeneration. 

Therapeutisch erwiesen sich .Jodkali, Quecksilber, Arsen, 
Antipyretica als völlig wirkungslos. 

v. Möller: Zur Frage der operativen Behandlung der Lungen 
Verletzungen. (Archiv für klin. Chir., Bd. 91, H. 2.) 

Die Behandlung der penetrierenden Thorax- bezw. Lungen¬ 
verletzungen war bis vor wenigen Jahren allgemein eine 
konservative abwartende. Sie bestand meist in Bettruhe. Dar¬ 
reichung von Morphium. Eisblase. Die Wunde wurde mit ein¬ 
fachem Okklusivverband bedeckt, eventuell auch erwei¬ 
tert und tamponiert oder vernäht. Seit einigen Jahren wird 
nun von manchen Chirurgen, insbesondere von Gar re, einem 
mehr aktiven Vorgehen das Wort geredet und Stuck ey geht 
sogar so weit, daß er bei jeder penetrierenden Stichverletzung 
des Thorax, welche innerhalb der ersten 12 Stunden ins 
Krankenhaus kommt, zumal bei Verdacht auf Lungenverletzung 
die Thorakotomie und Naht der Lunge für indiziert erachtet. 

Verfasser erbringt nun an der Hand des großen Materials 
des Urbankrankenhauses in Berlin (Körte) den Nachweis, 
daß ein derartige radikales Vorgehen, wie es Stuckev 
empfiehlt, nicht nur unnötig, sondern auch unzweckmäßig ist, 
daß vielmehr die meisten derartigen Verletzungen unter ein¬ 
fachem Okklusivverband zur Heilung gelangen, daß es aber ver¬ 
einzelte schwere Fälle gibt, in welchen ein Eingriff, Freilegung 
und Versorgung der Lungenwunde berechtigt ist. Das mit¬ 
geteilte Material von 90 Lungen- bezw. Pleuraverletzungen um¬ 
faßt 48 Verletzungen durch Schuß, 19 durch Stich oder Schnitt 
und 23 subkutane Lungenzerreißungen. Die sicheren klini¬ 
schen Zeichen der Lungenverletzung sind Blutauswurf, sekun¬ 
därer Pneumothorax, Hämothorax; auch der Verlauf des Schu߬ 
kanals und das Röntgenbild ermöglichen die Diagnose. In 
75 pCt. der Schußverletzungen und in 37 pCt. der Stichver¬ 
letzungen war die Lunge mitverletzt. Die Behandlung, be¬ 
schränkte sich im Prinzip auf Verband, bei Stichwunden wurde 
zuweilen der Stichkanal erweitert und tamponiert. Größere 
Pleuraergüsse wurden nach 1—2 Wochen durch Punktion ent¬ 
leert und nur in drei Fällen wurden wegen Verletzungen an 
der Lunge, am Perikard, Zwerchfell, Magen, Leber. Milz etc. 
größere Eingriffe unternommen. Von den 67 Fällen pene¬ 
trierender Thoraxverletzungen sind sieben gestorben und zwar 
wurde als Todesursache festgestellt: zweimal Empyem, einmal 
Hämoperikard, einmal Hämothorax und Hämoperikard, einmal 
Blutung in den Rückenmarkskanal einmal Hämopneumothorax. 
einmal Hämopneumothorax mit Herzschuß. Verfasser weist 
nun noch, daß vielleicht in drei dieser Fälle die Thorakotomie 
bei richtiger Diagnosenstellung hätte in Betracht kommen 
können; ob mit Erfolg, erscheint mehr als zweifelhaft. Auch die 
subkutanen Lungenverletzungen eignen sich in der Regel nicht 
zur chirurgischen Behandlung. Die Gesamtmortalität bei 
Stuckev, welcher alle penetrierenden Thoraxverletzungen 
operiert, beträgt 36 pCt., während sie bei K ö r t e s konser¬ 
vativem Standpunkt 31.8 pCt. beträgt. Unumgänglich nötig 
wird die Operation bei sehr schweren primären, bei andauern¬ 
den und wiederholten Blutungen, bei schwerem Pneumothorax 
und Zellengewebsemphvsem, bei sekundärem Pneumo¬ 
thorax. Die Operation besteht in breiter Eröff¬ 

nung des Thorax durch Tntercostalschnitt oder Rippen¬ 
resektion, Hervorziehen der Lunge und wenn möglich Naht 
der Lungenwunde. Bei schwerer Zertrümmerung der Lunge 
Resektion bezw. Einnähen der Lungenwunde in die Pleura¬ 
öffnung und Tamponade. Schluß der Wunde mit oder ohne 
Drainage. Das Ueberdruckverfahren kam fünfmal zur An¬ 
wendung. Adler (Berlin-Pankow). 


Dr. K. Ungar (Hermannstadt): Lieber einen mit Antistrepto¬ 
kokkenserum behandelten und geheilten Fall von Strepto¬ 
kokkensepsis. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 5.) 

Während Versuche mit dem M e n z e r sehen Serum bei 
Erysipel keine greifbaren Einfluß auf die Erkrankung erkennen 
ließen, wurde es in einem Falle schwerster Sepsis nach Abort 
mit ausschlaggebender Wirkung verwendet. Die Kranke wurde 
eingeliefert mit Temp. 40,6“. Intensiver Frost. Puls klein, 
jagend, von geringer Spannung, regelmäßig. Auf den Lungen 
bronchitische Geräusche. Herztöne rein, Milz deutlich ver¬ 
größert. Meteorismus. Eiteriges Scheidensekret. Urin konzen¬ 
triert, Spuren von Eiweiß, kein Zucker. Eine durch Kochsalzinfu¬ 
sionen, Digitalis und Alkohol erreichte Besserung von Puls 




544 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Nu. 35. 





und Kräftezustand wurde durch tägliche Schüttelfröste wieder 
zunichte. Bakteriologische Blutuntersuchung positiv. Prognose 
absolut infaust. Intravenöse Injektion von 15 ccm Menzers 
Serum bei einer Temperatur von 41", daneben Herztonira, 
Alkohol, Kochsalzinfusionen. Eklatanter Erfolg. Fallen der 
Temperatur, kein Schüttelfrost, sichtliche Erholung. Nach 
mehreren Tagen neuer Anstieg auf 41° und Schüttelfrost, große 
Hinfälligkeit. 10 ccm Serum intravenös. Temperaturabfall 
auf 37,2. Eine sieben Tage später angestellte Blutprobe war 
negativ. Nach Punktion eines Pleuraexsudates, Inzision rechts¬ 
seitiger Parotitis, Entleerung zweier durch die Kochsalzinfu¬ 
sionen entstandener Abscesse allmähliche Erholung der 
Patentin und Genesung. Die intravenöse Injektion hatte auch 
nach der Wiederholung keine üblen Symptome zur Folge. 

M. 

Dr. Hindcnherg (Strelitz i. M.): Zu dem Kapitel der uner¬ 
wünschten Ergotinwirkung. (Münch, med. Wochenschrift, 
1910, No. 28.) 

Die Darreichung von Secalepräparaten in allen Stadien vor 
der Nachgeburtsperiode ist deshalb kontraindiziert, weil Ergo- 
tin zu einem unerwünschten Spasmus des Uterus führen kann. 
Daß aber selbst noch im Früh Wochenbett das Ergotin einen 
Spasmus des Uterus mit nicht unbedenklichen Nebenerschei¬ 
nungen hervorrufen kann, beweist der hier vom Verfasser mit¬ 
geteilte Fall. Hier trat am dritten Tage des Puerperiums nach 
Verabreichung von dreimal täglich 25 Tropfen tOproz. Ergotin- 
lösung bei einer 40 jährigen Fünftgebärenden plötzlich 39.8" 
Fieber auf, welches sich als durch Sistierung des Lochienab¬ 
flusses infolge von Spasmus uteri bedingt erwies. Nach Aus- 
setzen des Ergotins und Darreichung von Morphin, muriatic 
ließ die Kontraktion des Uterus nach, die Lochien gingen wieder 
ab und die Temperatur fiel wieder zur Norm. Man wird nach 
Verfasser in ähnlichen Fällen von Fieber im Puerperium ohne 
ersichtliche Ursache immer an die Möglichkeit einer Sistierung 
des Lochienflusses denken müssen. R. L. 


II. Therapeutische Notizen. 

Gegen den chronischen Darmkatarrh kleiner Kinder (von 
1 Jahr ab) empfiehlt Ljaschenko (Charkow) folgende Pulver¬ 


mischung: 

Rp. Tannalbin.0,3 

Guajacol. carbonic.0,05 

Pulv. Doweri .0,005 

Sacchar.0,2 


M. f. p. D. tal. dos. N. 15. 

S. Alle drei Stunden (5- bis 6 mal am Tage) 1 Pulver. 

(Prakt. Wratsch, 1910, S. 461.) 

Bei Angina pectoris empfiehlt Dr. P. C. Franse (Bad Nau¬ 
heim) subkutane Anwendung von Morphin neben gleichzeitiger 
Anwendung von Hand- und Fußbädern oder das Einatmen von 
Amylnitrit oder Nitroglyzerintabletten. Eine 
sehr wertvolle, weniger bekannte Ordination ist ferner folgende: 

Rp. Fol. digital, pulv.0,1 

Coffein pur.0,2 

Diuretin (Knoll).0,5 

Morphin, m ur.0,005 

M. f. pulv. D. tal. dos. No. V. in caps. amylac. 

S. Beim Anfall 1 Kapsel, evtl., nach 14 Stunde eine weitere. 

(Folia Therapeutica, April 1910, No. 2.) 

—o— 


Zur Frage der alkoholfreien Ersatzgetränke bringt 
Dr. Juliusburger (Steglitz) einen Beitrag, in dem er die Wichtig¬ 
keit dieser Frage betont und die Notwendigkeit begründet, für 
wohlfeile, wohlschmeckende und hygienisch einwandfreie Er¬ 
satzmittel der alkoholischen Getränke zu sorgen. Als ein sehr 
empfehlenswertes alkoholfreies Getränk empfiehlt er, besonders 
für Kranke, das Getränk ..Perplex“, das die Perplex-Brauerei 
in Luckenwalde bei Berlin herstellt. Nach den chemischen Ana¬ 
lysen ist es absolut alkoholfrei, hingegen beträgt der Extrakt¬ 
gehalt 9,6 g in 100 ccm, ist also ein recht hoher, da er in gewöhn¬ 
lichen Lagerbieren nur 514 g und in schweren Exportbieren 
6' i g in 100 ccm beträgt. Der Geschmack ist rein und gut. Die 
chemische Zusammensetzung kommt dem des Lagerbieres sehr 
nahe, nur fehlt jeglicher Alkoholgehalt. Der Nährwert ist durch 
den hohen Extraktgehalt ein ganz beträchtlicher. (Halbmonats¬ 
schrift f. soziale Hygiene und Medizin, 1910, No. 12/13. F. 


, 

yiii /Sersity 


III. ßücherscliau. 

Die Erkrankungen der Harnorgane. Gemeinverständliche Dar¬ 
stellung ihres Wesens, ihrer Ursachen und ihrer Behand¬ 
lung nebst eingehender Unterweisung im aseptischen Selbst¬ 
katheterismus. Von Dr. Otto Grosse, Spezialarzt für Uro¬ 
logie in München. Mit fünf Abbildungen im Text. München 
1910, Verlag der ärztlichen Rundschau (Otto Gmelin). 
64 S. 1,40 M. 

Die vorliegende Schrift gehört einer unter dem Gesamt¬ 
titel „Der Arzt als Erzieher“ herausgegebenen Sammlung an, 
deren Zweck es ist, in allgemein verständlichen Einzel¬ 
darstellungen einzelne wichtige Kapitel der praktischen Medi¬ 
zin zu behandeln, um so richtige, wissenschaftlich begründete 
Anschauungen über das Wesen und die Behandlung von Krank¬ 
heiten in nichtärztlichen Kreisen zu verbreiten. Das den 
Erkrankungen der Harnorgane gewidmete Heft ist dieser Ten¬ 
denz durchaus angepaßt; im allgemeinen kann man mit der Art 
der Darstellung einverstanden sein. Nur wäre in bezug auf 
manche Fragen der Therapie in einer derartigen für das große 
Publikum bestimmten Schrift eine größere Zurückhaltung ge- 
; boten. Wenn z. B. Verfasser sagt, daß bei einseitiger Nieren- 
j tuberkulöse und sonstigem guten Allgemeinbefinden die opera- 
[ tive Entfernung der erkrankten Niere unbedingt geboten ist, 
| so ist demgegenüber daran zti erinnern, daß neuerdings einige 
Urologen auch bei Tuberkulinbehandlung Heilungen von 
Nierentuberkulose beobachtet haben. 

Die Gicht. Ihre Ursachen und Bekämpfung. Gemeinverständ¬ 
lich von Dr. med. 0. Burwinkel, Kurarzt in Bad Nau¬ 
heim. Dritte und vierte vermehrte und verbesserte Auf¬ 
lage. München 1910. Verlag der ärztlichen Rundschau 
(Otto Gmelin). 45 S. 1,20 M. 

Die Nierenleiden, ihre Ursachen und Bekämpfung, gemeinver¬ 
ständliche Darstellung von Dr. H. Engel, Kurarzt in, Helouan 
(Aegypten). Dritte und vierte vermehrte und verbesserte 
Auflage. München 1910, Verlag der ärztlichen Rundschau 
(Otto Gmelin). 81 S. 1,40 M. 

Diese beiden Monographien gehören ebenfalls der Samm¬ 
lung „der Arzt als Erzieher“ an. Ihre Tendenz ist damit ge- 
I geben. Die beiden Verfasser entledigen sich der ihnen ge¬ 
stellten Aufgabe in sachgemäßer Weise. Daß die Schriften An¬ 
klang gefunden haben, geht aus der Tatsache hervor, daß von 
beiden neue Auflagen vorliegen. 

Ueber den Selbstmord. Von Dr. Robert Gaupp. Professor an 
der Universität Tübingen. Zweite vermehrte Auflage. 
München RHO, Verlag der ärztlichen Rundschau (Otto 
Gmelin). 32 S. 1 M. 

Der bekannte Psychiater bespricht in der fesselnd ge¬ 
schriebenen Abhandlung klar und präzis das Problem des 
Selbstmords. In dem ersten Kapitel gibt er statistische Daten 
j über die Häufigkeit des Selbstmords früher und jetzt und über 
j seine verschiedene Häufigkeit zu verschiedenen Jahreszeiten, 
bei verschiedenen Völkern usw. Im zweiten Teil untersucht er 
auf Grund eigener Feststellungen bei Gelegenheit mißglückter 
j Selbstmordversuche die Frage, welche tieferen Ursachen und 
| speziellen Motive zum Selbstmord zu führen pflegen. Geistige 
Erkrankung oder wenigstens psychopathische Anlage lassen 
sich fast immer nachweisen. 

| Volkgesundheit und Industrie. Von Dr. Gastcrs, Kreisarzt in 
Mühlheini a. Ruhr. Veröffentlichungen des Deutschen Ver¬ 
eins für Volkshygiene. Heft XVIII. München und Berlin 
1910, Druck und Verlag von It. OldenboUrg. 27 S. 
0,30 M. 

Verfasser gibt in diesem populären Vortrag einen Ueber- 
j blick sowohl über die allgemeinen aus der fortschreitenden 
Industrialisierung für die Volksgesundheit erwachsenden Ge¬ 
fahren wie auch die wichtigsten speziellen, in einzelnen Zwei¬ 
gen der Industrie den Arbeiter bedrohenden Schädigungen. 
Nachdem er in dieser Weise die der Volksgesundheit aus der 
Industrie drohende Gefährdung geschildert hat, zeigt er. daß 
es dank der fortschreitenden wissenschaftlichen Erforschung 
der Gewerbekrankheiten sowie den Fortschritten der allge¬ 
meinen Hygiene bereits gelungen ist, einen großen Teil dieser 
Gesahren wirksam zu bekämpfen, daß aber auch die Auf¬ 
klärung der Arbeiterbevölkerung selbst über diese Gefahren 
und ihre Erziehung zum hygienischen Leben, zur Reinlichkeit 
eines der stärksten Hilfsmittel im Kampf gegen die erwähnten 
Gefahren ist. Aus diesem Grunde verdient auch die vorliegende 
populär gehaltene Schrift Verbreitung in den Kreisen der In¬ 
dustriebevölkerung. R. L. 

IY. Vermischtes. 

Alkoholischer Eifersuchtswahn. Professor Dr. Puppe 
in Königsberg i. P. hat bei 50 Trinkern, die er für die Königs¬ 
berger A 1 k o h o 1 - W o h 1 f a h r t s s t e 11 e untersucht hat, 










No. 35. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


545 


11 mal, also in 22 pCt. der Fälle, Eifersuchtswahn ge¬ 
funden. Es ist aber möglich, daß er noch häufiger vorhanden 
gewesen ist, weil die Angaben der untersuchten Trinker natür¬ 
lich mit Vorsicht aufzunehmen sind. Einer der von Verf. be¬ 
obachteten Fälle zeigt die außerordentliche Gemeingefährlich¬ 
keit der mit Eifersuchtswahn behafteten geisteskranken 
Trinker. Es handelte sich um einen Mann mit Eifersuchtswahn¬ 
vorstellungen, die ihn zum Mordversuch gegen seine Ehefrau 
und 13 Jahre später zum Morde seiner Konkubine getrieben 
haben. Neben den Eifersuchtsvorstellungen fanden sich bei 
jedem Mordversuche Vergiftungsvorstellungen: das Essen sei 
vergiftet usw. Bei dem 13 Jahre später ausgeführten Morde 
hatten die Vergiftungsvorstellungen die eigentümliche Um¬ 
wandlung erfahren, daß sich der Täter von seiner Konkubine 
absichtlich mit Tripper infiziert wähnte. Daß die Eifersuchts¬ 
vorstellungen alkoholische waren, wurde durch das Bestehen 
einer Neuritis alcoholica in den Beinen bewiesen. (Ver. f. 
wissensch. Heilkunde in Königsberg i. P. 1909.) 

Ueber Atrophie des Hodens hei chronischem Alkoholismus 
hat Dr. E. Bertholet. Assistent am pathologischen Institute in 
Lausanne, Untersuchungen angestellt. Er untersuchte die 
Hoden von 75 Männern, die im Alter von 15—91 Jahren ge¬ 
storben waren, und fand dabei eine Atrophie der Hoden bei 
chronischem Alkholismus. Unter den 75 Personen waren 
39 Gewohnheitstrinker, über deren Lebensweise B. sichere Er¬ 
kundigungen hatte einziehen können. In 37 Fällen (Syphilis 
konnte ausgeschlossen werden) fand sich bei der mikroskopi¬ 
schen Untersuchung mehr oder weniger verbreitete Atrophie 
des Hodenparenchyms und Sklerose des interstitiellen Binde¬ 
gewebes. Nur in zwei Fällen fehlten die Veränderungen im 
Hoden. Die stärksten Veränderungen wurden bei den an 
Lebercirrhose oder Tuberkulose verstorbenen Alkoholikern ge¬ 
funden. . Vollständige Atrophie wurde schon bei einem Trinker 
von 24 Jahren beobachtet. In anderen Fällen war die Atrophie 
nicht so vollständig, es konnten hier und da vereinzelte Sperma- 
tozoen gefunden werden. Doch läßt sich feststellen, daß zwar 
unbedeutende Veränderungen der Membrana propria der 
Hodenkanälchen auch bei Nichtalkoholikern gefunden werden, 
so weit vorgeschrittene und frühzeitige Atrophie der Hoden 
aber nur bei Alkoholikern nachweisbar ist. Der schädliche 
Einfluß des chronischen Alkoholismus auf die Geschlechts¬ 
drüsen kann daher nicht geleugnet werden. (Zentralblatt f. 
allg. Path. u. pathol. Anat., XX. Band, S. 1062.) 

Ueber den Einfluß des Alkohols auf den Blutdruck und die 
Herzarbeit in pathologischen Zuständen, namentlich beim 
Fieber hat Prof. Dr. Dennig mit seinen Assistenten Dr. Hinde¬ 
lang und Grünbaum im Krankenhause zu Pforzheim 
Untersuchungen sowohl am Kranken als auch am Versuchstiere 
angestellt. Die Zahl der an 62 Patienten vorgenommenen 
Messungen betrug 956; sie erfolgten größtenteils nach der von 
Sahli angegebenen Methode. Die Menge des dargereichten 
Alkohols schwankte zwischen 6 und 35 ccm pro dosi. Meistens 
handelte es sich um fiebernde Kranke mit Pneumonie, Abdo¬ 
minaltyphus, Scharlach, Sepsis, Rheumarthritis acuta usw. Das 
Ergebnis war in den allermeisten Fällen ein Sinken des Blut¬ 
drucks, nur sehr selten wurde ein Steigen beobachtet und zwar 
bezog sich das Sinken meist auf alle Blutdruckfaktoren, näm¬ 
lich Maximaldruck, Minimaldruck, Amplitude und Mitteldruck. 
Die bifferenzen waren sowohl in den positiven als auch in den 
negativen gering und betrugen 6—10 mm. Kleinere Alkohol¬ 
dosen hatten ein geringeres, größere ein merklicheres Sinken 
zur Folge. 

Dasselbe Ergebnis hatten die an fiebernden Tieren vor¬ 
genommenen Versuche, bei denen der Blutdruck in der Arteria 
femoralis gemessen wurde. Er zeigte nach kleiner Dosis ein 
sehr rasch vorübergehendes (nur eine Minute anhaltendes) 
Steigen und dann ein etwa % Stunden dauerndes Fallen, nach 
mittleren Mengen sofort Fallen des Druckes. 

10 Kranke wurden mit dem Sphygmobolometer nach 
S a Ii 1 i untersucht. Dabei ergab sich Sinken der Oszillations¬ 
größe, Sinken der Druckhöhe und Sinken der vom Pulse 
geleisteten Arbeit! Außerdem fiel eine Veränderung der Puls¬ 
form auf. Die Pulsfrequenz war nicht verändert. Dennig 
kommt zu dem Schlüsse, daß das Sinken des Blutdrucks und 
der sphygmobolometrischen Werte zum Teile durch die Er¬ 
weiterung der peripheren Arterien bedingt ist. 

Auf Grund seiner Untersuchungen glaubt er bei fieber¬ 
haften Krankheiten vom Alkohol einen sparsameren Gebrauch 
machen zu müssen als es bisher der Fall war. (Deutsch. 
Archiv f. klinische Medizin, Bd. 96, S. 153.) 


V. Tagesgeschichte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Durch Uebereinkommen zwischen den preußi¬ 
schen und der oldenburgischen Regierung vom 18. März d. .T. 


(Preußische Gesetzsammlung, 25, No. 11 058) sind die Aerzte 
der oldenburgischen Fürstentümer L ü b e c k und Birken¬ 
feld den Aerztekamraern der preußischen Provinzen Schles¬ 
wig-Holstein bezw. der Rheinprovinz angeschlosscn 
worden. 

Dresden. Ueber die Zahl der Aerzte und Kurpfuscher 
im Königreich Sachsen gibt das „Korr.-Bl. d. ärztl. Vereine d. 
Kgr.' Sachsen“ folgende Zusammenstellung: Nach den Feststellun¬ 
gen des kgl. Landesmedizinalkollegiums waren Anfang 1909 im 
Königreiche Sachsen 2129 Zivilärzte (1900: 1864). 129 Militär¬ 
ärzte (1900: 118), 193 Zahnärzte (1900: 114), 1829 Hebammen 
(1900: 1857) tätig. Die Zahl der Kurpfuscher hat im König¬ 
reiche Sachsen in den Jahren stetig zugenomineu. Sie betrug 
1900: 748. 1903: 100S, 1906: 1132, 1907: 1207, 1908: 1227 und 
1909: 1337. Die meisten Kurpfuscher zählt die Stadt Dresden, 
nämlich 374, während in Leipzig 142 und in Chemnitz 95 an¬ 
sässig sind. In der Kreishauptmannschaft Dresden wurden am 
1. Januar 1909 (ohne die Stadt Dresden) 210. Kreishauptmann¬ 
schaft Chemnitz 154, Kreishauptmannschaft Bautzen 127. Kreis¬ 
hauptmannschaft Zwickau 122 und in der Kreishauptmanu- 
schaft Leipzig 113 Kurpfuscher ermittelt. 

Universitätswesen, Personalnachrichten. 

Berlin. Der Direktor des Instituts für Infektionskrank¬ 
heiten. Geh. Obermedizinalrat Prof. Dr. Georg Gaffky. ist 
zum ordentlichen Honorarprofessor an der hiesigen Universität 
ernannt worden. 

— Der Oberarzt am klinischen Institut für Frauenkrank¬ 
heiten und Geburtshilfe Privatdozent Dr. Rudolf Jolly hat 
den Professortitel erhalten, 

— Bei der hiesigen medizinischen Fakultät wurde am 
Schlüsse des Sommersemesters ein Araber, der Scheich 
Hamed Waly aus Aegypten. Lektor der arabischen Sprache 
am orientalischen Seminar, summa cum laude zum Doktor pro¬ 
moviert. Es war der erste Fall dieser Art. Die Inaugural¬ 
dissertation behandelt ein Thema aus der Geschichte der ara¬ 
bischen Medizin, Unser neuer Kollege, der im 39. Lebensjahre 
steht, hatte seine Lektorstellung seit 1901 inne und während 
dieser Zeit seine medizinischen Studien gemacht. Von der 
ägyptischen Regierung jetzt zum Sanitätsinspektor ernannt, 
wird er im Oktober in seine Heimat zurückkehren. 

— An der hiesigen Universität haben im verflossenen 
Universitätsiahre 17 Damen den medizinischen Doktor¬ 
grad erworben: der Mehrzahl nach sind es Russinnen. Auch 
Universitätsstellungen haben bereits eine ganze Anzahl 
von Frauen erlangt, die meisten in den medizinisch- 
naturwissenschaftlichen Fächern. Am weitesten hat es in 
dieser Hinsicht wohl Frau Dr. Stephanie Lichten¬ 
stein gebracht, die als Assistentin in dem von Geh. Rat 
Prof. Dr. Rubner geleiteten physiologischen Institut tätig 
ist. Sie steht der neuen bakteriologisch-mikrobiologischen 
Abteilung des Instituts vor. Im neurobiologischen Labora¬ 
torium wird die Kontrolle bei der Anfertigung der normalen 
und pathologischen menschlichen Schnittserien mit Mark¬ 
scheidenfärbung von Cecile Vogt ausgeübt. In dem vom 
Geh. Rat Orth geleiteten pathologischen Institut ist eine 
größere Zahl von Damen beschäftigt. In der bakteriologi¬ 
schen Abteilung hat Frau Dr. Lydia Rabiuowitsch- 
Kempner ein besonderes Arbeitszimmer. Vielfach wurden 
wissenschaftliche Arbeiten von Damen als Institutsarbeiten ver¬ 
öffentlicht. so. z. B. im zoologischen Institut Prof. Schutzes 
von Frl. Dr. Katharina Samson. 

Marbu rg. Für die Stelle des nach Kiel versetzten Ordi¬ 
narius der Gynäkologie Prof. Dr. W. Stoecke! sind aeouo 
loco vorgeschlagen Prof. Dr. E. Kehrer in Bern Prof. Dr. 
E. Opitz in Düsseldorf und Prof. Dr. W a 11 h a r d in Frank¬ 
furt a. M. 

— Ein Denkmal für Wilhelm Roser, den im Jahre 
1888 gestorbenen Marburger Chirurgen, soll hierselbst errichtet 
werden. Eine Reihe von hervorragenden deutschen Chirurgen 
hat zu diesem Zwecke einen Aufruf veröffentlicht. 

Jena. Prof. Dr. Erich Lex er, Ordinarius der 
Chirurgie in Königsberg, hat einen Ruf als Nachfolger des in 
den Ruhestand tretenden Geheimrats Bernhard Riedel 
erhalten und angenommen. 

Freiburg i. B. Dr. v. S z i 1 i hat sich für Augenheil¬ 
kunde habilitiert. 

Ludwigshafen. Im Alter von 46 Jahren starb hier- 
selbst Dr. Ludwig Scherer, der sich als Vorkämpfer in 
Standesangelegenheiten, speziell durch sein Eintreten für die 
freie Arztwahl und seine Propaganda für den Leipziger Ver¬ 
band. erhebliche Verdienste erworben hat. 

Wien. Der außerordentliche Professor der inneren Medi¬ 
zin Dr. Leopold.Oser ist gestorben. 1839 zu Nikolsburg 
in Mähren geboren, hat er in Wien studiert und dort 1862 seine 
ärztliche Approbation erworben. 1866 erhielt er für seine erfolg¬ 
reiche Tätigkeit bei der Bekämpfung der Cholera mne beson¬ 
dere Anerkennung. 1872 wurde er Primärarzt am Rothschild- 




546 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 35. 


Spital und gleichzeitig Abteilungsvorstand an der Wiener Allge¬ 
meinen Poliklinik; um dieselbe Zeit habilitierte er sich an der 
Universität für innere Medizin. 1873 wurde Oser zum Mitglied 
des niederösterreichischen Landessanitätsrats ernannt. 1885 er¬ 
hielt er das Extraordinariat; später wurde ihm dazu der Titel 
eines ordentlichen Professors verliehen. — Die wissenschaft¬ 
lichen Publikationen 0 s e r s haben größtenteils die Krank¬ 
heiten des Magens und des Darms zum Gegenstand; außerdem 
publizierte er über Flecktyphus und Cholera. An Noth¬ 
nagels Handbuch der speziellen Pathologie und Therapie hat 
sich Oser mit seiner Monographie über die Krankheiten des 
Pankreas beteiligt. 

Zürich. Nach Dr. B r u n ners Ablehnung hat der 
Regierungsrat endgültig den Greifswalder Professor der 
Chirurgie Dr. Erwin Payr zum ordentlichen Professor der 
Chirurgie au der hiesigen Universität gewählt. 

Budapest. Dr. AdolfJuba hat sich für Schulhygiene 
habilitiert. 

London. Einige Monate nach Vollendung ihres 
90. Lebensjahres ist die hochverdiente Philanthropin Miß 
Florence N i g h t i n g a 1 e gestorben. Als freiwillige 
Krankenpflegerin und Organisatorin der Krankenpflege im 
Krimkriege hat sie sich Weltruhm erworben. Auch seit jener 
Zeit hat Frl. Nightingale ihre Kraft und ihr ererbtes 
großes Vermögen noch vielfach in den Dienst humanitärer 
Bestrebungen gestellt. 

Athen. Infolge der in Griechenland herrschenden poli¬ 
tischen Wirren war u. a. der Lehrstuhl der Gynäkologie an der 
hiesigen Universität vakant geworden. Auf ihn ist jetzt der 
Dozent an der Wiener Universität Dr. ConstantinBucura 
berufen worden, der aber als Annahmebedingung die Ge¬ 
nehmigung zur Beibehaltung seiner österreichischen Staats¬ 
angehörigkeit fordert. 


Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Berlin. V. Internationaler Kongreß fiir medizinische 
Radiologie und Elektrologie vom 13.—18. September 1910 in 
Barcelona. Die bisherigen Anmeldungen seitens deutscher 
Aerzte lassen die Annahme zu, daß Deutschland auf diesem 
Kongreß zahlreich vertreten sein wird. Es bietet sich den Teil¬ 
nehmern des Kongresses und deren Angehörigen eine nicht so 
bald wiederkehrende Gelegenheit, auf bequeme und billige 
Weise Spanien kennen zu lernen. Die Gesellschaft „Voyages 
pratiqües“. rue de Rome 5, Paris, hat nämlich eine Reihe von 
Gesellschaftsreisen in Spanien zusammengestellt, welche am 
Tage nach Schluß des Kongresses ihren Anfang nehmen, und 
je nach ihrer Länge 6—21 Tage dauern. Die schönsten und 
berühmtesten Städte Spaniens sollen besucht werden, so z. B. 
Saragossa, Madrid. Granada, Malaga, Rouda, Gibraltar, Alge- 
siras, Tanger, Cadix, Sevilla, Cordoba, Toledo, Burgos, Mira¬ 
flores, las Huelgas, Irun. Die Preise der Reisen, in denen Ver¬ 
pflegung, Logis, Ausflüge etc. inbegriffen sind, bewegen sich 
zwischen 110 und 985 Fr. für die erste Klasse, für die zweite 
Klasse dementsprechend billiger; es gibt auch Billetts für die 
dritte Klasse, doch empfiehlt es sich nicht, von denselben Ge¬ 
brauch zu machen. Das Bureau der „Voyages pratiqües“ ist 
gerne bereit, eventuelle diesbezügliche Anfragen umgehend zu 
beantworten. Alle sonstigen Anfragen sind an den Schrift¬ 
führer des deutschen Komitees, Dr. I m melmann, Berlin W., 
Lützowstrasse 72, zu richten. 

Wien. Der Verein für Psychiatrie und Neuro¬ 
logie in Wien veranstaltet am 16. und 17. Dezember d. J. 
in Wien den vierten österreichischen Irrenärztetag. Das 
Programm enthält Referate über den Entwurf des Irren¬ 
fürsorgegesetzes mit anschließender Diskussion und 
Demonstrationen und Vorträge aus dem Gebiete der Psychia¬ 
trie. Anmeldungen zu solchen werden bis Mitte Oktober an 
die Schriftführer (Doz. Dr. Raimann und Doz. Dr. 0. Mar- 
b u rg) erbeten. 

— Vom 27. bis 30. September d. J. wird hierselbst der 
VII. internationale Physinlogen-Kongrcß unter dem Vorsitze 
des Hofrates Prof. Dr. Sigm. Exil er tagen. Dieser Kongreß 
findet alle drei Jahre statt, seine Versammlungsorte waren bis¬ 
her: Basel, Lüttich, Brüssel, Turin, Bern und Heidelberg. Bis¬ 
her sind mehr als 175 Vorträge und Demonstrationen von Ge¬ 
lehrten aus aller Herren Länder angemeldet. Obwohl täglich 
vormittags und nachmittags Sitzungen sein werden und die Zeit 
eines Vortrages beschränkt sein wird, müssen, um die Fülle 
des Stoffes zu bewältigen, gleichzeitig zwei bis drei Sitzungen 
abgehalten werden. Dieselben werden im Physiologischen, im 
Pharmakologischen und im Anatomischen Universitäts-Insti¬ 
tute stattfinden. Die offiziellen Sorachen des Kongresses sind 
Deutsch. Englisch, Französisch und Italienisch. Die Eröffnungs¬ 
und Schlußsitzung, in denen keine Demonstrationen vorgeführt 
werden, finden im Hause der Gesellschaft der Aerzte statt. Bei 
ersterer wird Ch. Rieh et (Paris) einen Festvortrag halten: 
..L’humorisme aneien et l’humorisme moderne“, bei letzterer 
wird Dr. V: Ebner v. Rosenstein (Wien) eine Gedenk¬ 


rede aus Anlaß des 100. Geburtstages von Th. Schwann, 
dem Entdecker des zelligen Baues der tierischen Organismen, 
halten. Am Vorabend des Kongresses findet eine zwanglose 
Zusammenkunft statt, zu welcher von seiten der Stadt Wien die 
Volkshalle des Rathauses zur Verfügung gestellt wurde. Am 
nächsten Abend ist der Kongreß zum Bürgermeister Dr. Neu- 
mayer geladen. Am 29. September findet ein Festbankett 
im Hotel Metropole statt, und am 30. September sollen sich im 
Anschlüsse an den korporativen Besuch der biologischen Ver¬ 
suchsstation im Prater die Teilnehmer zu einem letzten ge¬ 
meinsamen Abend in der Jagd-Ausstellung treffen. Auch ein 
Damen-Komitee hat sich gebildet, das die Führung der Damen 
der Gäste übernimmt. 

Salzburg. Der VI. Kongreß der Balneologen Oester¬ 
reichs findet hierselbst vom 7.—10. Oktober d. J. statt. Die 
Anmeldungen zu demselben sind sehr zahlreich, das Programm 
ist ein reichhaltiges und dürfte der Kongreß daher stark be¬ 
sucht werden. Es sind bereits 54 Vorträge zur Anmeldung 
gekommen; ein Teil derselben behandelt die modernsten 
Ergebnisse auf dem Gebiete der Balneologie. Eine Reihe von 
Forschern, welche außerhalb der Balneologie stehen und an 
welche das Kongreß-Komitee mit der diesbezüglichen Bitte her¬ 
angetreten ist. haben der Bitte Folge geleistet und werden zum 
Kongreß erscheinen. Alle Aerzte, welche sich für den Kon¬ 
greß interessieren und welche die Zuschriften nicht erhalten 
haben, können sich diesbezüglich an das Bureau des VI. Kon¬ 
gresses der Balneologen Oesterreichs, Wien IX, Lazarett¬ 
gasse 20, wenden, woselbst auch Anmeldungen, Vormerkungen 
für Zimmer etc. durchgeführt werden. Von seiten der Salz¬ 
burger Aerzte ist eine Reihe von Veranstaltungen geplant. Die 
Stadt Salzburg gibt einen Festabend im Theater; ein gemein¬ 
sames Bankett und verschiedene Ausflüge, so nach Reichen¬ 
hall und Gastein sind in Aussicht genommen. Für die Damen 
der Kongreßteilnehmer wird von seiten des Salzburger Damen- 
komitees ein eigenes Vergnügungs-Programm aufgestellt. Von 
seiten der k. k. Staatsbahnen werden den legitimierten Teil¬ 
nehmern Ermäßigungen gewährt. 

Gerichtliches. 

Berlin. Der in Oesterreich als Vollarzt approbierte Dr. 
med. W. K L, der hier als Zahnarzt praktizierte, hatte sich 
kürzlich wegen unlauteren Wettbewerbs und Vergehen gegen 
das Gewerbeordnungsgesetz zu verantworten. K L, früher 
österreichischer Regimentsarzt, hatte schon in Wien als Zahn¬ 
arzt praktiziert und nach seiner Uebersfedelung nach Berlin 
vorsichtshalber beim Polizeipräsidium angefragt, ob er sich 
als „Zahnarzt Dr. Kl., approbiert in Wien“ bezeichnen dürfe, 
worauf er die Antwort erhalten hatte, daß gegen diese Charak¬ 
terisierung keinerlei Bedenken vorliege. Ein zahnärztlicher 
Kollege erstattete dennoch gegen KL. der mehrere Jahre sein 
Schild mit dem angegebenen Inhalt unbeanstandet geführt hatte, 
Anzeige bei der Aerztekammer, wobei er sich hauptsächlich 
darauf stützte, daß die Worte „approbiert inWien“ etwas kleiner 
als die übrige Schrift gehalten waren. Die Aerztekammer gab die 
Angelegenheit an das Gericht weiter, und so wurde das Straf¬ 
verfahren gegen Dr. Kl. eingeleitet. Nach längerer Verhand¬ 
lung erkannte das Gericht jedoch auf Freisprechung und 
Uebernahme der Kosten auf die Staatskasse, da weder ein 
unlauterer Wettbewerb noch ein Gewerbevergehen nachweis¬ 
bar sei. 

— Das hiesige Landgericht hatte den Naturheilkun¬ 
digen Dr. med. S., welcher sich in öffentlichen Anzeigen als 
Dr. med. S., praktischer Naturheilkundiger, bezeichnete, auf 
Grund des § 147 der Gewerbeordnung zu einer Geldstrafe ver¬ 
urteilt, da er sich unbefugt einen ärztlichen Titel beigelegt habe. 
Der Angeklagte hatte zwar den Doktortitel rechtmäßig erlangt, 
das Staatsexamen als Arzt aber nicht bestanden. Das Kammer¬ 
gericht wies die Revision des. Angeklagten als unbegründet zu¬ 
rück und erachtete es nicht für rechtsirrtümlich, wenn der 
Vorderrichter annehme, daß das Publikum zur Ansicht ge¬ 
langen müsse, Dr. S., welcher sich „Dr. med. S.. praktischer 
Naturheilkundiger“, nannte, sei eine geprüfte Medizinalperson. 

(Aerztl. Sachverst.-Ztg.) 

Hannover. Das hiesige Landgericht verurteilte kürz¬ 
lich den Kurpfuscher P. in Hannover, der durch unrichtige Be¬ 
handlung den Tod einer achtzehnjährigen, an Caries des 
linken Oberschenkels erkrankten Haustochter in Hannover- 
Wülfel herbeigeführt hatte, wegen fahrlässiger Tötung zu zwei 
Monaten Gefängnis. Die ärztlichen Sachverständigen sagten 
übereinstimmend aus, daß ihnen kaum jemals ein so empören¬ 
der Fall gewissenloser Kurpfuscherei vorgekommen sei (der 
Angeklagte hatte die Patientin mit einer Salbe behandelt). 
Aerztliche Behandlung habe in diesem vorgeschrittenen Sta¬ 
dium die Kranke nicht mehr retten können. Als mildernd 
wurde berücksichtigt, daß die Gestorbene sich dauernd der vor¬ 
her von ärztlicher Seite angeordneten Operation widersetzt 
hatte. Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hatte \V> Jahre 
Gefängnis beantragt. 



No. 8S. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Verschiedenes. 

Berlin. Ein Hospital für verbrecherische Kinder soll, 
wie die „Vossische Zeitung“ berichtet, in Berlin errichtet wer¬ 
den. Es bildet eine Ergänzung der Jugendgerichte und 
ist für Kinder bestimmt, bei denen die Verhandlungen des 
Jugendgerichts seelische oder körperliche Defekte 
ergeben haben. Die Erkenntnis, daß zahlreiche jugendliche 
Verbrecher körperlich entartet und in psychischer Hinsicht 
erblich belastet sind, hat zu dem Entschluß geführt, durch eine 
zweckmäßige ärztliche Behandlung einen großen Teil der ver¬ 
brecherischen Jugend der allgemeinen Kriminalität zu ent¬ 
ziehen. Das Höchstalter der in das Hospital aufzunehmenden 
Kinder ist auf das 16. Jahr festgesetzt. 

— Wegen Ausbruchs der Pest in Odessa hat der Reichs¬ 
kanzler bestimmt, daß die Untersuchung der aus Odessa nach 
einem deutschen Hafen kommenden Schiffe sich auf die Gefahr 
der Pesteinschleppung zu erstrecken hat, wobei der Möglichkeit 
des Auftretens von Rattenpest besondere Aufmerksamkeit zu¬ 
zuwenden ist. 

S t o 1 p. Der Stadtkreis S t o 1 p hat eine amtliche Trinker¬ 
fürsorge eingerichtet. Die unmittelbare Fürsorge wird durch je 
einen Trinkerfürsorger und je eine Fürsorgerin für die be¬ 
stehenden vierzehn Armenbezirke ausgeübt. Die Trinkerpfleger 
werden gemäß Ortsgesetzes von der Stadtverordnetenversamm¬ 
lung auf Vorschlag der Armendirektion gewählt und haben die 
gleiche ehrenamtliche Stellung wie die Armenpfleger. Mit dem 
Vermerk .,vertraulich“ versehene Mitteilungsformulare an die 
Armendirektion über eine dem Trünke ergebene oder im Ver¬ 
dachte der Trunksucht stehende Person sind kostenlos an 
Lehrer, Armen- und Waisenpfleger, Verein vom blauen Kreuz, 
Guttemplerloge, Schulleiter und Freunde der Sache verteilt 
worden und stehen allen zur Verfügung; nachdem ein solches 
Formular ausgefüllt eingegangen ist, wird der Name der ange¬ 
zeigten Person in die sogenannte blaue Liste eingetragen und 
die Mitteilung dem zuständigen Trinkerpfleger zum eingehen¬ 
den formularmäßigen Bericht zugesandt. Je nach Ausfall eines 
oder gegebenen Falles mehrerer Berichte werden in angelegten 
Sammelakten die jeweiligen geeigneten Maßnahmen getroffen, 
wie insbesondere eindringliche mündliche Verwarnung und 
Aushändigung von Schriften über die Folgen der Trunksucht, 
mitunter im Beisein eines Familienmitgliedes, oder eine und 
eine zweite schriftliche Verwarnung. 'Weiter wird der Ver¬ 
such gemacht, einen schriftlichen Verzicht auf die Abhebung 
und Verwaltung des Arbeitsverdienstes zugunsten eines Ange¬ 
hörigen — meistens der Ehefrau — herbeizuführen durch Aus¬ 
füllung einer Abtretungsurkunde. Haben diese milden Ma߬ 
regeln keinen Erfolg, so wird das Entmündigungsverfahren ein¬ 
geleitet oder Entziehung der Elternrechte beantragt oder Be¬ 
strafung' mit dem Ziele auf Unterbringung im Arbeitshause her¬ 
beigeführt. Auch die Unterbringung in einer Trinkerheilanstalt 
und die polizeiliche Erklärung als Trunkenbold werden als 
wirksame Maßregeln im Auge behalten. Von dieser Einrich¬ 
tung, bei der die Mitwirkung der Polizei nach Möglichkeit aus- 
geschaltel werden soll, damit die Fürsorge mehr hinter dem 
Vorhang der Oeffentlichkeit und auf gütlichem Wege sich ab¬ 
spielt, wird bester Erfolg für die Volksgesundheit der Ein¬ 
wohner und den städtischen Armensäckel erwartet. 

Darmstadt. Das hiesige Polizeiamt hat folgende 
Warnung vor einem Krankenbehandler erlassen: 

„Im Juni d. J. hat sich ein Naturheilkundiger H. R e p p 
dahier niedergelassen und sich in einer Anzeige in einer hiesi¬ 
gen Tageszeitung zur Behandlung aller Krankheiten erboten. 
Er hat dabei „absoluten Schutz“ gegen „Puerperal- und Infek¬ 
tionsfieber“ und „Hilfe jedermann“ versprochen. Es steht fest, 
daß R e p p, der früher Kaufmann war, bis Mitte Mai d. J. als 
Naturheilkundiger überhaupt noch nicht tätig war. Gleichwohl 
hat er zu diesem Zeitpunkt — ungeachtet des Mangels wissen¬ 
schaftlicher Vorbildung und jeglicher praktischer Erfahrung — 
erklärt, daß er imstande sei, jederlei Krankheit zu heilen, bei 
der organische Zerstörungen noch nicht stattgefunden haben. 
Der Inhalt seiner Geschäftsanzeige macht es ferner wahrschein¬ 
lich, daß es R e p p auch auf Heilbehandlung auf schriftlichem 
Wege ohne persönliche Untersuchung der Kranken (Fern¬ 
behandlung) abgesehen hat, eine Art der Heiltätigkeit, die 
durch Polizeiverordnung vom 2. Oktober 1905 unter Strafe 
gestellt ist. Wir warnen davor, in Krankheitsfällen die Hilfe 
Sepps in Anspruch zu nehmen.“ 

Düsseldorf. Die Düsseldorfer Akademie 
für praktische Medizin veranstaltet im Winter¬ 
semesters 1910/11 Fortbildungskurse für Aerzte und zwar 
einen Kurs der Fortschritte der gesamten Medizin mit beson¬ 
derer Berücksichtigung der Magen- und Darmkrankheiten, 
3.—15. Oktober; 2. einen praktischen Kurs der Bauchchirurgie 
für chirurgisch-gynäkologische Spezialärzte, 3.—15. Oktober; 
3. einen Sonderkurs der Pathologie, Diagnostik und Therapie 
der Herzkrankheiten, 17.—25. Oktober; 4. einen Kurs der Un¬ 
fall- und sozialen Medizin, 16. bis 26. November und 5. Sonntags¬ 
vorträge aus den verschiedenen Gebieten, vom 6. November 
1910 bis 13. März 1911,. nachmittags 4—6 Uhr. 


04? 


München. Vom 24. Oktober bis 12. November findet in 
der hiesigen psychiatrischen Klinik ein psychiatrischer Fort¬ 
bildungskurs statt. Als Dozenten werden sich daran beteiligen: 
A11 e r s (München): Pathologische Chemie der Geistesstörung. 
A1 z h e i m e r (München): Normale und pathologische Hirn¬ 
rinde. Brodmann (Berlin): Topographische Histologie der 
Hirnrinde. I s s e r 1 i n (München): Psychodiagnostik und 
Psychotherapie. Kraepelin (München): Klinische Kranken¬ 
demonstrationen. Experimentalpsychologie, v. M o n a k o w 
(Zürich): Lokalisation im Großhirn mit besonderer Berück¬ 
sichtigung der asemisehen Störungen. Plaut (München): 
Serodiaguostik und Zytodiagnostik. Krankhafte Geisteszustände 
bei Jugendlichen und ihre praktische Beurteilung. Rüdin 
(München): Tatsachen und Probleme der Entartung. Foren¬ 
sische Demonstrationen. Weiler (München): Physikalisch¬ 
psychiatrische Untersuchungsmethoden. — Der Kurs umfaßt 
etwa 100 Stunden. Honorar 60 M. Beginn 24. Oktober, vor¬ 
mittags 9 Uhr. Anmeldungen an Prof. Alzheimer 
(München), Nußbaumstr. 7. 

Rom. In Apulien, besonders in der Stadt T r a n i, 
ist eine große Zahl von Erkrankungen an Cholera vorgekom- 
men. Bei dem hygienischen Tiefstand dieses Teils von Italien 
ist mit einer weiteren Ausbreitung der Seuche zu rechnen. 

Petersburg. Die Cholcraepidemie in Rußland ist 
noch immer in der Ausbreitung begriffen. Die Morbidität in 
der Hauptstadt innerhalb der letzten Wochen dürfte das zweite 
Tausend wohl überschritten haben und die Zahl der an Cholera 
Gestorbenen zirka Tausend betragen. — Nach amtlichen Zu¬ 
sammenstellungen, die sicherlich nur eine untere Grenze dar¬ 
stellen, sind seit dem Wiederaufflackern der Cholera in diesem 
Jahre in ganz Rußland zirka 113 000 Menschen an der Seuche 
erkrankt und zirka 50 000 daran gestorben. — Von der Art und 
Weise, wie die leitenden Personen Rußlands sich dieser 
Seuchenplage gegenüber verhalten, zeichnet folgende Korre¬ 
spondenz der „Voss. Ztg.“ aus der vorigen Woche ein Bildchen, 
das trotz seiner Skizzenhaftigkeit grelle Schlaglichter auf die 
kaum noch zu überbietende "hygienische Verwahrlosung wirft, 
die in den letzten Jahren in Rußland Platz gegriffen hat: 

Zu der Cholera, die jetzt so ziemlich in ganz Rußland 
wütet, hat sich in O d e s s a noch die P e s t gesellt. Trotzdem be¬ 
antragte das Stadtoberhaupt von Odessa, General Tol- 
matschew, beim Ministerium des Innern die Schließung 
einer seit fünfzig Jahren in Odessa bestehenden Klinik. Ais 
Begründung führte er an, daß die Klinik jüdische Aerzte bevor¬ 
zugt, die sich seines Erachtens mit Politik beschäftigen, statt 
den Nebenmenschen Hilfe zu leisten. Gleichzeitig erließ T o 1- 
matschew eine Verordnung, worin unter anderem bestimmt 
wird, daß sich das Publikum bei sonstiger empfindlicher Strafe 
jeder Kritik der von der Regierung gegen die Cholera angeord¬ 
neten Maßregeln zu enthalten habe. — In Kurs k bestand ein 
musterhaftes Krankenhaus. Der Stadtrat von Kursk, dessen 
Mehrheit aus den Mitgliedern des Verbandes echter Russen be¬ 
steht, entließ neulich drei der besten Aerzte dieser Anstalt, 
weil ihm deren politische Gesinnung mißfiel. Daraufhin reichten 
auch die übrigen fünf Aerzte, da sie die nun einge¬ 
tretene Mißwirtschaft nicht ertragen konnten, ihren Abschied 
ein. Jetzt ist zum Leiter des Krankenhauses der — Steno¬ 
graph des Stadtrates ernannt worden. — Unweit der Wolga 
liegt das kleine Städtchen Sarepta, das sich dadurch aus¬ 
zeichnet, daß es von der Cholera verschont zu bleiben pflegt. 
Wenn die Cholera überall in den Wolgagouvernements wütet, 
kommt in Sarepta selbst kein einziger Cholerafall vor. Professor 
Zabolotnyj antwortete auf eine Frage nach der Ursache 
dieser wunderbaren Erscheinung lakonisch mit Achselzucken: 
„Sarepta ist eben von Deutschen bewohnt,“ womit er die deut¬ 
sche Ordnung und Reinlichkeit hervorheben wollte.“ 

Bei dieser Sachlage kann wohl als sicher angenommen 
werden, daß der auf Ende September angesetzte inter¬ 
nationale Gynäkologenkongreß noch in letzter 
Stunde abgesagt wird. 

Sidney. Ueber die gegenwärtige Verbreitung der Lepra 
in Australien macht die „Voss. Ztg." nach dortigen Blättern 
folgende Angaben: Auf den Loyalitätsinseln z. B., einer 
seit 1864 unter französischer Herrschaft stehenden Inselgruppe 
östlich von Neukaledonien, fordert die furchtbare Krankheit 
unter der völlig heruntergekommenen Bevölkerung unzählige 
Opfer. Im Jahre 1907 zählte man 115 Leprakranke, jetzt ist die 
Zahl schon auf 221 gestiegen, trotzdem der Tod reiche Ernte 
unter ihnen hält. Alle Versuche' der Behörden, der Seuche 
Einhalt zu tun, scheitern an dem Starrsinn und der Gleich¬ 
gültigkeit der Eingeborenen. Die Kranken bleiben den Fami¬ 
lien überlassen, oder sie irren heimatlos umher. Auf ihren 
kleinen Booten fahren sie von Insel zu Insel und tragen so die 
Krankheit weiter. Den europäischen Aerzten werden die ersten 
Erscheinungen der Krankheit sorgfältig verheimlicht, jede Hilfe 
wird abgelehnt, und so geht die Urbevölkerung unaufhaltsam 
dem Untergange entgegen. Besser sieht es auf dem Festland 
Australiens aus, wenn auch namentlich Queensland und Neu¬ 
südwales noch erhebliche Zahlen von Leprakranken aufweisen 





548 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 191Ö. 


No. 35. 


— zumeist Chinesen und Kauaken. Die australische Bundes¬ 
regierung hat sich kürzlich entschlossen, die Sorge für die Aus¬ 
sätzigen den einzelnen Staaten abzunehmen und Einheitlichkeit 
in die Bekämpfung dieser Geißel der Menschheit zu bringen. Die 
Staaten sind gern bereit, auf diesen Plan einzugehen; Queens¬ 
land ist sogar damit einverstanden, die beiden Inseln Strand¬ 
brook und Dayman, welche den Aussätzigen als Wohnort an¬ 
gewiesen sind, an die Bundesregierung abzutreten. 


VI. Amtliche Mitteilungen, 

Personalia. 

' Preußen. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 4. Kl.: 
Sanitätsrat Dr. B e e r w a 1 d in Charlottenburg, Dr. G ö c k e 
in Mülheim a. Rh., Privatdozent Prof. Di'. Westen hoeffer 
in Santiago. 

K ö n i g 1. Kronen-Orden 3, K 1.: Kreisarzt Geh. Med.-Rat 
Dr. Koehler in Landeshut i. Schl., Geh. San.-Rat Dr. 
Harmsen in Lüneburg. 

K ö n i g 1. K r o n e n - 0 r d e n 3. Kl. mit der Zahl 50: Geh. 

San.-Rat Dr. L ehnert in Berlin. 

Roter Adler- Orden 4. Kl. mit der Zahl 50: San.-Rat 
Dr. Conen in Papenburg, San.-Rat Dr. Koch in Hildes¬ 
heim. 

Der erbliche Adel verliehen: dem Geh. Med.-Rat 
Prof. Dr. Olshausen in Berlin. 

Charakter als Medizinal rat: Kreisarzt Dr. Meer¬ 
beek in Mülheim a. Rh. 

Prädikat Professor: Dr. N o e t z e 1 in Völklingen, 
Stabsarzt Dr. Berghaus in Frankfurt a. M., Privatdozent 
Dr. Fröhlich in Bonn, Privatdozent Dr. Heller in Berlin. 
Charakter als Sanitätsrat: den Aerzten Dr. E. 
v. 01 f e r s in Königsberg i. Pr., Dr. S. Jessner in Königs¬ 
berg i. Pr., Dr. R. Gettkant in Königsberg i. Pr., Dr. 

O. S c h u b e r t in Granz, Dr. H. Glöckner in Schöneberg 
b. Berlin, Dr. P. G a u e r in Schöneberg b. Berlin, Dr. K. 
v. Laszewski in Rixdorf, Dr. G. S t ü m p k e in Pritz- 
walk, Dr. E. H. Becker in Spremberg, Dr. 0. A. S i e m o u 
in Cottbus, Dr. G. F u n c k in Guben, Dr. P. Behncke in 
Demmin, Dr. S. Marcus in Eckerberg, Dr. M. K o r t h in 
Koriin a. Pers., Dr. 0. T o 1 k s in Groß-Jestin, Dr. J. Ber^- 
m ann in Neumarkt i. Schl., Dr. W. Krawczynskl m 
Breslau, Dr. J. Rosenthal in Breslau, Dr. J. Glogauer 
in Kattowitz, Dr. H. Kober i. Beuthen i. Oberschi., Dr. G. 
W. Heptner in Gleiwitz, Dr. K. Kornke in Tiechau, Dr. 
G. Friedrich in Magdeburg, Dr. P. Köhler in Magde¬ 
burg, Dr. M. M ü 11 e r in Magdeburg, Dr. 0. E. 0 11 o in Zeitz, 
Dr. W. N. Jormann in Eilenburg, Dr. Th. Schulte in 
Reinfeld i. H„ Dr. H. Löhmann in Flensburg, Dr. W. 
Nissen in Flensburg, M. Schmok in Schwarzenbek, Dr. 
M. Köster in Hannover, Dr. K. R ö r i g in Hannover, Dr. 

J. Lassen in Hannover, Dr. L. v. W e h d e in Twistringen, 
Dr. H. Kruse in Neuenkirchen, Dr. H. C r e m e r in Older¬ 
sum, Dr. K. Leineweber in Wadersloh, Dr. 0. Edel¬ 
brock in Bocholt, Dr. D. Callmeyer in Hausberge, Dr. 

F. Bardenheuer in Bochum, Dr. R. Brenssell in 
Cassel, Dr. L. G r e g e r in Cassel, Dr. E. Petersen in 
Frankfurt a. M., Dr. E. Bcihmer in Wiesbaden, Dr. 

K. Hiemenz in Cochem, Dr. F. Bissmeyer in Ander¬ 
nach, Dr. T h. Feld m ann in München-Gladbach, Dr. 

G. Kranz in Werden, Dr. H. K e b e r 1 e t in Düsseldorf, Dr. 

E. W e s s e 1 in Düsseldorf, Dr. K. Boose in Lüttringhausen, 
Dr. E. van de L o o in Kevelaer, Dr. D. Hesseling in 
Crefeld, Dr. M. P o 1 z i n in Issum, Dr. B. Cre m e r in Cöln, 
Dr. L. Kalker in Cöln, Dr. P. .1 a w o r s k i in Cöln, Dr. 

F. Marchant in Cöln, Dr. G. Derigs in Cöln, Dr. 
Jannes in Eschweiler, Dr. A. Ruff in Hechingen. 

Ernannt: Privatdozent Prof. Dr. Jensen in Breslau 
zum ordentlichen Professor in Göttingen. 

Versetzt: ordentl. Prof. Dr. Frau z in Kiel in gleicher 
Eigenschaft an die Universität in Berlin. 
Niedergelassen: Arzt A. H eimann in Zabrze, Arzt 

P. Junghans in Halle a. S., Dr. P a u 1 s e n in Broacker, 
Dr. Rosenhauer in Eidelstedt, Dr. A. Schmidt und 
Dr. Decker in Cöln, Dr. Huisking in Brühl, Dr. 
Joerrens in Lindlar. 

Verzogen: Dr. Boerger von Britz nach Buckow, Dr. 
Alleudorf von Wilhelmstift nach Teupitz, Dr. Franz 
von Beelitz nach Düsseldorf, Stabsarzt Dr. Bi p p a r d von 
Danzig nach Brandenburg a. H., Dr. D r a e c k nach Buch, 
Dr. Zweig nach Dalldorf, Dr. Sprenge'1 von Falken- 
hageu nach Birkenhof, Dr. M. Nagel von Berlin nach Trep¬ 
tow, Dr. Klose nach Greifswald, Dr. Fr. Dör schlag 
von Strelno nach Znin, Dr. van Varendorf! und Dr. 


K u u z von Posen nach Frankfurt a. M., Dr. H. Klein 
von .Höchst nach Därmstadt, Dr. Strakosch von Halle 
ä. S. nach Ahrweiler,. Dr. Thom von, Cöln nach Coblenz, 
Assistenzarzt Prager von Friedrichsberg b. Hamburg nach 
Sayn, Arzt F. Veit von Wismar nach Puderbach, Stabsarzt 
Dr. Saar von Berlin nach Swinemünde, Dr. Loyal von 
Danzig nach Heringsdorf, Oberstabsarzt a. D. Dr. L. Dun¬ 
bar von Usedom nach Klütz, Dr. Auerbach von Lipine 
nach Ruda, Dr. Silber stein von Antonienhütte nach 
Lipine, Arzt H. Eckkard nach Loslau, Dr. Rieman n 
von Zawadzki nach Müden, Dr. J. Scholz nach Karlsfeld, 
Dr. K. B r a u n von Großburgk nach Salzmünde, Dr. Suchs¬ 
land von Torgeiow nach Eisleben, Dr. Lange von Zeitz 
nach Greifswald, Dr. Vollrath von Rostock nach Zeitz, 
Dr. Sowade von Berlin, Dr. Devaux von Bremerhaven 
und Dr. Drechsler vom Hamburg nach Halle a. S., Dr. 
Delorme von Halle nach Erfurt. 

Verzogen ohne Angabe des neuen Wohnortes: 
Dr. Fliedner von Neustadt i. Holst., Dr. Rudolf 
von Lankwitz, Arzt W. S k i e r 1 o Von Wolgast, 
Dr. Braemer von Kreuz, Dr. Schmu c-kert und Dr. 
Spier von Frankfurt a. M., Dr. Ti sehn er von Cronberg 
im Taunus. 

Gestorben: San.-Rat Dr. Repetzki in Gleiwitz, Dr. Kux 
in Cöln, Dr. Odenthal in Wipperfürth. 

Bayern. 

Niedergelassen: Dr. Dörrien in Bergzabern; 

Johannes F1 a d in Wittislingen, B.-A. Dillingen, Dr. 
Spahn in Lindau. 

V erzogen: Dr. Gross von Kaiserslautern nach Annweiler, 
0. v. W i d mann von Wittislingen nach München, Hans 
Krau ss von Augsburg nach Dirlewang, B.-A. Mindelheim. 

Württemberg. 

Niedergelassen: Dr. A. Kaiser in Oberdigisheim, 
Dr. K. Elsässer als II. Arzt am Diakonissenhaus in Hall. 

Verzogen: Dr. W. Schillin ge r von Ilsfeld nach Rohr¬ 
bach b. Heidelberg, Dr. J. Layer von Bondorf nach Bad 
Sonder (Schweiz), Dr. G. Leopold von Oberdigisheim nach 
London. 

Königreich Sachsen. 

Anstellungen: Bezirksarzt Dr. H. L. E. S a u e r in Kamenz 
als solcher für den Bezirk der Amtshauptmannschaft Bautzen 
und als Impfarzt für die Stadt Bautzen. 

Verzogen: Bezirksarzt Dr. A. J. Hertzseh von Bautzen. 

Gestorben: Dr. Rosa Olga Charlotte Witt- 
Ballien in Bautzen. 

Sachsen-Weimar. 

Ernannt: Außerordentlicher Professor Dr. Stock in Frei- 
bprg i. B. zum ordentlichen Professor in der Augenheilkunde 
in Jena. 

Mecklenburg-Schwerin. 

Auszeichnung: Prädikat als Professor: Priv.-Doz. 
Dr. Meinertz und Dr. Winter stein in Rostock. 

Oldenburg. 

Niedergelassen: Dr. K. H. W. Arkenau in Fedder- 
warden. 

Verzogen: Di'. K. 0. A. M. Specht von Delmenhorst. 

Elsaß-Lothringen. 

Auszeichnungen: Kronen-Orden 3. Kl.: Prof. Dr. 
Stilling in Straßburg. 

Prädikat als Professor: Dr. Kleinknecht in 
Mülhausen. 

Badischer Zähringer Löwen -Orden, Ritter¬ 
kreuz 2. Kl. mit Eichenlaub: Oberstabsarzt Dr. 
Weber in Neubreisach. 

Niedergelassen: Dr. P o 1 a g in Straßburg, Dr. Doll 
in Colmar, Oberarzt Korsch in Straßburg, R i h m in 
Lörchingen. 

Verzogen: Privatdozent Dr. -Stargardt von Straßburg 
nach Kiel, Dr. Wagner von Darmstadt nach Mörchingen. 
Dr. Seiffert von Mörchingen nach Liegnitz, Privatdozent 
Dr. Vogt von Breslau nach Straßburg, Stabsarzt Over- 
m a n n von Straßburg nach Königstein in Sachsen, Oberarzt 
Dr. v. Gosen von Dresden nach Straßburg, Dr. W e s t f a 1 
von Straßburg nach Dortmund, Dr. M i e c k 1 e y von Berlin 
nach Straßburg, Oberarzt H o e r d e r von Dieuze nach Rends¬ 
burg, Dr. Richter von St. Avold nach Metz, Dr. Stein- 
meye r von Straßburg. 

Gestorben: Dr. Remlinger in Longeville, Generalarzt 
Dr. Steinhausen in Metz. 

Lübeck. 

Niedergelassen: Dr. C. W. H. M. G. Hofstaetter in 
Lübeck. 

Hamburg. 

Niedergelassen: Dr. M. M. N o r d h e i m in Hamburg. 


Verantwortlich fllr den redactlonellen Teil: Dr. H. Lotinstein, Berlin N.. Friedrichstrasse 181B, fUr den Inseraten-Teil: Richard Hees, Berlin. 
Vorlan von Oscar Coblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 80, Maassenstrasse 18. — Druck von Oarl Marschner. Berlin 3W„ tViexandrinenstrasse 110. 



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Plantagen Amerikas stammt, ist 
in Geschmack und Aroma von dem 
coffeinhaltigen Kaffee nicht zu 
unterscheiden. Da ihm aber nach 
patentiertem Verfahren das Coffein 
entzogen worden ist, kann er un¬ 
bedenklich in größeren Mengen von 
jedermann getrunken werden, auch 
von denjenigen, welche für die 
Coffeinwirkung des gewöhnlichen 
Kaffees besonders empfänglich sind. 
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Schlaflosigkeit noch Herzbeschwer¬ 
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Redaktion: 

D r t H. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein 

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Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


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Fernsprech-Amt VI, No. 3302 


Inhaltsübersicht. 


1. Wissen schafftliche Mi tteilungen. Jsaac, Pick, We chsel- 
mann, Herxheimer, Hoffmann, Glück und Fischer und 
Hoppe: Weitere Arbeiten über das Ehrlich-Hatasche Prä¬ 
parat.— Zweig: Färbung der Spirochaeta pallida in vivo nach 
E. Meirowsky. — Stürapke: Welche Beziehungen bestehen 
zwischen Jod (Jodkali) und dem Ausfall der Seroreaktion? — 
Bröking: Vergleichende Untersuchungen über die Ausschei¬ 
dungsverhältnisse stomachal zugeführten anorganisch und or¬ 
ganisch gebundenen Jodes beim Menschen. — K oh Ibach: 
Ueber die praktische Verwendbarkeit des Sajodins. — Fischer: 
Ueber Jodtropon. — Reicher: Tuberkelbacillenuachweis im 
Sputum nach der Uhlenhuthsehen Antiforminmethode. — 
Niehans: Die Rolle der isolierten Muskelatrophie als dia¬ 
gnostisches Symptom zur Lokalisation von tuberkulösen 
Knochenherden. — J. Cronheim und W. Cronheim: Weitere 
Untersuchungen über die Bedeutung des Lecithins für den 
Stoffwechsel des Säuglings. —Rösler: Ueber die Resorptions¬ 
fähigkeit der Haut und des Unterhautzellgewebes für ein 
Milchkaseinpräparat. — Berblinger: Ueber traumatische in¬ 
komplette Herzruptur und Mitralsegelzerreißung. — Hause: 
Ein Fall von lordotischer Albuminurie mit urämischen Anfällen. 

— Riehl: Ueber Kohlehydratverdauung und Diastasepräparatc. 

— Grawitz: Ueber myogene Leukocytose — Storath: Habi¬ 
tueller Chloroformmißbrauch. — Mugdan: Ein Beitrag zu 
der Lehre von den zirkulären Psychosen —Wrede: Die kon¬ 
servative Behandlung der Gesichtsfurunkel. — Klingmüller: 


Ueber Wucherungen bei Gonorrhoe. — Selbiger: Coryfin in 
der Rhino-Laryngologie. — Lanz: Zur Vereinfachung der Haut¬ 
desinfektion. — Lau per: Konservative Kniegelenkseröffnung. 
— Schwarz: Der Nachweis des Coecum mobile mittels der 
Röntgenstrahlen. — Heddäus: Kasuistischer Beitrag zu den 
Darmverletzungen im Bruchsack. — Hoffmann: Die Ergeb¬ 
nisse der neueren Krebsforschung. — Redlich: Pseudo¬ 
hermaphroditismus masculinus externus, ein Fall von Erreur de 
sexe. — Czerwenka: Zur Technik der Laminariadilatation. — 
Kownatzki: Adrenalin und Osteomalacie. — Krönig und 
Gauss: Wie weit wird durch die Röntgenbehandlung unsere 
operative Therapie bei Uterusblutungen und Myomen beeinflußt? 

II. Therapeutische Notizen. Britz: Mucusan, ein neues 
Antigonorrhoicum. 

III. Büch erschau. Rosen heim: Die Erkrankungen der Flexura 
sigmoidea. — Eschle: Ernährung und Pflege des Kindes, -r- 
Major: Unser Sorgenkind, seine Pflege und Erziehung. — 
Tugendreich: Die Mutter- und Säuglingsfürsorge. 

IV. Vermischtes Ueber die Bekämpfung der Tuberkulose in 
Dänemark. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnacbrichtcn. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes 

VI. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 


1. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Weitere Arbeiten über dis Ehrlieh-Hatasehe Präparat. 

Die große Bedeutung des neuen von Ehrlich und H a t a | 
aufgefundenen Arsenpräparats „Dioxydiamidoarsenobenzol“ [ 
in der Behandlung der Syphilis zeigt sich darin, daß jetzt 
gleichzeitig von den verschiedensten Seiten Mitteilungen über 
die Ergebnisse der klinischen Prüfung des Mittels erscheinen, 
welche in der großen Mehrzahl nur über günstige Resultate 
berichten. Wir wollen über einige-neuere Arbeiten an dieser 
Stelle im Zusammenhang referieren. Sanitätsrat Dr. Hermann 
Jsaac in Berlin, der jetzige Leiter der vormals Lassarschen 
Klinik, bespricht in der „Bert. klin. Wochenschrift“, 1910, No. 35, 
seine an 27 Fällen gewonnenen Erfahrungen. Die von ihm 
erzielten Erfolge an teilweise sehr schweren Fällen sind zum 
Teil ganz erstaunliche. Es wurden im Laufe von drei Monaten 
behandelt: Zwei Genitalschanker ohne Allgemeinerscheinun¬ 
gen, zwei Lippenschanker mit beginnendem Exanthem, ein 
Schanker am Labium majus mit allen konsekutiven Erschei¬ 
nungen der Lues; zwei indurative Präputialödeme mit Allge- 
meinerscheinungen in Form von großmakulösen und tuberösen 
Exanthemen bei Befallensein der Mundschleimhäute; ein Fall 
von Harnröhrensklerose mit tuberösem Syphilid; drei Fälle 
von großmakulopapulösem Syphilid mit allen sonstigen Er¬ 
scheinungen der Allgemeinlues; vier Fälle von tuberoulcerösen 
Syphiliden; zwei Fälle von tuberoulcerösen Syphiliden mit 
Befallensein des Kehlkopfs, der eine mit zerfallenen Papeln, 
der andere mit Gummi am Kehlkopfdeckel; zwei Fälle von 
tertiärer Syphilis, der eine mit einem Gummi in der linken 
Oberarmmuskulatur und serpiginösem Syphilid auf dem Ellen¬ 
bogen, der andere ein Fall von tuberösem Spätsyphilid 
40 Jahre nach der Infektion; ein Fall von latenter Lues mit 
neurasthenischen Beschwerden und zunehmender Körper¬ 
schwäche, ein Fall von Lichen urticans; mehrere Fälle bei 
Frauen ohne sichtbaren Primäraffekt in Form von makulo¬ 
papulösen Syphiliden und zerfallenen Papeln, ein Fall von 
-schwerster Lues mit tiefen Zerfallsgeschwüren, Pemphigus 
syphiliticus auf dem Stamm und den Extremitäten und gro߬ 
knotigem Exanthem auf dem Kopf und an den Genitalien. Ein 
Teil der Fälle war vorher ohne Erfolg mit Hg und Jodkali be¬ 
handelt worden. Unter den Patienten befand sich eine 20 jäh¬ 
rige Kranke, welche in geradezu hoffnungslosem Zustand in 
die Klinik eingeliefert wurde. In diesem Falle wirkte die In¬ 
jektion geradezu lebensrettend; nach 14 Tagen konnte die 
Patientin, bei welcher u. a. die Tonsillen, Uvula und Kehl¬ 


deckel von spezifischen Geschwüren stark zerfressen waren, 
geheilt entlassen werden. Erstaunlich war bei sämtlichen 
Fällen die außerordentlich schnelle Einwirkung des Präpa¬ 
rates auf die Krankheitserscheinungen; im Durchschnitt konn¬ 
ten die Patienten bereits am 10. Tage als befreit von selbst sehr 
schweren Symptomen der Krankheit angesehen werden. Am 
raschesten ist die Einwirkung auf die Schleimhautaffektionen, 
die Plaques und Kondylome schwanden schon nach einigen 
Tagen. Während makulöse Exantheme unter einer leichten 
Pigmentbildung schwinden, heilen die papulösen, tuberösen 
und ulcerösen Formen in der Weise, daß schon nach kurzer 
Zeit eine trockene psoriasisähnliche Abstoßung der betroffenen 
Hautpartien eintritt und gewöhnlich am achten Tage nach der 
Injektion nur noch eine leichte Abschilferung die Stellen zeigt, 
wo die Eruptionen gesessen haben. Bis auf zwei Fälle haben 
alle Patienten das Mittel gut vertragen und wurden in ihrem 
Allgemeinbefinden nur wenig beeinträchtigt. Die intravenöse 
Injektion ist nach J. weniger wirksam als die intramuskuläre, 
weil das Arsenik dabei zu schnell ausgeschieden -wird. Die 
Schmerzhaftigkeit nach der intramuskulären Injektion ist 
großen individuellen Schwankungen unterworfen. Mädchen 
und Frauen vertrugen ausnahmslos die Injektionen ohne be¬ 
sonders lebhafte Schmerzreaktionen; sie waren zuerst imstande, 
schon nach 1—2 Tage nach der Einspritzung aufzustehen und 
herumzugehen. Die Männer dagegen waren verhältnismäßig 
viel empfindlicher gegen die Injektion. Die meisten Patienten 
konnten jedoch etwa 10 Tage nach der Einspritzung die Klinik 
verlassen und ihre Tätigkeit wieder aufnehmen. Einzelne 
klagten noch längere Zeit nachher über Schmerzen und Taub¬ 
heitsgefühl in den Beinen. Bei zwei Patienten waren die Be¬ 
schwerden so groß, daß Morphiuminjektionen nötig wurden. 
Was die Herstellung der Lösung zur Injektion anlangt, so ver¬ 
fuhr J. im wesentlichen nach der Vorschrift von E h r 1 i c h, 
jedoch setzt er zum Schluß einige Tropfen Essigsäure hinzu. 
Die Frage der zweckmäßigsten Dosierung läßt sich nach J. vor¬ 
läufig nicht mit Sicherheit beantworten. Er hat in manchen, 
zum Teil schweren Fällen mit der Dosis 0,3 g gleiche Erfolge 
erzielt wie in anderen Fällen mit 0,4 und 0,6 g. Die Frage, ob 
Rezidive nach der Einspritzung eintreten können, muß vorläufig 
in suspenso bleiben; J. selbst hat bisher bei keinem der von 
ihm mit dem Ehrlich-Hata-Präparat behandelten Fälle 
neue Symptome der Syphilis auftreten sehen. Was den Ein¬ 
fluß der Injektion auf die Wa s s e r m a nn sehe Reaktion an¬ 
langt, so blieb diese bei fast allen Patienten voii J. vorläufig 
auch nach Abheilung ihrer syphilitischen Krankheitserschei- 
nungen positiv, ganz im Gegensatz zu den Hg- und Jodkuren, 









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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 36. 


bei welchen oft nach 4—6 Wochen die vorher positive Reaktion 
in eine negative umgewandelt wird, um allerdings in den 
meisten Fällen später wieder positiv zu werden. Jedoch ist 
nach J. zu erwarten, daß auch seine mit dem Ehrlich- 
Hata - Präparat geheilten Fälle nach einiger Zeit nach 
Wassermann negativ reagieren werden. Alles in allem 
sieht ,J. in dem neuen Präparat ein Heilmittel von unschätz¬ 
barer Bedeutung, welches durch die rasche Verheilung der 
Sklerosen, der Schleimhauterscheinungen sowie der zerfalle¬ 
nen Kondylome, ebenso durch die schnelle Vernichtung der 
Spirochäten zweifellos die Uebertragungsmöglichkeit der 
Syphilis sehr vermindern wird. 

Aehnlich den von J s a a c erhaltenen Ergebnissen sind die 
von Privatdozent Dr. Walter Pick in der Hautabteilung der 
„Rudolfstiftung“ in Wien erhaltenen, über welche er in der 
„Wiener klin. Wochenschrift“, 1910, No. 33, berichtet. Er be¬ 
handelte 120 Fälle mit dem Ehrlich -H ata sehen Präparat. 
Darunter waren 10 Fälle mit Primäraffekten vor Ausbruch des 
Exanthems und 10 Fälle mit Sklerosen bei bereits manifesten 
sekundären Erscheinungen. Von den 10 Fällen, welche vor 
Ausbruch des Exanthems zur Behandlung' kamen, blieben sechs 
auch nach Spitalsaustritt in Beobachtung und bei keinem dieser 
Fälle konnten bis jetzt (nach 4—12 Wochen) sekundäre Er¬ 
scheinungen nachgewiesen werden. Die Einwirkung der In¬ 
jektion auf die Sklerosen war außer Frage; durch lange Zeit 
bestehende exulcerierte Sklerosen epithelisierten sich oft inner¬ 
halb weniger Tage, die Sklerosen werden weich und ver¬ 
kleinern sich, ein Indurationsrest bleibt noch lange nachweis¬ 
bar, man hat nach P. deshalb den Eindruck einer nur unvoll¬ 
kommenen Heilung. Mit sekundärer Lues kamen 64 Fälle zur 
Behandlung. Im allgemeinen schwanden makulöse Exantheme 
am 3.—4. Tage nach der Injektion und in der gleichen Zeit 
überhäuten sich nässende Papeln. Diese Wirkung- ist eine 
ganz prompte. Etwas unsicher ist die Wirkung auf mikro¬ 
papulöse Exantheme; im allgemeinen aber heilen auch papu¬ 
löse Exantheme der Haut des Stammes in 6—10 Tagen ab. 
Etwas ungleichmäßig verhalten sich die Drüsen im Sekundär¬ 
stadium, sie blieben in vielen Fällen noch lange nach Abklingen 
aller sonstigen Erscheinungen nachweisbar; in anderen Fällen 
schwanden sie bald nach dem Abklingen der Hauterscheinun¬ 
gen, welche in einigen Fällen schon am Tage nach der Injek¬ 
tion nicht mehr nachweisbar waren, in keinem Falle aber über 
den vierten Tag hinaus bestehen blieben. Diese Wirkung zeigt 
sich auch in hartnäckigen Fällen, welche trotz fast kontinuier¬ 
licher Quecksilber- und Jodbehandlung jahrelang immer 
wieder Schleimhauterscheinungen aufweisen. So wurde in 
einem Falle ein den ganzen harten und einen großen Teil des 
weichen Gaumens einnehmendes ulceröses Syphilid, das trotz 
energischer Quecksilber- und Jodbehandlung fast acht Jahre be¬ 
stand. bereits drei Tage nach der Injektion gereinigt und war 
acht Tage später vollkommen epithelisiert. Ebenso eklatant 
war die Wirkung in einigen Fällen von Lues maligna, in denen 
schon kurze Zeit nach der Infektion ausgedehnte ulceröse 
Syphilide und Gummata auftraten. Von Spätformen der Lues 
kamen 10 Fälle zur Behandlung; auch hier war die Einwirkung 
des Präparats auf die Erscheinungen eine ganz deutliche. Rela¬ 
tiv am hartnäckigsten verhielten sich tubero-serpiginöse Syphi¬ 
lide, doch zeigten auch diese eine sofort nach der Injektion ein¬ 
setzende Heilungstendenz, insofern Krusten abfielen, die Ge¬ 
schwüre sich epithelisierten und die Tubera sich abflachten. 
In einzelnen Fällen war auch hier die Heilung nur eine inkom¬ 
plette, insofern Reste der Infiltrate noch mehrere Wochen nach 
der Injektion nachweisbar waren. Von Lues hereditaria kam 
nur ein Fall (Säugling von vier Wochen) zur Behandlung; hier 
wurde 0,06 g injiziert, worauf in wenigen Tagen die Erschei¬ 
nungen zurückgingen. In 27 Fällen von Nervenlues oder viel¬ 
mehr metasyphilitischen Erkrankungen des Nervensystems 
(meist handelte es sich um weit vorgeschrittene Tabes und pro¬ 
gressive Paralyse) wurde auf Wunsch der betreffenden Kran¬ 
ken das Mittel ebenfalls versucht, jedoch war hier eine günstige 
Einwirkung im allgemeinen nicht nachzuweisen. Nur bei Lues 
cerebri war eine bessernde Wirkung unverkennbar. Rezidive 
wurden von Pick nur in zwei Fällen beobachtet. (In dem 
einen davon spricht P. von einer Neuritis optica, ohne genauere 
Angaben zu machen.) Ueber das Verhalten der Wasser- 
m a n n sehen Reaktion gibt er an. daß das Umschlagen der 
positiven Reaktion in die negative in den meisten Fällen nach 
vier Wochen stattfand. Ein Wiederpositivwerden einer negativen 
Reaktion konnte bisher nicht beobachtet werden, auch in jenen 
Fällen nicht, wo die Erscheinungen wiederkehrten oder nicht 
ganz abgeklungen waren. Was die Technik der Injektion an¬ 
langt, so machte P. zuerst die Injektion meist in die Glutäal- 
muskulatur, neuerdings ist er zu der Methode von Wechsel- 
m a n n (vergl. vorige Nummer) übergegangen. Ernstere 
Schädigungen wurden in keinem Falle beobachtet; das Fieber 
nach der Injektion erreichte nur in einem Falle die Höhe von 
39,8“'. An der Injektionsstelle trat häufig ein sich in den 
nächsten Tagen ausbreitendes Erythem auf und bei sekundären 
Syphiliden war auch häufig die H e r x h e i m e r sehe Reak¬ 


tion nachweisbar. Sehr oft wurde während der ersten 4 bis 
6 Tage eine Herabsetzung der Harnquantität beobachtet, in 
einigen Fällen bis auf 400—500 ccm bei relativ nicht hohem 
spezifischen Gewicht. Gleichzeitig bestand in diesen Fällen 
auch eine gewisse Appetitlosigkeit und ein Trockenheitsgefühl 
im Halse. 1 , 

In der „Deutschen medizinischen Wochenschrift“, 1910, 
No. 32, gibt San.-Rat Dr. Wechselmann (Berlin) neuerdings 
einen Ueberblick über seine nunmehrigen Erfahrungen an 503 
mit Dioxydiamidoarsenobenzol behandelten Kranken. Wesent¬ 
lich Neues bringt die Mitteilung kaum; auch Wechselmann 
hebt wieder einerseits die nach der Injektion schnell ein¬ 
tretende Wirkung des Mittels auch auf die subjektiven Sym¬ 
ptome hervor, andrerseits die allen Beobachtern auffallende 
Tatsache, daß gerade die malignen oder vorzeitig uloerösen 
Formen die glänzendsten Resultate ergeben. Dieser Unter¬ 
schied erklärt sich nach Wechselmann aus dem anatomi¬ 
schen Bau; ist die charakteristische plasmazellenreiche Infil¬ 
tration sowie die Wucherung der fixen Bindegewebszellen um 
die Spirochäten von durchgängigen Gefäßen, wie bei den 
weichen Formen, erfüllt, so werden durch das Mittel die Spiro¬ 
chäten vernichtet, und es kommt leicht zum Zerfall und zur 
Aufsaugung der reaktiven Gewebsveränderungen; wo jedoch 
die Gefäße durch Endokarditis verstopft, ja eventuell auch die 
Vasa vasorum, wie bei der Venensyphilis, verlegt sind, kann 
das Mittel an die in den thrombotischen Massen gelagerten 
Spirochäten durch das Blut nicht transportiert werden. Jedoch 
hält es Wechselmann für wahrscheinlich, daß die Leuko- 
cyten diese spirochätenerfüllten Gebilde annagen und auch 
selbst etwas von dem tötlichen Gift an die Parasiten heran¬ 
bringen, dafür spricht das Verschwinden der derben Papeln 
der Haut nach 2—3 Wochen, noch mehr aber die Wirkung einer 
nach etwa vier Wochen wiederholten Injektion. Vielleicht er¬ 
klären sich auch so nach W. die sechs refraktären Fälle, welche 
er gesehen hat und welche zum Teil der zweiten Injektion 
prompt wichen, soweit sie schon zum zweiten Male behandelt 
sind. Ganz ausschließen kann man nach W. zurzeit noch nicht, 
ob nicht bestimmte Spirochätenstämme gegen das Mittel fest 
sind. Durch die erste Injektion wird jedenfalls nicht, wie man 
anfangs fürchtete, eine derartige Festigkeit erzeugt. Eben¬ 
sowenig tritt eine Ueberempfindlichkeit ein, wie die Fälle, in 
denen die Injektion nach vier Wochen bis drei Monaten wieder¬ 
holt wurde, zeigten. — Bei einigen Fällen von cerebraler Lues 
sah W. eine günstige Wirkung der Injektion; bei einigen Fällen 
von Tabes war eine schnelle Besserung der Pupillenstarre deut¬ 
lich erkennbar. Auch wurden bei Tabikern die subjektiven 
Symptome zum Teil sehr gebessert. Ob es sich in diesen Fällen 
um wirkliche objektive und dauernde Erfolge handelt oder nur 
die suggestive und die stark exzistierende und roborierende 
Wirkung des Mittels eine Rolle spielt, läßt sich vorläufig noch 
nicht entscheiden. Dies gilt ebenso von den bei den Anfangs¬ 
stadien der progressiven Paralyse beobachteten subjektiven 
Besserungen. Bei vorgeschrittenen Fällen ist ein Erfolg nicht 
zu erwarten. Nur ist daran zu denken, daß bei der Paralyse 
und der Tabes neben den einer Reparation nicht mehr zugäng¬ 
lichen Prozessen auch noch syphilitische Läsionen speziell ein¬ 
zelner Gefäße, Gummata, meningitische Wucherungen vor¬ 
handen sein können und daß besonders unter den atypischen 
Formen der Tabes sich manche Pseudotabes befindet. — Un¬ 
glücksfälle, welche im Zusammenhang mit dem Mittel standen, 
hat W. nicht beobachtet, auch Schädigungen der Sehnerven 
kamen nicht vor, obwohl auch einige Fälle mit nicht ganz in¬ 
takten Sehnerven und drei vorher mit Atoxyl, zwei vorher mit 
Arsacetin behandelte Patienten auf ihren Wunsch mit dem 
neuen Präparat behandelt wurden. In einigen wenigen Fällen 
traten vorübergehend bedrohliche Erscheinungen auf, welche 
aber wieder zurückgingen. 

Prof. Karl Herxheimcr (Frankfurt a. M.) kommt in seiner 
Mitteilung (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 33) im 
wesentlichen zu den gleichen Ergebnissen wie Jsaac, 
W ec h sei mann und die übrigen Autoren, die über das 
Ehrlich-Hatasehe Präparat berichtet haben. Auch er be¬ 
obachtete eine prompte Wirkung der Injektion bei der großen 
Mehrzahl der von ihm mit dem Mittel behandelten 83 Fälle. 
Von den Patienten mit Primäraffekten und im sekundären 
Stadium der Lues blieben nur zwei durch das Mittel unbeein¬ 
flußt. Drei Fälle mit maligner Syphilis reagierten ganz ausge¬ 
zeichnet. Gleich gut waren die Erfolge bei den Späterschei¬ 
nungen der Syphilis. In fast jedem Falle konnte eine Steige¬ 
rung des Gewichts und eine Besserung des Allgemeinbefindens 
konstatiert werden. Der Spirochätenbefund wurde vor und 
nach der Injektion genau festgestellt. Es fand sich kein Fall, 
in welchem die Spirochäten persistierten, sie verschwanden 
aus dem Reizserum spätestens nach 48 Stunden. Was das Ver¬ 
halten der Wassermann sehen Reaktion anlangt, so hatte 
Herxheimer, wie einige andere Autoren, keine einheit¬ 
lichen. Ergebnisse. Tn vier Fällen von Primäraffekten mit 
negativer W a s s e r m a nn scher Reaktion wurde die Reaktion 
positiv 4, 6, 9, 28 Tage nach der Injektion. Zwei Fälle von 




Primäraflekten mit positive!- Reaktion wurden nach 7 bezw, Wir .erwähnen weiter den Bericht von Dr. Alexander Glück 

20 Tagen negativ, ln fünf fällen von sekundärer Lues wurde (Sarajewo) über 10!) mit dem neuen Präparat behandelte Lues- 

nach 1—2 Wochen die Reaktion negativ, tu vier Fällen sekun- fälle (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 31). Seine Er¬ 
da rer Lues wurde die negative Reaktion nach 1 — 1'c Wochen fahrungein entsprechen im wesentlichen den von anderen Beob- 

positiv. In 15 Fällen von sekundärer Lues erlitt die W a s s e r- achtern berichteten, sowohl hinsichtlich der Nebenwirkungen 

mann sehe Reaktion durch die Injektion keine Beeinflussung, wie des therapeutischen Erfolges. Die Injektionen wurden in 

ln zwei Fällen von maligner Lues blieb die Reaktion positiv. der Regel intramuskulär in beide Glutäalgegenden gemacht, 

Von den fällen von Spätlues erfuhren zwei bezüglich der die Dosis betrug 0,3—0,5 g; die Lösungen wurden nach den 

W a s s e r m a nn sehen Reaktion durch die Behandlung keine | Angaben von Ehrlich mittels Methylalkohol und NaOH her- 
Veränderung. Bei den übrigen konnte aus äußeren Gründen gestellt (vergl. die früheren Referate). Außer .Infiltratbildung 

das Resultat nicht festgestelli werden. Es wurden ferner fünf und Temperatursteigerung traten in einigen Fällen nach der 

Fälle von Lues latens mit dem neuen Mittel behandelt, wovon Injektion Urticarien und Erytheme auf. Sonstige ernstere 

drei positiv nach Wassermann reagierten; alle drei rea- Nebenwirkungen wurden niemals beobachtet. Im allgemeinen 

gierten nach 1—2 Wochen negativ. Rezidive kamen in Herx- war der therapeutische Effekt bei den größeren Dosen schneller 

Reimers Material nicht vor. An einigen Fällen verglich und ausgesprochener als bei den geringeren Dosen. Die 

Herxheim er die Wirkung von Calomel-Injektionen mit Initialsklerosen kamen im allgemeinen in wenigen Tauen zur 

denen des K h r 1 i c h - H a t a scheu Präparats, wobei er den Heilung. Die Schwellungen der Inguinaldrüsen gingen natür- 

Etndruck gewann, als ob die Schleimhautsymptome und ebenso lieh etwas langsamer zurück, nach wenigen Wochen waren sie 

die Hautet scheinuugen uurch das neue Mittel viel rascher be- aber auch verschwunden. Nur in einem Fall (Sklerose der 

einflußt werden als durch die Calomelinjektioneii. Oberlippe) wurde durch eine Injektion kein Erfolg erzielt, iu- 

Etwas vorsichtiger in der Bewertung des neuen Präparates dein die Sklerose unverändert blieb und danach noch eine 

als die übrigen Autoren ist Prof. Erich lloffmann (Bonn), wel- Angina specifica und Plaques auf den Tonsillen dich zeigten, 

eher über seine Erfahrungen in der „Med. Klinik", 1910, No. 33, Auf eine zweite Injektion von 0,4 g schwanden jedoch alle Er¬ 
berichtet. Er gibt keinen vollständigen Ueherblick über seine scheinuugen binnen sieben Tagen. Drei Fälle von Primär- 

sämtlichen Fälle, sondern teilt nur einzelne besonders be- affekten der Portio brauchten zu ihrer Heilung drei Wochen, 

merkenswerte genauer mit. Er hält es für zweifei- Von 10 makulösen Exanthemen gingen acht in drei Tagen zu¬ 
haft, ob eine einmalige Injektion von 0,3—0,6 g genügt, um die | rück, die beiden anderen brauchten dazu fünf resp. acht Tage; 
Sypnilis sicher zur heilun^ zu bringen. Er hat aucn in einer . acht makulo-papulöse Syphilide verschwanden binnen drei 
Reihe von Fällen gesehen, daß die Spirochäten an der über- \ bis fünf Tagen nach der Injektion. Aehnlich verhielten sich 
Räche von Papeln und Plaques schon nach 24 stunden bis drei | einige makulo-pustulöse und zwei rein pustiilöse Exantheme 
lägen verschwinden, aber er hat andererseits Fülle gesehen, | sowie die sonstigen Exantheme der Sekundärperiode. Ebenso 
wo"sie noch nach acht Tagen auf Genital- und Tonsillarpapeln j schnell gingen luetische Efttoreszenzen der Kehlköpfschleini- 
iu voller Beweglichkeit blieben. Was die klinische Wirkung , haut und der Rachenschleimhaut zurück. Sehr rasch ver- 
anbetriht, so sah auch Hoff manu die gewöhnlichen syphi- ] schwanden auch die Kondylome der Skrotal- und Penishaut. 
Iitischen Erscheinungen, wie Anginen, Schleimhautplaques, i Etwas renitenter verhalten sich die Kondylome ad anum; die 
Genital- und Analpapeln, ohne jede örtliche Behandlung oft | Heilungsdauer betrug hier 7—17 Tage. Aehnlich ist es mit 
schnell zurückgehen. Ebenso war die Verkleinerung der indu- ■ den Papeln am weiblichen Genitale. Gute Erfolge sah Verf. 
rierteu Drüsen und zum Teil auch der Primäraflekte mehrfach | auch in einigen Fällen von luetischen Augenerkrankungen 
sehr bemerkenswert und trat schon nach wenigen Tagen ein. i (Keratitis parenehyniatosa, Iritis). — Die tertiär-syphilitischen 
Die Exantheme zeigten häufig eine sehr deutliche lokale Reale- 1 Eruptionen (Uleerationen und Gummen der Haut) erforderten 
tion und meist schnelle KücKüildung, einige stärkere papulöse I im allgemeinen etwas längere Zeit zur Heilung; bei Dosen von 
Exantheme gingen indessen so langsam zurück, däß eine Hg- , 0,4—0,d g war die zur Heilung erforderliche Zeit bis zu fünf 
Kur allgeschlossen werden mußte. Dagegen war die Wirkung j 'lagen. Eine Gonitis luetica kompliziert mit Periostitis tibiarum 
besonders günstig in je einem Falle von Lues maligna und sehr und Hautgummen schwand in sechs Tagen spurlos. Zerfallende 
ausgedehntem tertiären ulcerösen Syphilid des Gesichts. Verf. j Gummiknoten des harten und weichen Gaumens heilten mit 
berichtet genauer über vier Falle, im ersten Fäll erfolgte eine ! Uebernarbung der Geschwüre und Schwinden des Infiltrats 
sehr günstige Wirkung des Mittels auf eine außerordentliche i in sechs bis zehn Tagen. Bei drei Fällen von Laiyiixgummen 
schwere Ozaena syphilitica mit ausgebreiteten Zerstörungen 1 war die Injektion geradezu-lebensrettend. — Die Wass er¬ 
det- Knochen; jedoch ist die Heilung anscheinend nicht voll- | mannsche Reaktion wurde nur in 20 Fällen geprüft, in fünf 
ständig. Im zweiten Falle handelt es sich um eine bisher stets Fällen war sie 35 40 Tage negativ, in 15 Fällen (8—21 Tage 
als Lupus angesehene tertiäre Lues des Gesichts, welche nach l nach der Injektion) noch positiv. Die Spirochäten versclnvan- 
einer Injektion von 0,36 des Mittels schnell zur Heilung ge- den in fast allen daraufhin untersuchten Fällen ih 24--4S Stun- 
Uuigte. Der dritte Fall zeigt eine nicht ausreichende Wirkung j den. Bei schon mit Quecksilber behandelten Fällen konnte 
auf ein hochgradiges papulöses Syphilid und beweist gleich- 1 kein wesentlich rascheres Schwinden der luetischen Erschei- 
zeitig, daß das Auftreten einer negativen Phase der Wasser- , innigen konstatiert werden. Rezidive kamen bisher nicht zur 
m a nuschen Reaktion in solchen Fällen ganz bedeutungslos | Kenntnis. 

ist; ferner zeigte dieser Fall, daß, trotz Einleitung einer Zum Schluß sei auf die Untersuchung von Dr. Pli. Fischer 

Schmierkur etwa 14 Tage nach Injektion des Ehr lieh sehen j und Dr. J. Hoppe (Uchtspringe). über das Verhalten des Ehr- 
Mittels, doch sehr bald ein Rezidiv folgen kann und daß der I i c h - H a t a sehen Präparates im menschlichen Körper 
Spirochätennachweis nicht selten schon zu einer Zeit gelingt, I (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 29) hingewiesen, 
wo die W a s s e r m a n n sehe Reaktion noch völlig negativ j Dj e Verfasser untersuchten an einigen Kranken die mit 
ist. Der vierte Fäll endlich ist deswegen bemerkenswert, weil dem Diamidoarsenobenzol behandelt wurden, das Verhalten 

hier nach einer Injektion von 0,3 g des Präparats eine enibo- dieser Verbindung im menschlichen Organismus. Bei Paralyii- 

lische zentrale Pneumonie mit konsekutiver Pleuritis auftrat, kern, welchen 0,1 bezw. 0,3 g der Substanz subkutan injiziert 

die, wie H o f f m a n n vermutet, ihren Ursprung in einem durch wurde, war in 10—14 Tagen die Ausscheidung von Arsen 

die Injektion in der Glutäalmuskulatur erzeugten Thrombus durch den Urin beendigt, und zwar wird nur ein Teil des .Arsens 

gehabt hat. ln diesem Fälle wurde die Injektion nach der durch die Nieren ausgeschieden, der noch dazu bei den ein¬ 
ursprünglichen Vorschrift von Ehrlich (Lösung im Mörser zelneu Individuen ziemlich verschieden ist; bei 0,3 g Diamido- 

nach Zusatz weniger Tropfen Methylalkohol in 10 ccm destillier- t arsenobenzol (mit 0,12 Arsen) lag die im Urin ausgescliiedene 
teil Wasser, Zusatz von 2 ccm ‘/io normal NaOH, Auffüllen auf Arsenmenge zwischen 0,02 und 0,07 g. Bei Epileptikern mit 

20—25 ccm mit destilliertem Wasser) gemacht. In zwei aude- guter Nierenfunktion erfolgt die Ausscheidung nach subkutaner 

reu Fällen hat Hoff m a n n nach Injektion dieser Lösung eine Einverleibung viel schneller, sie ist in fünf Tagen beendigt. Bei 

nicht unbeträchtliche Störung der Herztätigkeit (starke Puls- j kräftigen Syphilitikern liegt die entsprechende Ausscheidungs¬ 
beschleunigung, systolisches Geräusch der Spitze usw.) beob- datier zwischen 5 und 10 Tagen. Nach intravenöser Injektion 

achtet, welche eine Reihe von Tagen anhielt und sich dann erfolgt die Ausscheidung viel schneller, sie ist in drei Tagen 

langsam völlig zurückbildete. Einmal beobachtete H. eine beendigt. Ein Teil des Arsens nach Einverleibung des Enr- 

leichte Albuminurie nach der Injektion, niemals aber Sehädi- 1 i c h - FI a t a sehen Präparats wird durch deu Darm nusge- 

gungen des Sehnerven. Neuerdings macht H. die Injektion schieden; nach intramuskulärer Injektion ließ sich noch am 

nach der neuen W e c hs e 1 m a n n sehen Vorschrift in neu- zehnten Tage Arsen im Kot nachweisen. Auch nach der intra- 

traler Aufschwemmung und hat danach derartige ernstere venösen Einspritzung war noch am 5. und 6. Tage Arsen im 

Störungen niemals gesehen. Zürn Schluß teilt Hoff manu Stuhlgang vorhanden. Schließlich.ergaben einige Bestimmungen 

mit, daß er letzthin Versuche einer Abortivbehandlung der all kurze Zeit nach der Injektion an anderen Krankheiten ge- 

Sypltilis aufgenommen hat, wobei er folgendermaßen vorgeht: storbenen Personen, daß sich in den injizierten Muskeln Arsen 

Nach Stellung der Diagnose durch den Spirochätenbefund lange Zeit in erheblichen Mengen findet, während es in 

macht er eine Injektion von 0,3—0,6 des Ehrlichsten ü en übrigen Organen nicht ttachgew.iesen werden kann. Aus 

Mittels, am dritten Tag (nach Verschwinden der Spirochäten (j em ppp sc heint das Arsen etwa in der gleichen Zeit wie aus 

tut der Otterfläche) exzidiert er den Primäraffekt und beginnt fjnn und Kot zu verschwinden, 

eine kräftige Ilg-Kur. Uelier den Erfolg dieser Versuche läßt 
rh natürlich vorläufig noch nichts mit Sicherheit angeben. 




m 




662 


THER APEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Dr. med. L. Zweig, I. Assistent der dermatol. Abt. der städt. 
Krankenanstalten zu Dortmund: Färbung der Spirochaeta 
pailida 111 vivo nach E. Mcirowsky. (Medizin. Klinik 1910 
iNo. 21.) 

v erfasser hat die von E. M eirowsky (Cöln) angegebene 
neue Darstellungsmethode der Spirochaeta pailida in vivo ge- 
puirt und glaubt, daß von allen bisher angegebenen Methoden 
die Dunkelteidinethode vielleicht ausgenommen — keine so 
schone und vor allen Dingen innerhalb so kurzer Zeit zu er¬ 
reichende Bilder gibt wie die Meirowsky sehe. Verfasser 
vei iuhi tolgendermaßen: ln die vorher mit physiologischer 
Kochsalzlösung gut gereinigten Stellen - Ulcera dura, Papeln, 
Condylomata lata — preßt man mit einem Glasstab einen Brei 
von Methylviolett, den man sich jedesmal Irisch bereiten muß. 
(Man nimmt einige Körnchen Methylviolett und verrührt diese 
mit einigen Tropfen Wasser zu einer breiigen Masse.) Nach¬ 
dem dieser Brei eingepreßt ist, wartet man 2—3 Minuten und 
entnimmt dann mit dem B i e r sehen Sauger das Saugserum. 
Emen Tropfen des Serums, das jetzt ganz violett gefärbt ist" 
vermischt man auf dem Objektträger mit einem Tropfen Aqua 
destillata, bedeckt das Ganze mit einem Deckglas und unter¬ 
sucht dann mit Oelimmersion. Soll die Färbung richtig sein, 
so müssen die roten Blutkörperchen eine tiefduukelblau fin¬ 
gierte Hübe zeigen; die Leukocyten, Epithelzellen, sonstige 
Kokken und Bakterien sind ebenfalls tief violett ge¬ 
färbt. Die Spirochaeta pailida ist deutlich, aber zartblau ge¬ 
lacht, zum Unterschied von der Spirochaeta refringens, die viel 
gröber hervortritt. Man sieht deutlich die rotierende Bewegung 
der Pailida. Sein- störend wirkt oft, besonders wenn man etwas 
viel Flüssigkeit genommen hat, die Molekularbewegung, die 
jedoch bald, wenn das Wasser etwas verdunstet ist, nachläßt. 

■ iI. .. . Kr. 


No. 36. 


VOn ' ocl statt ’ Abgesehen hiervon zeigt sich hin¬ 
sichtlich der zeitlichen quantitativen Ausscheidungsverhältnisse 
eine ziemliche Aehnlichkeit mit dem Verhalten des Jodivals- 
nur sind die absoluten Zahlen entsprechend dem fünfmal gerin¬ 
geren Jodgehalt bei Verabfolgung gleicher Mengen beider Prä¬ 
parate entsprechend kleiner. Mit den Fäces werden 3 bis 4 pCt 
des aufgenommenen Jodes ausgeschieden. 

Die Jodfettsäureverbindungen J o d i p i n und S a j o d i n 
zeigen hinsichtlich ihrer Ausscheidungsverhältnisse weitgehend» 
physiologische Verschiedenheiten gegenüber dem Jodkalium 
wie auch gegenüber den vorher besprochenen Jodverbindungen. 
Der Beginn der Ausscheidung setzt, wenigstens bei Verali- 
reichung der Präparate in Tablettenform, später ein, durch¬ 
schnittlich nach einer Stunde; die Ausscheidungsdauer ist aul- 
tallend lang, so sind beim Sajodin nach Aufnahme von 3 g noch 
nach lo Tagen quantitative Jodmengen im Urin nachweisbar. 
Die Jodabspaltung ist sehr gleichmäßig, nach einmaliger Ver- 
abreichung ldemerer Mengen (1 g) dieser Präparate findet bis 
zu 40 Stunden eine fast gleiche Jodausscheidung in der Zeit¬ 
einheit statt Die Menge des im Urin zur Ausscheidung ge¬ 
machten Jodes beträgt beim Jodipin ca. 55 bis 70 pCt., beim 
Sajodin 35 bis 50 pCt. der aufgenommenen Dosis; mit den 
4aces gehen bei Verwendung von Tabletten durchschnittlich 
{ „ P u - unausgenutzt, größtenteils als ätherlösliche Jod- 
fettverbindung verloren. Bei beiden Präparaten, insbesondere 
bei Sajodin, ist entsprechend der geringen Ausscheidungsmenge 
eine stärkere Depötbildung von Fettverbindungen im 'Organis¬ 
mus anzunehmen. ' 

Dr Oscar Kohlbach: Ueber die praktische Verwendbarkeit des 
Sajodins. (Allgemeine Wiener medizinische Zeitung 1910 
No. 7.) h 


Dr. Gustav Stiimpke (Kiel): Welche Beziehungen bestehen 
zwischen Jod (Jodkali) und dem Ausfall der Seroreaktion 7 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 29.) 

Verfasser stellte Untersuchungen über die Frage an, in¬ 
wieweit .Jodkali resp. Jod das Ergebnis der Wasser ma n n - 
sehen Reaktion beeinflußt, und zwar stellte er einerseits 
Reagensglasversuche an, andererseits prüfte er auch die 
Wirkung des Jods im Organismus auf den Ausfall der Reak- 
iion. Seine Ergebnisse faßt er in folgenden Sätzen zusammen: 
-I- J<niKali r('s[>. Jod ist imstande, in einem hämolytischen 
System eine komplette Hemmung liervorzurufeh. 2. Diese 
Wirkung ist an bestimmte Konzentrationen des Medikaments 
gebunden. 3. Auch die Sublimathämolyse wird durch Jodkali¬ 
zusatz innerhalb gewisser Grenzen verhindert. 4. Im Kaninehen- 
serum kann nach Einverleibung hoher Joddosen ein positiver 
Wassermann auftreten. 5. im Menschenserum läßt sich 
ein diesbezüglicher Einfluß nicht feststellen. 6. Dieses letzte 
Ergebnis isl analog der Feststellung, daß der Hg-Gehalt des 
menschlichen Organismus keinen direkten Einfluß auf den Aus¬ 
fall der W a s s e r in a n n sehen Reaktion besitzt. R. L. 

Dr. E. Bröking, Assistenzarzt der Med. Klinik Düsseldorf: Ver¬ 
gleichende Untersuchungen über die Ausscheid ungsverhält- 
nisse stomachal angeführten anorganisch und organisch ge¬ 
bundenen Jodes beim Menschen. (Zeitschr. f. exper. Path 
und Therap., 1910, Bd. VIII, H. 1.) 

Auf Grund seiner Beobachtungen und Untersuchungen 
kommt Verf. zu folgenden Ergebnissen: 

Das Jodkalium wird im Dünndarm schnell und fast 
vollständig resorbiert; die Ausscheidung durch den Urin be¬ 
irügt durchschnittlich ca. 80 pCt. der aufgenommenen Menge. 
Hie beginnt einige Minuten nach der Aufnahme und ist bei ein¬ 
maliger Verabreichung kleinerer Mengen im Maximum nach 
00 Stunden beendet. Die Hauptausscheidung findet in den 
ersten Stunden nach der Aufnahme statt, innerhalb der ersten 
12 Stunden sind etwa 75 pCt. des überhaupt ausgeschiedenen 
Jodes im Urin nachweisbar. In den Fäces ist Jodkalium nur 
in Spuren nachweisbar. Nach mehrmaliger Verabreichung 
kleinerer Mengen scheint die relative Ausscheidungsgröße zu 
steigen. 

Beim Jodival findet durch die Magen- und Darmver¬ 
dauung keine wesentliche Jodäbspaltung statt. Der Beginn der 
Ausscheidung des Präparates geht mit der gleichen Schnellig¬ 
keit wie beim Jodkalium vor sich. Die Gesamtausscheidungs- 
größe beträgt wie beim Jodkalium etwa 80 pCt., innerhall) der 
Zeiteinheit ist die quantitative Ausscheidung gleichmäßiger als 
bei der Verabreichung von Jodkalium. Die längere Dauer der 
Ausscheidung und die größere Gleichmäßigkeit derselben tritt 
vor allem bei der dreimal über einen Tag verteilten Dar¬ 
reichung deutlicher zutage. Der Jodverlust mit den Fäces be¬ 
trägt ca 2 pCt. ln der jodierten Pflanzeneiweißverbindung 
Jodglidine ist das Jod nur zum Teil gebunden, ein sehr 
großer Teil derselben als lose angelagert resp. beigemengt auf- 
zufassen. Schon durch Einwirkung des Tageslichtes, in stär¬ 
kerem Maße durch Magen- und Darmsaft findet eine erhebliche 


\eif. hat mit Sajodin ziemlich viele Versuche gemacht 
und war besonders in zw'ei Fällen von Fettherz, in zwei Fällen 
von Asthma bronchiale, vier Fällen von Arteriosklerose und bei 
Abwechselung mit Jodkali in mehreren Fällen sekundärer und 
tertiärer Lues sehr zufrieden damit, die Wirkung war eine 
ra! ^ U ' e ‘ °^ me die unangenehmen Begleiterscheinungen des 
Jodkahum. Verf. gibt daher jetzt seinen Syphilitikern bei vor¬ 
liegender Indikation alternierend Jodkali und Sajodin und ist 
mit dem Erfolge sehr zufrieden. Es scheint, daß durch das 
Sajodin auch die Verträglichkeit für Jodkali gesteigert wird 
wie dies auch von anderer Seite wiederholt liervnrwlioben 
wurde. Sajodin ist somit ein vorzügliches Ersatzmittel der 
Jodalkalien, da es wegen seiner Geschmack- und Geruchlosig¬ 
keit auch sehr gern genommen w’ird. _ r- ” 

Dr. Franz Fischer, Assistent an Sanitätsral Dr. Max Josephs 

Poliklinik für Hautkrankheiten in Berlin: lieber Jodtrupon 

(Derjnatologisches Zentralblatt, 1910, No. 9.) 

Verfasser.stellte sich die Aufgabe, zu untersuchen, ob das 
Jcdtropon das wegen seiner Nebenwirkungen oft nicht ver¬ 
wendbare Jodkalium bei der Behandlung der Syphilis er¬ 
setzen könne. Im ganzen behandelte er damit 40 Fälle und 
zwar gab er es: 

I. Zur Unterstützung der Quecksilberkuren (14 Fälle): 

a) da die Quecksilbermedikation bei der Schwere der syphiliti¬ 
schen Krankheitsprozesse nicht ausreichend erschien (3 Fälle), 

b) weil die Symptome zu langsam zurückgingen (5 Fälle), c) bei 
Bestehen starker Kopf-, Rücken- oder Gelenkschmerzen 
(6 lalle), il. Als Zwischenkur, sobald das Quecksilber wegen 
Stomatitis oder Fieber ausgesetzt werden mußte (4 Fälle). 
III. Als Nachkur (13 Fälle). IV. Bei gummösen Prozessen 
(6 Fälle). V. Bei syphilitischen Ulcera cruris (3 Fälle). • 

Als Resultat seiner klinischen Beobachtungen konnte Verf. 
folgendes feststellen: 

1. Die Einwirkung erfolgte langsamer als heim Jodkalium; 
sie war aber bei ausschließlicher Anwendung von Jodtropon 
gegenüber den gummösen Prozessen und den syphilitischen 
Unterschenkelgeschwüren unverkennbar. Nur bei • einem 
60,jährigen Kranken, bei dem aber auch Jodkalium nichts half, 
versagte das Jodtropon vollständig. 

2. Von allen Kranken wurde das Jodtropon vorzüglich ver¬ 
tragen. Nicht ein einziger klagte über Magenbeschwerden, ja 
es war der Appetit nicht einmal vermindert, selbst wenn über 
200 Tabletten genommen wurden. Patienten, welche be.i Ein¬ 
nahme von Jodkalium stets über Magenbeschwerden klagten, 
verspürten nach Jodtropon nicht die geringste Unbehaglichkeit. 

3. Zeichen von Jodismus (Akne, Schnupfen, Gedern der 
Augenlider, wurden nicht beobachtet. Bei einem Manne ging 
das Oedem der Augenlider, das nach Jodkaliumeinuahme sich 
entwickelt hatte, trotz ständiger Darreichung von Jodtropon in 
•wenigen Tagen zurück. Jodtropon ist danach für diejenigen 
Fälle, in denen eine langsame, aber länger dauernde Wirkung 
erzielt werden soll, dem Jodkalium vorzuziehen, Handeil es 
sich aber darum, schnelle Erfolge zu erzielen, so ist Jodkalium 
trotz seiner unangenehmen Nebenerscheinungen doch wohl am 
Platze. Was die wirksame Dosis anbctrilTl . so gab Verf. im 



No. 36. 


553 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


allgemeinen 6 Tabletten täglich, die 0,3g Jod enthalten, während 
in der bei Jodkalium üblichen Tagesdosis von 2 g 1,5 g Jod ent¬ 
halten ist. Durch Harnuntersuchungen, die auf Verfassers Veran¬ 
lassung in einem chemischen Laboratorium ausgeführt wurden, 
wurde festgestellt, daß nach Einnahme von Jodtropon noch 
18 Stunden Jod im Urin nachweisbar ist, und zwar verläßt auf 
diese Weise im ganzen 50 pCt. des eingeführten Jod wieder den 
Körper; in manchen Fällen erfolgt die Ausscheidung noch lang¬ 
samer; von aufgenommenem Jodkalium werden dagegen be¬ 
reits am Tage der Aufnahme 80 pCt. des darin enthaltenen Jod 
wieder mit dem Harn eliminiert. Durch diese Resultate wird 
verständlich, warum man mit dem jodarmen Jodtropon in mil¬ 
der Weise meist die gleichen Resultate erzielt wie mit dem jod- 
reichen, stürmisch wirkenden Jodkalium. L. 

Ur. K. Reicher (Berlin): Tuberkelbacillenuachweis im Sputum 
mich der lihlcnliuthschen Antiforminmethode. (Medizin. 
Klinik, 1910, No. 21.) 

Verfasser hat die von U h 1 e n h u t h vorgeschlagene Anti¬ 
forminmethode in der von Hüne angegebenen Modifikation an 
einem Material von über 100 Tuberkulösen der Schöneberger 
städtischen Auskunft»- und Fürsorgestelle Für Tuberkulöse 
einer Nachprüfung unterzogen Das Ergebnis ist folgendes: 
Die U h 1 e n h u th sehe Antiforminmethode ergibt in der 
II ün eschen Modifikation durchschnittlich um 27.5 pCt. mehr 
positive Bacillenbefunde als die gewöhnlichen Methoden, liefert 
daher zur Stellung der Diagnose überhaupt, wie besonders bei 
der Unterscheidung zwischen offener und geschlossener Tuber¬ 
kulose, viel exaktere Resultate. Sie zwingt zu einer Aenderung 
der Auffassung bezüglich jahrelang als geschlossen angesehener 
Fälle und gibt uns eine scharfe Kontrolle zur Beurteilung der 
Heilstättenerfolge in die Hand. Verfasser möchte nach seinen 
günstigen Erfahrungen die Uhlen huth sehe Methode einer 
allgemeinen Nachprüfung empfehlen. 

Prof. Dr. Niehans weil. Chefarzt am Inselspital in Bern: Die 
Rolle der isolierten Muskelatrophie als diagnostisches Sym¬ 
ptom zur Lokalisation von tuberkulösen Knochenherden 
(Zenlralbl. für Chirurgie, 1910, No. 25.) 

Verfaser hat es sich angelegen sein lassen, das Verhältnis 
der Atrophie der Muskulatur heim Vorhandensein tuberkulöser 
Knochenherde klarzulegen und zu ergründen, ob eine gewisse 
Gesetzmäßigkeit in dieser Erscheinung zu finden ist, die auch 
in diagnostischer Hinsicht wertvoll wäre. Die Beobachtungen 
sprechen in der Tat für eine solche Deutung: Einem Knochen¬ 
herd entspricht jeweilen die deutliche Atrophie eines einzelnen 
Muskels oder einer Muskel gruppe, die im betreffenden Knochen¬ 
segment inseriert oder ihren Ursprung nimmt. Um eine In¬ 
aktivitätsatrophie handelt es sich nicht. Da Verfasser in solchen 
Fällen nie eine Veränderung der gesunden dunkelbraunen 
Muskelfleischfärbung wahrnehmen konnte, so liegt es nahe, viel¬ 
leicht eine toxische Einwirkung als Ursache der eigentümlichen 
Atrophie anzunehmen. Sehr deutlich tritt dies zutage bei 
Calcaneustuberkulose, wo der Triceps surae in seinem Verlauf 
im Muskel hauch sich deutlich atrophisch zeigt im Vergleich 
zur gesunden Extremität. Besteht nicht eine diffuse tuberkulöse 
Erkrankung des Calcaneus jüngeren Datums, sondern ist schon 
eine länger dauernde dichtere Herdausgestaltung vorhanden, 
so ist die Herdstelle meist schon nach dem klinischen Befunde 
vorauszusagen und auch im Röntgenbilde unschwer nachweis¬ 
bar. Diese Orientierung ist von großer Wichtigkeit bezüglich 
der Wahl des örtlichen Eingriffes, da vor der Röntgenkontrolle 
nicht selten der Talus exzidiert wurde in der Meinung, der 
selbe beherberge den tuberkulösen Knochenherd, während er 
nur der Sitz einer diffusen Erweichung war, aber keine spezielle 
Herderkrankung darbot, welche vielmehr im Calcaneuskörper 
oder in einem der Fortsätze desselben enthalten war. Ein 
weiteres sehr prägnantes klinisches Beispiel ist die auffallende 
Atrophie des Muse, triceps brachii bei diffuser tuberkulöser 
Erweichung des Corpus ulnae. Am Humeruskopf ist die Er¬ 
kennung eines tuberkulösen Herdes auf dem Wege des Atro¬ 
phiebildes ebenfalls frühzeitig zu deuten (Insertion des 
M. supraspinatus, teres major). In derselben Weise ist die Deu¬ 
tung des Vastusmuskels am Femur zu verwenden für die 
Diagnose eines Herdes im Tibiakopfe (medial, lateral) und 
ebenfalls zur Diagnose von Patellarherden, sobald die Atrophie 
gleichmäßig auf den gesamten Quadriceps und speziell auf den 
Rectus femoris hinweist. K r. 

Dr. med. J. Cronheim und Dr. phil. W. Cronheim (Berlin): 
Weitere Untersuchungen über die Bedeutung des Lecithins 
für den Stoffwechsel des Säuglings. (Zeitschrift für physi¬ 
kalische und diätetische Therapie, Bd. 14, H. 5, August 1910.) 

Die Verfasser berichten ausführlich über Stoffwechselunter- 
puchungen, welche sie inbetreff der Bedeutung des Lecithins für 
den Stoffwechsel an zwei Säuglingen des Kinderasyls Wilmers¬ 
dorf-Berlin angestellt haben. Der chemische Teil der Arbeit 
wurde im tierphysiologischen Institut der königlichen landwirt¬ 
schaftlichen Hochschule in Berlin ausgeführt. Das Lecithin 


wurde in Form des bekannten Präparates Biocitin darge¬ 
reicht. Das im Biocitin enthaltene Lecithin wird nach dem 
yerfahren von H a b e r m a n n und Ehre n f e 1 d durch Extrak¬ 
tion von Eidotter mit einem Aceton-Benzolgemisch gewonnen, 
wobei ein von Cholesterin freies Lecithin resultiert. Dieses 
wird in Mengen von etwa 10 pCt. einem Gemisch von Vitellin 
und Magermilchpulver zugesetzt. Das Biocitin stellt ein schwach 
gelbes, einheitliches, feines Pulver von angenehmem biskuit- 
artigen Geruch dar, das sich mit Flüssigkeiten leicht emulgieren 
läßt. Die Stoffwechselversuche wurden an zwei etwa acht Monate 
alten Säuglingen angestellt, und zwar mit Hilfe des bewährten 
: Apparates von B e n d i x •• F i n k e 1 s t e i n , welcher das voll- 
I ständige und getrennte AufsaUgen von Urin und Kot ermöglicht. 

Jeder Versuch bestand ans zwei Perioden von je fünf Tagen; 
i in der ersten Periode bestand die Nahrung pro 'Pag aus 870 ccm 
j Milch, 10 g Gries, 10 g Zucker, in der zweiten Periode aus 
I 790 ccm Milch, 10 g Gries, 10 g Zucker, 6 g Biocitin und 3 g 
Butter. Die Nahrung der beiden Perioden wurde stickstoff¬ 
äquivalent gestaltet. Die Butter wurde in der Bioeitinperiode 
zugesetzt, um den Energiewert der Tagesnahrung in beiden 
I Perioden gleich zu machen, ferner wurde durch Zusatz von ab¬ 
gekochtem Leitungswasser die Flüssigkeitsmenge der Biocitin- 
periode auf die gleiche Höhe gebracht wie in der Milchperiode. 
— Was nun die Hauptergebnisse anlangt, so wurde von dem 
einen Kind in der Milchperiode 0,6061 g N, in der Biocitiu- 
periode dagegen 0,9944 g N angesetzt. Die bessere Assimila¬ 
tion des N in der zweiten Periode deuten die Verfasser als 
Wirkung des Biocitins. Sehr deutlich zeigte sich hei diesem 
Kind die bereits früher gemachte Beobachtung, daß der orga¬ 
nisch gebundene Phosphor die Ausscheidung' des N im Urin 
herabdrückt; denn die Menge sank von 19,48 auf 18,79 g. Dem¬ 
entsprechend beruhte die bessere Verwertung des Stickstoffs 
hier wesentlich auf der geringeren Ausscheidung im Urin. Bei 
dem anderen Kind wurde diese Wirkung durch die schlechtere 
Ausnutzung in der Bioeitinperiode überkompensiert, es zeigte 
sich eine Assimilation von 1,02 g N in der Milchperiode gegen¬ 
über einer solchen von 0.9 g in der Bioeitinperiode. Dieses 
Kind entleerte in der zweiten Periode viel mehr und viel öfter 
Kot, dadurch wurde die Ausnützung des N herabgedrückt. Das 
Fett wurde von dem einen Kind gut, von dem anderen weniger 
gut ausgenützt; beide Male ist die Ausnützung des Fettes in der 
Bioeitinperiode die weniger gute; doch ist diese schlechtere 
Ausnutzung nach Ansicht der Autoren nicht auf die Darreichung 
des Biocitins zairückzuführen, sondern auf die Zugabe der 
Butter, welche nach früheren Untersuchungen von Säuglingen 
weniger gut resorbiert wird. — Was den Phosphorstoffwechsel 
anlangt, so zeigte sich bei beiden Kindern die schon früher 
beobachtete bessere Verwertung des Lecithinphosphors gegen¬ 
über dem Phosphor in anderer organischer Bindung. Die 
Werte waren bei dem einen Kind 50,5 pCt. in der Biocitin- 
periode gegen 46,5 pCt. in der Milchperiode, bei dem anderen 
Kind 45.2 pCt. in der Bioeitinperiode gegen 31 -pCt. in der 
Milchperiode von dem Betrag des eingeführten Phosphors. Der 
Gesamtgehalt des Kotes an Phosphor war in der Bioeitinperiode 
stets geringer, es wurden demnach in den Körper erheblich 
größere Mengen von Phosphor aufgenommen. Auch auf die ge¬ 
samte Mineralstoff bi lanz scheint das Lecithin einen Einfluß zu 
haben. Während die Gesamtmenge der Mineral Stoffe in der 
Milchperiode nicht unbeträchtlich höher war als in der Biocitin- 
periode, fand sich bei beiden Kindern in der Bioeitinperiode 
eine bessere Assimilation der Mineralstoffe. — Im ganzen er¬ 
gab sich also auch in diesen Versuchen mit Biocitin ein günsti¬ 
ger Einfluß des darin enthaltenen Lecithins auf die Assimilation 
des N und P. Die Verfasser sind der Ansicht, daß bei ent¬ 
sprechend höheren Gaben von Biocitin die Ergebnisse sich noch 
wesentlich günstiger gestalten würden. — Zum Schluß berichten 
die Autoren noch über einige klinische Beobachtungen. Längere 
Zeit beobachtet.wurde die Wirkung des Biocitins in 18 Fällen, 
worunter noch drei Säuglinge. Es handelte sich durchweg um 
schlechternährte Patienten, die zum größten Teil leichte tuber¬ 
kulöse Affektioneu aufwiesen. In 15 von diesen 18 Fällen 
wurde eine gute Gewichtszunahme konstatiert. Eine solche 
Gewichtszunahme war vorher nicht zu konstatieren. In der 
allgemeinen Ernährung war nichts geändert worden, da es sich 
durchweg um ärmere Patienten handelte, die dafür nicht mehr 
ausgeben konnten. In allen Fällen war neben der Gewichts¬ 
zunahme eine Besserung des subjektiven Befindens zu ver¬ 
zeichnen, vor allem eine erhebliche Steigerung des Appetits. 

R. L. 

Regimentsarzt Dr. Karl Hösler (Brück a. M.): Ueber die Resorp¬ 
tionsfähigkeit der Haut und des Unterhautzellgewebes für 
ein Milchkaseinpräparat. (Wiener med. Wochenschr., 1910, 
No. 20.) 

Verf. hat mit Sanatogen Versuche angestellt, um statt Eisen 
oder Arsen dem geschwächten Organismus direkt Eiweißkörper 
zuzuführen und dadurch zu erfahren, ob die Ausnutzung resp. 
Resorption des Eiweißkörpers durch die Haut selbst nicht ratio¬ 
neller wäre als die Verabreichung per os, die ja oft durch den 





554__ THERAPEUTISCHE 

Widerwillen des Patienten, der in dein unangenehmen Ge- 
schmarke fies betreffenden Nährpräparates seinen Grund hat, 
illusorisch gemacht wird. Oie Resorptionsfähigkeit dieses Prä¬ 
parates von den Schleimhäuten ist in einer größeren Anzahl 
von Arbeiten wissenschaftlich festgelegt. Um nun auch das 
Unterhautzellgewebe auf seine Resorptionsfähigkeit zu prüfen, 
wurden unter die Rückenhaut 20 ccm einer 2 proz. Kaseinlösung 
des Sanatogens eingespritzt. Eine derartige Sanatogenlösung 
laßt sich sehr leicht sterilisieren, wenn man sich an die Vor¬ 
schrift der Fabrik hält. Die Versuche ergaben, daß 
die eingespritzten 20 ccm schon nach 6 bis 7 Stunden voll¬ 
kommen aufgesaugt waren. Ueber Schmerzen oder irgend¬ 
welche Sensationen wurde nicht geklagt. Da bekanntlich durch 
Druck die Hautresorption noch gesteigert wird, wurden 
10 proz. Salben mit Vaselin, Lanolin und Mitin hergestellt und 
mit diesen Massagen durchgeführt. Es zeigte sich, daß sich 
diese Salben in kürzester Zeit vollkommen in die Haut ein¬ 
reiben ließen. Alle diese Versuche dokumentierten, daß die 
Haut wie das Unterhautzellgewebe eine nicht unbedeutende 
Resorptionskraft für das verwendete Milchkaseinpräparat hat, 
daß auch diese Organe dasselbe wie die Schleimhäute gut auf- 
saugen und vertragen. Es liegt daher die Vermutung nahe, daß 
sich diese Verwendung auch in der Therapie solcher Fälle an¬ 
wenden läßt, wo es sich darum handelt, Eiweißkörper an be¬ 
stimmten Stellen zur Resorption zu bringen, wie es oft in der 
Massage gewünscht wird. Ebenso interessant wäre der Ver¬ 
such, Neuralgien (Ischias, Trigeminusneuralgie) mit sterilisier¬ 
ten Sanatogeninjektionen zu behandeln, oder Inaktivitätsatro¬ 
phien, sei es mittels dieser Massage oder durch derartige Injek¬ 
tionen oder mit beiden Methoden anzugehen. K r. 

Dr. W. Berblingcr (Zürich): Ueber traumatische inkomplette 
Herzruptur und Mitralsegelzerreißiiug, (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 28.) 

Von besonderer Wichtigkeit für die Unfallheilkunde sind 
solche traumatisch entstandenen Herzrupturen, hei denen es 
möglich ist, kurz nach dem sicher festgestellten Trauma durch 
die Obduktion die Folgen desselben am Herzen zu kontrollieren 
und den Nachweis zu führen, daß die Verletzungen an einem 
gesunden Herzen mit nicht krankhaft veränderten Klappen zu¬ 
stande gekommen waren. Verfasser berichtet über einen der¬ 
artigen Fall. Ein 50 jähriger Mann war aus einer Höhe von 
etwa 8 tu vom Dach gestürzt und zwar auf die linke Brustseite 
und eine Stunde nach dem Unfall gestorben. Die Obduktion er¬ 
gab eine Fraktur der Schädelbasis, ein subdurales Hämatom, 
verschiedene komplizierte Frakturen der Extremitäten, eine 
Fraktur der linken obersten Rippe ohne Verletzung der Pleura. 
Am Herzen fand sich das Epikard an der Außenfläche des 
rechten Ventrikels in der Gegend des Conus pulmonalis blutig 
durchtränkt. Dieser Stelle entsprechend war an der Innen¬ 
fläche an der vorderen Zirkumferenz des Conus pulmonalis 
eine 2.5 cm lange, 1.5 cm breite Zerreißung des Myokards und 
Endokards; der Einriß reichte bis dicht an das Epikard, welches 
seihst unverletzt war. Unterhalb der Spitze des linken Herz¬ 
ohrs findet sich eine suhepikardiale bis zur Kante des linken 
Ventrikels und 2 cm nach abwärts reichende Blutung. Das 
vordere Mitralklappensegel zeigte in der Milte seiner Ansatz- 
stellp einen runden totalen Riß mit etwas zackigen, durchblute¬ 
ten Rändern. Außerdem fand sich noch eine Leberruptur, 
sowie starke Fettembolie der Lungen. — Die mikroskopische 
Untersuchung ergab keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß vorher 
irgend eine Erkrankung des Herzens bestanden hatte; es war 
hier also die Ruptur hei einem gesunden Herzen eingetreten. 

R. L. 

Dr. Heinrich Hanse: Ein Fall von lordotischer Albuminurie mit 
urämischen Anfällen. (Wiener med. Wochenschrift, 1910, 
No. 21.) 

Del' Fall betrifft ein 11 jähriges Mädchen, das einen unge¬ 
wöhnlich hohen Grad von Lordose zeigte und seit 2 Monaten an 
eklainptischen Anfällen litt. Die bestehende hochgradige Lor¬ 
dose im Lenden- und Kreuzsegmente der Wirbelsäule veran- 
laßte Verfasser zu einer genauen und wiederholten Harnunter¬ 
suchung, die unmittelbar nach jedem Anfall, ferner nach 
längerer Seiten- oder Bauchlage, sowie nach zehn Minuten 
langem Knien in vermehrter oder Stehen in gewöhnlicher 
Lordosestellung vorgenommen wurde. Dabei war in der an¬ 
fallsfreien Zeit sowie nach Seiten- resp. Bauchlage niemals 
Albuinen nachzuweisen, stets aber unmittelbar nach dem An¬ 
fälle sowie nach längerem Stehen in gewohnter Haltung oder 
nach dem Knien. Die stete Unruhe, welche sich z. B. in leich¬ 
ten choreatischen Bewegungen der oberen Extremitäten 
äußerte, sowie die hochgradige nervöse Reizbarkeit des Kindes 
könnten die Anfälle als hystero-epileptisehe deuten lassen. Die 
nachgewiesene orthotische Albuminurie spricht aber mehr für 
eine urämische Basis. Bei der kürzlich vorgenommenen 
Röntgen-Untersuchung ergab sich an der Wirbelsäule im obe¬ 
ren Teile des Kreuzbeines der interessante Befund eines 
Fehlens der Dornfortsätze desselben und einer deutlichen 


RUNDSCHAU 1910. No. 36. 

Dehiszenz an deren Stelle. Es stellt dies sicher eine ange¬ 
borene,'der Spina bifida ähnliche Anomalie dar, welche F u c h s 
bei Kindern mit Enuresis nocturna als pathognomonisch hin¬ 
gestellt hat. Die Patientin hat bis auf die bei den Anfällen 
eingetretene spontane Harnentleerung nach Angabe der Eltern 
nach dem 5. Lebensjahre nicht an Enurese gelitten. Immer¬ 
hin sollte man nachforschen, ob bei anderen Fällen von ortho- 
tisclier Albuminurie derselbe Befund zu erheben wäre. K r. 

Dr. M. Riehl (München): Ueber Kohlchydratverdauimg und 
Diastasepräparate. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 29.) 

Bekanntlich wird ein kleiner Teil der Kohlehydrate in der 
Mundhöhle, der weitaus größte Teil im Dünndarm der Ferment¬ 
wirkung unterworfen; vom Dünndarm aus erfolgt fast aus¬ 
schließlich die Resorption der Kohlehydrate. Es kommt nun, 
wie Ad. Schmidt nachgewiesen hat, eine isolierte Störung 
der Kohlehydratverdauung vor. Hierbei werden die Kohle¬ 
hydrate im Dünndarm nicht hinreichend gelöst und resorbiert, 
es kommt dann bald zur Gärung und Fäulnis des Darminhalts, 
weiter zu Flatulenz, Meteorismus und Stuhlverstopfung; später 
stellen sich Durchfälle ein, d. h. das Stadium der intestinalen 
Gärungsdyspepsie geht in das des Dünndarmkatarrhs mit 
häufigen Schmerzanfällen über. Die Stühle zeigen nach Probe¬ 
kost weichbreiige Konsistenz, hellbraunes, schaumiges Aus¬ 
sehen, saure Reaktion. Makroskopisch finden sich kleine, 
sagokornartige Kartoffelreste; mikroskopisch reichliche Kar¬ 
toffelzellen mit durch Jod sich blau färbendem Inhalt, 
positiver Ausfall der Gärungsprobe. Die Therapie besteht zu¬ 
meist in dem Verbot aller Kohlehydrate, besonders zellulose¬ 
haltiger Nahrungsmittel; wird diese Diät eine Zeitlang durch¬ 
geführt, so verschwinden oft alle Beschwerden. Schmidt 
empfahl auch Salicylmilch (0.2 g Arid, salicyl. auf 1 Liter Milch) 
und neuerdings Oxygar, ein Agar-Agar mit zirka 12 proz. 
H-O,-. Dieses gibt im Darm langsam Sauerstoff ah und wirkt 
dadurch gärungs- und fäulniswidrig. Ein weiteres therapeuti¬ 
sches Hilfsmittel besteht in der Darreichung von Diastasc- 
präparaten. Verfasser untersuchte speziell die Wirkung von 
Takadiastase und Diamalt. Takadiastase ist ein Fer¬ 
ment. welches Stärke in Dextrin, Dextrose und Maltose um¬ 
wandelt; sie wird aus dem Eurotium Oryzae gewonnen, einer 
Pilzart, die den Japanern zur Reisweinfabrikation dient; Taka¬ 
diastase ist ein hellbraunes, fast geruchloses Pulver. leicht lös¬ 
lich in Wasser. Diamaltextrakt ist eine sirupartige braune 
Flüssigkeit von großem Diastasegehalt. Die von Verfasser an- 
gestellten Versuche erwiesen, daß Takadiastase und Diamalt¬ 
extrakt unter geeigneten Bedingungen sehr großeMengen Stärke 
in Zucker zu verwandeln vermögen, ln neutralen oder schwach 
salzsauren (0.14 proz.) gekochten Stärkelösungen wandelt die 
Diastase das 300 fache ihres eigenen Gewichts in Maltose um. 
Stärkere Acidität (0 5 pCt.) setzt die Fermentwirkung beträcht¬ 
lich herab. Da Werte von 0.4—0 45 pCt. Salzsäure im Magen sehr 
selten sind, entfaltet die Takadiastase ihre Wirkung gleich¬ 
mäßig in der Mundhöhle, iin Magen und im Dünndarm. Diamalt¬ 
extrakt verliert in allen salzsauren Lösungen an Kraft der 
Diastasewirkung. Seine Hauptwirkung entfaltet es im Mund 
und im Dünndarm. Nur durch die Verordnung von Taka¬ 
diastase hat Verfasser die Beschwerden nicht weniger Dyspep- 
tiker. die durch Salzsäure-Pepsin-Medikation etc. nicht gebessert 
wurden, rasch schwinden sehen. Die Verordnung von Diastase- 
nräparaten empfiehlt sich vor allem in den Anfangsstadien der 
Kohlehydratdyspepsie. R. L. 

Prof. E. Grawitz (Charlottenburg): Ueber myogene Leukoeytose, 
(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 29.) 

Ein seit langem bekanntes Phänomen ist die nach starker 
Muskelanstrengung, z, B. forcierten Marschleistungen, auf¬ 
tretende Vermehrung der Leukoeytose des zirkulierenden 
Blutes. Es herrschte bisher die Ansicht, daß es sich hierbei 
um eine veränderte Vex-teilung der Leukocyten im Gefäßsystem 
handle, also um eine nur scheinbare Leukoeytose, in dem 
Sinne, daß die Leukocyten infolge der Muskelkontraktionen in 
den Capillargebieten aufgehäuft würden. Diese Ansicht kann 
nach Verfasser nicht richtig sein; denn da nach Ludwig der 
Gesamtnuerschnitt der Capillaren des Körpers etwa 500 mal so 
groß ist wie der Querschnitt der Aorta, so müßte bei einer 
Anhäufung von 20 000 Leukocyten pro Kubikmeter im Capillar- 
gebiet eine annähernd vollständige Leukocytenlosigkeit in den 
großen Gefäßen eintreten. was nicht denkbar ist. Verfasser 
gelang es auch, im Verein mit seinem Mitarbeiter Dr. Wag¬ 
ner die Unhaltbarkeit der bisherigen Ansicht experimentell 
nachzuweisen. Es wurden vor und nach stärkerer Muskel¬ 
arbeit Leukocytenzählungen gleichzeitig am Capillärblut aus 
einem Hautschnitt und aus dem Blut einer größeren nicht ge¬ 
stauten Vene vorgenommen. Es fanden sich hierbei in jedem 
Falle Leiikocytenvermehrungen. anscheinend relativ höhere bei 
schwächlichen Menschen als hei kräftigen, ln jedem Falle er¬ 
folgte die Vermehrung durchaus gleichsinnig In dem Blut aus 



No. 36. 


THERAPEUTISCHE 

der Haut wie aus der Vene. Es handelt sich also bei der 
myogenen Leukocytose um eine echte Leukocytose. Die Leuko- 
cytenzahl steigt auf das Doppelte bis Vierfache, bei Gesunden 
ist die Vermehrung proportional der Stärke der Muskelarbeit. 
Diese Vermehrung geht in wenigen Minuten vor sich; sie wird 
nach Verfasser in erster Linie durch Einwirkung der Muskel¬ 
kontraktionen auf die Lymphbahnen und vermehrten Ueber- 
tritt von Ductuslymphe mit vermehrten • Zellen des, lymphati¬ 
schen Systems bewirkt. Es findet sich in der Mehrzahl der 
Fälle zumal bei Gesunden nach starker Muskeltätigkeit zu¬ 
nächst eine starke Vermehrung der Lymphocyten, die meist 
schon bei längerer Dauer der Arbeit und nach der Ruheperiode 
in eine neutrophile Leukocytose übergeht. Verfasser meint, 
daß die myogene Leukocytose den Zweck hat, die Stoffwechsel¬ 
produkte der gesteigerten Muskelarbeit zu neutralisieren, auf-' 
zunehmen und zu transportieren. Aus der Tatsache, daß die 
anfangs stark ausgeprägte Lymphocytose bald in eine neutro¬ 
phile Leukocytose übergeht, zieht er den Schluß, daß wenig¬ 
stens ein Teil der Lymphocyten sich zu granulierten Zellen ent- j 
wickelt. Von Interesse ist auch die Beobachtung, daß bei schon 
bestehender entzündlicher Leukocytose eine weitere Vermeh¬ 
rung durch Muskelarbeit nicht eintritt. und ferner, daß bei 
einigen erschöpften Personen nach längerer Bettlägerigkeit 
beim Arbeitsversuch keine Leukocytose eintrat, deren Leuko- | 
cytenbildung also augenscheinlich insuffizient war. 

Dr. Storath (Mainz): Habitueller Chloroformmißbrauch. (Deut¬ 
sche med. Wochenschrift, 1910, No, 29.) 

Verfasser berichtet über einen Fall von habitueller Chloro¬ 
formmißbrauch. Es handelt sich um ein jetzt 51 jähriges Fräu¬ 
lein. von nsychopathi scher Veranlagung, welche seit 15 Jahren 
fast täglich mit kurzen Unterbrechungen Chloroform aus 40 bis 
HO g Chloroformspiritus (01. Chloroform. Spiritus Sä) einatmete. 
Sie goß sich die Mischung in 2—3 Portionen auf das Taschen¬ 
tuch und legte dieses auf die Nase. Die Mischung war ihr ur¬ 
sprünglich vom Arzt zur Einreibung der Stirn wegen heftiger 
Kopfschmerzen verordnet worden Durch die Einatmung führte 
sie Narkose mit nachfolgenden Schlummer herbei. Dauernde 
körperliche oder psychische Veränderungen, die direkt auf den 
Chloroformmißbrauch zurückgeführt werden konnten, sind bis¬ 
her nicht aufgetreten. Auch war keine Gewöhnung in dem 
Sinne eingetreten, daß progressiv größere Mengen zur Er¬ 
zielung des gleichen Effekts nötig geworden wären. Nach 
brüsker, vollständiger Entziehung des Chloroforms traten nicht 
die geringsten Abstinenzerscheinungen auf. Um derartige 
Fälle von Chloroformmißbrauch zu verhüten, empfiehlt sich 
nach Verfasser die Vermeidung von Chloroform in irgend 
einer Anwendungsweise zu Einreibungen im Gesicht. R. L. 

Franz humlan: Ein Beitrag zu der Lehre von den zirkulären 
Psychosen. (Dissertation, Freiburg i. Br. 1910.) 

Das alternierende Irresein ist eine unter schweren Sym¬ 
ptomen verlaufende Psychose mit guter Prognose, das zirkuläre 
Irresein eine unter leichten Symptomen verlaufende Psychose 
mit zum mindesten sehr dubiöser Prognose. Dieses Verhalten 
der beiden Krankheiten seht hervor aus dem Prozentgehalt der 
ieweils Geheilten, der Häufigkeit der Halluzinationen und 
Wahnideen sowie aus der Zahl der Einzelanfälle. Dies 
wird durch folgende zahlenmäßigen Angaben illustriert: 
Von den alternierend kranken Frauen sind rund 86 pCt- von 
den alternierend kranken Männern rund 89 pCt. gesund ge¬ 
worden, während die Heilungsziffer bei den zirkulären Frauen 
42 pCt., bei den zirkulären Männern 47 pCt. beträgt. Die unge- 
heilten zirkulären Patienten befinden sich in der überwiegen¬ 
den Mehrzahl in einem chronischen zirkulären Dauerzustände, 
der meist überhaupt keine Affektbezeichnung mehr verdient, 
sondern in einer ciuerulierend-hypochondrischen Form auftritt 
deren Genese nur ab und zu noch durch eine kurze Periode 
heiterer oder zorniger resp. depressiver Verstimmung illu¬ 
striert wird. Einen sehr merkwürdigen.Verlauf und Ausgang 
hat das zirkuläre Irresein bei zwei Geschwistern gezeigt. Zu¬ 
nächst fiel auf. daß bei beiden die Psvchose in ganz analoger, 
atypischer Weise verlief — ein treffendes Beispiel für die 
Gleichartigkeit der Vererbung im allereugsten Sinne. Beide 
Patienten erkranken zwischen dem 15. und 20. Lebensjahre zum 
ersten Mal. bekommen dann in mehrjährigen Intervallen 
häufige zirkuläre Anfälle und geraten beide nach etwa fünfzehn¬ 
jähriger Krankheitsdauer in einen Dauerzustand mit hypochon¬ 
drischen Querulationen hinein, während Hessen eine allmäh¬ 
liche intellektuelle Reduktion eistritt. Das Endbild ist bei 
beiden etwa das gleiche, wie es ein Imbeziller in einem chro¬ 
nischen Erregungszustand darbietet. Trotz dieses Ausganges 
der Erkrankung — der in Anbetracht des Lebensalters der 
beiden Patienten keinesfalls etwa auf ein Hinzutreten sklero¬ 
tischer Hirnveränderungen zu beziehen ist — ist die Diagnose 
..zirkuläres Irresein“ in keinem der beiden Fälle zu bezweifeln. 
Die einzige diagnostische Möglichkeit, die liier überhaupt noch 
in Betracht käme, nämlich eine in Schüben verlaufende Hebe- 
nhrenie. ist auf Grund der klinischen Beobachtungen mit 
Sicherheit a uszuschliesen. 


RUNDSCHAU 1910. 


Sinnestäuschungen und Wahnideen sind bei den alter¬ 
nierend Kranken zugleich häufiger als bei den Zirkulären, eine 
Illustration der allgemeinen Tatsache, daß die Intensität der 
Erkrankung bei jenen größer ist als bei diesen. Bei der alter¬ 
nierenden Psychose ist fast stets jedes der drei determinieren¬ 
den Kardinalsymptome in voller Entwicklung vorhanden, wäh¬ 
rend bei den Zirkulären die Symptome häufig nur in rudimen¬ 
tärer Ausbildung zu beobachten sind. Dies gilt vor allem auch 
gerade für den Affekt; bei den Zirkulären ist oftmals überhaupt 
nicht zu sagen, ob heitere oder depressive Stimmung vorliegl. 
Man kann auch die Stimmungslage nur zirkulär nennen, denn 
der Affekt wechselt momentan zwischen Heiterkeit und Traurig¬ 
keit, zwischen Zorn und Demut, zwischen Schroffheit und An¬ 
schmiegsamkeit. Auch ist der Affekt bei vielen. Zirkulären 
psychologisch stark beeinflußbar, was bei den alternierenden 
Kranken so gut wie nie zu beobachten ist. 

Auch aus der Zahl der Anfälle erhellt, daß das zirkuläre 
Irresein eine ungleich schwerere Psychose darstellt als das 
alternierende. F. 

Prof. Dr. Wredo (Königsberg): Die konservative Behandlung 
der Gcsichtsfurunkcl. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 29.) 

Im Gegensatz zu Keppler, der vor kurzem die Stau¬ 
bindenbehandlung der malignen Gesichtsfurunkel empfohlen 
hatte, hält Verf. die Staubehandlung für schädlich, schon 
darum, weil sie eine gehörige Ueberwachung des Fortschreitens 
der Affektion, speziell der Entstehung und Ausbreitung einer 
Thrombophlebitis der Vena facialis nicht gestattet. Trotzdem 
rät auch Verfasser ein konservatives Vorgehen. Der Gesichts¬ 
furunkel ist in den allermeisten Fällen ein harmloses Leiden, 
das ganz von selbst ausheilt, ohne große Belästigung des Er¬ 
krankten. wenn man ihn nur in Ruhe läßt. Man verbiete alles 
Betasten, Herumdrücken usw. und verordne Ruhe der Gesichts¬ 
muskulatur. Empfehlenswert ist eine vorsichtige Entfernung 
der Pusteldecke auf der Höhe des Furunkels mit nachfolgender 
Bedeckung durch einen .Salbenlappen, welcher mit Heftpflaster 
befestigt wird. Mehr bedarf es nicht, um in sehr vielen Fällen 
eine glatte Heilung mit gutem kosmetischen Erfolg zu erzielen. 
Zum Messer braucht man nur zu greifen, wenn Abscedierung 
aufgetreten ist. wenn ausnahmsweise starke Schmerzen be¬ 
stehen. wenn fortschreitende Thrombose auftritt. Den Absceß 
eröffnet man durch einen kleinen Einschnitt: Jodoformgaze¬ 
docht oder Drain ist meist unnötig. Tritt vorzeitige Verklebung 
ein. so genügt rechtzeitiges Wiedereröffnen mittels einer 
Pinzette. Zwingt ein Furunkel im Gesicht ausnahmsweise 
durch starke Schmerzen zu besonderen Maßnahmen, so ist er 
durch einen Schnitt zu öffnen und mit Jodoformgaze zu drai- 
nieren. Ist schließlich eine Thrombose da. so hängt es von 
ihrem Fortschreiten und dem Allgemeinzustand des Patienten 
al>. ob man inzidiert oder abwartet. Auch Thrombosen können 
ohne Inzision Halt machen und abheilen. Nach diesen Grund¬ 
sätzen behandelt Verfasser seit 1907 in der chirurgischen Uni¬ 
versitätsklinik zu Königsberg die Gesichtsfurunkel, meist poli¬ 
klinisch- Nur wenn höheres Fieber und Thrombose vorhanden 
ist, erfolgt die Aufnahme in die Klinik. Der Erfolg war stets 
ein guter. Die Behandlungsdauer betrug hei den leichteren 
Furunkeln und furunkulösen Abscessen 5—7 Tage, bei Furun¬ 
keln mit ausgebreitetem Infiltrat oder mit Thrombose 9 bis 
10 Tage. 

Prof. Dr. Victor Klingmüller (Kiel): Ucber Wucherungen bei 

Gonorrhoe. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 28.) 

Verfasser berichtet über einige Fälle, bei denen auf Grund 
gonorrhoischer Infektion Gewebswucherungen entstanden, ln 
einem Falle handelte es sich um eine kirschgroße Geschwulst 
am Präputium mit einigen Stecknadel köpf- bis Tinsengroßen Ge¬ 
schwüren. in denen sich Gonokokken auch durch Kultur 
nachweisen ließen. Die Geschwulst Wurde unter Tnfil- 
trationsanästhesie exstirpiert und histologisch untersucht. 
Ferner macht Verfasser darauf aufmerksam daß man 
in der Umgebung des Anus hei Frauen oft kondylom¬ 
ähnliche Wucherungen beobachtet, deren Aetiologie zu¬ 
nächst unklar ist. Verfasser beobachtete im Laufe eines Jahres 
derartige Wucherungen in acht Fällen. Vier davon konnte ‘‘r 
genauer untersuchen und berichtet über seine Befunde. Es 
bandelt sich um Wucherungen am Anus oder Damm. Diese 
Wucherungen, welche nach Angabe der Frauen in einigen 
Wochen entstehen, sind kammartige, ziemlich derbe Gebilde 
von blaßrötlicher bis rötlicher Farbe, etwa 1—2 cm lang, ’/i bis 
1 b cm breit. 1 ■—lA/> cm hoch. Sie sitzen der Haut breit auf, 
verschmälern sich öfter nach der freien Oberfläche zu, hallen 
eine glatte Oberfläche und sind am freien Rand etwas einge- 
kerbt. Entweder findet sich nur eine solche Wucherung oder 
mehrere. Oefters ist die innere, nach der Analöffnung zu ge¬ 
richtete Seitenfläche erodiert oder mit flachen, wenig Eiter 
sezernierenden höchstens linsengroßen Geschwülsten beset/.l. 
Schmerzen entstehen nur im entzündlichen Stadium c.der wenn 
Geschwüre vorhanden sind. Durch Sekretion aus den Ge- 





556 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 86. 


schwüren kann auch das Gewebe maceriert werden und da- 
durch ein Interfrigo entstehen, ferner können die Geschwüre, 
namentlich beim Stuhlgang, bluten. Bei oberflächlicher Be¬ 
handlung machen diese Wucherungen den Eindruck von organi¬ 
sierten Hämorrhoiden oder breiten oder spitzen Kondylomen. 
Das histologische Bild der Wucherungen, welche nach der 
Exzision untersucht wurden, war in allen fünf Fällen ungefähr 
gleich. Sie sind zusammengesetzt aus einem wuchernden, zell¬ 
reichen Bindegewebe mit haufenförmigen oder länglichen Ein¬ 
lagerungen von Plasmazellen und polynukleären Leukocyten. 
Die Zellhaufen werden nach der Epidermis zu dichter und je 
nach ihrer Massigkeit kommt es zur Vergrößerung und Ver¬ 
breiterung der Papillen und zu unregelmäßigen Wucherungen 
des Epithels. Die Gefäße sind stark beteiligt, entweder be¬ 
stehen nur Anhäufungen von polynukleären Leukocyten in 
ihnen, oder sie sind mehr oder weniger thrombosiert. Gono¬ 
kokken siiid in den Wucherungen nur sehr spärlich nachweis¬ 
bar oder nicht zu finden. In drei der Fälle fanden sich gleich¬ 
zeitig Ulcerationen im Rektum, welche zweifellos gonorrhoischer 
Natur waren; in zwei Fällen wurden Gonokken auch mikro¬ 
skopisch in den Ulcera des Rektums nachgewiesen. R. L. 

Dr. Selbiger. Arzt für Hals-, Nasen- und Ohrenleiden in Berlin: 
(’oryfin in der Rhino-Laryngologic. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 18.) 

Verfasser nimmt Bezug auf die Publikationen von 
Dr. Robert Meyer über Coryfin (Bayer) in der „Deut¬ 
schen med. Wochenschrift“, 1909, No. 41, und äußert sich über 
die Wirksamkeit dieses Mentholersatzes in folgender Weise: 

Das Präparat zeichnet sich durch eine langsame und all¬ 
mähliche Mentholabspaltung aus, die eine protrahierte Menthol¬ 
wirkung zur Folge hat, ohne daß ein Reiz auf die Schleimhaut 
ausgeübt wird. Verf. hat in einer großen Reihe von Fällen Ver¬ 
suche mit dem Coryfin angestellt, das sich bei hypertrophischer 
Rhinitis und Stirnhöhlenkatarrhen außerordentlich bewährt hat. 
Es trat nach Applikation des reinen Coryfin auf der Nasen¬ 
schleimhaut ein erheblicher Rückgang der Schwellung derselben 
auf. Ferner hat Verf. es zu Injektionen in den Larynx ver¬ 
wandt und konnte, selbst wenn es unverdünnt appliziert wurde, 
keine erheblichen Reizerscheinungen beobachten. Von der 
Mehrzahl der Patienten wurde in übereinstimmender Weise die 
durch die langsame Mentholabspaltung bedingte protrahierte 
Kältewirkung, die mit einer erheblichen Anästhesierung der 
lokal behandelten Stellen einherging, -sehr angenehm empfun¬ 
den, doch scheint dem Verf. das Coryfin selbst in konzentrierter 
Lösung schwächer zu wirken als eine 20- bis SO proz. Menthol¬ 
lösung. Bezüglich des Geschmackes ist eine Coryfin-Pa¬ 
raffin-Mischung einer Lösung des Menthols in Olivenöl 
überlegen. 

Verf. verwendet im allgemeinen zu Larynxinjektionen eine 
50 proz. Coryfin-Para t' f i n - M i s c h u n g mit einem Zu¬ 
satz von Ol. Eucalypti nach folgender Formel: 

Rp. Coryfin 

Paraffin, liquid.ää 10,0 g 

01. Eucalypti. 1,0 g 

— n. 

Prof. Lanz (Amsterdam): Zur Vereinfachung der Ilautdesinfek- 
tion. (Zentral!)], f. Chirurgie, 1910, No. 25.) 

Verf. bespricht zunächst in Kürze die Wandlungen der Des¬ 
infektionsmethoden im allgemeinen, um dann speziell die Be¬ 
deutung des Vorgehens von Grossich zu erörtern. Verf. 
ist bereits vor 1900 in ähnlicher Weise vorgegangen, hat jedoch 
den Jodanstrich aufgegeben wegen gelegentlicher Ekzeme, 
weil die Jodtinktur seine Conjunctiva reizte und die Operations¬ 
wäsche verdarb. Da L. damals aber die Haut vor dem Jod¬ 
anstrich gewaschen hatte, und dies nach Grossich ein 
Fehler ist, hat er das G r o s s i c h sehe Verfahren klinisch 
und bakteriologisch nachgeprüft. Die Behauptung Gros- 
sichs, seine Methode stelle die beste Hautdesinfektion vor 
und bewirke vollkommene Sterilisation, ist nach L. nicht richtig. 
Vielmehr möchte er aus seinen Untersuchungen folgende 
Schlußfolgerung ziehen: 

1. Wie die B i e r sehe Lumbalanästhesie zweifellos für 
gewisse Fälle große Vorteile bietet, aber nicht als Normalver¬ 
fahren auftreten darf, ebensowenig dürfte die bloße Impräg¬ 
nation der Haut mit Jodtinktur als Normalverfahren für die 
Hautdesinfektion anzusehen sein. 

2. Insbesondere ist bei Operationen, wo die strengste chi¬ 
rurgisch-bakteriologische Asepsis Vorbedingung des Gelingens 
ist (Gefäßchirurgie), die alte F ü r b r i n g e r sehe der Gros¬ 
sich sehen Methode vorzuziehen. 

3. Für spezielle Indikationen jedoch: 

a) Notfall- und Kriegschirurgie: 

b) in Regionen, denen schwer beizukommen, oder 
in Fällen, wo die mechanische Reinigung der 
Schmerzhaftigkeit wegen unmöglich; 

. c) bei dekrepiden Pat.. wo jede Abkühlung ver¬ 
mieden werden muß; 


d) für das Tierexperimeut, wo. das Rasiermesser 
durch die gesetzten Schürfwunden Hautaffek¬ 
tionsgelegenheiten schafft, 

bedeutet die Gros sich sehe Methode einen Gewinn. 

4. Das Geheimnis tadelloser Wundheilung liegt allerdings 
weniger in der Haut des Pat., als in der Hand des Chirurgen. 
Das französische „chercliez la femme“ heißt ins Chirurgische 
übertragen „cherchez la main“. 

Dr. 0. J. Lauper (Interlaken): Konservative Knicgclenkscrüff- 
nung. (Zentralbl. f. Chirurgie, 1910, No. 24.) 

Für konservative Kniegelenkseröffnungen, zur Exstir¬ 
pation von Gelenkmäusen, zur Entfernung von losgelösten 
Menisken; von Fremdkörpern, zur partiellen Abtragung der 
Kondylen vermißte Verfasser mehrfach eine Methode, die den 
beiden Hauptforderungen gerecht wird: tadellose Uebersicht 
übei' das ganze Gelenk zu geben und den Bandapparat in seiner 
Gesamtheit sowohl wie den Streckapparat zu schonen. Bei 
einem 23 jährigen Manne, der seit mehreren Jahren über leichte 
Schmerzen beim Gehen in der Gegend des Condylus internus 
femoris klagte, ohne daß objektiv etwas nachzuweisen war, wo 
aber der Röntgenapparat ein partiell losgelöstes Knorpel- 
Knochenstück von zirka Markstückgröße am hinteren Umfang des 
Cond. int. femoris zeigte, erreichte Verf. seinen Zweck in folgen¬ 
der Weise: Schrägschnitt auf der Innenseite von hinten oben nach 
vorn unten von 12 cm Länge, fingerbreit von der Patella nach 
innen durch Haut, Fettgewebe und Fascie, leichtes Einkerben 
der untersten Fasern des Vastus int., Eröffnung der Kapsel nur 
über dem Condylus femoris ohne die Gelenklinie zu berühren 
und stumpfes Abheben des Periosts und der Kapsel (samt 
Bursa subnuadricipitalis) mit Raspatorium über dem Femur 
nach vorn bis etwas über die Mittellinie hinaus, nicht jedovh 
nach hinten und nicht an der Tibia. Nun gelingt es unter kräfti¬ 
gem Zug, die Patella nach außen zu luxieren, ohne Drehung 
derselben, d. h. sie durch Zug über den Condyl. extern, nach 
außen zu schieben. Bei vollständiger Beugung läßt sich das 
Gelenk leicht in toto übersehen, die beiden Femurkondylen, die 
innere Gelenkfläche der Tibia, die beiden Kreuzbänder, der 
Meniscus medialis. 

Mit großer Leichtigkeit kann nun das besagte vom Knochen 
losgelöste (1 1 ■ cm dicke), am Knorpelrand jedoch noch fest¬ 
haftende Stück des Cond, femoris medialis mit einem Elevato- 
rium nach kleiner Inzision abgehebelt und entfernt werden. 
Ausschaben der ziemlich glatten, nicht blutenden llöhle, Ab 
runden der Ränder und Einreiben von Jodoform. Bei Streckung 
des Beines reponiert sich die Patella von selbst wieder. Kapsel¬ 
naht, Einführen von Glasdrain in die Bursa subnuadricipitalis, 
gründliche Fascienuaht mit Seide, Hautnaht. Drain entfernt 
nach zwei Tagen, vollständige Heilung mit vollständig festem 
Kniegelenk in 14 Tagen. Gelenk schmerzlos. An mehreren 
Leichenversuchen überzeugte Verfasser sich seither weiter von 
den Vorteilen des beschriebenen Schnittes. 

Dr. Gottwald Schwarz. Leiter des Röntgen-Instituts der 
1. medizin. Universitätsklinik in Wien: Der Nachweis des 
Coceum mobile mittels der Röntgen-Strahlen. (Wiener med. 
Wochenschrift, 1910, No. 23.) 

W i 1 m s hat eine Arbeit veröffentlicht, die den Titel führt: 
„Das Coecum mobile als Ursache mancher Fälle von soge¬ 
nannter chronischer Appendicitis.“ In dieser Arbeit, die ein 
Material von 40 Fällen umfaßt, gibt W ilms au, daß man sehr 
häufig bei wegen chronisch-appendicitischer Beschwerden Lana- 
rotemierten einen normalen Wurmfortsatz finde. Nach Ex¬ 
stirpation desselben schwinden gewöhnlich die. Beschwerden 
nicht. Es handelt sich nach seiner Beobachtung hierbei eben 
gar nicht um einen erkrankten Wurmfortsatz, sondern um ein 
abnorm langes und bewegliches Coecum, das durch Zerrungen 
an seinem Mesenterium und dem Mesenterium der Appendix 
die Schmerzempfindung hervorrufe. Wilms appendektomirt 
in solchen Fällen nicht, sondern macht eine Fixation des Coe- 
cums und hat damit seiner Angabe nach überaus günstige 
Erfolge. Das Schwierige in dieser Frage ist nun aber die 
Diagnose. Wilms stellt sie erst intra operationem, wenn er 
eine abnorm leichte Hervorwälzbarkeit des Coecums mitsamt 
dem Wurmfortsatz findet. Klinische Zeichen sind unsicher, 
doch führt er an: lautes Gurren in der rechten Bauchseite, Hin- 
und Herschiebbarkeit des kontrahierten Coecums. Sch. zeigt 
nun, daß man in den Röntgenstrahlen ein sehr bequemes Hilfs¬ 
mittel besitzt, um diese und einschlägige Fragen auch bei uner- 
öffneten Bauchdecken zu studieren. Gibt man einem Kranken 
die bekannte mit 40 g kohlensaurem Wismut versetzte Milch¬ 
speise nach Rieder, so verläßt diese alsbald den Magen, 
läuft rasch durch den Dünndarm und gelangt nach ca. vier 
Stunden ins Coecum, das nun rasch angefüllt wird. Von der 
siebenten Stunde an sieht man dasselbe, sowie das Colon ascen- 
dens auf dem Röntgenschirm sehr gut als wurstförmigen Schat¬ 
ten. Dabei kann die Mobilität leicht kontrolliert werden. Verf. 
tut dies, indem er ein Orthodiagramm in aufrechter und in 
linker Seitenlage des Patienten helstellt, wobei das Coecum 





No. üö. 


THERAPEUTISCHE 

seiner Schwere nach die Tendenz hat, gegen die Mittellinie 
zu sinken. Dieser Tendenz wird es uni so besser folgen 
können, je geringer seine Fixation ist. Verl hat nun auf diese 
Weise zunächst mehrere Personen ohne appendicitische Be¬ 
schwerden untersucht. Das Coecum reichte bei diesen in der 
Seitenlage entweder gar nicht oder nur um ein geringes 
(ca. 1 cm) gegen die Mittellinie. Dagegen reicht es mehr oder 
minder (bis zu 6 cm) kopfwärts. lin Gegensatz hierzu hatte 
Verl nun auch Gelegenheit, ein 20 jähriges Mädchen mit einer 
typischen chronisch-appendicitischen Anamnese zu untersuchen. 
Dabei zeigte es sich, daß das Coecum mit dem offenbar wegen 
seiner abnormen Weite gut fühlbaren Wurmfortsatz bei der 
linken Seitenlage um ca. 5 cm weit gegen die Mittellinie sich hin 
verschob. Hier schien es sich also um ein Wilmssches 
Coecum mobile zu handeln. Kr. 

Ib'. A. Heddäus (Heidelberg): Kasuistischer Beitrag zu den 
Darmverletzungen im Bruchsack. (Münch, lued. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 29.) 

Verfasser berichtet über einen seltenen Fall von Fremd¬ 
körperverletzungen. Einem 19 jährigen Schlosser war beim 
Hämmern ein etwa linsengroßes Stück Eisen von dem großen 
Hammer abgesprungen und durch die Kleidung in seinen aus¬ 
getretenen und nicht durch Bruchband geschützen rechtsseiti¬ 
gen Leisteobruch eingedrungen. Da sehr bald peritonitische 
Symptome sich zeigten, wurde der Verletzte von einem Arzt 
der Klinik überwiesen, wo er 12 Stunden nach Eintritt des Un¬ 
falls anlangte. Aeußerlich fand sich ein gänseeigroßer rechts¬ 
seitiger Leistenbruch, auf dessen Kuppe eine zirka 5 mm lange 
Schnittverletzung sichtbar war, aus der Blut sickerte. Es wurde 
sofort zur Operation geschritten. Nach Freilegung und Eröff¬ 
nung des Bruchsacks entleert sich schaumige, trübe Flüssigkeit; 
der Bruchsack ist leer, der Darm in die Bauchhöhle zurüek- 
geglitten. Nach Reinigung des Bruchsacks wird der Hautschnitt 
nach oben verlängert und die Bauchhöhle eröffnet. Unmittel¬ 
bar oberhalb der ßruchpforte liegt eine Darmschlinge vor, aus 
der durch einen freien Schlitz an der dem Mesenterialansatz 
gegenüberliegenden Fläche schaumige bräunliche Flüssigkeit 
uervorsickert; dicht neben dieser Oeftnung fand sich der Eisen¬ 
splitter; er ist 8 mm lang, 6 mm breit und etwa 2 mm dick. Die 
Darinschlinge wurde vorgezogen und die Oeffnung übernäht. 
Es fand sich noch eine zweite Oeffnung in der Darmschlinge 
am Mesenterialansatz, welche ebenfalls übernäht wurde. Ferner 
fanden sich in dem Mesenterium der vorgezogenen Dami¬ 
sch linge an zwei Stellen Durchbohrungen von Mesenterial¬ 
gefäßen, welche stark bluteten und mittels Umstechungen ver¬ 
sorgt wurden. Soweit die Därme sich übersehen ließen, waren 
sie mit fibrinösem, peritonisiertem Belag bedeckt ohne 
schützende Verklebungen. Die in der Bauchhöhle ange¬ 
sammelte Flüssigkeit wurde nach Möglichkeit ausgetupft, der 
vorgezogene Darm mit Kochsalzlösung abgewaschen und repo- 
uiert. Drainage mittels Glasdrain. Verkleinerung der 
Wunde, Exstirpation des Bruchsacks, Hautnaht des Skrotums. 
Die peritouitischen Erscheinungen dauerten noch 2 Tage, dann 
gingen sie zurück und es erfolgte glatte Heilung. Das Eisen- 
stück hatte den in den Bruchsack ausgetretenen Darm offenbar 
doppelt durchschlagen und weiter das Mesenterium durchsetzt, 
der Darm hatte sich später über den Fremdkörper in die 
Bauchhöhle zurückgezogen. R. L. 

Marinestabsärzt Dr. Hoffmann (Berlin): Die Ergebnisse der 
neueren Krebsforschung. (Berl. klm. Wochenschrift, 1910, 
No. 21.) 

Unter den Lehrmeinungen über die Entstehung der bös¬ 
artigen Geschwülste haben immer noch das meiste Gewicht, 
fast eine herrschende Stellung, diejenigen, die gestützt auf die 
Lehren und das Ansehen Rudolf Vir cho w s die Ursachen 
für die Entstehung der Geschwülste in innern Ursachen der 
Zellen und Gewebe suchen. Aber die Forschung der letzten 
Jahre hat den Beweis erbracht, daß wir mit unserer Frage¬ 
stellung an der Zelle und ihren Veränderungen nicht Halt 
machen dürfen, sondern daß auch darüber hinaus noch wichtige 
Funde für das Verständnis und damit selbstverständlich auch 
für die Behandlung der Krankheiten zu erwarten sind. Be¬ 
sonders auf zwei Dinge hat man zunächst geachtet: auf die 
Bedeutung äußerer Reize und Verletzungen und Einwirkungen 
der verschiedensten Art und auf die Entstehung der Ge¬ 
schwülste durch belebte Erreger. Daß solche äußeren Reize 
für die Entstehung der Geschwülste in Frage kommen konnten, 
ist nicht ganz neu. Man kennt seit langem eine Reihe von Ein¬ 
flüssen, denen man ziemlich allgemein eine ursächliche Be¬ 
deutung für manche Neubildungen zuschrieb. Zahlreiche Be¬ 
obachtungen sind hinzugekommen, die diese Erscheinungen be¬ 
stätigten. Namentlich langwierige Entzündungszustände ver¬ 
schiedenster Art, alte Narbenbildungen, Einwirkungen von Ver¬ 
letzungen, von bestimmten reizenden Stoffen, besonders den 
aus Teer gewonnenen, sind imstande, in diesem Sinne zur Ge¬ 
schwulstbildung zu führen. Auch die Schwangerschaft übt auf 
die Entstehung und Verschlimmerung bösartiger Geschwülste 


RUNDSCHAU 1910. 657 

einen unverkennbaren Einfluß aus. Neuerdings ist eine Be¬ 
obachtung hinzugekommen, die früher nicht bekannt war, näm¬ 
lich die Entstehung bösartiger Geschwülste durch Einwirkung 
von Röntgenstrahlen. Ganz besonders eifrig hat sich die neuere 
Forschung zur Auffindung belebter Erreger für die Geschwülste 
gestaltet, und eine Reihe von Keimpilzen, höheren Pilzen, 
Spirochäten, Urtieren ist in Geschwülsten uachgewieseu und 
als Erreger angesprochen worden, ohne daß es freilich gelungen 
wäre, Umstände anzuführen, die als beweisend für den Zu¬ 
sammenhang anzusehen wären oder auch nur ihn besonders 
wahrscheinlich machen könnten. Von großer Bedeutung für 
die Geschwulstforschung war es, daß es gelang, bei Tieren, 
namentlich bei Mäusen, Geschwülste künstlich zu übertragen, 
die ihrem ganzen Verhalten nach den menschlichen Geschwül¬ 
sten an die Seite gestellt werden konnten, und die es ermög¬ 
lichten, vielen Fragen in Versuchen näher zu treten, so lange 
die Verimpfung menschlicher Geschwülste auf Tiere nicht mög¬ 
lich ist. Die auffälligste Tatsache, die bei diesen künstlichen 
Uebertragungsversuchen festgestellt wurde, war die, daß aus 
übertragbaren Krebsgeschwülsten nach einigen, oft schon nach 
der zweiten Uebertragung sich ganz andere Geschwülste ent¬ 
wickelten, nämlich Adenome und sogar Sarkome. Für viele 
lag darin ein Beweis der Tätigkeit eines belebten Erregers, der 
einmal einen Krebs, ein andermal ein Sarkom erzeugte. Es 
gibt aber noch andere Erklärungsmöglichkeiten; beweisend für 
einen belebten Erreger ist diese Beobachtung nicht. Zweifel¬ 
los wirft diese vielfach bestätigte Umwandlungsmöglichkeit auf 
die ganze Geschw'ulstfrage ein neues und ganz eigenartiges 
Licht. — Nachdem die Aufmerksamkeit der ärztlichen Welt 
sich mehr auf die Krebsfrage und auf die Notwendigkeit der 
planmäßigen und mit großen Mitteln arbeitenden Krebs¬ 
bekämpfung gerichtet hat, ist man eifrig bestrebt gewesen, 
unsere Hilfsmittel zur Erkennung und ganz besonders zur mög¬ 
lichst frühzeitigen Erkennung des Krebses zu verbessern. Schon 
die Röntgendurchleuchtung stellte auf diesem Gebiete einen 
wesentlichen Fortschritt dar. In den letzten Jahren ist von 
von vielen Seiten versucht worden, die Untersuchungsverfahren, 
die auf dem Gebiete der durch belebte Erreger hervorgerufenen 
ansteckenden Krankheiten von so fruchtbringender Wirkung ge¬ 
wesen sind, besonders die Verfahren der Komplementbindung, 
der Eiweißausfällung und der Blutkörperchenlösung auch für 
die Erkennung bösartiger Neubildungen nutzbar zu machen. 
Von manchen Seiten ist über brauchbare Ergebnisse berichtet, 
von anderen aber sind diese Ergebnisse mit derselben Be¬ 
stimmtheit bestritten worden, so daß wir tatsächlich mit diesen 
Verfahren für die allgemeine Anwendung noch nicht rechnen 
können. — Was die Behandlung betrifft, so sind die Erfolge, die 
mit dem Messer erreicht sind, heutzutage durch keine andere 
Behandlung auch nur annähernd erreicht werden. Die blutige 
Entfernung muß vorläufig unbedingt das Verfahren der Wald 
bei allen Krebsen bleiben. Dennoch ist eine Reihe von Ver¬ 
suchen gemacht, auf andere Weise die Krebswucherung zu be¬ 
einflussen. Insbesondere ergab sich diese Aufgabe für solche 
Fälle, bei denen eine Heilung durch vollständige Entfernung, 
der Geschwulst nicht mehr möglich war, das Leiden der 
Kranken aber unter allen Umständen Linderung verlangte. 
Wir haben in der Tat eine Reihe von Mitteln, die uns gestatten, 
unter Umständen die Krebszellen zu vernichten. Sie beruhen 
auf der Tatsache, daß die Krebszellen im Verhältnis zu ge¬ 
sunden Zellen in ihrer Lebensfähigkeit und Widerstandsfähig¬ 
keit gegen äußere Einflüsse mehr oder weniger beschränkt sind. 
Bestrahlungen verschiedener Art, Röntgenstrahlen, Radium¬ 
strahlen, später die Blitzbehandlung nach de Keating- 
Hart, ganz neuerdings das von Czerny beschriebene Ver¬ 
fahren der Entfernung der Krebse mit dem Lichtbogen, auf An¬ 
wendung von Strömen von höchster Schwingungszahl beruhend 
— sie alle sollen diese Wirkung ausüben können. Andere 
Verfahren sind darauf gerichtet, im Blut des Kranken Stoffe 
zu erzeugen, die auflösend auf die Krebszellen wirken sollen; 
teils handelt es sich um verschiedene giftig wirkende Arznei¬ 
mittel, teils um Auszüge aus verschiedenen Keimpilzen oder 
Geweben, selbst um lebende Keimpilze, teils um verschiedene 
Sera und Fermente. Bemerkenswerte Erfolge sind bisher 
durch keines dieser neueren Verfahren erzielt. — Bei der 
großen Verbreitung der Krankheit und der scheinbar immer 
noch zunehmenden Ausbreitung des Leidens sinnt man auf 
Maßregeln, wie dieser Zunahme vorzubeugen ist. Insbesondere 
ist man in den letzten Jahren mehr als früher der Frage der 
Ansteckungsfähigkeit des Krebses näher getreten; und wenn 
auch kein Beweis dafür beigebracht ist, so mehrt sich doch 
namentlich die Zahl derjenigen, die es für zweckmäßig halten, 
so zu verfahren als ob die Ansteckungsfähigkeit vorläge. 
Namentlich auch bei der Entfernung von Krebsen hat man 
neuerdings wiederholt von der unvorsichtigen Verschleppung 
von Krebskeimen durch den Eingriff gewarnt. Unter den all¬ 
gemeinen Maßregeln zur Verhütung der Krebskrankheit und 
ihrer unheilvollen Wirkungen steht eine oben an. von der sich 
alle Forscher große Vorteile versprechen, das ist die weit¬ 
gehende Aufklärung des Voikes und nicht minder auch der 




558 


THJSRAPhUT'lSCtilÜ RÜNDSÖHAÜ iöiö. 


No. 3t>. 


Aerzte über die Früherscheinungen der Krebskrankheit, damit 
die ersten Zeichen nicht übersehen werden, und damit so früh¬ 
zeitig wie möglich das Leiden mit dem Messer angegriffen und 
mit größter Wahrscheinlichkeit geheilt werden kann. 

Itr, Walter Redlich, Sekundärarzt der gynäkol. Abt. des Aller¬ 
heiligenhospitals zu Breslau: Pseudohermaphroditismus 
inasculinus externus, ein Fall von Erreur de sexe. (Zen- 
tralbl. f. Gynäkologie, 1910, No. 29.) 

Das vierjährige Kind wurde bei der Geburt als Mädchen 
gemeldet und als solches erzogen. Die penisartige Entwick¬ 
lung der Klitoris und das Auftreten langer, dunkler Scham¬ 
haare am Ende des 2. Lebensjahres veranlagte die Eltern da¬ 
mals, das Kind von gynäkologischer Seite untersuchen zu lassen, 
wobei sie den Bescheid bekamen, das Kind werde sich wahr¬ 
scheinlich in Zukunft männlich entwickeln. Die jetzige Unter¬ 
suchung ergab folgendes: Die Genitalien imponieren ganz als 
die eines männlichen Scheinzwitters. Der Penis ist gut ent¬ 
wickelt, etwa 3)4 cm lang. Eine Spaltbildung an der skrotalen 
Penisfläche ist nur angedeutet durch eine in der Medianlinie 
verlaufende strichförmige, seichte Rinne, an deren Boden sich 
mehrere knapp stecknadelkopfgroße Vertiefungen befinden, die 
sich nicht sondieren lassen. Die Harnröhre tritt gar nicht in 
das Corpus penis ein, sondern mündet, von einer halbmond¬ 
förmigen Hautspalte von untenher überdeckt, unterhalb der 
Peniswurzel. Von hier aus nach dem Damm verlaufend findet 
sich jederseits ein mit mäßigem Fettpolster unterkleideter brei¬ 
terer Hautwulst, in toto ähnlich großen Labien. In der Mittel¬ 
linie laufen aber die beiden Gebilde zu einer rinnenförmig ver¬ 
tieften, etwa 1)4 mm breiten Raphe zusammen, und die Haut 
dieser Wülste zeigt die charakteristische Querfältelung und 
Runzelung der Skrotalhaut, die bei Kältewirkung noch zu¬ 
nimmt. Irgend einen tastbaren Inhalt weist keine dieser Skro- 
talhälften auf, und auch in der Umgebung des Leistenringes 
ist kein Gebilde, das als deszendierte Geschlechtsdrüse aufzu¬ 
fassen wäre, zu finden. Außer der Harnröhrenmündung ist 
nirgends ein Ostium, das etwa in die Vagina oder einen vagina¬ 
artigen Blindsack führen könnte, vorhanden. Eine Unter¬ 
suchung der Beckenorgane per rectum ergibt keinen ganz deut¬ 
lichen Befund. Sicher scheint kein Uterus vorhanden zu sein; 
undeutlich tastbar ist jederseits, nach der seitlichen Becken¬ 
wand zu gelegen, ein derbes, rundliches Gebilde, das Verf. als 
nicht deszendierte Testis auffassen möchte. Ist letztere Auf¬ 
fassung richtig, so haben wir es mit einem Fall von Pseudo¬ 
hermaphroditismus rnasc. ext. zu tun, speziell mit doppel¬ 
seitigem Kryptorchismus. Das Zusammentreffen dieser beiden 
Merkmale macht den Fall zu einem relativ seltenen. Gerade 
diese letzteren Fälle sind es, die am häufigsten zur irrtüm¬ 
lichen Geschlechtsbestimmung des Neugeborenen führen. Ein 
sicherer Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung des vor¬ 
liegenden Falles würde erst im Nachweis von Hodengeweben 
bezw. von Spermatozoen liegen. Bleiben die Testes retrahiert 
und ist die Untersuchung von Ejakulat in der Folge nicht mög¬ 
lich, so müßte schließlich zum sicheren Nachweis männlicher 
Geschlechtsdrüsen zur Probelaparotomie geschritten werden, 
um eine genügende Unterlage zum Antrag auf gerichtliche 
Aenderung der Geschlechtseintragung zu erhalten. 

Dr. Karl Czerwenka (Wien): Zur Technik der Laminariadila- 
tation. (Zentralbl. f. Gynäkologie, 1910, No. 29.) 

Daß die Dilatation des Cervicalkanals mit dem Laminaria- 
stift die schonendste Methode ist, steht außer Zweifel. Ist doch 
die Entstehung von Einrissen bei diesem Verfahren nahezu aus¬ 
geschlossen. Da nun aber Keimfreiheit des Cervicalkanals 
sehen in Hinsicht auf den azinösen Bau seiner Drüsen und 
eventuell intrazellulär liegende Kokken nicht zu erreichen ist, 
so gewährleistet nur jenes Verfahren die geringste Infektions¬ 
möglichkeit, welches keine Infektionspforte, das ist Schleim¬ 
hautrisse, setzt. Solche Risse werden bei der langsam fort¬ 
schreitenden Dehnung des quellenden Laminariastiftes sicherer 
vermieden als bei der raschen und brüsken Erweiterung mit 
dem H e g a r sehen oder einem anderen Dilatatorium. Der Ein¬ 
wand, daß eine vollkommene Sterilisierung des Laminaria¬ 
stiftes unmöglich ist, besteht nicht zu Recht. Durch kurzes 
Einlegen in 1 proz. Sublimatalkohol mit folgendem gründlichen 
Abspülen in absolutem Alkohol läßt sich vollkommene Keim¬ 
freiheit erzielen, welche bei Aufbewahrung der Stifte in Jodo¬ 
formäther sicher erhalten bleibt. Uebrigens sind heutzutage 
in zugeschmolzenen Glasröhren sterilisierte Stifte erhältlich. Ein 
weiterer Vorteil der Cervixdilatation durch den Laminariastift 
ist die relative Schmerzlosigkeit. Verfasser hält daher die 
Methode der Laminariadilatation für unentbehrlich. Die Nach¬ 
teile des Verfahrens: das Hineinschlüpfen ins Uteruskavum und 
die Schwierigkeiten der Entfernung lassen sich aber vermeiden 
bezw. sehr vermindern. Das Hineinschlüpfen ist nur bei gra¬ 
videm Organ zu befürchten, wo die Dehnbarkeit des Gewebes 
in der Gegend des inneren Muttermundes eine abnorm große 
ist, so daß der Stift rasch eine Kegelform mit nach unten ge¬ 
richteter Spitze annimmt. In diesen Fällen ist die Verwendung 


des Laminariastiftes fehlerhaft. Da ist eben das Hegar sehe 
Dilatatorium oder der Gebrauch von Jodoformgaze (S e h auta) 
angezeigt. Beim nicht graviden Uterus ist ein Emporgleiten des 
Laminariastiftes so gut wie ausgeschlossen. Es erübrigt also 
nur noch, die Schwierigkeit bei der Extraktion zu beheben. Zur 
Vermeidung dieses Nachteiles sind mehrfache Vorschläge ge¬ 
macht worden, die aber alle nicht befriedigen. Verfasser hat 
nun, um bei der Dilatation sehr enger und unnachgiebiger 
I Cervicalkanäle mit dem Laminariastift eine Einklemmung zu 
vermeiden, ein Verfahren angewendet, welches die intra-uterine 
Kegelquellung verhindert bezw. sehr vermindert und bedient 
sich dazu eines Materials, das billig ist und bei eventl. Abgleiten 
leicht entfernt werden kann, der Seide. Mit einem sterilen, 
mittelstarken Seidenfaden wird das uterine Stiftende im trocke¬ 
nen Zustand umwickelt, und zwar in einer Länge von '/■>—% cm. 
Der Faden wird über diese Touren geknüpft, jedoch nicht ab¬ 
geschnitten, sondern das.freie Ende an der bei jedem Stifte 
durch ein Ohr geführten Fadenschlinge angeschlungen, damit, 
falls einmal das scheinbar unmögliche Abgleiten des Fadens 
eintreten sollte, der das Stiftende umkreisende Seidenfaden 
leicht entfernt werden kann, also nicht zurückbleibt. K r. 

Dr. Kownatzki (Straßburg i. E.): Adrenalin und Osteomalacie. 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 29.) 

B o s s i hat bei Osteomalacie vor einigen Jahren zuerst das 
Adrenalin angewendet. Er gab von der 0,1 proz. Adrenalin¬ 
lösung 0,5—1 ccm 1—2 mal täglich und erzielte glänzende Er¬ 
folge. Bei der Nachprüfung dieser Therapie durch andere 
Aerzte waren die Ergebnisse durchaus nicht einheitlich, nur 
wenige sahen ebenso günstige Erfolge wie B o s s i, manche 
sahen sogar direkt Schaden von der Adrenalintherapie. Verf. 
selbst ist in der Lage über einen F’all zu berichten, in welchem 
er einen glänzenden Erfolg mit der Adrenalintherapie erzielte. 
Es handelte sich um eine 21 jährige Frau, welche im vierten 
Monat ihrer Gravidität an Osteomalacie erkrankte, die rasch 
einen progressiven Charakter annahm. Nachdem zuerst Phos¬ 
phorlebertran ohne Erfolg angewendet worden war, entschloß 
Verfasser sich dazu, die Adrenalinbehandlung zu versuchen. 
Er fing mit der Dosis 0,25 ccm pro die der 0,1 proz. Lösung an 
und stieg in einigen Tagen auf 0,5 ccm pro die (in subkutaner 
Injektion). Daneben wurde Phosphorlebertran weiter, später 
auch Nukleogen gegeben. In einigen Wochen wurde Heilung 
erzielt, so daß die Patientin wieder gehfähig wurde. Sie gebar 
am normalen Ende der Schwangerschaft ohne Kunsthilfe ein 
kräftiges Kind und ist auch jetzt noch gesund und kräftig, so 
daß sie ihr Kind selbst stillen kann. 

Prof. Krönig und Privatdozent Dr. Gauss (Freiburg i. B.): Wie 
weit wird durch die Röntgenbehandlung unsere operative 
Therapie bei Uterusblutungen und Myomen beeinflußt? 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 29.) 

Die Verff. haben in den letzten vier Jahren bei Uterus¬ 
blutungen auf Grund von Myomen und solchen bei Metropathia 
haemorrhagica neben der operativen Therapie auch die Röntgen¬ 
bestrahlung angewendet. Auf Grund ihrer dabei gewonnenen 
Erfahrung sind sie der Ansicht, daß die Radiotherapie die In¬ 
dikationsstellung zu operativen Eingriffen bei Myomen und 
hämorrhagischen Metropathien bestimmt einschränken wird. 
Alle diejenigen Fälle, bei denen die Radikaloperation auch 
heute noch eine gewisse Lebensgefahr für die Patienten in sich 
schließt, wie starke Entblutung, Myodegeneratio cordis, starke 
Adipositas, Katarrhe der Bronchien, wird man in Zukunft der 
Röntgenbehandlung unterwerfen müssen. Bei kräftigen Indi¬ 
viduen wird die operative Behandlung im allgemeinen auch 
heute noch das Verfahren der Wahl sein, weil sie bei solchen 
sehr lebenssicher ist und weil die Nachwirkungen bei Zurück¬ 
lassung der Ovarien entschieden geringer sind als bei einer 
durch Röntgenbestrahlungen erreichten Amenorrhoe. Unter 
diesen Bedingungen wird die Operation dann um so mehr indi¬ 
ziert erscheinen, wenn es sich um sozial weniger gut gestellte 
Individuen handelt, denen es auf eine möglichst schnelle 
Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit ankommt. Die 
Röntgenbehandlung nimmt mehr Zeit in Anspruch und macht 
auch nicht geringe Kosten, da der Röhrenverbrauch nicht un¬ 
beträchtlich ist, daher wird sie vorläufig hauptsächlich auf besser 
situierte Frauen sich beschränken müssen. Der Röhrenver¬ 
brauch wird sich möglicherweise durch Verbesserung des In¬ 
strumentariums vermindern lassen. R. L. 


II. Therapeutische Notizen. 

Mit dem Namen Mucusan wird ein neues Antigonor- 
r hoi cum bezeichnet, das Dr. Britz (Berlin) in die Therapie 
eingeführt hat. (Fortschritte der Medizin, 1910, No. 27.) Es ist 
das von Dr. F o e 1 s i n g dargestellte ZinksalzderOrtho- 
o x y 1) e n z o ('■ S ä u r e , das in Form von Tabletten in den 
Handel kommt. Die örtliche Behandlung mit diesem Mittel 






No. 36, 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


559 


wird folgendermaßen ausgeführt: Ist nur die vordere Harn- i 
röhre erkrankt, so genügt eine dreistündliche Behandlung mit 
Mucusanlösung, welche man warm (1 Tablette auf 
100 Wasser) einspritzt und jedesmal 5 Minuten lang in der ! 
Harnröhre beläßt. Noch wirksamer und bei gleichzeitiger Er- j; 
krankung der hinteren Harnröhre sogar unbedingt nötig ist die 
Irrigation (nach J a n e t) der ganzen Urethra mit 300 bis | 
400 ccm Mucusanlösung (4, Tabletten auf 1 Liter warmen I 
Wassers). Letztere Prozedur wird, wenn angängig, täglich zwei- j 
mal vorgenommen, morgens und abends; es gelingt auf diese j 
Weise im allgemeinen, das entzündliche Sekret in 14 Tagen j 
gonokokkenfrei zu machen. Anstatt des Irrigators bedient man j 
sich bei diesen Durchspülungen zweckmäßig einer großen 
(100 ccm fassenden) Spritze, die man also mehrmals anzusetzen 
hat; man kann so leichter den Widerstand des Sphinkters über¬ 
winden. Bei sehr empfindlichen Patienten, speziell bei erst¬ 
maliger Gonorrhoe, injiziere man vor der Irrigation 2 proz. I 
Eukainlösung und lasse sie 5 Minuten auf die Schleimhaut j 
wirken. Nach mehreren Tagen ist diese Vorbereitung der 
Prozedur meist nicht mehr nötig. Verfasser belegt seine Mit¬ 
teilung durch einige Krankengeschichten. T. 


III. Bücherschau. 

Die Erkrankungen der Flexura sigmoidea. Von Prof. Dr. 
Th. Rosenheim (Berlin). Sammlung zwangloser Abhand¬ 
lungen aus dem Gebiete der Verdauungs- und Stoffwechsel- 
Krankheiten, II. Band, Heft 6. Halle a. S. 1910, Carl 
M a r h o 1 d, Verlagsbuchhandlung. 78 S. 1,80 M. 

Die genauere Erforschung der Erkrankungen der Flexura 
sigmoidea gehört erst den letzteren Jahren an. Die Verbesse¬ 
rung der allgemeinen diagnostischen Hilfsmittel, die Konstruk¬ 
tion spezieller endoskopischer Apparate zur Untersuchung der 
untersten Darmabschnitte haben dazu beigetragen, in dieses 
bisher ziemlich wenig beachtete Gebiet etwas mehr Licht zu 
bringen. Der Verfasser der vorliegenden Monographie hat das 
Verdienst, an der Erschließung dieser Terra incognita in her¬ 
vorragendem Maße mitgewirkt zu haben und unternimmt es 
hier wesentlich für den Allgemeinpraktiker einen zusammen¬ 
fassenden Ueberblick über den gegenwärtigen Stand unserer 
Kenntnisse auf diesem kleinen Teilgebiet der Magen-Darm- 
krankheiten zu geben. Die hauptsächlich hier in Betracht kom¬ 
menden Affektionen sind: erstens die entzündlichen Prozesse 
an der Flexura sigmoidea: Sigmoiditis (Perisigmoiditis) acuta 
und Sigmoiditis (Perisigmoiditis) chronica mit den Unterabtei¬ 
lungen Sigmoiditis simplex, gravis, membranacea, zweitens der 
Krebs der Flexura sigmoidea; ferner die gutartigen Ge¬ 
schwülste (Polypen) und die infektiösen geschwürigen Pro¬ 
zesse (Dysenterie, Lues, Tuberkulose); endlich funktionelle 
nervöse Störungen im Gebiet der Flexura sigmoidea: Colica 
mucosa, Kolospasmus, Hypersekretion, chronische Kotlaufhem¬ 
mung, atonische Dilatation. Zum Schluß sind als seltene Affek¬ 
tionen die H i r s c h s p r ung sehe Krankheit und der Vol- 
vulus der Flexura sigmoidea behandelt. Verf. bespricht diese 
verschiedenen Erkrankungstypen in lichtvoller Darstellung mit 
besonderer Hervorhebung der praktisch wichtigeren Krank¬ 
heitsbilder, die er auch durch einzelne Krankengeschichten 
erläutert, und unter eingehender Berücksichtigung der Diffe¬ 
rentialdiagnose und der Therapie. Die Monographie sei allen 
Kollegen, die sich über das Gebiet orientieren wollen, bestens 
empfohlen. R. L- 

Ernährung mul Pflege des Kindes mit besonderer Berücksichti¬ 
gung des ersten Lebensjahres. Von Medizinalrat Dr. Franz 
C. R. Eschle (Sinsheim a. E.). 5. vollst. umgearbeitete und 
vermehrte Auflage. Leipzig i909, Verlag von B e n n o Ko¬ 
ne g e n. Preis 2,50 M. 

Neu hinzugefügt sind in der vorliegenden Auflage ein 
Kapitel ,.Der Onkel Doktor“, in dem sich der Verfasser gegen 
das Spezialistentum wendet, ferner ein Abschnitt über die see¬ 
lische Entwicklung und die erste Erziehung des Kin,des. Ein 
ausführliches Register erleichtert ein rasches Nachschlagen. 
Mit dem Inhalt des Buches kann man sich bis auf Einzelheiten 
einverstanden erklären. Hierzu rechnet Ref. u. a.: das Stillen 
nachts, ferner die Angabe, daß es nur auf dem Wege des Steri- 
lisierens mit dem Soxhlet-Apparat gelinge, die Milch voll¬ 
ständig keimfrei zu machen (!) 

Unser Sorgenkind, seine Pflege und Erziehung. Von Gustav 
Major, Direktor des medizinisch-pädagogischen Kinderheims 
Sonnenblick Zirndorf bei Nürnberg. Leipzig 1910, Verlag 
OttoNemnisch. Preis geb. 8 Mk. 

In den letzten Jahren haben die Forschungen auf dem 
Gebiete der kindlichen Psychopathologie sich ungemein aus¬ 
gedehnt. Wir haben mancherlei Ursachen der geistigen Stö¬ 
rungen kennen gelernt,und damit gingen unsere therapeutischen 
Bestrebungen Hand in Hand. Zahlreiche Anstalten sind ge¬ 


gründet worden, um den Sorgenkindern zu helfen. Verfasser, 
der erfolgreiche Leiter einer Erziehungsanstalt für geistig 
anormale Kinder, erstrebt in dem vorliegenden Buche durch 
möglichst genaue und durchsichtige Analyse und Besprechung 
vieler Fälle die Eltern und, Erzieher in den Stand zu setzen,' die 
abnormen Erscheinungen im kindlichen Seelenleben zu er¬ 
kennen und die Kinder richtiger, sachgemäßer und dadurch er¬ 
folgversprechender zu behandeln. Diesen Zweck erfüllt das 
Buch. Es sei neben Pädagogen und Eltern auch den Kollegen 
empfohlen, die manchen interessanten Fall in der Kasuistik 
finden werden. 

Die Mutter- und Säuglingsfürsorge. Kurzgefaßtes Handbuch. 
Von Dr. Gust. Tugendreich, leitendem Arzt der städtischen 
Säuglingsfürsorgestelle V in Berlin. Mit Beiträgen von 
Amtsgerichtsrat J. F. Landsberg in Lennep und Dr. 
med. W. .Weinberg in Stuttgart. Mit 2 Tafeln, 13 Text¬ 
abbildungen und zahlreichen Tabellen. Stuttgart 1910, Ver¬ 
lag von Ferdinand Enke. Geh. 12 Mk., in Lehrwand 
geb. 13,40 Mk. 

Der jetzt vorliegende zweite Teil der II. Hälfte enthält zu¬ 
nächst das Kapitel der offenen, allgemeinen Säuglingsfürsorge, 
m welchem eingehend die Tätigkeit der Mütterberatungsstellen 
au dem Paradigma der dem Verf. unterstehenden Stelle dar¬ 
gestellt ist. Betreffs der Stillprämien ergibt sich, daß sie viel¬ 
leicht ein Lockmittel zum Stillen sind und eigentlich nur 
eine Bezahlung für den Besuch der Beratungsstellen darstellen. 
Der nächste Abschnitt bringt die sehr wichtige „Versorgung der 
Säuglinge mit Kuhmilch“, in welcher Frage der Verfasser einen 
Standpunkt einnimmt, der soweitI Produzenten wie Konsu¬ 
menten gerecht wird und sich von Utopien fernhält, wie mail 
sie leider in den letzten Jahren wiederholt lesen mußte. Die 
weiteren Kapitel umfassen: die anstaltliche Mutterfürsorge, die 
Fürsorge für Kinder, deren Mütter tagsüber außerhäuslich er¬ 
werbstätig sind und die anstaltliche Versorgung kranker Säug¬ 
linge (Asyle, Spitäler etc.), weiter die Fürsorge für besonders 
gefährdete Säuglinge, Ziehkinder-, Ammenwesen. Der Schlu߬ 
abschnitt erläutert die sehr wünschenswerten Zentralisations¬ 
bestrebungen. — Mit dem vorliegenden Heft ist das Handbuch 
vollständig geworden. Es muß wiederholt anerkannt werden, 
daß der Verfasser mit großem Fleiß und Sachkunde das so sehr 
umfangreiche Material zusammengetragen und verarbeitet hat. 
So ist das Buch im Augenblick ein guter Führer und Wegweiser 
für alle Fragen, die die Fürsorge für Mutter und Kind an- 
gehen und verdient die volle Beachtung derjenigen, die der 
Fürsorge wärmeres Interesse entgegenbringen. H. 


IV. Vermischtes. 

Ueber die Bekämpfung der Tuberkulose in Dänemark wird 
in der „Tuberculosis“, 1910, No. 6, berichtet. Der Kampf gegen 
die Tuberkulose wird dort sehr energisch betrieben. Auf 1244 
Einwohner kommt ein Heilstättenbett. Von den Behandlungs¬ 
kosten zahlt der Staat %, der Kranke selbst oder meistens die 
Kommune ';. Aus öffentlichen Aemtern werden die Tuber¬ 
kulösen entfernt und erhalten -j 3 , oder bei Arbeitsunfähigkeit 
% ihres Einkommens als Pension. Die Untersuchung des Aus¬ 
wurfs geschieht auf Kosten des Staates. Erhebliche Geldmittel 
werden durch Verkauf von Wohltätigkeitsmarken und Herbst¬ 
blumen aufgebracht. Die Tuberkulose in den Ställen ist durch 
Fütterung der Kälber und Schweine mit pasteurisierter Milch 
sehr zurückgegangen. Mühlschlegel. 


V. Tagesgeschichte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Die Versicherungskasse für die Aerzte 
Deutschlands a. S. zu Berlin hat soeben ihren Jahres- 
'bericht erscheinen lassen. Danach ist das Geschäftsjahr 
1909 hinsichtlich des Verlaufes der Schaden fälle 
in der Invalidenkasse erheblich günstiger gewesen, 
wohingegen die Krankenkasse eine noch stärkere 
Inanspruchnahme wie bisher zeigte. Es wurden hei 
einer Gesamtprämieneinnahme von 394 735,85 M. (54535 M. 
mehr als im Vorjahre) insgesamt 130 351,55 M. ausgezahlt. Der 
Ueberschuß betrug 82 799,54 M. (im Vorjahre 29 634.60 M.), 
so daß eine Dividende von 22 pCt. (im Vorjahre 1 pCt.) ver¬ 
teilt werden kann. Der Zinsertrag des Vermögens betrug 
87 945,57 M. (im Vorjahre 76939,70 M.). (Die Dr. E. Sylvia 
Müller- Stiftung wird z. Zt. noch nicht von der Kasse ver¬ 
waltet.) Der Kasse gehörten am 31. Dezember 1909: 
2060 Aerzte an, davon 308 durch Vereinsversicherung. Ins¬ 
besondere ist das Interesse an letzterer (obligatorische Sterbe¬ 
kassenversicherung der gesamtenMitglieder eines Vereins, einer 
Gesellschaft und dergl.) in erfreulichem Wachstum begriffen. 
Dem Grundfonds flössen im vergangenen'Jahre u. a. 1000 M. 




■ 




560 


No. 36. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


von der Berlin-Brande li burgischen Aerzte- 
k a m ui e r als Beitrag für deren stiftende Mitgliedschaft zu. — 
Durch den Aushilfefonds wurden satzungsmäßig mit ins¬ 
gesamt 2049,20 M. 12 Mitglieder mit Kurbeihilfen, Prämienüber- 
nahme etc. und bedürftige Hinterbliebene früherer Mitglieder 
unterstützt. 

— Ueber die Zahl der amtlich gemeldeten nichtappro- 
liierten Krankenbchandler einschließlich der Zahntech- 
n i k e r in Preußen gibt der vor kurzem erschienene Bericht 
über ..das Gesundheitswesen des Preußischen Staates im Jahre 
1909“ Auskunft. Die Zahl dieser Krankenbehandler betrug im 
Jahre 1908 7549. Seit dem Jahre 1902, wo sie 4104 betrug, ist 
ihre Zahl stetig gewachsen; von 1907 zu 1908 hatte sie um 
676 zugenomemn. ln 26 Regierungsbezirken war eine Ver¬ 
mehrung, in 9 eine Verminderung der nichtapprobierten Heil¬ 
beflissenen zu konstatieren. Ihre Zahl war in den sechs öst¬ 
lichen Provinzen etwas größer als in den sechs westlichen 
(3991 gegen 3558). Berechnet man das Verhältnis der Kranken- 
behaudler zu den approbierten Aerzten und Zahnärzten, so 
findet man für den ganzen Staat den Wert 36,29 pCt.; berechnet 
man es für die einzelnen Provinzen, so ergeben sich große 
Schwankungen, zwischen 19 pCt. (Hessen-Nassau) und 
61 pCt. (Posen). Die einzelnen Regierungsbezirke weisen in 
dieser Hinsicht noch größere Differenzen auf; als äußerste 
Grenzen ergeben sich hier 9 pCt. (Marienwerde r) und 
85 pCt. (Liegnitz). — Die schwersten Bestrafungen unter 
den zahlreichen gerichtlichen Ahndungen, die sich die Kranken- 
behandler in dem Berichtsjahre zuzogen, erlitten zwei Kur¬ 
pfuscher, die wegen Fruchtabtreibung zu 5 bezw. 6 Jahren 
Zuchthaus verurteilt wurden. — Eine bisher nicht be¬ 
kannte Art von Kurpfuscherei wird nach dem Be¬ 
richte des Kreisarztes von Landeshut (Reg. Liegnitz) 
mitgeteilt. Eine Frau machte dort öffentlich bekannt, "daß sie 
das von der verstorbenen Frau T. geübte „Sennen“ wieder auf¬ 
nehme. Das „Sennen“ (verderbt aus „saigner“) wurde von 
jener Frau im Mai jeden Jahres in der Weise ausgeführt, daß 
sie mit einer nicht sterilisierten Lanzette Säuglingen und Er¬ 
wachsenen an Armen und Beinen unter gewissen Beschwörungs¬ 
formeln leichte Schritte beibrachte. Die so von ihr Behandel¬ 
ten sollten für ein Jahr gegen alle Krankheiten geschützt sein. 
Die Frau hatte natürlich stets großen Zulauf. 

München. Im Sanitätsoffizierskorps der bayerischen 
Armee sind, wie die „Münch, med. Wochenschrift“ mitteilt, z. Z. 
über 40 Stellen zu besetzen, so daß die Beförderungsaussichten 
für junge Aerzte, die sich dem militärärztlichen Berufe widmen, 
gegenwärtig besonders günstig sind. Auch wird diesen bei 
Eignung zum Sanitätsoffizier vom 1. September laufenden Jah¬ 
res ab statt der bisherigen Studienkostenentschädigung von 
300 M. eine solche von 500 M. für jedes Jahr einer 3—5 jährigen 
Dienstverpflichtung außer dem Kapitulationsjahr gewährt. — ln 
Bayern scheint somit jetzt dieselbe Kalamität zu bestehen, die 
wir seit Jahren in Preußen als eine ständige Erscheinung beob¬ 
achten können. Gelegentliche Erörterung im Abgeordneten¬ 
bause vermochte nicht viel daran zu ändern. Bei den schlechten 
Aussichten, die der Beruf des Zivilarztes heute bietet, dürften 
die Gründe des von der „Münch, med. Wochenschrift“ beklagten 
Mißstandes schwerlich in der geringen Anziehungskraft der 
militärärztlichen Laufbahn liegen. Vielleicht unterziehen sich 
die betreffenden Heeresverwaltungen einmal der Mühe, den 
wirklichen Ursachen des Mangels an Sanitätsoffizieren etwas 
nachzugehen; es würde ihnen dann sicher nicht schwer fallen, 
binnen kurzem wirksame Abhilfe zu schaffen. 

Universitätswesen, Personalnachrichten. 

B e r 1 i n. Von der preußischen Akademie der Wissen¬ 
schaften sind zu korrespondierenden Mitgliedern gewählt wor¬ 
den der ordentliche Professor der Patholgie in Leipzig Ge¬ 
heimer Medizinalrat Prof. Dr. FelixMarchand, der ordent¬ 
liche Professor der Anatomie in Göttingen Geheimer Medizinal¬ 
rat Dr. Friedrich Merkel, der ordentliche Professor der 
Anatomie in Straßburg Dr. Gustav Schwalbe und der 
ordentliche Professor der Pharmakologie in Straßburg Dr. 
Oskar Schmiedeberg. 

H a 1 1 e a. S. Am 20. August d. J. ist hierselbst Geh. Medi¬ 
zinalrat Prof. Dr. Hermann Schwartze, der langjährige 
Inhaber des Lehrstuhls für Ohrenheilkunde, gestorben, nach¬ 
dem er erst vor wenigen Wochen in den Ruhestand getreten 
war. 1837 als Sohn eines Landwirtes geboren, machte er seine 
medizinischen Studien in Würzburg und Wien. 1859 promo¬ 
viert und 1860 als Arzt approbiert, war er zunächst zwei Jahre 
Assistent am pathologisch-anatomischen Institut in Würzburg 
unter August Foerster. Darauf ließ er sich in Halle a. S. 
als Arzt nieder und begann sich sofort im Anschluß an die 
Arbeiten der Engländer Toynbee und Wilde mit dem 
Studium der Ohrenkrankheiten zu beschäftigen. 1863 habili¬ 
tierte er sich als Privatdozent für dieses Fach an der Universität 
in Halle und rief alsbald eine private Ohrenklinik ins Leben, 
aus der 1884 die Universitäts-Ohrenklinik hervorgegangeu ist. 
1869 erhielt Schvyartze als erster Ohrenarzt in Deutschland 


das Extraordinariat. 1887 Geh. Medizinalrat, wurde er 1896 zum 
ordentlichen Honorarprofessor und endlich J903 als erster Dozent 
der Otologie in Preußen zum ordentlichen Professor ernannt. 
Schwa rtze gehört zu den Begründern der modernen Ohren¬ 
heilkunde ; er hat sich besonders um die Ausbildung der opera¬ 
tiven Otologie große Verdienste erworben. Von Schwartzes 
wissenschaftlichen Veröffentlichungen seien hier aufgeführt: 
Praktische Beiträge zur Ohrenheilkunde (Würzburg 1864); 
Paracentese des Trommelfells (1868); Pathologische Anatomie 
des Ohres (1877 in Klebs Handbuch der pathologischen Ana¬ 
tomie) ; Lehrbuch der chirurgischen Krankheiten des Ohres 
(1884—1885 als Teil von Billroth-Lückes Deutscher 
Chirurgie); Handbuch der Ohrenheilkunde (2 Bände; 1892 und 
1893). Grundriß der Otologie (1905). Seit 1873 redigierte er 
das 1864 von ihm mit Troeltsch, Politzer begründete 
Archiv für Ohrenheilkunde. 

Breslau. Der Vorsteher der Breslauer königlichen 
Tollwutstation Privatdozent Prof. Dr. H e y m a n n ist 
in gleicher Eigenschaft an das hygienische Institut der Universi¬ 
tät Berlin berufen worden. 

Kiel. Der Marinegeneraloberarzt Prof. Dr. med. Rein- 
hold Rüge, Privatdozent für Geschichte und geographische 
Pathologie an der hiesigen Universität, ist mit der Wahr¬ 
nehmung der Geschäfte des Inspektionsarztes bei der Inspek¬ 
tion des Bildungswesens der Marine beauftragt worden. 

Münster. Der bisherige Assistent und Prosektor am 
Anatomischen Institut und Museum der hiesigen Universität 
Privatdozent Dr. J. Brod’ersen ist zum Abteilungsvorsteher 
ernannt worden. 

Dresden. Am 27. August starb hierselbst der lang¬ 
jährige frühere Professor der Kinderheilkunde der Berliner 
Universität Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Eduard Henoch, 
nachdem er noch vor wenigen Wochen anläßlich der Vollendung 
seines 90. Lebensjahres Gegenstand vielfacher Ehrungen ge¬ 
wesen war. Wir verweisen deshalb heute auf die damals ge¬ 
brachten biographischen Notizen (Allg. Med. Central-Ztg., 1910, 
No. 30, S. 419). 

— Der Frauenarzt Sanitätsrat Dr. Meinert, ein bekann¬ 
ter und verdienter Vorkämpfer der antialkoholistischen Be¬ 
wegung, ist im Alter von 63 Jahren gestorben. 

Erlangen. Bei der hiesigen medizinischen Fakultät ist 
ein Extraordinariat für Pharmakologie errichtet worden, das 
dem bisherigen Titularextraordinarius Privatdozent Prof. Dr. 
Robert Heinz übertragen wurde. 

Münche n. Bei der hiesigen medizinischen Fakultät sind 
zwei neue etatsmäßige Extraordinariate errichtet worden, näm¬ 
lich ein solches für Dermatologie und venerische Krankheiten, 
das dem bisherigen Titularextraordinarius Privatdozent Prof. 
Dr. Karl K o p p , und ein solches für chirurgische Erkrankun¬ 
gen des Kindesalters, das dem bisherigen Titularextraordina¬ 
rius, Privatdozent Prof. Wilhelm Herzog übertragen 
wurde. 

Freiburg. Der Privatdozent der Gynäkologie Dr. 
K. Hegar ist zum außerordentlichen (Titular)-Professor er¬ 
nannt worden. 

Straßburg. Der emeritierte Professor der pathologi¬ 
schen Anatomie an der hiesigen Universität Friedrich 
Daniel v. Recklinghausen ist im 77. Lebensjahre ge¬ 
storben. 1833 in Gütersloh geboren, studierte er von 1852 bis 
1855 in Bonn, Würzburg und Berlin Medizin, promovierte 1855 
und legte 1856 die ärztliche Staatsprüfung ab. Er arbeitete 
darauf mehrere Semester bei dem soeben nach Berlin zurück¬ 
berufenen Rudolf Virchow, vervollständigte seine wissen¬ 
schaftliche Ausbildung noch durch eine Studienreise nach Wien, 
Rom und Paris, wurde nach seiner Rückkehr Assistent bei 
Virchow und verblieb in dieser Stellung bis 1864, in wel¬ 
chem Jahre er als ordentlicher Professor der pathologischen 
Anatomie nach Königsberg berufen wurde. Schon das nächste 
Jahr sah ihn in gleicher Stellung in Würzburg, wo er sieben 
Jahre blieb, um dann an die reorganisierte Straßburger Hoch¬ 
schule überzusiedeln. Dort hat er bis zu seiner 1906 erfolgten 
Emeritierung mit großem Erfolg seines Lehramtes gewaltet, 
v. Ree kl inghausen hat sich durch mehrere grundlegende 
Entdeckungen einen dauernden Namen in der Geschichte seiner 
Wissenschaft gesichert. Er stellte zuerst das Wanderungsver¬ 
mögen der Leukocyten im Gewebe fest, wies ihre Identität mit 
den Eiterzellen nach, erforschte ihre Beteiligung an den Ent¬ 
zündungsvorgängen näher, beschrieb zuerst die Pliagocytose 
usw. Es gelang ihm ferner, das Verhältnis der Lymphgefäße 
zum Bindegewebe klarzulegen und die Existenz der Stomata 
im Bauchfell nachzuweisen. Seine Hauptschriften sind: Die 
Lymphgefäße und ihre Beziehung zum Bindegewebe (Berlin 
1861). Mikrophotographien nach pathologisch-anatomischen 
Präparaten (mit P. Meyer, Straßburg 1878); über die mul¬ 
tiplen Fibrome der Haut und ihre Beziehung zu den multiplen 
Neuromen (Berlin 1882); Handbuch der allgemeinen Pathologie 
des Kreislaufs und der Ernährung (als Teil der Billroth- 
Lu eck eschen Deutschen Chirurgie. Stuttgart 1883); Unter¬ 
suchungen über die Spina bifida (Berlin 1886). 



5GI. 


No. 36. THERAPEUTISCHE 


Wien. Der hiesigen Bureaukratie ist ein kleines Mi߬ 
geschick passiert, wie es ähnlich vor einigen Jahren auch in 
Preußen einmal vorkam. Unter den aus Anlaß des 
80. Geburtstages des Kaisers dekorierten Aerzten befindet sich 
nämlich der Name des bereits im Januar 1909 verstorbenen 
Chefarztes Dr. AdolfLostorfer (cf. Allg. Med. Central-Ztg., 
1909, S. 43). 

Basel. Zum Nachfolger des nach Heidelberg gehenden 
Prof. Dr. Wilms ist Prof. Dr. Fritz de Quervain in 
La Chaux-de-Fonds berufen worden. 

Zürich. Professor Payr (Greifswald) hat die Berufung 
als Nachfolger des Chirurgen Krönlein abgelehnt. 

Genf. Der Präsident des Internationalen Komitees vom 
Roten Kreuz Gustav Moynie r ist im Alter von 
84 Jahren gestorben. Seit der durch die Genfer Konvention 
1864 erfolgten Gründung des internationalen Komitees vom 
Roten Kreuz führte er dessen Vorsitz. 


Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Berlin. Die „Freie Vereinigung der Deutschen medizi¬ 
nischen Fachpresse“ hält am 17. September d. J. im Sitzungs¬ 
saale der Medizinalabteilung des königlichen Kultusministe¬ 
riums ihre Generalversammlung ab. Folgende Refe¬ 
rate stehen auf der Tagesordnung: 1. Reformen im medizini¬ 
schen Publikationswesen (Referent Prof. Dr. C. Oppen¬ 
heimer, Korreferent Prof. Dr. P o s n e r). 2. Die Zulässigkeit 
der Abgabe von Sonderdrucken zu Propagandazwecken (Refe¬ 
rent Prof. Dr. R. L e n n h o f f). 3. Bericht der Kommission zur 
Bearbeitung der Autoren- und Zeitschriftenliste (Referent Prof. 
Dr. J. Schwalbe). 4. Eine einheitliche Zitiermethode in 
medizinischen Publikationen (Referent Sanitätsrat Dr. 
H. Jo a c h i m). 

— Gleichzeitig mit dem Internationalen Kongreß 
zur Fürsorge für. Geisteskranke wird am 4. und 7. Oktober in 
der Psychiatrischen Klinik hierselbst" die Internationale Liga 
zur Bekämpfung der Epilepsie tagen. 

Augsburg. Der 7. Deutsche Abstinententag findet vom 
29. September bis 3. Oktober in Augsburg statt. 

München. Der 7. Deutsche Samaritertag wird vom 7. 
bis 9. Oktober d. J. in München abgehalten werden. Tages¬ 
ordnung: Ueber die Behandlung der kleinen Verletzun¬ 
gen (Ref. Prof. Dr. A. Schmitt [München]), Rettungs- 
dienst in Bergwerken (Ref. Bergwerksdirektor Meyer 
|Herne]), Rettungsdienst im Gebirge (Ref. Dr. Ühl 
[München]), Automobil-Krankentransport in den Städten (Ref. 
Dr. Tempel [München]), die Entwicklung des modernen 
Rettungswesens (Ref. Prof. Dr. Wörner [Leipzig]): 

Paris. Das Programm der vom 1.—5. Oktober in Paris 
statlfindenden II. Internationalen Krebskonferenz ist jetzt ver¬ 
sandt worden. Die Konferenz steht unter dem Protektorat des 
Präsidenten der französischen Republik. Vorsitzender ist 
Czerny (Heidelberg). Zur Teilnahme berechtigt sind die 
ordentlichen Mitglieder der Landeskomitees, welche der Inter¬ 
nationalen Assoziation für Krebsforschung angegliedert sind, 
gegen einen Beitrag von 25 Frs. Nichtmitglieder können zu¬ 
gelassen werden mit Zustimmung des zuständigen Landes¬ 
komitees (für Deutschland: Prof. Dr. George Meyer, 
Berlin W., Bendlerstr. 13). Der Mitgliedsbeitrag ist an den 
Schatzmeister der Französischen Vereinigung, Dr. H.deRoth- 
s c h i 1 d, 6, Rue St.-Philippe-du-Roule, Paris VIII, einzuzahlen. 
Jedes ordentliche Mitglied der Konferenz erhält ein Exemplar 
der gedruckten Verhandlungen der Konferenz. Die offiziellen 
Kongreßsprachen sind Französisch, Deutsch und Englisch. Die 
Verhandlungen finden in 6 Abteilungen statt. Es sollen haupt¬ 
sächlich die seit dem Jahre 1906 erreichten Fortschritte auf 
dem Gebiete der Krebsforschung berücksichtigt werden, um ein 
Bild von dem gegenwärtigen Stand der einschlägigen Fragen zu 
geben. Neben den auf Grund der Referate zu besprechenden 
Themen sollen weitere Vorträge nicht zugelassen werden. 

Petersburg. Das hiesige Organisationskomitee des 
bevorstehenden internationalen Gynäkologen-Kongresses ist 
wegen der Cholera um das Zustandekommen des Kongresses 
besorgt und bemüht sich daher eifrig, die Cholerafurcht als un¬ 
begründet hinzustellen. Wir hoffen, daß ihm das nicht gelingen 
wird, denn es wäre durchaus kein Unglück, wenn der Welt das 
Schauspiel erspart bliebe, die Hauptstadt Rußlands als Ort einer 
internationalen Kulturveranstaltung zu sehen. Angeblich sind 
jetzt auch Unterhandlungen im Gange, um jüdischen Gynä¬ 
kologen die Teilnahme am Kongreß zu ermöglichen. Wozu 
die Bemühungen? Glaubt denn jemand, daß ein sich selbst 
achtender jüdischer Arzt unter den gegenwärtigen Verhält¬ 
nissen ohne zwingende familiäre oder berufliche Verpflichtung 
einen Fuß nach Rußland setzt? 


Gerichtliches. 

Berlin. Die Frage nach der Verpflichtung der 
Krankenkassen, in sogenannten dringenden Fällen für die 
Honorierung eines zugezogenen Nichtkassenarztes auf¬ 


RUNDSCHAU 1910. 

zukommen, hat schon oft zu Zivilprozessen Veranlassung ge¬ 
geben. Einen Fall dieser Art hat vor kurzem die „Berl. 
Aerzte-Korrespondenz“, 1910, No. 33, veröffentlicht. Der sprin¬ 
gende Punkt war dabei, da über die Dringlichkeit des Falles 
zwischen den streitenden Parteien eine Meinungsverschieden¬ 
heit nicht bestand, der, in welchem Umfange die verklagte 
Kasse an der Honorierung des Fremdarztes teilzunehmen hätte. 
Die preußische Gebührenordnung für approbierte Aerzte vom 
15. Mai 1896 zeigt in dieser Hinsicht eine gewisse Unklarheit. 
Sie schreibt nämlich zwar die niedrigsten Sätze der Gebühren¬ 
ordnung für den Fall vor, daß die Zahlung aus den Mitteln 
einer Arbeiterkrankenkasse zu leisten ist, unterläßt aber eine 
Festsetzung darüber, ob die Kasse auch jedesmal Auftrag¬ 
geberin des zu honorierenden Arztes gewesen sein muß. Ferner 
gibt sie keine nähere Umschreibung des Begriffs „Arbeiter¬ 
krankenkassen“, so daß z. B. ein Zweifel darüber besteht, ob 
auch kaufmännische Hilfskassen mit versicherungspflichtigen 
Mitgliedern bei der Anwendung der Gebührenordnung als 
Arbeiterkrankenkassen zu behandeln sind, ln der Tat haben 
die Gerichte mehrfach, so auch in dem vorliegenden Fall, 
den zugezogenen Nichtkassenärzten ein die Mindestsätze der 
Taxe übersteigendes Honorar zugesprochen. Es handelte sich 
um eine verheiratete Frau, die der Krankenkasse des kauf¬ 
männischen Verbandes für weibliche Angestellte, eingetragene 
Hilfskasse, als Mitglied angehörte. Bei ihrer letzten Entbindung 
sah sich der behandelnde Arzt, ein Nichtkassenarzt, der als 
Hausarzt in der Familie der Klägerin fungierte, gezwungen, 
einen Professor zuzuziehen, da ein operativer Eingriff nötig 
wurde. Der Professor beendete mit Hilfe eines Assistenten, 
den er zur Narkose telephonisch herbeigerufen hatte, die Ent¬ 
bindung durch zweimalige Anlegung der Zange unter gleich¬ 
zeitiger Inzision in die Weichteile. Unmittelbar darauf suchte 
der Ehemann der Entbundenen den zuständigen Kassenarzt auf 
und ließ sich von diesem die Notwendigkeit der fremdärztlichen 
Hilfeleistung bescheinigen. Der Professor liquidierte als Hono¬ 
rar für sich und seinen Assistenten 350 M.; als die Kranken¬ 
kasse zur Begleichung dieser Liquidation aufgefordert wurde, 
wendete sie ein, sie hätte nach der Gebührenordnung nur die 
Minimalsätze zu zahlen, was im vorliegenden Falle 30 M. er¬ 
gäbe. Daraufhin verklagte die Entbundene ihre Krankenkasse 
auf Uebernahme der gesamten Liquidation von 350 M. Bei der 
Verhandlung bot die verklagte Kasse 56 50 M., die sie jetzt als 
berechtigte Honorarforderung anerkannte; das Gericht ver¬ 
urteilte sie, sich mit 100 M. an der Honorierung des Professors 
zu beteiligen. Nach den Kraiikenkassenstatuten war die 
Krankenkasse verpflichtet, in dringenden Fällen die Kosten 
für die erste Behandlung durch einen fremden Arzt zu er¬ 
statten, vorausgesetzt, daß der Kassenarzt die Notwendigkeit 
und die Angemessenheit der Rechnung bescheinigt. Es handelte 
sich also im vorliegenden Falle ausschließlich um die Fest¬ 
stellung des „angemessenen“ Honorars. Der gerichtliche Sach¬ 
verständige stellte sich auf den Standpunkt, daß die Kasse 
als eine Arbeiterkrankenkasse anzusehen sei und daher die 
Mindestsätze der Gebührenordnung zur Anwendung zu kommen 
hätten; dieser seien alle Aerzte, auch die Professoren, 
unterworfen. Je nach der Vermögenslage des Zahlungspflich¬ 
tigen würde nach der Taxe in einem Falle wie in dem vorliegen¬ 
den das Honorar zwischen 56,50M. als Mindestsatz und 193M. als 
Höchstsatz schwanken. Da die Kasse auf die niedrigsten Sätze 
Anspruch habe, so sei 56,50 M. als angemessenes Honorar zu 
erachten. — Das Gericht (12. Zivilkammer des Landgerichts I 
zu Berlin) folgte den Ausführungen des Sachverständigen n u r 
teilweise, indem es annahm, daß nicht in Frage komme, 
welchen Betrag die verklagte Krankenkasse als Auftraggeberin 
zu zahlen hätte, sondern welches Honorar der Klägerin a u f 
Grund der Gebührenordn u n g nach ihren Vermögens¬ 
verhältnissen billiger Weise von dem zugezogenen Spezial¬ 
arzt abgefordert werden konnte; letzteres habe die Kranken¬ 
kasse nach ihrem Statut der Klägerin zu ersetzen. Nach den 
Einkommensverhällnissen der Klägerin setzte das Gericht das 
fragliche Honorar dann auf 100 M. fest. — Die Kosten wurden 
der klägerischen und der beklagten Partei im Verhältnis 2 :1 
verteilt, da die schließliche gerichtliche Entscheidung einen 
Nichterfolg der beiderseitigen Anträge darstellte. 

Hannover. Wegen unlauteren Wettbewerbs hatte sich 
kürzlich eine Frau vor dem hiesigen Landgericht zu verant¬ 
worten. Sie hatte u. a. in Inseraten Tropfen angeboten, von 
denen sie behauptete, daß sie bei Erkältungen und anderen 
Erkrankungen unfehlbar heilend wirkten. Das Gericht ver¬ 
urteilte sie zu 50 M. Geldstrafe. 

Cöln. Ueber einen eigenartigen Strafprozeß wegen fahr¬ 
lässiger Tötung gegen einen Arzt, der mit der Frei¬ 
sprechung des Angeschuldigten endigte, berichtete kürzlich 
die „Voss. Ztg.", allerdings in so lückenhafter Weise, daß eine 
kritische Würdigung des Falles vorerst nicht möglich erscheint. 
Es handelt sich um einen Kassenarzt, der durch Pinseln 
mit fünfprozentiger Höllensteinlösung den Tod 
eines Kindes herbeigeführt haben sollte. Es waren zehn Sach¬ 
verständige geladen, die vom Verteidiger und dem Angeklag- 




■Mi 



_THERAPEUTISCHE 

ten abgelehnt wurden. Der Angeklagte war nämlich einer der 
mi vorigen Jahre neu augestellten Kassenärzte. Die Sachver¬ 
ständigen waren zum größten Teil Mitglieder des Leipziger 
Verbandes, dessen Cölner Ortsgruppe Beschwerden gegen die 
Kassenärzte einsammelt. Von diesen Aerzten war nach Be¬ 
hauptung des Angeklagten die Mutter zur Erhebung der An¬ 
klage veranlaßt worden. Das Gericht stimmte indes nur der 
Ablehnung eines der Sachverständigen zu. Es sprach 
im Urteil aus, daß die angewandte Behandlungs¬ 
methode nicht richtig war, inan könne aber an die 
Leistungen eines Arztes mit gewöhnlicher Praxis nicht den¬ 
selben Maßstab anlegen, wie an die eines Spezialisten von 
höchster wissenschaftlicher Bildung und Erfahrung. In ande¬ 
ren Fällen der Art haben die Gerichte oft einen anderen Stand¬ 
punkt eingenommen, indem sie es als eine Berufspflicht des 
Arztes erklärten, sich wenigstens soweit in allen Zweigen der 
Medizin auf dem Laufenden zu erhalten, daß er in schwierigen 
Fällen die Grenze seines Könnens zu erkennen und für recht¬ 
zeitige Zuziehung eines geeigneten Spezialisten zu sorgen in 
der Lage ist. 

Verschiedenes. 

Berlin. Das große Ereignis der Saison, die Bekanntgabe 
von Ehrlich-Hatas neuem Syphilismittel, wird auch in den Tages¬ 
blättern des In- und Auslandes eifrig besprochen, wobei auch 
absprechende Urteile laut geworden sind. So hat kürzlich der 
bekannte Chirurg Dr. Doyen in Paris im „Matin" eine Be¬ 
sprechung über Ehrlichs Mittel gebracht, in der er dem 
deutschen Gelehrten Voreiligkeit und Unbesonnenheit vorwirft 
und gleichzeitig für sein eigenes Syphilismittel Reklame zu 
machen versucht. In entgegengesetztem Sinne hat sich Dr. 
Salmon vom Hospital du Midi im „Journal“ geäußert. Dr. 

S a 1 m o n hat das Mittel bisher bei 74 Syphilitikern angewen¬ 
det, seine Erfahrungen decken sich vollständig mit denen der 
deutschen Autoren. Dr. Salmon spottet über die Kollegen, 
die das Mittel noch ablehnen, weil man bisher die Syphilis ja 
auch recht gut hätte heilen können. Er fügt seinen anerkennen¬ 
den Mitteilungen noch äußere Gründe hinzu, die das Mittel als 
wertvoll erscheinen lassen: Zeitersparnis für den Kranken, 
Geldersparnis für die Armenverwaltungen, Arbeitsersparnis für 
den Arzt. Uebrigens suchte inzwischen auch der „Matin“ den 
schlechten Eindruck, den er durch die Veröffentlichung der An¬ 
griffe des Dr. Doyen hervorgerufen hat, wieder gut zu 
machen. Er veröffentlichte kürzlich an der Spitze. seiner 
Nummer ein Interview mit Ehrlich üiid fügte Bemerkungen 
hinzu, die als eine Entschuldigung angesehen werden können. 
Die „Voss. Ztg.“, der wir vorstehende Mitteilungen entnommen 
haben, brachte außerdem noch folgende etwas dunkel klingende 
Nachricht: ln den letzten Tagen hieß es, daß es Geheimrat 
Ehrlich gelungen sei, ein neues Präparat herzustellen, das 
noch bessere Dienste als das „Ehrlich 606“ leiste. Dieses Prä¬ 
parat heiße „6 0 6 Hyperideal" (? Red.) und zeichne sich 
vor dem älteren dadurch aus, daß es ungiftig sei und daher 
in wesentlich stärkeren Dosen angewendet werden könne. Tier¬ 
experimente und Versuche hätten dies ergeben. Der Wiener 
Arzt Dr. Hugo Glaser, der kürzlich bei Ehrlich zu Be¬ 
such war, wandte sich an den Gelehrten um Mitteilungen über 
„Hyperideal“ und erhielt darauf aus Frankfurt eine 
Depesche, in der Ehrlich mitteilt, daß das neue Präparat 
lediglich eine Verbesserung von „Ehrlich 606“ und ausschlie߬ 
lich für den internen Dienst (? Red.) und nicht für die All¬ 
gemeinheit bestimmt sei. — Wie nachträglich bekannt wird, 
hat Geheimrat Ehrlich in der Tat eine verbesserte Form 
seines neuen Mittels, an der er jetzt arbeitet, im Gespräch 
scherzweise als „Hyperideal“ bezeichnet, und es sind dann wie 
üblich diese seine Aeußerungen, als Sensationsnachricht aus¬ 
geputzt, in die Tagespresse gebracht worden. 

Prag. In No. 34 (S. 478) berichteten wir über einen durch 
eine Desinfektion mit Jodbenzin herbeigeführten Unglücksfall 
mit tötlichein Ausgang. Bei der Wichtigkeit der Sache teilen wir, 
da die betreffende einer Tageszeitung entnommene Notiz nichts 
über die Bedingungen enthielt, die in jenem Falle die Explosion 
herbeiführten, nachträglich noch folgende jetzt bekannt ge¬ 
wordenen Einzelheiten mit. Es handelte sich um eine’Wucherung 
an der Hand, die dem Kinde in dem Ambulatorium der czechi- 
schen Kinderklinik durch Galvanokaustik entfernt werden sollte. 
Nach erfolgter Desinfektion mit Jodbenzin begann der Arzt 
offenbar zu schnell mit dem Eingriff; es befand sich daher über 
dem Operationsfeld in zu großer Konzentration noch Benzin¬ 
dampf, der alsbald durch die glühende Drahtschlinge in Brand 
gesetzt wurde. 

Bologna. Die hiesige Akademie der Wissen¬ 
schafte n hat einen Preis von 3000 Lire für die beste Arbeit 
über folgende Themata ausgeschrieben: Funktionen der Thy¬ 
reoidea, Hypophysis und Glandula pinealis; Funktionen des 
Herzens, der Herznerven und Vasomotoren; Ohrlabyrinth und 
seine Funktionen. Zuschriften sind an Prof. Ercole G i a - 


RUNDSCHAU 1910. No. 36. 

comini Bologna, Via Zamboni 33) bis 1. Mai 1911 zu 
richten. 

Cholera-Nachrichten. Leider scheint es nicht gelungen zu 
sein, die Cholera ganz von unseren Grenzen fernzuhalten. 
In unmittelbarer Nähe Berlins, in Spandau, sind Ende 
voriger Woche zwei Erkrankungsfälle vorgekommen, die 
klinisch unter dem Bilde der echten Cholera verliefen. Es 
handelt sich um ein Ehepaar, das nicht etwa von außerhalb 
zugereist, sondern in Spandau ansässig war. Die Frau er¬ 
krankte vorigen Freitag plötzlich schwer unter Symptomen, die 
der zugezogene Arzt zunächst als Fleischvergiftung deutete. Als 
sie jedoch bereits in der folgenden Nacht der Krankheit erlag, 
vermutete der Arzt das Vorliegen von Cholera und benach¬ 
richtigte daher die Polizei und den zuständigen Kreisarzt, 
welche das Nötige anordneten und das erforderliche Unter¬ 
suchungsmaterial nach dem Institut für Infektionskrankheiten 
sandten, wo dann die, bakteriologische Diagnose „Cholera 
asiatica“ gestellt wurde. Der Ehemann erkrankte kurz darauf; 
er wurde am Sonntag früh in desolatem Zustande in die 
Baracke gebracht. Es wurden sofort alle Maßregeln (Isolierung 
von Personen, Desinfektionen usw.) getroffen, um die Weiter¬ 
verbreitung der Krankheit zu verhindern. Eine vom Ministe¬ 
rium entsandte Kommission unter Führung des Herrn Geheim¬ 
rat Prof. Dr. Abel kontrollierte kurz darauf die getroffenen 
Anordnungen. In S ü d i t a 1 i e n hat sich die Cho¬ 
lera nicht weiter 'ausgebreitet, dagegen sind Ende voriger 
Woche in Oesterreich-Ungarn einige Krankheitsfälle 
vorgekommen, die auf den Donauschiffen entstanden sind. Die 
zwei Fälle kamen zunächst in W i e n zur Kenntnis, ein dritter 
in Preßburg, alle betrafen Personen, die auf Donauschiffen 
gereist wrnren. Tötlieh endeten unter diesen Fällen zwei. 

— Die Reichsregierung hat mit der schwedischen Regierung 
über die gesundheitspolizeiliche Behandlung der Fähr¬ 
schiffe der Linie Saß nitz-Tr elleborg im Falle ein¬ 
tretender Choleragefahr Maßnahmen vereinbart, die sich auf 
Besichtigung der Reisenden, Quarantäne, Desinfektion etc. be¬ 
ziehen. 


VI. Amtliche Mitteilungen, 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 4. Kl.: 
Geh. San.-Rat Dr. Gräupner in Ratibor, San.-Rat Dr. 
Wietheger in Drensteinfurth, San.-Rat Z u m w i n k e 1 in 
Gütersloh, Kreisarzt Med.-Rat Dr. Reinkober in Trebnitz, 
Kreisarzt Dr. Engel in Labiau. 

König 1. Krön en-Orden 3. Kl.: Geh. San.-Rat Dr. 
Kessler in Berlin. 

König 1. Kronen-Orden 4. KL: Dr. Gumprecht in 
Lippspfinge. 

Prädikat Professor: Privatdozent Dr. Baum in Kiel. 

Charakter als Geheimer Sanitätsrat: den San.- 
Räten E. Wollermaun in Baldenburg, Dr. A. Emme¬ 
rich in Berlin, Dr. M. Marcus in Berlin, Dr. A. Wag- 
n e r in Berlin, Dr. H. P o 11 n o w in Charlottenburg, Dr. 
E. Kahler in Charlottenburg, Dr. Th. Görges in Char¬ 
lottenburg, Dr. G. Messerschmidt in Vietz, Dr. 
A. Heiligtag in. Pasewalk, Dr. ,A. Günther in Strehlen, 
Dr. A. Kratzert in Pleß, Dr. R. Hermes in Erxleben, 
Dr. O. Hager in Magdeburg, Dr. K. Daube, in Frank¬ 
furt a. M., Dr. A. Hempel in Wiesbaden, Dr. O. Vogler 
in Ems, Dr. H a 1 b e y in Wetzlar, Dr. L. Hessberg in 
Essen, Dr. J. Klein in Cöln. 

Ernennungen: Geh. Med.-Rat u. vortr. Rat im Kultus¬ 
ministerium Dr. Abel zum Geh. Ober-Med.-Rat, Kreisarzt 
Med.-Rat Dr. M e y e n zum Regierungs- u. Med.-Rat in Allen¬ 
stein. 

Gestorben: Dr. Freund in Danzig, Med.-Rat Dr. Haueh 
in Eisleben, Geh. San.-Rat Dr. Köster in Naumburg a. S„ 
Generaloberarzt Dr. Böhr in Halle a. S., Dr. R ö p e r in 
Haltern. 

Hamburg. 

Niedergelassen: Dr, J. S o m m e r in Hamburg. 

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i Vergl. Verttffentl. v. Prof. Dr. Blascliko. Berlin. Medizin. Klinik“ Jahrg. 1906, Heft 50 

und Prof. Dr. Schölt/, Königsberg, „Therap. Rundschau“ Jahrg. 1909, Heft 12 u. 13. 

Für Krankenkassen zugelassen. '»S 


Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131 B.. für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin 
Verlag von Oscar Ooblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Carl Marsohner. Berlin SW., Alexaudrinenstrasse 110. 




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Pädatrophie 
Laryngospasmus 
Anämien — Chlorose 
Phosphaturie 
Neurasthenie 
Funktionelle Neurosen 
Psychasthenie — Hysterie 
Rekonvaleszenzen 
} Kachexien 


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Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefel¬ 
präparats hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche 
nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche oben¬ 
drein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen 
Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatz¬ 
präparate anscheinend unter Mißbrauch unserer Marken,,Ichthyol“ 
und „Sulfo-ichthyolicum 46 auch manchmal fälschlicherweise mit 

Ichthyol 

oder 

Ammoniuni snlfo-ichtliyolicum 

gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur 
unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klini¬ 
schen Versuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten 
wir um gütige Mitteilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn 
irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. 

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wärmstens empfohlen. Zu häuslichen Trinkkuren in allen Apotheken 
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Eisen-Wasser von Roncegno sind gleichzeitig mit der Trinkkur mit 
Roncegno-Wasser oder wann eine Kur mit Arsen-Eiseii-tnjectionen 
empfohlen ist, bestens bewährt. Sie sind absolut schmerzlos. 














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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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Rheumatismus. Dosis: 0,5—0,75 g. 
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Kieferhöhlenempyemen. b, Erkrankung: 
d. Dickdarms, in d. Augenheilkunde u. 
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Gehirnnerven, wie Trigeminus, u. Occi- 
pital-Neuralgie, Ohren-, Kopf- u. Zahn¬ 
schmerzen. Spezifikum b. Schmerz, in¬ 
folge v. Periostitis. Pulpitis, Nouritis u. 
solchen, die nach Freilegung der Pulpa 
und Einlagen von Aetzpasten auftreten. 
Dosis: 2—3 Gelatinekapselnä 0,25 g. 
Originalllakon: 20 Kapseln = 1,50 M. 
Originaldöschen: 10 Kapseln = 0,85 M. 


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u. völliger Ungiftigkeit bei externem u. 
internem Gebrauche. Indiziert b. allen 
Arten von schmerzhaften Wunden und 
Hautentzündungen, bei tuberkulösen u. 
syphilitischen Larynx- u. Pharynx-Ge¬ 
schwüren, Ulcus u. Carcinoma ventriculi, 
Vomitus gravidarum, Hyperästhesie des 
Magens, Seekrankheit etc. Dosis int. 
0,3—0,5 g 1—3 mal tägl. vor d. Mahlzeit. 


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Indiziert bei Hysterie, Neurasthenie, nervösen Herzbeschwerden, bei Schlaflosigkeit infolge von Nervosität. Bei Störungen und Be¬ 
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im Unterleibe und regelmässig auch die bestehenden Kopfschmerzen beseitigt. 

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Verhalten gegen andere Jodpräparate. 
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Lues u. postsypbilitischenErkrankungen, 
Asthma bronchiale, chron. Bronchitis etc. 
Dosis 2—4 mal täglich 2 Tabletten, eine 
Stunde nach dem Essen. 
Orig.-Röhrchen: 20 Tabl. ;i 0.5 g = 2,00 M. 


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Das durch ehern. Aufbau dargestellte 
wirks. Prinzip d. Nebennieren zeichnet 
sich (1. absolute Reinheit, zuverlässige, 
konstant bleibende Wirkung und gute 
Haltbarkeit seiner Lösungen aus. — 
Syntbet. Suprarenin ist demnach in 
allen Fällen den anderen, aus Organen 
gewonnenen Nebennierenpräparaten vor¬ 
zuziehen. Orig. -Gläs.: Sol. Supraren. 
hydrochl. synth. 1:1000 u. Tabl. Supr. 
hydrochl. synth. 20 ä 0,001 g. 


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Lkzemtherapie 

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Behandlung juckender Dermatosen. Mit 
Erfolg angewandt bei allen Arten von 
Hauterkrankungen. Tumenol-Ammonium 
ist le : cht wasserlöslich, ungiftig, rea¬ 
giert neutral und verursacht keine Reiz¬ 
erscheinungen. Tumenol-Ammonium läßt 
sich gleich gut zu Salben, Pasten und 
Pinselungen verarbeiten. Dieselben wir¬ 
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weniger giftig als dieses. 3mal weniger 
giftig als dessen Ersatzpräparate. Es ist 
in Wasser leichtlöslich, seine Lösungen 
s. durch Kochen sterilisierbar. Novocain 
verursacht keine Intoxikationen, keine 
Gewebsschädigung, od. Nachschmerz u. 
wird mit glänzendem Erfolge bei 
Medullär- und allen Arten der Lokal- 
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. H. Gocht in Halle a. S., Professor Dr. A. Holla in Würz,barg, Leitfaden des Köntgenverfahrens, 
Leipzig 1908, S. 324, Rüntgen-Kalender, Leipzig 1908, S. 93, Archiv für physik. Medizin u. niedizin. 
Technik, Leipzig 1906, Bd. 1. Heft 2/3, S. 200. Kompendium der Rüntgenographie,- Leipzig 1905, S. 252, 
253 u. 269, Manuel Pratique de Radiologie M**dicale. Bruxelles 1905, S. 41, Verhandlungen der Deutschen 
Riintgengesellsehaft, Hamburg 1908, S. 97, Deutsche Medizinische Wochenschrift, Berlin- 1908/S. 1472, 
Orthoröntgenographie, München 1908, Zeitschrift für medlzln. Elektrologie u Röntgeukuude, Leipzig 1908, 
Bd. X, S. 11, SocFtö de Radiologie Mödicale de Paris. Bulletins et M^moires Tome.I, No. 2, S. 43. 

























No. 37. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 87 



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Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

H. Lohnstein und Dp. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernsprecli-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprecli-Amt YI, No. 3302 


IV. Jahrgang 


Berlin, IO. September 1910 


\o. 37 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor (Jnnrtalsscliluss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Zur gef). Beachtung! 

Unsere Abonnenten, welche die Zeitung’ direkt vom Verlage durch das K. Post-Zeitungsamt über¬ 
wiesen erhalten, bitten wir im Interesse der regelmässigen Zustellung der Zeitung folgendes zu beachten. 

Abbestellungen sind rechtzeitig, spätestens bis zum 15. September, an den Verlag zu richten. Spätere Abbestellungen können nicht 
mehr berücksichtigt werden, da die K. Post einbezahlte Gebühren nicht zurückbezahlt. 

Adressänderungen sind stets dem Verlage zu melden, welcher einmalige Ueberweisungen pro Quartal kostenfrei besorgt. Für 
wiederholt Adressänderung im Quartale ist die Ueberweisungsgebühr (50 Pfg.) vom Abonnenten zu entrichten. 

Reklamationen einzelner Nummern bitten wir stets im eigenen Interesse bei (1er betreffenden Postanstalt anzubringen, da auf diese 
Weise die Nachlieferungen bedeutend schneller erfolgen können, als durch den Verlag. 

Wiederholte Unregelmässigkeiten bitten wir stets direkt dem Verlage mitzuteilen, welcher in solchen Fällen immer umgehend 
Abhilfe schaffen wird. 

Zahlungen für Exemplare, welche vom Verleger der Post zur Beförderung übergeben werden, sind stets direkt au (len Verlag, nicht 
an die K. Post, zu richten. Im Falle von einzelnen Abonnenten die Zahlung an die K. Post beabsichtigt wird, ist dein Verlage vorher Mitteilung 
zu machen, da sonst doppelte Lieferung entsteht. 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 

(Verlag der „Allgem. medicin. Central-Zeitung“). 


Inhaltsübersicht. 


1. Wissenschaftliche Mitteilungen. Mohr: Ueber moderne 
Könfgeneinrichtungen in Land- und Schilfslazaretten mit Berück¬ 
sichtigung des ökonomischen Betriebes und der erforderlichen 
Schutzmaßregeln für Arzt und Bedienungspersonal. 

Iversen: Ueber die Behandlung der Syphilis mit dem Prä¬ 
parat „öOü“ Ehrlichs. — Hauptmann und Hössli: Erweiterte 
Wassermann sehe Methode zur Differentialdiagnose zwischen 
Lues cerebrospinalis und multipler Sklerose. — Abramowski: 
Stillen und Tuberkulose. — Bartel: Ueber Tuberkulose und über 
Kombination von Tuberkulose mit anderweitigen pathologischen 
Prozessen. — Hisel: Ueber kranke Brustkinder und vom Allaite- 
ment raixto. — Dreyer: Beitrag zur Behandlung der Variola. 

— Koelsch: Zur Behandlung des Milzbrandes. — Mayer, 
Waldmann, Fürst und Gr über: Üobor Genickstarre, be¬ 
sonders die Keim trägerfrage. — Schenk: Olintal und seine 
Wirkungsweise. — Sowastianoff: Zur Frage des Durch- 
dringungsvermögens der R. Koch sehen Choleravibrionen durch 
die Darmwand in die Gewebe und Organe. — Axisa: Die 
Behandlung der Amöben-Dysenterie. — Weiland und San- 
delowsky: Dio Brauchbarkeit der Sahli scheu Desmoidreaktion 
in Klinik und Praxis. — Unna: Ueber Klystier-Ersatz-Therapie. 

— Walter: Ein Beitrag zur SpirosalWirkung. — Biesalski: 
Grundsätzliches zur Behandlung der Litt laschen Krankheit. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Ueber moderne Röntgeneinrichtungen in Land- und 
Schiffslazaretten mit Berücksichtigung des ökonomi¬ 
schen Betriebes und der erforderlichen Sehutzmassregeln 
für Arzt und Bedienungspersonal. 

Von 

Marinestabsarzt Dr. Mohr. 

Um auf wissenschaftlicher Basis ein Röntgeninstrumen 
tariuro zusammenzustellen, ist es notwendig, sich über die 
Art der Entstehung der Röntgenstrahlen klar zu werden. 
Wie bekannt, bildet sich in Röhren mit geringem Luft¬ 
gehall, durch die ein elektrischer Strom geleitet wird, das 
sogenannte Geislerlicht, ein mehr oder weniger breiles Licht¬ 
band von der Anode zur Kathode. Je höher die Röhre eva¬ 
kuiert wird, um so mehr rückt der Lichtbogen von der Ka¬ 
thode weg zur Anode, dafür aber entstehen an der Kathode 
neue Strahlen, die sogenannten Kathodenstrahlen, die be¬ 
stimmte physikalische Eigenschaften haben. Für das Auge 
dokumentieren sie sich dadurch, daßi sie Fluoreszenz in der 
Röhre hervorrufen. Zu den physikalischen Eigenschaften 
der Kathodenstrahlen gehört unter anderm, daß sie beim 
Aufprall auf einen festen Körper innerhalb der Röhre eine 
neue Strahlenart. entstehen lassen, nämlich die von 


— Hauber: Migräne und Schmerzdämmerzustünde. — Hirsch ¬ 
feld: Schwangerschaft und Zuckerkrankheit. — Gasis: Zur 
Auffindung der Spermatozoon in alten Spermaflecken. — Suter: 
Ueber die Indikationen zur Prostatektomie. — Voeckler: Zur 
Technik des-ffanrlfritcrkatheterisimis. — Grunert: Bruch des 
Processus posterior tali. — Potzsche: Ueber die Verwendbarkeit 
der Blunkschen Blutgefäßklemme zur definitiven Blutstillung. 
— Lehmann: Otitis media acuta mit perisinuösem Abseoß 
und Abduconsläbmung. 

II. Therapeutische Notizen. Maetzke: Heilung schwerer 
Chorea durch Sabromin. —Krecke: Hie Tamponade und Drai¬ 
nage der Bauchhöhle mittels Zigarettendrain. — Gockel: Er¬ 
folge mit Oleum Chenopodii anthelminthici bei Askariden. 

IU. Bücherschau. Herbst: Atlas und Grundriß der zahnärzt¬ 
lichen Orthopädie. — Flie ss: Ueber den ursächlichen Zusammen¬ 
hang von Nase und Geschlechtsorganen. —Fürstenau: Leit¬ 
faden der Röutgenphysik. 

IV. Tagesgeschichte. Standesangeiogenheiten, Mediziual-Gesetz- 

gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichteu. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes r _ , r 

V. Amtliche Mitteilungen. Zu besetzende Stellen von Medizinal¬ 
beamten. — Bekanntmachung. — Personalia. 


I Röntgen entdeckten X-Strahlen, die in ihrem Wesen 
(Menge, Penetrationsfähigkeit, Richtung) von der Beschaffen¬ 
heit der Kathodenstrahlen abhängig sind. 

Um also X-Strahlen zu erzeugen, bedürfen wir einer 
| Stromquelle, die in einer möglichst großen Anzahl von 
Stromstößen durch eine besonders konstruierte Röhre gehen 
muß, welche eine Anode, Kathode und der Kathode gegen¬ 
überliegende Antikathode haben und bis zu einem gewissen 
sehr hohen Grade evakuiert sein muß. Wir müssen, um. 
diese Stromquelle richtig konstruieren zu können, zunächst; 
die Vorgänge in der Röntgenröhre betrachten. 

Je höher eine Röhre evakuiert, ist, desto größeren 
Widerstand setzt sie dem sie passierenden Strom entgegen. 
Die Stromstärke aber ist nach dein Olim scheu Gesetz 

Ampere = p. Potentialdifferenz zwischen -f- und 

Uhm 

Pol dividiert durch Widerstand. In der Röhre selbst 
also arbeiten wir infolge des hohen Widerslandes mit nur 
‘wenigen Bruchteilen ;eines Ampere, während die Sl.rom- 
spannung eine sehr erhebliche sein muß, damit der Strom 
die Röhre passieren kann. Je größer der Widerstand in der 
Röhre ist, um so größer wird nun die Intensität der Ka¬ 
thodenstrahlen, und wenn diese Kathodenstrahlen nun von 
der Kathode möglichst zentriert auf die im Brennfleck ( nicht 
Punkt!) gelegene Antikathode fallen, entstehen hier pro- 











564: 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 37. 


portional. der -M@nge und-Intensität der Kathodenstrahleo ■ 
geradlinige X-Strahlen, die,-für das Auge unsichtbar, eine 
Anzahl später zu besprechender Eigenschaften haben. 

Wir brauchen demnach eine Stromquelle, die 

1. Ströme von genügend hoher Spannung liefert, um den 
hohen Widerstand in der Röntgenröhre zu überwinden.. 

2. soll die Intensität des die Röhre passierenden Stroms 
relativ möglichst groß sein, daß recht viele Röntgenstrahlen: 
entstehen, 

3. müssen die Stromstöße gleich gerichtet sein. 

Ströme von hoher Spannung, wie sie zur Ueberbrückung; 

des Widerstandes in der. Röntgenröhre nötig sind, erhält 
inan am einfachsten durch ein Induktorium. Das Wesen der 
Induktion aber beruht darauf, daß in einem Solenoid bei 
jeder Veränderung eines in der Nähe befindlichen magneti¬ 
schen Kraftfeldes ein Strom entsteht, und zwar ist die 
Spannung annähernd proportional der Windungszahl des 
Solenoids. Ein Induktorium besteht nun bekanntlich aus 
der Primärspule mit dem Einsenkern und der Sekundärspule; 
wie soll das Induktorium für Röntgenzwecke nun gebaut 
sein? 

Vor etwa 10 Jahrenwar diese Frage aktuell geworden, 
als im Gegensatz zu Wialter (Hamburg) Und Albers- 
Schönberg Boas und besonders Dessauer zum ersten 
Male darauf aufmerksam machten, daß Induktorien von 
sogenannter großer Funkenlänge nicht nur unökonomisch 
wegen ihrer großen Kosten, sondern auch irrationell seien. 

■ Warum dies? 

Betrachten wir zunächst den Vorgang bei der Induktion. 

Durch die Primärspule geht ein pulsierender Strom. 
Beiin Schließen des Stromes, der ja den Leitungswiderstand 
der Primärspule überwinden und außerdem den in seinem 
Inneren liegenden Eisenkern magnetisieren muß, entstehen 
in der Primärspule und dem Eisenkern ständig zunehmende 
Kraftfelder, beim Oeffnen durch den umgekehrten Vorgang 
abnehmende Kraftfelder. Es entsteht also in der sekundären 
Spule bei Schließung des Primärstroms ein Induktionsstrom 
entgegengesetzter Richtung, bei Oeffnung des Primärstroms 
ein solcher gleicher Richtung. Da aber die Primärspule 
selbst ein Solenoid ist, entstehen in ihr selbst. Induktions¬ 
ströme (Selbstinduktion) derselben Art, die dem Primär¬ 
strom bei Schließung des Stroms entgegengesetzt, bei Oeff¬ 
nung aber in der Stromrichtu-ng verlaufen und so die Zeit, 
des Anwachsens bezw. Abklingens des Primärstromes ver¬ 
zögern. 

W'ir erhalten also in der Sekundärspule einen Wechsel¬ 
strom. Zur Erzeugung von X-Strahlen aber wollen wir 
einen Gleichstrom haben. Da sich dies in idealer Weise mit. 
einem Induktorium nicht erreichen läßt, müssen wir ver¬ 
suchen, in der Sekundärspule. Ströme von möglichst un¬ 
gleicher Spannung zu erzielen. Wir müssen also den Strom 
in der Primärspule nach Möglichkeit langsam ansteigen, 
aber schnell abreißen lassen. Dies zu erreichen, ist Sache 
der Konstruktion des Unterbrechers. Aber ein gut Teil 
hängt auch vom Induktorium selbst ab, das durch seine 
Selbstinduktion der Primärrolle hindernd wirkt. Die Selbst¬ 
induktion aber ist naturgemäß um so größer, je größer die 
sekundäre Wicklung ist infolge ihrer Wirkung auf die Primär¬ 
spule. Wir werden demgemäß die Spannung auf das Maß 
reduzieren, das empirisch als zur Erzeugung von Röntgen¬ 
strahlen ausreichend gefunden ist. Damit aber verzichten 
wir auf Induktorien von großer Funkenlänge und begnügen 
uns mit dem Maß, das gerade noch in der Röntgenröhre 
Röntgenlicht, erzeugt. Dies aber sind Induktorien von 18 
bis 25 oder 30 cm Funkenlänge. 

In Wirklichkeit, werden heutigentags auch nur noch 
solche Induktorien gebaut, indem alle Induktorien mit großer 
Funkenstrecke durch die sogenannte Walter-Schaltung der 
Primärrolle auf das vorgeschriebene Maß reduziert werden. 

Noch ein anderer Grund bestimmt uns. Der durch die 
Primärspule geleitete Strom wird in der Sekundärspule in 
eine andere Spannung und Form gebracht, wobei ein kleiner 
Teil in Wärme umgesetzt wird, ein Faktor, der für uns wenig 
in Betracht kommt, es handelt sich also um eine Energie- 
trarisformation, bei der nichts gewonnen, aber auch nichts 
verloren werden kann, d. h. also die Wattzahl der Sekundär¬ 
rolle, die ja aus Volt und Ampere sich zusammensetzt, kann 
nicht größer sein als die Wattzahl in der Primärspule. 

In der Primärspule läuft, ein Strom von geringer Span¬ 
nung und großer Stärke, in der Sekundärspule von großer 
Spannung und geringer Stromstärke. Die Stromstärke aber 


ist abhängig von dem Widerstand' in' dem Leiter. Der 
Widerstand aber ist abhängig von dem .Querschnitt und 
der Länge des Leiters. Daraus ergibt sich, daß'Querschnitt 
mal Länge des Leiters, d. h» also das Gewicht des Leiters 
in der Sekundär- und P.rimärspule,, annähernd das 
gleiche sein muß. 

Mit dem Gewicht der' 'Sekundärspule zur Erzeugung 
großer Funkenstrecken nimmt' also auch das der Primär¬ 
spule zu. Mit der Primärspule aber auch der Eisenkern, 
der immer, in einem gewissen Verhältnis zur .Primärspule 
stehen muß, um sich möglichst günstig zu magnetisieren und 
zu entmagnetisieren. Mit zunehmender Größe wächst aber 
das Trägheitsmoment des Eisenkerns. Und damit wird die 
Zahl der' Stromstöße erheblich herabgesetzt. Wir wollen 
aber möglichst viel Stromstöße in kurzer Zeit erzielen. 

Also mit Rücksicht auf das Trägheitsmoment des Eisen¬ 
kerns werden wir auf zu große Induktorien verzichten, auch 
wenn dieselben durch Walter-Schaltung auf das zulässig gün¬ 
stigste Maß der Funkenlänge reduziert sind. 

Bei der Konstruktion eines für Röntgenzwecke zu ver¬ 
wendenden Induktoriums werden wir auch auf den Eisen¬ 
kern zu achten haben. Da dieser ja im Zentrum der Kraft¬ 
feldeinwirkung liegt, so muß auch in ihm ein Strom ent¬ 
stehen, der nach seinem Entdecker Foucault-Strom oder 
Wirbelstram genannt wird. Dieser Strom aber wird in 
Wärme .übergeführt und wirkt außerdem seinerseits 
wiederum als neues Kraftfeld, ist daher aus beiden Gründen 
sehr schädlich. 

Es handelt, sich also darum, einen Eisenkern zu kon¬ 
struieren, der keinen Strom aufkommen läßt, und dies ist 
am idealsten nach Boas Vorgang durch gegeneinander gut 
isolierte dünne Eisenblechscheibchen zu erzielen, sogenannte 
geteilte Eisenkerne. 

Auch hiermit ist aber die Möglichkeit eines guten In- 
duktorbauies nicht erschöpft. Wir haben ja in der Primär¬ 
spule auch bei bestem Bau des Induktoriums immer noch 
eine gewisse Selbstinduktion, die bei. Unterbrechung des 
Stromes.in der Richtung des Primärstromes läuft, also die 
Unterbrechung verzögert. Diesen. Strom nach Möglichkeit 
unschädlich zu machen, dazu dient der-Kondensator, 

Das Prinzip des Kondensators beruht darauf, daß mit 
ungleichartiger Elektrizität geladene Körper sich anzieheu, 
gleichartige sich abstoßen.' Wenn man also zwei mit un¬ 
gleichartiger Elektrizität geladene Körper gut voneinander 
isoliert zusammenbringt, so ziehen sie sich gegenseitig an 
und binden ihre Elektrizität, Das Aufnahmevermögen der 
geladenen Flächen ist aber um so größer, je näher sie an¬ 
einanderliegen. Daraus ergibt sich der Bau des Konden¬ 
sators. Es werden dünne Stanniolplatten mit möglichst 
dünner,aber . guter Isolierung , übereinander gelegt 
und zwar so, : daß; 1, 3, 5 ,usw., ebenso 2, 4, 6 usw. mit¬ 
einander verbunden, - aber gegeneinander isoliert werden. 
Die/ beiden Pole des Kondensators werden mit dem be¬ 
weglichen Teile d'es Unterbrechers.verbunden und säugen so 
die sich bei _der Oeffnung des Stromes bildende Selbst¬ 
induktion an ihrer Entstehungsstelle ab. Bei Schließung 
des 1 Unterbrechers, geht! dann der Selbstinduktionsstrom aus 
dem, Kondensator als Stromverstärker des Primärstromes 
wieder heraus. 

Der Kondensator muß demnach eine so große Kapazität,' 
d. h. Aufnahmefähigkeit haben, daß der größte sich bildende 
Selbstinduktionsstrom- voll und ganz aufgenommen wird. 

Als; Nebenteil ist am Induktorium noch eine sogenannte 
Funkenstrecke angebracht,. d. h. der negative und positive 
Pol der Sekundärspule ist als Nebenkreis abgeleitet und 
hat am ‘ positiven Pol eine verschiebliche, in eine Spitze 
auslaufende Nadel, die gegen eine feste, mit dem negativen 
Pol verbundene Fläche verschoben werden kann. Mit dieser 
Nebenleitung kann man die Funkenlänge des Apparates 
feststellen, d. h. die Strecke, welche vom Strome durch die 
atmosphärische Luft, hindurch überbrückt wird. 

Beim Bau des Induktoriums handelt es sich nun darum, 
daß die einzelnen Teile in sich tadellos gebaut sind, daß 
besonders die Isolationen der-beiden Induktionsrollen exakt 
gearbeitet sind, so daß auch nicht das geringste Luftteilchen 
zwischen den einzelnen Drahtschichten sich befindet. Die 
Sekundärrollen werden heutigentageS so gebaut, daß die 
Solenoide in einzelnen Scheibchen aufgerollt, und diese 
Scheibchen dann miteinander verbunden und untereinander 
durch kochende Insolationsmasse unter negativem Druck der 
Luftpumpe isoliert werden. Wenn auf diese Weise die 



No. 37. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Sekundäirolle fertig ist, wird die Primärrol-leunit dem Eisen¬ 
kern eingesetzt and das Ganze mit,.einer Kautschükhüile um¬ 
geben" und darauf das InduktoriuTh- unter großer Ueher- 
lasIlTiig-SlutiäeMamg betrieben; 1 Auf diese Weise • wird die 
Isolation der Sekündärrolle geprüft 

Im Anfang der Arbeit haben wir die drdi 1 Fortleriirige'n 
aufgestellt, die an das Tostrimlentärium gestellt werden 
müssen, urt in der Röntgenröhre 'X-Strahlen: entstehen 1 zu 
lasSÖri und im Anschluß 11 daran den' 1 Induktorbatt beu 
sprächen; Als 'Stromquelle haben-wir bisher- stets den 
Gleichstrom angenommen; •; der itv eiaz.elnfen Stößen dureb 
die Primäriolle des Induktoriu-ms 1 geschickt wird. Um diesen 
Gleichstrom stoßweise durch deir Apparat zu schicken, 
müssen wir ihn Unterbrechen. 

Weiche Anforderungen sind nun an den Unterbrecher 
zu stellen? 

Da in der Sekundärspule eine hohe Anzahl von Strom¬ 
stößen gleicher Richtung verlangt wird, andererseits beim 
Induktionsvorgang in 'der Sekundärrolle Ströme verschie¬ 
dener Richtung entstehen, müssen wir fordern, daß die 
entstehenden Ströme verschieden gespannt, sind, so daß nur 
der eine Strom den Widerstand der Röntgenröhre über¬ 
brücken. kann. Dies wird dadurch erzielt, daß der Unter¬ 
brecher so konstruiert wird, daß der Primärstrom nach 1 lang¬ 
samer Erzeugung des größten magnetischen Kraftfeldes mög¬ 
lichst plötzlich unterbrochen wird und so dies Kraftfeld vom 
Höhepunkt auf Null zusammensinkt, außerdem aber die 
einzelnen Stromstöße rasch aufeinanderfolgen, um den Cha¬ 
rakter eines Stromes möglichst nahe zu kommen. Wir 
wollen also nur die möglichst große Oetffnungsinduktion aus¬ 
nutzen, die Schließungsinduktion klein halten und nach 
Möglichkeit ausschalten. 

Sodann sollen die Sekundärimpulse möglichst intensiv 
sein. Dazu gehört, daß in der Primärrolle das Kraftfeld- 
maximum ein möglichst hohes sein muß, bevor es, abfällt. 
Um dies zu erreichen, müssen wir durch die Primärrolle 
die für sie möglichst größte Anzahl von Amperes schicken. 
Es muß somit der Unterbrecher imstande sein, große Strom¬ 
stärken plötzlich zu unterbrechen. 

Für die dritte Forderung an das Instrumentarium, näm¬ 
lich Ströme hoher Spannung zu liefern, kommt der Unter¬ 
brecher nicht in Betracht, das ist, wie wir gesehen haben, 
Sache des Induktoriums. 

Die älteste Art, den elektrischen Strom zu unterbrechen, 
stellt der bekannte Wagner sehe Hammer dar. Er unter¬ 
bricht den Strom im Augenblick der Entfernung der 
schnellenden Feder von der Platinspitze, aber er hat den 
Nachteil, daß die Unterbrechungszahl eine nur geringe ist. 
Die abgeänderte Form des W a g n e r sehen Hammers, der 
Deprez-Unterbrecher, vermehrt zwar durch eine sinnreiche 
zweite Kontaktanbringung die Unterbrechungszahl auf das 
Doppelte, aber beiden Unterbrechern haftet als Nachteil an, 
daß die Stromintensität nur eine geringe ist, da starke 
Primärströme die geringe Luftstrecke am Unterbrecher über¬ 
brücken. So ist also seine Verwendung naturgemäß nur für 
bestimmte Instrumentarien rationell. Dies trifft auch für 
den D e s s au e r,sehen Platinunterbrecher zu. 

Eine zweite Art der Unterbrecher stellen die Motorunter- 
brecher dar. Das Prinzip besteht darin, durch einen ro¬ 
tierenden Motor den Strom zu unterbrechen und wieder zu 
schließen; es war Boas’ Verdienst, dies Prinzip aufzu- 
stollen und mit seinem Quecksilberturbinenunterbrecher 
damit zuerst auf dem Markt zu kommen. Seine Konstruk¬ 
tion bestand, darin, aus der Tiefe eines Gefäßes Quecksilber 
durch Rotation anzusauge'n und durch die Flugkraft gegen 
einen, mit -Metallzähnen besetzten. Ring in dem, Gefäße zu - 
schleudern,: wodurch der , Stromkreis , abwechselnd ge-, 
schlossen; und wieder geöffnet; wurde.. , 

! ln der Folgezeit entstanden dann viele,Modifikationen,/: 
denen aber stets derselbe. Gedanke zugrunde, liegl und die, 
daher .auch.in.ur wenig! praktische, Verbesserungen; .bieten..; 

Eine ökonomisch wertvolle Abänderung .ist dpr. Queck- 
silbergleitkontaktunterbiecher von Hins C h m a.n n .(Berlin), 
der. nur wenig: QuecksilberIverbraucht. s .; 

Da Quecksilber durch den Unterhrechungsfunken. all¬ 
mählich verbrennen würde,,,müssen diese Quecksilbermoloxv 
Unterbrecher eüme Deckflüssigkeit haben zum Löschen des 
Funkens, W assor,. Alkohol oder Petroleum. Sie, haben, den 
Nachteil,.stark zu verschlammen, müssen.daher, oft, gereinigt 
werden. ■■ . . 

Bezüglich der Forderungen, die an den . Unterbrecher: 


565 . 

zu 'stellen sind, haben-sie eine hohe Frequenz der Unter¬ 
brechungen Und können auch sehr hohe Stromstärken unter¬ 
brechen. Dagegen, ist- die Differenz zwischen Oeffnmigs- 
. und Schließ,ungsinduktion erheblich geringer wie beim Plnt-Ln- 
Unterbrecher- (W.ag n ersehe, Hammer usw„). ; ,, ... 

Beide-Arten von. Unterbrechern bedürfen des. Konden¬ 
sators .zur Ableitung des , .Selbstinduktionsstroms in der 
rfMipärJeitung, wie: schon .früher, erörtert wurde. , 

Einen bedeutenden Fortschritt im Unlerbrocborturu 
"machte Dessanet durch diö.Konstruktion des Devjations- 
unterbrecheirs. Auch er ist ein Qiieeksilbermotoruntei- 
' brechdr, aber ohne- die Fehler der alten Konstruktionen. 
Ein rotierender Topf setzt, etwasi Quecksilber mit .Deckflüssig¬ 
keit in Bewegung. Im Topfirmern -ist ein runder Vorsprung . 
angebracht (Deviator), über den das rotierende, Quecksilber, 
zentrifugiert wird. Außerdem rotiert in dem Gefäß in gleicher 
Richtung ein Halbring selbständig, der den von, Quecksilber 
bespülten Deviator streift. Dieser Halbring enthält in kleinen 
Abständen Metallzähnchen, die unterfeinander durch Wider¬ 
stände darstellende Drähte verbunden sind: Sobald der.erste 
Zahn des Halbrings in das Quecksilber am Deviator taucht, 
ist der Strom geschlossen, infolge der Länge 1 und des Wider¬ 
standes der die Zähne verbindenden Drähte erscheint er 
in der Primärrolle nur ganz schwach, mit jedem; neuen Zahn 
stärker werdend, um endlich am Ende in voller,-Stärke, 
plötzlich unterbrochen zu werden. Wir erzielen also, bei 
einer großen Zahl von Unterbrechungen starke Differenzen 
zwischen Oeffnungs- und Schließungsinduktion und können 
dabei große Stromstärken unterbrechen. Damit ist : aber 
praktisch die Schließungsinduktion vernichtet; , .., 

Durch die sehr große Zentrifugalbewegung, fies Queck¬ 
silbers und der 'Deckflüssigkeit wird .übrigens noch die Ver¬ 
schlammung des Quecksilbers praktisch gleich Null, s0 daß 
im Deviatortyp ein Unterbrecher entstanden ist, der bisher 
unübertroffen dasteht. . , . , 

Eine dritte Art der Unterbreche!;. wird durch .den 
elektrolytischen Unterbrecher dargestellt, der von W o h nett 
entdeckt, und zuerst auf den .Markt gebracht wurde. • 

Wenn man in ein Gefäß mit verdünnter Schwefelsäure 
eine sehr große und eine sehr kleine-Elektrode mintan-cht 
und einen Strom von beträchtlicher Spannung sp hindurch¬ 
leitet, daß die große Elektrode den negativen, die- kleine den 
positiven Pol darstellt, entsteht am positiven Pol bei Strom¬ 
schluß eine Gasblase, welche die Anode umschließt. Da¬ 
durch wird der- Strom unterbrochen. Befindet sich nun die, 
Primärspule eines Induktoriums in diesem Stromkreis ein¬ 
geschaltet, so bildet sich bei dieser plötzlichen Unterbrechung 
in der Primärspule ein starker Selbstiuduktjonsstrom, (Exlra- 
strom), der die Gasblase durchschlägt und so den Primär¬ 
strom wieder herstellt. Dies Wechselspiel wiederholt sich 
nun mit fabelhafter Geschwindigkeit, so daß 3000-- 5000 
Unterbrechungen in der Sekunde erzielt werden gönnen, je 
nachdem die Platinanode mit großer oder kleiner : Fläche in 
die Flüssigkeit hineinragt. Praktisch wird man allerdings mit 
einer so großen Zahl von Unterbrechungen nicht , arbeiten. 

Der Elektrolytunterbrecher bedarf, nun infotgp:seiner, 
Eigentümlichkeit keines Kondensators, da ( d,er,Ext.rasti'oiii 
im Elektrolyt kondensiert wird. Die, Vorteile- des Elektro¬ 
lyten sind also die große Zahl der, Unterbrechungen des 
Primärstromes und außerdem die Möglichkeit, , Ströme zu 
unterbrechen, die erheblich stärker sind als.öei, den yorge-- 
nannten Unterbrecherarten. Der große Nachteil aber besteht 
darin, daß die Kurve des Primärstromsi eine steile ist. so 
daß zwischen Oeffnungs- und Schlicßung&induktion kein 
großer Unterschied besteht. Es werden also, heim Durchgang 
des Sekundärstroms durch die Röntgenröhre viele und sein- 
intensive Röntgenstrahlen gebildet, es werden aber anderer- , 
seits durch die-Schließungsinduktion viel; Röhren verbraucht, 
wenn nicht besondere. Vorsichtsmaßregeln, getroffen werden, , 
um den - Schließungsstrom, auszuschalfeiv... , . 

Bezüglich der Konstruktion des Wehnelt-Unterbrechors ■ 
ist nur von Bedeutung;, ob man den.ursprüngUfihen Wehnqlf. 
bevorzugt,.-bei dem die Platinano.de aus dem sje umgebenden, 
Porzellanzylinder von obun nach unten heraustritUodcr dien, 
modifizierten U-förmigen Elektrolyten.- von Dessauor wählt, 
bei dem die Platinanode nach der F-lüssigkoitsoherfläche bin-, 
sieht. Der Vorteil der letzten, Konstruktion berußt darauf, 
daß die Luftblase schon durch ihren eigenen Auftrieb von 
der Anode fortstrebt und -also auch- bei nur sehr schwachem 
Extrastrom die - Anode - freigibt, ■ Und wir erstreben ja kon¬ 
struktiv möglichst geringe Extraströme- Die Zahl der Unter- 





566 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 37. 


brechungeu regelt sich durch die Länge und Dicke der aus 
dem Porzellanrohre ragenden Platinanode. Arbeitet, man 
viel mit Röhren verschiedener Qualität, so empfiehlt es 
sich aus Bequemlichkeitsrücksichten, einen mehrstiftigen 
Wehneltunterbrech'er zu haben, dessen Stifte auf verschie¬ 
dene liriterbrechungszahlen eingestellt sind. 

Bezüglich aller Unterbrecher ist stets zu erwägen, ob 
sie laut oder geräuschlos arbeiten, beim Wehnelt noch, daß 
schweflige Säure frei und dementsprechend Metall 'änge- 
griffen wird, und so also die Aufstellung der Unterbrecher 
eventuell in einem Nebenraum in Frage kommt. 

Bevor wir auf die Röhren eingehen wollen, müssen wir 
noch kurz des Schaltbretts oder Tisches gedenken. Zu¬ 
nächst soll die Schalteinrichtung stets möglichst weit von 
dem Platze sein, an dem die Röhre arbeitet, um zwischen 
Röhre und dem das Schaltbrett Bedienenden die später zu be¬ 
sprechenden Schutzvorrichtungen bequem stellen zu können. 

Die Schalteinrichtung muß zunächst den Hauptschalter 
für den Strom haben. Ist der Apparat mit mehreren Unter¬ 
brechern verbunden, z. B. einem Quecksilbermotor- und 
einem Wehnelt-Unterbrecher, so muß zum Einstellen des 
Motorunterbrechers noch ein besonderer Einschalter vor¬ 
handen sein, der zuerst den Motor in Bewegung setzt, und 
erst wenn der Motor läuft und die erforderliche Touren¬ 
zahl macht, darf der Strom durch die Primärrolle geschickt 
werdet». 

Bei Molorunterbrechern sind ferner Widerstände ein- 
und auszuschalten, um die Schnelligkeit des Motors zu 
regeln. Beim Wehneltunterbrecher wird der Strom sofort 
durch Apparat und Unterbrecher geschickt, beim mehr- 
stiftigen Wehneltunterbrecher ist vorher die Anode einzu¬ 
schalten, mit der gearbeitet werden soll. 

An zweiter Stelle müssen noch Widerstände vorhanden 
sein, welche die Stromstärke der Primärrolle regulieren 


lassen, denn wir wissen ja, daß von der Anzahl der Amperes 
der Primärrolle bei ricWI/igcr Konstruktion die Feldstärke 
und so die* Intensität der Sekundäriildukticm. abhängt. Um 
sie abiesen zu können, ist/ in den Primärstromkreis das 
Amperemeter eingebaut, das uns über den Verbrauch der 
Amperes und damit über die Intensität des Sekundärstroms 
Aufklärung gibt. Doch wäre es falsch, zwei verschiedene 
Apparate nach der Größe des Ampereverbrauchs zu beur¬ 
teilen, da die Zahl der Amperes des Primärstroms für jedes 
Iriduktorium eine andere sein kann, ohne daß, die Leistung 
der Sekundärrolle eine Verschiedenheit aufzuweisen braucht. 
Die Zahl der Amperes der Primärrolle hängt bei gleicher 
Leistung von dem Bau der Primärrolle ab, der Länge und 
Stärke des Leiters und ist für uns nur wichtig für die Be¬ 
urteilung des jeweiligen Apparates, da ja durch Ein- und 
Ausschalten der Widerstände in dem in Frage kommenden 
Apparat die Ampereszahl herabgesetzt wird bezw. steigt, 
somit ein Kriterium für die Intensität des Sekundärstroms 
des betreffenden Apparates ist. • 

Oft sieht man auch ein Voltmeter am Schaltbrett an¬ 
gebracht; dies ist nicht nötig, wenn der Strom von einer 
Kraftzentrale geliefert wird, deren Spannung wir kennen, 
nötig, wenn eine Akkumulatorenbatterie das Induktorium 
speist oder wir selbst den Strom (durch eine Dynamo er¬ 
zeugen. 

Niemals fehlen darf am Schaltbrett eine einfache oder 
doppelte Sicherung, die eine Ueberlastung des Apparates 
verhindert. Sehr angenehm ist es, wenn sich am Schaltbrett 
ein oder zwei Lampen befinden, die mit Einschaltung des 
Hauptstroms brennen und von denen die eine mit 
Einschaltung des Primärstromes erlischt, während die andere 
durch Extraschalter abgestellt werden kann. Für Durch¬ 
leuchtungen ist diese Einrichtung von Wichtigkeit. 

(Fortsetzung folgt.) 


Dr. Julius Iversen (St. Petersburg): Ueber die Behandlung der 

Syphilis mit den» Präparat „606" Ehriichs. (Münch, med. 

Wochenschrift, 1910, No. 33.) 

Verfasser, welcher schon früher das Ehrlich-Hata- 
sche Präparat bei der Rekurrens mit großem Erfolg angewen¬ 
det hat, hat es im Verlauf der letzten Monate bei 60 Syphilis¬ 
patienten geprüft und berichtet hier über seine Erfahrungen. 
Was seine Technik aulangt, so geht er folgendermaßen vor: 
Nach Anfeuchtung mit Glykol oder Methylalkohol wird das 
Pulver verrieben, mit 15 ccm Wasser vermischt und gelöst, 
darauf werden einige Kubikzentimeter Normalnatronlauge zu¬ 
gesetzt und der Ueberschuß an Natronlauge wird mit 1 proz. 
Essigsäure neutralisiert. Darauf wird die klare Lösung mit 
Aq. destili. bis zu 1 pCt. Stärke verdünnt und in die Glutäen 
gespritzt. Die Schmerzen können durch vorhergehende Novo- 
oaineinspritzung gemildert werden. Behufs intravenöser Ein¬ 
spritzung wird die erwähnte klare Lösung des Präparats zu 
250 oder mehr steriler physiologischer Kochsalz.lösung ge¬ 
gossen und direkt in die Cubitalvene injiziert. Dies geschieht 
mittels einer sterilen graduierten Flasche, welche einerseits 
mit einem Gummiballon armiert ist, andererseits mit der Hohl¬ 
nadel in Verbindung steht. Nach der intravenösen Injektion 
ist die Ausscheidung des Arsens schon in vier Tagen beendigt, 
was für die Behandlung der Syphilis nicht wünschenswert ist; 
bei der intramuskulären Injektion dagegen erfolgt die Aus¬ 
scheidung in etwa 14 Tagen, was eine länger dauernde Wirkung 
garantiert. Bei der Behandlung der Syphilis verfährt Verfasser 
daher so. daß er erst intravenös 0,4—0,5 und nach 48 Stunden 
intramuskulär in die Glutäen 0.3—0.4 Arsenobenzol injiziert. 
Auf diese Weise erhalten die Patienten 0,75—0.8 g. Die neuer¬ 
dings von Wechselmann angegebene subkutane Methode 
hat Verfasser ebenfalls versucht und findet sie sehr zweck¬ 
mäßig. Nach der intravenösen Injektion tritt gewöhnlich nach 
2—3 Stunden ein halbstündiger Schüttelfrost ein, der von einer 
Temperatursteigerung und manchmal von Gliederschmerzen 
gefolgt ist; auch kommt es manchmal zu einmaligem Erbrechen 
und flüssigem Stuhlgang. Was nun die Wirkung des Arseno- 
benzols auf die Symptome der Syphilis anlangt, so deckeir sich 
die Erfahrungen des Verfassers so ziemlich mit denjenigen 
der übrigen Autoren, die über das Präparat berichtet haben. 
Die Dosis von 0,35—0 4 erwies sich in einigen Fällen als nicht 
ausreichend, um die syphilitischen Erscheinungen zum 
Schwinden zu bringen, so daß eine Wiederholung der Injek¬ 
tion notwendig wurde, ln Uebereinstimmung mit anderen 
Autoren fand Verfasser, daß die Spirochäten wenige Tage nach 
der Injektion aus dem Serum resp. Drüsensaft verschwinden. 
Die Wassermann sehe Reaktion wurde meist 20—40 Tage 
nach der Injektion negativ, in zwei Fällen schon am 8- und 
10. Tage. 


Dr. A. Hauptmaim und Dr. H, Ilössii (Hamburg-Eppendorf)): 
Erweiterte Wassermannsche Methode zur Differential 
diagnose zwischen Lues cerebrospinalis und multipler 
Sklerose. (Münch, luedl Wochenschrift, 1910, No. 30.) 

Nach den Untersuchungen der Verfasser rührt das Fehlen 
der Wassermann sehen Reaktioir im Liquor cerebro¬ 
spinalis hei den meisten Fällen von syphilitischen und meta- 
syphilitischen Cerebrospinalerkrankungen daher, daß in der 
bei der ursprünglichen Wassermann sehen Methode an¬ 
gewendeten Liquormenge von 0,2 ccm zu wenig Hemmungs- 
korper vorhanden sind. Man bekommt aber, wenn man die 
mehrfache Menge von Liquor anwendet, meist eine positive 
Reaktion. Wenn dieses Ergebnis sich weiter bestätigen sollte, 
so würde man mit dieser erweiterten Wassermann scheu 
Methode zwischen multipler Sklerose und Lues cerebrospinalis 
auch da unterscheiden können, wo die klinischen Symptome 
eine sichere Diagnose nicht zulassen und wo die anderen Unter¬ 
suchungsmethoden nicht eindeutig zu verwertende Resultate 
ergeben. R. L. 

Abramowski (Gilgenburg): Stillen und Tuberkulose. (Tuber¬ 
culosis, 1910, No. 6.) 

Nach Verfasser soll man einer tuberkulösen Mutter, vor¬ 
ausgesetzt, daß sie selbst keinen Schaden dadurch nimmt, das 
Stillen ihres Kindes nicht nur nicht verbieten, sondern 
dringend anraten. Die Erfahrung lehrt, daß Frauen, welche 
an nicht offener Tuberkulose leiden, das Stillen ohne jeden 
Nachteil ertragen, ja sich genau so wohl dabei fühlen wie ge¬ 
sunde Mütter, was auch daraus hervorgeht, daß sie bei der 
nötigen Pflege nicht abnehmen. Im Interesse des Kindes muß 
man einer solchen Frau raten, dasselbe weder zu küssen, noch 
es anzuhusten. Eine absolute Kontraindikation bildet offene 
Tuberkulose und das Vorhandensein tuberkulöser Drüsen an 
oder in der Nähe des Brustdrüsenkörpers; letztere ist bei Frauen 
(im Gegensatz zur Eutertuberkulose der Milchtiere) ein exzessiv 
seltenes Ereignis. 

Bartel (Wien): Ueber Tuberkulose und iiher Kombination von 
Tuberkulose mit anderweitigen pathologischen Prozessen. 

(Tuberculosis, 1910, No. 6.) 

Die alten Lehren von dem Gegensatz zwischen Tuber¬ 
kulose und anderen pathologischen Prozessen besitzen, eine Be¬ 
rechtigung. Sie lassen sich nicht erklären durch den Zufall 
größerer oder geringerer Gelegenheit zur Infektion. Unbe¬ 
schadet des Standpunktes über die Bedeutung einer Tuber¬ 
kuloseinfektion müssen es doch tiefei’e Ursachen sein (pri¬ 
märer wie sekundärer Natur), welche zur Erklärung eines 
solchen „Antagonismus“ herangezogen werden können. Ein 
spezielles Augenmerk ist hierbei auf konstitutionelle Momente 



No. 37. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


567 ■ 


gelenkt, die in Beziehung zu Vorgängen einer Immunität unter 
den Bedingungen des natürlichen Aiblaufs der Dinge geeignet 
sind, einiges Licht in die .viellach noch dunklen Vorstellungen 
und Ueberzeugungen zu bringeni 

Wenn es auch dermalen nicht möglich ist, die, geschilder¬ 
ten Verhältnisse in ihrer größeren oder geringeren Bedeutung 
abzuschätzen, so hält es Verfasser doch lür beweisend genug, 
darauf aufmerksam zu machen, diesen Beziehungen, unter 
diesen speziell dem Lymphatismus in seinen eigenartigen 
Wechselbeziehungen, nachzugehen. Wie bei den Beobachtun¬ 
gen des „Antagonismus“ erhöhte Resistenz gegen Tuberkulose- 
i nf ektion erschlossen werden kann, gibt es — auch darauf haben 
schon alle Autoren verwiesen — Gesetze einer Kombination 
verschiedenartiger pathologischer Prozesse im Sinne einer er¬ 
höhten Disposition zur Entwicklung rasch fortschreitender 
Tuberkulose. Auch da scheinen dem Verfasser Studien in der 
angedeuteten Richtung geeignet, einen Fortschritt der Erkennt¬ 
nis zu vermitteln. Mühlschlegel. 

llr. Hans Itisel (Leipzig): Ueber kranke Brustkinder und vom 
Allaitement mixte. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, 
No. 30.) 

Verfasser führt folgendes aus: Die Säuglinge des Prole¬ 
tariats entsprechen in ihrem Gedeihen, auch wenn sie gestillt 
werden, nur zum kleineren Teil dem Begriff des Brustkindes. Es 
finden sich unter ihnen viele Kranke, bei denen der sonst be¬ 
stehende Unterschied zwischen Brustkind und krankem 
Flaschenkind fast völlig schwindet. Die Krankheit dieser Kin¬ 
der bedingt durch Stauung eine sekundär-mangelhafte Milch¬ 
produktion und führt auf diesem Wege in der ambulanten Be¬ 
handlung am häufigsten zum Absetzen, nicht aber primäre Un¬ 
fähigkeit der Frauen zum Stillen. Die Beobachtung der 
Kranken auf den Säuglingsabteilungen zeigt, daß sie wegen 
ihrer Hinfälligkeit unfähig sind, die Milchsekretion zu erhalten 
oder gar wieder in Gang zu bringen. Sie trinken an den voll 
funktionierenden Brüsten der Stationsammen nur ungenügende 
Milchmengen, die immer mehr sinken, je mehr man versucht, 
die fehlende Kalorienzahl durch Flaschenfütterung zu decken. 
Es ergibt sich daraus für Kinder außerhalb des Krankenhauses, 
daß ein Allaitement mixte bei kranken Säuglingen nur schwer 
mit Erfolg durchführbar ist, und das Dilemma, daß mit Ein¬ 
führen der Flaschenfütterung ihnen die Gefahren der künst¬ 
lichen Ernährung drohen, bei Vermeidung der Flasche aber 
die Schädigungen der Unterernährung. Da letztere aber 
weniger bedenklich erscheinen als die ersten, wird man den 
Kindern die Brust möglichst lange zu erhalten versuchen, in¬ 
dem man die Mütter die Technik der Sekretionsunterhaltung 
der Brust lehrt und versucht, sie zum Anlegen eines anderen 
Kindes zu bewegen, die Flaschenfütterung aber hinausschiebt, 
bis sich ein wirklich ausgesprochener Milchrückgang zeigt. 

Dr. W. Dreyer (Kairo): Beitrag zur Behandlung der Variola. 

(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 31.) 

Verf. hat im Hospital für Infektionskrankheiten zu Kairo 
seit längerer Zeit die Rotlichtbehandlung der Pocken durch 
eine chemische Methode ersetzt, nämlich die Bepinselung des 
Körpers mit einer Kaliumpermanganatlösung. Man bereitet 
sich eine gesättigte wässerige Lösung von Kaliumpermanganat 
und überstreicht mit dieser mit Hilfe eines weichen Pinsels 
oder eines Wattebausches alle Teile des Körpers, welche Pu¬ 
steln, Blasen oder Papeln aufweisen, unter besonderer Berück¬ 
sichtigung des Gesichtes sowie der Arme und Hände. Am ersten 
Tage und manchmal auch am zweiten muß die Pinselung 3- bis 
4 mal wiederholt werden, um eine tiefbraune Färbung der Haut 
zu erzielen, später genügt 1 maliges Anstreichen täglich, die 
anfänglich braune Farbe macht nach einigen Tagen einer fast 
schwarzen Platz. Die Verfärbung der haut wirkt einerseits 
ähnlich wie das rote Licht, indem die Eiterung herabgesetzt 
wird, andererseits wird durch die Wirkung des Kalium liyper- 
manganic. die stinkende Zersetzung des Eiters ganz bedeutend 
vermindert. Am besten der Behandlung zugänglich sind die¬ 
jenigen Fälle, welche mit dem Ausbruch des Exanthems oder 
noch vor dessen Ausbruch in Behandlung genommen werden. 
Die Eiterung wird auf ein Minimum reduziert, das Fieber der 
Höhe und Dauer nach eingeschränkt. Wenn die Kranken an¬ 
fangen zu schuppen, löst sich die Oberhaut in dicken, schwarzen, 
trockenen Krusten ab, unter denen die frische Haut ganz frei 
von Sekretion zutage tritt. Die Nachbehandlung wird ebenfalls 
vermindert. — Die Schwere des Infektionsverlaufs wird im 
übrigen nicht beeinllußt. Einige Vorsicht in der Anwendung 
des Kaliumpermanganats ist in den Fällen geboten, in denen 
größere Herzschwäche besteht. 

Dr. Koelsch (kgl. bayer. Landgewerbearzt): Zur Behandlung 

des Milzbrandes. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 31.) 

Bei der Behandlung des Milzbrandes ist an die Stelle der 
früher bevorzugten aktiv chirurgischen Methoden — Exzision 
oder Kauterisation des Milzbrandkarbunkels •— gegenwärtig 


mehr das expektative Verfahren getreten. Zunächst dürfte 
sich absolute Bettruhe empfehlen mit Ruhigstellung und 
Suspension des befallenen Körperteiles, innerlich kräftige Diät, 
Kampfer, Alkohol. Die Pustel selbst und deren Umgebung er¬ 
hält in -leichteren Fällen feuchte Umschläge, etwa mit essig¬ 
saurer Tonerde oder Pyocyanase; v. Bramann hat graue 
Salbe empfohlen. Falls höhere Grade von Oedem oder starke 
erysipelatöse Rötung und Schwellung sowie Beteiligung der 
regionären Lymphdrüsen vorhanden sind, dürfte nach B a r - 
lach (Neumünster) eine einfache quere Spaltung der Pustel ev. 
mit folgender Umkreisung derselben mittels eines Thermokauters 
empfehlenswert erscheinen. Bei schweren Formen hat Bar¬ 
lach mit gutem Erfolg Jodinjektionen angewendet. Er spritzt 
seine Jodtinktur mittels einer mit dünner Kanüle versehenen 
Pravazspritze ein, und zwar 1—2 Tropfen in Abständen von 
5—10 cm zirkulär an der Grenze zwischen gesunder Haut und 
Erysipel bezw. bei größerer Ausdehnung auch in die entzündete 
Haut; im ganzen V 2 .—114 Spritzen. Neuerdings ist zu den bis¬ 
herigen Behandlungsmethoden die Serumtherapie hinzugetre¬ 
ten. In Italien hat Sclavo (Siena) ein Milzbrandserum her- 
gestellt, mit welchem günstige Erfolge erzielt worden sind; in 
Deutschland ist Sobernheims Milzbrandserum mit Erfolg 
in der Tiermedizin und auch schon in einigen Fällen beim Men¬ 
schen zur Anwendung gelangt. Die Anwendung erfolgt zweck¬ 
mäßig intravenös in mehrfachen Dosen von 10 ccm unter kon¬ 
servativer Lokalbehandlung. (Das Serum wird von der Firma 
Herek in Darmstadt in den Handel gebracht.) 

Dr. Georg Mayer, Dr. Waldmann, Dr. Fürst und Dr. G. 

B. Gruber (München): Ueber Genickstarre, besonders die 

Keimträgerfrage. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 

No. 30.) 

Die Verfasser berichten über die Ergebnisse der Unter¬ 
suchungen, welche sie über die Verbreitung der Meningo¬ 
kokkenträger in der bayerischen Armee, speziell auch in ge¬ 
nickstarrefreier Periode auf Veranlassung des bayerischen 
Kriegsministeriums angestellt haben. Es fanden sich in ge¬ 
nickstarrefreier Zeit bei 9111 gesunden Personen 1,73 pCt. 
Meningokokkenträger bei einmaliger Untersuchung, während 
sie während des Herrschens von Genickstarre bei 1911 mehr¬ 
mals untersuchten gesunden Personen auch nur 2,46 pCt. 
Meningokokkenträger gefunden hatten. Nach diesen bei 11 022 
Gesunden gemachten Erhebungen ist also der Meningococcus 
in der Rachenschleimhaut des Menschen ubiquitär und scheint 
bei etwa 2 pCt. aller Gesunden vorhanden zu sein, gleichgültig, 
ob Genickstarre herrscht oder nicht. Die Isolierung der 
Träger hatte auf den Fortgang der Erkrankungen keinen Ein¬ 
fluß. Epidemiologisch beweisende Beziehungen zwischen 
Meningokpkkenträgern und Kranken waren nur ganz vereinzelt 
und dann nicht mit der Sicherheit festzustellen, wie dies bei 
Typhus oder Cholera der Fall ist. Die Anwesenheit zahlreicher 
Kokkenträger unter den Truppen führte seit Frühjahr 1910 zu 
keinen Erkrankungen mehr,auch nicht bei den neu eingestellten 
Mannschaften. Die mühsame kulturelle Eruierung der Kokken¬ 
träger und der mit ihr verbundene enorme Aufwand von Zeit, 
Material und Arbeitskräften verliert daher an Wert. Sie muß 
auf Grund der berichteten Untersuchungsergebnisse als nicht 
mehr notwendig, und als praktisch undurchführbar bezeichnet 
werden. Zur Bekämpfung sind vorläufig allgemeine hygieni¬ 
sche Maßnahmen, Desinfektion der Zimmer und Gebrauchs¬ 
gegenstände der Erkrankten, körperliche Schonung der den 
Kranken umgebenden Personen, gute Ernährung, gute Unter¬ 
kunft, vielleicht Ortswechsel, und zwar soweit, daß Klima¬ 
wechsel erfolgt, heranzuziehen. Die Kranken, vielleicht be¬ 
sonders Leichtkranke, scheinen die Hauptrolle bei der Ver¬ 
breitung der Genickstarre zu spielen, sie sind daher in 
Krankenhäusern zu isolieren. Die bisherigen Maßnahmen zur 
Unterdrückung der Genickstarreepidemien haben keinen rich¬ 
tigen Erfolg gehabt; die Epidemien sind eigentlich von selbst 
erloschen. Vorläufig sind die Ursachen der Entstehung von 
Genickstarreepidemien noch nich^rkannt. R. L. 

Dr. Schenk (Cöln): Olintal und seine Wirkungsweise. (Zeu- 

tralbl. f. innere Medizin, 1910, No. 32.) 

Seit die Behring sehen Serumeinspritzungen sich ein¬ 
bürgerten, glaubte man alle früheren Behandlungsmethoden der 
Diphtheritis vergessen zu dürfen. Nicht nur bei echter Diphthe- 
ritis, sondern bei allen Anginen, welche einen Belag zeigen, 
wird im allgemeinen unterschiedslos gespritzt. Es ist Mode ge¬ 
worden, und das Publikum verlangt es! Wenn auch, sagt Verf., 
zugegeben werden muß, daß ernstere Gefahren mit diesen Se¬ 
rumeinspritzungen nicht verbunden sind, so ist doch die Tat¬ 
sache nicht aus der Welt zu schaffen, daß trotz der Einspritzun¬ 
gen noch immer eine große Zahl von Diphtheritiskranken dem 
Tode anheimfällt. Da tritt an einen jeden, der einem Diphthe¬ 
ritiskranken eine Einspritzung gemacht, die wichtige Frage 
heran, ob er nun seine volle Schuldigkeit getan habe oder nicht 
auch lokale und interne Behandlung anderer Art in Anwen- 






^568 'THERAPEUTISCHE 

düng ziehen müsse. Nachdem Ströll zuerst im Jahre 1893 
(Allgem. Med. Centralzeitung, 1893, No. 30) seine Erfahrungen 
bei der Behandlung von Diphtheritis mittels Myrrhentinktur be¬ 
kanntgegeben, hat Verf. vorliegender Arbeit alle ihm vor- 
gekommenen Falle von Anginen und Diphtherieerkrankungen 
mit Myrrhentinktur behandelt und nur in zwei Fällen zum Se¬ 
rum gegriffen: Die Erfolge waren in den langen Jahren über¬ 
aus zufriedenstellend; Todesfälle sind fast ganz ausgeschlossen. 
Der Zweck vorliegender Arbeit soll nun der sein, den Kollegen 
ein vom Verf. angegebenes Myrrhenpräparat aufs wärmste zu 
empfehlen, welches er in seinen Grundsubstanzen seit fast 
10 Jahren ständig in seiner Praxis zur Anwendung gebracht 
hat. Es handelt sich um eine flüssige Myrrhenseife mit einem 
Gehalt von ca. 2,8 pCt. Myrrhe, welcher 0,5 pCt. Kampher und 
0,5 pCt. Menthol zugesetzt sind. Dieses Präparat — Oliutal mit 
Namen — hat den Vorzug, neben angenehmem Geruch und 
Geschmack, in Wasser klar löslich zu sein, es ist alkalisch 
und kann innerlich, zu Inhalationszwecken und zum Gurgeln 
gebraucht werden. Auch bei Phthisis und croupöser 
Pneumonie hat es vorzügliche Dienste geleistet. Die 
Dosierung des Olintals ist folgende: innerlich für Er¬ 
wachsene 4 mal täglich 1 Teelöffel in einem Glase Zucker¬ 
wasser, für Kinder 20—50 Tropfen auf Zucker oder in 
Zuckerwasser; zu Inhalationszwecken und zum Gurgeln % Tee¬ 
löffel auf ein Glas Wasser. Bei Halsaffektionen läßt Sch. auf 
die Kehlkopfgegend Kompressen auflegen, die mit y 2 Teelöffel 
unverdünnten Olintals getränkt sind. Bei Kindern, die nicht 
gurgeln können, kann man das Gurgelwasser durch Zerstäu¬ 
bung in Anwendung bringen. 

Olintal wird hergestellt in dem Chemischen Institut von 
Apotheker EugenvondenDrieschin Aachen und kostet 
in Originaltlaschen von 100 g 1,25 Mk. K r. 

Sewastianoff: Zur Frage des Durchdringungsvermögens der 
R. Kochschen Choleravibrionen durch die Darmwand in die 
Gewebe und Organe. (Zeitschrift für Hygiene und Infek¬ 
tionskrankheiten, 1910, Bd. 65, H. 1.) 

1. Bei der Untersuchung von Leichen von Menschen, die im 
algiden Stadium der Cholera während der Epidemien der Jahre 
1907/8 gestorben sind, fanden sich Choleravibrionen bei einigen 
Leichen in allen Organen, und zwar in der Leber und Gallen¬ 
blase, in der Milz, Niere, im Blut, in der Herzhöhle, in der 
Speiseröhre, in den Mesenterialdrüsen, in den Lungen, in der 
Cerebrospinalflüssigkeit verbreitet. 

2. In allen Fällen, wo der Choleravibrio im Darm gefunden 
wurde, war er auch in den inneren Organen vorhanden; dort 
aber, wo die Choleravibrionen aus dem Darm einige Tage vor 
dem Tode verschwunden waren, waren dieselben auch in den 
inneren Organen nicht enthalten. 

3. In der Gallenblase werden Choleravibrionen bisweilen 
in Reinkultur angetroffen; in den übrigen Organen kommen 
neben Vibrionen auch andere Mikrobien vor. 

4. Je rascher nach dem Exitus die Sektion vorgenommen 
wird, desto eher kann man Choleravibrionen in Reinkultur er¬ 
halten. 

5. Bei Experimenten an Meerschweinchen findet man 
Choleravibrionen, die in den Magen in einer Quantität von 
5—10 ccm einer 24 ständigen Bouillon- oder schrägen Agar¬ 
kultur eingeführt worden waren, durch die Schleimhaut des 
unverletzten Darmes in das Blut und in die inneren Organe 
übergegangen. 

6. Diese Passage durch den Darm beginnt bei Meerschwein¬ 
chen schon in den ersten Stunden nach der Infektion nach 
R. Koch. 

7. Hinsichtlich der Frequenz der Choleravibrionen zeichnet 
sich kein einziges Organ besonders aus, d. h. es ist eine be¬ 
sondere Affinität der Choleravibrionen zu bestimmten Organen 
nicht wahrgenommen worden. 

8. Choleravibrionen werden, in den Verdauungstraktus 
nach R. Koch eingeführt, vom Magen-Darmkanal aus in das 
Blut und in die Organe innerhalb langer Zeit (bis zu sieben 
Tagen), und zwar solange aufgenommen, als sie im Darm vor¬ 
handen sind. 

9. Bei der Fütterung von Meerschweinchen mit Cholera¬ 
agarkultur, d. h. bei der Einführung der Choleravibrionen per 
os ohne vorangehende Neutralisierung des Magens, entwickelt 
sich in manchen Fällen eine tötliche Infektion, wobei die 
Vibrionen in den inneren Organen und auch im Herzblute, 
hauptsächlich und vor allem jedoch in den submaxillaren 
Lymphdrüsen nachgewiesen werden können. 

10. Bei der Einführung von großen Quantitäten von Cholera¬ 
vibrionen durch den Anus mit Verklebung desselben mittels 
Kollodiums nach Nasaroff und Jurgelunas kann man 
bei Kaninchen gleichfalls eine tödliche Mischinfektion hervor- 
rufen, wobei die Choleravibrionen sowie die übrigen Darm¬ 
bakterien in sämtliche inneren Organen eindringen und das 
Tier in 1—2 Stunden zugrunde geht. Ohne Verklebung des 
Anus gelingt es nicht, eine Infektion herbeizuführen. 


RUNDSCHAU 1910. No. 37. 

11. Bei der Infektion nach R. Koch erhält man in der 
Regel eine Reinkultur des, Choieravibriod. 

12. Bei der Einführung von geringen Quantitäten, z. i>. 
einer Plätinöse (0,002 g oder. 0,1 g einer Agarkultur), gelingt 
es in den Fällen mit später Sektion (24 Stunden nach der 
Infektion) nicht, das Vorhandensein von Choleravibrionen in 
den inneren Organen und im Blute nachzuweisen. 

13. Bei der Einführung von geringen Quantitäten in den 
M^gen von Kaninchen, aber bei f r ü h e r Sektion (ein bis sechs 
Stunden nach der Infektion) findet man Choleravibrionen in 
einigen inneren Organen und im Blute. 

14. Mit dem ersten Tag nach der Infektion beginnend, wer¬ 
den die Choleravibrionen, in den Darm nach R. Koch einge¬ 
führt, in einigen Experimenten mit dem Harn ausgeschieden 
und sind in demselben schon in den ersten Stunden nach der 
Infektion nachzuweisen, während sie andrerseits über zwei 
Tage lang (in einem Falle sogar sieben Tage lang) ausge¬ 
schieden wurden. 

15. Die Reaktion des Harns war in der Mehrzahl der Fälle, 
und zwar bei 15 untersuchten lebenden und getöteten Meer¬ 
schweinchen, die zuvor mit Cholerabacillen sowohl mit, wie 
auch ohne vorangehende Neutralisierung des Magens mit Soda 
infiziert worden waren, alkalisch, dreimal neutral, einmal 
schwach sauer. 

16. Vorangehendes 24 ständiges Hungern fördert die In¬ 
fektion. 

17. Die Ausbreitungswege der Choleravibrionen sind die 
Lymphspalten und -gefäße der Darm wand; dann werden die 
Vibrionen in den entsprechenden Lymphdrüsen festgehalten, 
und zwar bei der Infektion per os in den Submaxillardrüsen, 
bei der Infektion vom Darm aus in den Mesenterial- und Ileo- 
coecaldrüsen. 

18. Bei der Untersuchung des Harns von Cholerakranken 
wurden in sechs Fällen von 31, und zwar bei drei Männern und 
drei Frauen, Choleravibrionen darin nachgewiesen. 

19. Bei der Aussaat des Blutes von cholerakranken 
Menschen hat Verfasser in 30 Fällen negative Resultate erzielt. 

Mühlschlegel. 

Dr. Edgar Axisa, Primararzt am österreich.-ung. Spital in Ale¬ 
xandrien, Aegypten: Die Behandlung der Amöben-Dyscn- 

terie. (Die Therapie der Gegenwart, Juni 1910.) 

Die bis jetzt bei Amöbendysenterie angewendeten Behand¬ 
lungsmethoden geben in der großen Mehrzahl der Fälle sehr 
wenig befriedigende Resultate. Das von vielen als Spezificum 
gepriesene Ipeca ruft bei Amöbendysenterie höchstens Brech¬ 
neigung oder Erbrechen hervor. Purgantien üben auf den 
Krankheitsprozeß gar keine Wirkung aus, dasselbe gilt von 
den Adstringentien und vom Opium. Von französischen Ko¬ 
lonialärzten ist in die Therapie der Dysenterie das „Kossam“ 
eingeführt worden. Die Aerzte aber, welche das Mittel versucht 
haben, sind über den Wert desselben sehr verschiedener Mei¬ 
nung, da das „Kossam“ bei einigen Fällen eine sichtbare Heil¬ 
wirkung ausübt, ebenso frappant, wie das Chinin bei der Ma¬ 
laria, bei anderen dagegen zu versagen scheint. Die Ursache 
dieser Mißerfolge liegt nach Verf. darin, daß bei der Wahl der 
Behandlung die Aetiologie des Falles nicht in Betracht gezogen 
wird, daß man sich nicht vor Augen hält, daß es nicht „eine“ 
Dysenterie gibt, sondern verschiedene dysenterische Erkran¬ 
kungen, welche durch ganz verschiedene Erreger hervorgerufen 
werden, und daß demnach von einer einheitlichen Therapie der 
Dysenterie keine Rede sein kann. Das Kossam wirkt hauptsäch¬ 
lich bei Amöbeirdysenterie, und zwar bei unkomplizierten 
Fällen. Bei derselben beobachteten wir nach Verf. bei Kossam- 
therapie, selbst in den schwersten Fällen, nach wenigen 
Tagen das vollständige Verschwinden des Blutes aus den 
Fäces, und nach ungefähr drei Wochen nach Beginn der Be¬ 
handlung sind die Stühle von normaler Beschaffenheit. Auch 
die heftigen subjektiven Erscheinungen erfahren nach kurzer 
Zeit eine bedeutende Besserung, um bald gänzlich nachzulassen. 
Die spezifische Heilwirkung des „Kossam“ ist aber besonders 
bei chronischer Dysenterie ersichtlich. Das „Kossam“ ist der 
chinesische Name des öligen Samens von „Brucea Sumatrana“, 
einer Simarubee, und ist in Tonkin, Cochinchina und Annam ein 
Volksmittel gegen Dysenterie. Das Mittel kommt in den Handel, 
in Form von „Tabloids“ hergestellt, durch die Firma „Colli n“ 
in Paris. Das wirksame Prinzip des „Kossam“ soll das von 
Bertrand im Institut Pasteur dargestellte Glukosid „Kosa¬ 
mine" sein. Das „Kossam“ wirkt vor allem hämostatisch, es 
scheint direkt die Amöben zu vernichten. Unter 37 Stühlen, 
die Verf. systematisch darauf untersucht hat, waren nach 8 bis 
12 Tagen der Behandlung meist keine Amöben mehr in den 
Fäces nachweisbar. Bei nicht dysenterischen Durchfällen 
ist das „Kossam“ vollständig wirkungslos. Bei der akuten 
Amöbendysenterie bekommt der Patient stündlich 1 bis 8 Stück 
Tabloids. In den 2—3 ersten Tagen der Behandlung ist eine 
Besserung, besonders dann, wenn die Therapie in voller ulce- 
rativer Periode eingesetzt hat, kaum ersichtlich. Am 4., späte¬ 
stens am 5. Tage der Behandlung nehmen die subjektiven Be- 



No. 37. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


schwerden ab, die Stühle erfolgen weniger häufig. Die Be¬ 
schaffenheit der Stühle fängt an/ sich zu ändern. Nun geht es 
der Besserung rapid entgegen; nach Weiteren 5—6 Tagen ist 
makroskopisch meist kfein ßliit mehr vorhanden. Die Anzahl 
der Stühle sinkt auf 4—6, die subjektiven Beschwerden haben 
aufgehört. Der Pat., welcher sich bis jetzt bei reiner Milchdiät 
befand, verlangt stürmisch nach Nahrung. Es empfiehlt sich 
jetzt, ein Purgans zu reichen, Kalomel 1 g oder Natr. sujfur. 
ISO g. Darauf wieder „Kossam“, 8 Stück. Als Diät Milch, Hier 1 , 
Tapioka- oder Griessuppen und später leichte Kartoffel-, 
Erbsen- und Linsenbreie. Nach weiteren 10—12 Tagen ist der 
Stuhl geformt, ohne jede Schleimbeimengung. Bevor ein Fall 
als geheilt entlassen wird, bekommt derselbe ein Purgans, und 
die Fäces werden sorgfältig auf Amöben untersucht. Gegen die 
Leibschmerzen kann man warme Kataplasmen auflegen. Bei 
dieser Behandlung sah Verf. in einer ganzen Reihe von Fällen 
nach wenigen Tagen das ulcerative Stadium, welches sonst 
Wochen und Wochen anhielt, abklingen, und nach spätestens 
3 Wochen konnte Patient gänzlich geheilt entlassen werden, was 
bei sonstiger Behandlung nicht vor 6—8 Wochen erzielt werden 
konnte. Bei subakuten Fällen verwendet Verf. „Kossam“ und 
Darmspülungen zur mechanischen Reinigung des Darmes, bei 
Bestehenbleiben dünnflüssiger Stühle ohne Schleim und 
Amöben und bei weichgewordenem Darme Adstringentien, ist 
dagegen der Darm noch verdickt und schmerzhaft, Eingießun¬ 
gen von 21 0,5- bis 1 proz. Tanninlösung. Bei chronischer Dysen¬ 
terie „Kossam“ und Darmspülungen, Ichthyol und später Ein¬ 
gießungen von 0,5 proz. Tanninlösung. 

Dr. Weilantl und Dr. Sandelowsky: Die Brauchbarkeit der 
Sahlischen Desmoidreaktion in Klinik und Praxis. (Die 
Therapie der Gegenwart, Juni 1910.) 

Die Verfasser haben 145 Fälle mit der Desmoidreaktion 
untersucht und haben dazu ohne Ausnahme alle Magen- 
erkrankungen, die während einer bestimmten Zeit in der 
Klinik behandelt wurden, benutzt. Sie kommen zu dem Resul¬ 
tat, daß die S a h 1 i s c h e Desmoidreaktion eine brauchbare 
Methode zur Untersuchung der Magenverdauung ist. Ihre An¬ 
wendung ist als ergänzende Untersuchung zur Magensondie¬ 
rung zu empfehlen; sie kann die Magensondierung in gewissem 
Sinne ersetzen, wenn äußere Umstände die Sondierung unmög¬ 
lich machen, oder der Zustand des Kranken eine solche kontra¬ 
indiziert. In 70pC't. der Fälle fanden die Verfasser absolute 
Uebereinstimmung der Resultate der Sondierung und Desmoid¬ 
reaktion, in 24 pCt. widersprechende Resultate, die sich aber 
bei Ausschaltung der Fehlerquellen aufklärten, und in 6 pCt. 
war eine sichereUebereinstimmung nicht vorhanden. Bei wider¬ 
sprechenden Resultaten ergab eine angestellte Wiederholung 
stets Uebereinstimmung mit dem Ausheberungsresultat; oder 
eine verabreichte Probemahlzeit ergab entsprechende Säure¬ 
werte. Um zu brauchbaren Resultaten zu gelangen, muß man 
sich genau an Sahlis Vorschriften halten. Das Prinzip der 
Methode beruht darauf, daß nach der Anschauung von A d. 
Schmidt rohes Bindegewebe nur im Magen verdaut wird. 
Sahli gibt also dem verdauenden Magen solches Binde¬ 
gewebe in Gestalt eines Katgutfadens; diesen schlingt er um 
eine Gummimembran, in der eine methylenblau- oder jodo¬ 
formhaltige Pillenmasse verschlossen ist. Erfolgt in dem 
Pepsinsalzsäuregemisch des normalen Speisebreis die Auf¬ 
lösung des Katguts, so tritt die Resorption des eingeschlossen 
gewesenen Methylenblaus respektive des Jodoforms ein, und 
diese Körper werden mit Hilfe einfacher chemischer Reak¬ 
tionen im Urin respektive Speichel nachgewiesen. Die zur 
Herstellung der Desmoidbeutelchen erforderlichen Materialien 
sind Gummimembranen aus feinstem Paragummi, die als 
„Cofferdam“ in der Zahnheilkunde Verwendung finden; ferner 


feinstes Katgut und Pillen mit der Vorschrift: 

Rp. Jodoform.. . . 5,0 

Succi liquir. depur. et pulv. liq. ää . . . 2,0 

M. f. p. No. 50. 

Rp. Methylenblau < t .2,5 

Succi liquir. depur. et pulv. liq. aa . . 2,0 
M. f. p. No. 50. 


Die Pillen, die Sahli neuerdings empfiehlt, die mit 
einem Wismutzusatz versehen sind, damit sie auch in einem 
dickflüssigen Magensaft untertauchen, halten die Verfasser 
nicht für empfehlenswert, weil sie zu groß und zu weich sind 
und sich ihr Verschluß durch den feinen Katgutfaden nicht so 
sicher und einwandfrei hersteilen läßt, wie bei den kleineren 
Pillen von festerer Konsistenz. Die Materialien können von 
der Firma Hausmann A.-G., Sanitätsgeschäft, St. Gallen, 
bezogen werden. Die Pillen werden in ein etwa 16 qcm 
großes Stück Kautschukmembran, das vorher mit Talkum resp. 
Reismehl eingerieben ist, so eingeschlagen, daß sich die Mem¬ 
bran über der Pille spannt und etwas glänzend wird. Während 
die linke Hand Beutelchen und Pille fixiert, schlingt man mit 
der rechten den vorher in Wasser aufgeweichten Katgutfaden 
um den Hals de^ Bputelchens in drei parallel nebeneinander 


669 

liegenden Touren; dann knüpft man einen Doppelknoten, ohne 
die Spannung der Membran zu verändern. Die überstehendeu 
Ecken des Kautschuks werden dicht über dem Faden abge¬ 
schnitten, dieser selbst etwa auf 2—3 mm vom Knoten ge¬ 
kürzt. Zur Prüfung auf Brauchbarkeit wird die Pille in Wasser 
geworfen, in dem sie untersinken soll, ohne daß Methylenblau 
sich dem Wasser mitteilt. Diese Probe ist nötig zur Prüfung 
der Schwere, da die Pille, um verdaut zu werden, auch im 
Magen untersinken soll, und der Dichtigkeit des Verschlusses, 
weil sonst Methylenblau auch ohne Verdauung des Katgut¬ 
fadens in den Mageninhalt Übertritt und resorbiert wird. Die 
vorschriftsmäßig hergestellten Pillen werden am besten zu 
einem gewöhnlichen Mittagessen oder etwa 1 '■> Stunde nachher 
gegeben; Sahli selbst empfiehlt, sie nach der Suppe zu 
nehmen; sie sollen ungekaut mit einem Schluck Wasser her¬ 
untergeschluckt werden. Es empfiehlt sich, die Patienten nicht 
rechte Seitenlage einnehmen zu lassen, um zu verhüten, daß 
die Pille zu früh den Magen verläßt. In Abständen von je 
zwei Stunden sollen die Patienten Urin lassen resp. den 
Speichel in ein Reagensglas entleeren. Gewöhnlich tritt die 
Anwesenheit von Methylenblau durch Grünfärbung des Urins 
in die Erscheinung. In Fällen, wo der Urin ungefärbt bleibt, 
kann man durch Kochen unter Zusatz von einigen Kubik¬ 
zentimetern konzentrierter Essigsäure die Leukobase, als 
welche das Methylenblau wieder ausgeschieden wird, in die 
grüngefärbte saure Lösung überführen. Der Nachweis des 
Jodoforms geschieht durch Stärkereaktion oder dadurch, daß 
man den Urin respektive Speichel mit Chloroform ausschüttelt, 
dann einige Tropfen 1 proz. Natriumnitritlösung und 1 ccm Acid. 
sulf. dil. puriss. zusetzt. Bei Anwesenheit von Jod tritt eine 
sehr schöne Rosafärbung auf. Sahli äußert sich über die mit 
seiner Methode erzielten Resultate in dem Sinne, daß ein posi¬ 
tiver Ausfall ein Beweis für das Vorhandensein eines pepsin- 
lind salzsäurehaltigen Magensaftes und für den normalen Ver¬ 
lauf des Magenchemismus sei. Bleibt die Reaktion negativ, 
so hat keine genügende Magenverdauung stattgefunden, d. h. 
es ist entweder der Chemismus des Magens gestört oder seine 
Motilität gesteigert. Verspätete Desmoidreaktion läßt auf zwar 
vorhandene, aber herabgesetzte Pepsinwirkung schließen. Ein 
Reagens auf freie Salzsäure ist die Desmoidreaktion nicht; und 
wenn bei fehlender HCl im ausgeheberten Mageninhalt die 
Desmoidreaktion positiv ausfällt, so erklärt'dies Sahli damit, 
daß die Verdauung eines gewöhnlichen Probefrühstückes eine 
willkürliche, ziemlich leichte Aufgabe für den Magen sei, die 
gar nicht die normalen Säureverhältnisse wiedergebe, die 
durch die gewöhnliche Nahrung erzielt würden; außerdem er¬ 
hält man durch die Ausheberung nur den Einblick in den 
Stand der Magenverdauung zu einem bestimmten Zeitpunkt; 
dabei können die Verhältnisse vorher und nachher ganz andere 
sein. ' K r. 


Dr. W. Unna, Assistenzarzt der inneren Abteilung des jüdi¬ 
schen Krankenhauses zu Berlin: Ucber Klysticr-Ersatz- 
Therapie. (Die Therapie der Gegenwart, Juni 1910.) 

Unter den für die Erleichterung der Defäkation empfohle¬ 
nen Danneingießungen erfreuen sich die von Fl einer in 
die Therapie eingeführten Oeleinläufe besonderer Beliebtheit. 
Aber auch die Oelklysmen haben gewusse Schattenseiten (Be¬ 
schmutzung der Wäsche etc.). Deshalb ist ein Ersatzmittel für 
Oelklystiere, das deren zweckdienliche Eigenschaften aufweist, 
ohne gleichzeitig mit ihren Nachteilen behaftet zu sein, als ein 
Fortschritt auf diesem Gebiete herbeizuwünschen. In diesem 
Sinne hat nun H. Strauss Versuche mit großen Supposi- 
torien aus Ol. Cacao angestellt. Er ging dabei von der Vor¬ 
aussetzung aus, daß sich solche Zapfen, wenn deren Schmelz¬ 
punkt niedriger ist als die Körpertemperatur, im Mastdarm 
auflösen müssen, und daß dfe von ihnen gelieferte Oelmenge 
ausreichen müßte, um die Darmwand und Kotmassen ge¬ 
nügend schlüpfrig zu machen und ein leichtes Durchgleiten 
der letzteren durch das Rektuni 'zu ermöglichen. Die Zapfen 
haben eine konische Form, sind 8 cm lang (d. h. nicht länger 
als der Längsdurchmesser der Ampulle!) im Durchmesser 
1%,—2 cm breit und an ihrem vorderen Ende etwas zugespitzt. 
Sie w'erden in einem eigenen Suppositorienapparat aus je 15 
bis 20 g erwärmtem Ol. Cacao hergestellt. Nach dem Erkalten 
haben sie eine genügend feste Konsistenz, um sich — an der 
Spitze mit etwrns Oel oder Vaseline eingefettet — mühelos in 
deu After einführen zu lassen. Die Zapfen wurden zunächst 
in solchen Fällen angewendet, in denen es darauf ankam, die 
Reibung des Kotes zu vermindern, wozu schon ein geringes 
Quantum von Oel völlig ausreichen muß, also vornehmlich in 
den Fällen von sog. Proctitis ampullaris und Proctitis sphincte- 
rica, in denen die Proktosigmoskopie eine entzündlich gerötete, 
feucht glänzende oder auch auffallend trockene, granulierte 
eventuell auch erodierte oder mit Schleim belegte Mukosa vor 
Augen führt. In derartigen Fällen kommt es in erster Linie 
darauf an, traumatische Insulte der Schleimhaut zu verhüten, 
durch die das Leiden unterhalten werden kann. Ihr Indika- 







570 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 37. 


tionsgebiet laßt sich aber durch verschiedene Zusätze zum Ol. 
Cacao beliebig erweitern. So wird in solchen Fällen, in wel¬ 
chen gleichzeitig noch eine adstringierende Wirkung aut die 
Schleimhaut der Ampulle und der Pars sphincterica erwünscht 
ist, den Stuhlzapfen noch eine Beimischung von 0,5—0,1 g des 
nach ■ den Angaben von Strauss hergestellten zuckerfreien, 
neutralen, kalk- und. mentholhaltigen Heidelheerextraktes ge¬ 
geben. Auch Ichthyolbeimengungen (0,1 g) mit oder ohne 
Eukain (0,03 g) und Extr. Beilad. (0,03 g) wurden mit Erfölg 
angewandt. Eine ekkoprotische Wirkung erzielt man durch 
Zusatz von Glyzerin, Seife usw. Für diejenigen Fälle, in wel¬ 
chen ein die Peristaltik anregender Zusatz erwünscht schien, 
wurde 0,1 bis 0,2 g Choisäure beigemengt. Die Cholsäure- 
zapfen sind in solchen Fällen zu empfehlen, wo zur Schonung 
des Magens auf die Verabreichung eines Abführmittels ver¬ 
zichtet werden muß und in welchen die gleichzeitige Anwen¬ 
dung eines Aperitiv- und Gleitmittels angezeigt erscheint. 

. Kr. 

Dr. Walter: Ein Beitrag zur Spirosalwirkung. (Heilkunde, 1910, 
No. 2.) 

Die lokale epidermatische Salicylbehandlung besitzt ohne 
Frage Vorzüge vor der internen. Das für diesen Zweck empfoh¬ 
lene M e s o t a n darf, um keine Hautreizungen hervorzurufen, 
nur mit Oel aufgepinselt oder in Form von Mesotansalben 
25 proz. mit Vaseline verwendet werden. 

Das durch die Utersuchung von Impens in die Therapie 
eingeführte S p i r o s a 1 ruft keine Hautreizungen hervor. Verf. 
hat das Präparat bei einer Anzahl Fälle von Muskel- und chro¬ 
nischem Gelenkrheumatismus verwendet und konnte in den 
meisten Fällen eine prompte schmerzstillende Wirkung erzielen. 
Bei akuten und subakuten fieberfreien Rheumatismen war nach 
kurzer Zeit ein deutlicher Rückgang der Schwellungen und 
Schmerzen zu beobachten. Auch bei schweren Polyarthritiden 
wurden die Schmerzen erheblich gemildert. Die Anwendung 
geschieht durch kräftiges Einreiben mit Spiro.sal, die 
leidende Stelle wird mit einem undurchlässigen Verband be¬ 
deckt. Recht handlich und preiswert ist die von Dengel ange¬ 
regte Originallösung Bayer, die eine Mischung aus 10 Teilen 
Spirosal und 20 Teilen Spiritus rectificatiss. darstellt. B. 

Dr. ßiesalski (Berlin): Grundsätzliches zur Behandlung der 
Littleschen Krankheit. (Münch, med. Wochenschr., 1910, 
No. 31.) 

Verfasser bespricht die Aussichten der Förster sehen 
Operation (Resektion hinterer Rückenmarkswurzeln) bei der 
1, i 111 e sehen Krankheit und die übrigen Hilfsmittel bei deren 
Behandlung. Zunächst weist er darauf hin, daß mau ver¬ 
schiedene Gruppen der Krankheit zu unterscheiden hat. Es 
gibt erstens Formen des Little, welche, solange sie im Bett 
liegen, nur einen mäßigen Spasmus zeigen und aktive Be¬ 
wegungen, nämlich diejenigen, welche den Bewegungen des 
Gehens entsprechen, im Groben, wenn auch paretisch, aus¬ 
führen können. Stellt man diese Kinder auf den Fußboden, 
so wirken die aufrechte Haltung, die Belastung, der Reiz der 
kalten Diele in dem Sinne, daß die spastische Komponente 
plötzlich kolossal anschwillt und die Kinder unfähig sind, eine 
von den Bewegungen auszuführen, welche sie im Bett ganz gut 
zu leisten vermochten. Zweitens gibt es Fälle, bei denen un¬ 
abhängig davon, ob die Kinder in oder außer dem Bett smd, 
der spastische Anteil der Krankheit in auffälliger Weise wäh¬ 
rend eines kürzeren oder längeren Zeitraums wechselt. Drittens 
gibt es sehr schwere Fälle, bei welchen der Spasmus dauernd 
so hochgradig ist, daß die betroffenen Glieder wie in Gelenk¬ 
ankylose unbeweglich fixiert sind. Diese Fälle sind nun nach 
Verfasser die einzigen, welche primär für die Förster sehe 
Operation in Betracht kommen. Auf Grund dieser Indikations¬ 
stellung hat Verfasser trotz der großen Zahl von Little-Fällen, 
welche er in seiner Abteilung (Berlin-Brandenburgische 
Krüppel-Heilanstalt) hat, erst, zweimal Gelegenheit gehabt, die 
Förster sehe Operation auszuführen, bei einem Knaben von 
fünf Jahren und einem Mädchen von sechs Jahren. In beiden 
Fällen wurden die hinteren Wurzeln des zweiten und vierten 
lumbalen und des ersten sacralen Segments reseziert. Der 
erste Fall wurde zweizeitig operiert, die zweite Operation 
■wurde zirka sechs Wochen nach der ersten ausgeführt; schon 
nach dem ersten Eingriff war Eiterung aufgetreten, jedoch war 
Heilung eingetreten. Nach dem zweiten Eingriff ging das Kind 
nach 13 Tagen unter meningitischen Symptomen zugrunde. Bei 
dem Mädchen von sechs Jahren wurde in einer Sitzung operiert. 
Hier war der Wundverlauf vollständig glatt. Bei beiden Kin¬ 
dern konnte beobachtet werden, daß unmittelbar nach der 
Operation die Spasmen nachließen, und zwar war dies in den 
ersten Tagen noch mehr der Fall als späterhin. Als bei dem 
zweiten Kind mit aktiven Uebungen begonnen werden sollte, 
bestand ein schwerwiegendes Hindernis in der Verkürzung 
großer Muskelgruppen, z. B. der Adduktoren, der Kniebeuger 
und der Plantaillevoren. Diese sekundären Verkürzungen 


und Schrumpfungen der Weichteile machen bei der Little¬ 
schen Krankheit zum Teil d‘4Ä Effekt der Förster sehen 
Operation illusorisch. Man muß deshalb entweder nach der 
F ö r.s t e r sehen Operation durcR sekundäre Operationen diese 
Verkürzungen zu beseitigen suchen, oder noch besser: man 
müßte diese sekundären Operationen vor der Förster sehen 
Operation machen, ln Vielen Fällen erreicht man nämlich, 
wie die Erfahrung zeigt, durch diese Hilfsoperation allein mit 
naclÄeriger medikomechauischer Behandlung, Schienenhülsen¬ 
apparaten etc. bei der Little sehen Krankheit, daß die Kin¬ 
der gehfähig werden. Oberster Grundsatz muß nach Verf. 
bei der Behandlung sein, den Muskeln keine Ruhe zu lassen: 
rücksichtslose Bekämpfung der sekundären Veränderungen, 
unaufhörliche Uebungen der Muskeln führen manchmal zu un¬ 
gewöhnlichen Erfolgen. — Die Resektion der hinteren Rücken¬ 
markswurzeln sollte man nach Verf. erst dann folgen lassen, 
wenn alles übrige versagt hat. R. L. 

Franz Haubcr: Migräne und Schmcrzdäininerzustände. (Disser¬ 
tation, Berlin 1909.) 

Viele als Migränepsychosen bezeichnete Geistesstörungen 
kommen der Migräne als solcher nicht zu, sondern sind Mani¬ 
festationen anderer Neurosen, vor allem der Hysterie und Epi¬ 
lepsie. Das Vorkommen reiner Migränepsychosen ist nicht ab¬ 
zustreiten. Dieselben können durch die Intensität des Schmerzes 
hervorgerufen werden und würden dadurch der sogenannten 
neuralgischen Dysphrenie naherücken; sie sind eventuell aber 
auch bedingt durch vasomotorische Störungen, durch Kontrak¬ 
tion oder Erschlaffung der Gefäßwandungen und dadurch ge¬ 
setzte Zirkulationsstörungen, z. B. Anämie oder Hyperämie des 
Gehirns, ähnlich den schon bekannten kongestiven und 
angiospastischen Dämmerzuständen. F. 

Prof. Dr. Felix Hirschfeld (Berlin): Schwangerschaft und 
Zuckerkrankheit. (Berl. klin. Wochenschr., 1910, No. 23.) 

Die Ergebnisse dieser Arbeit faßt Verf. in folgenden Sätzen 
zusammen: Unter dem Einfluß der Schwangerschaft beobachtet 
man mitunter bei zuckerkranken Frauen, zumeist im Beginn 
des 3. und 4. Monats, eine Verschlimmerung der diabetischen 
Funktionsstörungen. Im hohen Grade tritt dies hervor bei der 
Ausscheidung der Acetonkörper (Acidosis), in etwas geringerem 
Maße bei der Glykosurie. Ein Coma diabeticum tritt in der 
Regel nicht während der Gravidität und auch zumeist nicht un¬ 
mittelbar im Anschluß an die Entbindung auf. Die Verschlim¬ 
merung kann dauernd werden, sie kann sich aber auch nach 
der Entbindung allmählich zurückbilden. Das so häufig un¬ 
mittelbar nach der Entbindung beobachtete Verschwinden der 
Glykosurie hängt zumeist von der unter diesen Verhältnissen 
üblichen knappen Diät ab. Schon aus der Feststellung der Tat¬ 
sache, daß die Schwangerschaft den Diabetes verschlimmert, 
wird man a priori die Berechtigung zu einer relativ günstigen 
Prognose der während der Schwangerschaft entstandenen Fälle 
von Zuckerkrankheit herleiten dürfen. Die vorhandenen Beob¬ 
achtungen sprechen für die Richtigkeit einer solchen Schlu߬ 
folgerung. Unzweifelhaft ist während der Schwangerschaft bei 
nicht zuckerkranken Fraueti entweder bei allen oder bei der 
großen Mehrzahl die Fähigkeit, die genossenen Kohlehydrate 
zu verbrennen, verringert, wie dies aus den Versuchen über 
die Zuckerausscheidung nach Genuß von 100 g Zucker hervor¬ 
geht. Wenn bisher bei einem nicht unerheblichen Prozentsatz 
der schwangeren Frauen — etwa 10 pCt. — eine gelegentliche 
Glykosurie sogar während der gewohnten Ernährungsweise ge¬ 
funden wurde, so scheint hierbei außer einer Anlage zum 
Diabetes auch eine nervöse Disposition besonders begünstigend 
zu wirken, soweit sich aus den wenigen bisher vorliegenden 
Beobachtungen dies Urteil abgeben läßt. Zwischen den leich¬ 
testen Formen dieser Glykosurie und den unzweifelhaft als Dia¬ 
betes zu bezeichnenden Formen besteht unverkennbar eine 
Reihe von Uebergängen. Um auf ein vollständiges Verschwin¬ 
den der Glykosurie rechnen zu können, muß die Krankheit 
der milden Form angehören, so daß von den genossenen Kohle¬ 
hydraten nicht mehr als ein kleiner Teil als Zucker aus¬ 
geschieden wird. In solchen Fällen sind die eigentlich diabeti¬ 
schen Symptome zumeist gar nicht oder nur wenig aus¬ 
gesprochen; ferner wird meistens kem ungünstiger Einfluß auf 
die Entwicklung des Kindes ausgeübt, ebenso wie bisher bei 
den gelinden Fällen von Zuckerkrankheit eine nachteilige Ein¬ 
wirkung des in geringer Menge ausgeschiedenen Zuckers auf 
die Lebensdauer sich nicht nachweisen läßt. Selbst das ge¬ 
legentliche Auftreten von Acetessigsäure rechtfertigt alsdann 
noch nicht die Stellung einer ungünstigen Prognose. Die Auf¬ 
stellung einer besonderen alimentären Glykosurie in der Gra¬ 
vidität im Gegensatz zu dem unheilbaren Diabetes mag prak¬ 
tisch nützlich erscheinen, sicher begründet ist sie nicht, da kein 
einziges Merkmal vorhanden ist, um eine klar erkennbare 
Grenze zwischen diesen beiden Krankheitsformen zu ziehen. 

Kr, 



No. 37. 


571 


THERAPEUTI SCHE 

Dr. Demetrius Gasig (Athen): Zur Auffindung der Sperma 
tozoen in alten Spermaflecken. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 29.) 

Um in trockenen Sperniafleeken die Sperinatozoen nach¬ 
zuweisen, empfiehlt Verfasser eine Lösung von Quecksilber¬ 
chlorid (1 :1000), der einige Tropfen von i Salzsäure (bis zur 
ausgesprochen sauren Reaktion) zugesetzt sind. In dieser 
Flüssigkeit halten sich die Sperinatozoen sehr gut, sogar sechs, 
bis acht Tage, ohne irgdenwie in ihrer Form geschädigt zur 
werden. Es ist also das Quecksilberchlorid ein ausgezeichnetes 
Konservierungsmittel für die Sperinatozoen; vielleicht beruht 
dies auf Bildung eines Quecksilberalbuminates, welches die 
Sperinatozoen gegen die weitere Maceration schützt. Zur 
Färbung der Sperinatozoen benutzt Verfasser dann das Eosin; 
das Quecksilberchlorid ist nämlich ein ausgezeichnetes Beiz- 
inittel für das Eosin. Zur eventuellen leichten Entfärbung dient 
dann eine 1 proz. wässerige Lösung von Kaliumjodid, welche 
bei momentaner Einwirkung eine Entfärbung der übrigen Be¬ 
standteile des Präparats bewirkt, während die Färbung der 
Sperinatozoen unverändert bleibt. Gewöhnlich pflegt man die 
den Spermafleck aufgelagerten trockenen Schüppchen zur 
Untersuchung zu nehmen, in der Voraussetzung, daß sie reich¬ 
liche Sperinatozoen enthalten, dies trifft indes nach Verfasser 
selten zu, da diese Schüppchen meist aus dem Präputialsack 
stammen und hauptsächlich aus Fett bestehen. Man darf sich 
daher nicht auf die Untersuchung dieser Schüppchen be¬ 
schränken, sondern muß auch die Fasern des Gewebes mit 
heranziehen; ferner soll man nicht nur ein zentrales Stück 
aus dem Fleck untersuchen, sondern auch Stücke aus der 
Peripherie, da gerade dort häufig sich zahlreiche Sperinatozoen 
finden. Verfasser verfährt deshalb folgendermaßen: An ver¬ 
schiedenen Stellen zwischen der Peripherie und dem Zentrum 
des Spermafleckes werden Stückchen abgeschnitten, fein ver¬ 
teilt und in die Macerationsflüssigkeit (1—2 ccm davon) zwei 
bis fünf Minuten gelegt, dann mit einem Glasstab ausgepreßt. 
Ein Tropfen der Flüssigkeit wird auf den Objektträger ausge- 
breitet, bei leichter Flamme getrocknet und eine Minute lang 
in 1 proz. wässeriger Eosinlösung gefärbt. Dann wird einige 
Sekunden lang, bis das Präparat eine leichte Rosanuance an- 
nimmt, in 1 proz. wässeriger Jodkalilösung entfärbt. Wenn im 
Präparat keine Sperinatozoen gefunden werden, gehe man in 
folgender Weise vor: Die abgeschnittenen Stückchen aus dem 
Spermafleck werden in 10—20 ccm der Macerationsflüssigkeit 
gelegt und fünf Minuten darin stehen gelassen, dann mittels 
eines. Glasstabes gepreßt und herausgenommen. Eine halbe 
Stunde später beim Stehenlassen oder auch sogleich, wenn man 
zentrifugiert, finden sich im Bodensatz der ausgepreßten 
Flüssigkeit die Spermien in Haufen beisammen. Die Färbung 
kann man bei beiden Arten der Untersuchung auch fortlassen 
und das Präparat frisch untersuchen. R. L. 

Dr. F. Suter. Dozent f. Urologie in Basel: Ueber die Indikatio¬ 
nen zur Prostatektomie. (Korrespondenz-Blatt f. Schweizer 
Aerzte, 1910, No. 22.) 

Verf rekapituliert kurz die allgemeinen Indikationen zu 
therapeutischen Eingriffen bei der Prostatahypertrophie, um 
dann über die für ihn maßgebenden Indikationen zur Ope¬ 
ration zu berichten und als Illustration kurz über die von ihm 
im letzten Jahre operierten Fälle zu referieren, die eine Vor¬ 
stellung von den Erfolgen geben, die man mit der Operation 
erzielt. Im allgemeinen treten die Prostatiker, sagt Verf., in 
ärztliche Behandlung, wenn entweder ein sehr häufiges Miktions¬ 
bedürfnis vorhanden ist, oder wenn sich Schwierigkeiten für 
die Entleerung der Blase einstellen. Bei der Untersuchung 
findet man bei solchen Kranken dann die vergrößerte Drüse 
und in der Mehrzahl der Fälle einen Residualham. Manchmal 
fehlt dieser auch. Bei dieser Kategorie von Kranken sind die 
therapeutischen Indikationen verschieden: Da wo ein Residual¬ 
ham fehlt (I. Stadium der Prostatahypertrophie), besteht eine 
Indikation für den Katheterismus nicht. Solche Patienten sind 
hygienisch-diätetisch und mit Hydrotherapie zu behandeln. Für 
Fälle mit Harnretention (II. Stadium) von 100 ccm und mehr 
mit starken Beschwerden (häufige, den Schlaf störende nächt¬ 
liche Miktionen, Schwierigkeiten der Emission) kommt die Eva- 
kuation des Residualharns, also der Katheterismus in Frage. 
Da. wo eine akute Harnretention das erste oder zweite Stadium 
unterbricht oder einleitet, ist die Indikation zum Katheter klar. 
Einveder kehren solche Fälle dann wieder zum Ausgangspunkt 
zurück, oder es bleibt die chronische totale Retention bestehen. 
Eine letzte Gruppe von Prostatikern (III. Stadium) zeichnet 
sich aus durch chronische Retention mit Distensiou der Blase 
und Störungen des Allgemeinbefindens. Solche Kranke suchen 
den Arzt oft nicht wegen ihrer Urinbeschwerden, sondern wegen 
allgemeiner Schwäche, Verdauungsstörungen usw. auf. ln 
diesen Fällen, besonders hei sehr alten Männern, ist der Ka- 
theterismus manchmal der Anfang vom Ende. Hier ist große 
Vorsicht-nötig. 

Das sind die allgemeinen Indikationen zum evakuatorischen 
Katheterismus bei Prostataliypertrophie. Wann ist nun dem 


RUNDSCHAU 1910. 

Pat. statt des Katheterismus die Operation auzuraten? Sollen 
wir als Normalbehandlung der Urinretention bei Prostatikern 
den Katheterismus anempfehlen, oder sollen wir von vornherein 
die Möglichkeit der Operation erwägen? Verf. hält das letztere 
für richtig. Denn oft kommen Prostatiker, die einige Jahre den 
Katheter gebraucht haben, und bei denen er alle möglichen 
Komplikationen gebracht hat, zu uns und wünschen die Ope¬ 
ration, die wir dann nicht mehr ausführen können, oder doch 
nur unter großer Gefahr. Der täglich oft zu wiederholende Ka- 
theterismus macht das betreffende Individuum zu einem 
Krüppel, der von seinen Instrumenten abhängig ist und doch 
meist unter vielen unangenehmen Störungen leiden muß. Wenn 
wir das alles auf der einen Seite in Rechnung setzen und auf 
der andern Seite die völlige Heilung durch eine Operation, so 
haben wir die Pflicht, unsern Kranken die Prostatektomie so 
gut anzuetnpfehlen, wie den Katheterismus. Wenn das All¬ 
gemeinbefinden ein gutes, der Kranke noch relativ jung und 
nicht in der Lage ist, sicii dem Katheterismus mit Muße zu wid¬ 
men, oder wenn der Katheter nicht ganz leicht geht, dann rät 
Verf. dringend zur Operation. Verfasser teilt zehn Kranken¬ 
geschichten mit, die die Indikationen im speziellen Falle illu¬ 
strieren. Er wendet die Frey er sehe Operation an, die vor 
der perinealen die Schonung der Potenz voraus hat. Von 
den 10 Operierten erlag der Operation ein 79 jähriger Patient, 
für dessen Herz der Eingriff zu groß war; alle anderen Patien¬ 
ten wurden geheilt, sie entleerten ihre Blase wieder vollstän¬ 
dig; die häufigen Miktionen schwanden, keiner brauchte mehr 
ein Katheter. Die Blasenwunde heilte innerhalb drei bis vier 
Wochen zu. K r. 

Dr. Th. Voecklcr (Magdeburg): Zur Technik des Harnleitcr- 
kaiheterismus. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 30.) 

Um beim Harnleiterkatheterismus die Asepsis zu sichern, 
muß man die herausragenden Enden der Ureterenkatheter vor 
der Berührung mit den äußeren Genitalien des Untersuchten, 
dem Gesicht des Untersuchers etc. schützen. Verfasser er¬ 
reicht dies auf folgende Weise: Er zieht vor der Untersuchung 
ülier die aus dem Cystoskop heraushängenden Enden der Harn¬ 
leiterkatheter entsprechend zurechtgenähte Hüllen aus weicher 
Leinwand oder Shirting, die etwa 60—65 cm lang und 3 cm 
breit und vorher in Dampf sterilisiert sind. Die Hüllen sind 
an einem Ende geschlossen; das offene Ende wird nach voll¬ 
zogenem Ueberstülpen, mittels eines Seidenfadens, der in den 
umgelegten Saum eingezogen ist, vor der Dichtimgsmass'e des 
Kathetereinführungsrohres angebunden und ist dadurch vor 
Abgleiten gesichert. Nachdem das Instrument in die Blase 
eingeführt ist, lassen sich die Katheter sehr bequem durch die 
Schutzhüllen hindurch fassen und vorwärts schieben, ohne daß 
sie irgähdwie berührt zu werden brauchten oder verunreinigt 
werden können. Das Verfahren ist überall anwendbar, wo 
man den Harnleiterkatheter ohne Mandrin einführt. Sind die 
Katheter bis ins Nierenbecken vorgeschoben, so werden die 
, Hüllen abgestreift. 

Stabsarzt Dr. Grunert (Königsberg i. Pr.): Bruch des Pro¬ 
cessus posterior tali. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, 
No. 30.) 

Bekanntlich werden nicht selten, wenigstens wenn man die 
Röntgenuntersuchung unterläßt, Brüche im Bereich der Fu߬ 
wurzel irrtümlich als „Verstauchungen“ angesehen. Zu diesen 
leicht verkannten Brüchen im Bereich der Fußwurzel gehören 
auch die Brüche des Processus posterior tali. Diese entstehen 
für gewöhnlich nur durch eine geringfügige indirekte Gewalt¬ 
einwirkung und werden eben deswegen leicht verkannt. Zu¬ 
standekommen werden nach Verfasser diese Brüche wotil nur, 
wenn der hintere Fortsatz besonders stark entwickelt ist, was 
in 12—14 pCt. der Fälle statthat. Ausuahnisweise ist der 
hintere Fortsatz als selbständiger Knochen, ohne Zusammen¬ 
hang mit dem Talus, entwickelt (Os trigonum nach S t i e d a); 
es kann dann bei nur einseitiger* Untersuchung dieses Os tri¬ 
gonum als ein abgesprengter hinterer Fortsatz aufgefaßt und 
irrtümlich also eine Fraktur angenommen werden. Mau muß 
beide Füße mit Röntgenstrahlen durchleuchten, um sich vor 
derartigen Fehldiagnosen zu schützen, weil solche Anomalien 
meist doppelseitig Vorkommen. Verfasser hatte auch Gelegen¬ 
heit, einen Fall von Fraktur des Processus posterior tali zu be¬ 
obachten, und zwar bei einem Kanonier, der auf einen Stein 
gesprungen war. von dem er ahratschte, ohne zu Fall zu kom¬ 
men. Der Patient trat erst neun Tage später in Lazarett- 
behandlung, wo die Diagnose: Bruch des hinteren Talusfort¬ 
satzes des linken Fußes, gestellt wurde. Nach zwei Monaten 
erst wurde der Verletzte geheilt entlassen. Die Häuptsyrriptome 
der Verletzung sind: ein fixer, heftiger Druckschmerz zwischen 
dem Achillessehnenansatz und dem inneren Knöchel, während 
der Druck auf den Knöchel selbst wenig oder gar keine 
Schmerzen verursacht. Ferner ist typisch eine mehr oder 
weniger fixierte Spitzfußstellung. die zuweilen sich mit Platt¬ 
fuß kombiniert. Ein besonderes Zeichen ist die manchmal vor- 




572 


THERAPEUTISCHE 

handerie, Flekiönslbes'chrahkiuig der großen Zelie (in der Kinne 
des Processus posterior tali verlauft die, Sehne des M. flexor 
hallucis tqngus). Was die Prognose änlangt, so ist sie zwar ii.ii 
allgemeinen gut, doch dauert es für gewöhnlich längere Zeit, 
bis die Besfliwerdeii vollständig verschwunden sind. Bei der 
Behandlqng wird man sich nicht lange mit feststehenden Ver¬ 
bänden änflialten, da mau ein Wiederanheilen des Fragmentes 
damit doch nicht erreicht, was auch für die, spätere Funktion 
nicht | ilötig ist, sondern frühzeitig mit Bewegungsübungen 
beginnen. R. I.. 

'ibMrwmv mmsrbiiwül tii l .ii-'.timiT i»l plai. fil 

1). H. Pet^sche, Oberarzt im K, $.,.9. inf.-Regt. No. 133; lieber 

die Yerwenflbarkeit der Blunkschen Blutgefäßklemme zur 

definitiven Blutstillung. (Bejtr. z. klin. Chir., 1010, Bd. 68, 
Heft 3.) 

Verf. berichtet über seine Erfahrungen bei 100 größeren 
und kleineren Operationen mit der vom Oberveterinär 
R. Blank (Wesel) erfundenen, von der Firma Rudolf 
Blunk (Hamburg) angefertigten Blutstillzange. Das Instru¬ 
ment gleicht einer unten stark gekrümmten Schere, deren 
Brauchen abgestumpft und auf der inneren Seite stumpf ge¬ 
zähnt sind. Sie wird in drei verschiedenen Größen für kleine, 
größere und große Gefäße und in einer kürzeren und einer 
längeren Form angefertigt. Die Blunksche Klemme bewirkt 
nun eiheil Gefäßverschluß nicht durch Anwendung starken 
Driicks, sondern durch Aufrollen der inneren Gefäßhäute in 
das Gefäßlumeh, ist also ein im Prinzip ganz anderes Instru¬ 
ment als die Angioiriptoren. Daß dieses Einrollen der Innen- 
häute der Gefäße durch die Blutstillklemme nach Blunk in 
der vollkommensten Weise geschieht, während die Adventitia 
lediglich zusammengepreßt wird, konnte Verf. an den verschie¬ 
densten vom lebenden Menschen bei Oberschenkelamputationen 
von' der Femoralis ühd von Kaninchen von der Carotis ge¬ 
wonnenen Präparaten naühweiseh. Ueberall war bei richtig 
ausgefuhrter Qüefschühg Und, wenn die Klemme langsam und 
weich wieder abgenommen worden war, Intima und Media 
flügeltür- bezw. 'Ventilartig in das Lumen eingeschlagen, dte 
Adveffiitiä hihgtegen föst aneinandergepreßt. Aus einem der 
vorliegenden Arbeit beigegebenen Photogramm einer längs 
durchschnittenen menschlichen Arteria femoralis, die unmittel¬ 
bar 1 hach einer Oberscherikelamputation entnommen und mit 
der BTiih ksdieh VKIenime behandelt worden war. ist ohne 
weiteres 'zu ersehen, wie die Wirkung der Klemme zustande 
kommt. Die Intima und Muskularis wird durchquetscht und 
durch die überemahdergi'eifendenl fest aufeinanderschleifendeu 
Branchen der Klemme distal und proximal zu zwei Pfropfen 
aufgerollt. Die;Adventitia bleibt zusammengepreßt in ihrer 
Kontinuität erhalten! Die mikroskopische Untersuchung der 
Präparate ergibt, daß die Trennung der Schichten stets zwischen 
Adventitia und Media erfolgt. Verf. hat nun zunächst, um die 
Wirkung der Klemme kennen zu lernen. Versuche an lebenden 
Kaninchen angestellt. Es zeigte sich, daß die Blutstillung mit 
der Klemme an den Arterien stets sicher gelang w'ährend sie 
an 'den giößeren'Venen weniger sicher zu sein schien. Das ist 
fast selbstverständlich. Das Lumen großer Venen ist im Ver¬ 
hältnis zU der.dünnen Gefäßwand viel zu weit, und die Venen 
sind : zu wenig'kontraktionsfähig- als daß sie durch den Pfropf 
der inneren Häute genügend sicher verstopft werden könnten. 
Bel kleineren Venen- war aber die Blutstillung ebenso voll- 
kothbien' wie an den Arterien. Die Carotis des Kaninchens 
konnte 'Verf. unmittelbar nach Anlegen und Wiederabnehmen 
der-Klemme: an der-Stelle der von (j em Instrument hinterlasse- 
nen Quetscliforche'durchscbneiden. ohne daß eine Blutung er¬ 
folgte. An der V. dugularis gelang die Blutstillung manchmal 
erst-[ladt wiederholtem Abklemmen. Nachblutungen sind je- 
docblnie aufgetreten. 'Bei dhr nach 2—5 Wochen vorgenomme¬ 
nen (Sektion'der Tiere zeigte sich, daß die Gefäßstümpfe etwa 
3 nii aiiseinandergewrchen waren. Die Stümpfe waren makro¬ 
skopisch leicht verdickt und'fest verschlossen. Da die Wirkung 
der Klemme:ausschließlich dadurch zustande kommt, daß die 
gekrümmten: Enden ihrer'Brauchen wie bei einer Schere sich 
ü herein und evschi eben und zwischen sich das Gefäß flächenhaft 
eiiiklemmem so:-ist' die Anwendung mechanischen Drucks -beim 
Anlegen der Klemme überflüssig. Da ferner die beabsichtigte 
Wirkung .sofort zustande kommt, ist ein längere^ Liegenlgssen 
der JGgmine"ebenfalls überflüssig, 'Es genügt vielmehr zur 
BhYfstirhino. das' Instrument langkan.i. ,'zn schließen und nach 
einigen Ssekünden 'iangsäin, weich und ohne Zug wieder zu 
öffnen. Die Klein ine kann sowohl an isolierte, sichtbare Ge¬ 
fäße, 1 Wie an kleine, gefäßhaltige Gewebsbündel mit Erfolg an¬ 
gelegt werden. Zu-einer exakten und sicheren Wirkung ist es 
nötig,’d'äß die 1 Quetfecbfurche das Gefäß möglichst genau ntier 
trifft. Die B'unk Klemme kann direkt ohne' Zuhilfenahme 
eines; änderen Instrumentes an ein blutendes'Gefäß angelegt 
weiden. i ; Dies'WÖrfähren hat sich aber nur dann als zweck¬ 
mäßig' 'erwiesen wenn, es sieb darum handelte, die Blutung ans 
Gefäßen kehr weicher Gewebe zu stillen. Ausgezeichnete Er¬ 
fahrungen machte Verf. mit der Blunk-Klemme bei ßlu- 

f. T • FE.v ITi OF 


RUNDSCHAU 1910. No. 37. 

tungeh aus den weichen Hirnhäuten und aus dei 4 Niereusub¬ 
stanz. Hier wurde die Klemme stets direkt ah die blutenden 
' Gefäße alrigelegt. Ebenso kann sie unmittelbar.verwendet wer¬ 
den, wenn- ein freigelegtes GefpS vor seiner I)iirchschheidung 
verschlossen, werden soll. Es empfiehlt sich in diesem Fall, das 
.Gefäß 2 mal zu klemmen und zwischen den beiden Klemiii- 
furchen zu durchtrennen. In der Regel aber ging Verf. anders 
.vor. Die während einer Operation durchtrennten oder 
.«zu durchtrennenden Gefäße wurden in .der gewohnten Weise 
niit den üblichen Artprieixklemmen versehen, und erst am 
Schlpß der Operation, wurden sämtliche Gefäße, an denen 
Kiellinien hingen, nicht unterbunden,.sondern mit der Blunk- 
Klemme, behandelt. Man. ergreift zu diesem Zwecke mit der 
linken Hand die Ärterienklemme, zieht : das . voll ihr gefaßte 
Gefäß oder Gewebsbündel etwas an, legt mit der rechten Hand 
die Blunk-Klemme dicht hinter die Spitze der Arterien¬ 
klemme, nimmt hierauf die Arterienklemme ab und öffnet 
endlich langsam die Blunk-Klemme. Ein Mißlingen der 
Blutstillung pflegt sich sofort zu zeigen und ist gewöhnlich 
dadurch bedingt, daß das zu verschließende Gefäß nicht 
genau quer geklemmt worden war. Man kann die 
Prozedur dann noch einmal wiederholen und sehen, ob man 
besseren Erfolg hat, sonst muß man unterbinden oder um- 
stechen. Dicke Gewebsbündel eignen sich nicht für die Blunk- 
Klemme in ihrer jetzigen Form. In straffen, narbigen Geweben, 
wo man Umstechungen zu machen genötigt ist, um den Unter- 
bindungsfäden Halt zu gewähren, ist sie nicht verwendbar. 
Größere Gefäße, zumal Venen, rät Verf. trotz seiner gelunge¬ 
nen Experimente stets zu unterbinden. Atheromatös entartete 
und verkalkte Gefäße schließen natürlich die Verwendung der 
Blunk-Klemme aus. Welche Vorteile kann nun die Blunk- 
Klemme gewähren? Zunächst ist es ganz sicher vonnutzen, 
wenn bei Operationen die Zahl versenkter Ligaturen in so 
großem Maße, wie es die Blunk-Klemme erlaubt, und damit 
die Möglichkeit einer Implantationsinfektion vermindert werden 
kann. Ferner beschleunigt die Blunk-Klemme die Blutstil¬ 
lung an hängenden Arterienklemmen sehr bedeutend. Beson¬ 
ders auffallend ist dies bei Oberschenkelamputationen zu be¬ 
merken. Ferner ermöglicht die Blunk-Klemme zuweilen eine 
rasche und sichere definitive Blutstillung an Stellen, wo Unter¬ 
bindungen gar nicht oder schwer anzubringen sind. Schaden 
sah Verf. bisher nicht von der seit Monaten alltäglich angewen¬ 
deten Blunk-Klemme. Verf. glaubt, daß sie ein Instrument 
ist, das nicht wieder aus dem Instrumentensckraxik des Chirur¬ 
gen verschwinden wird. Da man für einen Öperationssaal nur 
einen Satz der Klemmen (5 Stück verschiedener Form) braucht, 
und der Preis jeder Klemme 7.50 M. beträgt, so ist die Be¬ 
lastung des Etats keine erhebliche. K r. 


Dr. Richard Lehmann (Berlin): Otitis media acuta mit peri¬ 
sinuösem Absceß und Abducenslähmung. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 29.) 

Gradenigo hat vor einigen Jahren zuerst auf einen 
Symptomenkomplex bei akuter und auch bei chronischer Otitis 
media purulenta aufmerksam gemacht, wobei mit oder ohne 
Mastoiditis unter ziemlich intensiven kontinuierlichen Schmer¬ 
zen in der betreffenden Kopfhälfte, speziell in der Temporal- 
Parietalgegend, die zeitweise nach dem Auge ausstrahlen, eine 
Lähmung oder Parese des Abducens der kranken Seite auftritt. 
Die Lähmung trat in Gradenigos Fällen 20—60 Tage nach 
Beginn der Mittelohrentzündung auf. Eine Reihe von Autoren 
haben über analoge Fälle berichtet. Auch Verfasser hatte Ge¬ 
legenheit, einen derartigen Fall zu beobachten. Es handelte 
sich um eine 47 jährige Frau, bei welcher fünf Wochen nach 
Beginn einer Mittelohrentzündung der rechten Seite bei dauern¬ 
der Eitersekretion, leichten Temperatursteigerungen, gestörtem 
Allgemeinbefinden eine rechtsseitige Abducenslähmung aui- 
trat; es bestanden dabei ziemlich heftige Kopfschmerzen und 
ein gewisses retrobulbäres Druckgefühi. . Als nach 14 Tagen 
die Schmerzen fast unerträglich geworden, waren, willigte die 
Kranke in die, ihr schon vorher vorgeschlagene Operation ein. 
Nach Aufmeißelung, des Knochens in der Höhe der. Spina sup.ra 
meatum wurde eine große, mit Eiter und Granulationen unge¬ 
füllte Höhle eröffnet. Die : Paukenhöhle zeigte sich gleichfalls 
völlig mit Granulationen angefüllt, die mit dem scharfen Löffel 
ausgekratzt wurden. Der Knochen zeigte sich in ziemlicher 
Ausdehnung als erkrankt und mußte entsprechend reseziert 
werden. Als dabei der Sinus freigelegt, wurde, quollen etwa T 
1 bis. 1 (4; Teelöffel Eiter hervor. Der Sinus erwies sich selbst 
als gesund, war jedoch mit schmierigen Granulationen bedeckt. 
Die Wuudhöhle wurde mit Jodoformgaze. tamponiert. Der 
weitere Verlauf war gut. die Alidiicenslähmung ging stetig zu¬ 
rück, die Wunde war 4! - Wochen nach der Operation verheilt 
und die Hörschärfe auf dem Ohr; wurde wieder fast normal: 
10 Wochen nach.der Operation, bestand nur noch eine ganz ge¬ 
ringe Abducensparese. t- Ais Ursache der Abducenslähmung 
ergab die Operation also einen perisinuösen Absceß. Ent¬ 
weder hatte der Druck des Abscesses zur Lähmung geführt, 




No. 61 . 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


oder es bestand neben der Perisinuitis noch eine zirkum¬ 
skripte Meningitis an der Pyramidenspitze, die zur Erkrankung 1 
des Nerven führte. Verfasser hält letzteres für wahrscheinlich, 
weil nach schneller Beseitigung der eigentlichen Lähmung die 
Parese des Abducens noch eine Reihe von Wochen hindurch 
bestand. 1 r. l. 


II. Therapeutische Notizen. 

Dr. Maetzke (Seidenberg) hat, wie er in der „Deutsch, 
med. Wochenschrift“, 1910, No. 30, berichtet, in einem Falle 
von schwerer Chorea bei einem 16 jährigen Mädchen, 
welches zuvor ohne Erfolg mit Bromsalzen behandelt 
worden war, durch Sabromin Heilung erzielt. Er gab an¬ 
fangs sechs Tabletten, später drei Tabletten täglich bei gleich¬ 
zeitiger vegetarischer Kost. Da der Bromgehalt von Sabromin 
nicht sehr groß ist — sechs Tabletten ä 0,5 enthalten 0,9 g 
Brom — so glaubt Verfasser, daß auch das im Sabromin ent¬ 
haltende Calcium (Sabromin ist das Calciumsalz der Dibrom- 
behensäure) von Bedeutung für diese therapeutische Wirkung 
gewesen ist. 

Zur Tamponade und Drainage der Bauch¬ 
höhle nach Operationen empfiehlt Dr. A. Krecke (München) 
in „Münch, med. Wochenschrift“, 1910, No. 31, das von ameri¬ 
kanischen Chirurgen angegebene Zigarettendrain. Dasselbe 
wird in der Weise hergestellt, daß ein Stückchen Protectif Silk 
mit zwei oder drei Streifen Vioformgaze gefüllt und nach Art 
einer Zigarette aufgerollt wird. Die Gaze schaut an beiden 
Enden aus der Hülle einige Zentimeter weit heraus. Das 
Drain wird mit seinem einen Ende an den tiefsten Punkt der 
zu tamponierenden Höhle eingelegt und mit dem anderen 
Ende aus der Bauchhöhle herausgeleitet. Um das Zigaretten¬ 
drain herum kann die Bauchwunde fest verschlossen werden, 
ohne daß die Ableitung des Sekrets irgend welche Störung 
erleidet. Die Sekretableitung ist unter diesem Drainagemittel 
eine sehr gute. Das Protectif Silk verklebt infolge seiner glatten 
Oberfläche nirgendwo mit den Geweben, und es kann ein Flüssig- 
Hfjitsstrom sich auch außerhalb des Protectifs zwischen ihm 
lind den umliegenden Geweben ausbilden. Ein zweiter Flüssig- 
kpilsstrom geilt durch die in dem Protectif Silk liegende Gaze- 
schijcht hindurch. Ein weiterer Vorteil dieses Zigarettendrains 
besteht darin, daß man mit seiner Hilfe auch eine blutende 
Stelle tamponieren kann. Ferner läßt sich das Zigarettendrain 
ohne jede Blutung und ohne jeden Schmerz von seiten des 
Patienten entfernen. Statt der Vioformgaze könnte man noch 
andere, Gaze, auch sterile Gaze, benutzen. Die Vioformgaze 
hat den Vorzug, desodorierend zu wirken. Auch bei anderen 
Operationen als in der Bauchhöhle kann man mit Vorteil diese 
Silk-Vipformgazetamponade benutzen. Ein Mangel des 
Zigarettendrains besteht darin, da sich das Protectif Silk weder 
im Dampf noch im kochenden Wasser sterilisieren läßt; das 
Silk verliert dabei seine Glätte und Schlüpfrigkeit. Man muß 
das Silk i dabei in einer antiseptischen Flüssigkeit desinfizieren 
und hat dann die antiseptische Lösung durch Eintauchen des 
Silk injeiner antiseptischen Flüssigkeit zu entfernen. Verf. 
reibt das Silk in 70 proz. Alkohol kräftig ab, legt es dann für 
Va Stunde in 1 °/oo Sublimatlösung und spült es unmittelbar 
vor dem, Gebrauch in Kochsalzlösung ab. 

Dr. M. Gockel (Aachen) lenkt (Münch, med. Wochenschr., 
1910, No. 31) die Aufmerksamkeit auf ein fast in Vergessen¬ 
heit geratenes Wurmmittel, das amerikanische Wurra¬ 
sa menöl Oleum Chenopodii anthelminthici. Dieses Mittel, 
welches in Amerika offizineil ist, wurde schon vor 50 Jahren 
als Anthelminthicum von den deutschen Aerzten gebraucht, 
geriet aber später ganz in Vergessenheit. Vor einigen Jahren 
untersuchte B r ü n i n g das Mittel von neuem im Rostocker 
pharmakologischen Institut und wendete es darauf in der 
Kinderpraxis mit sehr günstigem Erfolg bei Askariden an. 
Trotzdem ist das Präparat bis jetzt ziemlich unbekannt ge¬ 
blieben. Gockel hatte Gelegenheit, es in zirka 50 Fällen 
anzuwenden, er konnte feststellen, daß es bei Askariden fast 
absolut sicher und in der zulässigen Dosis auch ganz ungiftig 
wirkt, im Gegensatz zu dem häufig versagenden und nicht 
selten auch in kleinen Dosen toxisch wirkenden Santonin. 
Einige Patienten, bei denen Santonin versagt hatte, schieden 
nach Ol. Chenopodii anthelminthici 12—25 Askariden aus. Der 
Harn nimmt nach Einnahme des Mittels eine zitronengelbe 
Färbung an, die bei Zusatz von Natronlauge rot wird. Bei 
einzelnen Patienten war eine schnell verschwindende Schleim¬ 
absonderung in den Stühlen zu beobachten, wohl als Folge 
einer akuten Hyperämie der Dünndarmschleimhaut. Hin 
und wieder trat vorübergehendes Kopfweh, häufiger jedoch 
Uebelkeit mit vereinzeltem Erbrechen auf, wohl infolge des 
schlechten Geschmacks des Oels. Um dies zu verhüten, gibt 
man das Ol. Chenopodii in Verbindung mit Menthol mit heißem 
Milchkaffee und läßt die Patienten einige Stunden das Bett 


573 

hüten. Mit Zuckerwasser oder Himbeersaft ist das Mittel kaum 
genießbar. Nur bei kleinen ändern kann man es in dieser Form 
bei zugehaltener Nase, nehmen lassen. Um einen ganz sicheren 
Erfolg zu haben, nimmt man die Kur bei möglichst leerem 
Magen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen vor. Man verab¬ 
reicht an jedem Tage zwei Stunden nach der letzten Dosis je 
nach dem Alter V 2 —2 Eßlöffel Ol. Ricini in Bierschaum, 
schwarzem Kaffee oder Gelatinekapseln. Die Einzeldosis be¬ 
trägt 8—16 Tropfen Ol. Chenopod. je nach dem Alter, Kinder 
zwischen sechs und acht Jahren gibt man 8 Tropfen, zwischen 
9 und 10 Jahren 10 Tropfen, bei 11—16 jährigen 12 Tropfen, 
Pat. über 16 Jahre 12—16 Tropfen. Für Erwachsene verordnet 


man: 

01. Chenopodii anthelminthic.gtt. 16 

Menthol.0,2 g 


Misces dentur tal. doses No. VI ad capsul. gelatinös. 

S. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen je 3 Kapseln (zwei¬ 
stündlich 1 Kapsel) mit heißem Milchkaffee vormittags zu 
nehmen. 

Auch in Geloduratkapseln hat G. neuerdings das Mittel 
mit Erfolg verabreicht. Der häßliche Nachgeschmack blieb 
dabei aus. R. L. 


III. Bücherschau. 

Atlas lind Grundriß der zahnärztlichen Orthopädie. Von Emil 
Herbst in Bremen. Lehmanns mediz. Handatlanten, 
Bd. XXVL 402 S. München 1910, J. F. L eh m a nn. 

Der vorliegende Atlas und Grundriß beschäftigt sich mit 
einem Spezialgebiet der zahnärztlichen Technik, welches erst 
in neuerer Zeit zu seiner überaus großen Vollendung gelangt 
ist. Es werden in ihm alle die technischen Methoden in großer 
Ausführlichkeit beschrieben, welche darauf abzielen, Stellungs¬ 
anomalien des Gebisses zu korrigieren, sei es, daß diese in den 
Alveolus selbst oder in den Kiefer oder auch in den benach¬ 
barten Organen (Nase, Gaumen etc.) ihre Gründe haben. 
Das Buch ist in erster Linie für Zahnärzte geschrieben und 
setzt naturgemäß die genaue Kenntnis der theoretischen Zahn¬ 
heilkunde voraus. — Einige Kenntnisse auf diesem Gebiet sind 
gleichwohl auch für den allgemein praktizierenden Arzt nütz¬ 
lich, um gegebenen Falles in der Familienpraxis mit Rat einzu¬ 
greifen. Aus diesem Grunde seien die Kollegen auf das treff¬ 
liche Buch, das ihnen zweifellos viele wichtige Neuheiten 
bringen wird, aufmerksam gemacht. H. L. 

Ueber (len ursächlichen Zusammenhang von Nase und Ge¬ 
schlechtsorgan. Zugleich ein Beitrag zur Nervenphysiologie. 
Von Wilhelm Fliess. Zweite vermehrte Auflage. Halle a. S. 
1910, Carl Mar hold, Verlagsbuchhandlung. 60 S. 
1,50 M. 

Die Theorie des Verfassers über die Beziehungen zwischen 
der Nase und den weiblichen Geschlechtsorganen hat seiner¬ 
zeit viel Aufsehen erregt, es entbrannte zwischen den An¬ 
hängern und den Gegnern der Fliess sehen Lehre ein hef¬ 
tiger Streit darüber, ob es sich nur um Suggestion handelt, 
oder ob der von Fliess behauptete Zusammenhang ein tat¬ 
sächlicher ist. Dieser Streit ruht auch heute noch nicht, doch 
hat die Zahl der Anhänger der Fliess sehen Lehre unter den 
Frauenärzten sowohl wie unter den Rhinologen entschieden 
zugenommen, und die von.Fliess begründete nasale Behand¬ 
lung der Dysmenorrhoe behauptet sich in der Therapie. Die 
vorliegende zweite Auflage der Schrift von Fliess, in wel¬ 
cher er seine Theorie auseinandersetzt, wird von neuem das 
Interesse weiterer Kreise auf diesen Gegenstand lenken. Von 
Bedeutung ist darin besonders der Versuch des Verfassers, 
eine enge Beziehung der von ihm entdeckten Tatsachen mit 
den von H e a d entdeckten hyperalgetischen Hautzonen her¬ 
zustellen, worauf er die Ausdehnbarkeit der nasalen Therapie 
auch auf andere neuralgische Affeklionen, z. B. den Herpes 
Zoster, begründet. In theoretischer Hinsicht von Interesse sind 
dann noch die Darlegungen des Verfassers über den Zu¬ 
sammenhang der H e a d sehen Zonen mit dem segmentären 
Aufbau des Wirbelkörpers. — Im letzten Abschnitt setzt sich 
Fliess in temperamentvoller Weise mit seinen wissenschaft¬ 
lichen Gegnern auseinander. 

Leitfaden der Riintgenphysik. Vorträge über die physikali¬ 
schen Grundlagen der Röntgenapparate. Von Dr. Robert 
Fürstenau (Berlin). Mit 61 Abbildungen. Stuttgart 1910, 
Verlag von Ferdinand Enke. 91 S. 3 M. 

Der Verfasser beabsichtigt in der vorliegenden Schrift den¬ 
jenigen Aerzten, welche praktisch mit Röntgenapparaten zu 
tun haben, einen Leitfaden an die Hand zu geben, welcher die 
der Röntgentechnik zugrunde liegenden Erscheinungen aus 
dem Gebiet der Elektrizität und des Magnetismus in einer dem 
Verständnis des Nichtphysikers angepaßten Darstellung kurz 
und bündig erläutert. Diese Aufgabe hat der Autor in durch¬ 
aus zufriedenstellender Weise gelöst. Er verfügt über die 




574 _-_THERAPEUTISCHE 

Fähigkeit, auch verwickeltere -Erscheinungen Laien auf physi¬ 
kalischem Gebiet zum Verständnis .zu bringen, und als Phy¬ 
siker, welcher den Gegenstand theoretisch und praktisch in 
jeder Hinsicht beherrscht, hat er es verstanden, aus dem großen 
Gebiet das für den Röntgenologen Wissenswerte mit ziemlicher 
Vollständigkeit auszuwählen und darzustellen. Man findet in 
dem Buch zunächst die theoretischen Grundlagen der Elektrizi¬ 
tätslehre, und zwar vom modernen Standpunkt der Elektronen¬ 
theorie aus erörtert, dann folgt die Beschreibung der Strom¬ 
erzeugung und der Einrichtungen, die zur Fortleitung und Ver¬ 
teilung der elektrischen Energie dienen, ferner werden die 
wichtigsten Meßapparate besprochen. Mit größerer Ausführ¬ 
lichkeit werden dann die zur Speisung der Röntgenröhren 
dienenden Apparate (Funkeninduktoren usw.), auch die 
Röntgenröhren selbst behandelt. Wir vermissen hier nur eine 
genauere Beschreibung der in der Praxis zur Messung der 
Röntgenstrahlen dienenden Methode (Dosimeter). Es handelt 
sich hierbei allerdings um ziemlich rohe Annäherungs¬ 
methoden, aber der praktische Zweck des Buches hätte ein 
näheres Eingehen auf diesen Gegenstand gerechtfertigt. — Die 
zahlreichen Abbildungen ergänzen den Text in zweckent¬ 
sprechender Weise. R. L. 


IV. Tagesgeschichte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, sozial« 
Medizin etc. 

Straßburg. Der Aerztlich-hygienische Ver¬ 
ein für Elsaß-Lothringen hatte am 30. Januar d. J. an 
das Ministerium eine Eingabe gerichtet, in der die Errichtung 
staatlicher ärztlicher Ehrengerichte mit Exekutivgewalt für 
Elsaß-Lothringen befürwortet wurde, und zwar auf Grund einer 
Rundfrage, bei der von 300 Vereinsmitgliedern 216 sich für 
Ehrengerichte ausgesprochen hatten. Die elsaß-lothringische 
Regierung hatte auf diese Eingabe die Aerztekam m e r 
aufgefordert, zu der Angelegenheit Stellung zu nehmen. In 
ihrer letzten Sitzung hat nun die Majorität der Kammer nach 
längerer Debatte, in der sowohl FTeuude wie Gegner der staat¬ 
lichen Ehrengerichte zum Wort kamen, sich gegen die ge¬ 
plante Institution ausgesprochen. Nach einer Rundfrage, die der 
Vorstand des Kartells Elsässischer Aerztevereine über die 
Ehrengerichte veranstaltet hätte, waren von 345 Aerzten 249 
gegen ihre Einführung. 

Zwickau. Der Rat hat die neubegründete Stelle eines 
Stadtbezirksarztes ausgeschrieben. Der Stelleninhaber hat die 
Geschäfte des städtischen Polizeiarztes und die des 
Leiters der Irrenstation im Stadtkrankenhause, falls 
eine solche eingerichtet wird, ohne besondere Ent¬ 
schädigung mit zu übernehmen. Das Stelleneinkommen 
(mit Pensionsberechtigung) ist auf 3000 M., innerhalb 15 Jahren 
bis zum Höchstgehalt von 4500 M steigend, festgesetzt. „Privat¬ 
ärztliche“ Tätigkeit wird daneben dem Stadtbezirksarzte ge¬ 
stattet. Wir glauben nicht, daß der Magistrat der Stadt Zwickau 
bei einer so mäßigen Dotierung der Stelle eine besonders her¬ 
vorragende Kraft für den neuen Posten erhalten wird; die Er¬ 
laubnis, nebenbei eine Tätigkeit als frei praktizierender Arzt 
auszuüben, mag wohl für Krankenhausleiter einen gewissen 
Ersatz bei unzureichend entlohnter amtlicher Tätigkeit dar¬ 
stellen, nicht aber für einen mit der Wahrnehmung polizei¬ 
licher Funktionen betrauten Arzt, zu dem sich das Privat¬ 
publikum erfahrungsgeihäß nicht eben hingezogen fühlt — 
wenn anders die gewissenhafte Ausübung der amtlichen Tätig¬ 
keit überhaupt noch Zeit für derartigen Nebenerwerb übrig 
läßt! 

München. Als Beitrag zum Kapitel „Aerzteinangel auf 
dem Lande“ brachten kürzlich die ..Münch. Neuesten Nachrich¬ 
ten“ folgende Notiz, die auch auf viele Stadtärzte zutreffen 
dürfte und ein trostloses Bild von den ärztlichen Ein¬ 
kommensverhältnissen entwirft: Mein ärztlicher Landposten 
gilt bei meinen Kollegen und beim Publikum als einer der 
besten; letzteres schätzt mein Einkommen auf 15 000 bis 
20 000 M. Tch stelle nicht in Abrede, daß ich zu gewissen 
Zeiten von früh morgens bis spät abends ununterbrochen be¬ 
schäftigt bin; es kommt aber auch vor, daß sich mein Brutto¬ 
verdienst monatlich nur auf 500 M. beläuft, dazu kommt noch 
der schleppende Eingang der Außenstände, der sich oft auf 
drei bis vier Jahre erstreckt. Ich bin jetzt 35 Jahre praktisch 
tätig, habe seit dieser Zeit mein Bruttoeinkommen von Tag zu 
Tag gewissenhaft verzeichnet und habe im Durchschnitt jähr¬ 
lich etwa 5500 M. verdient. Die Gegend, in der ich praktiziere, 
gilt für die reichste Niederbayerns. Mein Praxisbezirk umfaßt 
etwa 4000 Seelen. Die Ausgaben, die mein Beruf erfordert, be¬ 
rechnen sich im Durchschnitt jährlich auf 2934 M. Dazu kom¬ 
men noch Auslagen für Lebens-, Haftpflichtversicherung und 
Fachliteratur, im ganzen jährlich etwa 130 M. Die Reinein¬ 
nahme beträgt demnach jährlich 2436 M.“ 


RUNDSCHAU 191 0. No. 37. 

Lübeck. Die unbefriedigenden Verhältnisse, die für 
die angehenden Aerzte durch die mangelhafte Rege¬ 
lung der Institution des praktischen Jahres geschaffen sind, 
werden durch einen hier vorgekommenen Fall beleuchtet, der 
ein Seitenstück zu dem viel besprochenen Fall des Kreis¬ 
krankenhauses zu Britz bildet. 1 Der Fall selbst trug sich 
bereits im Mai des verflossenen Jahres zu; in die volle Oeffent- 
lichkeit aber ist er erst durch die am 21. Juli d. J. in der 
Bürgerschaft zu Lübeck erfolgte Erörterung gelangt. Nach der 
von unserem Kollegen, dem Bürgerschaftsmitglied Dr. 
Schlomer dort gegebenen Darstellung, deren Richtigkeit 
zu bezweifeln kein Grund vorliegt, ist der Tatbestand folgen¬ 
der. Der Medizinalpraktikant Dr. M. M. aus Marienwerder 
traf am 10. Mai 1909 in Lübeck ein, nachdem er schriftlich auf 
drei Monate mit einem Gehalt von 50 M. und freier Station 
für das städtische Krankenhaus verpflichtet war. Er meldete 
sich sofort und wurde aufgefordert, sich in das Kasino der 
Assistenz- und Volontärärzte zu begeben. Sofort nach seinem 
Eintreten bemerkte er, daß er, ehe die anwesenden Aerzte 
Gelegenheit hatten, ihn kennen zu lernen, „geschnitten“ wurde 
und daß alle seine Versuche, persönliche Beziehungen anzu¬ 
knüpfen vergeblich waren. Dies wiederholte sich sowohl am 
Abend desselben als auch im Laufe des folgenden Tages. 
Am dritten Tage erhielt er endlich Aufklärung. Er wurde von 
dem Sekundärarzt der chirurgischen Abteilung Dr. B r e w i 11 
in dessen Zimmer gerufen und es wurde ihm eröffnet, daß die 
Volontär- und Assistenzärzte seinen Austritt aus dem Kranken¬ 
hause wünschten. Dr. M. bat darauf um Mitteilung der Gründe, 
diese aber zu nennen weigerte sich Dr. Brewitt. Dr. m! 
wandte sich darauf an den Oberarzt Dr. Hof sta etter, er¬ 
hielt jedoch nur den Bescheid, er (H.) kümmere sich um die 
persönlichen Angelegenheiten nicht, im Interesse des Dienstes 
aber wünsche er ein friedliches Zusammenarbeiten der Aerzte, 
und wenn die anderen sich geweigert hätten, mit ihm (M.) zu 
arbeiten, so bitte er diesem Wunsche der Aerzte nachzugeben. 
Dr. M. ist Jude und vermutete, daß darin der Grund seiner' 
Boykottierung läge; doch keiner der beteiligten Aerzte gab- 
diesen Grund zu. Im Herbst 1909 erschien jedoch in deh 
„Aerztl. Mitteilungen“ eine Annonce, laut deren für daä 
Lübecker städtische Krankenhaus ein Assistenzarzt Christ4 
lieh er Konfession gesucht wurde. Mittlerweile ließ Dr. Mb 
durch seinen Rechtsbeistand von der Krankenhausverwaltung' 
Schadenersatz fordern, worauf ihm die Hälfte der ihm Er¬ 
wachsenen Unkosten ausgezahlt wurde, er beschwerte sich 
ferner beim Senat und beim Ehrengericht über das Verhalten 
der Krankenhausärzte, wurde aber von beiden Stellen altge¬ 
wiesen. Der Senat antwortete kurzerhand, die Sache 
sei erledigt, auf die Gründe könne er nicht eingeheui das 
Ehrengericht lehnte ein Einschreiten mit der nichtssagenden 
Motivierung ab, daß „die ablehnende Haltung der Assistenz¬ 
ärzte vielmehr durch persönliche, nicht durch religiöse Momente 
beeinflußt gewesen zu sein scheine“. Welche persönlichen 
Momente Vorlagen, wird in dieser Entscheidung ebensowenig 
gesagt, wie dies Dr. M. durch mündliches Befragen der Ober¬ 
ärzte hatte erfahren können. — In der Bürgerschaftsversamm¬ 
lung vom 21. Juli verlangte Dr. Schlomer, daß den Senat 
den Krankenhausärzten seine Mißbilligung über das Vor¬ 
kommnis ausspreche. Der zuständige Senator Dr. Kalk- 
brenner erwiderte, zu einem Rüffel an die Krankenhaus¬ 
ärzte liege kein Grund vor; er berichtete bei dieser Gelegen¬ 
heit, der Vorstand der Lübecker jüdischen Gemeinde habe sich 
beim Senat über das oben erwähnte Inserat beschwert, die 
daraufhin angestellte Untersuchung habe ergeben, daß die 
Fassung des Inserats lediglich mit Rücksicht auf die augenblick¬ 
lichen Verhältnisse, namentlich die beschränkten Raumverhält¬ 
nisse und den Mangel an Aerzten gewählt worden sei. (Eine 
wahrhaft klassische Begründung! Red.) Hiernach habe der 
Senat der Vorsteherschaft zu erkennen gegeben, daß er jenes 
Inserat nicht gutheiße. — Mit diesen Erklärungen begnügte 
sich die Bürgerschaft. — 

Die Lübecker Behörden haben somit in dieser leidigen 
Angelegenheit dasselbe laue Verhalten gezeigt wie die 
preußische Regierung in dem Britzer Falle. Nach dem von 
beiden eingenommenen Standpunkt hat tatsächlich bei der 
gegenwärtigen Gesetzeslage kein Medizinstudierender mehr die 
Sicherheit, nach bestandener Staatsprüfung die Approbation 
als Arzt erlangen zu können; denn ans denselben „persön¬ 
lichen“ Gründen, die im Falle des Dr. M. herhalten mußten, 
könnte z. B. ein Mediziner, der mit einem äußerlich erkenn¬ 
baren körperlichen Gebrechen behaftet ist, von sämtlichen zur 
Annahme von Praktikanten berechtigten Anstalten des Deut¬ 
schen Reiches abgewiesen werden! Diesem unhaltbaren Zu¬ 
stande muß die Gesetzgebung schleunigst ein Ende machen: 
es ist eine Ergänzung der Prüfungsordnung zu fordern, durch 
die den zur Annahme von Medizinalpraktikanten berechtigten 
Anstalten die Zurückweisung qualifizierter Bewerber um 
vakante Praktikantenstellen nur beim Vorliegen triftiger 
Gründe erlaubt wird. 



No. 37. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


orö 


Universitiitswcson, Personal na eil richten. Paris. Die Tagesordnung des am 3. Oktober 1. J. be¬ 
ll e r 1 i n. Dem Stabsarzt Dr. Hübener der sich durch ginnenden französischen Chirurgenkongresses enthält als 

eine Reihe von wissenschaftlichen Publikationen besonders Hauptthemata die Fragen: 1. Chirurgische Behandlung .der 

bakteriologischen Inhalts bekannt gemacht hat ist der Pro- Basedowsehen Krankheit; 2. Chirurgische Behandlung des 
fessortitel verliehen worden. ’ Duodenalgeschwürs; 3. Unmittelbare und Dauerresultate der 

Landsberga. W. Im Alter von 62 Jahren starb hier- blutigen Behandlungsmethoden der A'ancen der unteren Ex¬ 
selbst der Direktor der Provinzialirrenanstalt Geh. Sanitätsrat ! tremität. 


Dr. Hermann Gock, langjähriges Vorstandsmitglied der [ 
Berlin-Brandenburgischen Aerztekammer. Die ihm unterstellte 
Anstalt leitete er seit 22 Jahren. 

G ö 11 i n g e n. Dr. Wolf gang Heubner, außer¬ 
ordentlicher Professor und Direktor des pharmakologischen i 
Universitätsinstituts ist zum ordentlichen Professor ernannt 
worden. 

Marburg. Der außerordentliche Professor der Otologie | 
Dr. Paul Ostmann ist zum ordentlichen Honorarprofessor 
ernannt worden. — Der außerordentliche Professor der j 
Pharmakologie Dr. August Gürber ist zum ordentlichen ' 
Professor befördert worden. 

Leipzig. Der Privatdozent der Neurologie an der hiesi¬ 
gen Universität Dr. Friedrich Q u e n s e 1 ist als Nach¬ 
folger des .verstorbenen Prof. Windscheid zum Chefarzt i 
der berufsgenossenschaftlichen Nervenheilanstalt in Schkeu¬ 
ditz (Provinz Sachsen) gewählt worden. Seine Leipziger 
Dozentur wird er daneben beibehalten. 

— Der erste Assistent am Chirurgisch-poliklinischen Uni¬ 
versitätsinstitut Dr. med. Cu rt Maclean, ist zum Direktor 
des Stadtkrankenhauses zu Wurzen gewählt worden. 

Wien. Dr. Viktor W i d a k o w i c h hat sich für 
Embryologie habilitiert. 

Bern. Der schweizerische Oberfeldarzt Oberst 
Dr. A. Murset ist gestorben. 

Paris. Der , Professor der Anatomie an der medizini¬ 
schen Fakultät Dr. J. H. F a r a b e u f ist im Alter von 69 Jah¬ 
ren gestorben. 

Cannes. Dr. Mary A. Marshall, eine der ältesten 
Aerztinnen Europas, ist, 73 Jahre alt, gestorben. 

Neapel. Dem leitenden Arzt des deutschen Kranken¬ 
hauses in Neapel Dr. med. Karl Graeser ist von der 
preußischen Regierung das Prädikat Professor beigelegt worden. 

Floren z. Im Alter von fast 79 Jahren ist Anfang vori¬ 
ger Woche der bekannte Physiologe und Anthropologe Prof. 
Dr. Paolo Mantegazza gestorben. 1831 in Monza ge¬ 
boren, studierte er in Pavia und wurde dort 1854 Arzt. Die 
folgenden, vier Jahre wirkte er in den südamerikanischen 
Staaten Argentinien und Paraguay als Arzt. Nach der Heimat 
zurückgekehrt, hielt er zunächst populäre Vorlesungen über 
Hygiene in Mailand und erhielt kurz darauf auf Grund eines 
öffentlichen Wettbewerbs die Stelle als Professor der allge¬ 
meinen Pathologie an der Universität Pavia, wo er alsbald ein 
Laboratorium für experimentelle Pathologie, das erste meiner 
Art in Italien, ins Leben rief. 1870 ging M a n t e ga z z a als 
Professor der Anthropologie nach Florenz wo er ein ethno¬ 
graphisch-anthropologisches Museum gründete. Politisch be¬ 
tätigte er sich 1865 bis 1876 ab Deputierter; 1876 wurde er, 
zum Senator des Königreiches Folien ernannt. Mantegazza 
ist weit über den engeren Kre : s. seiner. Fachgenossen hinaus 
durch seine umfassende Tätigkeit als populär-wissenschaft¬ 
licher Schriftsteller bekannt geworden, als welcher er 
teils Reisebeschreibungen, die Frucht zahlreicher Welt¬ 
reisen, teils die bekannten auch ins Deutsche übersetzten 
Werke über die Physiologie und Hygiene der Liebe, die Phy¬ 
siologie des Genusses und des Schmerzes etc. lieferte. Auch 
eine anthropologische Zeitschrift hat er begründet. 

Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Königsberg. In einer Gesamtsitzung der medizini¬ 
schen Hauptgruppe der 82. Naturforscherversanimlung in 
Königsberg (18.—25. September) wird Prof. Neisser (Bres¬ 
lau) über die Behandlung der Syphilis sprechen. Im Anschluß 
daran sprechen in der dermatologischen Abteilung u. a. Alt 
(Uchtspringe), Schreiber (Magdeburg), Pick (Wien) und 
M i e c k 1 e y (Berlin) über die Behandlung der Syphilis mit dein 
neuen Ehrlich sehen Präparat No. 606, B 1 a s c h k o (Berlin) 
über die Behandlung der Syphilis auf Grund unserer neuen 
Kenntnisse. Ehrlich (Frankfurt a. M.) wird vermutlich an 
der Versammlung teilnehmen. 

Petersburg. Wie jetzt mitgeteilt wird, ist es den Be¬ 
mühungen des Organisations-Komitees des internationalen 
Gynäkologeu-Kongresses gelungen, für sämtliche Besucher des 
Kongresses ohne Rücksicht auf deren Konfession die bekannten 
russischen Paßschwierigkeiten zu beseitigen. Außerdem ge¬ 
währen die russischen Eisenbahnen den Kongreßmitgliedern 
50 pCt. Ermäßigung. Die Cholerabefürchtungen (zu denen 
allerdings jetzt noch die Pestgefahr getreten ist. Red.) 
sollen „nach zuverlässigen Mitteilungen aus Petersburg“ stark 
übertrieben sein. (Weshalb sich eigentlich die Gynäkologen 
um die Geburt dieses soviel diplomatische Kunsthilfe er¬ 
fordernden Kongresses bemühen, ist schwer zu sagen. Red.) 


Gerichtliches. 

Leipzig. Eine „Heilmagnetiseurin“ hatte einem Kauf¬ 
mann dadurch den Verlust eines Auges verursacht, daß sie 
ihm bei einer magnetischen Prozedur, die an Stirn und Schläfe 
vorgenommen wurde, Trippergift ins Auge brachte, daß sie 
von vorher von ihr behandelten unterleibskranken Personen, 
au den Fingern zurückbehalten hatte. Sie wurde vom Land¬ 
gericht und Oberlandesgericht zu Nürnberg zum Schadenersatz 
auf Grund der ihr nachgewiesenen Fahrlässigkeit ver¬ 
urteilt; das Reich s g e r i c h t hat kürzlich die Entscheidungen 
der Vorinstanzen bestätigt. 

Verschiedenes. 

Berlin. Das Kuratorium der Zentralstelle für Balneo¬ 
logie hat den Abteilungsvorsteher am Meteorologischen Insti¬ 
tut, Herrn Prof. Dr. Kassner, beauftragt, Untersuchungen 
über das Thema anzustellen: „Welche Sommermonate eignen 
sich am meisten für eine klimatische Kur in Deutschland auf 
Grund meteorologischer Beobachtungen.“ Gleichzeitig wurden 
auf Vorschlag und unter der Oberleitung von Geheimrat Prof. 
Zunt z im Physiologischen Institut der Landwirtschaftlichen 
Hochschule Versuche über den Einfluß von Mineral- 
Wasserkuren und klimatischen.Einflüssen auf 
das Zentralnervensystem begonnen. Die Mittel für 
die Untersuchungmen werden von der Zentralstelle für Balneo¬ 
logie bereitgestellt. 

— Die Grundzüge der modernen Phy- 
chologieund Psychiatrie betrifft ein Zyklus von Vor¬ 
trägen, der vom preußischen Zentralkomitee für das 
ärztliche Fortbildungswesen unter Mitwirkung 
hervorragender deutscher Psychiater im Kaiserin Friedrich- 
Hause in Berlin von Anfang November bis Mitte Dezember 
veranstaltet wird. Der Zyklus umfaßt folgende Themen: 
1. Die psychologischen Probleme in der Heilkunde (Geheimer 
Med.-Rat Prof. Dr. Ziehen [Berlin]). 2. Die Beziehungen 
der experimentellen Psychologie zur praktischen Medizin, ins¬ 
besondere zur Psychiatrie (Prof. Dr. Sommer [Gießen]). 
3. Psychotherapie (Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Cr am er [Göttin¬ 
gen]). 4. Sexual-Psychalogie und -Pathologie (San.-Rat Dr. 
Moll [Berlin]). 5. Die Aufgaben der ärztlichen Praxis bei 
der Fürsorge für psychisch Kranke (Geh. Med.-Rat Prof. Dr, 
Moeli [Berlin]). 6. Die psychiatrische Sachverständigen- 
Tätigkeit (Prof. Dr. Aschaffe u bürg [Cöln]). 7. Einfache 
Seelenstörungen (Geh. Hofrat Prof. Dr. H o c h e [Freiburg 
i. Br.]). 8. Infektions- und autotoxische Psychosen (Geh. Med.- 
Rat Prof. Dr. Siemerling [Kiel]). 9. Alkohol-, Alkaloid- 
und andere Vergiftungs-Psychosen (Geh. Med.-Rat Prof. Dr. 
Bonhoeffer [Breslau]). 10. Progressive Paralyse (Geh. 
Med.-Rat Prof. Dr. Anton [Halle a, S.]). 11. Neuro-Psy- 

chosen (Med.-Rat Prof. Dr. Binswanger [Jena]). .12. Die 
traumatischen Psychosen mit Berücksichtigung der Unfall- 
Gesetzgebung (Med.-Rat Dr. Leppmann [Berlin]). 13. Die 
Beurteilung psychopathischer Konstitutionen, sog. psychischer 
Minderwertigkeit (Prof. Dr. H. Li ep mann [Berlin]). 14. Mo¬ 
derne Anstaltsbehandlung von Geisteskranken (Prof. Dr. A 11 
[Uchtspringe]). Die nur Aerzten zugängigen Vorträge sind 
unentgeltlich; Meldungen sind vom 6. Oktober an Herrn Z ü r t z 
im Kaiserin Friedrich-Hause, Berlin NW. 6, Luisenplatz 2—4, 
zu richten. 

Cöln. Der Herbstkursus der Akademie für praktische 
Medizin zu Cöln dauert vom 2.—19. November. Die Vorträge 
dieses Kursus erstrecken sich auf innere Medizin und ihre 
Grenzgebiete. Die Einschreibgebühr beträgt 10 M. 

Frankfurt a. M. Im Aufträge der Senckenbergi- 
schen Naturforschenden Gesellschaft veranstaltet Dr. P. S a c k 
in Frankfurt a. M. eine Erhebung i)ber das Vorkommen 
der Anopheles-Mücke in Deutschland. Bekanntlich gibt es in 
Deutschland noch eine Anzahl endemischer Malariaherde, 
so z. B. am Rhein, in Thüringen, in den Marschbezirken an der 
Nordsee. Eine Feststellung der Verbreitung der Anopheles¬ 
mücken ist im Interesse der Malariabekämpfung sehr er¬ 
wünscht. Es ergeht dalier die Bitte an alle Forscher und 
Sammler, die Erhebung der S e n c ke n b e r g i schen Gesell¬ 
schaft durch geeignete Angaben und Einsendung von Material 
zu unterstützen. Da der in Deutschland am meisten verbreitete 
Anopheles macüiipennis sehr oft mit dem sehr ähnlichen 
Culex annulatus verwechselt wird, sö sind die Fundortangaben 
meist nur dann zuverlässig, wenn die Stechmücken von einem 
Kenner der Kulizideu bestimmt sind. In allen Fällen, in denen 
die Bestimmung nicht vollständig sicher ist, ist die Ueber- 





Ö76 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 37. 


,. ■ -Rndung der verdächtigen Mücken empfehlenswert. Am ein¬ 
fachsten werden die Tiere in 70 proz. Alkohol in Glastuben als 
„Muster ohne Wert“ verschickt. Einer Beschädigung durch die 
in der Flüssigkeit herumspielenden Luftblasen wird leicht da¬ 
durch vorgebeugt, daß man einen dichten Wattepfropfen so in 
den Alkohol eiusehiebt. daß sich unter der Watte keine Luft¬ 
blasen mehr finden. Nähere Auskunft erteilt das Seneken- 
h er. gische Museum, Frankfurt a. M., Viktoriaallee 7, an das 
auch alle Zusendungen zu richten sind. T _ 

Choleranachrichten. Die gegen die Einschleppung der 
Cholera getroffenen Maßregeln haben sich bisher bewährt, in¬ 
dem in B e r 1 i n noch kein einziger, und in Spandau außer 
den beiden in der vorigen Nummer berichteten Fällen nur e i n 
neuer Fall konstatiert ist. Leider hat nach anfänglich gutem 
Verlauf der Krankheit auch der zweite Fall tätlich geendet. 


V. Amtliche Mitteilungen 

Zu besetzende Stellen von Medizmalbeamten. 

1. Die Kreisarztstelle des Kreises Gardelegen, 
Regierungsbezirk Magdeburg, mit dem Amtssitz in Gardelegen 
(Gehalt nach Maßgabe des . Dienstalters 2100 bis 3900 M.. 
Stellenzulage von 450 M. und 240 M. Amtsunkostenentschädi¬ 
gung jährlich); 

2. die Kreisarztstelle des Kreises Jerichow II, Regie¬ 
rungsbezirk Magdeburg, mit dem Amtssitz in Gent hin (Ge¬ 
halt nach Maßgabe des Dienstalters 2100 bis 3900 M.. Stellen¬ 
zulage von 1350 M. und 240 M. Amtsunkostenentschädigung 
jährlich); 

3. die Kreisarztstelle des Kreises Regenwalde, Regie¬ 
rungsbezirk Stettin, mit dem Amtssitz in Labes (Gehalt 
nach Maßgabe des Dienstalters 2100 bis 3900 M„ Stellenzulage 
450 M. und 240 M. Amtsunkostenentschädigung jährlich); 

4. die Kreisassistenzarztstelle für den ' Kreisarztbezirk 
Kattowitz, Regierungsbezirk Oppeln, mit dem Amtssitz in 
K a 11 o w i t z (jährliche Remuneration 2000 M.). 

(Veröffentlicht am 1. September.) 


Bekanntmachung. 

Da in Spandau zwei Fälle von Cholera festgestellt worden 
sind, sehe ich mich veranlaßt, die Herren Aerzte und die zur 
Anzeige von Choleraerkrankungen sonst verpflichteten Per¬ 
sonen an die Vorschriften in den §§ 1 bis 5 des Reichsgesetzes, 
betreffend die Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten 
vom 30. Juni 1900 (R.-G. Bl. S. 306) zu erinnern und sie zu er¬ 
suchen, vorkommendenfalls dieser Pflicht in sorgsamster und 
schleunigster Weise zu entsprechen. . 

Nach jenen Bestimmungen ist jede Erkrankung und jeder 
Todesfall au Cholera (asiatischer), sowie jefler Fall, welcher den 
Verdacht dieser Krankheit erweckt, der für den Aufenthaltsort 
des Erkrankten oder den Sterbeort zuständigen Polizeibehörde 
unverzüglich mündlich oder schriftlich anzuzeigen. 

Wechselt der Erkrankte den Aufenthaltsort, so ist dies so¬ 
fort bei der Polizeibehörde des bisherigen und des neuen 
Aufenthaltsorts zur Anzeige zu bringen. 

'* ; ■ Zur Anzeige sind verpflichtet: 

1. Der zugezogene-. Arzt. 

2. Der' Haushaljungsvorstand. 

3. Jede sonst'mit’der Behandlung oder'Pflege des Erkrank¬ 
ten beschäftigte Person: 

4. Derjenige, in dessen Wohnung oder Behausung der Er- 
krankungs-mder Todesfall sich ereignet hat. 

5. Der Leichenbeschauer. 

Die Verpflichtung der. .unter. No.. 2 bis 5 genannten Per¬ 
sonen tritt nur dann ein, wenn ein früher genannter Verpflich¬ 
teter nicht vorhanden ist. 

Für Krankheits- und Todesfälle, .welche sich in öffentlichen 
Kranken-, Entbindungs-, Gefangenen-, Pflege- und ähnlichen 
Anstalten ereignen, ist.der Vorsteher der Anstalt oder die von 
der zuständigen Stelle damit beauftragte Person ausschließlich 
zur Erstattung der Anzeige verpflichtet: . 

Auf Schilfen oder- Flössen gilt als Haushaltungsvorstand 
(siehe No. 2) der Schiffer oder Floßführer oder deren Stellver¬ 
treter. Die Herren Aerzte, sowie die Vorstände der oben ge¬ 
nannten Anstalten bitte' ich, die etwaigen schriftlichen Anzeigen 
bei Choleraerkrankungen und choleraverdächtigen .Fällen auf 
den in ihrem Besitze be'findlichen Kartenbriefen zu erstatten. 

Die Anzeige selbst ersuche ich, wie schon auf der Adresse 
kenntlich gemacht worden ist,-gleich den übrigen Krankheits¬ 
meldungen der Sanitätskommission ungesäumt in jedem ein¬ 
zelnen Falle einsenden zu wollen. 

Die übrigen außer dem-j.behandelnden Arzte zur Anzeige 
verpflichteten Personen«? ersuche ..ich. dagegen, vorkommenden¬ 


falls die Anzeige bei dem zuständigen Polizeirevier unverzüg¬ 
lich mündlich oder schriftlich zu erstatten. 

Bei Erkrankungen auf Schiffen oder Flössen ist «die Anzeige 
von dem Schiffer oder Floßführer dem der Anlegestelle zu¬ 
nächst gelegenen Polizeirevier zu machen. 

Ich weise schließlich noch dä'rauf hin, daß als Cholera- 
v e rdächtige Erkrankungen insbesondere heftige 
Brechdurchfälle aus unbekannter Ursache anzusehen sind. 

Berlin, den 29. August 1910. 

Der Polizeipräsident. 

I. V.: Friedheim. 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 4. Kl.: Dr. 
B e r t h o 1 d in Königsberg, San.-Rat Dr. Hein in Inster¬ 
burg, Sah.-Rat Dr. Ober ü b e r in Pr.-Eylau, Dr. R e g g e in 
Gumbinnen, Dr. Schellong in Königsberg, San.-Rat Dr. 
Sinn eck er in Insterburg, San.-Rat Dr. Stoltenhoff 
in Kortau. Kreisarzt Med.-Rat Dr. Wollermann in 
Heiligenbeil, San.-Rat Dr. B 1 e y e r in Elbing. Dr. Farne 
in Danzig, Kreisarzt Med.-Rat Dr. Hasse in Flatow, Kreis¬ 
arzt Med.-Rat Dr. Richter in Elbing, Dr. Schroeter 
und Dr. Storp in Danzig. 

Koni gl. Kronen-Orden 3. KL: Geh. Med.-Rat Dr. 
Kroemer in Conradstein. 

Rote Kreuz-Medaille 3. Kl.: Med.-Rat Dr. S t u m m in 
Königsberg. 

Charakter als Geheimer Medizinalrat: Kreisarzt 
Med.-Rat Dr. Vossius in Marggrabowa. 

Charakter als Sanitätsrat: Dr. Bo 11e in Rhein, Dr. 
Dubbers in Allenberg, Dr. Ehm in Bischofstein, Dr. 
Seidel in Allenstein, Dr. Schustehrus in Danzig. 
Prädikat Professor: Stabsarzt Dr. Hübener in Berlin. 
Ernannt: Kreisassistenzarzt Dr. Schweitzer in Katto¬ 
witz zum Kreisarzt daselbst, Assistent am Hygienischen In¬ 
stitut in Posen Dr. Pachnio zum Kreisassistenzarzt in 
Stralsund. 

Niedergelassen: C. Stelmachow.ski und R. 

Habermann in Breslau, Dr. Klein in Münsterberg, Dr. 
Wrembel in Kreuznach, Dr. Spitz in Cöln, Dr. 
Schwarz in Waldbröl, Dr. Weiss in Stettin. 
Verzogen: Dr. Kross von Flensburg nach Altona, Dr. 

v. Kügelgen von Dresden nach Boldixum, Dr. Schlüter 
. von Leipzig nach Kiel, Dr. Mertens von Kiel nach Zabrze, 
Dr. H a 11 e u r von Südende nach Reinbeck, Dr. P, Krause 
von Marienwerder (Hannover) nach Goslar. Stabsarzt Dr. 
Stappenbeck von Breslau nach Bielefeld, Oberarzt Dr. 
Behrnd von Trier nach Cöln, Dr. Kraus und Assistenzarzt 
Caymann nach Mülheim a. Rh., Dr. D a h m e n von Bonn 
nach Bochum, Dr. Baumann von Lindlar nach Wipper¬ 
fürth, Dr. Praetorius von l.asdehneu nach Ludwigsruh, 
Dr. F 1 e m m i n g von Magdeburg nach Uchtspringe, Di-. 
W. Selbach von Bonn nach Barmen, Dr. Keil n e r von 
Wiesloch nach Grafenberg, Dr. Weller von Berlin nach 
Duisburg, Dr. S t e in i g e r nach Essen, Dr. K ukulus von 
Saarbrücken nach Amern-St. Georg, Dr. Bastin von Mün¬ 
chen nach Johannisthal, Kr. Kempen, Dr. Pflücker von 
Wildungen nach Moers. Dr. Strem pel von Barmen nach 
Neunkirchen, Dr. E. Schröder von Grafenberg nach Zwie¬ 
falten, Dr. Ahronheim und Dr. Schöngarth von 
Düsseldorf nach Essen bezw. Sorau, Oberstabsarzt z. D. Dr. 
L o r e n t z von Duisburg nach Essen, Dr. K res m a n n und 
Dr. Kondring von Essen nach Dortmund bezw. Hamburg, 
Dr. Biermaus von Remscheid nach Aachen, Dr. Topp 
von Amern-St. Georg nach St. Hubert. 

Verzogen ohne Angabe des neuen Wohnortes: 
Dr. Buschhausen von St. Hubert. 

Bayern. 

Amtsärztlicher Dienst: Vom 1. September 1910 an 
wurde der Bezirksarzt Dr. Anton Eschwig in Laufen 
aüf sein Ansuchen unter Anerkennung seiner Dienstleistung 
in den dauernden Ruhestand versetzt; auf die Stelle eines 
fachwissenschaftlich gebildeten Hilfsarbeiters des medizini¬ 
schen Referats im k. Staatsministerium des Innern der Be¬ 
zirksarzt Dr. Franz Gebhardt in Viechtach berufen: 
vom 1. Oktober 1. .1. an der Bezirksarzt, Medizinalrat Dr. 
Joseph Seil in Dillingen auf sein Ansuchen unter An¬ 
erkennung seiner Dienstleistung in den dauernden Ruhe¬ 
stand versetzt. 

Gestorben: Medizinalrat Dr. R. Feilerer, Bezirksarzt 
a. D., früher in Schongau und Weilhelin, in München Dr. 
O. R ö t z e r in München. 

Bremen. 

Niedergelassen: Dr. R. S.ü s s m a n n in Bremen. 


Verantwortlich für den tedactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N„ Fr!edrlchstrasse' r 131 B.. für den Inserateti-Tei] • Richard Hess Berlin 
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nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche oben¬ 
drein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen 
Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatz¬ 
präparate anscheinend unter Mißbrauch unserer Marken „Ichthyol 46 
und „Siilfo-ichthyolieum 66 auch manchmal fälschlicherweise mit 

Ichthyol 

oder 

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gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur 
unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klini¬ 
schen Versuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten 
wir um gütige Mitteilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn 
irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. 

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Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnement« gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalsschluss abbestellt sind. Inserate 
4 werden filr die 4gesp, Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Berlin, 17. September 1910 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Ueber moderne Röntgeneinrichtungen in Land- und 
Schiffslazaretten mit Berücksichtigung des ökonomi¬ 
schen Betriebes und der erforderlichen Schutzmassregeln 
für Arzt und Bedienungspersonal. 

Von 

Marinestabsarzt Dr. Mohr. 

(Fortsetzung.) 

.Sehr angenehm, aber nicht unbedingt notwendig ist an; 
Schaltbrett die Einrichtung eines Stromwenders, da sonst oft 
die zur Röhre führenden Kabel sich kreuzen, was besser 
vermieden wird. Ein anderes Verfahren zur Erzielung mög¬ 
lichst starker, gleichgerichteter Induktionsströme unter mög¬ 
lichstem Ausschluß der Gegeninduktion hat Grisson pin¬ 
geschlagen. Er hat die Primärrolle des Induktoriums in ein 
System von Kondensatoren mittels eines Kommutators so 
eingeschaltet, daß bei dem Auf- bezw. Umladen der Konden¬ 
satoren von einer Zentrale aus der Strom immer in der¬ 
selben Richtung in einzelnen Stößen durch die Primär-, 
spule geht. Im Gegensatz zu den gewöhnlichen Funken¬ 
induktoren benutzt er den Schließungsstrom, d. h. die Kra.lt- 
feldentw'cklung von Obis zum Maximum, welche beim Durch¬ 
gang des Stromes durch die Primärrolle entsteht; nur sagt 
G r i s s o n in seinem Prospekt, daß die einzelnen Teile des 
Apparates durch elektrische Konsonanz so gegeneinander 
abgetönt sind, daß in dem Zeitpunkt, in dem der Konden¬ 
sator die gleiche Spannung wie die Stromquelle erreicht, 
der Stromschluß im ganzen System von selbst aufhört. Der 
unachtsame Leser könnte dabei auf dort Gedanken kommen, 
daß, wenn in diesem Moment' der Umschalter Sich dreht, 
um den Kondensator umzuladen, in der Primärrolle kein 
Oeffnungsstoß entsteht, mithin also auch kein entgegen¬ 
gesetzt laufender Induktionsstrom. 

In welcher Weise verändern sich dann aber die Kraft¬ 
felder, die ja eine erhebliche Größe haben?. Sie müssen 
doch in der zweiten Phase, der stromlosen Phase, in sich 
zusammenfallen, also durch die Abnahme vom Maximum 
zu 0 einen Induktionsstoß entgegengesetzter Richtung er¬ 
zeugen. Da die Primärspule in diesem Augenblick unter- 


, blochen ist, ist der Abfall allerdings nicht so steil wie der 
Anslieg. In der dritten Phase geht dann der Strom wieder 
durch die Primärrolle wie in der ersten Phase usw. 

Wir haben also im Grissonator im Effekt fast dasselbe 
wie bei jedem Funkeninduktor, nur das Schließungs- und 
Oeffnungsinduktion vertauscht sind. Ein besonderer Vorzug 
haftet dem Apparat aber nicht an, während ich es als Nach¬ 
teil bezeichnen möchte, daß durch das Hinzukommen von 
Kondensatoren der Apparat komplizierter wird und durch 
die große Wartung, welche die Kondensatoren bean¬ 
spruchen, mehr Arbeit erfordert. 

Bisher wurde als primäre Stromquelle stets der von 
einer Zentrale gelieferfe Gleichstrom angenommen. Für den 
Rönlgenbetrieb kommen aber noch andere Stromquellen in 
Frage. 

Zunächst die Akkumulatorenbatterie. Sie erfüllt die 
Bedingung einer nur in einer Richtung laufenden Strom¬ 
quelle. Durch genügend viel hintereinander geschaltete 
Akkumulatorenelemente, werden auch genügend hohe Span¬ 
nungen für den Primärstrom erzielt, während die Amperezahl 
eine beschränkte bleibt. Für Akkumulatorenbetrieb eignen 
sich daher als Unterbrecher besonders gut die Platin ; 
Unterbrecher, die ja Ströme bis zu 8 Amperes gut unter¬ 
brechen. Wir werden uns also mit einer Akkumulatoren¬ 
batterie von 25—40 Volt. Spannung und 8 Amperes mittlerer 
Entladestromstärke bei 30—40 Amperestunden Kapazität be¬ 
gnügen und haben dabei den Vorteil der langen Lebensdauer 
solcher Batterie bei mittlerem Betrieb ohne unnütze Ent¬ 
ladungen der Batterie; denn es ist bekanntlich notwendig für 
die Lebensdauer einer Batterie, daß sie von Zeit zu Zeit 
bis zu einem gewissen Grade entladen und neu aufgefüllt 
wird. Entsprechend der primären Stromstärke und der ge¬ 
ringen Unterbrecherzahl wird natürlich in der Zeiteinheit 
nicht soviel und so intensives Röntgenlicht geliefert werden 
können wie bei Starkstromqucllen mit großer Unter¬ 
brechungszahl, daher wird die Belichtungszeit für. Auf¬ 
nahmen und in der Therapie entsprechend länger sein 
müssen. _ 1 

Bei Akkumulatorenbetrieb darf niemals im primären 
Stromkreis das, Voltmeter fehlen, um den Akkumulator nicht 
zu stark zu entladen und dadurch zu zerstören. Zur Ladung 
der Akkumulatoren, die heutigentags ja nur noch unter be- 


No. AH 


I n li altsüb ersi cht. 


IV. Jahrgang 


1. Wissen schaftliche Mitteilungen. Mohr: Ueber moderne 
Röntgeneiurichtungen in Land- und Schiffslazaretten mit Berück¬ 
sichtigung des ökonomischen Betriebes und der erforderlichen 
Schutzmaßregeln für Arzt und Bedienungspersonal. (Fortsetz.) 

Alt: Zur Technik der Behandlung mit dem E hrl ich -Hat a- 
schen Syphilismittel. — Taege: Erfolgreiche Behandlung eines 
syphilitischen Säuglings durch Behandlung seiner stillenden 
Mutter mit „606“. — Eraenkel und Grouven: Erfahrungen 
mit dem Ehrlichschen Mittel ,,606“. —Klingmüller: Ueber 
die Behandlung der Gonorrhoe des Mannes. — Thorpecken: 
Ein Eall von Rheumatismus nodosus. — Strohmeyer: Ein 
Beitrag zur Lehre vom kryptogenetischen Tetanus. — Brühl: 
Zur Bewertung der Guajakose. — Fieweger: Zui Pathologie 
des akuten und chronischen Alkoholismus. — Hirsch: Ueber 
passagere Rindenblindheit durch Commotio cerebri. — Blum: 
Ueber die Behandlung der Ischias mit epiduralen Injektionen. 

— Graupner: Nierenerkrankung bei Basedowscher Krank¬ 
heit (thyreogene Nephritis). — Günzburg: Zur Diagnose der 
Duodenalgeschwüre. — Barsickow: Ueber Appendicitis im I 
Bruchsack. — Burk: Ueber künstliche Blutleere der unteren 
Körperhälfte nach Momburg. — Lotheissen: Aethylchlorid- 
Sauerstoff-Narkose. — Schöppler: Die Behandlung der Gelenks- 1 
Verstauchungen mit heißen Bädern und Massage. — Hoff mann : 
Zur Entstehung und Behandlung der Skoliose. — Müller: | 


Zur Prophylaxe der habituellen Haltungsanomalieu. — Hilgen- 
reiner: Neues zur Hyperphalar.gie des Daumens — v. Franq u <’■: 
Künstliche Frühgeburt und vaginaler Kaiserschnitt bei habi¬ 
tuellem Absterben der Frucht. — Döderleiu: Ueber Ent¬ 
stehung und Verhütung des Puerperalfiebers. — Mainzer: 
Ein neues geburtshilfliches Instrument. — Stieda: Ist plötz¬ 
liches Ergrauen des Haupthaares möglich? — S chepilow sky: 
Ueber den Prozeß der Selbstreinigung der natürlichen Wässer 
nach ihrer künstlichen Infizierung durch Bakterien. 


II. Therapeutische Notizen. Polland: Versuche mit Novo- 
jodin. — Weitz: Ein neuer Apparat zur Pleurapunktion. — 
Carruccio: „Vilja Creme“. 

III. Bücherschau. Wegele: Neuere Forschungen auf dom Ge¬ 
biete der intestinalen Autointoxikationen und ihre Behandlung. 
— Sacconaghi: Die interlobäre exsudative Pleuritis. 


IV. Vermischtes. Notizen über Alkoholismus. 


V. Tagesgeschichte. Standesangelegenlieiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. 


Redaktion: 

Dr« H. Lohnstein und D r. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt VI, No. 3302 


VI. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 











578 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 3fc. 


sonderen Umständen in Frage kommen (transportable 
Röntgenapparate ohne Anschluß an eine Stromquelle), ist, 
wenn am Standorte selbst keine Stromzentrale sich befindet 
und das häufige Verschicken vermieden werden soll, am 
billigsten eine kleine Dynamomaschine, welche durch eine an 
eine genügend slarke [Wasserleitung angeschlossene Wasser¬ 
turbine getrieben wird. Der Betrieb ist einfach und billig 
und durch Vermeidung des häufigen Transports der Akku¬ 
mulatoren deren Lebensdauer verlängert. 

Steht uns von einer Kraftzentrale ein Gleichstrom z,ur 
Verfügung, so handelt es sich um die Spannung desselben. 
Am verbreitetsten sind Spannungen von 110 und 220 Volt, 
aber aus ökonomischen Rücksichten kommen heutigentags 
immer höhere Spannungen auf. Je höher nun die Netz¬ 
spannung ist, um so größer wird der Selbstinduktions¬ 
strom in der Primärspule, um so ungünstiger also die Be¬ 
dingungen für den Induktionsstrom. Bei Spannungen bis 
110 Volt lassen sich die Selbstinduktionsströme erfahrungs¬ 
gemäß noch unschädlich machen, darüber hinaus aber nur 
schwer. Wir müssen also Spannungen von über 110 Volt bis 
höchstens auf dieses Maß reduzieren und dies geschieht da¬ 
durch, daß nicht die Endpole der Leitung mit der Primär¬ 
spule verbunden werden, sondern von einem die Pole ver¬ 
bindenden Leiter ein Nebenstrom abgezweigt wird; dann 
ist in beiden Stromkreisen die gleiche Spannung, deren 
Summe gleich der Spannung im Hauptkreis ist. 

Für Gleichstrom sind sowohl Motor- als auch Eleklrolvt.- 
unterbrecher geeignet. 

Eine dritte Stromquelle steht uns in dem immer mehr 
in Aufnahme kommenden Wechselstrom zur Verfügung. Un¬ 
mittelbar ist er natürlich für den Röntgenbetrieb über¬ 
haupt nicht brauchbar. Um ihn nutzbar zu machen, wandte 
Boas einen Motorunterbrecher an, den Synchronunter¬ 
brecher, der entsprechend der Zahl der Stromstöße der 
Zentrale stets nur eine Stromphase aus dem Strom heraus¬ 
schnitt und die anders laufenden Impulse ausschaltete. Auf 
diese Weise konnten die einzelnen Stromstöße direkt der 
Primärspule zugeführt werden. Die großen Nachteile des 
Systems, das viele Nachahmer gefunden hat und technisch 
hoch durchgebildet ist, bestehen außer dem seht hohen Preise 
des Motors vor allem in der picht völligen Zuverlässigkeit 
und der Notwendigkeit einer dauernden sachverständigen 
LTeberwachung und außerdem in der enormen Abhängigkeit 
von der Zentrale, da bei jeder veränderten Zahl der Strom¬ 
stöße der Motor nicht mehr richtig funktioniert. 

Die zweite Möglichkeit bestand darin, den einen Strom, 
der zurücklief, gleichsam abzudrosseln, und hierzu eignete 
sich der Wehneltunterbrecher. Aber die verkehrten Im¬ 
pulse konnten nicht ganz ausgeschaltet, sondern nur erheb¬ 
lich abgeschwächt werden und außerdem stellte sich ein 
bedeutender Verbrauch der Platinanode heraus, der den Be¬ 
trieb auch noch verteuerte. Eine Verbesserung und Verbilli¬ 
gung des Betriebes wurde durch Vorschaltung einer ver¬ 
besserten Gleichrichterzelle, wie Professor Grätz sie ein¬ 
geführt hat, durch Götze in Aschaffenburg herbeigeführt. 

Die dritte Möglichkeit bestand darin, den Strom umzu¬ 
formen und zum Gleichstrom zu machen. Ein billiges Ver¬ 
fahren war das, welches G r i s s o n in seinem Grisson- 
Gleichrichter anwandte. Es beruhte auf der Gr ätz sehen 
Entdeckung, daß elektrolytische Zersetzungszellen, deren 
eine Elektrode aus Aluminium besteht, den Strom nur in 
einer Richtung passieren lassen. Durch eine sinnreiche 
Anordnung von vier solchen Zellen erreichte er dann, daß 
aus dem Wechselstrom ein Gleichstrom wurde. Der Nach¬ 
teil dieser Einrichtung beruht auf der peinlichen Akkuratesse, 
mit welcher der Apparat behandelt werden muß; ab und zu 
muß das sich setzende Elektrolytsalz umgerührt werden, 
ebenso wie die Aluminiumplatten öfters gereinigt und ersetzt 
werden müssen. Gegen jede Art der Verschmutzung ist der 
Gleichrichter sehr empfindlich. 

Teuerer und 'umständlicher, bei guter Konstruktion aber 
ebenso zuverlässig sind die mechanischen Gleichrichter, z. B. 
der von Koch, die im Prinzip dem Boas sehen Synchron¬ 
unterbrecher ähneln. - 

Endlich ist der Wechselstrom für Röntgenlichterzeugung 
noch brauchbarer zu machen, wenn er zum Antrieb einer 
eigenen Gleichstromdynamo verwandt wird. Aber die An¬ 
lage ist sehr teuer und die Dynamo muß genau auf das In¬ 
strumentarium gearbeitet sein. 

Durch die verdienstvollen Arbeiten und Versuche von 
Rosenthal angeregt., ging das Bestreben der letzten Jahre 


dahin, Röntgenapparate zu bauen, die derartig starke und 
für den Röntgenbetrieb geeignete Ströme lieferten, daß auch 
die schwierigsten Aufnahmen in möglichst kurzer Zeit, im 
Moment, unter möglichst geringer Abnutzung der Röhren 
gemacht, werden konnten. Unter Wahrung der bisher be¬ 
schriebenen Bedingungen für die Eignung des Stroms 
entstanden so die von den verschiedensten Fabriken ge¬ 
bauten Intensivstrominduktoren. Die Belichtungszeit ging 
unter eine Sekunde herunter und wurde auf die verschie¬ 
denste Weise automatisch geregelt. Weit voraus allen Kon¬ 
struktionen ist jetzt Dessauer durch seine Blitzapparate, 
die bei einem Äufblitzen der Röhre von 1 / 50 bis l /i 2 o Se¬ 
kunde Dauer bis 200 Milliamperes Strom durch die Röhre 
schicken. Dabei ist der Primärstrom bei 110 Volt Spannung 
höchstens mit. ,40—60 Amperes gesichert. Also ein glän¬ 
zendes Resultat! Die kurze Dauer des Aufblitzens erzeugt 
er ohne Unterbrecher durch die Explosion einer Patrone, 
die in den Primärstrom eingeschaltet ist. Die Patrone ent¬ 
spricht einer einfachen Sicherung, die überlastet wird. Der 
Preis der Patrone ist zirka 10 Pfg. 

Hiermit wäre die Besprechung der Apparate beendet, 
welche einen geeigneten Strom zur Erzeugung von Röntgen- 
licht zu liefern haben. Dieser Strom wird in dem zweiten 
Teil der Maschine, der Röntgenröhre, in X-Strahlen ver¬ 
wandelt. Welche Bedingungen sind nun an den Bau der 
Röhre zu stellen? 

Wir müssen zunächst unterscheiden, ob wir die Röhren 
für diagnostische oder therapeutische Zwecke gebrauchen 
wollen, da im ersten Falle Bildschärfe, im zweiten mög¬ 
lichste Gleichmäßigkeit der gelieferten X-Strahlen verlangt 
wird. Beschäftigen wir uns zunächst mit den Röhren für 
Diagnostik. 

Wir wissen, daß X-Strahlen nur in hoch evakuierten 
Röhren entstehen und daß die Gasgrenze nach oben und 
unten sehr eng begrenzt ist. Dabei wird daß Gas aufch 
noch beim Durchgang des elektrischen Stromes durch die 
Röhre allmählich verbraucht. Daraus folgt, daß das Volumen 
der Röhre nicht zu klein sein darf, da die Lebensdauer einer 
Röhre von ihrem Gasvolumen abhängig ist. 

Da das Vakuum der Röhre ein sehr hohes ist, ruht 
naturgemäß ein sehr hoher Druck auf der äußeren Glas¬ 
wand, die ja selbst sehr dünn ist. Die Röhre muß also 
im Glase einwandsfrei sein und die Erfahrung hat gelehrt, 
daß die sogenannten Hüttenkugelröhren den geblasenen 
Kugelröhren vorzuziehen sind. 

Zur Einführung der Elektroden in die Röhre wird Platin 
verwandt, weil dies denselben Wärmeausdehnungs- 
lcoffizienten hat wie Glas. 

Anode und Kathode müssen aus Aluminium herge¬ 
stellt sein, weil dies Metall im Vakuum nicht, zerstäubt. 

An der Kathode entstehen nun die Kathodenstrahlen. 
Wenn Kathodenstrahlen innerhalb der Röhre auf einen festen 
Gegenstand aufprallen, entstehen hier X-Strahlen und gehen 
von den Entstehungspunkten aus strahlenförmig ausein¬ 
ander. Wir müssen also die Kathodenstrahlen zu vereinigen 
suchen, damit nur ein X-Strahlenzentrum erregt, wird, und 
daher wird die Kathode hohlspiegelartig gebaut. Nun 
schneiden sich aber Kathodenstrahlen infolge ihrer elek¬ 
trischen Eigenschaften nicht wie Lichtstrahlen in einem 
Punkte, sondern sie haben nur einen gewissen Ein¬ 
schnürungsring und gehen dann wieder auseinander. Wir 
müssen also [die Antikathode so in die Röhre legen, daß 
sie möglichst in diese engste Stelle des Einschnürungsringes 
fällt. Wir erhalten somit auf der Antikathode den soge¬ 
nannten Antikathodenfleck als Ausgangspunkt. der 
X-Strahlen. Je kleiner dieser ist, desto eher kann man von 
Zentralprojektion reden. 

Da bei dem Aufprall von Kathodenstrahlen große Wärme 
entsteht, muß die Antikathode mit einem Metall überzogen! 
sein, das einen hohen Schmelzpunkt hat, meist, wird dazu 
Platin genommen. 

Diese Wärmebildung nun verändert während des Be¬ 
triebes die Dichtigkeit des vorhandenen Gases in der Röhre. 
Von der Dichtigkeit in der Röhre aber hängt die Bildung 
der Kalhodenstrahlen zum Teil ab und somit die Qualität 
der X-Strahlen, d. h. die Röhre ändert sich mit zunehmender 
Wärme andauernd, sie wird weicher. Damit aber wandert 
auch der Schnürring der Kathodenstrahlen in gewissen 
Grenzen aus, was wir am Antikathodenfleck beobachten 
können. 



No. 38. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


079 


Um diese, nicht, gewollte Veränderung der Röhre zu 
beschränken, haben die verschiedenen Fabriken die ver¬ 
schiedensten Wege eingeschlagen, indem sie entweder durch 
Hinterlegung der Antikathode mit. starken. Metallklötzen die 
Wärmeaufnahmefähigkeit der Antikathode verstärkten, oder 
durch Wasserkühlung die Wärme absorbierten- bezw, nach 
Bauers Vorgang durch große; mit, der Außenluft, in .Ver¬ 
bindung stehende MelalllTächeu Wärme nach außen ab- 
gfiben. . 

Da der Gasgehalt der Röhre im Laufe der Zeit, ver¬ 
braucht, die Röhre also zu hart wird, haben viele Fabriken 
nach dem Vorgang des Franzosen V.illard .- Regen erier- 
yorrichtiingen an den Röhren -angebracht, die.es ermöglichen, 
der .Röhre (las zuzuführen bezw. (las zu absorbieren. 

Die letztere Einrichtung kommt immer mehr ab und 
mit.Recht, denn die Röhre wird durch den Gebrauch schon 
gasärmer, also härter, man soll diesen Vorgang nicht noch 
beschleunigen. 

Anders mit der Gaszufuhr. Zu harte Röhren werden 
dadurch wieder weicher gemacht, also wird die Lebens¬ 
dauer erhöht. Doch soll man nach einer Regenerierung der 
Röhre diese nicht sofort wieder benutzen, sondern erst, min¬ 
destens eine Stunde ruhen lassen, da dann erfahrungsgemäß 
die Röhre länger weich bleibt und nicht sobald wieder 
„umschlägt“. 

Während die Regenerierung der Röhre durch Gas¬ 
zufuhr bezw. -Abfuhr, d. h. also durch Veränderung der 
Dichtigkeit in der Röhre, die X-Strahlung beeinflußt, be¬ 
zweckt ein vor Jahren von Dessauer angegebenes anderes 
Verfahren eine Regulierung der X-Strahlen ohne Verän¬ 
derung des Gasvolumens. Von der Erkenntnis ausgehend, 
daß die negativ elektrischen Kathodenstrahlen alle Körper, 
die sie unterwegs treffen, ebenfalls negativ laden, wurde um 
die Antikathode eine Metallhülse, sogenannte Blende, so 
gelegt, daß die Kathodenstrahlen durch diese Hülse hindurch¬ 
gehen müssen. Diese wird also negativ elektrisch geladen, 
und dadurch werden die Kathodenstrahlen in der Hülse 
zusammengedrängt, weil sie ja von dem mit gleichnamiger 
Elektrizität geladenen Körper abgestoßen wurden. Auf diese 
Weise treffen die neuen axial verlaufenden Kafhodenstrahlen 
mein' punktförmig auf die Antikathode, d. h. unbeeinflußt 
vom Vakuum der Röhre bleibt der Treffpunkt, der Kathoden,- 
strahlen stets auf der Antikathode, die gute Zeichnung der 
Röhre ist: -also garantiert. Der Antikathode gegenüber ist, aus 
der Blende ein Stück herausgeschnitten, durch das die von 
der Antikathode ausgehenden X-Strahlen treten können. 

Durch diese Blende wird aber in der Röhre seihst für 
die Kathodenstrahlen der Widerstand vermehrt, es gehört 
also eine größere Spannung dazu, überhaupt Kathoden¬ 
strahlen zu erzeugen und damit nimmt ihre Intensität zu. 
Mit der Intensität der Kathodenstrahlen nimmt aber, wie | 
wir anfangs gesehen haben, die Menge und Durchdringungä- 
fähigkeit der X-Strahlen zu. Es galt nun die negativ elek¬ 
trisch geladene Blende nach Belieben mehr oder weniger zu 
laden, d. li. den Widerstand gegen die Kathodenstrahle,n 
in der Röhre ohne Veränderung des Vakuums zu regulieren. 
Diese Aufgabe wurde so gelöst, daß die mit Blende ver¬ 
sehene Antikathode -durch einen beweglichen Hebel mit der 
positiven Anode verbunden wurde, so daß je nach der 
völligen oder nur toilwaisen Annäherung des Hebels an die 
Anode die Blende entladen wurde, oder mehr oder weniger 
stark geladen blieb. 

Die Fabrikation der Röntgenröhren steht heutigentags 
derartig auf der Höhe, daß man für jede Forderung an die 
zu liefernden Strahlen Röhren erhält, und sie sich von den 
angegebenen Gesichtspunkten aus nach Belieben verschaffen 
kann. Auch die Schwankungen im Preise sind nicht sehr 
erheblich und entsprechen im allgemeinen den Leistungen 
der Röhren. 

Für die Therapie hat man nun im Gegensatz zur 
Diagnostik die scharfe Bildzeichnung nicht nötig, die Anti¬ 
kathode braucht also nicht sorgfältig im Schnürring der 
Kalhodenslrahlen zu liegen, d. h. alle Röhren, die für die 
Diagnostik nicht mehr brauchbar sind oder auch neue, 
schlecht zentrierte Röhren können für die Therapie noch 
gut brauchbar sein. Hier wird es sich darum handeln 
Röhren zu verwenden, die möglichst, lange ihr Vakuum nicht 
verändern und So gleichmäßige Strahlen, liefern. 

Für tiefer liegende Prozesse wird man Strahlen fordern, 
die möglichst homogen den Körper in seiner ganzen Dicke 
durchdringen, ohne an der Oberfläche Verbrennungen zu 


erzeugen, und auch diese Forderung ist theoretisch und 
praktisch von D es sau er gelöst, wenn auch noch zu wenig 
darüber bekannt ist, ob diese homogenen Strahlen wirklich 
die Hoffnungen erfüllen, die man auf sie geselzl hat. 

Die Besprechung der Röhren darf man nicht.'schließen, 
ohne derjenigen Mittel zu gedenken, welche verhindern, 
daß eventuell Schließungsinduktion, durch die Röhre geht, 
da dann ja Anode und Kathode wechseln und also andere 
Punkte der Röhre als der vorgenannte Antikathodenfleck der 
Ausgangspunkt für die X-Strahlung werden. Nach .Mög¬ 
lichkeil soll jedes Induktorium so gebaut, sein, daß die 
Schließungsinduktion praktisch gleich Null isl, so daß der 
große Widerstand. in der Röhre von ihr nicht überbrückt 
t wird. Wo aber durch -die Umstände, doch Schließungs¬ 
induktion vorhanden ist, gilt es, diese abzufangen. Da 
erfahrungsgemäß der elektrische Strom leicht von einer 
Spitze durch die Luft zu einer Fläche überspringt, umge¬ 
kehrt aber nur schwer, so konstruierten Reiniger, 
Geh her t und Schall auf diesem Phänomen basierend 
die sogenannte Funkenstrecke, einen, Glaszylinder mit festem 
flächenhaften Minuspol und spitzem Pluspol zum Ver¬ 
schieben. Hierbei entstand aber durch das lleberspringen 
des Funkens ein knatterndes Geräusch. Ress a u e r vervoll¬ 
kommnet? auf derselben Grundlage den Apparat durch eine 
Serienschaltung solcher Plus- und Minuspole (Funkenventil). 

G undelach endlich konstruierte eine der Röntgen¬ 
röhre ähnliche Röhre, die sogenannte Drosselröhre, und 
benutzte die. Eigenschaft, der Kathodenstrahlen, ihre Um¬ 
gebung negativ elektrisch zu Jaden. Er legte eine Elektrode 
in den sehr engen Röhrenhals und die andere in die Mitte 
der Kugel. Beide Elektroden laden, wenn sie Kathode:; 
weiden, die Glaswände negativ elektrisch und zwar um so 
stärker, je. näher sie der Elektrode sind. Wird also die 
im Röhrenhals befindliche Elektrode zur Kathode, so wird 
der Hals sehr stark negativ elektrisch geladen, damit aber 
die Käthodenstrahlung sehr erschwert. Der Strom kann 
aber nur unter Bildung von Kathodenstrahlen solche Röhre 
passieren : es findet also eine erhebliche Abdrosselung der 
Schließungsinduki.ion statt, wenn die Drosselröhre so in 
den Sekundär kreis eingeschaltet, wird, daß die Schließungs¬ 
induktion durch die Elektrode in der Kugel als Anode zur 
Elektrode im Hals als Kathode gehen muß, während die 
Oeffnungsinduktion bei dem umgekehrten Weg keinen 
nennenswerten Widerstand findet. 

Die neuerdings von Bau e r, (I u n d e 1 a c h und anderen 
konstruierten sogenannten sehließungslichtfreien Röntgen¬ 
röhren haben die selbständige Drosselröhre gewissermaßen 
in die Röntgenröhre selbst verlegt, indem sie die Anode 
bezw. Antikathode eng mit isolierendem Material umgeben. 
Nähere Einzelheiten bringen die entsprechenden Kataloge-, 
Nunmehr kommen wir auf einen wichtigen Punkt. Die 
Röntgenstrahlen beeinflussen die Gewebe des menschlichen 
Körpers, es gilt also die Leute zu schützen, welche mit 
Röntgenlicht berufsmäßig arbeiten bezw. therapeutsich be¬ 
handelt werden sollen, denn die einmalige Durchleuchtung 
oder Photographie eines Körperteils zieht keinen Nachteil 
für das Objekt nach sieh, wohl aber größere Dosen 
Röntgenlichts. 

Bezüglich der Therapie geht daher das Streben der 
Röntgenologen dahin, die X-Strahlenmenge zu messen, die 
dem Körper des Kranken zu Heilzwecken beigebracht wird. 
Da auch ein strafrechtliches Interesse bei eventuell fahr¬ 
lässiger Körperverletzung durch X-Strahlen vorliegt, ist 
dieses Streben eine Notwendigkeit. 

Es ist das Verdienst H o 1 z k n echts, zuerst mit einem 
Meßinstrument für Röntgenstrahlen vor die Oeffantlichkeit 
getreten zu sein. Die Messung geschah durch die Ver¬ 
änderung der Farbe eines Reagenzkörpers durch X-Strahlen 
und Vergleich dieser Veränderung mit einer festen, empirisch 
erprobten Farbenskala. Die X-Strahlenmenge wurde nach 
H=Holzknechfeinheiten gezählt und zwar entspricht ein H 
dem dritten Teil der Menge von X-Strahlen, die auf nor¬ 
maler Gesichtshaut leichte Rötung erzeugt.. Die Reagenz¬ 
körper wurden durch Tageslicht: langsam wieder zur ur¬ 
sprünglichen gelben Farbe zurückgebracht und konnten so 
mehrmals gebraucht werden. Der Reagenzkörper wurde 
auf dem Rande der Schutzblende für die nicht zu be¬ 
strahlenden Teile derartig angebracht,' daß er in seiner 
ganzen Oberfläche vom Fokus gleich weit entfernt war. Dies 
Chromoradiometer ist veraltet und erscheint nicht mehr 
im Handel. 





680 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Ein zwoiles Instrument ist das Radiometre X von Sa¬ 
li o u r a u d - N o t r e. Es enthält zwei Testfarben Teinte A 
und I! und die Reagenzpastillen. Teinte A steljt die 
ursprüngliche Farbe der Pastillen dar, Teinte B die Maximal¬ 
oder Erythemdosis 5 11. Dazwischen gibt es keine festen 
Stufen, wenn auch in gewissen Grenzen die Verfärbung einen 
Schluß auf die X-Strahlenmengo ziehen läßt. Die Pastillen 
sind nur einmal zu gebrauchen und worden in halber Ent¬ 
fernung zwischen Fokus und Haut befestigt. Es ist. nicht 
so differenziert benutzbar wie das Chromoradiometcr, aber 
namentlich als Kontrollinstrument von Wert. 

Ein drittes Meßinstrument ist. das Chromoradiometer ,von 
Bordier, das eine Erweiterung des Jladiometres X dar¬ 
stellt. Es ist namentlich in den Anfangsdosen nicht ganz 
exakt. 

Das Quantimeter von Kienböck basiert auf der 
Veränderung des photographischen Papiers durch X-Strahlen 
und ist namentlich als Beweismittel vor Gericht, äußerst wert¬ 
voll. Lichtdicht eingeschlossenes Photographiepapier wird 


Ho . 38, 

auf die Körperoberfläche gelegt, und von Zeit zu Zeit, ein 
Streifen entwickelt und mit, der beigegebenen Skala ver¬ 
glichen. Die Summe der Streifenergebnisse oder das bis 
zum. Schluß belichtete Papier ergeben dann die Röntgen¬ 
dosis und sind dem Krankenblatt beizuheften. Soll die 
ganze Dosis auf einmal gegeben werden, so ist ein offenes 
Dosimeter von den vorher beschriebenen Arten notwendig, 
um zur rechten Zeit aufzuhören, während der nach Beendi¬ 
gung der Bestrahlung entwickelte Streifen zum absoluten 
Nachweis für das Krankenblatt und bei Verbrennungen für 
die Gerichtsverhandlung dient. Sehr wertvoll ist diese Me¬ 
thode zur Feststellung der Tiefenbestrahlung. 

Freund wählte zur Bestimmung der X-Strahlenmenge 
eine frische Jodoformlösung (2,0:1(10,0 Chloroform), die sich 
durch Jodausscheithmg rotfärbt. Dies Verfahren ist sehr 
wenig exakt. Eine Modifikation dieses Verfahrens wurde 
1906 von Bordier und Gaiimard angegeben, ist aber 
auch ungenau. 

(Schluß folgt.) 


Prof. Dr. Konrad Alt (Uchtspringe): Zur Technik der Behand¬ 
lung mit dem Ehrlich-Hatasehen Syphilismittel. (Münch, 
med. Wochenschrift, 1910, No. 64.) 

Verfasser gibt jetzt folgende Vorschrift zur Herstellung 
der Dioxydiamidoarsenobenzol-Lösung: In einem etwa 10 ccm 
fassenden, schlanken, graduierten Glaszylinder mit engem Hals 
und eingeschliffenem Stöpsel bringt man etwa 60 Glasperlen 
mittlerer Größe, fügt 10 ccm destilliertes Wasser und dann 
die Substanz hinzu. Durch kurzes energisches Schütteln wird 
die ganze Substanz vollkommen klar gelöst. Dieser Lösung 
fügt man auf je 0,1 g der Substanz etwa 0,5 ccm Normalnatron¬ 
lauge zu und schüttelt wiederum etwa Minute energisch. 
Dann erhält man eine vollkommen weinklare, schwach alkali¬ 
sche Lösung, die durch weiteren Zusatz von destilliertem 
Wasser beliebig verdünnt werden kann. Da das Präparat nicht 
immer gleich löslich ist, kann ein geringes Mehr oder Weniger 
au Natronlauge zur Erzielung weinklarer Lösung erforderlich 
sein. Zur intravenösen Einverleibung wird die Lösung ent¬ 
sprechend stärker verdünnt. Um eine neutrale Aufschwem¬ 
mung herzustellen, bringt man in den mit Glasperlen ver¬ 
sehenen Meßzylinder (oder Scheidetrichter) 8,5 ccm destillier¬ 
tes Wasser, sodann die Substanz und auf je 0,1 derselben etwa 
0 6 ccm Normalnatronlauge, schüttelt sodann etwa V 2 Minute. 
Die sö hergestellte Suspension ist vollkommen gleichmäßig 
und fein verteilt. Verfasser ist der Ansicht, daß bei der intra¬ 
muskulären Einbringung einer Suspension weit weniger Sub¬ 
stanz in Wirkung tritt als hei der alkalischen Lösung. Er ist 
ferner der Meinung, man dürfte in Zukunft die erste Injektion 
intravenös machen und etwa vier Wochen später eine intra¬ 
muskuläre Injektion anschließen. 

Dr. Karl Taege (Freiburg i. B.): Erfolgreiche Behandlung eines 
syphilitischen Säuglings durch Behandlung seiner stillenden 
Mutter mit „606“. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 33.) 
Eine 19 jährige syphilitische Erstgebärende mit großen 
breiten Kondylomen an den Geschlechtsteilen brachte ein Kind 
von 2400 g zur Welt, welches zwar ausgetragen, aber welk und 
greisenhaft war; es schrie nicht, lag apathisch da, wollte die 
Brust nicht nehmen. Neun Tage nach der Geburt zeigten sich 
hei dem Kinde vier Pemphigusblasen an der linken Fußsohle, 
eine an der rechten. Außerdem trat an drei Fingern der rech¬ 
ten Hand eine Paronychia syphilitica auf, ebenso auf einem 
Finger der linken. Nunmehr wurde bei der Mutter das 
Dioxyamidoarsenohenzol in der Dosis 0,6 in die Glutäen in 
üblicher Weise injiziert. Darauf gingen vom dritten Tage an 
die Erscheinungen bei der Mutter zurück. Aber auch bei dem 
von der Mutter gestillten Kinde begann am dritten Tage nach 
der Einspritzung die Rückbildung aller Erscheinungen, in 
wenigen Tagen waren sie dann verschwunden; das Kind trinkt 
kräftig und wog bei der Entlassung am 26. Lebenstage 3900 g 
und war völlig symptomlos. Dies Ergebnis ist um so be¬ 
merkenswerter, als in der Milch der Mutter sich organisches 
Arsen nicht nachweisen ließ und anorganisches Arsen nur in 
Spuren. Nach Ehrlich muß man die Annahme machen, daß 
das plötzliche Abtöten der Spirochäten eine große Menge von 
Endotoxinen freimacht. Diese veranlassen das Entstehen von 
Antitoxinen und diese letzteren gehen wahrscheinlich in die 
Milch über. 

Prof. C. Fraenkel und Prof. C. Grouven (Halle a. S.): Er¬ 
fahrungen mit dem Ehrlichschen Mittel „606“. (Münch, 
med. Wochenschrift, 1910, No. 64.) 

Die Verfasser haben ehvas über 100 Kranke mit dem 
E h r 1 i ch-H[a ta sehen Präparat behandelt. Die Lösungen 


bereiten sie in der Weise, daß sie das Dioxydiamidoarseno- 
benzol in 1 ccm chemisch reinen, von E. Merck bezogenen 
Methylalkohol schütten, dann etwas keimfreies Wasser hinzu- 
fügen, gut umrühren, darauf 1—1,5 ccm sterile, 'Iw Normal- 
natronlauge und endlich noch so viel destilliertes Wasser zu¬ 
geben, daß die Gesamtmenge der Flüssigkeit 8—10 ccm be¬ 
trägt; die Lösung erfolgt hierbei rasch. Im allgemeinen wer¬ 
den die Lösungen kurze Zeit vor ihrer Verwendung bereitet; 
einige Male wurden sie erst 24 Stunden nach ihrer Herstellung 
verwendet, ohne daß dadurch irgend ein Nachteil entstanden 
wäre. In den meisten Fällen werden die Injektionen in die 
Glutäen gemacht, nur in drei Fällen wurde das Mittel intra¬ 
venös von der Ellenbeuge aus eingespritzt; einmal mit töt- 
lichem Ausgang. Es handelte sich dabei um einen 25 jährigen 
Kellner, der wegen schwerer Erscheinungen cerebraler Lues 
sich seit 1)4 Jahren in der psychiatrischen Klinik befand. Er 
erhielt 0,4 des Mittels in 15 ccm Flüssigkeit gelöst in die 
Vene der linken Ellenbeuge. Schon % Stunde nach der In¬ 
jektion traten hei dem Kranken die Erscheinungen einer hefti¬ 
gen Arsenvergiftung auf, etwa BVc Stunden nach der Ein¬ 
spritzung erfolgte der Tod. Bei der Leichenöffnung fanden sich 
ausgedehnte erweichte Herde im linken Schläfenlappen. In 
der Milz, den Lungen und der Leber fanden sich deutliche 
Mengen von Arsen. Das in diesem Fall benutzte Präparat 
war sicherlich ein wandsfrei; denn bei drei anderen Kranken, 
die damit intramuskuläre Injektionen erhielten, traten keiner¬ 
lei auffällige Erscheinungen ein. Es lag wohl eine besondere 
Empfindlichkeit des Kranken gegenüber Arsen vor. Von der 
intramuskulären Injektion sahen die Verfasser in einem Teil 
der Fälle Schmerzen, die sich aber im allgemeinen innerhalb 
mäßiger Grenzen hielten. Was die Dosierung des Mittels an¬ 
langt, so begannen die Verfasser mit der Dosis 0,3 g; da die 
hierdurch erzielte Wirkung nicht ausreichend erschien, steiger¬ 
ten sie die Dosis bald auf 0,4, dann auf 0,6—0,7 g, in einzelnen 
Fällen wurde sogar 0,9 g injiziert. In einem Teil der Fälle 
machten sie in Intervallen von je zwei Wochen 2—3 Injektio¬ 
nen, z. B. wurde zuerst 0,4 g, nach 14 Tagen 0,7 und endlich 
nach weiteren zwei Wochen 0,8 g injiziert. In einem Teil der 
Fälle wurde die Ausscheidung des Arsens chemisch verfolgt 
und so ermittelt, daß in den ersten acht Tagen im Harn meist 
6—10 mg, in der zweiten Woche bis 6—8 mg, in der dritten 
Woche mit wenigen Ausnahmen fast nichts mehr ausgeschieden 
wurde. Fälle von Syphilis wurden 75 behandelt, 47 männliche 
und 28 weibliche Kranke, darunter 6 Kinder. Die letzteren 
erhielten 0,05—0,1, unter Umständen auch 0,2 g des Präpa¬ 
rates. Nur eine Injektion bekamen 52, zwei 17 und drei In¬ 
jektionen 6 Patienten. Anfangs wurden nur in der Klinik be¬ 
findliche Kranke, später auch Patienten der Poliklinik mit dem 
Mittel behandelt. Ernstliche Nebenwirkungen kamen im all¬ 
gemeinen nicht zur Beobachtung, nur bei einer Patientin wurde 
eine Albuminurie festgestellt; in einigen Fällen traten von der 
Einspritzungsstelle ausgehende Erytheme mit Allgemein- 
erscheinungen und Fieber bis 40“ auf, welche aber in wenigen 
Tagen zurückgingen. Auf eine bestehende Schwangerschaft 
war die Behandlung in drei Fällen ohne Einfluß. — Was nun 
die Einwirkung auf die syphilitischen Erscheinungen anlangt, 
so entsprechen die Beobachtungen der Verfasser im großen 
und ganzen denen der übrigen Beobachter, es wurde meist 
eine entschiedene und außerordentlich früh einsetzende 
günstige Beeinflussung der syphilitischen Erscheinungen aller 
Abschnitte durch das Ehrlich-Hata sehe Mittel festgestellt. 
Primäraffekte und sekundäre Exantheme der Haut und 
Schleimhäute bildeten sich oft innerhalb weniger Tage zurück. 
Nässende Kondylome gehen besonders schnell zurück. Nicht 
minder günstig wurden tertiäre Veränderungen der Haut, 



No. 38. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


581 


der Schleimhäute und Knochen beeinflußt. Besonders deutlich 
war die Wirkung in einem Falle von maligner Lues, ln I 
einem Falle von doppelseitiger Labyrinthtaubheit zeigte sich 
nach einmaliger Einspritzung von 0,6 g eine unverkennbare, 
nach 12 Tagen einsetzende Besserung der Hörfähigkeit. Auch 
Fälle von hereditärer Syphilis wurden vielfach günstig beein¬ 
flußt. Bei einem an Keratitis parenchymatosa leidenden zehn¬ 
jährigen Knaben bewirkten zwei Einspritzungen von 0,3 und 
0,6 g einen raschen Rückgang der Trübung. — Es kamen jedoch 
einige Fälle vor, in denen der Erfolg der Behandlung weit 
weniger schnell eintrat, ja sogar nach anfänglicher Besserung 
sich ein Rückschlag bemerkbar machte. In einem Falle wur¬ 
den in hypertrophischen Gesichtspapeln zwei Monate nach der 
Einspritzung noch massenhaft lebhaft bewegliche Spirochäten 
nachgewiesen. Ein Kranker mit tubero-serpiginösen Er¬ 
scheinungen des Kopfes brauchte bei drei Einspritzungen von 
0,3, 0,4 und 1 g über zwei Monate zum Verschwinden dieser Er¬ 
scheinungen. Die Wassermann sehe Reaktion wurde in 
sehr ungleichmäßiger Weise beeinflußt. Oft blieb auch trotz 
bemerkenswerter klinischer Besserung der serodiagnostische 
Befund unverändert stark positiv. — Es wurden u. a. auch 
drei Fälle von Psoriasis mit dem neuen Präparat behandelt 
(0,6 resp. 0.7 g); nur in einem Falle zeigte sich ein Zurück¬ 
gehen der Effloreszenzen. Dagegen wurden in drei Fällen von 
chronischem Pemphigus bemerkenswerte Besserungen er¬ 
zielt; ebenso zeigte sich in einem Falle von Lichen ruber 
planus eine sehr günstige Wirkung des Mittels. 


Prof. Dr. Kliugiriüller (Kiel): lieber die Behandlung der Gonor¬ 
rhoe des Mannes. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 32.) 

Verfasser bespricht kurz seine Erfahrungen bei der Be¬ 
handlung der Gonorrhoe. Er wendet im wesentlichen die 
Methoden von Neisser an und bedient sich fast nur der 
Silbereiweißverbindungen. Er vergleicht nun die Wirkung 
verschiedener Silbereiw'eißverbindungen hinsichtlich der zur 
Heilung erforderlichen Zeit und hinsichtlich des Auftretens 
von Komplikationen. Das Protargol wendet er in % proz. 
Lösung an; die Einspritzungen werden 4—6 mal täglich 10 bis 
20 Minuten lang mit großer Neisser scher Spritze gemacht. 
Bei Komplikationen wird die örtliche -Behandlung der Anterior 
nicht ausgesetzt. Die Behandlung der Posterior geschah fast 
ausnahmslos mit Lösungen von Hvdrargyr. oxycyanat. 1 :8000 
bis 1 :4000 in Janet scher Spülung mittels eines Irrigators 
aus 1 —1 Vs m Höhe und mit einem Glasolivenansatz. Bei Vor¬ 
handensein von Gonokokken in der Prostata und in den Samen¬ 
blasen wurde regelmäßig massiert, bei Prostataerkrankungen 
nur mit dem Finger, bei Samenblasenerkrankungen mit dem 
F e 1 e k i sehen Instrument.. Nach der Massage wurde sofort 
eine Janet sehe Spülung gemacht, um das herausmassierte 
Sekret zu entfernen. Die Epididymitis behandelt Verfasser 
fast ausnahmslos mit Prießnitzverbänden, nur in hartnäckigen 
Fällen punktiert er den Nebenhoden. Die örtliche Behandlung 
der Anterior und Posterior wird dabei nicht ausgesetzt. An 
Stelle des Protargols versuchte Verfasser nun einige andere 
Silbereiweißverbindungen, und zwar zunächst Silber- 
nitrat-Aethylendiaminalbumose (Argentamin- 
albumose), welches 7 pCt. Silber enthält. Auch diese Sub¬ 
stanz verwandte Verfasser in % proz. Konzentration. Auch zu 
Spülungen in der Konzentration von 1 :6000 bis 1 :2000 ver¬ 
wendete Verfasser dieses Präparat. Schließlich prüfte Ver¬ 
fasser Silbernitratammoniakalbümose, ein Prä¬ 
parat, welches die Bezeichnung Hegonon erhalten hat. 
Hegonon hat einen Silbergehalt von etwa 7 pCt. und ist zu 
mehr als lOpCt. in Wasser löslich. Die wässerigen Lösungen 
koagulieren Eiweißlösungen auch beim Erwärmen nicht und 
geben mit Kochsalzlösung keine Fällung. Hegonon wurde in 
denselben Konzentrationen wie Argentaminalbumose verwendet. 
Es betrug nun bei 49 mit Protargol behandelten Fällen die bis 
zur Heilung erforderliche Zeit im Durchschnitt 26 Tage, bei 
Argentaminalbumose betrug diese Zeit 27 Tage (37 Fälle), bei 
Hegonon 22 Tage (38 Fälle). Verf. machte auch Versuche mit 
der Abortivbehandlung der Gonorrhoe, wobei er Argent. nitric. 
in Fi proz. Protargol in 5 proz. und Argentaminalbumose in 
2 proz. Konzentration benutzte. Die Heilungsdauer wurde etwas 
abgekürzt, jedoch hat Verfasser die Abortivbehandlung wieder 
aufgegeben 1. wegen ihrer großen Schmerzhaftigkeit, 2. wegen 
der häufig danach auftretenden Erkrankungen der Posterior, 
3. weil es eine Menge von Fällen gibt, die nach einer vorherigen 
mißglückten Abortivbehandlung außerordentlich schwer zu 
heilen sind. — Es ergab sich ferner, daß Protargol, Argentamin¬ 
albumose und Hegonon in ihrer Wirkung auf die einfache 
Anteriorgonorrhoe sich gleich verhalten; auch bei den kompli¬ 
zierten Fällen scheint kein wesentlicher Unterschied zu be¬ 
stehen, wenn auch Hegonon die kürzeste Behandluugsdauer 
aufweist. Auch in bezug auf das Auftreten von Komplikationen 
während der Behandlung steht Hegonon am günstigsten da. 


Dr. 0. Thorpeckc« (Göttingen): Ein Fall von Rheumatismus 
nodosus. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 29.) 

Verf. berichtet aus der Göttinger medizinischen Universi¬ 
tätsklinik über einen Fall von Gelenkrheumatismus bei einem 
12 jährigen Knaben, der nur leichte Erscheinungen an den Ge¬ 
lenken machte, aber mit Endokarditis, Chorea, multipler Knoten¬ 
bildung und einem rezidivierenden Exanthem kompliziert war. 
Es fanden sich am Hinterkopf in symmetrischer Anordnung 
vier etwa kirschkerngroße, sehr harte Knoten, über denen die 
Haut verschieblich war. Auf der Unterlage waren die Knoten 
nicht verschieblich, auf Druck nicht schmerzhaft. Kleinere, 
etwa hanfkomgroße Knötchen waren auch am vorderen Teile 
des Kopfes zu fühlen. An den vorspringenden Teilen des 
Kreuzbeins fanden sich erbsengroße Knoten in gleichfalls sym¬ 
metrischer Anordnung. Kleinere Knötchen saßen über mehre¬ 
ren Metacarpophalangealgelenken, beiderseits oberhalb des 
Epicondylus lateralis humeri, in der Nähe der Kniegelenke der 
inneren Malleolen, über den Strecksehnen der Zehen. Die 
Sehnenscheide des zweiten und dritten Fingerbeugers in der 
linken Hohlhand war in größerer Ausdehnung knotig verdickt, 
in geringerem Maße war dies auch rechts der Fall. Nach 
einiger Zeit zeigte sich an verschiedenen Stellen des Körpers 
ein aus kreisförmigen hellroten Flecken bestehendes Exan¬ 
them, welches bald zurückging, dann aber einige Male rezirii- 
vierte. Die Knotenbildung erforderte zu ihrer Rückbildung 
einige Monate. 

Fr. Stromeyer (Göttingen): Ein Beitrag zur Lehre vom krypto¬ 
genetischen Tetanus. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 32.) 

Verfasser berichtet aus der Göttinger medizinischen Uni¬ 
versitätsklinik über einen Fall von Tetanus bei einem 14 jähri¬ 
gen Maurerlehrling, in welchem von einer vorangegangenen 
äußeren Wunde oder Hautverletzung nichts nachzuweisen war, 
der Kranke hatte nur einige Tage vor Ausbruch der Erkrankung 
bis an die Knie im Wasser stehend gearbeitet. Beim Beginn 
hatten die Symptome .einen rheumatoiden Charakter, allmäh¬ 
lich trat der tetanische Charakter der Erkrankung deutlicher 
hervor. Die Krankheit verlief ohne Temperaturerhöhung; 
klonische Krämpfe, sowohl spontane wie auch reflektorische, 
wurden während des ganzen Verlaufs nicht beobachtet. Der 
Patient bekam eine Einspritzung von Tetanusautitoxin, wo¬ 
nach die Symptome in Verlauf von wenigen Wochen zurück¬ 
gingen. Im Blut kennten durch Tierversuch keine Tetanus¬ 
bacillen nachgewiesen werden. Der Fall gehört also zur Gruppe 
des kryptogenetischen Tetanus, der in früheren Zeiten auch 
rheumatischer oder idiopathischer Tetanus genannt wurde. 

R. L. 

Prof. Gustav Brühl: Zur Bewertung der Guajakose. (Therapeut. 
Monatshefte, Juni 1910.) 

Die in den Arzneischatz als Unterstützungsmittel bei der 
Behandlung der Phthise eingeführten Präparate enthalten un¬ 
verändert Kreosot und Guajakol als wirksamen Bestandteil. 
In der bekannten Guajakose, die neben der aus Fleischalbu- 
mosen bestehenden Somatcse Guajakol an Calcium gebunden 
in ungiftiger Form enthält, sind diese Uebelstände aufgehoben. 
Verfasser hat in einigen Fällen als Unterstützungsmittel der 
Behandlung bei der Tuberkulose, des Kehlkopfes Guajakose 
mit gutem Erfolge verwandt; insbesondere in einem in dauern¬ 
der Beobachtung gebliebenen Fall von Lungentuberkulose trat 
unter Darreichung von Guajakose neben der sonstigen Behand¬ 
lung ein Stillstand des Prozesses ein. G. 

Rudolf Fieweger: Zur Pathologie des akuten und chronischen 
Alkoholismus. Aus dem pharm. Institut der tierärztlichen 
Hochschule Berlin. (Iuaugural-Dissertation, Gießen 1909.) 

Im ersten Teil seiner fleißigen Arbeit bespricht R. Fie- 
w e g e r die Literatur von 1869 bis heute, aus der zu ersehen 
ist, wie verschieden die Resultate sind, welche die bisherigen 
Versuche behufs künstlicher Erzeugung von Lebercirrhose 
bei den verschiedenen Tierarten ergeben haben. Des¬ 
halb versuchte es 'Verfasser, durch weitere experimentelle 
Untersuchungen zur Klärung dieser Frage beizutragen. Die 
Versuchsanordnung (es wurden zwei Hunde, eine Katze, zwei 
Schweine und drei Kaninchen dabei benutzt) muß im Original 
eingesehen werden. 

Bei Betrachtung der mikroskopischen Befunde ist es auf¬ 
fallend, wie geringfügige Veränderungen die Leber im allge¬ 
meinen unter dem Einfluß des chronischen Alkoholismus er¬ 
litten hat. trotzdem die einzelnen Alkoholdosen ziemlich hoch 
und die Versuche von relativ langer Dauer waren. Als eine 
der auffälligsten Erscheinungen zeigte sich eine Verfettung der 
Leber, und zwar erschien diese Verfettung bei allen Tieren 
mit Ausnahme der beiden Schweine unter dem Bilde der Fett¬ 
infiltration. Die Leberzellen zeigten sich von einer wechseln¬ 
den Anzahl größerer und kleinerer Fettröpfchen erfüllt. Am 
prägnantesten war diese Fettinfiltration bei der Katze, deren 



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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 38. 


Leber schon makroskopisch durch das rein lehmfarbene Aus¬ 
sehen und die teigige Konsistenz auf diese Affektion besonders 
hinwies. Auch waren die mit Sudan III gefärbten Gefrier¬ 
schnitte der Leber dieses Tieres besonders auffallend leuch¬ 
tend rot gefärbt. Zerfallerscheinungen von seiten des Proto¬ 
plasmas und der Zellkerne wurden dabei in allen Fällen ver¬ 
mißt. Ferner hatten Protoplasma und Zellkerne im all¬ 
gemeinen deutliche und gleichmäßige Färbung angenom¬ 
men. Im Gegensatz zu der physiologischen Fettinfiltra¬ 
tion in der normalen Leber, bei der die Fetttröpfchen 
mehr in der Peripherie der Acini in weit geringerer 
Anzahl aufzutreten pflegen, zeichneten sich die Zellen 
der Alkohollebern dadurch aus, daß das Fett in viel größerer 
Menge und mit gleichmäßiger Verbreitung über den ganzen 
Acinus in die Erscheinung trat. Nur bei den beiden Schweinen, 
die in der letzten Zeit der Versuche sehr große Alkoholmengen 
erhalten hatten, zeigte sich die Verfettung als beginnende 
fettige Degeneration: es fanden sich in den Zellen lauter ganz 
kleine Fettkörnchen wie ein feiner Staub vor. Eine weitere 
Veränderung, die in der Leber. verschiedener Versuchstiere 
auffiel, war die enorme Hyperämie der Capillaven. Eigentliche 
cirrhotische Veränderungen wurden bei allen Tieren vermißt. 
Nur bei dem einen Kaninchen zeigten sich an verschiedenen 
Stellen zwischen den einzelnen Lobuli Ansammlungen von 
Rundzellen, und zwar nahm diese zellige Infiltration von den 
Aesten der Vena portae ihren Ausgang und sandte bereits 
schmale Ausläufer zwischen die Lobuli, Welche eine beginnende 
Segmentation der einzelnen Lobuli einzuleiten schienen. Ver¬ 
fasser ist geneigt, diese zellige Infiltration als frische Hepatitis 
interstitialis aufzufassen. 

Diese Resultate, welche die experimentellen Unternehmun¬ 
gen gezeitigt haben, sind sehr wohl in Einklang zu bringen 
mit den Ergebnissen, welche die Sektionen von Potatoren 
liefern. Entgegen der landläufigen Ansicht, daß die Leber- 
cirrhose des Menschen eine Säuferkrankheit sei, ist in letzter 
Zeit festgestellt worden, daß zwar viele Cirrhotiker Säufer, 
aber die wenigsten Säufer Cirrhotiker sind. v. H a n s e m a n n 
sprach sich auf der achten Tagung der deutschen pathologi¬ 
schen Gesellschaft auf Grund seiner reichen Erfahrungen am 
Sektionstisch und systematischer Untersuchungen der Lebern 
von Potatoren dahin aus, daß er nichts besonders häufig ge¬ 
funden hätte, was als eine beginnende Lebercirrhose gedeutet 
w erden könnte, nicht häufiger als bei Nichtpotatoren. Er wolle 
nicht absolut leugnen, daß der Alkohol ätiologisch zur Leber¬ 
cirrhose in Beziehung stände, sei jedoch mehr und mehr zu 
der Ansicht gelaugt, daß diese Frage revisionsbedürftig sei. 
Dieselbe Auffassung vertritt auch v. Baumgarten. Er 
teilte auf der 11. Tagung der deutschen pathologischen Gesell¬ 
schaft im Jahr 1907 mit, daß er auf Grund seiner Erfahrungen 
am Sektionstisch die bereits von v. Ha nse m a n n nachdrück¬ 
lich hervorgehobene und auf reiche Erfahrungen gestützte An¬ 
nahme, daß die Lebercirrhose eine im Vergleich zur Aus¬ 
breitung des Potatoriums seltene Erkrankung sei, durchaus 
bestätigen könne. Nach seinen Aufzeichnungen zeigten nicht 
mehr als 5—6 pCt. der von ihm sezierten Potatoren Leber¬ 
cirrhose; in den meisten Fällen wurde bei ihnen diffuse Fett¬ 
leber gefunden, aber von rein infiltrativem und nur selten 
degenerativem Charakter, und ohne Erscheinungen be¬ 
ginnender Cirrhose. Baum garten ist deshalb mit 
v. Hanse mann geneigt, dem Abusus spirituosorum nur 
eine disponierende, nicht eine direkt ätiologische Rolle in der 
Pathogenese der Lebercirrhose zuzuschreiben, etwa in der 
Weise, daß das Potatorium die Funktionen der Magen-Darm- 
wand schädigt und dadurch die Resorption gewisser, gelegent¬ 
lich im Magen-Darmkanal auftretender toxischer Stoffe be¬ 
günstigt. weiche zur Hervorbringung cirrhotischer Verände¬ 
rungen in der Leber geeignet sind. 

Des Verfassers Versuche scheinen diesen Hypothesen eine 
neue Stütze zu geben. Das Ausbleiben einer Lebercirrhose, 
oder wenigstens von Andeutungen einer solchen bei der Mehr¬ 
zahl seiner Versuchstiere ist vielleicht dadurch zu erklären, 
daß die betreffenden toxischen Stoffe im Magen-Darmkanal 
dieser Tiere noch nicht gebildet sind oder überhaupt nicht ge¬ 
bildet werden. Das eine Kaninchen scheint jedoch in dieser 
Hinsicht eine Ausnahme zu bilden. F. 

Privatdozeut Dr. Camill Hirsch (Prag): Ueber passagere 

Rindenblindheit durch Commotio eerebri. (Deutsche med. 

Wochenschrift, 1910, No. 31.) 

Ein 12 jähriger Gymnasialschüler erlitt am 12. Oktober 1909. 
einen schweren Unfall, indem er von einem Automobil über¬ 
fahren wurde. Er wurde in bewußtlosem Zustand vorgezogen 
und dann, als eine große blutende Kopfwunde bemerkt wurde, 
in das nicht weit von der Unfallstelle entfernte Krankenhaus 
gebracht. Hier war er wieder bei Bewußtsein, jammerte aber 
laut, daß er nichts sehe. Im Operationssaal wurde zunächst 
die große Kopfwunde versorgt. Es fand sich am Hinterkopf 
eine 8 cm lange, quergestellte Rißquetschwunde durch die ge¬ 
samte weiche Schädeldecke, etwa % cm w r eit klaffend. Beim 


Auseinanderziehen der Wundränder lag die Lamina externa 
der Schädclknochen frei, das Periost war nach oben bis zu den 
beiden Tubera parietalia, nach abwärts auf etwa 2 cm vorn 
Knochen abgelöst. Die Lambdanaht lag frei, sie war blutig 
suffundiert. Nirgends Kontinuitätstrennungen des Knochens. 
Ferner fand sich eine Quetschung der Nase, deren Oberfläche 
suffundiert w'ar, und eine kleine Stichwunde am 4. Dorsal¬ 
wirbel am Rücken. An verschiedenen Stellen der Extremitäten 
Exkoriationen und Suffusionen, jedoch keine Frakturen oder 
Luxationen. Nachdem die Wunde versorgt war, untersuchte 
Verfasser den Augenbefund. Es fand sich totale Amau¬ 
rose, die etwas über mittelweiten Pupillen reagierten, wenn 
auch nur sehr träge, auf Licht. Es besteht Strabismus diver- 
gens sinister schon von früher her, wie Verfasser zufälliger¬ 
weise schon % Jahr zuvor bei dem Knaben festgestellt hatte. 
Beweglichkeit der Augen normal, der Augenhintergrund zeigt 
nichts Pathologisches. Nach drei Stunden konnte der Knabe 
wieder große weiße Gegenstände und die Hand wahrnehineu. 
Nach weiteren vier Stunden konnte der Knabe Finger in kurzer 
Entfernung vor dem Auge zählen. Es besteht jetzt rechtsseitige 
homonyme Hemianopsie. Die Trennungslinie des Gesichts¬ 
feldes reicht fast bis zum Fixierpunkt. Am nächsten Tag haben 
[ sich die beiden Gesichtsfelder nach rechts erweitert. Wieder 
einen Tag später hatte das Gesichtsfeld an beiden Augen nor¬ 
male Ausdehnung, die Sehschärfe ist normal, der Knabe liest 
fließend; der Hintergrund ist normal. — Es besteht gleich¬ 
zeitig retrograde Amnesie insofern als die Erinnerung an den 
j Unfall vollkommen fehlt; an die Ereignisse vor dem Unfall be- 
I steht Erinnerung, ln den nächsten Wochen heilten die Wun¬ 
den ohne weitere Komplikationen. Das Sehvermögen und der 
Augenspiegelbefund blieben weiter normal. Verfasser hält es 
für wahrscheinlich, daß die Ursache der passageren Erblindung 
im vorliegenden Fall eine Commotio eerebri war. Hier¬ 
für spricht vor allem die kurzdauernde Bewußtlosigkeit nach 
; dem Unfall sowie die retrograde Amnesie. 


Privatdozent Dr. L. Blum (Straßburg): Ueber die Behandlung 
der Ischias mit epiduralen Injektionen. (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 32.) 

Verfasser berichtet über die Behandlung der Ischias mit 
epiduralen Injektionen, welche er in einer Reihe von Fällen mit 
Erfolg angewendet hat. Die Methode der epiduralen Injek- 
; tionen ist von C a t h e 1 i n und S i c a r d angegeben worden, 
i Die Möglichkeit, ohne Eindringen in den Duralsack auf die 
Nervenwurzeln zu wirken, besteht durch Benützen des Sacral- 
kanals. Der Duralsack reicht beim Erwachsenen bis an das 
untere Ende des ersten Sacralwirbels, beim Kinde bis zum 
zweiten Sacralwirbel. Der Sacralkanal ist ausgefüllt von den 
ziemlich seitlich verlaufenden Nervenwurzeln des Plexus 
sacralis und pudendus, von Fettgewebe und zahlreichen Venen¬ 
plexus. Von außen her ist der Kanal durch das Foramen 
sacrale inferias zugänglich. Diese Oeflnung wird oben begrenzt 
durch das Ende der mittleren Leiste des Os sacrum, seitlich 
durch zwei Höcker, die Enden der Cristae sacrales laterales. 
Geschlossen wird das Loch durch das Ligamentum sacro- 
coccygeum. Man kann die Oeifnung auf folgende Weise finden: 
Verfolgt man durch Tasten mit dem Finger die mittlere Sacral- 
leiste von oben nach unten, so fällt man plötzlich in eine Ex¬ 
kavation, die der Oeffnuug entspricht. Einen noch besseren 
i Anhaltspunkt gewähren die zwei Höcker, welche die Oeflnung 
| seitlich begrenzen. Am besten zu fühlen sind sie in der Knie- 
j ellenbogenlage oder in der Sims sehen Seitenlage bei starker 
; Beugung des Rumpfes und der unteren Extremitäten. Im all- 
[ gemeinen findet sich die Oeflnung 2 cm höher als' das obere 
| Ende der Glutäalfalte. Als Instrumentarium wird eine ge¬ 
wöhnliche Rekordspritze von 10 ccm Inhalt mit einer 6—8 cm 
langen, ziemlich dünnen Nadel benützt. Bei normalen anatomi¬ 
schen Verhältnissen dringt die Nadel bei dieser Länge nicht 
höher als bis zum zweiten Sacralwirbel, wenn sie ganz einge¬ 
stochen ist. Als Flüssigkeit zu den Injektionen nahm Verfasser 
anfangs 1 proz. Kokainlösung oder 4 proz. Stovainlüsung. später 
einfach physiologische Kochsalzlösung. (5—10 ccm.) Die In¬ 
jektion wird bei Knieelleubogenlage eder Sims scher Seiten- 
lage des Pat. ausgeführt; die Kanüle wird zuerst unter einem 
Winkel von 20° eingeführt, bis das Ligamentum durchstochen 
ist, dann geht man in horizontaler Richtung weiter. Bevor die 
Injektion ausgeführt wird, überzeugt man sich, daß eine Vene 
oder der Lumbalsack nicht angeslcchen sind; die Flüssigkeit 
wird darauf langsam injiziert. Die Kanüle wird darauf her¬ 
ausgezogen und die Stichöffnung mit Kollodium oder Heft¬ 
pflaster verschlossen. Im allgemeinen tut man gut, den 
Patienten auf die Seite zu legen, auf der die Ischias besteht. 
Die Besserung tritt meist sehr rasch auf, selten erst nach 
24 Stunden. Bei Ischias hören zuerst die Schmerzen im Kreuz 
und im Oberschenkel auf. Zuweilen genügt eine Injektion, 
um alle Beschwerden zu beseitigen; in hartnäckigen Fällen da- 
j gegen sind mehrere Injektionen nötig, die in Intervallen von 
' 2—3 Tagen vorgenommen werden. 



No. 38. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


583 


Dl'. Graupner (Dresden): Nierenerkrankung bei Basedowscher 
Krankheit (thyreogene Nephritis). (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, '1910, No. 32.) 

In einzelnen Fällen tritt bekanntlich nach der Exstirpation 
der Struma bei Basedow scher Krankheit unter rapider Ver¬ 
schlimmerung der Krankheitserscheinungen der Tod ein. Es 
hat sich gezeigt, daß in derartigen Fällen fast immer eine 
Persistenz resp. Hyperplasie der Thymus vorhanden ist. Verf. 
berichtet über zwei hierher gehörige Fälle bei Frauen von 
41 und 33 Jahren, in denen der Sektionsbefund erhoben wer¬ 
den konnte. Es fand sich in beiden Fällen wieder ein Status 
lymphaticus (Hyperplasie der Thymus und Milz, rotes Knochen¬ 
mark, heteroplastische Lymphome), außerdem aber bestanden 
schwere degenerative Veränderungen des Nierenepithels, in 
einem Fall bis zur Narkose gesteigert. Bei einer 63 jährigen 
Frau, welche an B a s e d o w scher Krankheit litt und plötzlich 
ohne erkennbare Veranlassung starb, fanden sich ebenfalls 
außer Thymuspersistenz die schwersten Veränderungen der 
Nieren, Nekrose des Epithels, besonders in den gewundenen 
Kanälchen und den Schleifen. Es handelt sich nach Verf. in 
derartigen Fällen um eine toxische thyreogene Nephritis, deren 
Entstehung anscheinend durch operative Eingriffe an der 
Schilddrüse begünstigt werden kann. 

Dr. Günzburg (Frankfurt a. M.): Zur Diagnose der Duodenal¬ 
geschwüre. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 28.) 
Verfasser schildert die diagnostischen Merkmale, welche 
für Duodenalgeschwüre charakteristisch sind. Es bestehen 
Schmerzen, welche 2—3 Stunden nach der Mahlzeit auftreten 
und durch Nahrungsaufnahme beseitigt werden. Auch nachts 
zwischen 1 und 2 Uhr treten häufig Schmerzen auf. Derartige 
Schmerzaiifälle dauern Tage bis Monate, sind wenig beeinflu߬ 
bar, verschwinden und erscheinen periodisch wieder. Bei der¬ 
artiger Anämie ist ein Ulcus duodeni sicher anzunehmen, wenn 
Blutungen vorhanden sind (starke Darmblutungen oder häufige 
Anwesenheit von okkultem Blut) oder wenn motorische Störun¬ 
gen nachweisbar sind in dem Sinne, daß eine L e u b e sehe 
Probemahlzeit nicht naeh sieben Stunden erledigt wird. Zu¬ 
weilen kann die Erweiterung des Duodenums eine deutliche 
iympanitische Perkussionsfigur am Lobus quadratus der Leber 
veranlassen. R. L. 

Dl'. Franz Barsickow. Oberarzt im 3. Bad. Dragouer-Rgt. No. 22: 
Ueber Appendicitis im Bruchsack. (Beiträge zur klin. Chir., 
19.10, Bd. 68, H. 1.) 

Der Wurmfortsatz findet sich zuweilen sowohl allein als 
auch zusammen mit anderen Eingeweiden, namentlich Coecum 
allein oder Coecum und Dünndarm eventuell Netz als Inhalt 
von Hernien. Unter so veränderten Lage- und Zirkulations- 
hältnissen neigt er noch leichter als an normaler Stelle zu Ent¬ 
zündungen. In der Zeit von 1897 bis Ende 1909 kamen in der 
Tübinger chirurgischen Klinik fünf Fälle von Appendicitis int 
Bruchsack zur Operation, über die Verfasser in vorliegender 
Arbeit berichtet. Das klinische Bild der Hernienappendicitis 
läßt nach den Erörterungen des Verfassers in den seltensten 
Fällen selbst nur eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose stellen und 
von Einklemmung der Appendix unterscheiden. An Hernien¬ 
appendicitis muß man denken, wenn ein Bruch plötzlich leichte 
Einklemmungserscheinungen bietet, die Geschwulst und ihre 
Umgebung schnell entzündliche Erscheinungen zeigt, von Be¬ 
ginn der Erkrankung an geringes Fieber besteht bei freier oder 
vorübergehend gestörter Darmpassage. In Fällen, wo die 
Appendix alleiniger Inhalt der Hernie ist, und wo es dann zu 
weit fortgeschrittenen Veränderungen eventuell zu ihrer totalen 
Zerstörung gekommen ist, bleibt es oft zweifelhaft, ob man das 
Endresultat einer Entzündung oder einer Einklemmung vor 
sich hat. Die Prognose ist bei Unterlassen von Taxisversuchen 
durchaus günstig zu stellen. In Fällen, in denen die Diagnose 
auf Hernienappendicitis gestellt worden ist, kann nur eine 
Operation in Frage kommen. Sprengel empfiehlt zunächst 
die Herniotomie auszuführen und danach von oben die Bauch¬ 
höhle durch einen neuen Schnitt zu öffnen. Er faßt daun von 
oben den Wurmfortsatz an der Basis und zieht ihn durch den 
Bruchkanal durch. Da es aber bei schon schwer verändertem 
Proc. vermif. zu dessen Abreißung und damit zur Infektion des 
Operationsterrains kommen kann, erscheint ein Verfahren 
rationeller, bei dem man auch dauernd den Wurmfortsatz vor 
Augen hat. Nach der Herniotomie wird, wenn die Bruchpforte 
nicht weit genug ist, um das Coecum vorzuziehen, der Schnitt 
verlängert, bis man die Bauchhöhle so weit eröffnet hat, um be¬ 
quem an die Ansatzstelle des Wurmfortsatzes heranzukommen. 
An die typische Resektion an der Appendix schließt sich die 
liadikaloperation der Hernie. 

Dr. W. Burk, Oberarzt der chir. Abt. des Ludwigsspital „Char¬ 
lottenhilfe" zu Stuttgart: Leber künstliche Blutleere der 
unteren Körperhälfte nach Momburg. (Beiträge zur klin. 
Chirurgie, 1910, Bd. 68, Heft 2.) 

Verf. berichtet über 3 Fälle, bei denen die künstliche Blut¬ 
leere nach M o m b u r g angewendet wurde. Ein Fall führte 


zu Darmgangrän mit nachfolgender Peritonitis, welche schlie߬ 
lich den Tod bewirkte. Auf Grund des Sektionsbefundes ist die 
Tatsache, absolut sicher, daß die' Darmgangrän direkte Folge 
der künstlichen Blutleere der unteren Körperhälfte nach M o m- 
hu rg war. Verf. stellt auf Grund seiner und der in der Lite¬ 
ratur niedergelegten Erfahrungen über die künstliche Blutleere 
folgende Kontraindikationen zusammen: 

1. Die Mom burgsehe Abschnürung ist nur bei völlig 
Herzgesunden und durch Krankheit nicht zu sehr entkräfteten 
Patienten anzuwenden, da durch die Abschnürung in vielen 
Fällen teils bei Anlegung, teils bei Abnahme der Konstriktion 
gefährliche Blutdruckschwankungen entstehen, denen ein 
krankes und geschwächtes Herz nicht gewachsen ist. 

2. Das Verfahren ist aus den unter 1. angeführten Gründen 
zu vermeiden bei alten Leuten und Arteriosklerotikern. 

3. Bei zu fettreichen Leuten, bei denen trotz kräftiger Ab¬ 
schnürung kein Verschwinden des Femoralpulses zu erreichen 
ist, ist die Abschnürung der unteren Körperhälfte nicht anwend¬ 
bar, da die Gefahr der Verblutung in die unvollkommen ab- 
geschnürte Körperhälfte besteht. 

4. Bei sehr mageren Personen oder bei solchen, welche an 
Darmaffektionen (ulcerative Prozesse, chronisch-entzündliche 
Affektionen etc.) leiden, ist die Mom bürg sehe Abschnürung 
nicht anwendbar, da die Gefahr schwerer Darmschädigungen 
durch direkte oder indirekte Druckwirkung des abschnürendeu 
Schlauches besteht. 

Ob und in welchen Fällen die Gefahr einer ischämischen 
Lähmung des Conus terminalis, wie sie Pagenstecher in 
einem Falle beobachtete, eine Kontraindikation gegen die Ab¬ 
schnürung abgibt, müssen weitere Erfahrungen lehren. Jeden¬ 
falls erscheint es nach den bisherigen Erfahrungen geraten, die 
Methode auf solche Fälle zu beschränken, wo eine unvermeid¬ 
liche Operation ohne Blutleere zu gefährlich oder unausführ¬ 
bar ist. Stehen wir aber vor der Alternative, einen Kranken uu- 
operiert sterben zu lassen, oder eventuell unter Zuhilfenahme 
der Momburg sehen Blutleere zu retten, so rechtfertigt sich 
der Standpunkt: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.“ K r. 

Lotheissen: Aethylchlorid-Sauerstoft-Narkose, (Archiv für klin. 
Chirurgie, Bd. 91, H. 1.) 

In Frankreich, Holland, England und Amerika ist die 
Aethylchloridnarkose weit verbreitet, weniger in Oesterreich 
und Deutschland. Lot heissen berechnet auf 17 000, Luke 
(Edinböurgh) auf 36 000 Narkosen einen Todesfall. Verfasser 
hat die Aethylchloridnarkose durch eine kleine Abänderung 
am R o th- D r äg e r sehen Apparat mit der Sauerstoff¬ 
darreichung kombiniert und berichtet über recht günstige Er¬ 
fahrungen. Die Aethylchloriddämpfe werden. ohne Wider¬ 
streben eingeatmet; die Narkose erfolgt rasch und sicher. 
Schädigungen an Lungen und Nieren wurde in keinem Fall be¬ 
obachtet, dagegen kann bei Ueberdosierung Asphyxie ein- 
treten. Sehr geeignet ist das Aethylchlorid bei Deliranten, 
Psychischkranken und Potatoren, bei welchem der Aether- 
rausch leicht mißlingt. Im übrigen ist nach Ansicht des Ver¬ 
fassers in denjenigen Fällen, in welchem die sonst gebräuch¬ 
lichen Allgemein-Narkosen kontraindiziert sind, auch die 
Aethylchloridsauerstcffnarkose nicht zu empfehlen. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Hermann Schöppler: Die Behandlung der Gelenksver- 
stauchungcn mit heißen Bädern und Massage. (Der Mili¬ 
tärarzt, 1910, No. 14.) 

Es ist eine allgemeine Erfahrung, daß Gelenksverstanchun- 
gen zumeist einen sehr langsamen Heilungsverlauf nehmen. 
Dieser langwierige Verlauf des Heilungsprozesses bei Gelenks- 
distersionen veranlaßte Generalarzt Dr. Reh, darauf hinzu¬ 
weisen, daß nach seinen vieljährigen Erfahrungen heiße Bäder 
mit nachfolgender leichter Massage, täglich zweimal 'i Stunde 
lang ausgeführt, vorzügliche Resultate ergaben. Verfasser hat 
diese Methode nachgeprüft und gefunden, daß sie gegenüber 
den früher angewandten Behandlungsarten mit Bettruhe. Blei¬ 
wässerumschlägen, feuchten Verbänden etc. einen wesentlichen 
Fortschritt bedeutet, indem sie eine weitaus kürzere Zeitdauer 
der Heilung aufweist. Die Schmerzhaftigkeit, die Schwellung, 
Blutextravasate gingen stets schnell zurück. Die funktionellen 
Störungen konnten rasch einer Besserung zugeführt werden. 
Die Methode wird gerade dem Militärarzt, bei dem das tuto. 
cito et jueunde im Heilverfahren nicht zum wenigsten von Be¬ 
lang ist, in hohem Grade willkommen sein. K r. 

Prof. Dr. E. Hoffnuum (Greifswald): Zur Entstehung und Be¬ 
handlung der Skoliose. (Deutsche med. Wochenschrift, 
1910, No. 32.) 

Verfasser bespricht einige Punkte aus der Lehre von der 
Skoliose. Zunächst weist er darauf hin, daß es, auch durch 
eine anhaltende und energische Behandlung in orthopädischen 
Anstalten, nicht gelingt, die ausgebildeten gröberen anatomi¬ 
schen Veränderungen, besonders den Rückenbuckel, zu be- 





584 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


seifigen. Deshalb ist zu erstreben, der Entstehung der Sko¬ 
liosen nach Möglichkeit vorzubeugen. Zu diesem Zweck muß 
man sich die Ursachen, die zur Entstehung der Skoliose führen, 
klar machen. Nach Verfasser besteht diese darin, daß die 
Kinder das Gefühl für richtige Körperhaltung verloren haben. 
Die skoliotische Haltung beruht also auf einer Störung des 
Muskelgefühls. Diese Störung wird meist durch die in der 
Schule liegenden Schädlichkeiten hervorgerufen. Ist einmal 
die skoliotische Haltung da, so geht ohne Behandlung das Uebel 
unaufhaltsam weiter. Deshalb sind die Kinder rechtzeitig in 
Behandlung zu nehmen. Diese ist im wesentlichen eine er¬ 
zieherische. Das Kind wird gelehrt, was es zu tun hat, um 
eine gerade Haltung einzunehmen, um seinen Kehler zu korri¬ 
gieren. Deshalb werden Uebungen im Geradestehen vorge- 
nommen, ferner Uebungen, welche zugleich die wichtigsten 
Rückenmuskeln kräftigen und die Wirbelsäule mobilisieren. 
Die Behandlung wird zuerst vom Arzt persönlich vorgenommen, 
später können andere, am besten die Mütter der Kinder, die 
Behandlung unter Kontrolle des Arztes in derselben Weise 
fortführen. Hat man es mit vorgeschrittenen Fällen von Sko¬ 
liosen zu tun. wo schon eine Fixation der Wirbelsäule in der 
krankhaften Stellung eingetreten ist, so kommt es zunächst 
darauf an, die Wirbelsäule zu mobilisieren, dabei zeigen sich 
besonders die Kriechübungen von Klapp von Nutzen. Das 
Korsett verordnete Verfasser nur in sehr schweren Fällen, wo 
es manchmal zur Entlastung von Herz und Lunge von Nutzen 
sein kann, nicht aber, weil es etwa das Schlimmerwerden ver¬ 
hüten könnte. Nur bei der rachitischen Skoliose kleiner Kin¬ 
der ist es imstande, umformend auf den Thorax einzuwirken. 

R. L. 

Dr. Georg Müller (Berlin): Zur Prophylaxe der habituellen 
Haltungsanomalien. (Die Therapie der Gegenwart, 
August 1910.) 

Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der Prophylaxe der 
durch vieles Sitzen während des Schulunterrichts hervorgerufe¬ 
nen Haltungsanomalien. Zum Teil wird der Gefahr, in die sich 
jeder Schulrekrut begibt, durch die Einführung rationell kon¬ 
struierter Schulbänke vorgebeugt. Doch hat Verfasser die Er¬ 
fahrung gelehrt, daß diese allein durchaus nicht hinreichen, 
da die Kinder selbst in den besten Schulbänken nicht immer 
richtig sitzen und auch hier mit Vorliebe ihre Wirbelsäule nach 
Ausschaltung der Muskulatur der Bandhemmung überlassen. 
Verfasser hat nun durch eine Abänderung der Riemenführung 
am Tornister ein ebenso einfaches wie wirksames Prophy- 
laktikum gegen die durch vieles Sitzen während des Schul¬ 
unterrichts hervorgerufenen Haltungsanomalien gefunden. Er 
nennt den von ihm angegebenen Schultornister Orthoplast (aus 
"V*«'s und iDdffic gebildet). Die Aenderung der Riemen¬ 
führung ist derart, daß sie wie ein Geradhalter wirkt und die 
durch zu langes Sitzen herbeigeführte Haltungsanomalie, falls 
noch keine anatomischen Veränderungen vorliegen, beseitigt. 
Es würde hierdurch 'sowohl auf dem Nachhausewege, als auch 
auf dem darauffolgenden Wege zur Schule die dort ange¬ 
nommene fehlerhafte Haltung ausgeglichen so daß, wenn auch 
die Schädigungen des Sitzens immer wieder von neuem auf 
den Rücken einwirken, sie doch gewissermaßen immer wieder 
einen korrigierten Rücken vorfinden, so daß eine Kumulierung 
der schädigenden Momente unter allen Umständen vermieden 
wird. Das Charakteristische des Tornisters liegt, wie schon er¬ 
wähnt, in der Führung der Riemen. Sie beginnen zusammen 
etwas unterhalb der Mitte der oberen Kante der Rückwand, 
verlaufen dann durch zwei Paar Ueberleger, von denen das 
eine Paar etwas schräg gestellt, nicht ganz handbreit vom 
äußeren und etwa eine Hand breit vom unteren Rande ent¬ 
fernt angebracht ist. während das andere Paar Ueberleger mit 
Rollen versehen und in einem Drehgelenk drehbar, am unte¬ 
ren Rande, senkrecht unter dem oberen Paare liegt. Nach¬ 
dem die Riemen diese beiden Ueberleger passiert haben, ver¬ 
breitern sie sich zu einem Gürtel und werden vorn durch ein 
Gürtel- oder Koppelschloß geschlossen. Die Anwendung ergibt 
sich ohne weiteres: Nachdem das Kind seine Arme durch die 
oberen durch Zurückziehung der Riemen beliebig weit zu 
machenden Schlupfen hindurchgeführt 'hat, zieht es die vorn 
herabhängenden Gürtelteile fest an und schließt das Schloß. 
Die Wirkung ist eine eklatante. Die Schultern werden stark 
zurückgezogen, die Brust wird vorgedrängt und der Rücken 
dadurch, daß er in seiner ganzen Ausdehnung der harten 
Tornister wand angelegt wird, energisch aufgerichtet, kurz, die 
Haltungsanomalie wird beseitigt. Doch noch weitere Vorfeile 
bietet der Tornister. Wir hören oft darüber klagen, daß die 
Schultaschen mit viel zu vielen Büchern bepackt werden und 
deshalb ungebührlich schwer sind. Ist dies gewiß an sich 
schon ein Uebelstand. sagt Verfasser, so wird dieser noch da¬ 
durch vermehrt daß bei den bisher üblichen Schultaschen die 
Last auf die untere hintere Kante, die gegen die Lendenwirbel¬ 
säule drückt, und die Schulterriemen, die das Kind zwingen, 
den Zug nach rückwärts durch Vorwärtsneigung des Kopfes 
und Vorwärtsbeugurig des Rumpfes zu parieren, verteilt ist. 


No. 38. 

Bei dem von M. angegebenen Schultertornister wird die Last 
gleichmäßig auf den ganzen Rücken, den Leib und die Schul¬ 
tern verteilt und deshalb subjektiv viel weniger unangenehm 
und funktionell nicht nachteilig empfunden. 

Privatdozent Dr. Heinrich Hilgenreiner (Prag): Neues zur 
Hyperphalangie des Daumens. (Beiträge zur klin. Chir., 1910 
Bd. 67.) 

Die Hyperphalangie des Daumens stellt nach Verfassers 
Untersuchungen eine meist beide Hände betreffende, exquisit 
vererbliche Mißbildung dar, welche wohl ausschließlich als 
Palingenese der Mittelphalanx des Daumens aufzufassen ist und 
nur durch eine endogene Ursache (Keimesvariation) erklärlich 
ist. Sie scheint häufiger vorzukommen, als allgemein ange¬ 
nommen wird, und zwar ist sie entgegen der bestehenden An¬ 
sicht beim einfachen Daumen häufiger, wogegen die relative 
Häufigkeit am Doppeldaumen überwiegt. Insbesondere scheinen 
auch Andeutungen der Hyperphalangie in Form einer proximal 
prominenten Verlängerung der Endphalange oder in Form einer 
doppelten Beugefalte an der Vorderseite des Daumens nicht so 
selten zu sein. Letzteres Kennzeichen ist für die Fälle von aus¬ 
gesprochener Hyperphalangie geradezu charakteristisch und 
muß, wo es allein vorkommt, als letztes Anzeichen des vor sich 
gegangenen Assimilationsprozesses der Mittel — durch die End¬ 
phalange angesehen werden. Man kann drei Grade oder 
Formen der Hyperphalangie des Daumens unterscheiden: die 
unvollständige, vollständige und vollkommene Hyperphalangie. 
Zur ersten Gruppe gehören die Fälle von angedeuteter Hyper¬ 
phalangie und jene Fälle, in welchen Mittel- und Endphalange 
noch mehr oder minder knöchern miteinander verbunden sind: 
bei der zweiten Gruppe ist die Abtrennung der Mittel- von der 
Endphalange eine vollständige, die Mittelphalanx aber, wie 
bei der I. Gruppe, noch mehr oder weniger rudimentär. ent¬ 
wickelt; bei der vollkommenen Hyperphalangie ist die Mittel¬ 
phalanx vollkommen ausgebildet und weist insbesondere neben 
der Diaphyse auch eine Epiphyse auf. Zwischen angedeuteter 
und vollkommener Dreigliedrigkeit bestehen alle Uebergänge. 
Das überzählige Mittelglied ist nicht immer durch Palingenese 
der Diaphyse der zweiten Phalanx zu erklären, sondern kann 
in seltenen Fällen auch der Epiphyse derselben entsprechen: 
letztere Fälle unterscheiden sich von den ersteren in der Ent¬ 
wickelung dadurch, daß bei ihnen die Dreigliedrigkeit erst post 
partum mit dem Auftreten der Epiphysenkerne in Erscheinung 
tritt. Die ausgesprochene Dreigliedrigkeit des Daumens ist 
stets mit einer Einbuße der Daumencharaktere verbunden, 
welche im allgemeinen um so größer ist, je vollkommener die 
Hyperphalangie ausgebildet ist. Schließlich kann dieselbe 
auch den Epiphysenbefund des Metacarpus betreffen, so daß 
sich derartige Daumenfinger auch im Röntgenbilde in nichts 
mehr von den übrigen Fingern unterscheiden. Trotzdem 
müssen sie als radiale oder Daumenfinger aufgesetzt werden 
und es geht nicht an, in solchen Fällen, wie bisher, von einer 
Duplizität oder Triplizität des Zeigefingers bei gleichzeitigem 
Fehlen des Daumens zu sprechen. Die Sonderstellung, welche 
das Endglied des Daumens in bezug auf seine Länge gegen¬ 
über den Endgliedern der übrigen Finger einnimmt, ist auf 
den Assimilationsprozeß der Mittel- durch die Endphalanx 
zurückzuführen. Die Behandlung der Difformitäten, welche 
mit der Hyperphalangie vergesellschaftet oder durch sie be¬ 
dingt sind (Klinodaktylie). geschieht nach den allgemein gülti¬ 
gen Regeln. Bei gleichmäßig entwickelten atrophischen Doppel¬ 
daumen kommt die operative Vereinigung derselben zu einem 
Daumen in Betracht. Kr. 

Prof. Otto v. Franque: Künstliche Frühgeburt und vaginaler 
Kaiserschnitt bei habituellem Absterben der Frucht. 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 32.) 

Habituelles Absterben der Frucht während der Schwanger¬ 
schaft. unter oder gleich nach der Geburt kommt bei chronischer 
Nephritis der Mutter vor, es kann aber auch bei Erkrankung 
der Placenta vorhanden sein, ohne daß chronische Nephritis 
vorliegt. Es handelt sich bei diesen Erkrankungen der Placenta, 
seien sie nun durch Nephritis oder durch primäre Ernährungs¬ 
störungen des Endometriums bedingt, zum Teil um zunehmende 
Verödungen des funktionsfähigen Placentargewebes durch Zell¬ 
wucherungen und fibrinöse Degenerationen innerhalb des¬ 
selben, sogen, weiße Infarkte, zum Teil um fibröse Hyper¬ 
trophie der Chorionzotten und endo- und perivaskulitische 
Prozesse in den kindlichen Gefäßen, die mehr oder weniger 
stark verengt, in ihrer Elastizität beeinträchtigt oder vollständig 
verschlossen werden. Therapeutisch kommt, um ein lebendes 
Kind zu erzielen, beim habituellen Absterben der Frucht die 
künstliche Frühgeburt in Betracht, natürlich nur dann, wenn 
nicht Lues die Ursache ist. Verfasser berichtet über zwei Fälle, 
bei denen er aus dieser Indikation die künstliche Frühgeburt 
gemacht hat. Im ersten Falle handelte es sich um eine 
38 jährige Frau mit chronischer Nephritis, deren drei voran¬ 
gegangene Kinder intrauterin abgestorben waren. Die Frau 
wurde einige Tage in der Klinik beobachtet. Es bestand in 






No. 38. 


THERAPEUTISCHE RUNHSCHAU 1910. 


geringem Grade Beckenenge. Als die Herztöne des Kindes 
schwacher -wurden, leitete yerfasser die Geburt durch 
Sprengung der Blase ein. Das sich entleerende Fruchtwasser 
war schon stark mekoniumhaltig. Da die Herztöne bald noch 
langsamer wurden und der Muttermund sich nicht erweiterte, 
machte Verfasser die vaginale Hysterotomie und entwickelte 
darauf das Kind rasch mit der Zange. Das Kind war leicht 
asphyktisch, wurde aber rasch wieder belebt. Die Mutter 
machte infolge ihrer Nephritis, Herzstörungen und einer 
Schenkelvenenthrombose eine etwas verzögerte Rekon¬ 
valeszenz durch, konnte aber nach sieben Wochen entlassen 
werden. Das Kind war seinen Längenmaßen nach ausgetragen, 
wog aber nur 2580 g. Die Placentarerkrankung machte sich 
also in dem mangelhaften Ernährungszustand des Kindes 
geltend, extrauterin entwickelte es sich gut. Die Placenta 
zeigte normale Maß- und Gewichtsverhältnisse: Bei der Betrach¬ 
tung von der Fläche sah man eine ziemliche Anzahl weißlicher, 
sich härter anfühlender Partien; durch eine Anzahl senkrecht 
durch das ganze l’lacentargewebe gelegte Schnitte ließ sich 
feststellen, daß der bei weitem größte Teil des gesamten 
Placentargewebes weißlich verfärbt, verödet und aus der Zirku¬ 
lation ausgeschaltet war. Mikroskopisch boten sie das Bild der 
Verödung des intervillösen Raumes und der Infarktbildung 
in verschiedenen Stadien. Der zweite Fall betraf eine 39 jäh¬ 
rige Frau, bei der zwei Kinder intrauterin abgestorben waren 
und einmal ein Abort im dritten Monat stattgefunden hatte. 
Auch diese Frau litt an chronischer Albuminurie. Da wieder 
Absterben des Kindes zu befürchten war, wurde 14 Tage vor 
dem normalen Termin die Geburt durch Metreuryse eingeleitet 
und das Kind durch Wendung und Extraktion entwickelt. Das 
Kind wog bei einer Länge von 50 cm 2950 g und gedieh gut, 
auch die Mutter machte eine glatte Rekonvaleszenz durch, hatte 
aber noch nach Monaten Eiweiß im Urin. Die Placenta bot 
makroskopisch nichts Auffallendes, mikroskopisch bot sie das 
Bild der fibrösen Hypertrophie der Chorionzotten in mäßigem 
Grade, außerdem eine auffallende Vermehrung und Unregel¬ 
mäßigkeit der Syncytialsprcssen. Die Fälle zeigen, daß die 
künstliche Frühgeburt wegen habituellen Absterbens der 
Kinder kurz vor dem Schwangerschaftsende ein erfolgver¬ 
sprechender Eingriff und wissenschaftlich begründet ist. 

Prof. A. Döderlein (München): Ueber Entstehung und Ver¬ 
hütung des Puerperalfiebers. (Münch, med. Wochenschrift, 
1910, No. 33.) 

Vorliegender Aufsatz ist die Wiedergabe eines von Verf. 
in der gynäkologischen Sektion der 78. Jahresversammlung der 
„British medical Association“ am 17. Juli 1910 gehaltenen Vor¬ 
trags. Der Autor legt darin seinen bekannten Standpunkt in 
der Frage der puerperalen Infektion zusammenfassend dar. 
Die in Betracht kommenden Infektionsfaktoren sind der Haupt¬ 
sache nach: 1. Die innerhalb der weiblichen Geschlechts¬ 
organe selbst gelegenen. 2. Die der Kreißenden von außen 
während des Geburtsaktes und im Wochenbett drohende Ein¬ 
impfung pathogener Spaltpilze. Nach den Untersuchungen des 
Verfassers gewähren nun die Bakterienzustände der Scheide 
in der Schwangerschaft einen weitgehenden Schutz vor patho¬ 
genen Iniektionen während einer normalen Geburt und auch 
während der ersten,, gefährdetsteu Zeit im Wochenbett. Für 
gewöhnlich vegetiert hier nur eine bestimmte Bakterienart, die 
Scheidenbacillen, denen die Aufgabe zufällt, durch ihre eigene 
Lebensfähigkeit, nämlich die Produktion von Milchsäure, den 
pathogenen Spaltpilzen die Entwickelung zu erschweren 
oder unmöglich zu machen. Deshalb sind nach Verfasser alle 
prophylaktischen Maßnahmen in der Schwangerschaft über¬ 
flüssig, ja sogar schädlich. Aber auch während der Geburt 
sind prophylaktische Ausspülungen und Abreibungen der 
Scheide, wie sie von anderen Autoren befürwortet werden, 
nach Verfasset' zu verwerfen, jedenfalls unnötig; in mehreren 
Versuchsreihen, in denen er abwechselnd je 500 Wöchnerinnen 
ohne Auswahl mit und ohne prophylaktische Desinfektion be¬ 
handeln ließ, war die Quote der fiebernden Wöchnerinnen bei 
den nichtdesinfizierten etwa halb so groß wie bei den desinfi¬ 
zierten. Also auch der klinische Versuch entscheidet für die 
Unterlassung der prophylaktischen Desinfektion sub partu. In 
bezug auf die Vermeidung der der Gebärenden von außen 
drohenden Gefahren liegt die Sache einfacher. Alle Instru¬ 
mente usw., welche gebraucht werden, sind in bekannter Weise 
steril zu machen. Die Hauptgefahr aber droht der Gebärenden 
von den Händen der untersuchenden Aerzte und Hebammen. 
Trotz der sorgfältigsten Händedesinfektion gelingt es nicht, die 
Hände vollständig keimfrei zu machen. So hat die Praxis 
auch stets ergeben, daß die nicht innerlich untersuchten Frauen 
viel weniger häufig im Wochenbett erkranken als die unter¬ 
suchten. Deshalb hat man neuerdings versucht, die äußere 
Untersuchung der Kreißenden so zu entwickeln, daß sie allein 
genügende diagnostische Aufschlüsse ergibt, und somit die 
innere Untersuchung entbehrlich wird. Verfasser hält aber 
derartige Bestrebungen für zu weitgehend und die innere 


585 

Untersuchung durch die Hebammen nicht für völlig entbehr¬ 
lich, weil sonst die Zahl der diagnostischen Irrtümel- zu groß 
werdeu würde. Um aber die von den Händen der Hebammen 
und Aerzte drohende Infektionsgefahr sicher auszuschließen, 
empfiehlt Verfasser die Verwendung steriler Tuschierhand- 
j schuhe bei jeder inneren Untersuchung. Die Herstellung ganz 
I dünner Gummihandschuhe beseitigt den ihrer Verwendung 
entgegenstehenden Einwand, daß das Tastgefühl dadurch ver¬ 
ringert und die Untersuchung somit erschwert werde. 

| Es bedarf nach den Erfahrungen des Verfassers an Studieren¬ 
den und Hebammenschülerinnen nur einer ganz geringen 
Uebung, um damit ebenso gut zu fühlen, wie ohne Handschuhe. 
Um das Anziehen der Handschuhe zu erleichtern, hat Verl', 
einen zweifingerigen Tuschierhandschuh konstruiert, dessen 
Anziehen mit leichter Mühe gelingt und der den übrigen Teil 
der Hand in der eigentümlichen Tuschierhandstellung mit einer 
glockenartigen Kappe bedeckt. Ferner hat Verfasser veran¬ 
laßt, daß diese Tuschierhandsclnihe fabrikmäßig (Zieger & 
Wiegand. Gummiwarenfabrik, Leipzig-Volkmarsdorf) in 
strömendem, überhitztem Dampf von 110—112° C. sterilisiert 
und dann einzeln in einer luft- und bakteriendichten, drei¬ 
fachen Verpackung eingeschlossen in den Handel gebracht 
werden. 

Dr. Julius Mainzer (München): Ein neues geburtshilfliches 
Instrument. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 32.) 

Verfasser hat ein Instrument konstruiert, welches die nach 
mißglückter Zangenextraktion erforderliche Perforation er¬ 
leichtern soll. Es handelt sich um eine gewöhnliche Nägele- 
sche Geburtszange, die ganz wie diese zu jeder Art von Zangen- 
entbindung benutzt werden kann. Als einzige Aenderung 
trägt diese Zange auf dem Knopf des linken Blattes einen 
querstehenden Metallring, ungefähr von der Größe eines Finger¬ 
ringes, welcher dazu bestimmt ist, ein der Beckenkrümmung 
der Zange entsprechend gekrümmtes Metallrohr aufzunehmen 
und diesem eine Zwangsläufigkeit zu erteilen, derart, daß das 
i Rohr beim Hindurchschieben durch den Ring beständig in der 
Zangenachse läuft. Dieses Rohr kann durch eine kleine seit¬ 
liche Schraube an jedem Punkt seines Weges festgeschraubt 
werden. Die Perforation nimmt also folgenden Verlauf: Nach 
mißglücktem Zangenversuch Festschrauben der Zange am 
kindlichen Kopf mit mäßiger Kraft mit Hilfe einer am unteren 
Ende der Zangengriffe anzubringenden Kompressionsvorrioh- 
. tuug. Vorschieben des Metailrohres durch den Ring bis zum 
I festen Anliegen am kindlichen Kopf; Festschrauben des Rohres 
in dieser Stellung durch die kleine Schraube seitlich vom 
Ring. Innerhalb des Rohres wird nun das trokarförmig ge¬ 
baute, etwa daumendicke Perforatorium vorgeschoben und 
ein- oder mehrmals kräftig innerhalb des Rohres vorgestoßen, 
bis es tief in den kindlichen Kopf eingedrungen ist. Dann 
wird das Perforatorium zurückgezogen und entfernt und ein 
entsprechend gekrümmter Metallkatheter in die Perforations¬ 
öffnung eingeführt mit nachfolgender Irrigation. Schließlich 
wird die Zange abgenommen und mit einem der üblichen In¬ 
strumente dps perforierte Kind extrahiert. Dieses Instrument 
hat den Vorteil, daß das eigentliche Perforatorium, durch die 
Zange und das Rohr, gedeckt und geführt, nicht abirren und 
abgleiten kann und nur den Kopf des Kindes trifft; ferner wird 
eine assistierende Person entbehrlich, da man die am kind¬ 
lichen Kopf festgeschraubte Zange mit der linken Hand fixiert, 
während die rechte das Perforatorium vorstößt. R. L. 

Prof. L. Stieda (Königsberg i. Pr.): Ist plötzliches Ergrauen des 
Haupthaares möglich? (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, 
No. 32.) 

Nach Verfasser ist die Ansicht falsch, daß das Ergrauen 
der Haare durch Pigmentschwund im Haarschaft bedingt ist. 
Bei dem gewöhnlichen physiologischen Ergrauen schwindet 
nicht das Pigment der dunklen Haare; es gibt keinen Pigment¬ 
schwund; sondern die dunklen Haare fallen aus und werden 
durch weiße, farblose ersetzt. Es handelt sich demnach beim 
Ergrauen gewöhnlich um einen Haarwechsel. Eine seltenere 
Form des Ergrauens ist diejenige, bei welcher das dunkle Haar 
nicht ausfällt, sondern weiter wächst. Während bei dem jungen 
nachrückenden Teil des Haares kein Pigment mehr gebildet 
wird; dieser jüngere Teil ist weiß, farblos, das gibt Haare, 
deren oberer — .Spitzenteil — dunkel, deren unterer — Wurzel¬ 
teil — farblos ist. Schneidet man den oberen Abschnitt fort, so 
ist aus dem dunklen Kopfhaar ein weißes geworden. Die Ent¬ 
stehung der weißen Haare beruht nach Verfasser auf einer 
Ernährungsstörung, infolgedessen kein Pigment gebildet wird. 
Eine solche Ernährungsstörung kann früh oder spät eintreten, 
kann die ganze Haardecke befallen oder nur einzelne Teile. 
Die Theorie von Landois, nach welcher eine Luftentwick¬ 
lung in den dunkler pigmentierten Haaren die Ursache des 
Ergrauens ist, ist nach Verfasser nicht haltbar. Auch die 
Theorie von Metschnikoff, nach welcher die Phagocyten 
das Pigment aufzehren sollen, ist nach Verfasser irrig. — Auf 



586 


No. 38. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Grund der entwickelten Anschauung hält Verfasser das Vor¬ 
kommen eines plötzlichen Ergrauens für unmöglich. 
Dem Ergrauen liegt ein Haarwechsel zugrunde; ein 
rapider, in 24 Stunden erfolgter Haarwechsel oder ein so 
schnelles Haarwachstum ist undenkbar. Verfasser behauptet, 
daß kein einziger wissenschaftlich beglaubigter Fall von plötz¬ 
lichem Ergrauen vorliegt. Alle bis jetzt in der Literatur mit¬ 
geteilten Fälle von plötzlichem Ergrauen des Haupthaares 
haben nach Verfasser ihren Grund in einer ungenauen, kritik¬ 
losen Beobachtung, oder in einer absichtlich von seiten der Er¬ 
grauten vorgenommenen Täuschung (resp. absichtliches oder 
unabsichtliches Unterlassen der Haarfärbung bei vorher be¬ 
stehendem Ergrauen). Verfasser begründet seinen Standpunkt 
durch Anführung einer Reihe von in der Literatur oder in 
Zeitungen sich findenden Fällen von sogenanntem plötzlichen 
Ergrauen, von denen er nachweist, daß sie wenig beglaubigt 
sind. R - E. 

Schepilewsky (Dorpat): Ueber den Prozeß der Selbstreinigung 
der natürlichen Wässer nach ihrer künstlichen Infizierung 
durch Bakterien. (Archiv f. Hygiene, 1910, Bd. 72, H. 1.) 
Den natürlichen Wässern sind baktericide Eigenschaften 
eigen, durch welche sie schnell von den in sie hineingetrage¬ 
nen Bakterien befreit werden. Nur wenige Quellen geben 
Wasser, das diese Eigenschaft nicht besitzt 

Die baktericiden Eigenschaften des Wassers sind mit dem 
Vorhandensein und der Vermehrung der Protozoen verbunden. 

Die Reinigung des Wassers von Bakterien tritt kritisch ein 
nach einer gewissen Dauer der Periode, im Verlauf welcher 
die Entwicklung der baktericiden Kräfte des Wassers sich vor¬ 
bereitet bezw. die Vermehrung der Protozoen vor sich geht. 

Die Vermehrung der Protozoen im Wasser geht vor sich 
infolge der erregenden Wirkung auf die incystierten und vege¬ 
tativen Formen ihrer im Wasser löslichen Produkte der Auto¬ 
lyse der Bakterien und wahrscheinlich auch der Produkte der 
Lebenstätigkeit der Bakterien überhaupt. Mühlschlegel. 


II. Therapeutische Notizen. 

Ueber Novojodin, ein neues Ersatzmittel des 
Jodoforms, berichtet Privatdozent Dr. R. Polland (Graz) 
in der (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 32). Das Novo¬ 
jodin, ein hellbraunes, geruchloses Pulver, ist ein Jodderivat 
des Hexamethylentetramins (Co Hi- N, .1»), welches zu gleichen 
Teilen mit Taicum venetum vermischt in den Handel kommt. 
Novojodin ist in allen Lösungsmitteln fast unlöslich, läßt sich 
aber leicht mit Ol. olivar., Paraffinum liquidum, Glyzerin, 
Kollodium zu 10—20proz. Suspensionen vereinigen. Bei der 
Berührung mit den Gewebssäften, Eiter, Wundsekret wird Jod 
und Formalin abgespalteu. Das Novojodin darf nicht über 
80" erhitzt werden, deshalb wird es fraktioniert sterilisiert. 
Intern ist es kaum giftig. Verfasser prüfte das Novojodin 
in der Grazer dermatologischen Klinik und zwar anfangs mit 
Taicum venetum, später mit Bolus alba zu gleichen Teilen ge¬ 
mischt. Die Ergebnisse waren folgende: Auf eitfig belegten 
Wundflächen der Haut oder Schleimhaut bewirkt das Novojodin 
rasche Reinigung und Abstoßung der nekrotischen Beläge und 
läßt in seiner Wirksamkeit gegenüber dem Jodoform einen 
wesentlichen Unterschied nicht erkennen, Reizerscheinungen 
nach Art eines Jodoformekzems konnten in keinem Falle beob¬ 
achtet werden, doch klagten verschiedene Patienten mit größe¬ 
ren Geschwürsflächen (Ulcera cruris) gelegentlich über 
Schmerzen nach Bestreuen mit Novojodin, ohne daß an der 
Ailektion selbst etwas zu bemerken war. Bei der Anwendung 
auf den Schleimhäuten des weiblichen Genitale klagten die 
Patientinnen über brennende Schmerzen, es zeigten sich starke 
Reizerscheinungen au den behandelten Stellen, wie nach einei 
Verätzung. Wurde das Novojodin mit Bolus alba im Verhält¬ 
nis 1 :3 angewendet, so blieben die Reizerscheinungen aus. 
Dagegen erwies sich Novojodin bei Ulcera venerea von 
großer, dem Jodoform mindestens gleichkommender Wirksam¬ 
keit. Die Novojodingaze wurde bisher in zahlreichen Fällen 
bei Wunden aller Art. Geschwüren, Fistelgängen usw: mit be¬ 
friedigendem Erfolg verwendet, ohne daß Reizerscheinungen 
auftraten. — Alles in allem hält P. das Novojodin für ein vor¬ 
zügliches Ersatzmittel des Jodoforms. — Es ist auch billiger 
als dieses und wird von der Chemischen Fabrik Dr. 
1L Sc he üble und Dr. A. Hochstet ter in Tribuswinkel 
bei Baden, Niederösterreich, hergestellt. 

Einen neuen Apparat zur Pleurapunktion hat Dr. W ilhelm 
W'eitz (Hamburg) konstruiert (Münch, med. Wochenschr., 1910, 
No 31) Der Apparat bedient sich zum Ansaugen einer Spritze; 
der eigentliche Abfluß des Exsudats geschieht aber durch 
Heberwirkung. Der Apparat besteht aus einer Spritze von 
etwa 20 ccm Inhalt und einer Hohlnadel. Die Hohlnadel be¬ 
sitzt nahe ihrem Spritzenansatz ein seitliches Abflußröhrchen, 
das durch einen Hahn O zu verschließen ist. Die Hohlnadel 


| selbst hat zwei Verschlußhähne, von denen der eine A vor, 

[ der andere B hinter dem Abgang des seitlichen AbflußrÖhr- 
i chens angebracht ist. An dem letzteren wird ein Schlauch von 
80—90 cm Länge angefügt, dessen anderes Ende mit einem 
I oben hakenförmig gekrümmten Glasrohr verbunden ist. Statt 
der Hohlnadel kann auch ein der Nadel sonst völlig gleicher 
Troikart mit Mandrin angewendet werden. Die Punktion ge¬ 
schieht in folgender Weise: Nach Einstich der Nadel in die 
Pleurahöhle wird bei geöffneten Hähnen A und B und ge¬ 
schlossenem Hahn C die Spritze vcllgesaugt; dann wird bei ge¬ 
öffneten Hähnen B und C und geschlossenem Hahn A der In¬ 
halt der Spritze in den Schlauch ur.d das Glasrohr gespritzt, 
und nun Hahn B geschlossen, die Spritze abgenommen und 
Hahn A geöffnet. Der Abfluß geschieht jetzt durch Heber¬ 
wirkung. Wird statt der Hohlnadel ein Troikart mit Mandrin 
genommen, so muß natürlich zunächst der Mandrin heraus¬ 
gezogen werden, ehe die Ansaugung durch die Spritze ge¬ 
schehen kann. Zu Beginn der Punktion wird durch Messen 
des Abstandes des Flüssigkeitsspiegels im Glasrohr von der 
Einstichöffnung der Druck im Pleuraerguß bestimmt. Der Ab¬ 
lauf geschieht durch Senken des Glasrohrs; dabei wird bei 
Schwächlichen und besonders bei Herzkranken das Rohr nur 
wenig gesenkt und dadurch mit geringer Kraft abgesaugt, bei 
kräftigeren Patienten wird durch tieferes Senken des Glas¬ 
rohrs ein schnelleres Ablaufen der Flüssigkeit bewirkt. Nach 
Ablauf von je 200—300 ccm der Flüssigkeit wird wieder der 
Druck gemessen. Im allgemeinen wird die Punktion abge¬ 
brochen, wenn bei mittleren und kleineren Ergüssen der nor- 
j male Pleuradruck von etwa —11 cm, wenn bei großen Er¬ 
güssen ein Druck von —2 bis —5 cm erreicht ist. (Der 
Apparat ist bei Hugo Kellner, Hamburg, Kirchenallee34, 
zu beziehen.) R. L. 

Prof. Dr. Marian« Carruccio, Direktor der dermatologischen 
; Klinik in Rom, berichtet in der , Medizinischen Klinik“, 1909, 
No. 52, über seine Erfahrungen mit dem von der Firma Obe r- 
meyer & Co. in Hanau am Main hergestellten Präparat 
„Vilja-Creme“. Er ist voll des Lobes über diese Salbe und 
| fand in ihr ein äußerst wirksames Mittel gegen den bei so 
' vielen Hautkrankheiten auftretenden kräftigen Juckreiz. 
Auch fand er „Vilja-Creme“ nützlich, um die hyperkeratoti- 
schen und Satanischen Zustände der Haut günstig zu beein¬ 
flussen, wie sie bei geschwürigen Veränderungen infolge von 
chronischem Ekzema e varicibus an den Unterschenkeln auf- 
treten. Gute Verwendung findet „Vilja - Creme“ schließlich 
auch bei Kälte- und Hitzerythem, bei leichten Verbrennungen 
und bei Ernährungsstörungen infolge veränderter Funktion der 
| Hautdrüsen. K r. 


III. Bücherschau. 

Neuere Forschungen auf dem Gebiete der intestinalen Auto¬ 
intoxikationen und ihre Behandlung. Von Sanitätsrat Dr. 
C. Wegele, Bad Königsborn, Westfalen. Würzburger Ab¬ 
handlungen aus dem Gesamtgebiet der praktischen Medizin, . 
Bd. X, H. 8. Wiirzburg 1910, Gurt Kabitzsch 
(A, Stübers Verlag). 18. S. 0,85 M. 

Die Lehre von der intestinalen Autointoxikation wurde 
in den letzten Jahren besonders durch die Untersuchungen 
einiger französischer Forscher gefördert. A. Combe hat 
über dieses Gebiet eine größere, von Wegele 
deutsch herausgegebene Monographie verfaßt, in welcher das 
bisher zutage geförderte Material im Zusammenhang dar- 
| gestellt wird. In der vorliegenden kleineren Arbeit bespricht 
I Verfasser in Kürze die wesentlichen Ergebnisse der ein- 
I schlägigen Forschungen zusammenfassend, um das Interesse 
j der deutschen Aerzte für diese Dinge, die ja auch von großer 
■ praktischer Bedeutung sind, zu wecken. Diejenigen Kollegen, 
die sich rasch über das in Rede stehende Gebiet orientieren 
wollen, werden mit Nutzen die Allhandlung lesen. 

Die interlobäre exsudative Pleuritis (unter Zugrundelegung 
von 100 Krankheitsfällen). Von Professor Dr. G. L. Sacco- 
naghi, Oberarzt der inneren Abteilung der R. Spedali 
Riuniti in Livorno. Würzburger Abhandlungen aus dem 
Gesamtgebiet der praktischen Medizin, Bd. X, H. 7. Würz¬ 
burg 1910, Curt Kabitzsch (A. Stübers Verlag). 
30 S. 0,85 M. 

Auf Grund von 100 Fällen, von denen Verfasser zwei 
selbst beobachtet, die übrigen aus der Literatur gesammelt hat, 
bespricht er in gründlicher Weise das interlobäre Empyem 
der Pleura, ein Krankheitsbild, welches fast ausschließlich von 
französischen Aerzten beschrieben worden ist, während es in 
Deutschland ziemlich unbekannt geblieben zu sein scheint. Es 
ist darum dankenswert, daß durch die vorliegende Schrift die 
Aufmerksamkeit der deutschen ärztlichen Kreise auf diesen 
Gegenstand gelenkt wird. Es handelt sich um eine ernste Er¬ 
krankung, welche sowohl in diagnostischer Beziehung 



No. 3Ö. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


587 


Schwierigkeiten macht als auch hinsichtlich der Prognose und 
Therapie nicht leicht zu nehmen ist. Es kommen allerdings 
spontane Heilungen und Heilungen infolge Entleerung des 
durchgebrochenen Exsudats aus den Luftwegen vor („maul¬ 
volle“ Expektoration); tritt dieser Vorgang nicht ein, so ist 
man genötigt, selbst die Entleerung zu bewirken, entweder 
mittels einfacher Aspirations-Punktion, oder sicherer mittels der 
Pneumotomie nach vorheriger Rippenresektion. Unter den 
von Verfasser gesammelten 100 Fällen sind 43 Heilungen, 
15 Besserungen, 26 Todesfälle, 1 Verschlimmerung, 15 unbe¬ 
kannte Resultate. Die gründliche Arbeit wird besonders die¬ 
jenigen Kollegen interessieren, welche sich vorwiegend mit 
inneren Erkrankungen beschäftigen. R. L. 


IV. Vermischtes. 

Die Rolle, die der Alkohol im Arbeiterhaushalte spielt, 
geht aus einer Erhebung des kaiserlich statisti¬ 
schen Amtes bei einer begrenzten Anzahl von Arbeiter-, 
Beamten- und Lehrerfamilien hervor. 15 Arbeiterfamilien 
hatten im Durchschnitte eine Gesamtjahresausgabe von 
1789,35 M., davon 86,30 M., = 4,8 pCt. für alkoholische Ge¬ 
tränke, 50 Beamtenfamilien eine Gesamtausgabe von 2850,89 
Mark, mit 71,44 M., = 2,5 pCt. Bei den Arbeiterfamilien finden 
sich also nicht nur relativ, sondern auch absolut höhere Auf¬ 
wendungen für Alkohol. Das Verhältnis der Ausgaben für 
Alkohol zu denen der Nahrungsmittel stellt sich bei den 
Arbeitern auf 8,02 pCt., bei den Beamten auf 3,12 pCt. Andere 
Berechnungen zeigen, daß der deutsche Arbeiter mehr Alkohol 
verbraucht als der amerikanische. 

Erfolge der Trinkerfürsorge. Der Jahresbericht des Be¬ 
zirksvereins Düsseldorf gegen den Mißbrauch geistiger Ge¬ 
tränke (Vorsitzender Landesrat Dr. Schellmann) meldet 
für 1909 aus der Tätigkeit der Sprechstunden auf der Trinker¬ 
fürsorgestelle im Dienstgebäude der Landesversicherungs¬ 
anstalt Rheinprovinz: 149 Fälle (139 männlich, 10 weiblich, 
105 invaliditätsversichert, 44 nicht versichert). Die Mitteilung 
geschah 44 mal durch den Trinker selbst, 89 mal durch An¬ 
gehörige, 4 mal durch Trinkerrettungsheime, 0 mal durch 
die Polizei, 8 mal durch das Gericht, 1 mal durch sonstige Be¬ 
hörden, 3 mal durch Private. Die Feststellung, daß 44 Alko¬ 
holiker, also beinahe 30 pCt. aller in Behandlung kommenden, 
diese selbst beantragten, widerlegt aufs beste die vielgehörte 
Klage: „Die Trinker kommen ja doch nicht zu den Sprech¬ 
stunden!“ Es müssen die Organe der Trinkerfürsorge nur ver¬ 
stehen, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. 

Was die getroffenen Maßnahmen anlangt, so wurde 
in 21 Fällen der Anschluß an einen Abstinenzverein vermittelt, 
14 mal mit gutem Erfolg, und 56 Patienten konnten einer Heil¬ 
stättenbehandlung zugeführt werden, davon 45 auf Kosten 
der Landesversicherungsanstalt. In 11 Notfällen wurde das 
Entmündigungsverfahren beantragt, in 7 erfolgreich. Ueber 
die Dauererfolge vom Vorjahr, dem ersten der Fürsorge¬ 
stelle, wurde ermittelt: Von den 20 den Abstinenzvereinen 
Ueberwiesenen lebten im Berichtsjahr noch abstinent 17. Die 
Heilstättenkur hat den 1908 ihr zugeführten 58 Personen 
so gut getan, daß 1909 10 noch abstinent lebten und 28 wenig¬ 
stens als gebessert angesehen werden durften. Alles in allem: 
sehr erfreuliche Zahlen aus der Düsseldorfer Trinkerfürsorge. 

Verminderung der Fälle von Delirium tremens. Der 
Primärarzt der städtischen Heilanstalt für Nerven- und Ge¬ 
mütskranke in Breslau, Dr. Hahn, hat kürzlich folgende 
höchst interessante Statistik über den Rückgang der Fälle von 
Delirium tremens in der von ihm geleiteten Anstalt mitgeteilt: 


Aufnahmen: 

1907 1908 1909 1910 



Del. 

Alk. 

Del. 

Alk. 

Del. 

Alk. 

Del. 

Alk. 

Oktober . . . 

. . 17 

9 

8 

10 

9 

13 

— 

— 

November . . 

. . 11 

18 

13 

19 

ß 

13 

— 

— 

Dezember . . 

. . 0 

17 

8 

11 

2 

10 

— 

— 

Januar . . . 

. . — 

— 

15 

17 

4 

9 

4 

18 


1907/08 1908/09 190940 

Del. Del. Del. 

November-Januar . . 52 43 21 

Del. = Deliranten (akut erkrankte Alkoholiker), Alk. =- 
chronisch Alkoholkranke, von denen viele schon ein Delirium 
hatten und wegen pathologischen Rausches, chronischen Alko¬ 
holismus oder Alkoholpsychose in die Anstalt kamen. 

Während in den Jahren 1907 und 1908 durchschnittlich 
unter 20 pCt. der Deliranten wiederholt aufgenommen wurden, 
alle übrigen also neue Fälle darstellten, meist bei jüngeren In¬ 
dividuen, waren von den November 1909 bis Januar 1910 auf¬ 
genommenen 12 Deliranten 6 rezidivierende, also die Hälfte, 
und nur 6 erstmalige Fälle. 

Das bedeutet offensichtlich eine starke und rasche Ab¬ 
nahme der erstmalig an Säuferwahnsinn Erkrankten. Der 


Berichterstatter führt diese hocherfreuliche Tatsache zurück 
auf den im September vorigen Jahres begonnenen und seither 
mit großer Konsequenz durchgeführten Alkoholkrieg von seiten 
der organisierten Arbeiterschaft, dessen gute Wirkungen sich 
bereits jetzt, nach wenigen Monaten seiner Dauer, zeigen. 

Krankheiten im Heere. Die großen Vorteile der völligen 
Enthaltsamkeit von alkoholischen Getränken wurden unlängst 
unter den Soldaten des indischen Heeres von General Sir 
Georg White genau statistisch festgelegt. Er verglich die 
Krankheitsfälle des letzten Jahres zwischen abstinenten und 
nicht abstinenten Soldaten in sieben Regimentern. Das Durch¬ 
schnittsergebnis war, daß auf 1000 abstinente Soldaten 49,53 
ins Krankenhaus gekommen waren, auf 1000 nichtabstinente 
dagegen 92,37, also fast doppelt soviel. 

ln England ist nach einer kürzlich veröffentlichten amt¬ 
lichen Broschüre die für alkoholische Getränke verausgabte 
Summe in den letzten 10 Jahren von 180 Millionen Lstrl. auf 
156 Millionen jährlich gesunken. Im Jahre 1909 hat sich in¬ 
folge der Erhöhung der Alkoholsteuer die Zahl der Wirts¬ 
häuser um 1472 vemindert. Mit der zunehmenden Nüchtern¬ 
heit geht Hand in Hand eine Abnahme der Kriminalität; die 
Zahl der gerichtlichen Verurteilungen ist von 187 803 im Jahre 
1908 auf 169 518 im Jahre 1909, d. i. um nahezu 9% pCt. zurück¬ 
gegangen. 


V. TagesgescMchte, 

Standcsangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Der Arzt Dr. K., welcher, ohne die zahnärzt¬ 
liche Approbation zu besitzen, seit Jahren in Frankfurt a. O. 
als Spezialarzt für Zahnheilkamle und Zahnersatz tätig ist,' 
war von dem Zahnarzt T. in Frankfurt a. O. beim ärzt¬ 
lichen Ehrengericht wegen Verletzung der ärztlichen 
Standespflicht angezeigt worden, da der Anzeigende den Be¬ 
schuldigten nicht für befugt hält, sich als Zahnarzt — als 
solcher wurde er in den Quittungsbüchern verschiedener 
Krankenkassen, dem Frankfurter und dem Weltadreßbuch ge¬ 
führt zu bezeichnen oder sich einen damit gleichbedeutenden 
Titel beizulegen. T. sah eine Verletzung der ärztlichen Standes¬ 
pflicht ferner darin, daß Iv. es duldete, in den Krankenkassen¬ 
büchern in einer Reihe mit Zahntechnikern und Heilgehilfen 
aufgeführt zu werden und daß er sich bei gleichen Leistungen 
mit der diesen zugebilligten Honorierung begnügte. Das 
Ehrengericht sprach Dr. K. frei, obgleich es sich auf den Boden 
der Reichsgerichtsentscheidung vom 7. Februar 1908 stellt, nach 
welcher ein Arzt, der die besondere Approbation als Zahn¬ 
arzt nicht besitzt, nicht befugt ist, sich als Zahnarzt zu be¬ 
zeichnen. (In extenso ist das Urteil des Ehrengerichts abge¬ 
druckt in der „Zeitschrift f. Zahnheilkunde“, 1910, No. 17.) 

— Die Zahl der an deutschen Universitäten studierenden 
Frauen betrug im abgelaufenen Sommersemester 2169, wozu 
noch 1226 Hörerinnen kamen, so daß die Gesamtzahl 3395 war. 
Die immatrikulierten Studentinnen verteilen sich folgender¬ 
maßen auf die einzelnen Studienfächer: Philologie und Ge¬ 
schichte 1217, Mathematik und Naturwissenschaften 313, 
Medizin 512, Zahnheilkunde 38, Staatswissen¬ 
schaften 55, Rechtswissenschaft 26, evangelische Theologie uud 
Pharmazie je 4. In allen Studienfächern, mit Ausnahme 
der Zahnheilkunde, der evangelischen Theologie und der 
Pharmazie, ist die Zahl der weiblichen Studierenden ge¬ 
wachsen. 

— Zu unserer Notiz über die „Versicherungskasse für die 
Aerztc Deutschlands“ in No. 36 (S. 505) tragen wir berichtigend 
nach, daß im letzten Jahre nicht 22 pCt., wie dort infolge 
Druckfehlers zu lesen ist, sondern nur 2,2 pCt. Dividende ver¬ 
teilt wurden. 

H a 11 e a. S. In dem Konflikt zwischen Krankenkassen 
lind Aerzten, der am 1. Oktober wegen Inkrafttretens der 
Kündigung in ein kritisches Stadium tritt, hat der Magistrat 
von Halle als Aufsichtsbehörde deshalb kürzlich von den 
Kassen den Nachweis verlangt, daß auch über den 1. Oktober 
hinaus für ausreichende ärztliche Behandlung der Kassenmit¬ 
glieder gesorgt ist. Da die Krankenkassen trotz aller Be¬ 
mühungen sich nur fünf auswärtige Aerzte statt der bisherigen 
38 Halleschen Aerzte verschaffen konnten, so ist zu erwarten, 
daß die Aufsichtsbehörde die Krankenkassen zwingen wird, 
einen Tarifvertrag mit den Aerzten abzuschließen. Die 
Krankenkassen dürften also in dem Streit unterliegen. 

Scheve n i ngen. In der vorigen Woche tagte hier- 
selbst eine internationale Konferenz für Sozialversicherung, 
einer unter den vielen internationalen Kongressen, aber einer, 
bei dem man nicht erst lange über die Bedürfnisfrage zu reden 
braucht, da der sich epidemisch ausbreitende Versicherungs¬ 
gedanke in der Tat von Zeit zu Zeit eine gemeinsame Aus- 







5S8 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 38. 


spräche von Vertretern der verschiedenen Kulturnationen not¬ 
wendig erscheinen läßt. Einen vollständigen Bericht über die 
Verhandlungen dieses Kongresses zu geben, gestattet uns der 
für derartige Themata hier verfügbare Raum nicht; wir be¬ 
schränken uns darauf, im Anschluß an die „Voss. Ztg.“ im Aus¬ 
zug wiederzugeben, was über die Frage des ärztlichen 
Dienstes in der Arbeiterversicherung ver¬ 
handelt wurde. Es lagen aus den verschiedenen Staaten eine 
Reihe gedruckter Referate vor. Ueberdies hatte der General¬ 
sekretär Prof. Fuster (Paris) in einem Generalbericht den 
hauptsächlichsten Inhalt der Referate zusammengefaßt, so daß 
die Referenten gar nicht erst das Wort erhielten und man 
sofort mit der Besprechung begann. Aus Deutschland lagen 
drei Referate vor. Das erste vom Präsidenten Kauf m a n u 
bespricht in großen Zügen den ärztlichen Dienst bei der Un¬ 
fall- und Invalidenversicherung, einschließlich Heilverfahren 
und Vorbeugung, das zweite vom Amtsgerichtsrat Hahn 
(Zehlendorf) schildert sehr eingehend den ärztlichen Dienst 
bei der Krankenversicherung, das dritte von Aerzten, nämlich 
dem Reichstagsabgeordneten Dr. Hugdan und Prof. L eiin- 
hoff (Berlin), herrührende befaßt sich mit allen drei Ver¬ 
sicherungsarten und ergänzt die beiden anderen Referate durch 
Mitteilungen aus der persönlichen Erfahrung. Nur die beiden 
letzten Referenten waren persönlich anwesend. Eingehend 
besprachen sie die Ursachen, die Methoden, und die Aus¬ 
gänge der schweren Kämpfe, die in den letzten Jahren zwischen 
Krankenkassen und Aerzten in Deutschland durchgefochteu 
worden sind. Die Hauptursache scheint ihnen darin zu liegen, 
daß der Gesetzgeber den Arzt zu mechanisch in den Dienst 
der Arbeiterversicherung gestellt hat und die Kassenverwal¬ 
tungen es nicht verstanden, sich den Grundbedingungen des 
ärztlichen Berufes anzupassen. Die meisten Schwierigkeiten 
entstehen aus der Begutachtung der Arbeitsunfähig¬ 
keit, bei der von dem Arzte fast durchweg ein endgültiges 
Urteil verlangt wird, ohne daß in vielen Fällen der Stand der 
medizinischen Wissenschaft ein solches Urteil ermöglicht. Voll¬ 
kommene Gerechtigkeit ist infolgedessen vielfach nicht mög¬ 
lich. weshalb die Referenten verlangen, daß, wo die Frage nur 
auf Grund von Indizien beantwortet werden kann, die Ver¬ 
waltung an der Verantwortung teilnehmen soll. Eine gerechtere 
Regelung der Begutachtungsfrage würde die meisten Hemm¬ 
nisse gegenüber der freien Arztwahl beiseite räumen. Letztere 
sei zu verlangen, da aus vielen Gründen weder in 
Deutschland noch anderwärts ruhige Verhältnisse ohne freie 
Arztwahl gewährleistet werden könnten. Wie sehr diese 
Fragen international sind, zeigt die Tatsache, daß von Pariser 
Aerzten gegenwärtig die Gründung einer inter¬ 
nationalen L i g a zur Verteidigung der ärzt¬ 
lichen Berufsfreiheit betrieben wird. 

An die Referate schloß sich eine sehr eingehende Dis¬ 
kussion, in der, wie vorweg bemerkt sei, eine Einigung nicht 
erzielt wurde, vielmehr die bekannten Gegensätze mit der 
größten Schärfe aufeinander platzten. Aus den Mitteilungen 
der Holländer über die in ihrem Lande herrschende Praxis 
der Behandlung Unfallverletzter sei erwähnt, daß dort jeder 
Arzt der sich in eine bestimmte Liste einzeichnet zu gesetz¬ 
lich festgelegten Tarifen Verletzte behandeln darf, sich aber 
eine Kontrolle gefallen lassen muß. Auch hier ist ein Wider¬ 
streit zwischen Verwaltungsbeamten und Aerzten über den 
Nutzen der Einrichtung zutage getreten. Die deutschen Red¬ 
ner hielten sich ausschließlich an das Referat von Mugdan- 
Lennhoff, grillen aber meistens nur einzelne Punkte her¬ 
aus, die sie zum Teil nicht richtig verstanden hatten Ueber- 
wiegend aber handelte es sich um die Frage der freien 
Arztwahl. Frässdorf snrach in warmen Tönen über 
die (leider meist nur theoretische Red.) Anerkennung die die 
Krankenkassen den Aerzten zollen und über ihre Bereitwillig¬ 
keit (? Red.). Honorare und Verträge der Bildung und gesell¬ 
schaftlichen Stellung der Aerzte anzupassen. Er brachte dann 
seine vielfach bekannten Einwände gegen die freie Arztwahl 
im Namen aller deutschen Ortskrankenkassen vor. Beson¬ 
ders sei man gegen gesetzliche Festlegung. 
Das Arztsystem müsse überall der freien Vereinbarung über¬ 
lassen bleiben. Die freie Arztwahl steigere die Ausgaben, eins 
vergleichende Prüfung der Ergebnisse bei den großen zentrali¬ 
sierten Kassen in Leipzig und München mit freier Arztwahl 
und in Dresden mit Bezirksärzten habe ergeben, daß in Dres¬ 
den am wenigsten Erwerbsunfähige seien. Sehr scharf ging 
der Redner mit dem Leipziger Verband ins Gericht, 
dessen Kampfesweise gegen die ärztliche Standeswürde ver¬ 
stoße. Ihm entgegnete Dr. Peyser (Berlin) mit vielen ein¬ 
zelnen Gründen. Als Beweis dafür, daß Kassen im Kampf 
gegen die Organisierten die Rücksichten auf die Mitglieder bei¬ 
seite lassen, führte er einen Fall aus den letzten Tagen an, 
wo ein Arzt als Streikbrecher mit hohem Gehalt auf fünf Jahre 
angestellt werde, für den erst vor kurzem der Leipziger 
Verband die Kosten der Behandlung im Irrenhause 
bezahlt hat. Auch zwei deutsche Arbeitgeber nahmen in 
entschiedener Weise gegen die freie Arztwahl und den Leipziger 


Verband Stellung, zuerst der frühere Staatsanwalt Dr. 
Guggenheim (Augsburg) als Sprecher des Betriebs- 
kassenverbandes. Seine Ausführungen machten inso¬ 
fern Sensation, als er in seiner Gegend der Gründer der 
gelben Arbeitergewerkschaften ist und mit seinen von einer 
gleichen Gesinnungsart getragenen Ausführungen gegen die 
Aerzte den rauschenden Beifall der sozialdemokrati¬ 
schen A r beit n e h m e r fand, die als Arbeitgeber den 
Aerzten gegenüber gleiche Anschauungen wie er vertreten. 
Guggenheim meinte, daß die freie Arztwahl die Kassen 
der Selbstverwaltung beraube und daß sie die Mehrleistungen 
der Betriebskassen unmöglich mache. Gegendie Aerzte 
ständen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Schul¬ 
ter an Schulter. Dasselbe meinte Rechtsanwalt Meyer 
(Frankenthal). Er brachte lebhafte Angriffe gegen den Leip¬ 
ziger Verband vor, der darauf hinarbeite, daß die Aerzte eine 
Monopclmacht gegenüber den Kassen bekämen. Keinem Stande 
könne das Recht auf Arbeit zugestanden werden. Es sprachen 
auch zwei Vertreter des zirka 180 Mitglieder zählenden s. g. 
Reichs verbandes Deutscher Aerzte, der Gegenorganisa¬ 
tion des Leipziger Verbandes, Busch (Bochum) und Gum- 
pertz (Berlin). Für sie ist freie Arztwahl ein Schlagwort, sie 
bringe den Aerzten keinen Nutzen, aber vielfach den Kassen 
Schaden. Zudem sei der Leipziger Verband bestrebt, die 
Sozialversicherung zu hintertreiben. 

Dr. Freund, der Vorsitzende der Landesversicherungs- 
I anstalt Berlin, bekannte sich als Gegne r der freien Arztwahl 
und des Leipziger Verbandes,, nahm aber sehr ausdrücklich 
die Aerzte gegen die erhobenen Vorwürfe in Schutz. Ohne 
[ die guten Eigenschaften der Aerzte und ihre treue Mitarbeit 
hätte man die deutsche Arbeiterversicherung nicht durchführen 
können. Man solle vor allem berücksichtigen, daß man sich 
| auf einem internationalen Kongresse befinde. 

Mugdan (Berlin) meinte, daß es für die internationale 
i Erörterung wesentlich auf die Frage ankomme, ob unab- 
j hängige oder abhängige Aerzte besser seien, und zwar 
für die Versicherten, die Hygiene und die Wissenschaft. Diese 
! Frage sei unbedingt zugunsten der Unabhängigen zu entschei¬ 
den. Auch seien eigentlich die Arbeitervertreter der Kranken- 
i hassen ganz derselben Ansicht, denn alles, was Frässdorf 
J gegen die freie Arztwahl gesagt habe, gebe er sofort preis, wenn 
I es sich um die Unfallversicherung handele. Da ver- 
j langten er und seine Freunde die von den Arbeitgebern unab- 
j hängigen Aerzte. Dr. Munter (Berlin) berichtete über die 
j Berliner Krankenkassen, die seit 18 Jahren freie Arztwahl 
| haben und bei ihr gut bestehen. Dr. Epstein (München) 

| zeigte, daß nur bei freier Arztwahl ein Ausbau der sozialen 
j Hygiene möglich ist. 

Dr. Zacher, Direktor im kaiserlich statistischen Amt, 
| hat gegen die freie Arztwahl einzuwenden, daß sie den wirt- 
I schaftlichen Notstand der Aerzte nicht beseitige. Es gäbe 
j zu viele Aerzte. Wenn man für 20 Millionen Versicherte 
je 5 M. Honorar zahle, bekämen die Aerzte 100 Millionen, wenn 
man 10 000 Aerzte anstelle, hätten diese mit je 10 000 M. ein 
j gutes Einkommen. Wenn bei freier Arztwahl der Betrag sich 
j auf 30 000 Aerzte verteile, hätte jeder nur ein Drittel, alle 
j hätten zu wenig, statt daß heute wenigstens die 10 000 genug 
; hätten. 

Lennhoff (Berlin) hielt die Ausführungen Zacher» 
für wichtig, weil sie zeigen, wohin man komme, wenn man die 
Eigenart des ärztlichen Berufs unberücksichtigt lasse. Wenn 
zu einem Bau so und so viel Backsteine gehören, und ein 
Maurer in einer Stunde so und so viel verlegen könne, dann 
müsse man für eine bestimmte Bauzeit so und so viel Maurer 
anstellen. Aber der Arzt sei kein Maurer und der Kranke 
kein Backstein, der verlange eine individuelle Behandlung und 
nur Aerzte. die zu dieser befähigt sind, erlangen Praxis. Des¬ 
halb könne man als Arzt auch gar nicht die Forderung auf¬ 
stellen, daß jeder dasselbe Einkommen haben müsse. So lange 
die Gesetzgebung den Arzt wie einen Maschinenteil in das Ge- 
] triebe der Versicherung einstelle, müsse sie Schiffbruch er¬ 
leiden. 

Der Versicherungstheoretiker Prof. Manes (Berlin) 
glaubt aus dem Streit zwischen Kassen und Aerzten in Deutsch¬ 
land den Schluß ziehen zu sollen, daß die Organisation der 
Versicherung verfehlt sei. Viel besser sei das norwegische 
System einer Vereinigung der Versicherungszweige und einer 
zusammenfassenden Beteiligung von Arbeitern und Unter¬ 
nehmern, Staat und Gemeinden. Er richtete des weiteren einen 
ebenso unmotivierten wie scharfen Angriff gegen die Pro¬ 
fessoren der medizinischen Fakultäten; es sei ein Mißgriff, daß 
diese in den Kampf wegen der wirtschaftlichen Interessen der 
Aerzte eingegriffen hätten. Was würden sie sagen, wenn 
die anderen Fakultäten das gleiche tun würden. 

Dr. Teleki (W'ien), der das Kassenarztsystem für eine 
| Zweckmäßigkeitsfrage ansieht, konnte den Beifall nicht be- 
| greifen, den die Arbeitervertreter dem Sprecher der Betriebs- 
| kassen zollten, da bei 'diesen die Arbeiter selbst nichts zu sagen 
haben. 




No. 38. 


Therapeutische 

Sehr scharf kritisierte der Vorsitzende der Leipziger Orts¬ 
krankenkasse, Pollender, Redakteur der „Leipz. Volks- 
zeitung“, mit den bisherigen Rednern von der Kassenseite. 
Er bestritt Gnggenheim das Recht, im Namen der 
in Betriebskassen Versicherten zu sprechen, da hier die 
Arbeiter machtlos wären, und Frässdorf das Recht, 
im Namen aller in Ortskassen Versicherten, zu reden, da von 
diesen viele freie Arztwahl hätten und sehr mit ihr zufrieden 
seien. Sodann schilderte er die guten Erfahrungen in Leipzig, 
wo sich bei der größten Ortskasse mit den besten Leistungen 
die freie Arztwahl durch gegenseitigen guten Willen vorzüg¬ 
lich bewährt habe. 

Aus Oesterreich sprachen im Anschluß an das Refe¬ 
rat von Dr. Pick (Aussig) noch eine Anzahl Redner, ' von 
denen neue Gedanken naturgemäß nicht vorgebracht werden 
konnten. 

Die „Berliner Morgenpost“, deren ständiger ärztlicher Mit¬ 
arbeiter zwar ein Gegner der organisierten freien Arztwahl 
ist, aber insofern doch einen vermittelnden Standpunkt ein- 
nimmt, als er die Zulassung der Kassenärzte nicht von der 
bloßen Willkür der Kassengewaltigen abhängen, sondern nach 
sachlichen Momenten und einem bestimmten System erfolgen 
lassen will, hat ganz recht, -wenn sie in dem Leitartikel ihrer 
vorigen Sonntagsnummer von der vorstehend skizzierten Er¬ 
örterung sagt, man habe den Eindruck, als ob die Parteien 
ihre sachlichen Gründe erschöpft und einander nur noch mit 
verstärkter Rhetorik ihre alten Argumente’ entgegengehalten 
hätten, ohne den Willen, aufeinander zu hören; es wäre ge¬ 
wesen, als ob man hüben und drüben in verschiedenen Idiomen 
gesprochen hätte. Sie beklagt daß sich bei dieser Gelegenheit 
eine starke Gegnerschaft der Nichtärzte aller Berufe gegen die 
Aerzte gezeigt habe; man habe sich in Angriffen gegen die 
ärztliche Ethik gefallen und den Versuchen der anwesenden 
Aerzte, sich zu verteidigen, sei mit demonstrativem Hohn be¬ 
gegnet worden. Uns erscheint unter den Aerztegegnern als 
eine der betrüblichsten Erscheinungen der Direktor Dr. 
Zacher, der es fertig bekommt, von einer zu großen Aerzte- 
zahl in Deutschland zu sprechen, während doch in Wirklich¬ 
keit das gegenwärtig dort herrschende Verhältnis zwischen 
Aerzten und Menschenzahl 1 :2000 bei dem durch die Sozial¬ 
gesetzgebung enorm gesteigerten Umfang der ärztlichen Tätig¬ 
keit als das Mindestmaß einer ausreichenden. ärztlichen Ver¬ 
sorgung der Bevölkerung zu betrachten ist. Wie will übrigens 
Herr Dr. Zacher seinen Standpunkt in Einklang bringen 
mit dem Verhalten- der Regierungen, die in. den letzten Jahren 
mehr als einmal die Gymnasialabiturienten auf das Studium der 
Medizin hinweisen ließen? 

Paris. Nach der „Semaine medicale“ hat auch in Frank¬ 
reich die Zahl der Medizin-Studierenden in der letzten Zeit 
auffällig zugenommen, indem sie von zirka 8300 im Jahre 1909 
auf beinahe 10 000 im laufenden Jahre gestiegen ist. Ihre 
Zahl ist also annähernd die gleiche wie in Deutschland bei 
einer Bevölkerungszahl, die noch nicht zwei Drittel der 
Menschenzahl im Deutschen Reiche ausmacht. Bei der schon 
jetzt nicht rosigen wirtschaftlichen Lage der französischen 
Aerzte kann man daher der französischen Zeitschrift nur bei¬ 
pflichten, wenn sie mit großer Besorgnis um die Zukunft des 
dortigen Aerztestandes erfüllt ist. 


Universitätswesen, Personalnachrichten. 

Halle a. S. Den Professortitel haben erhalten: Der 
Privatdozent der inneren Medizin Oberstabsarzt Dr. Arthur 
Menzer und der Privatdozent der Neurologie und Psychiatrie 
Dr. Berthold Pfeiffer. 

Solingen. Dem Larvngologen und Otologen Dr. 
Friedrich Roepke ist der Professortitel verliehen 
worden. 

Ham b u r g. Der Direktor der medizinischen Klinik und 
Poliklinik in Marburg Prof. Dr. Ludolf Braue r ist als 
Nachfolger des verstorbenen Prof. Lenhartz zum Direktor 
der Staatskrankenanstalten in Eppendorf gewählt worden. 
Prof. Brauer, der von 1897 bis 1904 Universitätslehrer in 
Heidelberg, seit 1901 als Extraordinarius, war und seine Mar- 
burger Professur seit 1904 bekleidete, gehört zu _ den ersten 
Klinikern Deutschlands. 

Prag. Der ordentliche Professor der mikroskopischen 
Anatomie an der hiesigen Universität Dr. Siegmund 
Mayer ist in Ambras bei Innsbruck, wo er zur Erholung 
weilte, plötzlich gestorben. Ende 1842 in Bechtheim bei Worms 
geboren, promovierte er 1865 in Tübingen und setzte dann 
seine Studien in Heidelberg unter II e 1 m h o 11 z und in Wien 
unter Brücke fort. 1869 habilitierte sich M a y e r in Wien 
als Assistent von E. Hering, dem er im Jahre darauf nach 
Prag folgte. 1880 wurde er dort außerordentlicher Professor 
und mit der Leitung des histologischen Instituts betraut; 1884 
erfolgte seine Ernennung zum Ordinarius. S i e g m u n d 
M a y e r hat eine große Zahl von wissenschaftlichen Arbeiten 
aus den Gebieten der Physiologie und mikroskopischen Aua- 


RÜNDSCHAÜ 1910. __ 589 

tomie geliefert und auch im allgemeinen geistigen Leben Prags 
eim- führende Stellung innegehabt. 

G e nf. Der bisherige Privatdozent Ernst Kum m er 
wurde zum ordentlichen Professor der externen Pathologie und 
Chirurgie, Dr. Alfred Veyrassat zum ordentlichen Pro¬ 
fessor der chirurgischen Poliklinik ernannt. 

Boston. Hierselbst starb, 68 Jahre alt, vor kurzem der 
Professor der Philosophie William James, ein hervor¬ 
ragender Psychologe, der vom Studium der Medizin ausging 
und zu Beginn seiner akademischen Laufbahn einige Jahre 
Dozent der Anatomie und Physiologie gewesen ist. 


Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

R o m. Der VII. Internationale Dermatologen - Kongreß 

findet vom 25. bis 29. September 1911 in Rom statt. Präsident 
ist der Senator Prof. Tommaso de A m i c i s in Neapel, 
Generalsekretär Dr. Gaetano Ciarrocchi in Rom. Dem 
deutschen Komitee gehören die Vertreter des Faches aller 
deutschen Universitäten an. Generalsekretär für Deutschland 
ist Sanitätsrat Dr. O. Rosenthal (Berlin), der auch zu 
weiterer Auskunft bereit ist. 

Gerichtliches. 

Berlin. Ueber die Frage, ob eine Erkrankung an 
Cholera als Betriebsunfall betrachtet werden könne, hatte kürz¬ 
lich das Reichsversicherungsamt zu entscheiden. Die „Voss. 
Ztg.“ berichtet darüber: Ein Flößer S. war au Cholera ge¬ 
storben. Als seine Hinterbliebenen Rente beantragten, wur¬ 
den sie sowohl von der Berufsgenossenschaft als auch vom 
Schiedsgericht abgewiesen. Das Reichsversicherungs- 
a m t stellte aber noch weitere Ermittelungen an und sprach 
dann den Hinterbliebenen eine Rente zu, indem u. a. ausge¬ 
führt wurde, in Uebereinstimmung mit dem Professor F. sei 
anzunehmen, daß der Flößer S. auf einem Flosse in der Gegend 
von Bromberg infolge von Berührung mit dem verseuchten 
Wasser an Cholera erkrankt sei, auch habe die einmalige Auf¬ 
nahme von Krankheitserregern in dem Körper des Flößers 
ausgereicht, um die tötliche Krankheit hervorzurufen. Das 
schädigende Ereignis sei als Betriebsunfall anzusehen, da es 
sich in einem eng eingeschossenen Zeitraum zugetragen habe. 
Solange der Flößer sich auf dem Wasser aufhalte, befinde er 
sich stets im Betriebe, da er fortwährend von den Gefahren 
umgeben sei, die für seinen Betrieb eigentümlich seien. Er 
scheide unter diesen Umständen auch dann nicht aus dem Be¬ 
triebe aus, wenn er bestrebt sei, seine leiblichen Bedürfnisse 
zu befriedigen Liege aber ein entschädigungspflichtiger Be¬ 
triebsunfall vor, so müsse die Berufsgenossenschaft verurteilt 
werden, an die Hinterbliebenen des Verstorbenen Rente zu 
zahlen. 

Marburg. Eine ganze Woche hindurch fand vor kurzem 
vor der hiesigen Strafkammer eine Verhandlung gegen zwei 
Krankenbehandler, die Besitzer der Hartenroder Heilanstalt 
Zimmermann und Dikomeit statt. Die Heilanstalt in 
Hartenrod hatte bald nach ihrer Eröffnung großen Zuspruch 
erhalten. Dikomeit, der sich als Heilgehilfe bezeiclmete, 
ist gelernter Bäcker. Der Angeklagte Z i m m ermann war 
früher Maler und Bergmann, später Schutzmann in Kassel, zu¬ 
letzt Gastwirt und Kaufmann. Die Anklage lautete auf un¬ 
lauteren Wettbewerb, Betrug und fahrlässige Körperver¬ 
letzung. Zimmer mann erhielt 10 Monate Gefängnis und 
300 M. Geldstrafe, Dikomeit 14 Monate Gefängnis und 
500 M. Geldstrafe. 

Düsseldorf. Honorarprozeß. Von einer auswärtigen 
Ortskrankenkasse hatte ein hiesiger Arzt für die Be¬ 
handlung eines arbeitsunfähigen Kassenmitgliedes Honorar zu 
fordern. In seiner Liquidation hatte er dem Gesetze ent¬ 
sprechend nach den Minimalsätzen der Gebührenord¬ 
nung liquidiert und dabei die von der Kasse geforderte Aus¬ 
stellung des wöchentlichen Krankenscheines (Beurteilung der 
Erwerbsfähigkeit) nach Geb.-O. No. 24a mit 2 M. in Rechnung 
gestellt. Die Kasse erkannte diesen Teil der Forderung nicht 
an, weil sie dafür in derartigen Fällen angeblich noch niemals 
etwas gezahlt habe und auch die angeführte Position der Ge¬ 
bührenordnung auf die einfache Ausfüllung ihres Formulars 
nicht anwendbar sei. Der Arzt verklagte darauf die Kasse, 
wurde aber sowohl vom Amtsgericht zu Düsseldorf-Gerresheim 
als auch vom Landgericht Düsseldorf kostenpflichtig abge¬ 
wiesen. Das „Aerztl. Vereinsbl.“ (No. 778), das beide Ent¬ 
scheidungen im Wortlaut mitteilt, knüpft daran eine längere 
Darlegung, in der sie die Unhaltbarkeit der Urteile und ihrer 
Begründung im einzelnen nachweist; wir können uns diesen 
Argumentationen nur in jeder Hinsicht anschließen, ohne sie 
aus Raummangel leider liier wiedergeben zu können. 

Leipzig. Ein nach mehreren Richtungen interessanter 
Unfallversicherungsprozeß ist kürzlich bei dem Reichsgericht 
zum endgültigen Austrag gekommen. Ein Arzt war im Jahre 
1906 an Blutvergiftung gestorben, die er sich bei der Behand¬ 
lung einer an Kindbettfieber Erkrankten dadurch zugezogen 




59Ö 


No. 38. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


hatte, daß er entweder seihst mit seinen Fingern eine wunde 
Stelle seines Nackens berührte oder von der Patientin gelegent¬ 
lich einer von ihm möglicherweise vorgenommenen Umbettung 
derselben — bei der ihre Hände um seinen Hals gelegt waren 

— an jener Stelle infiziert wurde. Der Verstorbene war bei 
der „Rhenania“ gegen Unfall versichert. Die Gesellschaft ver¬ 
weigerte die Auszahlung der Versicherungssumme, da kein 
Unfall Vorgelegen habe. Die Wirtschafterin G., welcher bei 
der Erbteilung der Versicherungsanspruch Überträgen worden 
war, erhob Klage mit dem Anträge, die Gesellschaft zur Zah¬ 
lung von 10 000 M. zu verurteilen. In dem nun folgenden 
Prozeß wurde die Klägerin in beiden Instanzen mit ihrem An¬ 
spruch abgewiesen, das Reichsgericht verwies aber auf ein¬ 
gelegte Revision die Sache zur nochmaligen Verhandlung an 
die früheren Instanzen zurück. In diesem zweiten Prozeß 
wurde nun die Gesellschaft zur Zahlung verurteilt und legte 
nun ihrerseits Revision beim Reichsgericht ein, aber ohne Er¬ 
folg. (Näheres s. Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 36.) 

Verschiedenes. 

Berlin. Der preußische Medizinalminister hat unter 
dem 11. Juli 1. ,1. einen Erlaß, betr. „Anleitung zur Förderung 
des öffentlichen Badewesens“ bekannt gegeben. Die Anleitung 
enthält allgemeine Bestimmungen über das Baden im Freien 
und in geschlossenen Räumen und besondere Maßnahmen für 
die Badeanstalten. (Veröffentlicht im Min.-Bl. für Med.-Ange- 
legenh., No. 15, vom 1. September 1910.) 

Seuchennachrichten. In B e r 1 i n und seiner Nachbar¬ 
schaft sind neue Fälle von Cholera glücklicherweise nicht auf¬ 
getreten, dagegen ist in F r e i b u r g a. E. bei einem aus H a m- 
b u r g mit einer Kohlenladung eingetrolfenen Schilfer die 
Krankheit festgestellt worden. Der Erkrankte hat sich vorher 
mehrere Tage im Hamburger Hafen aufgehalten und soll dort 
neben einem aus Petersburg gekommenen russischen Dampfer 
gelegen haben. Ein weiterer Cholerafall ist in Copitz bei 
Pirna konstatiert worden. Beim Schluß der Redaktion wird 
ferner bekannt, daß in Westpreußen sieben Personen an 
choleraverdächtigen Krankheiten gestorben sind, unter denen 
allerdings bisher nur ein Fall bakteriologisch als Cholera 
asiatica diagnostiziert ist. In Wie n sind vier neue 
Fälle von Cholera vorgekommen, die alle eine Familie betrafen 
und von denen der erste binnen einem Tage tötlich endete. 
Ueber den Infektionsweg kennten in diesen Fällen nicht einmal 
Vermutungen aufgestellt werden. Endlich ist in U n g a r n eine 
größere Reihe verdächtiger Fälle beobachtet worden, von denen 
bisher im ganzen 11 durch die bakteriologische Untersuchung 
als Cholera asiatica festgestellt sind. 

In Rußland wütet inzwischen die Cholera ungestört weiter. 
Von ihrer Ausbreitung erhält man eine Vorstellung, wenn man 
in den „Veröff. d. kais. Gesundheitsamtes“ liest, daß im ganzen 
Reich in der Woche vom 7. bis 13. August 23 944 Erkrankungen 
und 10 723 Todesfälle zur amtlichen Kenntnis kamen, von 
denen natürlich das Gros auf das europäische Rußland entfällt. 

— Bei der Gefahr, die dem übrigen Europa beständig von 
diesem Seuchenherd droht, wird neuerlich von den Regierun¬ 
gen die Einberufung einer internationalen Cholera- 
Konferenz erwogen, die eventuell im Januar 1911 in 
Petersburg tagen und zu internationalen Vereinbarungen für 
die Bekämpfung der Choleragefahr führen soll. 

Was die in Odessa ausgebrochene Pest anlangt, so sind 
bis zum 29. August 68 Fälle, darunter 16 Todesfälle, bekannt 
geworden. Ferner ist kürzlich in Petersb u r g eine Person 
an der Pest gestorben. 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 3. Kl.: 
Geh. San.-Rat Dr. G r a s s o in Frankfurt a. O. 

Roter Adler-Orden 4. Kl.: Geh. San.-Rat Prof. Dr. A u f- 
recht in Magdeburg, Med.-Rat Prof. Dr. Borchard in 
Posen. 

Koni gl. Kronen-Orden 4. KI.: Dr. Möller in Cux¬ 
haven. 

Prädikat Professor: Privatdozent Dr. Jo 11 y in Berlin. 

Versetzt: Kreisarzt Dr. Jankowski von Labes nach 
Braunsberg. 

Ernannt: Geh. Ober-Med.-Rat Dr. G a f f k y in Berlin zum 
ordentl. Honorarprofessor, Privatdozent Prof. Dr. G. Klem- 
p e r e r in Berlin zum außerordentlichen Professor. 

Niedergelassen: Dr. Cordes, W. D o d e 1, Dr. 
D r a k e . Dr. H. Hey m ann, K. Kay s er, Dr. Kob 1 igk, 
Dr. K. L e v i, Aerztin Dr. M. Lorenz, W. Plange und 
Dr. W. Schwalbe in Berlin, Dr. Herzbruch, Dr. 


Oestreicher, Dr. Samson und Dr. CI. Schilling 
in Charlottenburg, Dr. K r a a t z in Schöneberg, Prof. Dr. 
Scheffer in Wilmersdorf, II. Puls in Landsberg a. W., 

E. Stützner in Richtenberg, Dr. Skowro ns k i in Jano- 
witz, Dr. Gell rieh in Probsthain, Pumplun in Hirsch¬ 
berg, Dr. Jastram in Görlitz, Dr. Bertrup in Mühl- 
rädlitz, Dr. Marlciefka in Beuthen, H. Chodinski in 
Kattowitz, Dr. Peschke in Kujau, Dr. Henop in Schles¬ 
wig, Dr. S i e v e r s in Kiel. 

Verzogen: Arzt A. Zink von Sensburg nach Berlin, Dr. 
Kaulfmann von Lichtenfeld nach Sensbufg, Dr. 
Zuralski von Bishofsburg und Dr. A. Chlapowski 
von Posen nach Zoppot, M. Glaser von Breslau nach 
Elbing, Dr. K ö s 1 e r von Breslau nach Posen, Dr. W i 11 e k 
von Kattowitz nach Zduny, Geh. San.-Rat Dr. Schönke von 
Posen nach Bamberg, Dr. M. Cohn von Posen nach Danzig, 
Dr. Reissig von Schwersenz nach Luisenhain, Dr. Metz 
von Altscherbitz nach Neustadt in Holst., Dr. S c h a a f von 
Nebra nach Puttlitz, Dr. Duderstadt von Greußen nach 
Nebra, Dr. M. Levy von Kirn, Dr. Denk von Friedrichs¬ 
hafen und Dr. G o e b e 1 von Leipzig nach Halle a. S., Dr. 
O. Eichhorn von Halle nach Chemnitz, Dr. 01 f f von Er¬ 
furt nach Gispersleben, Dr. Beckmann von Homberg, 
Kr. Moers, nach Erfurt, Dr. L e i t n e r von Nordhausen 
nach Jena, Dr. Schubert von Gehrde nach Bersenbrück, 

F. Bösenberg von Leipzig nach Norderney, Dr. Minne- 
r o p von Dortmund nach Recklinghausen, Dr. F ö r t s c h 
von Lienen nach Kreuznach, Dr. W i 11 k a m p von Steele 
und Dr. Horn von Moers nach Bochum, Dr. V e z i n von 
Dortmund nach Niedermassen, Dr. P i p o von Witten nach 
Barmen, Dr. B e n ö h r und Dr. Bock von Bochum nach 
Osnabrück bezw. Aachen, Dr. Schlipp von Wetter nach 
Nürnberg, Dr. Wulckow von Müden nach Wetter, Dr. 
Linzbach und Dr. Friedrich von Aachen nach Düren 
bezw. Darmstadt, Stabsarzt Dr. F1 a t h von Rastenburg nach 
Königsberg, San.-Rat Dr. Siegel von Wilmersdorf nach 
Schwarzort, Dr J.a c o b von Goßlershausen nach Graudenz, 
Dr. Baumann von Berlin nach Jüterbog, Dr, Boley von 
Hannover nach Schöneberg, Dr. Falk und Dr. Kaum- 
heimer von Berlin nach Lübeck bezw. Wien, E. M i 1 a r c h 
von Arendsee nach Berlin, Dr. N i e p e 11 von Heidelberg 
nach Charlottenburg, Dr. Peucker va^ Greifswald nach 
Berlin, Dr. Pieper und Dr. Plast Wrk von Berlin nach 
Pankow bezw. Filehne, Dr. Steinkühler von Berlin nach 
Groß-Lichterfelde, Dr. Wiese von Zanow nach Berlin, Dr. 
Röscher von Landsberg a. W. nach Wilhelmshaven, Dr. 
Horstmann von Treptow a. R. nach Stralsund, 
B. Strauss von Hohensalza nach Nordstemmen. 

Verzogen ohne Angabe des neuen Wohnortes: 
Dr. O p p i t z von Kosten, San.-Rat Dr. Harzmann von 
Langwedel, Dr. Wullstein von Märkisch-Friedland, Dr. 
Schüller und Dr. W o 11 n e r von Berlin, Dr. Wert¬ 
heimer von Scharley, H. M a a s s von Kattowitz. 

Gestorben: Kreisarzt Dr, S c h e r b in Fritzlar, San.-Rat 
Dr. Prietsch und San.-Rat Dr. W eyl in Berlin, Dr. 
Hopf in Landsberg a. W., Dr. F r o e 1 i c h in Königsberg 
i. Neumark. 

Bayern. 

j Niedergelassen: Dr. Miesemer in Eisenberg, Dr. 
F u s s in Ludwigshafen. 

Verzogen von Eisenberg: Dr: Greiff und Dr. Reitz. 

Gestorben: Dr. Georg Werner in Bergzabern, Dr. 
Scherer in Ludwigshafen, Dr. L ö b in Kaiserslautern, Dr. 
August v. Pracher, k. Bezirksarzt in Tegernsee. 

Baden. 

Verzogen: Dr. Dulk von Pforzheim, Dr. Wirz von Dur¬ 
lach nach Karlsruhe, Dr. H ü t w o h 1 von Mannheim nach 
Neustadt a. H., Dr. S p o o von Herrischried nach Rickenbach, 
Dr. Croissant von Karlsruhe nach Geisingen, Dr. 
P f u n d e r, Dr. Pietsch und Dr. Karl Schmidt von 
Karlsruhe, Dr. Remmlinger von Kork nach Niederzissen. 
Hans Gress von Willstätt nach Kork, Dr. A. Wieland 
von Singen nach Arlen-Rielasingen, Dr. Fritz Kaiser von 
Lahr, Dr. .1. B ü r k 1 e von Triberg. 

Gestorben: San.-Rat Dr. Maier in St. Blasien, Dr. 
Fischer, Besitzer der Privatirrenanstalt in Neckargemünd. 


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Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichdtrassr 18 >.. lür neu lnseratou-Teii: Kiaharu tiB»«, berliu. 

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34 . September 1910 


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(Die Wochenschrift des praktischen Arztes) 


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schon von unseren Voreltern überkommen ist, nämlich die Er¬ 
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mit Posaunenstössen der Welt verkündeten, selbst unter dem 
empfehlenden Protektorate der Berühmtheiten auf den Markt 
gebrachten künstlichen Nährmittel überdauert. „Simplex veri 
sigillum“ (Das Kennzeichen des Wahren und Guten ist die Ein¬ 
fachheit). So ist es denn gekommen, dass bei der Ernährung 
von Schwachen, von Rekonvaleszenten, Greisen oder 
Magenleidenden neben Bouillon mit Graupen oder Haferschleim, 
neben Gelees und Flammeries, neben Pürees von Hühner- und 
Taubenfleisch und starken alten Süssweinen sich als tägliche 
Kost der schlichte, altgewohnte Milchzwiebackbrei immer als das 
Beliebteste erwiesen hat. Ihn findet man in der ärmsten Hütte 
wie im Palast, überall wo Kinder oder Kranke leicht und doch 
genügend ernährt werden sollen, und gerade diesem Umstande 
hat auch das Nestle’sche Kindermehl, ursprünglich nur für Kinder¬ 
ernährung bestimmt, welches ja nichts anderes als ein exquisit 
feines „Milch-Zwieback-Pulver“ ist und sein will und dessen 
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Therapeutische Rundschau 


(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion : 

DPi H. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernspreeh-Amt UI, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprecli-Amt YI, No. 3302 


IV. Jahrgang Itrrlin. 'Jl. September 1910 


tfo. 39 


Die „Therapeutische Rundschau -4 erscheint jeden Sonnabond und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buci.handlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tilge vor Quartalsschluss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Mohr: Ueber moderne 
llöntgeneinriclitungen in Land- und SchiJfslazaretten mit Berück¬ 
sichtigung des ökonomischen Betriebes und der erforderlichen 
Schlitzmaßregeln für Arzt und Bedienungspersonal. (Schluß.) 

Spi eth off: Arsenobenzol bei Syphilis. — Du hot: Un- 
erwarteto Resultate bei einem hereditär - syphilitischen Säug¬ 
ling nach Behandlung der Mutter mit „606“. — Wolfensohn- 
Kriss: Ueber den Blutdruck im Kindesalter. — Pollak: Ein 
Beitrag zur Kenntnis der Myatonia congenita.— Kartzc: Ueber 
Akroasphyxic im Kindosalter. — Viganö: Spezifizität der Meio- 
stagminreaktion bei Typhus. —Jacob: Ueber die Behandlung 
des Typhus mit Pyramiden. — Engel: Zur Entfieberung Tuber¬ 
kulöser durch lvochsches Alttuberkulin. — Gasharrini: Die 
Meiostagminroaktion bei der expeiimenteilen Tuberkulose. — 
Handele: Zur röntgenologischen Diagnose der Ulcerationen in 
der Pars media des Magens. — Stursberg: Ueber Wurzel¬ 
ischias. — Pelz: Ein Fall von rein sensibler Polyneuritis alco¬ 
holica. — Goldbladt: Syringomyelie bei Mutter und Tochter. 

— Coler: Operiertes Gliom der dritten linken Stirnwindung. 

— Frey: Die Ursache der Bromretention und die Verdrängung 
von Chlor durch Brom im Blute. — Harn ack und Hildebrandt: 
Antagonisten des Apomorphins. — Wind: Ueber die Chili- 
salpetervergiftung und den spektroskopischen Nachweis des 
Nitrits im Blute. — Beruoulli: Ueber Bronzediabetes. — 
Chiari: Ein Todesfall bei der Bronchoscopia superior. — Offer- 
haus: Schmerzlose Operationen im Gebiete des Gesichtsschädels 
und Mn ndos unter Leitungsanästhesie. — Beck: Der diagnostische 


Wert und die therapeutische Wirkung der Wismutpaste bei chro¬ 
nischen Eiterungen. — Bl au el: Zur Mechanik der Invaginatio 
ileocoecalis. — Kausch: Ueber Knochenersatz. Beiträge zur 
Transplantation toten Knochens. —Reich: Die Amputationen 
im Kindesalter Und ihre Folgen für das Knochenwachstnm — 
Meirowsky und Frankenstein: Amenorrhoe und tertiäre 
Syphilis. —Müller: Zur primären Tubentuberkulose. — Küster: 
Die Behandlung der verschleppten Querlage mittels der Racliio- 
tomic. — Diihrssen: Die neue Geburtshilfe und der praktische 
Arzt. — Engel: Ueber einige Fragen der Frauenmilchsekretion, 
insbesondere über die Sekretion des Milchfettes. 

II. Therapeutische Notizen. Heermann: Die Extension bei 
der Behandlung gewisser Nervenaffektionen. — Gandini und 
Barabaschi: Ueber Bandwurmkuren mit Filmaron. 

III. Bücherschaii. Schall und Heisler: Nahrungsmittel-Tabelle. 
— Schall und Heisler: Die Praxis der Ernährungstherapie 
der Zuckerkrankheit. — Sarason: Jahreskurse für ärztliche 
Fortbildung. 

IV. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. 

Unentgeltliche Vorträge und Fortbildungskurse für prak¬ 
tische Aerzte in Berlin und der Provinz Brandenburg. 

V. Amtliche Mitteilu ngen. Zu besetzende Stellen von Medizinal¬ 
beamten. — Personalia. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Ueber moderne Röntg’eneinrichtung'en in Land- und 
Schiffslazaretten mit Berücksichtigung des ökonomi¬ 
schen Betriebes und der erforderlichen Sehutzmassregeln 
für Arzt und Bedienungspersonal. 

Von 

Marinestabsarzt Dr. Mohr. 

(Schluß.) 

Ein sehr gutes und namentlich für mäßige Röntgenlicht¬ 
mengen ziemlich genaues Instrument ist das Fällungs- 
radiometer von Schwarz (1906), das auf der Eigenschaft 
des Kalmelogens beruht, durch Röntgenbestrahlung Kalomel 
auszuscheiden. Die Einheit, das Kalom, entspricht I 1/2 H 
und tritt plötzlich ein durch Trübung der bis dahin, wasser- 
klaren Flüssigkeit. Auch die höheren Trübungsstufen sind 
leicht zu unterscheiden. 

Es bedeutete einen wichtigen Fortschritt, als Klinge 1- 
fuss (Basel) daranging, die Messung und Dosierung der 
Röntgenstrahlen in absoluten Einheiten festzustellen. Sein 
Verfahren nannte er Röntgenolyse und er berechnete die Re¬ 
aktion der Röntgenstrahlen auf das photographische Rapier 
aus der Stromspannung in der Sekündärspule, der Strom¬ 
stärke und Bestrahlungszeit. Aber seine Apparate paßten 
nicht für jedes Instrumentarium, und so war seine Methode 
nur ein wertvoller Fingerzeig für die Zukunft. 

Von einem ähnlichen Gesichtspunkte ging in neuester 
Zeit Villard aus. Mit seinem Quantimeter mißt er die 
einzelnen Dosen X-Strahlen in fortlaufender Reihe und über¬ 
trägt sie durch ein Uhrwerk auf ein graduiertes Zifferblatt. 
Seine Konstruktion beruht auf der ionisierenden Wirkung 
der X-Strahlen auf die Luft in einem besonders konstruierten 
Metallkästchen, in dem eine isoliert aufgehängte Plattenelek¬ 
trode sich befindet. Diese ist mit einem Elektrometer ver¬ 
bunden. Entsprechend der durch die Ionisierung der Luft 
erfolgenden Ladung der Plattenelektrode schlägt der Zeiger 
des Elektrometers aus, bis er einen bestimmten 
Kontakt berührt und so die Plattenelektrode ent- 1 


ladet. Diese Zcigerbewegung wiederholt sich so oft, als 
durch eine neue Dosis X-Strahlen die Plattenelektrode durch 
Ionisierung der Luft auf ein bestimmtes elektrisches Poten¬ 
tial gebracht ist. Die Anzahl der Entladungen wird dann 
fortlaufend registriert und auf ein Zifferblatt übertragen, 
das nach Holzknechteinheiten geeicht ist. Ein zweites ebenfalls 
von Villard neuerdings eingeführtes, auch auf der ioni¬ 
sierenden Eigenschaft der X-Strahlen beruhendes Instrument 
ist das Radiosklerometer, das qualitativ die Röntgenstrahlen 
mißt, d. h. also ihre Penetrationskraft direkt auf einem 
Zifferblatt zur Ablesung bringt. Es würde zu weit führen, 
das Instrument näher zu beschreiben. 

Beide Instrumente sind äußerst wertvoll, weil sie ob¬ 
jektiv unabhängig von dem Farbensinn des Arztes die Quan¬ 
tität bezw. die Qualität der Röntgenstrahlen messen lassen. 
(Leider sind die beiden Villardschen Instrumente 11 ichI 
im Handel zu haben.) 

Durch diese Apparate läßt sich also die Strahlendosis 
festlegen, die therapeutisch dem Kranken mit Bewußtsein 
und Ueberlegung beigebracht werden soll. Da aber natur¬ 
gemäß nur die kranken Teile X-Strahlen erhalten sollen, 
müssen alle anderen aus dem gefährlichen Bereicli der 
Strahlen entfernt werden. Hierzu bieten sich viele Möglich¬ 
keiten. Zunächst hat man durch Stoffe, die für X-Strahlen 
undurchlässig sind, den Körper abgedeckt. Man nahm dazu 
dünne Blei- oder Stanniolplatten oder auch extra zu diesem 
Zwecke hergestellte Stoffe, wie sie nach Angabe von 
Traun, Holzknecht., Alsberg, Levy und Müller 
von den verschiedenen Fabriken in der verschiedensten 
Form und Größe geliefert wurden. 

Da jeder von Röntgenstrahlen getroffene Körper seiner¬ 
seits wiederum neue Strahlen, sogenannte S- oder Sekundär¬ 
strahlen aussendet, die sich aus diffus reflektierten Röntgen¬ 
strahlen, Kathodenstrahlen und ultraviolettem Licht zu¬ 
sammensetzen und dadurch auch in der Diagnostik bei der 
Photographie störend auf die Platte wirken, wurden solche 
Schutzstoffe .auch bei der Photographie zum Abdecken der 
nicht aufzuneh’menden benachbarten Teile oft angewandt, 
11 m die durch S.-Strahlung entstehenden Schleier von den 






59-2 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 39. 


Platten fernzuhalten. Aber diese ganze Manipulation ist 
umständlich und auch unhandlich, und das Streben ging 
weiter nach Vereinfachung. So entstanden die Blenden¬ 
kästen mit verstellbarer oder auswechselbarer Blenden¬ 
öffnung. Die Röhre wurde ganz oder wenigstens mit der 
fluoreszierenden Hälfte in Kästen getan, die für X-Strahlen 
undurchlässig waren und der Antikathode gegenüber ver¬ 
stellbare Oeffnungen hatten, durch welche die X-Strahlen 
auf die Objekte fallen konnten. Das war schon ein Schritt 
weiter, da hiermit auch Arzt und Personal bis zu einem 
gewissen Grade mitgeschützt wurden und außerdem durch 
Abhaltung der S-Strahlen die Bildschärfe gewann. 

Aber auch diese Blenden kästen waren schwer und un¬ 
handlich und beeinflußten außerdem durch die elektrische 
Ladung der Wände die X-Strahlenbildung. Darum kon¬ 
struierte Gundelach Bleiglasschutzkappen mit Oeff¬ 
nungen für X-Strahlen und Ansatzstücken verschiedener 
Größe und Form, die um die Kugel der Röhre, oder in 
welche die Röhre geschnallt werden konnte. Diese Blei¬ 
glasschutzkappen bewährten sich namentlich in der The¬ 
rapie recht gut. 

Doch die Technik arbeitete weiter und so entstanden 
eine große Anzahl von Blenden aller Art, teils vertikal, 
teils horizontal, die einmal als Schulz für Arzt und Objekt, 
dann aber auch gegen die S-Strahlen verwendet wurden. 
Die einzelnen Konstruktionen aufzuzählen, erübrigt sich, 
alle hatten ihre Vorzüge und Nachteile und ein neues In¬ 
strumentarium beengte den oft an sich schon knappen Raum 
des Röntgenzimmers. 

Da erschien etwa 19U7, durch Holzknecht angeregt, 
ein neues sehr handliches Instrumentarienstück auf dem 
Markte, das Trochoskop, das in der D es s a u e r sehen Aus¬ 
führung damals das vollendetste seiner Art war. Unter 
einem rechteckigen Tischgestell ohne Platte befand sich ein 
.Wagen, der auf Schienen, laufend, in der Längs- und Quer¬ 
richtung leicht verschieblich war und die Röntgenröhre ent¬ 
hielt. Der Wagen war absolut X-Strahlen sicher, durch 
seine Ausdehnung und durch Nebeneinrichtungen so be¬ 
schaffen, daß die X-Strahlenbildung durch die elektrische 
Ladung der Wände des Kastens unbeeinflußt blieb, und 
hatte oben eine Irisblende, die während der Durchleuchtung 
oder' Photographie beliebig verstellt werden konnte. Ein 
am Wagen selbst befindlicher Arm hielt während der Unter¬ 
suchung den Leuchtschirm und konnte auch die Kassette 
für die photographische Platte halten, so daß man in der 
Lage war, während der photographischen Aufnahme mit 
dem Schirm die Röhre zu überwachen. Auch war für die 
später noch-zu besprechende Orthodiagraphie ein Arm vor¬ 
gesehen. Ein im Trochoskopkasten (Wagen) angebrachtes 
Bleiglasfenster ermöglichte außerdem die direkte Beobach- 
tung der Röhre. Auf dem Tischrahmen befand sich eine 
Trage, auf der das Objekt direkt vom Krankenbett zur Unter¬ 
suchung gebracht werden konnte, ohne weiter umgelagert 
werden zu müssen. Diese Trage war zimi Ueberfluß selbst 
noch seitlich und in gewissen Grenzen auch in der Längs¬ 
richtung verschieblich. Durch einfache Holzbretter, die über 
die Trage gelegt werden konnten, wurde aus ihr der ge¬ 
wöhnliche Untersucht!,ngs tisch. 

Das Instrumentarium ersetzte also den Untersuchungs¬ 
tisch, schützte Arzt und Personal, war handlich und für 
Schwerkranke, die ans dem Bett zum Röntgenzimmer geholt 
werden mußten, so human als überhaupt denkbar. Aber es 
ließ nur die Untersuchung und Aufnahmen im Liegen zu, 
und oft ist es notwendig, gerade im Stehen Durchleuch¬ 
tungen, orthodiagraphisehe Herzzeichnungen und -Auf¬ 
nahmen zu machen. Hierzu waren also immer noch die 
verschiedenen Konstruktionen der vertikalen Blenden not¬ 
wendig. 

Auch diese Aufgabe ist. von der fortschreitenden 
Technik gelöst worden. Das Klinoskop der Veifawerke in 
Aschaffenburg ist. gleichzeitig ein Trochoskop und eine Ver¬ 
tikalblende mit allen Nebeneinrichtungen. Die genaue Be¬ 
schreibung dieses Apparates mit erläuternden Bildern findet 
sich im „Archiv für'physikalische Medizin und medizinische 
Technik, Band V, Heft 1“. Ich will hieraus nur nach¬ 
stehendes entnehmen: 

„1. Das Klinoskop gewährleistet die Durchleuchtung 
des ganzen Körpers mit Iris- und Schlitzblende im Stehen, 
Liegen oder Sitzen, in allen Richtungen (dorsoventral, ven- 
trodorsal und schräg). 

2. Hierbei Verstellung der zentrierten Röhre während 


der Bildbetrachtung nach oben und unten (für Lungen und 
Fremdkörper). 

3. Orthodiagraphie im Liegen, Sitzen und Stehen. Dabei 
kann die Zeichnung auf der Haut, auf einer ZeichenobeJie 
oder auch gleichzeitig auf Haut und Zeichenebene erfolgen 
(Mehrfachorthodiagraphie). 

4. Aufnahme des liegenden Körpers mit Iris- oder 
Schlitzblende von unten nach oben. Es kann dabei das 
aufzunehmende Gebiet, genau herausgeblendet und die Auf¬ 
nahme selbst unter Leuchtschirmkontrolle vorgenommen 
werden. 

6. Aufnahme des liegenden Körpers mit Irisblende oder 
Kompression von oben nach unten. 

6. Aufnahme dos liegenden Körpers mit Kompressions- 
blendc von oben nach unten.“ 

Wir haben sonnt ein Inventarieustück für das Röntgen¬ 
zimmer, welches einmal als Untersuchungsfisch fungiert, 
sodann alle Anforderungen an photographische Aufnahmen 
und Durchleuchtungen in allen Stellungen und Lagen in 
den verschiedenen Richtungen erfüllt, Orthodiagraphie zu¬ 
läßt, Blenden- und Kompressionsvorrichtungen hat und end¬ 
lich Arzt und Personal Schutz vor X-Strahlen gewährt. Dabei 
ist es handlich und leicht transportabel, da es auf Rollen 
läuft; durch dieses eine Stück wird ein ganzes: Arsenal 
anderer Apparate unnötig, die bisher das Röntgenzimmer 
füllten und später noch besprochen werden sollen. 

Bei der Betrachtung der Schutzmaßnahmen gegen 
Röntgenschädigungen dürfen wir einige wichtige Punkte 
nicht vergessen. Heutigentags sind ja auch bei Aerzten und 
Personal dank der fortgeschrittenen Erkenntnis der Gefahr 
und damit dem Ausbau der Schutzvorrichtungen, Röntgen¬ 
schädigungen immer seltener zu verzeichnen. Aber jeder 
hat nicht die Mittel, sich teuere Schutzapparate anzu¬ 
schaffen, daher darf man einige wichtige Gesichtspunkte 
nicht aus dem Auge verlieren. 

Zunächst soll das Schaltbrett oder der Tisch, so bald 
sie nicht vom Arzte selbst bedient werden müssen, möglichst 
weit vom Orte der Durchleuchtung entfernt sein und 
zwischen ihnen und der nach Möglichkeit in abgewandter 
Richtung leuchtenden Röhre, soll ein fahrbarer ein- oder 
mehrteiliger Schutzschirm mit Bleiglasfenster sich befinden. 
Durch das Fenster läßt die Röhre sich beobachten. 

Außerdem sind Schürzen, Handschuhe, Bleiglasbrillen 
konstruiert worden, um als Schutz zu dienen. Sie er¬ 
schweren aber das Arbeiten und erschrecken leicht den 
Patienten, der ohnehin schon Schaudermärchen von don 
X-Strahlen gehört, hat. Als Regel merke man sich, daß 
bei allen Durchleuchtungen immer zwischen Röhre und 
Arzt der Kranke sein muß, der sozusagen als Filter dient, 
damit wird schon ein großer Teil der Gefahr beseitigt. Ferner 
nehme man zur Prüfung der Röhre niemals die eigene, 
sondern stets die Hand des Patienten, dem dadurch kein 
Schaden entstellt, während beim Arzt leicht durch die kumu¬ 
lative Wirkung der X-Strahlen Dermatitiden auftreten. 

Endlich muß der Leuchtschirm mit Bleiglas bedeckt 
sein, das für X-Strahlen undurchgängig ist, und muß zwei 
Halter haben, die mit Schutzvorrichtung für die Hände ver¬ 
sehen sein müssen. Ist der Betrieb dann kein zu großer, 
so ist die Gefahr der Röntgenschädigung für den Arzt auch 
gering. Wer natürlich die Mittel hat, der schaffe sich ein 
Klinoskop an, dann kann er Seliutzwand und Schürze, Hand¬ 
schuh und Brille entbehren und braucht auch nicht zum 
Abdecken der nicht zu beleuchtenden Teile ides Objektes 
unzählige Schützstoffe. 

Es erübrigt noch eine kurze Betrachtung einiger Neben¬ 
apparate. Zunächst braucht man zur Durchleuchtung den 
Bariumplatincyanürschirm, der die Eigenschaft hat, durch 
X-Strahlen in Fluoreszenz zu geraten. Sein Korn muß mög¬ 
lichst fein sein. Die Farbe des neuen Schirmes ist grün¬ 
lich, verfärbt sich aber allmählich gelblich. Durch diffuses 
Tageslicht regeneriert sich das Korn; der Schirm muß staub¬ 
frei aufbewahrt werden. 

Zur raschen Orientierung über die Härte der Röhre 
ist das Kryptoskop konstruiert. Es ist ein kleiner trans¬ 
portabler Kasten mit zwei Oeffnungen für die Augen und 
einem Leuchtschirm als Boden. 

Zum Halten der Röhre dienen Stative, die als Wand¬ 
arme oder auf Rollen fahrbar sind, und deren Arm nach 
allen Richtungen hin beweglich sein muß. Die verschie¬ 
denen Blendenkonstruktionen und .das Klinoskop bedürfen 
keines Extrastativs. 




Ko. 39. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


593 


Die Kabel vom Induktorium zur Röhre müssen stark 
und absolut gesichert sein, damit sie nicht durchschlagen 
werden. Wenn in einem verdunkelten Röntgenzimmer von 
den Kabeln elektrische Erscheinungen ausgehen, so ist das 
Kabel meist nicht mehr brauchbar. 

Untersuchungstische sind als einfache Holztische und 
als zwei-, drei- und mehrteilige Tische zum Verstellen kon¬ 
struiert worden. Oft ist am Untersuchungstisch selbst der 
Röhrenhalter verschieblich angebracht. Auch Nebenapparate, 
wie z. B. die A1 b er s- S ch ön b er g sehe Kompressions¬ 
blende, sind oft. fahrbar am Tisch selbst befestigt. 

Ein 'wertvoller Apparat ist der H o 1 z knech tsehe 
Untersuchungsstuhl, speziell für Aufnahmen des Kopfes, 
Halses und der Schultern. Die einzelnen Teile sind ver¬ 
stellbar. 

Zur festen Lagerung der aufzunehmenden Teile gehören 
in das Röntgenzimmer eine Anzahl von Sandsäcken und 
Binden. 

Röhren werden ,am besten in eigens dafür gebauten 
Schränken aufgehoben. Die einzelnen Röhren sind am 
Halse mittels aufgeklebten Papierschildchens zu nume¬ 
rieren und ihre Härte, sowie die besten Betriebsbedingungen, 
in einem dafür angelegten Buche fortlaufend zu registrieren. 
Man arbeite immer mit mindestens 5 Röhren, die ver¬ 
schieden hart sind und allmählich durch den Gebrauch in 
eine höhere Härtestufe gelangen, bis die härteste unbrauch¬ 
bar wird, während die neu anzuschaffende weiche Röhre für 
den Gebrauch unten einrangiert wird. 

Zur Registrierung der ßeliehtungszeit werden oft eigens 
konstruierte Uhren gebraucht, die auf den ersten Druck 
auf eine Feder anspringen, auf den zweiten stehen. Sie 
sind im allgemeinen überflüssig. Dagegen ist für die 
Therapie ein elektrischer Wecker unerläßlich, der nach einer 
eingestellten Zeit selbsttätig die Stromzufuhr ausschaltet und 
so den Röntgenapparat abstellt. (Gocht.) 

Eine Anzahl von Konstruktionen beschäftigt, sich mit der 
Darstellung der Härte der Röhren. Am bekanntesten ist die 
Benoislskala, die das Röntgenlicht noch nach Passage einer 
Treppe von Platinfolium auf den Leuchtschirm gehen läßt. 
Die Stufe, welche den Schirm gerade noch aufleuten läßt, 
stellt dann den Härtegrad der Röhre dar. Auch dieser 
Apparat ist. zwar sehr empfehlenswert, aber nicht unbedingt 
notwendig und wird durch die Durchleuchtung der Hand, 
des Objektes hinreichend ersetzt. 

Wir haben schon einmal erwähnt, daß beim Durchgang 
von X-Strahlen durch den menschlichen Körper in dein 
verschiedenen Geweben von verschiedener Dichte sich 
S-Strahlen entwickeln, die auf die photographische Platte ver¬ 
schleiernd wirken. Je härter dabei die Röhre und je fett- 
und blutreicher die zu durchleuchtenden Organe sind, um 
so mehr S-Strahlen treten hindernd auf. Aus diesem Ge¬ 
sichtspunkte heraus konstruierte Albers-Schönberg 
seine Kompressionsblende, deren nach verschiedenen Rich¬ 
tungen hin beweglicher Tubus die Weichteile des mensch¬ 
lichen Körpers, besonders bei Aufnahmen von Nieren-, 
Blasen- und Gallensteinen, zusammendrückte. Auf diese 
Weise erhielt er Aufnahmen von besonderer Schönheit und 
alle später konstruierten Kompressionsblenden beruhten auf 
demselben Prinzip, und sind daher nur als eventuell hand¬ 
lichere und konstruktiv verbesserte Nachahmungen zu be¬ 
zeichnen. Von großer Wichtigkeit sind dabei auch die ver¬ 
schiedenen lichtdurchlässigen Teile in Form von Iris-, 
Schlitz- und Stäbchenblenden, die heutigentags auf der Höhe 
und für gutes Arbeiten unerläßlich sind. 

Von ganz eminenter Bedeutung ist dann der Orthodia- 
graph, der von Moritz eingeführt wurde. Das zu lösende 
Problem bestand darin, stets mit. demselben Röntgenstrahl 
den Rand eines Körpers zu treffen und mittels einer Schreib¬ 
vorrichtung aufzuzeichnen. Zu diesem Zwecke wurde die 
Röntgenröhre und der Durchleuchtungsschirm derartig mit¬ 
einander verbunden, daß einmal zwischen beiden der 
menschliche Körper eingeschoben werden konnte und 
zweitens stets derselbe Strahl von der .Antikathode senk¬ 
recht auf einen bestimmten Punkt des Schirmes fiel. Dieser 
Punkt war durch eine kleine Bleistiftspitze markiert. Fielen 
also der Rand des zu durchleuchtenden Körpers (z. B. Herz) 
und die Bleistiftspitze auf dem Leuchtschirm zusammen, 
so wurde durch einen besonderen Mechanismus, meist pneu¬ 
matisch, der Stift auf die Körperhaut, oder eine zwischen 
Körper und Stift angebrachte Schreibfläche geschnellt, und 
durch einen Punkt markiert. In steter Folge wurden andere 


Punkte aufgezeichnet und das Endresultat ergab dann die. 
wirkliche Größe des betreffenden Organs in Parallel¬ 
projektion. 

Die vielen folgenden Konstruktionen beruhten alle auf 
demselben Prinzip, es entstanden Apparate zur Orthodia¬ 
graphie im Stehen, Sitzen und Liegen und Universalapparate 
für jede Stellung bezw. Lagerung. Mit am bekanntesten ist 
der Orthodiagraph von Levy-Dorn. Im weiteren Verlauf 
würden dann die Orthodiagraphen mehr und mehr mit der 
Blende kombiniert, was einmal genaueres Zeichnen ermög¬ 
lichte, zum andern den Arzt schützte. Das vollendetste 
Instrumentarium dieser Art ist jetzt das Klinoskop der Veifa- 
werke, das in neu einzurichtenden Anstalten niemals fehlen 
sollte. 

Zur Bestimmung der Lage von Fremdkörpern, sowie 
überhaupt zur Orientierung, erwiesen sich stereoskopische 
Aufnahmen als nutzbringend. Die Plastik erreichte dabei 
oft einen nicht geahnten Grad von Schönheit. 

In den letzten Jahren wurden dann mehrfach Tischchen 
konstruiert, an denen unter Leitung dos Auges durch den 
Röntgenschirm Fremdkörper entfernt werden konnten. Die 
Apparate sind teuer und stehen wohl kaum im Verhältnis 
zu ihrem Nutzen, sind jedenfalls nur in großen Instituten 
zu finden. 

Wichtiger, ja meines Erachtens unerläßlich, sind Licht¬ 
kästen zur Betrachtung der fertigen Platten. Nur mit ihnen 
lassen sich alle Feinheiten des Negativs wirklich erkennen 
und deuten. Sie sollten in keinem Röntgeninstitut fehlen. 

Zum Aufbewahren der fertigen Platten sind in größeren 
Instituten Schränke notwendig, in denen die Platten in den 
Originalpappschachteln mit von außen ablesbarer Signatur 
(Zahlen von — bis) aufziüieben sind. Alsdann ist das 
Wiederfinden einer Platte ohne Zeitverlust leicht. 

Endlich müssen wir unser Augenmerk noch auf die 
Photographie richten. Was zunächst die Platten anbetrifft, 
die möglichst lichtempfindlich sein müssen, so haben sich 
mir die Schleussnerplatten bisher am besten bewährt. Man 
beziehe sie stets frisch in Einzelpackungen mit dem Datum 
der Packung versehen. Um zu sparen, halte man sich nicht, 
nur die ganzen Plattengrößen 9:12, 13:18, 18:24 usvv., 
sondern auch die halben 9:6, 13:9, 18:12 usw. Die 
Fabriken liefern auf Wunsch auch diese ohne Preisaufschlag. 

Zur Entwicklung braucht man, um ökonomisch zu wirt¬ 
schaften, eine ganze Reihe von Entwicklungsschalen der 
verschiedenen Größen, während eine Schale des größten 
Formats mit Holzdeckel für Fixierlösung ausreichend ist. 
Das Fixierbad lasse man, so lange es brauchbar ist, zu¬ 
gedeckt im Entwicklungsraum stehen, wenn der Platz es 
gestattet, während der Entwickler jedesmal nach der Arbeit 
filtriert, in die Aufbewahrungsflascke zurückzugeben ist. Das 
nächste Mal wird dann dieser schon gebrauchte Entwickler 
wieder neu filtriert und eventuell mit etwas frischem Ent: 
Wickler verstärkt in Gebrauch genommen. 

Im übrigen sind für die Entwicklung der Platten und für 
das Kopieren, die gewöhnlichen Regeln der Photographie 
und ihre Einrichtungen maßgebend und notwendig. 

Die X-Strahlen haben ihren Siegeszug durch die ganze 
Welt gehalten, und heute gibt, es kaum noch ein Krankenhaus 
oder eine größere Privatanstalt ohne Röntgenapparate. So 
ist es nicht verwunderlich und dankbar anzuerkennen, daß 
das Militfirsanitätswesen auch für die Feldlazarette Vor¬ 
kehrungen getroffen hat, diese Segnungen der Wissenschaft 
stets zur Hand zu haben. In Form der Feldrüntgenwageu 
sind auch die größeren Verbandplätze im Kriege in der 
Lage, die Untersuchungen des Verwundeten und damit den 
Heilplan an Ort und Stelle wenigstens in beschränktem 
Maße vorzunehmen. 

Das Streben der Marine gehl, nun dahin, auch an Bord 
möglichst ausgedehnt die X-Strahlen nutzbar zu machen. 
Bisher ist nur auf dem Flottenflaggschiff ein Röntgenapparat 
vorhanden, der fest eingebaut ist; in Schrank form ist an 
den Lichtstromkreis von 110 Volt Spannung und 25 Amperes 
Stromstärke das Induktorium mit dreistiftigem Wehnelt- 
Unterbrecher allgeschlossen. Der Apparat arbeitet vorzüg¬ 
lich. Einige Röhren und eine Drosselröhre genügeai dem 
Bedarf. Ein fahrbarer Schutzschirm mit Bleiglasfenster für 
den den Apparat Bedienenden ist vorhanden. Ein Stativ der 
alten Art mit halbem Blendenkasten mit Irisblende gibt 
ebenfalls etwas Schutz. Ein Leuchtschirm mit Bleiglas¬ 
vorlage von 18: 24 cm und ein Kryptoskop, genügen den 
Anforderungen völlig. 





594 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 39. 


Erstrebenswert, wäre eine transportable Einrichtung in 
Form zweier Kisten von 30 40 kg Gewicht, und den für 

Bordzwecke richtigen Dimensionen zum Transport über 
Treppen und durch Luks. Eine solche Einrichtung habe ich 
bei den Veifa-Werken in Aschaffenburg angeregt. Da die 
Stromquelle an Bord überall die gleiche ist, d. h. zwischen 
65 und 110 Volt schwankt, ist die Konstruktion eine leichte 
und wären solche Apparate auch auf dem Gefechtsverband¬ 
platz leicht anschließbar. Die Kosten würden minimal sein, 
da bei dem gegebenen Gewicht die Induktoren klein sein 
müßten, d. h. die Funkenlänge 18—25 cm nicht überschreiten 
dürften. Ich habe mir die Einrichtung so gedacht, daß in 
dem einen Kasten der Induktor und Unterbrecher, in dem 
anderen 3 Röhren, Schirm, der am ersten Kasten zu be¬ 
festigende Stativarni, Kabel und vorne hinter einer zu öff- ! 
nenden Tür das Schaltbrett befindlich wären. Für den 
praktischen Arzt, der ein solches Instrumentarium ebenfalls 
mit seinem Wagen leicht über Land nehmen könnte, wäre 
alsdann noch ein dritter Kasten mit Akkumulatoren not¬ 
wendig. Das Gesamtgewicht würde dem einer erwachsenen 
Person entsprechen. Ein solches Instrumentarium ist. von 
den Veifa-Werken inzwischen selbständig auf den Markt ge¬ 
bracht worden, und für Marinezwecke sehr brauchbar. 

Zusammenfassung. 

1. Zur Erzeugung von Röntgenlicht sind Induktorien von 
18 bis 25 oder 30 cm Funkenlänge mit geteiltem Eisenkern 
am rationellsten. 

2. Bei Motor- und Platinunterbrechern ist. ein Konden¬ 
sator notwendig- von solcher Kapazität, daß der größte vor¬ 
kommende Selbstinduktionsstrom bei Oeffnung des Unter¬ 
brechers aufgenommen werden kann. 

3. Der beste Unterbrecher ist. derjenige, welcher in mög¬ 
lichst rascher Aufeinanderfolge den möglichst starken 
Strom in der Primärrolle langsam zum Höhepunkt ansteigen, 
aber möglichst plötzlich abreißen läßt. 

Demnach ist bei 

a) schwacher primärer Stromquelle (Akkumula¬ 
torenbetrieb). der Peprez-Unterbrecher oder der 
Dessauer sehe Platinunterbrecher am lies! an ver¬ 
wendbar. Die Stromkurve ist ideal; 

b) bei starker primärer .Stromquelle sind Motor- 
und Elektrolyfcunterbrecher am Platze. Die primäre 
Stromkurve ist bei Motorunterbrechern besser als 
bei Elektrolytunterbrechern, dementsprechend die 
Schließungsinduktion bei Motorunterbrechern ge¬ 
ringer als bei Elektrolytunterbrechern. Dagegen ist 
die Zahl der Unterbrechungen bei Elektrolytunter¬ 
brechern größer als bei Motorunterbrechern. 

Der zurzeit beste Motorunterbreche,r ist der De¬ 
viationsunterbrecher von Dessauer, der sogar 
dem Elektrolytunterbrecher vorzuziehen ist, da bei 
genügend hoher Unterbrechungszahl die St.rom- 
kurve fast ideal ist. Dagegen kann der Elektrolyt¬ 
unterbrecher bedeutend stärkere Ströme unter¬ 
brechen, als jeder Motorunterbrecher.- Dies kommt 
bei Intensivstrominduktoren in Betracht.. Elektrolyt¬ 
unterbrecher sind nach Möglichkeit n i c h t. im 
Röntgenzimmer .aufzustellen. Sie bedürfen nur ge¬ 
ringer Wartung. 

4. Schaltbrett oder Schalttisch sind möglichst fern von 
der Röhre, so aufzustellen, daß die Röhre nach Möglich¬ 
keit nicht, zur ßedienungsstelle hinstrahlt und Platz für 
Schutzschirm usw. zwischen Röhre und Schaltstelle vor¬ 
handen ist. 

5. Am Schaltbreit m u ß ein Amperemeter für den Primär¬ 
strom sein. Unnötig ist im Primärstrom ein Voltmeter, 
wenn wir von einer Zentrale unsern Strom erhalten, dessen 
Spannung wir kennen; n ö t i g bei Akkumulatorenbetrieb oder 
wenn wir durch einen Motor unsern Strom selbst erzeugen. 

Am Schaltbrett muß eine einfache oder doppelte Siche¬ 
rung sein, um das Induktorium vor Ueherlastung zu be¬ 
wahren. 

Sehr angenehm ist ein Stromwender und eine elektrische 
Lampe, die beim Einschalten des Primärstroms erlischt. 


6. Bei Akkumulatorenbetrieb begnüge man sich mit 
Batterien von 8 Amperes Entlade-Stromstärke und 40 Volt 
Spannung, bei zirka 40 Amperestunden Kapazität, weil sie 
die größte Lebensdauer bei mittlerem Betrieb gewährleisten. 
Zur Füllung ist, wo keine Starkstromleitung zur Verfügung 
steht, ein ,an eine Wasserleitung angeschlossener Turbinen-, 
motor empfehlenswert. 

7. Bei Gleichstrom von mehr als 110 Volt Spannung 
schließe man die Primärspule mit Unterbrecher an eine 
Nelzabzweigung von höchstens HO Volt Spannung an, da 
bei größerer Spannung die Selbstinduktion schwer unschäd¬ 
lich zu machen ist. 

8. Wechselstrom ist. für Röntgenzwecke zwar brauchbar 
und die entsprechenden Apparate technisch gut. durch¬ 
gebildet. Aber alle bedürfen besonders sachverständiger 
Aufsicht und sind sehr empfindlich und teuer. 

9. Intensivstrominduktoron ermöglichen eine Aufnahme 
bei */, 5 o l /120 Sekunde Belichtungszeit, und sind nament¬ 
lich für Herz- und Bewegungsau fnahinen (Eykmann 
Schlingakt) von größtem Nutzen. 

10. Beim ftöhrenlqruf für diagnostische Zwecke, achte 
man auf die gute Zentrierung der Röhre, die Wärmeauf¬ 
nahmefähigkeit der Antikathode und die Regenerierfähigkeit. 
Röhren mit großem Volumen haben eine längere Lebens¬ 
dauer, als solche mit kleinem. Für therapeutische Zwecke 
fällt die Forderung der Zentrierung fort, dagegen wird eine 
möglichste Konstanz des Vakuums und damit der S-Slrahlen- 
qualität notwendig. 

11. Zur Abhaltung der die Röhren schädigenden 
Schließungsinduktion dienen Funkenstrecken nach Rei¬ 
niger, Gebbert und Schall, Funkenventile nach 
Dessauer und Drosselröhren nach Gundelach u. a. 

12. Für die Therapie unbedingt notwendig sind 
Dosimeter. Die subjektive Methode durch Vergleich der 
Farbenveränderung eines Reagenzkörpers, wird am besten 
durch das Chromoradiometer von Sabourau d dar'gestelll, 
während objektiv das Quantimeter von K i e nb ö c k für die 
Quantität, das Radiosklerometer nach Villard für die 
Qualität die besten Instrumente sind. 

13. Von den zum Schutze für Arzt und Personal kon¬ 
struierten Vorrichtungen ist das Klinoskop der Veifa-Werke 
bei weitem das wertvollste Instrumentarium, da es gleich¬ 
zeitig Untersuchungstisch und Schutzwand für Aufnahme 
und Durchleuchtung im Sitzen, Stehen und Liegen ist, durch 
Blendenvorrichtungen und Kompressionsapparat exaktes Ar¬ 
beiten ermöglicht und alle Vorrichtungen für Orthodiagraphie 
besitzt. Der Preis ist 860 M. mit allem Zubehör. 

Wo dies Instrumentarium fehlt, sind unbedingt Schulz¬ 
schirm, Blendenkästen oder Vertikal- und- Horizontal blenden 
zum Schutze des Arztes und Personals -nötig. Außerdem 
dar! in keinem größeren Krankenhaus eine Kompressions¬ 
blende und ein Orthodiagraph fehlen. 

Bei Neuanschaffungen ist bei Ankauf des Klinoskops 
die Preisdifferenz zwischen diesen unbedingt notwendigen 
Apparaten und dem Klinoskop äußerst gering. 

14. Zu Röntgenaufnahmen verwende man nicht nur die 
Plattenformate der Normalgrößen wie 13:18, 18:24 usw., 
sondern auch die halben Platten 13:9, 18:12 usw. Auf 
diese Weise kann viel Geld gespart werden. Zum Entwickeln 
selbst, dagegen halte man Schalen der verschiedensten Nor¬ 
malgrößen vorrätig, um Entwickler zu sparen, während eine 
große Schale für das Fixierbad genügt. 

15. In der Marine sind transportable Rönt.gen- 
apparate erstrebenswert, die unter Anschluß an den Licht¬ 
stromkreis den Gebrauch auf -anderen Schiffen, bezw. dem 
Gefechtsverbandsplatz ermöglichen.. 

Literaturverzeichnis: 

1. Leitfaden des Röntgenverfahrens, 1908. Von Fr. Dessauer 
und Wiesner. 

2. Kompendium der Röntgeuographie, 1905. Von Fr. Dessauer 
und Wiesner. 

3. Röntgentaschenbuch, 1908/1909, Band 1 und 2. Von Prof. 
Ernst Sommer. 

4. Diverse Kataloge der größeren Röntgenfirmen und von da 
stammende Veröffentlichungen. 


Privatdozent Dr. Bodo Spiethoil (Jena): Arsenobenzol bei , sekundären latenten, 10 im tertiären Stadium der Lues, ferner 
Syphilis. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 35.) \ war darunter ein Fall von hereditärer Lues, drei Fälle von 

Verfasser hat das Ehrlich-Hata sehe Präparat bisher Tabes, je ein Fall von perniziöser Anämie und schwerer sekun- 
in etwa 50 Fällen angewendet, und befanden sich sechs ! därer Luesanämie. Die Injektionen wurden stets intramusku- 
Patienten im primären, 16 im sekundären manifesten, 12 im I lär vorgenommen, anfangs in Form der vollständigen Lösung, 



No. 39. 


595 


THERAPEUTISCHE. 

später als Emulsion nach den Vorschriften von Michaelis. 
In bezug auf das rasche Verschwinden der Primäraffekte und 
der Sekundärerscheinungen decken sieh die Erfahrungen des 
Verfassers im wesentlichen mit denen der anderen Beobachter. 
In einem Ealle von schwerem, gangränösem Primäraffekt, der 
das Präputium bis auf Reste zerstört und die Glans in eine 
geschwürige Fläche verwandelt hatte, waren ohne jede Lokal¬ 
therapie nach Sieben Tagen alle Ülcerationen verschwunden 
und durch gute Graiiulatiotieü ersetzt, liach Weiteren acht 
Tageh wär bis auf Reste vollkommene Epithelisierung einge¬ 
treten. Die vöii Verfasser ahgewendete Dosis betrug in den 
meisten Fällen (1,6; iii einer kleineren Anzahl lag sie Zwischen 
0,3 und 0,5. Iii einem Fall von tertiärer Nasenlues (zerfallenes 
Gummi an eiiier Muschel) wär schon am dritten Tage das 
Ulcus überhäutet uhd iiur hoch ein geringes Infiltrat zurück¬ 
geblieben. Eiii Sehr güter Erfolg wurde auch bei einem zwei 
Monate alten hereditäfluetischeii Säugling mit ausgebreiteten 
papulo-pustulösem Syphilid, Infiltration der Lippen, Coryza 
und Osteochondritis an eiheni Oberarm erzielt. Es wurden 
0,02 g intramuskulär injiziert; 12 Tage nach der Injektion 
waren alle Erscheinungen bis äuf eiüeü Rest der Coryza ge¬ 
schwunden, und das Allgemeinbefinden des sehr elenden 
Kindes hatte sich entsprechend gebessert. Was den Einfluß 
der Injektion auf die DrüsensChwellungeü anlangt, so wurde 
im allgemeinen selbst bei einer Beobachtungszeit von drei 
Monaten ein Rückgang derselben nicht beobachtet, in einigen 
Fällen dagegen kam es zu einer ungewöhnlich Schnellen Rück¬ 
bildung einzelner Drüsen. Verfasser versuchte daher einige¬ 
mal einzelne Drüsen durch lokale Injektion von je 0,01 g des 
Präparats zu behandeln; es wurde dabei aber kein Rückgang 
der Drüsenschwellung erzielt. Die Spirochäten verschwanden 
durchschnittlich auf 0,6 nach 24—48 Stunden aus dem Reiz¬ 
serum. Der Einfluß der Injektion auf die W a s s e r jn a n tt sehe 
Reaktion wurde in 15 Fällen über einen Zeitraum voll mehr 
als fünf Wochen verfolgt. In der Mehrzahl der Fälle wurde 
die Reaktion in der sechsten bis achten Woche negativ. Von 
besonderen Erscheinungen nach der Injektion sah Verfasser 
zweimal Exantheme, einmal einen epileptischen Anfall bei 
einem Patienten, der wegen Stupor in der psychiatrischen 
Klinik gewesen war. In einigen Fällen traten transitorische 
Augenstörungen (Amaurose, Flimmerskotom) von sehr kurzer 
Dauer (10 Minuten) auf, ohne ophthalmoskopische Verände¬ 
rung, es waren dies Fälle, bei denen zur Herstellung der 
Lösung noch Methylalkohol verwendet worden war. Ein Fieber 
kurz nach der Injektion sowie ein zweites Fieberstadium, wel¬ 
ches am Ende des zweiten oder Anfang des dritten Tages be¬ 
gann, war in den meisten Fällen zu konstatieren. Einige Male 
bestand auch Tachykardie, wenn die Patienten das Bett zu früh 
verließen. Einmal trat bei einer äußerst unterernährten anämi¬ 
schen 28 jährigen Patientin mit tertiärer Rachenlues, die drei 
Jahre zuvor eine Atoxylkur durchgemacht hatte, etwa 20 Stun¬ 
den nach der Injektion von 0,5 in Lösung plötzlich ohne be¬ 
sondere Erscheinungen der Tod ein. Irgendwelche Arsen¬ 
intoxikationserscheinungen wurden bei der Sektion nicht ge¬ 
funden. In einem Falle von schwerer Luesanämie wurde ein 
durchgreifender Erfolg nicht erzielt, da die Kranke nach einer 
.Reihe von Wochen starb. In einem Fall von perniziöser Anämie 
wurde bedeutende Besserung erreicht. Als kontraindiziert 
sieht Verfasser das Mittel an bei Kranken mit sehr schlechtem 
Ernährungszustand bei gleichzeitig bestehenden schweren nicht 
spezifischen Organveränderungen, besonders der Zirkulations¬ 
organe. 


Dr. Robert Duhot (Brüssel): Unerwartete Resultate bei einem 
hereditär syphilitischen Säugling nach Behandlung der 
Mutter mit „606“. (Münch, med. Wochenschr., 1910, 
No. 35.) 

Der von Verfasser beobachtete Fall entspricht in jeder 
Hinsicht dem kürzlich von. T a e g e veröffentlichten. Eine 
22 jährige Frau mit einer Lues maligna (ausgedehnte Ge¬ 
schwüre im Gesicht), welche schon früher ohne Nutzen mit 
Quecksilber, und Jodkalium behandelt worden war, gebar am 
4. Juli d. J. ein ausgetragenes, 2900 g schweres Kind, bei wel¬ 
chem bald papulöse Effloreszenzen und auf der Fußsohle dicke 
rote Papeln und einzelne Pemphigusbläschen sich zeigten. Bis 
zum 25. Juli nahm das Kind nur um 100 g zu. Am 25. Juli 
wurde der Mutter, da die Geschwüre auf dem Gesicht der 
Mutter beständig Zunahmen, 0,5 g des Ehrlich-Hata sehen 
Präparates in die eine Glutäalgegend und' am folgenden Tage 
0,45 g in die linke Glutäalgegend injiziert. Genau 12 Tage 
nach der Injektion waren die tiefen Ülcerationen im Gesicht 
vernarbt. Bei dem Kind waren schon am dritten Tage die 
Effloreszenzen und Blasen verschwunden, ebenso die Coryza 
und das Kind trank vorzüglich an der Mutterbrust. Die Milch 
der Mutter wurde analysiert, es konnte aber keine Spur Arsen 
nachgewiesen werden. Das Kind gedieh weiter gut und hatte 
schon nach drei Wochen um 1200 g zugenommen. R. L. 


RUNDSCHAU 1910. 


Frau P. Wolfensohn-Kriss (Odessa): Ueber den Blutdruck im 
Kimlesaltcr. Medizinische Poliklinik der Universität Bern; 
Prof. Sahli. (Archiv für Kinderheilkunde, Bd. 53, S. 333.) 

Während über Blutdruckmessungen bei krankhaften Zu¬ 
ständen zahlreiche Angaben vorliegen, fehlen solche bei ge¬ 
sunden Kindern fast völlig. Deshalb hat die Verfasserin Be¬ 
obachtungen an 35Q gesunden Kindern nach der Methode 
Riva-Rocci und nach der Basch sehen Methode mit den 
von Sahli abgeänderten Apparaten angestellt und folgendes 
gefunden: Der Blutdruck steigt mit zunehmendem Alter der 
Kinder, mit zunehmender Körperlänge und Körpergewicht. 
Bei gleichem Alter, aber Verschiedenheit des Körpergewichts 
oder der Körperlänge ist auch der Blutdruck verschieden. Bei 
gleichaltrigen Kindern ist hinsichtlich des Geschlechtes kein 
wesentlicher Unterschied festzustellen. Schließlich ist bei 
gleich großen und gleich schweren Kindern verschiedenen Ge¬ 
schlechtes der Blutdruck fast gleich. 

Dr. L. Pollak: Ein Beitrag zur Kenntnis der Myatonia congenita. 

Aus der Säuglingsabteilung der deutschen Universitäts¬ 
poliklinik in Prag, Prof. Dr. R. Fischt. (Archiv für 
Kinderheilkunde, Bd. 53.) 

Der mitgeteilte Fall betrifft einen vier Monate alten Säug¬ 
ling. Er bietet besonderes Interesse dadurch, daß neben der 
Lähmung sämtlicher vom Rückenmark innervierter Muskeln 
mit Ausnahme des Zwerchfells die Facialis- und Hypoglossus- 
muskulatur ergriffen war. Differentialdiagnostisch kommen nur 
die Poliomyelitis anterior und der Hof f mann-We rdnig- 
sche Typhus der spinalen progressiven Muskelatrophie in Be¬ 
tracht. — Vom klinischen Standpunkt hat man einen kausalen 
Zusammenhang zwischen Myatonie und Funktion einer Drüse 
mit innerer Sekretion (Rothmann,Zanetti,Silvestri) 
hersteilen wollen. Im vorliegenden Falle waren keine Schild¬ 
drüsen zu fühlen, aber auch keinerlei Ausfallssymptome vor¬ 
handen. Das Kind ist mit sieben Monaten gestorben und es 
fand siel) neben einer normalen Schilddrüse eine zu große 
Thymus. Der histologische Befund des Zentralnervensystems 
und des Muskelapparates wird später veröffentlicht. 

Privatdozent Dr. E. Kartze (St. Petersburg): Ueber Akro- 
asphyxie im Kimlesalter. (Archiv für Kinderheilkunde, 
Bd. 53, II. 4—6.) 

Akroasphyxie bedeutet Asphyxie der Extremitätenenden 
und ist charakterisiert durch eine allmählich sich entwickelnde 
Asphyxie der peripheren Teile der Extremitäten. Von der bei 
Raynaud scher Krankheit auftretenden Asphyxie unter¬ 
scheidet sich jene Form dadurch, daß sie sicli allmählich und 
ohne ausgesprochene Anfälle herausbildet. Außer der Asphyxie 
zeigen bei der in Rede stehenden Krankheit die Extremitäten¬ 
enden gewöhnlich noch andere Symptome, Veränderungen der 
Sensibilität oder erhebliche trophische Störungen; in manchen 
Fällen bestehen noch andere, mehr allgemein nervöse Krank¬ 
heiten. Nach Cassiirer bezeichnet man die Fälle mit 
Hypästhesie als Aerocyanosis chronica anästhetica oder Acro- 
asphyxia liypaesthetica, zum Unterschied von der Acroasphyxia 
hypertrophica, die neben der Asphyxie noch erhebliche trophi¬ 
sche Störungen zeigt, die, im wesentlichen die Weichteile be¬ 
treffend, zu einer Hypertrophie dieser führen. Diese Fälle er¬ 
innern an Akromegalie. — Die Akroasphyxie ist wenig beob¬ 
achtet worden. Für das Kindesalter hat der Verfasser nur 
zwei Fälle finden können, denen er vier eigene Beobachtungen 
anfügt. Das Hauptinteresse dieser Fälle besteht in der Ver¬ 
änderung des Blutdruckes und der galvanischen Erregbarkeit 
der Nerven. Letztere ist erhöht und bietet die charakteristischen 
Erscheinungen der Tetanie, die aber sicher auszuschließen ist. 
Therapeutisch ist Bettruhe zu empfehlen, daneben die Mittel, 
die erfahrungsgemäß die Blutzirkulation fördern und den Blut¬ 
zufluß zur Haut steigern, ferner roborierende Diät. R. 

Dr. Luigi Viganö (Mailand): Spezifizität der Meiostagmin- 
reaktion hei Typhus. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 32.) 

Die von Astoii angegebene Meiostagminreaktion be¬ 
steht bekanntlich darin, die Aenderung der Oberflächen¬ 
spannung von Patieutensera beim Zusammenbringen mit be¬ 
stimmten Antigenen zu ermitteln. Die Aenderung der Ober¬ 
flächenspannung wird durch Bestimmung der Tropfeuzellen 
im Traub eschen Stalagmometer bestimmt. Der Verfasser 
führte derartige Bestimmungen für den Abdominaltyphus aus 
und kommt zu folgenden Ergebnissen: 

1. Bei entsprechender Prüfung von Typhuspatientenserum 
durch Zusammenbringen desselben mit Typhusantigen lassen 
sich in demselben spezifische Meiostagmine nachweisen, deren 
Vorhandensein durch eine deutliche Veränderung der Ober¬ 
flächenspannung zum Ausdruck kommt. 

2. Bei vergleichenden Untersuchungen mit Paratyphus A 
und B erweist sich die. Reaktion für Typhus spezifisch, d. h. 
ein Typhusserum, das bei der W i d a 1 sehen Probe Aggluti- 



596 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 39. 


nierungsvermögen gegen Typhus, nicht aber gegen Paratyphus 
besitzt, enthält gleichfalls spezifische Meiostagmine ausschlie߬ 
lich gegen Typhusbacillenextrakt und nicht gegen Antigene 
des Paratyphus A und B. 

Dr. L. Jacob (Straßburg): lieber die Behandlung des Typhus 
mit Pyramidon, (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 33.) 

Verfasser berichtet über die Erfahrungen, welche in der 
Straßburger medizinischen Klinik mit der Anwendung des 
Pyramidons als Autipyreticum beim Typhus gemacht wurden. 
Das Pyramidon wurde schon 1903 von Valentini beim 
Typhus zur Anwendung empfohlen, es scheint aber bisher in j 
der Praxis diese Empfehlung ziemlich unbeachtet geblieben zu I 
sein. — Es wurde in folgender Weise vorgegangen: Zunächst I 
wurde der Kranke ein oder mehrere Tage unbeeinflußt beob¬ 
achtet, um über die Schwere des Falles ein möglichst klares 
Bild zu bekommen. Ist die Temperatur stärker erhöht (39" 
oder mehr rektal), bestehen deutliche subjektive Beschwerden, 
wie Kopfschmerzen, schweres Krankheitsgefühl oder Somno¬ 
lenz, Delirien, Unruhe, so erhält der Kranke unter genauer Be¬ 
obachtung von Temperatur und Puls zweistündlich 0,1—0,15 g 
Pyramidon, gewöhnlich von sechs Uhr morgens bis 12 Uhr 
nachts; das Pyramidon wird in Lösung gegeben: Pyramidon 2, 
Sirupi simpl. 20, Aq. destill. ad 200. In der Mehrzahl der 
Fälle fällt das Fieber bei dieser Darreichungsweise des Pyra¬ 
midons' um eine oder mehrere Grade und zeigt weiterhin einen 
ganz milden Verlauf oder bleibt völlig aus, wenn man mit der 
Darreichung des Pyramidons entsprechend lange fortfährt. Es 
kommt nicht darauf an, das Fieber völlig zu beseitigen, sondern 
das Pyramidon soll nur die schweren Allgemeinerscheinungen, 
den Status typhosus beseitigen, und das gelingt fast immer mit 
den kleinen Dosen. Die Somnolenz, die Unruhe, die Kopf¬ 
schmerzen, das schwere Krankheitsgefühl verschwinden in 
kurzer Zeit; viele Kranke werden ganz beschwerdefrei, nehmen 
ohne Schwierigkeit Nahrung zu sich und sind leicht rein zu 
halten. Die reichlichere Nahrungsaufnahme verhindert den 
allzu starken Kräfteverfall, so daß die Patienten sich auch 
Komplikationen gegenüber widerstandsfähiger erweisen. Das 
Pyramidon wurde in dieser Weise einige Wochen hindurch ge¬ 
geben, 10—35 Tage hintereinander, meist gegen 20 Tage. Unter 
Pyramidongebrauch sinkt das Fieber um ein oder mehrere 
Grade ab, um sich dann auf einer mittleren, im einzelnen Fall 
höheren oder tieferen Lage zu halten. An dem allmählichen 
Absinken der Temperatur zur Norm erkennt man, daß die 
Fieberperiode sich ihrem Ende nähert. Man läßt dann den 
Kranken versuchsweise einen Tag ganz ohne Pyramidon, um 
sich zu vergewissern, ob noch Fieber besteht. Ist dies der 
Fall, so kann man das Pyramidon eventuell in kleineren Dosen 
weiter geben, bis nach einigen Tagen ein neuer Versuch zeigt, 
daß der Kranke auch ohne das Mittel fieberfrei bleibt. Man 
kann auch ohne Bedenken das Pyramidon schon fortlassen, ehe 
völlig normale Temperatur erreicht ist. Schädliche oder un¬ 
angenehme Nebenwirkungen wurden in keinem Falle beob¬ 
achtet. Auch wenn Blutungen auftraten, ‘wurde meist das 
Pyramidon weitergegeben. Nur wenn infolge einer Blutung 
starker Abfall der Temperatur und höhere Pulsfreqenz auf¬ 
trat, wurde das Mittel ausgesetzt. Die Kranken, welche regel¬ 
mäßig Pyramidon erhielten, wurden nicht gebadet; von ein¬ 
fachen hydriatrischen Maßnahmen (kühle Teil- und Ganz¬ 
waschungen, Prießnitzsche Umschläge) wurde dagegen viel¬ 
fach Gebrauch gemacht. Es wurden im ganzen 80 mittelschwere 
und schwere Typhusfälle in dieser Weise mit Pyramidon be¬ 
handelt, von diesen starben 8 (— 10 pCt.) und zwar vier an 
Darmblutung, zwei an diffuser Peritonitis, je einer an Herz¬ 
schwäche und zirkumskripter Peritonitis und an croupöser 
Pneumonie. Im Vergleich zu der sonstigen Mortalität ist dieses 
Ergebnis günstig zu nennen. 

Dr. H. Engel (Helonau-Nauheim): Zur Entfieberung Tuber¬ 
kulöser durch Kochsches Alttuberkulin. (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 33.) 

Noch vor wenigen Jahren galt es als unbedingtes Gesetz 
der Vorsicht, keine fiebernden Tuberkulösen mit Tuberkulin 
zu behandeln. Gerade für Alttuberkulin wurde noch bis vor 
kurzem Fieberlosigkeit als Bedingung beibehalten. Erst ganz 
neuerdings wird von einer ganzen Zahl von Tuberkulinthera- 
peuten diese absolute Einschränkung fallen gelassen und gleich¬ 
falls über Entfieberungserfolge durch Anwendung des Alttuber¬ 
kulins berichtet. Auch Verfasser hatte Gelegenheit, derartige 
Fälle zu beobachten. Er berichtet in der vorliegenden Mit¬ 
teilung über drei Fälle eklatanter Entfieberung bei fiebernden 
Tuberkulösen durch Alttuberkulin. In zwei Fällen, bei einem 
Perser resp. Aegypter, wurde eine systematische Tuberkulin¬ 
kur durchgeführt (von Viooo resp. 'hmm mg beginnend bis auf 
'/io mg bezw. 0,5 Tuberkulin), wodurch Entfieberung und er¬ 
heblicher Rückgang der tuberkulösen Symptome, Steigerung 
des Körpergewichts herbeigeführt wurde. Im dritten Falle, 
bei einem Deutschen, wurde ein subfebriler Zustand, der nach 


früheren Tuberkulininjektionen entstanden wrnr, durch eine 
einmalige Injektion von ‘/nmo mg A.-T. beseitigt. Es bestand 
hier ausgesprochene Anaphylaxie. 

Dr. Antonio Gasharrini (Pavia): Die Meiostagminreaktion bei 
der experimentellen Tuberkulose. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 32.) 

Der Verfasser stellte Untersuchungen über das Verhalten 
der Meiostagminreaktion bei der experimentellen Tuberkulose 
an und erhielt folgende Resultate: Das Blutserum gesunder 
Meerschweinchen und Kaninchen reagiert nicht spezifisch mit 
Typus humanus, bovinus und Geflügeltuberkuloseantigen; die 
Ausschläge übertreffen kaum jene, die man bei Zusatz von 
Kochsalzlösung anstatt Antigenemulsion zu denselben Seris 
erhält. Nach der Infektion ist das Blutserum dieser Tiere 
gegenüber dem homologen Antigen (nämlich entweder gegen¬ 
über dem Typus humanus oder bovinus oder Geflügeltuber¬ 
kuloseantigen) meiostagminpositiv. Die absolute Größe der 
Ausschläge ist nicht groß, relativ aber betragen diese Aus¬ 
schläge Multipla der Fehlergrenzen; der positive Ausfall der 
Reaktion fand in jedem Falle statt. Weitere Versuche er¬ 
gaben, daß die Einspritzung von Antigen im tierischen Orga¬ 
nismus ebenfalls das Auftreten streng spezifischer Meiostag¬ 
mine veranlaßt. — Demnach besitzt man in der Meiostagmin¬ 
reaktion ein Mittel, um einerseits Tuberkulosekulturen, Typus 
humanus und bovinus voneinander zu unterscheiden, anderer¬ 
seits den eine Infektion bedingenden Tuberkulosetypus durch 
Untersuchung des Blutserums auf spezifische Meiostagmine zu 
erkennen. 

Dr. Martin Haudek (Wien): Zur röntgenologischen Diagnose der 
Ulcerationen in der Pars media des Magens. (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 30.) 

Nach den Untersuchungen über die Röntgendiagnose von 
Ulcerationen im Magen (die Aufnahmen werden nach Eingehen 
einer Wismutsuspension in üblicher Weise gemacht), ist die 
Annahme unrichtig, daß auf einem flachen Geschwür ein 
Wismutbeschlag zustande kommt, der auf dem Röntgenbild 
einen Schatten gibt. Abnorme umschriebene Schatten am Rönt¬ 
genbilde des Magens kommen nur durch Ablagerung von Wis¬ 
mut in pathologischen Nischen des Magens zustande. Eine be¬ 
sondere Form dieser Nischen stellt das penetrierende 
Magenulcus dar, das im Röntgenbilde als eine divertikelartige 
Ausbuchtung des Wismutschattens mit einer am Gipfel befind¬ 
lichen Gasblase zu erkennen ist. Charakteristisch ist noch län¬ 
geres Zurückbleiben von Wismut an dieser Stelle, sow'ie das 
Fehlen der palpatorischen Beeinflußbarkeit des Fleckes. 

Privatdozent Dr. H. Stursberg (Bonn): Ueber Wurzelischias. 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 34.) 

Ad. Schmidt hat neuerdings bei der Ischias auf die 
Häufigkeit einer Mitbeteiligung von nicht dem Ischiadicus an¬ 
gehörenden Zweigen des Sacralplexus und von Teilen des 
Lumbalgeflechts hingewiesen, wie sie bereits von früheren 
Untersuchern bemerkt wurde. Französische Autoren haben 
hierfür die Bezeichnung „sciatique radieulaire“ gebraucht. 
Verfasser hatte ebenfalls Gelegenheit, eine Reihe von Ischias¬ 
fällen.zu beobachten, bei denen leichte Störungen des Empfin¬ 
dungsvermögens der Haut das Ausbreitungsgebiet des Hüft- 
nerven überschritten und bei denen die genauere Feststellung 
der Grenzen segmentäre oder radikuläre Anordnung der Ge¬ 
fühlabstumpfung verkennen ließ. Die betreffenden Kranken 
klagten mehrfach schon von selbst außer über Schmerzen im 
Bereich des Ischiadicus über Taubheitsgefühl besonders aüf 
der Rückseite des Oberschenkels. Wurden derartige Angaben 
gemacht, so prüfte Verfasser sorgfältig die Veränderungen der 
Sensibilität in dem betreffenden Gebiet; außer der Berührungs¬ 
empfindung war in derartigen Fällen meist auch die Schmerz- 
und Temperaturempfindung in geringem Maße beeinträchtigt. 
Verfasser teilt einige derartige' Fälle von Ischias mit den 
genauen neurologsichen Befunden mit. Auf Grund derartiger 
Beobachtungen ist nach Verfasser die Auffassung als zutreffend 
anzuerkennen, daß die als Ischias bezeichnete Erkrankung 
sich nicht immer auf das Gebiet des Hüftnerven beschränkt, 
sondern auf ausgedehnte Nervengebiete übergreifen kann, die 
sowohl höher wie tiefer am Rückenmark ihren Ursprung 
haben. Außer den vom unteren Sacralmark ausgehenden 
Nerven ließen sich in des Verfassers Fällen mehrfach die vom 
Lenden mark und sogar die aus dem unteren Brustteil aus- 
tretenden als mitbeteiligt nachweisen. Als Ursache könnte 
entweder eine gleichzeitige Erkrankung zahlreicher peripheri¬ 
scher Nerven in Frage kommen oder eine Schädigung der 
Wurzeln. Die erste Annahme ist nach Verfasser aus ver¬ 
schiedenen Gründen unwahrscheinlich, dagegen erklärt eine 
Erkrankung im Bereich der hinteren Wurzeln die Aus¬ 
breitung der Empfindungsstörung ohne jede Schwierigkeit. An 
welcher Stelle die Wurzeln zuerst erkranken und welcher Art 
die Erkrankung ist, läßt sich vorläufig nicht entscheiden und 




No. 39. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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ebenso ist schwer zu sagen, wie weit sich der Erkrankungsvor- 
gang in absteigender Richtung aut die Nerven erstreckt. Somit 
ergeben die Befunde des Verfassers im Einklang mit den An¬ 
gaben von Ad. Schmidt u. a., daß einer einfachen Ischias 
eine ausgedehnte Wurzelerkrankung zugrunde liegen kann. 
Jedoch möchte Verfasser keineswegs für jeden Fall von 
Ischias den ersten Erkrankungsherd in den hinteren Wurzeln 
suchen; er hält es für wahrscheinlich, daß es an verschiedenen 
Stellen angreifende Ursachen für die Entstehung des Krank¬ 
heitsbildes der Ischias gibt. Sind Empfindungsstörungen mit 
segmentärer Anordnung nachweisbar, so ist die Diagnose der 
Mitbeteiligung der Wurzeln ohne Schwierigkeit zu stellen und 
ebenso wird sie wahrscheinlich, wenn Abmagerung und 
Schwäche nicht vom Ischiadicus versorgter Muskeln, etwa der 
Glutäen, eintritt. Man wird sie ferner vermuten können, wenn 
sich Druckempfindlichkeit der Lendenwirbelsäule oder des 
Kreuzbeins nachweisen läßt, oder wenn besonders im Beginn 
der Erkrankung Schmerzen in dieser Gegend bestehen. Ein¬ 
setzen mit Schmerzen in tieferen Teilen schließt aber eine 
Wurzelischias keineswegs aus. Auch Ueberempfindlichkeit 
des ganzen Beins gegen Schmerz und Berührung wird auf eine 
Wurzelerkrankung bezogen werden können, ferner gehören 
fälle hierher, bei denen Schmerzen oder Parästhesien außer¬ 
halb des Ischiasgebiets (z. B. im Gebiet des Cutaneus femoris 
ext.) vorhanden sind. Für die Frage dfer Behandlung ist die 
Diagnose einer Wurzelischias offenbar von Bedeutung. 

Dr. A. Pelz (Königsberg i. Pr.): Ein Fall von rein sensibler 
Polvneuritis alcoholica. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, 
No. 33.) 

. Bei einem seit einigen Jahren sehr reichlichem Alkohol¬ 
genuß ergebenen 31 jährigen Maurer, der vor etwa sechs Jahren 
eine Polyneuritis arsenicosa durchgemacht hatte, stellten sich 
im Verlaufe eines Vierteljahres allmählich zunehmend heftige 
Schmerzen in den Füßen und später auch in.den Händen ein; 
dann Parästhesien und Empfindungslosigkeit. Vorübergehend 
besteht auch Gürtelgefühl. Ueber Lähmungserscheinungen 
wird nicht geklagt. Außerdem bestehen Beschwerden wie 
Schlaflosigkeit, Reizbarkeit etc. mit dem Allgemeinbilde des 
chronischen Alkoholismus. Objektiv finden sich handschuh- 
bezw. strumpfförmige Störungen fast sämtlicher Sensibilitäts¬ 
qualitäten an Händen und Füßen. Störungen der höheren 
Sinne, der Motilität (bis auf Nystagmus), der elektrischen 
Muskelbewegbarke.it fehlen. Weiter besteht eine Areflexie einer 
Kniescheiben- und beider Achillessehnen und anfangs zuweilen 
etwas träge Pupillenreaktion. Leber- und Magengegend druck¬ 
schmerzhaft. Unter elektrischer und diaphoretischer Behand¬ 
lung begann nach zwei Monaten eine Besserung, indem zu¬ 
nächst Schmerzen und Parästhesien schwanden; nach drei 
Monaten konnte Patient als erwerbsfähig gebessert aus der Be¬ 
handlung entlassen werden; die Sensibilitätsstörungen sind im 
wesentlichen geschwunden, das Verhältnis der Reflexe ist un- 
geändert geblieben. Die Diagnose schwankte anfangs zwischen 
Polyneuritis alcoholica und Tabes dorsalis. Es 
spricht aber gegen Tabes das völlige Fehlen von Sphinkter¬ 
störungen während des ganzen Verlaufs und von Ataxie, von 
Störungen der Tiefensensibilität, der Ausgang in fast völlige 
Heilung und das negative Ergebnis der Lumbalpunktion (weder 
Vermehrung des Eiweißgehalts noch Lymphocytose im Liquor). 
Auch das Bild der Pseudotabes alcoholica liegt hier nicht vor, 
denn es fehlt die Ataxie völlig. 

Dr. Hermann Goldbladt (Kiew): Syringomyelie hei Mutter und 
Tochter. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 33.) 

Die Vererbung der Syringomyelie resp. der Anlage dazu 
gehört zu den Seltenheiten. Darum berichtet Verfasser über 
ein derartiges von ihm beobachtetes Vorkommnis. Es handelt 
sich um eine 46 jährige Frau und ihre 18 jährige Tochter. Die 
Mutter weist eine atypische Mo r van sehe Form der Syringo¬ 
myelie auf, indem ihr Leiden mit schmerzhaften Panaritien be¬ 
gann; die Erkrankung der Tochter verläuft wesentlich upter 
dem Bilde einer Sympathicusaffektion mit ausgeprägten Er¬ 
scheinungen eines rechtsseitigen Exophthalmus und links¬ 
seitigen Enophthalmus. Als Nebenbefund besteht bei der 
Tochter Trachom des linken Auges. 

' ■■ * 

Oberarzt Dr. Coler (Heilstätte Haus Schönow): Operiertes 
Gliom der dritten linken Stirnwindung. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 32.) 

Verfasser berichtet über einen bemerkenswerten Fall. Die 
37 jährige, bis dahin gesunde Patientin zeigte folgendes Krank¬ 
heitsbild, welches sich nach mehreren Anfällen mit Reizerschei¬ 
nungen im rechten Facialis und Störungen der Sprache ent¬ 
wickelt hatte: Anhaltender Kopfschmerz, dauernde Pulsver- 
langsamung, vielfach Uebelkeit mit Singultus (einmal auch Er¬ 
brechen), beiderseits Stauungspapille, rechtsseitige motorische 
Schwäche, am ausgesprochensten im rechten Facialisgebiet, 
weniger im Arm, nicht deutlich im Bein, dabei rechtsseitige 


Sehnenreflexe eher lebhafter; rechts Babinski, endlich Sprach¬ 
störung, gekennzeichnet durch Unfähigkeit zum Spontansprechen, 
zum Nachsprechen, zum spontanen und Diktatschreiben sowie 
zum Lautlesen bei Erhaltensein des Sprach- und Schriftver¬ 
ständnisses, des Abschreibens und Ziffernschreibens. Eine 
versuchsweise vorgenommene Schmierkur brachte keine Besse¬ 
rung. Es wurde ein Tumor cerebri im linken Stirnbein mit Be¬ 
teiligung der linken dritten Frontalwindung angenommen und 
die Patientin dann von Professor Riese operiert. Es fand 
sich in der Tat ein Gliom im Bereich der linken dritten Stirn¬ 
windung, welches mit Messer und Schere, soweit möglich, ent¬ 
fernt wurde. Die Patientin überstand den Eingriff gut. Nach 
Heilung der Operationswunde trat die Patientin wieder in 
nervenärztliche Behandlung. Nach der Operation sind die 
motorischen Störungen zum größten Teil verschwunden, da¬ 
gegen ist die spontane Sprache bis auf wenige Reste nicht 
wiedergekehrt. Um das Sprachvermögen nach Möglichkeit 
wieder herzustellen, sind systematische Sprech-, Schreib- und 
Leseübungen eingeleitet. 

Privatdozent Dr. med. Ernst Frey (Jena): Die Ursache der 
Bromretention und die Verdrängung von Chlor durch Brom 
im Blute. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 33.) 
Verfasser stellte Versuche an Kaninchen an, um die gegen¬ 
seitige Beeinflussung von Brom und Chlor bei der Ausscheidung 
zu ermitteln. Es ergab sich, daß ein kochsalzarmes Tier, das 
mit Kochsalz spart, nach einer intravenösen Injektion von 
Bromnatrium auch mehr Kochsalz ausscheidet, als hätte man 
ihm Kochsalz gegeben, zweitens, daß das Tier, durch passende 
Nahrung wieder salzarm gemacht, nicht nur mit Kochsalz spart, 
sondern gleichzeitig mit Bromnatrium; drittens, daß die 
Biomide und Chloride gleichzeitig bei verschiedenen Eingriffen 
steigen und fallen, viertens, daß das gegenseitige Verhältnis 
der beiden Stoffe im Harn dem im Serum des Tieres entspricht. 
Wenn also durch eine einmalige Bromnatriumgabe Na Br im 
Serum auftritt, scheidet die Niere das Plus an Halogenen in der 
Weise aus, daß das gegenseitige Verhältnis von Brom zu Chlor 
im Harn und im Serum gleich ist; da aber nach der einmaligen 
Gabe noch mehr Chlor im Blute sein wird als Brom, so wird auch 
im Harn mehr Chlor als Brom sich finden. Dann ist beispiels¬ 
weise von beiden Halogenen 10 pCt. ausgeschieden worden, 
also bei weitem mehr Chlor als Brom. Es ist also das Blutserum 
chlorärmer geworden, dafür ist Brom im Blut zurückgeblieben, 
es ist zu einer Retention von Brom und teilweisen Verdrängung 
von Chlor durch Brom gekommen. Daraus folgt für die Praxis: 
Es wird gleichzeitige Kochsalzarmut der Nahrung zu einer 
stärkeren Anhäufung von Na Br im Blut führen, Brom wird also 
bei kochsalzarmer Nahrung schneller wirken. Zufuhr des einen 
der beiden Halogene bewirkt vermehrte Ausfuhr des anderen. 
Also wird bei Bromismus Kochsalz die Ausscheidung von Brom 
beschleunigen, gerade wie Brom die Ausscheidung von Koch¬ 
salz vermehrt, wie auch schon die Erfahrungen der Praxis er¬ 
geben haben. 

Prof. Dr. Erich Harnack und Privatdozent Prof. Dr. H. Hilde¬ 
brandt (Halle a. S.): Antagonisten des Apomorphins. (Münch, 
med. Wochenschrift, 1910, No. 33.) 

Die Verfasser haben schon vor einiger Zeit mitgeteilt, daß 
neuerdings ein Apomorphin in den Handel gekommen ist, das 
für die arzneiliche Anwendung als völlig unbrauchbar zu be¬ 
zeichnen ist. Es bestand nämlich, wie die Untersuchung ergab, 
höchstens zu (4 seines Gewichts aus Apomorphinsalz, im übri¬ 
gen aber aus dem gleichen Salz einer fremdartigen Base, die 
nicht wie Apomorphin, sondern wie ein sehr verstärktes Mor¬ 
phin wirkte und die emetische Wirkung des Apomorphins 
geradezu aufhob. Die Verfasser hielten diese Substanz ur¬ 
sprünglich für Trimorphin, also für ein Polymerisationsprodukt 
des Morphins. Es wurde jedoch neuerdings von chemischer 
Seite festgestellt, daß diese Substanz, wenigstens in der Haupt¬ 
sache nicht Trimorphin sein könne, da sie intramuskulär ge¬ 
bundenes Chlor enthält, daß sie vielmehr mit Wahrscheinlich¬ 
keit als /j-Chloromorphid angesprochen werden müsse. Für 
den Arzt ist übrigens nicht die Frage der chemischen Substanz 
das wesentliche, sondern nur die Tatsache, daß unter der Be¬ 
zeichnung Apomorphin ein Präparat in den Handel kommt, 
welches Morphinwirkung besitzt und teilweise direkt als Anta¬ 
gonist des Apomorphins zu bezeichnen ist. Wahrscheinlich ist 
die in einem Teil der Fälle von medizinaler Apomorphinver¬ 
giftung beobachtete lebensbedrohende Atmungslähmung auf die 
zufällige Anwendung solcher gemengten Präparate zurückzu¬ 
führen. R- L. 

Karl Wind: Ueber die Chilisalpetervergiftung und den 
spektroskopischen Nachweis des Nitrits im Blute. Aus dem 
pharm. Institut der tierärztlichen Hochschule Hannover. (In- 
augural-Dissertation, Gießen 1910.) 

Ergebnisse: 1. Durch Schütteln von Blut mit einer Natrium¬ 
nitritlösung färbt sich dasselbe braun und zeigt spektroskopisch 



•598 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 39. 


ein Absorptionsband im Rot, dessen dunkelste Stelle bei 631 
liegt (Roberts Nitritniethämoglobin). 

2. Durch Schütteln von Blut mit Natriumnitritlösung bleibt 
das Blut unverändert. 

3. Das Blut von Tieren, denen Natriumnitrit einverleibt 
wird, zeigt selbst nach recht kleinen Gaben desselben regel¬ 
mäßig das Nitritmethämoglobinspektrum. Die spektroskopische 
Methode des Nachweises nitrithaltigen Blutes ist eine empfindliche. 

4. Nach Einverleibung von Natriumnitrat findet sich bei 
Versuchstieren zwar nicht regelmäßig, aller häufig das für 
Nitrit charakteristische Absorptionsspektrum des Nitrit- 
methämoglobins. 

6. Das Natriumnitrat wird im Tierkörper mehr oder 
weniger leicht in Nitrit Umgewandelt. Die Chilisalpeterver¬ 
giftung ist größtenteils eine Nitritvergiftullg. F. 

Dr. Eugen Berlioulli. Assistent am Sanatorium voll Prof. 
A. Jaquel in Riehen: Ueber Bronzediabetes. (Korre¬ 
spondenzblatt für Schweizer Aerzte, 1910, Nö. 10.) 

Der Bronzediabetes ist eitle seltene Erkrankung. Wegen 
des Interesses, das diese im ganzen noch wenig bekannte Krank¬ 
heit verdient, berichtet Verfasser über einen derartigen Fall 
aus eigener Beobachtung, Der Fall zeigt das gewohnte Bild 
der Erkrankung, das Verfasser auf Grund seiner eigenen und 
anderer Erfahrungen ausführlich schildert. Fast alle Patienten 
sind männlichen Geschlechts, im Alter von 28—65 Jahren. 
Alkoholisnnis findet sich nur in etwa V-i der Fälle. Die ersten 
Symptome, die dem Kranken auffallen, sind die beginnende 
Kachexie, oder der Diabetes, seltener die Pigmentierung der 
Haut, die, wie in Verfassers Fall, das erste Symptom bilden 
kann. Finden wir bei der Untersuchung neben Hauptpigmeu- 
tierung Symptome einer Lebercirrhose, so können wir auch bei 
mangelndem Zuckergehalt des Urins die Diagnose stellen. Ver¬ 
wechselungen mit Morbus Addisoni sind möglich und werden 
wahrscheinlich nicht so selten gemacht. Bei beiden Erkran¬ 
kungen findet man eine Melanose vorwiegend im Gesicht, an 
den Händen und Genitalien. Differentialdiagnostisch weist 
man hauptsächlich auf die bei Morbus Addisoni vorkommenden 
Pigmentierungen der Schleimhäute hin, so besonders der 
Mundschleimhaut und der Conjunctiven, die beim Bronze¬ 
diabetes jedenfalls nie im höheren Grade beobachtet worden 
sind. Ebenso findet man nie zirkumskripte pigmentlose Flecke 
wie sie bei Addisonkranken bisweilen Vorkommen. Eines der 
Hauptsymptome, das früher im Vordergrund des Intereses 
stand und der Krankheit den Namen gegeben hat, ist der 
Diabetes, der meist in der schweren Form mit Acidose auf- 
tritt und die Kranken oft innerhalb weniger Monate unter 
rapidem Kräfteverfall zugrunde richtet. Der Tod wird bald 
durch Kachexie, bald durch Coma diabeticum herbeigeführt. 
Nicht selten findet man beim Bronzediabetes ein Verschwinden 
oder wenigstens starkes Zurückgehen des Zuckers mehr oder 
weniger lange, vor dem Tode. Diese Erscheinung wird auch 
sonst in schweren Fällen von Diabetes, besonders bei akuten 
Infektionskrankheiten und bei hochgradigen Kachexien beob¬ 
achtet. Die beiden wichtigsten Symptome, welche nie fehlen 
dürfen, sind die Hämochromatose und die Lebercirrhose. 
Erstere zeigt sich intra vitam als Hautverfärbung und ist ge¬ 
legentlich das erste und auffallendste Symptom. Manchmal 
datiert die Verfärbung schon seit mehreren Jahren. In den 
Fällen, wo Hautverfärbung fehlt, können wir die Hämochro¬ 
matose nicht diagnostizieren und wir werden dann oft erst auf 
dem Sektionstisch durch den kolossalen Pigmehtreichtum der 
inneren Organe überrascht. Es kann auch Vorkommen, daß 
eine leichte Hautpigmentierung in ihrer Bedeutung nicht er¬ 
kannt wird; in einem solchen Fall von Zurhelle leitete 
eine vorübergehende Hämoglobinurie auf die richtige Fährte. 
Die Lebercirrhose kann meist aus der Lebervergrößerung 
diagnostiziert werden. Ikterus fehlt. Ascites und Milzver¬ 
größerung sind oft vorhanden und erleichtern die Diagnose. 
Von weiteren klinischen Symptomen sind zu erwähnen: häufige 
Digestionsstörungen. Die Blutuntersuchungen bieten keine 
Besonderheiten, es werden nur leichte Grade von Anämie be¬ 
obachtet. Jedenfalls fehlen in der Regel Erscheinungen, die 
auf einen stärkeren Zerfall roter Blutkörperchen hinweisen. 
Pathologisch-anatomisch fällt vor allem der oft enorme Pigment¬ 
reichtum der inneren Organe auf. Man findet zweierlei Pig¬ 
ment, das Hämosiderin, das Eisenreaktion zeigt, und das eisen¬ 
freie Hämofuscin. Die Leber zeigt im allgemeinen das Bild 
der hypertrophischen Pigmenteirrhose. Dem Pankreas ist be¬ 
sonders in neuerer Zeit viel Aufmerksamkeit geschenkt wor¬ 
den. Eine Miterkrankung wird fast in allen genauer unter¬ 
suchten Fällen gefunden. Doch hat auch bei stärkeren Ver¬ 
änderungen am Pankreas Diabetes .öfters gefehlt. Pigmen¬ 
tierung der Drüsenepithelien und des Bindegewebes ist in 
allen Fällen vorhanden, fast immer-kombiniert mit einer be¬ 
trächtlichen Bindegewebswucherung, welche eine Aehnlichkeit 
mit den Prozessen in der Leber nicht verkennen läßt. 

Die Ursache des Bronzediabetes ist noch völlig im Dunkeln. 

Kr. 


Prof. Dr. Chiari (Wien): Ein Todesfall bei der Bronchoscopia 
superior. (Monatsschrift für Ohrenheilkunde und Laryngo- 
Rhinologie, Jahrgang 44, H. 8.) 

Die Bronchoscopia superior läßt sich auch bei Kindern 
meistens ohne Gefahr ausführell. Iii der Literatur fand 
Kahler bis 1910 sieben Fälle von Broüchösköpie wegeii 
Fremdkörper bei Kindertl unter 1 Jahr, und Zwär zwei obere 
(mit Äusgahg in Heilung) und füiif untere (mit eiheni Todes¬ 
fall ali Pneumonie am sechsten Tage). Verfasser selbst hatte 
zwei Fälle bei Kiüderü unter i Jahr in seiner Klinik, eiiie 
obere uiid eine untere mit Äusgahg in Heilung. Bei Kindern 
unter Zehn Jahreii wurdeii bis 1909 iü der Klinik 11 Fremd¬ 
körper entfernt, und zwar sieben mittels der obereü und vier 
mit der unteren Bronchoskopie. Narkose wurde sechsmal an- 
geweiidet uiid zwar einmal bei der unteren, sonst bei der 
Oberen Broiichoskopie. Der einzige Todesfall trat nach oberer 
Bronchoskopie auf, und zwar am dritten Tage an Pneumonie 
bei einem sechsjährigen Kinde, welches nicht narkotisiert wor¬ 
den war. Die Narkose wurde im allgemeinen von den Kindern 
gut vertragen. Es wurde zur Narkose immer die Billroth- 
mischung aiigewendet und wenn sich nach Einführung des 
Bronchoskops noch weitere Narkose nötig zeigte, ein Gaze¬ 
tupfer mit etwas Chloroform vor die Oeffnung der Röhre ge¬ 
halten. Auch von anderer Seite wird gewöhnlich bei Kindern 
die allgemeine Narkose angewendet. Die Bronchoskopie in 
Lokalanästhesie gelingt zwar auch manchmal bei kleinen Kin¬ 
dern (unter 11 Fällen des Verfassers viermal). Gewöhnlich 
aber sind die Kinder zu unruhig, so daß man Verletzungen der 
Luftwege durch brüske Bewegungen des Kindes befürchten 
muß. Daß jedoch die Narkose bei der Bronchoskopie nicht 
ganz ungefährlich ist, zeigt ein kürzlich von Verfasser erlebter 
Fall. Hier handelt es sich um einen siebenjährigen, sehr 
schwächlichen Knaben, welcher ein Maiskorn aspiriert hatte. 
Drei Tage nach dem Unfall wurde das Kind in die Klinik ge¬ 
bracht. Die Röntgenuntersuchung ergab in der Höhe des 
linken Hauptbronchus eine Verdichtung von der Größe einer 
größeren Bohne. Es wurde sofort die obere Bronchoskopie 
angeschlossen; die Lokalanästhesie scheiterte an der Unruhe 
des Kindes. Deswegen wurde zur Narkose übergegangen. Nach 
zirka fünf Minuten Einführung des langen Rohres, in der 
Trachea viel Schleim, der abgesaugt wird. Wegen großer Un¬ 
ruhe des Patienten wird das Rohr wieder entfernt und tiefere 
Narkose eingeleitet; dann gelingt die Einführung und Vor¬ 
schiebung des Rohres bis zur Bifurkation. Man sah nun im 
Anfangsteil des linken Bronchus einen weißlichen Fremd¬ 
körper. Beim weiteren Vorschieben in den Bronchus Aus¬ 
setzen der Atmung, da das nicht gefensterte Rohr den rechten 
Bronchus verlegt und der linke Bronchus durch den Fremd¬ 
körper vollständig obturiert ist. Das Rohr wurde daher wieder 
entfernt und der kurze 8 mm-Röhrenspatel mit Vorschieberohr 
eingeführt. Es gelang nun leicht die Bifurkation einzustellen 
und den Fremdkörper im Anfaugsteil des linken Bronchus zu 
sehen. Der Versuch, mit der Bohnenzange ihn zu fassen, mi߬ 
lingt einige Male, mit der Fremdkörperpinzette gelingt es, 
einige kleine Teilchen zu entfernen. Nur sehr geringe Blutung. 
Adrenalinspray. Bei einem neuen Extraktionsversuch gleitet 
der Röhrenspatel aus dem Larynx, das Verlängeruugsrohr 
bleibt jedoch in der Trachea. Plötzlich wird das Kind cyano- 
tisch; der bisher gut fühlbare Puls setzt aus, ebenso die 
Atmung. Sofort wurde Tracheotomie und Adrenalininjektion 
(1 ccm) gemacht; dann künstliche Atmung und Sauerstoffzu¬ 
fuhr. Die künstliche Atmung eine Stunde hindurch blieb ohne 
Erfolg. — Die Sektion ergab das Maiskorn im linken Haupt¬ 
bronchus eingekeilt, hinter dem Korn die Luftröhrenäste 
strotzend mit Eiter gefüllt. Wegen der Einkeilung des Mais¬ 
korns dauerte der Extraktionsversuch so lange, und endlich er¬ 
lag der schwache Organismus dem Chloroform, welches 
übrigens in sehr geringe Menge angewendet wmrde. 

Dr. H. K. Offerhaus (Groningen): Schmerzlose Operationen im 
Gebiete des Gesichtsschädels und Mundes unter Leitungs¬ 
anästhesie. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 33.) 

Verfasser war es bei Untersuchungen über die Technik der 
tiefen Alkoholinjektionen in die Trigeminusstämme nach 
Schlösser gelungen, eine Methode zu finden, mit der man 
ohne vorhergehende Uebuug an Leichen mit Bestimmtheit den 
zweiten und dritten Trigeminusast und das Ganglion Gasseri 
zu erreichen vermag. Es lag nun nahe, diese Methode auch 
für chirurgische Zwecke zu verwerten, indem man statt Alko¬ 
hol Kokainlösung als Injektionsflüssigkeit wählt; man muß auf 
diese Weise Unempfindlichkeit im ganzen lnnervationsbereich 
der genannten Trigeminusäste erreichen. In der Tat bat sich 
diese Annahme bestätigt; es wurden seit Dezember 1909 
11 Operationen am Kieferknochen und in der Mundhöhle in 
dieser Weise unter Leitungsanästhesie schmerzlos ausgeführt. 
Bei nervösen Patienten ist diese Lokalanästhesie bei größeren 
Operationen allerdings nicht angebracht. Auch bei ruhigen 
Patienten empfiehlt es sich, vorher 15 mg Morphium und Vi mg 
Scopolamin subkutan zu injizieren (1 Stunde vor der Opera- 



No. 39. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


tion). Für die Einspritzung in den Trigeminus gibt Verfasser 
folgende Regeln: Für den dritten Ast muß man mit dem 
großen Zirkel die Distanz zwischen den beiden Jochbogen 
messen, gerade'vor dem Kiefergelenk, also die Distantia inter- 
tubercularis = a, und mit dem kleinen Zirkel in der Mundhöhle 
die Distanz der Processus alveolares superiores hinter, den 
letzten Backenzähnen und an deren Außenseite: Distantia 
interalveolaris externa = b (diese Distanz ist nämlich der 
Distanz der Foramina ovalia gleich); a—b ist dann die Tiefe, 
bis zu welcher man mit der Nadel in der Richtung der Linea 
intertubercularis eindringen muß, um den dritten Trigeminus¬ 
ast zu erreichen. Nun bestreicht man die Schläfengegend mit 
Tinctura Jodi und führt die Nadel bis zu der berechneten Tiefe 
ein; sobald der dritte Ast getroffen ist, fühlt der Patient einen 
stechenden Schmerz im ganzen Verbreitungsgebiet des Nerven. 
Darauf injiziert man langsam 2.5 ccm einer 0,75 proz. Kokain¬ 
lösung mit einem Tropfen Suprarenin 1 :1000. Hierauf bleibt 
der Patient ruhig in horizontaler Lage. Auch wenn man nur 
die Umgebung des Nervenstammes trifft, tritt, wenn auch lang¬ 
sam, Anästhesie ein, weil das Kokain in den Nervenstamm 
diffundiert. — Um den zweiten Ast zu erreichen, messe man 
vorher die Distanz zwischen der Mitte des einen Jochbogens 
und der des anderen: Distantia interzygomatica = a' und die 
Distanz zwischen dem Processus, alveolaris superior hinter den 
letzten Backzähnen und an deren Innenseite: Distantia inter¬ 
alveolaris interna b'; diese Distanz ist gleich der Distanz 

zwischen den Foramina rotunda; a .ist dann die Entfernung 

des zweiten Trigeminusastes von der Oberfläche, und bis zu 
dieser Tiefe muß man mit der Nadel an der oberen Seite des 
Jochbogens in der Richtung der Linea interzygomatica ein¬ 
dringen (oder an der Unterseite des Jochbogens, aber dann 
muß die Nadel ein wenig nach oben gerichtet werden). Nach 
%—% Stunde ist das ganze Verbreitungsgebiet des Nerven 
analgetisch. Man beginnt mit der Operation zweckmäßig erst 
1 Stunde nach der Injektion, weil dann Tast- und Drucksinn 
meistens auch stark herabgesetzt sind. Wenn die Wirkung des 
Kokains ausbleibt, kann man annehmen, daß die Nerven- 
stämme durch Tumoren etc. verdrängt sind. Dies war in zwei 
Fällen von Sarkom und Careinom der Fall. Statt Kokain kann 
man auch Novocain benutzen. Verfasser führt acht von ihm 
nach der beschriebenen Methode der Anästhesie ausgeführte 
Operationen (der Mehrzahl nach Carcinomexstirpationen) kurz 
an. Auffallend war in allen Fällen die geringe Blutung bei 
der Operation. 

Dr. Emil G. Beck (Chicago): Der diagnostische Wert und die 
therapeutische Wirkung der Wismutpaste bei chronischen 
Eiterungen. (Münch, ined. Wochenschrift, 1910, No. 33.) 

Verfasser benutzt bekanntlich seit einigen Jahren eine 
Wismutpaste zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken 
und berichtet hier in kurzer Zusammenfassung über einige 
Ergebnisse der Methode. Die Paste besteht aus einem Teil 
Wismutsubnitrat und zwei Teilen weißen oder gelben Vaselins. 
Sie wird mittels einer Glas- oder Metallspritze mit stumpfem 
Ansatz, nachdem sie im warmen Wasserbade verflüssigt ist, 
injiziert. Für diagnostische Zwecke kommt sie zur Exploration 
der Grenzen und des Verlaufs von Fisteln und Absceßhöhlen 
zur Anwendung. Sie wird in solcher Menge in die Oeffnung 
der Fistel injiziert, bis man annehmen kann, daß sich alle Ver¬ 
zweigungen derselben gefüllt haben. Die Paste erhärtet rasch 
und verbleibt in den Gängen lange genug, um die Aufnahme 
eines Radiogramms zu ermöglichen. Dieses zeigt nicht nur ein 
korrektes Bild der Fistelverzweigungen, sondern führt gewöhn¬ 
lich zur Entdeckung des ursprünglichen Krankheitsherdes, ver¬ 
mag dadurch diagnostische Irrtümer richtigzustellen und gibt 
so eine Richtschnur für die Therapie. Von besonderem Nutzen 
ist hierbei die Verwendung von stereoskopischen Radio¬ 
grammen an Stelle der einfachen. Zur Veranschaulichung der 
diagnostischen Bedeutung der Methode führt Verfasser eine 
Reihe von Fällen unter Beifügung der Radiogramme an, u. a. 
einen Fall von Nierenfistel, einen Fall von Leberabsceß nach 
Appendicitis, einen beiderseitigen Psoasabsceß ohne Zerstörung 
eines Wirbels. Von besonderem Wert erweist sich die An¬ 
wendung der Wismutpasteninjektion bei der Diagnose der 
Rektalfisteln, resp. der Fisteln in der Gegend des Anus. Es 
gibt Fisteln an dieser Stelle, welche mit Hilfe der diagnosti¬ 
schen Wismutinjektion sich nicht als Rektalfisteln, sondern als 
Fisteln mit dem Ursprung von einem Beckenabsceß oder einem 
tuberkulösen Knochenabsceß, z. B. im Kreuzbein, erwiesen 
haben. Verfasser führt hierfür einige Beispiele an. — Die 
Technik der Anwendung der Wismut-Vaselinpaste zu thera¬ 
peutischen Zwecken ist dieselbe wie die zu diagnostischen 
Zwecken. Doch muß in den meisten Fällen die Injektion 
wiederholt werden. Ein großer Prozentsatz von chronischen 
Fisteln infolge von Spondylitis, Coxitis, Nierentuberkulose etc. 
kann durch diese einfache und verhältnismäßig gefahrlose 
Methode zur Heilung gebracht werden. In manchen Fällen, in 
denen die Methode "keinen Erfolg brachte, stellte sich heraus, 


599 

daß übersehene Fremdkörper die Ursache waren; die gleiche 
Bedeutung haben Knochensequester. In manchen Fällen sind 
technische Fehler die Ursache von Mißerfolgen; die Paste muß 
weich genug sein, um bei der Injektion auch nach den ent¬ 
ferntesten Teilen der Fistelgänge zu gelangen und dieselben 
vollständig auszufüllen; es genügt dazu ein sehr mäßiger Druck; 
ein stärkerer Druck ist zu vermeiden, weil er die blind endigen¬ 
den Fistelgänge zerreißen und dadurch zu Schädigungen führen 
könnte. Wenn schon nach der ersten Injektion das eitrige 
Sekret einen mehr serösen Charakter annimmt, ist die Aussicht 
auf einen Erfolg gut. Bleibt hingegen das Sekret eitrig, so sind 
die Aussichten auf Heilung weniger günstig. Die Injektion 
wird zuerst gewöhnlich vor Ablauf einer Woche nicht wieder¬ 
holt, später wird die Injektion alle drei bis vier Tage durch 
eine hinreichende Zeit, wenn nötig einen Monat hindurch, aus¬ 
geführt und bei negativem Ergebnis den Ursachen des Mi߬ 
erfolges nachgeforscht. In manchen Fällen ist vielleicht eine 
schlechte Qualität des Wismutsubnitrats Ursache des Mißerfolges; 
das Subnitrat wird in der Körperwärme hydrolysiert und gibt 
frei Salpetersäure ab; die letztere scheint das eigentliche kura¬ 
tive Agens zu sein; bei der Untersuchung von verschiedenen 
Proben aus verschiedenen Fabriken zeigte sich nun, daß sehr 
ungleiche Mengen Salpetersäure abgespalten wurden. — Bei 
kalten Abscessen kann man die Wismutpaste injizieren, um die 
Bildung von Fistelgängen zu verhindern. Der kalte Absceß 
wird eröffnet und darauf spritzt man 100 g einer 10 proz. Wis- 
mut-Vaselinpaste ohne Verschluß der Oeffnung ein. Tn den 
meisten Fällen schließt sich die Oeffnung binnen ein bis drei 
Wochen. — Zum Schluß weist Verfasse]- darauf hin, daß die 
Applikation der Wismutpaste nicht ganz ohne Gefahr ist, da 
die allmähliche dauernde Absorption größerer Quantitäten 
des Metalls aus größeren Höhlen Intoxikationserscheinungen 
hervorrufen kann, und zwar zunächst livide Verfärbung der 
Haut, später Gingivitis, Brechreiz, Kopfschmerzen, Diarrhöen, 
Albuminurie. Wenn man den Beginn einer Intoxikation ent¬ 
deckt, muß man die Paste mittels warmen, sterilen Olivenöls 
auswaschen. Das’Oel wird injiziert und bleibt in der Höhle 
12—24 Stunden, damit sich eine Emulsion bilden kann, die 
dann durch Aspiration entfernt wird. Die Symptome ver¬ 
schwinden dann. — In einigen Fällen von Fisteln nach Resek¬ 
tion oder Exstirpation tuberkulöser Nieren wurde durch die 
Paste Heilung erzielt. — Als Kontraindikationen der Wismut¬ 
pastenbehandlung stellt Verf. auf: einfache, tuberkulöse Gelenks¬ 
erkrankungen, akute Entzündungen, wie Phlegmonen, Siuus- 
eiterungen, ferner Fälle, in denen die Möglichkeit von Ein¬ 
dringen der Paste in eine Vene vorliegt (Gefahr der Lungen¬ 
embolie!). Ebenso ist die Wismutpaste indiziert bei Gallen- 
und Pankreasfisteln, ferner in Höhlen, die mit dem Schädel- 
innern kommunizieren. R. L. 

Prof. Dr. Blauei. Oberarzt der chirurgischen Klinik zu Tübingen: 

Zur Mechanik der Invaginatio ileocoecalis. (Beiträge zur 

klin. Chirurgie, 1910, Bd. 68, H. 1.) 

Nach der herrschenden Auffassung über die Bewegungs- 
Vorgänge, welche sich bei der Invaginatio ileocoecalis an Dünn- 
und Dickdarm abspielen, findet in der großen Mehrzahl der 
Fälle der Beginn der Einscheidung an der Valvula ileocoecalis 
statt. Die Klappe stülpt sich danach zuerst in das zweite 
Lumen des Colon ein, wird dann von der Peristaltik desselben 
gefaßt und weitergeschoben und zieht schließlich die untersten 
Teile des Ileum, sowie Coecuin mit Processus vermiformis und 
Colon ascendens nach sich. So groß auch die Invagination 
werden mag, immer ist die Valvula Bauhini an der Spitze 
des Invaginatum. Diese Lehre ist aus älteren Bearbeitungen 
in neuere Abhandlungen übernommen worden und hat schlie߬ 
lich auch in den neuesten Lehr- und Handbüchern einen Platz 
gefunden. In letzter Zeit kamen in der v, Bruns sehen Klinik 
drei ileocoecale Invaginationen zur Beobachtung, welche Verf. 
zu operieren Gelegenheit hatte. Der Befund in diesen drei 
Fällen war ein derartiger, daß Verfasser Zweifel an der Richtig¬ 
keit der geltenden Lehre aufstiegen und er zu der Anschauung 
gelangte, daß die sog. Invaginatio ileocoecalis in der Mehrzahl 
der Fälle durch primäre Einstülpung der Coecumkuppe ent¬ 
steht. Diese bildet die Spitze des Invaginatum. Die anatomi¬ 
schen Verhältnisse an der Valvula ileocoecalis machen es nach 
Verf. sehr unwahrscheinlich, daß überhaupt eine primäre In¬ 
vagination der Klappe möglich ist. Umgekehrt zeigt das 
Coecum anatomische und physiologische Bedingungen, welche 
die primäre Invagination an der Kuppe desselben begünstigen. 

Prof. Dr. W. Kausch: Ueber Knochenersatz. Beiträge zur 

Transplantation toten Knochens. (Beiträge zur klin. Chir., 

1910, Bd. 68, H. 3.) 

Verfasser berichtet über seine Erfahrungen mit der Trans¬ 
plantation toten Knochens. Sein erster Fall, den er sehr aus¬ 
führlich beschreibt, ist der einzige von eingeheiltem, frisch ge¬ 
wonnenem menschlichen toten Knochen, der — infolge der 
später notwendig gewordenen Amputation — zur makroskopi- 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 39. 


600 


scheu und mikroskopischen Untersuchung des Präparates kam. 
Das Präparat stellt den größten bisher beim Menschen in ein 
periostfreies Lager implantierten Knochen dar, der einheilte. 
Der implantierte Knochen ist konsolidiert, an beiden Enden 
fest mit dem anstehenden verbunden. Die histologische Unter¬ 
suchung hat ergeben: a) Ueber dein ganzen zirkulären Periost¬ 
defekt, auf eine Strecke von 8 cm hin, ist neues Periost ge¬ 
bildet; offenbar ist das anstehende Periost hinübergewachsen, 
b) Der implantierte tote Knochen ist in Resorption begriffen, 
ihr parallel gehend ist überall im toten Knochen neuer ge¬ 
bildet worden, c) Diese Knochenneubildung geht aus von dem 
neugebildeten Perioste sowohl wie von dem analogen Gewebe, 
welches in sämtliche sich bietende Zwischenräume hinein¬ 
gewuchert ist (Endost), d) Das mitimplantierte Elfenbein 
wird nur resorbiert, eine es ersetzende Knochenneubildung 
hat nicht statt. 

Hieraus ergibt sich, daß frisch gewonnener menschlicher, 
toter Knochen — im Gegensatz zu den heute herrschenden An¬ 
schauungen — ein recht brauchbares Material für den Knochen¬ 
ersatz ist, auch in periostfreiem Lager, ln letzterem Falle 
muß der implantierte Knochen aber mit dem anstehenden 
Knochen sowohl wie Periost in Kontakt stehen. Leichen¬ 
knochen sind zur Implantation in periostfreiem Lager nicht ge¬ 
eignet, noch weniger Fremdkörper. 

Dr. A. Reich, Assistenzarzt der chir. Klinik zu Tübingen: Die 
Amputationen im Kindesalter und ihre Folgen für das 
Knochenwachstum. (Beiträge zur klinischen Chirurgie, 
1910, Bd. 68, H. 1.) 

Zusammenfassung: 

lm Kindesalter erworbene Diaphysenstümpfe erleiden be¬ 
sondere Veränderungen infolge des Wachstums mit ausge¬ 
sprochener Einwirkung der Funktion. Die wesentlichste Eigen¬ 
tümlichkeit der Kinderstümpfe besteht in der physiologischen 
Konizität. Diese beruht auf der ungleichen Längenentwick¬ 
lung der Knochen und Muskeln; für erstere ist allein die 
Energie des erhaltenen Epiphysenknorpels, für letztere die ur¬ 
sprüngliche Länge der einzelnen Muskelstümpfe maßgebend. 
Besonders an den Unterschenkel- und Oberarmstümpfen kommt 
eine sehr auffällige griffelförmige Zuspitzung der Knochen¬ 
enden häufig zustande, welche in gleicher Art bei Erwachse¬ 
nen nicht beobachtet wird. Die Gefahr einer erheblichen und 
störenden physiologischen Konizität ist am größten bei den 
Oberarm- (Häufigkeit zirka 62 pCt.) und Unterschenkel¬ 
stümpfen (Häufigkeit zirka 33 pCt.) und weiterhin abhängig 
vom Alter zur Zeit der Amputation und von der Amputations¬ 
höhe, nur in sehr beschränktem Sinne aber vom Heilungsver¬ 
lauf. Die physiologische Konizität tritt erst nach Abschluß der 
Stumpfheilung, auch bei überschüssig mit Weichteilen gedeck¬ 
ten Stümpfen und meist erst mehere Jahre nach der Ampu¬ 
tation in Erscheinung; Rezidive kommen selbst nach wieder¬ 
holten Resektionen vor. Der Konizität der Jugendstümpfe 
könnte nur dadurch vorgebeugt werden, daß man bei der 
Amputation den Muskelstümpfen einen vollwertigen Ansatz 
an den Knochenenden verschafft, damit diese gleichen Schritt 
mit dem Knochenwachstum halten können; eine geeignete 
Methode der Muskelversorgung muß aber erst noch ausge¬ 
arbeitet werden. Von den Veränderungen an den höher ge¬ 
legenen Skelettabschnitten beanspruchen die Coxa valga und 
die einseitig schräge Verengerung des Beckens, letztere unter 
Umständen auch in geburtshilflicher Hinsicht, besonderes 
Interesse. K r. 

Dr. Meirowsky und Dr. Frankenstein (Cöln a. Rh.): Amenorrhoe 
und tertiäre Syphilis. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, 
No. 31.) 

Die Verll. berichten über drei Fälle, in denen bei Frauen 
im geschlechtsreifen Alter, die au schwerer tertiärer Syphilis 
litten, Amenorrhoe eintrat, welche in dem einen Fall sechs 
Jahre, in dem anderen acht Jahre, im dritten sechs Jahre an¬ 
hielt. Bei zwei Patientinnen traten nach einer spezifischen Be¬ 
handlung mit Hg und Jod die Menses wieder ein und sind, so 
lange die Frauen beobachtet wurden, in unveränderter Weise 
bestehen geblieben. Bei der dritten Frau kommt es jetzt zu 
typischen menstruellen Beschwerden, zu vikariierendem Nasen¬ 
bluten, ohne daß jedoch Blutungen aus den Genitalien auf- 
treten. Die Verfasser glauben, daß die Amenorrhoe in diesen 
Fällen durch die schwere tertiäre Syphilis bedingt war. Sie 
halten es für wahrscheinlich, daß es sich in derartigen Fällen 
um eine direkte Spirochäteninvasion in die Ovarien handelt, 
welche zu einer vorübergehenden oder dauernden Schädigung 
dieser Organe führen kann. 

Dr. Albert Müller (Bielefeld): Zur primären Tubcntuberkulose. 
(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 33.) 

Verfasser berichtet aus der Abteilung von T h o r n in 
Magdeburg üljer einen Fall von Eileitertuberkulose, welcher 
deswegen bemerkenswert ist, weil es sich sehr wahrscheinlich 


um eine primäre Infektion der betreffenden Tube handelte. 
Die betreffende Patientin, ein 22 jähriges, bis dahin gesundes 
kräftiges Mädchen wurde operiert; die linken Adnexe waren 
in einen kindskopfgroßen Eitersack verwandelt. Dieser platzte 
bei dem Versuch, ihn zu lösen, wobei sich eine reichliche 
Menge dicken, gelbgrünen Eiters entleerte; er wurde dann ent¬ 
fernt. Die rechte Tube war ebenfalls in ihrem Verlauf knotig 
verdickt, mit dem vergrößertem Ovarium ziemlich fest ver¬ 
wachsen, ihre Serosa entzündlich verändert. Deshalb wurden 
bis auf den Hilusrest des Ovariums auch die rechten Adnexe 
entfernt. Dann wurde das Tumorbett in der Tiefe nach 
Mikulicz drainiert und die Bauchhöhle dann bis auf die 
Tamponöffnung geschlossen. Die histologische Untersuchung 
der exstirpierten Gewebe ergab, daß es sich um eine Tuber¬ 
kulose der Tubenschleimhaut handelte. Etwa vier Tage nach 
der Operation bildete sich eine Dünndarmbauchdeckenfistel, 
und am 24. Tage erfolgte unter zunehmender Entkräftung der 
Exitus. Bei der Sektion fand sich neben einer allgemeinen 
Peritonealtuberkulose eine ausgesprochene tuberkulöse Endo¬ 
metritis; dagegen fanden sich sonst bei der Sektion bei der 
subtilsten pathologisch-anatomischen Untersuchung nicht die 
geringsten älteren oder abgelaufenen tuberkulösen Prozesse. 
Verfasser ist daher der Ansicht, daß im vorliegenden Falle 
die Tuben tuberkulöse als primär anzufassen ist; die 
Peritonealtuberkulose aber offenbar durch Infektion bei der 
Operation entstanden desgleichen machte die Tuberkulose des 
Endometriums einen ganz frischen Eindruck, hier handelte es 
sich offenbar um einen sekundären Prozeß. R. L. 

Dr. Hermann Küster (Breslau): Die Behandlung der ver¬ 
schleppten Querlage mittels der Rhachiotomie. (Münch, 
lhed. Wochenschrift, 1910, No. 32.) 

Bei der Behandlung der verschleppten Querlage hat 
Küstner als obersten Grundsatz seit jeher die Schonung des 
gedehnten unteren Uterusabschnittes aufgestellt. Um diesem 
Grundsatz Rechnung zu tragen, muß man die Wirbelsäule des 
Kindes vor dem Austritt beweglich machen, denn die Ursache 
dafür, daß trotz guter Wehen die querliegende Frucht nicht in 
das Becken eintritt, ist einzig die Starrheit der kindlichen 
Wirbelsäule. Die bisherigen Methoden zur Beendigung der 
Geburt bei verschleppter Querlage entsprechen nach Verfasser 
dem oben erwähnten Grundsatz nicht, sie setzen den Uterus 
der Gefahr der Zerreißung aus. Alle Schwierigkeiten jedoch 
fallen fort, wenn man die Wirbelsäule durchtrennt. Zu diesem 
Zweck hat Küstner ein besonderes Instrument, das 
Rachiotom. konstruiert. Dieses Instrument ist ähnlich wie 
Kranioklast gebaut, nur die Enden sind für den besonderen 
Zweck besonders ausgebildet. Das eine Ende trägt ein ge¬ 
bogenes, scharf geschliffenes Messer, das andere ist eine 
Scheide, in welcher das Messer hineinpaßt. Das Instrument 
wird in folgender Weise eingeführt. Der vorgefallene Arm 
des Kiiides wird angeschlungen und kräftig nach außen und 
unten dirigiert, so daß der Thorax möglichst tief gezogen und 
zugleich der Zugang zu ihm frei wird. Unter Leitung von zwei 
oder drei Fingern wird sodann ein spitzes scherenförmiges 
Perforatorium eingeführt und mit ihm ein Loch in den Thorax 
gebohrt, welches durch Spreizen der Scherenarme bis zu dem 
Grade erweitert wird, daß in die Oeffnung das geschlossene 
Rachiotom eingeführt werden kann. Wieder unter Kontrolle 
des Fingers wird in die Oeffnung das geschlossene 
Rachiotom eingeführt und so gedreht, daß die Scheide des 
Messers der Wirbelsäule des Kindes zugekehrt ist. Hierauf 
wird der scheidenförmige Teil wieder entfernt, während das 
Messer gedeckt durch den Thorax des Kindes liegen bleibt, 
und je nach der Lage des Kindes genau wie der zweite. Teil 
des Kranioklasten wieder über den Rücken des Kindes an¬ 
gelegt, indem man ihn flach zwischen Kindeskörper und mütter¬ 
lichen Weichteilen einführt und erst aufstellt, wenn er seinen 
Platz erreicht hat. Liegt der Rücken des Kindes vorn, so liegt 
der zweite Teil hinter der Symphyse, im anderen Falle kommt 
er nach dem Kreuzbein hin zu liegen. Genau wie bei dem 
Kranioklasten werden nun beide Teile in das Schloß gebracht 
und nach Befestigung der Schraube zusammengedreht. Ein. 
deutlich hörbares Geräusch und ein Knacken zeigen an, daß 
die Wirbelsäule durchtrennt ist. Je nach Bedarf wird das 
Instrument ein zweites oder drittes Mal zur Durchtrennung 
der Rippen in der gleichen Weise angelegt, nachdem es ohne 
Gefahr für die mütterlichen Weichteile in geschlossenem Zu¬ 
stande herausgezogen worden ist. Die Herausbeförderung 
der nunmehr beweglich geworden Frucht geschieht in der 
Weise, daß die untere Rumpfhälfle an der Schnittfläche mit 
Hakenzangen oder mit dem Kranioklasten gefaßt und ins 
Becken gezogen wird; dann folgt die Extraktion des Kopfes 
je nach der Beschaffenheit des Beckens durch einfachen Zug 
am Arme und Veit-Sm eilies Handgriff, oder durch Per¬ 
foration und Kranioklasie. Diese Methode hat sich an der 
Breslauer Frauenklinik bewährt und Verfasser empfiehlt sie 
darum zur weiteren Anwendung in der Praxis. 



No. 39. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Prof. Dr. Ä. Diihrssen: Di« neue Geburtshilfe und der prak¬ 
tische Arzt. (Der prakt. Arzt, Januar 1910, No. 1.) 

Verfasser beschreibt zunächst die von. ihm ersonnene Ver¬ 
einfachung seines’ vaginalen Kaiserschnitts als Metreurynter¬ 
schnitt. Erzielt bei Lebensgefahr für die Mutter oder das Kind 
die dem Praktiker in erster Linie zu empfehlende Metreuryse 
mit Handzug keine rasche Erweiterung des geschlossenen 
Kollum, so wird auf dem in situ befindlichen Ballon die vordere 
Lippe der Portio, dann das vordere Scheidengewölbe und nach 
Abschiebung der Harnblase die supravaginale Cervixpartie 
so weit gespalten, bis der Ballon im Durchschneiden ist. Man 
zieht ihn heraus, nachdem man das obere Ende des Schnitts 
durch einen Fadenzügel gesichert hat, macht Wendung und 
Extraktion und näht nach Entfernung der Placenta die an dem 
Fadenzügel heruntergezogene Uteruswunde mit fortlaufendem 
Katgutfaden. Die Wunde im Scheidengewölbe verkleinert sich 
so, daß sie keiner Naht bedarf. Man führt durch sie einen 
Jodoformgazestreifen gegen die vordere Cervixwand. Kann 
der vordere Schnitt wegen der Peritoneaigrenze nicht so weit 
geführt werden, daß der Ballon heraustritt, so spaltet man auch 
noch die hintere Cervixwand und das hintere Scheidengewölbe 
bis zum Peritonealansatz. Vor der Operation erhält die Pat. 
Ergotin subkutan. Die Operation ist deswegen so einfach, weil 
der Ballon die einschneidenden Partien bis nahe an den 
Introitus herunterbringt und sie zu gleicher Zeit blutleer macht. 
Bei enger Vagina ist eine vorherige Scheidenspaltung indiziert, 
die man eventuell auch in sehr bequemer Weise auf dem in 
die Vagina eingeführten Ballon ausführen kann. — Der 
Metreurynterschnitt in Kombination mit einem Flankenschnitt 
(Laparo-Kolpohysterotomie) stellt auch die beste Methode des 
extraperitonealen Kaiserschnitts bei engem Becken dar. Die 
Operation besteht darin, daß eine seitliche Oeffnung subperito¬ 
neal in der vorderen Bauchwand und eine zweite von der 
Vagina in dem vorderen Scheidengewölbe und der vorderen 
Cervixwand angelegt wird. Letztere Oeffnung läßt sich durch 
Zug nach oben an die obere Oeffnung so heranbringen, daß 
nunmehr durch beide Oeffnungen hindurch das Kind oberhalb 
des Beckens durch Zange oder am Fuß extrahiert werden kann. 

Eine Hauptindikation für die Ausführung des einfachen 
Metreurynterschnitts gibt die Eklampsie ab. Auch bei Placenta 
praevia bietet der Metreurynterschnitt viele Vorteile. Ueber- 
haupt könnte die systematische Anwendung des Metreurynter¬ 
schnitts auch bei Lebensgefahr des Kindes allein in Deutsch¬ 
land vielen Tausenden von Kindern das Leben retten. K r. 

Dr. St. Engel, Oberarzt der akademischen Klinik für Kinder¬ 
heilkunde zu Düsseldorf: lieber einige Fragen der Frauen- 
milchsckretion insbesondere über die Sekretion des Milch- 
fettes. (Archiv für Kinderheilkunde, Bd. 53, H. 4.) 

Bekanntlich trinken Säuglinge an der Multerbrust bei der 
ersten Mahlzeit am Morgen und der letzten Mahlzeit am Abend 
weit größere Mengen als bei den Mahlzeiten im Laufe des 
Tages. Diese Beobachtungen bestätigt Verfasser für seine An- 
staltsammen, die mehrere Säuglinge nacheinander anlegen 
mußten, von deren Brust also die volle Leistung beansprucht 
wird. — Gleichzeitig hat die Untersuchung des Fettgehaltes 
ergeben, daß Milchmenge und Fettgehalt in umgekehrtem 
Verhältnis zueinander stehen, daß also die Milch einer reich¬ 
lich sezernierenden Brust weniger Fett enthält als die einer 
spärlich fließenden. Therapeutisch kann man diese Tatsachen 
verwerten, indem man einen Säugling, der fettarme Milch be¬ 
kommen soll, an die Brust einer Amme legt, die viel Milch 
produziert. — Ferner hat Verfasser die Angaben Molls nach¬ 
geprüft, daß Zufütterung von Fett (Speck) die Ammenmilch 
fettreicher mache. Das kann der Autor nicht bestätigen, wenn 
die Amme ausgiebig ernährt und nicht unterernährt ist. R. 


II. Therapeutische Notizen. 

Die Extension bei der Behandlung gewisser Nervenaffek- 
tionen empfiehlt (Deutsche med. Wochenschrift, No. 33) Dr. 
A. Heermann (Cassel). Die Extension ist indiziert bei Kontrak¬ 
turen, klonischen und tonischen Krampfformen, Tremor und 
Neuritiden verschiedenen Ursprungs. Man wird z. B. auf Stirn 
und Kopf die Kopfhaut nach vorn, hinten oder den Seiten, für 
den Hals, den Kopf nach oben oder nach der Seite, die Schul¬ 
tern nach unten ziehen, für den Unterarm die Hand beugen 
oder strecken usw. Findet man, daß diese Prozeduren gut ver¬ 
tragen werden und daß eine wenn auch nur geringe Besserung 
der betreffenden Beschwerden eintritt, so wiederhole man die 
Prozedur 1—2 mal täglich. Noch wirksamer erweist sich die 
Doppelextension, d. h. die Kombination von Extension in der 
Längsachse eines Körperteils mit Hyperextension, welche zwar 
auch manuell ausgeführt werden, doch zweckmäßiger mit Appa¬ 
raten vorgenommen wird, weil diese nicht nur bequemer zu 
handhaben sind, sondern auch eine größere Exaktheit in der 
Ausführung gewährleisten. Verfasser benutzt dazu Hebel- 
extensionsapparate] die gleichzeitig zur Behandlung von Ge- 


601 

lenksteifigkeiten dienen und für alle Gelenke vorgesehen sind. 
Besonders bei der Behandlung der Ischias hat sich diese 
Methode als zweckmäßig erwiesen. Man beginnt damit, das 
gestreckte Bein des liegenden Kranken sanft einige Sekunden 
lang so zu ziehen, wie man einen Stiefel auszuziehen pflegt. Es 
wird dann unter Längszug vorsichtig täglich 1—2 mal je 5 bis 
30 Sekunden (nur in alten Fällen bis zu 5 Minuten) das Bein 
bis zu der Höhe gehoben, welche jedesmal ohne eigentliche 
Schmerzen ertragen wird. An diese Vorwärtsdehnung schließt 
sich dann die Rückwärtsdehnung, die spezielle Dehnung des 
im Unterleib gelegenen Nervenabschnittes an. Das Bein des 
seitlich gelagerten Kranken wird wieder einige Sekunden 
extendiert und nach hinten hyperextendiert oder bei Rücken¬ 
lage über die Kante eines Tisches, über eine Sofalehne oder 
dergl. nach unten gezogen, und zwar am besten durch die 
eigene Schwere des Gliedes, welche nur durch die Hand des 
Arztes reguliert wird. Die ganze Extensionskur ist beendet, 
wenn das kranke Bein ohne jede Spannung den Bewegungs¬ 
umfang des gesunden erreicht hat. Daneben können auch die 
übrigen physikalischen und gelegentlich medikamentöse Hilfs¬ 
mittel zur Behandlung herangezogen werden. R. L. 

Ueber Bandwurmkuren mit dem von F. Kraft aus 
dem ätherischen Extrakt der Farnwurzel isolierten Aspidinol- 
filicin (das unter dem Namen Filmaron in den Handel kommt) 
berichtet Dr. Vincenzo Gandini, daß sich das Mittel als sicher 
wirksam erwies und im Gegensatz zum Filixextrakt keinerlei 
schädliche Nebenwirkungen verursachte. Der Verfasser schil¬ 
dert die toxischen Nebenwirkungen des Filixextraktes, welche 
sich in schweren Fällen durch vollständige dauernde Erblin¬ 
dung äußern können und den praktischen Arzt zur großen 
Vorsicht beim Gebrauche des Extraktes nötigen. Er erklärt 
die Nachteile des Filixextraktes durch den schwankenden Ge¬ 
halt an wirksamen Bestandteilen und seine Veränderlichkeit. 
Einige der mit Filmaron behandelten Fälle betreffen Kinder 
zwischen 6 und 9 Jahren, bei denen der Verfasser als weiteren 
Vorteil des erwähnten Bandwurmmittels das leichte Einnehmen 
hervorhebt. (Medicina Nuiva [Parte Scientifica], Roma 1910, 
No. 11.) 

Mit Filmaron sind ferner im parasitologischen 
Institut des Herrn Prof. Perron cito in Turin von 
Dr. P. Barabaschi verschiedene Bandwurmkuren aus¬ 
geführt worden, die alle positiv und ohne Nebenwirkungen 
verliefen. Der Verfasser hebt die zuverlässige Wirksamkeit 
und Unschädlichkeit des Mittels hervor und bezeichnet Filmaron 
als das allen anderen bisher bekannten Wurmmitteln weit 
überlegene Anthelminthicum. (Gazzetta degli Ospedali e delle 
Cliniche, 1910, No. 86.) 


III. Bücherschaa. 

Nahrungsmittel-Tabelle zur Aufstellung und Bered]- 
n u n g von Diätverordnungen für Kra n k e n - 
haus und Praxis. Von Dr. Hermann Schall und Dr. 
W. August Heislcr. Zweite, bedeutend vermehrte Auflage. 
Würzburg 1910, Curt Kabitzsch (A. Stübers Ver¬ 
lag). 

Daß dieses Hilfsmittel für die Diätotherapie sich in der 
Praxis bewährt hat, geht aus der Tatsache hervor, daß sich 
schon 1 Jahr nach dem erstmaligen Erscheinen der Tabelle 
eine neue Auflage als notwendig erwiesen hat. Die Verfasser 
haben diese Gelegenheit benutzt, das Werkchen nach mancher 
Richtung hin zu erweitern. So ist dem Werk auch in seiner 
neuen Auflage die Gunst des ärztlichen Publikums, insbeson¬ 
dere der Sanatorieninhaber, sicher. 

Die Praxis der Ernährungstherapie der Zuckerkrankheit. Von 
Dr. Hermann Schall und Dr. August Heisler, früheren 
Assistenten der medizinischen Klinik in Marburg. Mit 
1 Kurventafel. Würzburg 1910, Curt Kabitzsch 
(A. Stübers Verlag). 63 S. 1,70 M. 

Die neueren Forschungen über das Wesen des Diabetes 
mellitus haben als Hauptergebnis für die Praxis die Erkennt¬ 
nis gezeitigt, daß bei kaum einer Krankheit ein schematisches 
Vorgehen nach allgemeinen festen Normen weniger am Platze 
ist als bei der Zuckerkrankheit. Jeder Diabetiker will und 
muß individuell beurteilt werden und danach die für ihn als 
am geeignetsten erkannte Diät erhalten. Eine solche Therapie 
hat einerseits eine fortlaufende sorgfältige Kontrolle des Stoff¬ 
wechsels, basiert auf genauen quantitativen Harnanalysen, zur 
Voraussetzung, andererseits erfordert sie eine vollständige Be¬ 
herrschung der Diätetik und der rationellen Kochkunst, vor 
allem muß, wie die Verfasser mit Recht fordern, den größe¬ 
ren Krankenhäusern eine unter fachmännischer Leitung 
stehende Diätküche angegliedert werden. Die vorliegende 
Schrift gibt eine sehr gründliche Anleitung dazu, wie nach der- 




602 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 39. 


artigen Grundsätzen die diätetische Behandlung der Diabetiker 
im einzelnen durchzuführen ist. Die Verfasser behandeln zu¬ 
nächst die allgemeinen theoretischen Grundlagen der Diät- 
behandlung der Zuckerkranken, sie schildern ferner die wich¬ 
tigsten bei Diabetikern in Betracht kommenden qualitativen 
und quantitativen Harnuntersuchungsmethoden und geben 
dann eine eingehende spezielle Diätetik des Diabetes mit Ein¬ 
schluß der Kochtechnik. Die Schrift, die aus den eigenen 
klinischen Erfahrungen der Verfasser erwachsen ist, darf allen 
Kollegen, welche, sei es in der Privatpraxis, sei es in Kranken¬ 
häusern oder Sanatorien, mit der Behandlung von Diabetikern 
zu tun haben, als wertvolles Hilfsmittel empfohlen werden. 

Jahreskurse fiir ärztliche Fortbildung in zwölf Monats¬ 
heften. Herausgegeben von den Professoren v. Bruns 
(Tübingen), E. Bumm (Berlin), Erb (Heidelberg), 
v. Gr über (München), v. Noorden (Wien), 
v. Strümpell (Leipzig). Redakteur: ür. D. Sarason 
(Berlin). J. F. Lehmanns Verlag, München. 8. Heft, 
August. 108 S. Einzelpreis 3,50 M. Preis des ganzen Jahr¬ 
gangs 16 M. 

Das vorliegende Heft der Jahreskurse ist der Therapie ge¬ 
widmet, und zwar haben alle Zweige der modernen Therapie 
gleichmäßig Berücksichtigung gefunden. Das vorliegende Heft 
gibt denn auch in der Mannigfaltigkeit seines Inhalts ein treues 
Bild von der reichen Anzahl von chemischen und physikali¬ 
schen Agentien, welche heute dem praktischen Therapeuten 
für seine Zwecke zur Verfügung stehen. Der Inhalt gliedert 
sich in 9 Abschnitte; den Anfang bilden die Phar nt ako- 
1 o g i e und Balneologie, von Prof. K i o n k a in Jena 
bearbeitet; dann folgt die Hydrotherapie (Privatdozent 
Strasse r in Wien), die Aerotherapie (Privatdozent 
Dr. H. De t er mann in Freiburg), die Diätetik (Prof. 
H. St rau ss in Berlin). Weitere Abschnitte sind gewidmet 
der Krankenpflege (Prof. S a 1 z w e d e 1 in Berlin) und 
der Elektrotherapie (Privatdozent Dr. Franken¬ 
häuser in Berlin). Den Abschluß bildet ein Kapitel über die 
Röntgentherapie einschließlich der Radium thera- 
pie aus der Feder von Privatdozent Holzknecht in Wien 
und eine Uebersicht über den gegenwärtigen Stand 
der Lichttherapie von Privatdozent Dr. Freund in 
Wien. Es liegt in der Natur der Sache und in dem Plan des 
ganzen Werkes begründet, daß von einzelnen Abschnitten nur 
einige Einzelfragen behandelt sind; so wird in der Pharma¬ 
kologie die Frage der Mischnarkose, in der Balneologie die 
Wirkung der Kalkwässer besprochen, in der Diätetik die Frage 
der chlorarmen Ernährung und der Karellkur. Dagegen bieten 
die anderen Abschnitte mehr allgemeine Uebersichten über 
die neuesten Fortschritte der betreffenden Gebiete. Die Be¬ 
arbeitung der einzelnen Kapitel, welche durchweg von autori¬ 
tativen Vertretern der in Frage kommenden Spezialdisziplineu 
herrührt, entspricht allen Anforderungen, welche man an ein 
Sammelwerk von der Art des vorliegenden stellen kann; die 
Lektüre dieses durch die Reichhaltigkeit seines Inhalts aus¬ 
gezeichneten Heftes gewährt vielfache Anregung. R. L. 


IV. Tagesgeschichte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Ueber die voraussichtliche weitere Behandlung 
des Entwurfes der Reichsversicheriingsordiiung berichten die 
Tageszeitungen Folgendes: Die Reichstagskommission für die 
Reichsversicherungsordnung wird ihre am 14. Juli unterbroche¬ 
nen Sitzungen in etwa 14 Tagen wieder aufnehmen. Bisher hat 
sie etwa ein Drittel des Entwurfes bearbeitet. Da indes ihre Be¬ 
schlüsse in der beabsichtigten zweiten Kommissionslesung 
größtenteils abgeändert werden dürften, so ist nicht anzu¬ 
nehmen, daß die Kommission bis zur Wiederaufnahme der 
Reichstagssitzungen ihre Arbeiten beendet hat. Man rechnet 
vielmehr damit, daß sie noch bis in die ersten Monate des 
nächsten Jahres hinein zu tun haben wird, und daß der Ent¬ 
wurf erst im Februar oder März an das Plenum zurückgelangen 
kann. Da aber dann zunächst der Etat und das neue Militär¬ 
gesetz verabschiedet werden müssen, so würde die zweite 
Plenarberatung der Reichsversicherungsordnung erst nach den 
Osterferien beginnen können. Unter diesen Umständen wäre 
an die Verabschiedung der Vorlage durch den jetzigen Reichs¬ 
tag kaum noch zu denken, wenn nicht in der Kommission be¬ 
reits zwischen den verbündeten Regierungen und der großen 
Mehrheit der Parteivertreter über alle wichtigen Streitfragen 
eine völlige Uebereinstimmung erzielt würde, so daß die 
Plenarberatungen möglichst beschleunigt werden können. Diese 
Absicht besteht tatsächlich und es soll alles aufgeboten werden, 
um sie zu verwirklichen. 

— Nach einer offiziösen Mitteilung der Tagesblätter kann 
erwartet werden, daß der Entwurf eines Ivurpfuschereigesetzes 


nach Beratung durch den Bundesrat in der nächsten 
Tagung dem Reichstage zugehen wird. Die Verzögerung 
in der Fertigstellung des Entwurfs, der aus dem Jahre 1908 
stammt, ist auf erneute Verhandlungen zurückzuführen, die im 
vergangenen Jahr wieder aufgenommen werden mußten. Der 
Entwurf ist bereits vor längerer Zeit von der wissenschaftlichen 
Deputation des Kultusministeriums beraten worden und hat 
den Bundesregierungen zur Begutachtung Vorgelegen. In der 
Hauptsache enthält er die Bestimmung der Anzeige¬ 
pflicht und der gewerblichen Anmeldung für die in Rede 
stehenden Personen; er gibt den Behörden das Recht, deren 
Bücher und Kuren zu kontrollieren und ihre Tätigkeit zu über¬ 
wachen. — Soweit man aus dieser wohl absichtlich etwas un¬ 
klar gehaltenen Notiz ersehen kann, dürfte sich der von dem 
Bundesrat akzeptierte abgeänderte Entwurf als eine wesent¬ 
liche Abschwächung des vor V/z Jahren publizierten darstellen. 


Universitätswesen, Personal nach richten. 

Berlin. Im Alter von 68 Jahren starb hierselbst der 
Geh. Sanitätsrat Dr. Eduard Thorner, einer der ange¬ 
sehensten Praktiker Berlins. Auch wissenschaftlich ist er 
mehrfach hervorgetreten, so als Verfechter der Tuberkulin¬ 
therapie und als Konstrukteur medizinisch-elektrischer Appa¬ 
rate. Einer seiner Söhne ist der Privatdozent der Ophthalmo¬ 
logie Dr. Walter Thorner, der sich durch seinen Demon¬ 
strationsaugenspiegel einen Namen gemacht hat. 

— Zum Direktor der inneren Abteilung des Rudolf 
Virchow-Krankenhauses ist als Nachfolger des Herrn Geheim¬ 
rat Prof. Gold scheider der bisherige dirigierende Arzt 
Prof. Dr. L. K u 11 n e r gewählt worden. 

Paderborn. Dr. Flörcken, Assistent der chirurgi¬ 
schen Klinik in Würzburg, ist zum Chefarzt des Landeshospitals 
in Paderborn gewählt worden. 

Wien. Der langjährige Assistent des verstorbenen Prof. 
Zuckerkandl Prof. Dr. Julius Tandler wurde zum 
ordentlichen Professor der Anatomie und zum Vorsteher der 
I. anatomischen Lehrkanzel an der Wiener medizinischen 
Fakultät ernannt. Ferner ist endlich auch der durch den Tod 
Dr. Schnabels vakante ophthalmologische Lehrstuhl besetzt 
worden und zwar mit Prof. D i m m e r in Graz, der anfänglich 
abgelehnt hatte. 

Prag. Dr. Hans R u b r i t i u s hat sich an der deut¬ 
schen Universität für Chirurgie habilitiert. 

Innsbruck. Der außerordentliche Professor der phy¬ 
siologischen Chemie an der Universität in Graz, Dr. F r i t z 
P r e g 1, ist zum ordentlichen Professor der angewandten 
medizinischen Chemie in Innsbruck ernannt worden. 

Klausen bürg. Dr. Fr. Veress hat sich für Derma¬ 
tologie habilitiert. 

Brüssel. Hierselbst ist kürzlich in den Räumen des 
hiesigen mediko-mechanischen Instituts ein Denkmal für den 
jetzt 75 jährigen Begründer der Mechanotherapie Gustav 
Zander in Form einer Marmorbüste des Gefeierten enthüllt 
worden. 

Kopenhagen. Im vorigen Monat wurde hier das in 
erster Linie den Lehrzwecken der Universität dienende neue 
Reichshospital feierlich eröffnet. Es stellt einen aus mehr als 
40 Häusern bestehenden Gebäudekomplex dar. Gleichzeitig 
wurden vier neue Institute (für pathologische Anatomie 
[Prof. Fibiger], Gerichtsarzneikunde [Prof. Pontop- 
pidan], allgemeine Pathologie [Prof. C. .1. Salomonsen] 
und Pharmakologie [Prof. Bock]) in Gebrauch genommen. 
In der Nähe des Hospitaleinganges ist vor kurzem ein Finsen- 
Denkmal enthüllt worden. 


Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Wiesbaden. Der 27. Kongreß für innere Medizin wird 
vom 19.—22. April 1911 in Wiesbaden stattfinden. Als Haupt¬ 
beratungsgegenstand wurde bestimmt: Ueber Wesen und Be¬ 
handlung der Diathesen. 


Gerichtliches. 

Cöln. Der Apothekenbesitzer Alfons Weine rt in 
Biesen, bekannt durch seine Kurpfuschereien und den Vertrieb 
des Rheumacids und der Thisquenschen Heilmittel, hatte sich 
vor der hiesigen Strafkammer wegen schwerer Beleidigung 
eines dortigen Frauenarztes zu verantworten. Er war bereits 
wegen Beleidigung eines Arztes mit drei Monaten Gefängnis 
vorbestraft. Neuerlich hatte er nun an den Kreisarzt Dr. 
Meder zwei Briefe geschrieben, worin er behauptete, der 
Frauenarzt habe sich an Patientinnen vergangen. Die Ver¬ 
handlungen fanden unter Ausschluß der Oeffentlichkeit statt. 
Das Gericht erkannte für jeden der Fälle wieder auf drei 
Monate, also auf sechs Monate Gefängnis. 

Verschiedenes. 

Berlin. Die Deutsche Gesellschaft fiir Volksbäder 
schreibt einen Preis aus für Erlangung von zweck- 




No. 39. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


603 


mäßigen und preiswerten Pap.iertüchern 
zum Abtrocknen der Hände. Ausgesetzt sind drei 
Geldpreise von 300 bezw. 200 und 100 M. Die sonstigen Be¬ 
dingungen des Wettbewerbs können durch die Geschäftsstelle 
der Gesellschaft,, Berlin SW., Bernburgerstr. 14, bezogen 
werden. 

B r a u n s c h w e i g. Der Verein zur Wahrung der wirt¬ 
schaftlichen Interessen deutscher Apotheker, eine nach dem 
Vorbilde des Leipziger Verbandes gegründete mit dem Deut¬ 
schen Apotheker-Verein in Verbindung stehende Apotheker¬ 
organisation, die jetzt nahezu 4000 Apothekenbesitzer zu ihren 
Mitgliedern zählt, hat am 5. September ihre 4. Hauptversamm¬ 
lung in Braunschweig abgehalten. Den ersten Verhandlungs¬ 
gegenstand bildeten die Beschlüsse, welche die Kommission 
des Reichstages zur Beratung der Reichsversiche¬ 
rung s o r d n u n g in bezug auf die Verhältnisse des Arznei¬ 
bezuges der Krankenkassen gefaßt hat. Nach einem Referat von 
Dr. W i 1 d t (Eupen) wurde folgende Erklärung einstimmig ( 
angenommen: „Die annähernd 4000 im Verein zur Wahrung ! 
der wirtschaftlichen Interessen deutscher Apotheker organi- [ 
sierten deutschen Apothekenbesitzer sind zwar bereit, den 
Krankenkassen wie bisher Vorzugsbedingungen in Gestalt von 
Rezepturrabatt und Handverkaufspreisen auf Grund freier ört¬ 
licher Vereinbarungen zu gewähren, sie erblicken dagegen in 
bedingungslosem Zwangsrabatt sowie zwangsweiser Einführung 
von Handverkaufspreisen den Ruin vieler Apotheken und ver- , 
langen unter Vermeidung jeder Aenderung der heutigen | 
Rechtslage zum mindestens die Uebernahme .der bezüglichen 
Bestimmungen aus dem heutigen Krankenversicherungsgesetz 
in die Reichsversicherungsordnung mit dem alleinigen Zusatze, 
daß ein Zwang zum Bezüge der dem freien Verkehr über¬ 
lassenen Mittel aus anderen Bezugsstätten als deutschen Apo¬ 
theken den Versicherten nicht auf erlegt werden darf.“ 

Stuttgart. In einem süddeutschen Sanatorium 
fand im Sommer 1909 ein mittlerer Staatsbeamter Aufnahme, 
der, an starker seelischer Bedrückung leidend, wegen Selbst¬ 
mordabsicht besonderer Bewachung bedurfte. Nach etwa zwei¬ 
monatigem Aufenthalt gelang es dem Kranken, seine Wärter 
zu überlisten. Während er, schreibend und anscheinend auf 
nichts achtend, am Tische saß, trat ein Wärter mit zwei Eimern 
in den Händen zur Tür herein. Dies sehen, aufspringen, den J 
Wärter beiseite stoßen und zur Tür hinauseilen war eins. Zum 1 
Unglück war die nahe, sonst regelmäßig verschlossene Boden¬ 
türe in diesem Moment nicht geschlossen. Auf sie hatte es 
aber gerade der Lebensüberdrüssige abgesehen. Er sprang, 
vom Wärter verfolgt, die Treppe hinauf und stürzte sich,- ehe 
er eingeholt werden konnte, durch das Bodenfenster hinunter. 
Nach drei Tagen erlag er seinen schweren Verletzungen. Die 
Hinterbliebenen machten den Arzt, dem die Heilanstalt ge¬ 
hörte, für den schweren wirtschaftlichen Schaden haftpflichtig, 
den sie durch den frühzeitigen Tod des erst 39 jährigen Gatten 
und Vaters erlitten hatten. In der Tat ließ sich kaum ver¬ 
kennen, daß das verhängnisvolle Nichtverschlossensein der 
Bodentüre eine den bedauerlichen Ausgang mit verursachende 
Fahrlässigkeit darstellte, die der Arzt vertragsmäßig zu ver¬ 
treten hatte. So kam es schließlich zu einer außergericht¬ 
lichen Einigung, der gemäß der Arzt, oder vielmehr der | 
Stuttgarter Versicherungsverein, bei welchem J 
der betreffende Arzt gegen Haftpflicht versichert war. eine Ab- [ 
ßndung von 15 000 M. zahlte und auch die Kosten übernahm. 
(Korr.-Bl. d. Aerztevereine d. Königreichs Sachsen.) 

Cholera-Nachrichten. Eine weitere Ausbreitung der 
Cholera an den von vereinzelten Fällen betroffenen Orten 
im Deutschen Reiche war in der verflossenen Woche nicht zu 
verzeichnen. In unseren auf Wien bezüglichen Mitteilungen 
in der vorigen Nummer war irrtümlich gesagt, daß die beob¬ 
achteten vier Fälle sämtlich einer Familie angehörten; in Wirk¬ 
lichkeit trifft dies nur für drei der vier Fälle zu. 

Unentgeltliche Vorträge und Fortbildungskurse 
für praktische Aerzte in Berlin und der Provinz 
Brandenburg. 

Veranstaltet vom Zentralkomitee für das ärztliche Fortbildungs- 
wesen in Preußen. 

Zwanzigstes Verzeichnis, Winter 1910/11. 

I. Vorträge. 

Die Vorträge Anden im großen Hörsaal des Kaiserin Friedrich- 
Hauses statt und beginnen pünktlich um 8 Uhr. 

Die nachstehenden Vorträge bilden zusammen eine Vor¬ 
tragsreihe : 

Die Gruntlziige der modernen Psychologie und Psychiatrie. 

1. Dienstag, 1. November, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Ziehen 
(Berlin): Die psychologischen Probleme in der Heilkunde. 

2. Freitag, 4. November, Prof. Dr. S o m m e r (Gießen): 
Die Beziehungen der experimentellen Psychologie zur prak¬ 
tischen Medizin (insbesondere zur Psychiatrie). 


3. Dienstag. 8. November, Geh. Med.-Rat Prof. 
Dr. Cr am er (Göttingen): Psychotherapie. 

4. Freitag, 11. November, San.-Rat Dr. Moll (Berlin): 
Sexual-Psychologie und -Pathologie. 

5. Dienstag, 15. November, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Moeli 
(Berlin): Die Aufgaben der ärztlichen Praxis bei der Fürsorge 
für psychisch Kranke. 

6. Freitag, 18. November, Prof. Dr. Aschaffenburg 
(Cöln): Die psychiatrische Sachverständigen-Tätigkeit. 

7. Dienstag, 22. November, Geh. Hofrat Prof. Dr. Hoche, 
(Freiburg i. Br.): Einfache Seelenstörungen (Melancholie, 
Manie, Paranoia). 

8. Freitag, 25. November, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. 
Si e m erlin g (Kiel): Infektions- und autotoxische Psychosen 
(Delirien, Amentia). 

9. Dienstag, 29. November, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Bon- 
h o e f f e r (Breslau): Alkohol-, Alkaloid- und andere Ver¬ 
giftungs-Psychosen. 

10. Freitag, 2. Dezember, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Anton, 
(Halle a. S.): Progressive Paralyse. 

11. Dienstag, 6. Dezember, Geh. Mefl.-Rat"Prcf. Dr. B ins¬ 
wang er (Jena): Neuro-Psychosen (Hysterie, Epilepsie, 
Chorea). 

12. Freitag, 9. Dezember, Med.-Rat Dr. Leppmann 
(Berlin): Die traumatischen Psychosen (und Neurosen) mit 
besonderer Berücksichtigung der Unfall-Gesetzgebung. 

13. Dienstag, 13. Dezember. Prof. Dr. H. Li ep mann 
(Berlin): Die Beurteilung psychopathischer Konstitutionen 
(sog. psychischer Minderwertigkeit). 

14. Freitag, 16. Dezember, Prof. Dr. Alt (Uchtspringe): 
Moderne Anstaltsbehandlung von Geisteskranken. 

II. Fortbildungskurse*). 

Dauer jedes einzelnen Kurses 2—3 Monate. 

Allgemeine Disziplinen. 

1. Freitag, 4. November, 1214—2 Uhr, Prosektor Dr. Max 
Koch: Patholog. Anatomie. Stadt. Krankenhaus am Urban. 

2. Montag, 7. November, 12(4—2 Uhr, Prof. Dr. Zinn: 
Innere Medizin. Städt. Krankenhaus Moabit. 

3. Donnerstag, 3. November, 1 —214 Uhr, Dr. R. Müh¬ 
sam: Chirurgie. 

Spezielle Disziplinen. 

4. Dienstag, 1. November, 6—714 Uhr, Priv.-Doz. Dr. 
Halben: Augenleiden. Poliklinik von Prof. Silex, Karl¬ 
straße 18. 

5. Sonnabend, 5. November, 614—8 Uhr, Dr. Wolff- 
Eisner: Bakteriologie. Die Bedeutung der Bakteriologie 
und der Immunitätsforschimg für Klinik und Praxis. Kaiserin 
Friedrich-Haus. 

6. Freitag, 4. November, 6’4—8 Uhr, Dr. Abel: Frauen¬ 
leiden. Privatklinik, Potsdamerstr. 92. 

7. Dienstag, 1. November, 614—8 Uhr, Prof. Dr. 

Koblanck: Geburtshilfe. Rudolf Virchow-Krankenhaus. 

8. Montag, 7. November, 714—814 Uhr, Ingenieur Heinz 
Bauer: Gewerbehygiene. Technische Betriebe (mit Besichti¬ 
gungen). Kaiserin Friedrich-Haus. 

9. Donnerstag. 10. November, 1—2 1 4 Uhr, Prof. Dr. Hey- 
m a n n: Hals- und Nasenleiden. Poliklinik Luisenstr. 17. 

10. Dienstag, 1. November, 1214—2 Uhr, Dr. H. Lohn¬ 
st ein: Harnleiden und Gonorrhoe. Johanneum, Johannis¬ 
straße 14/15. 

11. Mittwoch, 2. November, 12—114 Uhr, Prof. Dr. 

Blaschko: Hautleiden und Syphilis. Neue Jakobstr. 1. 

12. Mittwoch, 2. November, 6—714 Uhr, Priv.-Doz. Dr. 
Noeggerath: Kinderkrankheiten (mit besonderer Berück¬ 
sichtigung der Ernährung des gesunden und kranken Säug¬ 
lings). Kinderklinik der Kgl. Charite. 

13. Sonnabend, 5. November, 12—1L Uhr, Dr. Esch- 
b a u m: Klinische Chemie. Kaiserin Friedrich-Haus. 

14. Mittwoch, 2. November, 6—7 Uhr, Prof. Dr. Salz¬ 
wedel: Krankenpflege. Kaiserin Friedrich-Haus. 

15. Sonnabend, 5. November, 2—3 1 '•> Uhr, Dr. H. C i t r o n: 
Magen- und Darmleiden. Berliner allgemeine Poliklinik, 
Oranienstr. 45. 

16. Moniag, 7. November, 7—814 Uhr, Dr. Grossmann: 
Ohrenleiden. Poliklinik Karlstr. 18a. 

17. Freitag, 18. November, 614—71 ^ Uhr, Dr. B i e s a 1 s k i: 
Orthopädie (chirurgisch und mechanische). Privatklinik, 
Bayreutherstr. 13. 

18. Dienstag, 1. November, 12)4—2 Uhr, Dr. Nagel¬ 
schmidt: Physikalische Therapie. Neuere Anwendungs¬ 
formen von Wasser, Licht, Wärme und Elektrizität für die 
Krankenbehandhmg. Kaiserin Friedrich-Haus. 

*) Das bei jedem Kurs verzeichnete Datum gibt den Be¬ 
ginn des Kurses an, der dann an den entsprechenden Tagen 
der folgenden Wochen fortgesetzt wird. 







604 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 39. 


Pcrsonalia. 


19. Donnerstag, 3. November, 2 1 i—3% Uhr, Dr. Hess¬ 
in an n: Röntgenlehre. Kaiserin Friedrich-Haus. 

20. Donnerstag, 3. November, 7—8'A Uhr, Dr. Hold- 
h e i m: Tuberkulose (insbesondere Frühdiagnose und Tuber¬ 
kulintherapie). Kaiserin Friedrich-Haus bezw. Poliklinik, 
Sehlegelstr. 30. 

21. Donnerstag, 3. November, 6%—7Va Uhr, Priv.-Doz. Dr. 
Weigert: Wissenschaftliche Grundlagen der Photographie. 
Kaiserin Friedrich-Haus. 

22. Praktische Kurse beim Schiedsgericht für Arbeiter- 
Versicherung (Vorsitzender Ober-Reg.-Rat von Gost- 
kowski): Vorstellung von Rentenbewerbern aus dem Ge¬ 
biete der staatlichen Unfall- und Invaliden-Versicherung. 
Daran anschließend: a) Besprechung der für den Arzt wich¬ 
tigsten Kapitel der staatlichen Arbeiter-Versicherung; b) Teil¬ 
nahme an den Sitzungen des Schiedsgerichts; c) praktische 
Uebungen in der ärztlichen Untersuchung und Begutachtung 
von Unfall- und Invalidenrentenbewerbern. Vortragende: Geh. 
Ober-Med.-Rat Prof. Dr. Dietrich, Dr. Her m a n n Enge 1, 
San.-Rat Dr. J. Köhler. 

Ort: Schiedsgericht, Lützowstr. 111. — Beginn: Montag 
den 7. November, 7 Uhr abends. 

Bemerkungen für die Teilnehmer. 

I. Berechtigung zur Teilnahme. 

Zur Teilnahme an den Vorträgen und Fortbildungskursen 
ist jeder Arzt des Stadtkreises Berlin und der Provinz Branden¬ 
burg gegen Lösung nicht übertragbarer Karten berechtigt. Jede 
Karte gilt für einen einzelnen Fortbildungskursus oder für die 
ganze Vortragsreihe und wird gegen eine Einschreibegebühr 
von je 2 M. verabfolgt. Diese Einschreibegebühr wird, sofern 
die Karte aus irgend welchen Gründen unbenutzt bleibt, nicht 
zurückerstattet. 

2. Art der Meldung. 

Die Karten, sowie die Verzeichnisse der Vorträge und 
Fortbildungskurse sind im Bureau des Kaiserin Friedrich- 
Hauses für das ärztliche Fortbilduugswesen (Schalter für 
Kartenausgabe) zu erhalten, wo auch Auskunft über die Kurse 
erteilt wird (nur schriftlich, oder wochentäglich 9—2 Uhr 
persönlich). 

Schriftlichen Bestellungen sind ein frankiertes Kuvert mit 
der Adresse des Bestellers und die Einschreibegebühr für die 
gewünschten Karten beizufügen (nicht in Metallgeld im 
Couvert). Alle schriftlichen Bestellungen und Postanweisungen 
sind zu richten an: Herrn Kassierer Zürtz, Kaiserin 
Friedrich-Haus, NW. 6, Luisenplatz 2—4. 

Persönliche Meldungen werden wochentäglich von 9 Uhr 
vormittags bis 2 Uhr nachmittags angenommen. Hierbei ist ein 
offenes frankiertes Couvert abzugeben, welches mit der Adresse 
des Bestellers versehen ist und die schriftliche Bestellung ent¬ 
hält: zugleich ist die Einschreibegebühr zu erlegen. 

Telephonische Bestellungen von Karten und Verzeich¬ 
nissen können nicht berücksichtigt werden. 

3. Termine der Meldungen. 

a) Bei Vormerkungen. 

Es haben diejenigen, welche sich bei einem früheren Zyklus 
von Fortbildungskursen für eine bestimmte Disziplin vor¬ 
gemerkt haben, für dieselbe bis zum 5. Oktober einschließlich 
das Vormeldungsrecht. 

b) Beginn der neuen Meldungen am 6. Oktober. 

4. Art der Kartenausgabe. 

Die Teilnehmerkarten gelangen vom 6. Oktober an täglich 
nach Schalterschluß zur Versendung. Sofern bis zum täglichen 
Schalterschluß (2 Uhr) für einen Kurs mehr Meldungen ein¬ 
gegangen sind, als Plätze zur Verfügung stehen, werden die 
zulässigen Teilnehmer durch das Los bestimmt. Die Uebrig- 
bleibenden werden für dieselbe Disziplin des nächsten Kurs¬ 
zyklus vorgemerkt und erhalten die Einschreibegebühr zurück. | 

5. Zuschriften für das Zentralkomitee. 

Alle Zuschriften sind zu richten an das: Bureau des 
Zentralkomitees, NW. 6. Luisenplatz 2—4 (Kaiserin Friedrich- 
Ilaus für das ärztliche Fortbildungswesen). 

Zentralkomitee für das ärztliche Fortbildungswcsen in Preußen. 

W. Waldeyer, R. Kutner, 

Vorsitzender. Generalsekretär. 


V. Amtliche Mitteilungen. 

Zu besetzende Stellen von Medizinalbeamten. 

Die Kreisarztstelle der Kreise Fritzlar und 
Homberg, Regierungsbezirk Cassel, mit dem Amtssitz 
in Fritzlar (Gehalt nach Maßgabe des Dienstalters 2100 bis 
3900 M., Stellenzulage von 450 M. und 240 M. Amtsunkosten¬ 
entschädigung jährlich). 

(Veröffentlicht am 15. September.) 


Preußen. 

Auszeichnungen: Roter Adler- Orden 4. KL: 
San.-Rat Dr. B u c h t e r k i r c h in Stolp. 

Prädikat Professor: Dr. Graeser in Neapel. 

Ernenungen: der außerordentl. Prof. Dr. Gürber in 
Marburg und der außerordentl. Prof. Dr. Heubner in 
Göttingen zu’ ordentl. Professoren, der außerordentl. Prof. 
Dr. Ostmann in Marburg zum ordentl. Honorarprofessor. 

Niedergelassen: Dr. Dam man in Lippspringe, Dr. 
Rost in Borgholzhausen, Dr. H o o g e n in Holzheim, 
W. Müller in Wesel, C. Stelmachowski und R. 
Habermann in Breslau, Dr. Klein in Münsterberg, Dr. 
Wrembel in Kreuznach, Dr. Spitz in Cöln, Dr. 
Schwarz in Waldbröl, Dr. W e i s s in Stettin. 

Verzogen: Dr. Kolbe von Neuheiduk nach Zaborze, Dr. 
Seemann von Plagwitz nach Lublinitz, Dr. Star gar dt 
von Straßburg i. E. nach Kiel, Dr. K o 1 i s c h von Stargard 
i. Pom. nach Dernbach, J. Möllering von Berbach nach 
Stargard, Dr. Voigt von Hitdesheim nach Stettin, Dr. L. 
Hirt von Leipzig nach Breslau, Dr. M. Hoffman n von Bres¬ 
lau nach München, Oberstabsarzt a. D. Dr. Reinhard von 
Leipzig nach Wölfeisgrund, Dr. G e r i c k e von Nordstemmen 
nach Londorf, Dr. Albert von Lübeck und Dr. Hennig 
von Posen nach Göttingen, Prof. Dr. J e n c k e 1 von Göttin¬ 
gen nach Bremen, Dr. Sandrock von Rabenau nach 
Hildesheim, Dr. G. Meyer von Gotha nach Hann.-Münden, 
Dr. H. Maye-r von Frankfurt a. M. nach Darmstadt, Dr. 
H. Schuh von Wiesbaden nach Nürnberg, Dr. K. Klein- 
schmidt von München nach Wiesbaden, Dr. Busch¬ 
hausen von St. Hubert nach Sechtem, Dr. Wiel von 
Sehussenried nach Bonn, Dr. Steinbrecher von Gießen 
nach Merzig, Dr. Meyer von Hiddenhausen nach Davos, 
H. Fette von Hamburg .nach Crefeld, Dr. Oertel von 
Berlin und Dr. Hecker nach Düsseldorf, Dr. Koppel 
nach Essen, Dr. B a r n i k von Mrotschen nach Bromberg, 
Dr. W i 1 d t von Rawitsch nach Dziekanka, Dr. Harnisch 
von Probsthain nach Dessau, Dr. Zschirndt von Witten¬ 
berge nach Grottkau, E. Eckstein von Breslau nach Kattc- 
witz, Dr. W i 11 e k von Kattowitz nach Breslau. 

Verzogen ohne Angabe des neuen Wohnortes: 
G. Schadebrodt von Koserow, Dr. Zink von Göttingen, 
Dr. F. Wagner von Frankfurt a. M., Dr. Mainzer von 
Cöln, Dr. Reuter von Düsseldorf. _ 

Gestorben: Dr. Stahl in Hadamar, Dr. J. N e u s s e 1 in 
Meisenheim, Dr. Berger in Friemersheim. 

Bayern. 

Verzogen: Dr. med. H. Eulen stein von Neu-Pasing bei 
München nach Heidelberg, Dr. Franz Xaver Mayer 
von Wertach, B.-A. Sonthofen, nach Bannholz, Amt Waldshut 
in Baden. 

Württemberg. 

Ernannt: Prof. 'Dr. Perthes in Leipzig zum ordentlichen 
Professor in Tübingen. Dr. Bandelier, bisher Oberarzt 
in Görbersdorf. an Stelle von Dr. L i t z n e r leitender Arzt 
des Schwarzwaldheims Schömberg. 

Niedergelassen: Dr. P. Burger in Zuffenhausen, Dr. 
F. Bouche in Ilsfeld. 

In den Rühes fand versetzt: Oberamtsarzt Med.-Rat Dr. 
Zeller in Ludwigsburg. 

Baden. 

Auszeichnung: Titel und Rang eines außer¬ 
ordentlichen Professors: Priv.-Doz. Dr. Hegar 
in Freiburg i. Br. 

Ernannt: Bezirksassistenzärzte Dr. N i t k a in Mannheim 
und Dr. Guttenberg in Freiburg i. Br. zu Bezirksärzten 
in diesen Städten. 

Gestorben: Dr. Brian in Heidelberg. 

Oldenburg. 

Niederlassung: Dr. Theodor Peters aus Conn- 
hausen (Gemeinde Sillenstede) in Bant. 

Großherzogtum Hessen. 

Ernannt: Priv.-Doz. Prof. Dr. v. Eicken in Freiburg i. Br. 
zum außerordentlichen Professor für Hals- und Nasenleiden 
in Gießen. 

Gestorben: Dr. Kratz, Oberarzt an der Landesheil- und 
Pllegeanstalt in Heppenheim. 

Sachsen-Coburg-Gotha. 

Gestorben: San.-Rat Dr. Rehs in Gotha. 

Anhalt. 

Auszeichnung: Komtur-Insignien 2. K1. des 
Herzoglich A n h a 11 i s c h e n Hausordens 
Alb rechts des Bären: Geh. Med.-Hat Dr. R i c h t c r , 
Reg.- und Med.-Rat in Dessau. 

Schwarzburg-Sondershausen. 

Auszeichnungen: Prädikat als Sanitätsrat: 
Dr. Poppe in Greußen und Dr. E. Wagner in Arnstadt. 


Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131 B., für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin 
Verlag von Oscar Ooblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Carl Marschner. Berlin SW., Alexandrinenstrasse 110. 






Verlag von OSCAR COS 


In Kürze erscheint 


1911 


Herausgegeben von der 

Redaction der Allgemeinen Medicinischen CentraHeitnng (Dr. H. Lohnstein u. Dr. Th. Lohnstein), 

I. Teil: Taschenbuch in Kunstleder gebunden. 

II. Teil: Kalendarium (4Quartalshefte, pro Tag */, Seite), geheftet zum Einhängen. 

Inhalt des I. Teiles: 

Kalendertafel 1911. 


X. Ueber dieSerodiagnostik und diesog. ..biologischeTherapie“ 
der Syphilis und über die bisherigen Erfahrungen mit dem 
Ehrlich-Hata’schen Mittel 600. Von Dr. Fritz Munk, 
Charlottenburg-Berlin. 

XI. Abriss der Symptomatologie und Therapie der am häufig¬ 
sten vorkommenden acuten Vergiftungen. 

XII. Medicinische Tabellen und sonstige für den Arzt wichtige 
Zahlenangaben. 

XIII. Untersuchung des Harns. 

XIV. Einiges aus der Technik der Blutuntersuchung. 

XV. Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebühren¬ 
ordnung für approbirte Aerzte und Zahnärzte. 

XVI. Gesetz betr. die Gebühren der Medicinalbeamten. 

XVTI. Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

XVIII. Bäder und Kurorte. 

XIX. Post-Tarif. 

XX. Tafeln zur Sehprüfung. 

XXI. Notizblätter für Adressen. 


I. Verzeichnis der gegenwärtig gebräuchlichen älteren und 
neueren Arzneimittel. 

II. Die Maximaldosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

III. Uebersicht der wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung kommenden Mittel. 

IV. Zu venneidende Arzneimischungen. 

V. Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 

VI. Medicinischo Räder. 

VII. Auszug aus der deutschen Arzneitaxe 1910. 

Preise für Stoffmengen, Arbeiten und Gefässe.' 

1. Für Arzneistoffe. 2. Für Arbeiten. 3. Für Gefässe. 

VIII. Anweisung zur sparsamen Arzneiverordnung mit Rück¬ 
sicht auf die Krankenkassenpraxis. 

IX. Uebersicht der wichtigsten Nährpräparate. 

■ = Der Preis beträgt wiederum nur 2 , 


Hark. 


Verlag von Oscar Coblentz in Berlin W. 30 


Mitte Oktober 1910 erscheint 


Die Behandlung der Syphilis 

mit 

Dioxydiamidoarsenobenzol 


Sanitätsrat Dr. Wilhelm Wechselmann 

Dirigierender Arzt der dermatologischen Abteilung im Rudolf Virchow-Krankenhaus zu Berlin 

Mit einem Vorwort von 

Professor Dr. Paul Ehrlich 

Geh. Ober=Medizinal=Rat zu Frankfurt a. M. 


Mit 10 Tafeln in Vierfarbendruck 


Preis kartelliert M. IO. 


Durch jede Buchhandlung zu beziehen 













JNIN* 


Seile 

Salbe 



Den seit uralten Zeiten bekannten Schwefel in wasserlöslicher Form zur 
Verwendung in der Heilkunde zu bringen, ist seit langen Jahren eifriges 
Bemühen der chemischen Großindustrie. Die Wasserlöslichkeit des Schwefels 
ist darum erstrebenswert, weil mit ihr eine bei weitem erhöhte Resorbierbarkeit 
des Schwefels verbunden ist. Wir kennen von bisherigen fein verteilten Schwefel¬ 
formen, abgesehen von dem präzipitierten, noch den kolloidalen, doch ist auch 
dieser nicht wasserlöslich. Es ist uns nun gelungen, nach einem vom Deutschen 
Reichspatentamt patentierten Verfahren, ein Präparat zu erhalten, welches den 
Schwefel nicht fein verteilt, sondern wasserlöslich enthält, und bringen dasselbe 
unter der Bezeichnung „Pyonin-Seife“ und „Pyonin-Salbe“ in den Verkehr. 


Ueber die Versuche, welche seit längerer Zeit 
mit diesen neuen Präparaten angestellt wurden, be¬ 
richtete Dr. Halm aus der Breslauer Königl. Uni- 
versitiitshautklinik („Allg. Med. C.-Ztg.“ No. 32, 08): 
Als beste Anwendungsart dieser Seife hat sich uns 
ein Einreiben des mit Wasser geschlagenen Schaumes 
auf die erkrankte Haut erwiesen Dasselbe geschieht 
so lange, bis sich die Haut mit einem Ueberzuge 
des braunen Seifenschaumes bedeckt hat. Dieser 
Ueberzug bleibt nunmehr längere Zeit auf den er¬ 
krankten Partien, unter Umständen die ganze Nacht 
und wird dann mit warmem Wasser abgewaschen. 
Bereits einige Stunden nach der Application sieht 
man eine Bötung und Spannung der Haut eintreten; 
bald beginnen die einzelnen Stellen sich zu schälen, 
bis schließlich nach genügender Fortsetzung der Kur 
eine kräftige Schälwirkung eintritt. Dabei sind die 
häufig unangenehmen Nebenwirkungen der Schäl¬ 
pasten, starkes Brennen oder gar schmerzhaftes 
Spannungsgefühl fast garnicht vorhanden, nicht ein¬ 
mal bei der wirksamsten Form der Anwendung, die 
in mehrfachem, alle 10 Minuten etwa 4—5 mal wieder¬ 
holtem Einreiben der Seife bestand. 

Wir haben auf diese Weise eine sehr große 
Anzahl poliklinischer sowie klinischer Patienten mit 
Acne vulgaris behandelt und bald völliges Ver¬ 
schwinden, bald wenigstens eine solche Besserung 
herstellen können, wie sie mit starken Schälpasten 
in derselben Zeit auch nicht deutlicher eingetreten 
wäre. Bei ganz besonders starken, großpustulösen 
Äcne-Eruptionen haben wir die Seife als Unter¬ 
stützungsmittel für Schälpasten angewandt, indem 
abwechselnd einen Tag für mehrere Stunden eine 
Schälpaste, den nächsten die Seife aufgetragen wurde. 


Die inzwischen weiter ausgeführten prak¬ 
tisch - therapeutischen Versuche von Herrn 
Geheimrat Prof. Dr. Neisser selbst ergaben 
nachstehendes Kesultat: 

„Die mir übergebenen P} T onin-Präparate 
wurden in der mir unterstellten Klinik und 
Poliklinik, sowie auch in meiner Privatpraxis 
längere Zeit angewendet und geprüft Ich 
kann hiernach bestätigen, daß diese nach dem 
patentamtlich geschützten (D. R. - P. 164322) 
Verfahren hergestellten Präparate (ich ver¬ 
weise auf die Arbeit des Herrn Dr. Hahn in 
der „Allgemeinen Medizinischen Central-Zei- 
tung“ 1908, No. 32) sich als gute brauchbare 
Schwefelpräparate erwiesen haben. Es ent¬ 
sprechen demgemäß auch die Indikationen 
und die Anwendungsweise vollständig denen 
der an Schwefelpräparaten gemachten Er¬ 
fahrungen. Die ungemein feine Verteilung 
der Schwefelpartikelchen läßt vielleicht sogar 
auf eine Ueberlegenheit dieses Präparates 
vor gewöhnlichen Schwefel-Suspensionen und 
Salben schließen. Die reine unverdünnte 
Pyonin-Salbe enthält 66°/ 0 löslichen Schwefel; 
es entspricht demgemäß eine 15°/ 0 ig© Pyonin- 
Salbe einer 10°/ 0 igen Schwefel-Salbe.“ 

gez. Professor Dr. Neisser. 


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Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrich9trasse 131 B., für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin. 
Verlag vo:i Oscar Ooblentz. Expeditioüsburean: Berlin W.80, Maasaenstrasse 13. — Druck von Oarl Marschner, Berlin SW., Alexandrinenstrasso 110. 



1. Oktober 1910 



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Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Di% H. Lohnstein und D r. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
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IV. Jahrgang Berlin, 1. Oktober 1910 No. 40 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalsschluss abbestellt sind. Inserate 
werden fiir die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Lehmann: Ueber das 
Eisensajodin. — Lewitt: Ueber Pergenol. 

Nocht und Werner: Beobachtungen über relative Chinin¬ 
resistenz bei Malaria aus Brasilien. — delaMotte: Die Porges- 
sche Luesreaktion. — Löwenberg: Die Serodiagnose der Lues 
mittels der Porg es sehen Reaktion. — Hermann: Klinisch- 
anatomischer Beitrag zur Pathogenese des visceralen Luesfiebers. 
— Burow: Die Tuberkulose und ihre erfolgreiche Behandlung 
mit Guajakol-Arsen. — Weiden bäum: Physikalische Therapie 
in der internen Medizin. — Best: Zur topisihen Diagnose der 
Hemianopsie. — Holländer: Ueber einen Eall von fort¬ 
schreitendem Schwund des Fettgewebes und seinen kos¬ 
metischen Ersatz durch Menschenfett. — Hoffmann: Myositis 
ossificans traumatica als Unfallfolge. — Grekow: Ueber Muskel¬ 
transplantation bei Defekten der Bauchdecken — Kausch: 
Zur Technik der Amputation bei Gangrän und Phlegmone. — 
Orglmeister: Zur Frage der Operatior.smethode bei Genu 
valgum —Witthauer: Hautdesinfektion mit Jothion. — ßu- 
britius: Ein Beitrag zur chirurgischen Behandlung des chro¬ 
nischen Magengeschwürs und seiner Folgeerscheinungen. — 
Kolm: Neben Verletzungen und Komplikationen bei der Operation 
des Mastdarmkrebses. — Fischer: Beitrag zur Kasuistik der 
Selbstheilung hei Gallensteinen. — Alapy: Der Darmverschluß 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Ueber das Eisensajodin. 

Von 

San.-ltat Otto Lehmann (Charlottenburg). 

Jod und Eisen, zwei chemisch verschiedenartige Körper, 
und doch im Arzneischatz treue Bundesgenossen! Wie oft 
fließt ihr Name aus der Feder des Arztes auf das bekannte 
längliche Blättchen, weil sie längst in der Behandlung einer 
Reihe krankhafter Zustände sich unentbehrlich gemacht 
haben. Man denke nur an die Kategorie von Kinderkrank¬ 
heiten, welche der Kinderarzt unter dem Sammelbegriff der 
exsudativen Diathese subsümmiert; und ferner an die große 
Zahl derer, welche bei ihren skrofulösen Erscheinungen mit 
oder ohne Ekzem, Drüsenschtwellungen u. dgl. ein s^hlocjjifes 
Aussehen bieten und in der Entwicklung gelitten ‘ haben. 
Nicht minder außer Acht zu lassen ist die Menge der 
hereditär Syphilitischen mit ihrem blassen Gesicht und ihrer 
nicht selten schwachen Konstitution. Bei allen diesen greift 
der Arzt wohl zuerst zum Jod und, um der gleichzeitigen 
Anämie beizukommen, läßt er dazu die Eisenordination 
nicht fehlen. Mögen auch Stimmen laut geworden sein, 
welche dem medikamentösen Eisengebrauch seinen Wert 
abzusprechen suchten und nur den cisenreichen Nahrungs¬ 
mitteln und zwar besonders cisenreichon Vegetabilien thera¬ 
peutischen Nutzen zuerkannten, so hat der alte gute Ruf 
unserer Eisentherapie, in erster Linie der Bl and sehen 
Pillen doch in nichts verloren. Es ist daher auch kein 
Grund vorhanden, von einem solchen Mittel, dessen toni¬ 
scher Wert durch die Praxis hinreichend legitimiert ist, Ab¬ 
stand zu nehmen. Ist nun dem Eisen neben dem Jod seine 
alte Wirkung zuerkannt, so könnte man ja beide nebenein¬ 
ander ordinieren, wenn cs nicht in der Medizin ebenso wäre 
wie im Leben, nämlich, daß jede Vereinfachung ein Vorteil 
ist. Das deutsche Arzneibuch zeigt uns aber bereits diesen 
Vorteil, indem uns dort zwei Mittel als Schulmedizin genannt 
werden, welche Jod und Eisen als Verbindung enthalten: das 
eine ist das Ferrum jodatum saccharatum, ein trockenes 
Pulver, das andere ist der Symp'us' ferri jodati, eine anfäng¬ 
lich farblose, oft [genug aber auch grünliche syrupöse Flüssig¬ 
keit. Ueber das erstere kann man kurz hinweggehen, denn 
der Kreis der Anhänger dieses wenig wohlschmeckenden' 

UNIVER5HY ÖF MICHIGAN 


der Kinder. — Makkas: Zur Behandlung der Blasenektopie. Um¬ 
wandlung des ausgeschalteten Coecum zur Blase und der Appen¬ 
dix zur Urethra. — Glaserfeld: Bemerkungen zur Behandlung 
des akuten HarnrÖhrentrippers des Mannes. — Sitzenfrey: 
Die Nierenenthülsung mit besonderer Berücksichtigung ihrer An¬ 
wendung bei Eklampsie — Strempel: Zur Indikationsstellung 
und Technik des extraperitonealen Kaiserschnittes. — Scliauen- 
stein: Ueber die Wirksamkeit des Pal tauf sehen Antistrepto- 
kokkenserums bei puerperalen Streptomykosen. — Zweifel: 
Bolus alba als Träger der Infektion. — Görl: Die Sterilisierung 
der Frau durch Röntgen strahlen. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 82. Ver¬ 
sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königsberg 
in Pr. vom 18.— 24. September 1910. 

III. Bücherschau. Klingelhöffer: Das menschliche Auge und 
seine wichtigsten Erkrankungen. —Lübbert: Zur Entstehungs¬ 
geschichte des Krebses und der anderen echten Geschwülste. 
— Veröffentlichungen der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder. 

IV. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. 

V. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 

und. wenig gleichmäßige®. Medikamentes ist nur noch ein 
sehr kleiner; dagegen wird der Syrupus ferri joda.ti noch 
viel verordnet. 

Um den Unterschied dieses öproz. Eisenjodür-Svrupus 
von dem neuen Eisensajodin näher kennen zu lernen, 
müssen wir auf beide etwas näher oingehen. Zunächst ist es 
der Geschmack, der bei dem ersteren nicht gut ist, weshalb 
das Mittel, das viel in der Kinderpraxis gebraucht wird, oft 
relüsiert wird. Indes hierüber müßte man sich bei einem 
Medikament in Ermangelung eines besseren hinwegsetzen, 
sofern es weiter keine Mängel hat. Doch diese zeigt der 
Syrup noch in einem sehr ins Gewicht fallenden Masse in 
seiner Zusammensetzung. Bei Gegenwart von Luft gibt er 
nämlich unter Braunwerden Jod ab, und dann, reizt das 
Präparat, das schön oft genug unzersetzt den Magen be¬ 
lästigt,. diesen noch mehr. Eine weitere Schattenseite, die 
besonders in der Privatpraxis eine Rolle spielt, ist die durch 
die Löslichkeit des Eisenjodiirs oft genug nach mehr¬ 
wöchigem Gebrauch beobachtete Schwarzfärbung der Zähne, 
und schließlich ist es die nicht immer gleichmäßige Zu¬ 
sammensetzung des Mittels: alles Punkte, die es nahelegten, 
an einen Ersatz dieses Pharmaköpoepräparates zu denken. 
Hier sind es nun die Fabriken des Sajodins gewesen, näm¬ 
lich' die Höchster Farbwerke und die .Elberfelder Farben¬ 
fabriken, welche das Sajodin, als Ausgangspunkt fiir eine 
Verbindung mit dem Eisen benutzt haben. Sie haben das 
Eisensalz der Monojodbehensä.ure hergestellt, das sie unter 
dem Namen Eisensajodin zur Prüfung Weitergaben, 
Um zu erfahren, ob es ein Mittel ist, das auch bei monate¬ 
langem Gebrauch, wie es viele der mit .Todeisen behandelten' 
Zustände erheischen, gern genommen und gut vertragen 
wird. Und das die pharmakologischen Eigenschaften des 
Jods und Eisens besitzt. 

Bevor ich über meine Erfahrungen berichte, will ich 
kurz erwähnen, daß das Eisensajodin ein gelbroles 
Pulver ist, welches sich in den üblichen Medien nicht, löst, 
dagegen leicht lösbar in fetten Oele,n isl. Und diese Lipoid¬ 
löslichkeit scheint die therapeutische Wirkung zu vermitteln. 
Prozentuarisch enthält das Eisensajodin 5,7 Eisen und 
25 Jod; beide sind chemisch an Behensäure gebunden, die 
den im Sajodin enthaltenen Fettkörper darstellt, in welchem 
das Jod intramolekular angelagert ist. Im großen und ganzen 
hat das Eisensajodin die Eigenschaften des Sajodins, 














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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 40. 


indem es auch wie dieses erst im Kontakt mit der alkalischen 
Darmschleimhaut Jod abspaltet, sofern nicht schon vorher 
eine Teillösung in lipoiden Stoffen stattgefunden hat. Und 
eine solche ist möglich, denn an der Muttarsiubstanz, dein 
Sajodin, ist bereits beim Asthma bronchiale die Wirkung 
zu einer Zeit beobachtet worden, als Jod im Speichel und 
Harn noch nicht nachweisbar war. Das Mittel kommt nur 
in Form von Tabletten in den Handel, von denen jode 0,5 g 
der wirksamen Substanz, sonach also 0,125 g Jod und 
0,028 g Eisen enthält. Sie sind mit Schokoiadenpulver 
komprimiert, werden daher, da das Pulver an sich schon 
keinen besonders ausgeprägten Geschmack hat, fast ebenso- 
gern wie Schokoladenplätzchen genommen. Das ist ein wohl 
zu beachtender Faktor, einmal, weil sich die hier in Betracht 
kommenden Patienten vorwiegend aus Kindern rekrutieren, 
sodann, weil die beiden offizrnollen Präparate der Forderung 
eines guten Geschmackes recht wenig entsprechen. Weiter 
ist die Unlöslichkeit des Eisensajodins von Wert, insofern 
hierdurch eine Sohwarzfärbung der Zähne vermieden wird. 

Für die Ordination kommen zurzeit nur die Tabletten 
in Betracht und diese bieten den Vorteil, daß man genau 
weiß, welches Quantum an Jod und Eisen dem Körper zu¬ 
geführt wird. Die Dosierung richtet sich nach dem Lebens¬ 
alter, man gibt dreimal täglich eine halbe bis eine Tablette, 
zuweilen noch mehr, die man wie Schokotadenplätzcheu 
zerkauen oder im Munde zergehen läßt. Dabei tut man 
gut, sich 'an die Untersuchungen Anackers „über die 
Resorption des Sajodins“ zu halten, welcher betont, daß man 
das Sajodin am geeignetsten eine halbe Stunde nach der 
Mahlzeit nehmen lassen soll, weil dann die Resorption des 
Jods eine schnelle und seine Ausscheidung eine lange 
dauernde sei, nur müsse man eine ausgiebige Stärkediät ver¬ 
meiden, da diese die Jodresorption vermindere, und müsse 
ferner den Alkoholgenuß möglichst beschränken, weil dieser 
die Gefahr des Jodismus steigere, die Jodausscheidung be¬ 
schleunige und dessen Wirkung schwäche. Das letztere 
ist mehr bei Erwachsenen, das erstere mehr bei Kindern 
zu beachten. 

Sofern kleine Kinder und Säuglinge der Behandlung 
mit Eisensaj od in unterworfen werden sollen, wird man 
natürlich nicht die Tablette als solche benützen, sondern 
muß sie zerdrücken und dann das ,so entstandene Pulver 
mit Milch anschütteln. Aber noch viel zweckmäßiger als 
diese Form der Darreichung ist diejenige der Lösung. 

Wie schon eingangs bemerkt, ist E i s e n s a j o d i n öllös¬ 
lich, und es lag daher der Gedanke nahe, hiervon Gebrauch 
zu machen, schon in Hinblick darauf, daß die zurzeit im 
Handel befindlichen Spezialitäten den Anforderungen in 
vollem Umfange nicht entsprechen. Scotts Emulsion 
ist eigentlich nichts anderes als eine Emulsion, die etwa 
2 / ä eines Pflanzenöls enthält; denn die übrigen Beigaben, 
besonders von anorganischen phosphorsauren Salzen, haben 
nur einen sehr bedingten therapeutischen Wert, ja er wird 
sogar, vielleicht nicht mit Unrecht, sehr in Zweifel gezogen. 
Also dieses Präparat kann nicht gut mit in Wettbewerb 
treten. Anders schon der Jodeisen-Lebertran „Jodelia“ 
von Lahusen. Aber für diesen trifft genau dasselbe zu, 
was ich vorher mit Bezug auf den Syrupus ferri jodati 
sagte, denn auch „Jodella“ ist nichts anderes als eine 
Lösung von Eisenjodür in Lebertran, der aromatisiert ist. 
Ich will nicht so weit gehen .zu behaupten, daß der Ge¬ 
schmack von Jodella scheußlich ist, wie z. B. dies von Ge¬ 
heimrat Görges gesagt wird; aber nicht leugnen läßt sich, 
daß es nicht geradezu den Annehmlichkeiten gehört, Jodella, 
besonders bei Erwachsenen, längere Zeit zu geben. Hier 
stößt das Präparat oft genug auf den. Widerwillen der Pa¬ 
tienten. Nicht unerwähnt möchte jeh schließlich lassen, 
daß eine Vorschrift der Spezialitäten-Vereinigung für die 
deutschen Apotheker die Verwendung von Alkohol angibt. 
Selbstverständlich darf ein solches Präparat, auch wenn es 
noch so wenig Alkohol enthält, für Kinder gar nicht in An¬ 
wendung gezogen werden. Es ist daher lebhaft zu begrüßen, 
daß*es der „Schweizer Apotheke“ in Berlin W. 8 , 
Friedrichstraße, gelungen ist, unter Benützung des Eisen¬ 
sajodins zwei Präparate herzustellen, die in jeder Hin¬ 
sicht den Anforderungen genügen. 

Das erste ist eine „Eisensaj o din-E mu 1 s i on“. 
Sie enthält etwa 2 / 5 eines Pflanzenöles, in dem das Eisön- 
sajodin gelöst ist. Die Lösung ist so eingestellt, daß je 
10 ccm genau 2 ctg Jod und 8 mg Eisen entsprechen. 
Biese „Eisensajodin-Emulsion“ kommt überall dort in, Pe¬ 


tracht, wo es sich neben der Darreichung von Jod und 
Eisen nur um die Zufuhr kleinerer Mengen Oel handelt 
oder wo Oel nur die Bedeutung eines Vehikels besitzt. Die 
Indikationen ergeben sich von selbst; ich erwähne insbe¬ 
sondere aber alle diejenigen Fälle, wo man eine Fet.t- 
anreicherung nicht wünscht, wie z. B. bei der pastösen Form 
der Skrofulöse. 

Das zweite Präparat erscheint mir bedeutungsvoller. Es 
ist der „E i s e n s a j o d i n - L e b e r t r a n“. Er enthält nichts 
anderes als einen gut aromatisierten Lebertran, in dem das 
Eisensajodin gelöst ist, keine Zusätze von Alkohol, keine 
Zusätze von Aether und ähnlichem (ich bemerke ausdrück¬ 
lich, daß derartige Vorschriften existieren und, wer weiß, 
wieviel sie in Anwendung gezogen werden I) und läßt sich 
sehr angenehm nehmen. In einem Versuch überzeugte ich 
mich, daß der Geschmack nach Lebertran weder von vorn¬ 
herein noch nachträglich auftritt, wie man das so häufig 
bei dem gewöhnlichen Lebertran (Kratzen) beobachtet. Auch 
in dieser Spezialität sind 10 ccm gleichwertig 2 ctg Jod und 
8 mg Eisen. Man gibt das Präparat in der Dosierung 
dreimal täglich 5 oder 10 ccm je nach dem Alter der 
Patienten. Es ist wohl richtiger die Dosierung nach cdm 
(Meßglas) zu berechnen, als sich auf die ziemlich unzuver¬ 
lässigen Messungen durch Kinder- oder Teelöffel zu be¬ 
schränken. Der Eisensajodin-Lebertran kommt überall dort 
in Betracht, wo man eine Fettanreicherung wünscht, denn 
der Kalorienwert des Oeles beziehungsweise Leber¬ 
trans ist ein außerordentlich hoher — dreimal 
täglich 10 ccm desselben würden zirka 270 Ka¬ 
lorien entsprechen — dazu tritt noch der außerordentlich 
wichtige therapeutische Wert der in ihm enthaltenen 
Mengen Jod und Eisen. 

Den Kinderärzten möchte ich es überlassen, sich über 
die Brauchbarkeit der beiden Fettlösungen in ihrem Spezial¬ 
gebiet zu äußern, ich selbst kann nur über die Verwert¬ 
barkeit der Tabletten aus der allgemeinen Praxis berichten, 
in welcher ich mich zirka ein halbes Jahr lang mit der 
Prüfung derselben beschäftigt habe. 

An erster Stelle erhielt sie ein junges Mädchen von 
17 Jahren, welches unter der Klage länger bestehenden 
schlechten Appetites und allgemeiner Schlaffheit in die 
Sprechstunde kam. Sie bot das typische Bild der pastösen 
Form der Skrofulöse: blasses, gedunsenes Gesicht, dicke 
Lippen, dicke Nasenspitze usw., doch dabei guten Paniculus 
adiposus. Nachdem sie eine Woche hindurch täglich dreimal 
eine Tablette Eisensajodin genommen hatte, stellte sie sich 
wieder vor und berichtete, daß sie einen recht guten Appetit 
habe und sich schon etwas 1 wohler fühle. Einen Monat 
hindurch nahm sie das Medikament, ihr Aussehen hatte sich 
parallel dem subjektiven Befinden so wesentlich gebessert, 
daß sie von s'elbst wegblieb, doch zirka 3 Wochen später 
wieder erschien, um noch einmal 4 Wochen hindurch die 
Tablett'err zu gebrauchen. Ihr Aussehen und Körperbefinden 
hat sich seitdem — April 1910 — ganz wesentlich gebessert, 
sie hat bis jetzt — Anfang August 1910 — eine Zunahme 
von 15 Pfund zu verzeichnen. 

Nächst dies'er kam ein 13 jähriges, im allgemeinen gut 
entwickeltes junges Mädchen wegen rezidivierender phlyk- 
tänulärer Conjunctivitis Und doppelseitiger chronischer 
Blepharitis ciliaris in Behandlung, welche ebenfalls auch die 
unverkennbaren Spuren der torpiden Skrofulöse im Gesicht 
trug. Der Gebrauch von 3 mal täglich einer Tablette Eisen¬ 
sajodin und morgens und abends eine Stunde lauwanne 
Kompressen einer 1/4 prom. Lösung von Hydrargyrum sübli- 
matum brachten in einer Woche die conjunctivalen Reiz¬ 
erscheinungen Und nach nicht vollen drei Wochen die 
Phlyktäne völlig zum Schwinden, während im Jahre vorher 
dasselbe Uebol bei nur lokaler Behandlung (laut Aussage) 
zwei Monate Zeit bis zur Heilung brauchte. 

Auf einige weitere Fälle von Skrofulöse, z. B. mit 
nässendem Ekzem hinter dem Ohrmuschelansatz oder an der 
Nase und dergleichen, will ich nicht näher eingehen, da sie 
im Heilresultat nicht wesentlich Unterschiedliches boten, 
nämlich vorerst Steigerung des Appetits, dann Besserung des 
Allgemeinzustandes und schließlich mit Beihilfe äußerer 
Mittel Beseitigung der lokalen Erscheinungen. 

Dagegen will ich noch eine Gruppe von sechs' jungen 
Geschäftsmädchen, im Alter von 17—21 Jahren nennen,, 
die übereinstimmende Symptome zeigten: blasse Gesichts¬ 
farbe, durchsichtige Haut, ungenügendes Fettpolster, wech¬ 
selnder Appetit, stärkere, eine Woche sich hinziehende und 





No. 40. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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mit Schmerzen ednsetzendo Menses, schlaffes und leicht irri¬ 
tables Wesen. Die Eisensajodin-Medikation neben Gebrauch 
von Milch resp. süßer Sahne, brachte bei einem Teil, 
welcher zirka zwei Monate die Kur innehielt, sichtbare 
Aenderungen: besseres Aussehen, Lust zur Tätigkeit, gleich¬ 
mäßigen Appetit Und kleine Gewichtszunahme, während die 
Menses nur bei einigen kürzer verliefen. Bei einem anderen 
Teil, der nur zirka drei Wochen die Eisensajodintahletten 
nahm, blieb es allerdings bei einem mäßigen Erfolg, alle 
aber haben dieselben gern genommen und keine hat über 
Magenbeschwerden geklagt. Auch mehrere Kinder im Alter 
von 8—11 Jahren sind wochenlang wegen anämischer here¬ 
ditär syphilitischer Zeichen oder wegen hypertrophischer 
Zustände im oralen und nasalen Teil des Pharynx mit 'den 
Eisensajodintahletten behandelt worden und keines hat 
Klagen über dieselben geführt. Nur ein blasser und magerer 
Emphysematiker refüsierte nach achttägigem Gebrauch die 
Fortsetzung der Tablettenanwendung (zu 1 und 
dann i/ 2 Stü,ck dreimal täglich), weil, wie er sagte, „ihm 
der Körper jedesmal danach heiß würde“ (Hysteriker?), 
und ferner unterließ ein 70 jähriger Arteriosklerotiker nach 
8 Tagen die Weitereinnahme, ohne einen genügenden Grund 
dafür zu haben. Die Zusammensetzung des Eisensajodins 
und seine vorzügliche Verträglichkeit auch bei längerem Ge¬ 
brauch rechtfertigt vor allem seinen Gebrauch bei ehloro- 
I ischen Arterieosklerotikern. 

Auf Blutuntersuchungen habe ich von vornherein 
verzichtet, weil man sich doch aprioristisch kon¬ 
struieren kann, welche Wirkung dem Mittel nach Spaltung 
in seine beiden Faktoren, Eisen und Jod auf Blut und 
Körpersäfte zukommt,. Wir wissen, daß das Eisen auf das 
rote Knochenmark als Bildungsstelle der (hier noch kern¬ 
haltigen) Erythrozyten stimulierend, auf den Darm Ioni¬ 
sierend und auf die allgemeine Ernährung durch Steigerung 
des Stickstoffwechsels resorptiv wirken soll, und ebenso ist 
durch die Praxis erwiesen, welchen guten Einfluß Jod in 
mäßigen Dosen auf die Ernährung und den Stoffwechsel 
bei verschiedenen der oben genannten Krankheiten hat. 
Daß nun in der bisherigen Jodeisentherapie verschiedene 
Beobachter zu verschiedenen Resultaten gekommen sind, 
liegt einmal in der Natur der hier in Betracht kommenden 
Zustände, dann aber wohl auch in den bisher verwendeten 
Mitteln, welche nicht so gern und nicht so lange genommen 
werden konnten, wie es bei Eisensajodin möglich ist. 
Ferner ist bei Prüfung eines Medikamentes doch auch nicht 
außer acht zu lassen, ob diese an Patienten in einem großen 
Krankenhause mit seinen veränderten diätetischen und 
hygienischen Verhältnissen statt hat oder in Her allgemeinen 
Außenpraxis, welche den Patienten in seiner gewohnten 
Lebensweise läßt. 

Aus letzteren Verhältnissen stammen meine Beobach¬ 
tungen und diese haben mich zu folgendem Resultat ge¬ 
führt : Das Eisensäjodin ist da am Platze, wo es sich um 
Hebung eines verlangsamten Stoffwechsels und eines un¬ 
günstigen Ernährungszustandes handelt, überall also dort, 
wo eine langedauernde Medikation mit Jod und Eisen in 
Frage kommt. Die bisherigen Beobachtungen haben er¬ 
wiesen, daß es auch da gut vertragen wird, wo die ge¬ 
bräuchlichen Eisenjodpräparate Magenbelästigungen 
schufen, und daß es keinen Jodismus auslöst. 


Ueber Pergenol. 

,' Sammelreferat nebst eigenen Beobachtungen. 

Von 

Dr. M. Lewitt (Berlin). 

Pergenol, ein von den Chemischen Werken vormals 
Dr. Heinrich Byk, Charlottenburg, helgestelltes H a O 2 - 
Präparat in fester, haltbarer Form, hat sich, wie die bereits 
vorhandene umfangreiche Literatur beweist, binnen Jahres¬ 
frist ungemein schnell eingeführt und vorzüglich bewahrt. 

Pergenol ist ein kristallinisches, in trockenem Zustande 
unbegrenzt haltbares Pulver und wegen seiner festen Form 
von größter Handlichkeit im Transport und bei der Dosierung 
— die Nachteile der flüssigen Wasserstoffsuperoxydpräparale 
sind also im Pergenol behoben. 

Chemisch ist Pergenol eine nach geschütztem Verfahren 
hergestellte Mischung molekularer Mengen von Natrimn- 
perborat und Natriumbitartrat in molekularen Mengen, die beim 
Lösen in Wasser sich zu einer neutralen Lösung von Wasser¬ 
stoffsuperoxyd und Natriuiiiborotartrat uinsetzt (1). 


Zahlenmäßig ist das feste Pergenol als ein 12proz. Wasser- 
.stoffsuperoxyd und eine '22 proz. Borsäure anzusprecheu, cl. li. 
100 e Pergenol, entsprechen 12 g Wasserstoffsuperoxyd (th Os 

Ppfj) und 22 g Borsäure. 10 g Pergenol ergeben also mit 
120 g Wasser eine 1 proz. Lösung von U 2 O 2 . 

Da die desinfizierende Kraft des H» CU und auch des 
Pergenols, wie Cr 011 er (2) im Kömgl. Institut für Infektions¬ 
krankheiten in Berlin und Schmidt (3) im Hygienischen 
Institut der Universität Göttingen neuerdings wieder feststell¬ 
ten, mit steigender Temperatur erheblich zunimmt, so empfiehlt 
es sich, das Pergenol möglichst in warmem Wasser gelüst 
zu verwenden. 

Im Handel ist Pergenol als Pergenol m e d i c i n a 1 e , 
in Pulver- und Tablettenform (ä 0,5 g), ferner als Pergenol- 
Mundwassertabletten, die sich von den Pergenol 
medicinale-Tabletten nur durch einen geringen Zusatz von 
Pfefferminzöl unterscheiden, und als Pergenol-Mund- 
Pastillen — enthaltend je 0,1 g Pergenol mit Pfefferminz 
und Zucker, die man wie Bonbons im Munde zergehen läßt 
und in denen zum ersten Male H 2 O 2 in dieser angenehmen 
Darreichungsform geboten wird. 

Der Gehalt an borsaurem Salz ist dem Pergenol zum Vor¬ 
wurf gemacht worden (4), meiner Ansicht nach zu Unrecht 
und in nicht ganz einwandfreier Form. Es ist nicht meine 
Absicht, die berühmte Borsäurefrage hier wieder aufzurollen; 
ich beschränke mich nur auf den Hinweis, daß die Mengen, in 
denen Pergenol zur Anwendung gelangt, viel zu gering sind, 
als daß sie eine schädliche Borwirkung erzielen könnten (5—9); 
wir müßten sonst schließlich auf die Anwendung von Borsäure, 
Borwasser, Borsalbe, Borax in der Medizin überhaupt ver¬ 
zichten. Seit altersher verwenden wir ferner Mel boraxatuin 
(mit 10 pCt. Borax) gegen Soor bei Säuglingen — es ist da 
ebensowenig eine Schädigung bisher bekannt geworden, wie 
nach dem Gebrauch der ebenfalls boraxhaltigen Tinct. Rhei 
aquosa, die wir teelöffelweise geben, oder der beliebten Men¬ 
thol-Dragees, die, nebenbei gesagt, 4—5 mal soviel Borat ent¬ 
halten wie die analog anzuwendenden Pergenol-Mundpastillen. 

Im Gegenteil möchte ich mich insbesondere der von zahn¬ 
ärztlichen Autoren ausgesprochenen Ansicht anschließen, wo¬ 
nach die Kombination von borsaurem Salz und Wasserstoff¬ 
superoxyd einen besonderen Vorzug des Pergenols darstellt. 

ln der Zahnheilkunde, in der H 2 O- seit langem hohes An-' 
sehen genießt, hat auch das Pergenol zunächst seinen größten 
Wirkungskreis gefunden (5—7, 10—26). 

Prochno w hat in der zahnärztl.-chir. Abteil, der Landes¬ 
versicherungsanstalt Berlin (Dir. Dr. Ritter) das Mittel an 
einem reichhaltigen Material von Patienten erprobt (10), ebenso 
Sachs (11), Dietrich (13), Gollop (14) u. a., insbeson¬ 
dere bei Alveolarpyorrhoe, Gingivitis, Soor, Nachblutungen 
post extractionem. Der handlichen Form des Präparates wird 
für die Landpraxis eine wesentliche Bedeutung zuerkannt und 
— last not least — wird auf die bleichende Wirkung des Per- 
genols hingewiesen und namentlich auf seine von P r o c h n o w 
und später auch von Eber mann im Großen Friedrichs¬ 
waisenhaus (16) festgestellte Eigenschaft, weißen und gelben 
Zahnstein zu lösen und seinen Neuansatz zu verhindern. 

Für die Zwecke der täglichen Mundpflege ist Pergenol mit 
einem leichten Zusatz von Pfefferminzöl in Form der erwähn¬ 
ten Pergenol-Mtindwasser-Tabletten in den Handel gebracht 
worden. Vor den flüssigen Mundwässern haben diese den un¬ 
schätzbaren Vorteil des leichten Transportes, so daß sie be¬ 
sonders für die Reise geeignet sind. Eine Tablette auf ein 
kleines Glas warmes Wasser gelöst gibt ein erfrischendes, des¬ 
infizierendes und desodorierendes Mundwasser für den täg¬ 
lichen Gebrauch. Konzentriertere Lösungen — zwei Tabletten 
auf ein kleines Glas warmes Wasser — lassen sich mit Vor¬ 
teil bei der Heilung und zur Vorbeugung von Mund- und 
Rachenaffektionen verwenden. 

Hervorragend ist die desodorierende Eigenschaft aller 
Pergenclpräparate; Foetor ex ore, auch Rauchgeschmack wird 
| fast augenblicklich behoben. Hier sind insbesondere die 
i Pergenol-Mundpastillen — nicht zu verwechseln 
mit den Mundwassertabletten — angebracht. Auch 
zur Bekämpfung der Nachschmerzen post extractionem haben 
sie sich bewährt. (10, 16, 33.) 

I11 der Laryngologie, Rhinol.ogie und 01 0 - 
logie ist das Pergenol nun gleichfalls in ausgedehntem Maße 
erprobt worden. So rühmt Professor Dr. Eclmund Meyer 
(27) 4—5 proz. Lösungen der Pergenol medicinale- 
Tabletten besonders als Desinfektionsmittel für Mundhöhle 
und Zähne. In zahlreichen Fällen von Stomatitis und auch 
als Prophylaktikum bei Hg-Kuren leistete es ausgezeichnete 
Dienste. Bei der Behandlung der Nebenhöhleneiterung hat 
Meyer gleichfalls die Pergenol medicinale-Tabletten als Des¬ 
infektionsmittel mit gutem Erfolge angewendet. Auch zur Los¬ 
lösung von Tampons in der Nase und zur Reinigung der Nase 
iiei starker Borkenbildung hat das Pergenol sich bewährt (vier 
Tabletten auf 1—Di Eßlöffel Wasser). 



608 


THERAPEUTISCHE 


Auch Robert Meyer (28) berichtet über die handliche 
Anwendungsweise, wenn es sich darum handelte, bei chroni¬ 
schen Mittelohreiterungen festhaftenden zähen Eiter aus den 
Gehörgängen, Trommelfell oder Mittelohr zu entfernen. 

Mit dem Pulverbläser blies Verfasser eine kleine Quantität 
Pergenol. medicin. pulv. auf die zu reinigende Stelle und brachte 
dann vermittels .Sprays eine schwache Borsäurelösung auf das 
Pergenol, das jetzt prompt seine Wirkung, die typische des 
Wasserstoffsuperoxyds, entfaltete. Die feine Verteilung des Per- 
genols erleichtert und ermöglicht das Eindringen in die ver¬ 
stecktesten Buchten und Höhlungen. Will man es in Substanz 
mittels Pulverbläsers einblasen, so ist es empfehlenswert, das 
Pergenol mit Talkum oder Borsäurepulver zu mischen, da infolge 
der Hygroskopizität des Präparates sonst leicht ein Verkleben 
des Pulverbläsers eintreten könnte. 

Bei Schnupfen ist Pergenol ebenfalls in Substanz mit 
bestem Erfolg angewandt worden (10), und bei Epistaxis (27) 
bewährte sich die hämostatische Wirkung des Wasserstoff¬ 
superoxyds. 

In der Chirurgie, Gynäkologie und Urologie 
dient das Pergenol zur sofortigen Herstellung stark desinfi¬ 
zierender Lösungen von beliebiger Stärke, zur Entfernung von 
Verbandmaterial, zum Ansspülen von Wundhöhlen, Fisteln etc. 
Es eignet sich zum Gebrauch für kleinere chirurgische Tätig¬ 
keit im Hause des Patienten. Man kann namentlich in der 
Landpraxis (1.1) rasch ein antiseptisches Wundwasser her¬ 
steilen, sowie Hände und Instrumente gut reinigen (15). Als 
Wundstreupulver ist folgende Verordnung zu empfehlen: 


Rp. Pergenol med. pulv.25,0 

Tale, venet.100,0 


M. exactissime. 1). ad vitr. bene clausum. 

S. Streupulver. Aeußerlich. 

Auch in der Augenheilkunde bewährte sich nach 
den Erfahrungen von Daxenberger (29) die Kombination 
von Ha 0 2 und Borsäure bei allen entzündlich-infektiösen, be¬ 
sonders eitrigen Prozessen der Lider und der Conjunctiva. 
Sehr gut eignet sich die Pergenol-Lösung auch hier zum Ab¬ 
lösen und Aufweichen von Verbänden. 

Die oben bereits erwähnten Pergenol-Mund¬ 
pastillen haben sich als Ersatz für Gurgelwasser bewährt 
in allen den Fällen, in denen das Gurgeln mit Schwierigkeiten 
verbunden ist, wie z. B. in der Kinderpraxis. Die Pergenol- 
Mundpastillen sind ein ausgezeichnetes Prophylaktikum gegen 
Infektionen, die ihren Weg durch den Mund nehmen, wie 
Anginen, Influenza, Diphtherie. Bei letzerer verwendete sie 
Witthauer, Oberarzt am Diakonissenhaus in Halle a. S. 
(30), zweckmäßig zur Unterstützung der Seruinbehandiung. 

Auch Prof. Jochmann (31) empfiehlt auf Grund seiner 
in der Infektionsabteilung des Berliner Rudolf Virchow- 
Krankenhauses gewonnenen Erfahrungen den Gebrauch der 
Pergenol-Mundpastillen, um das Verschwinden der Diphtherie¬ 
bacillen in der Rekonvaleszenz zu befördern. Wie Witt- 
h auer hält auch er die Mundpastillen wegen ihrer bequemen 
Anwendungsweise und ihrer relativen Billigkeit für eine an¬ 
genehme Medikation bei den verschiedensten Formen der An¬ 
gina tonsillaris. — Die Anwendung der Pergenol-Mundpastillen 
gegen Hyperacidität wurde von Wi11hauer gleich¬ 
falls angeregt, nachdem er sie in verschiedenen derartigen 
Fällen mit Erfolg angewandt hatte. 

In der Kinderpraxis hat auch Gotthiff (9) mit den 
Pergeriol-Mundpastillen günstige Erfahrungen gemacht. Sie 
sind bei Kindern, die noch nicht gurgeln können, ein ge¬ 
eigneter Ersatz für Gurgelwässer bei bestehenden Erkrankun¬ 
gen sowohl wie für prophylaktische Zwecke. Das Gleiche 
empfiehlt E. Spitzer (Graz) (32) auf Grund seiner Er¬ 
fahrungen. 

Zum Schluß sei noch der Anwendung des Pergenols in 
der dermatologischen Praxis gedacht, wobei ich ins¬ 
besondere auch meine eigenen, binnen Jahresfrist gesammelten 
Erfahrungen wiedergeben möchte. 


RUNDSCHAU 191 0. 40. 

Pergenol hat sich für alle diejenigen Zwecke brauchbar 
erwiesen, für welche wir bisher Wasserstoffsuperoxyd oder 
Borsäure benutzten. Besonders sei auf die Anwendung bei der 
Wundbehandlung nach Operationen abscedierter inguinaler 
Lymphdrüsen (Bubonen) hingewiesen und auf die leichte 
Herstellung gebrauchsfertiger FL CVLösiingcü mit stets gleich¬ 
mäßiger Wirkung. Nachdem die Pergenol-Mundpastillen zur 
Verordnung für die Krankenkassen zugelassen worden sind, 
kann man nur empfehlen, bei Hg-Kuren zur Verhütung der 
merkuriellen Stomatitis den Kassenpatienten, die erfahrungs¬ 
gemäß tagsüber während der Arbeitszeit die üblichen Gurge¬ 
lungen etc. arg vernachlässigen, die Mundpastillen zu verordnen 
[vgl. auch 8], Von Prof. Blaschko wird folgendes. Ver¬ 
fahren empfohlen: 

Der Patient gurgelt früh und abends mit einer Lösung von 
zwei Mundwassertabletten in Glas möglichst warmen Wassers; 
in der Zwischenzeit läßt er ein- bis zweistündlich je eine Muiul- 
pastille iin Munde langsam zergehen. Bei schon bestehender 
merkurieller Stomatitis werden natürlich noch Aetzungen mit 
Chromsäure oder dergl. notwendig sein. 

Bei den durch Schwefel erzeugten Verfärbungen oder den 
bei Rosacea eczematosa häufig auftretenden bräunlichen 
Pigmentationen kann man die bleichende Eigenschaft des Per¬ 
genols mit Erfolg verwerten. Auch die schwarzbraune Ver¬ 
färbung der Follikeleingänge (ohne Comedo), eine häufige 
Komplikation der Acne faciei, läßt sich am besten mit Pergenol- 
lösungen beseitigen. 

Ein ganz vortreffliches Mittel ist Pergenol, meiner Erfah¬ 
rung nach, zur Erzeugung von Granulationen bei Ulen s 
c r u r i s , da durch die Entwicklung von Wasserstoffsuper¬ 
oxyd nekrotische Gewebsmassen rascher abgestoßen werden. 

Auch die Verwendung zur Fluortrockenbehandlung bei 
weiblicher Gonorrhoe ist erwähnenswert: 

Man mischt das Pergenol mit gleichen Teilen Bolus alba und 
bringt es in einem kleinen Gazesäckchen in die Vagina, die man 
sodann mit. einem Wattebausch verschließt. 

So findet Pergenol in den verschiedensten Zweigen der 
Medizin wirksame Verwendung und damit ist das Anwendungs¬ 
gebiet des Wasserstoffsuperoxyds durch dieses feste, haltbare 
Präparat wesentlich erweitert worden. 

Literatur: 

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Deutsche Aerzte-Zeitung, 1910, No. 17. — 33. Euler (Heidelberg): 
Deutsche zahnärztl. Wochenschr., 1910, No. 38. 


Prof. Dr. Noclit und Stabsarzt Dr. H. Werner (Hamburg): Be¬ 
obachtungen über relative Chiuinresistenz bei Malaria aus 
Brasilien. (Deutsche medizinische Wochenschrift, 1910, 
No. 34.) 

Im Seemannskrankenhause zu Hamburg wird seit, einer 
Reihe von Jahren mit durchaus gutem Erfolge die Chinin- 
behandlung der Malaria in der Weise geübt, daß das Chinin 
acht Tage hintereinander in einer Tagesgabe von 1 g, aber in 
fraktionierten Dosen ä 0,2 g gegeben wird, woran sich eine auf 
zwei Monate sich erstreckende, etappenweise durchgeführte 
Nachbehandlung anschließt, ln vielen Fällen wird dadurch 
dauernde Heilung erzielt. Bei einer Reihe von Malariakranken 
nun, deutschen Arbeitern, welche sich ihre Infektion bei einem 
Bahnhau am Madeirafluß im Inneren Brasiliens geholt hatten 
und nun in teilweise sehr schwer krankem Zustande nach 
Hamburg zurückgebracht wurden, erwies sich diese Methode 


der Malariabehandlung als wenig wirksam. Es handelte sich 
dabei um schwere Infektionen " mit Tertiana- und Tropika- 
Parasiten; von 700 Arbeitern soll etwa die Hälfte in Brasilien 
gestorben sein, trotz der auch dort durehgeführten Chinin- 
hehaudiung. Es muß hier also eine außergewöhnlich starke 
Resistenz der Malariaparasiten, sowohl der Tertiana- wie der 
Tropikaformen, vorliegen. Auch die Steigerung der Chinin¬ 
dosis auf mehr als das Doppelte der gewöhnlich bei Malaria 
verabfolgten Dosis genügt nicht, Rezidive, die zum größten 
Teil innerhalb der Chininnachkur auftraten, zu verhindern. 
Audi Methylenblau hatte in diesen Fällen, selbst in Dosen von 
0,8—0,9 pro die keinen nennenswerten Erfolg, es wirkte sogar, 
abgesehen von der begleitenden Blasenreizung, auf das All¬ 
gemeinbefinden ungünstig ein und mußte bald durch das 
immerhin wirksamere Chinin ersetzt werden. Dagegen zeigte 
das E h r 1 i c h - H a t a sehe Arsenpräparat in der Dosis 





No. 40. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


609 


von 0,3, intramuskulär angewendet, eine deutliche, zum Teil 
sehr prompte antiparasitäre Wirkung, genügte aber in der nur 
einmal gegebenen Dosis von 0,3 nicht, ein dauerndes Ver¬ 
schwinden der Parasiten herbeizuführen. Die Beobachtungen 
über die Wirkung des Präparats sollen fortgesetzt werden. Auch 
in klinischer Hinsicht wiesen die in Rede stehenden Fälle von 
brasilianischer Malaria (es waren im ganzen 63) eine Reihe 
von Besonderheiten auf. In erster Linie ist die Beteiligung des 
Darmes zu nennen, welche in schweren Diarrhöen, teilweise 
mit Blutbeimengung, zum Ausdruck kam; etwa A der Patienten 
litt an diesen. Mit der Entfieberung und dem Verschwinden 
der Parasiten aus dem peripherischen Blut hörten die Durch¬ 
fälle auf und mit den Rezidiven kehrten sie zum Teil wieder. 
Amöben wurden bei keinem Patienten gefunden, auch die auf 
Kruse-Skigasche und Flexnersche Bacillen angestell- 
ten Agglutinationsprüfungen ergaben ein negatives Resultat. 
In zwei Fällen, die zur Sektion kamen, wurden allerdings 
dysenterische Darmgeschwüre wie bei der bacillären Dysen¬ 
terie gefunden. Zwei besonders schwere Fälle wiesen deut¬ 
liche Beriberisymptome auf. Eine nicht seltene Begleiterschei¬ 
nung waren Bronchitiden. Bemerkenswert war in allen Fällen 
die geringe Neigung zur Hämoglobinurie. In einigen Fällen 
trat nach dem Verschwinden der Parasiten und der Beseitigung 
des Fiebers für einige Tage (6—8 Tage) eine erneute Tempe¬ 
ratursteigerung ein, die aber wegen des Fehlens von Malaria¬ 
parasiten nicht als Malariarezidiv anzusehen ist. Im ganzen 
starben von den 63 Patienten fünf, davon jedoch vier an Kom¬ 
plikationen, die mit der Malaria nichts zu tun hatten. 


Dl'. W. de la Motte (Bremen-Ellen): Die Porgessclie Luesreak¬ 
tion. (Deutsche medizinische Wochenschrift, 1910, 
No. 34.) 

Die von Porges angegebene Seroreaktiou zum Nachweis 
von Lues wird in folgender Weise ausgeführt: Je 0.2 ccm 
klares, steriles, inaktiviertes Serum und frische 1 proz. Lösung 
von glykocholsaurem Natron werden gemischt und vor gröbe¬ 
ren Erschütterungen geschützt, 16—20 Stunden bei Zimmer¬ 
temperatur stehen gelassen. Nach dieser Zeit haben sich nach 
Porges, wenn die Reaktion positiv ist, Flocken gebildet, die 
sich meist an der Oberfläche der Flüssigkeit zusammenballen. 
Trübungen oder Spuren von Flockungen sind nach Porges 
als negativ anzusehen, nur bei deutlichen makroskopisch sicht¬ 
baren Flocken ist die Reaktion als positiv zu betrachten. Verf. 
prüfte diese Reaktion, über deren Brauchbarkeit von den bis¬ 
herigen Untersuchern verschieden geurteilt wird, an dem 
Material der Bremer Staatsirrenanstalt auf ihre Brauchbarkeit. 
Er stellte 184 Versuche an, und zwar 144 mit Serum, 40 mit 
Liquor cerebrospinalis. Das Blutserum wurde von 50 Para¬ 
lytikern, 17 Luetikern im zweiten und dritten Stadium und neun 
auf Syphilis Verdächtigen untersucht, außerdem wurden 
68 Nerven- und Geisteskranke, sowie Gesunde, welche als frei 
von Lues gelten konnten, zur Kontrolle geprüft. Die Wasser- 
m a n n sehe Reaktion wurde gleichzeitig durch das hygienische 
Institut in Bremen geprüft. Von den 50 Paralysen reagierten 
nach Wassermann 46, nach Porges 45 positiv. Unter 
den 17 Luetikern reagierten nach Wassermann 16, nach 
Porges 15 positiv. Unter den neun auf Lues Verdächtigen 
reagierten sechs deutlich negativ, einer fraglich, einer positiv, 
einer schwach positiv, nach Porges sieben negativ, zwei. 
positiv. Von den 50 Kontrollproben, die von Geisteskranken 
ohne Luesverdacht stammten, reagierten nach Wassermann 
alle negativ, nach Porges 49 negativ. Die 18 Gesunden 
reagierten sowohl nach Wassermann wie nach Porges 
negativ. Die Untersuchung der Spinalflüssigkeit ergab folgende 
Resultate: Von 28 sicheren Paralysen resp. Taboparalysen 
reagierten- nach Wasserma n n 23, nach Porges 26 posi¬ 
tiv; eine Lues cerebri reagierte nach Wassermann negativ, 
nach Porges positiv. Ein Fall von Tabes reagierte nach 
beiden Methoden negativ. Die Konirollfälle reagierten sämtlich 
negativ. — Was die Technik der Reaktion anlangt, so fand 
Verfasser beim Serum die von Porges beschriebenemakro¬ 
skopisch sichtbare Ausflockung tatsächlich in allen Fällen von 
manifester sekundärer Lues, aber niemals bei Paralyse, Tabo- 
paralyse und Lues cerebri, also bei Lues im Spätstadium. Bei 
positiver Reaktion trat vielmehr im Serum allmählich eine 
deutliche starke Opaleszenz meist schon zehn Minuten nach 
dem Ansetzen ein, während das negative Serum klar blieb. 
Die Entscheidung, ob positiv oder negativ, muß bei tertiärer 
Lues nach 1— I 1 ) Stunden gefällt werden. Bei der Unter¬ 
suchung der Spinalflüssigkeit tritt bei positiver Reaktion eine 
deutliche milchige Trübung innerhalb einer Viertelstunde ein, 
im negativen Falle nur leichte Opaleszenz. — Im allgemeinen 
sind die Resultate, die Verfasser mit der Porges sehen Reak¬ 
tion erhalten hat, hinsichtlich der Uebereinstimmung mit dem 
Ausfall der Wassermann sehen Reaktion recht befriedi¬ 
gend; er hält daher eine weitere Nachprüfung der Reaktion 
für wünschenswert. 


Dr. Max Löwenberg (Düsseldorf): Die Serodiagnose der Lues 

mittels der Porgesschen Reaktion. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 45.) 

Verfasser hat die Porges sehe Reaktion an dem 
Patientenbestand der Klinik für Hautkrankheiten der Akademie 
zu Düsseldorf einer eingehenden Prüfung unterzogen. Unter¬ 
sucht wurden Luetiker in allen Stadien der Lues, außerdem 
zahlreiche Patienten, die frei von Lues waren. Verfasser ist 
der Ansicht, daß nur die ganz grobe Flockung (vergl. das 
vorige Referat) als positiv bezeichnet werden darf; eine feine 
Flockung kommt nach seinen Beobachtungen ganz regellos bei 
den Seren von Luetikern. und Nichtluetikern vor. Trotzdem 
Verfasser nur die grobe Flockung als positiv rechnete, bekam 
er auch bei 13,3 pCt. der nichtluetischen Kontrollfälle ein posi¬ 
tives Resultat. Deswegen hält Verfasser die Porges sehe 
Reaktion bei der Differentialdiagnose der Lues für praktisch 
unbrauchbar. R. L. 

Dr. med. Hermann, Arzt der Rheinischen Provinzialheil- und 

Pflegeanstalt Merzig: Klinisch-anatomischer Beitrag zur 

Pathogenese des visceralen Luesfiebers. (Medizin. Klinik, 

1910, No. 26.) 

Das in diff&rentialdiagnostischer Hinsicht gegenüber Ma¬ 
laria und Tuberkulose überaus wichtige Vorkommen syphili¬ 
tischen Fiebers im Tertiärstadium wird klinisch noch verhält¬ 
nismäßig wenig gewürdigt und ist anatomisch, vor allein aber 
pathogenetisch noch ganz ungeklärt. Klemperer weist auf 
das Fehlen von Sektionsberichten hin, da in den klinisch 
diagnostizierten Fällen meist ausgesprochene Heilbarkeit durch 
Jodkalitherapie bestand. Er vermutet, daß weniger wahr¬ 
scheinlich die cirrhotische syphilitische Leber in den fieber¬ 
haften Fällen vorliege, als daß es sich wohl vielmehr um 
gummöse Prozesse handle, vor allem auch als diffuse Infiltra¬ 
tion. Mannaberg neigt zur Annahme, daß das Fieber eine 
spezifische Ursache habe und kein Resorptionsfieber sei. zum 
Teil wegen der schnellen medikamentösen Wirkung. G. K 1 e m- 
perer nimmt als Fieberursache zerfallende Lebergummata 
an. Im übrigen sind die'vorliegenden Mitteilungen vorwiegend 
von therapeutischem Interesse, ln erster Linie handelt es.sich 
immer um Leberlues, während für die Milz nur eine mehr oder 
minder unwesentliche Schwellung angenommen wird. Das 
Fieber hat stets einen ausgesprochen hektischen Typus oder 
verläuft ähnlich wie bei Malaria im Quotidiana-, Tertianatypus 
usw. Unter diesen Umständen ist'es von Interesse, daß Verf. 
die klinischen und anatomischen Einzelheiten eines schweren 
letal verlaufenen Falles mitteilt. Verfassers Feststellungen 
bestätigen am meisten die Annahme von Klemperer, daß 
es vorwiegend diffuse gummöse Infiltrationen der Eingeweide 
sind, die den fieberhaften Luesfällen zugrunde liegen. Im vor¬ 
liegenden Falle war wegen der Schwere der Veränderungen, 
zum Teil auch wegen des psychischen Verhaltens eine thera¬ 
peutische Beeinflussung nicht mehr möglich. Es lagen psychi¬ 
sche Störungen vor, denen anatomisch nur eine luetische Lepto- 
meningitis entsprach, und vermutlich war die Psychose durch 
dieselben Toxine ausgelöst, die zu der schweren visceralen 
Erkrankung und zu den akuten Eruptionen von Exanthem, 
Fieber, Schleimhautgeschwüren usw. führten. Im großen und 
ganzen sprechen Verfassers Beobachtungen für die Entstehung 
des Syphilisfiebers durch das Virus selbst beziehungsweise 
seine Toxine. K r. 

Dr. Robert Burow (Innsbruck): Die Tuberkulose und ihre er¬ 
folgreiche Behandlung mit Guajakol-Arsen. (Münch, med. 

Wochenschrift, 1910, No. 34.) 

Verfasser berichtet über experimentelle Untersuchungen, 
welche die Einwirkung einer Kombination von Guajakol und 
Arsen auf die tuberkulöse Infektion zum Gegenstand hatten. 
Es wurde eine 3 proz. Lösung von Guajakolsalzen und 0,01 pCt. 
Arsen in Wasser verwendet: Kal. guajacolic., Natr..guajacolic. 
55 1.5, Liq. Fowleri 1, Aq. destill. ad 100. Zunächst prüfte Verf. 
die Wirkung dieser Lösung auf gesunde, ausgewachsene Kanin¬ 
chen, welche mittels Schlundsonde 30 ccm der Lösung täglich 
in allmählich steigender Dosis vier Wochen hindurch bei sonst 
ungeänderter Lebensweise erhielten. Dabei zeigte sich ein 
Steigen des Körpergewichts und eine Hämoglobinzunahme, 
eine vermehrte Freßlust und gesteigerte Diurese. Im Harn 
und im Blut der Tiere konnten Arsen und Guajakol nach¬ 
gewiesen werden. Weiter wurde die Einwirkung des Guaja- 
kols und Arsens auf das Wachstum von Tuberkelbacillen in 
Glyzerinagarkulturen geprüft. Dabei wurde gefunden, daß die 
Guajakolsalze in keiner Weise das Wachstum und die Weiter-, 
entwickelung der Tuberkelbacillen hemmten; dagegen übt das 
Kal. arsenicos. sowohl allein als auch in Kombination mit den 
Guajakolsalzen einen vernichtenden Einfluß auf die Tuberkel¬ 
bacillen aus; diese kamen nicht nur nicht zur Entwickelung, 
sondern gingen in toto ein. Ferner wurden auf Blutserum Kul¬ 
turen angelegt, und zwar einerseits auf Blutserum unbehan¬ 
delter Kaninchen, andererseits auf Blutserum solcher Tiere, 



610 


THERAPEUTISCHE 

welche einige Wochen lang mit Guajakol-Arsen vorbehandelt 
waren, in deren Blut Guajakol-Arsen nachweisbar war. Wäh¬ 
rend auf dem Blutserum der unbehandelten Tiere sämtliche 
Bacillen sich entwickelten, starben auf dem guajakol-arsen- 
haltigen Serum die Tuberkelbacillen völlig ab. Verfasser 
stellte nun weiter direkte Infektionsversuche an Kaninchen 
und Meerschweinchen an. Zunächst wurden drei Kaninchen 
auf dem Blutweg mit Tuberkelbacillen infiziert. Von diesen 
\iai ein lier mit Guajakol-Arsen vorbehandelt, das zweite 
Tier wurde bald nach der Infektion mit Guajakol-Arsen be¬ 
handelt, das dritte Tier blieb unbehandelt. Dieses Tier ging 
in dei siebenten Woche an Miliartuberkulose zugrunde, wäh¬ 
lend die Guajakol-Arsen-Tiere am Leben blieben und etwas 
an Gewicht Zunahmen. Die Sektion dieser später getöteten 
Tiere ergab in den Lungen nur einzelne in fibröser Umwand¬ 
lung, teils mit Kalk inkrustierte miliare Tuberkel. — Ganz 
analog war das Ergebnis bei drei mit Tuberkelbacillen intra¬ 
peritoneal infizierten Meerschweinchen. Während das unbe¬ 
handelte Tier am Ende der vierten Woche an Peritonitis tuber- 
culosa zugrunde ging, blieben die beiden anderen Tiere, welche 
mit Guajakol-Arsen vorbehandelt bezw. nach der Infektion 
behandelt waren, am Leben; in der Bauchhöhle fanden sich bei 
der späteren Tötung der Tiere nur vereinzelte kaum steck¬ 
nadelkopfgroße Tuberkeln sowie einzelne narbige Verdickun¬ 
gen am Peritoneum. In einer letzten Versuchsreihe wurden 
drei Meerschweinchen subkutan mit Tuberkelbacillen infiziert- 
während das unbehandelte Tier am Ende der fünften Woche 
an generalisierter Tuberkulose zugrunde ging, blieben die 
beiden anderen Tiere, welche mit Guajakol-Arsen vorbehandelt 
bezw. nach der Infektion behandelt waren, am Leben und 
zeigten nach ihrer Tötung nur ganz zerstreut und vereinzelt 
ui den inneren Organen winzig kleine Tuberkeln. — Nach 
diesen experimentellen Ergebnissen ist das Guajakol - Arsen 
als wirkliches und echtes Antituberkulosum anzuseheu; und 
zwar wirkt das Arsen spezifisch gegen die Tuberkelbacillen, 
während das Guajakol durch Vermehrung der Ausscheidungen, 
insbesondere der Diurese als Specificum gegen die giftigen 
Stoffwechselprodukte der Tuberkelbacillen wirkt. R. L. 

Dr. Weidenbaum (Neuenahr): Physikalische Therapie in der 
internen Medizin. (Medizin. Klinik, 1910, No. 31.) 

Verfasser hat seit fünf Jahren bei geeignet erscheinenden 
Krankheitsfällen die Bier sehe Methode angewandt und gibt 
einen Bericht über seine Erfahrungen. Zunächst wurden bei 
akuter und subakuter Leberanschwellung nach Katarrh und 
bei Cholelithiasis am rechten Rippenbogen entlang große 
Schröpfköpfe aufgesetzt. Jedoch genügt es nicht, die Luft nur 
so weit zu verdünnen, daß eine Rötung der Haut eintritt, son¬ 
dern Haut und Muskel müssen als Kuppel in die Glocke hin¬ 
einragen und die Stauung muß so stark sein, daß die Haut 
durch ausgetretenes Blut dunkelblau verfärbt erscheint. Un¬ 
gefähr fünf Minuten lang hat der Patient dann das Gefühl einer 
starken Spannung, durch die er sich in der Atmung behindert 
fühlt. Dann schwindet dieses unangenehme Gefühl und gleich¬ 
zeitig die durch die Leberanschwellung verursachten Schmer¬ 
zen. Die Schröpfköpfe ließ Verfasser 14, mitunter bis zu einer 
ganzen Stunde aufsitzen. Nach Abnahme der Schröpfköpfe 
bleiben die Patienten meistens einige Zeit von den Schmerzen 
verschont. Durch Wiederholung der Prozedur gelingt es auf 
solche Weise, die Schmerzen und auch die Ursache derselben, 
die Leberanschwellung in relativ kurzer Zeit zum Schwinden 
zu bringen. Ganz auffallend ist die Wirkung häufig während 
einer Gallensteinkolik in Erscheinung getreten, indem der An¬ 
fall unter der Einwirkung der Schröpfköpfe schwand. Bei den¬ 
selben Leiden hat Verfasser auch den Heißluftkasten ange¬ 
wandt, häufig abwechselnd mit den Schröpfköpfen. Der Hei߬ 
luftkasten ist vorzuziehen bei Empfindlichkeit der Haut, bei 
nervösen Patienten, in Fällen, in denen wegen Druckempfind¬ 
lichkeit ein heißer Umschlag nicht vertragen wird. Den Hei߬ 
luftkasten ließ Verfasser ein-, eventuell zweimal täglich eine 
Stunde einwirken. Vorzügliches leistete der Heißluftkasteu 
ferner bei Nephro]ithiasis, und zwar in der anfallfreien Zeit, 
wo ein anhaltendes Schmerz- und Druckgefühl in der Nieren¬ 
gegend, ein Zwicken in der Ureterenrichtung die Patienten 
nicht zur Ruhe kommen ließ. Bei der Nierenkolik selbst sind 
die Schröpfköpfe vorzuziehen. Man setzt sie möglichst fest 
auf die Nierengegend auf. Selbst schwere Anfälle mit starken 
Blutungen im Gefolge konnten auf diese Weise ohne Narko- 
ticum ausgehalten werden. Verfasser gewann dabei den Ein¬ 
druck', daß die Dauer der Anfälle wesentlich kürzer war als 
sonst. In einer größeren Anzahl von Fällen mit Polyneuritis 
diabetica wandte Verfasser passive Hyperämie der'Glieder 
durch Stauungsbinden an. Wo alles versagt hatte, interne 
Mittel, hydriatische und thermische Applikationen, auch die 
sonstigen physikalischen Methoden im Stiche gelassen hatten, 
führte die Anwendung der Stauungsbinden zum Ziele. Die 
Binden blieben fast beständig liegen. Sie wurden zwar mehr¬ 
mals am Tage losgemacht, aber nur um sofort etwas höher oder 
tiefer wieder angelegt zu werden. Dabei ist allerdings die 


RUNDSCHAU 1910. No. 40. 

1 größte Vorsicht geboten, weil sehr leicht unter dem Drucke 
der Binde gerade beim Diabetiker Dekubitus entsteht. Be¬ 
sonders gute Dienste leistet der Heißluftkasten bei Sensibili¬ 
tätsstörungen au den Füßen, die von den Patienten als 
pelziges Gefühl unter den Fußsohlen bezeichnet werden und 
bei Diabetes mellitus und Arteriosklerose vielfach Vorkommen. 

I Endlich macht Verfasser noch auf die Anwendung großer 
Schröpfköpfe bei Atembeschwerden aufmerksam. Bei Asthma 
bronchiale, Emphysema pulmonum, Dyspnoe infolge Insuffi- 
cientia cordis brachte die Applikation von einigen großen 
Schröpfköpfen — am besten zwischen den Schulterblättern — 

, stets eine sofortige- wesentliche Erleichterung und bei konse¬ 
quent längere Zeit hindurch fortgesetzter Anwendung auch 
wirkliche Besserung. In einem Falle von Urämie gelang es 
auf solche Weise, die Dyspnoe und die Krämpfe vollständig zu 
inhibieren. K r. 

Prof. Dr. Best (Dresden): Zur topischen Diagnose der Hemi¬ 
anopsie. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 34.) 

Verfasser bespricht die topische Diagnose der homonymen 
Hemianopsie, d. h. die Symptome, auf Grund deren man den 
Ort der Leitungsunterbrechung mit einer gewissen Sicherheit 
bestimmen kann. Entweder kann es sich dabei um eine Zer¬ 
störung in der Hirnrinde handeln und zwar in der Gegend der 
Fissura calcarina oder um eine subcorticale Leitungsunter¬ 
brechung zwischen Rinde und Austritt der Tractus optici oder 
um eine Läsion des einen Tractus. Je nachdem sind ver¬ 
schiedene Symptome zu erwarten. Denn nach Eintritt der 
Tractus in das Gehirn zweigen die motorischen Bahnen für den 
Lichtreflex der Pupille sowie für reflektorische Augen¬ 
bewegungen von der Sehbahn ab, und die Sehfasern selbst 
müssen sich zwecks Vermittelung besonderer Beziehungen der 
beiden Netzhäute zueinander noch teilen. Man hat demnach 
Verschiedenheiten in bezug auf die Pupille, das Festhalten 
der Fixation und Form des Gesichtsfeldes zu erwarten je nach 
dem Sitz der Erkrankung, welche die Hemianopsie veranlaßt. 
Und zwar ergibt sich folgendes: Bei Rindenhemianopsie findet 
sich keine gerade Linie durch den Fixierpunkt als Gesichts¬ 
feldgrenze, sondern meist eine Makulaausparung; keine 
Pupillenstörungen, positiver Ausfall der Augeneinstellung beim 
Wilbrandsehen Prismenversuch. Letzterer besteht in fol¬ 
gendem: Wenn man eine weiße Marke auf gleichmäßig dunkler 
Wand fixieren läßt und durch Vorsetzen eines Prisma (von 
14" und mehr) mit der brechenden Kante nach der Seite des 
Gesichtsfelddefektes vor beide Augen die Marke für den 
Patienten unsichtbar macht, dann wird mittels einer reflektori¬ 
schen Fixationsbewegung ein Patient mit corticaler Hemi¬ 
anopsie die fixierte Marke nicht verlieren, während bei 
Tractushemianopsie die Marke aus dem Sehbereich ver¬ 
schwindet, d. h. keine Augeneinstellung beim Prismenversuch. 
Außerdem bei Tractushemianopsie inkl. Läsion des Corpus 
geniculatum externum geradlinige vertikale Gesichtsfeldgrenze 
durch den Fixierpunkt; weitere Pupille auf dem der Hemi¬ 
anopsie gleichnamigen Augen. Für die intermediären Läsionen 
zwischen Rinde und Austritt des Tractus fehlt noch eine ge¬ 
nügende Klärung. Verfasser schildert zur Veranschaulichung 
dieser Verhältnisse einen von ihm genauer beobachteten Fall; 
Suicidversuch eines 23 jährigen Mannes, Einschuß in der rech¬ 
ten Schläfengegend; die Kugel blieb in der Gegend der Sella 
turciea rechts von der Medianebene stecken, wie eine spätere 
Röntgenaufnahme ergab. Es besteht homonyme linksseitige 
Hemianopsie, Gesichtsfeldgrenze nach links vollständig gerade, 
durch den Fixierpunkt, beim Wilbrand sehen Prismenver¬ 
such keine einstellende Augenbewegung. Pupille rechts 3 mm, 
links 4 5 mm weit. Beiderseits deutliche hemianoptisehe Reak¬ 
tion. Sehschärfe bei der Entlassung beiderseits r, / 5 . Es be¬ 
steht vorläufig keine Opticusatrophie. Hier ergibt der Sym- 
ptomenkomplex in Uebereinstimmung mit dem Röntgenbild, 
daß es sich um eine Tractusverletzung handelt. 

Prof. Dr. Eugen Holländer (Berlin): Ueher einen Fall von 
fortschreitendem Schwund des Fettgewebes und seinen kos¬ 
metischen Ersatz durch Menschenfett. (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 34.) 

Verfasser berichtet hier über einen merkwürdigen Fall 
und bietet zugleich einen interessanten Beitrag zur kosmeti¬ 
schen Chirurgie. Ein 21 jähriges Mädchen, Choristin von Beruf, 
magerte im Laufe von etwa sechs Jahren in der oberen Körper¬ 
hälfte einschließlich des Gesichts mehr und mehr ab, während 
die untere Körperhälfte vom Nabel an normale weibliche 
Formen zeigt. Es handelt sich also um eine hochgradige 
Atrophie des Fettgewebes in der oberen Körperhälfte und 
einen Ueberfluß an Fettansatz in der unteren Körperhälfte. 
Das Gesicht bekam dadurch etwas Totenkopfähnliches, und 
schließlich wurde dies Ausseheii der Patientin in ihrem Beruf 
hinderlich, sie wurde brotlos. Die Affektion soll nach einem 
schweren Schreck (plötzliche Tod des Vaters) eingesetzt haben. 
Es handelt sich hier wahrscheinlich um eine Trophoueurose, 
Um einen kosmetischen Ersatz für die durch den Fettschwund 



No. 40. 


611 


THERAPEUTISCHE 

veranlaßte Entstellung zu schaffen, nahm Verfasser in diesem 
Falle eine subkutane Injektion von Menschenfett vor, 
ein Verfahren, welches ihm seit vier Jahren für verschiedene 
Zwecke gute Dienste leistet. Er gewinnt das Menschenfett aus¬ 
schließlich durch Operationen, z. B, bei der Entfernung von 
Lipomen oder Netzhernien von sonst gesunden Menschen. Das 
Fett muß, damit es hellgelb bleibt, in kleine Stücke zerschnitten 
und von allem Bindegewebe befreit werden, dann wird es drei 
Stunden im Wasserbade gekocht und in einen Krug geschüttet. 
Am übernächsten Tage wird das Fett, welches bei der Zimmer¬ 
temperatur flüssig bleibt, abgegossen ohne den Satz, der sich 
doch meist noch bildet, und dann wieder aufgekocht. Das dann 
resultierende Fett kann, nachdem die Flaschenöffnung mit 
Papier verschlossen ist, jahrelang aufbewahrt werden, ohne zu 
verderben. Vor dem Gebrauch soll es noch einmal aufgekocht 
werden. Das so bei Körpertemperatur eingespritzte Fett kann 
man subkutan verstreichen; für kosmetische Zwecke ist es aber 
nicht ganz geeignet, weil ziemlich schnell. Innerhalb von 
Wochen, ein intensiver Abbau dieses artgleichen Fettes er¬ 
folgt. Für kosmetische Zwecke vermischt Verfasser jetzt das 
Menschenfett mit Hammeltalg; diese Mischung hat bei Körper¬ 
temperatur eine breiige Konsistenz. Sie erfüllt auch den 
Zweck, eine homogene Unterfütterung zu bilden, welche die 
Mimik vollkommen unberührt läßt und dem Gesicht nichts 
Starres gibt. Mit dieser Mischung wurde das ganze Gesicht der 
Patientin ausgefüllt. Das flüssige Material läßt sich durch 
dünne Kanülen einführen ohne besonderen Schmerz und fast 
ohne Reaktion. Man muß dabei zunächst eine voluminösere 
Füllung veranlassen, da ja der Menschenfettbestandteil später 
verschwindet. Es restiert ein poröses Talggerüst, welches mit 
dem Zwischengewebe eine organische Verbindung eingeht. Das 
in dem Falle des Verfassers erzielte kosmetische Resultat ist 
nach der beigegebenen Abbildung ein recht befriedigendes. 
Das Mädchen konnte ihren Beruf wieder aufnehmen. R. L. 

Dr. Ludwig Iloffinami (Stettin): Myositis ossificans traumatica 
als Unfallfolge. (Medizin. Klinik, 1910, No. 31.) 

Ein 57 jähriger Arbeiter fiel von einer ausgleitenden Leiter 
herab und schlug mit dem linken Kniegelenk auf den zemen¬ 
tierten Fußboden; gleichzeitig fiel ihm ein Packen leerer Säcke 
aus beträchtlicher Höhe von hinten gegen die linke Wade. 
Mehrere Wochen nach dem Unfälle begann sich eine Ver¬ 
steifung des linken Fußgelenkes mit gleichzeitiger Spitzfu߬ 
stellung auszubilden.. Die Beobachtung in der Klinik ergab 
folgenden objektiven Befund: Das linke Kniegelenk enthält 
einen geringen Erguß. Die Streckung des linken Kniegelenks 
ist normal, die Beugung geht bis 80", forcierte Beugung ist 
schmerzhaft. Es besteht deutliches X-Bein links, in schwäche¬ 
rem Maße rechts. Bei Bewegungen fühlt man erhebliches 
Knacken im linken Kniegelenk. Der linke Fuß steht in deut¬ 
licher Spitzfußstellung; das linke Fußgelenk ist aktiv fast gar 
nicht, passiv nur wenig beugefähig, die Achillessehne ist straff 
gespannt. Beim Stehen setzt Patient den linken Fuß vor und 
senkt die linke Beckenhälfte. Bei zusammengestellten Fersen 
berührt die linke Ferse den Boden nicht. Verkürzung des 
linken Beines besteht nicht. Der Gang ist sehr beschwerlich. 
Die Röntgenuntersuchung des linken Fußgelenkes ergab nichts 
Abnormes, dagegen fand sich bei Untersuchung des linken 
Unterschenkels in der Wade, dicht hinter dem Zwischenknochen¬ 
raum von Tibia und Fibula ein 10 cm langes, 1 cm breites, an 
beiden Enden zugespitztes Knochenstück, das mit den beiden 
Unterschenkelknochen nicht in Verbindung steht. Eine Stelle, 
aus der das Stück von der Tibia oder Fibula abgesprengt sein 
könnte, ist auf dem Itöntgenbilde nicht zu erkennen. Nach dem 
objektiven Befunde besteht beim Patienten ein 10 cm langer 
Muskelknochen in der linken Wade. Die Spitzfußstellung, die 
Versteifung des linken Fußgelenkes und der beschwerliche 
.lang sind dadurch verursacht. Ein ursächlicher Zusammen¬ 
hang des Muskelknochens und des Unfalles ist höchst wahr¬ 
scheinlich. Die Entstehung derartiger Verknöcherungen durch 
Muskelentzündung (Myositis ossificans) ist eine häufiger be¬ 
obachtete Erscheinung; auch daß durch eine einmalige Ver¬ 
letzung (Stoß) eine derartige verknöchernde Muskelentzündung 
hervorgerufen werden kann, ist mehrfach beschrieben worden. 
Auf Grund des Gutachtens gewährte die Berufsgenossenschaft 
dem Patienten eine Reute von 66-/ 3 pCt. K r. 

.1. Grekow: Ueber Muskeltransplantation bei Defekten der 
Bauchdecken. (Archiv f. klin. Chir., Bd. 91, H. 4.) 

G. führte in der russischen Gesellschaft Pirogoffs 
zwei Patientinnen vor, bei welchem zur Deckung umfang¬ 
reicher Defekte der Bauchwand Muskellappen aus den beiden 
M. Sartorii bezw. des M. obliquns abdominus externus trans¬ 
plantiert worden sind. Eine besonders wichtige Bedingung Hil¬ 
den Erfolg der Muskelplastik ist — abgesehen von strenger 
Asepsis und Erhaltung der nährenden Gefäße und der Nerven 
— eine genügende Dimension des zu transplantierenden 
Muskellappens, sowie feste Insertion des Muskels möglichst 
den Defekt überdachend und überragend bei genügender 


RUNDSCHAU 1910. 


Spannung. Besonders erwünscht ist die Festnähung des zur 
Transplantation gelangenden Muskels unmittelbar an die in der 
Nähe vorhandenen Muskeln und Knochen, um dem Lappen 
einen festen Stützpunkt zu geben. Bei umfangreichen Defekten 
der Muse, recti abdominis und bei schlaffen Geweben empfiehlt 
sich die totale Transplantation beider M. Sartorii, welche 
in der Mittellinie durch Naht vereinigt werden. Es ist nicht 
nötig, die transplantierten Muskeln unter der Fascie durchzu¬ 
leiten. Auf die Funktion der Extremität übt die Sartorius¬ 
plastik — soweit bis jetzt ersichtlich — keinen schädlichen Ein¬ 
fluß aus. Eine Atrophie des transplantierten Muskels tritt 
augenscheinlich nicht ein, weil derselbe der neuen Funktion 
sich rasch akkommodiert. Adler (Berlin-Pankow). 

Prof. Dr. W. Kausch (Berlin-Schöneberg): Zur Technik der 
Amputation bei Gangrän und Phlegmone. (Münch, med. 

Wochenschrift, 1910, No. 34.) 

Verfasser berichtet hier über zwei Fälle, in denen er 
wegen Gangrän und Phlegmone Amputationen der unteren 
Extremität vornehmen mußte und ein von der üblichen Tech¬ 
nik abweichendes Verfahren der Amputation zur Anwendung 
brachte. Im ersten Fall handelte es sich um einen 51 jährigen 
Diabetiker, welcher bei mäßiger Diätbeschränkung .laiire hin¬ 
durch 0.5 pCt. Zucker ausschied und mäßige Arteriosklerose 
hatte. Ein unbedeutendes Wundsein am F’uße zog eine Gangrän 
der großen Zehe mit anschließender Phlegmone nach sich. 
Trotz mehrerer kleiner und zwei großer Eingriffe: Mittelfu߬ 
exartikulation (Chopart) und Unterschenkelamputation 
schritt die Phlegmone fort und erreichte schließlich die Grenze 
des unteren und mittleren Oberschenkeldrittels, ohne Anzeichen 
des Stillstandes. Der Diabetes war inzwischen in die schwerste 
Form übergegangen; es bestand Acidosis mit beginnendem 
Koma. Auch Eiweiß war im Urin in beträchtlichem Grade 
vorhanden. Dieses schwere Bild änderte sich mit einem 
Schlage, nachdem Verfasser die Amputation in der Mitte des 
Oberschenkels, nicht weit von der Grenze der Phlegmone ent¬ 
fernt, ausgeführt hatte. Bei dieser Amputation wandte er 
folgende Technik an: Es wurde der ganze Oberschenkel, Haut, 
Muskulatur und Knochen in einer und derselben Ebene durch¬ 
trennt und die ganze Wunde offen gelassen. Der weitere Verlauf 
rechtfertigte dies Vorgehen. Die Wunde heilte gut, wobei die 
Weichteile sich hinter den Knochen zurückzogen; dann wurde 
ein Extensionsverband mit einer Belastung von ‘2—4.5 kg an¬ 
gelegt, wodurch, die Weichteile sich allmählich über den 
Knochen, legten, so daß sie ihn schließlich völlig überdeckten. 
Nach vier Wochen wurde dann die sehr verkleinerte Wunde 
mit Heftpflaster zusammengezogen und war in einigen Wochen 
verheilt. Der Patient ist inzwischen bei 1 Liter Milch täglich 
zuckerfrei geworden, auch die Albuminurie ist sehr zurück¬ 
gegangen. Der Amputationsstumpf ist wenig empfindlich; der 
Kranke geht jetzt mit künstlichem Bein, ln dem zweiten Fall, 
bei einem 60 jährigen Manne mit arteriosklerotischer Gangrän 
machte Verfasser am Unterschenkel die Amputation in einer 
Ebene; hier mußte 66 Tage später jedoch die suprakondyläre 
Amputatio femoris angeschlossen werden, weil in der Musku¬ 
latur sich zwei Höhlen gebildet und ein schmaler Streifen 
Haut sich abgestoßen hatte. — Verfasser begründet diese neue 
Amputationstechnik näher und empfiehlt sie prinzipiell bei 
Brand und Phlegmone. Sie gibt die größtmögliche Sicherheit 
vor dem Weiterschreiten der beiden Prozesse und verschafft 
dem Patienten eine möglichst lange Extremität. Bevor zur 
Reamputation geschritten wird, ist ein Gewichtszugverband an¬ 
zulegen, der das zu reamputierende Knochenstück verkleinert 
oder die Reamputation selbst überflüssig machen kann. R. L. 

Dr. Gustav Orglmeister, Assistent der Deutschen chirurgischen 
Universitätsklinik in Prag: Zur Frage der Operationsmethode 
hei Genu valgum. (Beiträge zur klin. Chirurgie, 1910, 
Bd. 67.) 

Als souveräne Behandlungsmethode bei Genu valgum 
adolescentium bezeichnet Verfasser die lineare suprakondy¬ 
läre Osteotomie des Femur nach Mac E w e n. Sie lieferte 
ihm in den meisten Fällen kosmetisch wie funktionell vor¬ 
zügliche Resultate. Sie ist auch noch angezeigt in den Fällen 
von Mitbeteiligung der Tibia an der Deformität, sowie — wegen 
ihrer leichten Ausführbarkeit und völligen Gefahrlosigkeit — 
in jenen leichten und mittelschweren Fällen von Genu valgum 
adolescentium, in denen die Tibia in überwiegendem Maße 
an der Deformität beteiligt ist, während Verfasser die Tibia-, 
bezw. Tibia- und Fibulaosteotomie reserviert wissen möchte 
für alle jene schweren Fälle, in denen die Tibia ausschließlich 
oder nahezu ausschließlich Sitz der Verkrümmung ist. Die 
Ergebnisse M. v. B r u n s in betreff einer späteren Streckung 
des Knickungswinkels nach der Femurosteotomie kann Verf. 
vollinhaltlich bestätigen. Es steht nach Verfasser zu erwarten, 
daß die Heftpflasterextension mittels der neueren Semifiexions- 
schiene zur Nachbehandlung der nach Mac E w e n Osteoto- 
mierten sich vorzüglich eignen und der bisherigen Behandlung 
mit Gipsverbänden überlegen sein wird. 



612 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. No. 40. 


Dr. Kurt Witthaiier (Halle a. S.): llaiitdesinfektion mit Jothiou. 

(Medizin. Klinik, 1910, No. 81.) 

Verfasser bringt eine von ihm schon 1908 im „Zeutralblatt 
für Gynäkologie“ empfohlene Desinfektionsmethode in Erinne¬ 
rung, die der G r o ss i c h sehen Methode an Bequemlichkeit 
nicht nachsteht. Als Jodpräparat benutzte Verfasser das 
Jothiou, welches, chemisch gebunden, ungefähr 80 pCt. Jod 
enthält und rasch und tief in die Haut eindringt. Selbst nach 
Einreibungen kleiner Mengen kann man die erste Jodreaktion 
im Harn und Speichel schon nach % Stunde nachweiseu. Da 
nun Engels am hygienischen Institut der Universität Mar¬ 
burg sehr gute Desinfektionsresultate mit dem '2proz. Lyso- 
form-Alkohol erzielte, so hat Verfasser den Lysoform-Alkohol 
mit dem Jothiou zur Hautdesinfektiou kombiniert. Sein Vor¬ 
gehen gestaltet sich nun folgendermaßen: Am Tag vor der 
Operation wird das Operationsgebiet nach einem Vollbad rasiert 
und in der Nacht aus alter Gewohnheit noch ein 2 proz. Kor- 
malin-Prießnitz aufgelegt, dessen Bedeutung Verfasser aber 
nicht besonders hoch einschätzt. Auf dem Operationstisch 
wird dann die Haut gründlich mit Gazebäuschen, die mit 2 proz. 
Lysoform-Alkohol getränkt sind, abgerieben und dann mit 
sterilem Tuch sorgfältig abgetrocknet. Dann wird mittels eines 
mit 12 proz. spirituöser Jothionlösung getränkten und an einer 
Klemme befestigten Gazebausches das Operationsgebiet mehr¬ 
fach angepinselt; die Flüssigkeit dringt rasch in die Haut ein 
und verschwindet. Nach Beendigung der Operation werden vor 
Beginn der Naht nach Anlegen frischer Schlitztücher die Wund¬ 
ränder nochmals mit Jothionlösung abgerieben. Verfasser hat 
bei dieser Desinfektion niemals eine Reizung der Haut be¬ 
merken können, was er als einen wesentlichen Vorzug vor 
dem Gebrauch der Jodtinktur betrachtet. 

Dr. Hans Rubritius, I. Assistent der Prager chirurgischen Klinik 
des Prof. W ö 1 f 1 e r: Ein Beitrag zur chirurgischen Behand¬ 
lung des chronischen Magengeschwürs und seiner Folge¬ 
erscheinungen. (Beiträge zur klin. Chirurgie, 1910, Bd. 67.) 

Wölfl er hat mit der Gastroenterostomie eine Operation 
angegeben, welche namentlich bei der Behandlung gutartiger 
Magenerkrankungen ausgezeichnete Dienste zu leisten imstande 
ist. Die Gastroenterostomie ist imstande, die am Pylorus sitzen¬ 
den Geschwüre, die narbige Pylorusstenose, das Ulcus duodeni 
zur Heilung zu bringen; sie beeinflußt blutende Geschwüre 
günstig und bewirkt auch bei Fällen von Perigastritis ein voll¬ 
ständiges Schwinden der Beschwerden. Von den Geschwüren 
des Magenkörpers werden kleine, noch nicht mit der Umgebung 
verwachsene, also nur bis zur intakten Serosa reichende Ge¬ 
schwüre ebenfalls durch die Gastroenterostomie zur Heilung 
gebracht. Die Resektion ist indiziert bei carcinomverdächtigen 
Geschwüren und bei großen, stark verwachsenen kallösen Ge¬ 
schwüren der Magenmitte; bei letzteren Geschwüren ist die 
Riedelsche quere Magenresektion am Platze. In der 
Gastroenterostomia anterior mit Braunscher Anastomcse 
und der Gastroenterostomia posterior mit kurzer zuführender 
Schlinge, beide mit doppelseitiger fortlaufender Seidennaht aus¬ 
geführt, besitzen wir nach Verfasser zwei Methoden, welche 
beide gleich Gutes leisten und niemals eine Störung, wie 
Circulus vitiosus, ergeben. Bei Fällen von Pylorusstenose mit 
sekundärer Magendilatation ist, wenn letztere schon sehr lange 
besteht und hochgradig ist, die Gastroenterostomie manchmal 
nicht imstande, die motorische Insuffizienz zu beheben und 
normale Aciditätsverhältnisse zu schaffen. K r. 

\V. Kolm: Nehenverletzungen lind Komplikationen bei der 
Operation des Mastdarmkrebses. (Archiv f. klin. Chir., 
Bd. 91, H. 14.) 

An der Hand des Materials von Baye r (Prag) aus den 
Jahren 1895 bis 1909 bespricht K. die zahlreichen Komplika¬ 
tionen des Mastdarmkrebses beim Manne. Am häufigsten sind 
Verletzungen der Urethra, der Prostata, der Blase und der 
Ureteren. Blasenlähmungen, Cystitiden, Einreißen des Mast¬ 
darmes bei der Auslösung sind nicht selten und meist bedenk¬ 
liche Komplikationen. Ausführlich mitgeteilt werden ein Fall 
von Prostatacareinom mit Uebergreifen auf das Rektum und 
ein Fall von stenosierendem Carcinom der Flexur mit gleich¬ 
zeitig bestehenden multiplen Dannadhäsionen und Diarrhöen. 
Erst die Operation klärte den Sachverhalt auf. Unter 68 Fällen 
sind 8 Dauerheilungen registriert. Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Franz Fischer (Berlin): Beitrag zur Kasuistik der Selbst- 
heilung bei Gallensteinen. (Medizin. Klinik, 1910, No. 31.) 

Eine Ende der 50 er Jahre stehende Frau bekam vor sechs 
Jahren plötzlich kolikartige Schmerzen in der rechten Seite, 
die vom Rippenbogen in den Rücken und ins Kreuz ausstrahl¬ 
ten. Sie dauerten einige Stunden, schwanden dann aber ebenso 
schnell nach heißen Kataplasmen, wie sie gekommen waren. 
Diese Anfälle wiederholten sich innerhalb 214 Jahren öfter 
alle zwei bis drei Wochen, blieben aber auch manchmal 
monatelang aus. Der Stuhl war nach den Koliken heller als 


sonst, hier und da grauweiß. Die chemische Untersuchung des 
bierbraunen Harns ergab die Anwesenheit von Gallensäuren. 
Ikterus war stets deutlich ausgeprägt. Vor 314 Jahren setzten 
die Koliken mit größerer Stärke ein, dauerten acht Tage lang 
und konnten nur durch große Dosen Morphium vorübergehend 
| gelindert werden. Das Erbrechen und der Ikterus bestanden 
| in gleicher Weise wie bei den früheren Anfällen, dagegen war 
I der Stuhl jetzt kreidefarbig. Die Erscheinungen sprachen für 
| Inkarzeration eines Steines im Ductus choledoehus. Nach drei 
| Tagen konnte Verfasser eine taubeneigroße Resistenz in der 
Gegend der Gallenblase fühlen. Diese vergrößerte sich, ohne 
daß dabei Fieber auftrat, langsam in. vier Wochen bis zur 
Größe einer Faust. Stundenweise kolikartige Schmerzen, be¬ 
ständig dagegen ein starkes Spannugsgefühl. Im Verlaufe von 
% Jahren wuchs der Tumor unter den vorher geschilderten 
Symptomen derartig, daß er nach dieser Zeit nach unten in die 
Ileocoecalgegend, medianwärts dreifingerbreit vom Nabel und 
lateralwärts bis zur vorderen Axillarlinie reichte. Unter den 
heißen Umschlägen, durch welche die Kranke sich am besten 
Schmerzlinderung verschaffen konnte, veränderte sich das Bild 
in weiteren vier Wochen wesentlich. 14 Tage später zeigte 
sich über der Ileocoecalgegend eine walnußgroße Rötung und 
Vorwölbung der Haut, die in einigen Tagen dünner und 
| glänzend wurde und deutlich fluktuierte. Die demnach zu er¬ 
wartende Perforation erfolgte denn auch am folgenden Tage. 
Als Verfasser einige Stunden nach dem Durchbruch zu der 
Patientin kam, entleerte sich aus der Perforationsöffnung reich¬ 
lich grünlichgelbe, zähflüssige, schleimziehende Flüssigkeit, in 
der er Gallensäuren und Muzin nachweiseu konnte. In der 
Perforationswunde saß ein Stein, der sich leicht entfernen ließ. 
Er war sechskantig, braunrot, von der Größe einer Haselnuß. 
Beim Sondieren gelangte Verfasser in einen schräg nach oben 
ziehenden Kanal durch die Bauchdecken und stieß nach 4 cm 
auf einen harten Widerstand, den er für einen Stein ansprach. 
Im Verlaufe von 14 Tagen kamen denn auch noch 5 Sleine 
| zum Vorschein, von derselben Größe und Farbe, wie der erste 
[ Stein, vier- bis achteckig. Die Fistelöffnung blieb ein Viertel¬ 
jahr bestehen und entleerte beständig, aber immer weniger 
dieselbe Flüssigkeit. Der Tumor schwand allmählich ganz, 
nur fühlte man einen derben Strang, der von der Fistelöffnung 
in die Gegend der Gallenblase zog. Gleichzeitig schwand all¬ 
mählich der Ikterus, der Harn nahm wieder die normale Farbe 
an. Seit einem Jahr ist nunmehr die Fistel völlig geschlossen 
und Patientin hat keinerlei Beschwerden mehr. Nach dem 
Verlauf dieses Falles neigt Verfasser zu der Ansicht, daß es 
) sich vor 314 Jahren um eine Einklemmung eines Steines im 
Anfangsteile des Ductus choledoehus handelte, die einen kom¬ 
pletten Verschluß desselben herbeiführte. Infolgedessen kam 
I es zu einer Stauung der Galle, die zu einer starken Erweite- 
j rung der Gallenblase führte. Die lange Stauung bildete eine 
[ Ursache für eine Cystitis und Pericystitis, an die sich Ver¬ 
klebungen. Adhäsionen mit dem Peritoneum bei gleichzeitig 
weiterer Ausdehnung der Gallenblase anschlossen. Immer 
weitergehende Verklebungen und Abkapselungen mit Druck¬ 
nekrosen, zum Teil durch die starke Ausdehnung, zum Teil 
durch die Steine selbst bedingt, führten dann zur Gangbildung 
| und Perforation. Da sich wahrscheinlich auch Verwachsungen 
| der Inkarzerationsstelle mit der Gallenblase und Nekrose der 
j Zwischenwand im Laufe der Zeit gebildet hatten, so ist viel- 
( leicht nach dem Durchbruche der Bauchdecken der ein¬ 
geklemmte Stein in die Gallenblase perforiert, oder er ist bei 
| dem plötzlichen Abfluß der Galle durch Saugwirkung in die 
Gallenblase zurückgezogen worden. Letzteres erscheint Verf. 

| wahrscheinlicher. K r. 

A. Alapy: Der Darmverschluß der Kinder. (Archiv für klin. 

Chirurgie, Bd. 91, H. 4.) 

Auf Grund von 45 auf der chirurgischen Abteilung des 
Brody-Kinderkrankenhauses in Budapest binnen 12 Jahren 
selbst beobachteten Ileusfällen bei Kindern entwirft A. ein an- 
i sehauliches klinisches Bild der wichtigen und diagnostisch oft 
recht schwierigen Erkrankung. Die Anamnese ist oft lücken¬ 
haft. weil eine Verständigung mit den kleinen Kindern oft 
nicht möglich ist. Wo Angaben gemacht werden, sind sie oft 
unzuverlässig. Andererseits ist die Palpation durch die meist 
dünnen Bauchdecken leichter, als bei Erwachsenen. Rechnet 
man die wenigen Ausnahmefälle ab, so muß die Ursache des 
Dannverschlusses im Kindesalter in zwei pathologischen 
Gruppen gesucht werden: Die eine ist die Entzündung 
des Wurmfortsatzes mit ihren verschiedenen Folgezu¬ 
ständen, die andere ist die Invagination. Unter allen mitge¬ 
teilten 45 Fällen finden sich nur 5, welche zu keiner dieser 
zwei Gruppen gerechnet werden können. Diese waren: 1 Fall 
von traumatischem Ileus, ein paralytischer Ileus nach Darm¬ 
resektion, ein Heus infolge von transperitonealer Nierenruptur, 
ein Fall von Meckel schein Divertikel und ein Fall von tuber¬ 
kulöser Peritonitis. Alle übrigen Fälle gehören entweder der 
Appendicitis oder der Invagination an. 




No. 4Ö. ’ 


THERAPEUTISCHE 


Der appendicitische Ileus kann in recht verschiedenen 
Formen zur Beobachtung kommen, nämlich als 

1. dynamischer Ileus der akuten Entzündung, 

2. Adhäsionsileus der akuten Entzündung, 

3. Strangulation nach Abklingen des akuten Stadiums, 

4. irühe Form des postoperativen Verwachsungsileus, 

5. späte Form desselben, 

6. Darmverschluß infolge progredienter Peritonitis, 

7. Darmverschluß durch Douglasabsceß, 

8. reflektorischer spastischer Darmverschluß, 

9. Darmverschluß durch den im Bruchsack eingeklemmten 
oder daselbst entzündeten Wurmfortsatz, 

10. Ileus im Gefolge der diffusen Bauchfellentzündung. 

Im Gegensatz hierzu ist die Gruppe des durch Invagination 

bedingten Ileus einheitlich. Sei die Ursache der Invagination 
noch so verschieden, das Krankheitsbild ist nahezu dasselbe. 
Eines der wertvollsten diagnostischen Merkmale ist die an¬ 
wesende oder mangelnde Bauchdeckenspannung. Der Mangel 
dieses Zeichens in sämtlichen vom Verf. beobachteten Fällen 
von Invagination hat das wichtigste differentialdiagnostische 
Moment zur Unterscheidung von der Appendicitis gebildet. Die 
Therapie des kindlichen Darmverschlusses unterliegt anderen 
Gesichtspunkten als bei Erwachsenen. Rasches und schonen¬ 
des Operieren ist oft Lebensbedingung. Die Enterostomie 
kommt häufiger zur Anwendung als bei Erwachsenen und wirkt 
oft lebensrettend. Sie wirkt nicht nur palliativ, sondern kann 
die dauernde Heilung herbeiführen. Die Invagination soll 
tunlichst durch Desinvagination und nur ausnahmsweise durch 
Resektion beseitigt werden. Das Mißlingen der Desinvagina¬ 
tion beruht nicht auf dem Vorhandensein von Verwachsungen, 
sondern auf mangelhafter Technik. Bei Anwendung des 
Hutchinson sehen Verfahrens gelingt die Desinvagination 
fast ausnahmslos. Ein Versuch, durch Einläufe die Invagi¬ 
nation zu beheben, ist zwar gerechtfertigt, sollte aber nur von 
kurzer Dauer sein. Mißlingt er, so muß unverzüglich zur Ope¬ 
ration geschritten werden. Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. M. Mekkas, Assistenzarzt der chir. Klinik zu Bonn: Zur 
Behandlung der ßlasenektopie. Umwandlung des aus- 
geschalteten Coecum zur Blase und der Appendix zur 
Urethra. (Zentralbl. f. Chir., 1910, No. 33.) 

Der Fall betrifft ein 12 Jahre altes Mädchen, geistig zurück¬ 
gebliebenes Kind mit typischer ßlasenektopie und Vaginal- 
atresie. Erste Operation am 12. Mai 1910. Eröffnung des 
Bauches durch einen 12 cm langen hypogastrischen Längs¬ 
schnitt durch den rechten Rektus. Das Coecum ist nach außen 
durch flächenhafte Adhäsionen fixiert. Lösung der Adhäsionen 
und komplette Ausschaltung des Coecum mit blindem Ver¬ 
schluß beider Enden. Das ausgeschaltete Stück ist etwa 8 cm 
lang und läßt sich leicht bis zur Mittellinie vorziehen. Zwischen 
dem blindverschlossenen lleum und dem Colon transversum 
wird eine Anastomose Seit-zu-Seit angelegt. De» normal aus¬ 
sehende, etwa 7 cm lange Processus vermiformis wird nun 
durch ein Knopfloch in den Bauchdecken unterhalb des Lapa¬ 
rotomieschnittes durchgezogen, sein distales Ende abgetragen, 
und die Schleimhaut zirkulär an die Haut genäht. Bauch¬ 
deckennaht in drei Etagen. Vom 10. Tage au täglich Spülung 
des Coecum mittels eines durch die Appendixöffnung einge¬ 
führten Nelatonkatheters. Die Kapazität des neuen Reservoirs 
betrug in der ersten Zeit 120 ccm, ging dann auf 100 ccm her¬ 
unter und blieb konstant. Bei stärkerer Füllung klagte die 
Patientin über Schmerzen. Die Spülflüssigkeit enthielt immer 
etwas Schleim. Nachdem sich die Patientin vom ersten Eingriff 
erholt hatte, wurde die zweite Operation am 18. Juni 1910 vor¬ 
genommen: Umschneidung der ektopischen Blase und Ab¬ 
lösung derselben von der Unterlage. Die Ureteren werden 
4—5 cm weit stumpf ausgeschält, mit möglichst viel periurete- 
ralem Gewebe, um ihre Ernährung nicht in Frage zu stellen. 
Sodann wurde der Bauch durch einen Längsschnitt in der 
Mittellinie eröffnet. Es liegt das ausgeschaltete, rechts neben 
der Mittellinie au der vorderen Bauchwand adhärente Coecum 
vor. Die mobilisierte Blase kann ohne Spannung bis an den 
unteren Pol des Coecum gebracht werden. Die Ureteren ver¬ 
laufen dabei leicht bogenförmig mit der Konkavität nach vorn 
oben, ohne abgeknickt zu sein. Eröffnung des Coecnm an der 
hinteren Wand, ganz nahe dem unteren Pol und Implantation 
des nach Anfrischung der Ränder etwa fünfmarkstückgroßen 
Blasenlappens. Naht in zwei Etagen, Bauchdeckennaht, Tam¬ 
pon am unteren Wundwinkel. Durch die Appendixöffnung 
wird ein Nelatonkatheter in das neue Reservoir eingeführt und 
als Dauerkatheter belassen. Der Eingriff wurde sehr gut über¬ 
standen, die Patientin blieb dauernd fieberfrei. Der Harn lief 
ungehindert durch den Dauerkatheter ab. Mehrmals täglich 
Spülung. Vom achten Tage ab wurde der Dauerkatheter zu¬ 
gestopft und alle 2—3 Stunden die neue Blase entleert. Die 
Kapazität der Blase betrug anfangs 100 ccm, steigerte sich aber 
schon in den nächsten Tagen wesentlich. Vier Wochen nach 
der Operation ist der Zustand der Patientin folgender: Sie ist 
außer Bett, fieberfrei. Das Mädchen trägt einen Dauerkatheter, 


R UNDSCH AU 191Ö._ _ _ 013 

der durch einen Stöpsel geschlossen wird. Am Tage muß die 
Blase alle 3—4 Stunden entleert werden, in der Nacht nicht. 
Die Kapazität beträgt 300—325 ccm. Wenn man bei gefüllter 
Blase den Katheter herauszieht, lijuft der Urin nicht aus. Es 
scheint, daß der Urin durch eine Art Ventilverschluß, vielleicht 
durch die Gerlachsche Klappe zurückgehalten wird. Diese 
Kontinenz ist aber keine absolute; denn bei Bewegungen tropft 
zuweilen etwas Harn al). Die täglichen Harnmengen betragen 
1000—1200 ccm. Der Urin ist durch Schleimflocken getrübt, 
eiweißfrei. Im Sediment mäßig viele Leukocyten und Blasen- 
epithelien. 

Dr. Bruno Glaserfeld, Arzt in Berlin- Schöneberg: Bemerkungen 
zur Behandlung des akuten Harnröhrentrippers des Mannes. 
(Die Therapie der Gegenwart, Augustheft 1910.) 

Die akute Gonorrhoe des Mannes kann nach der Ueber- 
zeugung des Verfassers nur durch eine lokale Therapie zur 
vollkommenen Heilung gebracht werden. Bei jedem Tripper 
muß daher kurz nach Aufhören der allerersten entzündlichen 
Erscheinungen eine sachgemäße Injektionskur mit einem der 
neueren Silberpräparate eingeleitet werden. Daß diese Kur 
trotzdem oftmals nicht zum gewünschten Ziel führt, liegt fast 
nur an der unrichtigen Ausführung des Spritzens durch den 
Patienten. Hat der Arzt dem Patienten die genauen Vorschrif¬ 
ten für die Technik des Spritzens gegeben, so hat er die Pflicht, 
bald nach der Verordnung den Patienten selbst während der 
Injektion zu kontrollieren. Wer sich diese kleine Mühe macht, 
der wird die unglaublichsten Fehler beim Spritzen des Patien¬ 
ten sehen und erkennen, warum die Injektionskur bei dem 
betreffenden Patienten bisher erfolglos verlief. Zu jeder 
Tripperbehandlung gehört in den ersten 8—10 Tagen Bettruhe 
Diese selbstverständliche Verordnung wird leider nicht überall 
durchgeführt: einmal liegt dies an dem Unverstand der Laien, 
dann aber auch an dem Umstande, daß diese Forderung noch 
nicht Allgemeingut der Aerzte geworden ist. Die lokale Be¬ 
handlung wird zweckmäßig durch eine interne medikamentöse 
unterstützt. Die gebräuchlichsten Mittel, die bisher ange¬ 
wandt wurden, waren Balsamica (Baisamum Copaivae, Cubebae 
und Oleum Santali). Leider bewürben sie sämtlich unange¬ 
nehme Nebenerscheinungen, so daß man öfters von ihrer An¬ 
wendung Abstand nehmen muß. Es ist daher als ein Fort¬ 
schritt zu betrachten, daß wir seit kurzem ein neues Balsam¬ 
präparat im Handel haben, welches die Vorteile der Balsame 
ohne ihrelästigenNebenwirkungen aufweist: das A11 o s a n. Das 
Allosan hat den Vorzug, ein fester Körper zu sein und kommt 
in Tablettenform zu 0,5 g in der üblichen Glasröhrenverpackung 
in den Handel. Verfasser kann über die Wirkung des Allosans 
in zirka 150 Fällen berichten. Es wurden gewöhnlich dreimal 
täglich je 2 Tabletten gegeben. Die Patienten nahmen das 
Präparat stets willig. Das Allosan ist ein fast geschmackloses 
Präparat, reizt nicht im geringsten den Verdauungstraktus und 
die Nieren. Auch macht sich das Allosan in der Exspirations¬ 
luft nicht unangenehm bemerkbar. Diese Eigenschaft des 
Freiseins von allen Nebenwirkungen der Balsampräparate ist 
der Hauptvorzug des Allosans. Im übrigen deckte sich seine 
Wirkung beim akuten Tripper mit der der übrigen Balsame. 
Die Schmerzen gingen stets bei dieser Behandlung, die sich 
aus Bettruhe, blander Diät, Protargolinjektionen, und Allosan- 
darreichung zusammensetzte, prompt zurück, der dicke Aus¬ 
fluß machte bald dünnflüssigem Sekret Platz, das ebenfalls 
schnell verschwand. Verfasser ist weit entfernt zu behaupten, 
daß in seinen Fällen durch Allosan eine Beschleunigung des 
Heilverlaufes eingetreten ist; für gewöhnlich dauerte die 
Heilung 4—5 Wochen. Allosan ist ferner natürlich nicht im¬ 
stande, Komplikationen des Trippers hintanzuhalten; daß Verf. 
letztere sehr wenig auftreten sah, schiebt er vielmehr auf die 
Bettruhe und die sachgemäßen Injektionen. Das Allosan 
wurde fast ausschließlich bei der Gonorrhoea acuta anterior ge¬ 
geben. Bei der Gonorrhoea acuta posterior ist Verfasser von 
der bewährten Medikation des Bürentraubentees und Urotro¬ 
pins nicht abgegangen. Die direkte Behandlung der hinteren 
Harnröhre bestand in Irrigationen von schwacher Höllenstein¬ 
lösung mit dem U11z m a n n sehen Katheter; für gewöhnlich 
waren nach 5—7 Spülungen sowmhl die subjektiven Beschwer¬ 
den verschw'unden, als auch der objektive Befund ein guter. 
Kommt man durch diese Lokalbehandlung nicht gut vorwärts, 
so ist in solchen Fällen die Endoskopie der gesammten Harn¬ 
röhre die wesentlichste Forderung, ohne welche jede weitere 
Tripperbehandlung unmöglich ist. Die Behandlung der bei der 
Urethroskopie gefundenden Infiltrate besteht in Aetzungenund 
Dilatationen. 

Privatdozent Dr. Anton Sitzenfrey, Assistent an der Universi¬ 
täts-Frauenklinik in Gießen: Die Nierenenthiilsung mit be¬ 
sonderer Berücksichtigung ihrer Anwendung bei Eklampsie. 
(Beiträge zur klin. Chir., 1910, Bd. 67.) 

Verfassers Erörterungen führen zu dem Schluß, daß nur 
bei den mit Oligurie oder Anurie einhergehenden Formen der 
Urämie eine günstige Beeinflussung durch die Nierendekapsu- 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Ho. 40. 


lation zu erhoffen ist. Hingegen fehlt uns hei jenen Urämie¬ 
fällen, die auf eine Zurückhaltung von harnfähigen Substanzen 
bei guter, eventuell gesteigerter Diurese zu beziehen sind, 
jedes Fundament, um eine heilsame Einwirkung der Nieren¬ 
entkapselung annehmen zu können. Verfasser will daher für 
die beiderseitige Nierendekapsulation die Indikationsstelluug 
S i p p e 1 s beibehalten und erachtet die Nierendekapsulation 
bei Eklampsie dann für angezeigt, wenn nach erfolgter Ent¬ 
bindung die Harnresektion nicht oder nur ungenügend in Gang 
kommt und durch andere Mittel nicht zu heben ist. Um über 
das Einsetzen und die Dauer der Oligurie bezw. Anurie mög¬ 
lichst baldige und sichere Orientierung zu erlangen, empfiehlt 
sich nach dem Vorschlag Bau m m s die fortgesetzte Fest¬ 
stellung der zweistündigen Harnmengen, wobei auch auf den 
Blut- und Eiweißgehalt in den einzelnen Harnportionen zu 
achten ist. Auf diese Weise werden auch kurz dauernde und 
vorübergehende, aber sich wiederholende oligurische bezw. 
anu rische Zustände nicht übersehen werden können, die auf 
vorübergehende intrarenale Spannungserhöhungen, also auf 
iutrarenale Druckschwankungen zu beziehen sind und schlie߬ 
lich in die gleichen schweren Nierenfunktionsstörungen über¬ 
gehen können, die durch länger währende, intrarenale Span¬ 
nungserhöhung vermehrt werden. Wie lange man bei Anurie 
Eklamptischer zuwarten kann in der Absicht, oh nicht doch 
spontan die Harnsekretion in Gang kommt, darüber fehlt uns 
bis jetzt jeder Anhaltspunkt. Wir wissen zwar, daß sich bei 
der kalkulösen Anurie die Patienten tage- und selbst wochen¬ 
lang wohl befinden können. Es wäre möglich, daß die so¬ 
genannten Kondensatoren (Vakuolen bezw. Granula) eine 
Speicherung der zu eliminierenden Stoffwechselprodukte be¬ 
wirken und damit den Organismus trotz fehlender Harnabson¬ 
derung entlasten. Nach A. Fraenkel soll es erst dann zu 
urämischen Intoxikationen kommen, wenn der Einstellung der 
exkretorischen Funktion der Niere noch die Insuffizienz ihrer 
inneren Sekretion folgt. Verfasser pflichtet daher auch hin¬ 
sichtlich der Anurie bei Eklampsie der von A. Fraenkel für 
die kalkulöse Anurie aufgestellten Forderung hei, nach welcher 
die durch den gesteigerten intrarenalen Druck geschädigte 
Niere so bald wie möglich operativ zu entlasten ist, damit unter 
der Stockung ihrer exkretorischen Funktion nicht auch die 
innere Sekretion gefährdet wird; denn das ist gleichbedeutend 
mit dem verhängnisvollen Einsetzen der urämischen Ver¬ 
giftung. Allerdings -wird man bei der Anurie Eklamptischer 
immer berücksichtigen müssen, ob sie nicht im Anschluß au 
einen operativen Eingriff eingetreten und soweit auf reflek¬ 
torische Nerveneinflüsse zurückzuführen ist; solche Anurie- 
formen pflegen jedoch bald nach der Operation zu schwinden. 
Solange das Wesen der Eklampsie nicht ergründet ist, haben 
alle unsere therapeutischen Eingriffe bei der Bekämpfung 
dieser Krankheit — die Schnellentbindung vielleicht ausge¬ 
nommen — nur den Wert symptomatischer Heilmittel. 


Dr. Strempel, Sekundärarzt der ehir. Abteilung des Barmer 
städtischen Krankenhauses: Zur Indikationsstellung und 
Technik des extraperitonealen Kaiserschnittes. (Medizin. 
Klinik, 1910, No. 26.) 

Verfasser berichtet über einen Fall von extraperitonealem 
Kaiserschnitt, der eine 2S jährige I para betrifft, die gegen 
9 Uhr abends ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Früh 
gegen 6 Uhr war die Blase gesprungen und die Wehen hatten 
begonnen, waren aber dauernd sehr schwach gewesen. Von 
der Hebamme und dem Arzt war verschiedentlich untersucht 
worden, schließlich soll auch ein Zangenversuch gemacht wor¬ 
den sein. Als der nun zugezogene Frauenarzt die Frau sah 
bekam sie gerade ihren ersten eklamptischen Anfall und wurde 
darauf sofort dem Krankenhause überwiesen zum klassischen 
Kaiserschnitt. Beim Eintreffen im Krankenhaus hatte sie noch 
drei weitere Anfälle und bekam während der Vorbereitung 
zur Operation noch zwei Anfälle. Temperatur 97,2, Puls 120. 
Es fand sich eine zw-eite Schädellage, Herztöne 120. Enge 
Weichteile, mäßig verengtes Becken, Diagonalis 10 cm. Kopf 
in beginnender Konfiguration in hinterer Scheitelbeinein¬ 
stellung, fest auf dem Beckeneingang, Blase gesprungen. Da 
ein schonender Versuch, den Kopf mit hoher Zange ins Becken 
zu ziehen, vergeblich war, schritt Verfasser zur Entbindung 
durch extraperitonealen Kaiserschnitt. 

Indem Verfasser die Indikationsstellung zur Operation er¬ 
örtert, scheidet er zwischen den Entbindungsmöglichkeiten, die 
sich bei diesem Falle in der Praxis draußen und im Kranken¬ 
hause bieten. Eine Indikation war hier für jeden Fall ge¬ 
geben, nämlich mit Rücksicht auf die Eklampsie die Indikation 
zur schleunigen Entbindung. Für die Verhältnisse der all¬ 
gemeinen Praxis lautete die Fragestellung nun folgender¬ 
maßen: Als entbindende Operationen kamen nur in Frage: bei 
Erhaltung des kindlichen Lebens entweder die Wendung oder 
die hohe Zange nach mehrfachen Muttermundsinzisionen, oder 
unter Opferung des Kindes die Perforation. Die Wendung war 
in diesem Falle bei dem Feststand des Kopfes auf dem Becken¬ 


eingang und den durch die mehrfachen eklamptischen Anfälle 
außerordentlich gesteigerten Kontraktionen des Uterus nicht 
mehr möglich. Aehnlich stand es mit der Anwendung der 
hohen Zange. Nun wäre also für den Praktiker nur noch ein 
Entbindungsverfahren in Frage gekommen, nämlich die Perfora¬ 
tion des vorliegenden Kopfes mit folgender Extraktion. Ganz 
anders stellt sich die Frage der Operationsanzeigen im 
Krankenhaus mit seinem Komfort von Assistenz, Instrumen¬ 
tarium usw. Hier wäre eine bedingungslose Opferung des 
kindlichen Lebens bei einiger geburtshilflicher Schulung des 
Arztes als Kunstfehler zu bezeichnen gewesen. Zahlreich sind 
die Methoden, die uns die operative Aera der Geburtshilfe zur 
Schnellentbindung an die Hand gibt. Im vorliegenden Fall 
boten sich nur zwei Möglichkeiten zur Schnellentbindung unter 
Erhaltung des kindlichen Lebens: der alte klassische Kaiser¬ 
schnitt und der extraperitoneale cervicale Kaiserschnitt. Den 
klassischen Kaiserschnitt glaubte Verfasser im vorliegenden 
Falle unbedingt ablehnen zu müssen. 16 Stunden vor der Eiu- 
lieferung ins Krankenhaus war bereits die Fruchtblase ge¬ 
sprungen und damit einer Infektion von der Scheide aus Tür 
und Thor geöffnet. Diese Infektionsmöglichkeit war zur In¬ 
fektionswahrscheinlichkeit geworden dadurch, daß die Patientin 
nach dem Blasensprung 6 mal von nicht durch sterilen Gummi¬ 
handschuh geschützter Hand, 2 mal dabei von der Hebamme, 
untersucht worden war. Es blieb also im vorliegenden Falle 
nur noch der extraperitoneale cervicale Kaiserschnitt zur 
Schuellentbindung unter Erhaltung des kindlichen Lebehs 
übrig. Zunächst ist durch diese Operation der Indikation zur 
raschen Entleerung der Gebärmutter unter Erhaltung eines 
unverletzten, lebensfrischen Kindes genügt worden. Dann aber 
zeigt sich die Ueberlegenheit des extraperitonealen Operierens 
gegenüber der klassischen Sectio caesarea mit Eröffnung der 
Bauchhöhle schlagend durch den weiteren Verlauf. Zum 
Schluß erörtert Verf. noch die Technik des extraperitonealen 
Kaiserschnittes. 

Privatdozent Dr. W. Schauenstein, I. Assistent der Frauen¬ 
klinik der Grazer Universität: lieber die Wirksamkeit des 
Paltaufschen Antistreptokokkenserums bei puerperalen 
Streptomykosen. (Beiträge zur klin. Chir., 1910, Bd. 67.) 
Das Ergebnis seiner eigenen und der bisher veröffentlich¬ 
ten Beobachtungen über die Behandlung puerperaler Strepto¬ 
mykosen mit dem P a 11 a u f sehen Antistreptokokkenserum 
faßt Sch. dahin zusammen, daß wir in demselben ein un¬ 
schädliches, Mittel besitzen, welches keine absolute Heilkraft 
besitzt. Bei vielen Fällen jedoch, besonders wenn es frühzeitig, 
also innerhalb der ersten drei bis vier Tage nach Beginn 
der Temperatursteigerung, gegeben wird, hat es höchst 
wahrscheinlich einen günstigen Einfluß auf den weiteren Ver¬ 
lauf der Erkrankung. Die rasche Entfieberung in diesen Fällen 
und die eklatante Besserung des Allgemeinbefindens tritt in 
so regelmäßiger Weise auf, daß die Annahme berechtigt er¬ 
scheint, dieses Verhalten als typische Reaktion des erkrankten 
Organismus auf das P a 11 a u f sehe Antistreptokokkenserum 
anzusehen. Es ergibt sich daraus schließlich die für die An¬ 
wendung des Antistreptokokkenserum wichtige Regel, mit der 
Verabfolgung desselben niemals so lange zu warten, bis die 
Infektionserkrankung so weit vorgeschritten ist, daß der Fall 
ein hoffnungsloser oder nahezu hoffnungsloser geworden ist; 
denn in diesen Fällen nützt es nichts mehr. Dadurch wird nur 
ein Verfahren diskreditiert, das, frühzeitig in Anwendung ge¬ 
zogen, in vielen Fällen geeignet ist, den Organismus im Kampfe 
gegen die Infektion zu unterstützen. K r. 

Prof. P. Zweifel (Leipzig): Bolus alba als Träger der Infektion. 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 34.) 

Verfasser hat in seiner Klinik seit 1901 die Bolus alba 
als Streupulver bei allen Nabelverbänden der Neugeborenen 
verwendet, um die Nabelschnur möglichst auszutrocknen, und 
dadurch Infektionen von der Nabelwunde aus zu verhüten. Bei 
diesem Vorgehen wurde bis 1908 in zirka 10 000 Fällen keine 
einzige Nabelentzündung oder Nabeleiterung mehr beobachtet. 
Da die Argilla oder Bolus alba des Handels an sich nicht keim¬ 
frei ist, wird sie in des Verfassers Klinik vor der Verwendung’ 
mehrere Stunden lang durch trockene Hitze von 170" C. sterili¬ 
siert. Immer wurden einige Pfund in großen Tontöpfen in 
einem Trockenschrank bei 170—200" C. der Hitze ausgesetzt. 
Trotz dieser Vorsichtsmaßregeln erkrankten ntfh nach mehr als 
sieben Jahren vier Säuglinge an Tetanus, von denen drei 
starben, während das vierte Kind durch hohe Dosen von 
Tetanusserum gerettet wurde. Verfasser vermutet nun, daß 
in der benutzten Argilla Tetanusbacillen enthalten waren, und 
daß unglücklicherweise gerade diese Portion durch ein Ver¬ 
sehen des Hebammenpersonals nicht sterilisiert worden war; 
denn durch eine dreistündige Erhitzung auf 170—200“ müssen 
alle Tetanuskeime sicher getötet werden. Um sicher zu sein, 
daß diese Hitze auch wirklich bis in die Mitte des Tontopfes 
dringt, verwendet Verfasser als Kontrolle kleine offene, mit 



No. 40. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


615 


einem Deckel versehene Gläser, in welche aufrecht ein Blech¬ 
streifen einer Metalllegireung gestellt wird, welche bei 160° C. 
schmilzt und dann platt am Boden liegt. Es fand sich nun, 
daß nach einer Erhitzung von drei Stunden auf 170—200° C. 
dieser im Tontopf befindliche Streifen immer geschmolzen 
ist, woraus folgt, daß die Erhitzung der Bolus alba auf 170 bis 
200" drei Stunden hindurch bei gewissenhafter Durchführung 
schützen muß, selbst wenn die Bolus alba infiziert geliefert 
wurde. Nach Verfasser gelten die gleichen Erwägungen für 
alle in der chirurgischen Praxis verwendeten Streupulver, die 
in ihrer Herstellung nicht eine Sicherheit gegen Infektions¬ 
keime bieten, auch für die Talkerde, welche massenhaft in und 
an die Handschuhe gepulvert wird. Auch diese muß unbedingt 
immer vor dem Gebrauch sterilisiert werden. Verfasser hat 
in seiner Klinik für alle diese Pulver die erwähnte Kontrolle 
eingeführt, daß jeder Tontopf vor dem Sterilisieren ein Probe¬ 
röhrchen aus Kaliglas mit rundem Boden und einem Blech¬ 
streifen der Metallegierung erhält und der Inhalt im Dienst 
der Klinik nur benutzt werden darf, wenn der Streifen ge¬ 
schmolzen am Boden liegt. — Nach Verfasser sollte übrigens 
auch für den internen Arzneiverbrauch die Bolus alba durch 
trockene Hitze oder durch strömenden Dampf sterilisiert 
werden. 

Dr. Görl (Nürnberg): Die Sterilisierung der Frau durch 
ltiintgenstrahlen. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 34.) 

Verfasser berichtet über seine Ergebnisse in der gynäko¬ 
logischen Röntgentherapie. Es handelt sich dabei darum, 
durch Röntgenbestrahlungen eine Sterilisierung herbeizuführen, 
und zwar bei solchen Frauen, die an erschöpfenden Menor¬ 
rhagien und Metrorrhagien (klimakterische Blutungen, Blutun¬ 
gen bei Uterusmyomen) leiden, und bei denen die operative 
Therapie aus irgend welchen Gründen kontraindiziert ist oder 
von der Patientin abgelehnt wird. Verfasser hat 9 Patientinnen 
bestrahlt, darunter fünf wegen Menorrhagien resp. Molimina 
menstrualia bei verzögertem Klimakterium, vier mit Menor¬ 
rhagien auf Grund von Myomen. Die letzteren Kranken waren 
zum Teil in einem sehr elenden Zustand; bei einer Frau be¬ 
stand gleichzeitig eine Nephritis und ein schwerer Herzfehler, 
bei der anderen äußerste Anämie mit Thrombosierung der 
Cruralvenen und schwerer Herzinsuffizienz. Es wurden in 
allen Fällen, soweit sei sich regelmäßig behandeln ließen, 
Besserungen oder Heilungen erzielt, indem die erschöpfenden 
Blutungen nach einiger Zeit aufhören, der allgemeine Kräfte¬ 
zustand sich wieder hebt und die Herzbeschwerden ebenfalls 
schwinden. Die erforderliche Anzahl von Röntgensitzungen 
ist ziemlich groß, bei der einen Patientin waren 56 Sitzungen, 
bei einer anderen sogar 85 Sitzungen notwendig. Das erklärt 
sich dadurch, daß Verfasser sehr vorsichtig vorgeht, so daß es 
nie zu einer Hautreizung oder sonstigen unangenehmen Neben¬ 
wirkungen kam. Es wurde stets mit harten Lampen bestrahlt 
und zwar in einer Entfernung und Intensität, daß eine Sitzung 
von 45 Minuten Dauer imstande gewesen wäre, ein mäßiges 
Erythem der Haut hervorzurufen. Jede Sitzung wurde in drei 
geteilt, d. h. es wurde jedesmal nur % Erythemdosis gegeben, 
und zwar so, daß jede Hautpartie immer erst wieder nach acht 
Tagen an die Reihe kam. Zuerst wurden immer die beiden 
Ovarien, bei mageren Personen ohne, bei beleibteren mit Blei¬ 
tubus bestrahlt; diese werden hierdurch gleichsam für weitere 
Röntgenstrahlen sensibilisiert, so daß auch die Strahlen, 
welche in weiteren Sitzungen von der Flanke und dem Rücken 
aus appliziert werden, eine energischere Wirkung ausüben 
können. Bei diesem Verfahren kommt es höchsten zu einer 
Braunfärbung der Haut. Die erste Bestrahlung soll immer 
kurz nach der zuletzt dagewesenen Periode gemacht werden, 
da die Röntgenstrahlen anfangs exzitierend wirken, so daß 
die nächstfolgende Menstruation stärker wie bisher wird. Die 
zweite Periode ist in Dauer und Blutmenge meist gleich denen 
vor Beginn der Bestrahlung, während die nachfolgende Men¬ 
struation nur schwach, aber von längerer Dauer ist. Von da 
an werden dann die Pausen zwischen den einzelnen Perioden 
länger. Die allgemein stimulierende Wirkung der Röntgen¬ 
strahlen bringt subjektiv schon viel früher Besserung, indem 
die Patientinnen ruhiger werden, Schlaf und Appetit be¬ 
kommen. Auch die Blutbildung geht rascher vor sich. Bei 
keiner der Frauen machten sich AusfallserscheiAmgen be¬ 
merkbar. Die Sterilisierung mit Röntgenstrahlen hat nach 
Verfasser bei Myomkranken auch eine günstige Wirkung auf 
das Herz. Nach den bisherigen Erfahrungen gelingt also bei 
entsprechender Ausdauer die Sterilisierung regelmäßig in ge¬ 
fahrloser Weise. R. L. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

82. Versammlung 

Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom 18.—24. September 1910. 

Allgemeine Sitzung. 

Montag, 19. September 1910. 9 Uhr vormittags. 

Referent L. Borchardt (Königsberg). 

Nach einer Pause von 50 Jahren tagt in der alten Krönungs- 
stadt Königsberg zum zweiten Male die Versammlung Deut¬ 
scher Naturforscher und Aerzte. Nicht ohne ein gewisses Be¬ 
denken war die Einladung der Stadt Königsberg an die Kon¬ 
greßleitung ergangen: vermag doch Königsberg durch seine ex¬ 
ponierte, von der großen Heerstraße abgelegene Lage und 
durch die noch relativ junge Kultur des deutschen Ostens weit 
weniger Anziehungspunkte zu bieten, als die meisten der ande¬ 
ren Kongreßstädte. Dazu kommt, daß Königsberg wohl auf 
eine hervorragende politische Vergangenheit als älteste und 
festeste Hochburg des Preußentums im Osten zu blicken hat 
und daß seine wissenschaftliche Vergangenheit (ich nenne nur 
die Namen Kant, Bessel, Bur dach, Helm holt z) 
neben der anderer Universitätsstädte mit Ruhm bestehen kann; 
daß auch Königsberg Zukunft zu den besten Hoffnungen Ver¬ 
anlassung bietet: aber seine Gegenwart kann auf den Fremden 
günstigstenfalls nur den Eindruck einer sich ziemlich spät, aber 
schließlich doch recht günstig entwickelnden Stadt hinterlassen. 
Noch stehen die Festungsmauern und die Entwicklung der 
Stadt über diese hinaus wird erst in einigen Jahren das Bild 
einer in ihrer Expansion gehinderten und dadurch engen und 
beengten Stadt beseitigen können. 

Dafür bietet Königsbergs von den wenigsten gekannte Um¬ 
gebung, insbesondere die Samlandküste, die Kurische- Nehrung, 
das Gebiet der Masurischen Seen auch für den Verwöhnteren 
Reize von einer seltenen, allerdings — wie Lichtheim in 
seiner Eröffnungsrede es treffend nannte — etwas spröden 
Schönheit. Und so kam es, daß ein großer Teil der Kongre߬ 
teilnehmer bereits am Sonntag, den 18. September an der Steil¬ 
küste des Samlandes zubrachte, so daß die für den Abend an¬ 
gesetzte Begrüßung der Teilnehmer noch kein vollständiges 
Bild von der Zahl der Beteiligten geben konnte. 

Der Umgebung Königsbergs war auch ein relativ großer 
Raum in den den Teilnehmern ausgehändigten Festschriften 
geboten. Der rührige Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs 
in Ostpreußen war mit einem ausgezeichneten Führer durch 
Königsberg und seine Umgebung, sowie mit einem reich 
illustrierten Bändchen „Ostpreußen“ vertreten, das über die 
geologischen, klimatischen, geographischen und geschichtlichen 
Verhältnisse der Provinz informiert. Die „Königsberger Allge¬ 
meine Zeitung“ spendete ein Büchlein „Königsberg in der 
Naturforschung und Medizin“, in dem eine Reihe hervorragen¬ 
der Forscher über die Entwicklung der Medizin und Natur¬ 
wissenschaften in Königsberg berichten. 

Am Montag, den 19. September fand in der großen Fest¬ 
halle des Tiergartens die feierliche Eröffnung des Kongresses 
durch den ersten Geschäftsführer der diesjährigen Versamm¬ 
lung, Geheimrat Lichtheim, statt. Es folgte die Be¬ 
grüßung der Gäste namens der Regierung seitens des Ober¬ 
präsidenten v. W i n d h e i m , namens der Stadt durch 
Oberbürgermeister Körte, namens der Universität durch den 
derzeitigen Rektor M a n i g k und schließlich namens der Pro¬ 
vinz und Landesversicherungsanstalt durch Landesrat Pas¬ 
sarge. Nachdem der erste Vorsitzende, Herr Wien, den 
Dank der Gesellschaft ausgesprochen und den Toten des ver¬ 
gangenen Jahres einige Gedenkworte gewidmet hatte, sprach 
als erster Redner: 

Herr Kiilpe (Bonn): Erkenntnistheorie und Naturwissen¬ 
schaft. 

Der Vortragende zeigte zunächst, daß Kants Erkenntnis¬ 
theorie namentlich durch ihre transzendentale Methode zuerst 
fruchtbare Wechselbeziehungen mit der Naturwissenchaft an¬ 
gebahnt habe. Aber seine Untersuchungen haben fast nur der 
mathematischen Naturwissenschaft gegolten. Bei den gewalti¬ 
gen Fortschritten, die eine empirische Naturforschung auf allen 
Gebieten seitdem errungen habe, sei es nunmehr an der Zeil, 
auch sie unter den Gesichtspunkt der transzendentalen Methode 
zu stellen. Als eines der Probleme, die sich dabei ergeben, 
bezeichnete K ü 1 p e das der Realität, das er in vier besondere 
Fragen zerlegte: Ist eine Setzung von Realitäten möglich? 
(Prüfung des Konszientialisinus, der sie bestreitet.) Wie ist 
eine Setzung von Realitäten möglich? (Begründung des all¬ 
gemeinen Realismus.) Ist eine Bestimmung von Realitäten 
möglich? (Prüfung des Phänomenalismus, der sie bestreitet.) 
Wie ist eine Bestimmung von Realitäten möglich? (Begrün¬ 
dung des speziellen Realismus.) Unter einer Realität versteht 
er dabei jedes von der empirischen Naturwissenschaft gesetzte 
und bestimmte Naturobjekt, die Gestirne des Astronomen, die 
Pflanzen des Botanikers, die Elemente des Chemikers u. dergl. 



616 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 40. 


Daß diese nicht mit Empfindungen oder Komplexen von solchen 
zusammenfallen, wie namentlich Mach behauptet hat, und 
daß sie auch nicht als Begriffe zu charakterisieren sind, geht 
aus den Beschaffenheiten und Beziehungen, die man ihnen bei¬ 
legt, unzweifelhaft hervor. Sie sind Gegenstände, die von der 
setzenden und bestimmenden Tätigkeit des Forschers unab¬ 
hängig bestehend gedacht werden. Der Weg, auf dem man zu 
ihnen kommt, ist etwa folgende]': In unserer Erfahrung finden 
wir ein Geschehen vor, welches weder aus uns noch 
aus unseren Sinneseindrücken abgeleitet werden kann. Die 
Veränderungen in der leblosen und lebenden Natur werden 
uns zwar an den Inhalten unserer Wahrnehmung bewußt, aber 
sie sind diesen aufgenötigt, sie sind, um einen in der Physik 
üblichen Terminus zu gebrauchen, für die Empfindungen er¬ 
zwungen. Die gleichen Sinneseindrücke können verschiedene 
und verschiedene Sinneseindrücke können gleiche Verände¬ 
rungen erfahren. Die räumliche oder zeitliche Ordnung, in die 
sie geraten, die Wandlungen in ihrer Qualität und Intensität 
und in derartigen Beziehungen sind für die Empfindungen, an 
denen wir sie beobachten, und vielfach auch für die Sinnes¬ 
organe zufällig. Sie bilden ein fremdgesetzliches, das reale 
Geschehen, das auch der Konszientalist zugesteht. Dieses Ge¬ 
schehen aber muß, wenn es den Bewußtseinserscheinungen 
aufgenötigt ist, in realen Prozessen seine Quelle haben, an 
reale Objekte, die es in primärer Weise ausführen und er¬ 
fahren, gebunden sein. Ist das der Weg, den die Naturwissen¬ 
schaft einschlägt, um zur Erkenntnis der Körperwelt zu ge¬ 
langen, so ist damit zugleich das Verfahren der Realisierung, 
der Bestimmung von Naturgegenständen gegeben. Sie muß 
nach dem Prinzip erfolgen: alle Realitäten der Natur sind so 
zu denken, daß sie fähig und geeignet erscheinen, das durch 
Abstraktion in allen Einflüssen des beobachtenden Subjekts 
festgestellte reale Geschehen an sich stattfinden zu lassen. Die 
Körper sind damit Inbegriffe von Möglichkeiten des realen Ge¬ 
schehens oder Träger desselben. Damit ergibt sich von selbst, 
daß sie nur soweit erkennbar sind, als die real zu deutenden 
Veränderungen und Beziehungen unserer Sinneseindrücke dazu 
Veranlassung geben. Das Ziel der Realisierung ist damit in 
die Unendlichkeit gerückt. Hierauf ist der Mangel an Ein¬ 
deutigkeit in der jeweils geltenden Anschauung über die Natur 
und ihre Bestandteile und deren Zusammensetzung zurückzu¬ 
führen. Ebenso erklären sich daraus die Helmholtzsehe 
Bestimmung der Empfindungen als Zeichen für die Natur¬ 
objekte und die H e r t z sehe Ansicht, daß unsere Gedanken¬ 
dinge nur ein Bild oder Modell der realen Natur sein können. 
Der Vortragende schloß mit einem Appell an die Naturforscher, 
sich den Realismus durch konszientialistische und phänomena- 
listische Grämlichkeiten nicht verleiden zu lassen. Erkenntnis¬ 
theorie und Naturwissenschaft gedeihen am besten, wenn ihre 
Aufgaben reinlich geschieden werden. Die erkenntnistheoreti- 
sierenden Naturforscher leisten für die Erkenntnistheorie in 
der Regel ebensowenig, wie die ästhetisierenden Künstler 
für die Aesthetik. Die transzendentale Methode setzt eine ge¬ 
wisse Naivetät der Wissenschaft voraus, auf die sie angewandt 
werden soll. Unter dem Zeichen dieser Naivetät sind den 
großen Naturforschern aller Zeiten ihre Entdeckungen ge¬ 
lungen. Ueberlassen wir die Erkenntnistheorie den natur¬ 
wissenschaftlich unproduktiven, aber die Naturwissenschaft ver¬ 
stehenden Philosophen. 

Herr Gramer (Göttingen): Pubertät und Schule. 

Die Pubertät fällt in die Jahre, wo die Entwicklung der 
Organe, vor allem des Gehirns, zu einem gewissen Abschluß 
kommt; gerade in dieser etwa vom ,13.—21. Jahre zu rechnen¬ 
den Zeit geht zum großen Teil die letzte Entwicklung der 
feineren Elemente des Gehirns, speziell der Hirnrinde, vor 
sich, gleichzeitig erfolgt die geschlechtliche Reife, auch bilden 
sich die sekundären Geschlechtscharaktere aus. Dement¬ 
sprechend ändern sich die Stoffwechselvorgänge, häufig von 
manischen Zuständen und deren Folgeerscheinungen be¬ 
gleitet. 

Großes Interesse beansprucht die psychologische Seite der 
geistigen Entwicklung in der Pubertät; .das Gehirn hat in dieser 
Zeit eine Riesenarbeit zu bewältigen, weil aus dem in Kurz¬ 
schlüssen denkenden und urteilslos handelnden Kinde ein auf 
Grund abstrakter Vorstellungen selbständig urteilendes Indi¬ 
viduum wird. In den Beginn der Pubertät spielen noch viel¬ 
fach kindliche Züge hinein. 

Egoismus, Fehlen von Hemmungen, sehr lebhafte Phan¬ 
tasie und Eifersucht, ein meist nur kurz fassendes Gedächtnis 
und namentlich bei mangelhafter Erziehung eine Neigung zu 
Grausamkeit und Eifersucht. Dabei handelt es sich bei schein¬ 
bar selbständigen Urteilen der Kinder fast immer um aus¬ 
wendig gelernte, gewöhnlich nicht lange haftende Assoziationen. 
Erst mit dem Fortschreiten der normalen Entwicklung in der 
Pubertät tritt die Fähigkeit ein, in abstrakten Vorstellungen 
auf Grund eigener Urteile zu denken. Zunächst zeigt sich dies 
in Aeußerlichkeiten, in dem Bestreben z. B., in Kleidung und 
Haartracht usw. dem Erwachsenen zu gleichen, weiterhin in 
dem gesteigerten Selbstgefühl, das in großen uferlosen Ideen, 


Plänen und häufig in einer Neigung zum Dichten und Kompo¬ 
nieren äußerlich in Erscheinung tritt. Gleichzeitig macht das 
rücksichtslose und schroffe Urteil des Jünglings den Eltern 
und Erziehern oft viele Schwierigkeiten. Das Elternhaus und 
Schule werden als unangenehmer Zwang bekämpft. Der Vater 
ist rückständig, der Lehrer ein Tyrann etc.; bei dem weiblichen 
Geschlechte findet man das bekannte eigentümlich gezierte 
und überschwängliche Wesen der Backfische. Mit dem weite¬ 
ren Fortschreiten der Pubertät erwirkt der Mensch bei nor¬ 
maler Entwicklung allmählich immer mehr die Fähigkeit, ab¬ 
strakt zu denken und auf Grund selbständiger Schlüsse zu 
handeln; gleichzeitig bilden sich die nötigen Hemmungen, die 
ethischen und altruistischen Vorstellungen aus.. In der Puber¬ 
tät differenziert sich auch die individuelle Neigung und Ver¬ 
anlagung, wie auch die ersten kriminellen Ausschläge fast 
immer in die Pubertät fallen. Allerdings spielt aber auch das 
Milieu eine Rolle, denn eine große Anzahl unserer Jugend¬ 
lichen ist nach dem Verlassen der Schule ohne jede Zucht und 
Aufsicht und nichts imponiert der Jugend in diesem Alter 
mehr, als die Auflehnung gegen alles, was Ordnung und Ge¬ 
setz heißt. Es kann daher nicht dringend genug eine gesetz¬ 
liche. Fürsorge für diese jugendlichen Delinquenten gefordert 
werden, nur so läßt sich die zunehmende Kriminalität erfolg¬ 
reich bekämpfen. 

Große Schwierigkeiten entstehen, wenn psychopathische 
Erscheinungen hinzutreten. Die Psychopathie tritt häufig erst 
in der Pubertät deutlich hervor, auch können später auftretende 
ausgesprochene psychische Störungen und Schwachsinnszustände 
mit ihren Wurzeln bis in den Beginn der Pubertät zurück¬ 
reichen. Der Schwachsinn ist in dieser Zeit oft schwer nach¬ 
zuweisen, zeichnet sich aber manchmal in dieser Zeit schon 
durch kriminelle Ausschläge aus; ein anderer Teil fällt durch 
Reizbarkeit, Unfähigkeit abstrakt zu denken und zunehmendes 
Versagen in den höheren Klassen auf. Deutlich treten gewöhn¬ 
lich in der Pubertät die klinisch als Degeneration bezeichneten 
psychopathischen Züge und Charaktereigenschaften zutage: 
Zwangszustände, Angstaffekte, außerordentlich gesteigerte Im¬ 
pulsivität, labile Stimmung und starke ethische Defekte. Hier¬ 
her gehören auch die Fälle von Schülerselbstmorden, bei denen 
zum großen Teil sicher der psychopathische Charakter und die 
degenerative Veranlagung die Hauptrolle spielen. 

Eine leichtere Form psychopathischer Störung bilden die 
bei beiden Geschlechtern im Beginn der Pubertät oft auftreten¬ 
den Fälle auffallender Zerstreutheit; falls keine intellektuellen 
Störungen vorliegen, bessern sich diese Zustände später häufig 
wieder. Wichtig sind auch die gerade in der Pubertät ein¬ 
setzenden, durch zu rasches Wachsen und Stoffwechselverände- 
‘ rangen bedingten anämischen Störungen und auch gewisse 
i hysterische Züge. Befreiung vom Schulunterricht oder wenig¬ 
stens von den nicht unbedingt erforderlichen Stunden und Be¬ 
lehrung der Erzieher über den Zustand der Patienten, Aufent¬ 
halt im Hochgebirge oder an der See, womöglich in noch weiter 
auszubauenden höheren Lehranstalten, wirken bei aus¬ 
gesprochen anämischen Zuständen äußerst vorteilhaft, während 
viele Psychopathen leicht verbummeln und später nur schwer 
wieder lernen können, wenn man sie aus der Schule nimmt. 
Es muß deshalb in solchen Fällen streng individualisiert 
werden. 

Die aus diesen Betrachtungen sich ergebenden Lehren sind 
dahin zusammenzufassen: Nicht allzuviel Milde gegenüber der 
heranwachsenden Jugend in der Pubertät, sondern stramme 
Schuldisziplin, für den Erzieher aber die Notwendigkeit, sich 
selbst mit der Klinik der Pubertät immer vertrauter zu machen, 
um schwachsinnige und psychopathische und beim weiblichen 
Geschlecht namentlich auch hysterische Individuen zu deren 
eigenem und der anderen Kinder Besten zu berücksichtigen 
und eventuell, wo das erforderlich ist, aus dem gemeinsamen 
I Unterricht zu entfernen. 

(Fortsetzung folgt.) 


III. ßücherschau. 

Das menschliche Auge und seine wichtigsten Erkrankungen. 
Von Dl'. W. Klingelhöffier, Augenarzt in Offenburg (Baden). 
Veröffenftichungen des Vereins für Volkshygiene, Heft 19. 
München und Berlin 1910, Druck und Verlag von R.Olden- 
b o u r g. 54 S. 0,30 M. 

Der Verfasser der vorliegenden Schrift hat seine Aufgabe, 
in für jeden, auch den weniger Gebildeten verständlicher Weise 
die wichtigsten Tatsachen aus der Anatomie, Physiologie und 
Pathologie der Augen zu schildern, in durchaus zufrieden¬ 
stellender Weise gelöst. Alles was er vorbringt, zielt darauf 
hin, das große Publikum über die Hauptpunkte einer ratio¬ 
nellen Gesundheitspflege der Augen aufzuklären. Zu diesem 
Zweck bespricht er kurz die Refraktionsanomalien und sonsti¬ 
gen funktionellen Störungen der Augen, den Nutzen der Brillen, 
die wichtigsten Erkrankungen der Bindehaut und Hornhaut 





No. 40. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


sowie die Augenverletzungen, er gibt selbstverständlich keine 
Anweisungen zur Selbstbehandlung, sondern weist eindringlich 
aul die Notwendigkeit hin, bei jeder, auch leichten Störung 
möglichst frühzeitig sachkundige ärztliche Hilfe nachzusuchen, 
um zu verhüten, daß aus leichten heilbaren schwere unheil¬ 
bare Erkrankungen werden. Zum Schluß geht er kurz auf das 
Wesen des grauen Stars und des Glaukoms ein und erwähnt 
schließlich die Erkrankungen des Augenhintergrundes und 
ihren Zusammenhang mit Allgemeinleiden. Die Schrift wird 
hoffentlich, falls sie Eingang in weitere Kreise findet, so 
manchen von dem gefährlichen Pfuschen an seinen Augen ab¬ 
halten. Eine Reihe brauchbarer Abbildungen sind zur Er¬ 
gänzung des Textes beigegeben. 

Zur Entstehungsgeschichte des Krebses und der anderen echten 
Geschwülste. Von Dr. A. Liibbert in Hamburg. Hamburg 
1909, Kommissionsverlag von Conrad Behse, Spezial¬ 
buchhandlung für Medizin und Naturwissenschaften. 15 S. 
1 M. 

Nach der hier vorgetragenen Theorie bilden die echten Ge¬ 
schwülste sich aus besonderen Zellkomplexen, die sich von 
den normalen Zellverbänden ablösen, diese Keimzentren sind 
durch Kernbefruchtung ursprünglich normaler Zellen ent¬ 
standen. Diese Kernbefruchtung aber wird dadurch ermög¬ 
licht, daß durch Protoplasmaschädigungen Zellkerne frei wer¬ 
den, und daß diese freien Zellkerne durch die Kerne 
anderer Zellen assimiliert werden, wenn diese zur Er¬ 
haltung nötigen Baumaterialien aus ihrem geschädigten 
Protoplasma nicht mehr aufnehmen können. Die in 
ihrem Bestand bedrohte Zelle will sich damit helfen, 
daß sie die nötige Kernsubstanz aus anderen Zellen 
an sich reißt, welche bereits so weitgehend geschädigt sind, 
daß das Protoplasma die Zellkerne freigegeben hat. Das 
Resultat dieser Verschmelzung sind Zellen von ganz außer¬ 
ordentlichem Fortpflanzungstrieb, aber ebenso großer Labilität, 
weil es sich ja um Elemente handelt, bei denen die Fort¬ 
pflanzung in einseitiger Weise utriert ist, während für eine 
normale Ernährung unter Ausbildung von Protoplasma fast 
nichts geschieht. Es erklärt dies den leichten Zerfall, welchen 
man besonders bei schnell wachsenden Tumoren beobachtet; 
ferner, daß vor allem diejenigen Zellen zur progredienten Ge¬ 
schwulstbildung tendieren, welche wenig Zwischensubstanz 
haben, wie die Epithelien, weil hier der Verkehr von Zelle zu 
Zelle erleichtert ist. R. L. 

Veröffentlichungen der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder. 

Herausgegeben von dem geschäftsführenden Ausschuß. 
Bd. V., H. 4. Berlin 1910, Verlag von August Hirsch¬ 
wald. 

Das vorliegende Heft enthält den Bericht über die dies¬ 
jährige Hauptversammlung, den wir s. Z. im Auszug gebracht 
haben, die genauen Bedingungen des von der Gesellschaft aus¬ 
geschriebenen Wettbewerbs (vgl. vorige Nummer, S. 548) so¬ 
wie zahlreiche auf die Entwicklung des Badewesens im Deut¬ 
schen Reiche bezügliche Notizen. 


IV. Tagesgeschichte. 

Slandesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Leipzig. Der Verband der Aerzte Deutschlands, der in 
der Oeffentlichkeit so vielfach angefeindete Leiziger Ver¬ 
band, konnte am 13. September auf eine 10 jährige Tätigkeit 
zurückblicken. Während dieser Zeit griff er in etwa 1700 Kon¬ 
flikte zwischen Aerzten und Krankenkassen usw. ein — natür¬ 
lich nur auf ausdrückliches Ersuchen der beteiligten Aerzte 
bezw. der zuständigen ärztlichen Lokalorganisationen. Zur 
Unterstützung in Not geratener Aerzte und Arztwitwen ver¬ 
ausgabte er über 2% Millionen Mark. Durch seine Stellenver¬ 
mittlung brachte er (seit 1904) etwa 17 000 Bewerber in Prakti¬ 
kanten-, Vertreter-, Assistenten-, Schiffsarzt- und Praxisstellen 
unter. Die Zahl seiner Mitglieder beträgt heute 23 500. 


Universitätswesen, Personalnachricliten. 

Berlin. Prof. Dührssen ist zum Ehrenmitglied der 
brasilianischen Akademie für Medizin zu Rio de Janeiro er¬ 
nannt worden. 

Greifswald. Auf den durch den Weggang von Prof. 
Payr vakant gewordenen Lehrstuhl der Chirurgie ist der diri¬ 
gierende Arzt am städtischen Krankenhaus in Altona, Prof. 
Fritz König, ein Sohn des jetzt im Ruhestande lebenden 
Chirurgen Prof. Franz König, berufen worden. 

Königsberg i. Pr. Als Nachfolger des nach Jena 
gehenden Prof. E. Lexer ist Prof. Payr in Greifswald hier¬ 
her als ordentlicher Professor der Chirurgie berufen worden. 

Johannisburg. Der Kreisarzt Dr. T h 0 m a 11 a , der 


617 


aus politischen Gründen mit dem Landrat seines Kreises in Kon¬ 
flikt geriet, ist „im Interesse des Dienstes“ nach Lüden¬ 
scheid in Westfalen versetzt worden. (Vgl. „Allg. Med. 
Central-Ztg.“, 1910, S. 361.) 

Breslau. Dr. Carl Prausnitz, der seit drei 
Jahren in London als Bakteriologe im dortigen städtischen 
Dienst tätig ist — er hat, nachdem er 1901 in Breslau die ärzt¬ 
liche Staatsprüfung absolviert hatte, vor kurzem auch die eng¬ 
lische Approbation erlangt —, ist als Nachfolger von Prof. 
Heymann als Assistent am hygienischen Umversitätsinstitut 
und Leiter der Tollwutstation hierher berufen worden. 


Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Berlin. Für den nächstjährigen Deutschen Kongreß für 
innere Medizin ist als Hauptverhandlungsthema festgesetzt: 
Pathologie und Therapie der Diathesen. 

R o m. Der nächste internationale Tuberkulosekongreß 
findet im April 1911 in Rom statt. 


Gerichtliches. 

Halle a. S. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung wurde 
ein hiesiger Zahntechniker K. zu sechs Monaten Gefängnis ver¬ 
urteilt. Er hatte eine Frau in lokaler Anästhesie, während der 
sie in Ohnmacht verfiel, statt des verlangten einen nicht weniger 
als vierzehn Zähne extrahiert und sie darauf in ihrer Be¬ 
täubung eine Bestellung auf ein künstliches Gebiß unter¬ 
schreiben lassen. Als die Frau später die Annahme des Ge¬ 
bisses verweigerte, wurde sie von K. verklagt. Darauf er¬ 
stattete sie ihrerseits Anzeige gegen K. wegen Körperver¬ 
letzung. In der Verhandlung wurden noch mehrere ähnliche 
Fälle festgestellt, die obenein zu Kieferfrakturen geführt hatten, 
sowie ferner, daß K. zur Heranziehung von Kunden eine ganze 
Reihe von Reisenden in Land schickte. 

Verschiedenes. 

Berlin. Der Reichsausschuß für das ärztliche Fort¬ 
bildungswesen hat soeben seinen Jahresbericht 1909/10 er¬ 
scheinen lassen, der eine erschöpfende Uebersicht über den 
derzeitigen Stand des ärztlichen Fortbildungswesens im Deut¬ 
schen Reiche gibt. Wir machen unsere Leser auf das von Prof. 
Dr. R. Kutner sorgfältig redigierte Heft hiermit besonders 
aufmerksam. 

— Die preußischen Tierärztlichen Hochschulen 
haben soeben das Promotionsrecht (Verleihung des Titels 
Dr. med. vet.) erhalten, das bisher von deutschen Universitäten 
nur die hessische Landesuniversität Gießen besaß. 

— Die bekannte Firma Reiniger, Gebbcrt & Schall, A.-G. 
in Erlangen und Berlin hat auf der Weltaustellung in 
Brüssel drei große Preise (Grand Prix) erhalten und zwar 
in den Gruppen: Medizin und Chirurgie, wissenschaftliche In¬ 
strumente. verschiedene Anwendungen der Elektrizität. 

Marburg. Nach einer Meldung der „Hess. Landes- 
Zeitung“ ist zugunsten des vor kurzem zu einer längeren Ge¬ 
fängnisstrafe verurteilten Krankenbehandlers D i k 0 m e i t 
(cf. No. 38, S. 535) an den Kaiser ein mit 3000 Unterschriften 
unterzeiehnetes Gnadengesuch gerichtet worden. Ferner hat 
man eine Sammlung für denselben veranstaltet, die einen Be¬ 
trag von 800 M. ergeben hat. (Jedes Volk hat die Kurpfuscher, 
die es verdient! Red.) 

Leipzig. Ein Krankenwärter, der von 1901 bis 1911 
bei einer Versicherungsgesellschaft gegen Unfall versichert 
war, zog sich 1907 bei der Pflege Geschlechtskranker eine 
gonorrhoische, Entzündung des rechten Auges zu, die 
den Verlust des Sehvermögens auf diesem Auge zur 
Folge hatte. Der Verein, der den Wärter versichert 
hatte, klagte gegen die Versicherung auf Zahlung einer Rente 
von 360 M. jährlich bis zum Tode des Verunglückten. Alle drei 
Instanzen, zuletzt der 7. Zivilsenat des Reichsgerichts, gaben 
dem Verein Recht. 

München. An den drei bayerischen Landesuniversi¬ 
täten, München, Erlangen und Würzburg, werden in 
Verbindung mit den hygienischen Instituten bakteriolo¬ 
gische Untersuchungsanstalten errichtet, die den Zweck haben, 
für öffentliche Behörden und Anstalten, dann für Aerzte 
bakteriologische Untersuchungen vorzunehmen und Gut¬ 
achten hierüber zu erstatten. Die Anstalt in München umfaßt 
die Kreise Oberbayern, Niederbayern und Schwaben, die An¬ 
stalt in Erlangen die Kreise Oberpfalz und Regensburg, dann 
Mittelfranken und die Anstalt in Würzburg die Kreise Pfalz, 
Oberfranken und Unterfranken und Aschaffenburg. Die An¬ 
stalten werden ihre Wirksamkeit am 1. Januar 1911 beginnen. 

Odessa. Der durch sein eigenartiges Interesse für 
medizinische Dinge bereits mehrfach bekannt gewordene Stadt¬ 
hauptmann, General Tolmatschow (vgl. „Allg. Med. 
Central-Ztg.“, 1910, No. 35, S. 439) hat sich kürzltch wieder ein 
kostbares Stück auf diesem Gebiete geleistet. (S. Moskauer 
Brief der „Münch, med. Wochenschr.“, No. 38.) Als vor 
kurzem der Oberarzt der syphilitischen Abteilung des hiesigen 




618 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 40. 


Stadtkrankenhauses Versuche mit ..Ehrlich-Hata 60S“ beginnen 
wollte, wandte er sich an den dirigierenden Arzt des Kranken¬ 
hauses um die erforderliche Genehmigung. Dieser wagte 
jedoch nicht, aus eigener Machtvollkommenheit eine Entschei¬ 
dung zu treffen und ging daher den Medizinalinspektor um die 
Sanktion an. Auch dieser zweiten Instanz schien die Sache 
zu heikel; man hielt es für geraten, sie dem gestrengen Herrn 
Stadthauptmann selbst zu unterbreiten. General T o 1 m a - 
t s c h o w zeigte sich bei dieser Gelegenheit wieder einmal 
seiner verantwortlichen Stellung durchaus gewachsen: 
mit dem Mute einer durch keine Sachkenntnis getrübten Ueber- 
zeugung dekretierte er ohne weiteres, das Ehrlich sehe Prä¬ 
parat sei ein Pfuschermittel und dürfe daher im Krankenhause 
nicht verwendet werden. 

Die Cholera kann im Kreise Marienburg als erloschen 
gelten, da weitere Fälle nicht mehr gemeldet worden sind. 
Auch sonst sind im Deutschen Reiche in der vorletzten Woche 
Cholerafälle nirgendwo vorgekommen. In Ungarn dagegen 
scheint die Epidemie langsam an Ausdehnung gewonnen zu 
haben. 

Krankheitsstatistik. In Preußen wurden im Jahre 1909 im 
ganzen 957 Erkrankungsfälle an übertragbarer Genickstarre 
festgestellt. Von diesen endeten 499 tötlich; die Sterblichkeits¬ 
ziffer betrug also über 52 pCt. 

— Im Jahre 1909 wurden in Preußen 406 Verletzun¬ 
gen von Menschen durch tolle oder der Tollwut ver¬ 
dächtige Tiere amtlich gemeldet. Diese Zahl ist erheblich 
höher als die des Vorjahres und die höchste in den letzten 
sieben Jahren. Die Zahl der Verletzungen war in den Vor¬ 
jahren: 1902: 250; 1903: 307; 1904: 365; 1905: 374; 1906: 367; 
1907: 405; 1808: 295. Es ereigneten sich in der wärmeren 
Jahreszeit (April bis September 222 Fälle, in der kälteren 
(Januar bis März und Oktober bis Dezember) 177 Fälle. Auch 
im Jahre 1909 war also die Zahl der Verletzungen im Sommer¬ 
halbjahr größer als in den kühleren Monaten, was jedoch nicht 
für alle Bezirke zutrifft; so fallen im Rbz. Trier von 29 Ver¬ 
letzungen 25 auf den Dezember und nur 4 auf den August. Auf 
die einzelnen Provinzen verteilen sich im Jahre 1909 (1908) 
die Fälle folgendermaßen: Schlesien 133 (124), Ostpreußen 98 
(51), Rheinprovinz 64 (6). Posen 56 (68), Westpreußen 41 (28), 
Hessen-Nassau 10 (—), Brandenburg 2 (3), Pommern 2 (—), 
Westfalen — (7), Sachsen — (5), Hannover — (3). 

Bei einem Vergleich mit dem Vorjahre ergibt sich eine 
Zunahme der Fälle in den Provinzen Schlesien, Ostpreußen 
und Westpreußen sowie in der Rheinprovinz und in Hessen- 
Nassau und Pommern; eine Abnahme ist in der Provinz Posen 
und Brandenburg festzustellen; verschont blieben die Pro¬ 
vinzen Sachsen, Hannover und Westfalen. Die Zunahme ist 
am erheblichsten in den Regierungsbezirken Allenstein, Trier. 
Coblenz, Oppeln und Gumbinnen. In den östlichen Provinzen 
sind wiederum diejenigen Regierungsbezirke besonders stark 
beteiligt, die die russische Grenze in weiterer Ausdehnung be¬ 
rühren. Die Verletzungen wurden durch 204 Tiere zugefügt, 
außerdem zogen sich bei der Pflege zweier tollwutkranker 
Menschen 19 Personen Verletzungen zu. Unter den 204 Tieren 
befinden sich 190 Hunde, 5 Katzen, 3 Pferde, 4 Rinder, 1 Ochse 
und 1 Kuh. Die Hunde verletzten 364, die Katzen 8, die 
PfeTde 5, die Rinder 8 Personen, der Ochse und die Kuh je 1. 
Nach der näheren Untersuchung wurden 252 Menschen von 
sicher tollwutkranken Tieren verletzt, 8 Menschen von sicher 
nicht tollwutkranken Tieren; bei 146 Verletzten wurde, soweit 
dies aus den Berichten hervorgeht, nicht sicher nachgewiesen, 
ob bei dem Tiere Tollwut Vorgelegen hatte oder nicht. Von 
den 406 Verletzten unterzogen sich 374 der Schutzimpfung nach 
Pasteur, das sind 92,1 pCt., mithin verhältnismäßig w'eniger 
als in den beiden letzten Jahren, wenn auch mehr als in den 
Jahren vor 1907. Der Impfung unterzogen sich 203 (1908: 91) 
Personen im Institut für Infektionskrankheiten in Berlin, 171 
(1908: 185) im Hygienischen Universitätsinstitut in Breslau. 
Nach Breslau wandten sich, von drei Personen des Rbz. Brom¬ 
berg abgesehen, alle Personen aus den Provinzen Schlesien 
und Posen, nach Berlin alle übrigen Personen, die sich der 
Impfung unterziehen wollten. 

Im ganzen erkrankten und starben 10 Personen an Toll¬ 
wut, von denen sich 8 der Schutzimpfung nach Pasteur 
unterzogen hatten, davon 5 in Berlin und 3 in Breslau. 

Der Ausgang der Verletzungen bei Geimpften und nicht 
Geimpften ist somit folgender: geimpft wurden 374 Personen, 
davon starben 8 = 2.13 pCt., nicht geimpft wurden 32 Personen, 
davon starben 2 = 625 pCt. In den vorangegangenen sechs 
Jahren war die Sterblichkeitsziffer 0,67, 0 52, 1.14, 0,93, 1,5 und 
1,42 pCt. Das Ergebnis der Schutzimpfung ist in diesem Jahre 
ungünstiger als in den sechs vorhergehenden Jahren. Aehn- 
liches zeigt sich, wenn man den Ausgang der Bißverletzung 
nur bei den Personen berücksichtigt, die von sicher tollwut¬ 
kranken Tieren gebissen wurden. Es starben 1909 von 
230 schutzgeimpften Personen 8 = 3,48 pCt., 1908 1,05 pCt., 


j 1907 0,75 pCt., 1906 1,69 pCt. Von 22 Personen, die von sicher 
tollwutkranken Tieren gebissen wurden, sich jedoch nicht 
impfen ließen, starben 2 = 9,1 pCt. 


V. Amtliche Mitteilungen,, 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 2. K1. mit 
Eichenlaub: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Naunyn in 
Baden-Baden. 

Roter Adler-Orden 4. Kl.: Dr. Marx in Frankfurt 
a. M., Kreisarzt Dr. Engel in Labiau, Oberstabsärzte DDr. 
Stude, N euendorff, Barack und Thiel, Kantonal¬ 
arzt Dr. M a y in Mörchingen, Stabsarzt Prof. Dr. Momberg 
in Berlin. 

König 1. Kronen-Orden 3. Kl.: Generaloberärzte DDr. 
Gossner und Lauft. 

König 1. Kronen-Orden 4. Kl.: Kantonalarzt Dr. L u 11 - 
w i g in Vie. 

Charakter als Geheimer Medizinalrat: Prof. Dr. 
S c h m i d t in Halle. 

Prädikat Professor: Dr. Röpke in Solingen, Privat¬ 
dozenten Oberstabsarzt Dr. M e n z e r und Oberarzt Dr. 
Pfeifer in Halle. 

Charakter als Geheimer Sanitätsrat: San.-Rat Dr. 
Cornelius in Kreuznach. 

Ernannt: Dr. Neumann in Kreuzberg zum Kreisarzt 
in Rosenberg i. Oberschi. 

Niedergelassen: Dr. Schweckendiek und Dr. 
Arnold in Halle a. S., Dr. Mögenburg in Neukirchen. 

Verzogen: Dr. T h o m e t von Bacharach nach Friemers¬ 
heim, Dr. Cornelius nach Mülheim a. Ruhr, Dr. Löben¬ 
stein von Cöln nach Oberhausen, Dr. Henkel von Elber¬ 
feld nach Solingen, V. Rosenfeld von Düsseldorf nach 
Horb. Amlinger von M.-Gladbach nach Bitburg, Dr. 
P. Schubert von Chemnitz nach Lichtenfeld, Dr. 
Schumann von Königshütte nach Mehlsack, Dr. M ö 11 e - 
ring von Marburg nach Burbach, Dr. Wiemann von 
Mainz, Dr. Kaessmann von Essen, Dr. N a t h o von Neu¬ 
ruppin und Dr. Eckert von Halle a. S. nach Dortmund, 
Dr. Hartnack von Elberfeld nach Hilchenbach, Dr. 
Kretzmer von Aachen nach Dortmund, Dr. Meinecke 
und Dr. H. Schubert nach Hagen, Dr. Friede mann 
von Rostock nach Langendreer, Dr. Liertz nach Brilon, 
Dr. Hülsenbeck von Gelsenkirchen nach Gevelsberg, 
Dr. Ebel er von Hagen und Dr. Junkermann von 
Rauxel nach Dortmund, Dr. v. Oettingen und Dr. Rüdi¬ 
ger von Langendreer nach Wilmersdorf, Dr. Schlothane 
von Brilon nach Benrath, Dr. Friedländer von Danzig 
nach Berlin, Aerztin Dr. M. Friedrich nach Marienburg 
i. Westpr., Dr. Schwarzenberger von Zoppot nach 
Platenrode. Dr. Henning von Vandsburg nach Tucheband, 
Dr. P ü s c h e 1 von Krojanke nach Werben, Dr. Alsberg 
von Leipzig nach Schöneberg, Dr. Dunsch von Gittersen 
nach Rixdorf, Dr. A. Goldschmidt, Dr. II a t z i g und 
Dr. H. Krüge r von Berlin nach Grünheide bezw. Hannover 
bezw. Bremen, Dr. M. Krüge r und Dr. M a a s s von 
Friedrichshagen nach Berlin, Dr. Qu esse nach Charlotten¬ 
burg, Dr. Rein icke nach Berlin, Dr. Reyher nach 
Schöneberg, Dr. S a 1 i n g e r nach Wilmersdorf, Dr. Stein- 
berger und Dr. Wendriner nach Berlin. 

Verzogen ohne Angabe des neuen Wohnortes: 
E. Flügge und Dr. Hirschkowitz von Berlin. 

Gestorben: Dr. Guth in Lübbenau, J. Pr och in Költ- 
schen. Geh. San.-Rat Dr. Gock in Landsberg a. W.. San.-Rat 
Dr. Hecke in Jarmen, Dr. v. B u c h k a in Altscherbitz, 
Geh. San.-Rat Dr. Wagner in Naumburg a. S.. Geh. 
Med.-Rat Prof. Dr. Schwartze in Halle a. S., Dr. Barth 
in Bajohren, Dr. Stern in Nordhausen, Dr. Kaupe in 
Dortmund. 

Württemberg. 

Gestorben: Oberamtswundarzt Dr. F. Büttner in 
Freudenstadt. 


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Vergl. Veröffentl. v. Prof. I)r. Blascliko. Berlin, ,.Medizin. Klinik“ Jahrg. 1900, Heft 50 
und Prof. Dr. Sclioltz, Königsberg, „Therap. Rundschau“ Jahrg. 1909, lieft 12 u. 13. 

SW Für Krankenkassen zugelassen. "Wl 


Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131 B., für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin 
Verlag: von Oscar Ooblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck vou Oarl Marschner. Berlin SW.. Alexandrinenstrasse 110. 





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Redaction der Allgemeinen Medicinischen CentrahZeitung (Dr.H. Lohnstein n. Dr. Th. Lohnstein) 

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II. Teil: Kalendarium (4 Quartalshefte, pro Tag 1 / 1 Seite), geheftet zum Einhängen. 

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X. lieberdieSerodiagnostik unddiesog. „biologischeTherapie“ 
der Syphilis und über die bisherigen Erfahrungen mit dem 
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Charlottenburg-Berlin. 

XI. Abriss der Symptomatologie und Therapie der am häufig¬ 
sten vorkomm enden acuten Vergiftungen. 

XII. Medicinische Tabellen und sonstige für den Arzt wichtige 
Zahlenangaben. 

XIII. Untersuchung des Harns. 

XIV. Einiges aus der Technik der Blutuntersuchung. 

XV. Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebühren¬ 
ordnung für approbirte Aerzte und Zahnärzte. 

XVI. Gesetz betr. die Gebühren der Medicinalbeamten. 

XVII. Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

XVIII. Bäder und Kurorte. 

XIX. Post-Tarif. | 

XX. Tafeln zur Sehprüfung. 

XXI. Notizblätter für Adressen. . 

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I. Verzeichnis der gegenwärtig gebräuchlichen älteren und 
neueren Arzneimittel. 

II. Die Maximaldosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

III. Ucbersicht der wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung kommenden Mittel. 

IV. Zu vermeidende x\rzneimischungen. 

V. Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 

VI. Medicinische Bäder. 

VII. Auszug aus der deutschen Arznei tax e 1910. 

Preise für Stoffmengen, Arbeiten und Gefüsse. 

1. Für Arzneistoffe. 2. Für Arbeiten. 3. Für Gefässe. 

VIII. Anweisung zur sparsamen Arzneiverordnung mit Rück¬ 
sicht auf die Krankenkassenpraxis. 

IX. Uebersiclit der wichtigsten Nährpräparate. 

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Das durch Erfahrung Erworbene und Erprobte, das uns 
schon von unseren Voreltern überkommen ist, nämlich die Er¬ 
nährung mit einfachsten, natürlichsten Stoffen, hat viele jener 
mit Posaunenstössen der Welt verkündeten, selbst unter dem 
empfehlenden Protektorate der Berühmtheiten auf den Markt 
gebrachten künstlichen Nährmittel überdauert. „Simplex veri 
sigillum“ (Das Kennzeichen des Wahren und Guten ist die Ein¬ 
fachheit). So ist es denn gekommen, dass bei der Ernährung 
von Schwachen, von Rekonvaleszenten, Greisen oder 
Magenleidenden neben Bouillon mit Graupen oder Haferschleim, 
neben Gelees und Elammeries, neben Pürees von Hühner- und 
Taubenfleisch und starken alten Süssweinen sich als tägliche 
Kost der schlichte, altgewohnte Milchzwiebackbrei immer als das 
Beliebteste erwiesen hat. Ihn findet man in der ärmsten Hütte 
wie im Palast, überall wo Kinder oder Kranke leicht und doch, 
genügend ernährt werden sollen, und gerade diesem Umstande 
hat auch das Nestle’sche Kindermehl, ursprünglich nur für Kinder¬ 
ernährung bestimmt, welches ja nichts anderes als ein exquisit 
feines „Milch-Zwieback-Pulver“ ist und sein will und dessen’ 
Zubereitung nur heisses Wasser erfordert, seine unerschütterte, 
immer zunehmende Beliebtheit zu verdanken. 

Literatur und Probedosen von „Nestle“ versendet 
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Reiche als Arzt approbiert sind, 
psychiatrisch an öffentlichen Irren¬ 
anstalten ausgebildet sind sowie 
mindestens 6 Jahre im Dienste sol¬ 
cher Anstalten gestanden haben, 
wollen ihre Meldung nebst Appro¬ 
bation, Zeugnissen, Lebenslauf und 
amtsärztlichem Gesundheitsattest 
tunlichst bis zum 25. Oktober d. Js. 
an den Herrn Direktor des Landes¬ 
hospitals zu Haina einreichen. 

Es liegt zwar in Absicht die 
Stelle zunächst probeweise zu be¬ 
setzen, doch kann unter Umständen 
auch die definitive Bestellung des 
Bewerbers sofort erfolgen^ weshalb 
um eine gleichzeitige Erklärung dar¬ 
über ersucht wird, ob Bewerber be¬ 
reit ist, sich vorerst einer Probe¬ 
dienstzeit zu unterziehen. 

An derselben Anstalt soll ferner 
die Stelle eines 

Abteilungsarztes 

unter Vorbehalt eines Probejahres 
alsbald besetzt werden. Pensions¬ 
fähiges Gehalt 3200 Mark bis 7200 
Mark, letzteres erreichbar in 24 Jah¬ 
ren, und Dienstwohnung mit Garten. 
Pensions- und Hinterbliebenen- 
Versorgung wie im unmittelbaren 
Staatsdienst. 

Bewerber, welche im Deutschen 
Reich als Arzt approbiert und min¬ 
destens eine dreijährige psychia¬ 
trische Ausbildung an öffentlichen 
Irrenanstalten durchgemacht habeD, 
wollen ihre Meldung nebst Appro¬ 
bation, .Zeugnissen, Lebenslauf und 
amtsärztliches Gesundheitsattest bis 
zum 25. Oktober d. Js. ebenfalls an 
den vorgenannten Anstaltsdirektor 
einreichen. 

Cassel, den 23. September 1910. 

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durch zahlreiche Wägungen und Beobachtungen festgestellt ist. Der Nähr¬ 
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Knochen des normalen Kindes. Rachitis und Dispositionen zu Knochenerkran- 
kungen erfahren hei längerem Gebrauch Besserung und Stillstand. Vor den 
Folgen, welche durch unzweckmäßige, unzureichende oder fehlerhafte Nahrung 
entstehen, insbesondere Drüsen, Skropliulose, bleibt das Kind mehr als durch 
jedes andere Gebäck geschützt. Der Nährzwieback ist eines der billigsten 
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Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

D r, H. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein 

Redaktionsbnrean: Berlin N., Friedriclistr. 131 B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt VI, No. 3302 



IV. .Jahrgang Berlin, 8. Oktober 1910 


No. 11 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor (Juartnlsschluss abbestellt sind. Inserate 
werden fiir die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nioht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Herzberg: Erfahrungen 
mit Roborin. 

Weitere Arbeiten über Ehrlicli-Hata006: l.Krom ay er: Theore¬ 
tischen. praktische Erwägungen überEhrlich HataöOO 2.v Zeissl: 
Ueber weitere 21 mit „Ehrlich 606 u behandelte Syphiliskranke. 

3 Schreiber und Hoppe: Die intravenöse Einspritzung des 
neuen Ehrlich-Hata-Präparatcs gegen Syphilis — Rosen bach: 
Ein neues Tuberkulin. — Köhler: Ueber Tuberkulinbehand¬ 
lung. — Gerber: Die Zunahme des Skleroms in Ostpreußen. 

— Brüning: Die Behandlung tuberkulöser Erkrankungen mit 
Trypsin. — Tachau: Die intravenöse Injektion des Heilserums 
bei Diphtherie. — v. Zeissl: Zur Behandlung des Trippers 
mit Balsamicis. — Bruck: Ueber Epididymitis gonorrhoica und 
ihre Behandlung. — Bcrri: Beitrag zur Dieitalistherapie. — 
Görges: Ueber Eisensajodin. — Pässler: Ueber den Ersatz 
der sogenannten indifferenten Thermalbäder durch Inhalation 
ihrer Radiumemanation bei rheumatischen Affektionen. — 
Kaestle: Versuch einer neuen Methode zur Prüfung der 
Verweildauer von Flüssigkeiten im Magen. — Joannovics j 
und Pick: Ueber hämolytisch wirkende, freie Fettsäuren in 
der Leber bei akuter gelber Atrophie und Phosphorvergiftung. 

— Moskowicz: Ueber aseptische Magen- und Darmoperationen. 

— Wette: Ueber Diagnose und Behandlung des Dickdarm- 
carcinoms, sowie iibor einige andere Fälle von Coecaltuber- 
kulose. — Selter: Eine vereinfachte Methode der Alkohol- . 


Händedesmfektion. —Kelling: Studien über Thrombo-Embolie, 
insbesondere nach Operiitionen. — v. Revher: Zur Frage der 
Infektion der Schußverletzungen. — Mayer: Grundzüge (lei- 
modernen Ekzemtherapie. — Schottmüller: Zur Pathogenese 
des septischen Abortes. — Grafenberg: Die Bedeutung des 
Pantopons (Sahli) für die Gynäkologie und Geburtshilfe. — 
Reich: Zur Kenntnis des Haematoma vulvo-vaginale. — 
v. Rohr: Zur Theorie der Fernrohrbrille. Hertel: Ueber 
Ersatz der operativen Korrektion hochgradiger Myopie durch 
eine Gläserkombination. (Fernrohrbrille.) 

IL Verhandlungen ärztlichem Gesellschaften. 82. Ver¬ 
sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königsberg 
in Pr. vom 18 24. September 1910. (Fortsetzung.) 

III. Therapeutische Notizen. Trautmann: Stumpfe Löffel 
zur Entfernung der Mandelpfröpfe.— Baruch: Argerit. nitric 
und Bolus alba als Streupulver für die Wundbehandlung 

IV. Bücherschau. Sommer: Klinik für psychische und nervöse 
Krankheiten. — Francke: Die Syphilis, ihr Wesen und ihre 
Heilung. — Nitz einadel: Therapeutisches Jahrbuch. — 
Francke: Mein Instrumentarium der inneren Medizin. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. 

VI. Amtliche Mitteilungen. An die Herren Aerzte. — Personalia. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Erfahrungen mit Roborin. 

Von 

Dr. Herzberg (Berlin). 

Die in letzter Zeit mitgeteilten günstigen Erfolge nam¬ 
hafter anderer Aerzte über „Roborin“ als Nährpräparat, 
blutbildendes und Kräftigungsmittel, veranlaßten mich, 
obiges Präparat häufig in meiner Privatpraxis zu verordnen. 
Ohne mich in theoretische Erörterungen einzulassen, die yon 
anderer Seite zahlreich veröffentlicht sind, gehe ich dazu 
über, mehrere, nach meiner Ansicht besonders für den 
Wert, des Präparates sprechende Fälle nachstehend mit¬ 
zuteilen. 

1. Fall. Frau Anna B., 35 Jahre alt, Mutter von drei 
Kindern, war seit längerer Zeit bettlägerig infolge von zu¬ 
nehmender Schwäche bei chronischem Katarrh der Lungen und 
Digestions-Organe. Ihr Körpergewicht war von 118 Pfund auf 
93 Pfund heruntergegangen und sie erbrach die meisten festen 
Speisen, die ihr zugeführt wurden. Ihr Hämoglobingehalt be¬ 
trug 70 und die Zahl der roten Blutkörperchen betrug zirka 
3 000 000. Sie erhielt neben Milch- und Schleimdiät nur 
Roborin-Kakes und Zwiebacke. Darauf erholte sie sich bald 
so, da das Brechen aufhörte, daß nach etwa vier Wochen das 
Körpergewicht auf 98 Pfund gestiegen war. Zugleich betrug 
der Hämoglobingehall zirka 8(1, die Zahl der roten Blutkörper¬ 
chen zirka 3 500 000. Dabei hatte sich das Allgemeinbefinden 
der Patientin erheblich gebessert und die subjektiven Be¬ 
schwerden hatten fast völlig nachgelassen. Patientin konnte 
das Bett verlassen und ihre häusliche Tätigkeit in beschränk¬ 
tem Umfange wieder aufnehmen. 

Die Besserung hält weiter, bei fortgesetztem Gebrauch von 
Roborin, in Form von Kakes und Dragees, an. 

2. F a 11. Frau E11 a G., 54 Jahre alt, litt seit zehn Tagen 
an starken Blutungen, infolge deren sie mich zu sich bitten ließ. 
Der Status praesens zeigte eine sehr starke anämische Frau 
mit stark verfallenem und leidendem Gesichtsausdruck. Zu¬ 
gleich hörte man anämsiche Geräusche über den Herzostien. 
Die gynäkologische Untersuchung ergab Verdacht auf ein 
Corpus-Carcinom neben submukösen Myomen, was durch die 
Totalexstirpation gerechtfertigt wurde. Durch die vorausge¬ 
gangenen Blutungen und die eingreifende Operation war der 
Kräftezustand ein äußerst ungünstiger, und da die Nahrungs¬ 


aufnahme in der Rekonvaleszenz eine ungenügende war, wurde 
ihr bei flüssiger Diät Roborin. dreimal täglich in Kakes¬ 
form, gegeben, beginnend am dritten Tage nach der Operation. 
Eine zu Beginn der Darreichung des Präparates vorgenommene 
Blutuntersuchung ergab folgendes Resultat: Hämoglobingehalt 
55, rote Blutkörperchen wenig über 2 000 000. Bereits in den 
nächsten Tagen hob sich der Appetit bedeutend, auch das All¬ 
gemeinbefinden besserte sich erheblich. Nach 20 Tagen war 
der Appetit und der Kräftezustand wie in alten Zeiten. Trotz¬ 
dem wurde Patientin weiter mit Roborin behandelt. Eine nach 
drei Wochen vorgenommene Blutuntersuchung ergab bereits 
einen Hämoglobingehalt von 70 und ein Ansteigen der Ery- 
throcyten auf zirka 3 000 000. Patientin wurde noch weitere 
14 Tage lang mit Roborin als blutbildendes Mittel behandelt, 
worauf ein abermaliges Ansteigen des Hämoglobins auf 80 und 
der roten Blutkörperchen auf zirka 3 500 000 konstatiert werden 
konnte. Das Allgemeinbefinden war derartig, wie Patientin 
es seit vielen Jahren nicht gekannt hatte. Das Gesicht hatte 
frische Farben und jugendliche Züge wieder bekommen. 

3. F a 11. Frau H.U., 25 Jahre alt, klagt über leichtes 

Ermatten, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit. Eine genaue 
Untersuchung ergab eine ziemlich starke Chlorose. Die Blut¬ 
untersuchung ergibt keine bedeutende Herabsetzung der roten 
Blutkörperchen, dagegen eing ziemlich starke Verminderung 
des Hämoglobingehaltes auf 60. Es wurden ihr dreimal täg¬ 
lich drei Roborin-Dragees neben Roborin-Kakes verordnet. Be¬ 
reits nach 14 Tagen ließen die subjektiven Beschwerden nach 
und der Appetit besserte sich. Eine nach sechs Wochen vor¬ 
genommene Untersuchung ergab einen Hämoglobingehalt von 
75. Patientin stellt bei fortdauernder Besserung weiter unter 
ärztlicher Kontrolle. 

Aehnlich verhielt sich F a 11 4. Frau Meta J., 28 Jahre 
alt, klagte ebenfalls über Kopfschmerzen, Schwindel, Mattig¬ 
keit und Appetitlosigkeit. Auch bei ihr waren die Beschwerden 
nur auf eine stärkere Chlorose zurückzuführen. Die Blut¬ 
untersuchung ergab einen Hämoglobingehalt von 65, während 
bei der Zählung die Erythrocyten zirka 4 000 000 betrugen. 
Auch bei dieser Patientin wichen bei Roborin-Dragees-Medi- 
kation die verschiedenen Beschwerden und der Hämoglobin¬ 
gehalt stieg auf 80 innerhalb von zirka sechs Wochen. 

Fall 5. Frl. Gertrud C., 20 Jahre alt, klagt über 
Appetitlosigkeit und starke Abgeschlagenheit. Abgesehen 
von sehr starken, äußerst schmerzhaften Menstruationen, waren 
die Beschwerden auf eine starke Anämie zurückzuführen. Die 
roten Blutkörperchen waren auf zirka 3 000 000 und der Hämo¬ 
globingehalt auf zirka 65 herabgestzt. Trotz ihrer Größe von 
1,70 betrug das Körpergewicht nur 57 kg. 















620 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Hier wurde, nachdem mehrere Medikationen zur Kräfti¬ 
gung versucht waren, Roborin sowohl in Kakes, als in Dragees 
verordnet, worauf sich nach kurzer Zeit eine erhebliche Besse¬ 
rung einstellte. Nach vier Wochen konnte man eine Gewichts¬ 
zunahme von 2 kg konstatieren, während der Hämoglobingehalt 
auf 75 gestiegen war, und die Zahl der roten Blutkörperchen 
zirka 3 500 000 betrug. Patientin berichtet fortgesetzt von sub¬ 
jektivem Wohlbefinden. 

Fall 6. Frau D r. U., 45 Jahre alt, litt seit langem an 
starken Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und häufigen 
Schwächeanfällen, bedingt durch starke Metrorrhagien. Ob¬ 
wohl die Blutuntersuchung keine Besonderheiten zeigte, wurde 
Roborin in der üblichen Medikation verordnet, worauf sich 
die subjektiven Beschwerden verringerten. Patientin steht 
erst seit vier Wochen in ärztlicher Behandlung. 

Einen eklatanten Erfolg bezüglich der Verbesserung der 
Blutbeschaffenheit zeigte die Roborin-Medikation in fol¬ 
gendem Falle: 

Frau Emma W., 28 Jahre alt, Mutter eines dreijährigen 
Mädchens, hat seit etwa l 1 /? Jahren 14 pro Mille Eiweiß im 
Urin, weshalb bereits vor einem Jahre der künstliche Abort 
in der sechsten Woche eingeleitet werden mußte. Die Patientin 
zeigte außerordentlich blasse Gesichtsfarbe und blasse Schleim¬ 
häute und klagte über andauernde Kopfschmerzen und Mattig¬ 


No. 41, 

keit. Leider verweigerte sie Milchgenuß in jeder Form: neben 
Schleimdiät bekam sie als einziges Kräftigungsmittel nur Robo¬ 
rin in Form von Kakes und Dragees, wobei sich ihr Kräfte¬ 
zustand derartig hob, daß sie sich innerhalb von zirka zwei 
Monaten wieder ausnehmend wohl fühlte. Auch ihr Aussehen 
war frischer und gesünder geworden. Der Eiweißgehalt verlor 
sich und der Hämoglobingehalt zeigte eine Zunahme von 
10 pCt. und die roten Blutkörperchen von 20 pCt. 

In einer Reihe anderer Fälle, in denen die Beschwerden 
über Mattigkeit, Schwindel, Appetitlosigkeit und Kopf¬ 
schmerzen auf Chlorose und Anämie beruhten, die einzeln 
mitzuteilen zu weit führen würde, wurden durch Darreichung 
von Roborin in seinen verschiedenen Formen sehr gute Re¬ 
sultate erzielt, sowohl als subjektiv eine Verringerung und 
teilweises Schwinden der Beschwerden seitens der Patientin 
berichtet wurde, als auch objektiv eine Zunahme des Hä- 
moglobingehalts und der Erythrocyten festgestellt werden 
konnte. 

Die Zusammenstellung vorstehender Fälle soll den 
Kollegen nur zur Anregung dienen, unsere Versuche nach¬ 
zuprüfen und sie veranlassen, in geeigneten Fällen bei der 
AVahl der vielen empfohlenen Nähr- und Kräftigungsmittel 
dem Roborin ihre Aufmerksamkeit zu schenken. 


Weitere Arbeiten über Ehrlieh-Hata 606: 

1. Prof. Kromayer: Theoretische und praktische Erwägungen 
über Ehrlich-Hata 606. (Berlin. Min. Wochenschr., 1910, 
No. 34.) 

2. Prof. M. v. Zeissl, Abteilungsvorstand am Kaiser Franz Josef- 

Ambulatorium in Wien: Uebcr weitere 21 mit „Ehrlich 606" 
behandelte Syphiliskranke. (Wiener medizin. Wochenschr., 
1910, No. 34.) 

3. Oberarzt Dr. E. Schreiber (Altstädtisches Krankenhaus 
Magdeburg) und Oberarzt Dr. J. Hoppe (Landesheilanstalt 
Uchtspringe, Altmark): Die intravenöse Einspritzung des 
neuen Ehrlich-Hata-Präparates gegen Syphilis. (Berlin, 
klin. Wochenschr., 1910, No. 31.) 

Kromayer (1) hat 27 Fälle mit dem neuen Präparat 
behandelt. In allen Fällen konnte in den ersten Tagen nach 
der Injektion, häufig schon am folgenden Tage, eine Besse¬ 
rung der objektiven und subjektiven Erscheinungen konstatiert 
werden, die weit über das, was man bei Quecksilberinjektion 
zu sehen gewohnt ist, hinausgeht, und die nur etwa ein Ana¬ 
logon in der Wirkung einer kräftigen Kalomelinjektion hat. 
K. kann daher die wunderbare Wirkung des Hata auf syphi¬ 
litische Gewebsprozesse, wie sie bisher von fast allen Autoren 
beschrieben worden ist, bestätigen. Es ist das aber um so be¬ 
deutsamer, als die Fälle eine Auswahl meist schwerer, der 
bisherigen Behandlung Widerstand leistender Erkrankungen 
darstellen. Dadurch wird bewiesen, daß wir im Hata eine 
neue unschätzbare Waffe neben den alten Heilmitteln gegen die 
Syphilis haben. Die Hoffnung, daß Hata die Syphilis als 
solche in höherem Grade zu heilen imstande sein möge als 
unsere bisherige Behandlung, kann naturgemäß nicht in weni¬ 
gen Monaten bestätigt werden bei der bekannten Tücke der 
Krankheit, die noch nach Jahren scheinbarer Gesundheit wieder 
mit Rezidiven hervortritt. Erst nach Jahren werden wir wissen, 
ob das Ideal Ehrlichs, die Spirochäten im Körper durch 
Hata zu vernichten, erreichbar ist und tatsächlich in der 
Regel erreicht wird. Das beeinträchtigt aber ebensowenig wie 
die beachteten Rezidive den Wert des Mittels. Dieser beruht 
in der ans Wunderbare grenzenden Wirkung auf alle subjek¬ 
tiven wie objektiven Symptome. Diese Wirkung wird von 
Ehrlich sowohl wie von allen anderen Autoren wesentlich 
auf eine direkte zerstörende Wirkung des Hata auf die 
Spirochäte zurückgeführt. Ohne dagegen zu opponieren, glaubt 
Kromayer, daß aus der klinischen Beobachtung mit Sicher¬ 
heit zwei weitere Eigenschaften des Hatas erschlossen wer¬ 
den können: 1. Es bringt das pathologische Gewebe, das 
Syphilom, zur raschen Resorption. 2. Es regt das Epithel zur 
Proliferation und raschen Ueberhäutung von Geschwüren an. 
Die erste Eigenschaft tritt vor allem bei der Einschmelzung der 
gummösen Prozesse hervor, in denen, wie bekannt, wenig 
Spirochäten vorhanden sind, deren Tod zudem das rasche Ver¬ 
schwinden einer so weit organisierten pathologischen Neu¬ 
bildung nicht erklären würde, Hata ist also ein spezifisches 
Heilmittel gegen syphilitische Gewebsneubildungen; die zweite 
Eigenschaft zeigt sich in der Ueberhäutung von Geschwüren, 
die unter dem Einfluß von Hata mit einer Schnelligkeit vor 
sich geht, die Verfasser überhaupt nicht für möglich hält. Diese 
beiden Eigenschaften allein schon würden dem Hata einen 
ehrenvollen Platz im Arzneischatz anweisen, in dem es wohl 
als das beste und wirksamste Arsenpräparat auch gegen die 
Krankheiten anzusehen ist, gegen die wir Arsen mit Erfolg zu 
geben gewohnt sind. Da wir nicht wissen, ob die Hatabehand- 


lung in höherem Maße die Syphilis als solche heilt, als unsere 
bisherige Behandlung, ist diese zunächst nicht zugunsten jener 
aus der Therapie der gewöhnlichen sekundären und tertiären 
Syphilisfälle auszuschalten. Einer Kombination beider steht 
nichts im Wege; sie dürfte den Interessen der Kranken viel¬ 
leicht am besten entsprechen. In allen Fällen, in denen die 
bisherige Behandlung versagt oder zu keinem vollen Erfolge 
geführt hat oder mit häufigen Rezidiven beantwortet wird, oder 
in denen gefahrdrohende Erscheinungen vorhanden sind, ist 
die Hatabehandlung direkt indiziert, und zwar nach Verfassers 
Ueberzeugung in dem Maße, daß es ein Kunstfehler sein würde, 
sie nicht anzuwenden. 

Auch v. Zeissl (2) hält es an der Hand seiner bisherigen 
Beobachtungen für einen unverzeihlichen Kunstfehler, wenn 
man Patienten, welche mit einem Primäraffekt der Syphilis 
oder mit frischen Allgemeinerscheinungen der Lues und einem 
Primäraffekt behaftet sind, nicht sofort der Behandlung mit 
dem genannten Mittel unterzieht. Auf Grundlage der bis jetzt 
von ihm behandelten 52 Fälle muß Verfasser erklären, daß das 
Ehrlich sehe Mittel dem Quecksilber und Jod weit in der 
Wirkung überlegen ist. Syphilitische Primäraffekte, die selbst 
unter einer energischen Quecksilberbehandlung sich nur sehr 
langsam reinigen, werden durch Ehrlichs Mittel in 48 Stun¬ 
den in granulierende Wundflächen umgewandelt und geht das 
sie zuweilen umgebende Oedema scleroticum so rasch zurück, 
wie v. Z. es nie unter einer Quecksilber-Jodbehandlung und 
der gleichzeitigen lokalen Behandlung mit grauem Pflaster sah. 
Kein einziger von den mit Primäraffekt allein behafteten Pa¬ 
tienten, welche Verfasser bisher mit „Ehrlich 606“ be¬ 
handelte, hat bis jetzt Allgemeinerscheinungen bekommen, 
trotzdem bei einzelnen sechs Wochen vergangen sind. Durch 
„Ehrlich 606“ geht die die Sklerose mitunter begleitende 
Phimose in der Regel in 48 Stunden zurück. In Fällen von 
kleinpapulösen Syphiliden ist die Rückbildung nach Injektion 
von „Ehrlich 606“ relativ langsamer, aber immerhin geht 
das kleinpapulöse Syphilid unter diesem Mittel weit rascher 
zurück als unter der Anwendung von Quecksilber und Jod. 
Mit überraschender Schnelligkeit bilden sich Papeln an der 
Schleimhaut der Wangen, des Mundes und des Rachens zurück. 
Geradezu verblüffend ist es, mit welcher Rapidität Gummen 
an der Schleimhaut und an der Haut in ihrem Zerfalle aufge¬ 
halten und der Ueberhäutung zugeführt werden. Großpapu¬ 
löse • Syphilide, zu denen sich eine Psoriasis palmaris und 
planlaris gesellt und die am Tage der Injektion hoch über das 
Hautniveau emporragen, sind in vier Tagen in das Hautniveau 
zurückgesunken und wesentlich abgeblaßt. Papulöse Syphi¬ 
lide, die den Körper dicht besät haben, pflegen nach der Ehr¬ 
lich sehen Injektion in 4—5 Tagen kaum mehr sichtbar zu 
sein. Das einzige, was bei der Ehrlich sehen Injektion zu 
beobachten ist, ist Auflösung des Mittels unmittelbar vor der 
Injektion unter strengster Aseptik. Da sich häufig nach der 
Ehrlich sehen Injektion Stuhlverstopfung einstellt, so ver¬ 
abreicht man, um dieselbe zu beseitigen, täglich mehrmals 
Magnesia Usta, und wenn dies allein nicht wirkt, irgendein 
energisches Abführmittel. Unbedingt wichtig ist, daß wenig¬ 
stens sieben Tage strengste Bettruhe eingehalten wird, weil die 
Kranken sonst viel länger Schmerzen empfinden, wenn sie die 
Bettruhe nicht beobachten, und weil, wemi man sie zu früh 
aus der Kontrolle entläßt, sich bei forcierten Bewegungen even¬ 
tuell Phlegmonen einstellen können. In keinem einzigen der 
52 vom Verfasser bisher behandelten Fälle hat sich bisher 




621 


No. 41. ,_ THERAPEUTISCHE 

irgend eine unangenehme Komplikation eingestellt, weder von 
Seiten der Lunge, noch des Herzens, noch der Nieren. 

Ein großer Uebelstand der intramuskulären Injektion ist 
die erhebliche Schmerzhaftigkeit, und von diesem Gesichts¬ 
punkte aus wäre eine andere Einverleibungsmethode, die intra¬ 
venöse, entschieden vorzuziehen. Schreiber und 
Hoppe (3) haben mit intravenösen Injektionen bisher etwa 
120 Kranke behandelt und berichten kurz, welche Art der 
Technik auf Grund der bisherigen Behandlung zweckmäßig 
erscheint. (Vgl. auch „Allg. Med. Central-Ztg.“, 1910, No. 32, 
S. 446.) Das Verfahren ist kurz folgendes: In einen gra¬ 
duierten Meßzylinder von 200 ccm (mit eingeschliffenem Glas¬ 
stöpsel und engem Hals) werden etwa 10—20 ccm sterilen 
Wassers getan. Darauf wird die Substanz (0.3—0,5) einge¬ 
schüttet und einige Tropfen (etwa 0,3 ccm) Methylalkohol zu¬ 
getan, tüchtig geschüttelt, bis klare Lösung erfolgt. Dieser 
Lösung werden jetzt pro 0,1 der Substanz etwa 1,0 ccm 
N-Natronlauge beigemengt und sterilisierte 0,8 proz. Na Cl- 
Lösung bis zum Strich 180 zugegossen. Darauf wird wiederum 
kräftig und andauernd geschüttelt, bis klare Lösung erfolgt. 
Sollte diese nach einiger Zeit noch nicht eingetreten sein, so 
können noch vorsichtig einige Tropfen Na OH zugesetzt werden, 
und nachher folgt Auffüllung bis auf 200 ccm (statt 200 ccm 
können selbstverständlich 150 oder 250 ccm gewählt werden). 
Die Lösung wird bei vorsichtiger Zubereitung völlig klar und 
wird nun zweckmäßig in ein steriles Becherglas getan, aus 
welchem sie mit der Spritze bequem aufgesogen werden kann. 
DieSpritze, deren die Verff. sich bedienen, ist von B. B. C a s s e 1 
aus Frankfurt bezogen, eine automatische oder eine mit Doppel¬ 
ventil und Seitenzuflußrohr. Die Injektionen verlaufen, wenn 
kein technischer Fehler gemacht wird, völlig reaktionslos. Der 
Kranke fühlt so gut wie nichts. Ueber die klinischen Ergeb¬ 
nisse der intravenösen Injektion, die anscheinend gleichfalls 
sehr günstige sind, soll bei späterer Gelegenheit berichtet 
werden. K r. 

Prof. Dr. F. J. Rosenbacli (Göttingen): Ein neues Tuberkulin. 

(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 33 und, 34.) 

Verfasser berichtet über Behandlungsversuche mit einem 
von ihm auf besondere Weise dargestellten Tuberkelbacillen¬ 
präparat. Er benutzt zu dieser Darstellung einen Pilz, das 
Trichophyton holosericum album, welches sich sehr leicht auf 
Tuberkelbacillenkulturen entwickelt und durch sein Wachstum 
auch Aenderungen an den Tuberkelbacillen hervorbringt. Auf 
6—8 Wochen alte Tuberkelbacillenkulturen werden Partikel¬ 
chen des Trichophytonpilzes aufgebracht. Bei 20—22° C. ent¬ 
wickelt sich dieser und hat nach 10—12 Tagen den größten 
Teil der Tuberkelbacillenkultur mit einem weißen Luftmycel 
überzogen. Dann wird die Kulturmasse (Tuberkelbacillen und 
Pilzkultur) vom Nährboden getrennt, mit einer Glyzerin- 
Karbolsäurelösung versetzt, zerrieben, filtriert und mit der 
ebenfalls filtrierten Flüssigkeit des Nährbodens vereinigt. Das 
Volumen wird auf genau das Zehnfache der Pilzmasse (Tuber¬ 
kelbacillen und Trichophyton) eingestellt und dem fertigen 
Tuberkulin zur Konservierung ein Zusatz von % pCt. Karbol¬ 
säure gegeben. Dieses Tuberkulin ist eine bräunliche, absolut 
klare Flüssigkeit von eigenartigem Geruch. Es ist vor stärke¬ 
rem Licht geschützt in braunen Flaschen aufzubewahren. 
Dieses Tuberkulin - Rosenbach unterscheidet sich nach 
Verfasser dadurch von anderen Tuberkulinen, daß in ihm durch 
den Einfluß des Trichophyton die labileren giftigen Bestand¬ 
teile verändert oder zerstört werden, während die stabileren 
immunisierenden erhalten sind. Infolgedessen ist die Giftigkeit 
des neuen Tuberkulin viel geringer, die Dosierung eine höhere 
und die therapeutische Wirksamkeit vermehrt. Verfasser 
wählte als Aniängsdosis 0,01—0,1—0,2 ccm. Nicht tuberkulöse 
Menschen vertragen nach Verfasser das Tuberkulin-Rosen- 
bach leicht in größeren Dosen ohne Störung des Wohl¬ 
befindens. Bei Tuberkulösen ist die Anwendungsweise eine 
doppelte, eine allgemeine und eine lokale. Bei Lungentuber¬ 
kulose und sonstigen nicht chirurgischen Tuberkulosen wird 
das Tuberkulin subkutan injiziert. Es entsteht dann in den 
tuberkulösen Herden zunächst eine leukocytäre Entzündung 
mit etwas Exsudat, sodann Resorption des tuberkulösen Ge¬ 
webes und ein Heilungsvorgang, soweit nicht käsige oder 
granulierende Entartung vorliegt, ln diesem Falle kann, wo 
Ausstoßung des nicht resorbierbaren Gewebes möglich, ist, 
auch ein allmählicher Heilungsvorgang einsetzen. Beim Lupus 
und chirurgischen tuberkulösen Erkrankungen wird das Tuber¬ 
kulin-Rosenbach in die tuberkulösen Gewebe selbst inji¬ 
ziert. Es werden dann dieselben Vorgänge, aber viel inten¬ 
siver, ausgelöst. Die Entzündung nimmt den Charakter einer 
akuten Phlegmone an mit starker Exsudation, Leukocytinfil- 
tration und Allgemeinreaktion. Diese Erscheinungen ver¬ 
schwinden alsbald ohne Nachteile. Die Vorgänge der Resorp¬ 
tion und Heilung sind bei der örtlichen Einwirkung des Tuber- 
kulin-Rosenbacb ebenfalls viel intensiver als bei der All¬ 
gemeinwirkung. Wo keine Verkäsungen, tuberkulöse Granu¬ 
lationen, Vereiterungen etc. bestehen, können sich namentlich 


R UNDS CHAU 1910. 

frische tuberkulöse Affektionen, z. B. der Gelenke, Sehnen¬ 
scheiden, nach einer Anzahl von Injektionen völlig zur Norm 
zurückbilden; ebenso Lupus bis auf schwer vernarbende Reste, 
welche operativ zu entfernen sind. Herde mit Verkäsungen 
etc. brechen auf, entleeren Eiter und kommen, unresorbierte 
Produkte ausstoßend, unter Schrumpfung auf den Weg zur 
Heilung. Aufgebrochene Gelenke mit Knochenherden er¬ 
heischen Resektion, doch muß meistens auch die Kur der auf¬ 
gebrochenen Weichteilherde schließlich durch eine Auskratzung 
vervollständigt werden, weil die Gewebe, welche Sitz der 
Tuberkulose waren, nur sehr geringen Vernarbungstrieb haben. 
Eine Reihe von beigefügten Krankengeschichten zeigt die 
Wirkung des Tuberkulin-Rosenbach im einzelnen. R. L. 

Dr. F. Köhler, Chefarzt der Heilstätte Holsterhausen bei 
Werden, Ruhr: Ueber Tubcrkulinbehandlung. (Die Thera¬ 
pie der Gegenwart, Augustheft 1910.) 

Verfasser berichtet über die Anschauungen der verschiede¬ 
nen Autoren über die Tuberkulinbehandlung und konstatiert, 
daß darüber eine große Uneinigkeit besteht. Was Verfassers 
eigene Erfahrungen betrifft, so gibt er einen Ueberblick 
darüber, in welchem Umfange an der unter seiner Leitung 
stehenden Heilstätte Holsterhausen bei Werden an der Ruhr 
mit Tuberkulin gearbeitet worden ist. Mit Alttuberkulin Koch 
sind bisher 134 Personen behandelt worden mit 2026 Spritzen, 
mit der Koch sehen Bacillenemulsion 14 Personen mit 
75 Spritzen, mit dem Calmette sehen Tuberkulin 65 Per¬ 
sonen mit 578 Spritzen, mit J.-K. Spengler 49 Personen mit 
803 Spritzen, mit Perlsuchtuberkulin 15 Personen mit 
288 Spritzen, mit dem die Bacillenemulsion Koch in Kapseln 
enthaltenden Phthisoremid von Krause 49 Personen mit 
5485 Kapseln, mit den Tuberkulinpillen Freymuth 33 Per¬ 
sonen und schließlich mit dem Serum Marmorek 60 Per¬ 
sonen mit 2590 Rektaleingießungen. Dieses Material scheint 
Verfasser geeignet, eine genügende Unterlage für ein kritisches 
Urteil an die Hand zu geben. Verblüffende Erfolge sind mit 
keinem Mittel erreicht worden. Aus der großen Anzahl der 
gegenwärtig vorhandenen Tuberkuline ist zu entnehmen, daß 
immer wieder nach Neuem und Verbessertem gesucht wird, 
weil es Vollkommenes und Vollbefriedigendes noch nicht gibt. 
Verfasser hat in manchen Fällen ganz befriedigende Wirkun¬ 
gen gesehen, insofern der Gesamtzustand des Patienten sich 
hob, eine gute Gewichtszunahme erreicht wurde, Husten und 
Auswurf sich minderten, auch hier und da einmal Tuberkel¬ 
bacillen verschwanden, auch wohl, daß die pathologischen Ge¬ 
räusche sich minderten, aber daß in unverhältnismäßig günsti¬ 
gem Gegensätze zu der üblichen physikalisch-diätetischen Be¬ 
handlung eine gründliche Umwälzung der organischen Verhält¬ 
nisse geschah und ein Kranker mit mäßig ausgebreiteter 
Lungentuberkulose mit annähernder Sicherheit als ein Geheil¬ 
ter hätte bezeichnet werden können, das hat Verfasser 
kaum ein einziges Mal gesehen. Als das vornehmste Gesetz 
für die Tuberkulinbehandlung möchte Verfasser hinstellen, 
daß die Bedingungen für deren günstigen Erfolg an die Indivi¬ 
dualität gebunden sind. Noch sind die Grenzen nicht scharf 
markiert, innerhalb deren die Tuberkulinbehandlung mit an¬ 
nähernder Sicherheit völligen Erfolg verspricht. Um so mehr 
aber soll es Aufgabe der wissenschaftlich arbeitenden Aerzte 
sein, diesen Dingen nachzuspüren, um von dem Tuberkulin als 
einem unterstützenden Mittel Gebrauch machen zu können. 

Kr. 

Prof. Dr. Gerber (Königsberg): Die Zunahme des Skleroms in 
Ostpreußen. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 35.) 

Verfasser will durch die vorliegende Veröffentlichung die 
öffentliche Aufmerksamkeit darauf lenken, daß das Rhino- 
sklerom in den letzten 10 Jahren im Gebiet des Deutschen 
Reiches weiter um sich gegriffen zu haben scheint. Es kommen 
zwei größere Herde der Krankheit in Betracht, einer in Ost¬ 
preußen, der andere in Schlesien. Seit der ersten Publikation 
des Verfassers über das Sklerom vor 10 Jahren ist die Zahl der 
ostpreußischen Skleromkranken um das Fünffache gewachsen. 
Verfasser hat im Laufe des verflossenen Winters vier neue 
Skleromkranke in Behandlung bekommen, ein fünfter kam 
außerdem in der chirurgischen Klinik zur Beobachtung. Ver¬ 
fasser berichtet über den von ihm in seinen vier Füllen er¬ 
hobenen Befund; die einzelnen Kranken standen im Alter von 
56, 12, 20 und 22 Jahren, zwei waren weiblichen, die beiden 
anderen männlichen Geschlechts. Was das Krankheitsbild be¬ 
trifft, so zeigten alle vier Patienten die von Verfasser schon 
früher beschriebenen Charakteristica des ostpreußischen 
Skleroms: Freisein der äußeren Nase und auch der Mund¬ 
rachenhöhle wenigstens von groben Veränderungen. In allen 
Fällen typisch verändert war nur der Nasopharynx, und zwar 
zeigte er überall alte bindegewebige Veränderungen, wohl ein 
Beweis dafür, daß hier der Prozeß fast immer beginnt. Die 
Nasenhöhlen zeigten 3 mal das Bild der Rhinitis atrophicans 
resp. Ozaena, Sklerominfiltrate 2 mal. Der Larynx zeigte typi¬ 
sche subglottische Wülste nur in einem frischen Falle. In 



622 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 41. 


einem Falle war er normal, in den beiden anderen Fällen zeigte 
er atypische Veränderungen. In einem Fall zeigte sich die 
Krankheit fast nur im Nasenrachenraum und machte nur Ohr¬ 
symptome. Die bakteriologische Untersuchung des Nasen¬ 
sekrets ergab in drei Fällen Rhinosklerombacillen. Die Thera¬ 
pie bestand hauptsächlich darin, die Verengerungen der Nase 
und des Larynx methodisch zu dilatieren. In dem einen Falle 
(12 jähriger Knabe mit subglottischen Wülsten) war der Erfolg 
ein unerwartet guter, die Wülste gingen restlos zurück (Be¬ 
handlung mit O’Dwy ersehen Tuben). Sehr viel weniger 
befriedigte der Erfolg in einem anderen Falle mit Kehlkopf¬ 
verengerung. 

Privatdozent Dr. August Brüning (Gießen): Die Behandlung 
tuberkulöser Erkrankungen mit Trypsin. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 95.) 

Im Anschluß an die Untersuchungen von J och m a n n 
und Müller über die Fermentbehandlung tuberkulöser Pro¬ 
zesse wurde von verschiedenen Seiten diese Behandlung prak¬ 
tisch versucht; das ursprünglich benutzte Leukocytenferment 
wurde bald durch Trypsin ersetzt. Verfasser nahm in der 
chirurgischen Universitätsklinik zu Gießen ebenfalls Versuche 
mit dieser Therapie auf; die Technik war folgende: Mehrere 
10 ccm fassende sterilisierte Fläschchen w'erden mit je 0,1 g 
Trypsin (Kahlbaum) beschickt und mit Watte verschlossen. 
Vor dem Gebrauch werden die Flaschen mit steriler physio¬ 
logischer Na Cl-Lösung gefüllt, so daß 10 ccm einer 1 proz. 
Trypsinlösung resultieren. Die Mischung wurde täglich neu 
bereitet. Die Abscesse wurden mit dickem Trokar punktiert 
und, soweit möglich, durch Ausdrücken entleert. Dann wurde 
Trypsinlösung (1—2 ccm) injiziert und die Oeffnung durch ein 
Pflaster geschlossen. Die Injektionen wurden nach 5—7 Tagen 
wiederholt. Bei Gelenkerkrankungen wurde stets ein immo¬ 
bilisierender Gipsverband angelegt. Nach dieser Methode 
wurden etwa 100 Fälle von Tuberkulose behandelt und zwar 
Senkungsabscesse, paraartikuläre Eiterungen, Knochentuber¬ 
kulosen, Spina ventosa, verkäste und feste Lymphome, Weich- 
teilsabscesse, Sehnenscheidenhygrome und schließlich auch 
Ganglien. Schädliche Wirkungen wurden von der Trypsin¬ 
einspritzung nie gesehen; nach den Einspritzungen in Absceß- 
höhlen wurde ein leichter, %—1 Stunde anhaltender Schmerz 
beobachtet; sehr erhebliche Schmerzen verursachte die Ein¬ 
spritzung in nicht erweiterte tuberkulöse Lymphome. — Nach 
mehreren Injektionen pflegt vorher dünner gelblicher Eiter 
infolge von Blutbeimengung eine rotbraune Farbe und einen 
emulsionsartigen Charakter auzunehmen. Schließlich wird er 
serös und zellenarm. Seine therapeutischen Erfahrungen faßt 
Verfasser in folgenden Sätzen zusammen: Gute Resultate 
liefert die Trypsininjektion bei der Behandlung von tuber¬ 
kulösen Hygromen und kleinen kalten Abscessen, es kann 
sogar ein nicht zu großer Knochenherd zur Ausheilung ge¬ 
bracht werden. Bei Senkungsabscessen jeder Art ist das 
Trypsin dem Jodoformglyzerin nicht merklich überlegen. Ge¬ 
lenktuberkulosen mit großen Knochenherden oder reine Fungi 
erwiesen sich als ungeeignet für die Fermenttherapie. Ebenso 
sind verkäste oder noch derbe Lymphome von ihr auszu¬ 
schließen. R. L. 

Dr. Hermann Tachau, Assistent der med. Klinik des städt. 
Krankenhauses zu Frankfurt a. M.: Die intravenöse Injek¬ 
tion des Heilserums bei Diphtherie. (Die Therapie der 
Gegenwart, August 1910.) 

Verfasser hat in der medizinischen Klinik des Frankfurter 
Krankenhauses seit einem Jahre wegen Diphtherie oder 
Diphtherieverdacht 100 intravenöse Seruminjektionen ausge¬ 
führt. In 78 Fällen wurde die Diagnose auch durch die bak¬ 
teriologische Untersuchung bestätigt. Die Technik war die all¬ 
gemein übliche; es wurde besonders auf recht langsames In¬ 
jizieren geachtet. Zu einem operativen Freilegen der Vene 
konnte er sich nicht entschließen; es wurde deshalb bei 
kleineren Kindern, bei denen die direkte Punktion unmöglich 
war, auf die Anwendung der intravenösen Injektion verzichtet. 
Als Dosis wurde das Dreifache der von Baginsky ange¬ 
gebenen Menge gewählt, für leichte Fälle 3000—4500 I.-E., für 
schwere 6000—9000 I.-E. Es kam ein Serum von Merck zur 
Verwendung; je 2 ccm desselben enthielten 1000 I.-E. Im all¬ 
gemeinen wurde nur eine einmalige Injektion ausgeführt; nur 
wenige schwerste Fälle erhielten am nächsten Tage eine zweite 
Einspritzung. Die Frage, ob die intravenöse Injektion des 
Heilserums einen günstigeren Einfluß auf den Ablauf der 
Diphtherie hat als die subkutane, ist schwer zu beantworten. 
Sichere Anhaltspunkte gibt erst eine große Statistik, die zeigt, 
ob Komplikationen und Todesfälle bei intravenöser Applikation 
des Serums seltener sind als bei subkutaner. Die bisher vor¬ 
liegende Mortalitätsziffern bleiben nun jedenfalls nicht hinter 
den Durchschnittszahlen zurück. Bisson hat in 14 pCt., 
Fette in 13,8 pCt., Berlin in 17,8 pCt. der Fälle einen 
letalen Ausgang. Verfasser hat von den 78 sicheren Diphthe¬ 
rien 9 verloren (12,8 pCt.). In der gleichen Zeit sind mit sub¬ 


kutanen Injektionen 170 Diphtherien mit 24 Todesfällen be¬ 
handelt (14 pCt.). Die Zahlen sprechen nicht zugunsten dev 
intravenösen Injektion, zumal wenn man berücksichtigt, daß 
die kleineren Kinder, bei denen die Diphtherie ja viel häufiger 
einen ungünstigen Ausgang nimmt, fast ausnahmslos mit sub¬ 
kutaner Injektion behandelt sind. Die Ursache des letalen 
Ausganges bildete entweder die Schwere der Diphtherie¬ 
intoxikation oder es traten Komplikationen von seiten der 
Kreislauforgane und Nieren hinzu. Diese zu verhindern ge¬ 
lingt also auch bei intravenöser Injektion des Serums nicht. 
Bei den leichten Fällen hat man durch die intravenöse Injektion 
des Serums einen schnelleren Ablauf der Krankheitserschei¬ 
nungen zu erzielen gehofft. So wird besonders angegeben, daß 
die Temperatur schneller zur Norm zurückkehren soll. Ein 
genauer Vergleich der Kurven intravenös Injizierter mit denen 
subkutan Injizierter bestätigt diese Erwartung nicht. Das Fieber 
besteht auch bei intravenöser Injektion oft mehrere Tage lang. 
— Im Verlauf der Rachenerkrankung, in der Abstoßung der 
Beläge, dem Verschwinden der Bacillen aus der Mundhöhle 
sind nie merkliche Unterschiede beobachtet worden. Nach 
Verfassers Beobachtung verdient die intravenöse Injektion also 
in therapeutischer Beziehung keinen Vorzug vor der subku¬ 
tanen. Soll sie überhaupt neben dieser bestehen bleiben, so 
muß entschieden gefordert werden, daß sie frei ist von 
jeglichen unangenehmen Nebenwirkungen. Bei einer großen 
Zahl der Fälle ist nun die intravenöse Injektion von einer 
anfänglichen Steigerung der Körpertemperatur gefolgt. Verf. 
fand sie in etwa der Hälfte der Fälle. Dreimal sind gleichzeitig 
mit dieser Temperatursteigerung im unmittelbaren Anschluß 
an die Injektion erheblichere Störungen aufgetreten: In zwei 
Fällen trat ein schwerer Schüttelfrost und Kollaps ein, im 
dritten Falle folgte der Einspritzung ein Kollaps, der von einem 
universellen Erythem begleitet war. In allen drei Fällen 
gingen die Symptome zwar bald zurück, sie waren aber für den 
Patienten und seine Umgebung äußerst besorgniserregend. Der 
Gedanke lag nahe, daß es sich um Patienten handelte, die 
durch eine frühere Seruminjektion anaphylaktisch geworden 
waren. Genaue Nachfragen ergaben jedoch bei keinem An¬ 
haltspunkte für die Möglichkeit einer früheren Seruminjektion. 
Um eine erworbene Anaphylaxie kann es sich also nicht han¬ 
deln. Auch zur Annahme einer angeborenen Ueberempfind- 
lichkeit lag kein Grund vor. K r. 

Prof. Dr. M. v. Zeissl, Abteilungsvorstand im Kaiser Franz- 
Josef-Ambulatorium in Wien: Zur Behandlung des Trippers 
mit Balsamicis. (Medizin. Klinik, 1910, No. 19.) 

Verfasser erörtert die Geschichte, die Wirkungsweise und 
den Wert der verschiedenen Balsamica und fixiert am Schluß 
seine eigene Methode der Tripperbehandlung. Sie besteht im 
akuten Stadium des Trippers in Einspritzungen und Masseu- 
spülungen der vorderen Harnröhre mit Kalium hypermang., 
Ichthyol, Protargol, Albargin usw. und bei guter Verdauung des 
Pat. in der Verabreichung balsamisch-ätherischer Mittel. Ist 
nach fünf Wochen nur Besserung erfolgt, so macht Verf. zur 
Beseitigung der Filamente, mögen darin Gonokokken nachge¬ 
wiesen sein oder nicht, Einspritzungen mit der Wundspritze 
(oder dem Katheter und der Spritze) bis in die Blase. Führt diese 
Methode nicht zum Ziel, dann folgt die Sondenbehandlung, in 
letzter Linie kommen Antrophore und Instillation konzentrier¬ 
ter Lapislösung. Die Dehnung mit Dilatatorien und die endo¬ 
skopische Behandlung übt Verfasser nicht. Lange und viel 
behandelte Tripper heilen oft, wenn die therapeutische Viel¬ 
geschäftigkeit eingestellt und die vielgequälte Harnröhren¬ 
schleimhaut in Ruhe gelassen wird, wobei man den Kranken 
einer Karlsbader Trinkkur unterzieht. Die Tripperbehandlung 
Anämischer wird durch die Verabreichung von Eisenpräpa¬ 
raten oder Arseneisenwässern wesentlich gefördert. Einen 
Kranken, der Fäden im Harne zeigt, kann man dann aus der 
Behandlung entlassen, wenn die häufig wiederholte mikro¬ 
skopische Untersuchung zahlreicher, nach Gra m behandelter 
Präparate keine Gonokokken nachwies und wenn nach voraus¬ 
gegangener künstlicher Irritation der Harnröhre (Verab¬ 
reichung von alkoholhaltigen und moussierenden Getränken, 
Einspritzung stärker reizender Lösungen) das reichlicher ge¬ 
wordene Harnröhrensekrel sich weder mikroskopisch noch 
bei dem Kulturverfahren als gonokokkenführend erwies. 

Privatdozent Dr. C. Bruck, Oberarzt der dermatologischen Klinik 
der Universität Breslau: Ueber Epididymitis gonorrhoica 
und ihre Behandlung. (Medizin. Klinik, 1910, No. 21.) 

Verfasser erörtert zunächst die Frage, wodurch die im Ver¬ 
lauf der Urethralblennorrhoe einsetzende Entzündung des 
Nebenhodens bedingt ist und wie diese Krankheit überhaupt 
zustande kommt. Hinsichtlich der ersten Frage steht es 
außer allem Zweifel, daß entgegen älteren Anschauungen, wo¬ 
nach es sich bei Epididymitis gonorrhoica um die Folge einer 
Toxinwirkung, um eine Mischinfektion oder um einen reflek¬ 
torischen, durch Zirkulationsstörungen bedingten Vorgang 



No. 41- 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


623 


handelt, der Gonococcus selbst als die Ursache der Epididymitis 
anzusehen ist. Die zweite Frage, wie nun der Gonococcus aus 
der kranken Harnröhre in den Nebenhoden gelangt, ist dahin 
zu entscheiden, daß ihm nur ein Weg zum Nebenhoden offen 
steht: der über das Vas deferens zum Vas epididymidis. Die Ein¬ 
wanderung auf dem Blut- und Lyinphwege ist zwar theoretisch 
möglich, kommt aber praktisch nicht in Betracht, da dann im 
ersteren Falle auch gleichzeitige anderweitige metastatische 
Prozesse beobachtet werden müßten, im zweiten Fall eine Be¬ 
wegung der Gonokokken gegen den Lymphstrom anzunehmen 
wäre. Hierauf wendet Verfasser sich zur Therapie und ent¬ 
wirft, nachdem er drei therapeutische Methoden, die in der 
letzten Zeit bei Epididymitis vielfach geübt worden sind, die 
aber noch nicht zum Allgemeingut des Praktikers geworden 
sind, nämlich die Punktions-, die Stauungs- und die Vaccin- 
behandlung, erörtert hat, ein Bild von der Behandlungsweise 
der Epididymitis in der Breslauer Klinik. Wird eine fiebernde 
akute Epididymitis mit starken Schmerzen eingeliefert, so 
wird sofort nach der Desinfektion der Skrotalhaut mit Jodtink¬ 
tur die Schlitzung der Tunica propria beziehungsweise Ent¬ 
leerung einer etwaigen Hydrocele vorgenommen. Sodann wird 
der kranke Nebenhoden in einen feuchten Verband gelegt und 
mit einem gut sitzenden N e i s s e r scheu Suspensorium fixiert. 
Feuchte Verbände und Ruhigstellung des Hodens im Suspen¬ 
sorium bewähren sich besser, als feuchte oder heiße Umschläge 
und Hochlagerung des Skrotums auf einer Unterlage, die den 
Patienten zum absoluten Ruhigliegen auch in der Nacht ver¬ 
urteilt, während er mit einem sachgemäß sitzeirden Suspen¬ 
sorium ohne Schmerz und Schaden auch einmal seine Bettlage 
wechseln kann. Als feuchten Verband zieht Verfasser einen 
solchen mit 50 proz. Spiritus, dem 2 pCt. Resorzin zugesetzt 
werden, vor. Das Skrotum wird mit Spiritus durchtränkter 
Watte oder mit Mulllagen bedeckt, darüber kommt eine mehr¬ 
fach durchstochene Lage Billroth - Battist und sodann das 
Suspensorium. (Allein unter diesem Spiritusdunstverband 
nach Schäffer sieht man häufig einen schnellen Rückgang 
der Schwellung.) Ist, wie meist der Fall, das Fieber nach 
1—2 Tagen beseitigt, so setzt die Vaccinbehandlung ein, wäh¬ 
rend mit den feuchten Verbänden ruhig fortgefahren wird. 
Handelt es sich um einen von Anfang an fieberfreien akuten 
Fall, so sieht Verfasser von der Schlitzung ab, sofern nicht eine 
stärkere Hydrocele dazu auffordert, und beginnt sofort mit der 
Vacciniujektion unter gleichzeitiger Applikation von lokalen 
Spiritusverbänden. Bleibt unter dieser Behandlung ein fühl¬ 
barer Knoten zurück oder liegt ein subakuter oder chronischer 
Fall vor, so versucht man erst einige Tage durch Hitze (heiße 
Sandsäcke) die Resorption zu bewirken. Gelingt dies nicht, 
so wird ein F r i c k e scher Heftpflasferverband angelegt, der 
sich Verfasser dann noch häufig als wirksam erwiesen hat. Bei 
allen renitenten Indurationen, besonders aber bei etwaigen 
alten fibrösen Prozessen macht man viel von Thiosinamin- oder 
Fibrolysininjektionen Gebrauch (jeden Tag 1 ccm oder jeden 
zweiten Tag 2 ccm einer 10 proz. Lösung). Nebenwirkungen 
dieses Präparates hat Verfasser bisher noch nicht gesehen, 
wohl aber eine auffallende Besserung selbst veralteter Fälle. 
Verfasser sieht in der Epididymitis keine Kontraindikation jeg¬ 
licher Behandlung der Urethra anterior und posterior. Er setzt 
die Behandlung nur bei ganz akuten und fiebernden Fällen für 
einen oder zwei Tage aus, beginnt dann sofort aber wieder vor¬ 
sichtig mit Injektionen der Anterior und Guyonbehandlung der 
Posterior, indem er nicht zu starke Katheter nur bis in den 
Schließmuskel führt und zu tiefes Eingehen vermeidet, um 
nicht durch mechanischen Reiz die gefährlichen antiperistalti¬ 
schen Bewegungen auszulösen. Verfasser verzichtet im Ver¬ 
laufe der akuten Epididymitis nur auf Spülungen, hat jedoch 
von Guyoninstillationen nie eine Erkrankung des zweiten Neben¬ 
hodens, wohl aber eine solche bei Aussetzen jeglicher Behand¬ 
lung gesehen. Sind die akuten Erscheinungen abgeklungen, so 
nimmt er bald die volle Behandlung wieder auf. Verf. warnt 
alter davor, bei gleichzeitig bestehender Prostatitis eine Massage¬ 
behandlung vorzunehmen, da der durch diese Maßnahmen aus¬ 
gelöste Reiz leicht eine Erkrankung des anderen Hodens zur 
Folge haben kann. — Prophylaktisch empfiehlt B. zur Ruhig¬ 
stellung des Caput gall., der Prostata, der Samenleiter usw. und 
zur Vermeidung der gefährlichen retrograden Bewegungen die 
Darreichung von Atropin bei allen Fällen akuter Urethritis 
posterior. Er pflegt bei akuter Posterior 3 mg Atropin pro die 
und auch bei schon bestehender einseitigender Epididymitis 
kleinere Dosen (% bis 1 mg pro die) während mehrerer Tage 
intern zu verabreichen. K r. 

Dr. C. Berri, Assistent der medizinischen Klinik in Genua: 

Beitrag zur Digitalistherapie. (La Clinica Medica Italiana, 

1910, 1. 465.) 

Der Verfasser untersuchte das Digipuratum und 
stellte auf Grund eingehender Kurven dessen Wirkung auf 
Puls, Herz und Blutdruck fest. Bemerkenswert war die schnelle 
Steigerung der Diurese und die erhöhte Kochsalzausscheidung. 

Die verschiedenen Stadien der Herzerkrankungen werden 


durch Digipuratum gut beeinflußt, indem die Diastole eine be¬ 
trächtliche Verlängerung, die Systole eine bemerkenswerte 
Kräftigung erfährt. Die Wirkung auf den Puls ist konstant, 
er wird langsamer, voller und regelmäßiger; in ganz schweren 
Fällen wird nur eine geringe oder vorübergehende Verlang¬ 
samung des Pulses erzielt. Der Blutdruck hebt sich schon 
nach 6—7 Stunden nach Verabreichung des Digipuratums. 
Eine ganz hervorragende und anhaltende Wirkung übt das 
Digipuratum auch auf die Diurese aus und hebt außerdem die 
Kochsalzausscheidung. Ferner gewährleistet das Digipuratum 
gegenüber dem gewöhnlichen Digitalisinfus eine exakte 
Dosierung. Es hat auch in kleinen Dosen eine rasche und 
energische Wirkung. Das Digipuratum erzeugt bei den Kranken 
nur in Ausnahmefällen gastrointestinale Störungen.. K. 


Geh. San.-Rat Dr. Görges, leitender Arzt des Elisabeth-Kinder¬ 
hospitals in Berlin: Ueber Eisensajiidin. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 36.) 

Die in die Therapie eingeführten Jodeisen-Präparate stellen 
keineswegs das Ideal angenehmer Mittel dar. Das in ihnen 
enthaltene Eisenjodür ist leicht zersetzbar und ruft erklärlicher¬ 
weise eine Magenreizung und Schwarzfärbung der Zähne her¬ 
vor. Dazu kommt noch, daß worauf Ewald in seinem Handbuch 
der Arzneilehre 1898 aufmerksam macht, der offizinelle Siru- 
pus ferri jodati bezüglich seines Jodeisengehaltes verschieden 
zusammengesetzt ist. Dies gab Veranlassung zur Darstellung 
eines gut verträglichen Jodeisen-Präparates, das nun in dem 
von den Elberfelder und Höchster Farbwerken hergestellten 
Eiseusajodin vorliegt. Es wird in der handlichen Form der 
Tabletten, die zur Verdeckung des indifferenten Geschmackes 
des Eisensajodins einen Schokoladezusatz erhalten haben, in 
den Handel gebracht. Das Eisensajodin enthält 25 pCt. Jod 
und 5,7 pCt. Eisen, beide chemisch gebunden an die leicht assi¬ 
milierbare Rehensäure, welche den im Sajodiii enthaltenen Fett¬ 
körper enthält, an den das Jod intramolekular gebunden ist. 
Jede Tablette enthält in runden Zahlen ausgedrückt 0,012 Jod 
und 0,03 Eisen. Der Preis eines Röhrchens beträgt 2,25 M., so 
daß sich der Tagesbedarf bei einer Darreichung von 2 bis 
3 Tabletten täglich auf 25 bis 30 Pfg. beläuft. Die Resorptions¬ 
verhältnisse liegen genau so wie beim Sajodin. Die Spaltung 
der Substanz und ihre Ausscheidung geht langsam vor sich und 
ist um so protrahierter. 

Verf. hat im Elisabeth-Kinderhospital das Eisensajodin ge¬ 
prüft. Es kamen nur ausgewählte Fälle von reiner Skrofu¬ 
löse zur Behandlung, die mit skrofulösen Ausschlägen an der 
Nase oder im Gesicht, Phlyktänen, Drüsenanschwellungen ein¬ 
hergingen. Insbesondere bei kleinen Patienten mit tuber¬ 
kulösen Erkrankungen der Lunge wurde das Präparat geprüft. 
In allen Fällen war eine eklatante Besserung im Aussehen und 
im Allgemeinbefinden schon nach Ablauf einer Woche zu kon¬ 
statieren. Die Kinder sahen nach kurzer Zeit besser aus, auch 
die sichtbaren Ercheinungen der Skrofulöse gingen zurück. 
Die Gewichtszunahme betrug zuweilen 1,5 kg in einer Woche, 
in vier Wochen öfters 4 kg. Diese Besserung war so eklatant, 
daß die Angehörigen der Kinder stets nach Eisensajodin ver¬ 
langten. Auch Versuche über den Hämoglobingebalt wurden 
mehrmals angestellt, die jedoch zu einem negativen Erfolg 
führten. Verfasser beschränkt sich daher nur auf die objek¬ 
tiv ’.n Erfolge und die Gewichtszunahme und beschreibt in seiner 
Arbeit ausführlich und klar die Krankengeschichten von sechs 
Fällen. 

Verf.'s Resume geht dahin, daß Eisensajodin ein geschmack¬ 
loses, den Magen und Darm nicht reizenden Präparat ist, das 
auch die Zähne nicht angreift und von den Kindern gut ver¬ 
tragen wird. Nach kurzer Zeit macht sich eine Appetit¬ 
anregung und Gewichtszunahme bemerkbar, die in allen Fällen 
konstant war. Die sichtbaren skrofulösen Erscheinungen 
gingen glatt und sicher zurück; Jodismus trat niemals ein. 

Eisensajodin bietet also einen vollwertigen Ersatz des 
Jodeisen-Sirups; sein hauptsächliches Indikationsgebiet sind 
alle Erkrankungen, bei denen eine Verlangsamung des Stoff¬ 
wechsels durch eine gestörte Ernährung vorliegt; vor allem 
bei skrofulöser Anämie, hereditärer Lues, anämischer 
Arteriosklerose. Da das Präparat sich in fetten Oelen leicht 
löst, eignet es sich gut zur Darreichung in Lebertran. Eine 
Spezialität, die bei Skrofulöse und ähnlichen Erkrankungen 
in Frage kommt, ist S c o 11 s Emulsion, die mit großer Reklame 
in den Tagesblättern propagiert wird. Sie enthält weder Eisen 
noch Jod, dafür phosphorsaure Salze anorganischer Natur, die 
bekanntlich wenig oder gar nicht resorbiert werden. Ein 
Jodeisenpräparat in Lebertran ist die unter der Be¬ 
zeichnung Jodelia eingeführte Emulsion, die scheußlich 
schmeckt und von erwachsenen Kindern meistens abgelehnt 
wird. Man hat nun unter Berücksichtigung des Jodgehalts 
eine Eisensajodin-Emulsion und einen Eisensajodin-Lebertran 
dargestellt, die zum Preis von 2,85 M. in den Apotheken zu 
haben sind. G. 




624 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 41. 


Prof. Dr. H. Plissier (Dresden): Uebcr den Ersatz der soge¬ 
nannten indifferenten Thermalbäder durch Inhalation ihrer 
Radiuinemanation bei rheumatischen Affektioneii. (Münch, 
med. Wochenschrift, 1910, No. 35.) 

Nachgewiesenermaßen vermag die in Bädern enthaltene 
Radiumemanation die Haut nicht zu durchdringen; da aber 
nach emanationshaltigen Bädern Emanation ausgeschieden 
wird, so muß man annehmen, daß die Emanation im Bade nur 
durch die Atmungsorgane in den Organismus eingedrungen 
sein kann. Deswegen schien der Versuch aussichtsreich, die 
natürlichen radioaktiven Queilwässer durch Inhalation von 
Radiumemanation zu ersetzen. Zu diesem Zweck sind Inhala¬ 
tionstabletten in den Handel gebracht worden. Diese erwiesen 
sich jedoch bei therapeutischen Versuchen, die Verfasser an¬ 
gestellt hatte, zu schwach, jedenfalls war die Wirkung zweifel¬ 
haft. Deshalb kam Verfasser auf die Idee zu prüfen, ob es 
gelingt, durch bloße Inhalation der den Heilquellen direkt ent¬ 
nommenen gasigen Produkte dieselben therapeutischen Resul¬ 
tate zu erzielen, wie mit den herkömmlichen Badekuren. In 
T e p 1 i t z bot sich im verflossenen Winter die Möglichkeit, der¬ 
artige Versuche in größerem Umfang anzustellen. Die Ver¬ 
suchsanordnung war folgende: In der Nähe des im Teplitzer 
Stadtbadehause gelegenen Quellschachtes wurde eine Kammer 
eingebaut, deren Rauminhalt etwa 5,75 cbm betrug, die also 
genügend war, um einen oder selbst zwei Menschen eine Stunde 
lang ohne besondere Ventilationseinrichtung aufzunehmen. Die 
Wände wurden mit einem luftdichten Harzanstrich versehen. 
Aus dem Hauptquellrohr führte eine direkte Nebenleitung in 
die Kammer und gestattete, die Wände dauernd mit Thermal¬ 
wasser zu berieseln. Auf diese Weise mußte ein großer Teil der 
in dem Thermalwasser enthaltenen Emanation in die Kammer¬ 
luft übertreten. Messungen ergaben, daß bei der gewühlten 
Anordnung in einem Liter Luft in der Kammer 5,1 Mache-Ein¬ 
heiten enthalten waren, d. h. es findet sogar eine Anreicherung 
von Emanation in der Luft statt. Da die Temperatur der Tep¬ 
litzer Stadtquelle an ihrem Ursprung 48° C. beträgt, so wurde 
gleichzeitig die Luft in der Kammer erheblich erwärmt, bis auf 
35° C. und mit Wasserdampf gesättigt. Es wurden nun einige 
Patienten mit schwerer chronischer Polyarthritis (7) und 
Ischias (3) für den Versuch ausgewählt, deren Zustand schon 
längere Zeit stabil und durch die vorausgegangen Behandlung 
(zum Teil waren sie mehrere Monate in Dresden im Kranken¬ 
haus gewesen) nicht oder kaum beeinflußt worden war. Die 
Behandlung bestand lediglich darin, daß die Kranken täglich 
2 mal %—% Stunden in die Kammer verbracht wurden. Neben¬ 
her wurden nur leichte passive Bewegungen versteifter Gelenke 
in einigen Fällen angewendet. Die therapeutische Wirkung 
der Inhalationskur war in allen Fällen eine sehr günstige. Von 
sieben Kranken mit chronischer Polyarthritis waren sechs bei 
der Entlassung völlig frei von rheumatischen Schmerzen und 
Schwellungen. Der siebente Kranke wurde wesentlich ge¬ 
bessert, aber noch mit Gelenkschmerzen entlassen. Vier Wochen 
später war er ebenfalls schmerzfrei. Die drei Ischiasfälle 
wurden geheilt entlassen. Die Kurdauer betrug bei den sechs 
Rheumatikern im Durchschnitt 69 Tage. Bei den drei Ischias¬ 
kranken betrug die Kurdauer 11, 36 und 67 Tage, doch war 
auch der am längsten behandelte bereits nach 40 Tagen fast 
ohne Erscheinungen. Aus diesen Erfahrungen ergibt sich, daß 
die bekannte Heilwirkung der radioaktiven Bäder auf Ischias 
und rheumatische Affektionen auch ohne den Gebrauch der 
Bäder selbst durch eine bloße Inhalation der Quellgase erzielt 
werden kann. Der Aufenthalt in den Emanationskammern 
wurde auch von geschwächten und empfindlichen Patienten 
vorzüglich vertragen. Die bequeme Art der Anwendung er¬ 
laubt die Benützung der Emanation auch solchen Kranken, 
deren Schwerbeweglichkeit den Gebrauch der Badekur aus¬ 
schließt. 

Dr. C. Kaestle (München): Versuch einer neuen Methode zur 
Prüfung der Verweildauer von Flüssigkeiten im Magen. 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 35.) 

Verfasser berichtet über eine Methode, mittels der Röntgen¬ 
durchleuchtung die Verweildauer von Flüssigkeiten im Magen 
zu bestimmen. Er benutzte dazu Schwimmer, welche er in der 
in dem Magen befindlichen Flüssigkeit schwimmen läßt, als 
Marke. Als schwimmende Körper verwendet er verschieden 
große Gelatinekapseln, die mit geringen Mengen Wismut¬ 
karbonat, Thoroxyd und besonders Zirkonoxyd locker oder nur 
zum Teil gefüllt waren. Indem diese Kapseln in Guttapercha¬ 
säckchen oder Säckchen aus Gummi gebracht wurden, sind sie 
auf viele Stunden gegen die Einwirkung des Magensaftes ge¬ 
schützt. Die Versuchsperson erhält zunächst nüchtern zur 
Sichtbarmachung der unteren Magengrenze einige gepreßte 
Zirkonoxydtabletten ä 5 g oder einige Gramm Zirkonoxyd in 
Oblaten, die sich, am Boden des Magens angekommen, auflösen. 
Zum Hinabspülen der Tabletten oder Boli wird die Versuchs¬ 
flüssigkeit verwendet, mit deren letzten Mengen man drei 
schwimmende Kapseln schlucken läßt. Die Untersuchung 
wird am stehenden, Patienten vorgenommen, die Aufzeich¬ 


nung des Untersuchungsbefundes erfolgt orthodiagraphisch. 
Es zeigte sich, daß der normale Magen sich eng um seinen 
Inhalt kontrahiert; die Entleerung erfolgt offenbar durch 
konzentrische Kontraktion der Magenwände, die meist 
mit einer oft sehr beträchtlichen und schon bald einsetzendeu 
Hebung des unteren Magenpols Hand in Hand geht. Was die 
vorläufigen Resultate anlangt, so waren von 250 ccm Leitungs- 
wasser nach 1% Stunden noch geringe Reste im Magen, 
20 Minuten später waren Flüssigkeit und Kapseln aus dem 
Magen verschwunden. 250 ccm warme Vollmilch bleiben etwa 
2 1 / 2 . Stunden im Magen. 250 ccm Milch-Kakao mit Zucker ver¬ 
weilen 2% Stunden bis 2 Stunden 55 Minuten im Magen. 
250 ccm dünner chinesischer Tee mit einem Stück Zucker ver¬ 
weilen etwa 114 Stunden im Magen, die letzten Reste waren 
15 Minuten später aus dein Magen verschwunden. Von 250 ccm 
Milchkaffee mit Zucker, blieben nach 1 Stunde 50 Minuten ge¬ 
ringe Reste, von 250 ccm Tiroler Rotwein noch nach 2 Stunden 
25 Minuten geringe Mengen im Magen, die diesen 15 bis 
20 Minuten später verlassen hatten. R. L. 

Prof. Dr. Georg Joannovics und Privatdozent Dr. Ernst P. Pick 
(Wien): Ueber hämolytisch wirkende, freie Fettsäuren in 
der Leber hei akuter gelber Atrophie und Phosphorver¬ 
giftung. (Berl. klin. Wochenschr., 1910, No. 20.) 

Zusammenfassung: 

1. Aus der Leber lassen sich bei akuter gelber Atrophie 
und Phosphorvergiftung von Mensch und Tier Hämolysine von 
außerordentlicher Wirksamkeit gewinnen. 

2. Diese hämolytischen Substanzen sind in Aethyl-, Methyl¬ 
alkohol, Aether und Aceton löslich und nahezu ausschlie߬ 
lich Fettsäuren, während die acetonfällbaren Lipoide so gut 
wie nicht hämolytisch wirken. 

3. Bei der experimentellen Phosphorvergiftung lassen sich 
diese Hämolysine in erheblichen Mengen auch im Blute nach- 
weisen. 

4. Das subkutane Fettgewebe bei Phosphorvergiftung ist 
frei von diesen exquisit hämolytisch wirkenden Substanzen. 

5. Das Vorhandensein solcher intensiv wirkenden Hämo¬ 
lysine in der Leber läßt sich für den Nachweis von freien Fett¬ 
säuren verwerten. 

6. Die für die Hämolyse von Organextrakten in Betracht 
kommenden Fettsäuren scheinen nach der Art ihrer hämolyti¬ 
schen Wirkung den höheren, ungesättigten Fettsäuren anzu¬ 
gehören. 

7. Bei der akuten gelben Leberatrophie und der Phosphor¬ 
vergiftung werden wahrscheinlich diese ungesättigten Fett¬ 
säuren, welche normalerweise in den lecithinartigen Kom¬ 
plexen gebunden sind, durch Zerfall derselben frei. K r. 

L, Moskowicz: Ueber aseptische Magen- und Darmoperationen. 
(Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 91, H. 4.) 

Seit zwei Jahren befaßt sich M. mit der Ausbildung einer 
Technik, welche es ermöglichen soll, alle am Magen und Darm 
vorkommenden Eingriffe ohne Eröffnung des Darmlumens 
auszuführen. Die Technik hat im Laufe der Zeit mannigfache 
Aenderungen und zwar meist Vereinfachungen erfahren und 

M. ist jetzt in der Lage, über 37 nach seiner Methode ausge¬ 
führte Magen- und Darmoperationen zu berichten. Die Durch¬ 
trennung und der blinde Verschluß eines Darmlumens ge¬ 
staltet sich nach M.’s Methode folgendermaßen: Durch¬ 
quetschung mit Doyens Zange, Anlegung von zwei schmalen 
Klemmen in der Quetschfurche und Durchschneidung zwischen 
beiden Klemmen mit Paquelin, Einstülpung der Darmklemme 
und fortlaufende seromuskuläre Naht über der Klemme, zum 
Schluß wird die Klemme geöffnet, herausgezogen und der 
kleine Rest der Oeffnung verschlossen durch Tabaksbeutelnaht, 
welche vorher schon angelegt war. Auf diese Art kommt kein 
Darmlumen zu Gesicht. Aehnlich gestaltet sich die Ausführung 
der Enteroanastomose und Gastroenterostomie: Die zu anasto- 
inosierenden Abschnitte werden zuerst durch seromuskuläre 
Naht zusammengebracht, dami zwei hochgehobene Wulste mit 
der dreiblättrigen Darmklemme erfaßt und dann die Wülste mit 
Paquelin abgetragen; durch einige über die Klemme hinweg 
angelegte Matralzennähte werden die über der Anastomose 
liegenden Abschnitte aneinander gebracht, die Klemme wird 
herausgezogen und erst nach Vollendung der Naht durch Ein- 

• stülpung mit dem Finger von außen her das durch Brandschorf 
verklebte Lumen eröffnet und so die gewünschte Kommuni¬ 
kation hergestellt. Nach denselben Grundsätzen läßt sich mit 
dem von M. angegebenen Instrumentarium die Ileocolostomie, 
die Darmausschaltung und die Darmresektion ausführen. Die 
Technik wird von M. eingehend geschildert und durch Illustra¬ 
tionen erläutert. Unter den 37 operierten Fällen, deren 
Krankengeschichten mitgeteilt werden, finden sich drei Todes¬ 
fälle (Krebsmetastasen, Unterlappenpneumonie, Nahtdehis- 
cenz). Unter 11 Ileocolostomien kein Todesfall, unter 11 Gastro¬ 
enterostomien 1 Todesfall, unter 7 Dickdarm resektionen 
1 Todesfall, unter 5 Magenresektionen 1 Todesfall. 






No. 41. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


625 


Th. Wette: Ueber Diagnose und Behandlung des Dickdarm- 

carcinoms, sowie über einige Fälle von Coecaltuberkulose. 

(Archiv für klin. Chlrur., Bd. 91, H. 4.) 

W. berichtet über 51 binnen 10 Jahren im städtischen 
Krankenhause in Weimar beobachtete Fälle von Dickdarm- 
carcinom, darunter 31 Fälle von Mastdarmcarcinom. Von den 
20 Dickdarmcarcinomen gehören 11 der Flexura sigmoidea, je 3 
dem Colon ascendens und descendens, je einer der Flexura 
coli dextra und sinistra an. 11 Fälle kamen erst im Zustand 
des Ileus in das Krankenhaus. Die Symptomatologie wird vom 
Verfasser recht anschaulich geschildert: Bei Leuten des mitt¬ 
leren Alters, welche zwar nicht an Verstopfung oder Darin- 
beschwerden gelitten haben, entsteht zunächst Obstipation, 
welche anfänglich meist noch mit Erfolg durch Abführmittel 
bekämpft wird. Dann folgen die Stenosensymptome, Leib¬ 
schneiden, Koliken Brechreiz. Diese Anfälle gehen vorüber, 
aber sie wiederholen sich, schließlich kommt es zum Ileus. 
Am leichtesten ist noch die Diagnose beim Rektalcarcinom 
durch Digitalexploration, Rektoskopie, Abgang von Blut und 
Schleim unter Tenesmen zu stellen. Höher sitzende Carcinome 
sind nur dann durch die Bauchdecken hindurch palpabel, wenn 
sie schon eine gewisse Größe erreicht haben, oder die Bauch¬ 
decken sehr dünn sind. Häufig handelt es sich aber — zumal 
in der Flexur — um sehr kleine ringförmige strikturierende 
Tumoren. In zweifelhaften Fällen ist unbedingt die Probe¬ 
laparotomie indiziert. Leider wird häufig genug mit Bade¬ 
kuren etc. die kostbarste Zeit versäumt. Tritt zu den Koliken 
noch das markante Symptom der Darmsteifung hinzu, so ist 
die Indikation zur Operation selbst dann gegeben, wenn noch 
kein Tumor fühlbar ist. Besteht vollends das ausgebildete 
Symptom des Ileus, so verbietet sich ein zeitraubendes Unter¬ 
suchen, ob ein Tumor vorliegt, von selbst, da jede Minute des 
Zuwartens die Lebenschancen des Kranken verringert. Von den 
11 Ileusfällen des Verfassers starben 7 und zwar 3 nach Resek¬ 
tion des Tumors, vier nach Anlegung eines Anus praeternatu¬ 
ralis. Nur selten entwickelt sich der Ileus bei Dickdarm- 
carcinom ohne Vorboten, meist handelt es sich um einen all¬ 
mählich entstandenen Obturationsileus mit deutlichen voraus¬ 
gegangenen Stenosensymptomen. Sehr hüten muß man sich 
vor einer Verwechselung mit Appendicitis, wenn bei einem bis 
dahin gesunden Menschen plötzlich Schmerzen in der Coecal- 
region auftreten. Solche Schmerzen kommen auch bei Coecal- 
carcinom vor und dieses kann sogar einen perityphlitischen 
Absceß erzeugen, wenn es die Darmserosa durchwachsen hat. 
Diese Verwechselungen sind mehrfach vorgekommen. Die 
Normalmethode bei diesen Ileusfällen sollte die Anlegung eines 
Anus praeternaturalis sein, da die Kranken der eingreifenden 
Resektion meist erliegen. Entleert man dagegen den mächtig 
geblähten, oft zum platzen drohenden Darm von den massigen 
gestauten Darmtoxinen, so erholen sich die Kranken meist 
rasch und man gewinnt Zeit zur radikalen Operation. Besteht 
kein Ileus, so bevorzugt Wette bei der Operation des Dick- 
darmcarcinoms die zweizeitige Vorlagerungsmethode nach 
Mikulicz, welche weit gefahrloser ist, als die primäre 
Resektion und Naht. Erst 24—48 Stunden nach der Heraus¬ 
lagerung und Unmähung des Tumors wird dieser abgetragen 
und der Testierende Anus 3—4 Wochen später durch Anlegung 
der Spornklemme und Sekundärnaht beseitigt. Im Anschluß 
hieran berichtet W. über zwei Fälle von Coecaltuberkulose. 
Auch diese Fälle werden meist entweder mit Appendicitis oder 
mit Carcinom verwechselt. Die Behandlung besteht entweder 
in der Enteroanastomose oder in zweizeitiger Resektion nach 
Mikulicz, wie beim Tumor. Adler (Berlin-Pankow). 

Privatdozent Dr. H. Selter (Bonn): Eine vereinfachte Methode 
der Alkohol-Händedesinfektion. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 34.) 

Verfasser prüfte vergleichend eine Reihe von Methoden 
zur Händedesinfektion, darunter die Methoden von F ü r b r i n - 
g e r und Schumburg, in bezug auf ihre Leistungsfähigkeit. 
Dabei ergab sich, daß die Desinfektion der Hände mit Lysol 
oder Sublimat allein keine genügenden Resultate gibt; bessere 
Ergebnisse liefert der Alkohol, gleichgültig, ob man absoluten, 
denaturierten oder Seifenspiritus gebraucht. Die Tiefenwirkung 
des absoluten Alkohols ist eine beträchtliche. Die von einem 
russischen Chirurgen angegebene Desinfektion mit 5 proz. 
Tanninalkohol soll die Keime festhalten; dieser Zweck wird 
vollkommen erreicht, dagegen ist die Tiefenwirkung nicht so 
vollkommen. Diese Methode gibt der Haut eine lederartige 
Beschaffenheit und macht sie dadurch zum Operieren unge¬ 
eignet. Verfasser versuchte nun, um die Alkoholdesinfektion 
noch bequemer zu machen, den Alkohol mit Seife in eine 
festere Form zu bringen. Ei- ließ durch die chemische Fabrik 
von Marquardt in Beuel ein Präparat aus 75 pCt. Alkohol 
und 25 pCt. Kaliseife unter Zusatz von etwas Magnesia usta 
herstellen, das Präparat hat eine salbenartige Konsistenz und 
wird mit den Händen verrieben. Die Desinfektionswirkung 
erwies sich als genügend, dagegen zeigte sich, daß bei Sommer¬ 
temperatur der Alkohol nicht gebunden blieb, sondern schon 


beim Liegen ausgeschieden wurde. Deswegen ließ Verfasser 
eine festere Alkoholpaste herstellen, die 80 pCt. Alkohol und 
20 pCt. Kernseife, aus reinsten Palmitin- und Stearinsäuren 
gewonnen, enthielt. Das Präparat wird angewendet, indem 
ein Stückchen von 20 g innerhalb fünf Minuten unter leichtem 
Drücken in die Haut verrieben wird. In bezug auf die Des¬ 
infektionswirkung zeigte sich diese Alkoholpaste sehr leistungs¬ 
fähig; in einzelnen Versuchen wurde eine Keimverminderung 
um 9,96—9,97 pCt. erzielt. Zum Abspülen der zurückbleiben¬ 
den Seife empfiehlt Verfasser Sublimatlösung, da steriles 
Wasser sich nicht immer so schnell herstellen läßt. Um die 
Wirkung der Alkoholpaste noch sicherer zu gestalten, ließ Ver¬ 
fasser später den Alkohol weiter steigern und so wurde ein 
Präparat gewonnen, welches 86 pCt. absoluten Alkohol und 
14 pCt. Seife enthält. Das Präparat wird unter der Bezeich¬ 
nung „C h i r a 1 k o 1, fettsaure Alkoholpaste“ von 
der Chemischen Fabrik Marquardt, Beuel bei Bonn, 
in den Handel gebracht. R. L. 

G. Kelling: Studien über Thrombo-Embolie, insbesondere nach 
Operationen. (Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 91, H. 4.) 

Um ein Urteil über die verschiedenen Faktoren der 
Thromboembolie zu bekommen, hat K. hauptsächlich folgende 
drei Fragen geprüft: 

1. Häufigkeit, Sitz und Aetiologie. 

2. Ursache der Blutgerinnung, insbesondere Gerinnung 
des Blutes innerhalb der Gefäße und die Beziehungen zur 
Thrombose. 

3. Prophylaxe und Therapie der Thromboembolie. 

Vergleicht man die zahlreichen Statistiken, so ergibt sich 

eine Häufigkeit postoperativer Embolien von 1 pCt. oder 
darunter. Kelling selbst hat sechs Todesfälle an Embolie 
erlebt: 1 mal nach Appendektomie im Intervall, 1 mal nach 
Magenresektion wegen Carcinom, 2 mal bei incarcerierten 
Hernien, 1 mal nach Cholecystektomie, 1 mal nach Anus 
praeternaturalis bei Rektumcarcinom. 

Das häufigere Vorkommen der Thrombosen im Bereich der 
Venen des linken Beines erklärt K. dadurch, daß die Venen 
der linken Seite unter stumpferen Winkeln in die Vena cava 
einmünden, als die der rechten Seite und überdies durch die 
Arteria iliaca, sacralis media und hypogastrica sowie die 
Flexura sigmoidea komprimiert werden, während die Vena 
iliaca dextra nur von der Arteria iliaca gekreuzt wird. Die 
vielfach vertretene Ansicht, daß alle Thromben auf Infektion 
beruhen, wird von K. nicht geteilt, obwohl der begünstigende 
Einfluß der Infektion unverkennbar ist. Nach nicht aseptischen 
Operationen (incarcerierten Hernien, Appendicitis gangraenosa 
etc.) sind Thromboembolien ungleich häufiger, als bei rein 
aseptischen Operationen. Einen ebenso sicher festgestellten 
ätiologischen Faktor, wie die Infektion, bildet die Anämie. 
Einen dritten wichtigen ätiologischen Faktor bildet der 
Meteorismus. Ferner werden als prädisponierende Momente 
vielfach angegeben: Kachexie, Narkotika, Herzkrankheiten 
und Nahrungsentziehung, welche die Blutgerinnung be¬ 
schleunigt. K. hat nun zur Erklärung der Thrombenbildung 
zahlreiche Versuche angestellt. Unterband er die Vena iliaca 
oder die Vena cava, so erhielt er stets nur im distal der Liga¬ 
tur gelegenen Gefäßabschnitt einen Thrombus, niemals im 
proximalen. Unterbindet man die Venen an zwei Stellen, so 
erhält man zwischen beiden Ligaturen keinen Thrombus. 
K. erklärt nun die Thromenbildung durch die distal von der 
Ligatur infolge Druckerhöhung eintretende Stauung und durch 
die Veränderung der Blutkonzentration, welche ausgelöst wird 
durch das experimentelle von ihm erwiesene Hindurchtreten 
von Plasma durch die Gefäßwand. In praxi erzeugen wir 
wahrscheinlich Thromben bei unseren Operationen durch 
Venenligaturen, durch energische Tamponade, durch kom¬ 
primierende Verbände, Anlegung von Kompressionsbinden und 
dergl. Auch Tumoren können durch Druck auf die Venen 
Thromben erzeugen. Entsprechend der hauptsächlichen Ent¬ 
stehung der Thromben durch Stauung, durch vermehrte Aus¬ 
scheidungsfähigkeit des Blutes und durch Infektion ergeben 
sich die wichtigsten Gesichtspunkte für die Prophylaxe ohne 
weiteres: Vermeidung jeglicher Venenkompression, Berück¬ 
sichtigung der gesteigerten Blutgerinnung und rigoroseste 
Asepsis, Einschränkung der Narkose, Vermeidung größerer 
Blutverluste, Umgehung der Venen bei der Anlage des 
Schnittes, Bekämpfung des Meteorismus. Zur Herabsetzung 
der Blutgerinnung sind reichliche rektale Kochsalzeinläufe zu 
empfehlen. 

Unbedingt zweckmäßig zur Verhütung der Embolie ist 
das Frühaufstehern Wo es nicht durchführbar ist, soll es durch 
häufigen Lagewechsel, Hochlagerung des Fußendes des Bettes, 
Massieren der Beine etc., passive und aktive Bewegungen er¬ 
setzt werden. Bestehen praemonitorische Embolien mit Atem¬ 
not und Seitenstechen, so muß der Operierte unbedingt und 
mindestens drei Wochen Bettruhe innehalten. Die bei Otitis 
media und Thrombose des Sinus jugularis ausgeführte Venen¬ 
ligatur, die Ligatur der V. spermatica bei Puerperalfieber er- 




626 


No. 41. 


THERAPEUTISCHE 


mutigt zu weiteren Versuchen auf diesem Gebiet. Mehr Heil 
als von der Trendelenburg sehen Operation der Eröff¬ 
nung der Art. pulmonalis ist jedenfalls von einer zielbewußten 
Prophylaxie zu erwarten, welche alle zur Thromboembolie 
disponierenden Schädlichkeiten nach Möglichkeit vom Kranken 
fernhält. 

W. v. Revher: Zur Frage der Infektion der Schußverletzungen. 

(Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 91, H. 4.) 

Im Band 90 dieses Archives hat Vollbrecht die 
Reyhersehe Arbeit über „die Infektion der Schußverletzun- 
gen“ (Archiv Bd. 88, H. 2) einer scharfen Kritik unterzogen. 
Die vorliegende Arbeit bildet eine Erwiderung auf Voll- 
b r e c h t s Angriffe. R eyhe r begründet nochmals eingehend 
seine Thesen, welche der v. B e r g m a n n sehen Lehre von der 
primären Keimfreiheil der Schußverletzungen allerdings einen 
argen Stoß versetzen. Reyher erklärt jede Schußwunde im 
Kriege für primär infiziert. Die Primärinfektion erfolgt meist 
durch mitgerissene Kleiderfetzen und Wollfasern, welche R. 
nach den Impfversuchen von Hecker und Uhlenhuth an 
550 Mäusen für sehr infektiös hält im Gegensatz zu den An¬ 
gaben von Pfuhl. Die Sekundärinfektion der Schußwunde 
durch nachträglich in die Wunde eindringende virulente Keime 
spielt nach Ansicht von R. eine geringe, nach Ansicht von 
Vollbrecht eine große Rolle. Die Polemik zwischen Voll¬ 
brecht und v. Reyher hat deshalb einen so scharfen 
Charakter angenommen, weil V. die so zahlreichen Wundeite¬ 
rungen im mandschurischen Feldzug auf Sekundärinfektion 
infolge unsachgemäßen Verbandes und fehlerhafte Wund¬ 
behandlung zurückführen möchte. Hiergegen wendet sich 
v. R. sehr energisch und erklärt, daß er alle Fälle von sekun¬ 
därer Infektion aus seiner Betrachtung ausgeschieden habe. 
Für die Verhütung der primären Infektion spielt nach v. R. 
nicht sowohl das Verbandpäckchen und die Okklusion, sondern 
die rechtzeitige Immobilisierung und der sachgemäße Trans¬ 
port die Hauptrolle. Eine wesentliche Besserung der Resultate 
ist nach Ansicht von v. R. vorläufig nicht zu erwarten, wofern 
uns nicht die Bakteriologie ein geeignetes Serum zur Erzeugung 
künstlicher Immunität und intensiver Bekämpfung der Primär¬ 
infektion verschafft. Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. med. Ludwig Mayer (München): GrimdzUge der modernen 

Ekzemtherapic. (Fortschritte der Medizin, 1910, No. 33.) 

Wer viele Ekzemfälle zu behandeln hatte, wird wohl zu¬ 
geben, daß wir fast nur chronische Ekzeme zu Gesicht be¬ 
kommen, und zwar die nässende Form mit mehr oder weniger 
eingetrockneten Krusten, seltener das schuppende Stadium. 
Das Nässen nun können wir wohl mit einer einfachen Zink¬ 
paste beseitigen, falls der Patient genügend Energie besitzt, die 
pathologische Infiltration der Oberhaut aber, die den immer 
wiederkehrenden Juckreiz unterhält, vermögen wir nur durch 
eine mehr oder weniger gelinde Aetzwirkung zu bekämpfen, 
und hier hat sich das Lenigallol unter allen anderen Prä¬ 
paraten am allerbesten bewährt. Eine anfangs 5-, später 10- 
und 20 proz. Lenigallolzinkpaste führt eine nässende 
Ekzemstelle ohne die geringste Reizung in zwei bis höchstens 
drei Tagen, den Juckreiz sofort beseitigend, in eine schwarz¬ 
braun gefärbte, alsbald abheilende Hautpartie über. Diese 
milde Aetzwirkung, die auch den Nichtspezialisten jeden Fehl¬ 
griff in der Zeit der richtigen Anwendung vermeiden läßt, ist 
nur dadurch ermöglicht, daß Lenigallol, das in Wasser unlös¬ 
liche Triazetaf der Pyrogallussäure, nur langsam aber sicher 
bei Berührung mit kranker Haut Pyrogallussäure abspaltet. 
Die Paste wird morgens und abends erneuert, mit Vaselin 
sanft entfernt, trocken gepudert und dünn mit Watte bedeckt. 
Sobald die erkrankte Hautpartie nun (nach etwa 8—10 Tagen) 
in großen schwarzbraunen Lamellen zu schuppen beginnt und 
schließlich nur noch eine schwache Rötung zeigt (die behandelte 
Stelle kann beliebig groß sein, z. B. beide Unterextremitäten, 
da Lenigallol keinerlei giftige Wirkung äußert), wird zu kräfti¬ 
ger ätzenden und dadurch die pathologische Infiltration der 
Oberhaut definitiv beseitigenden Mitteln übergegangen, oder 
sofort zur souveränen Schlußbehandlung, zum Teer. Der Teer 
hatte leider früher ziemlich störende Beimengungen wie Pech 
in seiner gewöhnlichen Form; sobald er von diesen befreit 
ist, wie im Anthraso 1, leistet er Vorzügliches, da er in dieser 
Reinheit gegen Schluß der Behandlung auch völlig unverdünnt 
auf der Haut vertragen wird. Gelingt es mit diesen Mitteln 
nicht, eine Ekzembehandlung erfolgreich durchzuführen, so 
sind eben die pathologischen Infiltrationen der Oberhaut, die 
ja sicherlich parasitären Schädlichkeiten ihre Entstehung ver¬ 
danken. zu weit vorgeschritten und es ist hier sofort zur alt¬ 
bewährten Aetzung mit 15 proz. Kalilauge überzugehen. Be¬ 
sonders hartnäckige Stellen, die danach noch Juckreiz zeigen, 
werden ein zweites Mal mit Kalilauge betupft. Nach der 
Aetzung applizieren wir einen ruhigstellenden Salbenverband 
(Past. Zinc., Ungt. diachyl. Hebr.), nach einigen Tagen eine 
20 proz. Lenigallolzinkpaste und danach (event. sofort) eine 5-, 


RUNDSCHAU 1910. 


später 10 proz. Teerzinkpaste (Anthrasol). Schädlichkeiten 
sind noch lange fernzuhalten, nur Kleieubäder zu verwenden 
und tüchtig einzufetten. , K. 

Dr. Hugo Schottmüller (Hamburg): Zur Pathogenese des septi¬ 
schen Abortes. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 35.) 

Verfasser berichtet über eine größere Untersuchungsreihe, 
welche die Aetiologie resp. Erreger der fieberhaften und septi¬ 
schen Aborte betrifft. Er hat auf seiner Abteilung in den letz¬ 
ten Monaten 145 Fälle von Abort bakteriologisch untersucht. 
Es waren darunter auch Fälle, bei denen eine Temperatur¬ 
steigerung überhaupt nicht eintrat. Entsprechend fiel bei 
45 Fällen die bakteriologische Untersuchung der Cervix nega¬ 
tiv aus, und zwar war auch bei einigen febrilen Fällen das 
Ergebnis negativ. In 100 Fällen war das Ergebnis der bakterio¬ 
logischen Untersuchung der Cervix positiv; folgende Bakterien 
wurden gefunden: Streptococcus putrid, (an&erob) 29, davon 
19 mal in Reinkultur; Staphylokokken 26 mal; Bac. coli 19 mal, 
Streptococcus vaginalis 8 mal, Streptococcus erysipelat. 6 mal, 
Bact. phlegm. emphysematos. 5 mal, Diplococc. pneumon. 3 mal, 
B. coli hämolytic. 1 mal, Gonococcus 1 mal, Streptococcus viridens 
1 mal, B. paratyphos. B. 1. Von den aufgezählten Strepto¬ 
kokkeninfektionen endeten zwei durch hämolytische Strepto¬ 
kokken tötlich; bei diesen wurden sie auch im Blut gefunden. 
— Verfasser bespricht dann die Befunde bei putriden Aborten, 
d. h. solchen, die sich durch übelriechenden Ausfluß auszeich¬ 
nen. Nach seiner Erfahrung stinkt der Uterusinhalt dann, 
wenn sich der anaerobe Streptococcus oder das Bacterium coli 
angesiedelt haben. Der durch Bac. coli hervorgerufene fade, 
üble Geruch unterscheidet sich deutlich von dem Gestank nach 
Schwefelwasserstoff, den der Streptococcus putridus im Gewebe 
erzeugt. Nach der herrschenden Lehre werden bei der putri¬ 
den Intoxikation oder Saprämie nur Giftstoffe von den Blut- 
und Lymphgefäßen des Uterus resorbiert. Gelangt auf einmal 
eine größere Menge der im Uteruskavum erzeugten Ptomaine 
in das Blut, so stellt sich ein Schüttelfrost ein. Selbst wenn 
eine putride Endometritis sich ausbildet, sollen die Fäulnis¬ 
keime nur bis an den Granulationswall von Leukocyten Vor¬ 
dringen können, welcher das lebende Gewebe . vom toten 
scheidet. Diese Lehre ist nach den Untersuchungsergebnissen 
des Verfassers nicht mehr haltbar. Er hat gefunden, daß bei 
putriden Aborten die Infektionskeime in den Blutstrom ge¬ 
langen, und zwar auch schon vor etw'aigen Eingriffen (Aus¬ 
räumung etc.). Es handelt sich demnach auch beim putriden 
-Abort um eine echte Infektion. Die Keime können im Blut 
kreisen, auch wenn die Temperatur niedrig ist. Die Höhe des 
Fiebers steht im allgemeinen in einem geraden Verhältnis zur 
Zahl der Keime. Nach der Ausräumung verschwinden die 
Keime aus dem Blut mit dem Abfall des Fiebers, fast regel¬ 
mäßig steigt die Zahl durch den Eingriff vorübergehend noch 
einmal an, oft von einem Schüttelfrost begleitet. — Das Wesent¬ 
liche, für den Verlauf Maßgebende bei puerperalen Infektionen 
ist die Art der Infektionserreger. Nicht selten kommen Misch¬ 
infektionen vor. Uebrigens gelingt es nicht, in allen Fällen bei 
fieberhaften Aborten Keime im strömenden Blut nachzuweisen. 
Es gibt nach Verfasser klinische Anhaltspunkte, welche die 
Eimvanderung von Keimen in den Blutstrom erkennen lassen, 
nämlich das Eintreten eines Schüttelfrostes sowie eine Milzver¬ 
größerung. Die bakteriologische Blutuntersuchung gibt nach 
Verfasser auch Fingerzeige über die Lokalisation des Ent¬ 
zündungsprozesses. So sah Verfasser bisher niemals eine 
Salpingitis durch Bact.-Coli-Infektionen, sehr oft dagegen bei 
Infektionen durch den Streptococcus putridus. Ein Teil der 
bisher als Folge einer gonorrhoischen Infektion angesehenen 
Fälle von Adnexerkrankung ist durch den Streptococcus putri¬ 
dus bedingt. Auch aus den bakteriologischen Untersuchungen 
folgt für die Therapie die Regel, jeden fieberhaften Abort so 
früh wie möglich auszuräumen, damit ein Vordringen der 
Keime bis in die Tuben oder in die Venen und Lymphgefäße 
des Parametriums verhindert wird. 

Dr. Ernst Gräfenberg (Berlin): Die Bedeutung des Pantopons 
(Sahli) für die Gynäkologie und Geburtshilfe. (Deutsche 
med. Wochenschrift, 1910, No. 34.) 

Verfasser berichtet über Versuche, das Morphium-Scopo- 
lamin in kombinierten Narkosen durch das neue Präparat Pan- 
topon, welches die sämtlichen Alkoloide des Opiums an Salz¬ 
säure gebunden, in wasserlöslicher Form enthält, zu ersetzen. 
Er kam zu dem Ergebnis, daß zwei subkutane Injektionen von 
1 ccm der fertigen sterilen 2 proz. Lösung in einem Drittel der 
bei Morphium-Scopolamin nötigen Zeit mit Aether eine tiefe 
Narkose herbeiführen. Die erste Injektion wird 1 Va Stunden, 
die zweite % Stunde vor Beginn der Narkose ausgeführt. Unter 
der Geburt läßt sich durch Pantopon ohne Schaden für Mutter 
und Kind eine gute Herabsetzung der Wehenschmerzen er¬ 
zielen. Die Dosierung ist dabei: 1- resp. 2 mal 1 ccm der 2 proz. 
Lösung. — Da auch die glatte Muskulatur des Darmes nicht ge¬ 
lähmt wird, gehen in der Rekonvaleszenz schon sehr frühzeitig 
die ersten Blähungen ab. R. L. 





No. 41. 


627 


THERAPEUTISCHE 

Dr. ,1. Reich, Assistent der geburtshilflichen Universitätsklinik 
in Innsbruck: Zur Kenntnis des Haematoma vulvo-vaginale. 
(Wiener klin. Wochenschrift, 1910, No. 29.) 

Das Haematoma vulvo-vaginale ist eine Blutung in das 
Zellgewebe des kleinen Beckens entweder unterhalb der 
Beckenfascie oder über derselben. Danach unterscheidet man 
infra- und suprafasciale, die auch bezüglich der Therapie sich 
verschieden verhalten. Die infrafascialen Hämatome, welche 
das Zellgewebe der Scheide und der äußeren Geschlechtsteile 
mit Einschluß des Dammes und des angrenzenden Teiles der 
Hinterbacken betreffen, sind weit häufiger als die supra- 
fascialen, die allerdings wieder häufiger sein dürften, als man 
annimmt, da sie sich leicht der Beobachtung entziehen. Wäh¬ 
rend' die Hämatome der Scheide und der äußeren Genitalien 
kaum übersehen werden können, ist dies leicht der Fall bei den 
Hämatomen der Parametrien. Diese Hämatome entziehen sich 
sicher oftmals der Beobachtung, insbesondere wenn sie klein, 
die Blutmenge, welche auf diese Weise dem Kreislauf entzogen 
wird, gering ist, wenn sie sich also nicht durch Zeichen ein¬ 
tretender Anämie oder durch exzessive Schmerzen verraten. 
Weitaus am häufigsten beobachtet wird das äußere Hämatom 
der Vulva und das der Vagina im Anschluß an eine Geburt. 
Es entsteht fast durchweg intra partum, durch den Geburts¬ 
vorgang als solchen oder durch ein Trauma während desselben, 
wird aber gleichfalls erst nach Stunden oder Tagen entdeckt, 
kann sogar einmal übersehen werden, wenn es klein bleibt und 
infolgedessen auch kaum erhebliche Schmerzen bereitet. Die 
Ursache der Hämatombildung ist in der Zerreißung eines in 
das lockere Zellgewebe der Parametrien, der Scheide oder des 
äußeren Genitales eingebetteten Gefäßes zu suchen. Fast 
immer handelt es sich dabei um Zerreißung einer Vene. Selten 
sind die Fälle, wo eine Arterie das verletzte Gefäß bildet. Die 
Zerreißung des Gefäßes unter der intakten Schleimhaut der 
Scheide, des Scheideneinganges, des äußeren Genitales erfolgt 
meistens spontan unter dem Einflüsse des Druckes im kleinen 
Becken während der Austreibungsperiode, durch Zerrung und 
Verschiebung der lockeren Gewebsschichten gegeneinander 1 , 
wozu durch die Auflockerung während der Schwangerschaft, 
noch mehr aber durch die ausgesprochene, zu jeder Geburt 
vom weiblichen Organismus inszenierte hochgradige Blut¬ 
füllung, Durchtränkung und Auflockerung der Gewebe im 
kleinen Becken die Prädisposition geschaffen wird. Gerade 
durch die in manchen Fällen besonders auffallende ganz 
enorme Auflockerung und Aufquellung insbesondere des unter¬ 
sten Gebärmutterabschnittes und der Scheide mit dem ganzen 
Zellgewebe des kleinen Beckens wird die Entstehung des 
Hämatoms bei der Geburt selbst bei ganz kleinen Früchten, 
die den knöchernen Beckenkanal ohne jede Schwierigkeit und 
in der kürzesten Frist passieren, am meisten begünstigt. Daraus 
erklärt sich auch die von machem Autor gemachte Erfahrung, 
daß gerade bei der raschen Geburt kleiner Früchte öfter Häma¬ 
tome entstehen als unter anderen Umständen. Sicherlich 
spielen aber auch noch andere Momente eine Rolle bei der Ent¬ 
stehung des Haematoma vulvo-vaginale. L ö h 1 e i n hat in 
zweien seiner Fälle Nephritis gefunden und sicherlich kann und 
wird eine solche prädisponierend wirken. Man braucht nur an 
die weitgehenden Veränderungen der Gefäßwand zu denken, 
die durch die Nephritis bedingt werden. Eine weitere Ursache 
resp. ein begünstigendes Moment bei der Entstehung der Häma¬ 
tome, worauf L ö h 1 e i n hinwies, ist erhöhte Beckenneigung. 
Es leuchtet ein, daß bei tiefstehender Symphyse und dadurch 
im Beckenausgange erzeugter Verengerung resp. Verkürzung 
des geraden Durchmessers der durchschneidende Kopf stärker 
an den Crura clitoridis zieht und zerrt als unter gewöhnlichen 
Verhältnissen und daß dadurch leichter subkutane Einrisse in 
die Corpora cavernosa entstehen können. In gleicher Weise 
wie erhöhte Beckenneigung kann bei Erstgebärenden auch ein 
enger, widerstandsfähiger, kräftiger Scheideueingang im Ver¬ 
eine mit einem dicken, muskulös derben Damme die Ursache 
einer zu starken Zerrung an den Klitorisschenkeln während 
des Durchtrittes des Kopfes durch die Vulva sein und damit die 
Entstehung eines Vulvarhämatoms begünstigen. Das würde 
auch die relative Häufigkeit der Hämatome bei Erstgebärenden 
verständlicher erscheinen lassen. Eine ganze Reihe von Häma¬ 
tomen entstehen ferner infolge direkter oder indirekter 
Traumen, sowohl bei der Geburt als außerhalb derselben. Zu 
den direkten Traumen zählt Verfasser alle geburtshilflichen 
Operationen, wie Zange, Wendung und dergl., also operative 
Eingriffe von der Scheide aus, ebenso wie manuelle Maßnahmen 
von den Bauchdecken aus, wie insbesondere energisch ausge¬ 
führten Crede sehen Handgriff. Zu den durch indirekte 
Traumen entstandenen Hämatomen zählt Verfasser jene, 
welche bei und nach der Geburt verursacht werden durch hef¬ 
tiges Husten, Niesen, energisches Pressen, durch Heben 
schwerer Gegenstände bald nach der Geburt. Dabei ist die 
Anwesenheit besonders begünstigender Momente, z. B. starker 
Varicen der Genitalien, nephritisch oder anderweitig athero- 
matöser Brüchigkeit der Gefäße und anderes, vorauszusetzen. 
Die Annahme atheromatöser Prozesse und aus Druckusuren 


RUNDSCHAU 1910. 

während der Auslreibungsperiode entstehender, langsam 
fortschreitend* Nekrose im perivaginalen Gewebe erklärt auch 
die sehr seltenen Fälle von Hämatombildung in den späteren 
Tagen des Wochenbettes. 

Schließlich sind noch jene Fälle von Haematoma vulvo- 
vaginale zu berücksichtigen, die in keinem Zusammenhänge 
mit der Geburt stehen, die während der Schwangerschaft und 
außerhalb derselben entstehen. In dieser Beziehung spielen 
Koitus, Fall und Stoß auf die Schamteile eine Rolle. 

Die Diagnose des Haematoma vulvae ist im allgemeinen 
nicht schwierig. Die Art der Entstehung, das rasche Auftreten, 
die Lokalisation, Fluktuation, das Aussehen machen eine Diffe¬ 
rentialdiagnose anderen Tumoren gegenüber leicht. Etwas 
schwieriger kann die Diagnose schon werden bei vaginalen 
Hämatomen, sehr schwierig, oftmals unmöglich bei den supra- 
faseialen. Dasselbe gilt in noch höherem Maße von den intra¬ 
ligamentären und subperitonealen Hämatomen, die nach ener¬ 
gischer Massage des Uterus sich bilden und eventuell erst bei 
der nachfolgenden Obduktion konstatiert werden. 

Aktueller erscheint heute die einzuschlagende Therapie 
und in Verbindung mit dieser die Prognose der Hämatome. 
Während sich der eine Teil der Gynäkologen strikt für ein 
aktives Vorgehen in jedem Falle ausspricht, haben sich anderer¬ 
seits viele Stimmen erhoben, die einem konservativen Stand¬ 
punkte das Wort reden. Verfasser tritt keinem der beiden 
Standpunkte unbedingt bei. Er behandelt den einen Fall, der 
keinerlei böse Symptome zeigt, konservativ, den anderen aktiv. 
Man muß individuell Vorgehen. Fehlen schwere Symptome 
wie Fieber und rasche Expansion, ist die Schmerzhaftigkeit 
gering, ergibt sich keine Komplikation, so hält Verf. den konser¬ 
vativen Standpunkt für gerechtfertigt, ja für den einzig richti¬ 
gen. Bettruhe, Einwirkung von Kälte in Form von Eisbeuteln, 
kühler Irrigation, Umschlägen mit Bleiwasser, Druck in Form 
von Tamponade, Kolpeurynter, sofern die Schmerzhaftigkeit die 
Anwendung zuläßt, u. dgl. sind gewiß geeignet, ein Weiter¬ 
schreiten zu verhindern und die Resorption zu befördern. 
Größerwerden des Hämatoms aber mit Gefahr der Berstung 
und schwerer Blutung, exzessive Schmerzhaftigkeit, Fieber 
durch Infektion von der Umgebung aus, Verjauchung des 
Hämatoms, Komplikationen in der Weise, daß das Hämatom 
ein Geburtshindernis bildet für die Frucht oder für die Nach¬ 
geburt oder die Lochien im Wochenbett zurückstaut, wobei 
durch Resorption Heber verursacht werden kann, das Häma¬ 
tom also nur mechanisch Fieber erzeugt — solche Fälle müssen 
immer ohne Zögern aktiv angegangen werden. K r. 


Dr. M. v. Rohr (Jena): Zur Theorie der Fernrohrbrille. 

Prof. E. Hertel (Straßburg): Ueber Ersatz der operativen Kor¬ 
rektion hochgradiger Myopie durch eine Gläserkombination. 
(Fernrohrbrille), (v. Graefes Archiv für Ophthal¬ 
mologie, 1910, Bd. 75, II. 3.) 

Bekanntlich gelingt es nur in unvollkommener Weise, 
hochgradig myopische Augen mit Veränderungen des Augen¬ 
hintergrundes und meist erheblich herabgesetzter Sehschärfe 
durch die erforderlichen starken Konkavgläser zu korrigieren. 
Dies war auch der Grund, daß die von Fukala vorgeschlagene 
operative Beseitigung der exzessiven Myopie durch Entfernung 
der Linse anfänglich sich schnell Eingang verschafft hat; die 
unmittelbaren Resultate waren nicht schlecht; vor allem wurde 
in allen Fällen, wo die Operation technisch einwandsfrei ge¬ 
lang, und die Resultate nicht durch unglückliche Zufälle ge¬ 
trübt wurden, durch die Operation eine Verbesserung der Seh¬ 
schärfe für die Ferne im Mittel um das 1 (4 fache erzielt, trotz¬ 
dem die Veränderungen des Hintergrundes nicht tangiert wur¬ 
den. Dieser offenbare Vorteil der operativen Korrektion gegen¬ 
über der Gläserkorrektion beruht jedenfalls zum Teil darauf, 
daß durch die operative Korrektion eine Vergrößerung der 
Netzhautbilder «intritt. Indes hat, wie bekannt, die Begeiste¬ 
rung für die Myopieoperation wegen ihrer unleugbaren Ge¬ 
fahren für das Auge sehr abgenonunen, sie wird nur noch dann 
gemacht, wenn die Gläserkorrektion ganz versagt, und auch 
dann nur einseitig. Hertel legte sich deshalb die Frage vor, 
ob es nicht möglich wäre, den hochgradigen Myopen durch eine 
geeignete Gläserkombination die Leistung der Operation zu er¬ 
setzen, vor allem also vergrößerte Bilder der Gegenstände der 
Außenwelt zu verschaffen. Ganz neu war dieser Gedanke 
nicht, man hat schon früher versucht, sich fernrohrartiger Kom¬ 
binationen oder des ähnlichen wirkenden Steinheilsehen 
Konus für den erwähnten Zweck zu bedienen. Indes wurden 
diese Bestrebungen früher niemals systematisch verfolgt und 
auch nicht in wissenschaftlicher Weise ausgestaltet, sie gerieten 
daher bald in Vergessenheit. Die zurzeit erreichte, besonders 
der Firma C. Z e i s s und ihren Mitarbeitern verdankte Durch¬ 
bildung der geometrischen Optik in wissenschaftlicher und 
praktischer Beziehung ermöglichte es, diese Versuche mit mehr 
Aussicht auf Erfolg wieder aufzunehmen, und auf Veranlassung 
von Hertel unternahm der bekannte wissenschaftliche Mit¬ 
arbeiter der Firma Z e i s s, Dr. v. Rohr, die wissenschaftliche 



628 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 41. 


Durchrechnung der in Betracht kommenden Gläserkombina¬ 
tionen. Es konnte sich von vornherein nur um die Kombina¬ 
tion einer Konvexlinse als Objektiv und einer Konkavlinse als 
Okular handeln, also um eine Kombination vom Typus des 
holländischen Fernrohrs. R o h r entwickelt in seiner Arbeit 
die Prinzipien und Formeln, nach denen er diese Kombina¬ 
tionen berechnet hat. Es ist erforderlich, für das Fernsehen 
und für die Naharbeit verschiedene Kombinationen zu ge¬ 
brauchen, wenigstens soweit es sich um ältere Myopen handelt, 
Demnach wurden auch Presbyopenbrillen nach dem Typus der 
Fernrohrbrillen konstruiert. Ferner ist zu berücksichtigen, daß 
für den Benutzer der Fernrohrbrille ein genügendes Blickfeld 
zur Verfügung bleibt, wenn derartige Fernrohrbrillen praktisch 
verwendbar sein sollen. Endlich kommt es auf die Vergröße¬ 
rung an. Je stärker diese ist, um so mehr wird das Gesichtsfeld 
eingeengt. Bei den praktischen Versuchen, welche Hertel 
an Kurzsichtigen anstellte, wobei er Fernrohrbrillen verschiede¬ 
ner Vergrößerungen (1,27; 1,48; 1,68 und 2) versuchte, wurde 
von den Versuchspersonen die Kombination mit der schwäch¬ 
sten Vergrößerung 1,27 schließlich doch vorgezogen, weil sie 
das Gesichtsfeld am wenigsten einengt und den Patienten dabei 
offenbar doch ein genügend deutliches Sehen ermöglicht. Im 
allgemeinen wird man also bei den hochgradigen Myopen Fern¬ 
rohrbrillen von 1,25—l,3facher Vergrößerung anwenden; für 
besondere Zwecke können freilich stärkere Vergrößerungen 
von Nutzen sein, hauptsächlich dann, wenn.die Leistungsfähig¬ 
keit der Augen sehr schlecht ist. Auch für das Sehen in der 
Nähe ergibt die Korrektion mittels entsprechender Fernrohr¬ 
brille sehr gute Resultate. Meist konnte feinste Druckschrift 
in ungefähr 30 cm Entfernung gelesen werden. Die dazu 
nötigen Vergrößerungen bewegten sich je nach der Sehleistung 
bei der Fernprüfung zwischen 1,5 und 2. Die Form der Fern¬ 
rohrbrillen weicht natürlich von der üblichen ab, da es sich um 
eine Kombination von Gläsern handelt, die in einem gewissen, 
allerdings geringen Abstand (von einigen Zentimetern) von¬ 
einander stehen müssen. Im ganzen erinnert das Aussehen 
der Fernrohrbrillen an die Automobilbrölen. Das Tragen an 
sich ist nicht lästig; die Brille mit doppelseitigen Gläsern wiegt 
etwa 36 g. Der Preis der Gläserkombination für ein Auge be¬ 
trägt etwa 15 M. Soll die Fernrohrbrille exakt geliefert werden, 
so muß der verordnende Arzt erstens die Myopie möglichst 
genau bestimmen. Es muß dabei beachtet werden, daß der 
hintere Scheitel des zur Prüfung verwendeten Glases 12 mm 
vom Homhautscheitel absteht. Ferner muß angegeben werden, 
ob die Prüfung mit bikonkaven, plankonkaven oder periskopi- 
schen Gläsern vorgenommen wurde, ferner, ob die Fernrohr¬ 
brille zum Sehen in die Ferne oder zur Arbeit in einer be¬ 
stimmten Entfernung benutzt werden soll. Auch die vom 
Patienten bei der Arbeit aufzuwendende Akkomodation muß 
vermerkt werden. Viertens muß die gewünschte Vergröße¬ 
rung oder, wo das nicht zahlenmäßig möglich ist, die Art der 
Beschäftigung angegeben werden. Ferner ist die Kenntnis des 
Pupillenabstandes und der Breite des Nasenrückens erforder¬ 
lich. Hertel hofft, daß sich diese Fernrohrbrillen für hoch¬ 
gradig Kurzsichtige in der Praxis Eingang verschaffen werden. 

_ R. L. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

82. Versammlung 

Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom 18.—24. September 1910. 

(Fortsetzung.) 

Abteilung für innere Medizin, Balneologie und Hydrotherapie. 

1. Sitzung. 

Montag, den 19. September 1910, 3 Uhr 
nachmittags. 

Vorsitzender: Herr Kraus (Berlin). 

Herr Hampeln (Riga): Die Häufigkeit der klinisch reinen 
Mitralstenosen und ihre Prognose. 

Die sog. reine Mitralstenose wird relativ häufig diagnosti¬ 
ziert. Daß sie ohne Insuffizienz auch anatomisch vorkommt, 
mithin absolut rein ist, wofür die klinische Erfahrung spricht, 
das ist bisher, streng genommen, nicht bewiesen, aber auch 
nicht widerlegt, da Dilatation und Hypertrophie des linken 
Ventrikels auch als Folge, wenn auch nicht der Stenose selber, 
so doch der ihr zugrunde liegenden Klappendeformation ent¬ 
stehen können. Die Frage, ob neben der Stenose noch eine mit 
ihr verbundene Insuffizienz besteht, ist, wenige eklatante Fälle 
ausgenommen, überhaupt weniger eine anatomische als funk¬ 
tionell-physiologische Frage, über die auch nur funktionelle 
Prüfungen, die Schließprobe Schaberts und die Wägun¬ 
gen entscheiden können. Diese sprechen für die relative 
Häufigkeit der reinen Stenose. Sie entsteht in der Regel im 
zweiten und Anfang des dritten Lebensdezenniums infolge einer 
akuten Endokarditis, meist infektiös-rheumatischen Ursprungs 
und währt als solche oft viele Jahre ohne auffallende Be¬ 


einträchtigung des Allgemeinbefindens, erscheint somit als ein 
relativ gutartiger Klappenfehler. Die wenigen Fälle kongeni¬ 
taler Stenose hypoplastischen oder entzündlichen Ursprungs 
am venösen Ostium oder der eigentlichen Mitralklappe haben 
ihrer großen Seltenheit wegen mehr anatomisches als klinisches 
Interesse. 

Diskussion: 

Herr Haudek (Wien): Für die Diagnose der Mitralstenose 
ist die Röntgenuntersuchung von großem Wert; man sieht am 
linken Herzohr eine Vorwölbung, die bei der reinen Mitral¬ 
stenose, bei der der linke Ventrikel nicht ausgedehnt ist, am 
deutlichsten sichtbar wird. H. hat in vier Fällen von Mitral¬ 
stenose eine Rekurrenslähmung gesehen, für die eine andere 
Ursache nicht zu eruieren war, und die demnach anscheinend 
der Vergrößerung des linken Vorhofes ihren Ursprung ver¬ 
dankt. 

Herr Hampeln: Das Auftreten der Vergrößerung des mitt¬ 
leren Bogens ist durchaus keine regelmäßige Erscheinung bei 
der Mitralstenose. 

Herr Ewald (Berlin) bespricht die Anwendung des Rekto- 
Romanoskops und macht erneut auf das Vorkommen schwerer, 
scheinbar idiopathischer Anämien aufmerksam, deren Quelle 
in hochsitzenden, nur durch das Romanoskop nachzuweisen¬ 
den Varicen bezw. den aus ihnen erfolgenden perpetuierlichen 
Blutungen besteht. Dieselben sind nicht groß genug, um den 
Fäces äußerlich das Ansehen bluthaltiger Stühle zu geben. Da¬ 
gegen läßt sich dauernd Blut im Stuhl auf chemischem Wege 
nachweisen, zum Unterschied gegen die kryptogenetische (per- 
niciöse) Anämie. Die Behandlung besteht in erster Linie in 
der Verödung der Varixknötchen mit dem Paquelin unter 
Leitung des Romanoskops. 

Diskussion: 

Herr Schreiber (Königsberg): Ob am Rektoskop der Be¬ 
leuchtungsapparat innen oder außen angebracht ist, erscheint 
ziemlich nebensächlich. Das Einführen des Instrumentes bis 
über eine Höhe von mehr als 10—12 cm macht im allgemeinen 
keine Schwierigkeiten. 

Herr Mosse (Berlin): Die Anbringung des Beleuchtungs¬ 
apparates im Innern des Rekto-Romanoskops empfiehlt sich 
deshalb nicht, weil das Gesichtsfeld durch Gase verdunkelt 
werden kann. Die Methode kann nicht als ganz harmlos ange¬ 
sehen werden, wie es seitens des Herrn Vortragenden ge- 
sechehen ist, da Todesfälle danach schon beobachtet sind. Die 
Diagnose der perniciösen Anämie wird durch die Blutunter¬ 
suchung und nicht durch die Rektaluntersuchung gestellt. 

Herr Ewald erklärt, daß es ihm natürlich nicht eingefallen 
wäre, die Diagnose der perniciösen Anämie durch das Rekto- 
Romanoskops zu stellen. 

Herr Mohr (Halle): Zur Chemie und Biologie der Organ¬ 
verfettung. 

Die Organverfettung, die man bei ätiologisch außerordentlich 
verschiedenartigen Zuständen antrifft, zeigt anatomisch quali¬ 
tativ gleichartige, nur quantitativ verschiedene Bilder. Die 
Frage, ob es sich bei der Organverfettung um Fettinfiltration 
oder -degeneration handelt, ist von Rosenfeld in dem Sinne 
beantwortet worden, daß die Leber Transportfett enthält, da 
nach Verfütterung von Hammelfett dieses in der Leber bei den 
genannten Zuständen deponiert wird. Dieser Anschauung 
wurde besonders von R. V i r c h o w widersprochen. Diese 
Frage ist so wenig geklärt wegen der Art der Untersuchungen. 
Die Methodik Rosenfelds gibt keinen Aufschluß über die 
qualitativen Veränderungen des Fettes. Bei der Verfettung 
treten fettähnliche Substanzen in Leber, Herz und Niere auf, 
die sonst darin nicht Vorkommen. Es sind das alkohollösliche, 
ätherunlösliche Substanzen, also Lipoide. Charakteristisch ist 
auch ein reichliches Auftreten von Cholesterin. Der äther¬ 
lösliche Bestandteil wird phosphorärmer als er normalerweise 
ist. Die chemische Natur des gebildeten Fettes bei der Organ¬ 
verfettung durch Phosphorvergiftung, Diphtherie etc. ist also 
wesentlich anders als bei der Fettsucht. Bei der Mastfettleber 
des Menschen besteht die Hauptmasse aus ätherlöslichem Fett, 
alkohollöslicher und Cholesterinanteil sind nur unwesentlich ver¬ 
mehrt. Das Fett entsteht an der Stelle, wo man es findet. Bei 
der perniciösen Anämie wird die Leber zur Fettleber, in dieser 
entstehen hämolytische Substanzen, die die eigentliche Ursache 
der perniciösen Anämie sind. Die Leberverfettung muß also 
hier als der primäre, die perniciöse Anämie bedingende Vor¬ 
gang angesehen werden. 

Diskussion: 

Herr Mosse (Berlin) glaubt, daß die Organverfettung in 
Beziehung steht zur Acidose. Von drei Hunden gleichen Wurfes, 
von denen einer hungerte, der zweite nüchtern, der dritte in 
gesättigtem Zustande Phloridzin eingespritzt erhielt, bekam nur 
der zweite eine Acidose. Bei diesem fand sich acidophiles, 
bei dem gefütterten Phloridzinhund basophiles Protoplasma. 

Herr Wolff (Reiboldsgrün): Die neueren Fieberunter¬ 
suchungen und das Tuberkulosefieber. 

Temperaturerhöhung und Fieber sind nicht identisch, da 
erstere sich künstlich erzeugen läßt. Die Temperaturerhöhung 



No. 41. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


6-29 


kann die Heilkraft bei der Tuberkulose heben durch Produk¬ 
tion der Bakteriolysine etc. Sie kann demnach bei dieser auch 
günstig wirken. Bei jedem Fieberverdacht ist zweistündliches 
Messen, möglichst rektal, notwendig. Jede Temperatur¬ 
erhöhung über 37" bei Achselhöhlenmessung ist suspekt. 
Weitere Fiebersymptome sind erhöhte Pulszahl, nervöse Dys¬ 
pepsie, Appetitlosigkeit, Nachtschweiße, Gewichtsabnahme. Es 
gibt schweres Fieber mit geringer, leichtes mit hoher Tempera¬ 
tursteigerung. 

Diskussion: 

Herr Müller (München): Es gibt chronische Zustände mit 
leichtem Fieber ohne Tuberkulose, z. B. bei hyperthyreoiden 
Zuständen, bei fettsüchtigen Knaben etc. Die rapide Gewichts¬ 
abnahme bei jungen Mädchen, die man mitunter beobachtet, 
ist durch mangelhafte Nahrungsaufnahme bedingt. 

Herr Ewald (Berlin): Die Gewichtsabnahme bei jungen 
Mädchen ist oft dadurch bedingt, daß dieselben sich schlank 
machen wollen. Sie kann mitunter einen recht bedenklichen 
Charakter annehmen. 

Herr E. Neisser (Stettin): Ueber Mikrogastrie. 

Bei Leuten, die durch ihren Beruf gezwungen sind, rasch 
zu essen, findet man mitunter, daß sie rasch abmagern, ohne 
daß die Untersuchung der Organe einen Grund dafür auffinden 
kann. Die Ursache liegt in einer Ungenügenden Entfaltung 
des Magens. Während nach einer Röntgenmahlzeit der Magen 
in sechs Minuten entfaltet sein soll, ist das hier nicht der Fall. 
Die Leute zeigen vorzeitige Sättigung. Das läßt sich auch bei 
jungen Mädchen, die rasch abmagern, röntgenologisch nach- 
weisen. Die Ursache liegt in dem Tragen des Korsetts, das die 
Entfaltung des Magens hindert. Auch der Schmachtriemen der 
Handwerksburschen bewirkt etwas Aehnliches. Experimen¬ 
telle Untersuchungen lehrten, daß die Vitalkapazität des 
Magens beim Schnüren für per os aufgenommene Flüssigkeit 
auf 2 /a der Norm herabgesetzt ist. Bei der hier besprochenen 
Form der Mikrogastrie ist sie noch wesentlich geringer. 

Diskussion: 

Herr Kraus (Berlin) schlägt zum Unterschied von der 
anatomischen Störung für die geschilderten Zustände den 
Namen funktionelle Mikrogastrie vor. 

Herr Neisser bemerkt, daß es ihm weniger darauf ankam, 
einen passenden Namen zu finden, als auf die Schilderung der 
pathologischen Vorgänge. 

Abteilung fiir Geburtshilfe und Gynäkologie. 

Referent: Dr. Edmund Falk (Berlin), 

Sitzung am 19. September 1910, nachmittags. 

Herr Diidcrlein (München): Ueber Indikation und Technik 
der Hysterostomatotoinia vaginalis anterior. 

Vortr. berichtet über die Erfahrungen, welche er mit dem 
von Dührssen angegebenen vaginalen Kaiserschnitt ge¬ 
macht hat. Der Name Kaiserschnitt ist nicht zweckmäßig; be¬ 
zeichnender ist der Name Hysterostomatotomia vaginalis anterior. 
Vortragender betont die Neuheit der Dührssen sehen Ope¬ 
ration in Technik und Indikation, welche sich wesentlich von 
den früher angewandten kleinen Inzisionen unterscheidet. Die 
Dührssen sehe Operation ist für Mutter und Kind gleich 
segensreich. — Zwar sind 25 Fälle von Eklampsie mit nicht 
gutem Resultat behandelt, da 5 Mütter gestorben sind, aber sie 
starben nicht an der Operation, sondern an der Eklampsie. Die 
schnelle Entbindung vermag also bei schwerer Eklampsie nicht 
stets heilend zu wirken. Wichtiger ist die Anwendung der 
Hysterostomatotomia bei Placenta praevia. Von 34 Frauen starb 
nur eine. Die Schnittmethode und die Schnellentbindung sind 
also bei Placenta praevia der sicherste Schutz gegen Verblutung. 
Ob das Kind ausgetragen ist, ob es abgestorben ist, ist gleich¬ 
gültig für die Stellung der Indikation. Eine Gebärmutter¬ 
tamponade ist anzuschließen. Im Gegensatz zu Dührssen 
betont aber Verfasser, daß die Operation nicht im Privathause 
ausgeführt werden darf. Die Indikationsbreite für die Schnell¬ 
entbindung mit dem Schnitte in der vorderen Gebärmutter¬ 
wand ist aber eine größere. Sie kommt in Betracht in allen 
Fällen, in denen eine augenblickliche Entbindung, gleichgültig 
in welchem Stadium der Geburt, notwendig wird. So führte 
sie Vortr. u. a. in 17 Fällen wegen primärer Weichteils¬ 
schwierigkeiten ohne Todesfall aus, 7 mal wegen vorzeitiger 
Lösung der normalsitzenden Placenta, 3 mal wegen Nabel¬ 
schnurvorfall, 3 mal wegen Schieflage, bei der eine Wendung 
nicht möglich war. Auch bei Pyelitis, Nephritis, Hyperemesis 
gravidarum, Tuberkulose ist die Operation indiziert in den 
Fällen, in denen Schnellentbindung im Interesse der Mutter 
oder des Kindes notwendig wird. Vortr. gibt eine Schilderung 
seiner Technik, welche eine möglichste Schonung der Gewebe 
bezweckt. Das Kind wird durch Wendung entwickelt. 

Diskussion: 

Herr Pankow (Freiburg) sah von dem vorderen Gebär¬ 
mutterschnitte nicht so gute Resultate bei der Placenta praevia. 
Unter neun Frauen starben zwei durch Verblutung durch 
Weiterreißen des Schnittes, obwohl er gleichfalls den Schnitt 


hoch hinaufführte und einen Schnitt der hinteren Uteruswand 
hinzufügte.. 

Herr Sellheiin gibt eine Differenzierung zwischen dem 
klassischen Kaiserschnitt, dem extraperitonealen und dem vagi¬ 
nalen Uterusschnitt. S. hat bei Placenta praevia häufiger den 
extraperitonealen Uterusschnitt ausgeführt; der Schnitt von 
oben greift wie der vaginale den Ausführungsweg der Gebär¬ 
mutter an, ist aber übersichtlicher, und der Arzt kann ohne Ge¬ 
fahr langsamer operieren. 

Herr Frank hält wie Herr Döderlein die rasche 
Methode der Entbindung bei Placenta praevia für die beste 
Operation. Die rasche Entbindung kann aber gefährlich werden, 
wenn die Kranke vollständig ausgeblutet in Behandlung kommt, 
hier gewinnt man durch die Wendung Zeit und macht die Ent¬ 
bindung ungefährlicher. Bei Erstgebärenden, namentlich bei 
engem Becken, ist der Weg von oben dem Gebärmutterschnitt 
vorzuziehen. 

Herr Jung wendet zwar die Hysterostomatotomia bei den¬ 
selben Erkrankungen wie Herr Döderlein seit langer Zeit 
an, bei Placenta praevia jedoch scheute er sich lange, sie aus¬ 
zuführen. Bei sehr engen Weichteilen führt er sie jedoch aus, 
wenn Kolpeuryse und Wendung nicht in Betracht kommen. Bei 
der Operation von oben zieht J. den klassischen Kaiserschnitt 
bei Placenta praevia dem extraperitonealen Uterusschnitt vor. 

Herr Frankel (Breslau) hält unter den Indikationen die 
Einleitung einer künstlichen Schnellentbindung bei Tuberkulose 
für nicht richtig, da hier gewöhnlich eine so schnelle Operation 
nicht erforderlich ist, namentlich aber bei künstlicher Fehl¬ 
geburt ist eine Schnittmethode behufs schneller Entleerung des 
Uterus nicht angebracht. 

Herr E. Martin: Während auf der Bum m sehen Klinik der 
vaginale Uterusschnitt häufig zur Einleitung einer künstlichen 
Frühgeburt angewendet und der vaginale Kaiserschnitt auf 
breitester Basis ausgeführt wird, wird er bei Placenta praevia 
wegen Gefahr der Verblutung durch queres Einreißen nicht 
gemacht. 

Herr Döderlein: Die Gefahr eines Einreißens läßt sich 
durch hohes Einschneiden bis über den inneren Muttermund 
vermeiden. Die K r ö n i g sehe Klinik, über deren Resultate 
Herr Pankow berichtete, schafft ein kompliziertes Wund¬ 
gebiet durch Hinzufügen der Schnitte in der hinteren Uterus¬ 
wand. Hierdurch sind die schlechten Resultate von Pankow 
zu erklären. Daß man den Schnitt in das untere Uterinsegment 
legt, wie Herr S e 11 h e i m , ist notwendig, aber der Weg von 
der Scheide ist ungefährlicher, als von oben. Bei Erstgebären¬ 
den sind in der Tat die Schwierigskeiten bedeutendere. 

Herr Rosinski (Königsberg): Ueber Pyelitis gravidarum. 

Im Verlauf der Schwangerschaft tritt nicht selten eine 
Nierenbeckeneiterung auf, die, durch die Schwangerschaft ver¬ 
anlaßt, mit Aufhören der Schwangerschaft von selbst ausheilt. 
Die Fälle, in denen der Beginn der Pyelitis vor Eintritt der 
Konzeption fällt, haben andere Prognose und eine andere 
Aetiologie; die eigentliche Pyelitis gravidarum aber erfolgt 
durch Stauung im Nierenbecken oder Ureter und Eintritt einer 
Infektion. Am klarsten treten die Symptome bei Erstgebären¬ 
den auf, bei ihnen findet sich der Prozeß stets auf der rechten 
Seite lokalisiert und beschränkt sich auf den abdominalen Teil 
des Ureters — bis zur Linea inominata. Die Pyelitis beginnt 
gewöhnlich im fünften Monat, selten später, fast nie früher. 
Eine schiefe Einmündung des Harnleiters in die Blasenwand 
(M irabeau) kann also nicht die Ursache für die Erkrankung 
sein, ebensowenig wie die Schwellung der Blasenschleimhaut. 
Im ersteren Falle müßte auch der pelvine Teil des Harnleiters 
beteiligt sein, im letzteren müßte die Erkrankung doppelseitig 
aultreten. Auch ein abnormer Tiefstand der Niere ist nicht 
Veranlassung einer Abknjckung des Ureters. Ausschlaggebend 
für das Auftreten einer Pyelitis kann nur eine Kompression 
des Ureters durch Druck oder Abknickung des Ureters durch 
Zug sein. Bei letzterem soll der Uterus beim Emporsteigen die 
Blase mitnehmen, so einen Zug auf den Ureter ausüben und 
zur Erzeugung einer verstärkten Winkelbildung beitragen. 
R o s i n s k i neigt mehr der Kompressionstheorie zu, sie erklärt 
den einseitigen Sitz und ferner die Erfolge, welche durch Links¬ 
lagerung der Kranken erzielt werden. Fast ausnahmslos läßt 
sich durch diese einfache Therapie ein voller Erfolg erzielen. 
Die Infektion durch Bacterium coli erfolgt wahrscheinlich 
nicht von der Blase aus, sondern auf hämatogenem Wege. Das 
Ultimum refugium der Therapie ist die Entleerung des Uterus; 
das kindliche Leben muß im Interesse des mütterlichen ge¬ 
opfert werden. 

Herr Jung (Göttingen): Ueber das Ascendieren eorpus- 
culärer Elemente ohne Eigenbewegung im weiblichen Genital¬ 
kanal. 

Experimentell ist es möglich, bei Tieren eine ascendierende 
Genitaltuberkulose zu erzeugen. Baumgarten bestritt die 
Möglichkeit, Jung erhärtete seine Annahme durch neue Ver¬ 
suche durch Injektion von Perlsuchtbacilleu in das linke 
Horn und sah unter 33 Kaninchen 5 mal Aufsteigen der Infek¬ 
tion in das rechte Horn. Ferner unterband er Portio bezw. 





630 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 41. 


Scheide, machte eine Aufschwemmung unterhalb der Ligatur 
und löste alsdann später die Umschnürung. Das Ascendieren 
der experimentellen Genitaltuberkulose läßt sich durch anti¬ 
peristaltische Bewegungen oder durch Verschleppung von 
Leukocyten erklären. Um den Einwand, daß es sich um häma¬ 
togene Verschleppung handelt, zu widerlegen, ließ .1 u ng durch 
Engelhorn Carmin-Kakaokügelchen in die Scheide bringen, 
und auch hier ließ sich ein Hinaufwandern der corpusculären 
Elemente nicht nur in die Uterushöhle, sondern auch in die 
Uterusschleimhaut und in die Lymphspalten der Muskulatur 
nachweisen. Das Hinaufwandern der Tuberkulose auf dem 
Lymphwege ist hierdurch experimentell gestützt. Die mensch¬ 
liche Genitaltuberkulose entsteht allerdings in den meisten 
Fällen auf hämatogenem Wege, die Möglichkeit ist aber ge¬ 
geben, daß Tuberkelbacillen aus der Scheide in den Uterus 
gelangen können. 

Diskussion: 

Herr Zuntz berichtet über einen Fall von Pyelitis bei einer 
Erstgebärenden im dritten Monat, in dem eine Kompression 
durch den Uterus nicht anzunehmen ist. Ferner berichtet er 
über einen Fall, in dem, als eine rechtsseitige Pyelitis nach 
Behandlung durch Linkslagerung geheilt war, eine linksseitige 
Pyelitis sich anschloß. 

Herr Mayer weist auf die Differentialdiagnose zwischen 
Pyelitis und Perityphlitis hin, beide machen ähnliche Sym¬ 
ptome. Auch Verwechslung mit Pneumonie kommt vor. 

Herr Th. Cohn: Die Pyelitis tritt häufig so schleichend auf, 
daß in der ersten Zeit die Diagnose schwer zu stellen ist. Die 
Frage, ob die Infektion eine aufsteigende oder hämatogene ist, 
läßt sich nur lösen durch den Nachweis, ob die Bakterien sich 
zuerst in der Blase oder im Nierenbecken finden. 

Herr Fiith weist auf die Möglichkeit hin, Pyelitis mit In¬ 
fluenza zu verwechseln. 

Herr Neu: Nicht allein das mechanische Moment durch 
Druck des Uterus kann die Pyelitis veranlassen, auch schwere 
Obstipation kann die Ursache sein. 

Herr Zangemeister: Das Hindernis ist bei Pyelitis sicher 
nicht sehr groß, denn die Ureteren lassen sich auch bei Pyelitis 
leicht sondieren; aber der Urin kann auch dieses leichte 
Hindernis nicht überwinden. Eine große Anzahl der Fälle ist 
sicher hämatogenen Ursprungs. Die Nierenbeckenspülungen 
wirken durch Freimachen der Passage. 

Herr Rosinski führt aus, daß die hämatogene Infektion 
durch das eruptionsartige Auftreten wahrscheinlich wird. Das 
Gros der Fälle, die eine gewisse Gesetzmäßigkeit zeigen, 
kann nur durch Druckkompression entstehen. Therapeutisch 
sollen wir uns nicht mit der Behebung der manifesten Sym¬ 
ptome begnügen; auch nach der Entbindung müssen die Frauen 
beobachtet und ev. behandelt werden. 

Kombinierte Sitzung mit der Abteilung für innere Medizin. 

Herr Hofbauer (Königsberg): Tuberkulose und Schwanger¬ 
schaft. 

Die Klarstellung der Rückwirkung von Generationsvor¬ 
gängen auf die tuberkulöse Infektion ist nur auf dem Boden 
großer empirischer Reihen möglich. Außerdem müssen die 
Erfahrungen der Chirurgen, Urologen und Dermatologen her¬ 
angezogen werden. Von diesen Leitsätzen ausgehend, wurden 
in der Königsberger Klinik sämtliche Schwangere und Ge¬ 
bärende auf Lungenaffektionen untersucht, in zweifelhaften 
Fällen von spezialärztlicher Seite. Außerdem wurden die tuber¬ 
kulösen Kranken der inneren Kliniken und Abteilungen zur 
Kasuistik verwertet, ferner der Bestand der Fürsorgestelle, 
wo genaue anamnestische Erhebungen, das Ergebnis sorgfälti¬ 
ger physikalischer und Sputumuntersuchung, Angaben über Ein¬ 
fluß des Aufenthaltes in der Lungenheilstätte und über das 
Befinden nachher vorliegen. Außerdem kamen Fälle, welche 
längere Zeit während der Gravidität in Privatkliniken beob¬ 
achtet wurden, zur Verwertung. Unter den gesamten 235 Fällen 
zeigte sich eine Verschlimmerung der Tuberkulose durch die 
Gravidität in 55,7 pCt. Bei chirurgischer Tuberkulose und bei 
Lupus tritt häufig Verschlechterung ein; die Urogenitaltuber¬ 
kulose bleibt meist unbeeinflußt. Bei der Beantwortung der 
Frage nach der Häufigkeit der echten Schwangerschaftstuber- 
kulose muß in Erwägung gebracht werden, daß nur selten der 
Ausgang von latenten Herden ausgeschlossen werden kann. 
Ob erhöhte Disposition zur tuberkulösen Erkrankung durch 
Schwangerschaft gegeben ist, ist in bejahendem Sinne zu be¬ 
antworten. Von Bedeutung für den Verlauf sind der anato¬ 
mische Charakter der Lungenerkrankung und die sozialen Ver¬ 
hältnisse. In prognostischer Richtung kommt die gleichzeitige 
Berücksichtigung von Temperatur, Puls und Gewicht in Be¬ 
tracht. 

Die diagnostische und prognostische Seite muß damit rech¬ 
nen, daß die Gravidität an sich Zustände schafft, wie sie sonst 
der Tuberkulose eigentümlich sind, Absinken des opsonischen 
Index, Aktivierung der Kobrahämolyse. Für die ätiologische 
Erklärung der gesteigerten Disposition kommen nach H o f - 
bauers Untersuchungen in Betracht: 


1. Herabsetzung des lipolytischen Vermögens des Blutes 
in der Gravidität (wahrscheinlich im Zusammenhang mit den 
degenerativen Zellschädigungen der Leber), und Hyper¬ 
glykämie. 

2. Bestimmte physikalische Momente, welche am ausge¬ 
prägtesten im Larynx während der Gravidität auftreten 
(Hyperämie, Oedem, Infiltrate), aber auch in der Lunge nach¬ 
weisbar sind, als Hyperämie und peribronchiale Infiltrate. Die 
günstigen Erfahrungen, welche mit der frühzeitigen Unter¬ 
brechung der Gravidität bei progredienter Erkrankung gemacht 
sind, erklären sich aus dem Wegfall der ätiologischen Faktoren. 

(Fortsetzung folgt.) 


III. Therapeutische Notizen. 

Zur Entfernung der Mandelpfröpfe empfiehlt 
Dr. G. Trautmann (München) in der „Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 35, stumpfe Löffel, die entsprechend 
winklig gebogen sind. Es kommt vor allem darauf an, den 
supratonsillären Raum zwischen vorderem und hinterem 
Gaumenbogen auszuräumen, denn hier ist der Lieblingssitz der 
Mandelkonkretionen, welche aus Epithelien, Schleim und ab¬ 
geschiedenem Kalk sich zusammenballen und zu sehr ver¬ 
schiedenartigen Beschwerden, u. a. Foetor ex ore, Veranlassung 
geben, auch die Ursache von häufig rezidivierenden Anginen 
und peritonsillären Abscessen werden können. Mit dem an¬ 
gegebenen Löffel, welchen Verfasser durch Katsch (München) 
in drei Größen anfertigen ließ, gelingt es leicht, die Tonsillar- 
nischen aufzufinden, den ganzen supratonsillären Raum abzu¬ 
tasten und alle Konkretionen zu entfernen. 

Dr. Max Barucli, Volontärassistent der Berliner chirurgi¬ 
schen Universitätsklinik [Geheimrat Bier] (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 35), empfiehlt auf Grund ausgedehnter 
Versuche in der Poliklinik als Streupulver für die'Wundbehand¬ 
lung eine Mischung von Argeilt, nitric. und Bolus alba: 


Argent. nitric. 1 

Bolus alb. sterjl.ad 100 


M. subtile f. pulv. 

D. in vitro nigro. 

Es ist' dies ein fast rein weißes lockeres Pulver, welches 
sich auch durch seinen billigen Preis auszeichnet. Die Sterili¬ 
sation der Bolus alba geschieht durch Erhitzen auf 100—150". 
Dieses Wundpulv.er gibt nach den umfangreichen Beobachtun¬ 
gen des Verfassers an Wunden und Geschwüren aller Art vor 
allem einen mächtigen Impuls zur Zellneubildung sowohl in 
bezug auf das Wachstum des Epithels wie der Granulationen 
und regt gleichzeitig die Wundreinigung in hervorragendem 
Maße an. Beispielsweise bewirkte es die Ueberhäutung aus¬ 
gedehnterer Hautdefekte, welche nach Cancroidexstirpationen 
zurückgeblieben waren, so daß eine plastische Deckung unnötig 
wurde. Gangränöse Wunden reinigt es schnell, ebenso erwies 
sich das Pulver als geeignet für die Nachbehandlung von 
Furunkeln, Karbunkeln, subkutanen Panaritien, Sehnen¬ 
scheidenphlegmonen usw., es scheint dabei im Vergleich zu der 
früher geübten Salbenbehandlung den Heilungsprozeß wesent¬ 
lich abzukürzen. Besonders brauchbar zeigte sich das Pulver 
bei der Behandlung von ausgedehnten Brandwunden, bei denen 
es die Heilung erheblich beschleunigte und sich sowohl der 
Scharlachsalbe wie auch der Bardeleben sehen Brandbinde 
als überlegen erwies. Die Möglichkeit, das Silberpulver auf 
infizierten unsauberen Wundflächen anzuwenden, ist nach Ver¬ 
fasser ein besonderer Vorzug vor der Scharlachsalbe; 
letztere hat sich bekanntlich nur auf ganz gereinigten Wunden 
bewährt. Aber auch auf gereinigten Wunden hat das Silber¬ 
pulver vor der Salbenbehandlung das voraus, die Wundsekrete 
gut abzusaugen und ihnen ungehinderte Passage in den Ver¬ 
band zu gestatten. Was die Art der Anwendung anlangt, so 
bediente Verfasser sich kleiner Streugläser, die durch Ueber- 
spannen dunkler Fläschchen mit weitmaschiger Gaze herge¬ 
stellt wurden. Es wird damit von dem Pulver soviel aufge¬ 
streut, bis die Wunde in dünner Lage bedeckt ist und dann mit 
einem Tupfer leicht augedrückt. Es haftet nur an der wunden 
Fläche und ist zweckmäßig von der Umgebung und besonders 
von den schon epithelisierenden Partien mit einem Tupfer 
oder durch leichtes Darüberblasen zu entfernen. Der Ver¬ 
bandwechsel richtet sich nach der Sekretion, die in den ersten 
Tagen ziemlich stark zu sein pflegt. Der Verband wurde an¬ 
fangs jeden zweiten, später jeden dritten oder vierten Tag er¬ 
neuert. R. L. 


IV. Bücherschau. 

Klinik fiir psychische und nervöse Krankheiten, herausgegeben 
von Dr. Robert Sommer, ordentlicher Professor an der Uni¬ 
versität Gießen. Bd. V., H. 2. Halle a. S. 1910, Carl 
M a r h (j 1 d, Verlagsbuchhandlung. Preis pro Band 12 M. 
Das vorliegende Heft dieses in zwanglosen Heften er¬ 
scheinenden Unternehmens enthält nur eine, allerdings sehr 




No. 41. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


631 


gründliche umfangreiche Arbeit. Sie rührt von Privatdozent . 
Dr. Paul Ranschburg in Budapest her und knüpft an 
frühere Mitteilungen desselben Autors an. Die Arbeit be- > 
schäftigt sich mit der Verwertung klinischer Gedächtnis- I 
messungen bei nervösen und psychischen Krankheiten, speziell 
mit der diagnostischen und prognostischen Verwertbarkeit von 
Gedächtnismessungen. Zunächst stellt Verfasser für die Ge¬ 
dächtnisleistung bei Normalen gewisse Mittelwerte fest; dann 
zeigt er an einer Reihe von Beispielen, wie die Gedächtnis¬ 
leistung bei einer Reihe von Geisteskrankheiten von der Norm 
in mehr oder weniger hohem Grade abweicht. In dieser Weise 
bespricht Verfasser das Verhalten der Gedächtnisleistung bei 
der pathologischen Schwachbefähigung, bei der progressiven 
Paralyse, bei alkoholischen Geistesstörungen, bei der chroni¬ 
schen Paranoia und den paranoiden Formen der Dementia 
praecox, endlich bei Neurasthenikern. Die interessante Arbejt 
verdient im Original gelesen zu werden. 

Die Syphilis, ihr Wesen und ihre Heilung. Ein Handbuch für 
Aerzte von Dr. Karl Francke, Arzt für innere Leiden in 
München. Mit 16 Abbildungen. Th. Berge, Buchhand¬ 
lung, Berlin C. 114 S. 5 M. 

Unter einem Handbuch versteht man gewöhnlich eine um¬ 
fassende, möglichst die gesamte in Betracht kommende Literatur 
berücksichtigende Darstellung eines bestimmten Gebietes der 
Wissenschaft. Um ein Handbuch in diesem Sinne handelt es 
sich bei der vorliegenden Publikation nicht. Vielmehr gibt der 
Verfasser zunächst nur eine Art Abriß über die wichtigsten 
Symptome der Syphilis, aber nicht in systematischer Schilde¬ 
rung, sondern er will hauptsächlich die Syphilis so darstellen, 
wie sie sich ihm in seiner Praxis gezeigt hat; als Interner hat er 
es aber vorzugsweise mit Aeußerungen der Lues im Gebiet der 
Kreislauforgane sowie des Gehirns und Nervensystems zu tun. 
Viel Neues über den Verlauf und das Wesen der Syphilis wer¬ 
den die Kollegen aus dieser unvollständigen, vielfach subjektiv 
gefärbten Darstellung nicht lernen. In bezug auf die Bedeu¬ 
tung der Wassermann sehen Reaktion spricht sich der Ver¬ 
fasser sehr skeptisch aus. Der Hauptzweck, welchen er 
mit der vorliegenden Publikation verfolgt, besteht darin, 
von der von ihm bei der Syphilis geübten Behandlungsmethode 
weiteren Kreisen Kunde zu geben. Es handelt sich dabei nicht 
um etwas fundamental Neues, sondern nur um eine Modifika¬ 
tion der Quecksilberbehandlung. Diese übt F. in Form von 
Waschungen mit ziemlich konzentrierten Sublimatlösungen aus: 
sogen. Waschkur. Er hat für diese Kur durch die Firma Ast- 
hausen in München aus 1 g Sublimat, 1 g NaCl und wenig 
Eosin „Mercurichloridplättchen“ herstellen lassen; die Lösun¬ 
gen werden in steigender Konzentration von 1 :1500 bis 
8 :1500 angewendet. Die Waschkur stellt jedenfalls eine sehr 
milde Art der Hg-Behandlung dar, da offenbar nur ein sehr ge¬ 
ringer Bruchteil des Quecksilbers auf dem Wege der Haut in den 
Körper gelangen kann; die Waschungen können deshalb sehr 
lange Zeit fortgesetzt werden. In bezug auf die Einzelheiten der 
Kur enthält die vorliegende Schrift genauere Anweisungen. Ueber 
die Erfolge spricht sich F. sehr optimistisch aus. Da das Buch 
vor Bekanntwerden der neuen Syphilisbehandlung mit dem 
Ehrlich-Hatasehen Arsenobenzol geschrieben ist, konnte 
Verfasser diese noch nicht erwähnen. Es ist darum auch frag¬ 
lich, ob gerade jetzt für eine neue Modifikation der Quecksilber¬ 
behandlung viel Interesse in der Aerztewelt zu finden sein 
wird. 

Therapeutisches Jahrbuch. Kurze diagnostische, therapeutische 
und pharmakologische Angaben, entnommen der medizini¬ 
schen Journal-Literatur des Jahres 1909. Zusammengestellt 
und geordnet von Dr. med. Ernst Nitzeinadel, prakt. Arzt in 
Schneeberg i. S. XX. Jahrgang. Leipzig und Wien 1910, 
Franz De u ticke. 321 S. 5 M. 

Diese Zusammenstellung, welche auf selbständigen wissen¬ 
schaftlichen Wert wohl keinen Anspruch erhebt, bezweckt, den¬ 
jenigen Aerzten, die nicht in der Lage sind, medizinische Zeit¬ 
schriften regelmäßig zu lesen, einen Ersatz zu bieten, soweit 
die Therapie und ihre Fortschritte in Frage kommen. Uebrigens 
sind auch einige diagnostische Methoden aufgenommen, welche 
für den Praktiker von Bedeutung sind. Der therapeutische 
Teil ist in der Weise bearbeitet, daß zunächst in alphabetischer 
Anordnung die wichtigsten Krankheitsgruppen mit den be¬ 
treffenden therapeutischen Vorschlägen besprochen werden, 
während der zweite Teil über eine Anzahl neuerer und neuester 
Arzneimittel speziellere Mitteilungen bietet. Bei der Bearbei¬ 
tung dieses zweiten Teiles hat der Herausgeber wieder in sehr 
ausgiebigem Maße Mercks Jahresbericht benutzt. 

Mein Instrumentarium der inneren Medizin. Von Dr. Karl 
Francke, Arzt für innere Leiden in München. Berlin 1910, 
Th. Berge, Buchhandlung. 29 S. 2 M. 

ln der kleinen Schrift werden eine Anzahl kleiner Instru¬ 
mente beschrieben, welche F. im Laufe der Jahre sich für die 
interne Diagnostik konstruiert hat. Es findet sich darunter ein 


I verbesserter Perkussionshammer, ein Gummifinger als Ersatz 
des Plessimeters, ein Schnepper zur Entnahme von Blut aus 
der Fingerbeere, ein Pupillenmesser, eine Hörglocke zum 
Hören der Töne und Geräusche des Herzens und der großen 
Gefäße, eine Nadel zur Prüfung der Empfindlichkeit auf Stich 
und Druck, ein neuer Blutdruckmesser und ein Hautdunst¬ 
messer. Einige der beschriebenen Apparate scheinen recht 
zweckmäßig zu sein. Wir machen darum die Kollegen auf die 
Schrift aufmerksam und bemerken, daß die beschriebenen In¬ 
strumente durch die Firma Gustav Koch, Rixdorf bei 
Berlin, hergestellt werden. R. L. 

Y. Tagesgeschichte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Der Deutsche Bund für naturgemäße 
Lebens- und Heilweise sammelt z, Zt. Unterschriften 
zu einer Petition gegen den § 135 der Reichsversicherungs¬ 
ordnung, der bestimmt, daß die ärztliche Behandlung nur durch 
approbierte Aerzte resp. Zahnärzte zu geschehen hat. Die 
Petition wünscht einen Zusatz zu diesem Paragraphen folgen¬ 
den Inhalts: „Auf Beschluß der Generalversammlung (des Aus¬ 
schusses) ist der Kassenvorstand verpflichtet, auch nicht appro¬ 
bierte Personen, die die Heilkunde gewerbsmäßig ausüben, bei 
der Kasse zuzulassen; in Fällen dieser Art kann der Kassen¬ 
vorstand gestatten, daß die zugelassenen Laienpraktiker auch 
die Erwerbsunfähigkeit der Kassenmitglieder bescheinigen.“ 
Begründet wird dieses Verlangen mit der Tatsache, daß schon 
jetzt bei vielen Kassen, besonders in Sachsen, nicht approbierte 
Naturheilkundige zugelassen seien. Der Zusatz zu § 135: „Die 
oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, wie weit auch 
sonstige Heilpersonen innerhalb der staatlich anerkannten Be¬ 
fugnisse selbständige Hilfe leisten können“, erfülle die berech¬ 
tigten Wünsche der Versicherten nicht ausreichend, die von 
den Organen der Selbstverwaltung (Generalversammlung resp. 
Kassenvorstände) besser zu beurteilen seien. Diese Selbst¬ 
bestimmung sei für die Kassen dringend notwendig, um ein 
Gegengewicht gegen den dominierenden Einfluß der mächtigen 
Aerzteorganisationen in die Hände zu bekommen, da die Kassen 
hierdurch in die Lage versetzt würden, falls die Umstände es 
erfordern, selbständig sich auch vertrauenswürdige nicht appro¬ 
bierte Heilpersonen heranzuziehen. — Aus den verschiedensten 
Gründen ist ja kaum anzunehmen, daß Reichstag und Regierung 
dieser Petition Folge geben werden, aber sollte es wider Er¬ 
warten doch geschehen, so könnten wir Aerzte diesem gesetz¬ 
geberischen Experiment nicht nur mit Ruhe, sondern sogar mit 
Interesse entgegensehen, denn das Ergebnis eines solchen 
Experiments würde wahrscheinlich in Kürze zutage treten und 
eine schlagende Widerlegung aller seit Jahren von den Kassen¬ 
gewaltigen gegen die Aerzte und ihre Organisation erhobenen 
Vorwürfe in sich schließen. 

H a 11 e a. S. Der Konflikt zwischen Krankenkassen 
und Aerzten hat für einen Teil der Kassen mit dem Siege der 
Aerzte geendet. Am 30. September haben 13 Krankenkassen 
die freie Arztwahl eingeführt. 


Universitätswesen, Personalnaclirie,Ilten. 

Berlin. Der Privatdozent für Geburtshilfe und Gynä¬ 
kologie und Oberarzt an der Frauenklinik der Universität Halle 
a. S., Prof. Dr. F. Fromme, ist als Oberarzt an die Frauen¬ 
klinik der Charite berufen worden. 

H a 11 e a. S. Die Leitung der hiesigen Universitäts-Ohren¬ 
klinik ist bis zur endgültigen Besetzung des durch den Tod 
Schwa rtzes vakant gewordenen Lehrstuhls dem Privat¬ 
dozenten Stabsarzt Dr. .1 s e m e r übertragen worden, dem 
gleichzeitig der Professortitel beigelegt wurde. 

H a 1 b e r s t a d t. Der weltbekannte Chirurg Geh. Sani- 
tätsrat Prof. Dr. Hans Kehr siedelt in der nächsten Woche 
nach Berlin über, um sich fortan ausschließlich der Chirurgie 
der Leber und der Gallenwege zu widmen. 

Göttingen. Der Privatdozent der Chirurgie Dr. C r e i t e 
ist zum Oberarzt der chirurgischen Klinik ernannt worden. 

Wien. Prof. Dr. Rudolf Chrobak, früher Direktor 
der zweiten gynäkologisch-geburtshilflichen Klinik an der 
hiesigen Universität, ist gestorben. 1840 geboren, erlangte er 
1866 die ärztliche Approbation und 1873 die Habilitation für 
Gynäkologie in Wien. 1879 wurde er zum außerordentlichen 
und 1889 zum ordentlichen Professor ernannt. Bis zu seinem 
vor drei Jahren erfolgten freiwilligen Rücktritt entfaltete er 
eine sehr fruchtbare, allseitig anerkannte Lehrtätigkeit. Von 
seinen Schriften sind zu erwähnen: „Mikroskopische Anatomie 
des Uterus“ (in Strickers Handbuch der Gewebelehre), 
„Untersuchungsmethoden und gynäkologische Therapie“ (in 
Pitha-Billroths Handbuch der Chirurgie), „die Erkran¬ 
kungen der weiblichen Geschlechtsorgane“ (zusammen mit 
A. v. Rosthorns in Nothnagels Handbuch der speziellen 
Pathologie und Therapie). 



632 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 41. 


— Dr. Heinrich Reichel hat sich für Hygiene, Dr. 
Michael Eisler, Edler von Terramare für allgemeine 
und experimentelle Pathologie habilitiert. 

Prag. Der außerordentliche Professor an der Universität 
in Wien Dr. Anton Ghon ist zum ordentlichen Professor 
der pathologischen Anatomie an der deutschen Universität in 
Prag ernannt worden. 

Ar co (Südtirol). K. Rat Dr. Gag er, Senior der Aerzte 
in Bad Gastein, hat nach Beendigung der dortigen Saison seine 
ärztliche Tätigkeit im hiesigen Winterkurort wieder aufgenom¬ 
men, wo er als Chefarzt des k. k. Offiziers-Kurhauses fungiert. 

Czernowitz. Sanitätsrat Dr. Hugo Raubitschek 
hat sich für Bakteriologie in der philosophischen Fakultät habi¬ 
litiert. 

Koloszvär (Klausenburg). Der Privatdozent der Der¬ 
matologie Dr. Heinrich K a n i t z ist gestorben. 

Paris. Im Alter von 66 Jahren starb hierselbst der her¬ 
vorragende Neurologe Prof. Fulgence Raymond, der 
Nachfolger Charcots auf dem Lehrstuhl der Salpstrieri. Dem 
Lehrkörper der Universität gehörte er seit 1880 als Arege an; 
das Ordinariat bekleidete er seit 1894. Er war auch Mitglied 
der Academie de Medecine. 

Kongreß- und Vereinsnachriehten. 

Berlin. In der Psychologischen Gesellschaft zu Berlin 
(Sektion Berlin der Gesellschaft für psychologische Forschung) 
werden in diesem Winter folgende Vorträge gehalten. 

20. Oktober: Dr. Hoepfner: Psychologisches über 
Stottern und Sprechen. 

3. November: Professor Dessoir: Die Anfänge der Psy¬ 
chologie. 

17. November: Dr. Albert Moll: Die Behandlung der 
sexuellen Perversionen. 

1. Dezember: Dr. B a e r w a 1 d: Das Interesse am fremden 
Seelenleben, seine Beziehungen zur Psychologie des Weibes 
und zur moralischen Erziehung. 

15. Dezember: Justizrat Sello: Sentimentalität und Ver¬ 
brechen. 

5. Januar: Professor Langstein: Neuropathische Säug¬ 
linge. 

19. Januar: Dr. Rudolf Foerster: Beziehungen von 
Mode und Beruf zu Geisteskrankheiten. 

2. Februar: Prof. Schleich: Psychophysik der Phantasie. 

16. Februar: Dr. F. Leppmann: Selbstmord und Ver¬ 
brechen. 

2. März: Dr. R a h m e r: Die Psychologie des Brief¬ 
schreibens. 

16. März: Referendar Dorn: Zur Psychologie der richter¬ 
lichen Urteilsfindung. 

Anfragen sind zu richten an den Vorsitzenden Dr. Albert 
Moll, Berlin W. 15, Kurfürstendamm 45. 

Königsberg i. Pr. Die 82. Versammlung Deutscher 
Naturforscher und Aerzte, die in der verflossenen Woche hier 
tagte, hat als Ort der nächstjährigen Versammlung Karls¬ 
ruhe gewählt. 


Gerichtliches. 

Duisburg. Die hiesige Strafkammer verurteilte den 
Krankenbehandler W. wegen fortgesetzten Verbrechens gegen 
das keimende Leben zu zwei Jahren drei Monaten Zuchthaus 
und fünf Jahren Ehrverlust. 

Barmen. Im Anfang d. J. war der damals hierselbst 
nach den Prinzipien der s. g. Naturheilkunde praktizierende 
Krankenbehandler Otterson, der schon früher mehrmals 
Strafen erlitten hatte, wegen fahrlässiger Körperver¬ 
letzung zu einer Geldstrafe von 300 M. verurteilt worden. 
Er hat inzwischen den Ort seiner Tätigkeit gewechselt und übt 
sie jetzt in Badenweiler aus. Von dort aus reichte er nun kürz¬ 
lich gegen den Kranken, um den es sich in jenem Prozeß ge¬ 
handelt hatte, und gegen den bekannten Dermatologen Dr. 
Artur S t r a u s s , der damals als Sachverständiger fungiert 
hatte, eine Anzeige wegen Meineids ein, aus welchem Grunde 
gegen ersteren, ist nicht recht verständlich, da derselbe bei der 
Verhandlung sogar eine Besserung seines Leidens während der 
Behandlung durch den Angeklagten zugegeben hatte. Gegen 
Dr. Artur Strauss erhob er den Vorwurf, er habe wider 
besseres Wissen unter seinem Eide die bei dem Kranken be¬ 
obachteten Erscheinungen auf Syphilis anstatt auf die vorher¬ 
gegangene Behandlung mit Quecksilber zurückgeführt, wobei 
sich der Anzeigende auf eine Schrift des ehemaligen Schau¬ 
spielers, jetzigen Schriftstellers und Vorkämpfers der „Natur¬ 
heilbewegung“ Reinhold Gerling stützte und außerdem 
Gutachten der Mediziner Schweninger, Spohr (Frank¬ 
furt a. M.), Ziegel roth (Krummhübel), Walser (Cann¬ 
statt) u. a. anbot. Di'. Strauss antwortete der Staatsanwalt¬ 
schaft, daß er sich der Anzeige des O. gegenüber auf die wissen¬ 
schaftlich feststehenden Tatsachen über das Wesen und die Be¬ 


handlung der Syphilis beriefe, die seinen gutachtlichen Aus¬ 
sagen zugrunde gelegen,,.hätten. Erforderlichenfalls würden 
Autoritäten wie Lesser (Berlin), Neisser (Breslau) und 
Unna (Hamburg) die Uebereinstimmung jener Aussagen mit 
dem Stande der Wissenschaft bestätigen. Damit war für die 
Staatsanwaltschaft, soweit Dr. Strauss.in Betracht kam, die 
Angelegenheit erledigt. — Vorkommnisse wie dieses müßten den 
Regierungen und den parlamentarischen Parteien beweisen, 
daß es für den Erlaß eines wirksamen Kurpfuschereigesetzes 
nun wirklich hohe Zeit ist. 

Verschiedenes. 

Mülheim a. Rh. Die hiesigen Troponwerke A.-G. habe: 
auf der in diesem Jahre in Brüssel stattfindenden Welt¬ 
ausstellung einen großen Preis (Grand Prix) erhalten. 
Die gleiche Auszeichnung wurde der Firma bereits früher auf 
den Ausstellungen zu Paris (1900) und Chicago (1904) zuteil. 

Hamburg. Die vor beinahe drei Jahren (Ende 1907) 
erfolgte Verleihung des Profcssortitels an den hervorragenden 
Dermatologen Unna hat zu einem Verfassungsstreit zwischen 
der Bürgerschaft und dem Senat geführt, der demnächst zum 
Austrag gebracht werden wird. Der Senat hatte s. Z. die Er¬ 
nennung ohne Mitwirkung der Bürgerschaft verfügt, während 
letztere der Ansicht ist, daß nach dem Wortlaut oder wenigstens 
dem Geiste der hamburgischen Verfassung solche Ernennungen 
jedesmal der Genehmigung durch die Bürgerschaft bedürfen. 
Die Bürgerschaft beschloß daher einstimmig, den Senat zu er 
suchen, nachträglich ihre Genehmigung zu der fraglichen Er¬ 
nennung einzuholen. 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

An die Herren Aerzte. 

Es hat sich herausgestellt, daß die im Landespolizeibezirk 
Berlin vorhandenen Untersuchungsanstalten zur Vornahme 
bakteriologischer Untersuchungen bei übertragbaren Krank¬ 
heiten — es kommen besonders Diphtherie, übertragbare Ge¬ 
nickstarre, Typhus (auch Paratyphus), übertragbare Ruhr und 
Lungen- und Kehlkopftuberkulose in Betracht — nicht in dem 
Maße in Anspruch genommen werden, wie es im Interesse der 
Seuchenbekämpfung wünschenswert ist. 

Ich bitte daher die Herren Aerzte. in den in Betracht 
[ kommenden Fällen zur Sicherung der Diagnose das Unter- 
! suchungsmaterial behufs bakteriologischer Untersuchung in die 
zuständige bakteriologische Untersuchungsanstalt einzusenden, 
indem ich darauf hinweise, daß sich in den einzelnen Apotlieken 
des Landespolizeibezirks Berlin Versandgefäße zur Einsendung 
des Untersuchungsmaterials mit der Adresse der für die be¬ 
treffende Stadtgegend zuständigen Untersuchungsanstalt be¬ 
finden. 

Berlin, den 23. September 1910. 

Der Polizeipräsident. 

Im Aufträge: Stolle. 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 4. Kl.: 
Kreisarzt Med.-Rat Dr. W o 1 f f in Elberfeld, Kreisarzt Med.- 
Rat Dr. Reinkober in Trebnitz. 

Charakter als Medizinalrat: Kreisarzt a. D. Dr. 

Steiner in Rosenberg i. Oberschi. 

Ernannt: Dr. Fehrs zum Kreisarzt in Czarnikau. 
Niedergelassen: Dr. Bon atz in Britz, Dr. Götzki in 
Groß-Lichterfelde, Dr. R e u s s in Breslau. 

Verzogen: Dr. Wermuth und H. Wischer nach Char¬ 
lottenburg, B. Richter von Slawentzitz nach Annahütte, 
Dr. E. Rüge von Berlin nach Frankfurt a. O., Dr. 
Schroeder von Ueckermünde nach Lauenburg, Dr. 
Albrecht von Ueckermünde nach Treptow a. R., Dr. 
Deutsch und Dr. Heinke von Lauenburg nach Uecker¬ 
münde, Dr. Bergmann von Leipzig nach Torgelow, Ober¬ 
stabsarzt Dr. Müller von Jauer nach Oppeln, Dr.R i e m a n n 
von Münden nach Mikultschütz, Dr. Piennning von Kiel 
nach Zabrze, Dr. Sonntag von Magdeburg nach Eilsleben, 
Dr. Runkel von Werben nach Lüben, Dr. Rudolph von 
Norden nach Greppin, Dr. Sommer von Altona nach Ham¬ 
burg, Dr. Krö mer von Neustadt nach Schleswig, Dr. 
S i e v e r s von Kiel nach Leipzig, Dr. Remmlinger von 
Kock nach Niedergissen. 

Bayern. 

Verzogen: Dr. B. B ü 11 e r von Alfeld nach Marksteft, Be- 
zirkts-Amt Kitzingen. 

Hamburg. 

Verzogen: Dr. W. R. R. L o i d a nach Altona. 


Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein , Berlin N., Friedrichstrasse 131 B„ für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin 
Verlag von Oscar Coblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Oarl Marschner. Berlin SW., Alexandrinenstrasse 110. 



No. 41. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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ICHTHYOL. 

Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefel¬ 
präparats hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche 
nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche oben¬ 
drein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen 
Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatz¬ 
präparate anscheinend unter Mißbrauch unserer Marken,, Ichthyol“ 
und „Sulfo-ichthyolicum“ auch manchmal fälschlicherweise mit 

Ichthyol 

oder 

Ammoninm sulfo-ichthyolicum 

gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur 
unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klini¬ 
schen Verbuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten 
wir um gütige Mitteilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn 
irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. 


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Schutzmarke, die für unbedingte Präzision und Zu- V A., J 
verlässigkeit bürgt. 




















AusgedehnteVersuche im hygienischen Institut der Universität Halle, im Berliner 
bakteriologischen Institut von Dr. Aufrecht , im Institut für experimentelle Pathologie 
der Universität Berlin haben die starke baktericide Eigenschaft der pulverförmigen 
schwerläslichen essigsauren Tonerde ergeben. 

Von hoher Bedeutung sind die experimentellen Versuche von Prof. Dr. Bickel 
( Kpnigl. Charite, Berlin), welcher eine starke desinfizierende Wirkung auf die Darm¬ 
bakterien und gleichzeitig eine sekretionssteigemde auf die Darmschleimhaut nach¬ 
gewiesen hat. Diesen Untersuchungen reihen sich diejenigen von Dr. Dreuw in dessen 
Poliklinik Berlin an, an d r die tierexperimentellen Untersuchungen von Prof. Bickel 
beim Menschen bestätigt wurden. — Die „Gelonida Aluminii subacetici' gelangen in 
drei Modifikationen in den Verkehr: 1. sulfathaltig (am meisten desinfizierend, 
sekretionsanregend und schwach abführend; ' übliche Verordnung). 2. sulfatfrei (für 
diejenigen Fälle, in denen die abführende Wirkung nicht gewünscht wird). 3 Mit 
einem Zusatz von Phenolphthalein (für diejenigen Fälle, in denen eine stärker ab¬ 
führende Wirkung gewünscht wird). 

Indikationen: 

A. Darmdesinfiziens. 

1. Alle Darmparasiten (Oxynrus vermicularis, Ascariden, Taenien, Amoeben). 

2. Magen-Darmkatarrhe bakterieller Natur. Typbus und Paratyphus, Dysenteri e, 
ev. Cholera, Darmtuberkulose, Perityphlitis chronica, Magen-Darmkatarrhe 
infolge abnormer Zersetzungsvorgitnge, Gäruagsdyspepsie, Colica flatulenta, 
Oholelithiasis, Obstipation, Sigmoiditis et Proctitis acuta sive chronica. 

3 Furunculosis. Acne. Pruritus, speziell bei Diabetes, Urticaria. 

B. Harnantisepticum. 

4. Bakteriurie, Cystitis, Pyelitis. 

Ordinationen: 

Rp. 20 Gelonida Aluminii subacetici Die Gelonida No I sind sulfathaltig, 
No. I ä 1,00 g (2.25 M.) von leichter abführender Wirkung 
Rp. 20 Gelonida Aluminii subacetici (übliche Verordnung). 

No. I ä 0,5 g (1,25 M.) 

oder Die Gelonida No. II sind sulfatfrei 

Rp - 20 Gelonida Aluminii subacetici P 5 »» 1 techmsch möglich), für die- 

No.lI 4 1,00 g (2,60 M.) .1 emgen Fälle, in denen Sulfate 

kontraindiziert sind.*) 

°d er Die Gelonida No. III enthalten 0,1 

Rp. 20 Gelonida Aluminii subacetici Phenolphthalein (stärker abführende 
No. III ä 1,00 g (2,60 M.) Wirkung). 

Dosierung: Drei bis fünf Gelonida Aluminii subacetici pro die: Kindern 
x / 4 —V 2 Gelonid. (Die Gelonida sind leicht teilbar.) 

Ausführliche Literatur und Proben stehen den Herren Aerzten zu Diensten. 


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Verdauungskrankheiten. 

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S. 3 mal täglich 2—4 Tabl. zerdrücken und während des Essens nehmen. 
Indiziert bei allen dyspeptischen Erkrankungen: chronischer und ner¬ 
vöser Diarrhoe, nervöser Dyspepsie, ferner bei Steatorrhoe. Zur 
-Hebung der Kräfte durch Beförderung der Resorption. Zur 
besseren Ausnützung der Milch bei kurmäßigem Gebrauch. In 
der Rekonvaleszenz nach Typhus etc 

Rp. Pankreon saccharat. 0,25 „Pankreonzucker“ (No. 100). 

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Aluminii subacetici No. II bisweilen auch stopfend wirken können; diese den 
Gelonida Aluminii subacetici No. 1 und III entgegengesetzte Wirkung ist be¬ 
dingt durch Freisein von Aluminiumsulfat. wodurch die reine Acetatwirkung, 
d. i. die rein adstringierende, sich entfaltet. Die Gelonida Aluminii No. I 
und III sind also stiirker abführend und stärker desinfizierend als No. II, 
aber weniger adstringierend. 


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im Verlaufe eines Magenkatarrhs auftretenden störenden Er¬ 
scheinungen sehr gut bewährt. Er hat infolge seiner sach- 
gemässen Zusammensetzung und Fehlens aller schädlichen Bei¬ 
mengungen eine die Magenverdauung regulierende Wirkung 
und deshalb einen günstigen Einfluss auf Appetitlosigkeit, 
Widerwillen gegen Nahrungsaufnahme, Gefühl von Völle, 
üblen Geschmack etc. Diese Vorzüge und der dem Gaumen 
zusagende Geschmack des Kater-Weins machen ihn auch zu 
einem wertvollen Dessertwein. Bei seiner Herstellung sind 
die modernen Fortschritte auf dem Gebiete der Magenverdauung 
eingehend berücksichtigt worden. 

Heideblut ist ein feurig=süsser 
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der bei Rekonvaleszenz, Diarrhoe und Darmkatarrh zu empfehlen ist. 
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Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Dr* H. Lohnstein und D r. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedriehstr. 131B 
Fernspreeli-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernspreeli-Amt VI, No. 3302 


IV. Jahrgang 


Berlin. 15. Oktober 1910 


No. 43 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Bucl handlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalsschluss nbbesteilt sind. Inserate 
werden fiir die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübers icht. 


I. Wissen schaftliclie Mitteilungen. Junkermann, Ivanyi, 
Herxheimer undSchonnefeld, Gennerich, Eit ne r, Lange, 
Kromayer, Volk, Michaelis, Blaschko: Weitere Arbeiten 
über Ehrlich-Hata OOö. — Schwabe: Ueber die Wirkung des 
Ehrlichschen Arsenobenzols auf Psoriasis und Lichen ruber 
planus. — Achelis: Ueber die Röntgendiagnose der miliaren 
Lungentuberkulose. — Holmgren: Ein Beitrag zur Technik der 
Kompressiousbehandluug bei Lungentuberkulose. — Bernsteiu- 
Kohan: Untersuchungen über den Verlauf und die Dauererfolge 
der Lungentuberkulose im Hochgebirge (Arosa 1750—1850 Meter 
ü. M.) mit besonderer Berücksichtigung sozial-medizinischer 
Momente. — Tsuzuki und Ishida: Ueber.;die Beeinflussung 
der Typhusbacillen bei Typhusrekonvaleszenten durch Kalium 
jodatum sowie Acidum arsenicosum. —Fejes: Bactermm coli 
commune als Krankheitserreger und als Saprophytbeim Menschen. 
— Bodenstein: Ein Fall von Peritonitis bei der Gonorrhoe 
des Mannes. — Polland: Ueber den Wert der internen Gonor¬ 
rhoe-Therapie (Versuche mit Aluminiumsubacetafc.) — H alb er¬ 
st ae dt er: Entsteht der Trachomerreger durch Mutation des 
Gonococcus? —Burwinkel: Morbus coeruleus bei vier Genera¬ 
tionen. — Härtel: Saugdrainage der Pleurahöhle. — Schmiz: 
Ueber spontane Gangrän bei Jugendlichen — Fuchs: Ueber 
Beziehungen der Enuresis nocturna zu Rudimentärformen der 
Spina bifidaocculta(„Myelodysplasie“). — Finkeinburg: Beitrag 
zur therapeutischen Anwendung der Hirnpunktion beim chro¬ 
nischen Hydrocephalus. — Gier lieh und Hirsch: Tuberkel 


im Hirnstamm mit Sektionsbefund. — Neu: Ein Verfahren zur 
Stickoxydulsauerstoffnarkose. — Quattrini: Ueber Rektal¬ 
narkose. — Schümann: Ueber Maschinenverletzungen der 
Haut. — Enderleu und Borst: Beiträge zur Gefäßchirurgie 
und zur Organtransplantation. — Bauereisen: Die Aetiologie 
der Eklampsie — Oppmann: Ueber den Einfluß der längeren 
körperlichen (? Red.) Bettruhe nach Myomoperationen und 
Geburten bezüglich der Frage des Frühaufstehens. —Behne: 
Ueber das tryptische und antitryptische Vermögen des Blutes 
unter normalen und pathologischen Bedingungen und seine dia¬ 
gnostische Bedeutung. — Herzfeld und Buss: Ueber die 
Arnold sehe Reaktion. 

II. Verhandlungen ärztlicher- Gesellschaften. 82. Ver¬ 
sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königsberg 
in Pr. vom 18.- 24. September 1910. (Fortsetzung.) 

III. Bücherschau. Portner: Therapeutisches Taschenbuch der 
Harnkrankheiten. — Vossius: Die Hämophilie in der Augen¬ 
heilkunde. — Gierlich: Symptomatologie und Differential¬ 
diagnose der Erkrankungen in der hinteren Schädelgrube. 

IV. Feuilleton. Abramowski: Aerztlieher Kulturbrief aus Ost¬ 
preußen. 

E. von Leyden. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Gerichtliches. — Verschiedenes. 

VI. Amtliche Mitteilungen. Personalia." 


1. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Weitere Arbeiten über Ehrlich-Hata 606. 

Dr. Karl Junkermann, I. Assistenzarzt der dermatologi¬ 
schen Abteilung des städtischen Krankenhauses Dortmund be¬ 
richtet in der „Medizinischen Klinik“, 1910, No. 35, über seine 
Erfahrungen mit der Therapie sterilisans magna nach Ehr¬ 
lich. Er kommt in der kritischen Abwägung seiner Beob¬ 
achtungen über die Vor- und Nachteile des neuen Heilmittels 
gegenüber den bisherigen zu dem Schlüsse,- daß die Vorteile 
außerordentlich groß, üie Nachteile äußerst gering sind. Die 
Vorteile erblickt Verfasser erstens in der wesentlich abge¬ 
kürzten Behandlungsdauer, wodurch viel geringere Berufs¬ 
störung eintritt, ferner in der Wirksamkeit solchen Fällen 
gegenüber, bei welchen Quecksilber und Jod versagen oder 
nicht vertragen werden. Wenn in letzter Zeit das Präparat 
auch seine Gegner gefunden hat, welche schwere Schädigungen 
des Nervensystems beobachtet haben, so fällt es J. nach seinen 
bisherigen Erfahrungen schwer, an solche Möglichkeit zu 
glauben. Er hat zwar bei zwei schwächlichen Patienten eine 
kurzdauernde Alteration des Herzens mit Angst und Schwei߬ 
ausbruch gesehen, doch in keinem Falle eine Schädigung des 
Nervensystems. Er hat allerdings nur die ihm geeignet 
scheinenden Fälle ausgewählt, alle Patienten vorher unter¬ 
sucht, speziell auch aut Eiweiß und Zucker. Was die Spiro¬ 
chätenuntersuchungen betritt!, so hat Verfasser, um klar zu 
sehen, gerade die Fälle zur Prüfung ausgewählt, bei denen kurz 
vor der Injektion spielend leicht zahlreiche Pallidae gefunden 
wurden, so daß man sie sicher auch nach der Injektion finden 
mußte, falls sie noch vorhanden waren. Der negative Befund 
deckt sich vollständig mit den Erfahrungen anderer Autoren 
und ist beweisend für die spirochätentötende Wirkung des 
Präparates. 

Dr. Moriz Jvanyi, H.-Komitats-Oberphysikus in Nagy- 
Becskerek (Wiener medizinische Wochenschr., 1910, No. 36) 
injizierte bis Ende August in 84 Fällen. Seine Resultate sind 
sehr befriedigend, in vielen Fällen geradezu staunenerregend. 
Ganz besonders auffällig ist nach seiner Erfahrung die Wirkung 
bei den Geschwüren der Mund- und Rachenorgane, hier war die 
Wirkung ohne Ausnahme eine prompte. Zweihellergroße 
Plaques an der Zunge und an den Tonsillen reinigten sich in 
24—48 Stunden und waren in 5—6 Tagen vollkommen über¬ 
häutet. Drüsenschwellungen bilden sich im allgemeinen lang¬ 
samer zurück. Weitere Mitteilungen über die Wirkung des 


Ehrlich sehen Arsenobenzols bei Syphilis liegen von Prof. 
Dr. K. Herxheimer und Dr. R. Schonnefcld in Frank¬ 
furt a. M. vor (Medizinische Klinik, 1910, No. 36). Insgesamt 
haben sie bis Mitte August 130 Fälle mit 606 benandelt. Die 
Resultate der Behandlung waren im allgemeinen glänzend. 
Irgendwelche Schädigungen, wie sie B o h a c und S a b o t k a 
in Prag und Hoffmann in Bonn beobachteten, sind bei ihnen 
nicht aufgetreten. Vor der Behandlung wurden die inneren 
Organe untersucht, besonders Herz und Nieren. Als Kontra- 
indikation lassen die Verfasser nur Herzfehler, fötide Bronchi¬ 
tis, aber nicht luetische Opticusstörungeil gelten. Ein Luetiker 
mit Albunien ohne Zylinder verlor am dritten Tage nach der 
Injektion sein Eiweiß, ein Fall von Neuritis optica specifica 
und mehrere Patienten mit mehr oder minder vorgeschrittener 
Lungentuberkulose haben das Mittel ohne Schädigung ver¬ 
tragen. Auch die Verfasser können die auffallende Gewichts¬ 
zunahme, die an anderen Kliniken beobachtet wurde, nur 
bestätigen. 

Marine-Stabsarzt Dr. Gennerich hat mit dem Ehrlich- 
schen Präparat im Marine-Lazarett Kiel-Wik überraschend 
günstige Heilungsergebuisse erzielt. Es gelangten zunächst die 
schweren malignen Fälle der letzten Jahre, die größtenteils mit 
den besten Quecksilberpräparaten und in intensiver Weise be¬ 
handelt waren, endlich zu Heilung und negativer Serumreak- 
tion. Beides trat so schnell und sicher ein, wie es bei Queck¬ 
silberbehandlung absolut ausgeschlossen ist. Die Behandlungs- 
erfolge bei Hirnsyphilis sind geradezu glänzend; sie traten mit 
einer Sicherheit und Schnelligkeit ein, wie Verfasser sie in 
Parallelfällen durch Quecksilberbehandluiig nicht beobachtet 
hat. Besonders bemerkenswert sind die Beobachtungen bei 
Frühbehandlung. Aus dem Hervortreten der Herxheimer- 
schen Reaktion aus heiler Haut und der positiven Schwankung 
der Serumreaktion in den allerersten Tagen bei hinlänglicher 
Inkubation läßt sich entnehmen, daß die Wirkung des Heil¬ 
mittels auf die Spirochäten eine sehr intensive ist. Die in ein¬ 
zelnen Fäilen bei subkutaner Einverleibung verzögerte Ein¬ 
wirkung des Heilmittels auf die Serumreaktion konnte 
bei sonst ausreichender Dosis stets mit der Verzöge¬ 
rung der Resorption (Bildung eines hartnäckigen Infiltrats) 
in Zusammenhang gebracht werden. Der geeignetste 
Alkaleszenzgehalt des Präparats für die subkutane Injektion 
läßt sich leider nur annähernd festlegen. Um eine sofortige 
intensive Wirkung zu erzielen, ist es empfehlenswert, eine 
intravenöse Injektion der subkutanen vorauszusenden. Daß 
die Quecksilberbehandluiig ganz ausgeschaltet werden wird, 










634 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 42. 


ist Verfasser unwahrscheinlich. Schon jetzt gewinnt es den sierung der Kanülen vor dem Gebrauch ist alsdann ebensowenig 
Eindruck, als wenn eine vorhergehende Quecksilberkur die erforderlich wie bei den Hg-Injektionen. Die Injektionen mit 
Wirkung der neuen Methode unterstützt. Wir haben nach G. Hata werden genau so wie jene gemacht und können auch 

jedenfalls im Diarnidoarsenobenzol ein außerordentlich inten- ambulant verabfolgt werden. Die Injektion muß sehr langsam 

sives und für den derzeitigen Erfolg alle anderen Mittel weit erfolgen, um Gewebszerreißungen zu vermeiden. Verfasser 

überragendes Heilmittel vor uns, für welches wir dem Erfinder hat bisher über 100 derartige Injektionen gemacht, ohne auch 

zu höchstem Dank verpflichtet sind (Berliner klin. Wochen- nur in einem einzigen Falle Schmerzen und Anschwellung an 

Schrift, 1910, No. 38). der Iujektionsstelle zu beobachten. 

Dr. Ernst Eitner, der in No. 34 der „Wiener klin. Wochen- Auch Dr. Richard Volk macht in der „Wiener medizi- 

schrift“ eine Kasuistik über Ehrlich 606 veröffentlicht, sah im nischen Wochenschrift“, No. 35, den Vorschlag, das Präparat 

allgemeinen dieselbe prompte momentane Wirkung des Präpa- als Paraffinemulsion zu dispensieren und es so dem Arzte ge- 

rats, die von allen Seiten gerühmt wird. Anfangs wurde das brauchsfertig in die Hand zu geben. 

Präparat in saurer Lösung verwendet, später nach der Vor- L. Michaelis injiziert jetzt die von ihm regelmäßig ge- 

schrift, von Michaelis in schwach alkalischer Lösung, ln- wählte Normaldosis von 0,6 g vollkommen subkutan, statt intra- 

toxikationserscheinungen, wie sie von anderer Seite beschrieben glutäal. Die Injektion wurde ausnahmslos gut vertragen. Oft 

wurden, traten niemals auf, nicht einmal das mehrfach er- stellten sich einige Stunden nach der Injektion heftige 

wähnte Exanthem konnte E. beobachten. Dagegen waren Schmerzen ein, die aber unter hydropathischen Umschlägen 

mäßige Temperatursteigerungen in den ersten Tagen bei fast bald nachließen. Mitunter trat außerdem vorübergehend am 

allen Patienten nachzuweisen. Bei den Fällen, die mit saurer dritten Tage zum zweiten Male ein heftiger, vorübergehender 

Lösung behandelt wurden, waren die Schmerzen an der Injek- Schmerz ein. Aber auch ganz ohne jede entzündliche Erschei- i 

tionsstelle sehr bedeutend und dauerten acht bis vierzehn Tage nung verlief die Injektion bisweilen. Der große Vorteil ist der, 

an. Seit Verfasser sich der alkalischen Lösung bedient, sind daß die Beschränkung des Gehens und besonders des Sitzens 

die Beschwerden wesentlich geringer. Für den Arzt ist die in der Folgezeit für den Fall, daß ein derberes Infiltrat längere 

alkalische Lösung weniger angenehm, weil sie infolge der grob- Zeit bestellen bleibt, ganz wegfällt. Es bleibt' für einige Zeit 

flockigen Niederschläge auch starke Spritzenkanülen leicht ver- eine so gut wie schmerzlose Schwellung der Injektionsstelle 

stopft und so die Injektion erschwert. zurück, oder nicht einmal das. Die Schnelligkeit der Ein- 

Eine in der „Berliner klin. Wochenschrift“, 1910, No. 36, Wirkung ist zweifellos noch größer als nach der intraglutäalen 

von Dr. Carl Lange, Assistenzarzt der dermatologischen Injektion, was aus der größeren Resorptionsfläche zu erklären 

Abteilung des Rudolf Virchow-Krankenhauses in Berlin, ver- ist, die das Depot darbietet. Von irgendwelchen bedrohlichen 

öffentlichte Arbeit betrifft die Wassermannsche Keak- Nebenerscheinungen, wie sie zu Verfassers Erstaunen von 

tion bei mit Ehrlich s 606 behandelten Luesfällen. Von anderer Seite beschrieben werden, hat M. in 71 Fällen noch 

den im ganzen 268 Fällen, die mit 606 behandelt wurden, er- nichts gesehen. (Berl. klin. Wochenschr., 1,910, No. 33.) 

geben sich betreffs der W a s s e r m a n n sehen Reaktion A. ßlaschko erörtert in No. 35 der „Berl. klin. Wochen¬ 
folgende Resultate: Nach anfänglich positiver Reaktion wurden schrift“ einige wichtige Fragen zur Ehrlich-Hata - Behand- 

im Verlaufe von meist 4—5 Wochen negativ 153 Fälle; die Ab- lung. Die wichtigste ist die, ob das Mittel in der Tat imstande 

hängigkeit der Zeit bis zum Negativwerden der Reaktion von ist, einmal injiziert, eine definitive Heilung der Syphilis zu er- 

der Anfangsstärke der Reaktion war stets überaus deutlich. Verf. zielen. Die bisherigen Erfahrungen lehren schon, daß das 

rechnete negative Reaktion bei kompletter Hämolyse; einige jedenfalls nicht bei allen Fällen gelingt. Rezidive sind schon 

Tage, bevor dieses Resultat erreicht wird, erhält man in fast allen fast von allen Autoren, die über eine längere Beobachtungszeit 

Fällen eine Reaktion von + mit ganz minimaler Trübung, ein verfügen, gesehen worden. Die Frage ist aber, ob man über- 

Beweis, wie kontinuierlich die Reaktionsstärke zum Nullpunkt haupt in einzelnen Fällen die Krankheit im Keime ersticken 

abfällt. Negativ vor der Behandlung waren 18 Fälle, darunter ! kann und in einem wie großen Bruchteile aller F’älle eine solche 
war ein Fall von Lues maligna und ein Fall von Tabes, beide Therapia sterilisans magna möglich ist. Die Angaben über 

blieben negativ. Stets negativ reagierten auch neun Fälle, die j das Verhalten der Wasser m a n n sehen Reaktion — deren 
vor der Behandlung mit 606 mit Quecksilber behandelt w'orden j Negativwerden und dauerndes Negativbleiben ja zum mindesten 
waren. Stets negativ reagierten ebenfalls zwei Fälle von ! gefordert werden muß — lauten bei den einzelnen Beobachtern 
Primäraffekten, bei denen die negative Wassermann sehe j verschieden. Aber soweit die Serodiagnostik bis jetzt einen 
Reaktion schon bei der Injektion bestand. Fünf Fälle j Schluß zuläßt, kann bei den bisher gewählten Dosen des E h r - 
von tertiärer Lues, die vor der Injektion negativ waren, j lieh scheu Präparates der Bruchteil der definitiv Geheilten 

wurden nach derselben positiv, zwei davon sind wieder I nicht sehr groß sein. Für die Mehrzahl der Fälle konstitutioneller 

negativ geworden, einer starb bei positiver Reaktion, ! Syphilis ist ein solcher Erfolg auch unwahrscheinlich, ln allen 

und zwei Fälle zeigen heute noch positive Reaktion. Fällen von konstitutionell gewordener Syphilis ist die Verbrei- 

Nachdem die Wassermannsche Reaktion negativ ge- i tung der Spirochäten durch den ganzen Organismus eine so un- 
worden war, wurde zweimal ein Wiedererscheinen derselben geheure, daß bei der denkbar intensivsten Wirkung des Mittels 

beobachtet, bei einem trat nach zweiter Injektion wieder nega- mit der Möglichkeit, daß einige wenige Mikroorganismen nicht 

tive Reaktion ein. Der zweite Fall zeigte wenigstens eine Her- ! getroffen werden, immer gerechnet werden muß. Wir haben auf 
absetzung der Reaktionsstärke. Positiv geblieben sind 97 F’älle, j absehbare Zeit gar kein Kriterium dafür, ob das Mittet im- 
von denen 54 vollkommen unverändert waren bei einer Maxi- stände ist, eine solche definitive Heilung zu erzielen. Wir 

malbeobachtungszeit von drei Wochen, acht (zwei Erwachsene I müßten tatsächlich Jahrzehnte warten, um eine solche Behaup- 
und sechs Kinder) kamen bei positiver, zum Teil verminderter : tung aufstellen zu können. Was wir durch große Beobachtungs- 
Reaktionsstärke zum Exitus, teils an schon bestehenden Krank- reihen feststellen können, ist folgendes: Wir können konsta- 

heiten (pernieiöse Anämie, chronische Nephritis, miliare Leber- tieren: L in einem wie großen Prozentsatz der Fälle die Rezi- 

gummen, Herzgummen, luetische Darmgeschwüre), teils an dive nach 1, 2, 3, 4 Monaten, nach 1, 2, 3, 4 Jahren auftreten, 

interkurrenten Krankheiten (die Kinder an Darmstörungen). wie häufig in den einzelnen Fällen die Rezidive sind, und wie 

34 Fälle -zeigten einen deutlichen Abfall der Reaktionsstärke schwer sie sind. Dann werden wir nach ein paar Jahren sagen 

bei einer Maximalbeobachtungszeit von fünf Wochen. Nur ein können, ob und inwieweit das Ehrlich sehe Präparat dem 

Fall von schwerer Larynxlues, der auch klinisch sehr langsam Quecksilber an Wirksamkeit überlegen ist. In zwei Punkten 

zurückging, zeigte über sechs Wochen hindurch, trotz zwei- können wir diese Ueberlegenheit heute schon feststellen, ein¬ 
maliger Injektion von 606, stets eine Reaktion von ( + + +). mal in der außerordentlichen Schnelligkeit der Heilwirkung. 

U e b e r eine bequeme, schmerzlose Methode welche dem Ehrlich sehen Präparat innewohnt, und dann 

der Ehrlich-Hata-Injektion berichtet in No. 37 der in der großartigen Wirkung auf die schweren und malignen 

„Berliner klin. Wochenschr.“, 1910, Prof. Kromayer. Es Fälle von Syphilis, bei denen das Quecksilber völlig versagt hat. 

handelt sich um eine Paraffinemulsion des Ehr- Dazu kommt noch als Drittes eine Eigenschaft des neuen Mittels, 

li ch sehen Pr äpa rat e.s. Die großen Vorteile der Paraffin- welche in sozialer Beziehung nicht hoch genug angeschlagen 

emulsion gegenüber der alkalischen Lösung liegen, was Be- werden kann. Das ist die Möglichkeit, den Akt der Behand- 

quemlichkeit, sichere Handhabung und Schmerzlosigkeit he- lung selbst in einer Minute zu vollenden. Als positive Indika- 

trifft, auf der Hand. In dieser Form ist die Hatabehandlung tionen für das neue Präparat möchte Verfasser folgende auf¬ 
reif für die allgemeine Praxis. Das Verfahren ist folgendes: stellen: 1. Fälle von schwerer Syphilis, besonders solche, in 

Eine bestimmte Menge Ehrlich 606, z. B. 3 g, wird in sterilem denen Quecksilber versagt hat: 2. Fälle von Syphilis jeder 

Mörser mit wenig Paraffinum liquid, angeschlemmt und unter Krankheitsperiode, in denen Quecksilber nicht vertragen wird, 

allmählichem Zusatz weiteren Paraffins sehr fein und sorgfältig 3. Fälle, in denen kurz nach Beendigung einer Hg-Kur ein 

verrieben, in ein steriles, mit Glasstöpsel versehenes, 50 ccm Rezidiv aufgetreten ist; 4 Fälle, in denen trotz wiederholter 

haltendes Fläschchen gebracht und genau bis auf 30 ccm auf- Hg-Kuren immer yon neuem Rezidive auftreten; 5. Fälle von 

gefüllt, so daß 1 ccm der Emulsion 0,1 Ehrlich 606 enthält. Vor ganz frischer Syphilis bei noch bestehendem Primäraffekt, vor 

Gebrauch bis zum Verschwinden jeden Bodensatzes zu Ausbruch des Exanthems. In diesen Fällen müßte man, wo 

schütteln! Vor Licht zu schützen! Die Kanülen sind wegen irgend angängig, mit der Behandlung die Exzision oder thermo- 

Verstopfungsgefähr etwas stärker wie bei den Hg-Salicyl-Injek- kaustische Zerstörung des Primäraffekts verbinden, um so eine 

tionen zu wählen, und werden am besten in einer Petrischale Abortivbehandlpng zu versuchen. K r. 

unter flüssigem Parafiin aufbewahrt. Eine jedesmalige Sterili- 

ttk AFVEIlIIt, OF MICHIGAN UNI EF.SITY 0.F MICHIGAN 



No. 42. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Dr. Kai‘1 Schwabe (Frankfurt a. M.): Ueber die Wirkung des 1 
EhrlichSchen Arsenobenzols auf Psoriasis und Lichen ruber j 
planus. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 36.) 

Verfasser berichtet zunächst über einige Fälle von Psoriasis 
aus der dermatologischen Abteilung des städtischen Kranken¬ 
hauses zu Frankfurt a. M., in denen das Ehrlich-Hata sehe 
Präparat — in Dosen von 0,4—0,5 — injiziert wurde. Es trat 
zwar eine deutliche Reaktion auf, aber Heilung wurde nicht er¬ 
zielt. Verfasser hält es für wahrscheinlich, daß die ange¬ 
wendeten Dosen zu gering waren, und daß vielleicht durch 
Steigerung der Einzeldosis oder durch Wiederholung der Injek¬ 
tion Heilung zu erzielen ist. Jedoch hält er die Anwendung 
größerer Dosen eines immerhin nicht indifferenten Mittels bei 
einer relativ harmlosen Erkrankung wie die Psoriasis für nicht 
ratsam. — Dasselbe gilt von der Behandlung des Lichen ruber 
planus. In einem Fall von Lichen ruber planus fere univer- 
salis trat nach einer Infektion von 0,5 Arsenobenzol zunächst • j 
in wenigen Tagen Heilung ein; es trat jedoch nach 10 Tagen | 
ein sehr starkes Rezidiv in Gestalt einer akuten Eruption von j 
Lichen ruber planus auf. Zwei weitere Fälle von Lichen ruber 
mucosae zeigten nach 0,5 Arsenobenzol keine Beeinflussung. I 
Ein Fall von Neurodermitis chronica circumscripta, bei dem j 
gleichzeitig ein Spätsyphilid bestand, wurde durch 0,5 Arseno¬ 
benzol günstig beeinflußt. 

Dr. W. Achelis (Straßburg i. E.): Ueber die Riintgendiagnose 
der miliaren Lungentuberkulose. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 36.) 

Das Röntgenbild der ausgesprochenen Miliartuberkulose 
der Lungen zeigt eine diffuse feinste Marmorierung der im | 
ganzen nicht sehr hellen Lungenfelder, nur einzelne unregel- I 
mäßige Schatten pflegen in dem wenig kontrastreichen Bild 
stärker hervorzutreten. Bei genauer Betrachtung ist jedoch 
die Feinheit in der Zeichnung der Lungenfelder erstaunlich; 
man glaubt fast die einzelnen miliaren Knötchen gesondert 
erkennen zu können. Wenn sich dies auch nicht so verhält, | 
d. h. wenn auch die einzelnen Schatten auf der Platte nicht den ! 
einzelnen miliaren Knötchen entsprechen, so ist 1 jedenfalls das 
Bild charakteristisch für die Miliartuberkulose der Lungen. In 
einem Falle zeigte sich sogar, daß dieses typische Röntgenbild 
auch dann schon aultreten kann, wenn sich erst feinste sub- } 
miliare Knötchen finden, welche makroskopisch nur bei 
genauester Betrachtung sichtbar sind. Diese Tatsache, daß 
das Röntgenbild dei'artig feine Veränderungen in den Lungen J 
aufzudecken vermag, die selbst den Anatomen nicht ohne 
weiteres makroskopisch erkennbar sind, ließ erwarten, daß es I 
intra vitam gelingen müsse, schon sehr frühzeitig den Nachweis 
der Miliartuberkulose der Lungen mittels des Röntgenbildes zu 
führen. Einige weitere Fälle bestätigten diese Möglichkeit. 
Verfasser teilt diese Fälle mit. Es sind Fälle von tuberkulöser 
Meningitis mit Miliartuberkulose der Lungen. Diese Beob¬ 
achtungen beweisen den diagnostischen Wert der Röntgenauf¬ 
nahme bei der akuten Miliartuberkulose der Lungen. In tech¬ 
nischer Beziehung kommt es darauf an, die Aufnahme bei 
völligem Atemstillstand zu machen. Mit den modernen Instru¬ 
menten mit kurzer Expositionsdauer macht dies keine 
Schwierigkeit. 

Privatdozent J. Holmgren (Stockholm): Ein Beitrag zur Technik 
der Komprcssionsbehaiullung bei Lungentuberkulose. 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 36.) 

Die Kompressionsbehandlung der Lungentuberkulose 
scheitert nicht selten an der Unmöglichkeit, freien Pleuraraum 
zu finden. Verfasser kam nun auf den Gedanken, in derartigen 
Fällen eine indifferente Flüssigkeit, wie physiologische Koch¬ 
salzlösung einzuspritzen, um einen mit Flüssigkeit erfüllten 
Raum zwischen den Pleurablättern herzustellen, in welchem 
dann ohne Gefahr das Gaseinblasen vor sich gehen kann. Diesen 
Gedanken hat Verfasser in vier Fällen praktisch verwirklicht. 
Er bediente sich dabei des S a ugm a nn sehen Apparates zur 
Pneumothoraxbehandlung. Wenn mit der eingeführten Nadel 
freier Pleuraraum nicht angetroffeu werden konnte, also der 
typische Manometeranschlag nicht erhalten wurde, ließ er die 
Nadel sitzen, koppelte sie von dem Stickstoffgasapparat ab und 
verband sie mit der Schlauchleitung einer gewöhnlichen zu 
intravenösen Injektionen bestimmten, mit steriler physiologi¬ 
scher Kochsalzlösung von 40° C, gefüllten Spritzflasche. Mit 
Hilfe eines Gummigebläses versuchte er dann diese Flüssigkeit 
durch die Nadel einzupressen. In drei von den vier Fällen ge¬ 
lang dies. Nachdem eine genügende IHüssigkeitsmenge einge¬ 
führt war,, wurde die Nadel wieder an den Stickstoffapparat ge¬ 
koppelt und danach sogleich das Gas eingeführt, was ohne 
Schwierigkeit und ohne Zwischenfälle vor sich, ging. R. L. 

Alexander Bernstein-Kohan: Untersuchungen über den Ver¬ 
lauf und die Dauererfolge der Lungentuberkulose im Hoch¬ 
gebirge (Arosa 1750—1850 Meter ii. M.) mit besonderer Be¬ 
rücksichtigung sozial-medizinischer Momente. (Disser¬ 
tation, Zürich 1910.) 

Die Arbeit basiert auf 927 Krankengeschichten von Dr. 

O. A m rein (Arosa). Bei einer Enquete waren 320 Antworten 


635 

eingegangen. Aus diesem Material zieht Verfasser folgende 
Schlüsse: 1. Es sind nach 1—9 Jahren im ganzen 65 pCt. Dauer¬ 
erfolge, 20'pCt. Mißerfolge, 15 pCt. Todesfälle konstatiert wor¬ 
den. 2. Nach Stadien sind: 86,5 pCt. der Dauererfolge im 
ersten Stadium und in der Gruppe mit geringen Veränderungen 
zusammen, 12 pCt. im zweiten Stadium, 1,5 jpCt. im dritten 
Stadium. 3. In 84 pCt. der Dauererfolge war am Anfang der 
Kur kein Fieber und bei 82 pCt. Pulsfrequenz unter 
100 Schlägen gefunden. 4. Bei 41 pCt. der Gesamtzahl der 
Patienten sind noch physikalische Erscheinungen an alten 
Stellen ärztlich konstatiert worden, desgleichen Tuberkel¬ 
bacillen in zirka 4 pCt. der Fälle. 5. 18,5 pCt. dieser Patienten 
haben noch verschiedene subjektive Symptome und 30 pCt. 
machen noch von Zeit zu Zeit Kuren. 6. Die Dauererfolge sind 
am häufigsten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren (52 pCt.) 
und bei Patienten, welche innerhalb der ersten sechs Monate 
nach Beginn der Krankheit ihre Kur anfangen (34, 6 pCt. aller 
Dauererfolge). 7. Es erfreuen sich 63 pCt. voller Leistungs¬ 
fähigkeit, bei 10,3 pCt. ist die Leistungsfähigkeit mehr oder 
weniger reduziert, bei 2,5 pCt. aufgehoben. Berufswechsel in¬ 
folge der Krankheit ist bei 4 pCt., Wohnortswechsel bei 9 pCt. 
konstatiert. F. 

Generalarzt Dr. M. Tsuzuki und Stabsarzt Dr. K. Ishida (Japan): 
Ueber die Beeinflussung der Typhusbacillen bei Typhus¬ 
rekonvaleszenten durch Kalium jodatum sowie Acidum 
arsenicosum. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 35.) 

Typhusbacillen kommen bekanntlich in den Fäces und im 
Urin von an Typhus Erkrankten nicht nur während der Krank¬ 
heit selbst vor, sondern werden nicht selten nach völliger Ge¬ 
nesung Wochen und Monate hindurch, ja manchmal selbst das 
ganze Leben hindurch ausgeschieden. Solche Dauerausscheider 
von Typhusbacillen (Bacillenträger) stellen eine ständige Ge¬ 
fahr für ihre Umgebung dar und können immer neue Tvphus- 
epidemien ins Leben rufen. Deshalb ist ein Versuch gerecht¬ 
fertigt, das Persistieren von Typhusbacillen bei an Typhus Er¬ 
krankten schon bei der Rekonvaleszenz zu verhüten und zwar 
auf medikamentösem Wege. Die Verfasser stellten gelegent¬ 
lich einer großen Typhusepidemie in einem Artillerieregiment 
derartige Versuche an. Als Medikamente wählten sie das 
Kalium jodatum und Acidum arsenicosum. Es wurden zu den 
Versuchen Patienten gewählt, die zwei- bis drei Wochen voll¬ 
kommen fieberfrei waren. Die Patienten wurden in drei 
Gruppen geteilt, die erste Gruppe bekam Jodkalium, die-zweite 
Gruppe Acid. arsenicos. die dritte Gruppe wurde nur sympto¬ 
matisch behandelt. Das Ergebnis dieser Versuche war. daß 
aus dem Fäces und Urin der Rekonvaleszenten bei den mit 
Acid. arsenocos. Behandelten die Typhusbacillen im Durch¬ 
schnitt nach 34 Tagen, bei den mit Jodkalium Behandelten nach 
durchschnittlich 42 Tagen, bei den Unbehandelten nach durch¬ 
schnittlich 59 Tagen verschwunden waren. Auch hatten die mit 
Liquor Fowleri und Kalium jodatum behandelten Patienten 
im Vergleich zu den Unbehandelten einen besseren Appetit 
und kamen schneller zu Kräften. Um eine direkte baktericide 
Wirkung von Jodkali und Acid. arsenicos. kann es sich nicht 
handeln, denn Reagensglasversuche ergaben, daß die beiden 
Mittel nur in sehr starken Konzentrationen imstande sind, die 
Typhusbacillen abzutöten. 

Dr. Ludwig Fejes (Budapest): Bacterium coli commune als 
Krankheitserreger und als Sapropliyt beim Menschen. 
(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 35.) 

Nach einer Einleitung über die pathogenetische Bedeutung 
der Colibacillen und Anführung einiger hierher gehöriger Fälle 
aus der Literatur berichtet Verfasser über vier von ihm in der 
zweiten medizinischen Universitätsklinik zu Budapest beob¬ 
achteten Fälle. In allen vier Fällen wurden Colibacillen im 
Blut durch bakteriologische Untersuchung nachgewiesen. Im 
ersten Falle erkrankte ein 18 jähriges Dienstmädchen im An¬ 
schluß an eine Angina unter schweren fieberhaften Allgemein¬ 
erscheinungen, die Verfasser als Coli-Sepsis auf faßt; es war 
eine Lebervergrößerung nachweisbar, die Verfasser auf eine 
Cholangitis zurückführt, verursacht durch die in die Gallen¬ 
wege gelangten Colibacillen, hieran schloß sich ein Pleura¬ 
exsudat; die Probepunktion förderte 10 ccm einer seropuru¬ 
lenten Flüssigkeit zutage, aus welcher Colibakterien gezüchtet 
wurden. Unter interner Behandlung wurde die Kranke ge¬ 
heilt. — Der zweite Fall betrifft eine 28 jährige Frau, welche 
im Anschluß an eine Angina einen etwa faustgroßen Absceß 
an der linken Seite des Halses bekam, welcher eröffnet wurde. 
Aus dem Absceßeiter wurde derselbe Colistamm gezüchtet wie 
aus dem Blut. Im dritten Fall handelte es sich um einen 
39 jährigen Mann, welcher nach einer schweren, durch eine 
Explosion verursachten Kopfverletzung unter typhösen Er¬ 
scheinungen erkrankte und starb. Die Sektion ergab Typhus, 
während die bakteriologische Blutuntersuchung eine Reinkultur 
des Bacterium coli ergeben hatte. Im vierten Fall handelte 
es sich um eine Gallensteinkolik bei einer 54 jährigen Frau 
mit Ikterus und kurzem Fieberanfall, wobei die Blutunter- 




636 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 42. 


suchung Bacterium coli commune mit Staphylococcus aureus 
und Streptococcus longus ergab. In diesen beiden letzten 
Fällen nimmt Verfasser an, daß es sich nur um ein saprophy- 
tisches Wachstum der Colibacillen im Blute handelte, daß diese 
aber nicht die eigentlichen Krankheitserreger waren. 

Herbert Bodenstein (Jena): Ein Fall von Peritonitis bei der 
Gonorrhoe des Mannes. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 36.) 

Die Beteiligung des Peritoneums bei der Gonorrhoe des 
Mannes ist sehr selten; trotzdem die Prostata, Samenblasen 
oder das ampulläre Ende des Vas deferens in nahen lokalen 
Beziehungen zum Bauchfell stehen. Auch auf dem Wege der 
Blut- und Lymphgefäße kann das Virus der Gonorrhoe an das 
Peritoneum gelangen. Verfasser berichtet über einen Fall, bei 
dem es nach einer G u y o n sehen Instillation von % proz. 
Argent. nitric.-Lösung zu einer Reizung des Bauchfells kam. 
Es traten Leibschmerzen und leichte Temperaturerhöhung nach 
der Instillation auf. Wegen Verdacht auf Appendicitis wurde 
der Patient auf die chirurgische Klinik verlegt, wo sofort nach 
der von Riedel angegebenen Methode des Zickzackschnittes 
operiert wurde. In der Bauchhöhle fand sich sehr viel klarer 
seröser Erguß, der Darm war absolut nicht entzündet und die 
Appendix normal. Diese wurde exstirpiert, der Stumpf ver¬ 
sorgt und die Bauchhöhle vollständig geschlossen. Der weitere 
Verlauf war glatt, auch die Gonorrhoe heilte in einigen Wocheu 
aus. Eine bakteriologische Untersuchung der Bauchhöhlen¬ 
flüssigkeit wurde nicht gemacht, so daß nicht zu entscheiden 
ist, ob es sich hier um eine chemische oder bakterielle Ent¬ 
zündung des Peritoneums handelte. R. L. 

Privatdozent Dr. R. Pollaiul, I. Assistent der Klinik; Ueher den 
Wert der internen Gonorrhoe-Therapie. (Versuche mit 
Aluminiumsubaeetat.) Aus der Grazer Dermatologischen 
Klinik (Vorstand Prof. Dr. Matzenauer). (Oester- 
reichische Aerzte-Zeitung, 1910, No. 17.) 

Aluminium subacetat (trockene schwerlösliche 
essigsaure Tonerde) wurde an der Grazer Dermatologischen 
Poliklinik in Form der Gelonida Alu mini i suliace- 
tici (Chemische Fabrik Goedecke & Co., Leipzig) in der 
Gonorrhoe-Therapie verwendet; es gehört zur Gruppe der 
Harnantiseptica, wie Urotrooin, Arhovin, Salol u. a., mit denen 
es die Eigenschaft gemein hat, die unangenehmen subjektiven 
Symptome, w r ie Schmerz, Tenesmus usw., zu bessern, ohne 
gleichzeitig unangenehme Nebenwirkungen zu haben, wie 
manche Balsamica. Die Gelonida Aluminii subacetici entfalten 
desinfizierende und schmerzlindernde Wirkung im Harntrakt 
sekundär nach primärer Desinfektion des Darmkanals. Die 
baktericide Wirkung des Aluminiumsubacetats > haben Prof. 
Bickel im Pathologischen Institut der Universität in Berlin 
und Blasius im Hygienischen Institut der Universität Halle 
nachgewiesen. Der therapeutische Wert des Aluminiumsub¬ 
acetats wird wesentlich gefördert durch seine Verabreichung 
als Gelonida, d. s. Tabletten von absolut sicherer Zerfallsfähigkeit 
(nach einem zum Patente angemeldeten Verfahren der Firma 
Goedecke & Co.. Leipzig, hergestellt), wodurch die Gewähr 
dafür gegeben ist. daß das Medikament bereits Im Magen seine 
Wirksamkeit entfaltet resp. rasch resorbiert werden kann. Die 
..Gelonida Aluminii subacetici“ wurden an 53 Fällen von 
Gonorrhoe erprobt, sie wurden ausnahmslos gern genommen, 
nie wurde über unaneenhmen Nachgeschmack, Aufstoßen oder 
Uebelkeit geklagt. Meist machte sich eine leicht abführende 
Wirkung geltend, die eine willkommene Unterstützung der 
therapeutischen Wirkung war (wo sie vermieden werden soll, 
braucht man nur Gelonida Aluminii subacetici No. II [sulfat- 
frei] zu geben, die in dieser Beziehung neutral oder leicht 
stopfend wirken). Bei den akuten Fällen (20) trat keinerlei 
Komplikation auf, die Patienten konnten durchschnittlich nach 
3—4 Wochen gonokokkenfrei entlassen werden; sehr günstig 
waren die Erfolge bei Cystitis gegen die neben der internen 
Darreichung Ja net sehe Spülungen gemacht wurden. In 
mehreren Fällen von Epididymitis war in 2—4 Wochen allein 
durch Gelonida Aluminii subacetici eine so vollkommene Auf¬ 
hellung des Urins erzielt worden, daß nach Ablauf der Epidi¬ 
dymitis eine Nachbehandlung des Trippers unterbleiben konnte. 

P o 11 a n d resümiert seine Erfahrungen dahin, daß die 
..Gelonida Aluminii subacetici“ den besten Harnantiseoticis an 
die Seite gestellt werden können, da sie vor allem keinerlei 
störende Nebenwirkungen erkennen lassen. Ein besonderer 
Vorzug ist die durch die Eigenschaft der Gelonida-Tabletten 
gewährleistete vollkommene Ausnutzbarkeit und gleichmäßige 
Wirkung. H. 

L. Halberstaedtcr (Berlin): Entsteht der Trachomerreger durch 
Mutation des Gonococcus? (Berlin, klin. Wochenschr., 1910, 
No. 32.) 

In einer vor kurzem erschienenen Monographie: „Ueber 
die Natur und die Herkunft des Trachomerregers“ hat Herzog 
die These aufgestellt, daß der Trachomerreger, wie er sich in 


den vom Verfasser und v. Prowazek beschriebenen Chlamy- 
dozoen präsentiert, eine Umwandlungsform des Gonococcus 
darstellt. Den Ausgangspunkt für die Herzog sehen Unter¬ 
suchungen in dieser Richtung bilden die Befunde S t a r - 
g a r d t s , welcher zuerst das Vorkommen von Chlamydozoen 
bei der Ophthalmoblennorrhoe der Neugeborenen feststellte, 
sowie vor allem die Untersuchungen von Hey mann, welcher 
in sämtlichen bis dahin untersuchten Fällen von echter Gono- 
kokkenblennorrhoe der Neugeborenen stets reichlich Trachom¬ 
einschlüsse in den Epithelien der Conjunctiva fand. Dieses 
Verhalten, wonach die Trachomkörper in auffälliger und mar¬ 
kanter Weise regelmäßig in Vergesellschaftung ausschließlich 
und gerade mit dem Gonococcus Neisser angetroffen werden, 
veranlaßte Herzog zu der Annahme, daß zwischen den Ele¬ 
menten der Trachomkörper und dem Gonococcus ein direktes 
Abhängigkeits- und Konnexverhältnis besteht. Da nun 
Herzog keine Möglichkeit sieht, die Chlamydozoen des 
Trachoms an irgendeine der bisher bekannten Gruppen des 
niedern Tier- und Pflanzenreiches anzugliedern, so folgert er, 
daß überhaupt ein Verständnis für die Gruppe der Chlamydo¬ 
zoen als protozoenartige Gebilde fehlt. Da ihm weiterhin von 
namhaften Forschern, denen er gefärbte Trachompräparate vor¬ 
legte. gesagt wurde, daß es sich bezüglich der Epitheleinschlüsse 
um Kolonien von Bakterien handeln könne, war für Herzog 
der Weg zur Konstruktion eines Zusammenhanges zwischen 
Gonokokken und Trachomerregern gegeben, und es kam für 
ihn nun darauf an, den direkten Uebergang deiu. Gonokokken 
in die Trachomkörperchen festzustellen und zu verfolgen. 
Dazu diente erstens das Studium der Gonokokkenkultur mit 
Hilfe der Giemsa sehen Färbung, zweitens die klinische Be¬ 
obachtung und mikroskopische Untersuchung geeigneter Fälle 
und drittens der Versuch,, experimentell durch Verimpfung 
von Gonokokken auf die Coniunctiva Epitheleinschlüsse in der¬ 
selben zu erzeugen, wie sie für Trachom charakteristisch sind. 
H. geht nun auf diese drei Punkte im einzelnen ein und kommt 
zu dem Schluß, daß weder das morphologische Verhalten der 
Gonokokken in Kulturen, noch Uebertragungsversuche mit 
solchen auf die Affenconjunctiva, auch nicht die vielen bisher 
vorliegenden Untersuchungen an gonorrhoisch und trachomatös 
erkrankten Schleimhäuten irgendwelche Anhaltspunkte für das 
Bestehen eines Konnexes zwischen Gonokokken und Chlamvdo- 
zoen geben. Es bestehen vielmehr zwischen diesen beiden 
Organismen die weitgehendsten morphologischen und biologi¬ 
schen Unterschiede. Die Annahme Herzogs, daß der 
Trachomerreger durch Mutation des Gonococcus entsteht, ist 
als unbewiesen vorläufig abzulehnen. 

Dr. O. Burwinkel (Bad Nauheim): Morbus coeruleus bei vier 
Generationen. (Berl. klin. Wochenschr., 1910, No. 21.) 

Verfasser hatte Gelegenheit, einen 54 jährigen Patienten 
mit Morbus coeruleus zu untersuchen, dessen Familienanam¬ 
nese ergab, daß schon die Großmutter, welche sonst ganz ge¬ 
sund war und mit 76 Jahren an Altersschwäche starb, von 
Kigdheit an mit ..Blausucht“ behaftet war, ebenso die Mutter, 
welche im 44. Lebensjahre an Entkräftung zugrunde ging. Ein 
jüngerer Bruder des Pat. sah normal aus, die noch lebende 
Schwester zeigt ebenso, wie ihr einziges Kind ganz blaue Haut¬ 
farbe. Von den eigenen drei Kindern bieten eine 18 jährige 
und eine 10jährige Tocher die gleichen Erscheinungen dar; 
sonst sind sie bis auf schwache Verdauung durchaus wohl. Wie 
diese ganze Reihe von Familienangehörigen hat auch der vom 
Verf. Untersuchte von Geburt an das auffällige Hautkolorit ge¬ 
zeigt. Krank war er niemals. Bei der Musterung wurde ein 
Herzfehler konstatiert, er wurde aber doch für tauglich erklärt.- 
Er präsentiert sich als ein kräftig gebauter Mann. Die Haut¬ 
farbe ist überall stahlblau. Puls von ganz normaler Beschaffen¬ 
heit. Keine Anzeichen für Drucksteigerung oder Arterio¬ 
sklerose. Herzdämpfung nicht vergrößert. Im 5. Tntercostal- 
raum unterhalb der linken Brustwarze ist ein systolisches Ge¬ 
räusch zu hören, welches am deutlichsten wird neben dem 
linken Sternalrand in der Höhe der 3. Rippe. Die übrigen 
Töne rein. Die einzige Klage ist ein beständiges Kältegefühl 
der Haut. Verfasser nimmt zur Erklärung des Falles einen 
angeborenen Herzfehler an, den man von altersher als Ursache 
des Morbus coeruleus bezeichnet hat. Das gehäufte Vorkommen 
bei verschiedenen Generationen einer Familie spricht für einen 
auf fehlerhafter Entwicklung beruhenden wirklichen Defekt, 
wahrscheinlich im Septum beider Atrien. Solche Entwicklungs¬ 
fehler des Herzens bestehen oft ohne eigentliche Symptome 
und ohne Störung der Gesundheit das ganze Leben hindurch. 

Dr. Fritz Härtel, Assistent der Berl. chir. Universitätsklinik: 
Saugdrainage der Pleurahöhle. (Berl. klin. Wochenschr., 
1910, No. 25.) 

Das vom Verfasser beschriebene Verfahren der Saug¬ 
drainage eignet sich zur ambulanten- Nachbehandlung von 
Empyemen, die mit Rippenresektion eröffnet sind, sowohl in 
frischen wie in alten Fällen, sowie nach Thoracoplastik, falls 
danach Fisteln Zurückbleiben sollten. In gewissen Fällen ist 



No. 42j 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


diese Behandlung nicht anwendbar; es sind dies zunächst 
Empyeme mit gleichzeitig bestehender Lungenfistel, ferner 
Fälle mit sehr profuser und besonders jauchiger Absonderung. 
Auch setzt die Anwendung eine gewisse Intelligenz des Patien¬ 
ten voraus, so daß kleine und unruhige Kinder auszuschließen 
sind. 

Der Apparat des Verfassers ist von großer Einfachheit. Er 
läßt usich .Jyeguenj, ,aus : , iseinpn Bestandteilen zp^ajnjnensetzen, 
die alle.für sich sterilisierbar sind. Den Abschluß der Pleura¬ 
höhle, , bewerkstelligt Verfasser nach dem Vorgänge von 
Grisson in'Hamburg durch eine dünne, etwas 10—15 qcm 
große Platte aus Cofferdams. Rubber dam. Es ist dies 
ein außerordentlich feiner und dehnbarer Kautschukstoff, den 
die Zahnärzte zur Isolierung der zu füllenden Zähne benutzen. 
In die Mitte dieser Platte wird mit einer scharfen Lochzange, 
wie sie ebenfalls zum zahnärztlichen Instrumentarium gehört, 
ein genau kreisrundes Loch von 1—2 mm Durchmesser ge¬ 
schnitten. Die Dehnbarkeit des Cofferdams gestattet es, durch 
dieses Loch ein bis daumenstarkes Drain, eine Schlundsonde 
oder einen Nelatonkatheter luftdicht einzuführen, ohne daß die 
Platte einreißt. Stellt man nun vermittelst des Drains in der 
Pleurahöhle einen negativen Druck her, so saugt sich die Platte 
alsbald der Umgebung der Wunde dicht an und garantiert einen 
fast vollkommen sicheren luftdichten Abschluß, der durch Be¬ 
streichen der Haut mit Salbe und durch eine auf die Gummi¬ 
platte gelegte und mit Heftpflaster oder Binden fixierte Kom¬ 
presse nofch erhöht wird. Verfasser hat noch 24 Stunden nach 
der Aspiration negativen Druck in der Pleurahöhle mit dem 
Manometer nachweisen können. Das Drain wird zur weiteren 
Sicherung noch mit einer Fadenschlinge und Heftpflaster am 
Verband befestigt nach Art eines Dauerkatheters. Zum Auf¬ 
saugen des Eiters hat Verfasser ein doppelhalsiges Fläschchen 
anfertigen lassen, das platt gedrückt ist und etwas gebogen 
sich der Körperform anschmiegt. Der Inhalt beträgt je nach 
Größe 80—200 ccm. Die Hälse der Flasche sind ähnlich, wie 
dies bei den Klapp sehen Sauggläsern der Fall ist, gebogen 
und am Ende knopfartig verdickt zwecks Befestigung von 
Gummischläuchen. Das Fläschchen wird durch den einen Hals 
mit dem in die Pleurahöhle eingeführten Drain verbunden, 
vom zweiten Hals aus wird durch Vermittlung eines stark- 
wandigen Gummischlauchs die Saugkraft angewendet. Zur 
dauernden Aufrechterhaltung eines negativen Druckes eignen 
sich hier gut die in der Klapp sehen Saugbehandlung üblichen 
Gummiballons. Bezugsquelle für den kompletten Apparat und 
seine Teile: Firma Windler, Berlin, Friedrichstr. 133a; für 
Cofferdam und Lochzange: Firma The S. S. White, Dental 
Mfg. 6., Bprb'n W.. Mauerstr. 83/84. 

Die Kosten eines Apparates stellen sich auf etwa 5 M., 
wenn man von der ziemlich teuren Lochzange (13,50 MA ab¬ 
sieht: man kann sich indessen den Gummi von der Firma 
lochen lassen. 


Oberstabsarzt Dr. Schmiz (Saarbrücken): Ueber spontane Gan¬ 
grän bei Jugendlichen. (Medizinische Klinik, 1910, No. 19.) 

Die spontane Gangrän schlechthin galt bis vor nicht langer 
Zeit als eine Krankheit des Alters und sie führte daher auch 
den Namen Gangraena senilis. Wenn nun auch einzelne Fälle 
von spontaner Gangrän bei jüngeren Leuten bekannt wurden, 
so galten diese doch nur als zufällige Ausnahmen. Erst die 
anatomische Untersuchung eines 1879 von B i 11 r o t h wegen 
Gangrän des Fußes operierten Falles durch v. Winiwarter 
ergab als Ursache eine von der gewöhnlichen Arteriosklerose 
verschiedene Gefäßerkrankung, Verengerung beziehungsweise 
Verschluß des Gefäßlumens durch Endothelwucherung. B i 11 - 
roth stellte dann, gestützt auf diese Untersuchung, als be¬ 
sondere Gruppe der Spontangangrän, die Gangraena ex endar- 
teriitide hyperplastica auf. Es war dieser Krankheitsprozeß 
analog der bereits 1876 von Friedländer geschilderten 
Endarteriitis obliterans, nur daß dieser die mittleren und 
kleineren Arterien bei entzündlichen und indurativen Vor¬ 
gängen, also nicht primär und nicht die größeren Arterien be¬ 
fiel. Nachdem so das Krankheitsbild sui generis aufgestellt 
war, folgten bald darauf weitere Veröffentlichungen. Die Ge¬ 
fäßerkrankung braucht aber nicht immer zur Gangrän zu 
führen, sondern sie kann auch stationär bleiben. Die Krank¬ 
heit beginnt fast ausnahmslos bei Männern, ohne daß Diabetes, 
Lues, Nieren-. Herz- oder Nervenkrankheiten vorhanden sind, 
im mittleren Lebensalter an den Füßen und Beinen, äußerst 
selten an den Händen mit allgemeinen Schmerzen, die als 
rheumatische gedeutet werden. Charakteristisch ist für diese, 
daß sie bei langsamerem Gehen oder Anstrengungen stärker 
werden, in der Ruhe verschwinden. Es treten dann krampf¬ 
artige Zusammenziehungen der Muskeln auf. Kribbeln, leichtes 
Kältegefühl stellt sich ein. Die Gliedmaßen bekommen blau¬ 
rotes oder blasses Aussehen, bisweilen machen sich leichte 
Schwellungen bemerkbar. Die Empfindung ist stets erhalten, 
Krampfadern sind nicht sichtbar. Die Arterien sind als derbe 
Stränge ohne Schlängelung wahrzunehmen, der Puls an der 


637 


Poplitea und deren Aesten ist nur schwach oder gar nicht 
fühlbar. Mit den obigen Beschwerden geht ein 

Schwächegefühl in den betreffenden Gliedmaßen einher. So 
kommt es, daß das betreffende Bein geschont wird, was 
C h a r c o t Claudication intermittente nannte, welches die 
heutigen Neurologen als Dysbasie bezeichnen. Die Schmerzen 
steigern sich allmählich, und sind fast ständig vorhandel» sie 
stören den Schlaf und rauben die Kräfte, bringen den Kranken 
zur Verzweiflung und treiben ihn unweigerlich dem Morphinis¬ 
mus in die Arme. Dieser Zustand kann eine Reihe von Jahren 
dauern, bis schließlich durch ein geringfügiges Trauma, durch 
Stiefeldruck oder durch eine ganz geringfügige Wunde die 
Katastrophe, die Gangrän, einsetzt. Es zeigt sich an einer oder 
mehreren Zehen gleichzeitig ein kleiner blauroter Fleck, der 
bald schwarz und trocken wird, sich vergrößert und unaufhalt¬ 
sam fortschreitet unter stetiger Zunahme der Schmerzen, so daß 
die Kranken nicht wissen, wie sie die Beine legen sollen; selbst 
große Dosen Morphium lindern nur vorübergehend die 
Schmerzen, die schließlich so stark werden, daß die Demarka¬ 
tion nicht abgewartet werden kann und die Kranken selbst zur 
Amputation drängen, nur um von ihren Qualen befreit zu wer¬ 
den. Es braucht aber nicht stets zur Gangrän zu kommen, 
sondern es kann bei dem anfangs geschilderten leichteren 
Symptomen bleiben. 

Die Therapie in den ersten Stadien besteht in Ruhe, Ver¬ 
meidung von Anstrengungen, Hochlagerung der Gliedmaßen, 
heißen Luft- und Wasserbädern, Badekuren in Kissingen und 
Nauheim und sonstigen herzstärkenden Maßnahmen. Vor 
Massage wird gewarnt. Tabaksgenuß ist stets zu verbieten. 
B i 11 r o t h und Erb empfehlen die Jodpräparate. Michels 
hat in einem von zwei Fällen eine Besserung nach Fibrolysin 
gesehen, welches Verfasser bei dem von ihm beobachteten 
Kranken nur bestätigen kann. Ist Gangrän eingetreten, so warte 
man die Demarkierung ab und sorge durch aseptischen oder 
antiseptische Verbände, daß der Brand ein trockener bleibt. 
Es gelingt aber selten, die Demarkation abzuwarten. Die qual¬ 
vollen, nicht aufhörenden Schmerzen oder die eingetretene Ent¬ 
zündung zwingen vorher zur Amputation. Bei der Natur der 
Erkrankung soll man nicht zu nahe an die Grenzen gehen. Sehr 
viele Operateure waren zur erneuten Amputation gezwungen, 
da sie sich nicht, zumal bei den Jugendlichen, gleich zu höheren 
Absetzungen entschließen konnten. 

Privatdozent Dr. Alfred Fuchs (Wien): Ueber Beziehungen der 
Enuresis nocturna zu Rudinicntärformen der Snina bifida 
occulta (,.Myelodysplasie“) ■ (Wiener med. Wochenschr., 
1910, No. 27.) 

Verfasser suchte schon in einer früheren Arbeit den Nach¬ 
weis zu erbringen, daß die Enuresis nocturna der Erwachsenen 
in einer großen Anzahl häufig nichts anderes vorstellt, als ein 
Teilsymptom rudimentärer Formen der Spina bifida occulta, 
bezw. zurückzuführen sei auf kongenitale Defektbildung der 
unteren Rückenmarksabschnitte (..Myelodysplasie“). Bei 
solchen Individuen finden sich nämlich neben den Inkontinenz- 
erscheinungen gewisse Stigmen, welche in vergrößertem Ma߬ 
stabe bei der vollentwickelten Spina bifida occulta fast konstant 
sind: Spaltbildungen der unteren Wirbelsäuleabschnitte, Defor¬ 
mationen des Fußskelettes, Syndaktylie. Reflexanomalien, 
Sensibilitätsstörungen usw. Verfasser hat diese auffallend. 
häufig nachweisbaren Rudimentärformen der Spina bifida 
occulta unter dem Namen derMyelodysplasie“ zusammengefaßt. 
Eines derjenigen Symptome, welches überhaupt zunächst Anlaß 
gibt, daß nähere Untersuchungen angestellt werden, ist die 
Enuresis nocturna solcher Individuen. In weiterer Verfolgung 
des gleichen Weges hat Verfasser seine Untersuchungen, auf 
der bei den erwachsenen Enuretikern gefundenen Basis, auf 
Individuen ausgedehnt im Alter der Pubertätszeit und auf das 
Kindesalter, bis zu jener Grenze, wo die Enuresis nocturna 
physiologischerweise aufzuhören pflegt. Diese Grenze läßt sich 
begreiflicherweise nicht sicher ziehen, aber besondere Häufig¬ 
keit und Hartnäckigkeit der Enuresis nocturna bei Kindern 
von drei bis vier Jahren muß jedoch schon auffällig erscheinen. 
Bei Kindern in diesen und den folgenden Altersstufen von 5, 
6, 8 Jahren usw.. bei welchen schwerere Enuresisformen be¬ 
stehen bleiben, findet man auch tatsächlich, und zwar in einem 
Prozentsätze, welcher 50 pCt. weit überschreitet, iene Stigmen, 
welche bei den erwachsenen Enuretikern so oft anzutreffen 
sind. Speziell auffallend ist bei enuretischen Kindern (sowie 
Erwachsenen) die Häufigkeit des Plattfußes. Offenbar spielt 
hier der Muskeltonus eine große Rolle, welcher ebenso wie die 
anderen Rückenmarksfunktionen in den unteren Medullar- 
abschnitten notleidend ist. Ein weiteres Moment, auf welches 
Verfasser aufmerksam wurde, ist 1. die relative Häufigkeit auf¬ 
fallender Asymmetrien an der Rima ani und 2. das häufige Vor¬ 
kommen von narbenartig eingezogenen Grübchen, der sog. 
..Fovea coccygea“, bei enuretischen Kindern, ferner fistelartige 
Einziehungen der Sacrococcygealgegend, welche Symptome sich 
bei zahlreichen Erwachsenen auch vorfinden, bei Verfassers 




638 


THERÄPEUT'ISCÖE ’ RI NDSCH \U 1!M0. 


No. 42: 


Material in fast.63 pC't. Die Asymmetrie der Rima ani laßt 
sich durch asymmetrisches Wachstum des Kreuzbeines er¬ 
klären, während Verfasser mit Rücksicht auf die Häufigkeit 
ihres Vorkommens bei Enuretikern diesen eingezogenen Grüb¬ 
chen und fistelartigen Narben eine geradezu pathognöHranische 
Bedeutung zusprechen möchte. Verfassers Untersuchungen 
führen zur Ansicht, daß auch die Enuresis der Kinder sowie 
die der Erwachsenen nicht als eine „Neurose" im landläufigen 
Siime des Wortes aufzufassen ist, sondern als eine Erscheinung, 
welche in unmittelbarer Abhängigkeit steht von der Funktions¬ 
entwicklung der unteren Rückenmarksabschnitte, Die Frage, 
welcher Anteil hierbei auf das sympathische und welcher auf 
das spinale Nervensystem entfällt, bleibt hierbei ganz offen, 
kommt aber hier auch weniger in Betracht, da ja auch bei 
spinalen Störungen eine Mitbeteiligung sympathischer Ge¬ 
flechte ohne weiteres verständlich erscheint. Mit dieser An¬ 
schauung steht der bekannte Verlauf der Enuresis nocturna, 
die Pausen, welche sie machen kann, und allfällige Besserungen 
durch suggestive Beeinflussung mittels Medikamente usw. in 
gar keinem Widerspruche. Man darf nicht vergessen, daß 
außer der spinalen Innervation in jedem Falle noch die cere¬ 
brale in Betracht kommt. K r. 


Prof. Finkelnburg (Bonn): Beitrag zur therapeutischen An 

Wendung der Hirnpunktion heim chronischen Hydrocephalus. 

(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 36.) 

Verfasser berichtet über einen Fall, in welchem durch die 
Hirnpunktion nach Ne iss er ein bemerkenswertes therapeu¬ 
tisches Resultat erzielt wurde. Es handelte sich um einen 
16 jährigen Jüngling, bei welchem sich zwei Jahr nach einem 
Fall auf dem Hinterkopf ein Symptomenbild entwickelte, 
welches auf einen, raumbeengenden Prozeß in der Schädel¬ 
höhle hindeutete. Vor allem bestand beiderseits hochgradige 
Stauungspapille mit kleinen Blutungen, deutlicher Nystagmus, 
Pulsverlangsamung bis 56, sehr heftige andauernde Kopf- 
nackenschmerzen. Wegen der chronischen progressiven Ent¬ 
wicklung des Leidens kam eine Neubildung und ein chroni¬ 
scher Hydrocephalus diagnostisch in Betracht. Die Herd¬ 
symptome deuteten auf den Sitz des Leidens in der hinteren 
Schädelgrube. Da aber ein Hydrocephalus erfahrungsgemäß 
vollständig das Bild einer Kleinhirngeschwulst Vortäuschen 
kann mußte.die Diagnose zunächst offen gelassen und in erster 
Linie daran gedacht werden, durch Entlastung des Gehirns die 
bedrohlich sich steigernden Hirndruckerscheinungen zu be¬ 
seitigen. Es wurde deshalb durch Prof. Garre eine Hirn¬ 
punktion in der Gegend der linken motorischen Zentren vor¬ 
genommen, wobei in einer Tiefe von 5 cm annähernd 20 ccm 
einer unter starkem Druck stehenden Flüssigkeit entleert 
wurden. Nach diesem Eingriff setzte sofort eine deutliche Besse¬ 
rung ein; am sechsten Tag fand sich bereits ein deutlicher 
Rückgang der Stauungspapille und eine deutliche Zunahme 
des Hörvermögens, Die Besserung machte weiter solche Fort¬ 
schritte, daß von weiteren Eingriffen Abstand genommen wer¬ 
den konnte. Der Kranke ist jetzt über zwei Jahre völlig arbeits¬ 
fähig und gesund geblieben. —- Verfasser weist im Anschluß 
an diesen Fall darauf hin, daß es Fälle von gutartigen Klein¬ 
hirncysten gibt, bei denen zweifellos die Hirnpunktion lebens¬ 
rettend wirken würde. Er teilt einen derartigen Fall mit, der 
noch vor der Einführung der Neisserschen Hirnpunktion 
beobachtet wurde und ohne Operation töttich endete. Die Sek¬ 
tion ergab, daß eine Kleinhirncyste vorlag, welche sich augen¬ 
scheinlich in einer kongenitalen Ausstülpung, in einem abge¬ 
schnürten Divertikel des IV. Ventrikels entwickelt hatte. Für 
die Hirnpunktion hätte dieser Fall nach Verfasser sehr günstige 
Chancen geboten. 


Dr. N. Gierlieh und Dr. M. Hirsch (Wiesbaden): Tuberkel im 
Hirnstamm mit Sektionsbefund. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 35.) 

Bei einem Kinde entwickelte sich innerhalb zwei Jahren 
eine linksseitige Hemiplegie cerebralen Charakters, gleich¬ 
zeitig mit Hirndrucksymptomen, Kopfschmerzen, Schwindel, 
Ohnmächten, Stauungspapille. In der Annahme eines Tumors 
in der Gegend der rechten'vorderen Zentralwindung wurde 
operiert; jedoch fand sich in der bezeiehneten Gegend kein 
Tumor. Später trat eine rechtsseitige Oculomotoriuslähmung 
auf, welche zur Diagnose eines Tumors im Hirnstamm führte. 
Zwei Monate nach der Operation, 2 1 : Jahre nach Beginn der 
ersten Erscheinungen starb das nun etwa vierjährige Kind: Bei 
der Sektion fand sich ein Tuberkel in den basalen Partien des 
Hirnstamms, der von den frontalen Partien des Pons bis zur 
Regio subtbalamica reichte. Die irreführende Entwickelung 
der Krankheitssymptome war bedingt durch den Beginn der 
Erkrankung im Hirnstamm zwischen den Kernlagern des 
N. oculomotorius und N. trigeminus im Areal der Pyramiden¬ 
bahn. 


Privatdozent Dri'M: Neu (Heidelberg): Ein Verfahren zni- Stick- 
oxydulsauerstoffnarkose, (Münch, nied. Wochenschrift, 1910, 
No. 36.) . 

Es war Madelung' iii Versuchen an Kaliinrhen'' und 
Hunden gelungen, mit dem als Lachgas'bekannten Gemenge 
von 'Ir Stickoxydul und Sauerstoff, welches Gemenge an 
sich zur Narkose völlig'unzureichend Ist, nach der Vorbehand¬ 
lung mit Morphin-Scopolamin eine sehr tiefe Narkose zu er¬ 
zielen. Als einziger Uebelstand erschien bei diesen Versuchen 
eine verlangsamende Wirkung auf die Atemfrequenz bei den 
Kaninchen, während beim Hunde die Atmung weit weniger 
verlangsamt ist. Nach Unterbrechung der Narkose erholten 
sich die Tiere in überraschend kurzer Zeit. Auf Grund dieser 
ermutigenden Ergebnisse prüfte Verfasser in der Heidelberger 
UniVersitätsfraueaiklinik die Verwendbarkeit dieser kombinier¬ 
ten Narkose beim Menschen. Anfangs wurde versucht, ein 
Gasgemisch von 20 pCt. Sauerstoff und 80 pCt. Stickoxydul aus 
einem fabrikmäßig hergestellten und in einer Bombe kompri¬ 
mierten Gemisch der verflüssigten Gase direkt zu verwenden. 
Indes erwies sich dieses Vorgehen als unzweckmäßig, es wurde 
keine genügende Wirkung erzielt, wahrscheinlich weil infolge 
von Temperaturschwankungen aus der Bombe ein richtig 
dosiertes Gasgemisch nicht ausströmte. Deshalb ging Verf. 
dazu über, aus zwei, getrennten Bomben ein exakt dosiertes 
Gasgemisch zu entnehmen. Er benutzte dazu einen neuerdings 
in die Gastechnik eingeführten Apparat, den sog. „Rotamesser“, 
welcher nicht Gesamtmengen von durchströmenden Gasen, wie 
die gewöhnlichen Gasmesser, mißt, sondern die Stärke des 
Gasstromes; Wenn man nun den Apparat so einstellt, daß der 
Schwimmer des Sauerstoffmessers auf 1, der des Stickstoff¬ 
oxydulmessers auf 4 steht, so hat man ein Volumprozentver¬ 
hältnis von 20 : 80, es strömen dann in der Minute 1 Liter Sauer¬ 
stoff und 4 Liter Stickstoffoxydul durch die Meßröhren. Man kann 
den Apparat auch so einstellen, daß z. B. 2 Liter Sauerstoff und. 
8 Liter Stickstoffoxydul in der Minute Zuströmen usw. Man 
kann also mittels dieses „Rotamessers“ in der Tat eine völlig 
exakt dosierte Stickoxydul-Narkose durchführen. Es wurde 
diese neue Narkose in der Heidelberger Universitätsklinik u. a. 
bei 10 Abrasionen, 10 Alexander - Adams - Operationen 
sowie auch bei einigen größeren Abdominaloperationen 
(darunter Totalexstirpationen) angewendet. Bisher wurden 
nur dann Versager verzeichnet, wenn es sich um abdominelle 
Eingriffe handelte, bei denen starke Verwachsungen im Becken 
bestanden und starke Zerrungen während der Operation unver¬ 
meidbar waren. Die Pulsfrequenz geht mit der Tiefe der Nar-, 
kose zurück, die Atemfrequenz bleibt in der Regel innerhalb 
der Norm. Der Cornealreflex. ist in der Regel nicht vorhanden. 
Die Patienten erwachen wenige Minuten nach Absetzen der 
Masken aus der Narkose. Erbrechen nach der. Narkose wurde 
bisher in drei Fällen beobachtet. Irgendwelche Späterschei¬ 
nungen,; die. auf;.die-Narkose zu. beziehen wären, machten sieh - 
nicht bemerkbar. Verfasser hofft auf Grund seiner Erfahrun¬ 
gen, daß die kombinierte Morphin-Scopolamin-Stickoxydul- 
Sauerstoff-Narkose als eine brauchbare, unschädliche Methode 
sich weiter erweisen wird. Verfasser ist in Verbindung mit 
den deutschen Rotawerken in Aachen damit beschäftigt, eine 
für die Klinik leicht zu handhabende Apparatur dafür zu kon¬ 
struieren. .. !,. , nriS’i tag» - - - R. L. 

Picro Qmittrini (inselspital Bern, chir. Abt.): Ueber Rektal 
narkoso. (Dissertation, Bern 1910.) 

Die Rektalnarkose ist an und für sich nur eine Ausnahme¬ 
methode und als solche nicht geeignet, die übliche Inhalätions- 
methode zu verdrängen. Sie ist indiziert in erster Linie bei 
bestehender Affektiob der Atmungsorgane und bei Lungen¬ 
operationen, dann bei Eingriffen am Kopf und am Gesicht, bei 
denen die Gefahr einer Wundinfektion durch das Vorhalten 
der Maske besteht, oder des ungestörten Operierens wegen. Sie 
soll mit allergrößter Vorsicht und erst nach genügender Uebung 
ausgeführt werden, weil sie sonst sehr gefährliche Folgen haben 
kann. Akute oder chronische Därmerkrankuiigen kontra¬ 
indizieren unter allen Umständen die Ausführung der Rektal¬ 
narkose. F. 

Dr. Ernst Schümann (Dresden) : Ueber.Maschincnverlbtzungen 
der Haut. (Münch, nied. Wochenschrift, 1910, No. 36:). 
Verfasser weist darauf hin,, daß bei den verschiedenen Ge¬ 
werben typische Verletzungen Vorkommen. So siiid für das 
Fleischerhandwerk schmale und zumeist tiefe Stichwunden, 
die 'mitunter mit . Verletzungen größerer Arterien verbunden 
sind, charakteristisch. Beim Schlosser qnd Schmied kommen 
am häufigsten Verletzungen durch die heim Hämmern ab¬ 
fliegenden Stahlsplitter vor, weiterhin finden sich nicht selten 
Frakturen der Endphalangen, die durch Schlijge, mit dem 
Hammer oder durch unvermutet fallende,'schwere Metallteile. 
entstehen. In den Buchdruckereien kommen bei. den Anlege- 
rinrieU ebenfalls häufig Verletzungen der Hand vor, die von 
der Tiegeldruck- oder Rotationspresse erfaßt wird.; man findet 
dann den Satz schwarz oder in Chromdruck der Hand aufge- 




No. 42. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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prägt. Typische Maschinenverletzungen entstehen bei den 
Drahtheftern, bei denen mitunter die zum Buchbinden dienen¬ 
den Heftklammern fest von der Heftmaschine in die Haut hin¬ 
eingepreßt sind. So, kommen auch in anderen Betrieben Ver¬ 
letzungen vor, bei welchen Maschinenteile oder Bestandteile 
des, Arbeitsstücks in die Hand geraten und nicht ohne weiteres 
entfernt werden, können. Es handelt sich dabei um eingekeilte 
äußere Fremdkörper. Verfasser beschreibt zwei derartige 
Fälle. In dem einen Falle handelte es sich um einen Eisen¬ 
ring, welcher einem Dreherlehrling beim Abreiben auf der 
Sauberbank über den kleinen Finger geriet und so fest am 
Grunde ihn umspannte, daß er durchgefeilt werden mußte, um 
entfernt werden zu können. Im zweiten Falle geriet ein Schuh¬ 
macher mit der linken Hand in die Absatzlochmaschine unter 
einen sog. Treiber. Diese' Patrize saß derartig fest in den 
Fingern des Pat. eingekeilt, daß sie von der Maschine abge¬ 
schraubt werden mußte, so daß der Verletzte mit dem Fremd¬ 
körper an der Hand in der Klinik erschien. In Narkose konnte 
die Patrize erst durch kräftiges Heben mit einem Elevatorium 
von den Fingern entfernt werden. Der Mittelfinger war voll¬ 
kommen zerschmettert; vom zweiten und vierten Finger waren 
die Knochen der Mittel- und Endphalanx zertrümmert. Der 
Mittelfinger wurde im Grundgelenk, der zweite und vierte 
Finger im zweiten Interphalangealgelenk exartikuliert, wobei 
noch die Köpfchen der nächsten Phalanx entfernt werden mu߬ 
ten. Die Heilung erfolgte in 16 Tagen. 

Prof. Dl'. Fmderlen (Würzburg) und Prof. Dr. Borst (München): 

Beiträge zur Gefäßchirurgie und zur Organtransplantation. 

(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 36.) 

Die Verfasser berichten, der eine vom Standpunkt des 
Chirurgen, der andere von dem des Anatomen, über den heuti¬ 
gen Stand der Gefäßchirurgie und der damit im Zusammen¬ 
hang stehenden Organtransplantation. Es handelt sich in der 
Gefäßchirurgie zunächst um die Vereinigung durchtrennter 
Gefäße durch die Naht. Es haben sich hier nur zwei Verfahren 
als wirklich brauchbar erwiesen. Das eine ist die Verbindung 
des auf irgendeine Weise durchtrennten Gefäßes mit Hilfe 
der Magnesiumprothese nach Payr. Das Prinzip dabei ist, 
daß der Fremdkörper nicht in die Lichtung des Gefäßes hin¬ 
einkommt und daß Intima mit Intima in mehr oder weniger 
breite Verbindung tritt. Es wird daher über das von Adven- 
titia befreite zentrale Ende der mit einer Furche versehene 
Magnesiumring gezogen, dieses wird sodann über die Prothese 
umgekrempelt und mit einem Faden über die Rille befestigt. 
Nun zieht man das peripherische Stück über das zentrale und 
legt der Delle entsprechend einen zweiten Faden herum. Da¬ 
mit ist der Zweck, breite Intimaflächen miteinander in Ver¬ 
bindung zu bringen, erreicht. Diese Methode ist bei kleinen 
Gefäßen nicht ausführbar. Die Naht dagegen gelingt noch, 
wenn der Durchmesser 1 mm beträgt. Man legt das Gefäßrohr 
frei und sperrt die Blutbahn Zentral und peripher mit besonders 
konstruierten Klemmen ab, die mit Lampendocht überzogen 
sind. Darauf bringt man an drei gleich weit voneinander ge¬ 
legenen Stellen der Gefäßwand Haltezügel an. welche durch, 
beide Gefäßenden geführt werden. Beim Knoten dieser 
Situationsnähte muß darauf geachtet werden, daß die Intima 
fl ansehenförmig nach außen umgekrempelt wird, legt sich 
Adventitia dazwischen, so tritt Thrombose ein. Wenn man nun 
die Haltefäden anzieht, ist die fortlaufende Naht mit feinster 
paraffinierter Seide unschwierig anzulegen. Nach vollendeter 
Naht wird der Blutstrom freigegeben, indem man bei Arterien 
zuerst die peripherische, dann die zentral gelegene Klemme 
abnimmt. Bei Venen ist die Reihenfolge umgekehrt. Zirku¬ 
läre Gefäßnähte wurden am Menschen bei Verletzungen, Ge¬ 
schwulst- und Aneurysmaoperationen ausgeführt. Ende r len 
hatte in einer Reihe von Fällen Gelegenheit, derartige zirkuläre 
Gefäßnähte mit Erfolg auszuführen. Wenn nach Verletzung 
oder Resektion des Gefäßes der Defekt zu groß ist, um eine 
direkte Vereinigung zu gestatten, vermag man ihn durch ein 
anderes Gefäßstück zu ersetzen. Die Transplantationen von 
Arterie in Arterie gelingen sowohl, wenn das Stück demselben 
Tier, oder einem anderen der gleichen Art, oder einer fremden 
Spezies entnommen wird. Auch Venenstücke kann man in 
Arterien einpflanzen. Ferner wurde beim Menschen die arterio¬ 
venöse Verbindung wegen arteriosklerotischer Gangrän ver¬ 
sucht. Man führte die seitliche, die End- zu Endanastomose 
und die lnvagination aus. Wieting invaginierte in einem 
Falle mit Erfolg die Arterie in die Vene. Dieser Fall ist bisher 
der einzige seiner Art. Man versuchte auch die Gefäße zum 
Ersatz anderer dünnröhriger Organe, die Erfolge sind vorläufig 
gering. Die Versuche, den Harnleiter durch ein Gefäßstück 
zu ersetzen, schlugen alle fehl. Auch Harnröhrendefekte wurden 
durch frei transplantierte . Gefäße ausgefüllt. Payr verfuhr 
zur Behandlung des Hydröcephalus in der Weise, daß er das 
eine Ende einer frei transplantierten Vene in deli Seiten¬ 
ventrikel, das andere in den Sinus longitudinalis legte; nach 
Verfasser dürften sich Arterien für diesen Zweck besser 
eignen. — In neuerer Zeit ging man dazu über, ganze Organe 


mit ihren Blutbahnen zu transplantieren. Bei der Autotrans¬ 
plantation von Nieren erhielten die Verfasser wie Garrel, 
Unger u. a. in Versuchen an Hunden positive Resultate. Es 
wurde sorgfältig die eine Niere mit Gefäßen und ihrem Ureter 
bis zur Harnblase exstirpiert; dann wurde die Nierenarterie 
mit einem Ast der Milzarterie, die Nierenvene mit einer Milz¬ 
vene vereinigt und der Ureter in den oberen Pol der Blase 
implantiert. Nach einigen Tagen wurde die andere Niere ent¬ 
fernt. Die operierten Tiere blieben am Leben und bei un¬ 
gestörter Gesundheit, was beweist, daß die reimplantierten 
Nieren funktionierten. Bei Verwendung von Nieren anderer 
Hunde wurden keine Dauererfolge erzielt; die implantierten 
Organe verfielen der Nekrose. Auch bei Transplantationen der 
Schilddrüse mit ihren Gefäßen wurden nur Erfolge erzielt, 
wenn Autotransplantationen vorgenommen wurden. Bei eini¬ 
gen Versuchen, Schilddrüsen von Menschen auf Menschen zu 
verpflanzen, erzielte -E. keinen Erfolg. Er glaubt demnach, 
daß wir vorläufig mit der Homoiotransplantation von Organen 
nicht weiter kommen. — Auch einige Versuche an Hunden, 
durch Vereinigung von Gefäßen (Carotiden und Jugularvenen) 
von zwei Tieren eineil Blutaustausch zwischen ihnen herzu¬ 
stellen. hat E. angestellt. Länger als drei Tage konnte diese 
Parabiose nicht aufrecht erhalten werden; die Nieren, welche 
bei den Tieren gegenseitig vertauscht wurden, verfielen der 
Nekrose. — Irgend eine Intoleranz gegenüber dem fremden 
Blut, insbesondere Hämoglobinurie, wurde dabei nie beob¬ 
achtet. Deswegen führte E. die direkte Bluttransfusion in ge¬ 
eigneten Fällen auch am Menschen aus. Die Gewinnung des 
Spenders verursacht keine besonderen Schwierigkeiten, am 
besten eignet sich ein junges, kräftiges Individuum aus der 
Familie des Kranken. Handelt es sich um Erwachsene, so 
verbindet man unter Lokalanästhesie die Art. radialis des 
Spenders mit der Vena mediana cubiti des Empfängers; bei 
Kindern ist letztere zu klein, bei ihnen wird die Vena axillaris 
benutzt. Nach Abnahme der Klemmen treibt jede Herzkontrak¬ 
tion des Spenders eine Blutwelle in die Vene des Empfängers; 
nach V? Stunde ist bei dem Spender eine deutliche Blutdruck¬ 
senkung nachweisbar. Nach 30—35 Minuten wird die Gefä߬ 
verbindung aufgehoben und beiderseits unterbunden und zu¬ 
genäht. Verfasser hat gute Erfolge von der direkten Blut¬ 
transfusion gesehen. Indikationen zur Bluttransfusion sind: 
schwere Blutverluste nach Traumen, Operationen, Geburten 
und Magenblutungen, ferner Leuchtgasvergiftungen; abzulehnen 
ist sie bei schweren Infektionen. Tuberkulose, Leukämie und 
perniciöser Anämie. — Borst berichtet im Anschluß an die 
Mitteilungen von Ende rlen über die Ergebnisse der histo¬ 
logischen Untersuchungen, die er bei von E. vorgenommeneu 
Gefäßnähten und Gefäßtransplantationen vorgenommen hat. 
Bei der Gefäßnaht beteiligt sich außer der Intima das adven- 
titielle und periadventitielle Gewebe an der Wundbehandlung, 
die Media nur in sehr geringem Maße. Der ausgekrempelte 
'feil der Gefäßwand geht infolge zu starker Schädigung durch 
Nekrose zugrunde, man kann aber noch sehr lange die elasti¬ 
schen Elemente dieser Teile innerhalb der Narbe nachweisen. 
Bei gutem Heilungsverlauf ist die Gefahr der falschen und 
echten Aneurysmabildung gering. Bei autoplastischen Gefä߬ 
verpflanzungen wurde eine Reihe ausgezeichneter Heilungen 
mit kaum sichtbaren Narben erzielt. Bei homoioplastischen 
Gefäßtransplantationen ergibt die mikroskopische Unter¬ 
suchung, daß die Wundheilung mir vom körpereigenen Gewebe 
ausgeht, daß das körperfremde Arterienstück einer langsamen 
Resorption und Ersetzung durch körpereigenes Gewebe ver¬ 
fällt. Bei heteroplastischen Transplantationen von Gefäßen 
wurden keine Erfolge erzielt; es trat jedesmal Thrombose, 
Obliteration, Resorption des eingepflanzten Stückes auf. Aehn- 
lich verhält es sich mit den Organtransplantationen. Auto¬ 
plastiken der Schilddrüse gelingen mit völliger auch mikro¬ 
skopisch kontrollierter Erhaltung des Organs. Bei Homoio- 
plastiken der Schilddrüse ist der Erfolg immer negativ. Teils 
tritt akute Nekrose, hämorrhagischer Infarkt, teils aber auch 
eine sehr langsame Atrophie und Verödung ein. Ganz ent¬ 
sprechend ist das Verhalten der eingepflanzten eigenen und 
fremden Nieren. R. L. 

Dr. A. Bauercisen (Marburg): Die Aetiologie der Eklampsie. 

(Medizin. Klinik, 1910, No. 20.) 

Verfasser gibt einen Ueberblick über die wichtigsten 
Eklampsietheorien und kommt zu dem Schluß, daß keine der 
Theorien den ätiologischen Ansprüchen vollkommen gerecht 
wird. Die urämische Theorie mit dem zugehörigen Hilfshypo¬ 
thesen läßt sich in allen den Fällen von Eklampsie verteidigen, 
die eine Harnstauung durch Kompression der Ureteren oder 
eine primäre Nierenerkrankung feststellen lassen Für die 
Fälle ohne Nierenschädigung scheidet sie aus. Solange das 
Wesen der Urämie selbst unbekannt ist, bleibt es eine mißliche 
Sache, ätiologische Vergleiche zwischen Urämie und Eklampsie 
| anzustellen. Die plazentare Theorie zählt die meisten An¬ 
hänger. Aber die Tatsachen reichen zu einer genügenden Be- 
i gründung noch nicht aus. Die Voraussetzungen für giftige 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 42. 


640' 

Immunkörper oder Endotoxine der Zotten sind für den 
Menschen hinfällig und die Intoxikation des mütterlichen Orga¬ 
nismus durch Fermente oder intermediäre Stoffwechselprodukte 
der Placenta ist-nicht weniger spekulativ wie die einer Ver¬ 
giftung durch Störungen der inneren Sekretion gewisser mütter¬ 
licher Organe. Die dem Coma diabeticum analoge Aetiologie, die 
eine Säureintoxikation infolge mangelhafter Oxydation an¬ 
nimmt, sucht sich dem klinischen Bild der Eklampsie nach 
Möglichkeit anzupassen; aber die von Zweifel nach¬ 
gewiesene Fleischmilchsäure ist wahrscheinlich als ein sekun¬ 
däres Produkt der eklamptischen Krämpfe aufzufassen, so daß 
die Säureintoxikation kaum als letzte Ursache der Eklampsie 
angesprochen werden kann. 

Soweit die zur Erklärung der Eklampsie aufgestellten 
Theorien nicht einer Verwechslung von Wirkung und Ursache 
ihre Entstehung verdanken, genügen sie für eine gewisse An¬ 
zahl von Fällen. Und es ist, sagt Verfasser, vielleicht in der 
Tat zu streng, eine Theorie deshalb zu verwerfen, weil sie 
nicht alle Fälle erklärt. Ist es vielmehr nicht einfacher, anzu¬ 
nehmen, daß die Aetiologie der Eklampsie keine ganz einheit¬ 
liche ist, wenigstens was die primäre Ursache betrifft? Das 
eine hat uns die Forschung mit Sicherheit gelehrt, daß es sich 
bei der Eklampsie um eine Vergiftung des mütterlichen 
Körpers handelt, die aus den Störungen des normalen Stoff¬ 
wechsels infolge von Graviditätseinflüssen resultiert. Diese 
Erkenntnis ist von eminenter Wichtigkeit, da sie uns der 
Eklampsie gegenüber nicht in Tatenlosigkeit verharren 
oder auf eine unzulängliche symptomatische Behand¬ 
lung beschränken läßt, sondern uns die Richtschnur 
in der erfolgreichen Bekämpfung der Eklampsie gibt. Im 
Hinblick auf die nicht selten beobachtete Schwangerschafts¬ 
niere wird eine häufigere Urinuntersuchung und eine diäteti¬ 
sche Ernährung in prophylaktischer Hinsicht wertvoll sein, 
wobei besonders auf die pflanzensauren Alkalien Gewicht zu 
legen wäre. Nach Ausbruch der Krankheit kann nur eine so¬ 
fortige Entbindung in Frage kommen, für die wir heute unge¬ 
fährliche Methoden für Mutter und Kind besitzen. Daneben 
wird durch Aderlaß, Begünstigung der Diurese und Diapborese 
und Zuführung von alkalischen Flüssigkeiten eine Beseitigung 
des Giftes zu fördern gesucht. Die früher in reichlichen Dosen 
verabreichten Narkotica sind so viel wie möglich einzu¬ 
schränken. da sie die Oxydationsfähigkeit der Zellen weiter 
herabsetzen und direkte Schädigungen lebenswichtiger Organe 
bedingen. In den Fällen, wo trotz dieser Behandlung die 
Eklampsie bei eintretender Anurie eine infauste Wendung 
nimmt, ist die Edebohlssehe Nierenentkanselung vorzu¬ 
nehmen. Bei dieser Behandlungsart, die freilich nur in einer 
Klinik möglich ist, wird der Kanmf gegen die Eklampsie 
erfolgreich sein, wenn er nur früh genug begonnen wird. 
Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, daß der eingeschlagene 
Weg der richtige ist. K r. 

Josef Oppmann: Ueber den Einfluß der längeren körperlichen 
(? Red.) Bettruhe nach Mvomnnerationen und Geburten be¬ 
züglich der Frage des FrUhaufstehens. (Dissertation, Würz¬ 
burg 1910.) 

Der Arbeit (deren Ueberschrift übrigens etwas geschickter 
hätte stilisiert werden können. Red.) liegen die Erfahrungen 
an der Würzburger Universitäts-Frauenklinik zugrunde. Es 
hat sich ergeben, daß die längere Bettruhe stpts das zweck¬ 
mäßigste Verfahren ist. Nur bei Gefahr hypostatischer Lungen¬ 
affektionen ist davon Abstand zu nehmen. Das Früh auf¬ 
stehen ist stets — abgesehen von dieser Ausnahme — un¬ 
zweckmäßig : 1. weil es dpn Kranken die von ihnen wohl¬ 
tuend empfundene und von ihnen gewünschte Ruhe raubt; 
9. weil es den mit der Behandlung und -nflege betrauten 
Organen unnötige Arbeit aufbürdet; 3. weil alle seine Vort“ile 
leichter und sicherer durch beaueme und ohne besondere Mühe 
durchführbare Maßregeln zu erreichen sind; 4. weil es nicht 
imstande ist. die Morbidität herabzudrücken: dies vermag nur 
eine gute AseDsis; 5. daher vermag es auch die Thrombose 
nicht zu verhüten, schon auch deshalb nicht, weil es in der 
Regel bei Kranken die Thrombosen, b'-kommen. aus anderen 
Gründen gar nicht anwendbar ist. Das Frübaufstehen ist 
schädlich: 6. weil es die Prolaps- und Herniengefahr ver¬ 
größert: 7. weil es die Tnfektions- und daher auch die Throm¬ 
bosengefahr vermehrt: 8. weil es bei TJebergang in die Praxis 
in der Geburtshilfe viel Unheil anrichten und so neben der 
Schädigung des einzelnen noch mehr dem Volkswohlstand 
Wunden schlagen kann, und 9. weil es die Embolie nicht nur 
nicht verhütet, sondern sie vielmehr provoziert. 

Curt Behne: Ueber das tryotische und antitryptische Vermögen 
des Blutes unter normalen und pathologischen Bedingungen 
und seine diagnostische Bedeutung. Aus der med. Univer¬ 
sitäts-Poliklinik in Halle. (Dissertation, 1909.) 

Ergebnisse: Die polynukleären Leukocyten des Menschen 
enthalten ein sehr wirksames proteolytisches Ferment. 


Das Fehlen dieses Förhientes in den Lymphocyten ermög¬ 
licht die Unterscheidung beider Zellarten mit Hilfe der 
M ü 11 e r - J o c h m a n n sehen Plattenmethode. Doch tritt die 
klinische Bedeutung der Methode, gegen die anderen klinischen 
Methoden bei der Untersuchung von Eiterungen, Exsudaten etc. 
in den Hintergrund. Das Blutserum von Menschen und Tieren 
besitzt antitryptische Wirkungen, die spezifisch gegen das 
proteolytische Leukocytenferment und das Trypfeinn-ides 
Pankreas sind. 1 ! *9 • i 

Die Stärke der antitryptischen Fähigkeit deS 'BliitseruiMS! 
ist sowohl unter normälen als auch pathologischen Bedingungen 
verschieden. 

Eine besonders ausgeprägte oder konstante Erhöhung des 
Antitrypsins im Blutserum von Carcinomatösen ist nicht vor¬ 
handen; ebensowenig ist dies bei Kachexie der Fall. 

Eine diagnostische Bedeutung kommt infolgedessen dem er¬ 
höhten Hemmungstiter des Blutserums für Trypsin nicht zu, 
ebensowenig eine prognostische. 

Die Höhe des Hemmungstiters ist vielmehr abhängig von 
zwei zunächst nicht bekannten Faktoren: dem Uebergang von 
proteolytischem Ferment in die Körpersäfte und der dadurch 
bedingten Absättigung ven Antiferment und der Stärke der 
Antifermentbildung. F. 

Dr. E. Herzfeld und X. Buss (Zürich): Ueber die Arnoldsche 
Reaktion. (Medizin. Klinik, 1910, No. 20.) 

Im Jahre 1896 hat Arnold eine neue Nitropr.ussidreaktion 
des Harnes angegeben, die er nur nach dem Genuß von Fleisch 
oder einer kräftigen Fleischbrühe im Harn beobachtet haben 
will, während die Reaktion ausbliebe, wenn weder Fleisch, 
noch Fleischbrühe genossen werde. Diese Tatsache wäre 
klinisch von großer Wichtigkeit, da wir dadurch in den Stand 
gesetzt würden, einen objektiven Einblick in die Ernährung 
eines Individuums zu gewinnen. Die Reaktion wird in folgen¬ 
der Weise ausgeführt: 10—20 ccm des betreffenden Harns ver¬ 
setzt man Im Reagensglas mit einem Tropfen einer 4 proz. 
Nitroprussidnatriumlösung und hernach mit 5—10 ccm einer 
5 prez. Natron- oder Kalilauge. Es entsteht eine schöne Violett- 
färbung. die alsbald in Purpurrot und schließlich in Gelb über¬ 
geht. Bei sofortigem Zusatz von Essigsäure geht die violette 
Farbe dieser Reaktion in Blau über, welches noch rascher als 
das Violett der alkalischen Lösung verblaßt und in einen blaß- 
gelblichen Farbenton übergeht. Zwei Jahre nach dieser be¬ 
merkenswerten Publikation veröffentlichte Th. Ho 1 o b u t die 
Ergebnisse seiner an Hund und Mensch angestellten Nach¬ 
prüfung der Arnold sehen Angaben, wobei er zu dem 
Schlüsse kam. daß die violette Reaktion stets deutlich, nicht 
nur spurenweise, auch nach Speisen auftrat, in denen Fleisch 
vollkommen fehlte. Die Verfasser vorliegender Arbeit haben 
die Angaben beider Autoren sowohl bei normalen, wie auch bei 
pathologischen Fällen geprüft. Sie kommen zu dem Schluss^, 
daß die Arnold sehe Reaktion streng genommen keine spezi¬ 
fische Fleischreaktion ist, denn sie tritt auch hach dem Genüsse 
von gebackenem Käse, Butter und Hygiama eiti; doch war die 
Reaktion nach gebackenem Käse nicht besonders intensiv, nach 
Butter und Hygiama nur schwach, nach Genuß von rohem Käse, 
rohen Eiern und auch Rühreiern, ferner nach Genuß von Milch, 
Schokolade, nach Hülsenfrüchten und Bier fiel die Reaktion 
negativ aus. Nach reichlichem Biergenuß trat zwar bei ab¬ 
nehmender Harnflut (spezifisches Gewicht 1010—1015) eine 
deutliche Violettfärbung auf: doch blieb bei Zusatz von Essig¬ 
säure die charakteristische Blaufärbung aus. Nach Genuß von 
rohem Fleisch, Rauchfleisch, von gekochtem oder gebackenem 
Fisch und von Bratgallerte war die Arnold sehe Reaktion 
negativ. Eine schwache Reaktion erzielte jnan jeweilen durch 
den Genuß von gekochtem Schinken, gebackenem Huhn ge¬ 
kochter Kalbsmilch, gebackenem Hirn von Zervelat- und Blut- 
und Leberwurst. Deutlich positiv ist ferner die Reaktion nach 
dem Genuß von gebackener Leber, von Bratwurst und Kalbs¬ 
braten und ungewöhnlich stark nach gesottenem und gebrate¬ 
nem Rindfleisch, während sie nach Fleischbrühe nur schwach 
auftritt. Nach dem Genuß von gesottenem und gebratenem 
Rindfleisch erreicht die Intensität der Reaktion einen solchen 
Grad, daß man eine solche Reaktion als typische Fleischreak- 
tion bezeichnen darf, bei deren Auftreten ein geübtes Auge 
sofort den vorausgegangenen Fleischgenuß erkennen kann. 
Was nun das Auftreten der Arnold sehen Reaktion im Harne 
bei Krankheitsfällen anbetrifft, so können die Verfasser die Be¬ 
obachtung von Arnold, daß der Harn typhuskränker Patien¬ 
ten im Stadium der Continua eine positiv violette Reaktion 
gibt, nur bestätigen lind fügen hinzu, daß sie auch in anderen 
Krankheitsfällen, wie Scharlach. Masern, Nephritis haeinor- 
rhagica, denselben Befund gemacht haben. Nur in drei Fällen 
von Diabetes mellitus und bei einer an Adipositas leidenden 
Patientin fiel die Reaktion bisweilen positiv aus. Doch war 
die Intensität derselben in allen dieseü Fällen trotz animalischer 
Kost bei weitem nicht so stark, wie in dem Harne eines ge¬ 
sunden Individuums nach einer entsprechenden Fleischmahl¬ 
zeit. Die große praktische Bedeutung der Arnold sehen 



No. 42. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Reaktion läßt sich nach solchen Erfahrungen nicht leugnen; 
denn sie setzt uns in den Stand, unter einem gewissen Vor¬ 
behalt die Entscheidung zu treffen, ob ein Individuum Fleisch 
genossen hat oder nicht. Kr. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

82. Versammlung 

Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom 18.—24. September 1910. 

(Fortsetzung.) 

Kombinierte Sitzung der Abteilung für Geburtshilfe und 

Gynäkologie mit der Abteilung für innere Medizin. 

Diskussion zu dem Vor trage des Herrn Hof¬ 
bauer (Königsberg) :„TuberkuloseundSchwanger- 
schaf t“. 

Herr v. Müller: Die Einfluß der Schwangerschaft auf die 
Tuberkulose macht sich häufig erst nach der Entbindung 
geltend, erst in dieser Zeit macht häufig die Tuberkulose rapide 
Fortschritte. 

Herr Wolff-Eisner: Die Volkslungenheilstätten schließen 
Gravide gewöhnlich aus, weil sie nur prognostisch günstige 
Fälle aufnehmen, die Schwangerschaft setzt aber für die Tuber¬ 
kulose eine ungünstige Prognose, da sie inaktive Tuberkulose 
aufflackern läßt. Die Conjunctivalreaktion ist naturgemäß auch 
bei Gravidität verwertbar, aber gerade bei prognostisch un¬ 
günstigen Fällen tritt nicht selten keine Reaktion ein, sie fällt 
daher bei Gravidität häufig negativ aus und wird nach Unter¬ 
brechung der Gravidität positiv. 

Herr Wolff (Reiboldsgrün) befürwortet als Heilstättenarzt 
die Aufnahme von Tuberkulös-Graviden solange wie irgend 
möglich in einer Volksheilstätte, besonders auch die Wieder¬ 
aufnahme nach der .Entbindung, da die Frauen in der Zeit 
nach der Entbindung besonders gefährdet sind. 

Herr E. Martin: Wir wissen noch keinen Grund, warum in 
einem Falle die Schwangerschaft so ungünstig wirkt, im ande¬ 
ren nicht. Die Bum m sehe Schule unterbricht die Schwanger¬ 
schaft nur, wenn ein Internist den Rat gibt. Die Unterbrechung 
hat aber nur in den ersten drei Monaten Wert. Vom vierten 
Monat ab hat sie keinen günstigen Erfolg. Der Unter¬ 
brechung der Schwangerschaft wird eine Sterilisation — durch 
Totalexstirpation mit Entfernung der Adnexe — angeschlossen. 

Herr Jaschke: So radikal der Vorschlag einer Totalexstir¬ 
pation auch aussieht, so ist er doch wenigstens für besonders 
schwere Fälle der richtige, wie Untersuchungen an der Rost- 
ho rn sehen Klinik ergaben; häufig aber ergibt'eine Tuben¬ 
sterilisation dieselben guten Resultate. 

Herr Asch (Breslau) betont, daß die Gynäkologen häufig 
deshalb die Schädigung der Graviden durch Tuberkulöse nicht 
feststellen können, weil gerade die schwersten Schädigungen 
erst nach der Entbindung eintreten. Die Internisten vermögen 
ein viel besseres Urteil zu gewinnen, und zwar dadurch, daß 
sie in jedem Falle von Tuberkulose durch genaue anamnesti¬ 
sche Feststellung nachforschen, wie weit die früheren 
Schwangerschaften einen schädigenden Einfluß auf die Tuber¬ 
kulose gehabt haben, nur so können wir zu präziser Indikations¬ 
stellung kommen. 

Herr Kraus: Durch Unterbrechung einer Gravidität allein 
wird die Tuberkulose nur selten günstig beeinflußt. Wichtig 
ist eine Sterilisation ohne Entfernung der Ovarien, damit nicht 
wieder Schwangerschaft eintritt. 

Herr Fischer: Die Indikationsstellung für Unterbrechung 
der Schwangerschaft ist heute noch dieselbe wie vor 10 Jahren. 
Der Charakter, der Wunsch der Kranken spielt häufig eine 
große Rolle für den Verlauf der Erkrankung. Man muß in 
jedem Falle individualisieren, jede tuberkulöse Gravide soll 
auf die Gefahren, die ihr durch die Schwangerschaft drohen, 
aufmerksam gemacht werden. 

Herr Mayer: Einzelne Fälle von Tuberkulose erfordern so¬ 
fortige Unterbrechung, andere hingegen müssen längere Zeit 
auf Puls, Temperatur und Gewicht beobachtet werden. Zur 
Sterilisation genügt die Tubensterilisation nach Seilheim¬ 
scher Methode, welche die Möglichkeit gibt, später eine Kon¬ 
zeptionsfähigkeit wieder herzustellen. 

Herr Döderlein: Die Indikationsstellung für Unterbrechung 
der Schwangerschaft ist Sache der Internisten. Als Operations¬ 
methode kommt die Kastration in Frage, wegen der Ausfalls¬ 
erscheinungen wird diese jedoch von Döderlein verworfen. 
Die Tubensterilisation ist die gegebene Methode. 

Herr Neu: In der Heidelberger Klinik wird bei jeder tuber¬ 
kulösen Schwangeren, die nach Beratung mit den Internisten 
den Gefahren einer progredienten Tuberkulose ausgesetzt ist, 


641 

nach Einleitung eines Aborts eine Tubensterilisation vom 
Leistenkanal aus vorgenommen. Das Wichtigste ist, eine Basis 
zu schaffen, auf der wir zu einer sicheren Indikationsstellung 
kommen können. 

Herr Kraus: Aus dem physikalischen Befund läßt sich 
keine Indikationsstellung für Unterbrechung der Schwanger¬ 
schaft herleiten. Gefährlich ist die Annahme, daß man durch 
eine Kastration, welche eine Gewichtszunahme hervorruft, eine 
Besserung der Tuberkulose erzielen kann. 

Herr Dützmann schlägt vor, um in einer Sitzung Aus¬ 
räumung und Sterilisation zu ermöglichen, eine vaginale In¬ 
zision der vorderen Uteruswand mit Ausräumung und direktem 
Anschluß der Sterilisation vorzunehmen. 

Herr Hofbauer: Auch die Königsberger Klinik verwirft die 
künstliche Frühgeburt, empfiehlt den künstlichen Abort. So 
früh und so schonend wie möglich soll operiert werden. Inter¬ 
nisten und Gynäkologen sollen Zusammenarbeiten. Die Seil- 
h e i m sehe Operationsmethode scheint für die Konzeptionsver¬ 
hinderung die günstigste. 

Abteilung für Chirurgie. 

Berichterstatter: Herr Burckhardt (Königsberg i. Pr.). 

1. Sitzung am 19. September 1910, nachmittags. 

Vorsitzender: Herr Reim (Frankfurt a. M.). 

Herr Garre (Bonn): Zur Aetiologie des intermittierenden 
Gelenkhydrops und der Gelcnkneuralgie. 

Unter den durch Staphylokokken hervorgerufenen Osteo¬ 
myelitiden gibt es auch chronische, nicht zur Eiterung führende 
Formen: Sklerosierende Formen der Diaphysenosteomyelitis 
nur mit Granulationsherden im Knochen ohne Sequester¬ 
bildung. Solche Herde kommen nun aber auch in den Epi¬ 
physen vor und machen dann vorwiegend Gelenksymptome. 
Diese sind im Gegensatz zu denen bei den eitrigen Formen: 
hauptsächlich der rezidivierende intermittierende Gelenk¬ 
hydrops und die Gelenkneuralgie. Vortr. teilt drei Fälle mit. 
Beim ersten Fall (nach Trauma) traten während sechs Jahren 
neuralgische Schmerzanfälle im Knie auf. jedesmal mit lokaler 
Schwellung und Wärme der Haut. Besserung, schließlich 
Heilung durch Hülsenapparat. 

Der zweite Fall (ohne äußere Ursache) verlief unter dem 
Bilde eines Hydrops im Knie mit Schmerzen bei Bewegungen, 
ohne Druckschmerz. 

Beim dritten Fall (Unfallpatient) Knieschmerzen nach An¬ 
strengungen mit eben nachweisbarer Periostitis der Tibia. 

In allen drei Fällen half das Röntgenbild zur Diagnose: 
bohnengroße Herde sklerosierten Knochens in der Tibia¬ 
epiphyse. Operation des Herdes, wenn dieser (wie in Fall 
2 und 3) lokalisierbar, hilft prompt. 

Diskussion: 

Herr Ludloff. der einen gleichen Fall sah. weist auf die 
Wichtigkeit des Perkussionsschmerzes bei der Diagnose solcher 
Erkrankungen hin. 

Herr Lexer stimmt Garres Ausführungen bei. Die Herde 
sitzen meist in der Metaphyse. Die Patienten werden in der 
Regel auf Lues oder Tuberkulose behandelt. Die Bedeutsam¬ 
keit des Perkussionsschmerzes kann Lexer bestätigen. 

Herr Bergemann (Königsberg): Behandlung der Iladius- 
und Malleolcnfrakturen 

Bei dem von Lexer vor einigen Jahren angegebenen Ver¬ 
fahren der Behandlung typischer Radiusfrakturen, das sich in 
der chirurgischen Klinik in Königsberg gut bewährt hat, ge¬ 
nügte fast immer eine Flanellbinde, um eine neue Dislokation 
zu verhüten. Nur bei wenigen schweren Frakturen wurde der 
Verband durch eine Pappschiene gefestigt. Bei Nachunter¬ 
suchung war in 88 pCt. der Fälle die Heilung anatomisch 
korrekt, bei 85 pCt. war vollkommene Beweglichkeit vorhanden, 
95,5 pCt. sind vollständig erwerbsfähig geworden. Durch¬ 
schnittliche Heilungsdauer drei Wochen. — Das gleiche Prinzip 
des Bandagierens in korrigierter Stellung ist von Lexer 
neuerdings bei Behandlung der Knöchelbrüche angewandt 
worden. Es werden steigbügelartig zwei Heftpflasterstreifen 
angelegt, die bei Abduktionsbrüchen den Fuß in geringe Supi- 
nations- und Abduktionsstellung zwingen. Um die Stellung 
regulierbar zu machen, wird auf der medialen Seite unten an 
das Heftpflaster ein Gummizug angenäht, der Haken trägt und 
mittels dieser oben au am Heftpflaster angebrachten Oesen unter 
starkem Zug fixiert werden kann. Am Tage nach der Ver¬ 
letzung verlassen die Kranken mit Krücken das Bett, sollen 
aber erst in der zweiten Woche versuchen, aufzutreten. Volle 
Belastung erst in der dritten Woche erlaubt. Bei schweren 
Personell stets Plattfußeinlage. Der Verband eignet sich auch 
für die doppelten Knöchelbrüche sowie für die supramalleolären 
Fibulabrüche. Nachuntersuchung in 20 Fällen hat volle Heilung- 
ergeben, bei zwei Verletzten geringe Knickfußstellung. — 
Durch den Fortfall des starren Verbands bleibt das Fußgewölbe 
in der richtigen Form, die Muskulatur bleibt unbeschädigt. Die 
Kontrolle durch das Auge ist stets leicht möglich. Es können 
früh Bewegungsübungen gemacht werden. 




642 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 4910. 


No. 42. 


Diskussion: 

Herr Storp (Danzig) weist auf seine schon vor Jahren an¬ 
gegebene Methode hin, hei der nach Reposition oberhalb des 
Handgelenks eine Heftpflastermanschette angelegt wird, ah d$r 
der Arni mittels einer um den Hals gelegten Schlinge suspen¬ 
diert wird. Er zieht die Methode allen anderen vor. 

Herr Wactzohl (Graudenz) kann die Lexer sehe Methode 
der Radiusfrakturbehaiidlung warm empfehlen. In einem Falle 
hat er in 14 Tagen völlige Heilung erzielt. 

Herr Stieda (Halle) berichtet ebenfalls über günstige Er¬ 
fahrungen mit der Lexer sehen Methode aus der Klinik von 
v. Bra m a n n. Bei starker Dislokation legt Stieda drei Tage 
einen Pappschienenverband an. Lexer sagt, die Storp sehe 
Methode eigne sich nur für intelligente Personen, die ihren 
Arm in der ihm gegebenen Stellung halten, was bei dem 
Lexer sehen Verband eben durch den Verband erzwungen 
wird. 

Herr Samter (Königsberg i. Pr.) : Demonstrationen zur Ex- 
articulatio pedis mit dem Zirkelschnitt wegen Gangrän. 

Vortr. spricht über die von ihm auf den Chirurgenkon- 
gressen 1902, 1903, 1906 empfohlene und demonstrierte Ex- 
articulatio pedis mit dem Zirkelschnitt (mit Krankendemon¬ 
stration), bei der die Malleolen (quer oder bei Hautmangel 
schräg) abgetragen werden, die Knorpelfläche der Epiphyse der 
Tibia erhalten bleibt, und die bei 20 Fällen zur Anwendung ge¬ 
langt ist. S. empfiehlt die Methode als tiefe Absetzung bei steiler 
Gangrän auf Grund günstiger Mortalitäts- und Heilungsverhält- 
nisse. Der Stumpf ist belastüngsfähig, was für seine gute Er¬ 
nährung spricht. Die Operation hat zur Heilung geführt, auch 
wenn keine spritzenden Gefäße vorhandeir waren, ebenso wie 
bei den hohen Absetzungen, die nach G r i 11 i ausgeführt 
werden. 

S. hat bei Zermalmungen und Erfrierungen bis zur Sprung¬ 
gelenkgegend, in denen mit den , üblichen Absetzungen die 
untere Epiphyse der Tibia hätte geopfert werden müssen, die 
plastische Deckung mit einem Steigbügellappen vorgenommen, 
wenn es sich um wachsende Individuen handelte. Bericht über 
einen 1906 auf dem Chirurgenkongreß vorgestellten Fall (noch 
heute normales Längenwachstum). 

Herr Joachimsthal (Berlin): Angeborene Wirbelanomalien 
und ihre Beziehungen zur Skoliose. 

Vortr. berichtet über eine größere Zahl von angeborenen 
Skoliosen. Offenbar bedingt durch mechanische Momente, einen 
Raummangel im Uterus, sind die Fälle aufzufassen, in denen 
sich kurze Zeit nach der Geburt ausgeprägte Abweichungen der 
Wirbelsäule nachweisen lassen und das Skelett keinerlei Ver¬ 
bildungen an den Wirbeln nachweisen läßt. Kongenitale 
Skoliosen begleiten vielfach, andere Anomalien, z. B. Hals¬ 
rippen und den angeborenen Schulterblatthochstand. Die 
eigentlichen Wirbelverbindungen bestehen entweder in Spalt¬ 
oder Doppelbildungen oder in abnormen Verwachsungen oder 
in Defekten. Bei Entwicklungsstörung des lateralen Knochen¬ 
kerns des Wirbelkörpers entstehen sog. Schalt- oder Halb¬ 
wirbel, die sich wie Keile zwischen zwei Vollwirbel ein- 
schieben. Eine operative Behandlung verbietet sich schon 
wegen Gefährdung der Stabilität und Mechanik der Wirbel¬ 
säule. 

Herr Wre.de (Königsberg): a) Lymphangiome des 
Knochens. 

Vortr. zeigt zwei Fälle von Lymphangiomen im Knochen. 
(Der Vortrag wird in Langenbecks Archiv veröffent¬ 
licht. 

b) Ueber erbliche angeborene Kniescheibenverrenkung. 

Vortr. stellt einen Mann mit seinen zwei Kindern vor, die 
mit dem genannten Leiden behaftet sind. (Der Vater des 
Mannes, eines seiner Gesichwister sowie eines seiner Stief¬ 
geschwister hatten dasselbe Leiden.) Die Kniescheiben finden 
sich im Stehen ganz nach außen disloziert. Femurkondylen stehen 
einwärts rotiert. Es bestehen geringe Bewegungsbeschränkun¬ 
gen, die Erregbarkeit des M. vastus externus fehlt, die Knochen¬ 
kerne der Kniescheibe bei den Kindern sind ungenügend ent¬ 
wickelt. Es bestehen bei den Patienten noch andere Mi߬ 
bildungen: Verunstaltungen der Finger, Impressionen am 
Thorax, Skoliosen, Subluxationen des .Radiusköpfchens. Vortr. 
erklärt die Mißbildungen durch Raumbeengung im Uterus, die, 
durch Enge der Eihäute. Fruchtwassermangel usw. bedingt, auch 
im Mannesstamm vererbt werden kann. 

Herr Frangenheim (Königsberg i. Pr.): Chondrodystrophi¬ 
scher Zwerg (hyperplastische Form). 

13 jähriger intelligenter Knabe mit hochgradiger Wachs¬ 
tumsstörung des ganzen Skeletts. Die Epiphysen fehlen selbst 
an den großen Röhrenknochen noch vollständig. Das Skelett 
entspricht dem eines 3—4 jährigen Kindes. Besserung der 
Stellungsanomalien der Beine durch Osteotomien. 

Diskussion: 

Herr Joachimsthal (Berlin) hält den Fall gleichfalls für 
eine Chondrodystrophie, wenngleich die für diese Erkrankung 
typische, so auffallende Verkürzung der Gliedmaßen im Ver¬ 
hältnis zum Rumpfe fehlt. In einem von ihm beobachteten 


Falle (Alter, 12 Jahre) hat J. beiderseitige Osteotomien 
der verbogenen Schienbeine gemacht. Die Kranke hat in ihrem 
20. Lebensjahre 1 noch vollkommen gerade Unterschenkel ge¬ 
habt. * . , 

Herr Kehn (Königsberg): Gelenkchondrome. 

Ohne Trauma hatte sich bei einem 28 jährigen Manne die 
Geschwulst im linken Ellbogengelenk entwickelt. Drei größere 
Tumormassen sind primär aus den Kapselumschlagstellen her¬ 
vorgegangen. Diesen folgte eine multiple miliare Aussaat über 
die ganze Innenfläche der Kapsel. 

In Anschluß wird das Präparat des Lexer sehen' Falles 
von Kniegelenkschondrom demonstriert. 

Herr Sohicr (Königsberg i. Pr.): Trypsinbehandlung hei 
chirurgischer Tuberkulose. 

Vortr. kommt auf Grund seiner hauptsächlich an tuber¬ 
kulösen Gelenken gemachten Untersuchungen zu einem ab¬ 
lehnenden Standpunkt aus folgenden Gründen: 1. Die Injek¬ 
tionen sind sehr schmerzhaft. 2. Sie sind wegen der Unreinheit 
der Präparate und der geringen Haltbarkeit der Lösungen nicht 
gefahrlos. 3. Im Anschluß an die Injektionen treten teilweise 
toxische Erscheinungen auf. 4. Die Proteolyse macht vor dem 
Gesunden nicht Halt; der Gelenkknorpel wird abgeledert, die 
Heilung verzögert. 5. Die Nebenwirkung der Injektionen, be¬ 
stehend in lokaler Hyperämie und dem Reiz auf das Gewebe 
zur Bildung gesunder Granulationen, wird durch einfachere 
chemische Mittel ebensogut und gefahrloser erreicht. 

Diskussion: 

Herr Schaack (Petersburg) spricht sich auf Grund von Ver¬ 
suchen von Greltow und Wiedemann am Obuchow- 
krankenhäus in Petersburg ebenfalss gegen die Trypsinbehand¬ 
lung aus. 

Herr Port (Nürnberg): Leimverbanddemonstrationen. 

Vortr. stellt Patienten mit Leimverbändeu vor und be¬ 
spricht die Technik sowohl wie die Verwendung derartiger Ver¬ 
bände. Ihr Wert liegt in der Elastizität und der gleichmäßigen 
Kompression, welche sie auf das Glied ausüben, so daß sie 
Verwendung finden bei allen Erkrankungen, bei denen Oedeme 
verhindert oder vorhandene beseitigt werden sollen, Distor¬ 
sionen. Frakturen kleiner Fußwurzelknochen, Varicen mit und 
ohne Ulcus. Als orthopädischer Verband, mit Eisenteilen ver¬ 
stärkt, dient er zum Etappenredressement und als Schienen¬ 
hülsenapparat. 

Herr E. Reim (Königsberg): lieber freie Fetttransplan- 
tation. 

Unter Hinweis auf seine gelegentlich des letzten Chirurgen¬ 
kongresses gemachten Mitteilungen! über die freie Fetttrans¬ 
plantation im Tierexperiment stellt Vortr. fünf Patienten vor, 
bei welchen die autoplastische Fetttransplantation viermal 
wegen tiefeingesunkener Narben im Gesicht (nach Zertrümme¬ 
rung des Jochbeins zweimal, nach Noma der Wange, nach 
traumatischem Substanzverlust des Os frontale) und einmal 
beim Vogelgesicht Verwendung gefunden hatte. Beobachtuügs- 
dauer der vorgestellten Patienten vier Wochen bis 1 Jahr. 

Ueber die Technik hat Vortr. folgendes zu sagen: Ein 
kleinster Schnitt genügt, um von ihm aus, teils stumpf, teils 
scharf, je nachdem wir narbige Verwachsungen haben oder 
nicht, die für die Aufnahme des Fettes bestimmte Tasche zu 
bilden. Das Material wurde entweder den Bauchdecken oder 
dem Oberschenkel entnommen. Unsere bisherigen praktischen 
Erfahrungen haben uns gelehrt, daß auch bei der autoplasti¬ 
schen F'etttransplantation eine gewisse Schrumpfung unver¬ 
meidlich ist; doch ist es ein leichtes, den nachteiligen Folgen 
dieser durch die Wahl eines größeren Fettlappens vorzubeugen. 

Diskussion: 

Herr Stieda (Halle) gibt an, daß Prof. v. Brama n n vor 
acht Jahren Wangenfett bei Narbenzug nach Noma in die Gegend 
des Jochbeins verpflanzt und er selber kürzlich nach Entfernung 
eines Fibroadenoms der Mamma den Defekt mit Fettgewebe 
der Bauchhaut ausgefüllt habe. 

Herr Hagemann (Greifswald): Zu der von P a y r empfohle¬ 
nen Dauerdrainage (bei Elephantiasis, Hydrocephalus) mittels 
in Formol gehärteter Kalbsarterien) hat Vortr. Versuche ge¬ 
macht mit steril entnommenen Arterien frisch geschlachteter 
Kälber, die in löproz. Formollösung gehärtet, dann mit 
Ammoniak behandelt, gewässert, über Nacht in absoluten Alko¬ 
hol gelegt und in Kochsalzlösung vor Gebrauch abgespült wor¬ 
den waren. Bringt man so behandelte Arterien in den Kanin¬ 
chenkörper, so ist schon nach sechs Monaten die bindegewebige 
Organisation vollendet. Bessere Resultate bekommt man, w'enn 
man, wie Vortr. gefunden hat, die Arterien aus dem Alkohol 
in Xylol und Paraffinum liquidum bringt und sie so direkt ver¬ 
pflanzt. Hier erfolgt die Resorption, wenn überhaupt, sehr 
langsam. 

D e m onsträtion in der chirurgischen Klinik 
am 20. September durch Herrn Lexer. 

Zur Nachbehandlung der Mammaamputationen. Der, 
schon von E b n e r veröffentlichte einfache Verband, wobei der 
Arm in einem Trikotschlauch in erhobener Stellung am Bett 
festgebunden wird, hat sich ausgezeichnet bewährt. Es wird 



No. 41 


643 


TtlKRAPKU'lTSCHK 

eine Patientin vorgeführt, die vor wenigen Tagen wegen 
Mammacarcinom amputiert ist. Sie kann schon jetzt den Arm 
frei heben. 

Vorführung des, Verbandes mit beschränkter, Ifpststelluiig 
bei einer frischen typischen Radiusfraktur. 

Demonstration zweier Fälle von künstlichem Oesophagus 
wegen Aetzstrikturen der Speiseröhre. Die Rouksche Opera¬ 
tion ist bei gleichartiger Peristaltik der Darmschlingen nur mit 
einem Darmrohr geglückt, das etwa dreifingerbreit unterhalb 
der Mammilla endete. Der übrige Teil ist durch einen Haut¬ 
schlauch gebildet worden. 

Demonstration eines genau vor drei Jahren eingepflanzten 
vollständigen Kniegelenks; ferner eines vor fünf Monaten ein¬ 
gepflanzten, ebenfalls gut geheilten ,und funktionierenden Knie¬ 
gelenks und schließlich eines Falles, in welchem das obere 
Tibiadrittel, samt Gelenkfläche wegen Sarkom reseziert und 
durch ein entsprechendes Stück aus einem amputierten Glied 
ersetzt worden ist. Die' Funktion der vor s /, Jahren operierten 
Patientin ist vollkommen normal. 

Bei einem Falle von Chondrosarkom im oberen Humerus- 
drittel mit Durchwachsung der Schultermuskulatur, bei welchem 
die Radikaloperation den Erfolg hatte, daß nach % Jahr ein 
Rezidiv noch nicht aufgetreten war, wurde das fehlende 
Humerusstück, um dem schlotterndem Arm eine Stütze zu ver¬ 
leihen, durch ein frisches Knochenstück samt Gelenkkopf er¬ 
setzt. Es ist gute Heilung eingetreten seit drei Monaten. 

Vorführung einer Patientin, bei welcher ein großes Oeso- 
phagusdivertikel vor Jahr entfernt worden ist. Das Diver¬ 
tikel wurde daumenbreit neben der Oesophaguswand zuerst 
mit einer Abschlußnaht versehen und sodann der überstehende 
Teil reseziert. Die Abschlußnaht mit dem noch sitzenden Stiel 
wurde durch zwei Etagennähte eingestülpt. Gleichzeitig 
Gastrostomie. Heilung usw. 

Demonstration mehrerer Nasenplastiken der verschieden¬ 
sten Formen und in den verschiedensten Stadien. 

Demonstration eines Kindes, an welchem beiderseits 
wegen spinaler Kinderlähmung die L e x e r sehe Knochen¬ 
bolzung vorgenommen worden war, und Demonstration ver¬ 
schiedener Röntgenbilder solcher Fälle. 

Vorführung eines Patienten mit Myositis ossificans pro¬ 
gressiva. Lange dauernde Fibrolysinbehandlung ohne jeden 
Erfolg. 

Demonstration einer Patientin mit ausgedehnter rechts¬ 
seitiger Lungenaktinomykose. Die infiltrierte Brustwand wurde 
erst weitgehend Umschnitten und samt sechs Rippen ent¬ 
fernt. Darauf wurden schichtweise fingerdicke Scheiben aus 
den infiltrierten Lungenpartien, solange es der Zustand der 
Patientin erlaubte, ausgeschnitten. Der Rest wurde kauterisiert. 
Zurzeit sind keine Aktin omycesdrüsen mehr im Sputum nach¬ 
zuweisen, und die rechtsseitige Wundhöhle ist fast vollständig 
vernarbt. Fisteln bestehen nicht. Es ist dementsprechend Ausr 
heilüng zu erwarten. 

Ein Mann mit fast faustgroßem Epiglottis- und Zungenbasis- 
earcinom. bei welchem trotz ausgedehnter. Drüsen am Halse die 
Radikaloperation ausgeführt worden ist. Seit zwei Jahren 
rezidivfrei. Der Patient kann verständlich sprechen und aus¬ 
gezeichnet schlucken. 

Demonstration eines nach dem L e x e r sehen Verfahren 
operierten Nabelbruches. Bis jetzt sind bei derartig operierten 
Fällen niemals Rezidive aufgetreten. Die von E b n e r be¬ 
schriebene Operationsmethode, bei welcher durch einen dicken 
Aluminiumbronzedraht eine ausgedehnte Tabaksbeutelnaht 
durch die ganze Dicke der Bauchdecken gelegt wird, ist außer¬ 
ordentlich einfach und hat sich auch bei großen Brüchen gut 
bewährt. 

Präparate von resezierten Kniegelenken, welche wegen 
Fungus mit Trypsin behandelt worden waren. Die Resektion 
mußte in acht von neun Fällen ausgeführt werden, weil unter 
tuberkulöser Eiterung sehr schwere Gelenkzerstörungen auf¬ 
getreten waren. Besonders instruktiv sind die Präparate durch 
den Befund einer Ablederung des Gelenkknorpels in großen 
Lappen. 


Ilt. Bücherschau. 

Therapeutisches Taschenbuch der Harnkrankheiteu. Von 
Dr. Ernst Portner. Mit 32 Abbildungen im Text. Berlin 
1910, A. Kornfeld. 234 S. 

Das vorliegende Kompendium verfolgt, wie auch Verfasser¬ 
in der Einleitung hervorhebt, rein praktische Zwecke. Es soll 
den Arzt, „der sich mit der Behandlung der Harnkrankheiteu 
beschäftigen will“, in knapper Form über die gebräuchlichen, 
therapeutischen Methoden orientieren. Als Hilfsmittel für “den 
werdenden Spezialisten ist das Buch jedoch nicht ausreichend; 
dazu ist denn doch eine, wenn auch kurze wissenschaftliche Be¬ 
gründung jeder Methode,, sowie des Standpunktes, von dem aus 
Verf. sie beurteilt, notwendig. Eher eignet sich das Kompen¬ 
dium für allgemeine Aerzte, welche sich auf die Autorität und 


RUNDSCHAU 1910. 

Erfahrung eines beschäftigten Spezialisten hin schnell und sicher 
über Maßnahmen zu orientieren beabsichtigen, welche in irgend 
eitlem ihnen weniger geläufigen Falle indiziert sind. 
Seinem Zvvecke entsprechend, ist die Darstellung ganz kurz 
und aphoristisch gehalten, eingehende kritische Erörterungen 
sind nach Möglichkeit vermieden. Für den allgemeinen Prak¬ 
tiker ist das Buch als Informationsquelle sehr zu empfehlen. 

H. L. 

Die Hämophilie in der Augenheilkunde nebst Bemerkungen zur 
Durchblutung der Hornhaut. Von Prof. A. Vossius (Gießen). 
Sammlung zwangloser Abhandlungen aus dem Gebiete der 
Augenheilkunde, Bd. VIII, H. 3. Halle a. S. 1910, Carl 
Mar hold, Verlagsbuchhandlung. 20 S. 0,75 M. 

In der Augenheilkunde hat die Hämophilie zwar nicht die 
Bedeutung wie in anderen Zweigen der Heilkunde, insbeson¬ 
dere der Chirurgie, Zahnheilkunde und auch Gynäkologie, 
immerhin kommen auch an den Augen Blutungen auf hämo- 
philer Grundlage vor, sowohl spontane wie im Anschluß an 
zufällige Verletzungen und nach operativen Eingriffen. Die 
Blutungen können alle Teile des Auges und seiner Adnexe, be¬ 
treffen; es können sowohl äußere Blutungen aus der Conjunc- 
tiva usw. als auch intraoculare sein. Verfasser stellt in der 
vorliegenden kleinen Arbeit das in der neueren ophthalmologi- 
schen Literatur sich findende kasuistische Material in betreff 
der hämophilen Blutungen der Augen zusammen und fügt 
einige eigene Beobachtungen hinzu. Die. Abhandlung ist nicht 
nur für Augenärzte geschrieben, sondern hat auch allgemein¬ 
ärztliches Interesse. 

Symptomatologie und Differentialdiagnose der Erkrankungen 
in der hinteren Schädelgrube mit besonderer Berücksichti¬ 
gung der für einen chirurgischen Eingriff zugängigen. Von 
Dr. med. Nie. Gierlich, Nervenarzt in Wiesbaden. Sammlung 
zwangloser Abhandlungen aus dem Gebiet der Nerven- und 
Geisteskrankheiten, Bd. IX, H. 2 Halle a. S. 1910, Carl 
M a r h o 1 d , Verlagsbuchhandlung, 44 S. 11. 

Nachdem im letzten Dezennium die Chirurgie des Gehirns 
bedeutende Fortschritte gemacht und namentlich auch die 
hintere Schädelgrube in ihren Bereich gezogen hat, ist die Ver¬ 
feinerung der Diagnostik der in diesem Gebiet lokalisierten 
Affektionen zur Notwendigkeit geworden; denn nur auf der 
Basis einer möglichst gesicherten Diagnose sind derartige ein¬ 
greifende Operationen berechtigt. Deswegen ist es auch fin¬ 
den Allgemeinpraktiker von Wichtigkeit, sich mit den neueren 
diagnostischen Fortschritten dieses Teils der Neurologie be¬ 
kannt zu machen, weil ihm doch meist die erste Beratung und 
Untersuchung der betreffenden Patienten zufällt und es im 
Interesse der Kranken liegt, daß sie möglichst frühzeitig der 
eventuell erforderlichen neurologisch-chirurgischen Behandlung 
zugeführt werden. Als ein recht brauchbares Hilfsmittel, um 
sich über dieses Kapitel zu orientieren, kann die vorliegende 
Abhandlung bezeichnet werden, in welcher der Verfasser nach 
dem heutigen Stande der Wissenschaft die Symptomatologie 
und Diagnostik der Affektionen der hinteren Schädelgrube be¬ 
spricht, mit spezieller Berücksichtigung der für einen chirurgi¬ 
schen Eingriff geeigneten Erkrankungen. Es sind dies be¬ 
sonders Erkrankungen des Kleinhirns, speziell Abscesse, 
Cysten, Tumoren, sowie die im Kleinhirnbrückenwinkel locker 
gelegenen Neurofibrome. Mit besonderer Sorgfalt hebt Verf. 
überall die differential diagnostischen Gesichtspunkte hervor. 

R. L. 

IV. Feuilleton. 

Aerztlicher Kulturbrief aus Ostpreussen. 

Von 

Dr. Abramowski, Kreisassistenzarzt (Gilgenburg, O.-Pr.). 

Bei einer gelegentlich der diesjährigen Impfung angestell- 
ten Erhebung bei den deutschen und polnischen Müttern über 
die Häufigkeit des Stillens im südlichen Teile des Kreises 
Osterode war das Verhältnis 2 :3 (zwei = deutsch, drei = pol¬ 
nisch). Als Erklärung wurde mir von gut unterrichteter Seite 
gesagt, daß das Ueberwiegen des Stillens bei den polnischen 
Frauen eine Folge des Einflusses der katholischen Geistlichen sei, 
welche mit aller Energie darauf dringen, daß die Mütter ihren 
Kindern die Brust geben, wohl wissend, daß dieses das beste 
Mittel zur Heranziehung eines numerisch starken und körper¬ 
lich resistenten polnischen Nachwuchses sei. (Polnisch und katho¬ 
lisch fällt im Regierungsbezirke Allenstein auf dem Lande 
meist zusammen.) ln vielen Fällen wird das wohl zutreffen, 
im allgemeinen bin ich aber doch zu der Ansicht gelangt, daß 
die polnischen Frauen der Bequemlichkeit wegen selber 
nähren, und in denjenigen Fällen, in denen die deutschen 
Landfrauen dies nicht tun, hat dies darin seinen Grund, daß 
sie in eine höhere Kulturstufe eingerückt zu sein glauben, 



644 


So; 42. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


mit anderen Worten, weil sie sich für zu fein halten. Dem sei 
nun, wie ihm wolle, Tatsache ist, daß man, auffallend oft 
Brustkinder sieht, die, atrophisch sind, ohne eigentlich krank 
zu sein, und auch die nicht atrophischen Kleinen lassen oft die 
runden appetitlichen Formen der Säuglinge vermissen. Der 
Grund hierfür ist sicherlich in. dem reichlichen Schnapsgenuß 
der Mütter zu suchen, denn weit entfernt davon, in der StilL 
periodjo' abstinent zu sein, glauben die Weiber durch das 
Branntweintrinken eine besonders kräftige Milch zu erzielen, 
Wipnigstens schützen sie diesen Grund vor. Hierbei fällt der 
Unterschied zwischen der deutschen und polnischen Bevölke¬ 
rung leider fort; auch erweist sich selbst die. Macht des katho¬ 
lischen Geistlichen dem Dämon Alkohol gegenüber als nicht 
ausreichend. Ein gewisses tägliches S.chnapsquantum hält hier 
nicht nur der Mann, sondern auch die Frau für eine so zu sagen 
verbriefte Selbstverständlichkeit, für ein Freudenäquivalent 
dem arbeitsvollen und entbehrungsreichen Beben gegenüber. 
Hin und wieder, aber verhältnismäßig doch selten, wird im 
Regierungsbezirk Allenstein noch ein Gemisch von Alkohol 
und Aether, also Hoffmannstropfen, ja selbst unvermischter 
Äether getrunken, wie das vor einem Jahrzehnt in den 
Regierungsbezirken Königsberg und Gumbinnen, hauptsäch¬ 
lich in deren litauischen Distrikten, noch gang und gäbe war, 
und auch jetzt noch vielfach besonders in den Kreisen Memel 
und Heydekrug beobachtet wird. Nachdem die Kinder als 
Säuglinge diesen üblen Grund gelegt haben, oder er ihnen 
vielmehr gelegt worden ist, werden sie in der Folgezeit ganz 
unzulänglich ernährt, wobei sich ein Unterschied zwischen den 
deutschen und polnischen Elementen kaum bemerkbar macht. 
Das kann man so recht deutlich bei den neu eingetretenen 
Schulkindern beobachten, die fast durchgängig mager und blaß 
sind; sie sitzen da, wie im Schlaf und bewegen sich ohne jede 
Munterkeit. Kein Wunder, denn sie sind ausnahmslos unter¬ 
ernährt, besteht doch das Frühstück nur aus einer riesen¬ 
großen, trockenen Schwarzbrotschnitte. Zum Mittagessen gibt 
es dann Kartoffeln, die in unglaublichen Mengen verzehrt wer¬ 
den, und denen sich etwa zweimal in der Woche Hering zu¬ 
gesellt. Fleisch gibt es fast niemals, höchstens sogenannte 
„Speckspirkel“. Gemüse kennt man gar nicht; seine Stelle I 
scheint ein ab und zu genossener Grützbrei zu vertreten. Die 
gewonnene Milch — die meisten Instleute haben eine Kuh — 
wird zu Butter verarbeitet und diese verkauft, um das nötige 
Geld für das Feuerwasser im Hause zu haben. Diese Be¬ 
schreibung ist frei von jeder Uebertreibung, ich habe sogar 
noch einige Dfastika unerwähnt gelassen, um diesem Aufsatz 
nicht den Anstrich eines Feuilletons zu geben. Die Unter¬ 
ernährung hört erst auf, wenn die Kinder aus. der Schule ent¬ 
lassen werden und in irgendeinen Dienst treten. Diese Be¬ 
obachtung habe ich bei der vierteljährlich stattfindenden 
Granulose-Untersuchung und Behandlung in den Schulen 
meines Bezirkes gemacht. Hierbei möchte ich ein wenig 
verweilen. Die Granulöse ist stark im Abnehmen be¬ 
griffen und diejenigen Fälle, welche zur Beobachtung gelangen, 
sind meist leichter, selten einmal mittelschwerer Natur, wäh¬ 
rend man schwere und ganz schwere Fälle eigentlich gar nicht 
mehr sieht; höchstens noch deren Folgeerscheinungen, wie 
Lidknorpelverödung und Hornhautnarben, bei ganz alten 
Leuten. Die Behandlung geschieht in der Weise, daß täglich 
in die Augen entweder von dem Lehrer oder von der Gemeinde¬ 
schwester, wo eine solche stationiert ist, eine Lösung von 
Kupfersulfat (1 :1000) mittels eines Tropffläschchens (nicht 
Pipelte, weil oft unsauber und eventueller Verletzungen wegen 
gefährlich) eingeträufelt wird. Bei der Kontrolle wäscht dann 
der Arzt die Lidschleimhaut mit einem in Sublimatwasser 
(1 :1000) getränkten Wattebäuschchen aus, wobei die Körner 
mit der Fingerkuppe kunstgerecht ausgedrückt werden. Ge¬ 
eignete Fälle bestellt der Arzt sich außerdem in sein Ambu¬ 
latorium, vierzehntätig, achttägig oder öfter, je nach der Art 
der Krankheit. Von der operativen Behandlung, welche be¬ 
kanntlich in der Exzision der angegriffenen Schleimhautpartien 
mit nachfolgender Transplantation besteht, hat man hier so gut 
wie gar keine Erfolge gesehen, da danach Rezidive und 
Knorpelschwund an der Tagesordnung sind. Zum Sichtbar¬ 
machen der Lidschleimhaut bedient man sich im Regierungs¬ 
bezirk Allenstein ausschließlich des von Decker sehen Hand¬ 
griffes ') und auch in den anderen Bezirken der Provinz Ost¬ 
preußen gibt man ihm vor anderen Methoden den Vorzug. 
Dieser Handgriff besitzt viele Vorteile; er ist sehr schonend, 
macht die Schleimhaut in einem außerordentlich großen Be¬ 
reiche sichtbar, läßt die rechte Hand zum Operieren frei, macht 
unabhängig von einem Instrument und ermöglicht Massenunter¬ 
suchungen in verhältnismäßig kurzer Zeit, da er bei einiger 
Uebung fast blitzschnell ausgeführt werden kann. Dieser Hand¬ 
griff ist der Stäbchenuntersuchung bei weitem vorzuziehen. 

Zum Schlüsse möchte ich noch ein anderes Gebiet streifen, 
das im Osten zu einer bedauernswerten Blüte gelangt ist, das 
der Hebammenpfuscherei. Bei 15 Leichenöffnungen, denen ich 

•) Dr. Alfred von Decker, Kreisarzt in Osterode. 


im. Laufe von dreiviertel Jahren als Obduzent beiwohnte, wurde 

in, vier Fällen der Tod durch Verblutung nach Entbindung fest¬ 
gestellt und in drei Fällen die Schuld einer Pfuscherin er¬ 
wiesen. (In dem vierten Falle handelte es sich um Fahr¬ 
lässigkeit der Hebamme.) Unwillkürlich wird man denken, 
daß es der Mangel an Bezirks- und Privathebammen ist, der 
diese exorbitante Zahl zustande kommen läßt. Das ist aber 
nicht,der Fall; beide Kategorien von Hebammen sind in aus¬ 
reichender Zahl vorhanden. Aus dem Kreise Neidenburg wird 
ähnliches berichtet. Der Grund ist darin zu finden, daß den 
Leuten das Hebammenhonorar zu hoch ist. Ich habe es bei 
einem gerichtlichen Termin einmal selbst mit angehört, daß ein 
Ehemann,sägte: „Mehr als fünf Dittchen (Dittchen ist ein Pro¬ 
vinzialismus für ein Zehnpfennigstück) kann icht nicht geben, 
wo jedes Jahr eins kommt.“ Die Strafe schwankt zwischen 
drei und fünf Monaten; sind keine nachteiligen Folgen einge¬ 
treten und gelangt der^all zur Anzeige, sp geht das Strafmaß 
gewöhnlich nicht über dreißig Mark hinaus, was mir immer 
außerordentlich milde vorgekommen ist. Nach § 147 der Ge¬ 
werbeordnung . kann bei gewerbsmäßiger Hebammenpfuscherei 
bis zu 300 M. Geldstrafe bezw. 30 Tagen Haft erkannt werden, 
doch wird sich gerade das Gewerbsmäßige oft nicht nachweisen 
lassen. Eines sehr bösen Kuriosums sei noch Erwähnung ge¬ 
tan. Es ist dies das Selbstentbinden, welches die billigste 
Prozedur darstellt. So hörte ich — horrible dictu — aus dem 
Munde einer Hebamme, daß sie sich stets selbst entbinde, nach¬ 
dem sie sich vorschriftsmäßig desinfiziert habe. (?) Bei Ge¬ 
legenheit einer Leichenöffnung wurde, wir mir ein bekannter 
Kreisarzt erzählt, der . Ehemann vernommen, dessen Frau eben 
die durch Selbstentbindung zugrunde gegangene Tote war. Der 
Richter fragte: „Als das Kind nun zwischen den Schenkeln 
Ihrer Frau lag, was geschah da weiter ?“ Die Antwort lautete: 
Sie sagte: „Lang’ mir mal den Zwirn aus der Schublad’.“ Diese 
Dinge hören sich wie Schnurren an und doch sind es leider 
Tatsachen. Es will mich bedünken, daß es an der Zeit sei, 
hier einmal gründlich aufzuräumen. 


E. von Leyden. 

(20. April 1832 — 5. Oktober 1910.) 

Wieder ist ein Mann dahingeschieden, dessen Name lange 
Jahre hindurch zu den klangvollsten im medizinischen Deutsch¬ 
land gehörte: Am 5. Oktober ist Geheimrat Prof. Dr. Ernst 
v. Leyden nach längerem Siechtum in Charlottenburg - ge¬ 
storben. Als er vor drei Jahren im Älter von 75 Jahren sein 
klinisches Lehramt niederlegte, war er noch in voller Rüstig¬ 
keit; die Krankheit brach im vorigen Jahre ziemlich plötzlich 
über ihn herein in Gestalt einer Schenkelhalsfraktur, die zwar 
notdürftig heilte, aber, wie so oft bei Greisen, infolge der ge¬ 
zwungenen Bewegungshemmung zu einer rapiden Entwicke¬ 
lung des Greisentums mit anschließendem Kräfteverfall führte. 
— Ernst v. Leydens äußerer Lebenslauf war ein unge¬ 
wöhnlich glänzender; ohne innere und äußere Kämpfe ist er, 
der Typus eines Glückskindes, anscheinend mühelos von Stufe 
zu Sjtufe gestiegen und hat so die höchsten Ehren erreicht, die 
einem seinem Berufe treu bleibenden Arzt im preußischen 
Staate zufallen können. Am 20. April 1832 in Danzig als Sohn 
eines Regierungsrats geboren, verlor er zwar früh den Vater, 
behielt aber in seiner Mutter eine vollwertige Erzieherin. 
Auf dem Gymnasium zu Marienwerder vorgebildet, begann er 
bereits mit 17 Jahren das Studium der Medizin, und zwar in 
Berlin als Zögling des Friedrich Wilhelms-Instituts, wo 
Johannes Müller, Schlemm, Schönlein, Ebert, 
Romberg, Jüngken, Langenbeck, Casper und 
Hecker seine vernehmlichsten Lehrer waren. Am 11. August 
1853 wurde Leyden zum Doktor promoviert und kurz darauf 
approbiert. Eine Reihe von Jahren war er nunmehr als aktiver 
Militärarzt an verschiedenen Orten tätig; erst 1862 betrat er 
die eigentliche wissenschaftliche Laufbahn, indem er als 
Assistent an die medizinisch-proprädeutische Klinik der Charite 
kommandiert wurde, in deren Chef Ludwig Traube er 
einen Kliniker von Weltruf zum Vorgesetzten und Lehrer 
bekam. In jene Zeit fallen seine Forschungen über die Patho¬ 
genese der Rückenmarkskrankheiten, deren Ergebnisse ihn so¬ 
fort in die erste Reihe der deutschen Kliniker stellten. So 
wurde denn der junge Stabsarzt bereits 1865 als ordentlicher 
Professor und Direktor der inneren Klinik nach Königsberg 
i. Pr. berufen, wo er bis zum Jahre 1872 verblieb, um damals 
einem Rufe an die reorganisierte Universität Straßburg zu 
folgen. Als Ludwig Traube 1876 gestorben war, wurde 
Leyden Nachfolger seines Lehrers als Direktor der zweiten 
medizinischen Klinik der Charite, welche Stellung er 1885, nach 
dem Tode von F r e r i c h s , mit der Leitung der ersten medizi¬ 
nischen Klinik vertauschte. Dieses Amt hat er bis 1907 be¬ 
kleidet und nach seinem Rücktritt bis vor wenigen Monaten dann 
noch das von ihm geschaffene Institut für Krebsforschung ge¬ 
leitet. In dieser letzten Periode wurde sein Wirken von der 
Regierung durch eine Reihe hoher Auszeichnungen anerkannt, 



No. 4§. 


645 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


unter dfenen die in den neunziger Jahren des vorigen Jahr¬ 
hunderts erfolgte., ]|obititiermig uiMt,.die vor mehreren Jahren 
sieh anschlietßendö ‘ Ernennung zlum-l^irfiliehen Geheimen Rat 
erwähnt seien. 

Ernst v. Leyden gehört zu den Männern der Wissen¬ 
schaft, die weniger durch die positiven Funde, die ihnen die 
.'Wiskenatbhft Verdankt, als durch die zahlreichen Anregungen, 
die voll ihnen ausgingen, die Meilschheit gefördert haben. 
Zwar auch in ersterer Hinsicht hat er durchaus Vollwertiges 
geleistet, wie seine schon erwähnten Arbeiten aus der Nerven- 
pathologie, der von ihm gemachte Fund der Asthma-Kristalle 
und manche andere Einzelpublikationen beweisen. Aber in 
dieser Hinsicht ist er doch nur Einer unter Vielen, während 
«r als reger Förderer junger Talente, als Leiter wissenschaft¬ 
licher Unternehmungen und last not least als Organisator humanh 
tärer Bestrebungen nur Wenige seines, Gleichen in Deutschland 
hatte. In ersterer Hinsicht sei nur an die große Zahl der aus 
seiner Schule hervorgegangenen. Kliniker erinnert, unter denen 
die ihrem Lehrer im Tode vorausgegangenen Professoren 
Nothnagel, und Renv.ers, ferner A. Fraenkel, 
M. B e r n-hh r.d t , -G old-s che.i d e r„ die Brüder Klempe- 
r e r u. a. erwähnt seien. Als wissenschaftlicher Organisator 
bewährte er sich durch die vor etwa zehn Jahren erfolgte Be¬ 
gründung des Zentralkomitees für Krebsforschung, auf dessen 
Anregung dann in. weiterer Folge ein Institut für Krebs¬ 
forschung und Fürsorgestellen für. Krebskranke ins Leben ge¬ 
rufen wurden. Ganz besondere Verdienste endlich erwarb 
sich v. Leyden durch sein unermüdliches Eintreten für die 
Lungenheilstätten, eine Idee, die zwar für. .die be¬ 
mittelten Kreise schon in manchen Orten vorher verwirk¬ 
licht war, die für die breiten Volksschichten aber erst ihre 
Segnungen entfaltete, als führende Persönlichkeiten, unter 
ihnen mit an erster Stelle Ernstv. Leyden, sich mit aller 
Energie für sie einsetzten. Im einzelnen braucht dies wohl 
hier nicht weiter ausgeführt zu werden, da es unseren Lesern 
aus unseren häufigen Mitteilungen über diese Dinge hinlänglich 
bekannt ist. — 

Als Universitätslehrer sah Ernst v. Leyden neben der 
schon erwähnten Heranbildung eifler engeren Schülerschar 
sejne Aufgabe vor allem darin, dem Gros der Klinizisten die 
Bedeutung der Krankenpflege für die praktische Ausübung des 
ärztlichen Berufs frühzeitig einzuprägen; unermüdlich wies er 
seine Hörer auf die zahlreichen kleinen Behelfe hin, durch die 
der Arzt das Lös auch unheilbar Kranker zu erleichtern in der 
Lage ist. Man konnte so in seiner Klinik Therapie im weitesten 
Sinne lernen, die weit über,den engen Rahmen der Pharmako¬ 
therapie hinaus den gesamten „Komfort des Kranken“ in sich 
schließt. 

Mit allen diesen Bestrebungen ging bei Leyden alle die 
Jahrzehnte seines Wirkens hindurch eine umfassende literari¬ 
sche Tätigkeit parallel, die. teils in der Veröffentlichung selb¬ 
ständiger Werke und Abhandlungen, teils in der Herausgabe 
von Sammelwerken und Gründung von Zeitschriften bestand. 
Wir erwähnen in dieser Beziehung: „Die graue Degeneration 
der hinteren Rückenmarksstränge“ (1864), die „Klinik der 
Rüc-kenm a.r-kskr a nkheiten“- (1874—1875), die „Er¬ 
krankungen des Rückenmarks und der Me- 
dulla oblongata“ (zusammen mit Go. 1 d s ch e i d er), 
die Sammelwerke „Handbuch der Ernährungstherapie“, 
„Deutsche Klinik am Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts“ 
und die Zeitschriften: „Zeitschrift für klinische Medizin“, „Zeit¬ 
schrift für Tuberkulose und Heilstättenwesen“, „Zeitschrift für 
physikalisch-diätetische Therapie“. 

Ernst v. Leyden vereinigte eine Reihe von Eigen¬ 
schaften in sich, die ihn, wenn dies Wert gestattet ist, als die 
verkörperte Weltklugheit, diesen Begriff im guten Sinne ver¬ 
standen, erscheinen ließen. Natürliches Wohlwollen für seine 
Mitmenschen, Liebenswürdigkeit des Auftretens, Freiheit von 
konfessionellen und zünftlerischen Vorurteilen und ein sicherer 
Blick in der Beurteilung anderer Personen waren die hervor¬ 
stechendsten Züge seines Wesens. Diese Eigenschaften in 
Verbindung mit einer hohen wissenschaftlichen Intelligenz und 
literarischen Begabung befähigten ihn zu seinem so vielseitigen 
und erfolgreichen Wirken als Arzt, Forscher, Lehrer und För¬ 
derer der Volksgesundheit, dem nach einer ungewöhnlich 
langen Periode ungestörter körperlicher Rüstigkeit erst die 
Kränklichkeit seines letzten Lebensjahres ein Ziel setzte. 

Ernst v. Le y d e n wird noch lange als einer der be¬ 
deutendsten . Aerzte seiner Zeit genannt werden. 


> ' V. TagesgescMchta 

Standesangelcgenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Der Entwurf eines Gesetzes gegen Mißstände 
im Heilgewerbe, wie jetzt der Entwurf eines Kurpfusche¬ 
reigesetzes bezeichnet wird, ist vom Bundesrat dem zu¬ 


ständigen Ausschuß überwiesen worden. Nach Mitteilung einer 
Zeitungskorrespondenz sind in ihm im wesentlichen die Grund¬ 
züge beibehalten, auf die sich der im Februar 1908, veröffent¬ 
lichte vorläufige Entwurf aufgebaut hatte. Jedoch sind im ein¬ 
zelnen infolge der damaligen Kritik mehrfache Aenderungen 
vorgenommen worden. Ueber den Inhalt der jetzigen Vorlage 
tej.ll die Korrespondenz folgendes mit: 

„Der Gesetzentwurf enthält nicht das absolute Verbot der 
Kurpfuscherei, wie es in vielen anderen Ländern besteht. Er 
begnügt sich in der Hauptsache mit polizeilichen Beschränkun¬ 
gen. Er setzt eine Anmeldepflicht für den Beginn des Heil¬ 
gewerbebetriebes, die Pflicht zur Erteilung einer Auskunft 
über die persönlichen Verhältnisse des Gewerbetreibenden 
und zur Führung von Geschäftsbüchern nach näherer Anwei¬ 
sung des Bundesrates fest. Die Amtsärzte haben Personalakten 
über die einzelnen „Krankenbehandler“ anzulegen. Verboten 
wird diesen die Fernbehandlung (z. B. die briefliche) von 
Menschen und Tieren, ferner bei Menschen die Behandlung 
von ansteckenden Krankheiten, insbesondere Geschlechtskrank¬ 
heiten, die Behandlung mit nicht blos örtlich wirkenden Be¬ 
täubungsmitteln, die Behandlung durch Hypnose und mystische 
Verfahren.' Ungeeigneten Personen, beispielsweise solchen, 
denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt oder die wegen 
Gewalttätigkeiten, Sittlichkeitsverbrechen und dergleichen be¬ 
reits bestraft sind, kann die Zulassung zur Krankenbehandlung 
versagt werden. Aus gleichen Gründen, ferner bei nachge- 
wie'sener Unzuverlässigkeit (fahrlässigen Schädigungen aer 
Kranken usw.) kann den Krankenbehandlern die Erlaubnis zur 
Ausübung ihres Gewerbebetriebes entzogen werden. Doch soll 
nach Bestimmungen der Landesregierungen darüber endgültig 
im Verwaltungsstreitverfahren entschieden werden dürfen. 
Schließlich enthält der Entwurf für die Mißachtung der er¬ 
lassenen, Vorschriften Strafen, die bis zu sechs Monaten Gefäng¬ 
nis und bis zu 1500 M. Geldbußen steigen, abgesehen von den 
etwa noch straf- oder zivilrechtlich verwirkten Strafen.“ 

Dresden. Das Oberverwaltungsgericht des 
K g r. Sachsen hatte sich kürzlich mit üer Frage zu be¬ 
schäftigen, ob die Privatklinik eines Arztes als Gewerbebetrieb 
anzusehen sei und ob die dort angestellten Kranken¬ 
schwestern dem Krankenversicherungs- 
zwang unterlägen. Die Ortskrankenkasse der Stadt Chem¬ 
nitz hatte einem dortigen Frauenarzt, der eine Privatklinik be¬ 
sitzt, auf dem Klagewege zur Versicherung der in der Klinik 
tätigen Krankenschwestern bringen wollen, wurde aber abge¬ 
wiesen, da im vorliegenden Falle die Voraussetzungen eines 
Gewerbebetriebs nicht vorlägen. Das Gericht stellte sich auf 
den Standpunkt des Reichsgerichts, das in einem ähnlichen Falle 
folgendes ausgeführt hatte: „Nur wenn die Krankenanstalt eines 
Arztes als ein selbständiges Mittel zur Erzielung einer 
dauernden Einnahmequelle gehalten wird, macht sie ihn zum 
Gewerbetreibenden „und damit das Anstaltspersonal versiche¬ 
rungspflichtig.“ Die Privatklinik wird aber in dem Chemnitzer 
Falle nur als notwendige Ergänzung der spezialärztlichen 
Tätigkeit des Beklagten betrieben, und der aus ihr erzielte 
Reingewinn ist geringer als das Einkommen, das er durch 
seine ärztliche Tätigkeit erzielt. Die Privatklinik stellt somit 
kein selbständiges Unternehmen, also keinen Gewerbebetrieb 
dar und die in ihr beschäftigten Personen unterliegen daher 
nicht der Versicherungspflicht. 


Universitätswesen, Personalnaclirichten. 

Breslau. Der Abteilungsvorsteher am hiesigen hygieni¬ 
schen Universitätsinstitut Prof. Dr. Scheller ist mit der Ab¬ 
haltung einer Vorlesung über Gewerbehygiene beauftragt 
worden. 

— Dem Professor der Hygiene Geh.-llat Prof. R. Pfeiffer 
ist von der Gesellschaft der schwedischen Aerzte in Stockholm 
die von ihr gestiftete goldene Pasteurmedaille, welche jedes 
zehnte Jahr für hervorragende wissenschaftliche Arbeiten auf 
bakteriologischem und hygienischem Gebiete zuerkännt wird, 
verliehen worden. 

Leipzig. Hierselbst starb der Kunstmaler Arthur 
Kirchner, der als Illustrator medizinischer Abhandlungen 
und Lehrbücher in Fachkreisen sehr geschätzt war. 

Erlangen. Leiter des an der hiesigen Universität neu¬ 
errichteten zahnärztlichen Instituts und als Lehrer der Zahn¬ 
heil k unde ist der Privatdozent Dr. II. Euler aus Heidel¬ 
berg berufen worden. 

Würzbu r g. Als Prosektor am pathologischen Univer¬ 
sitäts-Institut ist der Privatdozent an der deutschen Universität 
in Prag Dr. Hel ly hierher berufen worden. 

M ü n c h e n. Der seit einem Jahre im Ruhestande lebende 
außerordentliche Professor der gerichtlichen Medizin Land¬ 
gerichtsarzt a. D. Dr. M. Holmann ist gestorben. 

Zürich. Nachdem K. Brunner und E. Payr den 
durch Krönleins Rücktritt vakanten Lehrstuhl der Chirurgie 
ausgeschlagen haben, ist der Erfinder des sog. Ueberdruck- 
J Verfahrens, Privatdozent Prof. Dr. Sauerbruch, als Ordi¬ 
narius der Chirurgie hierher berufen worden. 



646 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 42. 


L n z e r n. Im Alter von beinahe 70 Jahren starh hier¬ 
seihst Dr. Arnold Ott, der, nachdem er eine Reihe von 
Jahren als Augenarzt praktiziert hatte, seit etwa zwei Jahr¬ 
zehnten eine Reihe von dramatischen Dichtungen veröffent¬ 
licht hat, die ihm rasch einen Namen machten. Auch mit lyri¬ 
schen Gedichten gewann er Anerkennung. 

Laasanne. Der bisherige außerordentliche Professor 
der Augenheilkunde Dr. Eperon ist als Nachfolger des ver¬ 
storbenen Prof. Marc Dufour zum Ordinarius ernannt 
worden. 

Lissabon. Der Irrenarzt Prof. Dr. Bombarda wurde 
von einem klerikalen Offizier, der als angeblicher Patient in 
seiner Sprechstunde erschien, erschossen. Die Ermordung des als 
Abgeordneter der republikanischen Partei eine politische Rolle 
spielenden Arztes war der letzte Anlaß zu der politischen Um¬ 
wälzung, die in der vorigen Woche zum Sturze der Monarchie 
in Portugal geführt hat. 


Gerichtliches. 

Berlin. Wegen fahrlässiger Körperverletzung hatte sich 
kürzlich der Dentist Sch. aus Rixdorf vor dem hiesigen Land¬ 
gericht II zu verantworten. Der Angeklagte hatte für eine 
Frau M. ein Gebiß anzufertigen. Bald nach der Ablieferung 
stellte es sich heraus, daß die natürlichen Zähne der Frau M. 
weit hervorragten, da der Angeklagte die künstlichen Zähne 
viel zu kurz gemacht hatte. Anstatt nun diesen Schönheits¬ 
fehler dadurch zu reparieren, daß er an Stelle der kurzen 
längere Zähne in das Gebiß einsetzte, gab S c h. der Frau den 
sonderbaren Rat, sich ihre natürlichen Zähne kürzen zu lassen. 
Die Frau vertraute dem Angeklagten auch blindslings und ließ 
an sich die Operation vornehmen. Hierbei beging der An- 1 
geklagte den Fehler, daß er bei dem Absagen der Zähne bis 
in das Dentin vorging. Dies hatte zur Folge, daß die Frau, 
als sie das erste Mal wieder Speisen zu sich nehmen wollte, 
vor Schmerz laut aufschrie und ihr ein Beißen und Kauen 
völlig unmöglich war. Als sich die Frau dann weigerte, das 
Honorar für diese eigentümliche „Behandlung“ zu zahlen, ver¬ 
klagte Sch. sie. Er wurde Jedoch mit der Klage abgewiesen. 
Nunmehr erstattete Frau M. Anzeige wegen fahrlässiger 
Körperverletzung. Da der gerichtliche Sachverständige 
für die Zahnheilkunde, Zahnarzt Dr. Ritter, das Vorgehen 
des Angeklagten als einen ganz groben Kunstfehler 
bezeichnete, hatte das Schöffengericht Rixdorf gegen S c h. auf 
12fi M. Geldstrafe erkannt. Die hiergegen eingelegte Berufung 
wurde unter Bestätigung des ersten Urteils von der Straf¬ 
kammer verworfen. (Voss. Ztg.) 

H a n n o v e r. Eine wegen fahrlässiger Tötung zu drei 
Monaten Gefängnis verurteilte Gesundbeterin ist im i 
Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen worden. 

F r a u k f u r t a. M. Wegen fahrlässiger Körperverletzung, 
begangen durch einen ärztlichen Kunstfehler, wurde in der 
vorigen Woche ein hiesiger Spezialarzt für Harn- und Blasen¬ 
leiden zu 100 M. Geldstrafe verurteilt. Der Arzt hatte bei einem 
an Prcstatahypertrophie leidenden Rentner die Bottinische 
Operation vorgenommen, und bei den Vorbereitungen zu dieser 
Operation oder während der Nachbehandlung war durch einen 
unglücklichen Zufall das Ansatzstück einer Blasenspritze in 
die Blase des Patienten geraten. Dieses Metallstück blieb 
mehrere Monate im Körper des Patienten und wurde dann von 
Geheimrat Marc aus Bad Wildlingen entfernt, der ebenso wie 
der Angeklagte im Glauben war, der Patient habe die Be¬ 
schwerden durch einen Blasenstein bekommen. Der Rentner 
fordert im zivilgerichtlichen Verfahren außerdem 6000 M. 
Schadenersatz. 

Leipzig. Das Reichsgericht verwarf die Revision der 
vom Landgericht Hannover wegen fahrlässiger Tötung zu drei 
Monaten Gefängnis verurteilten Krankenbehandlerin Oster- 
berg. Sie hatte ein diphtheriekrankes Kind mit „Os t er¬ 
be rg sehen Universaltropfen“ behandelt und dadurch recht¬ 
zeitige ärztliche Behandlung verhindert. 

Verschiedenes. 

Wien. Das Ueberhandnehmen der Verwendung von 
Methylalkohol bei Herstellung galenischer Präparate 
(vgl. das Referat der Arbeit von Natanson. „Allg. 
Medizinische Central - Zeitung“, 1910, No. 4) sowie die 
häufig vorgekommenen Todesfälle infolge Genusses 
von „Kinderbalsam“ und Hoffmannstropfen, 
welche unter Verwendung von Methylalkohol hergestellt 
waren, haben endlich auch die Aufmerksamkeit der Behörde 
auf sich gelenkt. Infolgedessen hat der General-Sanitätsinspek¬ 
tor an die Gouverneure und Gesundheitsämter Zuschriften er¬ 
gehen lassen, in welchen diese aufgefordert werden, die Ver¬ 
wendung von Methylalkohol in Apotheken unbedingt zu ver¬ 
bieten. 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

Personalia. 

Preußen. 

Verzogen ohne Angabe des neuen Wohnortes: 
H. Maxen von Weißensee, Dr. Bandelier von Görbers- 
dorf, Dr. Tschentscher von Frankfurt a. M. 

Gestorben: Geh. San.-Rat Dr. Zipper in Friesack, Dr. 
Rothenberg in Bad Salzbrunn, Dr. Gerstung in 
Münden. 

Bayern. 

Amtsärztlicher Dienst: Der Bezirksarzt Dr. Jakob 
Graha m e r in Memmingen auf sein Ansuchen unter Aner¬ 
kennung seiner Dienstleistung in den dauernden Ruhestand 
versetzt; der Bezirksarzt, Medizinalrat Dr. MoritzHenkel 
in München zum ordentlichen Mitgliede des Oberin edizinal- 
ausschusses ernannt; die Bezirksärzte Dr. Otto Stömnie r 
in Ebermannstadt nach Dillingen und Dr. Eduard N e u - 
müller in Wertingen nach Laufen auf ihr Ansuchen in 
gleicher Diensteseigenschaft in etatsmäßiger Weise versetzt; 
der prakt. Arzt Dr. H e i n r. K n e h r in Nürnberg zum Land¬ 
gerichtsarzt in Nürnberg und der prakt. Arzt Dr. Eugen 
Westermayer in Milwitz, Bez.-Amt Kronach, zum Be¬ 
zirksarzt in Wolfstein als ständiger Vertreter des Land¬ 
gerichtsarztes bei dem Landgerichte München I der Bezirks¬ 
arzt Dr. Karl Becker in München berufen. 

Niedergelassen: Dr. Bergheimer in Kaisersläutern, 
Dr. Baade in Thaleischweiler, Dr. Götz in Lauterecken. 

Gestorben: Dr. Anton Forstner in Holzheim b. Neu- 
Ulm. 

Württemberg. 

Auszeichnung: Ritterkreuz 1. Kl. des Fried¬ 
richs-Ordens: San.-Rat Dr. Hü‘usmann in Wildbad. 

Baden. 

Zu Geheimen Ob er medizinal raten: Medizinai¬ 
reierenten beim Ministerium des Innern, Obermedizinalräte 
Dr. Wilhelm Hauser und Dr. Franz Greift'. 

Zum Geheimen Medizinalrat: Vorsitzender der 
Aerztekammer Med.-Rat Dr. Isidor Lind mann in 
Mannheim. 

Zu Medizinalräten: Bezirksärzte E. F. K a m m in 
Bretten, Dr. F\ Schleid in Wiesloch, Dr. A. S t o f e r 
in Kehl, Dr. Joseph Schneider in Achern, Dr. ,1. W o h 1- 
farth in Bühl; praktische Aerzte W. Hä unss in Zell 
a. H., J. A- Schreck, Armen- und Spitalarzt in Pfullen- 
dorf. Dr. Jakob Wegerle in Mannheim, Dr. K. Merz 
in Furtwangen, Dr. F. Krieg in Baden, Dr. A. Sander, 
leitender Arzt des Sanatoriums in St. Blasien, und Dr. H. F. 
R u p p , Direktor des städtischen Krankenhauses in Pforz¬ 
heim. 

Zum Oberarzt: Arzt an der Heil- und Pflegeanstalt Illenau 
Dr. Artur Schuttes. 

Zu Geheimen Räten 2. Kl.: o. Professoren Geh. Hofrat 
Dr. M. Fürbringer an der Universität Heidelberg. Geh. 
Hofrat Dr. R. Wiedersheim an der Universität Freiburg. 

Zum Geheimen Hofrat: o. Professor Dr. R. G o 111 i e h 
an der Universität Heidelberg. 

Zum Geheimen Medizinalrat: Strafanstaltsarzt am 
Landesgefängnis Freiburg, Med.-Rat E. R i b s t e i n. 

Sachsen-Altenburg. 

Gestorben: Bezirkswundarzt Dr. Wulschner in Kloster¬ 
lausnitz. 

Elsaß-Lothringen. 

Niedergelassen: Dr. K a 1 i e b e in St. Avold. 

Verzogen: Dr. Krüger von Mörchingen, Dr. K a m m von 
Straßburg nach Mörchingen, Dr. Hauber von Colmar, Dr. 
Boeckh von Frankfurt a. M. nach Metz, Dr. Duden von 
Metz nach Fraukfurt a. M., Dr. Rampoldt von Darmstadt 
nach Diedenhofen, Dr. B 1 e c h e r von Straßburg nach Darm¬ 
stadt, Stabsarzt H o e r i g von Greiffenberg i. P. nach Bitsch, 
Dr. Weher von Diedenhofen nach Metz, Dr. Schrecker 
von Bitsch nach Straßburg. 

Gestorben: Dr. Gittler in Noveant, Prof. Dr. v. Reck¬ 
linghausen in Straßburg, Dr. Berdot in Colmar. 


Neu und von unfehlbarer Wirkung bei Furunkulosis 

ist das 

Furunkulose-Sapalcol 

c. Ziiic.'oxyd. et Acid. boric. paratum 
auch bei überm. Schweißbildung; vorzüglich bewährt. 
Ü^T“ Für Krankenkassen zugelassen. 


Verantwortlich für den redaetionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131 B., für den Inserateu-Teil: Richard Hess, Berlin 
Verlag von Oscar Oobleutz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30. Maassenstrasse 13. — Druck von Oarl Marschner, Berlin SW., Alexaudrinenstrasse HO. 








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XV. Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebiihren- 
ordnung für approbirte Aerzte und Zahnärzte. 

XVI. Gesetz betr. die Gebühren der Medioinalbeamten. 

XVII. Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

XVIII. Bäder und Kurorte. 

XIX. Post-Tarif. 

XX. Tafeln zur Sehprüfung. 

XXI. Notizblätter für Adressen. 


I. Verzeichnis der gegenwärtig gebräuchlichen älteren und 
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II. Die Maximaldosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

III. Uebersicht der wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung kommenden Mittel. 

IV. Zu vermeidende Arzneimischungen. 

V. Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 

VI. Medicinische Bäder. 

VII. Auszug aus der deutschen Arzneitaxe 1910. 

Preise für Stoffmengen, Arbeiten und Gefässe. 

1. Für Arzneistoffe. 2. Für Arbeiten. 3. Für Gefässe. 

VIII. Anweisung zur sparsamen Arzneiverordnung mit Rück¬ 
sicht auf die Krankenkassenpraxis; 

IX. Uebersicht der wichtigsten Nährpräparate. 

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Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein. Berlin N., Friedrichstrasse 131 B., für den Jnseraten-Teil: Richard Hess, Berlin. 
Verlag von Oscar Ooblentz. Expeditionsbureau: Berlin W.30, Maassenstrasse 13. — Druck von Oarl Marschner, Berlin SW,, Alexandrinenstrasse 110. 






No. 43 IT. Jahrgang; 


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Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Dr. H. Lohnstein und D r. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Pricdrichstr. 131B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fenisprech-Amt VI, No. 3302 


IV. Jahrgang 


Berlin, Oktober 1910 


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Die „Therapeutische Rundschau'' erscheint jedon Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnement* gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tuge vor ({unrtalssclilusK nbbcstellt sind. Inserate 
werden für die 4 gesp. Zeile oder deren Raum mit ßO Pf. berechnet. Bel größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck Ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Braen.cllc und Clinge- 
stein: Bisherige Erfahrungen mit „Ehrlich G06 11 . — Wechsel¬ 
mann: Ueber Reinjektionen von Dioxydiamidoarsenobenzol. — 
v. Grosz: Arsenobenzol (Ehrlich 600) gegen syphilitische Augen¬ 
leiden. — Hesse: Die Abortivbehandlung der Syphilis mit Arsa- 
cetin. —■. Köhler: Kritische Beiträge zur Diagnose der Lungen¬ 
tuberkulose. — Löwen stein: Tu berkul inerfolge bei 682 offenen 
Lungentuberkulosen.— Stcinert: Akute und chronische Strepto- 
kokkensepsis und ihre Beziehungen zum akuten Gelenkrheuma¬ 
tismus. — Bofinger und Dieterlen: Beiträge zur Kenntnis 
der Fleischvergiftungserreger. — Kouried: Ueber die Indi¬ 
kationen und Vorzüge der Anstaltsbehandlung bei Herzkranken. 

— Toppai: Ueber den Einfluß der Momburgschen Methode 
auf das Herz und die Zirkulation. — Franze: Die Behand¬ 
lung der Arteriosklerose. — Ru he mann: Das Eisensajodin. 

— Ridder: Beitrag zur Kenntnis des Bronze-Diabetes. — 
Fleischer und Take da: Ueber den klinischen Wert der 
Pinoffschen Lävuloso Reaktion im Urin. — Peltesohn: Zur 
Kenntnis des Pes calcaneus traumaticus. — Delorme: Die 
Hemmungsbänder des Schultergelenks und ihre Bedeutung für ; 
die Schulterluxationen. — Röpke: Die solitären Cysten der 
langen Röhrenknochen. — Rosenbach: Das Röntgencarcinom 
und seine Entstehung. — Hofmann: Intrathoracische Luft¬ 
fistel seltener Aetiologie und ihre plastische Deckung durch 
einen Hautperiostknochenlappen — Esau: Ueber einen Fall 
von spontaner Ausschaltung einer Dünndarmschlinge nebst 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Dr. Braendle und Dr. Clingestein (Breslau): Bisherige Er¬ 
fahrungen mit „Ehrlich 606“. (Medizinische Klinik, 1910, 
No. 34.) 

Die Verfasser berichten über Erfahrungen, die sie in der 
Dermatologischen Abteilung des Allerheiligenhospitals in 
27 Fällen gemacht haben. Die Beobachtungen decken sich im 
allgemeinen mit dem Inhalt der sonstigen Mitteilungen. Was 
die Allgemeinreaktion anlangt, so war diese je nach der Her¬ 
stellung der Lösung verschieden. Als diese noch nach der 
ursprünglichen Vorschrift von Ehrlich hergestellt wurde, 
wurden starke Temperatursteigerungen, ferner starke lokale 
Schmerzhaftigkeit und mehr oder weniger starke Infiltrat¬ 
bildung beobachtet. Später, als die neutrale Suspension (nach 
Wechselmann) angewendet wurde, waren die Tempe¬ 
ratursteigerungen gering, die Schmerzhaftigkeit desgleichen; 
die Infiltratbildung läßt sich auch nach der Einspritzung der 
neutralen Suspension nicht ganz vermeiden. Die sogenannte 
Jarisch-Herxheimersehe Reaktion wurde in etwa der 
Hälfte der Fälle beobachtet. Nebenerscheinungen wurden 
hauptsächlich von seiten des Gefäßsystems beobachtet. Bei 
mehreren Patienten war der Blutdruck kurz nach der Injek¬ 
tion gesteigert, während vom zweiten bis dritten Tage ab der 
Puls eher klein und beschleunigt wird, ohne daß es im all¬ 
gemeinen zu bedrohlichen Erscheinungen kommt. Immerhin 
wurden bei drei Patienten Kollapserscheinimgen von kurzer 
Dauer bemerkt. — Im Urin wurden bei keinem Patienten nach 
der Injektion Eiweiß oder Zylinder gefunden. Bei dem grö߬ 
ten Teil der Patienten trat nach der Injektion eine teilweise 
sehr beträchtliche Hyperleukocytose (bis 15 600) ein, welche 
nach einigen Tagen verschwand. Bei den meisten Patienten 
trat nach der Injektion eine erhebliche Gewichtszunahme ein 
(3—7 kg innerhalb weniger Wochen). Die Heilungserfolge 
waren teilweise ganz eklatante, teilweise aber auch nicht be¬ 
sonders zufriedenstellende. Sehr günstig beeinflußt wurden 
vor allem maligne Luesfälle. Rasch zurück gingen auch die 
Roseolen und sämtliche spezifischen Schleimhautaffektionen 
sowohl der Früh- als auch der Spütperiode. Hingegen trat in 
mehreren Fällen von Anal- und Genitalpapeln nur langsame 
Rückbildung ein. Auch einige Fälle von klein- und groß- 
papulösen Exanthemen zeigten wenig Resorptionstendenz. Ein 
Negativwerden der Wassermann sehen Reaktion beob¬ 
achteten die Verfasser in ihren 27 Fällen nur einmal. Aller¬ 
dings ist die Beobachtungszeit noch zur kurz; und in der ersten 


Bemerkungen zur Frage des Ileus. — Wilke: Subseröse Häma¬ 
tome des Dünndarms nach vielfachen Ascites-Punktionen. — 
Ehler:.Zur Kenntnis.der retroperitonealen Dermoidcysten. — 
Hofbauer: Schwangerschaftstoxämie. — Kroemer: Die Be¬ 
rechtigung der Pubeotomie. — Semon: Ueber Spätrezidive des 
Uteruscarcmoms. — Davidsohn: Röntgenstrahlen und Zahn- 
heilkunde. — Bassenge und S eiander: Ueber die desinfi¬ 
zierende Wirkimg einiger gebräuchlichen Zahnpasten. —Bossnuj: 
Untersuchungen über den Gehalt der Nahrungsmittel an Purin¬ 
körpern. — Fraenckel und Hochstetter: Zur Erstickungs- 
lcukocytose. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 82. Ver¬ 
sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königsberg 
in Pr. vom 18.—24. September 1910. (Fortsetzung.) 

III. Therapeutische Notizen. Zur Behandlung des Typhus 
abdominalis. — Pertik: Ueber die Anwendung des Pantopons. 
— Katz: Die Verwendung der Amidoazotoluolsalbe. 

IV. Bücherschau. Legueu: Traite chirurgical d’Urologie. — 
Dubois: Die Psychoneurosen und ihre seelische Behandlung. 
— Prescher und Habs: Bakteriologisch-chemisches Praktieum, 
— Bischoff: Ernährung und Nahrungsmittel. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Hediziual-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universität,swesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes 

VI. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 


Zeit injizierten die Verfasser nur 0,3—0,4, später allerdings 
0,5—0,7. Nach vollständig abgeheilten Effloreszenzen traten 
bei vier Patienten 2Va—3 Wochen post injectionem deutlich 
geringe Rezidive ein. Drei , davon hatten nur 0,3,. eine vierte 
Patientin aber 0,5 g injiziert bekommen. In einigen Fällen, 
in denen die Erscheinungen nach der Injektion des E h r 1 i c h- 
H a t a sehen Präparats nicht völlig zurückgingen, wurde noch 
Kalomel injiziert, worauf Heilung eintrat. 

San.-Rat Dr. Wochselmann (Berlin): Ueber Reinjektionen von 
Dioxydiamidoarsenobenzol. (Deutsche med. Wochenschr., 
1910, No. 37.) 

Verfasser berichtet über einige Fälle, welche beweisen, 
daß die wiederholte Injektion des Dioxydiamidoarsenobenzol 
gut vertragen wird und in manchen Fällen, die auf eine ein¬ 
malige Injektion nicht völlig geheilt wurden, Heilung herbei¬ 
führt. Zunächst zeigte sich bei kongenital syphilitischen Neu¬ 
geborenen, daß in einzelnen Fällen bei Anwendung von 0,03 g 
Symptome auftraten, welche sich als Intoxikation durch den 
massenhaften Zerfall von Spirochäten in den von Sypliiiis- 
produkten übersäten inneren Organen deuten ließen. Des¬ 
wegen ging Verfasser dazu über,, bei Neugeborenen Dosen von 
0,015—0,02 anzuwenden, welche nach etwa 8—12 Tagen wieder¬ 
holt wurden. Auf diese Weise wurde bei mehreren kongenital 
syphilitischen Säuglingen ein Verschwinden der syphilitischen 
Erscheinungen erzielt. Diese Erfahrung veranlaßte Verfasser, 
auch in Fällen von maligner Syphilis Erwachsener, in denen 
die erste Injektion zwar weitgehende Besserung, aber kein 
völliges Verschwinden der Symptome bewirkt hatte, später 
eine zweite Injektion in stärkerer Dosis zu machen, zu einer 
Zeit, wo mit Wahrscheinlichkeit die Ausscheidung der ersten 
Dose beendet war. Einige Patienten bekamen als erste Dosis 
0,3, als zweite Dosis 0,4 oder 0,5 g. Ein Patient bekam sogar 
drei Injektionen. Durch diese wiederholten Injektionen wurde 
dann Heilung erzielt. Partielle Versager kommen übrigens 
auch in nicht malignen Fällen von Syphilis vor, indessen ist 
ihre Zahl gegenüber den Fällen mit positivem Erfolg ver¬ 
schwindend klein. Gewöhnlich wird auch in derartigen Fällen 
durch eine Reinjektion Heilung erzielt. Die neutrale Suspen¬ 
sion ist nach Verfassers Erfahrungen ebenso wirksam wie die 
früher angewendete saure Lösung. Auch Rezidive sah Ver¬ 
fasser relativ selten nach der Injektion auftreten. Er nimmt 
an, daß die Rezidive oft nur unter der Einwirkung des Mittels 
manifest werdende, vorher eingekapselte Herde sind; es wer¬ 
den nach Verf. alle mit dem Mittel in Berührung kommenden 









648 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 43. 


Spirochäten getötet und wahrscheinlich an den Infiltrations¬ 
herden, welche eingekapselte Spirochäten beherbergen, Er¬ 
weichungsvorgänge eingeleitet, welche die Spirochäten dem 
Mittel angreifbar machen. Deshalb glaubt Verfasser, daß man 
die Dosis bei Männern nicht über 0,5—0,6 g, bei Frauen nicht 
über 0,45 g zu steigern braucht, und daß, wenn diese Dosis aus¬ 
nahmsweise nicht zur Heilung führt, die Wiederholung der In¬ 
jektion zum Ziele führen dürfte. Zum Schluß erwähnt Ver¬ 
fasser noch einige Fälle von Primäraffekt, in denen nach der 
Injektion doch noch spezifische Exantheme auftraten. 

Prof. Emil v. Grösz (Budapest): Arsenobenzol (Ehrlich 606) 

gegen syphilitische Augenleiden. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 37.) 

Die Tatsache, daß nach Injektionen von Atoxyl in einer 
Reihe von Fällen Sehnervenatrophie eintrat, hat dazu geführt, 
bei Injektion des neuen Ehrlich sehen Arsenpräparates als 
Bedingung Intaktheit der Augen zu fordern. Diese Vorsicht 
geht nach Verfasser zu weit. Allerdings soll man bei Seh¬ 
nervenatrophie das Arsenobenzol nicht anwenden, aber gegen 
direkte luetische Augenleiden ist das Mittel absolut indiziert. 
Verfasser wendet das Arsenobenzol seit einigen Wochen in 
geeigneten Fällen an; z. B. bei Ulcus durum conjunctivae, bei 
Iritis luetica, Kerato-Iritis luetica, Scleritis luetica, Chorio¬ 
retinitis luetica, Keratitis parenchymatosa e lue congenita. 
Nach seinen bisherigen Erfahrungen ist das Arsenobenzol 
gegen luetische Augenleiden außerordentlich wirksam. R. L. 

Dr. E. Hesse, Spezialarzt für Hautkrankheiten In Düsseldorf: 

Die Abortivbehandlung der Syphilis mit Arsacetin. (Der¬ 
matologisches Zentralblatt, 1910, No. 12.) 

Es könnte überflüssig erscheinen, augenblicklich, wo das 
neue „Syphilisheilmittel Ehrlich-Hata 606“ das lebhafteste 
Interesse weitester Kreise erregt und uns anscheinend einen 
großen Schritt weiter gebracht hat, über ein Mittel zu berichten, 
das ein Vorläufer des neuen Heilmittels war. Indessen wird 
es auch heute noch von großem Interesse sein, festzustellen, 
was wir mit dem von Ehrlich im Jahre 1908 dargestellten 
Arsacetin, in Verbindung mit anderen Mitteln und Methoden, 
im Primärstadium der Syphilis zu leisten imstande sind. Merk¬ 
würdigerweise ist das Arsacetin in dieser Hinsicht außerordent¬ 
lich wenig geprüft worden, und die meisten Autoren haben 
lediglich über ihre mehr oder weniger guten Erfahrungen 
damit bei sekundärer und tertiärer Lues berichtet und hier 
es dem Hg im allgemeinen nicht ebenbürtig gefunden. Daß 
aber bei Einleitung einer Abortivkur Zeit und Grad der In¬ 
fektion, sowie das Verhalten der regionären Lymphdrüsen und 
der W a s s e r m a n n sehen Reaktion von höchster Wichtigkeit 
sind, leuchtet ohne weiteres ein. Es erscheint H. eine conditio 
sine qua non, den Primäraffekt, den Hauptspirochätenherd so 
gründlich wie möglich zu zerstören, und dann gegen die bereits 
weiter vorgedrungenen Spirochäten in Blut und Lyniphwegen 
mit Arsacetin und Quecksilber gleichzeitig oder nacheinander 
vorzugehen. In den Fällen, wo bereits stärkere regionäre 
Lymphdrüsenschwellung oder positive Wassermann sehe 
Reaktion bestand, hatte die versuchsweise eingeleitete kombi¬ 
nierte Abortivbehandlung keinen Erfolg, außer in einem Falle, 
wo allerdings mit Rücksicht auf die vorher positiv ausgefallene 
Wassermann sehe Reaktion mehrere Hg-Kuren ange¬ 
schlossen wurden. Im übrigen wählte Verfasser nur solche 
Fälle der Privatpraxis, wo die Infektion 2—5 Wochen zurück¬ 
lag, keine erheblichen Drüsenschwellungen bestanden und die 
Wassermannsche Reaktion noch negativ war. Die mit 
der Arsacetinbehandlung verbundene Hg-Kur war meist recht 
milde (2 g Schmierkur oder Merkolintschurz oder Hg sal.- 
Spritzen [ä 0.05 g jede Woche], jedenfalls war die Menge Hg 
immer so gering, daß das Ausbleiben der sekundären Erschei¬ 
nungen dem Hg allein nicht zugeschrieben werden kann. Der 
Primäraffekt wurde in allen Fällen tief mit dem Galvanokauter 
(Porzellanbrenner) zerstört und Kalomel eingestreut. Verf. 
gelangt auf Grund seiner Betrachtungen zu der Schlußfolge¬ 
rung, daß eine Abortivbehandlung der Syphilis Aussicht auf 
Erfolg hat, wenn 1. die Infektion nicht länger als vier Wochen 
zurückliegt und keine starken regionären Drüsenschwellungen 
da sind, 2. die Wassermann sehe Reaktion negativ aus¬ 
fällt. K r. 

Dr. F. Köhler (Heilstätte Holsterhausen bei Werden a. Ruhr): 

Kritische Beiträge zur Diagnose der Lungentuberkulose. 

(Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 35 u. 36.) 

Verfasser bespricht die Schwierigkeiten, welche auch der 
erfahrene Untersucher bei der Diagnose der beginnenden 
Lungentuberkulose findet. Zunächst erörtert er die Frage, in¬ 
wieweit die Tuberkulinreaktion als ausschlaggebend betrachtet 
werden darf. Er weist darauf hin, daß das Zustandekommen 
der Tuberkulinreaktion nicht ausschließlich auf rein spezifisch- 
chemisch-biologische Vorgänge zurückzuführen ist, sondern 
daß nervös-toxische Vorgänge in Verbindung mit der Irritabi¬ 
lität des Wärmezentrums dabei eine Rolle spielen; diese ner- ' 


vösen Vorgänge sind aber in hohem Maße individueller Natur. 
Dadurch erklärt sich die Tatsache, daß manche durch den 
Tuberkelbacillennachweis sichergestellte Tuberkulosefälle I. 
und II. Stadiums erst bei relativ hohen subkutanen Tuber¬ 
kulindosen reagieren und andere viel weniger ausgesprochene 
Fälle auf geringe Dosen, Zehntel von Milligrammen, positiv 
reagieren. Verfasser hat schon in früheren Versuchen ge¬ 
funden, daß etwa 22 pCt. der Tuberkulösen auf eine Injectio 
vacua oder auf sterilisiertes Wasser eine von der positiven 
Tuberkulinreaktion klinisch nicht zu unterscheidende Tempe¬ 
ratursteigerung und äquivalenten Verlauf zeigten. Dies be¬ 
weist das Vorhandensein eines psychischen Faktors bei der 
Tuberkulinreaktion. Ferner hat man in einigen Fällen von 
Bluterkrankungen, auch noch bei anderen Krankheiten, auch 
bei Fehlen von Tuberkulose positive Tuberkulinreaktionen be¬ 
obachtet. Ferner hat schon Robert Koch darauf aufmerk¬ 
sam gemacht, daß nach der subkutanen Injektion von 1 cg 
Alttuberkulin auch Gesunde positiv reagieren können. Verf. 
glaubt nicht an eine so bestimmte Grenze, er ist überzeugt, 
daß eine ganze Anzahl nichttuberkulöser Menschen auch schon 
auf 8 mg echte Tuberkulinreaktion darbieten, vielleicht auch 
schon auf geringere Dosen. Von ungleich größerer Beweis¬ 
kraft sind die Tuberkulinreaktionen bei kleinen Dosen, bei 
Zehnteln von Milligrammen, bis 2 mg. Deshalb befürwortet 
Verfasser die Benutzung der kleinen Dosen von '/m—2 mg für 
diagnostische Zwecke. Hier spricht die positive Reaktion mit 
einem gewissen Grad von Sicherheit für Tuberkulose; die 
negative allerdings nicht dagegen. Die Beurteilung der lokalen 
Reaktion in der Lunge unterliegt nach Verfasser etwas dem 
subjektiven Ermessen. Alles in allem kommt Verfasser zu 
dem Ergebnis, daß die Zuverlässigkeit des Tuberkulins in 
diagnostischer Beziehung keineswegs absolut ist, und daß bei 
fehlender genügender klinischer Diagnose, aber tuberkulin¬ 
positivem Resultat nicht mit Sicherheit eine Lungentuber¬ 
kulose angenommen werden darf. — Weiter geht Verfasser 
auf die Bedeutung der auskultatorischen Befunde für die 
Diagnose ein. Nach seinen Erfahrungen ist es nicht angängig, 
jede Abweichung von der Norm des Atemgeräusches über der 
Lungenspitze im Sinne einer tuberkulösen Spitzenveränderung 
zu deuten. Sehr verdächtig auf tuberkulöse Affektion ist 
immerhin das saccadierte, in Absätzen erfolgende Inspirium, 
das gleiche gilt für das Exspirium. Ferner sind die weichen 
Knistergeräusche, welche meist in größerer Anzahl beim In¬ 
spirium und Exspirium oder in einer Phase allein auftreten, 
nach Verfasser meist der Ausdruck tuberkulöser Spitzenver¬ 
änderungen, häufig sah Verfasser bald nach dem Auftreten 
dieser Geräusche Cavernenbildung eintreten. — Jedenfalls 
aber darf die Diagnose der Spitzentuberkulose sich nicht auf 
Spitzenrasselgeräusche allein stützen. Verfasser führt einige 
Fälle an, wo trotz verdächtiger Geräusche die spätere Sektion 
das Fehlen tuberkulöser Veränderungen ergab. Bronchitische 
Prozesse kommen auch über den Lungenspitzen zur Beob¬ 
achtung, es ist darum nicht richtig, jeden Katarrh, der sich 
über den Lungenspitzen als solcher manifestiert, für tuber¬ 
kulös zu halten. Die Befunde der physikalischen Diagnostik 
erlauben also stets nur Schlüsse auf den physikalischen Cha¬ 
rakter der Lungenzustände, aber keinen sicheren Schluß auf 
die Aetiologie der Prozesse. Weiter geht Verfasser auf die 
Bedeutung der durch Perkussion sich ergebenden Befunde für 
die Diagnose der Lungentuberkulose ein. Er legt diesen im 
allgemeinen eine geringere Bedeutung bei als der Auskul¬ 
tation. Deswegen wertet er die neueren Bestrebungen, die 
Spitzenperkussion zu verfeinern (K r ö n i g, Gold- 
scheider) nicht so hoch, wie es andere wohl tun. Bei 
gleichzeitig bestehender ausgedehnter Bronchitis ist eine 
scharfe Abgrenzung des tuberkulösen Prozesses gegen diese 
unmöglich. Man kann in solchen Fällen lediglich den Ablauf 
des Bronchitis abwarten. um dann der richtigen Wertung des 
chronisch-tuberkulösen Prozesses näher zu kommen. Es ist 
somit besondere Vorsicht geboten, wemi bei guter Gesamtver- 
fassung des Kranken zwar eine geringe Schallverkürzung, 
aber reichliche bronchitische Rasselgeräusche sich darbieten, 
die keineswegs sicher von tuberkulösen Rasselgeräuschen zu 
unterscheiden sind. 


Dr. E. Löwenstein (Beelitz): Tuberkulinerfolgc bei 682 offenen 
Lungentuberkulosen. (Deutsche med. Wochenschr., 1910, 

No. 36.) ' 

Damit eine Lungentuberkulose als geheilt gelten kann, 
müssen nach Verfasser zwei Bedingungen erfüllt sein: 1. Die 
physikalische Untersuchung muß auf anatomische Verände¬ 
rungen hinweisen, welche für eine abgelaufene Tuberkulose 
charakteristisch sind. 2. Es dürfen Tuberkelbacillen nicht 
mehr im Krankheitsherd bezw. seinen Ausscheidungen vor¬ 
handen sein. Letzteres Kriterium ist das wichtigste, besonders 
nachdem der Tuberkelbacillennachweis im Auswurf durch die 
neueren Anreicherungsmethoden (Antiforminmethode und 
ähnl.) so sehr an Sicherheit gewonnen hat. Wenn man die 
Leistungsfähigkeit der verschiedenen Behandlungsmethoden 



No. 43. 


649 


THERAPEUTISCHE 

der Lungentuberkulose richtig .beurteilen, will,; muß . man, nach . 
Verfasser demnach zu ermitteln suche», in welchem Prozent- . 
Satz der Fälle das. Verschwinden der Tuberkelbacilleu, ey- , 
reicht wird, Bei der reinen hygienischTdiätetisclren-Behand¬ 
lung, wie ; sie in :yjelen Volhsheilstatten .geübt vyh'd,, gelingt; es , 
nach den, vorliegenden, vj.ele lausende yoji,.Fällen nuifasspnden . 
Berichten nur bet etwa 1p. p,Ct. der offenen Lungentuberkulosen, . 
ein Verschwinden, der ffu.berkelbaciUen;nu ; -erzielen.,, ..Viel - 
besser sind die Erfolge ,, ; nach r i .der; fuberbnlinbehandiung. 
Bandelier, hat .bei 202.spezjfisch beliandoiten. offenen 
Lungentuberkulosen in 63. pQt,; der. Bälle,,Verschwunden, der , 
.Tubei'kelbacillen, erzielt,,und zwar, im. i. Stadium,.bei,dQÖ.pCL, ' 
im 2, Stadium.bei, 87,3 ,pCt., im ,3, Stafbum bei,44,2, pCij.,d,er .Be¬ 
handelten. Verfasser, berichtet nun zur., weiteren Beleuchtung 
der Frage über die in Beelitz erzielten Erfolge. In-den .Heil¬ 
stätten in Beelitz wurde 1901—1906 das Tuberkulin nur in 
sehr wenigen Fällen therapeutisch angew'endet, es wurde in 
jener Periode nur in 22—26 pCt. der Fälle Verschwinden der 
Tuberkelbacillen erreicht, trotzdem nur solche F’älle für eine 
Heilstättenkur ausgewählt wurden, bei denen die Wieder¬ 
herstellung der Erwerbsfähigkeit innerhalb 20 Wochen er¬ 
wartet werden konnte. Seit 1908 ist in Beelitz die Uebernahme 
des Heilverfahrens auch auf solche Fälle ausgedehnt worden, 
bei denen die Lungenerkrankung schon weiter vorgeschritten 
ist; infolgedessen werden auch viele Fälle im 2. und 3. Sta¬ 
dium in Beelitz behandelt. Es wird jetzt auch die Tuberkulin¬ 
behandlung in ausgedehntem Maße in Beelitz geübt. Gewöhn¬ 
lich wurde die Behandlung mit 0,2 mg Alttuberkulin bezw. 
0,0005 mg Bacillensubstanz Neutuberkulin eingeleitet, und mit 
10—1000 mg Alttuberkulin bezw. 2 mg Neutuberkulin. beendet. 
Das Neutuberkulin wurde dort bevorzugt, wo eine starke Lokal¬ 
reaktion zu vermeiden war, besonders bei umfangreichen 
Destruktionsprozessen mit starker Einschmelzung. Eine ge¬ 
ringere Anzahl wurde zuerst mit Alttuberkulin, später mit 
Neutuberkulin behandelt. Im ganzen wurden 409 Patienten 
mit Alttuberkulin behandelt; davon waren in 58 pCt.. der Fälle 
die Bacillen am Ende der Kur verschwunden; Neutuberkulin 
erhielten 204, unter denen bei 42 pCt. die Bacillen verschwan¬ 
den. Bei 69 mit Alt- und Neutuberkulin Behandelten ver- • 
schwanden die Bacillen in 55 pCt. der Fälle. Die Erfolge sind 
also sehr befriedigende, trotzdem unter diesen Fällen sich 
auch viele im 2. und 3. Stadium befanden. 

Privatdozent Dr. Hans Steinert (Leipzig): Akute und chronische 
Streptokokkensepsis und ihre Beziehungen zum akuten Ge 
lenkrheumatismus. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 37.) 

Auf Grund der Erfahrungen der Leipziger medizinischen 
Klinik bespricht Verfasser die Bedeutung verschiedener 
Streptokokkenarten in der Aetiologie mehr chronisch verlaufen¬ 
der septischer Erkrankungen. Zunächst knüpft er an eine Mit¬ 
teilung von Schottmüller über das von diesem gezeichnete 
Krankheitsbild der Endokarditis lenta an. Diese durch 
den Streptococcus viridans hervorgerufene Krankheit zeichnet 
sich durch ihren schleppenden, schleichenden Verlauf aus. Es 
gibt kaum eine andere Form der Sepsis, bei der in ähnlich 
chronischer Weise manchmal über Jahr und Tag die Bakterien 
in großer Menge wie hier im Blute kreisen; demgemäß sind die 
Erscheinungen der Bakteriämie als solche hier oft recht unbe¬ 
stimmter Natur. Bestimmtere Züge bekommt die Krankheit 
erst im weiteren Verlauf durch gewisse örtliche Erscheinungen, 
durch eine verhältnismäßig häufig sich entwickelnde 
leichte Polyarthritis und vor allem durch die fort¬ 
schreitende schwere Endokarditis und ihre Folgen, die 
Embolien in den verschiedensten Organen und die 
schließlich nicht ausbleibenden Erscheinungen der Herz- 
insufficienz. Der Beginn der Krankheit ist manchmal auf 
keine Weise zu bestimmen; manchmal tritt eine Embolie ohne 
Vorboten ein; in anderen Fällen bestehen längere Zeit un¬ 
bestimmte Beschwerden allgemeiner Natur. Temperatursteige¬ 
rung fehlt in manchen Fällen gänzlich, meist besteht subfebrile 
oder leicht febrile Temperatur, oft unterbrechen fieberfreie 
Perioden den Verlauf. Der Kräftezustand geht langsam und 
stetig zurück; nach und nach entwickelt sich, eine beträchtliche; 
Anämie. Von den örtlichen Erscheinungen sind die wichtig¬ 
sten die vqii. seiten des Herzens. In dpn .meisten,.Fällen .be¬ 
stellt ein alter Herzfehler, auf dessen Boden eine .frische Endo¬ 
karditis sich entwickelt. Embolien in allen möglichen- Organen, 
fehlen fast nie, cerebrale Komplikationen kommen 'vor.,ferner; 
sind Arthritiden häufig. Leichte Bronchitiden sind eine fast 
regelmäßige Erscheinung. Am Augenhintörgrund kommen 1 die 
typischen septischen Veränderungen, Häinorrhagien luid Weiße 
I-Tecke, zur Beobachtung. Zu den regelmäßigen Erscheinungen: 
gehört endlich eine geringe Albuminurie, auch enthält 'der 'Harn 
meist etwas Blut und Spärliche Zyl&dfer, Zu V eiherB aus¬ 
gesprochenen Nephritis kömmt es im, allge'meineii hidjiii'. n; Öiej 
Fälle endigen so gilt wie' alle tötlich. Nach Verfasser kann 
diese Endokarditis lenta nicht nur durch den Streptococcus 
viridans, sondern auch durch ändere nicht lüinioljitische Strep'to-, 
kökken hürvorgerufen werden, vi-ähr'e'nd andererseits dül‘6h 'diese 


RUNDSCHAU 1910. 

Keime,. , insbesondere, .den Viridans, auch akute septische 
Infektionen, zustande, kommen können. Bei den chronischen 
Infektionen handelt es,sich in dpn von Verfasser beobachteten 
.Fällen fast inimer um alte Rheumatiker, die meist, aber nicht 
immer; eine alte ,Endokai;dit|s hatjen, während die akuten 
Päljp, Hainen Rheumatismus : in. der Vorgeschichte aufwiesen. 
Auch chronische Bakteriämien durch vulgäre Streptokokken, 
die in ihrem Verlauf, der Endokarditis lenta ähnelten, wurden 
nur bei,Eheuniatülern gesehen. Verfasser wirft deshalb die 
Frage auf. ob es sich hier um eine Allergie des rheumatisch in- 
, fiziertep; .föiipgrs, .gegen gewisse Streptokokkeninfektionen, ins¬ 
besondere, die ViridansinfeJitipR,: handeln könnte. 

Stabsarzt.Dr. Bofinger und Dr. Dieterlen: Beiträge zur Kennt¬ 
nis der Fleisch Vergiftungserreger. (Deutsche .med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 35.) 

Die Verfasser teilen einige Befunde mit, welche sie bei 
einigen Massenerkrankungen von Militärpersoneil durch 
Nahrungsmittel erhalten haben. Es gelang erstens aus den 
diarrhoischen Stuhlgängen der bei einer Massenvergiftung 
durch Nahrungsmittel Erkrankten Bakterien zu züchten, die 
sich weder durch die Kultur noch durch den Agglutinations- 
versuch von echten Gärtnerbacillen unterscheiden ließen. Es 
wurden bei einer anderen Gelegenheit aus einer Blutwurst, die 
in dem begründeten Verdacht stand, zu Massenerkrankungen 
an Durchfall Veranlassung gegeben zu haben, Bacillen isoiirt, 
die sich kulturell von den Gärtner- bezw. Paratyphus B-Typhus 
einerseits, von dem Colibacillus andererseits sicher unter¬ 
scheiden ließen lind in der Mitte zwischen beiden stehen. Der 
neue Stamm nähert sich bezüglich seiner agglutinbildenden 
Eigenschaften dem Gärtner-Typus in auffallender Weise, 
wird jedoch andererseits von einem echten Gärtner-Serum 
nicht beeinflußt und bildet demnach eine Art für sich. End¬ 
lich wurde aus dem Herzblut einer weißen, mit einem verdächti¬ 
gen Kartoffelstück gefütterten Maus ein Stamm gezüchtet, der 
sich weder kulturell noch bezüglich seiner Agglutinilität von 
einem echten Gärtner-Stamm unterscheidet. R. L. 

Kaiserl. Rat Dr. Konried, Chefarzt der Kuranstalt Edlacli: 
Ueber die Indikationen und Vorzüge der Anstaltsbehand¬ 
lung bei Herzkranken. (Medizin. Klinik, 1910, No. 27.) 
Das Alpha und Omega der kardialen Therapie war lange 
Zeit Ruhe und Milchdiät, Digitalis und Strophanthus. Zwar 
wird diese Therapie in Fällen akuter Herzstörungen, aus wel¬ 
chen Ursachen immer, die einzig richtige sein, aber falsch ist 
es, wenn die Kunst des Arztes es dabei bewenden läßt, sich mit 
mehr oder weniger mühsamer Wiederherstellung des zirkula- 
torischen Gleichgewichtes bei dem Patienten zu begnügen und 
ihn dann sich selbst überläßt. Die Aufgabe des Arztes ist 
zweifellos mit der Behandlung der kompensatorischen Störung 
nicht beendet. Er hat vielmehr die Pflicht, dem Pal. alle jene 
Mittel an die Hand zu geben, die seinen geschwächten Orga¬ 
nismus und sein nuiskelschwaches Herz zu kräftigen vermögen 
und dadurch einer weiteren Rezidive vorzubeugen, die sonst 
über kurz oder lang unausbleiblich ist. Dieselbe Aufgabe 
stellt sich dem Arzte von vornherein in allen jenen Fällen, wo 
die Erkrankung des Zirkulationsapparates nicht die Form 
einer akuten schweren Störung angenommen hat, sondern iu 
chronischen, zirkulatorischen Störungen geringen Grades zum 
Ausdruck kommt, die erst im weiteren Verlaufe zu schweren 
Symptomen führen. In beiden Fällen wird die Einleitung einer 
systematischen. und richtig durchgeführten physikalischen und 
diätetischen Behandlung eine Besserung herbeiführen und 
zweifellos schwere Leiden verhüten können. Zur Erfüllung 
dieser therapeutischen Indikation ist einzig und allein die 
Herzheilanstalt berufen. Denn die Aufgabe, ein mehr oder 
weniger chronisch insuffizientes Herz wieder dauernd 
leistungsfähig zu machen, dem Patienten eine relative Gesund¬ 
heit und Arbeitsfähigkeit wiederzugeben, ist eine äußerst 
schwierige, und wenn bei irgendwelchen Kranken die sachlichen 
Vorzüge einer Sauatoriumbehandlung von Wert sind, so sind 
sie .es bei Herzkranken. Die, Möglichkeit, den Patienten zur 
Tag- gnd .Nachtzeit zu beobachten und zu überwachen, 
die streng, deyu .jeweiligen Befunde anzupassende Behandlung 
tägj|ich 'vorzuschreiben, die Garantie, daß die als nötig 
erkannten Anordnungen auch wirklich strikte durchgeführt 
wurden und -p? last, npt.lpasi p^ ,die Möglichkeit einer energi- 
. gellen ,p§y,chjsc,h,pji Hpeinflussuog des fast immer wankelmüti¬ 
gen und zur . Depression neigenden Herzleidenden, stellen so 
wesentliche Grundbedingungen für die Besserung Herzkranker 
dar, daß inan ruhig behaupten kann, daß, wenn irgendwo,, so 
hier eine Anstältshehandlimg am Platze, ist, und zwar die Be¬ 
handlung ili einer Her/.lieilanstalt,. Kr. 

DU .1 oM-i Toppai (PiKtiipcst): Ueber den Einfluß <ler Mopiburg- 
schen Methode äuf daÄ Herz und die Zirkulation. (Deutsche 
med. Wochenschr., j9l(l, No. 36.) , - , , 

, Verfassef: ’,prüfie 0 an’ .p|n,ei' JJe'ihe, yon,. Personen dip Frage, 
inwieweit die Hchlauchahsclmürung nach Homburg die 




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No. 43. 


THERAPEUTISCHE 

Herzarbeit und die Zirkulation beeinflusse. Meist handelte es 
sich um junge, normale Zirkulation und gesundes Nervensystem 
besitzende Individuen, außerdem einige Kranke mit gut kom¬ 
pensierten Herzfehlern. Der komprimierende Gummischlauch 
wurde in einigen Fällen wegen der subjektiven durch die Ab¬ 
schnürung veranlaßten Symptome nur einige Minuten liegen 
gelassen. In fast allen Fällen wurde durch die Abschnürung 
die Zahl der Herzsystolen und der Blutdruck — sowohl der 
maximale wie der minimale — in bedeutendem Maße erhöht. 
Die Pulszahl nahm um 20—50—80 zu, der Druck um 20 bis 
50 mm Hg; dabei wird die Herzarbeit oft unregelmäßig, die 
Arrhythmie dauert nach Abnahme des Gummischlauchs noch 
einige Minuten. Bei gesunder Zirkulation wird das Herz den 
durch die Abschnürung verursachten Insult nach Abnahme des 
Schlauches schnell überwinden. Dagegen wird beim kranken 
Herzen, selbst wenn eine Dekompensation kaum oder in sehr 
geringem Grade vorhanden ist, die Arrhythmie nach Lösung des 
Gummischlauches %—1 Stunde oder noch länger andauern. 
Morn bürg empfiehlt zur Vermeidung der Zirkulation, vor 
dem Anlegen des Gummischlauches je eine Esmarchbinde um 
die Oberschenkel zu legen. Verfasser empfiehlt demgegen¬ 
über, vor Anlegung des Schlauches um den Leib an allen vier 
Extremitäten eine Blutstauung, ähnlich wie bei der Bier sehen 
Methode, vorzunehmen. Bei diesem Vorgehen wird gewöhnlich 
die Blutdrucksteigerung nach Anlegung des Schlauchs geringer 
sein. Die starke langdauernde Kompression des Bauches ist 
auch auf die Respiration von sehr schädlicher Wirkung. Das 
enge Abbinden verhindert in starkem Maße die Zwerchfell¬ 
bewegungen. Die Herzarbeit wird also auch dadurch ge¬ 
schädigt; der Gasw'echsel des Blutes leidet; es entsteht nicht 
selten Dyspnoe und Cyanose; manchmal kommt es zu wirk¬ 
lichem Kollaps; während der Narkose verschwinden zwar die 
unangenehmen subjektiven Symptome, es bleibt jedoch die 
übermäßige Belastung der Zirkulation. Auf Grund seiner Be¬ 
obachtungen empfiehlt Verfasser große Vorsicht bei der An¬ 
wendung der M o m b u r g sehen Methode. Vor allem sollte in 
keinem Falle vor Anwendung der Abbindung die Funktions¬ 
prüfung der Zirkulation (nach Katzensteins Verfahren 
oder einer anderen brauchbaren Methode) versäumt werden. Bei 
Herzkranken und Angiosklerotikern, ferner bei Basedow¬ 
kranken, Nephritikern, bei Individuen mit Plethora hält Verf. 
die Momburgsche Abschnürung für absolut verboten. 


Dr. Paul C. Franzc (Bad Nauheim): Die Behandlung der 
Arteriosklerose. (Folia therapeutica, April 1910.) 

Ross und C a r 1 e s s unterscheiden folgende arterio- 
skl eroti sehen Prozesse; 

1. Endarteritis chron. simpl. (Atheroma), 

2. Endarteritis chron. syphilit., 

3. Endarteritis obliterans oder proliferans, 

4. Endarteritis chronica tuberculosa. 

Franze beschäftigt sich mit dem ersten Prozeß. Aetio- 
logisch hält er für wichtig: Alkohol, Syphilis, Nephritis u. a. 
Aber auch Fälle, bei denen die intestinale Intoxikation — 
andere, in denen starke körperliche Ueberanstrengung bei jungen 
Individuen ätiologisch eine Rolle spielt, hat Franze ge¬ 
sehen. .Nach v. Noorden ist ja auch die Arteriosklerose 
weder an die Konstitution noch an das Alter gebunden. 

Was nun die Therapie angeht, so ist aus den großen Er¬ 
fahrungen des Autors folgendes bemerkenswert; 

1. Behandlung der Angina: Vor allem kommt 
Morphium in Frage; Hände und Füße kommen iir warmes 
Wasser von 42" C., ebenso kommen heiße Umschläge aufs 
Herz. Damit wird der Anfall meist behoben und die Patienten 
fallen in guten Schlaf. Es kommen von Mitteln ferner in Frage: 
Amylintrit (2—5 Tropfen aufs Taschentuch) zum Inhalieren 
oder Nitroglyzerin (0,005) in Tabletten oder alkoholische 
Lösung. Eine beim Autor sehr beliebte Verschreibweise ist 
folgende: 

Rp Fol. Digit, pulv. . . . 0,01 g 

Coffein pur.0.2 „ 

Diuretin (Knoll) . . . 0,5 „ 

Morph, muriat. 0,005 „ 

M. f. pulv. dent. tat. dos. No. V in caps. amvl. 

Davon 1 Kapsel im Anfall ev. eine weitere 1 / 2 . Stunde später. 

Oft ist es nötig, zu weiteren Mitteln zu greifen, wie Aether, 
Kampher, mit oder ohne Coffein. 

2. Hauptbehandlung: Sie ist sehr wichtig und es 
kann viel erzielt werden. Von Jodpräparaten erwähnt 
F ra n z e..Jodnatrium und Jodkalium (fiä 10,0 g Aq.) 10 Tropfen 
dreimal täglich. Nach einiger Zeit läßt man eine Pause ein- 
treten. Sajodin in Tabletten 0,5 g morgens und abends, dann 
das auch subkutan anzuwendende Jodipin. 

Franze hat mit der Jodbehandlung keine bemerkens¬ 
werten Erfolge erzielt. Er sagt drüber wörtlich: 

„Die mit der Jodbehandlung erzielten Resultate sind nach 
meiner Erfahrung keineswegs sehr bemerkenswert. Ich habe 
daher ein neueres Präparat vielfach benutzt, das kürzlich auf 


RUNDSCHAU 1910. 

den Markt gebracht worden ist, dessen Gebrauch auf gänzlich 
anderen Ueberlegungen beruht wie derjenige des zuerst ge¬ 
nannten. Dieses Präparat besteht aus den normalen Blut¬ 
salzen und kommt entweder als Truneceks anorgani¬ 
sches Serum oder als Antiskierosin- Natterer in 
Tabletten in den Handel. Bisher habe ich fast nur das letztere 
verwendet; in einigen wenigen Fällen habe ich auch das 
Serum benutzt, das subkutan etwa zweimal wöchentlich inji¬ 
ziert wird. Antiskierosin ist, ähnlich wie das Serum, aus 
Natriumsulfat, -chlorat, -karbonat und -phosphat, sowie aus 
Magnesium phosphor. und Calcium glycerophosphor. zusammen¬ 
gesetzt. Die Idee bei seinem Gebrauch ist nicht die der Ent¬ 
kalkung der Arterienwände, oder der Verhinderung der Bil¬ 
dung von Kalksalzen im Blut. Irgendwelche therapeutische 
Verfahren gegen Arteriosklerose, die noch an solchen Voraus¬ 
setzungen festhalten, sollten abgelegt werden. Der leitende 
Gedanke vielmehr bei dem Versuch, die Symptome der Arterio¬ 
sklerose mittels Antiskierosin zu bekämpfen, besteht darin, 
das Blut zu reinigen und ihm seine normale Zusammensetzung 
wiederzugeben, die bei dieser Affektion notgelitten hat. Die 
Wirkung, die ich nach dem Gebrauch des Präparates beob¬ 
achtet habe, steht ganz im Einklang mit dieser Anschauung. 
Sie beziehen sich vorwiegend auf die unangenehmen cere¬ 
bralen Erscheinungen, und in zweiter Linie auf den Allgemein¬ 
zustand, d. h. auf Ernährung, Kraft, Appetit, Verdauung, 
Schlaf und das Gefühl allgemein körperlichen Wohlbefindens 
usw., ferner auf den Zustand des Herzens und der Zirkulation." 
Es seien des großen Interesses wegen drei von Franze 
wiedergegebene Fälle hier zitiert: 

1. Fall. Eine Dame von 67 Jahren kam nach Nauheim, 
an vorgeschrittener Arteriosklerose leidend. Sie war nicht 
fähig, mehr als einige Schritte zu gehen, hatte allnächtlich 
stenokardische Anfälle, gegen die sie jede Nacht Medikamente 
einnehmen mußte. Ihre Herztöne w'aren so schwach, daß sie 
kaum hörbar waren; der Puls war sehr gespannt, der Blut¬ 
druckhoch (190mm Tonometer). Sie machte dieNauheimerBade¬ 
kur durch, wodurch das Herz ein wenig gekräftigt wurde; auch 
sank der Blutdruck etwas (175 mm Tonometer). Die pein¬ 
lichsten Symptome in ihrem Fall waren die äußerst heftigen 
cerebralen Erscheinungen; sie litt an fast beständigem Kopf¬ 
schmerz und Schwindel. Etwa zwei Monate nach ihrem Fort¬ 
gang von Nauheim schrieb sie an Verf. wegen dieser Symptome, 
welche durch die Bäder nicht gebessert wären. Jetzt verschrieb 
F. ihr zum ersten Mal Antiskierosin mit sehr erfreulichem 
Erfolg. Etw'a sechs Wochen später sah er die Patientin. Sie 
erzählte, daß die Gehirnerscheinungen bald nach dem Anfang 
des Antiskierosingebrauchs eine bedeutende Besserung ge¬ 
zeigt hätten. Sie konnte nun meistens, ohne stenokardische 
Anfälle zu bekommen, schlafen. Die Kopfschmerzen, das 
Druckgefühl und der Schwindel waren bedeutend besser. Sie 
befand sich überhaupt in hoffnungsfreudiger Stimmung; als sie 
im folgenden Jahr (1909) nach Nauheim zurückkam. war sie 
noch mehr gebessert, nachdem das Antiskierosin mit Pausen 
während des größten Teiles des Winters genommen worden 
war. Verf. setzte diese Kombination fort, nämlich Bäder in N. 
und Antiskierosin sowohl während des dortigen Aufenthalts, 
als auch nachher zu Hause. F. sah die Patientin etwa drei 
Monate nach ihrem letzten Weggang von hier in ihrer Heimat 
wieder. Sie war jetzt imstande, täglich Spaziergänge von etwa 
einer Stunde ohne Mühe zu machen. Der Schlaf war gut, die 
Kopfschmerzen waren verschwunden und sie erfreute sich über¬ 
haupt einer Art von Wiedererstarkung der Gesundheit. 

2. Fall. Eine Dame von 65 Jahren kam im letzten 
Sommer in Verf.’s Behandlung; sie litt an Arteriosklerose und 
Herzerweiterung, welch letztere durch einen Influenzaanfall 
verschlimmert worden war. Der Puls war beschleunigt, der 
Blutdruck niedrig (80 mm Tonometer), infolge der Herz¬ 
schwäche. Patientin war unfähig, ohne Dyspnoe und Erschei¬ 
nungen von Herzschwäche zu gehen. Cerebrale Symptome 
ähnlich denjenigen des 1. Falles waren auch' zugegen. Sie litt 
an harnsauerer Diathese und an sehr schlechter Verdauung. 
Die Behandlung bestand in Bädern und Antiskierosin von An¬ 
fang an. Als sie nach fünf Wochen abreiste, war sie bedeutend 
gebessert; ihre Verdauung hatte sich sehr gehoben, ebenso 
ihr Schlaf; die Kopfsymptome waren fast verschwunden. Sie 
konnte jetzt kurze Spaziergänge ohne besondere Beschwerden 
unternehmen; nur der Puls wurde beim Steigen noch be¬ 
schleunigt. Auch in diesem Fall war das allgemeine Gefühl 
subjektiven Wohlbefindens eines der auffallendsten Zeichen 
der Besserung, wobei die vorher niedergeschlagene Stimmung 
bedeutend gehoben war. 

3. Fall. Ein Herr im Alter von 59 Jahren litt im ver¬ 
gangenen Winter an hochgradiger Herzschwäche infolge fort¬ 
geschrittener Arteriosklerose. Er war Bergsteiger gewesen. 
Ein hervorragender Arzt in seiner Heimat hatte seinen Zu¬ 
stand als hoffnungslos erklärt. Sein Hausarzt jedoch hatte die 
Hoffnung nicht äufgegeben und hatte ihn durch Digitalis¬ 
darreichung und Ruhe wieder soweit hergestellt, daß er die 

I Reise nach Nauheim im letzten Sommer unternehmen konnte. 





No. 43. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


651 


Sein Blutdruck war hoch (200 mm Tonometer), der Puls von 
normaler Frequenz beim Liegen, für das Gefühl hart; das Herz 
war etwas erweitert. Beim Gehen wurde der Puls sofort be¬ 
schleunigt. Verf. bekam Nachricht von ihm über drei Monate 
nach seiner Abreise. Er konnte jetzt täglich Spaziergänge 
machen auf leicht ansteigenden Wegen von ziemlicher Länge 
und fühlte sich im allgemeinen wohl. 

Verfaser gibt Antiskierosin gewöhnlich in der folgen¬ 
den Weise: dreimal täglich werden zwei Tabletten,, gelöst in 
% Glas Wasser, eine Stunde vor dem Essen genommen. Die 
Tabletten lösen sich schwer und müssen eine oder zwei Stun¬ 
den zuvor in das Wasser gelegt werden. Verf. läßt es zuerst 
den Patienten einen Monat lang oder sogar mehr hinterein¬ 
ander nehmen; danach läßt er eine Pause von 14 Tagen ein- 
treten. Von da ab verordnet er, daß es je 14 Tage lang ge¬ 
nommen und 14 Tage lang ausgesetzt wird. Häufig verbindet 
F. die Jodtherapie damit. Dann nimmt der Patient Anti- 
sklerosin 14 Tage lang und Jod die nächsten 14 Tage, bis¬ 
weilen beides ein oder zwei Wochen lang aussetzend. N. 

San -Rat Dr. J. Ruhemann (Berlin): Das Eisensajodin. 

(Deutsche med. Wochenschr., 1910, No. 37.) 

Das von M e r i n g in die Therapie eingeführte Sajodin ist 
ohne Frage als ein therapeutischer Gewinn zu betrachten. 
Seine Wirksamkeit bei Asthma, Arteriosklerose ist allgemein 
anerkannt. Es gibt aber Zustände, wo neben der Jod¬ 
darreichung auch die Eisenmedikation von Wichtigkeit ist, ob¬ 
wohl heute noch immer nicht mit Sicherheit eine Erklärung 
für die Wirksamkeit des Eisens erbracht ist. Trotzdem bedient 
sich der Praktiker des Eisens, weil subjektiv eine Wirkung 
eintritt. 

ln dem von den Elberfelder und Höchster Farbwerken her- 
gestellten Eisensajodin haben wir ein neues Jodeisenpräparat, 
das beide Komponenten enthält und besser als die üblichen 
Jodeisen-Verbindungen vertragen wird. Es kommt in Tabletten 
ä 0,5 g in den Handel. Jede Tablette enthält 0,125 g Jod und 
0,028 g Eisen, die als Bindemittel aromatisierte Kakaomasse 
enthalten. 

Das Eisensajodin kam in 60 Fällen zur Prüfung und zeigte 
selbst bei protrahiertem Gebrauch keine Nebenwirkungen. 
Weder ein Schwarzfärben der Zähne, wie es nach Darreichung 
des offizinellen Sirupus ferri jodati eintritt, konnte konstatiert 
werden, noch traten Reizungen der Magenschleimhaut auf. 
Kinder erhielten dreimal täglich V 2 —1 Tablette, Erwachseile 
kann man drei bis sechs Tabletten pro die reichen lassen. 

Verfasser führt in seiner Publikation einige Fälle auf, die 
die Toleranz und Wirksamkeit des Mittels charakterisieren. 
Ein 17 jähriges skrofulös-anämisches Mädchen, das den Eisen¬ 
sirup nie gern und mit Appetitverlust genommen hatte, nahm 
innerhalb zwei Monate im ganzen 230 Tabletten. Der vorher 
mangelhafte Appetit steigerte sich in ausgezeichneter Weise, 
Farbe und Aussehen besserten sich. Das Wesentliche des 
Falles ist aber darin zu erblicken, daß Patientin in erster Linie 
das Eisensajodin bekommen hatte, um einen apfelgroßen 
Drüsentumor in der submaxillaren Gegend zu beseitigen. Nach 
40 Tabletten war bereits ein Kleinerwerden des Tumors zu 
konstatieren, der dann in zwei Monaten bis auf verschwindende 
Reste wesentlich zurückging. Die Gewichtszunahme betrug 
während dieser Zeit sechs Pfund. 

Auch die weiter angeführten Fälle zeigen, daß das Indi¬ 
kationsgebiet des Eisensajodins die verschiedenartigsten mit 
Anämie einhergehenden Aflektionen umfaßt. 

Stabsarzt Dr. Ridder (Berlin): Beitrag zur Kenntnis des 
Bronze - Diabetes. (Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
No. 36.) 

Das Krankheitsbild des Bronze-Diabetes ist in Frankreich 
mehr bekannt als in Deutschland; in der deutschen medizini¬ 
schen Literatur finden sich bis jetzt etwa zehn Fälle beschrie¬ 
ben. Wegen der Seltenheit der Ail'ektion teilt Verfasse]- einen 
neuen lall mit, welcher in der zweiten medizinischen Klinik 
der Charite zur Beobachtung kam. Es handelt sich um einen 
38 jährigen Mann, der Iris zum Jahre 1906 gesund gewesen 
war und den Beruf als Feuerw-ehrmann ausübte, bis er infolge 
zweimaliger Rauchvergiftung dienstunfähig wurde. Es traten 
dann geringe Oedeme an den Unterschenkeln und Pigmen¬ 
tierung an den distalen Teilen des Körpers auf. Im Jahre 1907 
wurde bei dem Patienten ein Leberleiden konstatiert. Etwa 
ein halbes Jahr später wurde in der Klinik eine derbe Leber- 
intumeszenz, hypertrophische Lebercirrhose mit Hautpigmen¬ 
tierung festgestellt; damals bestand sicher kein Diabetes, keine 
Glykosurie, keine Intoleranz gegen Zucker. Erst Ende 1909 
trat eine schnelle Abnahme der Körperkräfte und rapide Ge¬ 
wichtsabnahme ein; ärztlicherseits wurde 6 pCt. Zucker kon¬ 
statiert. . Anfang April wurde der Patient, der kurz zuvor eine 
linksseitige Otitis media durchgemacht hatte, wieder in die 
Klinik aufgenommen, wo er schon am 17. April starb, nachdem 
vorher noch eine doppelseitige eitrige Parotitis aufgetreten 
war. Er bot in den letzten Monaten das klassische Bild des 


„Diabete bronze“. Die Sektion bestätigte die Diagnose. Es 
fand sich: Allgemeine Hämochromatose (Leber, Milz, Darm, 
Pankreas, Speicheldrüse, Schilddrüse, Synovialis, Haut). 
Ferner: eitrige Otitis media sinistra, doppelseitige eitrige Paro¬ 
titis, metastatische Abscesse in Nieren und Myokard; Tracheo¬ 
bronchitis, bronchopneumonische Herde im rechten Unter¬ 
lappen, Enteritis nodularis, verkalkte Mesenterialdrüsen. Rotes 
Knochenmark; geringe Lebercirrhose. In der Milz Staphylo- 
coccus aureus. Die Aetiologie der Erkrankung war im vor¬ 
liegenden Falle nicht aufzuklären; von Tuberkulose und Lues 
war nichts nachzuweisen; auch Potus war nicht vorhanden. 
Das Hauptmoment beim Bronze-Diabetes scheint die Leber¬ 
schädigung zu sein. R. L. 

Dr. Fritz Fleischer (Berlin) und Dr. Kunimatsu Takeda: Ucber 

den klinischen Wert der Pinoffsclien Lävuiose-Reaktion im 

Urin. (Deutsche med. W’ochenschr., 1910, No. 36.) 

Vor einigen Jahren hat P i n o f f eine einfache Methode 
zum Nachweis der Lävulose angegeben. Mischt man 10 ccm 
der zu untersuchenden Lösung mit 10 ccm 4proz. Ammonium¬ 
molybdänlösung und 0,2 ccm Eisessig, so färbt sich die 
Mischung bei Anwesenheit von Lävulose nach Erhitzen im 
Wasserbade auf 95°—98” innerhalb drei Minuten blau. Andere 
Zuckerarten geben diese Reaktion innerhalb der angegebenen 
Zeit nicht. Erforderlich ist, daß die zu untersuchende Lösung 
frei von Mineralsäuren ist, weil die meisten Zuckerarten Molyb¬ 
dänlösungen blau färben, wenn sie mit einer Mineralsäure 
versetzt sind. Das angegebene Mischungsverhältnis muß inne¬ 
gehalten und das zu untersuchende Quantum nicht zu groß ge- 
genommen werden. Die Verfasser untersuchten an einem 
größeren Material die Brauchbarkeit dieser Lävuloseprobe für 
die Praxis und zwar zunächst am Urin von Leberkranken und 
Diabetikern, ferner aber auch bei zahlreichen anderen Krank¬ 
heiten und bei Gesunden. Als Ergebnis dieser Untersuchungen 
stellte sich heraus, daß die P i n o f f sehe Reaktion für den 
Nachweis von Lävulose im Urin nur bedingt brauchbar ist. Vor 
der S e 1 i wa n o f f sehen Reaktion besitzt sie den Vorzug 
größerer Schärfe. Sie ist ebenso wenig wie die Seli- 
w a n o f f sehe Reaktion eindeutig, da sie auch beobachtet wird, 
ohne daß Lävulose im Urin vorhanden ist. Welche Substanzen 
außer Lävulose einen positiven Ausfall der P i n o f f sehen 
Reaktion veranlassen können, haben die Verfasser vorläufig 
nicht ermittelt, es scheint sich um verschiedenartige Substan¬ 
zen flüchtiger oder leicht zerstörbarer Art zu handeln. Vorerst 
wird man für den Lävulosenachweis im Urin an der Forde¬ 
rung festhalten müssen, daß erst der gleichsinnige Ausfall der 
Reduktion, Polarisation, Gärung und der Pinoffsclien oder 
S e 1 i w a n o f f sehen Reaktion für die Anwesenheit von Lävu¬ 
lose im Urin beweisend ist. R. L. 

Peltesohn: Zur Kenntnis des Pes calcaneus trauinaticus. 

(Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 92, H. 1.) 

Aus der Literatur sind nur drei Fälle von Entstehung eines 
Hackenfußes nach Verletzung der Achillessehne bezw. opera¬ 
tiver Durchschneidung derselben bekannt. P. beschreibt einen 
vierten derartigen Fall, in welchem bei einem 11 1 2 jährigen 
Knaben drei Jahre nach Zerschneidung der Achillessehne durch 
Glasscherben ein typischer Hacken- und Hohlfuß entstanden 
ist. Am ruhenden Fuß sieht man bei der Betrachtung von 
hinten, daß die zu beiden Seiten der Achillessehne normaler¬ 
weise vorhandenen Gruben völlig verschwunden sind. Als 
Ausdruck der vermehrten Fußwölbung besteht ein abnorm 
hoher Spann. Der Gang ist hinkend, der Hacken tritt zuerst 
auf, die Abwickelung des Fußes ist mangelhaft, der Gang im 
ganzen ist unsicher. Auffallend ist die Form der Wade: die 
lange, wenig prominente Achillessehne wird durch einen ganz 
abnorm kurzen Muskelbauch des Gastrocnemius bewegt, wo¬ 
durch die Hinterseite des Unterschenkels den Eindruck eines 
hochgradigen Muskelschwundes hervorruft. Diese abnorme 
Kürze des Gastrocnemius hält P. für einen selbstregulatorischen 
funktionellen Vorgang, für eine Folge der Plantarkontraktur, 
in welcher sich hierbei der hintere Teil des Fußes befindet. 
Was die Behandlung dieser Fußdeformität anlangt, so kann 
man bei geringer funktioneller Störung sich abwartend ver¬ 
halten, da die verletzte Achillessehne durch Zwischenschaltung 
von Narbengewebe allmählich ihre Kontinuität wieder erhält 
und damit der Prozeß zum Stillstand kommt. In schweren 
Fällen jedoch empfiehlt sich ein quantitatives Vorgehen, genau 
wie bei Abreißung der Calcaneusapophyse. Dies operative 
Verfahren wird im wesentlichen in einer Verkürzung der 
Achillessehne und eventuell in Ueberpflanzung e'ines Teiles 
der Peronaei auf dieselbe zu bestehen haben. 

Dclormc: Die Hemmungsbänder des Schultergelenks und ihre 

Bedeutung fiir die Schulterluxationen. (Archiv f. klin. 

Chirurgie, Bd. 92,-H. 1.) 

D. hat, um die von Kocher angegebene Methode der 
Reposition der Schulterluxation in ihrer Wirkungsweise zu er- 





(152 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 43. 


klären, die Rolle des Bandapparates beim Zustandekommen 
der Luxation und bei der Reposition an Leichen sorgfältig 
untersucht. Bei der die Resorption nach Kocher einleitenden 
Adduktion wird die Gegend des hinteren Randes des Tuber¬ 
culum ' majus fest gegen den unteren vorderen Pfannenrand 
gepreßt und gibt so ein Hypomochlion ab, über welches bei der 
Adduktion des Schaftes der Kopf nach außen gehebelt wird. 
Grenze dieser Auswärtshebelung ist gegeben durch das sich 
stärker anspannende Lig. gleno-hum. medium, welches dann 
weiter infolge seiner maximalen Anspannung bei der nun fol¬ 
genden Auswärtsrotation mit seinem Ansatz am Tuberc. minus 
einen kleinen Kreisbogen beschreibt und dadurch das Frei¬ 
werden des Tuberc. minus vom vorderen Rande des Proc. cora- 
coideus einleitet. Die nun folgende Elevation nach vorn führt 
zur Spannung des Schrägbandes, welches nun ein Widerlager 
bildet, durch das der Kopf nach hinten gedrückt wird, so daß 
ein Teil der Humerusgelenkfläche unter das Lig. gleno-hum. 
med. und an die scapulare Gelenkfläche tritt. Durch diese 
drei Bewegungen sind demnach schon die zwei wichtigsten 
Verschiebungen des luxierten Kopfes, die nach innen und vorn, 
zum großen Teil beseitigt. Bei der nun folgenden Einwärts¬ 
rotation gleitet der Kopf, zumal bei gleichzeitigem Längszug, 
in die Pfanne. Die Kocher sehe Methode gelingt meist ohne 
große Gewaltanwendung und häufig ohne Narkose. 

W. Röpke: Die solitären Cysten der langen Röhrenknochen. 

(Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 92, H. 1.) 

An der Hand von zwei eigenen Beobachtungen und der 
recht umfangreichen Literatur dieses vielumstrittenen Kapitels 
sucht R. nachzuweisen, daß die solitären Knochencysten 
nicht, wie vielfach angenommen wurde, das Produkt einer er¬ 
weichten Geschwulst, sondern das einer entzünd¬ 
lichen Knochenerkrankung darstellen, welche irgendeiner 
äußeren Ursache, vielleicht der Einwirkung eines Infektions¬ 
erregers ihre Entstehung verdankt. Die Cysten bilden sich 
innerhalb eines an Stelle des Markgewebes entstehenden 
fibrösen Gewebes, wobei regressive und progressive Prozesse, 
Bildung von osteoidem, chondroidem und Knochengew'ebe 
nebeneinander herlaufen. R. nimmt an, daß viele als verflüssigte 
Enchondrome und Sarkome beschriebene Knochencysten ledig¬ 
lich das Produkt einer fibrösen Ostitis darstellen. Die Thera¬ 
pie dieser Cystenbildungen ist eine möglichst konservative. 
Inzision und Auskratzung genügt meist. Tritt infolge der 
Ilarefaktion des Knochens durch die Cyste eine Spontanfraktur 
ein, so kann mit der Heilung der Fraktur auch die Cyste zu¬ 
gleich spontan ausheilen. 

F. Rosenbach: Das Röntgcncarcinoni und seine Entstehung. 

(Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 92, H. 1.) 

Den von Lindenborn bekannt gegebenen 17 Fällen 
von Röntgencarcinom, von welchem bei kritischer Sichtung 
mindestens 10 als unzweifelhaft anzusehen sind, fügt Rosen- 
b a c h zwei weitere eigene Beobachtungen hinzu. Der erste 
Fall betrifft einen seit drei Jahren in einer Röntgenfabrik 
tätigen 29 jährigen Mann mit typischem Ulcus carcinomatosum, 
welches sich auf der Basis eines vernarbten Röntgenulcus ent¬ 
wickelt hatte. Die mikroskopische Untersuchung des ex- 
stirpierten Geschwürs stellte die Diagnose Cancroid zweifellos 
fest. Der zweite Fall betrifft einen Lupuskranken, bei welchem 
sich bereits vor Beginn der Röntgenära ein Carcinom entwickelt 
hatte. Dies war 1884 radikal entfernt worden und Patient bis 
1907 rezidivfrei geblieben. Nach dreijähriger Röntgenbestrah¬ 
lung entwickelte sich hinter dem Ohr ein rasch wachsendes 
Carcinom. Die mikroskopische Untersuchung der exstirpierten 
Geschwulst ergab ein Cancroid. Außerdem fanden sich noch 
Lupusknötchen trotz der nach dem mikroskopischen Aussehen 
vermuteten radikalen Heilung. Es bestätigt sich somit die 
mehrfach gemachte Erfahrung, daß die Lupusheilung durch 
Röntgenbehandlung meist nur eine scheinbare ist. R. empfiehlt 
die Einschränkung der Röntgentherapie auf die dringendsten 
Fälle. Insbesondere bei Lupus ist sie der Finsen- bezw. Quarz¬ 
lichtbehandlung in keiner Weise überlegen und setzt außerdem 
der großen Gefahr des Carcinoms aus. 

M. Hoftnann: Intrathoracische Luftfistel seltener Aetiologie und 

ihre plastische Deckung durch einen Hautperiostknochen- 

lappen. (Archiv, f. klin. Chir., Bd. 92, H. 1.) 

Bei einer 34 jährigen Frau mit alter Lungenspitzeninfiltra¬ 
tion entstand eine Vereiterung der Lymphdrüsen am Halse 
und im vorderen Mediastinum. Der retrosternale Absceß 
arrodierte die Trachea in ihrem mediastinalen Teil, wodurch 
eine Nekrose von zwei Trachealknorpeln und schließlich eine 
intrathoracische Luftfistel entstand. Um die Fistel zugänglich 
zu machen, mußte H. erst das Manubrium sternie resezieren. 
Bei dieser Operation wurde zugleich aus der Haut und einem 
Teil des Manubridum ein Hautperiostknochenlappen formiert, 
welcher in einem zweiten Akt so in den 8X12 mm großen 
Traehealdefekt eingesetzt w'urde, daß die Haut des Lappens 


mit der Epidermisseite die Innenwand des Defektes aus¬ 
kleidete, während der Knochenlappen fest angedrückt fixiert 
wurde. Der Verschluß der Fistel und die Wiedererlangung 
der Sprache gelangen auf diese Weise fast vollkommen. Nur 
bei Hustenstößen entwich aus einer haarfeinen Fistel etwas 
Luft. 

Esau: Ueher einen Fall von spontaner Ausschaltung einer 
Dünndarmschlinge nebst Bemerkungen zur Frage des Ileus. 
(Archiv f. klin. Chir., Bd. 92, H. 1.) 

Der von E. beobachtete und operierte Fall bietet ein inter¬ 
essantes Beispiel dafür, was der Körper trotz ausschließlich 
abwartender Behandlung auszuhalten vermag. Es handelte 
sich um ein 25 jähriges Mädchen, welches im 11. oder 
12. Lebensjahre innerhalb eines Jahres zwei schwere Erkran¬ 
kungen der Baucheingeweide durchgemacht hatte mit starken 
Schmerzen, Fieber und längere Zeit anhaltendem Kot¬ 
erbrechen. Die Erkrankung verlief unter dem Bilde und der 
Diagnose einer schweren Appendicitis. Drei Jahre später wurde 
eine Resektion des linken Kniegelenkes wegen Tuberkulose 
ausgeführt. Eine gewisse Auftreibung des Leibes hatte nach 
Ablauf der Abdominalerkrankung immer schon bestanden, wurde 
aber seit drei Jahren immer stärker. Gleichzeitig bemerkte das 
Mädchen vermehrtes Kollern im' Leib, hatte Schmerzen, der 
Stuhl war angehalten; die Kranke kam sehr herunter. Die 
Operation ergab, daß eine spontane einseitige Dünndarmaus¬ 
schaltung mit Blindverschluß des einen Endes bestand. Nach 
Resektion der 1,25 m langen Schlinge, welche in der Coecal- 
gegend in ein unentwirrbares Darmkonvulut einmündete und 
nach Einpflanzung einer Dünndarmschlinge - in das Colon 
ascendens (Enteroanastomose) trat völlige Heilung ein. 

E. nimmt an, daß die Patientin vor 10 Jahren eine Achsen¬ 
drehung des Darmes überstanden hat, welche zu einer spon¬ 
tanen Abschnürung des Darmes führte. Da nach derartigen 
Vorgängen meist Kotinfektion und Peritonitis eintritt, werden 
solche Fälle in der Regel erst auf dem Sektionstisch entdeckt. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. A. Wilke (Kiel): Subseröse Hämatome des Dünndarms 
nach vielfachen Ascites-Punktionen. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 36.) 

Auffällig ist, wie selten beim Gebrauch des Trokars bei 
Ascites Anspießungen des Darmrohres zur Beobachtung ge¬ 
langen. Im allgemeinen scheint also der bewegliche Dünn¬ 
darm wegen der stets in seinem Lumen vorhandenen Gase 
auf der Flüssigkeit oder in ihren oberen Schichten zu 
schwimmen und so der Spitze des Trokars zu entgehen. Daß 
aber doch Darmverletzungen Vorkommen können, beweist ein 
von Verfasser vor kurzem erhobener Sektionsbefund. Es 
handelte sich um die Leiche einer im Alter von 40 Jahren ver¬ 
storbenen Frau, welche infolge eines Herzleidens mehrere 
Jahre vor ihrem Tode an hochgradigem Ascites gelitten hatte 
und 33 mal punktiert worden war. Als Residuen der viel¬ 
fachen Punktionen fanden sich in der Haut des Bauches zahl¬ 
reiche weißliche Narben, auch mehrfache umschriebene Ver¬ 
wachsungen des großen Netzes mit der Serosa der vorderen 
Wand. Ferner zeigte der ziemlich stark kontrahierte blasse 
Dünndarm ungefähr in der Mitte des Jejunums zwei dunkel- 
blau-braunrote, etwa 12 cm voneinander entfernte Gebilde, 
die der Oberfläche des Darmrohrs, und zwar gegenüber seiner 
Anheftungslinie an das Mesenterium, aufsaßen. Das eine etwa 
pflaumengroße Gebilde saß mit breiter Basis der Darmwand 
auf, das andere walzenförmige Gebilde war nur mit schmalem, 
häutigem Stiel angeheftet. Beide Tumoren waren anscheinend 
von Peritoneum überzogen. Es handelt sich nach Verfasser 
um subseröse Hämatome, deren Entstehung man nach Ver¬ 
fasser folgendermaßen sich zu denken hat: Da das in der 
Ascitesflüssigkeit schwimmende Hohlorgan der andrängenden 
Trokarspitze auswich, kam es. zu keiner die Darmwand per¬ 
forierenden Verletzung, sondern nur zu einer solchen der 
äußeren Schichten der Darinwand. Die dabei eintretende 
Blutung war vorzugsweise eine subseröse, da die bei der An- 
spießung erfolgte Dehiszenz der Serosa sich schloß und des¬ 
wegen eine Blutung in die freie Bauchhöhle nicht eintrat. In¬ 
folge der bestehenden Stauung des Darms fand nicht wie ge¬ 
wöhnlich eine Resorption des extravasierten Blutes statt, son¬ 
dern es setzte eine Organisation desselben mit weitgehender 
Neubildung von Blutgefäßen ein. Die Blutung scheint dann 
noch mehrere Male rezidiviert zu haben. R. L. 

F. Ehler: Zur Kenntnis der retroperitonealen Dermoidcysten. 

(Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 92, H. 1.) 

E. berichtet über zwei Fälle von retroperitonealen Cysten. 
Im ersten Fall handelt es sich um eine mannskopfgroße, am 
Beckeneingang neben der Lendenwirbelsäule gelegene und mit 
einer Dünndarmschlinge kommunizierende Cyste, welche wegen 
Fiebers und Darmstenose operiert werden mußte. Die Exstir¬ 
pation war wegen der vielen Verwachsungen nicht mehr mög¬ 
lich, deshalb Einnähung und sekundäre Eröffnung der Cyste, 



No. 43. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


653 


welche teils Blut, teils nekrotische Massen enthielt. Wahr¬ 
scheinlich handelte es sich um eine carcinomatös degenerierte, 
retroperitoneale Dermoidcyste, welche den Darm perforiert 
hatte, so daß eine Kotfistel auftrat. Der Fall verlief letal. 
Mikroskopische Untersuchung wurde nicht vorgenommen. Der 
zweite Fall betrifft ein multiples Dermoid (vier Cysten), 
welches retroperitoneal in der Gegend der linken Niere saß. 
Die Aetiologie dieser Cysten ist noch nicht klargestellt, doch 
ist es sicher, daß sie aus den Zellen des ektodermalen Keim¬ 
blattes hervorgehen; auch können Reste der W o 1 f f sehen bezw. 
Müller sehen Körper Zurückbleiben und den Keim zu sekun¬ 
därer Geschwulst bezw. Cystenbildung liefern. Der Fall ist 
noch forensisch dadurch von Interesse, als die Geschwulstbildung 
klinisch nach einem Fußtritt gegen das linke Hypochondrium 
begann. Drei Monate post trauma fand sich hier eine faust¬ 
große Geschwulst, welche nach % Jahren bereits die ganze 
linke Bauchseite einnahm. Bei der Operation ließ sich die 
vom vorderen Mesenterialblatt des Colon descendens und vom 
Ureter bedeckte Cyste mit Mühe ausschälen; der großen Cyste 
adhärierten noch drei kleinere Cysten. Es handelte sich um 
unzweifelhafte Dermoide, wahrscheinlich infolge fötaler In¬ 
clusion schlummernder ektodermaler Keime, welche durch das 
Trauma zur .Wucherung angereizt wurden. Der Fall wurde 
geheilt. Adler (Berlin-Pankow). 

Privatdozent Dr. J. Hofbauer (Königsberg i. Pr.): Schwanger¬ 
schaftstoxämie. (Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
No. 36.) 

Verfasser resümiert seine eingehenden Darlegungen, 
welche teils auf dem Stadium der Literatur, teils auf eigenen 
experimentellen Untersuchungen basieren, in folgenden 
Sätzen: Die Entwicklung des Fötus und seiner Hüllen übt 
eine Rückwirkung auf den maternen Organismus, welche 
unter bestimmten Bedingungen sich zu dem Bilde einer 
schweren Autointoxikation steigert. Die Annahme, daß die 
von der Placenta ausgehende Beeinflussung in dem Sinne er¬ 
folgt, daß Immunitätsreaktionen wie nach der Einfuhr blut¬ 
fremder Eiweißstoffe ablaufen, steht mit den Ergebnissen der 
biologischen Untersuchungsmethoden in Widerspruch. Eine 
Intoxikation dagegen, veranlaßt durch die der Placenta eigen¬ 
tümlichen Fermente, erscheint nach den vorliegenden Resul¬ 
taten wahrscheinlich. Beim Ablauf der normalen Gravidität 
sind als Folge der fötalen Einflüsse degenerative Prozesse in 
der Niere und der Leber nachzuweisen. Daneben treten hyper- 
ulastische Vorgänge an den Drüsen mit innerer Sekretion auf. 
Damit im Einklang stehen bestimmte Abnormitäten des Stoff¬ 
wechsels der Graviden. Als Paradigmen schwerer Graviditäts¬ 
toxämien sind die Eklampsie und das pernieiöse Erbrechen 
anzusehen. Die ätiologische Klarstellung ihre Pathogenese 
ist noch keine absolut eindeutige, die Kenntnis der histologi¬ 
schen und biochemischen Vorgänge dagegen hat wesentliche 
Klärung gefunden. 

Prof. Dr. P. Kroemer (Greifswald): Die Berechtigung der 
Pubeotemie. (Deutsche med. Wochenschr., 1910, No. 36.) 

Neuerdings ist die anfangs mit Enthusiasmus auf¬ 
genommene Pubeotomie etwas in Mißkredit geraten, man 
schreibt ihr eine Mortalität von 4 pCt. zu, welche die des 
klassischen Kaiserschnittes nahezu übersteigt. Insbesondere 
hat das Interesse für den suprasymphysären Kaiserschnitt und 
seine Modifikationen der Beckenspaltung sehr viel geeignete 
Fälle entzogen; jedoch glaubt Verf., daß auch der Enthusias¬ 
mus für den extraperitonealen Kaiserschnitt sich bald abkühlen 
wird. Nach seiner Ueberzeugung ist die Beckenspaltung, 
innerhalb der gehörigen Grenzen angewandt, eine außer¬ 
ordentlich segensreiche Operation und verdient deswegen Ver¬ 
breitung, weil in einer gewissen Prozentzahl von Fällen der 
Beckenschnitt dehnbar bleibt und sich im Falle einer wieder¬ 
holten Schwangerschaft das pubeotoinierte Becken unter der 
neuen Geburt von selbst aufschließen und das Kind passieren 
lassen kann. Die Mortalität von 4 pCt. für die Pubeotomie 
ist viel zu hoch gegriffen, die unglücklichen Zufälle sind in 
erster Linie auf fehlerhafte Indikation zurückzuführen. In¬ 
fektionsverdacht, Beckenveränderungen dritten Grades, infan¬ 
tile Genitalien, absterbende Kinder bilden die wesentlichsten 
Kontraindikationen gegen die Operation, welche nicht bei 
engem Becken unter 7,5 cm Conjugata vera ausgeführt werden 
sollte. Auch die Technik der Operation muß so gestaltet wer¬ 
den, daß jeder, auch der Ungeübte, imstande ist, die Operation 
ohne Nebenverletzungen auszuführen. Die Verletzungen 
gehen in der Regel so vor sich, daß der Genitalring am unte¬ 
ren Schoßfugenrand in der Nähe des Knocheuspaltes quer ab¬ 
reißt und gelegentlich an diesen Querriß sich bei sehr großem 
Mißverhältnis ein kleiner Längsriß anschließt. Man kann nach 
Verfasser die Operation am ungefährlichsten gestalten, wenn 
man dieses quere Abreißen der Weichteile von vornherein 
durch einen kleinen Ablösungs- und Eröffnungsschnitt künst¬ 
lich herstellt. Löst man die Ligamenta pubovesicalia von 


vornherein von der zu durchsägenden Knochenstelle ab, so 
kann der Kuochenspalt sich erweitern, ohne die daselbst loka¬ 
lisierten Weichteile zu zersprengen. Verfasser geht so vor, 
daß er seitlich im Sulcus interlabialis, den er mit Daumen und 
Zeigefinger auseinanderspreizt, auf den imteren Rand des 
Schambogens kräftig einschneidet und zwar oberhalb des 
Crus clitoridis, wobei Klitoris und kleines Labium. stark abwärts 
gedrängt werden. Man muß kräftig bis auf den Knochen 
schneiden, die Weichteile abdrängen und mit einem Raspato- 
rium vom Knochen abschieben, bis man mit dem Zeigefinger 
hinter dem Schambogen aufwärts dringen und das gesamte 
Schambein umfassen kann. Während nun der Finger Harn¬ 
röhre und Blase zur Seite schiebt, wird der B u m m sehe 
Sägenführer um den Knochen herumgeleitet, oberhalb der 
Schoßfuge ausgestochen und mit der Drahtsäge armiert. Nach 
dem Durchsägen wird die Ablösungswunde am unteren Stich¬ 
kanal durch 1—2 Ligaturen geschlossen und die Spontangeburt 
abgewartet. Droht die geringste Gefahr für das Kind, so be¬ 
endet Verfasser die Geburt meist durch Wendung und Ex¬ 
traktion am Fuß, weil dabei der Kopf schonender für Mutter 
und Kind durch das Becken geleitet wird als mit der Zange. 
Bei sieben in dieser Weise geleisteten Geburten erlebte Ver¬ 
fasser keine Nebenverletzung. Bei weiteren zehn, welche 
Pfannenstiel in der Kieler Frauenklinik ausführte, 
blieben gleichfalls Nebenverletzungen aus. Alle operierten 
Frauen wurden mit lebendem Kind geheilt entlassen, nachdem 
sie eine leichte Rekonvaleszenz durchgemacht hatten. R. L. 


Dr. M. Scmon (Königsberg): Ueber Spätrezidive des Uterus 
carcinoms. (Medizin. Klinik, 1910, No. 38.) 

Die Beobachtung, daß nach Carcinomoperationen die 
meisten Rezidive in relativ kurzer Zeit, manchmal schon nach 
wenigen Monaten, am häufigsten jedenfalls innerhalb der ersten 
zwei Jahre auftreten, halte nach dem Vorgänge von v. Vol le¬ 
in a n n und B i 11 r o t h zu dem Prinzip geführt, solche Patien¬ 
ten, die drei Jahre p. op. rezidivfrei geblieben waren, als 
dauernd geheilt anzusehen. Diese Anschauung war eine so 
allgemein feststehende, daß manche Autoren sogar, wenn 
nach mehr als drei Jahren die Neubildung wieder auftrat, 
diese nicht als eigentliches Rezidiv, sondern als eine erneute 
primäre Erkrankung auffaßten. Es war daher allgemein üblich, 
den Statistiken über Carcinomheilungen eine dreijährige Be¬ 
achtungsdauer zugrunde zu legen. Die Bestrebungen, für die 
Aufstellung der Statistik zu Vergleichsszwecken einheitliche 
Prinzipien zu gewinnen, führten allmählich zu immer genauerer 
und sorgfältigerer Nachbeobachtung der operierten und nach 
der Operation genesene Patienten. Vereinzelte Beobachtungen 
von sogenannten Spätrezidiven, das heißt solchen, die später 
als drei Jahre p. op. aufgetreten waren, lagen auch schon 
früher vor. aber erst seitdem allen Statistiken eine genaue 
Nachforschung nach allen Patienten zugrunde gelegt wurde, 
mehrten sich die Beobachtungen, daß auch durchaus nicht 
selten nach drei Jahren noch Rezidive auftraten. Für die ein¬ 
heitliche Aufstellung der Grundsätze für die Carcinomstatistik 
auf gynäkologischem Gebiete verdanken wir Winter solche 
Vorschläge, die allgemein von den Gynäkologen angenommen 
wurden. Winter fordert eine fünfjährige Beobachtungszeit 
als Grundlage der Dauerheilung. Fälle von Rezidiven in noch 
späterer Zeit als nach fünf Jahren müssen wir schon als große 
Seltenheit bezeichnen. Für sie können wir die Bezeichnung 
..Spätrezidive“ sensu strictiori reservieren. Verfasser vor¬ 
liegender Arbeit hat in der letzten Zeit Gelegenheit gehabt, 
zwei Fälle von Spätrezidiven von Uteruscarcinomen nach Total¬ 
exstirpationen des Uterus zu beobachten, die er genauer be¬ 
schreibt. Er kommt am Ende seiner Auseinandersetzungen zu 
zwei praktischen Schlußfolgerungen: 1. daß wir Pat., bei denen 
wir eine Carcinomoperation gemacht haben, auch nach fünf¬ 
jähriger Rezidivfreiheit noch nicht ganz aus der Beobachtung 
entlassen dürfen. Die Bezeichnung „Spätrezidiv“ sollte für 
diejenigen Rezidive reserviert bleiben, die fünf Jahre oder 
später nach einer Radikaloperation auftreten; 2. daß be¬ 
ginnende Corpuscarcinome sich der Diagnose auch durch 
Austastung und durch diagnostische Abrasio entziehen können, 
wenn es sich um gleichzeitige Komplikation mit Myom han¬ 
delt. Da dieses Zusammentreffen von Myom und Carcinom 
speziell für Corpuscarcinom mit submucösem Myom recht 
häufig ist, so ist in solchen Fällen wohl an die Erschwerung 
1 der Diagnose durch versteckten Sitz des Carcinoms zu denken. 
Man steht dann vor der Alternative, entweder nur auf Grund 
der klinischen Symptome sich zur Uterusexstirpation zu ent¬ 
schließen oder durch vorgängige Enukleation des oder der 
Myome und dann nachfolgende Austastung und Abrasio mit 
mikroskopischer Untersuchung die Diagnose sicherzustellen. 
— Wegen der immerhin noch ziemlich großen Seltenheit von 
Spätrezidiven erscheint es erwünscht, daß sowohl Chirurgen 
wie Gynäkologen derartige Fälle bekannt geben oder ihnen 
in den Statistiken eine gesonderte Stellung einräumen. K r. 




654 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 43. 


Dr. Felix Davidsohn, Arzt für Lichtbehandlung in Berlin: 
Röntgenstrahlen und Zahnheilkunde, (Bert. klin. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 34.) 

Es gibt kaum ein Gebiet zahnärztlicher Diagnostik, das 
nicht durch die Röntgenographie wesentlich gefördert worden 
ist. Jede veränderte Lage oder Form der Zähne, jede Sub¬ 
stanzveränderung und jeder Substanzverlust, sowie jeder 
Fremdkörper im Zahn lassen sich deutlich auf der photogra¬ 
phischen Schicht fixieren. Was zunächst die Lageverände¬ 
rungen der Zähne betrifft, so sind es weniger die Anomalien 
ganzer Zahnreihen (Prognathismus usw.), die ja stets leicht zu 
erkennen sind, als die Lageanomalien einzelner Zähne, die 
uns das Röntgenverfahren feststellen hilft. Hier ist es be¬ 
sonders die Heterotopie, wo der Zahn sich an einer Körper¬ 
stelle außerhalb des Zahnbogens entwickelt, in der Highmors¬ 
höhle oder als Inhalt in Cysten. Hierher gehört die Reten¬ 
tion von Zähnen, d. h. das Zurückbleiben der Zähne im Kiefer, 
so daß sie zu der für sie bestimmten Durchbruchszeit noch 
nicht erschienen sind. Hier war die Diagnose früher meistens 
unsicher und zahlreiche Probeinzisionen wurden vorgenom¬ 
men, während eine Röntgenaufnahme sofort die Diagnose 
sichert. Diese retinierten Zähne bedingen oft die allerheftig¬ 
sten, weit ausstrahlenden Schmerzen und erfordern dringend 
die Operation. Endlich sind noch die Anomalien der Form 
einzelner Zähne zu erwähnen, bogenförmige, korkenzieher- 
artige Wurzeln, rückwärts hakenförmig verankerte Zahn¬ 
wurzeln, überzählige Wurzelzacken als eventuelle Extraktions¬ 
hindernisse, die röntgenologisch darstellbar sind; erwähnens¬ 
wert sind ferner Exostosen, d. h. Ablagerung von Knochen 
oder Zement auf Wurzeln, wodurch dieselben knollig verdickt 
werden, bedingt durch Entzündungsprozesse am Periost. Solche 
Exostosen können besonders an Prämolar- und Molarzähnen 
des Unterkiefers durch Druck auf den Nerven (Canalis in- 
fraorbitalis dicht unter den Wurzeln) schwere Prosopalgien 
erzeugen. Die Darstellung isolierter Wurzeln, deren Krone 
abgebrochen und die von Schleimhaut überwachsen, ist ein 
häufiges Postulat der Röntgendiagnostik. Ein weiteres Dar¬ 
stellungsgebiet sind die Caries und ihre Folgezustände, die Pul¬ 
pitis und Periostitis. Ferner ist jede Erkrankung des Kiefer¬ 
knochens, sowie jede Fistelbildung röntgenologisch darstellbar 
(Fisteln eventuell nach Wismutinjektion oder mit eingelegten 
Sonden). Natürlich sind auch Zahnfrakturen (Vorderzähne) 
oder Kieferfrakturen (Hinterzähne) häufig festzustellen. End¬ 
lich ist noch die Atrophia alveolaris praecox zu erwähnen, die 
Alveolarschwund, Zahnlockerung und meistens Gingivitis auf¬ 
weist. Von Fremdkörpern in den Zähnen sind Füllungen nach¬ 
weisbar. Zum Schluß erörtert Verfasser noch kurz die Tech¬ 
nik der Zahnröntgenaufnahmen. Kr. 

Oberstabsarzt z. D. Dr. R. Bassenge (Berlin) und Oberstabsarzt 
Dr. Selander (Stockholm): Ueber die desinfizierende 
Wirkung einiger gebräuchlicher Zahnpasten. (Deutsche 
med. Wochenschr., 1910, No. 36.) 

Die Verfasser untersuchten die keimtötende Kraft einige]' 
viel angewendeten Zahnpasten. Von den verschiedenen Prä¬ 
paraten wurden mittels sterilisierten Leitungswassers lOproz. 
Suspensionen hergestellt und auf 30—35° im Wasserbade er¬ 
wärmt. Diese Aufschwemmungen wurden mit je 1 ccm einer 
24 ständigen Bouillonkultur von Typhus- und Diphtherie- 
bacillen und Streptokokken versetzt. Nach bestimmten 
Einwirkungszeiten wurden Proben der Aufschwemmungen in 
bereitgehaltene Bouillonröhrchen eingesät, diese auf 24 Stun¬ 
den einem Brutschrank von 37° C. übergeben und dann fest¬ 
gestellt, ob Wachstum eingetreten oder nicht. Untersucht wur¬ 
den von inländischen Zahnpasten folgende: Pebeco- 
Zahnpasta, Zeo-Pasta, Stomatol- Zahncreme, Givasan, Kosmo- 
dont-Zahncreme, Perhydrol-Zahnpasta, Kolodont-Zähncreme, 
Bergmanns Zahnpasta, Rosodont, Hydrozon-Zahnpasta. Aus der 
mitgeteilten Tabelle ergibt sich, daß die Zahnpasten Stoma¬ 
tol und Rosodont die sicherste keimtötende Wirkung ent¬ 
falteten; diese beiden Präparate töten sämtliche geprüften 
Mikroorganismen schon nach einer Einwirkung von 30 Sekun¬ 
den. Ziemlich sicher und schnell wirkt noch die Zeo-Pasta; 
in drittel' Reihe folgen Pebeco, Kalodont und Kosmodont. Die 
Perhydrol-Zahnpasta erwies sich als völlig unwirksam, während | 
das Perhydrol in Form von Mundwasser nach früheren Unter¬ 
suchungen von Bassenge eine hervorragende antibakte- j 
rielle Kraft entfaltet. Zahnpasten sollten nach Ansicht der 
Verfasser nur in Tuben in den Handel gebracht werden, weil 
sie nur so vor bakteriellen Verunreinigungen geschützt sind. 

R. L. 

Georg Bessau: Untersuchungen über den Gehalt der Nahrungs¬ 
mittel an Purinkörpern. Aus der med. Universitäts-Poli¬ 
klinik in Breslau. (Dissertation, Breslau 1909.) 

Von den animalischen Nahrungsmitteln enthalten die 
Drüsen bekanntlich erheblich mehr Purinstickstoff als das 
Muskelfleisch. Den höchsten Wert weist die Thymus auf, 
einen auffallend geringen Wert zeigt dagegen das Gehirn, 


dessen Zellenreichtum auch wesentlich hinter dem anderer 
Organe zurückstehen dürfte. Das Muskelfleisch der verschie¬ 
denen Tierarten schwankt in seinem Purinbasengehalt nicht 
erheblich; insbesondere läßt sich beim Vergleich der roten 
und weißen Fleischsorten kein durchgreifender Unterschied 
erkennen. Die Wurstsorten lieferten mit Ausnahme der Leber¬ 
wurst niedrige Werte, Blutwurst erwies sich als völlig purin- 
frei. In die Bouillon geht ungefähr die Hälfte der im Muskel¬ 
fleisch (Rind) vorhandenen Purinbasen über. Das Fleisch der 
Fische zeigt einen recht differenten, im allgemeinen ziemlich 
hohen Purinkörpergehalt im Vergleich zu anderem Fleisch. 
Von großem Einfluß scheint hier die Spezies zu sein. Die ge¬ 
wonnenen Zahlen lassen schließen, daß, je kleiner die Spezies, 
um so größer der Purinbasengehalt. So zeigen Sardellen und 
Sprotten gegenüber größeren Fischsorten auffallend hohe 
Werte. Die besonders hohen Zahlen bei Anchovis und Oel- 
sardinen dürften nicht allein in diesem Grund, sondern auch 
darin ihre Erklärung finden, daß hier nicht das abpräparierte 
Muskelfleisch zur Analyse gelangte, sondern der ganze Fisch, 
wie er gewöhnlich genossen wird. Eier und Kaviar sind purin- 
frei. Ebenso erwies sich auch die Milch als purinfrei und dem¬ 
entsprechend auch die meisten Käsesorten. Der Puringehalt 
einzelner Käsesorten muß wohl durch die beim .Ablagern der 
Käse entstehenden Gärungs- und Fäulnisvorgänge erklärt wer¬ 
den. Die Untersuchung der pflanzlichen Nahrungsmittel hat 
ergeben, daß der Mehrzahl nur ein ganz geringer Basengehalt 
zukommt, daß aber doch einige häufig genossene Vegetabilien 
eine nicht zu vernachlässigende Menge an Purinkörpern ent¬ 
halten. Obenan in dieser Reihe stehen die Hülsenfrüchte 
(Linsen, frische Schoten, Erbsen und Bohnen), dann kommen 
Spinat, Rapunzeln, Kohlrabi und einige Pilzsorten. Die übrigen 
Gemüsearten zeigen nur geringe Werte. Minimale Spuren 
enthält die Kartoffel, gänzlich purinfrei sind ausschließlich die 
verschiedenen Obstsorten und Nüsse. Die Getreide- und Brot¬ 
sorten sind purinfrei, nur in Pumpernickel fand Verfasser ge¬ 
ringe Mengen. Rotwein und Rum wurden purinfrei gefunden, 
dagegen fanden sich im Bier geringe Mengen Purinkörper. F. 

Privatdozent Dr. P. Fraenckel und cand. med. Hochstetter 

(Berlin): Zur Erstiekungsleukocytose. (Deutsche med. 

Wochenschrift, 1910, No. 36.) 

Nach den von den Verfassern mitgeteilten Untersuchungen 
kommt es beim Kaninchen unter dem Einfluß einer kürzeren 
oder längeren Erstickung in der Regel zu einer anfänglichen 
Lymphocytose, die an das Auftreten von Krämpfen oder hefti¬ 
gen Muskelbewegungen geknüpft ist und fehlt, wenn letztere 
fehlen. Diese Lymphcytose ist eine mechanische Erscheinung, 
bedingt durch das Auspressen von Lymphbahnen infolge der 
Muskelzusammenziehungen. Woher diese Einschwemmung 
von Lymphocyten stammt, ist bisher nicht mit Sicherheit anzu¬ 
geben. Die Verfasser vermuten, daß aus irgendwelchen 
Reservedepots eine abnorm große Menge Zellen in den Kreis¬ 
lauf gelangt und daß sie infolge des Bestrebens aller Blut¬ 
bestandteile, die mittlere Konzentration zu halten, nach dem 
Aufhören der störenden Ursache in den Filtern der Blutbahn 
(Milz, Knochenmark) wieder zurückgehalten werden. Nach 
dem Stadium, in dem die Lymphocytenzahl rasch abnimmt, 
zum Teil auch schon währenddessen, stellt sich eine mehr 
oder w'eniger starke, nach einigen Stunden wieder abklingende 
Vermehrung der Polynukleären ein, die nicht nachweisbar ab¬ 
hängig ist von der anfänglichen Lymphocytose. Beim Kanin¬ 
chen finden sich keine histologischen Anhaltspunkte für einen 
Uebergang der Lymphocyten in Polynukleäre, Die Poly- 
nukleose erscheint eher als eine Reaktion des Knochenmarks 
auf die bei der Erstickung entstehenden toxischen Stoffe. 

II. L. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

82. Versammlung 

Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom 18.—24. September 1910. 

Referent Herr L. Borchardt (Königsberg). 

(Fortsetzung.) 

2. Allgemeine Sitzung. 

Freitag, den 23. September 1910. 

Vorsitzender: Herr Wien (Würzburg). 

Herr v. Monakow (Zürich): Lokalisation der Gehirnfunk¬ 
tionen. 

Der Vortragende unterzieht den heutigen Stand der Frage 
nach der Lokalisation im Gehirn einer kritischen Betrachtung 
und wendet sich namentlich gegen die heute sowohl klinisch 
wie physiologisch übliche Betrachtungsweise, wonach höhere, 
selbst psychische Funktionen, psychologische Begriffe, die aus 
der Selbstbetrachtung stammen, ohne Zergliederung in ihre 
physiologischen Bestandteile in umschriebenen Rindenpartien 



Nb. 43. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


655 


untergebracht werden. Er stellt die Forderung auf, daß, ehe 
man an die Frage nach der Oertlichkeit geht, zunächst fest¬ 
gestellt werden müsse, was überhaupt zu lokalisieren sei und 
was nicht. Es ist nicht angängig, aus den Symptomen, die nach 
örtlicher Läsion des Gehirns auftreten, zu schließen, daß alle 
Funktionen, die gestört erscheinen, eben in dieser Hirnpartie 
und nur in dieser lokalisiert werden. Die Lokalisation der 
Symptome darf nicht mit der Funktion verwechselt werden. 
Bei jeder örtlichen Läsion des Gehirns (sowohl im Tierexperi¬ 
ment wie am Krankenbett) lassen sich im Prinzip zwei Arten 
von Symptomen feststellen: 1. Die residuären, die auf den Aus¬ 
fall der zerstörten Partie zurückzuführen sind. Sie sind mehr 
oder weniger elementarer Natur und betreffen namentlich auch 
die Reflexe. Für eine bestimmte Partie sind sie konstant. 2. Die 
temporären. Diese sind je nach Art der Läsion, je nachdem 
die Läsion ein gesundes oder krankes Gehirn getroffen hat, 
verschieden. Sie sind im Prinzip nicht dauernd, gehen meist 
wieder völlig zurück, allerdings in verschieden langer Zeit. Wie 
diese Störungen aufzufassen sind, die sich nach Ansicht des 
Vortragenden nicht aus der Oertlichkeit erklären lassen, wie 
namentlich ihr Zurückgehen aufzufassen ist, darüber sind die 
Ansichten noch geteilt. Der Vortragende verwirft die heute 
noch vielfach angenommene Ansicht, wonach die Wiederkehr 
der Funktionen auf ein vikariierendes Eintreten anderer Par¬ 
tien für das zerstörte Zentrum, in dem Sinne, daß andere Par¬ 
tien (kontralaterale Seite) zu ihrer Aufgabe noch die der zer¬ 
störten Partie übernehmen, zurückgeführt wird. Nach ihm ist 
die Wiederkehr der initial gestörten Funktion auf den Rückgang 
der Diaschisis zurückzuführen. Unter Diaschisis versteht er 
eine Art Shock, im Prinzip ähnlich den anderen Shockarten 
(Shock der Chirurgen, apoplektischer Insult), von denen sie 
sich nur unterscheidet durch die Art und Weise der Auslösung 
(Ausfall eines natürlichen Reizes), ferner dadurch, daß sie in 
ganz besonderem Maße elektiv ist, bei ihrer Ausbreitung faser¬ 
anatomischen Prinzipien folgt. Wenn aus einem über den 
ganzen Kortex und auch die subkortikalen Partien ausgespann¬ 
ten Erregungsbogen, der aus einer großen Zahl teils synchron, 
teils nacheinander in Funktion tretender Glieder besteht, eines 
der Glieder durch örtliche Läsion zerstört wird, so können da¬ 
durch die übrigen Glieder, auch wenn sie anatomisch nicht ge¬ 
stört sind, in ihrer Funktion gehemmt werden, und dies um 
so mehr, wenn die Läsion ein Gehirn trifft, das durch patho¬ 
logische Prozesse, mangelhafte Ernährung(Gefäßerkrankungen) 
geschwächt ist. Unter solchen Umständen kann die Diaschisis 
sich nur mangelhaft zurückbilden, ja dauernd bestehen bleiben, i 
im Prinzip (das lehrt das Tierexperiment, chirurgische Ein¬ 
griffe etc.) ist sie aber eine vorübergehende Erscheinung. Die 
anatomisch nicht gestörten Glieder des Erregungsbogens 
nehmen ihre Tätigkeit wieder auf, lernen auf die Mitwirkung 
jenes einen gestörten Gliedes verzichten, wodurch allerdings 
im Ablauf der Funktion gewisse Störungen resultieren, Störun¬ 
gen, die eben durch die residuären Symptome repräsentiert 
werden. Wollen wir die Aufgabe einer bestimmten Hirnpartie 
kennen lernen, so müssen wir die residuären Symptome 
studieren, für eine rationelle Lokalisation der Funktion aber 
ist das Studium der Diaschisis, ihres Auftretens und ihres Rück¬ 
gangs, unerläßlich. Bei der Lokalisation von Funktionen muß 
namentlich in Berücksichtigung gezogen, werden, wie verschie¬ 
den die einzelnen nervösen Leistungen nach Art und Aufbau 
sind und wie wenig wir noch imstande sind, kombinierte 
nervöse Funktionen nach physiologischen Faktoren zu zer¬ 
gliedern und zu gruppieren. Auch die einfacheren nervösen 
Leistungen lassen sich nur komponentenweise und nicht nach | 
einheitlichem Prinzip lokalisieren. Um den komplizierten 
Aufbau der Funktionen verstehen zu können, müssen wir die 
phylogenetische und ontogenetische Entwicklung des Zentral¬ 
nervensystems unter Berücksichtigung der einzelnen Funktio¬ 
nen der einzelnen Systeme heranziehen. Die einfachste Form 
eines Zentralnervensystems wird (Mollusken) repräsentiert 
durch das Gangliensystem; an dieses reiht sich auf nächst 
höherer Stufe das Metamerensystem, dann das Mittelhirnsystem 
und schließlich das Großhirnsystem, wobei das nächst 
höhere System sich immer aus dem vorhergehenden 
herausdifferenziert (u. zw. geschieht das in der Richtung nach 
dem Frontalende). Parallel mit dieser Entwicklung geht der 
feinere Ausbau der Körperorgane, der Muskeln, die Differen¬ 
zierung der Sinnesorgane, die Entwicklung von Extremitäten, 
das Auftreten von immer komplizierteren, individuell zu ver¬ 
wendenden, auf ein Ziel gerichteten Bewegungen, der Einfluß 
individueller Erfahrung (durch anamnestische Eindrücke auf das 
Handeln). Bei den Bewegungen und Perzeptionen der höheren 
Tiere sind alleSysteine gemeinsam, aber in verschiedener Weise 
beteiligt, dabei aber übernimmt das kortikale System nicht nur 
die Führung, sondern es teilt sich mit den phylogenetisch älte¬ 
ren Partien auch in relativ elementare Leistungen, allerdings 
in dem Sinne, daß es die spezialisierteren, später erworbenen 
Komponenten übernimmt. Bei der Lokomotion z. B. liefert das 
Metamerensystem die Basis des Ganges in Gestalt der aufein¬ 
anderfolgenden Bewegungen mit den Beinen, das Kleinhirn¬ 


system die Faktoren für die unbewußte Aufrechterhaltung des 
Körpergleichgewichtes und die zeitliche Regulation, das Mittel¬ 
hirnsystem hält den Zusammenhang zwischen den einzelnen 
Metameren aufrecht und das Großhirn schließlich übernimmt 
den Antrieb, die räumliche Orientierung in bezug auf die Gang¬ 
richtung, dann die feinere Anpassung der Füße an die Terrain¬ 
verhältnisse und verleiht dem Gange noch den seelischen Aus¬ 
druck. Bei allen Realisationen muß ferner, und das ist bisher 
in zu geringem Maße geschehen, das zeitliche Moment, d. h. das 
„Hintereinander“ neben dem räumlichen „Ueber- und Neben¬ 
einander“ in weitgehender Weise in Berücksichtigung gezogen 
werden; je höher entwickelt, je komplizierter die Leistungen, 
desto mehr tritt das örtliche hinter dem zeitlichen Moment zu¬ 
rück. Jede Funktion setzt sich aus synchron und sukzessive 
auftretenden Einzelleistungen zusammen, ln liuienförmig um¬ 
schriebenen Hirnpartien lassen sich nur synchron auftretende 
Leistungen lokalisieren (Foki der Rinde), die Wechselwirkung, 
das Ablösen einer Leistung durch die andere, kurz das zeit¬ 
liche Hintereinander läßt sich selbstverständlich nicht lokali¬ 
sieren. Je höher die Gesamtleistung, desto mehr tritt das zeit¬ 
liche Moment in den Vordergrund und bei den höchsten, den 
psychischen Funktionen läßt sich die Oertlichkeit bei dem ab¬ 
normen Ueberwiegen der Zeitlichkeit und unter Berücksichti¬ 
gung des Momentes, daß fortgesetzt die nämlichen Neuronen, 
wenn auch stets in anderer Kombination und Gruppierung be¬ 
nutzt werden, nicht mehr identifizieren. 

Herr Planck (Berlin): Die Stellung der neueren Physik zur 
mechanischen Naturanschauung. 

Diejenige Naturanschauung, die bisher der Physik die 
wichtigsten Dienste geleistet hat, ist unstreitig die mechanische. 
Ihren kräftigsten Impuls erfuhr sie durch die glänzende Ent¬ 
wicklung der kinetischen Atomistik, die für das Verständnis 
vieler Erscheinungen, wie z. B. der sog. Brownsehen Mole¬ 
kularbewegungen oder radioaktiven Vorgänge unentbehrlich 
geworden ist. Aber andererseits gibt es gerade unter den am 
ällergenauesten erforschten physikalischen Vorgängen noch 
eine große Gruppe, welche der Durchführung der mechanischen 
Naturänschauung einen, wie es scheint, unüberwindlichen 
Widerstand entgegengesetzt hat. Es sind diejenigen Vorgänge, 
zu deren mechanischer Erklärung die Hypothese eines mate¬ 
riellen Lichtäthers notwendig ist. Die Fragen nach der Kon¬ 
stitution des Lichtäthers, nach seiner Dichtigkeit, seinen elasti¬ 
schen Eigenschaften, nach den longitudinalen Aetherwellen, 
nach der Geschwindigkeit der Erdatmosphäre relativ zum 
Aether, haben jahrzehntelang Experimentatoren und Theo¬ 
retiker aufs intensivste beschäftigt, aber bis jetzt ohne jeden 
positiven Erfolg. Angesichts dieser schwierigen Sachlage ist 
der Gedanke gewiß nicht unberechtigt, ob man nicht besser 
täte, das Problem des Lichtäthers einmal von einer ganz ande¬ 
ren Seite anzugreifen und sich die Frage vorzulegen, welche 
Konsequenzen für die Physik entstehen würden, wenn die Be¬ 
mühungen, an dem Lichtäther irgendwelche stoffliche Eigen¬ 
schaften zu entdecken, gar keinen physikalischen Sinn hätten, 
wenn also das Licht sich, ohne überhaupt an einem materiellen 
Träger zu haften, durch den Raum fortpflanzt. Damit wäre 
allerdings die mechanische Naturanschauung ihrer universellen 
Bedeutung beraubt. Auf dem geschilderten Gedanken beruht 
das Prinzip der Relativität. Dasselbe führt allerdings zu einer 
sehr tiefgreifenden, man kann geradezu sagen revolutionären 
Konsequenz hinsichtlich der Auffassung des Begriffes der Zeit, 
indem nämlich eine Zeitangabe immer erst dann einen physika¬ 
lischen Sinn erhält, wenn der Geschwindigkeitszustand des Be¬ 
obachters, für den sie gelten soll, in Rücksicht gezogen wird. 
Diese Folgerung des Relativitätsprinzips, nach welcher einer 
Zeitgröße ebenso wie einer Geschwindigkeitsgröße nur eine 
relative Bedeutung zukommt, klingt für das gewöhnliche An¬ 
schauungsvermögen im ersten Augenblick ganz ungeheuerlich, 
ja geradezu unannehmbar, aber vielleicht doch nicht unan¬ 
nehmbarer, als vor 500 Jahren die Behauptung geklungen haben 
mag, daß die Richtung, welche wir die vertikale nennen, keine 
absolut konstante ist, sondern binnen 24 Stunden im Raume 
einen Kegel beschreibt. Der Maßstab für die Beurteilung einer 
neuen Theorie liegt nicht in ihrer Anschaulichkeit, sondern in 
ihrer Leistungsfähigkeit, und in dieser Beziehung scheint das 
Prinzip der Relativität, so jung es ist, doch schon zu reichen 
Hoffnungen zu berechtigen. Unter den Pionieren auf dem 
neuen Terrain ist zuerst H. A. Lorentz zu nennen, welcher 
den Begriff der relativen Zeit gefunden und in die Elektro¬ 
dynamik eingeführt hat, ohne allerdings so radikale Folgerun¬ 
gen daran zu knüpfen, dann A. Einstein, welcher zuerst 
die Kühnheit besaß, die Relativität aller Zeitangaben als uni¬ 
verselles Postulat zu proklamieren, und der der Wissenschaft 
zu früh entrissene H. Minkowski, dem der Nachweis 
gelang, daß die Lehre von der relativen Bedeutung jeder Ge¬ 
schwindigkeit nur eine Ergänzung ist zu der Lehre von der 
Relativität jeder räumlichen Richtung. Danach besitzt die 
unseren Beobachtungen zugängliche physikalische Welt vier 
vollkommen gleichberechtigte und vertauschbare Dimensionen. 
Drei von ihnen nennen wir den Raum, die vierte die Zeit. Die 



656 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 43. 


entgültige Entscheidung über die physikalische Zulässigkeit 
dieser Anschauungen kann aber nur das Experiment erbringen. 
Wie dieselbe nun auch ausfallen möge: ob sich das Prinzip der 
Relativität bewährt oder ob es aufgegeben werden muß, ob 
wir wirklich an der Schwelle einer ganz neuen Naturanschauung 
stehen, oder ob auch dieser Vorstoß nicht aus dem Dunkel her¬ 
auszuführen vermag, — Klarheit muß unter allen Umständen 
geschaffen werden, dafür ist kein Preis zu hoch. Denn auch 
eine Enttäuschung, wenn sie nur gründlich und endgültig ist, 
bedeutet einen Schritt vorwärts, und die mit der Resignation 
verbundenen Opfer würden reichlich aufgewogen werden durch 
den Gewinn an Schätzen neuer Erkenntnis. 


Medizinische Hauptgruppe. 

Dienstag, den 2 0. September 1910. 

Vorsitzender: Herr Sahli (Bern). 

Herr Kraus (Berlin): Ueber funktionelle Herzdiagnostik. 

Trotz der makroskopisch und mikroskopisch unterscheid¬ 
baren Veränderungen des Myokards, welche die Leichenunter- 
suchüng liefert, wird uns eine Vereinigung der Herzwandaffek¬ 
tionen zu einer Krankheitsgruppe durch die Gleichartigkeit der 
Symptome aufgenötigt. Die morphologisch konstatierbaren 
Formen der Herzmuskelerkrankung lassen sich schon deshalb 
schwierig auseinanderhalten, weil wir in der Praxis reinen 
derartigen pathologischen Zuständen nur selten begegnen. Die 
Fortschritte, die die gegenseitige Befruchtung von morphologi¬ 
schen und physiologischen Untersuchungen in jüngster Zeit 
gezeitigt hat, liegen zunächst auf dem Gebiete der Lokalisa¬ 
tion der Veränderungen. Dagegen erwachsen der funktionellen 
Diagnostik die Aufgaben, komplexe Symptomenbilder zu er¬ 
fassen, die Krankheit in ihrer Gesamtheit zu überblicken, den 
Zusammenhang mit äußeren und inneren Ursachen aufzu¬ 
decken, die verschiedenen Stadien zu verfolgen. Diese für die 
klinische Praxis notwendigen Angaben können nur durch mög¬ 
lichst systematische Untersuchung zunächst möglichst einfacher 
Vorgänge unter Zuhilfenahme aller zu Gebote stehender Metho¬ 
den gefördert werden. Erst die Analyse elementarer Störungen 
wird uns in die Lage setzen, die komplizierteren Aufgaben am 
Krankenbett zu lösen. Wenn auch die älteren physikalischen 
Methoden nicht grundsätzlich in den Hintergrund gestellt wer¬ 
den dürfen, so wird die funktionelle Diagnostik solche Daten, 
die mit Hilfe objektiver Untersuchungsbehelfe gewonnen sind, 
bevorzugen. Die Untersuchungsmethoden, um die es sich 
dabei handelt, sind die indirekte Blutmengenbestimmung, vor 
allem die von Zuntz-Plesch, die von funktionellen Ge¬ 
sichtspunkten ausgehende Röntgenuntersuchung; neben der 
Orthodiagraphie die Berücksichtigung der Form der Herz¬ 
silhouette, ferner Ersatz der üblichen Röntgenorthographie 
durch objektive Momentdistanzaufnahmen in Sys- und Diastole 
während derselben Inspirationsphase (die einschlägigen kine- 
matographischen Versuche sind bisher leider nicht geglückt); 
das exakte Verfahren der graphischen Registrierung der Herz¬ 
töne uhd Geräusche von 0. W e i s s; die unblutige Blutdruck- 
meSsung; die Herstellung eines idealen mechanischen Kardio¬ 
gramms; die kombinierte Sphygmo-Phlebographie; die Oeso- 
phagographie von Minkowski und Rautenberg; die 
Elektrokardiographie; die Bestimmung des Minutenvolumens 
nach P1 e s c h; die Untersuchung der peripheren Blutverteilung 
nach Weber u. a. Die Fragestellung muß stets davon aus¬ 
gehen, daß Herz- und Gefäßkrankheiten zusammengehören. 
Die funktionell-diagnostische Fragestellung hat folgende 
Störungen und Druckverhältnisse im Zirkulationssystem zu 
unterscheiden: Blutmenge, Herzarbeit, Gefäßtätigkeit und dazu¬ 
gehörige chemische und nervöse Integratoren. Der Blutmengen¬ 
bestimmung sollte mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. 
Es ist schon jetzt wahrscheinlich, daß die normale Blutmenge 
des Menschen nicht '/in, sondern Vi# des Körpergewichtes be¬ 
trägt. Die Angaben über relative Verringerung der Blutmenge bei 
F ettleibigkeit, nach chronisch wiederkehrenden Blutungen, Ver¬ 
mehrung bei Chlorose, Nephritis ohne Oedeme verdienen volle 
Beachtung. Del- Herzschlag entsteht durch die vier Teilerschei¬ 
nungen der Reaktionsfähigkeit des Herzens; Reizerzeugung, An¬ 
sprechfähigkeit, Reizleitungsvermögen und Kontraktilität. Das 
Herz besitzt im Sinusgebiet ein rhythmisches Zentrum, den 
Keithschen Sinusknoten. Versagt dieses, so springt ein 
sekundäres Zentrum, der an der Atrioventrikulargrenze ge¬ 
legene Ta wa rasche Knoten dafür ein. Die normale Er¬ 
regungswelle im Herzen läuft vom Sinus zu den Arterien, Ven¬ 
trikel, Spitze, Ventrikelbasis. Die Blutdruckamplitude läßt nur 
im Verein mit anderen Methoden einen Schluß auf das Herz¬ 
schlagvolumen zu. Die Bestimmung des Minutenvolumens 
nach Pie sch gewährt Aufschluß über Strömungsgeschwindig¬ 
keit und Umlaufsdauer des Blutes, Schon jetzt hat auch die 
klinische Forschung der. Herz-, Nieren- und Blutkrankheiten 
Nutzen daraus gezogen. Das Minutenvolumen steht, wie sich 
herausgestellt hat, in einer gewissen Beziehung zur Größe des 
augenblicklichen Sauerstoffverbrauches im Gesamtorganismus. 
Das Minulenvolumen ist daher auch bei Gesunden keine kon¬ 


stante Größe, sondern es zeigt Schwankungen; je nach dem Be¬ 
darf des Organismus. Es kann beim Gesunden durch an¬ 
gestrengte Muskelarbeit bis zum zehnfachen steigen. In patho¬ 
logischen Fällen steht das Minutenvolumen in umgekehrtem 
Verhältnisse zur Sauerstoffkapazität des Blutes. Die Regula¬ 
tion der Blutverteilung wird durch die Lumenweite der kleinen 
Arterien bewerkstelligt. Durch die Untersuchungen der Blut- 
j Verteilung durch Weber ist gezeigt worden, daß bei Menschen 
j in der Hypnose nach Suggestion lebhafter Bewegungsvor- 
| Stellungen Blutdrucksteigerung eintritt, wobei die Blutfülle der 
Extremitäten zu-, die der Bauchorgane abnimmt. Auch durch 
die Bestimmung des Minutenvolumens kann man Daten für die 
| Regulation der Blutverteilung erhalten. Die Kompensation um¬ 
faßt die Anpassung an pathologische Zustände und die Aus- 
I gleichung derselben. Von den Hypodynamien sind die Allo- 
dromien zu trennen, die auf Abweichungen der Reizausbreitung 
J über das ganze Herz beruhen. Ihre Analyse bedient sich in 
| erster Linie der Tonregistrierung, dann der kombinierten 
Sphygmophlebographie, der Oesophagographie, der Elektro¬ 
kardiographie. Besonders die letztere Methode orientiert in 
vorzüglicher Weise über die verschiedenen Allodromien. 

Herr Neisser (Breslau): Ueber Syphilistherapie. 

Drei große Entdeckungen bilden die Basis für die Syphilis- 
I therapie: die Entdeckung der Spirochäten durch Schau dinn; 
) die Entdeckung von Metschnikoff und Roux, daß die 
Syphilis auf Affen übertragbar sei; die Einführung der 
Wassermann sehen Reaktion. Das Tierexperiment sowie 
die Serumreaktion gestatteten den Beweis, daß ohne Therapie 
eine Ausheilung der Syphilis anscheinend nicht zustande 
kommt. Sie gestatteten die Konstatierung der Tatsache, daß 
es weder eine Immunität, noch eine künstliche Immunisierung, 
noch eine Serumtherapie der Lues gibt. Daher die Notwendig¬ 
keit und Wichtigkeit der Chemotherapie. Die Spirochäten¬ 
entdeckung ermöglicht die Frühdiagnose, die Serumdiagnose die 
Diagnose latenter Fälle. Ein direkter Gewinn besteht in der 
Möglichkeit, die Wirkung bestimmter Heilmethoden zu kon¬ 
trollieren durch das Verhalten der Spirochäten in einzelnen 
lokalen Prozessen, durch experimentelle Feststellung der 
Heilung am infizierten Tier, durch die Serumdiagnose. Nach 
den auf diese Weise gewonnenen Erfahrungen ist es prinzipiell 
wichtig, die Behandlung so früh wie irgend möglich zu be¬ 
ginnen; ward keine volle Heilung erreicht, so muß man zur 
Heilung von Rezidiven sehr viel größere Dosen des Medika¬ 
mentes geben. Für das Quecksilber wurde erwiesen, daß es 
ein wirklich spirochätentötendes Mittel ist, für die Jodpräpa¬ 
rate, daß auch diesen eine, wenn auch sehr viel geringere 
Heilwii'kung den Spirochäten gegenüber zukomme. Der wich¬ 
tigste Fortschritt wurde durch Einführung der organischen 
Arsenpräparate erzielt, insbesondere durch den Ausbau der 
Arsentherapie durch Ehrlich, der den prinzipiellen Unter¬ 
schied zwischen den fünfwertigen gesättigten und den drei¬ 
wertigen ungesättigten Arsenverbindungen erkannte und durch 
Angliederung bestimmter chemischer Gruppen an das drei¬ 
wertige Arsen in zielbewußter Weise eine Chemotherapie 
schuf. In jedem Falle muß die Behandlung so früh wie irgend 
möglich in Angriff genommen werden; denn je eher dies ge¬ 
schieht, um so größer sind die Aussichten auf einen vollen Er¬ 
folg. Im Gegensatz zu seiner bisherigen Anschauung hält es 
N. deshalb für notwendig, in bestimmten Fällen, wo viel darauf 
ankommt, die Behandlung schon dann vorzunehmen, wenn die 
Diagnose noch nicht sicher gestellt werden kann, da durch Ab¬ 
warten die kostbarste Zeit für die Behandlung verloren gehen 
kann. Als geeignete Methoden für die präventivabortive. Be¬ 
handlung kommen in Betracht: die Desinfektion der An¬ 
steckungsstelle mit 33 pCt. Kalomelsalbe (Metschnikoff) 
oder Sublimatsalbe (S i e b e r t); die Exzision des Initialherdes, 
die allerdings wenig befriedigende Resultate ergeben hat: Ein¬ 
spritzung spirochätentötender Mittel in die Umgebung des In¬ 
fektionsherdes (Hallopeau); die sofortige Allgemeinbehand- 
lung. Die Behandlung mit Ehrlichs 606 hat in jedem Falle 
zu erfolgen. N. wiederholt die Injektion in jedem F'alle nach 
5—6 Wochen und schiebt dazwischen eine Hg-Kur ein. Be¬ 
sonders wichtig ist 606 bei Hg-Idiosynkrasie, bei Fällen, die 
anscheinend Hg-resistent geworden sind, bei maligner Lues 
und allen Fällen, wo es auf eine rasche Einwirkung ankommt, 
bei Leukoplacie, Paronychien etc., die der Hg-Behandlung 
meist trotzen; ferner zur Verhütung familiärer Syphilis, zur 
Sanierung der Prostitution. Redner schließt mit Worten der 
Dankbarkeit und Bewunderung für Ehrlich, den er. als 
Wohltäter der Menschheit feiert. 

Auf Wunsch der Versammlung spricht Herr Ehrlich 
(Frankfurt). 

Es bedürfte vieler mühseliger Arbeit im Laboratorium, um 
die Erfolge der heutigen Syphilistherapie zu erreichen. Aber 
nicht minder mühselig war es, die Resultate dieser Forschung 
in die Praxis überzuführen. Ich danke den Herren, die das 
getan haben, vor allem den Herren Alt (Uchtspringe), 
Iversen, Wechselmann, A. Neisser, Schreiber 
u. v. a. Die Lösung einer bestimmten Aufgabe ist nur mög- 




No. 43. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


657 


lieh, wenn die Voraussetzungen ihrer wissenschaftlichen Durch-' 
forschung gegeben sind. Die Hauptsache aber ist, daß die 
Zeit reif ist zur Lösung einer bestimmten Aufgabe. Die 
große Tat Jenners versagte zunächst, weil die Zeit nicht 
reif dazu war. In dieser Beziehung möchte ich sagen, daß ich 
Glück gehabt habe, weil ich in einer Periode kam, in der die 
Saat reif war. Ich stehe auf den Schultern vieler anderer, 
denen ich retrospektiv und prospektiv für ihre Mitarbeit meine r 
Dank ausspreche. 

Herr v. Wassermann (Berlin)Ueber den Einfluß- des 
SpezifitätsbegriHes auf die moderne Medizin. 

Jede medizinische Epoche hat eine Grundidee. In der ver¬ 
flossenen Epoche war es der Zellbegriff: in dieser beherrschte 
die Zergliederung der Leiche die Medizin. Heute ist es die 
Durchforschung des lebenden Organismus, die Biologie, die 
im Gegensatz zu der therapeutisch so nihilistischen Zellular¬ 
pathologie eine eminent praktische Bedeutung hat. Der Grund¬ 
gedanke der gegenwärtigen Epoche ist die Spezifität. 

Nach Koch wird jede Infektionskrankheit durch einen be¬ 
stimmten Erreger hervorgerufen; der Erreger kommt eben 
nur bei der betreffenden Krankheit vor. Darauf baute sich 
die Diagnostik der Infektionskrankheiten auf. Behring 
konnte durch Injektion von Bakteriengiften beim Tiere Stoffe 
erzeugen, die nur gegen das eine Gift spezifisch schützten, die 
Antitoxine. Es zeigte sich ferner, daß diese Fähigkeit, spezi¬ 
fische Reaktionsprodukte zu bilden, sich auf alle möglichen 
tier- und pflanzlichen Zellen, ja auch auf gelöste Eiweißsub¬ 
stanzen und nach neuesten Versuchen auch auf Lipoide sich 
erstreckt. Daraus zog die Diagnostik Vorteile. Aus dem Vor¬ 
handensein dieser Stoffe konnte man den Rückschluß machen, 
daß ihr Träger die Krankheit, für die der Stoff spezifisch ist, 
in sich trage, so bei der Syphilis, der Echinokokkose u. a. 

Die Spezifität einer Zelle oder Zellensubstanz besteht 
darin, daß sie zu irgend einer Substanz eine andere chemische 
Avidität hat, als alle übrigen Zellen des betreffenden Organis¬ 
mus; es handelt sich nur darum, diese Substanz zu finden. 
So besitzt das Tetanusgift eine spezifische Affinität zum Zen¬ 
tralnervensystem, wie Vortragender durch Vermischung des 
Giftes mit verschiedenen Organemulsionen und nachherige 
Injektion in die für Tetanus hochempfindlichen Maus zeigen 
konnte. Bedingung für die Wirkung eines Giftes ist die spezi¬ 
fische Verankerung. Corpora non agunt nisi fixata (Ehr- 
1 ich). 

Die Therapie sucht die Fixierung zu verhindern. In der 
Krankheit wächst gewöhnlich die Avidität der Noxe zu den 
Zellen: Ueberempfindlichkeit, deren Vorhandensein wir zu 
diagnostischen Zwecken in der Pirquetreaktion benutzen. Das 
therapeutische Ziel, können wir auf zwei Arten erreichen: 

1. Können wir den ganzen Körper für den Erreger unempfind- 
machen; wir können ferner auch nur die Eingangspforte des 
Erregers gegen ihn abstumpfen, so den Darm gegen Botulismus¬ 
gift, wie auf der Abteilung des Vortragenden an Mäusen ge¬ 
schehen. die subkutan ihre alte Empfindlichkeit behielten, 
während sie vom Darm aus gegen die mehrfach tötlichen 
Dosen geschützt waren. Auf diesem Weg will Vortragender 
jetzt Staphylokokken, Kolientzündungen, Impetigo contagiosa 
angreifen, ein Verfahren, das sich einigen Aerzten bereits be¬ 
währt hat. Der zweite Weg der spezifischen Heilung setzt an 
der Noxe an. Wir können sie durch Abtöten (Baktericidie) 
oder durch Paralysieren ihrer Gifte (Antitoxine) unschädlich 
machen. Bedingung ist eben nur die spezifische Avidität des 
Heilmittels zu der Noxe, die größer sein muß wie zum Orga¬ 
nismus: das Mittel muß mehr parasitotrop wie organotrop sein. 

Während wir bisher solche Mittel fast nur als Heilserum 
durch den Tierkörper produzieren lassen konnten — die ein¬ 
zigen Ausnahmen waren wohl das malariaparasitenavide 
Chinin und das Hg bei Lues — ist, es neuerdings Ehrlich 
in Form der von ihm inaugurierten Chemotherapie gelungen, 
spezifische Heilmittel in vitro herzustellen. Das imponierende 
Kind dieser Bestrebungen ist das 606. Diese Chemotherapie 
erlaubt uns die wirksamen Arzneibestandteile — so beim 606 
das Arsenradikal — durch Kombination mit bestimmten Mitteln 
beliebig in ein Organ oder auf einen Parasiten zu steuern wie 
einen Wagen auf Gleisen. Tn der Tat konnten wir schon Seren 
hersteilen, die einzig das Nieren- oder Lebergewebe je nach 
unserem Willen beeinflußten (zytotoxische Sera). Diese Spezi¬ 
fität spielt auch bei physiologischen Vorgängen eine wichtige 
Rolle. So hat das Spermatozoon eine Avidität zu den Lecithin¬ 
körpern des Eies. Dementsprechend konnte Vortragender 
mit lecithinausflockendem syphilitischen Serum die Furchung 
des Seeigeleies auslösen. Die Spezifitätsreaktionen sind nicht 
vollkommen streng, sondern schließen Verwandtes zusammen. 
So tritt die Wassermann sehe Reaktion nicht nur streng 
spezifisch bei Lues auf, sondern ähnliche Reaktionen treten 
bei Frambösie. Rekurrens, Malaria auf. Daraus folgt, daß 
diese Krankheiten eine gewisse Beziehung zur Lues haben. 
Und in der Tat hat sich gezeigt, daß diese durch die Wasser- 
niannsehe Reaktion als zusammengehörig gekennzeichneten 
Krankheiten auch therapeutisch einheitlich sind. Sie alle sind 


durch 606 aufs erfolgreichste beeinflußt worden. Und da die 
ganzen spezifischen Reaktionen nur immer bis zu einem ge¬ 
wissen Grade die Krankheitsgruppe anzeigen, werden wir auch 
nie das mechanisch arbeitende Laboratorium an Stelle des 
klinisch denkenden Arztes treten sehen. 

Herr G. Michaelis (Berlin): Die Lehre von den Opsoninen 
in ihrer Bedeutuug fiir die Praxis. 

Vortr. bespricht die Bedeutung der phagocytosebefördern- 
den Stoffe (Opsonine) im normalen Seruni für die natürliche 
Immunität des menschlichen Organismus. 

Die Wrightsche Vaccinetherapie, welche mit abgetöte¬ 
ten Bakterienemulsionen arbeitet, ist eine aktive Immuni¬ 
sierung; dieselbe bezweckt die subnormalen Abwehrstoffe des 
Serums zur Norm oder über dieselbe hinaus zu erhöhen. 

Von Wichtigkeit ist der von ihm eingeführte Begriff der 
negativen Phase, innerhalb welcher keine neuen Injektionen 
gemacht werden dürfen. Große Reaktionen sollen gleichfalls 
vermieden werden, darum arbeitet man mit geringen Vaccine¬ 
mengen. 

Aus den eigenen Erfahrungen, die Vortragender an einem 
ziemlich umfangreichen Material gesammelt hat, schließt er 
folgendermaßen: 

Bei Staphylokokkenerkrankungen, bei gonorrhoischen 
Komplikationen, bei Kolibacillosen ist die Vaccinetherapie 
(aktive Immunisierung) durchaus indiziert. 

Durch ihre alleinige Anwendung wurde in Fällen, die 
gegen alle anderen Behandlungsmethoden refraktär blieben, 
klinische Heilung erzielt. Vortragender fordert dringend, daß 
die Vaccinetherapie in unseren Kliniken erprobt und so ein 
integrierender Teil unserer Heilmethoden wird. 

(Fortsetzung folgt.) 


If[. Therapeutische Notizen. 

Zur Behandlung des Typhus abdominalis. In den Lehr¬ 
büchern werden die. hydrotherapeutischen und die diätetischen 
Maßregeln bei Typhus ausführlich angegeben, während die 
medikamentöse Behandlung sehr kurz wegkommt. Ich kann 
nun auf Grund meiner Erfahrungen folgende Kombination der 
arzneilichen Behandlung sehr empfehlen. 

Kommt man zu dem Typhuskranken schon in den ersten 
Tagen seiner Erkrankung, dann kausale Behandlung mit 
Jodkarbollösung: 

Rp. Acid. carbolic. crystallis. 

Tinct. jodi 

Spiritus vini . . . . ää 0,5 g 
Aqu. mentli. pip. . . . 100,00 „ 

Tinct. cort. aur . 4,00 „ 

Sir. Alth. 20,00 „ 

S. 1 stdl. 1 Eßlöffel (Kindern unter 10 Jahren 1 KaffoelölTell [Rothe.J 

Diese Arznei gibt man (nachts wird sie ausgesetzt) so¬ 
lange fort, bis das Fieber nachläßt oder der Urin schwarzgrün 
(Zeichen beginnender Karbolintoxikation) wird; in letzterem 
Falle ist dann die Weiterbehandlung mit Jod allein bis zur 
Apyrexie am Platze; nämlich: 

Rp. Kal. jodat. . . . 1,0 g 
Aqu. dest. . . . 5,0 „ 

Jod. pur.0.5 „ 

S. 2stdl. 5 Tropfen in einem Weinglas Wasser. ;Will obran lU 

Kommt man aber erst Mitte der zweiten Woche der Er¬ 
krankung zum Typhuskranken, so ist nur noch symptoma¬ 
tische Behandlung möglich und man gibt: 

Lactoplienin . . . 0,5 g 

3—6mal tägh (Jaksch.) 

je nach der Höhe des Fiebers, wodurch dann außer Herab¬ 
setzung des Fiebers und Beruhigung auch die Betäubung des 
Kranken gehoben wird, so daß vor allem dessen Sensorium 
vollständig frei wird und der Kranke sich subjektiv wohl fühlt, 
somit der Eindruck einer schweren Erkrankung genommen isi. 

Dr. S t r ö 11 (München). 

Dr. Thomas I’ertik (Budapest) berichtet (Deutsche med. 
Wochenschr., 1910, No. 36) über die Anwendung des Pantopon 
bei Lungenkranken. Das Pantopon, welches von der 
Firma Hoffmann-la Roche in Basel hergestellt wird, 
besteht, wie schon früher mitgeteilt, aus den gesamten in lös¬ 
liche Form gebrachten Alkaloiden des Opiums. Es erwies 
sich vor allem als ein sehr brauchbares hustenstillen¬ 
des Mittel. Wo die Codein- oder Heroinpulver den Hustenreiz 
kaum milderten, entfalteten die Pantoponpulver eine prompte 
Wirkung. Besonders gegen die Reizzustände bei Kehlkopf- 
tuberkulose, sowie die konkomitierenden Bronchitiden der 
Bronchitiker wurde es angewendet. In folgenden Formen 
wurde es verabreicht: 





658 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 48. 


Rp. Pantopon 

Stibii sulfur. aur. . . ää 0,80 g 

Sacchari lactis .... 7,00 „ 

M. f. p. Divid. in doses aequal. No. 16. 

S. 3 sfcündl. 1 Pulver. 

und 

Rp. Mixtur, olooso-gummos. . . . 100,00 g 

Pantopon. 0,05 „ 

Sirup, emuls. . 20,00 „ 

MD.S. 2 stündl. 1 Eßlöffel. 

Auch bei Hämoptoe waren die Erfolge gute, denen des 
Morphins gleichwertige. Hier wurde das Pantopon in sub¬ 
kutaner Injektion angewendet, wobei entweder die von der 
Fabrik in den Handel gebrachten sterilisierten Lösungen be¬ 
nutzt wurden oder die folgende Lösung: 


Rp. Pantopon ..2,00 g 

Aq. qestill. 78,00 „ 

Spirit, vini optimi.5,00 „ 

Glycerin, pur. neutr. . . . 15.00 „ 


von welcher eine Pravazspritze injiziert wurde. Empfindlichen 
Kranken kann das Pantopon in Klysmen oder Suppositorien 
verordnet werden. Gut wirkte das Mittel auch bei der im 
Laufe der Lungentuberkulose auftretenden Dyspnoe, ferner be¬ 
währte es sich bei Gelegenheit als schmerzstillendes und anti- 
diarrhoisches Mittel. 

Ueber die Verwendung der Amidoazotoluolsalbe in der 
Wundbehandlung berichtet (Deutsche med. Wochenschrift, 
1910, No. 36) Dr. Willy Katz auf Grund der Erfahrungen in der 
chirurgischen Abteilung des Augusta Victoria-Krankenhauses 
in Schöneberg. Das Scharlachrot wird bekanntlich schon seit 
einigen Jahren als epithelbildungbeförderndes Mittel in der 
Wundbehandlung verwendet; jedoch ist seine Farbe, welche 
die Verbandstoffe und Bettwäsche in unerwünschter Weise 
färbt, ein Uebelstand. Dieser Nachteil wird bei Verwendung 
des Amidoazotoluol vermieden, von welchem sich her¬ 
ausgestellt hat. daß es das wirksame Agens in Scharlachrot ist. 
Es ist ein bräunliches, in Wasser unlösliches, in Alkohol, 
Aether und fetten Oelen leicht lösliches Pulver. Was die 
Wirkung des Amidoazotoluol auf granulierende Wunden an¬ 
langt, so scheint es in der Promptheit der Wirkung dem 
Scharlachrot noch überlegen zu sein. Das Amidoazotoluol 
wurde in Form einer 8proz. Salbe verwendet: und zwar 
bei Wunden nach Inzisionen, Panaritien, Phlegmonen, 
Abscessen, Bubonen ferner bei Laparotomie- und Amputa¬ 
tionswunden, die nicht per primam heilten, bei varicösen und 
luetischen Unterschenkelseschwüren, Verbrennungen etc.' Vor¬ 
aussetzung für eine gute Wirkung der Salbe ist, daß die Granu¬ 
lationen vollkommen gereinigt sind, was in gleicher Weise 
auch für die Scharlachsalbe gilt. Von Bedeutung ist ferner, 
wie oft man den Verband wechselt; man tut in dieser Beziehung 
gut. je nach der Größe der Wunde und der Wirkung der 
Salbe zu wechseln. Bei kleinen Wunden, bis zu etwa Fünf¬ 
markstückgröße. kann man das kleine Salbenstück ohne jede 
nachteilige Wirkung 2—3 Tage liegen lassen. Häufig ist dann 
die Vernarbung schon so weit fortgeschritten, daß eine weitere 
Salbenbehandlung sich erübrigt. Bei größeren Wunden muß 
man häufiger wechseln. Es wird dann täglich verbunden, und 
zwar abwechselnd mit Amidoazotoluolsalbe und mit einer in¬ 
differenten Salbe (Borsalbe etc.). Mitunter darf man die 
Amidoazotoluolsalbe sogar nur einen Tag liegen lassen. Die 
Wirkung ist dann so stark, daß die Granulationen übermäßig 
wuchern. Man muß in diesen Fällen die Wunde energisch 
mit dem Höllensteinstift ätzen und dann für 1—2 Tage Bor¬ 
salbe auflagern. Dies Vorgehen ist auch bei ganz großen 
Epitheldefekten, z. B. solchen nach ausgedehnten Ver¬ 
brennungen. rationell. Die Ueberhäutung der Wunden geht 
-unter der Amidoazotoluolbehandlung schneller vor sich, als 
bei den anderen granulationsanregenden Mitteln. Bei Wunden, 
die eine mehr oder weniger große Höhle darstellen, darf man 
nicht zu früh mit der Salbenbehandlung beginnen, man muß 
solange warten, bis die Granulationen annähernd das Niveau 
der Haut erreicht haben. Was die Bereitung der Salbe an¬ 
langt, so empfiehlt Verfasser, das Amidoazotoluol in Olivenöl 
zu lösen und so viel Vaselinum americanum hinzu zu geben, 
daß eine 8 proz. Salbe resultiert. Die so hergestellte Salbe ist 
absolut reizlos. Die Giftwirkung durch Resorption wurde nie¬ 
mals beobachtet. R. L. 


IV. Bücherschan. 

Traite chirurgical d’Urologie. Par Felix Lcgueu, Professeur 
agrege ä la Faculte de Medicine de Paris. Mit 708, darunter 
45 kolorierten Abbildungen. 1382 Seiten. 

Auf das klassische Werk. mit dem.iyor kurzem 
Albarran die medizinische Welt beschenkt hat, ist rasch 
ein zweites gefolgt, welches, aus derselben Schule hervor¬ 
gegangen, nicht minder unsere Aufmerksamkeit beansprucht. 
Dieses Werk faßt in großzügigem Maße die gesamte chirurgische 


Urologie zusammen. Verfasser .ist in der Anordnung seines 
Stoffes in ganz origineller Weise vorgegangen, indem er nicht 
die einzelnen Organe des Urogenitalsystems einzeln behandelte, 
ihre einzelnen Leiden und deren chirurgische Therapie 
schilderte, sondern darzustellen suchte, wie die einzelnen 
Krankheitsprozesse, welche das Urogenitalsystem befallen 
(Tuberkulose, Stein, infektiöse, eitrige Prozesse), auf die ver¬ 
schiedenen das Urogenitalsystem zusammensetzenden Teile ein¬ 
wirken. Daß er mit dieser Disposition nicht alles in den Kreis 
seiner Betrachtung einbeziehen konnte, dessen war sich Ver¬ 
fasser wohl bewußt. Um daher vollständig zu bleiben, mußte 
er einzelne Erkrankungen, welche für gewisse Organe charak¬ 
teristisch sind, besonders beschreiben, wie z. B. die Blasen- 
ektopie, die Bildungsfehler am Penis u. a. m. — Der Schilderung 
dieses in neun Hauptabschnitten gegliederten Teiles geht vor¬ 
aus eine erschöpfende Darstellung der klinischen und techni¬ 
schen Exploration und Diagnostik, eine Uebersicht der 
allgemeinen chirurgischen Therapie der Urogenitalorgane, 
sowie eine Zusammenstellung seiner wichtigsten Krankheits¬ 
bilder. — Im einzelnen auf die Unsumme von Tatsachen, 
welche sich in diesem Riesenwerke zusammeiigestellt finden, 
einzugehen, verbietet leider der Raum. Nicht unerwähnt darf 
bleiben, daß Verfasser mit großer Sorgfalt nicht allein die 
französische, sondern auch die Literatur der anderen Nationen, 
insbesondere auch diejenige Deutschlands, in seiner Darstellung 
verwertet hat. — Die Darstellung ist in der Regel knapp 
und präzise, häufig gleicht sie einem objektiven Sammel¬ 
referate, so daß das Werk auch für diejenigen Autoren, welche 
sich über die Literatur bestimmter Themata informieren 
wollen, als wichtiges Quellenwerk von Bedeutung sein dürfte. 
— Deshalb bildet das Legueusche Werk eine willkommene 
Ergänzung zu demjenigen seines Kollegen Albarran, in 
welchem die eigenen Erfahrungen A.’s in erster Linie berück¬ 
sichtigt worden sind. Hauptsächlich wird das L e g u e u sehe 
Buch die Spezialurologen, besonders diejenigen, welche sich mit 
der operativen Urologie beschäftigen, interessieren. Aber auch 
für jeden allgemeinen Chirurgen dürfte sein Studium von hohem 
Nutzen sein. Wir können deshalb das vortreffliche Werk, 
welches von der Begabung und dem Fleiße seines Autors ein 
beredtes Zeugnis ablegt, auch den deutschen Kollegen aufs 
wärmste empfehlen. L. 

Die Psychoneurosen und ihre seelische Behandlung. Von Prof. 
Paul Dubois. Uebersetzt von Dr. R in g i e r. 2. Auflage. 
Bern 1910, A. Franke. 484 S. 

Der Umstand, daß das Werk bereits nach relativ kurzer 
Zeit zum zweiten Male aufgelegt werden mußte, zeugt unstreitig 
dafür, daß Verfasser es verstanden hat, für seine Ideen in 
weiteren Kreisen lebhaftes Interesse wachzurufen. Verfasser 
legt in der Therapie der Psychoneurosen den Hauptnachdruck 
auf die seelische Erziehung des Kranken. Durch Aufklärung 
über das Wesen seines Leidens und Belehrung über den , Wert 
der Selbstbeherrschung für die Linderung resp. die Beseitigung 
der subjektiven Beschwerden, durch logische Ueberredung 
(Persuasion) heilt D. seine neurasthenischen Kranken und be¬ 
dient sich somit einer Methode, die auf den ersten Blick das¬ 
selbe zu sein scheint wie die Suggestion, tatsächlich aber, wie 
Verfasser überzeugend nachweist, gänzlich verschieden voh 
ihr ist- Die Wirksamkeit dieser Behandlungsmethode wird 
durch Besprechung einer großen Anzahl von Fällen der ver¬ 
schiedensten Formen von Psychoneurosen in lehrreich^ 
Weise demonstriert. Selbstverständlich beschränkt sich Ver¬ 
fasser nicht auf die Beeinflussung der Psychose allein, viel¬ 
mehr sucht er durch diätetische Maßnahmen die Wirichtig 
seiner Methode zu erhöhen. Auch die zweite Auflage des 
Werkes wird nicht zum mindesten vermöge der anziehenden 
Form, in welcher die Schilderung der Methode sowohl wie der 
einzelnen Krankheitsbilder abgefaßt ist, voraussichtlich schnell 
vergriffen sein. 

Bakteriologisch-chemisches Prakticum. Die wichtigsten bak¬ 
teriologischen. klinisch-chemischen und nahrungsmittel- 
chemischen Untersuchungsmethoden für Anothekerl Chemi¬ 
ker, Aerzte und Studierende. Von Dr. .Toll. Preschcr (Clevel 
und Victor Rahs (Röthenbach b. Lauft. Zweite völlig um¬ 
gearbeitete und erweiterte Auflage. Würzburg 1910, Curt 
Kabitzsch (A. Stübers Verlag). 

In dem vorliegenden Prakticum geben die Verfasser eine 
Uebersicht über die wichtigsten Methoden der bakteriologisch¬ 
chemischen Untersuchung. Es existiert bekanntlich gerade 
auf diesem Gebiete der zeitgenössischen Literatur eine große 
Menge sowohl sehr ausführlicher Lehrbücher, als auch kurz 
gefaßter Kompendien. Zwischen ihnen hält das vorliegende 
Prakticum etwa die Mitte. Auf der einen Seite sich fernhaltend 
von weitschweifigen kritischen Bemerkungen, andererseits aber 
auch die durch allzu kurze Darstellung sich ergebende Unklar- 
heit vermeidend, enthalten die Ausführungen in der klaren 
Schilderung der einzelnen Untersuchungsmethoden eine zuver¬ 
lässige Hilfe für den Arzt, welcher nicht in der Lage ist. das 







No. 43. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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Untersüchungsmaterial diagnostischen Instituten zur Unter-, 
suchung anvertrauen zu können. Was den speziellen Inhalt 
anlangt, so werden in dem ersten Kapitel die wichtigsten Tat¬ 
sachen der bakteriologischen Technik, im Anschluß hieran die 
Untersuchung des Trippereiters, Auswurfs, Rachensekretes, der 
Spirochaete pallida, der Exsudate, Transsudate und der Cere¬ 
brospinalflüssigkeit besprochen. Es schließt sich hieran die 
Besprechung der wichtigsten Untersuchungsmethoden des 
Wassers, Blutes, des Magen- und Darminhaltes, sowie des 
Harns. Im Anschluß hieran werden die wichtigsten Tatsachen 
der Nahrungsmittelchemie in relativ ausführlicher Darstellung 
vorgeführt. Das Prakticum dient, worauf sein Titel hindeutet, 
ausschließlich den Bedürfnissen der Praxis, und diesen Zweck 
haben die Verfasser in überaus glücklicher Weise in ihrem 
Werk erreicht. Wir können es deshalb den Kollegen aufs 
wärmste zur Anschaffung empfehlen. H. L. 

Ernährung und Nahrungsmittel, Von Oberstabsarzt Prof. 

H. Bisehoff in Berlin. Leipzig 1910, G. J. Göschensche 

Verlagsbuchhandlung. 118 S. 

Verfasser gibt in diesem Kompendium eine kurzgehaltene 
Darstellung von den physiologischen Bedingungen, unter denen 
die Assimilation und Ausnutzung der verschiedenen Nahrungs¬ 
mittel erfolgt. Diese Darstellung der allgemeinen Ernährungs¬ 
physiologie bildet den ersten kleinen Abschnitt des Buches. 
In dem zweiten wird eine Darstellung der wichtigsten animali¬ 
schen und vegetabilischen Nahrungsmittel sowie der Gewürze 
gegeben. Jedoch beschränkt sich Verfasser nicht hierauf allein, 
sondern schildert auch den Nachteil, der mit dem Genuß ein¬ 
zelner Nährstoffe gelegentlich verbunden ist, in kurzer und 
klarer Weise. So wird bei der Milch auf die Gefahren von Zer¬ 
setzung und Fälschung, sowie auf die in ihr enthaltenen Bak¬ 
terien hingewiesen, die Bedeutung der verschiedenen im 
Fleische enthaltenen Parasiten als Krankheitserreger disku¬ 
tiert u. a. m. Trotz der knappen Darstellungsweise ist das 
Büchlein anregend geschrieben und enthält viel mehr beson¬ 
ders für den Praktiker wichtige Einzelheiten, als der geringe 
Umfang erwarten läßt. Zur schnellen Orientierung für den 
Praktiker ist es in hohem Maße geeignet und daher aufs 
wärmste zu empfehlen. —n. 


V. Tagesgeschichte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Bocholt. Eine Gerichtsentscheidung im Bochol¬ 
ter Krankenkassenkonflikt ist soeben ergangen. Die früheren 
Kassenärzte, denen seinerzeit von einer Reihe von Kranken¬ 
kassen nicht direkt, sondern en bloc (d. h. durch Mitteilung 
an den Aerzteverein) gekündigt worden war, hatten die Rechts¬ 
gültigkeit der Kündigung auf dem Klagewege angefochten, weil 
sie an den Aerzteverein, nicht aber an die einzelnen Aerzte, 
die eigentlichen Vertragschließenden, ergangen sei. Nachdem 
zuerst das Landgericht zu Münster die Kündigung dennoch 
für gültig erklärt hatte, hat jetzt das Oberlandesgericht 
zu Hamm das Gegenteil entschieden. Demnach hätten bei den 
beiden Ortskrankenkassen und zwei Betriebskrankenkassen, 
die mehr als die Hälfte aller Versicherten in Bocholt umfassen, 
die früheren Aerzte noch von dem 1. Januar 1910 an als Kassen¬ 
ärzte zu gelten und Anspruch auf Honorar. 

Wien. Wie wenig Verständnis in den unteren Schichten 
des Volkes für die Anforderungen der öffentlichen Gesund¬ 
heitspflege herrscht und wie sehr dadurch gewissenhaften 
Aerzten die pflichtmäßige Ausübung ihres Berufs erschwert 
werden kann, beweist folgender unglaubliche Fall von 
Boykottierung eines Arztes, der in Oesterreich gerechtes 
Aufsehen erregt hat: Der Gemeindearzt Dr. Franz von 
R i e d a u hatte in gewissenhafter Erfüllung seiner Pflicht 
an die zuständige Bezirkshauptmannschaft die Anzeige von 
einem Typhusfall erstattet, dessen Vorhandensein- 
auch noch durch die Erhebungen des Bezirksarztes festgestellt 
wurde. Einer Anzahl von Gemeindeinsassen war die Anzeige 
unangenehm, weil eine Einquartierung, von der sich die 
Riedauer materielle Erfolge versprachen, abgesagt wurde. 
Riedauer Lebensmittelhändler verweigerten daraufhin dem 
pflichttreuen Arzte die Ausfolguhg von Lebensmitteln. Aber 
noch mehr, mehrere Gemeindeaugehörige entblödeten sich 
nicht, bei der Gemeindevorstehung auf Kündigung des 
Arztes hinzuwirken, und die Gemeindevertretung 
kündigte dem Arztetatsächlich. So soll ein pflicht¬ 
getreuer Arzt, welcher der Verbreitung einer ansteckenden 
Krankheit vorbeugt und sich streng an die Vorschriften hält, 
deren Nichtbefolgung ihn strafbar machen würde, für seine 
Pflichterfüllung von den Bauern bestraft werden. Die Ge- 
meindearztesstelle in R i e d a u ist vom Reichsver¬ 
band österreichischer Aerzteorganisationen gesperrt worden. 


Universitätswesen, Personalnachrichten. 

B e r 1 i n. Anläßlich der in der vorigen Woche mit großer 
Feierlichkeit abgehaltenen Zentenarfeier der Universität hat 
die medizinische Fakultät folgende Herren zu Ehrendoktoren 
ernannt: den Professor der Philosophie an der Universität 
Berlin Dr. Karl Stumpf, der sich als Psychologe 
um die Erforschung der Sinnesphysiologie Verdienste 
erworben hat, den ordentlichen Professor der Juris¬ 
prudenz Dr. Wilhelm Kahl, der mehrfach medi¬ 
zinische Rechtsfragen behandelt hat, den Professor der 
klassischen Philologie Dr. H. H eiberg in Kopenhagen, 
der sich als Editor antiker medizinischer Schriftsteller hervor¬ 
getan hat, ferner den Professor der Botanik Hugo de Vries 
in Amsterdam, die Professoren der Chemie Dr. Eduard 
Büchner (Breslau) und Th. Richards in Boston, den 
früheren preußischen Finanzminister, jetzigen Oberpräsiden¬ 
ten der Rheinprovinz Frhr. von Rheinbaben, den Vize- 
Oberzeremonienmeister v. d. Knesebeck, den Präsidenten 
des Reichsversicherungsamtes Kauffmann. Lassen sich 
bei den bisher Genannten vermöge ihres wissenschaftlichen 
oder praktischenWirkens gewisse Beziehungen zu den medizini¬ 
schen Wissenschaften noch verhältnismäßig leicht konstruieren, 
so bedarf es bei vier weiteren Persönlichkeiten, die ebenfalls 
des medizinischen Ehrendoktorats teilhaftig geworden sind, 
schon etwas schärferen Nachdenkens, um sich ihre Verdienste 
um die Medizin klar zu machen. Es sind dies der 
weltberühmte Mathematiker Henri Poincare in Paris, 
Sohn eines Professors der Medizin an der Fakultät zu Nancy, 
gegenwärtig Professor der theoretischen Astronomie an der 
Sorbonne, der Dichter Wilhelm R a a b e , der Maler Hans 
T h o m a und der Komponist MaxReger. — Seitens der philo¬ 
sophischen Fakultät zu Ehrendoktoren kreiert wurden von 
Medizinern der Professor der Psychiatrie Dr. Theodor 
Ziehen zu Berlin und der in den letzten Jahren mit Erfolg 
als philosophischer Schriftsteller hervorgetretene Generalarzt 
Prof. Dr. Kern. 

— Geheimer Medizinalrat Prof. Dr. D. v. Hanse m a n n 
ist zum korrespondierenden Mitglied der italienischen Aka¬ 
demie der Wissenschaften in Turin gewählt worden. 

— Der außerordentliche Professor der Dermatologie Geh. 
Medizinalrat Dr. Besser ist zum ordentlichen Honorar¬ 
professor ernannt worden. 

— Den Privatdozenten Dr. Fritz Frankenhäuser 
(innere Medizin), Dr. Ulrich Friedemann (Hygiene) und 
Dr. Egon Thomasczewski (Dermatologie) ist der Pro¬ 
fessortitel verliehen worden. 

— Anläßlich der glücklichen Vollendung der zehnten ärzt¬ 
lichen Studienreise ist dem derzeitigen Vorstand des Komi¬ 
tees für ärztliche Studienreisen, den Herren 
Generalsekretär Dr. Oliven, Oberstabsarzt a. D. Dr. 
Bassenge und Dr. Kaminer der Professortitel verliehen 
worden. 

Elberfeld. Zum dirigierenden Arzt der Lungenheil¬ 
stätte Ronsdorf bei Elberfeld (der Landesversicherungsanstalt 
Rheinprovinz gehörend) wurde Dr. Grau, bisher Assistent der 
med. Klinik der Akademie zu Düsseldorf, ernannt. 

F r a n k f u r t a. M. Dr. L. S. Marks, ein amerikanischer 
Arzt, der seit mehreren Jahren als Assistent am Institut für 
experimentelle Therapie tätig ist, ist zum wissenschaftlichen 
Mitgliede des Instituts ernannt worden. 

Leipzig. Der Privatdozent der inneren Medizin Dr. 
med. Hans S t e i n e r t ist zum außerordentlichen Professor 
ernannt worden. Er war bisher erster Assistent an der medi¬ 
zinischen Universitätsklinik. 

Jena. Prof. Dr. Stock, seit kurzem Leiter der hiesigen 
Universitätsklinik, hat für seine im 66. Bande des Archivs für 
Ophthalmologie erschienene Arbeit über „Tuberkulose als 
Aetiologie der chronischen Erkrankungen des Auges“ den 
v. Welz sehen Graefe-Preis erhallen. 

Karlsruhe. Prof. Dr. G i e r k e , der noch dem Lehr¬ 
körper der Universität Freiburg i. Br. angehört, aber hierher 
als Vorsteher des mit dem städtischen Krankenhause ver¬ 
bundenen pathologisch-bakteriologischen Instituts übergesiedelt 
ist, setzt seine Lehrtätigkeit an der hiesigen Technischen Hoch¬ 
schule fort, indem er Vorlesungen und praktische Kurse über 
Bakteriologie gibt. 

Straßburg. In der vorigen Woche starb hierselbst der 
ordentliche Professor der Hygiene Dr. Joseph Förster. 
1844 geboren, studierte er in Leipzig und München bis 1868 
Medizin. Ein Schüler von Pettenkofer und Voit, habili¬ 
tierte er sich 1874 in München für Hygiene und erhielt 1877 
die Professur dieses Faches an der dortigen Tierärztlichen 
Hochschule. 1878 wurde er als Professor der Hygiene nach 
Amsterdam berufen, von wo er 1896 nach Straßburg kam, um 
hier die Direktion des damals neu geschaffenen hygienisch¬ 
bakteriologischen Universitäts-Instituts zu übernehmen. 
Förster hat eine reiche Forschertätigkeit entwickelt, die sich 
vorwiegend auf dem Gebiete der Ernährungshygiene bewegte. 
Auch die Bakteriologie hat er mehrfach durch neue Erkennt- 





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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 43. 


nisse bereichert; so wies er nach, daß eine Reihe von Mikroben 
noch bei 0° nicht nur lebensfähig bleiben, sondern sich sogar 
entwickeln und Zersetzungen hervorbringen können, ferner 
zeigte er, daß die als „Meeresleuchten“ bekannten Phosphores¬ 
zenzerscheinungen anf der Lebenstätigkeit bestimmter Mikro¬ 
organismen beruhen. Förster gab mit mehreren seiner 
engeren Fachkollegen das „Archiv für Hygiene“ heraus; sein 
Wirken trug ihm an äußeren Anerkennungen die Mitgliedschaft 
mehrerer Akademien, die Würde eines Doctor of Laws der 
Universität Edinburgh und einen Sitz im deutschen Reichs¬ 
gesundheitsrat ein. 

Kraka u. Dr. Thaddäus Kozniewski hat sich in 
der medizinischen Fakultät für Pharmakognosie habilitiert. 

Lemberg. Der ordentliche Professor der pathologischen 
Anatomie Dr. Andreas 0 b r z u t ist im Alter von 55 Jahren 
gestorben. 

Budapest. Der bisherige Titularprofessor Dr. 0 n o d i 
ist zum etatsmäßigen Extraordinarius für Laryngologie ernannt 
worden. 

— Dem Universitätsprofessor Dr. Belä Angyan wurde 
in Anerkennung seiner auf dem Gebiete des Sanitätswesens 
erworbenen Verdienste der erbliche Adel verliehen. 

Koloszvär (Klausenburg). Die Aerztin Frl. Dr. Irene 
Markbreiter, die seit mehreren Jahren an der hiesigen 
Universitätsklinik als Assistentin tätig ist, hat sich auf Veran¬ 
lassung der medizinischen Fakultät als Privatdozentin habili¬ 
tiert und ist damit der erste weibliche Universitätsdozent in 
Ungarn geworden. 


Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Berlin. Das Internationale Komitee für das ärztliche 
FortbildungsWesens hielt im Kaiserin Friedrich-Hause unter 
dem Vorsitz des Geh. Med.-Rat Prof. Dr. W a 1 d e y e r am 
Sonntag, den 9. Oktober eine Sitzung ab, in der außer Deutsch¬ 
land zehn Staaten durch besondere Delegierte vertreten waren. 
Es waren u. a. erschienen für England der Präsident des | 
ärztlichen Unterrichtswesens Sir Donald Mac-Al ister 
(London); für Frankreich Prof. Dr. Courmont (Lyon) 
und Dr. Blond el (Paris); für die Niederlande Prof. 
Dr. Wenc.kebach (Groningen); für Norwegen Prof. 
Dr. Johannessen (Christiania); für Schweden Med.- 
Rat Dr. Wawrinsky (Stockholm); für Ungarn Ministe¬ 
rialrat Dr. von T o t h und Hofrat Prof. Dr. von Grosz 
(Budapest). Aus dem preußischen Unterrichtsministerium 
war Geh. Ober-Reg.-llat Tilmann anwesend. Die rege Be¬ 
teiligung des Auslandes zeigt, ein wie lebhaftes Interesse auch 
dort für die einschlägigen Fragen des ärztlichen Bildungs- uiid 
Fortbildungswesens besteht, die in der Sitzung des Internatio¬ 
nalen Komitees zur Erörterung gelangten. Nach einleitenden 
Begrüßungsworten des Vorsitzenden erstattete der General¬ 
sekretär des Komitees Prof. Dr. R. K u t n e r einen Bericht 
über die bisherigen Arbeiten und die nächsten Aufgaben der 
Vereinigung. Es folgte die Beratung einer umfassenden 
Sammelforschung betreffend den akademischen Unter¬ 
richt, die gesetzlichen Bestimmungen für die Examina, das 
ärztliche Fortbildungswesen und das Lehrmittelwesen in den 
einzelnen Kulturländern, und zwar mit Hilfe eines im Entwurf 
vorliegenden Fragebogens, der die Billigung der Versamm¬ 
lung fand. Nach Abschluß der Sammelforschung und auf 
Grundlage des hierdurch gewonnenen Materials, das von den 
Mitgliedern des Internationalen Komitees in den einzelnen 
Ländern bearbeitet wird, dürfte es zum ersten Male möglich 
sein, ein wirklich lückenloses Bild von dem medizinischen 
Unterrichts wesen in allen Staaten zu gewinnen; hieraus 
wiederum dürften sich wichtige Folgerungen für etwaige 
Reformen ergeben. Weiterhin w r urde die Organisation einer 
internationalen Auskunftei des ärztlichen Unter¬ 
richts- und Fortbildungswesens, in Angliederung an die schon 
im Kaiserin Friedrich-Hause bestehende deutsche ärztliche I 
Auskunftei beschlossen; die Aufgabe der neuen Einrichtung 
ist, jedem hiesigen und fremden Arzt über alle Angelegenheiten 
des ärztlichen Unterrichtswesens, über Kurse, die Möglichkeit 
zur weiteren Ausbildung usw. in allen Ländern jederzeit un¬ 
entgeltlich sachgemäß Auskunft erteilen zu können. Es ge¬ 
langten schließlich einige mehr fachwissenschaftliche Anträge 
der französischen, ungarischen und amerikanischen Delegier¬ 
ten zur Erörterung. — Am Abend fand zu Ehren der fremden 
Delegierten eine festliche Veranstaltung statt. 

— Der 32. Balneologenkongreß wird Anfang März 
1911 unter dem Vorsitz von Geh. Med.-Rat Professor Dr. 
Brieger in Berlin tagen. Anmeldungen von Vorträgen und 
Anträgen sind zu richten an den Generalsekretär der Baineolo¬ 
gischen Gesellschaft, Geh. San.-Rat Dr. Brock, Berlin, 
Thömasiusstr. 24. 

Leipzig. Die zehnte ordentliche Hauptversammlung 
des Leipziger Verbandes findet hierseibst am 27. November 
statt. 


Gerichtliches. 

Kassel. Die hiesige Strafkammer verurteilte den Kur¬ 
pfuscher G. wegen Beihilfe zum Verbrechen wider das 
keimende Leben zu 2)4 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ehr¬ 
verlust. 

S t a 11 u p ö n e n. Wir berichteten kürzlich (No. 38, S. 535) 
über einen Prozeß, in welchem Amtsgericht und Landgericht 
einen Arzt, der eine Krankenkasse auf Zahlung von Gebühren 
für Ausfüllung eines Krankenscheins verklagt hatte, mit 
seiner Klage abwiesen. Die „Aerztl. Mitteilungen“ teilen 
jetzt in No. 40 unter Bezugnahme auf jenen Fall einen ganz 
analogen mit, der vor dem Amtsgericht in Stallupönen ver¬ 
handelt wurde und mit einem Siege des klagenden Kollegen 
endete, dem für die Ausfertigung von zwei Krankenscheinen, 
in deren erstem der Eintritt der Erwerbsunfähigkeit des Pat. 
attestiert wurde, während der zweite das Wiedervorhanden¬ 
sein der Arbeitsfähigkeit bescheinigte, das der Gebühren¬ 
ordnung entsprechende Honorar von 2X.2 = 4M. zugebilligt 
wurde. 

Verschiedenes. 

Berlin. Zu der von uns in der vorigen Nummer nach 
der „Pharmac. Ztg.“ gebrachten Mitteilung über das Verbot 
von Methylalkohol bemerken wir — wieder im Anschluß an 
unsere Quelle — berichtigend, daß der betreffende Erlaß nicht 
in Oesterreich (wie irrtümlich in unserer Vorlage zu 
lesen war), sondern in Rußland ergangen ist. 

— Ernst v. Leyden ein Physiker. Zum Glück gibt es noch 
immer Tagesschriftsteller, welche auch in schweren Zeit¬ 
läuften und bei ernsten Gelegenheiten — bisweilen aller¬ 
dings unfreiwillig — dem Humor zu seinem Rechte ver¬ 
helfen. So hat die „Tägl. Rundschau“ in No. 229 
des Zentrumsblattes „Westdeutsche Volkszeitung“ folgende 
Notiz entdeckt und durch ihre Wiedergabe dankenswerterweise 
den „weitesten Kreisen“ zugänglich gemacht: „Berlin, 5. Ok¬ 
tober. Der Wirkliche Geheime Rat Prof. Dr. v. Leyden ist 
heute hier gestorben, (v. Leyden ist besonders durch die 
Erfindung der nach ihm benannten „Leydener Flasche“ in 
weitesten Kreisen bekannt geworden. D. Red.)“ — Schade, 
daß der Verstorbene diese verständnisvolle Würdigung seines 
Wirkens nicht mehr erlebt hat! 

— Der vor kurzem in Dortmund abgehaltene 4. Impfgegner¬ 
kongreß hatte an das Kaiserpaar die. Bitte gerichtet, das 
Protektorat über den Impfgegnerverband übernehmen zu 
wollen. Von der Kaiserin ist darauf folgendes Antworttele¬ 
gramm eingelaufen: „Ihre Majestät die Kaiserin und Königin 
danken für das in dem Telegramm ausgesprochene Vertrauen, 
bedauern jedoch das Protektorat über Ihren Verein nicht über¬ 
nehmen zu können. Graf Carmer.“ Eine immerhin noch 
sehr gnädige Abfertigung! 

Cö 1 n. An der Akademie für praktische Medi¬ 
zin findet vom 21.—26. November ein Kursus über Unfallheil¬ 
kunde statt. Die Vorträge, welche in dieser Woche gehalten 
werden, beziehen sich ausschließlich auf die durch Unfälle her¬ 
vorgerufenen Erkrankungen und Verletzungen, die Begut¬ 
achtung derselben, sowie auf allgemeine wichtige Bestimmun¬ 
gen der Unfall- und Invalidenversicherung. 

Paris, in der ersten Sitzung des in der vorigen Woche 
hier abgehaltenen medizinischen Kongresses teilte 
Dr. Doyen mit, er habe ein unfehlbares Heilmittel gegen 
die Tuberkulose gefunden, nämlich ein Gemisch von Tuber¬ 
kulin, einem Arsen-Präparat, Hefe und Kolloid-Substanz. Die 
Mitteilung wurde mit eisigem Schweigen aufgenommen. 
Nach ihm berichtete Dr. Alexander Marin orek über 
den gegenwärtigen Stand seiner Serum-Behandlung 
der Tuberkulose, über die sich in der sich anschließen¬ 
den Diskussion mehrere Redner günstig aussprachen. 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

Personalia. 

Bayern. 

Gestorben: Med-.Rat Prof. Dr. M. H o f m a n n, Land.- 
gerichtsarzt a. D. in München; Dr. Forstner in Holzheim. 
Sachsen-Meiningen. 

Niedergelassen: Hofrat Dr. Stifter in Bad Lieben¬ 
stein, Dr. Gehr m a n n in Saatfeld, Dr. Hofmann in 
Steinach. 

Verzogen: Dr. Lübbers von Steinach nach Leipzig, De. 
Christoffers von Saatfeld nach Stade. 

Schwarzburg-Rudolstadt. 

Verzogen: Dr. Neudörfer von Neuhaus a. R. 

Bremen. 

Niedergelas.s e.n: Dr. H. C. L e y aus Saarbrücken in 
| Bremen. 


Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedriehstrasse 131 B., für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin 
Verlag von Gsca - Coblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Oarl Marschnor. Berlin SW., Alexanirinenstrasse 110. 






THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Verlag von Oscar Coblentz in Berlin W. 30 


Mitte Oktober 1910 erscheint 


Die Behandlung der Syphilis 

mit 

Dioxydiamidoarsenohenzol 


Sanitätsrat Dr. Wilhelm Wechselmann 

Dirigierender Arzt der dermatologischen Abteilung im Rudolf Virchow-Krankenhaus zu Berlin 

Mit einem Vorwort von 

Professor Dr. Paul Ehrlich 

Geh. Ober-Medlzinal-Rat zu Frankfurt a. M. 


Mit 16 Tafeln in Vierfarbendruck 


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Verlag von OSCAR COBLEHTZ in Berlin W. 30 


Soeben erschien 


1911 

Herausgegeben von der 

Redaction der Allgemeinen Medicinischen CentraHeitnng (Dr. H. Lohnstein u. Dr. Th. Lohnstein) 

I. Teil: Taschenbuch in Kunstleder gebunden. 

II. Teil: Kalendarium (4 Quartalshefte, pro Tag 7i Seite), geheftet zum Einhängen. 

Inhalt des I. Teiles: 

X. UeberdieSerodiagnostik und diesog. „biologischeTherapie“ 
der Syphilis und über die bisherigen Erfahrungen mit dem 
Ehrlich-Hata’schen Mittel 606. Von Dr. Fritz Munk, 
Charlottenburg-Berlin. 

XI. Abriss der Symptomatologie und Therapie der am häufig¬ 
sten vorkommenden acuten Vergiftungen. 

XII. Medicinischo Tabellen und sonstige fiir den Arzt wichtige 
Zahlenangaben. 

XIII. Untersuchung des Harns. i 

XIV. Einiges aus der Technik der Blutuntersuchung. 

XV. Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebühren¬ 
ordnung für approbirte Aerzte und Zahnärzte. 

XVI. Gesetz betr. die Gebühren der Medicinalbeamten. 

XVII. Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

XVIII. Bäder und Kurorte. 

XIX. Post-Tarif. 'M 

XX. Tafeln zur Sehprüfung. • . ■ 

XXI. Notizblätter für Adressen. 1 

Mark. ===== 


Kalendertafel 1911. 


I. Verzeichnis der gegenwärtig gebräuchlichen älteren und 
neueren Arzneimittel. 

II. Die Maximaldosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

III. Uebersicht der wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung kommenden Mittel. 

IV. Zu vermeidende Arzneimisckungen. 

V. Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 

VI. Medicinische Bäder. 

VII. Auszug aus der deutschen Arzneitaxe 1910. 

Preise für Stoffmengen, Arbeiten und Gefässe. 

1. Für Arzneistoffe. 2. Für Arbeiten. 3. Für Gefässe. 

VIII. Anweisung zur sparsamen Arzneiverordnung mit Rück¬ 
sicht auf die Krankenkassenpraxis. 

IX. Uebersicht der wichtigsten Nährpräparate. 

===== Der Preis beträgt wiederum nur 2. 







No. 43. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Statt Eisen! 


Statt Leberthran! 


Haematogen Hommel 

(alkohol- und aetherfrei) 

Frei von Borsäure. Salicylsäure oder irgendwelchen sonstigen antibakteriellen Zusätzen, enthält ausser dem völlig reinen Hsemoglobin 

noch sämtliche Salze des frischen Blutes, insbesondere auch die wichtigen Phosphorsalze (Natrium, Kalium und Lecithin), sowie die nicht 
minder bedeutenden Eiweisstoffe des Serums in konzentrierter, gereinigter und unzersetzter Form. Als blutbildendes, organeisenhaltiges, 
diätetisches Kräftigungsmittel für Kinder und Erwachsene bei Schwächezuständen irgendwelcher Art von hohem Werte. 

Besonders unentbehrlich in der Kinderpraxis. 

Kann als diätetisches, die tägliche Nahrung ergänzendes Mittel jahraus, jahrein ohne Unterbrechung genommen werden. Da es 
ein natürliches organisches Produkt ist, treten niemals irgendwelche Störungen auf, inbesondere nicht der bei längerem Gebrauche 

von künstlichen Eisenpräparaten unvermeidliche Orgasmus. 

Grosse Erfolge bei Rhachitis, Scrophulose, Anaemie, Frauenkrankheiten, Neurasthenie, Herzschwäsche, Malaria, frühzeitiger Schwäche 
der Männer. Reconvaleszenz (Pneumonie, Influenza etc. etc.) 

Vorzüglich wirksam bei Lungenerkrankungen als Kräftigungskur. Sehr angenehmer Geschmack. Wird selbst von Kindern ausser- 
ordentlich gern genommen. Stark appetitanregend. 

Hämatogen Hommel gewährleistet 

unbegrenzte Haltbarkeit in vieljährig erprobter 
Tropenfestigkeit und Frostsicherheit, 
absolute Sicherheit vor Tuberkelbazillen 

durch das mehrfach von uns veröffentlichte, bei höchst zulässiger Temperatur zur Anwendung kommende Verfahren. 
IJm Unterschiebung von Nachahmungen zu vermeiden, bitten wir, 

stets Haematogen Hommel zu ordinieren. 

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Kater=Wein ist ein Pepsinwein 

in neuer und angenehm schmeckender Form, der sich bei den 
im Verlaufe eines Magenkatarrhs auftretenden störenden Er¬ 
scheinungen sehr gut bewährt. Er hat infolge seiner sach- 
gemässen Zusammensetzung und Fehlens aller schädlichen Bei¬ 
mengungen eine die Magenverdauung regulierende Wirküng 
und deshalb einen günstigen Einfluss auf Appetitlosigkeit, 
Widerwillen gegen Nahrungsaufnahme, Gefühl von Völle, 
üblen Geschmack etc. Diese Vorzüge und der dem Gaumen 
zusagende Geschmack des Kater-Weins machen ihn auch zu 
eiuem wertvollen Dessertwein. Bei seiuer Herstellung sind 
die modernen Fortschritte auf dem Gebiete der Magenverdauung 
eingehend berücksichtigt worden. 

Heideblut ist ein feurig=süsser 
Kraft=Beerenwein, 

der bei Rekonvaleszenz, Diarrhoe und Darmkatarrh zu empfehlen ist. 
Kater-Wein kostet die 7i Fl. ( 3 / 4 Ltr. Inh.) M. 3,50, die 1 / 2 Fl. 
(% Ltr. Inh.) M.2,00. — Heideblut die Orig -Fl. ( 3 / 4 Ltr. Inh.) M. 1,50. 

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lichen diätetischen Eigenschaften bei allen Verdauungs¬ 
störungen besond. schwache Verdauung etc. — Von über¬ 
raschender Wirkung bei allen Belästigungen, die aus dem 
Genüsse schwer verdaulicher Speisen entstehen. — Bewährt 
bei Frauen zu Beginn und während der Schwangerschaft 
gegen Erbrechen. Uebelsein, Verstopfung. Unentbehrlich für 
Leute mit sitzendem Lebensberufe. Ersatz für natürliche 
Bitterwässer. — Absolut frei von schädlichen Bestand¬ 
teilen, Zusammensetzung auf jeder Flasche angegeben. 
Generalvertrieb durch A. Feldhofen, Bad Neuenahr. — Depot: Berlin, 
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die der Arzt geben muß, bedeuten 
für den Patienten meistens Verzicht 
auf ein lieb gewordenes Genu߬ 
mittel, und werden deshalb oft nicht 
befolgt. Wenn der Arzt in die Lage 
kommt, den Genuß des Kaffees 
untersagen zu müssen, weil dessen 
Coffei'ngehalt vom Patienten nicht 
vertragen wird, so wird er den 
coffeinfreien ,,Kaffee Hag“ emp¬ 
fehlen, der in Geschmack und Aroma 
von dem coffeinhaltigen Kaffee 
nicht zu unterscheiden ist und der 
selbst schwer Herz- und Nerven¬ 
leidenden keine Nachteile bringt, 
da dem „Kaffee Hag“ das Coffein 
bis auf physiologisch unwirksame 
Bestandteile entzogen ist. Der Arzt, 
der dem Patienten den coffeinfreien 
„Kaffee Hag“ empfiehlt, erweist 
demselben eine Wohltat, er reicht 
ihm das beliebte Genußmittel in 
unschädlicher, aber gleich schmack¬ 
hafter Form. 


Jtt 6ÜOWS ■ leidenden keine Nachteile brinj 

(Fellows’ Hypopbospbite-Syrup) I da dem „Kaffee Hag“ das Coffe 

Zusammensetzung: Chinin, Strychnin. Eisen-Calcium. Mangan und physiologisch unwirksar 

Kalium gebunden an unterphosphorige Säure. ■ Bestandteile entzogen ist. Der Ar: 

Ausserordentlich günstige Heilerfolge bei Krankheiten der Lunge ■ der dem Patienten den coffeinfrei 

(Tuberculose) der Atmungsorgane überhaupt sowie bei Anämie und ■ „Kaffee Hag“ empfiehlt, erwe; 

Krankheiten des Nervensystems, besonders Neurasthenie, endlich in ’’ ,, v 5 . 7 

Fällen von Rachitis nnd Scrophulosis bei Kindern. Seit Jahren in demselben eine v\ ohltat, er reic 

den Berliner und Wiener Kliniken gebraucht, besonders von Herren ihm das beliebte Genußmittel 

Professoren Geheimrat Dr. Senator, Dr. v. Krafft-Ebing, Dr. Mendel unschädlicher, aber gleich schmac 

und Dr. Litten. H hafter Form 

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mengungen eine die Magen Verdauung regulierende Wirkung 
und deshalb einen günstigen Einfluss auf Appetitlosigkeit, 
Widerwillen gegen Nahrungsaufnahme, Gefühl von Völle, 
üblen Geschmack etc. Diese Vorzüge und der dem Gaumen 
zusagende Geschmack des Kater-Weins machen ihn auch zu 
einem wertvollen Dessertwein. Bei seiner Herstellung sind 
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nicht zu unterscheiden ist und der 
selbst schwer Herz- und Nerven- 
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da dem „Kaffee Hag“ das Coffein 
bis auf physiologisch unwirksame 
Bestandteile entzogen ist. Der Arzt, 
der dem Patienten den coffeinfreien 
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Redaktion: 

Dp« H. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernspreck-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt VI, No. 3302 


IV. Jahrgang Berlin. 29. Oktober 1910 No. 44 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie silmtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalsschluss abbestellt sind. Inserate 
werden filr die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wijd Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


I nhal tsübersich t. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen, v. Watraszewski: 
Beobachtungen über die Wirkling des Dioxycliamicloarsenobenzol 
bei Syphilisformen. 

Gerber: Heber Lepra. — Koslow: Aether-acetonische 
Kombination der Antiforminmethode. — Lissauer: Ueber das 
Stauungsherz. — Rieb old: Ueber die Anwendung einiger 
neuer bezw. weniger gebräuchlicher Medikamente bei der Be¬ 
handlung der chronischen Herzinsuffizienz. — Veiel: Ueber 
Digipuratuin • Knoll. — Dünger: Eine einfache Methode der 
Zählung der eosinophilen Leukocyten und der praktische Wert j 
dieser Untersuchung. — Ehler: Ueber Kropfblutungen. — | 
Riedel: Ueber Verlauf und Ausgang der Strumitis chronica. : 

— Nonne: Kasuistisches zur Differentialdiagnose zwischen | 
multipler Sklerose und Rückenmarkskompression. — Wert- 

heimer-Raffalovich: Experimentelle Untersuchungen über; 
die Pantoponwirkungen. — Pernice: Ueber Fremdkörper in ! 
der Speiseröhre. — Spischarny: Ueber die •Behandlung cler 
Komplikationen des runden Magengeschwürs. — Payr: Er- j 
iahrungen über Exzision und Resektion hei Magengeschwüren. 

— Grafe: Ueber die Bedeutung der Oelsäure für die Diagnose 
des Magencarcinoms. — Mendel: Zur Diagnose mul Therapie 


des Ulcus duodeni. — Schiller: Behandlung mittels Hyperämie 
bei Ambulanten. — Hesse: Ueber den chirurgischen Wert 
der Antifermentbehandlung eitriger Prozesse. — Fischer: Eine 
neue Therapie der Phlebitis. — Kuhn: Die Wiederbelebung 
durch Ventilation der Luftwege per vias naturales. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 82. Ver¬ 
sammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königsberg 
in Pr. vom 18 - 24. September 1910. (Fortsetzung.) 

III. Therapeutische Notizen, v. Herff: Weitere Erfahrungen 
mit Sophol. — Meyer: Die Anwendung des Veronal und 
Veronalnatrium auf Seereisen. 

IV. Bücherschau. Scliittenhelm: Neuere Fortschritte der 
Eiweißforschung. — Baumann: Die Zuckerharnruhr (Diabetes 
mellitus) und ihre Behandlung. — Oldevig: Ein neues Gerät 
und neue Uebungeu der schwedischen Heilgymnastik zur Be¬ 
handlung von Rückgrats-Verkrümmungen. — Liesegang: 
Beiträge zu einer Kolloidchemie des Lebens 

V. Tagesgeschichte. Universitätswesen, Personalnachrichten. — 
Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Gerichtliches. — Ver¬ 
schiedenes. 

VI. Amtliche Mitteilungen. Bekanntmachungen. — Personalia. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Beobachtungen über die Wirkung des Dioxydi- 
amidoarsenobenzol bei Syphilisformen. 

Von 

Dr. med. X. v. Watraszewski, 

Vorstand des St. Lazarushospitals in Warschau. 

Mit dem von Geheimrat Prot. Dr. Ehrlich mir zu | 
wiederholten Malen gütigst. zur Disposition gestellten Präpa- j 
rate, wofür ich ihm meinen verbindlichsten .Dank sage, 
wurden von mir, und zwar ausschließlich im War¬ 
schauer St. Lazarus-Krankenhause, 30 Kranke, hauptsäch¬ 
lich Männer, einer entsprechenden Behandlung unterzogen, 
die alle an ausgesprochenen Symptomen der Syphilis in 
Verschiedenen Stadien derselben litten. 

Die kurze Beobachtangsdauer der Patienten, die im 
ganzen zirka anderthalb Monat betrug, erlaubt uns nur über 
die Wirkung des Mittels auf die aktuellen Erscheinungen 
der Krankheit, das Verhalten des Allgemeinbefindens, sowie 
über die lokalen in Verbindung mit der Applikation des 
(Medikamentes stehenden Erscheinungen entsprechende 
Schlüsse zu ziehen. Ueber den spezifischen Wert der¬ 
selben dagegen in bezug auf den weiteren Verlauf der 
Syphilis sowohl, wie über den Einfluß des Mittels auf das 
Wesen der Krankheit resp. das Vermögen, eine radikale 
Heilung derselben zu erwirken, können wir uns selbstver¬ 
ständlich p'oeh kein Urteil bilden, obwohl im allgemeinen 
die höchst günstige, in keinem Falle ausgebliebene 
rasche Beeinflussung der vorliegenden, Symptome, des 
Allgemeinbefindens des Kranken, sowie der Wasser- 
manischen Probe - in verhältnismäßig geringer Zeit - 
uns auch in dieser Richtung günstige Aussichten Iris zu 
einem gewissen Grade zu erwarten gestatten. 

Ich halte es für überflüssig, die Geschichte eines jeden 
einzelnen Falles hier wiederzugeben, da die Betrachtung ver¬ 
schiedener Gruppen von Krankheitsformen, bei denen das 
Präparat in Anwendung kam, uns über den therapeutischen 
Effekt, desselben genügenden Aufschluß bietet. 

Es sei im voraus bemerkt, daß bei den zur Behandlung 
mit „606“ bestimmten Kranken vor jeder Injektion eine 
detaillierte ärztliche Untersuchung aller Körperorgane slatt- 


fand, wobei den Zirkulation^-^ Harn und Sehorganen die 
größte Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Patienten, hei 
denen in dieser Richtung Anomalien zu konstatieren waren, 
wurden eliminiert. Bei allen wurde das Blut der W a sser- 
m a n nsch en Probe unterzogen, und nur die positiven 
Fälle gewählt. Bei Primärgeschwüren wurde jedesmal 
die Untersuchung auf Spirochäten gemacht., und ebenfalls 
nur die positiven Fälle in Betracht gezogen, so daß nach 
dieser Richtung die Diagnose in allen Fällen außer Zweifel 
stand. Die Einzeldosis des Mittels betrug in leichteren Fällen 
0,35, 0,40 bis 0,45, in schwereren dagegen 0,50 bis 0,60. Bei 
Syphilis primaria gebrauchte ich, mit Hinblick auf die Mög¬ 
lichkeit, eine abortive Wirkung zu erzielen, ebenfalls höhere 
Dosen ; so auch in Fällen von Lues recens maligna, hei denen 
trotzdem in 2 Fällen eine zweite Injektion nötig erschien. 

Es sei mir zunächst gestattet, über die Technik der 
Zubereitung der Injekt.ionsflüssigkeit und die Form, in 
welcher dieselbe bei unseren Kranken einvcrleibt wurde, 
einige Worte vorauszuschickenl 

Die manchmal recht unangenehmen allgemeinen, sowie 
lokalen Reaktionserscheinungen in den Fällen, in denen zur 
Verflüssigung des Mittels Methylalkohol nebst, anderen Zu¬ 
taten benutzt würde, veranlaßen mich, von diesen Präparaten 
Abstand zu nehmen und mich bei Zubereitung des In- 
jel^tionsmittels im großen und ganzen an die von \\ er li s e I 
mann 1 ) .angegebene Vorschrift zu halten, die ich in Kürze 
wiederzugeben mir gestatte: 

Nachdem die Glaskapsel mittels einer scharfen Feile 
angeschnitten und deren oberer Teil abgebrochen, 
wird deren Inhalt in einen kleinen, tiefen, sterilisierten 
Porzellanmörser geschüttet, und nach Zusatz von etwas 
offizineller Natronlauge - gerade so viel, wie zur Lösung des 
gegebenen Quantums nötig ist mit dem -Porzellanstöpsei 
gehörig verrieben, wie gesagt, bis zur völligen Auflösung 
des Mittels und Bildung einer klaren goldgelben Flüssigkeil. 
Es werden alsdann 3 bis 5 Tropfen Eisessig hinzu¬ 
gefügt; bei weiterem Umrühren mit dem Stöpsel enl- 
steht dann eine schwefelgelbe homogene Mischung von etwas 
dicker Konsistenz, die mit Aq. dest.illata sterilisata unter 
tropfenweiser Zugabe diluiert werden muß. Es wird nun 
die Reaktion der Ftjissigkeit mit Lackmuspapier geprüft, 
und je nachdem dibsülbe alkalisch oder sauer ausfällt, 

'I Deutsche nieiU Wöcheiischr., 1‘JIO, No. SO. 










662 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


wird solange entweder 1 proz. Natronlaugelösung resp. 1 proz. 
Essigsäurelösung der Flüssigkeit zugesetzt, bis diese voll¬ 
ständig neutral reagiert. Die Neutralisierung muß recht 
sorgfältig durchgeführt werden, weil neutrale Lösungen die 
geringste lokale Reaktion an den injizierten Stellen hervor- 
rufen. Nach sorgfältigem Umrühren wird die auf diese 
'Weise zubereitete Flüssigkeit, im ganzen 8—10 ccm be¬ 
tragend, direkt aus dem Mörser in eine sterilisierte 10 
bis 15 ccm fassende Recordspritze hineingezogen, die Luft¬ 
blasen aus derselben entfernt, und nachdem die Spritze 
einige Male über einer Gas- oder Weingeistflamme bewegt 
ist, um deren Inhalt auf Körpertemperatur zu erwärmen, 
wird zur Injektion geschritten. 

Die recht umfangreiche Anschwellung und nachträgliche 
oft harte Infiltration der Glutäalgegend, nebst empfindlichen, 
anhaltenden ischiasartigen Schmerzen und starker ■Beein¬ 
trächtigung des Gehvermögens bei Kranken, denen die In¬ 
jektionen in die Hinterbacke gemacht wurden, wovon 
ich mich noch nach Ablauf von 2—3 Monaten bei einigen 
Patienten überzeugen konnte, bewogen mich, dem 
Vorschläge Wechselmanns folgend, die Einspritzung 
unter die Haut des Rückens in die Gegend unter dem 
Schulterblatte zu machen. 

Nach Abwaschen und Desinfektion der Haut, Ab¬ 
reibung derselben mit Alkohol oder Aether und Ein¬ 
pinselung mit Jodtinktur, wird die entsprechend dicke und 
lange Nadel, am besten Platinnadel, nach Erhebung der 
Haut flach unter diese hineingestochen, und der Inhalt 
dei' Spritze alsdann langsam entleert. Dabei empfiehlt es 
sich, den vollen Inhalt derselben nicht an einer Stelle unter 
der Haut zu deponieren, sondern danach zu trachten, daß 
die Emulsion möglichst auf die Fläche verteilt werde. Zu 
diesem Zwecke pflege ich 1 während des Injektionsaktes die 
Nadel langsam zurückzuziehen und nach teilweiser Ent¬ 
leerung der Spritze .mit der Nadel wiederum in einer anderen 
Richtung unter der Haut vorzugehen, wo dann die Spritze 
vollständig entleert wird. Seitdem ich dieses Vorgehen be¬ 
folge, ist die lokale Reaktion und Infiltration bei den Kranken 
entschieden bedeutend geringer. 

Die Ergebnisse meiner Beobachtungen über die Wirkung, 
des Milteis in therapeutischer Hinsicht Tassen sich folgender¬ 
maßen zusammenfassen: 

1. In Fällen von Syphilis primaria: 

a) bei bestehender exulcerierter Sklerose mit Leisten¬ 
drüsenschwellung erfolgte binnen wenigen Tagen 
nach der Einspritzung eine Ueberhäutung nebst 
deutlichen Einfluß auf die .Volumenverminderung 
der Drüsen; 

h) bei schon vernarbter Ulceration mit typischen 
circumseripten einzelnen oder multiplen Indura¬ 
tionen, und ausgesprochener multipler Drüsen¬ 
schwellung war schon nach Ablauf von einigen 
Tagen eine geringere Konsistenz sowie Umfangs¬ 
verminderung der Sklerose wahrzunehmen, womit 
ein Rückgang der Adenopathie Hand in Hand ging. 

Bei der Kürze der Beobachtungsdauer ist es unmöglich, 
sich über die abortive Wirkung des Mittels in diesen Fällen 
auszusprechen. In vier Fällen jedenfalls sind bis Ende der 
10., in zwei Fällen in der 11. und 12. Woche nach der 
Infektion noch keine Allgemeinerscheinungen zum Vorschein 
gekommen. Die Fälle befinden sich unter weiterer Beob¬ 
achtung. In zwei Fällen, die ich zu allerletzt zu sehen Ge¬ 
legenheit hatte, da die Kranken seit langer Zeit das Kranken¬ 
haus verlassen hatten, und bei denen die Injektion vor 29 
resp. 30 Tagen gemacht worden war, konnte von der äußerst 
stark ausgeprägten Induration keine Spur mehr wahr¬ 
genommen werden. Auch waren die Drüsen zu ihrem nor¬ 
malen Volumen zurückgekehrt, während die Wasser¬ 
en annsche Reaktion bei einem der Kranken vollständig 
negativ, bei dem anderen unbestimmt ausfiel, nachdem 
sie — wie oben gesagt — überall vor der Behandlung 
als positiv notiert war. 

2. ln Fällen von Syphilis secundaria schwanden 
maculöse Exantheme binnen wenigen Tagen, ebenso frische 
Schleimhautpapeln, während luxuriereh.de breite Condylome 
etwas längere Zeit dazu in Anspruch nahmen. An papu¬ 
lösen und papulo-squamösen Exanthemen sah man den 
guten Einfluß sich ebenfalls manifestieren, indem die 
Efflöreszenzen mit Hinterlassung von Pigmentflecken sich 
rasch zurückbildeten ; und die übrigen Symptome auch zu 


No, 44. 

gleicher Zeit einer raschen Heilung anheimfielen. Eine an¬ 
sehnliche Zahl der zu dieser Kategorie gehörenden Fälle 
bleibt, unter weiterer Beobachtung; bei den meisten der¬ 
selben ging die Besserung so rasch und gut von statten, daß 
die Kranken nicht, bewogen werden konnten, im Krankenhaus 
länger zu verbleiben, und dasselbe gewöhnlich am Ende der 
ersten Woche schon verließen. Bei denen, hei welchen die 
Wasser m an n s ch e Blutuntersüchung nachträglich 
wiederholt werden konnte, war sie am Ende der 

3. Woche nach der Injektion in zwei Fällen negativ, in 
zwei anderen unbestimmt ausgefallen. 

3. In. Fällen von Syphilis tertiaria gummosa und 
tuberculo-ulcerosa der Haut-, Mund- und Rachenschleim¬ 
haut U8w. waren die eklatantesten Erfolge zu verzeichnen,, 
wie sie bei keiner von den bis jetzt bekannten Behandlungs¬ 
methoden in gegebener kurzen Zeit erzielt werden konnten. 
Serpiginöse und tiefe ekthymatöse Ulcerationen, die wo.chen- 
und monate-, ja in einigen Fällen jahrelang bestanden hatten, 
heilten in einer staunenswerten Weise und irr' einer auf¬ 
fallend kurzen Zeit. Periostitische gummöse Knochenauftrei¬ 
bungen an den Ossa cranii, den Tibien usw., ebenso 
arthritische Affektionen mit Schwellung und Infiltration der 
Gelenke und deren Umgebung, starker Schmerzhaftigkeit und 
Bqwegu n gsbeschränkung besserten sich schon in den 
nächsten Tagen nach der Einspritzung, um im Laufe von 
jfwei Wochen bis auf geringe Spuren sieh zu resorbieren. 

Fälle von t.ertiärsyphilitisc.hen Affektionen des Zentral¬ 
nervensystems, sowie parasyphilitisehe Erkrankungen habe 
ich bis auf weiteres hauptsächlich wegen beschränkter 
Mengen des mir zur Verfügung stehenden Präparates von 
der Behandlung absichtlich ausgeschlossen. Gegenwärtig, 
wo ich durch Liebenswürdigkeit von Prof. Ehrlich eine 
weitere Sendung desselben erhalten habe, beabsichtige ich, 
dergleichen Kranke zum Gegenstände meiner nächsten Be¬ 
obachtungen zu machen. Bemerkt sei, daß die bei einigen 
Kranken neben anderen manifesten, spezifischen tertiären 
Erscheinungen bestehenden Kopfschmerzen zusammen mit 
diesen letzteren besser wurden und schwanden. So unter- 
anderen bei einem Kranken, der seit über einem Jahre an 
Gephalalgie litt, ging dieselbe, sowie auch ein tubercalo- 
ulceröses Hautsyphilid rasch und definitiv zurück. Patient, 
der starker Alkoholiker war, hatte vorher mehrere .Queck¬ 
silber- und Jodkuren mit recht geringem Erfolge durch¬ 
gemacht. Bis dahin traten nach kurzer Besserung immer 
wietder sowohl die Kopfschmerzen heftiger auf, als auch 
die Ulceration, die vorher nie zur vollständigen Ausheilung 
gekommen war, hatte nach kurzer Ruhe wieder um sich 
gegriffen. 

4. ln Fällen von Syphilis maligna recens war 
die Wirkung des Mittels ebenfalls außerordentlich zufrieden¬ 
stellend. Von den vier Kranken, die zu dieser Kategorie 
gehörten und mit eitrig zerfallenen, teilweise nekrotischen, 
ekthymatösen, multiplen Ulcerationen behaftet waren, sind 
dieselben im Laufe von 2—4 Wochen vollständig geheilt 
und alle diese Kranken haben das Hospital bereits verlassen. 
Bei drei, von ihnen erwies sich eine Wiederholung der 
„606“-Injektion als notwendig. Ich werde mir erlauben, 
noch weiter unten auf diese Fälle zurückzukommen. 

Aus diesem kurzen Berichte ist zu ersehen, daß das 
Ehrlich-Hatasche Präparat in .allen Fällen, ohne 
Ausnahme, bei denen wir es angewandt haben, eine präg¬ 
nante spezifische Wirkung entfaltet hat, und sind daher 
unsere Erfahrungen darüber mit denen der Autoren, welche 
damit therapeutische Versuche angestellt haben, in vollem 
Einklänge. Wie unsere Beobachtungen schließen lassen, 
war die Wirkung nicht in allen Fällen eine gleichmäßige ge¬ 
wesen, und zwar während bei einigen Kranken die Er¬ 
scheinungen in einer recht prompten Weise schwanden, 
gingen in einer anderen Reihe von Fällen die Symptome 
langsamer zurück, der Involutionsprozeß blieb sogar in 
einigen Fällen stehen, so daß zu einer zweiten Injektion 
geschritten werden mußte, was alsdann vom allerbesten 
Erfolge gekrönt war, indem die Heilung von dem Momente 
an ohne Aufenthalt weiterschritt. 

Wie oben erwähnt, konnte die überaus größte Mehrzahl 
der Kranken im Hinblick auf den raschen Verlauf der 
Genesung nicht so lange im Hospital behalten werden, wie 
es ,im Interesse der Beobachtung zu wünschen gewesen wäre, 
und konnten auch deswegen die Beobachtungen nicht 
systematisch genug an ihnen durchgeführt werden. Die 
meisten von ihnen stellten sich jedoch in wöchentlichen 




No. 44. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


663 


Intervallen bei uns vor uind so viel die im allgemeinen noch 
recht kurze ßeobachtungszieiten es gestatten konnte, war 
ihr Zustand sowohl in spezifischer Hinsicht wie 
in betreff des Allgemeinbefindens ein in jeder Beziehung zu¬ 
friedenstellender. Aus demselben Grunde konnte auch bei 
den Patienten, deren Verbleiben im Krankenhause ein über¬ 
aus kurzes gewesen war, da manche von ihnen schon 
nach einigen Tagen dasselbe verließen, die Wasser- 
m a n n sehe Probe nur in einigen Fällen das zweite Mal 
vollführt werden. Erstens unterzogen sich Patienten, die 
auf dem besten Wege zur Besserunng waren, im allgemeinen 
ungern einer wiederholten Probe, andererseits wieder konnte 
das Resultat der Probe nach 1 so kurzer Zeit wohl schwerlich 
anders als bei der Aufnahme des Kranken unter diesen 
Umständen vermutet werden, so daß ich nicht zu sehr 
darauf bestand, die Blutanalyse sofort vorzunehmen, und 
es wurde diese dann bei dem nachträglichen Erscheinen des 
Kranken bei ihnen zum zweiten Male vorgenommen. Es 
ist auf diese Weise zu entnehmen, daß in 12 Fällen die 
Wassermannsche Reaktion .aus dem Positiven ins Ne¬ 
gative umgeschlagen war, und zwar am frühesten am An¬ 
fänge der dritten Woche nach der Einspritzung, während 
in 5 Fällen die Hämolyse mehr oder weniger unvollständig 
blieb, in keinem Falle jedoch einen so exquisit-positiven 
Charakter darbot, als es bei allen Kranken vor der Be¬ 
handlung der Fall war. 

Bei den im Primärstadium der Krankheit mit exulce- 
rierten Sklerosen behafteten Kranken wurde in den ersten 
Tagen nach der Einspritzung umsonst nach Spirochäten 
gesucht: dieselben waren schon nach 48 Stunden im 
Schankersekrete nicht mehr nachzuweisen. Es waren 
im ganzen drei Fälle, in denen vor der Injektion 
die Spirochäten, und zwar in recht geringer Anzahl konsta¬ 
tiert werden konnten, und es kann möglicherweise dieser 
negative Befund auch zum Teil damit in Zusammenhang 
gebracht werden. 

Das Körpergewicht und das Allgemeinbefinden der 
Kranken besserten sich in den behandelten Fällen, sowohl 
während der Behandlungsdauer im Krankenhause als auch 
in der nächsten Zeit nach Verlassen desselben. In zwei 
Fällen nur war einige Tage nach der Einspritzung eine 
Abnahme des Gewichts Und Beeinträchtigung des Allgemein¬ 
befindens zu konstatieren, was aber nachträglich einer Wen¬ 
dung zum Besseren Platz machte. Letzteres gilt für zwei 
Fälle, die schon in ungünstigem Zustande, was spe¬ 
zifische Erscheinungen und Allgemeinzustand anbetrifft, ins 
Krankenhaus aufgenommen wurden, und zwar war der erste 
ein Fall von Syphilis maligna mit einer disseminierten ekthy- 
inatös-ulcerösen Eruption am Kopfe und Gesichte, während 
es sich im zweiten Falle ebenfalls um ein opulentes ekthy- 
inatös-ulceröses, eitrig zerfallenes Syphilid am Kopfe, Ge¬ 
sichte und den Tegumenten des ganzen Körpers handelte. Der 
Fall betraf ein zirka 50 jähriges, kachektisches, männliches 
rezent syphilitisches Individuum, das kurz vorher schon eine 
energische Friktionskur durchgemacht hatte, und stark fie¬ 
bernd, mit Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens und Be¬ 
nommenheit ins Krankenhaus aufgenommen wurde. Nach 
einer Injektion von 0,35 des Mittels dauerte dieser Zu¬ 
stand noch eine gewisse Zeit (zirka 7 Tage), während die 
Ulcerationen sich langsam zurückbildeten. Am achten Tage, 
nachdem im Harn keine Spuren von Arsen aufgefunden wur¬ 
den, erhielt Pat. die zweite Einspritzung von 0,60 des Mittels, I 
wonach der Reparationsprozeß rasch vor sich ging, der 
Allgemeinzustand sich besserte, so daß Patient zwei Wochen 
später völlig geheilt mit einer Gewichtszunahme von 
8 Pfund upd günstig modifiziertem Resultate der Wasser¬ 
mann sehen Reaktion das Krankenhaus verlassen konnte. 
Bei dem ersten 'der beiden Patienten blieben die Ulcerationen 
nach der Injekti.on, nachdem .sie sich zu reinigen und zu be- 
tiarben begonnen hatten, in der Involution am Ende der 1 Woche 
stehen. Patient fing an hoch zu fiebern, und es entwickelte 
sich bei ihm eine Influenza mit gastrischen Beschwerden. 
Sowie dieselbe rückgängig wurde und die Temperatur zur 
Norm gekommen war, erhielt Patient eine zweite Injektion 
(0,50), wonach die Ulcerationen rasch ausheilten und Patient 
eine Woche später ebenfalls symptomenfrei das Kranken¬ 
haus verließ. 

Wenn wir die meisten Schilderungen über die 
Intensität der allgemeinen und lokalen Reaktion, die bei 
der Applikation des Mittels bei den Kranken zutage 
trat, vergegenwärtigen, wonach die Patienten unter 


hohem Fieber, stark beeinträchtigtem Allgemeinbe¬ 
finden, oft unter Prostration und andauernden 
Schmerzen, eine Reihe qualvoller Tage und schlafloser 
Nächte verbringen mußten, mit unseren Ergebnissen 
vergleichen, so erscheint der außerordentlich milde Verlauf 
der Reaktion im lokalen und allgemeinen Sinne recht auf¬ 
fallend. Die Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens un¬ 
mittelbar nach der Injektion war in unseren Fällen recht 
gering. Die Temperatur stieg am Abend des Injek¬ 
tionstages entweder gar nicht oder zeigte nur leichte 
Differenzen gegenüber dem Normalen, die von einigen Zehn¬ 
teln bis zu einem Grade betrugen. Einigemal war sie erst 
am dritten Tage gestiegen, ohne überhaupt jemals 38,5° 
zu überschreiten, und am nächsten oder übernächsten 
Tage wieder zur Norm gelangt. Der Puls war 80 bis 
100, voll und stark, in einigen Fällen ging er bis 
auf 120 im Stehen, während beim Liegen die Zahl 
der Herzschläge geringer wurde, wobei die Tachy¬ 
kardie bei den erwähnten Kranken 7—10 Tage lang an¬ 
dauerte, ohne daß die letzteren sich in irgendwelcher Weise 
unwohl fühlten. Im Gegenteil, das subjektive Befinden war 
ein recht gutes, die Patienten verfolgten mit großem Interesse 
die Fortschritte ihrer Besserung, und so wie diese sich un¬ 
zweifelhaft dokumentiert hatte, dachten sie nur daran, so¬ 
bald wie möglich das Krankenhaus zu verlassen. 

.Die lokale Reaktion war ebenfalls im allgemeinen recht 
gering. Nach der Injektion, die ohne Zusatz irgendwelcher 
Anästhetica unter die .Haut des Rückens in der oben be¬ 
schriebenen Weise vollführt wurde, empfanden die Kranken 
einen mäßigen brennenden Schmerz an der betreffenden 
Region, manchmal mit Ausstrahlung in den benachbarten 
Arm. Nach ungefähr drei Stunden war der Schmerz ver¬ 
schwunden. Am nächsten Tage war die injizierte Ge¬ 
gend unverändert, weich und beim Berühren so¬ 
wie spontan beinahe unempfindlich. Erst vom zirka 
.dritten bis vierten Tage an bildete sich an derselben 
eine flache, manchmal prominierende circumscripte Er¬ 
habenheit — je nach der individuellen Sensibilität des 
Kranken mehr oder weniger schmerzhaft — die gewöhnlich 
ohne sichtbare Veränderungen in dieser Form mehrere 
Wochen bestand, indem sie einer allmählichen, recht lang¬ 
samen Rejsorption anheimfiel. Bei Kranken, denen die In¬ 
jektionen in den ersten Septembertagen gemacht worden 
waren, sind deutliche Spuren dieser flachen, an der 
Unterlage fest anhaftenden lokalisierten Infiltrationen heute 
noch wahrzunehmen, natürlich in einem recht geringen Um¬ 
fange. Nach dem, was ich persönlich bei Kranken ver¬ 
laufen sah, 'denen Einspritzungen (in janderen Krankenhäusern 
nach einem anderen Zubereitungsmodus als dem hier an¬ 
geführten in die Hinterbacken gemacht worden waren, kann 
ich das angegebene Injektionsverfahren nicht warm genug 
empfehlen. 

Eine besondere Betrachtung verdient das Verhalten der 
Kranken, denen bei Lues primaria, im Stadium der zweiten 
Inkubation, das „606“ injiziert wurde. Bekanntlich geht 
mit der fortschreitenden Verallgemeinerung der Syphilis im 
Organismus eine Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes 
parallel. Die Kranken werden anämisch, bekommen 
ein schlechtes Aussehen und magern ab. Dieser 
Zustand erreicht seinen Höhepunkt zur Zeit des Auftretens 
der Allgemeinerscheinungen, wenn zu dieser Zeit zur 
mercuriellen Behandlung geschritten wird. Von nun 
au bessert sich derselbe, lind indem sich der Patient 
erholt, wächst sein Gewicht auch im gleichen Maße. Eine 
ebenso vorteilhafte Wirkung der mercuriellen Behand- 
handlung sehen wir ebenfalls bei aufmerksamer Beobach¬ 
tung in den Fällen, wo dieselbe im weiteren Luesverlaufe 
zur Zeit des Bestehens aktueller Erscheinungen eingeleitet 
wird, und nicht in symptomenfreien Inter¬ 
vallen bei periodisch wiederholten Kuren. Diesen Um¬ 
stand habe ich seinerzeit neben anderen zur Unterstützung 
meiner Gesichtspunkte bei Aufstellung der Prinzipien einer 
rationellen Behandlung der Syphilis und zur Bekämpfung 
der periodisch zu wiederholenden Kurmethoden im 
F o u r ni ersehen Sinne 2 ) betont. Es wird daher 
auch eine frühzeitige, d. ,h. vor dem Auftreten der All- 
gemeinerscheirnmgen unter gleichen Umständen eingeleitete 
Mercurialkur, abgesehen von der Unsicherheit der beabsich- 


2 ) v. Watraszewski: Einige Fragen bei der Behandlung der 
Syphilis. Archiv f. Denn. u. Syphilis, 1808, Bd. XLVT. H. 2. 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 44. 


iigteu vorbeugenden Wirkung in der großen Mehrzahl der 
1‘nlle nicht imstande sein, der fortschreitenden Verschlech¬ 
terung des Allgemeinbefindens und der daraus folgenden 
Kachexie der Kranken Einhalt zu tun. Das Gegenteil aber 
konnte ich in vier ebenfalls der Wirkung des 
Arsenobenzols ausgesetzten Fällen gerade zu dieser 
Zeitperiode, d. li. in dem zweiten Inkubations- 
Stadium, zu meiner Befriedigung konstatieren. Der 
.Ulgemeinzustand besserte sich auffallend, und das Körper¬ 
gewicht stieg im .Laufe der ersten Woche in zwei Fällen 
um 2 Pfund, in einem Falle um 3i/ 2 Pfund, während es 
m einem auf der gleichen Höhe blieb. Es ist meiner Ansicht 
nach das Verhaltender genannten beiden Faktoren gerade zu 
dieser Zeit ein recht wichtiges, für die günstige Wirkung 
des Mittels sprechendes Moment. 

Weiterhin möge der Umstand betont werden, daß in 
allen bis jetzt mit ,,606“ behandelten Fällen der 
therapeutische Effekt auf die vorliegenden Krankheils¬ 
symptome einzig und allein der spezifischen allgemeinen 
Wirkung desselben überlassen worden war. Während in 
den von mir persönlich geleiteten Abteilungen des 
St. Lazarushospitals bei der bisher üblichen Quecksilber¬ 
behandlung außer einer allgemeinen Mercurialkur, die fast 
ausschließlich in Form von t Friktionen angewandt wurde, 
noch außerdem zur rascheren Bekämpfung einzelner lokaler 
Symptome verschiedene entsprechende Mercurialpräparate 
bei denselben örtlich angewandt wurden, enthielt ich mich 
bei allen fällen, in denen ,,606“ appliziert wurde, der 
Anwendung aller lokalen Mercuria.1- resp. Jodmittel in der 
Absicht, mir ein reines. Urteil über die Wirkung des neuen 
Mittels bilden zu können. Die bestehenden lokalen Sym¬ 
ptome wurden mit indifferenten Salben, Pflastern, Verband¬ 


wässern usw. behandelt, und nichtsdestoweniger trat die 
spezifische Wirkung des Mittels in allen Fällen scharf und 
deutlich bei denselben auf. 

Wenn nun die verschiedenartigsten lokalen Lues- 
manifestationan verhältnismäßig rasch, ja zuweilen mit 
Staunenswerter Promptheit zurückgingen, scheint es a priori 
recht, wahrscheinlich, daß die lokale Applikation ent¬ 
sprechender Mercurialmittel die spezifische Wirkung des 
Arsenobenzols um so mehr zu beschleunigen und zu unter¬ 
stützen imstande sein wird. 

Von dieser Voraussetzung ausgehend, läßt sich ebenfalls 
annehmen, daß die Wirkung des Mittels, wenn man es 
passend mit der des Quecksilbers kombiniert, neue 
prägnante Kureffekte zu bieten imstande wäre. Die Zu¬ 
kunft wird uns darüber wahrscheinlich recht bald Auf¬ 
schlußgeben, da in der bis jetzt verhältnismäßig recht kurzen 
Zeit, seit der das Präparat zur Anwendung gekommen ist, 
dergleichen Versuche noch nicht angestellt werden konnten, 
andererseits auch die geringen Quantitäten des den einzelnen 
Forschern zu Gebote stehenden Mittels solche Versuche 
nicht erlaubten, weil es denselben ja in erster Linie darauf 
ankam, sich ein Urteil über die dein Mittel an und für sich 
eigene spezifische Wirkung ohne anderweitige Beein¬ 
flussung zu bilden. 

Zu welchen-Ergebnissen derartige Versuche auch führen 
mögen, sie werden in keiner 'Weise unsere Dankespfliehl. 
gegen den hervorragenden Forscher verringern, der uns 
auf Grund systematisch während ganzer Jahrzehnte durch- 
geführter Studien ein neues Mittel zur wirksamen Be¬ 
kämpfung eines der gräßlichsten unter den die Menschheit 
plagenden Uebeln in die Hände gegeben hat. 


Prof. Gerber (Königsberg): lieber Lepra. 
Wochenschrift, 1910, No. 37.) 


(Deutsche med. 


Verfasser weist darauf hin, daß die Nasen- und Rachen¬ 
bohle, sowie der Kehlkopf in viel erheblicherem Maße an der 
Lepra-Erkrankung beteiligt sind, als aus den gewöhnlichen 
aiStellungen sich ergibt. Sticker verlegt sogar ganz all¬ 
gemein den Sitz des Primäraffekts bei der Lepra in die Nasen- 
schlemihaut, allerdings hat diese Ansicht noch keine allgemeine 
Annahme gefunden Jedenfalls fängt die Lepra am häufig¬ 
sten im Gesicht an, d. h. also auf der Nasenschleimhaut; jedoch 
gibt es auch viele langjährige Lepröse, die eine völlig intakte 
Nasenschleimhaut haben, deswegen ist nach Verfasser die 
Nasenschleimhaut wohl nicht in allen Fällen Sitz des Primär- 
aflekts. Was nun die Beteiligung der oberen Luftwege bei der 
Lepra anlangt, so haben von den 15 Leprösen, welche zurzeit 
im Lepraheim zu Memel interniert sind, alle mehr oder weniger 
schwere Veränderungen in Nase. Rachen und Kehlkopf; die 

in 70 nfV^erT-u 6 d ? r ? achön in 73 PCI-, der Kehlkopf 
L «Ue r ■ 6 be t eil,gt; also früher ode| - später erkranken 

a ! le leprosen auch an den oberen Luftwegen; ein großer 
hphinri"* Leprosen geht an der Kehlkopflepra,'an den Folgen 
Tn h der' j£ er At ' n , ung '° der direkt an Erstickung zugrunde. 8 - 
dei Nase zeigt sich das erste Stadium meist in einer trocke- 
nen Entzündung einer Rhinitis sicca, besonders in den voide- 
VrS Pal ‘ lea ’ d' e häufig mit Nasenbluten einhergeht; ihr folgen 
meekf Bcbwell ungen oder zirkumskripte Knotenbildungen von 
Stecknadelkopf-bis Erbsengroße, meist braunrot, mit Vorliebe 
len , Septu t mteil un d der Innenfläche der Nasen- 
infUtrate w?e T zm ' Blld ung größerer Leprome. Die 

.se.V s fe zerf«lle 1 l^T n ,, Pfle p n nicht sehr Persistent zu 
sein, sie zeifallen bald, und so kommt es zu Ulceratiouen, die 

all voideren Septum zu dem typischen Ulcus septi perforans 
leprosum fuhren. Auch größere Teile des Knorpels und selbst 
hi alüTstnlr we fden zerstört. Auch der Rachen wird häufig 

Eof der^Mwf ^ j rank u heit ergriffe, b und zwar sowohl der 
Epj- dei Meso- wie der Hypopharynx. In der Mundrachen- 
hohle zeigt sich die Knötchenbildung als die beherrschende 

Gaumens ehT^SeH Vorliebe , die Mitte des harten und weichen 
7 , ln f S ? lteller smd vereinzelte große Lepraknoten 
Zu Ukeratmnen kommt es im Rachen sehr selten. Narben- 
Idüngen, Schrumpfungen, Mutilationen und Synechien sielil 
man nicht selten, sie scheinen sich auch ohne das Zwdschen 
Stadium sichtbarer Ulceratiouen, direkt aus den Infiltrationen 
entw'ckeln zu können, und bewirken bisweilen den luetischen 
ähnliche Stenosen. Charakteristisch ist dann noch die 
Anästhesie der afhzierten Teile, die sich oft schon im Infiltra¬ 
tionsstadium bemerkbar macht. Der Larynx reagiert auf dfe 
Invasion der Leprabacillen zunächst mit einem initialen 
Katarrh, der sehr bald als Laryngitis sicca in die Erscheinung 


tritt. Es folgt auch hier das Stadium der eigentlichen Infiltra¬ 
tion, die besonders den Aditus laryngis bevorzugt. Die Epi- 
[ glottis, die Ligamenta aryepiglottica und die Aryregion selbst 
werden durch kleinknötchenförmige Infiltrate in papillomatöse 
Wülste verwandelt, oder durch ein mehr diffuses Infiltrat in 
ihren Konturen oft bis zur Unkenntlichkeit verändert. Die 
Glottis kann dabei unverändert bleiben oder auch in den Pro¬ 
zeß mit einbezogen werden. Ebenso wie im Rachen kommt es 
auch im Kehlkopf relativ selten zu Geschwürsbildung, oft be¬ 
stehen die Infiltrate Jahre hindurch unverändert. Neben dem 
Infiltrationsstadium kommt im Kehlkopf am häufigsten Narben¬ 
bildung zur Beobachtung, diese ruft dann oft die Stenose nebst 
ihren Folgeerscheinungen hervor. R- L. 


Dr. Koslow (Kasan): Acther-acetonische Kombination der 
Antiforminmethode. (Berlin, klin. Wochenschr., 1910, 
No. 25.) 

Verfasser ist es gelungen, eine neue Kombination der 
Uhlenhuthsehen Antiforminmethode mit Aether-Aceton¬ 
mischung auszuarbeiten, wobei der Hauptvorteil darin bestellt, 
daß bei der Bearbeitung keine Zentrifuge notwendig ist und 
die ganze Untersuchung nicht mehr als 10—15 Minuten in An¬ 
spruch nimmt. Die erreichten Resultate übertreffen überdies 
noch die nach der. Methode von Uhlenhuth erhaltenen. 
Nach der von K. vorgeschlagenen Methode wird die Unter¬ 
suchung folgendermaßen ausgeführt: 

1. Im Verlaufe von fünf Minuten wird der Schleim bei 
fortwährender Schüttelung mit reinem Antiformin homogenisiert, 
dessen Quantum verschieden, je nach der Konsistenz des 
Schleimes genommen wird; wenn der Schleim ein dickeitriges 
Aussehen hat, nimmt man ein gleiches Quantum Antiformin, 
bei dünnerem Schleim nur die Hälfte. Wie vergleichende Be¬ 
obachtungen zeigen, sind fünf Minuten dauernde Homogeni- 
sationen vollkommen genügend, um nicht nur den Schleim, 
sondern auch den größten Teil der nicht säurewiderständigen 
Bakterien aufzulösen. 

2. Die homogenisierte Mischung wird nun mit destilliertem 
Wasser verdünnt (auf 1 ccm Antiformin 10 ccm Wasser). Der 
erhaltenen Lösung wird dann eine Mischung von gleichen 
Teilen Aceton und Aether beigemengt von gleichem Volumen 
wie das genommene Wasser. Das Ganze ward während zwei 
bis drei Stunden in einem Scheidungstrichter geschüttelt (oder 
in einer beliebigen Flasche mit oben eingeschliffenem Stöpsel) 
und dann in Ruhe gelassen. Nach einigen Sekunden fängt die 
Flüssigkeit an, sich in drei Schichten zu teilen und die vorher 
trübe Mischung wird hell. Die Tuberkelbacillen und die uiiau f- 
gelösten Reste des Schleims befinden sich in der mittleren 
Schicht, aus welcher das Material zur Verfertigung des Präpa- 




No. 44. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


rate genommen wird. Dann wird das Präparat getrocknet, 
fixiert, gefärbt nach,der allgemeinen Regel; letzteres haftet am 
Glase so fest, daß es alle mannigfaltigen Manipulationen bei 
der Bearbeitung aushält. Um genauere Resultate zu bekom¬ 
men, ist es unbedingt notwendig, daran zu denken, daß bei der 
Beimengung der Aether-Acetonmischung eine schnelle und un¬ 
vollkommene Teilung in drei Schichten nur dann eintritt, wenn 
der Prozentgehalt des Antiformins in der Lösung nicht mehr 
als 7—8 pCt. beträgt. 


Privatdozent Dr. Max Lissauer (Königsberg): Ueber das 
Stauungsherz. (Medizin. Klinik, 1910, No. 88 .) 

Die Veränderungen, zu welchen die chronische Stauung 
im Herzen führt, berechtigen uns nach Verfassers Ansicht, von 
einem Staungsherzen zu sprechen. Der Begriff des Stauungs¬ 
herzens ist zwar der Pathologie nicht fremd, abei, wie Vei- 
fasser glaubt, zu wenig gewürdigt. Die chronische Stauung 
muß im Herzen ebenso zu einer Funktionsstörung führen, wie 
zum Beispiel in der Niere. Hierbei muß dann ein Circulus 
vitiosus entstehen, indem die Insuffizienz des Herzens zu einer 
Stauung führt, während diese wiederum zu einer Funktions¬ 
störung Veranlassung gibt. 

Die Stauungserscheinungen, welche am Herzen auftieten 
können, werden verständlich durch die anatomischen und phy¬ 
siologischen Verhältnisse des Herzgefäßsystems. Der größte 
Teil "der Herzvenen sammelt sich zu einer starken Vene, der 
Vena cordis magna. Sie beginnt an der Spitze des Herzens, 
zieht in der vorderen Längsfurche zur Basis der Kammein. 
dann verläuft sie weiter in der Kranzfurche nach links und 
hinten um schließlich in eine Erweiterung, den Sinus roro- 
narius, überzugehen. Dieser ergießt sein Blut in den hinteren 
Teil des rechten Vorhofes; seine Mündung ist unvollkommen 
bedeckt von einer halbmondförmigen Klappe, der Valvula 
Thebesii. Am Uebergang der Vena magna in den Sinus findet 
sich eine einfache oder doppelte Klappe, die nur selten fehlt. 
Einfache Klappen finden sich nach He nie auch an dei Mun 
düng der vertikalen Venen, die aber meist einfach sind und 
öfter vermißt werden. Wenn nun gegen das Ende der Ven¬ 
trikeldiastole die Vorhofssystole erfolgt. wird nach 
v Vintschgau gleichzeitig auch die Thebesische Klappe 
geschlossen; zugleich kontrahiert sich der Sinus coronauus. ln 
der Sinuswand finden sich nämlich längs und 9 “« verlaufend, 
Muskelfasern welche mit denen des Herzens ubeieinstimmen. 
Sie hängen mit der Vorhofsmuskulatur zusammen Sie haben 
die Aufgabe, den Sinus zu verengen, wahrscheinlich auch zu 
verschließen Es unterstützt also die Verengerung der Smus- 
inündung ini Vorhof die Wirkung der Thebesischen Klappe 
und hilft das Rückströmen des Blutes verhindern. Nach 
v Vintschgau genügt auch die Kontraktion der i 
Sinuswand verlaufenden Muskelfasern, um in den Fallen, in 
xi/.ii on rlip Thebesische Klappe fehlt oder mangelhaft ent 
In oder durchlöchert ist, den Verschluß der Mündung der 
I” diesem Schlußmechauismus 
müssen nun schwere Störungen eintreten, wenn es im Herzen 
coihat 711 Störungen in der Zirkulation kommt, wie bei Heiz 
fehlem oder Lungenemphysem. Wenn es dl il' ch . dle 
des Blutes zu einer Dilatation des rechten Voihofes kommt, 

± Än e sää:»* 

Mnd^uffteie e nUe e worden e Auch diel der «anstelle 

der Vene in den-Sinus gelegene Klappe Stauung 

ebenso ist die Koroiiarvene ott sehr staik dilatieit. Die Stauung 

äußert sich Weiter in einer Dilatation der im Myokard gelege- 
außeit sicn weuei . Außer der Dilatation der Gefäße 

zei'It das Mikroskop, daß das perivaskuläre Bindegewebe der 
mittelgroßen Gefäße verbreitert ist (Stauungsinduration des 
Mvokards) Die Muskelfasern sind häufig in verschiedener 
Weise verändert; man findet vaskulare Degeneration, Fette 
Infiltration, atrophische Erscheinungen, sowie Oedeme des 
interstitiellen Bindegewebes. 


Dr. Georg Riebold (Dresden); Ueber die Anwendung einiger 
neuer bezw. weniger gebräuchlicher Medikamente bei dei 
Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz. (Munch, 
med. Wochenschr., 1910, No. 36.) 

Verfasser bespricht im Zusammenhang die medikamen¬ 
tösen Behelfe, die uns heute bei der Behandlung der chroni¬ 
schen Herzinsuffizienz zu Gebote stehen. Um dem Pat. sicher 
wirkende Digitalisinfuse zu verschaffen, verschreibt man nicht 
Fol Digitalis schlechthin, sondern „Folia Digitalis titrata , d. h. 
durch den Tierversuch hinsichtlich ihrer Wirkung gepiufte 
Blätter. Um die hiermit hergestellten Infuse dauernd haltbai 
zu machen, schreibe man einen Zusatz von 5 pCt. Spiritus vor. 
Wird Digitalis nicht vertragen, so versuche mail es mit dem 
daraus hergestellten Präparat Digalen, das allerdings nui 


666 

die durch das Digitoxin bedingte Teilwirkung der Digitalis 
entfaltet. Versagt auch dieses, was ziemlich häufig ist, so 
wende man sich an die Strophanthuspräparate, die 
sich im allgemeinen durch schnelle Wirksamkeit auszeichnen. 
Zu empfehlen ist die titrierte Strophanthustinktur 
der Marburger Universitäts-Apotheke (2—3 mal täglich 5 bis 
6 Tropfen), die den rein dargestellten Strophanthinen 
vorzuziehen ist. Vielfach empfiehlt sich die Kombination der 
spezifischen Herzmittel mit Diureticis, z. B. Diuretin, Kal. 
acetic., Fruct. Juniperi etc. Erreicht mail auch mit solcher 
Kombination nicht genug, so ist die kanadische Hanf- 
Wurzel (A p o c y n u m cannabinu in) am Platze, die bei 
einer digitalisälinlichen Wirkung gleichzeitig diuretische Eigen¬ 
schaft hat. (Fluidextrakt 2—3 mal täglich 10—15 Tropfen.) 
Wenn die Digitalispräparate vorher bei einem Pat. infolge 
langen Gebrauchs nicht mehr genützt hatten, können sie nach 
mehrmonatiger durch Apocynum ausgefüllter Pause wieder 
wirksam werden. — Vor dem früher sehr gerühmten Kalo- 
m e I als Diureticum warnt Verfasser, jedenfalls darf es nur 
bei kräftigen Menschen mit großer Vorsicht unter dauernder 
Kontrolle der Nieren verwendet werden. In seltenen Fällen nützt 
K a in p h e r (subkutan als Oel oder innerlich als Oblate oder 
in Pillen), vorwiegend bei renaler Herzinsuffizienz. In be¬ 
stimmten Fällen von Herzinsuffizienz, deren Ursache mehr im 
Gefäßsystem liegt (Aorteninsuffizienz, Aneurysma, Arterio¬ 
sklerose meist syphilitischen Ursprungs) sind ferner die J o d - 
Präparate bisweilen von ausgesprochener Wirkung. — In 
den Fällen, wo die Digitalisinfuse zwar die gewünschte 
Wirkung entfalten, aber vom Magen nicht dauernd vertragen 
werden, empfiehlt Verfasser neben den Dialysaten von G o 1 a z 
und Bürger warm das Digipuratum der Firma Kno 11 
u. Co., welchem im Gegensatz zum Digalen die volle 
Digitaliswii'kung eigen ist. Bisweilen wird allerdings auch 
Digipuratum vom Magen aus nicht vertragen, und da erzielt 
man oft mit rektaler Applikation noch den gewünschten Erfolg, 
wofür sich bei Digitalis das Infus, das Dialysat, die Tinktur und 
Digalen, bei Strophanthus die Tinktur eignet, die Dosen sind 
dann etwas höher zu nehmen. Ist auch die rektale Verab¬ 
reichung den Kranken lästig, so versuche man es mit den erst 
im Dünndarm löslichen Rumpel sehen G elodurat- 
kapseln von Fol. Digitalis, mit denen Verfasser gute Erfolge 
erzielt hat. Ferner kommen die Injektionstherapien iu Be¬ 
tracht, wobei man von den Digitalispräparaten die Medikamente 
in gleicher oder sogar höherer Dosis geben muß als per os, 
während man dieStrophantliusgabeu dabei auf etwa den zehnten 
Teil der per os genommenen reduzieren muß. Hier kommt 
nur die intramuskuläre und intravenöse Injektion von Digalen, 
Strophanthin oder der Digitalis- bezw. Strophanthustinktur in 
Frage, da die subkutane zu stark reizt. Man hat dabei die 
Tinktur mit neun Teilen Wasser zu verdünnen und von dieser 
Verdünnung 2—5 Teilstriche zu injizieren. Mit den intravenösen 
Strophaiithiiiiiijektioiien hat Verfasser keine besonderen Er¬ 
folge erzielt; bei Mißerfolg mache man höchstens zwei Versuche 
mit der Injektionstherapie. T. L. 

Dr. Eberhard Veiel, Assistent d. Medizin. Univ.-Klinik Tübin¬ 
gen (Prof. Dr. v. Romberg): Ueber Digipuratum-Knoll. 
(Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 39.) 

Die physiologische Wirkung-starke von 0,1 g D i g i p u - 
ratu m entspricht genau dem Wirkungswert, den S i e b e r t 
und Ziegenbein für 0,1 g ihrer Blätter angeben. Um ein 
Urteil über den Wert des Digipuratums zu bekommen, wurde 
ein Vergleich gezogen zwischen der Wirkung dieser beiden 
Präparate in je 50 Fällen mit möglichst gleichen Bedingungen 
und an einem durchaus gleichwertigen Material. 

Gewisse Erscheinungen der Herzinsuffizienz, wie Cirrhose, 
Dyspnoe, Leberschwellimg und Pulsbeschleunigung wurden 
gleichmäßig beeinflußt. Dagegen fiel bei Beobachtung von 
Kranken, die an erheblicher Wasserretention litten, von Anfang 
an auf, daß Digipuratum eine bedeutend bessere diureti- 
sche Wirkung ausübt als Pulvis foliorum Digitalis. Bei 
Digipuratum überstieg die Urinausscheidung die Nahrungs- 
llüssigkeitsmenge, durchschnittlich pro Tag berechnet, um 
205 ccm, während sie bei dem Digitalispulver durchschnittlich 
um 126 ccm zurückblieb. Das Maximum des Ueberschießens 
der Diurese betrug durchschnittlich bei Digipuratum 1046 ccm 
und wurde am fünften Tag nach Verabreichung von 
614 Tabletten erreicht, während bei dem Digitalispulver diese 
Menge sich auf 458 ccm belief. Diese Ueberlegenheit des 
Digipuratum tritt noch auffälliger in die Erscheinung, wenn 
man die Fälle von Herzinsuffizienz mit gleichzeitiger Nephritis 
— auch liier zeigte sich das Digipuratum den Blättern über¬ 
legen — ausscheidet. In den Testierenden Fällen übertraf das 
maximale Ueberschießen der Diurese bei Digipuratum das¬ 
jenige bei Pulv. fol. Digit, durchschnittlich um beinahe das 
Dreifache. 

Das Digipuratum wirkt daher entschieden kräftiger auf die 
Nierentätigkeit als Pulv. fol. Digit. Da Digitaliskörper nach 
Löwi die Nierentätigkeit unabhängig von einer Einwirkung 
auf den Kreislauf anregen, da ferner hei gewissen Nierenkrank- 





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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 44. 


heiten nach He ding er die Diurese durch Digipuratum viel 
energischer angeregt wird als bei gesunden Nieren, so liegt es 
nahe, diese auffällige diuretische Wirkung des Digipuratums 
auf eine besonders kräftige Nierenwirkung zu beziehen. 

Trotz recht vorsichtiger Dosierung traten bei beiden Prä¬ 
paraten gelegentlich unangenehme Nebenwirkungen auf, wobei 
allerdings, wie der Autor anführt, betont werden muß, daß die 
württembergische Bevölkerung gegen alle differenten Mittel 
überaus empfindlich ist. K. 

Dr. Reinhold Dünger (Dresden): Eine einfache Methode der 
Zählung der eosinophilen Leukocyten und der praktische 
Wert dieser Untersuchung. (Münch, med. Wochenschr., 
1910, No. 37.) 

Verfasser empfiehlt auf Grund mehrjähriger Erfahrung 
eine Methode, welche es erlaubt, rasch und genau die absolute 
Zahl der eosinophilen Zellen zu ermitteln. Als Färbeflüssig¬ 
keit dient folgende Lösung: 

lproc. wässerige Eosinlösung 

Azeton.ää 10 g 

Aq. destill.ad 100 „ 

Diese Lösung wird gut aufbewahrt; sie ist lange haltbar. 
Mit ihr wird das Blut in der zur Leukocytenzählung bestimmten 
Mischpipette verdünnt, und zwar stets im Verhältnis 1 :10, 
auch wenn hochgradige Leukocytose besteht. Nun wird drei bis 
fünf Minuten lang geschüttelt und dann die Zählkammer ge¬ 
füllt. Als solche ist unter allen Umständen eine große, 9 qmm 
Fläche haltende Kammer (nach Zappert, Breuer oder 
Türk) zu verwenden, noch besser eignet sich für diesen 
Zweck die neue Bürker sehe Kammer mit ihren zwei je 
9 qmm großen Zählflächen. Die Zählung kann sofort vor¬ 
genommen werden, wobei eine intensiv grelle Lichtquelle bei 
enger Blende wünschenswert ist. Tn dem hellrosa gefärbten 
Gesichtsfeld treten ausschließlich die Eosinophilen als rund¬ 
liche, aus glänzend roten Körnern zusammengesetzte Kugeln 
ungemein scharf hervor. Die Farbe der Granula ist hellgelb¬ 
rot bis rubinrot, der Kern ist ganz oder fast ganz verdeckt. Alle 
übrigen Leukocyten sind zu ,.Schatten“ geworden, die nur 
schwach hervortreten; die roten Blutkörperchen sind bis auf 
wenige Exemplare völlig unsichtbar. Das scharfe Hervortreten 
der Eosinophilen erlaubt nun das Arbeiten mit relativ 
schwachen Vergrößerungen. Am besten ist nach Verfasser 
eine Vergrößerung von 120—150, man kann auch noch 
schwächere Systeme verwenden. Die Verwendung der 
schwachen Vergrößerung ermöglicht eine sehr schnelle Zäh¬ 
lung der Eosinophilen. Die absolute Zahl der Eosinophilen 
im Kubikmillimeter beträgt beim gesunden Erwachsenen 100 
bis 200. Bei Verwendung einer 9 qmm fassenden Kammer und 
der Verdünnung 1 :10 zählt man also 9—18 eosinophile Zellen 
(in der B ü r k e r sehen Kammer 18—36). Außerordentlich 
deutlich wird bei der geschilderten Technik eine Vermehrung 
der Eosinophilen sichtbar, man findet dann 30—60—100 Zellen 
in der Kammer, vielleicht sogar noch mehr, so daß sich die 
Diagnose „Eosinophilie“ schon beim ersten Blick ins Mikro¬ 
skop stellen läßt, ln den Fällen von Verminderung der Eosino¬ 
philen sieht man nur wenige Exemplare in der ganzen Kam¬ 
mer, manchmal sogar kein einziges. Die schnelle Zählung der 
Eosinophilen ist für viele Fälle von nicht geringer diagnosti¬ 
scher Bedeutung. Vermehrung det- eosinophilen Zellen findet 
sich vorwiegend bei folgenden Zuständen: 1. Myeloische 
Leukämie, 2. Erythrämie (Polycythämie), 3. Scharlach. Die 
hier mit neutrophiler Leukocytose kombinierte Eosinophilie ist 
differentialdiagnostisch wichtig gegenüber Masern, Röteln und 
scarlatiniformen septischen Exanthemen. Da sie die Fieber¬ 
periode lange überdauert, ist sie auch für die retrospektive 
Diagnose von Bedeutung. 4. Asthma bronchiale. 5. Alle Ento- 
zoenkrankheiten, z. B. Tänien, Echinokokken, Trichinosis. 
6. Hautkrankheiten der verschiedensten Art. 7. Neurasthenie. 
8. Milzausschaltung. Postinfektiöse Eosinophilie findet sich in 
der Rekonvaleszenz fast aller Infektionskrankheiten. Zuweilen 
findet man bei malignen Tumoren starke Eosinophilie. Kinder 
bis zum 14. Jahre zeigen schon unter normalen Verhältnissen 
eine geringe Vermehrung der Eosinophilen. Als Krankheiten 
mit normalen Werten der Eosinophilen nennt Verf. 1. Röteln, 
2. Pocken, 3. tuberkulöse Meningitis, 4. Lungentuberkulose, so 
lange es noch nicht zu schwerer, sekundärer Eiterinfektion ge¬ 
kommen ist, 5. Gelenkrheumatismus in leichteren Fällen. Ver¬ 
minderung oder Fehlen der Eosinophilen weisen folgende 
Krankheiten auf: 1. Typhus, 2. Sepsis, 3. Masern, 4. Pneumonie, 
5. Erysipel. 6. akute Eiterungen (Appendicitis, akute gynäko¬ 
logische Affektionen), 7. schwere Influenza. Ueberhaupt 
zeigen alle Infektionskrankheiten wenigstens während der 
Akme eine gewisse Verminderung der Eosinophilen. Dieses 
charakteristische Verhalten der Eosinophilen bei den verschie¬ 
denen Krankheiten ist von großer diagnostischer Bedeutung. 
Kommen z. B. die Eosinophilen in halbwegs normaler, normaler 
oder gesteigerter Zahl vor, so läßt sich Typhus so gut wie sicher 
ausschließen. Verfasser führt als Beispiel einige Fälle an, in 
denen sich die Eosinophilenzählung sogar der Wi dal sehen 


Reaktion als überlegen erwies. Auch für die Prognosen¬ 
stellung ist die Eosinophilenzählung von .Bedeutung; das Vor¬ 
handensein von eosinophilen Zellen ist bei Infektionskrank¬ 
heiten im allgemeinen von günstiger prognostischer Bedeutung. 

R. L. 

Primararzt Dr. Ferdinand Ehler (Pilgram): Ueber Kropf 
blutungen. (Wiener med. Wochenschr., 1910, No. 35.) 

Der Kropf wächst gewöhnlich allmählich. Rasche Ver¬ 
größerung des Kropfes ist am häufigsten durch Blutung in den 
Kropf hinein oder durch Entzündung bedingt. Obwohl die 
Blutungen eine sehr wichtige Rolle im Wachstum des Kropfes 
spielen, so wurde ihnen doch bisher nur wenig Interesse ge¬ 
schenkt. Es ist sehr begreiflich, daß'solche Blutungen im 
Kropfe, der so gefäßreich ist, sehr oft Vorkommen. Es handelt 
sich hier, wie W ö 1 f 1 e r treffend bemerkt, um kapilläre und 
größere Apoplexien, die denen des Gehirns analog sind. Die 
Blutgefäße bei Kröpfen sind oft zart und fein, so daß sie bei 
gesteigertem Blutdruck oder bei den geringsten Traumen ein¬ 
reißen und zur Blutung führen können. Dies gilt besonders 
für den Distrikt der Thyreoidea infer., welche speziell dünn¬ 
wandig ist. Größere Blutungen, die in das Gewebe oder in die 
Kropfknoten hinein erfolgen, verursachen öfters sogenannte 
falsche Cysten; durch die Blutung wird das Gewebe zerstört 
und nekrotisch erweicht, wodurch ein Hohlraum entsteht, dessen 
Wände sich zu einer fibrösen Schwarte umwandeln. Der In¬ 
halt solcher Cysten ist gewöhnlich von. Derivaten des Hämo¬ 
globins gefärbt und bleibt lange nach der Blutung schokolade¬ 
artig. Die Blutungen können auch in die schon präformierten 
Colloidcysten erfolgen und vergrößern dieselben manchmal 
sehr stark, wodurch verschiedene Beschwerden hervorgerufen 
werden. Kleinere oder nur sehr kapilläre Blutungen werden 
allmählich resorbiert und sehr oft sogar organisiert, so daß 
sie sich in bindegewebige Massen umwandeln, aus denen sich 
alsdann umschriebene, fibröse Knoten (oft mit Verknöcherung) 
oder diffuse fibröse Hypertrophien entwickeln. Diese 
Aetiologie vermutet v. Eiseisberg bei der Entstehung der 
Struma fibrosa, so daß hier die Blutungen sogar einen Kropf¬ 
typus schaffen. Blutungen kommen bei den Kröpfen sehr oft 
vor und in den mehrere Jahre bestehenden Kröpfen fehlen sie 
fast niemals. Die Ursachen, die zu einer Kropfblutung Ver¬ 
anlassung geben, sind sehr mannigfaltig. Nach Brüning 
unterscheidet man innere und äußere Momente. Die inneren 
sind an einen plötzlich gesteigerten Blutdruck in den Arterien 
oder eine mächtigere Stauung in den Halsvenen gebunden. Es 
handelt sich in solchen Fällen um angestrengtes Husten, Heben 
schwerer Lasten, Springen, Turnen, Singen und Blasen von In¬ 
strumenten etc. Die äußeren Momente bestehen in Traumen 
verschiedener Art. welche den Kropf direkt oder seine Um¬ 
gebung treffen. Verfasser hatte im verflossenen Winter Ge¬ 
legenheit, zwei derartige rasch gewachsene Kröpfe zu ope¬ 
rieren und stieß dabei auf einen pathologischen Befund, der 
für die Genese der Kropfblutungen vielleicht von Bedeutung 
ist. In beiden Fällen handelte es sich um Anomalien der Ge¬ 
fäße, und zwar im Verlaufe oder der Teilung der Art. 
thyreoid. infer. Verfasser vermutet nun, daß die Blutungen 
mit den Gefäßanomalien im Zusammenhänge stehen. Hyrt.l 
und Luschka haben bewiesen, daß die Schilddrüsenarterien 
in ihren Endästen keine besonderen Kommunikationen unter 
einander haben, so daß die Drüse aus vier oder fünf (beim Vor¬ 
handensein der Art. thyreoidea ima) isolierten Gefäßbezirken 
besteht, in denen selbständige pathologische Prozesse (Ent¬ 
zündung, Blutung, Degeneration usw.) Vorkommen können. In 
dem Falle, wo es sich um eine Gefäßanomalie handelt, werden 
diese Blutbezirke derangiert und die Blutzirkulation ganz ab¬ 
normal gestaltet. Auf eine solche Weise ist es dann möglich, 
daß Blutungen ganz irregulär und im Gewebe 'zerstreut Vor¬ 
kommen. K r. 

Prof. Riedel (Jena): Ueber Verlauf und Ausgang der Strumitis 
chronica. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 37.) 

In den Fällen von „eisenharter“ Struma ist die Härte durch 
reichliche Entwicklung von Bindegewebe bedingt. Es han¬ 
delt sich in diesen sehr seltenen Fällen nicht etwa um eine 
maligne Neubildung, um einen Skirrhus der Glandula 
thyreoidea, sondern um eine chronische Strumitis, also um 
einen chronisch entzündlichen Prozeß. Verfasser ist in der 
Lage, als Beweis für die Richtigkeit dieser Auffassung zwei 
Fälle anzuführen. In dem einen Fall war die mikroskopische 
Untersuchung des partiell exstirpierten Tumors vorgenommen 
worden, der Patient hatte noch ■'/, Jahre nach der Operation 
gelebt, der Kropf hatte sich weiter zurückgebildet; der Kranke 
erlag dann einer Nephritis. Der zweite Kranke, bei welchem 
1896 und 1897 kleinere Teile des Schilddrüsentumors exstir- 
piert wurden, lebt noch jetzt in fast gesundem Zustand, die 
Schilddrüsenvergrößerung hat sich fast ganz zurückgebildet. 
Dieser Verlauf beweist, daß es sich in derartigen Fällen nicht 
um einen malignen Prozeß handelt. Bei diesem Kranken hatte 
sich die Schilddrüsengeschwulst innerhalb acht Wochen zu 




No. 44. 


THERAPEUTISCHE KUNDSCHAU 1910. 


667 


Mannsfaustgröße entwickelt. Eine vollständige Exstirpation 
war wegen der Verwachsung mit den großen Gefäßen und 
Nerven nicht möglich; deshalb wurde, um die wenigstens hoch¬ 
gradige Atemnot zu beheben, ein Keil aus dem Isthmus der 
Schilddrüse herausgeschnitten, es gelang dadurch, die Trachea 
in Gestalt einer schmalen Rinne freizulegen, wonach der 
Kranke sich langsam erholte. Allmählich, im Laufe der Jahre, 
schrumpfte die Struma, so daß gegenwärtig außer am Halse 
nichts mehr vom Kropf zu fühlen ist. — Wenn man in diesen 
Fällen wegen Atemnot zu operieren genötigt ist, muß man sich 
auf die Exzision eines bis auf die Trachea reichenden Keiles 
beschränken; die halbseitige Exstirpation des Kropfes ist ganz 
unmöglich, weil Carotis, Jugularis interna und N. Vagus un¬ 
trennbar mit der Geschwulst verwachsen sind. Hat der Isthmus 
der Schilddrüse ein etwas größeres Volumen, so gelingt auch 
die Tracheotomie nicht; die Superior gelingt nicht, weil man 
den Kropf nicht von der Trachea ablösen kann, für die inferior 
fehlt es unten oberhalb des Jugulum an Raum. Die Aetiologie 
dieser Krankheit ist unaufgeklärt. 

Dr. M. Nonne (Hamburg-Eppendorf): Kasuistisches zur Diffe¬ 
rentialdiagnose zwischen multipler Sklerose und ßiicken- 
markskompression, (Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
No. 37.) 

Verfasser zeigt an einigen Fällen, daß trotz der in den 
letzten Jahren verfeinerten Diagnose des Tumor extra- 
medullaris es auch jetzt noch Fälle gibt, bei denen die Diffe- 
reutialdiagnose zwischen extramedullärem Tumor einerseits 
und multipler Sklerose und sog. kombinierter Strang¬ 
erkrankung andererseits lange schwanken kann, gerade infolge 
der erweiterten Erfahrungen über die atypischen Formen der 
multiplen Sklerose und der sogenannten kombinierten Strang¬ 
erkrankung (Pseudo-Systemerkrankung, Myelitis intrafuni- 
cularis) und der atypischen Verlaufsweise der komprimieren¬ 
den Rückenmarkstumoren. In derartigen zweifelhaften Fällen 
läßt Verfasser die probatorische Laminektomie behufs Frei¬ 
legung der Dura resp. Eröffnung derselben an den durch den 
Symptomenkomplex gebotenen Stellen der Wirbelsäule vor¬ 
nehmen. In vier von Verfasser eingehender mitgeteilten 
Fällen verlief die Laminektomie negativ. Zwei Fälle davon 
kamen später zur Sektion; diese ergab ih dem einen Falle 
multiple Sklerose, in dem anderen eine Pseudocystenerkran¬ 
kung. Der dritte Fall ist vorläufig ungeklärt. Am merk¬ 
würdigsten ist der vierte, einen 19 jährigen Gärtner betreffende 
Fall. Hier trat nämlich im Anschluß an die ergebnislos ver¬ 
laufene Laminektomie des 7.—9. Dorsalwirbels Heilung der 
sämtlichen Lähmungen (untere Extremitäten, Bauchmuskeln, 
Blasenparese) und Sensibilitätsstörungen ein, so daß der 
Patient wieder arbeitsfähig wurde. Die Heilung dauert schon 
fünf Jahre, der Nervenstatus ist wieder ganz normal. In Wissen¬ 
schaftlicher Beziehung. ist dieser Fall unaufgeklärt. 

Rose Wertheimer-Raffalovich: Experimentelle Untersuchungen 
über die Pantoponwirkungen. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 37.) 

Die Verfasserin stellte im pharmakologischen Institut zu 
Bern experimentelle Untersuchungen über die Wirkung des 
Pantopon an. welche folgende Resultate ergaben: Die in dem 
Pantopon vereinigten Gesamtalkaloide des Opiums lösen beim 
Kaninchen einen ausgesprochenen hypnotischen Effekt aus und 
beeinflussen das Atmungszentrum weniger als das Morphium. 
Was die Dosierung betrifft, so verstärken sich Alkaloide des 
Opiums in ihrer narkotischen Wirkung nicht. Die Vorzüge 
des Pantopons dem Morphium gegenüber sind namentlich in 
einer qualitativen Verschiedenheit der Wirkung zu suchen, die 
sich durch geringe Beeinflussung der Respiration charakteri¬ 
siert. Unter Umständen kann auch die weniger große Tiefe 
der durch Pantopon hervorgerufenen Narkose als ein Vorzug 
angesehen werden. Das Pantopon stellt sich auch nach den 
Versuchsergebnissen der Verfasserin als ein völlig gereinigtes 
Opiumpräparat dar, das dem Opium gegenüber die großen Vor¬ 
züge einer genauen Dosierbarkeit und rascheren Resorptions¬ 
fähigkeit, dem Morphium gegenüber den wesentlichen Vorteil 
einer geringeren Wirkung auf das Atmungszentrum hat. 

Sanitätsrat Dr. Pernico (Frankfurt a. 0.): Ueber Fremdkörper 
in der Speiseröhre. (Deutsche med. Wochenschr., 1910. 
No. 37.) 

Verfasser berichtet über einen Fall, in welchem er sich 
genötigt sah. einen Fremdkörper aus dem Oesophagus auf 
operativem Wege zu entfernen. Ein 31 jähriger Mann hatte ein 
Gebiß verschluckt; es fand sich im thoracalen Teil der Speise¬ 
röhre fest eingekeilt, etwa 33 cm hinter der Zahnreihe. Drei 
Tage nachdem der Patient das Gebiß verschluckt hatte, sah 
Verfasser den Patienten zuerst; die Röntgendurchleuchtung 
ergab, daß der Fremdkörper mit der Längsachse der Achse des 
Oesophagus entsprechend etwa in der Höhe des 7.—9. Brust¬ 
wirbels lag. Das Gebiß hatte deutlich erkennbar zwei ge¬ 


bogene Agraffen, welche links oben und rechts unten lagen. 
Es gelang wegen der festen Einkeilung des Fremdkörpers, 
weder ihn zu extrahieren, noch ihn in den Magen zu befördern. 
Deshalb wurde die Oesophagotomie dicht oberhalb des Jugu¬ 
lum von der linken Seite her gemacht. Der Fremdkörper be¬ 
fand sich noch 10 cm unterhalb der Oeffnung; es gelang nicht, 
ihn mit den Fingern zu fassen. Auch mehrere Versuche, ihn 
mit Zangen zu fassen und zu extrahieren, mißlangen. Darauf 
wurde mittels eines schmalen, sehr langen Raspatoriums das 
Gebiß etw'as gelockert. Aber auch jetzt glückte die Extraktion 
mittels Kornzange nicht. Diese gelang erst, als während des 
Ziehens mit der Kornzange das Gebiß dauernd mit dem Raspa- 
torium umgangen wurde. Nach der Extraktion wurde der 
Oesophagus vernäht, die Schleimhaut isoliert mit Darmseide, 
die Muskulatur in zweiter Schicht, dann wurde die Wunde 
nach genauem Austupfen locker tamponiert, und der Patient 
bekam zunächst nur flüssige Nahrung. Es trat in wenigen 
Wochen reaktionslose Heilung ein. — Im Anschluß an den 
Fall macht Verfasser einige kurze Bemerkungen über Fremd¬ 
körper in der Speiseröhre, ihre Diagnose und Behandlung. 

R. L. 

Spischarny: Ueher die Behandlung der Komplikationen des 
runden Magengeschwürs. (Archiv f. klin. Chir., Bd. 92, 
H. 1.) 

An der Hand des großen Materials der Moskauer chirurgi¬ 
schen Universitätsklinik, in welcher während der letzten 
15 Jahre 110 Fälle von Ulcus ventriculi behandelt wurden, be¬ 
richtet S. über seine Erfahrungen. In 49 pCt. handelte es sich 
um Pylorusstenose bei noch bestehendem Geschwür. 16 mal 
wurde die Gastroenterostomie ausgeführt mit zwei Todesfällen. 
Sieben Fälle wurden dauernd gebessert, in zwei Fällen trat 
ein Rezidiv, in einem Fall Ulcus pepticum ein. Bevorzugt wurde 
die hintere Gastroenterostomie. Die Resektion wird von S. 
nur bei Verdacht auf Ulcus carcinomatosum ausgeführt. Bei 
Pylorusstenose, gleichviel ob durch Ulcus, Ulcusnarbe oder 
sonstige Narbe bedingt, hält S. die Gastroenterostomie für das 
Normalverfahren. Sie gewährt bei ulceröser Pylorusstenose 
bisweilen die Möglichkeit, das normale Lumen und die Funk¬ 
tion desselben wiederherzustellen. Beimischung von Galle im 
Mageninhalt ist bei jeder Methode der Gastroenterostomie eine 
gewöhnliche Folgeerscheinung, welche eher nützlich als schäd¬ 
lich sein dürfte. 

E. Payr; Erfahrungen Uber Exzision und Resektion bei Magen¬ 
geschwüren. (Archiv f. klin. Chir., Bd. 92, H. 1.) 

Im ersten Teil dieser Arbeit (s. Archiv f. klin. Chirurgie, 
Bd. 90, H.'4) hat P. den gegenwärtigen Stand der Frage der 
chirurgischen Behandlung des Magengeschwürs, seine Indika¬ 
tionsstellung, Technik, seine Erfahrungen und Resultate mit¬ 
geteilt. Der vorliegende zweite Teil der Arbeit befaßt sich mit 
der speziellen Darstellung des Materiales des Verfassers, 
bringt also vor allem in extenso die Krankengeschichten von 
25 an 24 Patienten vorgenommenen Geschwürsexzisionen und 
-Resektionen und erörtert im Anschluß hieran die sich hieraus 
ergebenden anatomischen, klinischen und operativ-technischen 
Gesichtspunkte. Die Anamnese wies fast in allen Fällen auf 
ein Ulcus hin oder ließ zum mindesten mit Sicherheit ein 
Magenleiden vermuten. 16 Patienten hatten Hämatemesis 
oder bluthaltige Stühle ein oder mehrere Male gehabt, bei 14 
I bestanden Stenoseerscheinungen. Das Leiden bestand kürze¬ 
sten Falles seit einem Jahr, längstens seit 26 Jahren. Der sehr 
lange Bestand eines Ulcus spricht bis zu einem gewissen Grade 
für die Gutartigkeit des Magenleidens. Die Aufblähung des 
Magens mit Kohlensäure ergiebt wertvolle Aufschlüsse über 
Lage, Form und Größe des Magens. Von der Röntgenunter¬ 
suchung mit Wismutdarreichung wurde kein Gebrauch ge¬ 
macht, dagegen die motorische und sekretorische Funktion in 
jedem Fall bestimmt. Ein fühlbarer Tumor war in 
14 Fällen vorhanden. eine mehr weniger deutliche 
Resistenz in der Mehrzahl der übrigen Fälle. Die 
klinische Diagnose wurde 19 mal mit Sicherheit gestellt, 

, die Lage des Geschwürs 16 mal richtig diagnostiziert. 
7 mal saß das Geschwür nur am Pylorus, 12 mal an der kleinen 
Curvatur, 7 mal an der Hinterwand, 2 mal an der Vordenvand 
des Magens. 15 mal wurde die Totalresektion des Geschwürs, 
10 mal die Exzision des Gesclvwürs gemacht; 11 mal wurde die 
Gastroenterostomie hinzugefügt, in den übrigen Fällen die 
Stümpfe axial vereinigt. An den unmittelbaren Folgen der 
Operation ist nur ein Fall gestorben, gewiß ein ausgezeichnetes 
Resultat. Ein Fall starb 17 Monate nach der Operation an 
Ulcus pepticum. Alle übrigen, zum Teil seit sieben Jahren 
Operierten sind bis auf zwei geheilt bezw. ganz erheblich ge¬ 
bessert. Die meisten sind ganz beschwerdefrei und zeigen 
Gewichtszunahmen von 20 bis 61 Pfund. Die einzeln mit¬ 
geteilten Krankengeschichten nebst Abbildungen sind äußerst 
lehrreich; die Arbeit im ganzen kann zum Studieren im Origi¬ 
nal nicht angelegentlich genug empfohlen werden. 

Adler (Berlin-Pankow). 



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No. 44. 


THERAPEUTISCHE 

Privatdozent Dr. E. Grafe (Heidelberg): l eher die Bedeutung 
der Oelsäure für die Diagnose des Magencarcinoms. (Münch, 
med. Wochenschr., 1910, No. 38.) 

Verfaser hat seit einigen Jahren Untersuchungen über die 
hämolytische Wirkung des Mageninhalts angestellt und ge¬ 
funden, daß bei Magencarcinom der Aetherextrakt des Magen¬ 
saftes, der durch Ausheberung nach Probefrühstück gewonnen 
. ist, meist starke Hämolyse zeigt, während bei Magehgesunden, 
sowie anderweitig Magenkranken sich meist keine Hämolyse 
nachweisen ließ, nur unter 61 Fällen von Ulcus zeigte sich in 
zehn Fällen, die durch besondere Hartnäckigkeit und lange 
Dauer ausgezeichnet waren, eine geringe Hämolyse. Nur in 
vier Fällen von Magencarcinom. die durch enorme Gastrektasie 
ausgezeichnet waren, wurde Hämolyse vermißt. Diese Er¬ 
gebnisse wurden später auch von anderen Autoren bestätigt. 
Tm weiteren Verlauf seiner Untersuchungen stellte Verfasser 
fest, daß die betreffenden hämolytischen Substanzen kokto- 
stabil. alkohol- und ätherlöslich, sowie fermentfest sind, und 
schließlich ergab sich durch Untersuchung des allmählich an¬ 
gesammelten Aetherextrakts. daß die hämolytische Substanz 
aus Oelsäure besteht. 0.0003 g Oelsäure genügen, um 1 ccm 
einer 5proz. Menschenblutkörperaufschwemmung in zwei Stun¬ 
den bei Blutschränkwärme komplett zu lösen. Am wahrschein¬ 
lichsten ist es nach Verfasser, daß die Oelsäure im Magen¬ 
saft selbst entsteht, denn die Schleimhaut des Magen-Darni- 
kanals und der malignen Tumoren ist reich an Oelsäure. Ver¬ 
fasser ging dazu über, den hämolytisch wirksamen Stoff, die 
Oelsäure, im Magensaft Quantitativ zu bestimmen, mittels ihrer 
Eigenschaft. Jod zu addieren. Man gebraucht dazu eine 
'/»cio normale wässerige Natriumthiosulfatlösung, ferner eine 
1 .1 ihi normale alkoholische Jodlösung, eine lOproz. Jodkalium¬ 
lösung, eine 1 proz. Stärkekleisterlösung. Für die Unter¬ 
suchung kann nicht jeder Magensaft benutzt werden. Einmal 
muß vor Darreichung des Probefrühstücks der Magen nüchtern 
klar gespült sein, was in den Fällen schwerster Ektasie des 
Magens nicht immer gelingt. Unterbleibt die Magenspülung 
morgens nüchtern, so hat nur der negative Ausfall der Probe 
Bedeutung. Ferner darf der Magensaft nicht deutlich gallig 
verfärbt sein, da in solchen Fällen durch Darmrückfluß Oel¬ 
säure in den Magen gelangen kann. Negativer Ausfall der 
Probe mit gallenhaltigem Magensaft spricht gegen Carcinom, 
der positive Ausfall dagegen ist nicht zu verwerten. Außer in 
ganz schweren Fällen von Gastroptose gelingt es stets, einen 
nicht deutlich gallig verfärbten Magensaft zu bekommen. Tm 
einzelnen gestaltet sich die Methode folgendermaßen: Am 
Abend vor dem Probefrühstück wird eine möglichst fettarme 
Kost gegeben, am anderen Morgen nüchtern der Magen vor¬ 
sichtig vollkommen klar gespült. Dann wird das übliche 
Ewald sehe Probefrühstück gegeben und nach % Stunden 
der Mageninhalt vorsichtig möglichst vollständig ausgehebert 
und filtriert. Von dem put gemischten Filtrat, das ein Aufent¬ 
halt von 24 Stunden im Eisschrank nicht verändert, werden 20 
bis 40 ccm genommen. Die Flüssigkeit, deren Menge im ein¬ 
zelnen Falle genau bekannt sein muß, wird mit Normalnatron¬ 
lauge gegen Phenolphthalein schwach, aber deutlich alkalisch 
gemacht und dann mit etwa dem doppelten Volumen Aether im 
Pulverglas oder Scheidetrichter einige Minuten geschüttelt. 
Nach Trennung der ätherischen und wässerigen Schicht wird 
die letztere, die die Fettsäuren als Seifen enthält, mit Schwefel¬ 
säure angesäuert und nochmals mit einer neuen Aethermenge 
durchgeschüttelt. In den Aether. gehen dann die freien Fett¬ 
säuren über. Er wird von der wässerigen Schicht getrennt und 
in einer Porzellanschale abgedunstet. Der meist minimale 
Rückstand wird dann in 20 ccm Chloroform gelöst und in ein 
Pulverglas übergefüllt und dazu 10 ccm der alkoholischen Jod¬ 
lösung hinzugesetzt, deren Titer in einer gleich behandelten 
Kontrollprobe mit Chloroform allein jedesmal neu bestimmt 
werden muß. Nach Aufenthalt von 2—5 Stunden im Dunkeln 
wird die Menge Jod, die gebunden ist, durch Rücktitration mit 
' 1 /»im Natriumthiosulfatlösung bestimmt. Vorher werden zirka 
100 ccm Wasser, 5 ccm Jodkaliumlösung und 5 ccm Stärke¬ 
kleisterlösung hinzugesetzt und so lange Natriumthiosulfat¬ 
lösung aus der Bürette einfließen gelassen, bis die Blaufärbung 
durch freies Jod gerade verschwindet. Während der Titration, 
besonders gegen deren Ende, muß mehrmals kräftigst durch¬ 
geschüttelt w'erden, damit Chloroform und Wasser gut ver¬ 
mischt werden. Die Menge der verbrauchten Thiosulfatlösung 
abgezogen von derjenigen, die dem Titer der Jodlösung ent¬ 
spricht, gibt das Jodbindungsvermögen der verwendeten Menge 
Magensaft an. Um Vergleichszahlen zu erhalten, wird stets 
auf 100 ccm Magenfiltrat umgerechnet, da, wo dessen Menge 
über 100 beträgt auf 200, bei über 200 auf 300. Der obere 
Grenzwert der Norm liegt bei einem Jodbindungsvermögen 
von 10 ccm 11 Um Jodlösung pro 100 bezw. 200 und 300 ccm 
Magensaft. Bei höheren Werten gilt die Probe als positiv und 
spricht für Carcinom. In zweifelhaften Fällen muß die Probe 
wiederholt werden. Das Jodbindungsvermögen der nicht carci- 
nomatösen Magensäfte liegt zwischen 0 und 9,5 ccm der Titer¬ 
lösung, gewöhnlich zwischen 5 und 7, bei Ulcera ist es etwas 


RUNDSCHAU l9i0. 

höher. Beim Carcinom können die Werte bis über 30 ccm 
steigen, meist liegen sie zwischen 11 und 20 ccm. — Unter 77 nicht 
carcinomatösen Magensäften fiel die Probe nur zweimal positiv 
aus, in zwei Fällen schwerer Ulcera, unter 22 Fällen von siche¬ 
rem Carcinom war sie nur einmal negativ, bei einem Carcinoma 
pylori mit sehr starker Gastrektasie. Die Methode eignet sich 
nach Verfasser hauptsächlich zur Differentialdiagnose von 
Carcinom gegenüber Achylie, Gastritis, nervöser Dyspepsie 
und pernieiöser Anämie. R- E. 

Dr. Felix Mendel (Essen): Zur Diagnose und Therapie des 
Ulcus duodeni. (Deutsche med. Wochenschr., 1910, No. 37.) 

Während nach den Publikationen englischer und amerika¬ 
nischer Autoren das Ulcus duodeni in England und Amerika 
nicht selten zu sein scheint und auch seit etwa seit zehn Jahren 
dort häufig operativ behandelt wird, fängt man bei uns erst seit 
kurzem an, dem Ulcus duodeni größere Beachtung zu schenken 
und sich mit der Diagnose und Therapie dieses Leidens zu be¬ 
schäftigen. Von den Amerikanern wird zur Diagnose des 
Duodenalgeschwürs schon der Nachweis der sog. Hunger¬ 
schmerzen im Epigastrium, die mehrere Stunden nach der 
Mahlzeit einsetzen und nach jeder neuen Nahrungsaufnahme 
sistieren. als genügend angesehen. Verf. hat dieses Symptom 
schon 1903 in einer Arbeit in der „Münch, med. Wochenschrift“ 
beschrieben; dieses Symptom kommt aber nach Ewald und 
Boas auch bei anderen Erkrankungen zur Beobachtung, z. B. 
bei Hyperacidität, bei Verwachsungen zwischen Duodenum 
und Gallenblase, bei Arteriosklerose. Verfasser weist nun 
auf ein anderes, ebenfalls von ihm schon 1903 angegebenes 
Hilfsmittel zur Sicherung der Diagnose hin, es besteht in der 
direkten Perkussion des Epigastrium. Führt man mit dem 
Perkussionshammer leichte kurze Schläge auf das Epigastrium 
bei möglichst entspannten Bauchdecken, so wird auch der 
empfindlichste Patient keine Schmerzen verspüren, so lange der 
Magen, das Duodenum oder deren Nachbarschaft gesund ist. 
Leidet der Patient aber an Ulcus ventriculi oder duodeni. so 
gelangt man bald an einen Punkt, wo auch der leiseste Schlag 
als ein intensiver Schmerz empfunden wird, der stets von einem 
Nachschmerz gefolgt ist. Man kann in den meisten Fällen 
einen kreisförmigen Bezirk abgrenzen, innerhalb dessen auch 
die leiseste Perkussion schmerzhaft ist, während außerhalb 
des Bezirks auch heftigere Schläge keinen Schmerz hervor- 
rufen. Was speziell das Ulcus duodeni anlangt, so ist bei 
diesem direkt rechts neben der Linea alba etwas unterhalb der 
Mitte zwischen Rippenbogen und Nabel immer ein scharf um¬ 
grenzter Schmerzbezirk, meist von der Größe eines Zweimark¬ 
stückes nachzuweisen. Diese Schmerzzone wird allmählich 
mit der fortschreitenden Heilung des Geschwürs kleiner und 
ist nach Vollendung der Heilung ganz verschwunden. Ver¬ 
fasser'hat in den letzten zehn Jahren mehr als 30 Patienten 
mit Ulcus duodeni behandelt und in der größten Zahl der Fälle 
durch interne Behandlung völlige Heilung erzielt. Es werden 
viel mehr Männer als Frauen von dieser Krankheit befallen. 
Was die interne Behandlung des Ulcus duodeni anlangt, so 
entspricht sie im großen und ganzen den Grundsätzen, die für 
die Behandlung des Magengeschwürs maßgebend sind; sie ist 
also in erster Linie eine physikalisch-diätetische, insbesondere 
ist die Diät die gleiche wie beim Ulcus ventriculi. Eine kon¬ 
sistentere Nahrung darf erst dann verabreicht werden, wenn 
mittels der Perkussion keine Schmerzzone mehr nachzuweisen 
ist, auch dann noch mehrere Wochen nur in Breiform. Von 


Medikamenten gibt Verfasser nur 

Natr. sulfuric. pulv.30 g 

Natr. phosphoric. pulv. ... 30 ,, 
Natr. bicarbonic. . . .... . 40 „ 


M. f. pulv. 

4 mal tilgt. 1 Teelöffel in einem Weinglase warmen Wassers vor der 
Mahlzeit. 

Bei anhaltenden Schmerzen empfiehlt sich Olivenöl zu 
geben, viermal täglich einen Eßlöffel direkt vor der warmen 
Salzlösung. Die Dauer der Liegekur schwankt je nach der 
Intensität der Erkrankung zwischen vier und sechs Wochen. 


Dr. Karl Schiller (Budapest): Behandlung mittels Hyperämie bei 
Ambulanten. (Pester medizin.-chir. Presse, 1910, No. 36.) 

Man kann nach den Erfahrungen des Verfassers die 
Hyperämiebehandlung der meisten akuten chirurgischen In¬ 
fektionskrankheiten auch bei ambulanten Kranken ohne Gefahr 
anwenden, und zwar ebenso die Saug- wie die Staubehandlung. 
Die Saugbehandlung ist ganz gefahrlos und gibt gute Resul¬ 
tate bei Furunkeln, Karbunkeln, Abscessen, Lymphadenitiden 
non tuberculos., Mastitis und Bubonen. Die Staubehandlung 
kann bei akuten Entzündungen auch bei Ambulanten in den 
meisten Fällen ohne Gefahr mit gutem Erfolg angewendel 
werden. Der durch die Stauungsbehandlung erreichbare 
schnellere Stillstand der Entzündung, die kurze Heilungsdauer 
und der gute funktionelle Erfolg berechtigen zur Behandlung 
der Panaritien, auch der schweren Tendovaginitiden und Phleg¬ 
monen. Die besten Erfolge erreichen wir bei beginnenden, 





No- 44.__ THERAPEUT ISCHE 

leichten källen. Bei schweren Fällen bekommen wir aber 
auch nur sehr selten Mißerfolge. Bei chirurgischer Tuber¬ 
kulose ermöglicht die Hyperämiebehandlung, daß die Kranken 
ambulant auch weiter behandelt werden und noch vor defi¬ 
nitiver Heilung ihre Arbeit verrichten können. Es ist nicht 
ausgeschlossen, daß in manchen dieser Fälle die Hyperämie¬ 
behandlung neben der spezifischen Behandlung zur schnelleren 
Resorption beiträgt. K r. 

E. Hesse: Ueber den chirurgischen Wert der Antiferment¬ 
behandlung eitriger Prozesse. (Archiv f. klin. Chir., Bd. 92 

H. 1.) 

Auf Grund von 25 meist schweren progredient-eitrigen 
Prozessen, welche Verfasser im Obuchow - Krankenhaus in 
Petersburg der Antifermentbehandlung unterworfen hat, 
kommt er zu dem Schlüsse, daß der praktische Wert der Anti¬ 
fermenttherapie augenscheinlich geringer ist. als man auf Grund 
der richtigen theoretischen Voraussetzungen anzunehmen be¬ 
rechtigt ist. Der Organismus hat eben nicht nur mit den Zer¬ 
fallsprodukten zu kämpfen, gegen welche die Antifermente ia 
gerichtet sind, sondern hauptsächlich mit den Eitererregern 
und gegen diese sind die Antifermente machtlos. Immerhin 
sind sowohl die natürlichen, als auch die künstlichen Anti¬ 
fermente wesentliche Faktoren, deren Wert im Kampfe gegen 
die Infektion nicht unterschätzt werden sollte. Durch die ex¬ 
perimentelle Prüfung der Antifermente im geschlossenen Eiter¬ 
herde und die positiven Resultate anderer Autoren ist ihr Ein¬ 
fluß im klinischen Sinne entschieden. Nur scheint der 
therapeutische Wert nicht nur in der geschlossenen Behand¬ 
lung zu liegen die unsicher und unter Umständen gefährlich 
werden kann. H. befürwortet vielmehr breite Eröffnung der 
Abscesse und Serumtamponade. . Wieweit dann die Absceß- 
eröffnung und das Serum zum Stillstand beitragen, läßt sich 
schwer entscheiden, doch ist ein Einfluß des letzteren sehr 
wahrscheinlich. Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Heinr. Fischer, prakt. Arzt in Wiesbaden: Eine neue 

Therapie der Phlebitis. (Medizin. Klinik, 1910, No. BO.) 

Verfasser pinselt die ganzen Unterschenkel mit mäßig 
steifem Zinkleim (aus der Hofapotheke in Dresden) ein und be¬ 
grenzt die eingepinselte Fläche oben und unten mit einem etwa 
2 cm breiten, rings um den Schenkel gelegten Streifen Spital¬ 
watte. um das Einschneiden des später hart und an den Kanten 
scharf werdenden Verbandes in die Haut zu verhindern. Als¬ 
dann umwickelt er die bepinselte Fläche von den Knöcheln 
an mit vier bis sechs 5 oder 6 cm breiten, vorher in 
Hydroxy.-oxycyanat.-Lösung (1 :1000) aufgeweichten appre¬ 
tierten Gazebinden so fest als möglich, wobei es besonders 
auf die Gleichmäßigkeit des Verbandes ankommt. Nur wenn 
er glaubt, befürchten zu müssen, daß ein Teil des Thrombus 
sich während des Anlegens der ersten Binde loslösen und eine 
Embolie verursachen könnte, legt Verfasser diese von oberhalb 
der erkrankten Stelle nach unten zu an, die folgenden Binden 
aber wieder von den Knöcheln an — um eine Stauung des 
Blutes in den jeweilig unterhalb der umwickelten Fläche liegen¬ 
den Venenabschnitten zu vermeiden. Ueber den Gazebinden¬ 
verband legt Verfasser eine Idealbinde von 6 cm Breite, auch 
möglichst fest und ganz gleichmäßig an. Am Tage nach dem 
Verbände kann der Kranke fq^t immer schon ausgehen, und 
am dritten und vierten Tage muß der Patient zum Verband¬ 
wechsel erscheinen. Der zweite Verband liegt länger — etwa 
zehn Tage —. da die Abschwellung des Beines immer langsamer 
vonstatten geht, und unter ihm oder unter dem dritten Verbände 
pflegt volle Genesung zu erfolgen. 

Verfasser gibt folgende Erklärung für die schnelle Wirk¬ 
samkeit seines Verbandes: Durch den festen Verband werden 
die entzündeten Venen Wandungen fest zusammengedrückt, und 
der entzündete Thrombus wird festgehalten, so daß er nicht 
fortgeschwemmt werden kann; sollte bei der Erweichung des¬ 
selben sich trotzdem ein kleines Gerinsel ablösen, so wird es 
durch die auch oberhalb komprimierte Vene festgehalten, sö 
daß die Gefahr der Embolie mit der Anlegung des Verbandes 
als ganz sicher beseitigt betrachtet werden kann. Durch den 
starken Druck, unter welchen der Verband die thrombosierte 
Stelle setzt, wird das Blutgerinsel schnell zur Erweichung und 
dann zur Resorption gebracht. Indem durch den festen Ver¬ 
band die erweiterten Venen des Unterschenkels verengert und 
die durch die Erweiterung insuffizient gewordenen Venen- 
klappen wieder schlußfähig werden, kommt unter dem Ver¬ 
bände eine Förderung der Zirkulation zustande. Die Folge 
dieser Förderung ist die schnelle Abschwellung des Schenkels. 
Diese erhöhte Zirkulation bewirkt auch, daß die Thrombose 
sich nicht, wie bei der Ruhigstellung der Extremität — durch 
Blutstase weiter ausbreiten kann. K r. 

Dr. Franz Kuhn (Kassel): Die Wiederbelebung durch Ventila¬ 
tion der Luftwege per vias naturales. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 37.) 

Verfasser hält die schematische Anwendung des Sauer¬ 
stoffs bei der Wiederbelebung von Scheintoten für falsch. Die 


RUNDSCHAU 1910_ 669 

Zuführung geschieht dabei gewöhnlich mittels einer dicht auf 
das Gesicht (Mund und Nase) gepreßten Maske. Man über¬ 
schätzt dabei die Wirkung des reinen Sauerstoffs und über¬ 
sieht, daß die Applikation der Sauerstoffmaske enge, 
künstliche Verhältnisse schafft; sie ist daher in der Hand des 
Laien, da er die Zunge und den Kiefer nicht zu bedienen weiß, 
oft schlimmer als keine Hilfe; denn der Laie schafft mittels 
der Maske, die er über die Nase und den Mund bindet, zumeist 
schlechtere Verhältnisse für die Atmung, als diese ohne die 
Maske sind. Viel wichtiger als alle Sauerstoffapplikation ist 
die Entfernung der Kohlensäure. Die Hauptsache bei der 
Wiederbelebung muß die Ventilation der tieferen Luftwege 
sein. Diese wird besser und zuverlässiger als durch jede 
„künstliche Atmung“ durch die direkte Einführung eines sauer- 
stoffführenden Gases unter einem mittleren Druck in die Tiefe 
der Luftwege selbst bewirkt. Ob dieses Gas gute Luft ist oder 
reiner Sauerstoff, das ist gleichgültig. Wesentlich ist das Strömen 
desselben mit der Wirkung einer ergiebigen Ventilation. Man 
braucht also erstens eine Luftdruckquelle, zweitens bestimmte 
Einführungsapparate für die Luft. Als Luft- resp. Sauerstoff¬ 
quelle dient ein Gummigebläse resp. die Sauerstoffbombe, das 
erstere kommt nur in Betracht, wo keine Sauerstoffbombe zur 
Verfügung steht. Zur Einführung der Luft oder des Sauerstoffs 
hat Verfasser schon früher eine erweiterte perorale Intuba¬ 
tion empfohlen. Meitzer empfiehlt neuerdings dazu ein 
Gummirohr. Das katheterförmige Rohr wird der hilfebringende 
Laie zunächst tief in den Kehlkopf einführen, den Sauerstoff¬ 
strom öffnen und diesen dann unter entsprechenden Thorax¬ 
bewegungen kontinuierlich strömen lassen bis zur Ankunft des 
Arztes. Kommt dann der Arzt an, oder ist er von Anfang an 
zur Stelle, so wird er das Intubationsrohr einführen und durch 
dieses hindurch mit Hilfe des Röhrchens die Sauerstoffdurch- 
strömung fortsetzen. Ob und wann das Intubationsrohr indi¬ 
ziert ist, das zu bestimmen ist Sache des Arztes. Häufig kann 
man die Röhrchenströmung allein fortsetzen. Hat man keinen 
Sauerstoff, so nimmt man ein Gebläse. Wichtig sind neben 
der Sauerstoffzufuhr noch leichtere Thoraxbewegungen im 
Sinne der künstlichen Atmung, nach den Regeln der Schule. 

R. L. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

82. Versammlung 

Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom 18.—24. September 1910. 

Referent Herr L. Borchardt (Königsberg). 

(Fortsetzung.) 

Abteilung für Dermatologie und Syphilis 

' Referent: Herr W. Carl (Königsberg i. Pr.). 

Sitzung vom 20. September 1910, nachmittags 
4 U h r. 

Vorträge über die Behandlung der Syphilis mit dem Elir- 
lichschen Präparat 606. 

Herr Ehrlich (Frankfurt a. M.) spricht ungefähr folgender¬ 
maßen : 

Hochverehrte Anwesende! Ich hatte eigentlich die Ab¬ 
sicht, nur zum Schluß der Diskussion ganz kurz zu sprechen, 
weil die heutige Tagung den Klinikern gehört, denen, die 
wirklich über den Wert und den Unwert des Mittels zu ent¬ 
scheiden haben. Ich bitte daher um Verzeihung, wenn ich 
ganz kurz spreche, weil ich wirklich nicht präpariert bin. 

Was nun das neue Mittel anbetrifft, so sind die General ia 
Ihnen allen als berufenen Fachleuten genau bekannt. Ich 
kann mich daher auf einige kurze Mitteilungen beschränken. 
Es handelt sich hier — ich will auch nicht die Geschichte der 
Entdeckung, die Beteiligung der verschiedenen Autoren, Vor¬ 
gänger und Mitarbeiter erwähnen und will gleich in medias 
res eingehen — zunächst um die spezifische Wirkung des 
Mittels. Es ist Ihnen allen bekannt, daß die Wirkung beson¬ 
ders zutage tritt bei Anwendung einer genügenden Dosis; die 
in den Säften vorhandenen Spirochäten verschwinden und zwar 
bei ausreichender Dosis in 24—48 Stunden. Dauert das Ver¬ 
schwinden länger, so ist das meiner Ansicht nach ein Zeichen, 
daß die Dosis zu klein, die Resorptionsbedingungeu ungenügend 
oder daß es sich um einen arsenfesten Stamm handeln kann, 
wofür gewisse Anzeichen sprechen. 

Eine zweite Tatsache, die für die mitgeteilte Eigenschaft 
spricht, ist die Bildung spezifischer Antikörper. Es ist ja be¬ 
kannt, daß man bei der Syphilis schon lange und ziemlich ver¬ 
geblich gesucht hat, spezifische Antikörper, die eine spezifische 
Heilwirkung, auszuüben imstande sind, nachzuweisen. Beson¬ 
ders Neisser hat einen Teil seiner besten Arbeit bei diesem 
Problem geleistet. Nun, meine Herren, es scheint, als ob bei 
Heilwirkungen mit „606" aus Gründen, die ich gleich be¬ 
sprechen werde, die Chancen für den Nachweis dieser Stoffe 
günstigere sind. Ich beobachtete bei einer Mutter, die syphili- 



670 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 44. 


tisch war und mit „606“ behandelt worden war, daß das Stillen 
der Mutter einen außerordentlich günstigen Einfluß auf die 
hereditäre Syphilis des Kindes ausübte. Die Affektionen ver¬ 
schwanden ziemlich rasch; später haben Duhot und ver¬ 
schiedene andere Autoren dieselben Erfahrungen gemacht, 
und auch Raubitschek hat eine größere Anzahl dieser Be¬ 
obachtungen festgestellt. 

Nun ist ja der Arsengehalt der Milch ein außerordentlich 
geringer. Außerdem wirkt das Präparat kaum in so ungenügen¬ 
den Mengen, so daß man ohne weiteres darauf hingelenkt wird, 
daß Antikörper entstanden und hier resorbiert sind. Inter¬ 
essante Ergänzungen nach dieser Richtung sind von mancher 
Seite erfolgt und Marinescu, Plaut. Schölt z, 
Michallis, Meirowsky haben mir brieflich mitgeteilt, 
daß Serum von mit .,606“ behandelten Patienten geeignet er¬ 
scheint. die luetischen Affektionen zur Resorption zu bringen. 
Meine Herren, es geht hieraus hervor, daß spezifische Anti¬ 
körper sich bilden, die imstande sind, zunächst einen Heilungs¬ 
vorgang einzuleiten. Ich bin der Ansicht, daß diese Serum¬ 
heilung im allgemeinen nicht ausreicht, um eine definitive 
Heilung herbeizuführen, denn wenn von 1000 Spirochäten eine 
zurückbleibt, so genügt diese einzige, um ein Rezidiv hervor¬ 
zurufen. Die Säugungsimmunität ist aber von großer Bedeu¬ 
tung für die Behandlung der Kindersyphilis, insbesondere der 
hereditären. Wenn man solche Kinder injiziert, so beobachtet 
man, wie dies Wechselmann zuerst getan hat. einen außer¬ 
ordentlich prompten und schönen Heilungsverlauf, aber nach 
6—7 Tagen kommen bei einem Teil der Kinder schwere Er¬ 
krankungen vor, die wohl durch die frei gewordenen Endo¬ 
toxine der massenhaft zugrunde gegangenen Spirochäten be¬ 
dingt sind: die in die Blutbahn gelangten Toxine sind so die 
Ursache für die schweren sekundären Schädigungen. Nun 
glaubte ich. daß bei dem Steigen der Antikörper das ausge- j 
schlossen ist. Es wird hier der Hauptteil der Spirochäten ab¬ 
getötet und, da die Antikörper neutrale Eigenschaften haben, 
der Rest in eine unschädliche Form übergeführt. Man hat 
dann ein relativ gesundes, kräftiges Kind, welches einige 
Spirochäten hat. Hier glaube ich, ist die Indikation gegeben 
einem solchen Kinde gleich eine genügende Injektion mit „606“ 
zu machen, um zu versuchen, den Rest abzutöten. Das wäre 
die eine spezifische Wirkung. 

Eine zweite spezifische Wirkung, die vielleicht noch von 
größerem praktischen Wert ist, ist die Seroreaktion, die zuerst 
von Wassermann, Neisser und Bruck aufgefunden 
wurde und eine große Rolle spielt. Es ist aus allen jetzigen 
Beobachtungen ganz sicher, daß diese Reaktion mit der An¬ 
wesenheit und dem Vegetieren der Spirillen in engem Zu¬ 
sammenhänge steht. Es ist dies eine bekannte Tatsache, und 
ich brauche hier nicht darauf einzugehen. Nun ist aber eine 
Reihe von sehr interessanten Beobachtungen von verschiede¬ 
nen Seiten gemacht worden, die dahin gehen, daß eine negative 
Reaktion unter dem Einflüsse der Injektion zunächst positiv« 
wird und dann eventuell wieder verschwindet. Das 
findet statt bei gewissen primären Schankem in einer ge¬ 
wissen Periode. Aehnliches findet man, wenn auch seltener, 
bei gewissen Formen der latenten Syphilis. Es gibt Formen, 
in denen eine negative Wassermannsehe Reaktion vor¬ 
handen ist. Wenn man injiziert, so tritt zunächst die positive 
Reaktion ein. Wie ist das zu erklären? Ich glaube in Ihrem 
Sinne zu denken, wenn ich annehme, daß in diesen Formen 
die Zahl der Spirochäten minimal ist, so daß sie nicht imstande 
ist, die W a s s e r m a nn sehe Reaktion auszulösen. Wenn 
aber mit einem Schlage die Spirochäten sich auflösen und wenn 
diese zur Resorption gelangen, so ist der Ictus immunisatorius 
ein so großer, daß die vorher negative Reaktion in eine posi¬ 
tive umschlägt. Es ist also in einem solchen Falle das Auf¬ 
treten der Reaktion ein Beweis der wirklich syphilitischen 
Natur dieser Erkrankung. Nun können wir beurteilen, welche 
Bedeutung diese Reaktion für die „606“-Behandlung haben 
kann; man kann dieselbe nicht hoch genug einschätzen. Das 
darf man ohne weiteres sagen, daß ein Fall, welcher die Reak¬ 
tion trotz dieser Behandlung bietet, imgeheilt ist. Ich glaube, 
ich werde damit den hier Versammelten aus dem Herzen 
sprechen. Wir haben aber eine Anzahl von Fällen, in welchen 
die Reaktion negativ verbleibt. Daß sie negativ bleibt, bedeutet 
gar nichts; es kann sich hier, wie Neisser auseinandersetzte, 
nur um ein temporäres Verschwinden der Reaktion handeln. 
Es kann eben bei dem Actus therapeuticus bei einer Million 
Spirochäten sich darum handeln, daß 100 übrig geblieben sind. 
Es genügt diese Zahl zunächst nicht, die Reaktion auszulösen. 
Erst wenn diese 100 Spirochäten sich allmählich vermehren, 
kommt eine Reaktion zustande. Es ist daher jedes Positiv¬ 
werden einer negativen Reaktion analog zu setzen einem Rezi¬ 
div ohne äußere Erscheinungen, und daher eine Indikation, 
eine Behandlung vorzunehmen. 

Wie sie sehen, ist durch diesen Standpunkt diese Behand¬ 
lung nicht so einfach wie man glaubte. Ich habe auch nie ge¬ 
sagt, daß man einen Patienten nur injizieren und dann geheilt 
entlassen kann. Es wird die Aufgabe der Aerzte in der Zu¬ 


kunft sein, diese Fälle sukzessive in gewissen Zeiträumen zu 
untersuchen und die Wirkung vielleicht bei jedem zu verfolgen. 
Es liegt da eine ganz schwere Aufgabe der Zukunft vor, und 
in diesem Sinne wäre es sehr zu begrüßen, wenn es den an¬ 
gestrengten Bemühungen, und ich glaube, Wassermann 
stimmt da auch mit mir überein, gelingen würde, einen Weg 
zu finden derart, daß auch der Fachmann stets imstande ist, 
diese Prüfung fortlaufend am Patienten vorzunehmen. Das 
wäre die zweite spezifische Beeinflussung, die das Mittel 
ausübt. 

Dann kommt noch eine andere Wirkung, die außerordent¬ 
lich schwer zu erklären ist. Es ist mir von vielen Seiten be¬ 
richtet worden, daß das Mittel eine oft wunderbare schnelle 
Wirkung ausübt. Von verschiedenen Seiten habe ich die Nach¬ 
richt bekommen, daß Patienten z. B., die monatelang wegen 
luetischer Erkrankung keinen festen Bissen schlucken konnten, 
bald nach einer Injektion erheblich weniger Schmerzen hatten. 
Zum Beispiel in einem bekannten Fall, der zwei Monate ver¬ 
geblich behandelt worden war, wurde um 2 Uhr eine Injek¬ 
tion gemacht bei einem Gumma der Tonsille. Um 7 Uhr, fünf 
Stunden später, konstatiert der behandelnde Arzt, daß der 
Patient ein Butterbrot essen konnte. 

Analoge Fälle können, glaube ich, von den zahlreich ver¬ 
sammelten Herren ergänzt werden. Aehnliche wunderbare 
Erscheinungen findet man öfter. Ich weiß von einem Fall, daß 
Roseolen binnen drei Stunden verschwunden sind, Fälle von 
Knochenschmerzen in wenigen Stunden verschwunden sind, 
unangenehme Sensationen, welche viele Luetiker im Rachen 
haben, auch momentan verschwinden. Ich kenne einen Fall, 
eine chronische Makrochilie, der Patient hatte immerfort Jucken 
auf der Zunge. Eine Stunde nach der Injektion war die un¬ 
angenehme Erscheinung verschwunden. Bei -einer gummösen 
Erkrankung der Zunge war dies ebenfalls konstatiert. Ana¬ 
tomische Veränderungen können noch nicht eingetreten sein. 
Wenn ein solcher Mann imstande ist, Kaubewegungen zu 
machen, so muß doch etwas weggenommen sein; es muß die 
Schmerzhaftigkeit weggenommen sein. Man kommt daher zu 
der Anschauung, daß es sich hier um Sekretionsprodukte der 
Spirochäten handelt, die als solche Schmerzhaftigkeit bedingen. 

Wenn man annimmt, daß die Substanz „606“ sich in irgend 
einer Weise verbindet mit dem Toxin und auf diese Weise 
antineurälgisch wirkt, so erklären sich diese Beobachtungen 
in einfachster Weise. Man kann annehmen, daß die Substanz 
sich mit den Sekretionsprodukten verbindet und nach Art eines 
Antitoxins wirkt. 

Nun gibt es gewisse Beobachtungen, die dagegen zu 
sprechen scheinen, nämlich die Tatsache, daß man gelegentlich 
beobachtet, daß das Umgekehrte eintritt, nämlich eine erhöhte 
Reizung. 

Diese Beobachtung ist schon alt, sie ist auch beim Queck¬ 
silber vorgekommen. Sie scheint darin zu bestellen, daß nach 
einer Injektion eine starke Rötung, Hyperämie, eintritt. Die 
erste Beobachtung über „606“ in dieser Richtung, von der ich ge¬ 
hört habe, stammt aus Italien. Dort war man im allerersten 
Beginn außerordentlich vorsichtig, injizierte den Patienten nur 
Dosen von 0,025 und 0,05, anscheinend mit gutem Erfolge. Es 
trat die H e r x h e i m er sehe Reaktion ein. Die Spirochäten 
verschwanden momentan, um nach kurzer Zeit, 5—10 Tagen, 
wieder aufzutauehen und lokale Rezidive hervorzurufen. In 
diesen Fällen handelt es sich nafti meiner Ansicht darum, daß 
die Parasiten nicht abgetötet, sondern daß sie gereizt werden. 
Diese Erhöhung der Giftsekretion unter dem Einfluß der 
Reizung bedingt die lokalen Erscheinungen. Ich fasse also 
die Herxheim er sehe Reaktion und ähnliche Erscheinungen 
als eine ungenügende Wirkung, als ein Zeichen auf, daß die 
verwendete Dosis zu klein ist. Das wäre das, was ich über die 
Spezifizität sprechen wollte. 

Dann wollte ich noch kurz über die therapeutische Taktik 
sprechen. Ich habe immer und immer alle Arsenikalien als 
gefährliche Mittel angesehen und habe mir gesagt, daß es not¬ 
wendig sein müßte, ein solches gefährliches Mittel erst auszu¬ 
probieren in ausgedehntestem Maße. Man kann nicht ver¬ 
langen, daß ein Mittel, welches im Körper die Parasiten ab¬ 
tötet, vollkommen unschädlich sein soll. Aber, meine Herren, 
der Giftbegriff ist ein relativer. Nehmen Sie Chloroform und 
wählen Sie Soldaten aus. Sie können vielleicht 50 000 chloro¬ 
formieren ohne Todesfall. Wählen Sie gewöhnliches Kranken¬ 
material aus, so ist die Mortalität genau 1 :2060—2080 seit 
vielen Jahrzehnten. Würden Sie aber Herzkranke chloro¬ 
formieren, so würden Sie 1 pCt. bis 2 pCt. oder noch mehr 
haben. Die Mortalität des Chloroforms ist nicht konstant, son¬ 
dern hängt ab von der Art der Patienten. Dieses Gesetz gilt 
auch für alle therapeutischen Präparate. 

Man hat nun eine Erprobung vorzunehmen. Diese Er¬ 
probung hat ihre besonderen Schwierigkeiten insofern, als 
jeder, der solche unbekannte Mittel probiert, in die Lage ver¬ 
setzt werden kann, Patienten zu finden, die eine angeborene 
Ueberempfindlichkeit. besitzen und daher durch die Anwen¬ 
dung des Mittels zu Tode kommen können und den Arzt großen 
Unannehmlichkeiten aussetzen. Ich habe nun das Glück ge- 




»0. 44. 


671 


THERAPEUTISCHE 


habt, in Deutschland Herrn Prot. Alt und Herrn Prot. 
Iversen in St. Petersburg zu finden, die mich aut das Beste 
unterstützt haben. Herr Professor Alt hat vorwiegend au 
Paralysen und später mit Hoppe und Schreiber an 
frischer Syphilis gearbeitet und als erster die wunderbaren 
Heilerfolge konstatiert, während Iversen unabhängig davon 
Rekurrensstudien gemacht hat und den Nachweis erbrachte, 
daß unter einer Injektion Rekurrens definitiv heilt und alle 
Rückfälle vermieden werden. 

Aber, meine Herren, mit diesen Feststellungen war nur ein 
kleiner Teil der Aufgaben erfüllt, insofern, als ich, bevor ich 
das Mittel in die Praxis geben wollte, es für notwendig hielt, 
daß an 10 000—20 000 Fällen Beobachtungen vorliegen, damit 
man ganz genau wissen konnte, wie groß die Gefahrchancen 
sind, unter welchen Umständen sie auftreten. Solche Aufgabe 
war schwer zu erfüllen, insofern als die Erprobung eines 
solchen Mittels seine großen Schwierigkeiten hat, weil man 
nicht überall mitwirken kann, weil in einem größeren Betriebe 
Schäden auftreten können, die im Anfang und bei kleinerem 
Umfang von den Autoren durch große Sorgfalt vermieden 
werden können. 

Ich habe eine Reihe von Herren mit dieser Aufgabe be¬ 
traut. Ich muß gleich hinzufügen, daß es nur möglich ist, Er- 
prober zu finden, wenn die Resultate fortlaufend veröffentlicht 
werden, denn man wird keinen finden, der sich entschließt auf 
eine mündliche Mitteilung der Resultate hin Versuche anzu¬ 
stellen. Erst wenn öffentliche druckschriftliche Mitteilungen 
erfolgt sind, kann der Betreffende mehr Mut haben, Versuche 
anzustellen. Ich habe nun die Herren Wechselmann, 
Stern, Pick, Neisser und Schreiber gebeten, diese 
Versuche anzustellen; diese und später noch eine Reihe von 
anderen bewährten Fachmännern haben sich dieser Aufgabe 
unterzogen. Ich verfüge jetzt über Berichte von ungefähr 
10 000 Fällen, glaube aber 12 000 dürften wahrscheinlich in 
vero injiziert sein. 

Es hat sich herausgestellt, daß im allgemeinen das Mittel 
keine besonderen Gefahren bietet. Insbesondere darf ich wohl 
sagen, daß unter der großen Zahl von Fällen nur ein einziger, 
der in Jena, beobachtet worden ist, sich befunden hat, wo es 
sich um eine Patientin handelte, die ihrem Leiden nicht hätte 
erliegen müssen. Aber das hing so zusammen: Es handelte 
sich um eine schwächliche Person mit tertiärer Lues des Kehl¬ 
kopfes, bei der eine Injektion mit einer sauren Lösung aus 
äußeren Gründen gemacht wurde, eine Lösung, die besonders 
stark lokal reizte. Ich glaube, es handelt sich um einen Shok, 
der mit den neueren Präparaten wird vermieden werden 
können. 

Die andere Gruppe von Todesfällen, die kaum ein Dutzend 
erreichen dürfte, betrifft ausschließlich Fälle von ganz schweren 
Störungen des Nervensystems, also Tabes mit Kachexie, Fälle 
verblödeter Menschen mit Erweichungen im Gehirn, schwerer 
Tabes mit paralytischen Erscheinungen usw. 

Es sind dies alles Fälle, in denen die Injektion offenbar 
den Tod hervorgerufen hat, insofern als die Patienten wenige 
Stunden nach der Injektion gestorben sind. Aber es betraf 
Patienten, die auch ohne Injektion schon Todeskandidaten 
waren. 

Nun, meine Herren, ich bin durchaus der Meinung, daß 
man einen Patienten, auch einen verlorenen Fall injiziert, wenn 
man die Hoffnung hat, daß er sich bessern kann. So verfährt 
auch der Chirurg, der einfach eine Operation vornimmt, auch 
wenn sie sehr gefährlich sein sollte. Aber wenn unter diesen 
Umständen etwas passiert, wenn der Retter selbst ins Wasser 
fällt, soll man das nicht auf das Mittel schieben und sagen, das 
Mittel ist gefährlich, wie das jüngst von B u s c h k e geschehen 
ist, der unter fünf Fällen zweimal Arsenvergiftung beobachtet 
hat. Das wird jedem, der auch mit 606 behandelte Patienten 
beobachtet hat, höchst wahrscheinlich erscheinen. 

Ich bin auch der Ansicht, daß man einen solchen hoch¬ 
gefährlichen Versuch unternehmen kann und muß, wenn mau 
der Ueberzeuguug ist, man kann den Patienten dadurch retten. 

So ist z. B. ein Fall einer schweren Epilepsie. Patient war 
zwei Jahre in einer Irrenanstalt, erkannte seine eigene Mutter 
nicht. Es wurde eine Injektion gemacht. Patient bekam 
danach einen furchtbaren epileptischen Anfall, so daß der Arzt 
glaubte, daß er jede Minute sterben könnte. Der Patient kam 
davon, ist nach 4—5 Tagen in erheblichster Weise gebessert, 
kann sprechen, schreiben und liest. Ein Fall schwerster Lues 
mit Pneumonie, wo der betreffende Arzt die Injektion zunächst 
verweigerte (?), weil der Patient zu schwach war. Er beschloß 
am nächsten Tage es zu tun, Patient entfieberte in wenigen 
Stunden und war am nächsten Tage so wohl, daß er das 
Krankenhaus verlassen wollte. 

Bei schwereü Paralytikern aber glaube ich, daß es doch 
sehr gefährlich ist, Injektionen zu machen. Wenn es selbst ge¬ 
länge, einen .zu heilen, so wird doch sein Cerebrum so zer¬ 
stört sein, daß er vielleicht kein nützliches Mitglied der mensch¬ 
lichen Gesellschaft werden kann. Das wäre mein Standpunkt 
dem gegenüber, der eine Injektion vornimmt. 

Eine zweite Kontraindikation sind die Herzerkrankungen 


RUNDSCHA U 1910. 

und die der Gefäße. So ist mir z. B. ein Fall bekannt, wo ein 
Patient injiziert wurde und unmittelbar danach starb. Es zeigte 
sich ein Aneurysma, dessen Wandung geplatzt war. Der Patient 
wäre natürlich auch so gestorben, baß ein Aneurysma platzt, 
kommt vor. Ich habe selbst einen Epileptiker sterben sehen, 
bei dem das Fallen einer Schüssel einen tötlichen epileptischen 
Anfall hervorgerufen hat. Wenn man eine Injektion vornimmt, 
können schwere Unfälle eintreten. Ich glaube, daß man über¬ 
haupt bei Gefäßerkrankungen, die zu Aneurysma geführt haben, 
vorsichtig sein soll. Selbst wenn man die Spirochäten ent¬ 
fernt, wird das Aneurysma bestehen bleiben. 

Vielleicht darf ich noch sagen, daß wohl der wesent¬ 
liche Nutzen der heutigen Diskussion erreicht würde, wenn 
sich die versammelten Fachmänner besonders über die Tech¬ 
nik aussprechen wollten. Ich verstehe darunter sowohl die 
Art der Lösung als die Höhe der Dosen. Im allgemeinen 
wirkt ja immer am schnellsten die intravenöse Injektion und 
scheint auch mit 0,4—0,5 g gut ertragen zu werden. Weiterhin 
wirkt am besten die alkalische Lösung, die zuerst von A11 
und Iversen erprobt wurde und nur den kleinen Nachteil 
hat, daß sie ziemlich schmerzhaft ist. Dagegen hat die neu¬ 
trale Emulsion von Michaelis und Weckselmann den 
Vorzug, daß die Schmerzhaftigkeit geringer ist. Es besteht die 
Wahl zwischen den beiden Formen, sie hängt zum Teil ab nach 
meiner Ansicht von der Beschaffenheit des Individuums. 

Bei Neurasthenikern, bei Alkoholikern, bei Leuten, die 
sehr schmerzempfindlich sind oder bei denen der Schmerz eine 
unangenehme Reaktion des Herzens hervorruft, glaube ich, 
wird die neutrale Lösung vorzuziehen sein, während in anderen 
Fällen, wo man auf die Schmerzhaftigkeit nicht Rücksicht zu 
nehmen hat, wohl die alkalische Injektion als die am meisten 
wirksame und theoretisch beste in Betracht zu ziehen wäre. 

Ich glaube, daß in Zukunft eine Kombination beider In¬ 
jektionsformen, intravenös und subkutan, angebracht wäre, die 
zuerst von Iversen ausgeführt, mir aber unabhängig von 
verschiedenen Seiten, von Neisser, Alt und noch anderen 
als in Vorbereitung stehend bezeichnet worden ist. Ich glaube 
daher, daß bei sonst gesunden Individuen die Doppelinjektion, 
wie sie Iversen ausgeführt hat, zu empfehlen ist. Dem 
Patienten werden 0,4—0,5 g intravenös injiziert und an zweiter 
Stelle eine Dosis subkutan oder intramuskulär, die langsam 
resorbiert wird. Man braucht zu letzterer neutrale Lösungen 
oder verfährt nach den neueren Vorschriften von Volk, 
Kromayer. die mit einer Paraffinemulsion arbeiten. Das 
ist die Frage der Injektion. 

Außerordentlich wichtig ist dagegen die Frage der Dose. 
Die Dose hängt nach meiner Ansicht ab von der Art der 
Kranken. Ich kann keine allgemeine Direktive angeben. Ich 
glaube aber, daß bei Nervenerkrankungen man die Dosis klein 
wählen muß und hier nicht über 0,4 liinausgehen soll, denn 
wir müssen uns eben klar werden, daß wir hier solchen Indi¬ 
viduen gegenüberstehen, die überempfindlich sind und von 
Seiten ihres Herzens oder des zentralen Nervensystems un¬ 
angenehm reagieren könnten. Dann ist auch in Betracht zu 
ziehen, daß bei diesen Kranken offenbar die Zahl der Spirochäten 
in außerordentlich geringem Maß vorhanden zu sein scheint, 
so daß wahrscheinlich kleinere Mengen ausreichen, um eine 
eventuelle Abtötung der Spirochäten zu erreichen, ln dieser 
Beziehung darf ich wohl auf eine ganz wichtige Frage aufmerk¬ 
sam machen. 

Es ist notwendig, um einen klaren Einblick in die Heil¬ 
möglichkeit zu gewinnen, diese mittels der Wassermann- 
schen Reaktion fortlaufend zu kontrollieren. Es ist dies die 
wichtigste Frage in der Therapie. Leider ist die Zeit, die bis¬ 
her verstrichen ist, bei der Syphilis viel zu ungenügend, um 
etwas sagen zu können. Ich betrachte es daher als ein be¬ 
sonderes Glück, daß wir durch die vorhergehenden Arbeiten 
Alts über die Paralyse Beobachtungsmaterial haben, welches 
bezüglich der Behandlung mit Arsenophenylglyzerin sich über 
zwei Jahre erstreckt. Das letztere insbesondere ist intensiv 
untersucht von Neisser, ist im Wesen genau von denselben 
Wirkungen wie 606, nur mit dem Unterschied, daß das Präpa¬ 
rat häufiger Nebenwirkungen ausübt, die die Anwendung des 
Präparates im großen hindert. Im Prinzip ist die Wirkung der 
Substanz genau wie die von 606. 

In Uchtspringe" ist festgestellt worden, daß ungefähr 16 pCt. 
der Paralytiker ihre Wassermann sehe Reaktion verloren 
haben und ein ebenso großer Teil, 20 pCt., eine Abschwächung 
erkennen ließ. Bei der Beurteilung kommen nur die 16 pCt. 
in Betracht. Es hat sich nun gezeigt, daß diese Patienten in 
einem Zeitraum von zwei Jahren die Reaktion nicht wieder 
gewomien haben, und ich glaube, das ist eine Tatsache, die uns 
mit den besten Hoffnungen in die Zukunft blicken läßt. 

Ich komme nochmals zurück auf die Behandlung. Ich sage 
also, bei gewissen Formen mit wenig Spirochäten, Paralyse, 
Tabes und spinaler Syphilis wird man mit geringen Dosen aus- 
kommen können, um so mehr, als man ein zweites Mal, falls die 
Affektionen nicht heilen, insbesondere nach Wechsel m a n u 
die Injektion wiederholen kann. Dagegen bin ich der Ansicht 
Neissers, daß man versuchen soll, bei sonst kräftigen In¬ 
dividuen durch die erste Injektion möglichst den vollen Effekt 



67? 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 44. 


zu erzielen. Wie hoch soll man gehen? Ich glaube, daß man 
bei gesunden Individuell die Dosis vielleicht auf 0,8 bis 1.0 
wird steigern können, ohne besondere Gefahr. Ja, ich glaube, 
daß man vielleicht noch weit höher wird gehen können und 
eventuell auch versuchen kann, noch durch eine zweckmäßige 
Kombinationsbehandlung den Effekt, der fortlaufend zu kon¬ 
trollieren sein wird, zu verstärken. Das sind Aufgaben, die 
noch sehr viel Zeit und Arbeit erfordern werden. Es ist un¬ 
möglich bei einer so schwierigen Frage, im.ersten halben Jahre 
zu definitiven Resultaten zu 'gelangen. Das war das Wesent¬ 
lichste, was ich sagen wollte. 

Vielleicht darf ich nur noch anführen, daß das Mittel auc.i 
bei anderen Affektioneil wirkt. Ich möchte anknüpfen an 
den schönen Vortrag, den Herr Wassermann gehalten hat. 
Es ist möglich, daß dieses Mittel, wenn es auch auf Spirochäten 
eingestellt ist, auch eine Reihe anderer Affektionen sozusagen 
im Zerstreuungskegel trifft. Die Gründe, die maßgebend sind, 
sind ausführlich von W a s s e r m a n n auseinandergesetzt 
worden. Als solche Leiden möchte ich an erster Stelle die 
Frambösie nennen, die ja der Syphilis so nahe steht. Der 
Tierversuch hat nachgewiesen, daß man sie mit 606 behandeln 
kann. Auch bei Menschen (in Manila) hat man gefunden, daß 
606 außerordentlich gut wirkt. Ich glaube, daß 606 auch hier 
in kleineren Dosen wirksam ist. 

Eine zweite Affektion sind die vielen Spirochätenerkran¬ 
kungen, insbesondere die Hühnerspirillosen, bei denen zuerst 
von Uhl enhuth der Wert des Atoxyls erprobt worden war. 
Also auch hier heilt 606 in glänzender Weise. 

Weiterhin käme in Betracht Rekurrens, über welches 
Iversen Beobachtungsmaterial gesammelt hat. Dann scheint 
noch eine weitere Erkrankung, die Malaria, gut beeinflußt zu 
werden. Hier ist gleichzeitig von verschiedenen Seiten, von 
N o c h t und Iversen, mitgeteilt worden, daß bei gewissen 
Formen auch 606 eine Heilwirkung ausübt. Iversen spricht 
darüber, und so bitte ich diesen Teil übergehen zu dürfen. 
Dann scheint es noch, als ob vielleicht bei einer anderen Er¬ 
krankung ein gewisser Effekt zu erzielen wäre. Das ist näm¬ 
lich Variola. Wie mir Dr. Haller aus Saratow berichtete, 
hat .er unter 606 einen Fall von Variola zur Heilung kommen 
sehen, wie er einen von gleicher Schwere noch nie hat aus¬ 
heilen gesehen.. 

Also, da es sich um zwei Fälle handelt und um einen zu¬ 
verlässigen Arzt, so kann man vielleicht Hoffnungen hegen. 

Ich darf vielleicht erwähnen, daß ganz unabhängig hiervon 
mein Mitarbeiter M arks die Idee hatte, 606 bei mit Vaccine 
infizierten Kaninchen zur Anwendung zu bringen. Er rasierte 
die Rückenhaut nach dem C a 1 m e 11 e sehen Verfahren und 
sah dann an den rasierten Stellen eine starke Vaccination auf- 
treten, während bei Tieren, die 606 erhalten, die Reaktion voll¬ 
kommen ausblieb. Es scheint Marks gelungen zu sein, den 
Nachweis für die Wirksamkeit des Mittels' im Tierversuch 
zu erbringen. (Fortsetzung folgt.) 


III. Therapeutische Notizen. 

Wie Prof. v. Herff (Basel) neuerdings mitteilt (Münch, med. 
Wochenschr., 1910, No. 37), hat sich ihm das Sophol bei gegen 
7000 Neugeborenen als das brauchbarste Silberpräparat zur 
Verhütung der Blennor r h o i c a neonatorum bewährt. 
Das Sophol ist bekanntlich das Silbersalz der Formaldehyd- 
nukleinsäure. Auch als Mittel zur Behandlung von eitri¬ 
gen, durch verschiedene Bakterien hervorgerufenen Binde¬ 
hautentzündungen empfiehlt Verfasser das Sophol auf Grund 
seiner Erfahrungen. Man muß das Mittel je nach der Schwere 
der Erkrankung in schwächerer oder stärkerer Lösung (in 
etwa 5 proz. Konzentration), nötigenfalls stündlich anwen¬ 
den und es prophylaktisch noch einige Tage nach der Heilung 
weitergeben. R. L- 

Ueber Veronal und Veronalnatrium und seine Anwendung 
auf Seereisen berichtet Dr. R. Meyer (Therap. Monatshefte, 
1910, H. 6). M. hat die Resultate von Sehepelmann 
(Therap. Monatshefte, 1907, H. 8) nachgeprüft und kann sie 
nicht nur bestätigen, sondern dahin ergänzen, daß Veronal ein 
vorzügliches Unterstützungsmittel bei der Behandlung der See¬ 
krankheit und ähnlichen Erscheinungen ist. Es gelang in allen 
Fällen, das Erbrechen rasch zum Schwinden zu bringen. Im 
allgemeinen wurden 1—2 Tabletten ä 0,5 g auf der Höhe des 
Anfalles oder 1 Tablette vor dem drohenden Anfalle gegeben. 
Patienten, die vorher außerstande waren, auch nur den Speise¬ 
saal zu betreten, aßen kurz nach Veronalverabreichung mit 
gutem Appetit. Suggestivwirkung wird vom Autor aus¬ 
geschlossen, weil auch bei Erkrankten, die vorerst jede Medi¬ 
kation als nutzlos ablehnten, und nur mit Mühe zum Einnehmen 
des Veronals veranlaßt werden konnten, prompter Erfolg ein¬ 
trat. Veronal muß stets in großer Flüssigkeitsmenge gelöst 
oder in Form der an und für sich leicht löslichen Natriumver¬ 
bindung verwendet werden. M. 


IV. Bücherschau. 

Neuere Fortschritte der Eiweißforschung in ihrer Bedeutung 
für die Klinik. Von Prof. Dr. Alfred Schittenhelm (Er¬ 
langen). Würzburger Abhandlungen aus dem Gesamtgebiet 
der praktischen Medizin, Würzburg 1910, Bd. X., H. 9. 
Curt Ka b itzsich (A. Stübers Verlag). 24 S. 0,85 M. 
In der interessant geschriebenen Abhandlung gibt der Ver¬ 
fasser zunächst einen kurzen Ueberblick über die wichtigsten 
Ergebnisse der Eiweißchemie, die hauptsächlich in den Arbeiten 
des genialen Emil Fischer und seiner Mitarbeiter nieder¬ 
gelegt sind. Es ist bekanntlich gelungen, den Aufbau der ver¬ 
schiedenartigen Eiweißmoleküle aus Aminosäuren durch hydro¬ 
lytische Spaltung der Proteine nachzuweisen und auf syntheti¬ 
schem Wege aus den Aminosäuren Substanzen künstlich her¬ 
zustellen, die den Eiweißkörpern sehr nahe stehen (Polypep¬ 
tide). Daß diese Ergebnisse für die Physiologie von großer 
Bedeutung sind, ist ohne weiteres klar; Verfasser zeigt denn 
auch, zum Teil auf Grund eigener Untersuchungen, welchen 
Nutzen schon jetzt die biochemische Forschung aus der 
genaueren Einsicht in den Bau der Eiweißsubstanzen gezogen 
und von der Zukunft zu erwarten hat. Wer sich schnell 
über den gegenwärtigen Stand der Eiweißchemie unterrichten 
will, dem kann das vorliegende Heft empfohlen werden. 

Hie Zuckerharmuhr (Diabetes mellitus) und ihre Behandlung. 

Gemeinverständlich mit Kostanordnungen und Koch¬ 
anleitung dargestellt. Von Dr. med. A. Baumann (Frechen- 
Cöln). Verlagsgesellschaft Berlin, Berlin W. 57. 74 S. 

Der Verfasser hat die vorliegende Schrift in erster Linie 
für Laien geschrieben, um ihnen die Befolgung der vom Arzt 
gegebenen diätetischen Vorschriften zu erleichtern. Einleitend 
setzt der Verfasser in gemeinverständlicher Darstellung das 
Wesen der Zuckerkrankheit und ihr Auftreten in verschiede¬ 
nen Formen auseinander; er will damit aber keine Anleitung 
zur Selbstbehandlung geben, im Gegenteil, er weist auf die 
Notwendigkeit ständiger ärztlicher Ueberwachung hin, er will 
nur den Kranken und deren Angehörigen eine Einsicht in das 
Wesen des Leidens vermitteln, damit der behandelnde Arzt bei 
seinen Diät-Verordnungen auf verständnisvolle, gewissenhafte 
Befolgung der gegebenen Vorschriften rechnen kann. Den 
Hauptteil der Schrift nehmeji die Angaben über die verschiede¬ 
nen Hauptnährmittel und die Art ihrer Verwertung für die 
Kost des Diabetikers ein, wobei der Verfasser überall darauf 
hinweist, daß für die leichten, mittelschweren und schweren 
Fälle von Diabetes verschiedene Kostformen anzuwenden sind. 
Das kleine Buch kann man jedem einigermaßen gebildeten 
Diabetiker getrost in die Hand geben; es bietet dem Arzt eine 
gewisse Hilfe in der Behandlung des Diabetes, etwaige Punkte, 
in denen man mit den Ansichten und Vorschriften des Autors 
nicht übereinstimmt, kann man leicht berichtigen. 

Ein neues Gerät und neue Uebungen der schwedischen Hei) 
gymnastik zur Behandlung von Rückgrats-Verkrümmungen. 
Von Geh. Hofrat J. Oldevig (Dresden). Mit einer Einleitung 
von Dr. med. Axel Tagesson-Möller. 26 Ab¬ 
bildungen im Text. Verlag von Eduard Trewendts 
Nachfolger, Berlin W. 50. 51 S. 1 M. 

In dieser Schrift wird eine heilgymnastische Behandlungs¬ 
methode der Rückgratsverkrümmungen beschrieben, welche 
der Verfasser seit 20 Jahren, wie er angiebt, praktisch erprobt 
hat. Es handelt sich um ein System von Widerstandsübungen, 
bei welchem der Gymnast als Hilfsmittel einen breiten, 1 % bis 
2 m langen, mit Handgriffen versehenen Riemen benutzt. Es 
werden 34 derartige Riemenübungen im einzelnen beschrieben. 
Ob diese Behandlungsmethode gleiches oder mehr leistet, als 
die sonstigen. Methoden zur Bekämpfung der Hückgratsver- 
krümmungen, kann nur die Erfahrung lehren. 

Beiträge zu einer Kolloidchemie des Lebens. Von Raphael 
Ed. Liesegang. Dresden 1909, Verlag von Theodor 
Steinkopf f. 148 S. 4 M. 

In der vorliegenden Monographie bemüht sich der Ver¬ 
fasser, dessen eigentliches Arbeitsgebiet außerhalb der Biologie 
liegt, Bausteine zu liefern, um die Erklärung einer Reihe von 
physiologischen und pathologischen Vorgängen vom Standpunkt 
der physikalischen Chemie, insbesondere der Kolloidchemie 
anzubahnen. Zu diesem Zweck beschreibt der Verfasser eine 
große Anzahl von Versuchen, in welchen es sich hauptsächlich 
um Diffusionsvorgänge und makroskopisch sichtbare Reaktionen 
zwischen anorganischen Salzen in gelatinösen Lösungen han¬ 
delt. Diese Versuche bringt er dann in Beziehung zu einigen 
Theorien, welche von Physiologen und Pathologen in bezug auf 
das Wachstum der Röhrenknochen, die Pathogenese der 
Rachitis, der Osteomalacie u. a. aufgestellt worden sind und 
prüft die Zulässigkeit dieser Erklärungen an der Hand der 
mitgeteilten kolloidchemischen Beobachtungen. Da das Buck 
im wesentlichen aus einer Schilderung von Einzelbeobachtungeu 
besteht, kann über den Inhalt im Auszug nicht gut berichtet 



No. 44. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


673 


werden. Zweifellos wird es allen auf dem Gebiet der 
Biochemie tätigen Forschern mancherlei Anregungen bieten; 
diejenigen unserer Leser, welche sich für biochemische Fragen 
interessieren, mögen die interessante Schrift im Original 
studieren. R. L. 


V. Tagesgeschichte. 

Universitätswesen, Personalnacliricliton. 

Berlin. Zum dirigierenden Arzt im Rudolf- 
Virchow- Krankenhause ist Prof. Dr. Kurt 
Brandenburg gewählt worden. Er erhält die Stelle von 
L. Kuttner, der als Nachfolger Goldsclieiders Direk¬ 
tor der inneren Abteilung geworden ist. Prof. Branden- 
b u r g ist 42 Jahre alt und seit 1900 Privatdozent der inneren 
Medizin an der Universität. Seit 1906 führt er den Professor¬ 
titel. Vor vier Jahren wurde ihm nach Schweningers 
Rücktritt die Leitung der inneren Abteilung am Kreiskranken¬ 
hause zu Groß-Lichterfelde übertragen, die er bis jetzt inne¬ 
gehabt hat. 

G ö 11 i n g e n. Privatdozent Prof. Dr. Waldvogel hat 
sein Amt als Oberarzt der medizinischen Poliklinik nieder¬ 
gelegt. 

Düsseldorf. Hier ist in der vorigen Woche ein Denk¬ 
mal des hervorragenden Augenarztes Dr. Albert Mooren 
enthüllt worden. 

Jena. . Der vor kurzem in den Ruhestand getretene Ge¬ 
heimrat Prof. Dr. Riedel, der in den letzten Monaten schwei- 
leidend war, hat sich jetzt erfreulicherweise so erholt, daß ei¬ 
serne private Tätigkeit als Operateur weiter auszuüben gedenkt. 

Heidelberg. Dr. Zade, bisher Privatdozent der 
Augenheilkunde in Jena, ist seinem Chef Prof. Dr. Wagen- 
m a n n hierher gefolgt und als Privatdozent von der hiesigen 
medizinischen Fakultät übernommen worden. 


Kongreß- und Vercinsnaehrichtcii. 

Berlin. Am vorigen Montag tagte im Langenbeckhause 
eine große Versammlung von Zahnärzten, zu der Vereine aus 
dem ganzen Deutschen Reiche Vertreter entsandt hatten. Es 
handelte sich um eine Bestimmung der zur Beratung stehenden 
neuen Reichsversicherungsordnung, durch die, 
falls sie zum Gesetz erhoben würde, der Stand der Zahnärzte 
materiell und ideell zweifellos sehr geschädigt werden würde. 
Es wurde folgende Erklärung beschlossen: 

..Die am 17. Oktober 1910 im Langenbeckhause versammel¬ 
ten Zahnärzte und die Delegierten von 49 deutschen zahnärzt- 
Lchen Landes-, Provinzial- und Lokalvereinen richten an die 
hohe Regierung und den hohen Reichstag die Bitte, dem § 136 
der R.-V.-O. folgende Fassung zu geben: 

„Bei Zahnkrankheiten kann, sofern im Bezirke eines Ver¬ 
sicherungsträgers nicht genug Aerzte und Zahnärzte vorhanden 
sind, die die Behandlung übernehmen, widerruflich auch durch 
Zahntechniker die selbständige Behandlung erfolgen. Wer als 
Zahntechniker im Sinne des Gesetzes widerruflich zuzulassen 
ist, wird durch Verordnung der obersten Verwaltungsbehörde 
bestimmt. Die oberste Verwaltungsbehörde kann bestimmen, 
unter welchen Bedingungen auch Heildiener und Heilgehilfen 
selbständige Hilfe leisten können.“ 

Die Versammlung erhebt einmütig Einspruch dagegen, daß 
nach den Beschlüssen der Kommission zur Vorberatung der 
R.-V.-O. das einzig richtige Prinzip, dem Mitglied für seine Bei¬ 
tragspflicht die bestmögliche Behandlung durch staatlich appro¬ 
bierte Medizinalpersonen (Aerzte und Zahnärzte) zuteil werden 
zu lassen, bei der Behandlung von Zahn- und Mundkrankheiten 
durch die Zulassung von Zahntechnikern weiter als durchaus 
erforderlich durchbrochen werden soll. 

Die Versammlung wie die gesamte deutsche Zahnärzte¬ 
schaft sieht in der Kommissionsfassung eine Mißachtung des 
staatlich approbierten zahnärztlichen Standes und befürchtet 
eine schwere Gefahr für die Gesundheit unseres deutschen 
Volkes. Die Versicherten haben in Zukunft keinen rechtlichen 
Anspruch mehr auf Behandlung durch einen Zahnarzt, der auf 
Grund seiner gesetzlich geregelten Ausbildung eine sachgemäße 
Behandlung der Zahn- und Mundkrankheiten gewährleistet und 
heute als wichtiger Faktor bei den hygienischen Bestrebungen 
auf dem großen Gebiete der Volksgesundheitspflege aner¬ 
kannt ist. 

Es sind bereits zahlreiche Zahnärzte an Krankenhäusern, 
Lungenheilstätten, Landesversicherungsanstalten, Schulzahn¬ 
kliniken und beim Militär vorhanden. 

Die von der Kommission beschlossene Trennung von Zahn¬ 
krankheiten einerseits, Kiefer- und Mundkrankheiten anderer¬ 
seits ist wissenschaftlicli und praktisch undurchführbar. Die 
höchst notwendige und bereits in erheblichem Maße statt¬ 
findende Besetzung der kleinen Städte, die in ihrer großen 
Mehrheit heute nur Zahntechniker im Nebenberufe haben, mit 
Zahnärzten muß durch Annahme der Kommissionsbeschlüsse 
sofort aufhören, da alsdann eine Existenzmöglichkeit für den 
Zahnarzt dort nicht mehr vorhanden ist. 


Die Zahnärzte richten daher an die gesetzgebenden Körper¬ 
schaften die dringende Bitte, die Behandlung von Zahn- und 
Mundkrankheiten an die dafür vom Staate approbierten Zahn¬ 
ärzte und Aerzte zu überweisen und nur in dringenden Aus- 
nahmefällen Nichtapprobierte zuzulassen. Nach der Koni¬ 
missionsfassung wird klar ausgedrückt, daß zur Behandlung 
von Privatpatienten der Staat das Maturum, ein siebensemestri- 
ges Studium, Vor- und Staatsexamen für nötig hält, für die Be¬ 
handlung von Kassenpatienten dagegen der Nachweis einer 
Vor- oder einer Ausbildung im speziellen Beruf nicht erforder¬ 
lich ist. Kassenmitglieder wären also fortan Patienten zweiter 
Klasse.“ 

— Der V. Internationale Kongreß für Thalassotherapie 
wird vom 5. bis 8. Juni 1911 in Kolberg abgehalten werden. Vor¬ 
sitzender des Kongresses ist Geheimrat Martius (Rostock), 
stellvertretende Vorsitzende sind die Herren Geheimrat H i s 
(Berlin), Geheimrat Zuntz (Berlin) und Geheimrat Röch¬ 
ling (Misdroy). Folgende Referate werden erstattet werden: 

I. Die besonderen Bedingungen der Wirksamkeit der verschie¬ 
denen Meeresstationen unter Berücksichtigung ihrer speziellen 
klimatischen Eigentümlichkeiten. 2. Die chemische und bak¬ 
teriologische Zusammensetzung des Meerwassers an den ver¬ 
schiedenen Meeresstationen. 3. Die Wirkung der physikali¬ 
schen Agentien der Thalassotherapie auf die Stoffwechselvor¬ 
gänge der Gewebe. 4. Die Einwirkung der Seeklimate auf das 
Nervensystem. 5. Die Einwirkung der Seeklimate und See¬ 
bäder auf die Erkrankungen der weiblichen Sexualorgane. 
6. Der Einfluß des Seeklimas auf die Beschaffenheit des Blutes 
und den Blutdruck. Referenten sind die Herren: Prof. Glax 
(Abbazia), Prof. Barbier und Dr. Maura (Paris), Dr. 
Leop. Löw (Abbazia), Dr. Raben (Kiel), Prof. Paul 
Friedrich Richter (Berlin), Prof. Eulenburg 
(Berlin), Dr. Kurz (Abbazia). Prof. Bossi (Genua), Prof. 
Gott schalk (Berlin), Dr. Gmelin (Südstrand-Föhr), Dr. 
Helwig (Zinnowitz). Zahlreiche Vorträge von deutschen 
und ausländischen Kollegen sind für den Kongreß bereits an¬ 
gemeldet. Weitere Anmeldungen von Vorträgen werden an den 
Organisationsausschuß des Kongresses, z. H. des Schriftführers 
Dr. Kam in er, Berlin W., Potsdamerstr. 134b, erbeten. 

— Gestützt auf die Tatsache, daß das gemeinsame Vorgehen 
der Kulturvölker bei Bekämpfung des A 1 k o h o 1 i s m u s , 
der Tuberkulose, wie auch des Carcinonis sich als recht 
fruchtbringend erwiesen und in mancher Hinsicht schon Be¬ 
deutendes geleistet hat, ist eine Internationale Liga gegen 
Epilepsie ins Leben gerufen worden, um auch diesem so ver¬ 
breiteten Leiden mit vereinten Kräften entgegentreten zu 
können. An der Spitze der Liga steht ein aus bedeutenden 
Psychiatern und Neurologen zusammengesetzter internationaler 
Ausschuß, während fast alle Kulturländer in ihre nationalen 
Komitees, die im Sinne der Liga wirken sollen, namhafte 
Spezialisten gewählt haben. Während des vom 3.-7. Oktober 
in Berlin tagenden 4. Internationalen Kongresses 
zur Fürsorge für Geisteskra n k e hat die Liga unter 
dem Vorsitz von Prof. Tamburini (Rom) mehrere Sitzun¬ 
gen abgehalten und beschlossen: 1. Prof. Friedländer 
(Hohemark) und Prof. Vogt (Frankfurt a. M.) mit der An¬ 
fertigung eines die wichtigsten praktischen und theoretischen 
Gesichtspunkte berücksichtigenden Fragebogens zu betrauen, 
welcher den Delegierten der nationalen Komitees bald¬ 
möglichst zugestellt und ihnen bei Veranstaltung der Enquete 
als Vorbild dienen wird. 2. Sitz des permanenten Bureaus der 
Liga ist das Haager Bureau für internationale Kongresse 
[Sekretär Prof. H. Burger (Amsterdam)]. 3. Mitglied der 
Liga kann jeder werden, der sich für die Epilepsiefrage inter¬ 
essiert. Der Jahresbeitrag beträgt 10 M. Dafür erhalten aber 
die Mitglieder kostenlos das offizielle Organ der Liga „Epi- 
lepsia“ [Verlag von Johann Ambrosius Barth (Leip¬ 
zig), Abonnementspreis 18 M. jährlich]. Die nächstjährige 
Tagung der Liga erfolgt voraussichtlich in Zürich, woselbst 
dann die Resultate der internationalen Enquete mitgeteilt wer¬ 
den. 5. Vorsitzender der Liga bleibt Prof. T a m li urini, 
Vizepräsident: Prof. Donath (Pest), 1. Schriftführer: Dr. J. 

J. Muskens (Amsterdam, 365 Overtoom), Vizesekretäre: 
Direktor Claus (Antwerpen), Prof. Ferrari (Bologna), 
Direktor Hebold (Wuhlgarten-Berlin), Prof. Marie (Paris), 
Direktor Ulrich (Zürich), Dr. Ur stein (Warschau-Berlin). 
Schatzmeister ist Herr Meiner in Firma Job. Ambrosius 
Barth, Leipzig. 


Gerichtliches. 

Berlin. Ein Aufsehen erregender Beleidigungsprozeß, 
bei dem Aerzte gegen Aerzte vor den Schranken standen, kam 
in der vorigen Woche vor dem Schöffengericht zu C'harlotten- 
burg zur Verhandlung. Kläger war der Privatdozent der Ge¬ 
burtshilfe und Gynäkologie an der Berliner Universität 
Dr. W. Liepraann, Beklagte dessen Spezialkollegen, Privat¬ 
dozent Prof. Dr. B 1 u in r e i c h (Berlin) und der erst seit 
kurzem als ordentlicher Professor der Gynäkologie in Greifs¬ 
wald tätige Prof. Dr. Kroemer, früher Oberarzt an der 
Charite. Der Klage lagen folgende Vorgänge zugrunde. Als 




(574 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 44. 


der Bund für Mutterschutz den Wunsch hatte, ein 
Wöehnerinuenheira zu begründen, ihm aber die Mittel 
dazu fehlten, erbot sich der 'Kläger, seine neuerrichtete 
Priva tklinik dem Bunde derart zur Verfügung zu stellen, 
daß die Klinik den Namen Wöchnerinnenheim des Bundes für 
Mutterschutz erhalten sollte, und daß der Kläger dem Bunde 
sechs Freibetten zur Verfügung hielte und darüber hin¬ 
aus die von dem Bund überwiesenen Wöchnerinnen zu einem 
bestimmten niedrigen Verpflegungssatz anzunehmen hatte. Ein | 
Vorstandsmitglied des Bundes wurde gelegentlich beauftragt, 
sich über die Persönlichkeit des Herrn Dr. Li ep mann zu 
erkundigen. Der von dem Beauftragten im Vorstande erstattete 
Bericht kam Herrn Dr. Liepmann zur Kenntnis, worauf 
dieser gegen B 1 u m r e i c h und Kroeme r Klage wegen 
verleumderischer Beleidigung erhob. Wider 
besseres Wissen sollte behauptet worden sein, 1. daß der 
Kläger bei der ersten Entbindung seiner Ehefrau, um sich des 
ihm unerwünschten Kindes zu entledigen, persönlich ohne Hin¬ 
zuziehung eines anderen Geburtshelfers den Schädel des 
Kindes vor der Entbindung perforiert habe, 2. sollte wider 
besseres Wissen behauptet worden sein, der Kläger sei aus 
seiner Stellung in der Charite entlassen worden, 3. wäre be¬ 
hauptet worden, der Kläger habe aus einer pathologischen Ver¬ 
anlagung heraus vor mehreren Jahren einen Selbstmord ver¬ 
sucht. Schließlich war noch gegen Kroeme r besonders zur 
Klage gestellt, daß dieser einen über ihn an die Greifswalder 
Fakultät eingegaugeneu Bericht wider besseres Wissen als von 
Liepmann beeinflußt bezeichnet habe. Kroe m e r seiner¬ 
seits hatte Widerklage erhoben wegen mehrerer in dem 
von Liepmann verfaßten Schriftsätze enthaltenen Aus¬ 
führungen. 

Professor Blum reich bestritt entschieden die Berechti¬ 
gung sämtlicher ihm zur Last gelegten Ankiagepimkte. Er 
führte ungefähr folgendes aus: Eines Tages sei ein Vorstands¬ 
mitglied des Bundes für Mutterschutz zu ihm gekommen, um 
zu erfahren, ob verschiedene über Herrn Dr. Liepma n n ihm 
bekannt gewordene Tatsachen richtig seien, und um eine Aus¬ 
kunft über die Fähigkeiten und Charaktereigenschaften des 
Dr. L. zu erhalten. Daraufhin habe er es abgelehnt, sich über 
die letzteren zu äußern, um so mehr, als er sich mit dem ihm 
früher befreundeten Kollegen in einer literarischen Fehde be¬ 
finde. Die Auskunft könne sich also nur auf die Beantwortung 
von Fragen über Tatsachen beziehen. Er sei dann gefragt wor¬ 
den, ob'es wahr sei, daß Dr. L. sein eigenes Kind perforiert 
habe. Dies habe er bejaht. Die zweite Frage habe sich auf 
das Ausscheiden des Dr. L. aus der Charite bezogen. Er habe 
darauf erwidert, ihm seien zwei Lesarten bekannt, er wisse 
aber nicht, welche richtig sei. Drittens sei gefragt worden, oh 
Dr. L. früher einen Selbstmord versucht habe. Diese Frage 
habe er bejaht. Bezüglich aller anderen Fragen habe er an 
andere Kollegen verwiesen. Es sei durchaus unwahr, daß sich 
aus seinen Worten auch nur die Vermutung hätte entnehmen 
lassen, er unterschiebe dem Dr. L. die Absicht, daß dieser 
sich seines Kindes hätte entledigen wollen, und daß er die 
Ursache des Selbstmordversuchs in einer pathologischen Ver¬ 
anlagung erblicke. Dem Gerichtshof gegenüber hielt der Be¬ 
klagte freilich mit seiner Meinung nicht zurück, daß er es für 
ungehörig halte, wenn ein Vater, dem ausreichend Gelegenheit 
gegeben sei, w'ie in Berlin, in höchstem Maße befähigte Spezia¬ 
listen zu Rate zu ziehen, selbständig die Entscheidung 
über die Tötung des vor der Geburt stehenden eigenen Kindes 
fälle, und wenn er diesen für jeden Geburtshelfer auch den 
fremdesten Leuten gegenüber im höchstem Maße fatalen Ein¬ 
griff persönlich vornehme. Professor Kroemer bestritt, 
überhaupt mit der ganzen Angelegenheit anders als infolge 
der Klage selbst zu tun zu haben. Die Zeugenverneh¬ 
mung, bei der auch Geheimrat Prof. Dr. Bumm, bis vor 
kurzem Direktor der gynäkologischen Anstalten der Charite, 
über die Umstände aussagte, die im vorigen Jahre zum Ab¬ 
gang des Klägers aus seiner dortigen Stellung geführt hatten, 
bestätigte in allen wesentlichen Punkten die Angaben der 
beiden Beklagten. Daraufhin sprach das Gericht den Beklag¬ 
ten Prof. B 1 u mreich kostenlos frei. Der Beklagte Professor 
Kroemer wurde wegen der schwerwiegendsten Anklagen 
ebenfalls freigesprochen, erhielt aber 25 M. Geldstrafe, weil er 
nicht berechtigt gewesen sei, die von ihm gewählten Ausdrücke 
in seiner Abwehr wegen der Eingabe an die Greifswalder 
Fakultät zu gebrauchen. Der Widerklage Professor : 

Kroe m e r s wurde nicht stattgegeben, weil dem Kläger der 
Schutz des § 193 (Wahrnehmung berechtigter Interessen) zu¬ 
gebilligt werden mußte. (Nach „Voss. Ztg.“.) 

B e u t h e n. Von der hiesigen Strafkammer wurde der 
„Naturheilkundige“ P. aus Tarnowitz wegen Betrug zu zwei 
Jahren Zuchthaus verurteilt, weil er, allerdings gegen mäßiges 
Honorar, ohne Spur von Fachkenntnissen durch Verschreiben 
von Medikamenten bei ungebildeten Leuten darauf loskuriert 
hatte. 


Verschiedenes. 

L o n d o n. Nach einer Mitteilung des Chemikers Sir 
William Ramsay wird jetzt im Limehouse aus Pech¬ 
blende von Cornwall nach einem neuen Verfahren monatlich 
ein halbes Gramm Radium hergestellt. Es sei möglich gewesen, 
in zwei Monaten eine Quantität Radium zu gewinnen, für deren 
Herstellung im Auslande zwei Jahre erforderlich gewesen 
wären. 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

Bekanntmachung. 

Die Diphtherie-Heilsera mit den Kontrollnummern: 

1016 bis 1030, geschrieben: „Eintausendundsechzehn bis 
Eintausendunddreißig“, aus den Höchster Farbwerken; 

192 bis 196, geschrieben: „Einhundertzweiundneunzig bis 
Einhundertsechsundneunzig“, aus der Merck sehen Fabrik in 
Darm Stadt; 

137 bis 141, geschrieben: „Einhundertsiebenunddreißig bis 
Einhunderteinundvierzig“, aus dem Serum-Laboratorium 
Ruete-Enoch in Hamburg; 

226 und 227, geschrieben: „Zweihundertsechsundzwanzig 
und Zweihundertsiebenundzwanzig“, aus der Fabrik vorm. 
E. Schering in Berlin 

sind, soweit sie nicht bereits früher wegen Abschwächung etc. 
eingezogen sind, vom 1. Oktober d. Js. ab wegen Ablaufs der 
staatlichen Gewährdauer zur Einziehung bestimmt. 

Flaschen mit diesen Kontrollnummern dürfen hinfort nicht 
mehr in den Apotheken abgegeben werden, und können nach 
der Vereinbarung mit dem Laboratorium bei kostenfreier Ein¬ 
sendung kostenlos gegen einwandfreies Serum eingetauscht 
werden. 

Berlin, den 4. Oktober 1910. 

Der Polizeipräsident. 

Im Aufträge: Schlegtendal. 

Bekanntmachung. 

Das Diphtherie-Heilserum mit der Kontrollnummer 162, 
geschrieben: Einhundertzweiundsechzig, aus dem Serum- 
Laboratorium Ruete-Enoch in Hamburg ist wegen Ab¬ 
schwächung zur Einziehung bestimmt. 

Flaschen mit dieser Kontrollnummer dürfen hinfort nicht 
mehr in den Apotheken abgegeben werden, und können nach 
der Vereinbarung mit dem Laboratorium bei kostenfreier Ein¬ 
sendung kostenlos gegen einwandfreies Serum eingetauscht 
werden. 

Berlin, den 4. Oktober 1910. 

Der Polizeipräsident. 

In Vertretung: Rebling. 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen: Roter Adler- Orden 4. Kl.: 
Geh. San.-Rat Dr. Schönke in Posen, San.-Rat Dr. 
Caesar in Halberstadt, Prof. Dr. Anschütz in Kiel, Geh. 
San.-Rat Dr. Weitling, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. H e f f t e r 
und Geh. San.-Rat Prof. Dr. Gluck in Berlin. 

König 1. Kronen-Orden 3. Kl.: Kreisarzt Geh. Med.-Rat 
Dr. Klingelhöffer in Frankfurt a. M., Geh. San.-Rat 
Dr. Harmsen in Lüneburg, San.-Rat Dr. Go er dt in 
Bochum, Geh. Med.-Räte Professoren Dr. Ziehen, Dr. 
Hirschberg, Dr. Sonnen b u r g , Dr. V i r c h o w , Dr. 
Wasser ma n n, Dr. M. W o 1 f f in Berlin, Kreisarzt a. D. 
Geh. Med.-Rat Dr. Probst in Gardelegen. 

Prädikat Professor: Privatdozent Stabsarzt Dr. 

Isemer in Halle, Privatdozenten Dr. Frankenhäuser, 
Dr. Friedemann und Dr. Tomasczewski in Berlin. 
Ernannt: Dr. Deetz zum Oberlandphysikus und Medi¬ 
zinalreferenten des Landesdirektors in Arolsen, außerordentl. 
Professor Geh. Med.-Rat Dr. besser in Berlin zum ordentl. 
Honorarprofessor. 

Versetzt: ordentl. Prof. Dr. Payr von Greifswald nach 
Königsberg. 

Gestorben: San.-Rat Dr. v. Bönnighausen in 
Münster, San.-Rat Dr. Bollinger in Cleve, Dr. Buse h 
in Barnstädt, Dr. Söbbecke in Südlohn, Dr. Tillegsen 
in Saarlouis. 

Sachsen-Altenburg. 

Ernannt: Dr. P. Mahr aus Eisenach zum Assistenzarzt am 
Genesungshause in Roda. 

Sachscn-Weimar-Eisenach. 

Niedergelassen: Dr. Mangelsdorf in Eisenach. 
Württemberg. 

Gestorben: Hofrat Dr. Mermagen in Herrenalb. 


Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. I.ohnstein, Berlin N.. Frieilrichstrasse 131 B.. für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin 
Verlag von Oscar Cablentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck vou Carl Marschner. Berlin SW.. Alexandrinenstrasse 110 







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im Verlaufe eines Magenkatarrhs auftretenden störenden Er¬ 
scheinungen sehr gut bewährt. Er hat infolge seiner sach- 
gemässen Zusammensetzung und Fehlens aller schädlichen Bei¬ 
mengungen eine die Magenverdauung regulierende Wirkung 
und deshalb einen günstigen Einfluss auf Appetitlosigkeit, 
Widerwillen gegen Nahrungsaufnahme, Gefühl von Völle, 
üblen Geschmack etc. Diese Vorzüge und der dem Gaumen 
zusagende Geschmack des Kater-Weins machen ihn auch zu 
einem wertvollen Dessertwein. Bei seiner Herstellung sind 
die modernen Fortschritte auf dem Gebiete der Magenverdauung 
eingehend berücksichtigt worden. 

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der bei Rekonvaleszenz, Diarrhoe und Darmkatarrh zu empfehlen ist. 
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NEU=PYRENOL 


Da in letzter Zeit wieder des öfteren versucht wird, Aerzten und Apothekern 
Nachahmungen von Pyrenol anzupreisen, die mit dem Original absolut nicht 
identisch sind, hat sich Unterzeichnete Fabrik veranlaßt gesehen, die 
Darstellung des Benzoesäurethyjnolprodukts im Pyrenol unter Patentschutz 
zu stellen und das nach dem neuen Verfahren hergestellto Produkt „Neu- 
Pyrenol“ zu benennen. Therapeutisch ist „Neu-Pyrenol“ identisch mit dem 
alten Pyrenol. Die Verordnung bezw. Dispensation von Neu-Pyrenol schützt 
Arzt, Apotheker und Publikum vor wertlosen oder schädlichen Nachahmungen. 
„Neu-Pyrenol“ enthält die empyreumathischen Stoffe der Benzoesäure und das 
Thymol in wasserlöslicher Form, nach deutschem Keiclispatent hergestellt. 
Es bedeutet dies in pharmazeutisch-technischem Sinne einen Fortschritt. 
Die Neu-Pyrenol-Tabletten werden überdies nach einem ebenfalls zum Patent 
angemeldeten Verfahren in sehr leicht löslicher Form hergestellt, wodurch sich 
eine geringe Preiserhöhung erforderlich machte; fin übrigen ist der Rezepturpreis 
von „Neu-Pyrenol“ für Pulver und Solutionen genau der gleiche wie von Pyrenol 

Rezept Vorschriften: 

a) 1 Originalglas 20Tabl. <0 Itp. (Für Erwachsene) e) Rp. 

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140 M ^ ' Syr. Rub. Jd. 20,‘0 Aq. Menth, pip. 180,00 

b) Rp. (Für Kinder) d) Rp. f) Rp. 

Neu-Pyrenol 2-S-l/80,oo Neu-Pyrenol 8 10/180,00 Neu-Pyrenol 8-10/180,00 

Syr. Rnb. Jd. 20,00 Liqu. nmmon. anii. 5,00 Liq. animon. ani-. 5,00 

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und zu den bisherigen Preisen (20 Tabl. = 1 M.) von uns weitorgefithrt. 


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durch Steigerung der Oxydation, Gewebsatmung, Förderung 
der Leukozytose. Tonikum und Stimulans bei allen Stoff¬ 
wechselstörungen : 

Neurasthenie, Marasmus senilis, Arteriosklerose, Herz¬ 
leiden (Myokardie, Fettherz etc.), Syphilis, Tuberkulose, Tabes, 
Impotentia neurasth., Rheumatismus, Blutarmut u. v. a., bei 
Uebermiidungen und für Rekonvaleszenten. 


(intern ä 0,5 4—6 mal und subkutan) bei Uterusfibromyomen, 
Blutungen, Endometriten und Dysmenorrhoe. 

Cerebrin-Poehi bei Epilepsie, Alkoholismus, Nervenleiden. 

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hinweise) Aerzten gratis und franko durch 

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In der Therapie der Respirationserkrankungen behauptet seit vielen Jahren 
das Pyrenol seine dominierende Stellung, weil es eine Reihe unentbehrlicher 
Heilfaktoren in sich vereint; es wirkt stark expektorierend und gleichzeitig 
so stark sedativ, daß es die Narcotica fast ganz entbehrlich macht: es 
lockert den Husten durch Verflüssigung des Bronchialsekrets und mildert 
den Hustenreiz durch Beschränkung der Sekretneubildung und Herabsetzung 
der Reflexerregbarkeit in den Nerven der Bronchialschleimhaut. 

Haupt-Indikationsgebiet: Asthma bronchiale, Pertussis, Pneumonie, 
Influenza, Bronchitis chronica, auch tuberculosa. 

Die mild-antifebrile Eigenschaft des Pyrenol läßt eine ausgedehnte Ver¬ 
wendung bei den Infektionskrankheiten deshalb zu, weil die Temperatur¬ 
herabsetzung eine mäßige ist, nicht von profusen, schwächenden Scliweiß- 


_ - „ eine mäßige ist, nicht von profusen, schwächenden Schwei߬ 
ausbrüchen begleitet und ohne jede Collapsgefahr. 

Haupt-Indikationen: Typhus abdominalis, Masern, Phthisispulm.,Seurlatina - 
3. Bei rheumatischen und nervösen Schmerzen steht das Pyrenol an Intensität 
der Wirkung den sogenannten Analgeticis naturgemäß etwas nach, hat 
aber den bedeutsamen Vorzug der Unschädlichkeit, so daß es z. B. auch 
herzkranken Rheumatikern etc. in der vollen therapeutischen Dosis wochen¬ 
lang ohne Bedenken gegeben werden kann. 

Haupt-Indikationen: akuter und chronischer'Muskelrheumatlsmus, Gicht, 
Gelenkrheumatismus, Pleuritis, mit Schmerzen verbundene Herzneurosen etc. 

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Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefel - 
Präparats hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche 
nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche oben¬ 
drein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen 
Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatz¬ 
präparate anscheinend unter Mißbrauch unserer Marken „Ichthyol 66 
und „Sulfo-ichthyolicum 66 auch manchmal fälschlicherweise mit 

Ichthyol 

oder 

Ammonium sulfo - iclitli y olicum 

gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur 
unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klini¬ 
schen Versuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten 
wir um gütige Mitteilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn 
irgendwo tatsächlich solche Unterschiebungen stattfinden. 

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Redaction der Allgemeinen Medicinischen CentrahZeitung (Dr. H. Lohnstein n. Dr. Th. Lohnstein). 

I. Teil: Taschenbuch in Kunstleder gebunden. 

IL Teil: Kalendarium (4 Quartalshefte, pro Tag: 1 / l Seite), geheftet zum Einhängen. 

Inhalt des I. Teiles: 


Kalendertafel 1911. 


I. 

IL- 

IIL 


IV. 

V. 

VI. 

VII. 



Verzeichnis der gegenwärtig gebräuchlichen älteren und 
neueren Arzneimittel. 

Die Maximaldosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

Uebersicht der wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung kommenden Mittel. 

Zu vermeidende Arzneimisckungen. 

Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 
Medicinische Bäder. 

Auszug aus der deutschen Arzneitaxe 1910. 

Preise für Stoffmengen, Arbeiten und Gefässe. 

1. Für Arzneistoffe. 2. Für Arbeiten. 3. Für Gefässe. 
Anweisung zur sparsamen Arzneiverordnung mit Rück¬ 
sicht auf die Krankenkassenpraxis. 

Uebersicht der wichtigsten Nährpräparate. 


X. GeberdieSerodiagnostik und diesog. „biologischeTherapie“ 
der Syphilis und über die bisherigen Erfahrungen mit dem 
Ehrlich-Hata’schen Mittel 006. Von Dr. Fritz Munk, 
Charlottenburg-Berlin. 

XI. Abriss der Symptomatologie und Therapie der am häufig¬ 
sten vorkommenden acuten Vergiftungen. 

XII. Medicinische Tabellen und sonstige für den Arzt wichtige 
Zahlenangaben. 

XIII. Untersuchung des Harns. 

XIV. Einiges aus der Technik der Blutuntersuchung. 

XV. Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebühren¬ 
ordnung für approbirte Aerzte und Zahnärzte. 

XVI. Gesetz betr. die Gebühren der Medicinalbeamteu. 

XVII. Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

XVIII. Bäder und Kurorte. 

XIX. Post-Tarif. 

XX. Tafeln zur Sehprüfung. 

XXI. Notizblätter für Adressen. 


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Dermatit., Ekzem, Combust. 

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No. 45. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 45. 


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Therapeutische Rundschau 


(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Dr« H. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131B 
Fernspreoh-A.mt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt VI, No. 3302 


IV. Jahrgang Berlin, 5. Xovembcr 1910 


No. 45 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10'M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Bue| handlungen und Postämter. AlioiiiiPinviifs gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalsschluss allbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck Ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Schwartz und [ 
Flemming: Ueber das Verhalten des Ehrlich-Hatascheu 
Präparates des Arsenophenylglyzin, des Jodkali und des Sub¬ 
limat zur Wassermaunschen Reaktion. Herxheimer und 
Reinke: Ueber deD Einfluß des Ehrlich-Hataschen Mittels 
auf die Spirochäten bei kongenitaler Syphilis. — G-ourwitsch 
und Bormann: Das Ehrlich-tlata-Piäparat tiOü. — Anscherlik: | 
Beitrag zu den bisherigen Erfahrungen über „Ehrlich 606’* mit I 
Hervorhebung einzelner beachtenswerter Fälle. Hügel und 
Ruete: Unsere bisherigen Erfahrungen mit dem Ehrlich- 
Hataschen Arsenpräparat 606. Sieskind: Zusammenfassender 
Bericht über 375 mit dem Ehrlich-Hataschen Präparat be¬ 
handelte Palle. - Treupel: Weitere Erfahrungen bei syphi¬ 
litischen, para- und metasyphilitischen Erkrankungen mitEhrlich- 
Hata-Injektionen. — Lau-er :Ueber das Vorkommen der Spiro- 
ebaeta pallida Schaudinn in den Vaccinen bei kongenital-syphi¬ 
litischen Kindern. Gerönne: Ueher schwöre Vaccineerkran- I 
kungelt und ihre Prophylaxe. Thomsen: Die Bedeutung der 
positiven Wassern:ant:sehen Reaktion mit Frauenmilch -für 
die Wahl einer .Amme. — Fraenkel: Ueber die Wirkung der ' 
Tuberkelbacillen von der unverletzten Haut aus — Skrainka: | 
Die Heilung der Lungentuberkulose. - Schottmüller: Pachy- | 
meniugitis interim iniectiosa acuta und Meningitis. — Mom l>urg: ! 


Die kosmetische Behandlung der Facialislähmung nacii Busch. 
— Höhn: Ueber das Schröpfen. — Brandes: Erfahrungen zur 
Behandlung von Fisteln mit Becksclter Wismutsalbe. — 
Melchior: Ueber die Gefahren der'forcierten Dehnung des 
Sphmcter ani. — Reines: Zur Kenntnis eines eigentümlichen 
Kuötchenausscblages (Lichen nitidus Pincus). — Baumgarten: 
Sehstörungen, durch Affektionen der Nase bedingt. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 19. Oktober 1910. — 
82. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom 18.-24. September 1910. (Fortsetzung.) 

III. Therapeutische Notizen. Werner: Zykloform als An- 
ästheticum. 

IV. Bücherschau. Sarason: Jahreskurse für ärztliche Fort¬ 
bildung — Jessner: Dermatologische Vorträge für Praktiker. 
— Schittenhelm und Schmid: Die Gicht und ihre diätetische 
Therapie. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Mediziual-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Üniversitätswesen, Personal- 
’nachrichten. — Kongreß- und Voreinsnachrichten. — Gerichts 
hohes. — Verschiedenes. 

VI. A mtl i che Mitteil ungen. Personalia. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Dr. W. Sdiwart/ und Dr. P. Flemming (Uchtspringe): Ueber 
das Verhalten des Ehrlich-Hataschen Präparates des Arseno- J 
Phenylglyzin, des Jodkaii und des Sublimat zur Wasser- 
mannschen Reaktion. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 37.) 

Die Verfasser prüften das Verhalten der oben genannten 
Substanzen zur W a s’s e r m a n n sehen Reaktion im Reagens¬ 
glase. Es würden dabei Lösungen der genannten Stoffe in den 
verschiedensten Konzentrationen (1 :100 bis 1 :10 000 000) den 
zu prüfenden Seren zugesetzt. Es ergab sieh dabei, daß Jod¬ 
kak, Sublimat, Arsenopnenylglyzin und das Ehrli-ch-Hatfi¬ 
sche Präparat in keinem Veraünnungsverhältnis hämolytische 
Eigenschaften besitzen, hämolysehemmende Eigenschaften nur 
in ganz hoher Konzentration. 

Prof. Dr. G. Herxheimer und Prof. Dr. F. lieinke (Wiesbaden): 
Ueher den Einfluß des Ehrlich-Hataschen Mittels auf die 
Spirochäten bei kongenitaler Syphilis. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 39.) 

Die Verfasser hatten Gelegenheit, zwei zwei Monate alle 
Säuglinge, welche wegen florider Lues mit dem Eil r 1 i c h - 
Hataschen Präparat (Dosierung 0,04 resp. 0 025, intramusku¬ 
lär) behandelt worden und wenige Tage nach der Injektion ge¬ 
storben waren, anatomisch zu untersuchen. Dabei fanden sich 
in allen Organen, außer in den Lungen, keine Syphilisspirochä¬ 
ten, in den Lungen aber nur solche im Zustand der Agglutina¬ 
tion und höchstgradiger Degeneration bis zum völligen Verfall. 
Da gerade bei der kongenitalen Syphilis Spirochäten in un¬ 
geheuren Massen vorhanden zu sein pflegen, zeigt sich an diesen 
Befunden die enorme Syphilisspirochäten vernichtende Wirkung 
des neuen Mittels besonders deutlich. 

Dr. M. Gourwitscli und Dr. S. Bormann (St. Petersburg): Das 
Ehrlich-Ilata-Präparat (iilii. (Deutsche med. Wochensclir., 
1910, No. 38.) 

Die Verfasser berichten über neun ziemlich schwere Fälle 
von Lues, in denen sie mit Erfolg das neue Präparat an- 
gewendet haben. Es waren sämtlich Fälle, die bisher mit ge¬ 
ringem oder gar keinem Erfolg mit den stärksten Methoden 
der Quecksilbertherapie behandelt waren; diese Fälle sind 
darum für die Ueberlegenheit des Arsenobeüzols um so be¬ 
weisender. Die in den einzelnen Fällen injizierten Dosen be¬ 
trugen 0,3 und 0,5 g. Was die Injektionstechnik anlangt, so 


hielten sich die Autoren an die von Wechselmann ge¬ 
gebene Vorschrift. Nicht jedesmal gelingt, wie sie bemerken, 
uie Neutralisation glatt; es kommt öfter vor, daß man einen 
Tropfen Eisessig zuviel zusetzt; man muß dann wieder tropfen¬ 
weise eine zehnfach verdünnte Normallösuug von Natronlauge 
bis zur neutralen Reaktion hinzugeben; wenn aber diese über¬ 
schritten und alkalische Reaktion erhalten wird, neutralisiert 
man weiter mit einer ganz verdünnten Essigsäurelösung. Die 
Lösung wird in mindestens zwei Portionen mittels einer etwa 
10 ccm fassenden Spritze mit einer 5—6 cm langen Nadel 
beiderseits unter die Haut des Rückens genau in die Mitte 
zwischen.dem Rückgrat und dem unteren Ende des Schulter¬ 
blattes injiziert. An den Injektionsstellen bilden sich bei den 
meisten Patienten recht starke Infiltrate, die man mittels 
Massage zu verkleinern sucht. Meist stieg die Temperatur bis 
39", nach 24 Stunden fällt sie gewöhnlich zur Norm ab. Aber 
noch später, sogar eine Woche nach der Einspritzung, läßt sich 
durch eine etwas stärkere Massage der Injektionsstellen wieder 
eine T^mperatursteigerung und derselbe unruhige Zustand und 
Schlaflosigkeit wie am Tage nach der Injektion auslösen. Diese 
Erscheinung erklärt sich durch Resorption von zurückgebliebe¬ 
nen Teilen von Arsenobenzol oder durch Resorption von. Ge¬ 
webszerfallprodukten, die sich an der Injektionsstelle gebildet 
haben. Schwere toxische Nebenwirkungen wurden von den 
Autoren nicht beobachtet. 

Regimentsarzt Dr. Hugo Anscherlik (Sarajevo): Beitrag zu den 
bisherigen Erfahrungen über „Ehrlich 606“ mit Hervor¬ 
hebung einzelner beachtenswerter Fälle. (Münch, med. 

Wochenschr., 1910, No. 38.) 

Die Erfahrungen des Verfassers decken sich im wesent¬ 
lichen mit denen der früheren; Beobachter. Meist wurde die 
neutrale Suspension nach der Methode von Wechselmann 
und Lange injiziert, und zwar in der Dosis 0,5—0,7 g. Ver¬ 
fasser bestätigt, daß hierbei die Schmerzhaftigkeit geringer ist 
als bei dem ursprünglichen Injektionsmodus, auch die All¬ 
gemeinerscheinungen sind geringer. Ueberhaupt traten Neben¬ 
wirkungen von besonderer Bedeutung nicht auf. In einem 
Fall trat 16 Stunden nach der Injektion bei einer Tempe¬ 
ratur von 38,2 und gleichzeitigem Durchfall ein rosarotes, macu- 
löses Exanthem am Stamme und den Extremitäten auf, welches 
binnen 24 Stunden mit dem Fieberabfall verschwand. In der 
Mehrzahl der Fälle wurde tief intramuskulär in beide Glutäen 
injiziert, wobei größere Infiltrate nur in drei Fällen beobachtet 
wurden; in einer geringeren Zahl von Fällen wurde subkutan 
unter der Scapula injiziert, wonach meist längere Zeit klein¬ 
apfelgroße derbe Tumoren persistierten; in einem Falle kam 





676 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 45. 


es zur Vereiterung und in der weiteren Folge zur Nekrose des 
Unterhautgewebes, eines umschriebenen Teiles der Fascie und 
der oberflächlichen Muskulatur. Vielleicht lag hier ein Fehler 
in der Technik vor. Die Temperatursteigerungen hielten sich 
meist in mäßigen Grenzen; nur ausnahmsweise wurde 38,4° 
bezw. 39,4“ erreicht. Die Spirochäten fingen bereits 16 bis 
24 Stunden nach der Injektion an abzusterben. Die Wirkung 
auf die einzelnen Luesformen war die von den früheren 
Autoren berichtete. Deutliche Rezidive traten bisher in keinem 
Falle auf. Auffallend rasch verschwanden die typischen Nacht¬ 
kopfschmerzen tertiär Luetischer. Eklatant ist die rasche Auf¬ 
hellung der Stimme bei ulcerösen Prozessen im Larynx. Be¬ 
sonders teilt Verfasser zwei Fälle mit, in denen bei Augen¬ 
hintergrundserkrankungen das Mittel angewendet wurde, ln 
dem einen Falle handelte es sich um chorioiditische Herde auf 
luetischer Basis, welche nach der Injektion stationär wurden; 
eine Verschlechterung des Visus trat nach der Injektion nicht 
ein. In dem zweiten Falle handelte es sich um eine Gummi¬ 
geschwulst der Netzhaut, welche nach der Injektion abheilte. 
Verfasser glaubt auf Grund dieser Beobachtungen, daß die von 
einzelnen Autoren gehegten Befürchtungen in betreff Neben¬ 
wirkungen des Präparats 606 auf den Sehapparat nicht be¬ 
gründet sind. 

Dr. G. Hügel und Dr. A. Ruete (Straßburg i. E.): Unsere bis¬ 
herigen Erfahrungen mit dem Ehrlich-Hataschen Arsen- 
präparat 606. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 39.) 

Dr. R. Sieskind (Berlin): Zusammenfassender Bericht über 375 
mit dem Ehrlich-Hataschen Präparat behandelte Fälle. 
(Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 39.) 

Die erste der beiden Arbeiten stammt aus der Straßburger 
dermatologischen Universitätsklinik. Sie bezieht sich auf ein 
Material von nur 30 Fällen (aus den verschiedensten Stadien 
der Syphilis) und bringt daher nichts wesentlich Neues. Tertiäre 
gummöse Prozesse der Haut und Schleimhaut scheinen beson¬ 
ders gut beeinflußt zu werden. Bei einem Fall von Lues cerebri 
trat auf eine Injektion von 0,5 g deS ! Mittels eine Besserung ein. 
Ein Fall von beginnender progressiver Paralyse zeigte dagegen 
nicht die geringste Besserung. Rezidiviert sind bis jetzt vier 
Fälle. Ein Fall von Roseola bei einer Dosis von 0,3, ein Fall 
von Gummi der Nasenschleimhaut, der jetzt wieder ein lueti¬ 
sches Geschwür der Nasenschleimhaut aufweist, ferner ein 
Fall von Angina specifica nach 0,3 g und ein Fall von tubero- 
serpiginösem Syphilid der Oberlippe (0,5 g). Letzterer zeigte 
schon nach 14 Tagen ein Rezidiv. In den Fällen, in denen die 
luetischen Symptome von dem Mittel beeinflußt werden, gehen 
die Spirochäten in den ersten 24 Stunden nach der Injektion 
zugrunde. Die Wasserma n n sehe Reaktion blieb in einigen 
Fällen positiv, auch wenn das Mittel eine starke klinische 
Wirkung hatte. In manchen Fällen wurde die nach der Injek¬ 
tion negativ gewordene Reaktion bald wieder positiv. 

Die zweite Arbeit stammt aus der Abteilung des San.-Rats 
Dr. Wechselmann im Rudolf-Virchow-Krankenhaus zu 
Berlin; ihr liegt ein viel umfassenderes Material zugrunde. Verf. 
setzt zunächst auseinander, welche Vorzüge das neue Mittel 
gegenüber der Hg-Behandlung hat, welche als allgemein be¬ 
kannt vorausgesetzt werden dürfen. Auch er hebt wie fast alle 
Autoren hervor, daß gerade die schwersten Formen der Syphi¬ 
lis, die maligne Lues und die Lues praecox, d. h. die früh ulce- 
röse Formen, das dankbarste Feld für die Behandlung mit dem 
Arsenobenzol darstellen, und zwar heilen diese Fälle auch 
dann, wenn vorausgegangene Quecksilber-, Jod-, Atoxyl- und 
Zittmannkuren erfolglos waren. Maligne Fälle, die gegen das 
Mittel refraktär waren, hat S. bisher nicht beobachtet. Von 
besonderen Beobachtungen führt er an, daß hypertrophische 
Plaques der Schleimhaut weniger reagieren, Leukoplakien fast 
gar nicht. Ferner soll es nach Verfasser ein prognostisch un¬ 
günstiges Zeichen sein, wenn nach der Injektion eine Jarisch- 
H e r x h e i m e r sehe Reaktion auftritt. Es handelt sich in 
diesen Fällen wahrscheinlich um Unterdosierungen. Während 
Primäraffekte, falls es sich uni Erosivschanker handelt, sehr 
schnell heilen, geht es bei den typischen Sklerosen, die aus 
einem dicken Infiltrat von Plasmazellen und jungen Binde¬ 
gewebszellen bestehen und wo durch Gefäßthromben der Zu¬ 
tritt des Mittels zu den Spirochäten erschwert ist, weniger 
schnell. Deswegen werden auf der W e c h s e 1 m a n n sehen 
Abteilung jetzt die Initialsklerosen, soweit tunlich, entweder 
mit dem Holländer sehen Heißluftapparat zerstört oder voll¬ 
ständig exzidiert, wodurch eine große Menge Spirochäten aus¬ 
geschaltet werden. Während die mikropapulösen resp. 
lichenoiden Exantheme noch einigermaßen günstig beeinflußt 
werden, scheinen viele großpapulöse Syphilide gegen das 
Arsenobenzol refraktär zu sein resp. erst nach einer zweiten 
Injektion zurückzugehen. Bei hereditärer Lues, besonders bei 
den schweren Pemphigusfällen, die sonst letal zu verlaufen 
pflegen, hält S. die Anwendung des Mittels unter allen Um¬ 
ständen für geboten, eventuell kann man durch Behandlung 
der Mutter versuchen, dem Kinde mittels der Milch genügende 
Antitoxine zuzuführen. Keratitis parenchymatosa bei Lues 


hereditaria scheint weniger gut beeinflußt zu werden. — 
Schädliche Wirkungen auf das Sehvermögen wurden in keinem 
Falle beobachtet. Neuerdings wurde das Mittel einigen Patien¬ 
ten mit Neuritis optica auf luetischer Basis injiziert, wonach die 
Sehnervenerkrankung prompt zurückging. — Herzstörungen 
kamen nie vor. Auch Lungenkranke in verschiedenen Stadien 
vertrugen die Injektion gut und zeigten regelmäßig eine Hebung 
des Allgemeinbefindens und eine Zunahme des Körpergewichts. 
Drei Fälle von Peroneuslähmung kamen vor nach intraglutäaler 
Injektion. Jetzt werden die Injektionen nur noch subkutan in 
neutraler Suspension nach Wechsel mann und L a n g e ge¬ 
macht, meist in die rechte Interscapulargegend. Diese Injek¬ 
tionen werden meist sehr gut vertragen. Unter 375 Fällen 
wurde nur fünfmal eine wirkliche Vereiterung beobachtet; der 
Eiter war in allen fünf Fällen steril. Ganz kleine Nekrosen 
um die Einstichstelle sind nicht selten. Intravenös wurde in 
keinem Falle injiziert. Was die Dosierung anlangt, so empfiehlt 
Verfasser für erwachsene Männer 0,5—0,6 g, für Frauen 0,45 g, 
für Säuglinge 0,015—0,03, bei Kindern, je nach dem Alter von 
0,1 aufwärts. Die letzte Dosis beträgt 0,15 pro Kilo Körper¬ 
gewicht. Die Spirochäten verschwinden fast immer innerhalb 
24—48 Stunden nach Injektion. Von 232 behandelten Männern 
haben sich nur 35 zur Nachuntersuchung vorgestellt, von diesen 
wiesen sieben Rezidive auf. Von neun Frauen, die sich nach¬ 
untersuchen ließen, hatte eine ein sicheres Rezidiv. Als Kon¬ 
traindikationen gegen die Behandlung mit Dioxyamidoarseno- 
benzol sind nach Verfasser anzusehen: 1. Schwere Retina- und 
Opticuserkrankungen nichtluetischer Natur. 2. Schwere orga¬ 
nische Herz- und Gefäßerkrankungen. 3. Fälle von schweren 
Lungenkrankheiten mit Ausschluß der Tuberkulose. 4. Schwere 
Nierenerkrankungen nichtluetischer Natur. 5. Fortgeschrittene 
degenerative Erkrankungen des Zentralnervensystems. 6. Als 
momentane Kontraindikation haben Kranke zu gelten, die an 
Anginen und fieberhaften Erkrankungen leiden. Die Injektion 
soll erst nach Ablauf dieser Prozesse gemacht werden. 

Prof. Dr. G. Treupel (Frankfurt a. M.): Weitere Erfahrungen 
bei syphilitischen, para- und metasyphilitischen Erkrankun¬ 
gen mit Ehrlich-Hata-Injcktiouen. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 39.) 

Verfasser gibt zunächst einen Ueberblick über die ver¬ 
schiedenen Methoden der Einverleibung des Arsenobenzois, 
welche im Laufe der letzten Monate angegeben worden sind. 
Er schließt sich der Empfehlung von A11 und Iversen an, 
in Fällen, wo es auf schnelle Wirkung ankommt, zuerst einen 
Teil des Präparats (0,4—0,5 g) intravenös zu injizieren und 
nach etwa zwei Tagen 0,4—0,5 als neutrale Suspension sub¬ 
kutan folgen zu lassen. Er erwähnt dann eine in seinem Labo¬ 
ratorium von B eis ei e gemachte Beobachtung, daß das Prä¬ 
parat in Traubenzuckerlösung der verschiedensten Konzen¬ 
tration löslich und für einige Zeit haltbar ist. Es können z. B. 
0,5 Dioxydiamidoarsenobenzol mit einigen Kubikzentimetern 
2prom. Traubenzuckerlösung in eine kläre Lösung gebracht, 
und diese Lösung kann, ohne auszufallen, bis fast zur Neutrali¬ 
tätsgrenze mit NaOH versetzt werden. Was die Erfahrungen 
des Verfassers anlangt, so erstrecken sie sich vorwiegend auf 
ältere Fälle mit Beteiligung des Nervensystems und innerer 
Organe. Irgendwelche Nebenwirkungen hat er nicht beob¬ 
achtet, auch nicht am Herzen und Gefäßsystem, trotzdem u. a. 
bei schwerer Herzmuskelerkrankung und Koronarsklerose 
sowie auch bei aneurysmatischer Erweiterung der Aorta inji¬ 
ziert wurde. Auch andere Komplikationen, wie Lungentuber¬ 
kulose, Diabetes mellitus und Nephritis sind nach des Verf. 
bisherigen Erfahrungen keine Kontraindikation. Selbst ein 
Kranker mit schwerster parenchymatöser Nephritis und be¬ 
ginnender Urämie auf luetischer Basis vertrug eine Injektion 
von 0,6 und nach.einigen Wochen noch 0,4 sehr gut; die urämi¬ 
schen Erscheinungen gingen nach der ersten Injektion prompt 
zurück und sind seither weggeblieben; der Eiweißgehalt des 
Urins sank von 9 pro Mille auf 2 pro Mille, stieg aber später 
wieder auf 6 pro Mille. Sehr gute und prompte Erfolge wurden 
in einigen Fällen voll frischer Gehirnsyphilis erzielt. 
In alten Fällen sind die Erfolge nicht so prompt. Was die 
Wirkung des Arsenobenzois bei Tabes und progressiver 
Paralyse anlangt, von denen Verfasser 19 Fälle behandelt hat, 
so hat er den Eindruck gewonnen, daß die Tabes im Beginn 
und die progressive Paralyse ganz im Anfang günstig beeinflußt 
werden können. In derartigen Fällen wurden die Sensibilitäts¬ 
störungen bei Tabes gebessert, der Gang wurde sicherer, der 
Romberg verschwand oder trat in geringerem Grade auf. Bei 
der progressiven Paralyse scheint der rasche Stimmungswechsel 
gemildert und ein größeres psychisches Gleichgewicht in bezug 
auf alle psychischen Funktionen erreicht zu werden. 

Prof. Dr. Joseph Langer (Graz): Ueber (las Vorkommen der 
Spirochaeta pallidn Schaudinn in den Vaccinen bei kongeni¬ 
tal-syphilitischen Kindern. (Münch, med. Wochenschrift, 
1910, No. 38.)., 

Bekanntlich kam in früheren Zeiten, als die Impfungen 
noch mittels humaner Lymphe vorgenommen wurden, hin und 



No. 45. * 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


677 


wieder eine Uebertragung der Syphilis per vaecinationem vor; 
diese Fälle waren im ganzen sehr selten; ferner repräsen¬ 
tierten sich alle Fälle als umschriebene Gruppenerkrankungen 
mit je einer gemeinsamen Infektionsquelle, jedoch erkrankten 
keineswegs alle mit dem Infektionsstoff in Berührung ge¬ 
kommenen Impflinge. Es wurde ferner beobachtet, daß bei 
luetischen Individuen der Impfprozeß ebenso verläuft wie 
beim nichtluetischen Menschen und selbst ohne Haftung der 
Vaccination Syphilis vaccinata zur Entwicklung kam. Es wurde 
ferner folgendes' beobachtet: Von einem syphilitischen Impf- 
stämmling, der sich in einem latenten Syphilisstadium befindet, 
wird aus normal entwickelten Vaccinen auf andere Kinder 
geimpft, auch bei diesen entwickeln sich normale Vaccinen, 
so daß sie zur Weiterimpfung benutzt werden. Während oder 
nach normalem Ablauf des Impfprozesses kommt es bei einer 
Reihe dieser von einander geimpften Kinder zur Entwicklung 
syphilitischer Primäraffekte an den Impfstellen (Syphilis 
vaccinata secundae generationis). Verfasser versuchte diese 
Beobachtungen mittels unserer gegenwärtigen Kenntnisse dem 
Verständnis näher zu bringen durch Nachweis der Spirochaete 
pallida in den Vaccinen sicher luetischer Kinder. Er impfte 
zehn kongenital luetische Kinder im Alter von 8 Tagen bis 
18 Monaten; auf jeden Arm wurde hur ein 14 cm langer Impf- 
sclmitt gesetzt; am sechsten oder siebenten Tage wurde von 
der Impfeffloreszenz etwas entnommen und auf Spirochäten 
untersucht. In drei Fällen gelang mittels der Beobachtung im 
hängenden Tropfen und der Giemsafärbung je einmal der 
Nachweis der Spirochaete pallida, von sieben späteren Fälleu 
gelang dagegen mittels der Burrisehen Tuschmethode der 
Nachweis in vier Fällen. Dagegen fand Verf. in einem ande¬ 
ren Falle, wo er auf dem einen Arm direkt eine kleinlinsen¬ 
große Papel impfte, auf dem anderen Arm eine makroskopisch 
unveränderte Hautstelle, in der „Papelvaccine“ ein Netz reich¬ 
licher Spirochäten, während sie in der über normaler Haut ge¬ 
setzten Vaccine vermißt wurde. Verf. nimmt deswegen an, daß 
in der Impfpustel eines luetischen Kindes die Spirochaeta 
pallida sich dann findet, wenn der Impfschnitt in eine bereits, 
spezifisch veränderte Hautstelle erfolgt, ob diese nun makro¬ 
skopisch erkennbar ist oder nicht. Daß Verfasser in seinen 
Fällen relativ häufig Spirochäten in den Vaccinen nachweisen 
konnte, erklärt er daraus, daß alle diese Kinder an manifester 
Lues litten. Fälle solcher Art wurden aber wohl niemals zur 
Weiterimpfung benutzt. Daß bei der Abimpfung von einem 
syphilitischen Impfstämmling einzelne der Geimpften syphilis¬ 
frei blieben, ist nach Verfasser vielleicht darin begründet, daß 
eben nicht alle Impfeffloreszenzen Spirochäten enthalten. 

R. L. 

Dr. A. Gerönne, Sekundärarzt der inneren Abteilung des 
städt. Krankenhauses Wiesbaden: Ueber schwere Vaccine¬ 
erkrankungen und ihre Prophylaxe. (Berl. klin. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 4.) 

Verfasser berichtet über schwere Vaccineerkrankungen, 
weil die Gefährlichkeit, die dieses Krankheitsbild annehmen 
kann, noch keineswegs so allgemein bekannt geworden ist, 
wie es im Interesse der Schutzpockenimpfung als dringend 
erforderlich erscheinen muß. Dieses Nichtkennen der Vaccine¬ 
infektion als einer beachtenswerten Krankheit ist leicht ver¬ 
ständlich, da erst in den letzten Jahren diese neue Komplika¬ 
tion der Schutzpockenimpfung in ihrer Bedeutung sichergestellt 
worden ist, und zwar durch eine Reihe kleinerer Publika¬ 
tionen, die so verstreut sind, daß sie leicht der Kenntnis vieler 
Aerzte entgehen können. Da nun diese Schattenseiten der 
Vaccination in den meisten der in Frage kommenden Lehr¬ 
bücher entweder gar nicht geschildert sind oder doch nur 
eben angedeutet werden, so sind die Aerzte noch vielfach in 
dem Glauben befangen, daß heutzutage — bei strikter Be¬ 
folgung unserer modernen Impftechnik und bei der Anwen¬ 
dung der vorgeführten Vorsichtsmaßregeln — jede Gefahr voll 
und ganz beseitigt ist, die etwa in früherer Zeit der Impfung 
anhaften mochte. Daß dem nicht ganz so ist, darauf hat zu¬ 
nächst ein Nichtmediziner, der Tübinger Zoologe Bloch- 
m a u n hingewiesen, der im Jahre 1904 eine sehr lesenswerte \ 
Schrift veröffentlicht hat, in der er die Frage aufrollt, ob die 
Schutzpockenimpfung mit allen notwendigen Kautelen um¬ 
geben ist. Blochmann schrieb sein Buch anläßlich eines 
für ihn besonders traurigen Erlebnisses: Kurz nach der 
Impfung seines ältesten Sohnes bekam der jüngere ungeimpfte, 
der an einem Gesichtsekzem litt, eine Aussaat prall gefüllter 
Pusteln über das ganze Ekzem, die sich als Uebertragung der 
Vaccine von seiten des Bruders sicherstellen ließ. Nach 
schweren langen Krankheitswochen, die das Leben des Kindes 
sehr gefährdeten, trat doch noch Genesung ein, doch ging in- ' 
folge einer Vaccinepustel auf der Kornea das Licht eines 
Auges verloren; außerdem ward das Gesicht des Kindes durch 
die Narbenbildung sehr entstellt. — Dieser Fall illustriert 
treffend die Bedingungen, unter denen auch heutzutage noch 
von der Schutzpockenimpfung ein Schaden ausgehen kann; es 
ist also weniger der Impfling selbst, dem aus der Vaccination 
noch eine wesentliche Gefahr erwachsen könnte; ihn hat die 


fortschreitende Kenntnis mit einem Wall von Vorsichtsma߬ 
regeln schützend umgeben: die obligatorische Anwendung 
einwandfreier Kälberlymphe sichert ihn vor einer Syphilis, 
einer Tuberculosis vaccinata; die peinlichste Sauberkeit, die 
den ganzen Impfakt auszeiennet, senützt ihn vor einem lmpf- 
erysipel; und es sind auch weitere Zwischenfälle so gut wie 
ausgeschlossen, falls die Eltern die einfachen Verhaltungs¬ 
maßregeln beachten, die ihnen gedruckt vor jeder Impfung 
übermittelt werden. Besonders bedeutet auch die Vorschrift, 
Kinder, die an Ekzemen oder sonstigen Hautausschlägen leiden, 
grundsätzlich von der Impfung auszuschließen, einen weiteren 
r ortschritt in der Prophylaxe von Impfschäden. Diese Be¬ 
stimmung basiert auf der Beobachtung, daß Kinder, die an 
juciienden Hautkrankheiten leiden, sehr leicht von ihren 
fockenpusteln aus durch Kratzen die Vaccine auf wunde 
Stellen übertragen. Dann können sich diese mit koniluieren- 
den Vaccinepusteln bedecken, wodurch ein schweres Krank¬ 
heitsbild entsteht, das mit höherem Fieber und stärkerer 
Störung des Allgemeinbefindens einherzugehen pflegt. Der¬ 
artige Falle von „sekundärer“ Vaccine, von „Ekzema vacci- 
natum“ haben dazu geführt, zum Schutze des Impflings die 
oben gekennzeichnete Vorsichtsmaßregel anzuordnen. So 
drohen also heutigen Tages dem Impfling selbst aus der 
Schutzpockenimpfung kaum noch Gefahren, wohl aller kann 
noch seiner Umgebung Schaden, und zwar schwerer Schaden, 
erwachsen, da bei ihr leicht durch Uebertragung des lmpf- 
stohes vom Impfling aus nicht gewollte Vaccinationen zu¬ 
stande kommen. Auf diese Infektiosität des Impflings als 
erster eindringlich hingewiesen zu haben, ist das große Ver¬ 
dienst von Bio ch mann. Verfasser geht nun ausführlich 
auf Fälle von schwerer Vaccineerkrankung ein, die auf diesem 
Wege zustande gekommen sind, in dieser Beziehung betont 
Veriasser zunächst die Tatsache, daß die Uebertragung des 
Impfstoffs ms Auge gar kein so seltenes Ereignis ist. Bloch- 
m a n n hat z. B. ol derartige Augenerkrankungen zusammen¬ 
gestellt, die meist Mütter, oie ihre geimpften Kinder pflegten, 
sowie Kindermädchen und Ammen betroffen haben. Souann 
lenkt Verfasser ganz besonders die Aufme’rkaaüBkeit auf 
senwere Infektionen des Gesanitorgamsmus, die durch Ueber¬ 
tragung des Vaccinevirus zustande gekommen sind, und die 
in einer nicht so kleinen Zahl von Fallen einen tötlichen Ver¬ 
lauf genommen haben. Um die Bösartigkeit dieser Krank¬ 
heitsbilder zu illustrieren, teilt Verfasser die Krankengeschichte 
eines Falles mit, den er vor einigen Wochen beobachtete. Es 
handelt sich um ein bis dahin gesundes und lebenskräftiges 
Kind von zwei Jahren, das dadurch zugrunde geht, daß es sich 
infiziert an Vaccinepusteln, die bei seinem älteren Bruder im 
normalen Verlaufe der fmpfung sich entwickelt haben. Und 
zwar hat es sich um ein noch nicht geimpftes Kind gehandelt, 
das an einem leichten Ekzem, besonders an beiden Armen 
und im Gesicht, gelitten hatte. 

Olaf Thomsen, Abteilungsvorsteher an Statens Serumi^istitnl 
in Kopenhagen: Die Bedeutung der positiven Wassermaim- 
schen Reaktion mit Frauenmilch fiir die Wahl einer Amme. 
(Berl. klin. Wochenschr., ,1910, No. 88.) 

Voll F'rauen, die als Ammen augestellt zu werden 
wünschen, sollte nach Verfassers Untersuchungen sowohl das 
Berum als die Milch nach Wassermann untersucht werden. 
Die Milch zu dieser Untersuchung ist entweder vor der Ent¬ 
bindung oder spätestens im Verlauf der zwei ersten Tage der 
Saugung zu entnehmen. Positive Reaktion mit Serum hat die¬ 
selbe Bedeutung wie in allen anderen Fällen, d. h. sie macht 
das Vorhandensein aktiver Syphilis höchst wahrscheinlich. 
Ausbleiben der Reaktion mit Serum berechtigt nicht zu dem 
Schlüsse, daß die in Frage stehende Person keine ansteckende 
Syphilis gehabt hat oder noch hat. Positive Reaktion mit Milch 
macht das Vorhandensein der Syphilis sehr wahrscheinlich, 
wenn 0,05 ccm oder weniger zur Erzeugung positiver Reaktion 
genügen. Beträgt die geringste Menge, die positive Reaktion 
ergibt, 0,1 ccm, so läßt sich darausaein sicherer Schluß nicht 
ziehen. Dieser Stärkegrad der Reaktion tritt jedoch nur 
selten bei nicht syphilitischen Frauen auf. Positive Reaktion 
mit 0,2 ccm läßt keine Schlüsse hinsichtlich des Vorhanden¬ 
seins einer Syphilisinfektion. Das Ausbleiben der Reaktion 
ist — anders als bei dem Serum — ein gewichtiges Indicium 
gegen das Bestehen einer Syphilis, weil die Reaktion durch 
eine Quecksilberbehaiidlung, die die Reaktion mit Serum zum 
Schwinden bringt, nur wenig beeinflußt wird. 

Prof. Carl Fraenkel: Ueber die W'irkung der Tuberkelbacillen 
von der unverletzten Haut aus. (Hygienische Rundschau, 
,1910, No. 15.) 

Unter obigem Titel veröffentlichte Verfasser 1907 in der 
„Hygienischen Rundschau" einen Aufsatz, in dem er die Tat¬ 
sache darlegte, daß auch von der unverletzten Haut aus bei 
Meerschweinchen sich eine tuberkulöse Infektion erzielen 
lasse. Gegen die Richtigkeit dieser Beobachtung haben nun 
T a k e y a und D o 1 d Einspruch erhoben, indem sie die Mög¬ 
lichkeit betonen, daß die geimpften Meerschweinchen durch 






Therapeutische Rundschau 1910 . 


No. 46. 


öfö 

Ablecken der eben mit den Tuberkelbacillen infizierten 
Wunde die Mikroorganismen von den Verdauungswegen, also 
vom Maule aus, aufgenommen haben könnten, und indem sie 
weiter auch 12 eigene Versuche mitteilen, die in gleicher oder 
ähnlicher Weise angestellt wurden (Einreiben einer Rein¬ 
kultur von Tuberkelbacillen in die rasierte Bauchhaut) und 
bei denen nur drei Tiere, und zwar mit gleichzeitiger Er¬ 
krankung der eingeriebenen Hautstelle und der regionären 
Lyihphdrüsen von der Tuberkulose ergriffen wurden und zu¬ 
grunde gingen. Unter diesen Umständen glauben die beiden 
Forscher mit v. Baumgarten annehmen zu sollen, daß 
die normale Haut gegen das Eindringen der Tuberkelbacillen 
unter natürlichen Verhältnissen eine sichere Barriere dar¬ 
bietet. Ferner glauben sie, daß kleinste, makroskopisch nicht 
sichtbare, aber für das Eindringen des Tuberkelbacillus ge¬ 
nügende Läsionen, trotz der größten Sorgfalt beim Rasieren 
und Einreiben (auch ohne Rasieren), doch nicht immer zu 
vermeiden sind, und daß es dadurch in den früheren, wie in 
Fraenkels Versuchen in einem Teil der Experimente zu 
einer tuberkulösen Infektion kam. F. hat nun seine Versuche 
unter strenger Berücksichtigung der Bedenken von T akey a 
und D o 1 d wiederholt. Im ganzen stimmen die so erzielten 
Ergebnisse mit den früher erhaltenen vollkommen überein 
und somit weist F. die Einwürfe von T a k e y a und D o 1 d 
durchaus zurück. 

Dr. L. S. Skrainka, Bahnarzt der k. k. Nordbahn in Wien: Die 
Heilung der Lungentuberkulose. (Wiener medizin. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 33.) 

Verfasser . berichtet über seine Erfahrungen auf Grund 
von ungefähr 10 000 Fällen von Lungen- und Kehlkopftuber¬ 
kulose, welche von ihm in Verlauf zweier Dezennien beob¬ 
achtet und behandelt wurden. Das genaue Eingehen in die 
anamnestischen Daten, insbesondere das Erheben derselben 
bei Kranken, welche aus dem Orte Roznau selbst und aus 
seiner Umgebung stammten, bestätigte vor allem das Bestehen 
der Trias der Disposition zur Tuberkulose: der ererbten, der 
angeborenen' und der erworbenen Konstitutionsschwäche. Auf 
dem Gebiete der erworbenen Disposition traten insbesondere 
die Schäden des Abusus von Alkohol (in Form von Brannt¬ 
wein) klar und deutlich zutage. (Bei dieser Gelegenheit 
macht Verfasser die treffende Bemerkung, daß die Erhöhung 
der Spiritussteuer bei den genannten Alkoholikern erst recht 
zur .Erhöhung des Tuberkuiosekontigentes beiträgt, weil der 
Alkoholiker lieber auf das Essen verzichtet, als daß er sein 
gewohntes Quantum Alkohol aufgäbe; auf diese Maßregel 
reagiert er nur mit einem noch tieferen Sinken an körper¬ 
licher, geistiger und moralischer Kraft.) Durch die genaue 
Erhebung anamnestischer Daten wurde weiter die immense 
Infektionsgefahr der Lungentuberkulose bekräftigt und in 
grellster Beleuchtung zeigten sich die Schäden einer mangel¬ 
haften Prophylaxe. Bevor Verfasser auf die Therapie der 
Lungentuberkulose eiugeht, beantwortet er zwei Fragen von 
kardinaler Wichtigkeit: 1. Ist die Tuberkulose überhaupt heil¬ 
bar? 2. Besitzen .wir Spezifica gegen diese Krankheit? Ver¬ 
fasser beantwortet die erste Frage mit einem entschiedenen 
„Ja“, die zweite mit einem entschiedenen „Nein". — Bei der 
Behandlung der Tuberkulose huldigt Verfasser selbstverständ¬ 
lich dem obersten Prinzipe derselben, der hygienisch-diäteti¬ 
schen Behandlung, die sich nach seiner Ansicht und nach 
seinen Erfahrungen folgende Aufgaben stellen soll: 1. Schäd¬ 
lichkeiten vom Patienten abzuhalten, 2. die Widerstandskraft 
des Organismus zu erhöhen (Hydrotherapie, Ernährung etc.), 
3. den Kranken unter Bedingungen zu versetzen, welche er¬ 
fahrungsgemäß der weiteren Ausbreitung der Krankheit im 
Organismus entgegenwirken, und 4. durch geeignete Ma߬ 
regeln die Infektionsgefahr voll der Umgebung des Patienten 
fernzuhalten. — Die hygienisch-diätetische Methode ist zweifel¬ 
los als oberstes Behandlungsprinzip hinzustellen, Verfasser 
betont jedoch mit größtem Nachdruck, daß die symptomatisch¬ 
medikamentöse Behandlung der Lungentuberkulose, der 
Kampf gegen jedes einzelne Symptom mit geeigneten Medi¬ 
kamenten, der hygienisch-diätetischen Methode an Wert voll¬ 
kommen gleichzusetzen ist. Während Verfasser anfangs — 
und „anfangs wollt er schier verzagen“ — dem geschwächten 
Organismus des Tuberkulösen den Kampf mit den einzelnen 
Symptomen aufbürdete, damit er sich allein zum Siege ver¬ 
helfe, hat er in den letzten zehn Jahren auf Grund der ge¬ 
machten Erfahrungen ausgiebig die medikamentöse Therapie 
angewendet und kann sie nicht warm genug empfehlen. Die 
Serumtherapie hat ihm aber gar keine Früchte getragen. Von 
den als „sogenannte" Spezifica gegen Lungentuberkulose 
empfohlenen Mitteln hat er alle in Tausenden von Fällen anzu¬ 
wenden Gelegenheit gehabt, und da ist er wieder bei der 
folgenden Erfahrung angelangt: Je jüngeren Datums, d. h. 
je neuer und je teurer das augepriesene Mittel war, desto 
weniger nützlich erwiqß es sich ihm; er hat in den letzten 
Jahren alle neuen Mittel zurückgestellt und ist reuig zu den 
alten Jasper sehen Pillen und zum Oleum jecoris zurück¬ 
gekehrt. Der Lebertrautherapie singt Verfasser geradezu 


ein Loblied. — Die größte Plage für den Lungenkranken 
bildet der Husten. Hier ist primo initio das Morphin (0,01 bis 
0,02 pro dosi) mehrmals täglich am Platze; je weniger damit 
gespart wird, desto früher kann es dann ad acta gelegt werden. 
Ebensowenig als Verfasser den quälenden Husten, die Hyper¬ 
sekretion, das Stagnieren des Sekrets aufkommen läßt, ebenso 
wenig läßt er die Fiebererscheinungen die Oberhand ge¬ 
winnen. Zweckentsprechende hydriatische Prozeduren sind 
immer vorzunehmen, auch wenn kein Fieber besteht, bei vor¬ 
handenem Fieber sind sie erst recht am Platze. Von den 
medikamentösen Fiebermitteln hat Verfasser alle versucht. 
Für die Dauer war das Chinin am allerwenigsten zu ge¬ 
brauchen, auch Antipyriu, Phenacetin und Lactophenin etc. 
ließen ihn im Stiche, jetzt verwendet er ausschließlich das 
Pyramidon, und zwar in der Formel: Pyramidoni 0,35, Coffein, 
natr. salicyl. 0,10, Codein. muriat. 0,02, je nach der Fieber¬ 
höhe 2—3 mal täglich, wochen- und monatelang, bis das Fieber 
schwindet. — Was die Behandlung der Hämoptoe betrifft, so 
reduziert Verfasser bei Patienten, die er von früher her kennt, 
ausgenommen nur die Patienten mit ausgebreiteten 
Destruktionsprozessen und Kavernenbildung, die absolute 
Ruhelage des Kranken auf ein Minimum, weil sonst 
gesunde Partien der Lunge, die teils durch unwill¬ 
kürliche Aspiration, teils infolge des dargereichten Narkoti- 
cums mit Blut und mit Eiter überschwemmt werden, 
dem Fortschreiten des tuberkulösen Prozesses erliegen. Den 
Hauptfaktor der Blutstillung bildet primo loco das subkutan 
beizubringende Morphin 0,01—0,02 pro dosi, secundo loco 
kommt das Extr. sec. cornuti in Betracht. Die medikamentöse 
Therapie wird durch die Applikation eines Eisbeutels auf die 
Herzgegend unterstützt. Verf. warnt nachdrücklichst davor, 
während der Zeit der Hämoptoe gegen die auftretenden 
Temperatursteigerungen, die als „Resorptionsfieber“ der Lunge 
aufzufassen sind, ein Antipyreticum zu reichen, weil die plötz¬ 
liche Aenderung der Blutdruckverhältnisse oft zu einer töt- 
lichen Pneumorrhagie führen kann. Gegen die Nachtschweiße 
der Phthisiker medikamentös einzuschreiten, hatte Verfasser 
äußerst selten Gelegenheit; ob dies einem bloßen Zufall zuzu¬ 
schreiben, ob dies auf den Umstand zurückzuführen ist, daß 
er immer, und zwar von allem Anbeginn an, hydriatische 
Prozeduren vornehmen ließ, läßt er offen. — Daß 
gegen die Appetitlosigkeit der Phthisiker und gegen die ande¬ 
ren krankhaften Erscheinungen des Magen-Darmtraktes, die 
ja ebenso wie die Chlorose oft der manifesten Phthise als 
böse Mahner vorangehen, primo loco diätetische Maßnahmen 
ergriffen werden sollen, ist selbstverständlich. Verf. widmet 
den Magen- und Darmfunktionen des Phthisikers eine größere 
Aufmerksamkeit als seiner Lunge. — Ueber die große Be¬ 
deutung der „Freiluftkur“ ist weiter kein Wort zu verlieren. 
Der Lungenkranke soll in eine reine, staubfreie Luft (Gebirge, 
Wald, See) versetzt werden, deren Tejnperatur, Feuchtigkeits¬ 
grad und atmosphärischer Druck den pathologischen Verhält¬ 
nissen seiner Lunge genauest angepaßt sind, ferner soll er ein 
Klima aufsuchen, das seiner individuellen Anlage in puncto 
Stoffwechsel, Nerven und Psyche vollkommen entspricht. 

Kr. 

Dr. H. Schottmüller (Hamburg): Pachymeningitis interna 
infectiosa acuta und Meningitis. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 38.) 

Wie bei den meisten schweren akuten Infektionskrank¬ 
heiten cerebrale Erscheinungen Vorkommen, ho treten auch bei 
den schweren Formen puerperaler Sepsis oft Erscheinungen 
von seiten des Gehirns auf. Vielfach sind dieselben nur all¬ 
gemeiner Art (Benommenheit bis zum Koma, Delirien etc.). 
Zuweilen aber gesellen sich Reiz- oder Lähmungserscheinun¬ 
gen in verschiedenen Muskelgebieten hinzu. Sogar Nacken¬ 
steifigkeit und das Kernig sehe Symptom werden beobachtet. 
In einem derartigen von Verfasser beobachteten Falle, wo 
man schwere meningeale Veränderungen am Gehirn und dem 
Symptomenbilde hätte erwarten können, fand sich bei der Sek¬ 
tion, wie überhaupt in ähnlichen Fällen, nur leichtes Oedem 
und Hyperämie der weichen Häute. Diese Fälle sind deshalb 
von Fr. Schultze Meningitis sine meningitide, von anderen 
Pseudomeningitis genannt worden. Von französischer Seite 
ist die Bezeichnung Meningismus für dieses Krankheits- 
bild gewählt worden. Man nimmt vielfach an, daß es sich in 
diesen Fällen nur um eine funktionelle Störung handelt, 
welche hervorgerufen wird durch die von den Krankheits¬ 
erregern gebildeten Toxine. Durch die Lumbalpunktion ist 
es aber jetzt möglich, klinisch den sog. Meningismus von der 
Meningitis zu trennen. Ergiebt die Lumbalpunktion eine ver¬ 
mehrte, getrübte, eventuell eitrige Flüssigkeit und Anwesen¬ 
heit'vön'Bakterien,'-so handelt es sich um eine Meningitis. Bei 
Meningismus dagegen ist der Liquor klar, zuweilen etwas ver¬ 
mehrt, die Zellen sind nicht oder nur mäßig vermehrt, die 
Globulinreaktion fällt oft positiv aus. Bakterien fehlen; nur 
ganz ausnahmsweise findet man sehr wenige Keime. Daß es 
sich bei diesem sog, Meningismus bei Infektionskrankheiten 
wahrscheinlich nicht um eine v.’irkliehe Meningitis handelt, da- 



No. 45; 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


67!) 


für spricht ein weiterer von Verfasser mitgeteilter Fall. Hier 
traten bei einer tötlich endigenden puerperaleri Sepsis zwei 
Tage vor dem Exitus meningitische Symptome auf; die Lumbal¬ 
punktion ergab das erste Mal klare, das zweite Mal klare, aber 
gelbliche Flüssigkeit. Mikroskopisch Leukocyten und Lympho- 
cyten; keine Bakterien durch die Kultur gefunden. Die Sek¬ 
tion ergab eine Pachymeningitis hämorrhagica interna. Die 
mikroskopische Untersuchung bei stärkster Vergrößerung er¬ 
gab deutliche Streptokokken-Ansiedelungen in perivaskulär 
angeordneten Zellhaufen der inneren Duraschicht. Es handelt 
sich also um eine direkte Infektion der Dura mater auf dem 
Blutwege; es liegt keine Toxinwirkung vor. Verfasser ist der 
Ansicht, daß man auf Krankheitsbilder der geschilderten Art 
die Bezeichnung Meningismus nicht anwenden darf; es handelt 
sich vielmehr um eine Meningitis 1 disseminata acuta septica 
sen infectiosa. Diese Form der Meningitis kann natürlich oft 
in eine allgemein akute eitrige Meningitis übergehen; nament¬ 
lich bei Pneumonie, Typhus und auch bei septischen Zu¬ 
ständen kommt dies vor. Verfasser weist zum Schluß darauf 
hin, daß nach der Lumbalpunktion infolge von Druckerniedri¬ 
gung ein Symptomenkomplex eintreten kann, für den die Be¬ 
zeichnung Meningismus zutrifft; selbst Todesfälle sind dadurch 
schon eingetreten. Um derartige Folgen zu vermeiden, spritzt 
Verfasser in allen Fällen, wo Druckerniedrigung zu befürchten 
ist, nach dem Ablassen des Liquor sterile Kochsalzlösungen 
ein. Dadurch wird das Eintreten von Meningismus verhütet. 

R. L. 

Stabsarzt Dr. Momburg, kommandiert zur Chirurg. Klinik der 
Universität in Berlin: Die kosmetische Behandlung der 
Facialislähmung nach Busch. (Berlin, klin. Wochenschr., 
1910, No. 24.) 

Busch hat 1906 einen einfachen operativen Eingriff zur 
Beseitigung des stehendsten Symptoms der Facialislähmung, des 
überaus häßlichen Herunterhängens des Mundwinkels, an¬ 
gegeben. Der Eingriff besteht darin, daß unter Lokalanästhesie 
am Jochbogen ein kleiner horizontaler Schnitt bis auf den 
Knochen und ein zweiter hart äm J ‘Mundwinkel und parallel 
der Oberlippe gemacht wird. Jetzt wird vom äußeren Wund¬ 
winkel der oberen Wunde durch das Periost des Jochbogens 
und die Weichteile der Wange eine mit einem Ohr versehene 
gestielte Nadel durchgeführt und am äußeren Wundwinkel 
der unteren Wunde herausgestochen. Durch das Nadelöhr 
wird jetzt ein dünner Aluminiumbronzedraht geführt und 
darauf die Nadel zurückgezogen. In gleicher Weise wird die 
Nadel vom inneren Wundwinkel der oberen Wunde zum 
inneren Winkel der unteren Wunde durchgestochen, und dann 
das freie Ende des Aluminiumbronzedrahtes durch die Wange 
gezogen. Man hat auf diese Weise eine Drahtschlinge, mit 
welcher man den gelähmten Mundwinkel beliebig nach oben 
ziehen kann. Nach Korrektur dreht man die Drahtenden zu¬ 
sammen, versenkt sie und näht die Hautwunden. 

M. halt das Verfahren fünfmal nachprüfen können. In 
allen fünf Fällen wurde unter Lokalanästhesie operiert und 
der Draht so fest angezogen, daß eine stärkere Ueberkorrektur 
vorhanden war. Im Falle 1, 3, 4 und 5 hat der Draht teils 
oben am Jochbogen, teils am Mundwinkel mehr oder weniger 
durchgeschnitten und so das Wiederherabsinken des Mund¬ 
winkels gestattet. Um der Drahtschlinge nun einen festeren 
Halt zu geben, hat M. im Falle 4 und 5 die Operation zum 
zweiten Male in folgender Weise ausgeführt: Von der oberen 
Wunde aus wird der Draht einmal vor und einmal hinter dem 
Jochbogen durchgeführt, so daß die obere Drahtschlinge vom 
Jochbogen gehalten wird. Am Munde machte Verfasser zwei 
kleine Einschnitte, einen nahe am Mundwinkel, den zweiten 
mehr nach der Mitte zu an der Lippenrotgrenze und führt den 
Draht von einer zur anderen Wunde, so daß die Basis der 
Drahtschlinge sehr breit wird. Die zur Durchführung des 
Drahtes benutzte gestielte, gerade Nadel hat Verf. bajonett¬ 
förmig gebogen, wodurch die schräge Durchführung der Nadel 
durch die Wange sehr erleichtert wird. Das Resultat war ein 
sehr gutes und Verfasser glaubt nach seinen bisherigen Er¬ 
fahrungen den von Busch erdachten, außerordentlich ein¬ 
fachen und kleinen Eingriff mit der oben geschilderten kleinen 
Aenderung empfehlen zu sollen, zumal die bisher angegebe¬ 
nen neuroplastischen und myoplastischen Methoden zur Be¬ 
seitigung der entstellenden Lähmung völlig Zufriedenstellendes 
nicht geleistet haben, und eine Schädigung durch diesen 
kleinen Eingriff so gut wie ausgeschlossen ist. 

Dr. Josef Höhn (Bad Radein): lieber das Schröpfen. (Oester- 
reichische Aerzte-Zeitung, 1910, No. 15.) 

Verfasser beschreibt zunächst die Operation des 
Schröpfens und gibt daun seiner Ueberzeugung dahin Aus¬ 
druck, daß es eines jener alten aus der Volksmedizin über¬ 
nommenen Heilmittel darstellt, welches nicht so ganz die Ver¬ 
achtung der Aerzte verdient, welches vielleicht in Fällen rheu¬ 
matischer und neuralgischer Affektion, sowie gewisser ört¬ 
licher Blutstasen, wo die modernen und modernsten Mittel ver¬ 


sagen, immerhin eines Versuches wert ist. Es hat eine unver¬ 
kennbare Aehnlichkeit mit dem Bier sehen Verfahren. Verf. 
konnte sich vielfach überzeugen, daß das Schröpfen eine be¬ 
deutende Erleichterung für kürzere oder längere Zeit, mit¬ 
unter aber auch gänzliches Nachlassen der rheumatischen 
oder neuralgischen Schmerzen zur Folge hat. Allerdings mag 
das suggestive Moment, der Glaube an die unfehlbare Wirkung 
des Mittels in vielen Fällen das Seine tun; ’n vielen Fällen war 
jedoch die Wirkung eine zu augenfällige, ‘;uch objektiv wahr¬ 
nehmbare (Ablaufen von Schwellungen, Nachlassen von Blut¬ 
stasen, bessere Beweglichkeit etc.), als da,ß nur von einer 
suggestiven Wirkung gesprochen werden könnte. 

Dr. Max Brandes, Assistent der königl. chir. Klinik zu Kiel: 

Erfahrungen zur Behandlung von Fisteln mit Beckscher 

Wismutsalbe. (Medizin. Klinik, 1910, No. 32.) 

Seitdem Beck in New York im Jahre 1908 seine Methode 
der Behandlung von Fisteln mit Injektionen von Wismutsalben 
beschrieben hat, sind auch einige deutsche Publikationen er¬ 
schienen, welche über die Erfolge der Methode aus einzelnen 
Kliniken berichten. Sie lauten wenig günstig. Nach den Er¬ 
fahrungen der Kieler Klinik möchte Verfasser die Beck sehe 
Methode höher einschätzen als Steimaun, Rosenbach 
und Elbe. Der große Nachteil, welcher mit derselben zu¬ 
nächst noch verbunden ist. liegt in der Gefahr der Intoxika¬ 
tion, vor allem der metallischen Wismutvergiftung. Durch 
kleinere Salbenmassen, zunächst nur in die Tiefe der Fistel 
eingeführt, sucht man in der Kieler Klinik diese Gefahr zu 
verringern, durch Anwendung des Bismutum carbonicum au 
Stelle des Bismutum subnitricum umgeht man die Gefahr der 
Nitritvergiftung. K r. 

Dr. E. Melchior (Breslau): Ueber die Gefahren der forcierten 

Dehnung des Sphincter ani. (Münch, med. Wochenschr., 

1910, No. 38.) 

Wie Verfasser an einer Reihe von Fällen festgestellt hat, 
ist die Dehnung des Sphincter ani, wie sie zur Behandlung der 
Fissura ani und als vorbereitender Akt zu einer Reihe von 
Eingriffen am Mastdarm ausgeführt wird, keine ungefährliche 
Operation, da sie eine dauernde Incontinentia alvi zur Folge 
haben kann. Dieser Gefahr kann jedoch — wahrscheinlich 
mit absoluter Sicherheit — begegnet werden: 1. durch Ver¬ 
meiden einer stärkeren Gewaltanwendung, 2. durch Vornahme 
des Eingriffs in tiefer Narkose. R. L. 

Dr. Siegfried Heines (Wien): Zur Kenntnis eines eigentüm¬ 
lichen Knötchenausschlages (Lichen nitidus Pincus). (Medi¬ 
zinische Klinik, 1910, No. 30.) 

Verfasser hatte Gelegenheit, zwei Fälle von Lichen nitidus 
zu beobachten. Im ersten Fall handelte es sich um einen 
30 jährigen Patienten, der wegen sexuell neurasthenischer Be¬ 
schwerden das Krankenhaus aufsuchte. Bei der Inspektion 
des äußeren Genitale fand sich nun die zu beschreibende, vom 
Patienten selbst angeblich noch nie bemerkte Hautverände¬ 
rung. Die dunkelpigmentierte Skrotalhaut und die eines Prä¬ 
putiums entbehrende Glans penis sowie die Peuishaut sind be¬ 
deckt mit zahlreichen flachkugeligen Knötchen von durch¬ 
schnittlich Hirsekorngröße. Sie sind auf dem Skrotum nicht 
follikulär angeordnet, sondern regellos, bald dichter, bald 
dünner gesät, zeigen aber nirgends Konfluenz oder Gruppie¬ 
rung, sondern präsentieren sich überall als scharf begrenzte 
Einzeleffloreszenzen von meist rundlicher Form. Ihre Farbe 
läßt sich am ehesten dem gewöhnlichen Hautkolorit ver¬ 
gleichen, so daß sie in der hier dunkler gefärbten Umgebung 
leicht bemerkbar werden können. Deutlich in Erscheinung 
treten sie aber erst beim Anspannen der gefalteten Skrotal¬ 
haut, da sie nur wenig und flach über die normale Umgebung 
prominieren. Jetzt erglänzen sie auch eigentümlich matt, 
ähnlich wie die Effloreszenzen des Lichen ruber planus. Bei 
geeigneter Belichtung und genauem Zusehen läßt sich über¬ 
dies im Zentrum vieler,' nicht aller Knötchen, eine aller¬ 
kleinste, flache Einziehung, nach Art einer Delle, erblicken 
(„Porus“ nach Pincus). Die viel spärlicheren Effloreszenzen 
auf der Glans und Haut des Penis unterscheiden sich mehr¬ 
fach von den auf dem Skrotum lokalisierten. Sie sind kleiner 
als diese und ganz flach, so daß es hauptsächlich ihr charakte¬ 
ristischer Flitterglanz ist, der sie beim Glätten der Haut aus 
dem sonst normalen Hautrelief und neben den zahlreichen, 
viel größeren Follikeln herausliebt. („Die Haut sieht wie mit 
Flitterchen bestreut aus.“) Ihre regelmäßige Begrenzung und 
das Fehlen der zentralen Delle unterscheiden sie weiterhin 
von den Skrotaleffloreszenzen. An anderen Körperstelien 
läßt sich keine Spur dieser Hautveränderung finden, die dem 
Patienten nicht die geringsten Beschwerden macht. Das ge¬ 
schilderte klinische Symptomenbild (Lokalisation, Morphologie 
usw.) stimmte völlig mit den Angaben von Pincus über 
seinen Lichen nitidus. Es wurde nun ein dicht mit Knötchen 
besetztes Stück der Skrotalhaut exzidiert; die eine Hälfte 
wurde histologisch — zur Sicherstellung der Diagnose — ver- 



No. 45. 


680 THERAPEUTISCHE 

arbeitet; kleine Stückchen der anderen Hälfte wurden in ganz 
flach angelegte Hauttaschen der Abdominalregion des Patien¬ 
ten eingebracht, um eine eventuelle Autoinokulabilität der 
Effloreszenzen feststellen zu können, der Rest wurde einem 
Meerschweinchen intraperitoneal implantiert. Dies geschah 
mit Rücksicht auf den histologischen Bau der Knötchen, deren 
meistenteils „tuberkuloide“ Struktur schon P i n c u s hervor¬ 
hebt. Aus diesem; Grunde hat Verfasser dem klinisch tuber¬ 
kulosefreien Patienten auch diagnostische Injektionen mit 
K och schein Altjuberkulin gemacht, von ein Dezimilligramm 
sprunghaft bis /h ein Zentigramm ansteigend. Er erfolgte 
weder allgemeine noch lokale Reaktion. Ebenso blieben das 
Tierexperiment und der Autoinokulationsversuch während 
einer achtwöchigen Beobachtung negativ. Tn dieser Zeit war 
auch weder das Auftreten neuer, noch Veränderungen an den 
schon bestehenden Knötchen wahrzunehmen; diese relative 
Konstanz der bestehenden Veränderungen wird gleichfalls als 
diagnostisches Symptom von den Beobachtern des Lichen 
nitidus hervorgehoben. Die mikroskopische Untersuchung 
der mit polychromischem Methylenblau gefärbten Schnitte 
zeigte das Vorliegen charakteristischer Veränderungen, wie 
sie Pincus und andere in den meisten Fällen gefunden 
haben. — Auch in dem anderen, vom Verfasser nur kurze 
Zeit beobachteten Falle handelte es sich um einen ebenso 
typischen, auf Glans penis und Penishaut lokalisierten Lichen 
nitidus (auch hier fehlendes Präputium, worauf Pincus be¬ 
sonders hinweist!), dessen Einzeleffloreszenzen etwas größer 
waren, als die des erstbeschriebeuen Falles. Die Diagnose 
war schon klinisch mit Sicherheit zu stellen, wie sie überhaupt, 
sobald man einen Fall gut gesehen hat, keiue Schwierigkeiten 
bietet. K r. 

Dozent Dr. Egmont Baumgarten (Budapest): Sehstörungen, 
durch Affektionen der Nase bedingt. (Monatsschrift für 
Ohrenheilkunde und Laryngo-Rhinologie, 1910, H. 9.) 

Verfasser teilt eine Anzahl von Fällen mit. aus denen 
hervorgeht, daß nicht nur seröse und eitrige Nebenhöhlen- 
affektioueiq^phstörungen bedingen können, sondern auch 
bullöse Auftreibungen der mittleren Muscheln, ferner Zirku¬ 
lationsstörungen in der Keilbeinhöhle, den Siebbeinzellen und 
deren Umgebung. Es gibt Fälle, in denen in der Keilbeinhöhle, 
nur Schwellungen der Schleimhaut, Verdickungen gefunden 
werden, die Eröffnung der Höhle und die teilweise Entfernung 
dieser Schwellungen aber auffallende Verbesserung oder 
Heilung -des geschwächten oder verlorenen Sehvermögens be¬ 
wirken kann. Es ergibt sich daraus, daß in vielen Fällen von 
akuter oder chronischer Papillitis eine rhinologische Behand¬ 
lung erforderlich ist und daß man in keinem Falle von 
Papillitis eine rhinologische Untersuchung unterlassen sollte. 

R. L. 


KimVerhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allgem. jM^dic. Central-Zeitung" 
Sitzung vom 19. Oktober 1910. 

Vorsitzender: Herr Orth. 

Vor der Tagesordnung: 

Der Vorsitzende widmet den Mitgliedern der Gesellschaft, 
die während der Ferienmonate durch den Tod dahingerafft 
worden sind (Henoch, v. Recklinghausen, v. Leyden, 
Hirschfeld, B ö g e h o 1 d , Korn und Basch) einen 
ehrenvollen Nachruf. — Sodann macht er nähere Angaben 
über die vorzunehmende Wahl des Ehrenvorsitzenden und 
mehrerer Ehrenmitglieder der Gesellschaft. — 

Beitrag zur Kenntnis der Polycythaemia megalosplenica. 

(Mit Krankendemonstration.) 

Herr Milchner hat unter 8000 Patienten der Männer¬ 
abteilung der Kgl. Univerqijtätspoliklinik drei typische Fälle 
der genannten Krankheit beobachtet, die ausgezeichnet ist 
durch Vermehrung der roten Blutkörperchen, durch Milzver- 
größerung und dadurch, daß sie eine diffuse Rötung des Ge¬ 
sichts und des Rachens erzeugt. Die weißen Blutkörperchen 
verhalten sich in qualitativer und quantitativer Beziehung wie 
beim Normalen. Der vermehrte Eisengehalt des Urins gibt 
Aufschluß über den Zerfall der roten Blutkörperchen. Da die 
Behandlung mit der K u h n sehen Maske und mit Röntgen¬ 
strahlen keinen Erfolg hatte, so versuchte M. durch eine 
14 Tage lang durchgeführte eisenarme Diät (Reis, Zucker, 
Kartoffeln, Milch, und Eier) die vermehrte Eisenausscheidusng: 
im Urin zu beeinflussen, ln der Tat gelang es, die EisenauA- 
seheidung auf die Hälfte zu reduzieren, auch resultierte daraus 
eine Besserung des Allgemeinbefindens, wenn auch die Zahl 
der roten Blutkörperchen die gleiche blieb. Leider konnte 
diese Behandlung äußerer Gründe halber nicht fortgesetzt 
werden. Der Patient (Demonstration) kann jetzt seiner ge¬ 
wohnten Tätigkeit wieder nachgehen. 


RU NDSCHAU 1910 . 

Fall von Extrauteringravidität nach dem Mastdarm. durch¬ 
gebrochen. Vom Mastdarm aus operiert — geheilt. 

Herr Bockenheinier: Die 32 jährige Frau, von der Vor¬ 
tragender im Juli konsultiert wurde, klagte über hochgradige 
Schmerzen in der Analöffnung. Die Untersuchung per anum 
und die Dehnung des Sphincter förderte mehrere spitze 
Knochenstücke zutage. Bei der Ausspülung geriet er in eine 
faustgroße Höhle an der vorderen Mastdarmwand, aus der all¬ 
mählich unzweifelhaft als Schädelknochen zu erkennende 
Stücke entfernt werden konnten. Die Höhle wurde tamponiert 
und schloß sich in 14 Tagen, nach drei Wochen konnte die 
Patientin als geheilt enlassen werden. Die Zusammenstellung 
der entleerten Knochenstücke ergab, daß es sich um einen 
sieben Monate alten Fötus handelte, von dessen Weichteilen 
nichts mehr erhalten war. 

Nach der Anamnese soll die Patientin vor fünf Jahren mit 
heftigen wehenartigen Schmerzen erkrankt sein. Arzt und Heb¬ 
amme sollen an eine Schwangerschaft gedacht haben, die Be¬ 
schwerden gingen damals aber sehr rasch zurück. 

Diskussion: 

Herr Orth zeigt hierzu ein Präparat von Extrauteringravi¬ 
dität, die in den Darm perforiert war und eine tätliche Per¬ 
forationsperitonitis erzeugt hatte. 

Zur Biologie der Tuberkelbacillen, 

Herr H. Aronson macht einige ergänzende Bemerkungen 
zu seinem bereits früher gehaltenen Vortrage. 

Entgegen der Behauptung von Deycke, daß die Säure- 
bestän-digkeit auf dem Fettsäuregehalt des Tuberkelbacillus be¬ 
ruhe, beweist A., daß dies nicht der Fall ist: Er beseitigte 
durch Verseifung mit Kalilauge die Fettsäure, färbte dann mit 
Karbolfuchsin und entfärbte Vz Stunde lang mit 3 pCt. salz¬ 
saurem Alkohol; trotzdem blieb die Färbung bestehen. 
Eine einfache Methode der Venenanästhesie. (Demonstration.) 

Herr Arthur Schlesinger: Durch eine Vereinfachung 
der Bier sehen Venenanästhesie glaubt Vortragender 
zu einer größeren Popularisierung der letzteren bei¬ 
tragen zu könen. Er macht zuerst Stauung ob.er- 
blattr der Injektionsstelle!'’rMd führt sodann ein Troikni't 
mit stumpfer Kanüle in die Vene ein. Herausnahmen 
des Mandrins, Verschluß der Kanüle zur Beseitigung der 
Stauung. Elevierung des Gliedes und Herausstreichen des 
Blutes, darauf Anlegen der Gummibinden oberhalb und unter¬ 
halb der Kanüie und Einspritzen der Va proz. Novokainlösung. 

Herr Bcnda zeigt das Präparat einer Pylephlebitis mit 
Leberahsceß, als deren Ursache sich eine in die V. mesaraica 
superior eingedrungene Fischgräte nachweisen ließ. Der 
Kranke, von dem das Präparat stammt, war vor acht Tagen in 
schwer septischem Zustande eingeliefert worden, der schwere 
Ikterus und profuse Diarrhöen wiesen auf den Darm hin. 
Näheres war nicht zu eruieren gewesen. 

Tagesordnung: 

Herr Saalfeld stellt den Antrag: Die Berliner medizinische 
Gesellschaft wolle an zuständiger Stelle dahin vorstelligKverdcn, 
daß diejenigen für die Wassormannsche Reaktion erforder¬ 
lichen Reagentien, welche keine konstante Zusammensetzung 
haben, an einer Zentralstelle hergestellt werden, die der staat¬ 
lichen Kontrolle unterliegt. Von dieser Zentralstelle aus wären 
dann die Reagentien zu beziehen. 

Dieser Antrag erscheint zum Teil durch die Tatsachen 
überholt; denn v. Wassermann hat auf der Naturforscher¬ 
versammlung in Königsberg mitgeteilt, daß die für seine 
Reaktion erforderlichen Reagentien auf seihe Veranlassung 
von einer chemischen Fabrik hergestellt würden und unter 
der Kontrolle seines Instituts ständen. Es erübrigt sich daher 
nur noch zu beantragen, daß die von anderen Seiten hergestell¬ 
ten Reagentien einer staatlichen Kontrolle zü unterwerfen 
seien. Zur Beratung näherer Details soll die Angelegenheit 
einer geeigneten Kommission unterbreitet werden. Ferner 
sollte dahin gestrebt werden, daß die Ausführung der 
W a ss e r m an n sehen Reaktion Naturheilkundigen und Kur¬ 
pfuschern untersagt werde. 

Diskussion: 

Herr Mühsam möchte sich nicht ohne weiteres für den 
Antrag erklären, da die Schwierigkeit besteht, daß die Reagen- 
tien im Laufe der Zeit ihren Titer verändern, so daß eine ein¬ 
malige Kontrolle nicht genügt. 

Herr Morgciiroth spricht sich gegen den Antrag Saal- 
f e 1 d aus. Den Kernpunkt der Frage erblickt er darin, daß 
nur solche Personen die Wassermann sehe Reaktion aus¬ 
führen sollen, die in jahrelanger Tätigkeit sich serologisch aus¬ 
gebildet haben. Sie allein seien imstande, die Serumreaktion 
durch häufige 'Kontrollen zu prüfen. 

Herr v. Wassermann stimmt im allgemeinen mit dem Vor¬ 
redner überein. Bei der großen Bedeutung der Reaktion für 
den Praktiker dürfe man sich indes den vielfach geäußerten 
Wünschen aus Aerztekreisen nicht verschließen. Er hat sich 
daher bereit erklärt, die Kontrolle der Extrakte, die von einer 
Zentralstelle aus in den Handel kommen, unentgeltlich vor- 
zunehmen. Den Antrag Saalfeld würde W., vom Grund- 



No. 45. 


THERAPEUTISCHE 

satze ausgehend: Probieren geht über Studieren, zur Annahme 
empfehlen. 

Herr Lesser ist gegen den Antrag, zumal erst noch ent¬ 
schieden werden müsse, welches Extrakt gebraucht werden 
soll, das Leberextrakt oder das wässerige Extrakt. L. hat 
sich des wässerigen Extrakts aus normalem Herzen mit bestem 
Erfolge bedient; es wird in vielen Laboratorien verwertet. 

Herr v, Wassermann erwidert, er ziehe das Extrakt aus 
syphilitischen Fötallebern aus guten Gründen allen anderen 
vor; übrigens sei vor drei Jahren auch das sog. wässerige Ex¬ 
trakt in seinem Institut ausgearbeitet und probiert worden, es 
habe sich aber nicht bewährt. Den Vorwurf, daß er Partei sei, 
müsse ei 1 aufs entschiedenste zurückweisen. 

Es erwidern noch die Herren Lesser, Leonor Michaelis, 
Morgenroth und Saalfeld. Der Vorsitzende schließt die Dis¬ 
kussion mit der Bemerkung, daß eine Abstimmung über den 
Antrag nach dem Wortlaut der Geschäftsordnung zunächst noch 
nicht stattfinden könne. Britzmann. 

82. Versammlung 

Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom 18—24. September 1910. 

Referent Herr J.. Borchardt (Königsberg). 

Abteilung für Dermatologie und Syphilis 
Referent: Herl' W. Carl (Königsberg i. Pr.). 
Sitzung vom 20. SSeptember 1910, nachmittags 
>' 4 U h r. 

Vorträge über die Behandlung der Syphilis mit dem Ehr- 
lichschen Präparat 606. 

(Fortsetzung.) 

Herr Alt (Uchtspringe) gibt einen Ueberhlick über die 
ersten Nachprüfungen mit 606. Zuerst hat er die Tierversuche an . 
Hammeln und Hunden angestellt, um über die Resorptionsj,. 
weise, Toleranz, Ausscheidung und, örtliche Wirkung etwas 
zu dfrafiren. Dann wurde das Mittel zwei Menschen (Assisten¬ 
ten) ä 0.1 g injiziert mit nur örtlicher Reaktion. Er wiederholt 
dann die Resultate seiner ersten Behandlungen (mitgeteilt in 
der , Münch, med. Wochenschi'.“. 15. III. 1910) und hebt noch¬ 
mals die 100 erstbehandelten Fälle, die von Schreiber auf 
dem Internistenköhgreß in Wiesbaden vorgestellt sind, hervor. 
Er macht darauf aufmerksam, keine Depots im Körper von 
Kranken von neuem zu setzen, ehe die alten aufgebraucht sind, 
um eine chronische Arsenvergiftung zu vermeiden. Beson¬ 
dere Vorsicht rät er an, wenn es sich um Patienten mit chroni¬ 
schen Nervenleiden handelt. 606 hat nicht nur eine große Affi¬ 
nität zur Leibessubstanz der Spirochäten, sondern ' zu allen 
syphilitischen Neubildungen. Es setzt um einen syphilitischen 
Herd eine Hyperäiniezoilö und wenn das z. B. in einer ge¬ 
schlossenen. Kapsel, wie der Schädelkapsel, geschieht, kann es 
zu DruckselpHMikungen Anlaß geben, die zuweilen verhängnis¬ 
voll werden können, Aehnliohe Zustände wurden auch bei der 
Behandlung mit Arsenophenyglyzin beobachtet. Bei Para¬ 
lytikern der sog. spastischen Form rät er deshalb von dem 
Gebrauch ab, weil zu leicht ein Anfall ausgelöst werden kann. 
Nur bei Paralysen ganz im Anfang und bei Taboparalyse ist 
es mit Erfolg anzuwenden. Gehirnlues bietet gute Aussichten 
auf Heilung durch 606. Die venöse Injektion des Präparates 
muß mit der von Schreiber angegebenen, Vorsicht ausge¬ 
führt werden. Bei Tabikern tritt ein Nachlassen der Schmerzen 
gewöhnlich erst nach einer Zeit der Reizung ein, in welcher 
die subjektiven Beschwerden vermehrt sind. Opticusatrophie 
hat A11 nie beobachtet. 

Herr Schreiber (Magdeburg): Die Schmerzhaftigkeit der 
anfangs üblichen intramuskulären Injektion, besonders aber 
die Beobachtung, daß die stark alkalische Lösung, sowie die 
Pulveremulsion Nekrosen macht, veranlaßten zur intravenösen 
Injektion. S. gibt seine jetzige Technik an unter Demonstra¬ 
tion einer besonders konstruierten Kanüle. Die intravenöse 
Injektion ist, wenn technisch richtig ausgeführt, unter Anwen¬ 
dung einer stärkeren Verdünnung nicht gefährliche]', als die 
Injektion anderer differenter Mittel. Beson^er^ Zustände sah 
S. bei über 400 Fällen nicht, auch nicht bei'zweimaliger Ein¬ 
spritzung. Das Präparat läßt sich in,50 proz. Salbe sehr gut bei 
Kondylomen zur lokalen Behandlung benutzen, da es ätzend 
wirkt. Buschke gegenüber betont S„ daß die von 
Busch ke zitierten Fälle auf die Technik zurückzuführen 
sind, nicht aber auf die Giftigkeit des Mittels.. Er hat nie be¬ 
hauptet, das Mittel sei ungiftig. Wichtig ist. daß inan bei deso¬ 
laten Patienten, besonders solchen mit Hiruerschgifiungen. zu¬ 
nächst kleine. Dosen nimmt, weil große Dosen stärkere Reak- 
tionserscheihr.ngen hervorrufen, die bedenklich werden 
können. 

Herr Iversen (St. Petersburg): 606 ist bei Rekurrens ein 
wirksames Mittel. Die Heil dosis bei Rekurrens beträgt etwa 0,3. 
Es gelang, den Anfall zu coupieren und Rezidive zu verhüten. 
Die Spirochäten verschwinden nach drei bis zehn Stunden aus 
dem Blute, gleichzeitig Temperaturabfall bis unter die Norm 


RUNDSCHAU 1910. 681 


unter starken Schweißausbrüchen und damit Heilung. 
60 Fälle. 

I. verwandte bei Lues zuerst die intravenöse Injektion, 
jetzt die Kombination der intravenösen mit der intramusku¬ 
lären, im ganzen 0,8—1,0 g Arsenobenzol. 100 Fälle. In sechs 
Fällen bemerkte er Rezidive, die nach wiederholter Injektion 
verschwanden, diese hatten weniger als 0,4 erhalten. Für alle 
Stadien der Lues ist die Wirkung eine eklatante, besonders 
für die Spezifität des Mittels spricht der Erfolg bei maligner 
Lues, die jahrelang allen Quecksilberpräparaten getrotzt hat. 
Punktion der Leistendrüsen ergab nach 3—5 Tagen keine 
Spirochäten mehr. I. hat das Mittel auch bei Malaria an- 
gewendet, nachdem anfänglich einige Fälle von Tertiana gut 
heilten, bat er seine Versuche weiter im Kaukasus angestellt. 
27 Fälle Tertiana, 4 Quartana. 27 Tropica, 2 gemischt Tertiana 
und Tropica. 0,45 bis 0.8 Dosis intravenös und subkutan. 
Tertiana heilt in 70 pCt. der Fälle bei intravenöser Injektion, 
nach 12 bis 24 Stunden verschwinden die Plasmodien aus dem 
Blut für immer, der Milztumor wird kleiner, nur in ganz alten 
Fällen wird der Milztumor nicht kleiner. Tn 30 pCt. hören die 
Paroxysmen auf, aber die Parasiten bleiben im Blut. Von 
Quartana hat er nur vier Fälle behandelt, zwei davon reagier¬ 
ten nicht, zwei hatten nach der Injektion schwächere Paroxys- 
men und geringeren Fieberanstieg. Auch Tropica reagiert 
schlecht aui die Injektion, die Besserung ist nur vorübergehend. 
Die Parasiten verschwinden nicht aus dem Blute und in einigen 
Tagen kommt es wieder zu Fieber. In vier Fällen hat er Reiz¬ 
zustände beobachtet, ähnlich wie sie bei Verwendung sub- 
therapeutischer Dosen bei Lues beschrieben worden sind: 
Fieber, stärkere Anfälle und Auftreten von jungen Ringen in 
den Erythrocyten — in zwei anderen Fällen stieg das Fieber 
wieder nach fünf Tagen an, und an Stelle der vorher kleinen 
Ringe traten nun Semilunarformen. Eine Kombination des 
606 mit Chinin kann zu einem Angriff der Parasiten von zwei 
Seiten führen und damit zur Heilung. 

Herr Wechselmann (Berlin): Es ist feststehend, daß 
E h r 1 i c h s Dioxydiamidoarsenobenzol ein den anderen über¬ 
legenes spezifisches Mittel gegen alle Manifestationen der Lues 
ist. Es ist unzutreffend, daß es nur etwas stärker als Kalomel 
wirkt, sondern es greift dort heilend ein, wo Kalomel durch 
Jahre vergeblich gegeben wurde (Krankenvorstellung). Die 
unvollkommene Wirkung einer zu kleinen Dose kann durch 
Reinjektion kompensiert werden. Rezidive scheinen seltener 
und mehr als Herdrezidive aufzutreten. Bei Tabes sind Besse¬ 
rungen zu konstatieren. In einem Falle kehrten die erlosche¬ 
nen" Patellarsehnenreflexe wieder, möglich, daß es sich um 
Pseudotabes handelt; diese wird nicht durch Quecksilber, aber 
durch 606 gebessert. Aehnlich geht es vielfach auch mit 
Pseudoparalysen im Sinne Fournier s. Untersuchungen 
mit Nikolai haben ergehen, daß das Mittel nicht das Herz 
schädigt, gelegentlich sinkt der Blutdruck. Vorsicht ist Lei 
schwachen'Herzen am Platz. Verbreiterte Aorten und Aorten-, 
aneurysmen sind ohne Schaden injiziert worden. Zu fürchten 
sind am 8. und 9. Tage auftretende Arzueixantheme mit hohem 
Fieber. Schädigungen des Sehnerven sind nicht beobachtet 
worden. Auch hei Neuritis optica und Sehnervenatrophie 
wurde das Mittel vertragen. Mehrfach trat Nekrose des Unter¬ 
hautzellgewebes auf. 

Herr Orth (Berlin) demonstriert zwei Präparate von In¬ 
jektionsstellen des Ehrlich 606-Präparates in die Glutäal- 
inuskulatur. Bei dem ersten Fall bestand eine Tabes, der Tod 
ist 12 Tage nach der Injektion eingetreten. Man sieht in dpi' 
Muskulatur mehrere verschieden gestaltete, insbesondere aber 
einen walnußgroßen Herd mit gelber Peripherie und rotem 
Zentrum. Trotz des eiterähnlichen Aussehens ergab weder 
die bakteriologische Untersuchung Mikroorganismen in diesem 
Herde, noch konnte mikroskopisch von einer eigentlichen 
Eiterung die Rede sein, da sich zwar einige Leukocyten in der 
Peripherie befanden, der Herd aber wesentlich aus aus- 
gestorbenem Muskelgewebe bestand. Der zweite Fall bot einen 
anatomisch ganz ähnlichen Befund. Tier Tod war liier sechs 
Wochen nach der Injektion infolge Carcinoms des Pharyngo- 
Larynx eingetreten. Beide Fälle zeigen, daß durch die Injek¬ 
tion mit Dioxydiamidoarsenobenzol nicht sowohl entzündliche 
Infiltrate als ausgedehnte Gewebsnekrosen verursacht werden 
können, welche lange Zeit bestehen bleiben. 

Herr Miekley (Berlin): M. hat an der Lesser sehen 
Klinik in Gemeinschaft mit S t r o s c h e r und T o m a -. 
czewski etwa 150 Syphilisfälle mit dem Eh r I i ch sehen 
Mittel behandelt und durchweg gute, z. T. glänzende Erfolge 
erzielt. Der Primäraffekt überhäufet sich schnell. Von der 
sekundäuen Lues reagieren, besonders gut die papulösen 
Exantheme ferner die Schleimhauterkrankungen. Die auf¬ 
fälligsten Erfolge zeigen sich hei der tertiären Lues. M. hat 
einen Patienten mit fünfniarkstückgroßeni. zerfallenem Gummi 
auf . dem Schädel, Seqiiesterbildüng daselbst und spezifisch 
schwer veränderten Kniegelenken behandelt. Das Gummi war 
17 Tage nach der Einspritzung geheilt^ und der Patient, der 
fast !■■) Jahr bettlägerig gewesen war, konnte 2—3 Wochen 
nach Beginn der Behandlung aufstehen. Aehnlich wirkte das 




682 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 45. 


Präparat bei einem Mann, der infolge der langen Erkrankung 
und der vielen Kuren körperlich total heruntergekommen war. 
Bei ihm begann schon am zweiten Tage nach der Einspritzung 
sich der Allgemeinzustand zu heben und vier Wochen später 
konnte er wesentlich gebessert die Klinik verlassen. Auch 
bei Neugeborenen mit kongenitaler Lues wirkte das Mittel aus¬ 
gezeichnet. Mißerfolge waren nicht zu verzeichnen, dagegen 
sind zwei Rezidive vorgekommen. Nebenwirkungen wesent¬ 
licher Art wurden — abgesehen von der übrigens nicht stets 
vorhandenen Schmerzhaftigkeit der Einspritzung —, nicht be¬ 
obachtet. M. kommt zu dem Schluß, daß die Ehrlich sehe 
Entdeckung die Behandlung der Syphilis in einer ganz außer¬ 
ordentlichen Weise gefördert hat und daß sie für die Behand¬ 
lung und Bekämpfung der Lues einen gewaltigen Fortschritt 
bedeutet. 

Herr Uhleiiliuth (Berlin) berichtet kurz über seine Ver¬ 
suche mit Atoxyl. Er hält das Atoxyl in seiner Wirkung für dem 
Quecksilber bei weitem überlegen. Trypanosomentiere wur¬ 
den prompt geheilt. Bei Hühnern tritt nach Atoxyliniektion 
eine Immunität gegen Spirillosen ein. Auch bei Lues hat er 
gute Erfolge mit der Atoxylbeliandlung gesehen. Verglichen 
mit dem 606-Präparat ist dieses in der Schnelligkeit der 
Wirkung dem Atoxyl bei weitem überlegen. 

Fräulein Margulies (St. Petersburg) berichtet über Tier¬ 
behandlung mit geringen, ungenügenden Mengen von 606. Die 
Versuche waren angestellt bei drei Trypanosomenerkrankun¬ 
gen und bei drei Spirillenerkrankungen (Rekurrens), beides 
bei Mäusen. Hühnerspirillcse bei Hühnern und Syphilis bei 
Kaninchen. Die Trypanosomen ließen sich ziemlich schnell 
an das 606 gewöhnen, und wenn man ganz langsam und vor¬ 
sichtig die Dosen steigerte, verschwanden sie nicht mehr, auch 
nicht bei Verwendung der Dosis tolerans maxima, die Para¬ 
siten waren 606-fest geworden. Diese 606-festen Stämme 
waren auch fest gegen Arsacetin und Arsenophenylglyzin. 
Ganz anders verhielten sich die Spirillen. Hier war es nach 
einer sehr langen Reihe von Tierpassagen überhaupt nur mög¬ 
lich. einen 606-festen Stamm zu bekommen. Die Spirillen 
verschwanden nicht mehr, auch bei der doppelten Heildosis 
nicht, hatten sich aber wesentlich in ihren biologischen resp. 
pathogenen Eigenschaften geändert, insofern als sie nicht mehr 
dieselbe Virulenz wie der Ausgangsstamm aufwiesen. Bei den 
Rekurrensspirillen war trotz der 59. Passage gar keine Festig¬ 
keit eingetreten, sie verschwanden ganz restlos, wenn man nur 
die eingespritzte Dosis ein wenig erhöhte. Dasselbe gilt auch 
für die Syphilisspirochäte, welche M. bei den Kaninchen mit 
ganz kleinen Dosen, die 10—15 mal kleiner als die Heildoses 
waren, zu beeinflussen versuchte. Nach 2—3 solchen Ein¬ 
spritzungen wurde die Zahl der Spirochäten immer geringer, 
bis sie endlich nach noch zweimaliger Behandlung vollständig 
verschwanden. Der Primäraffekt heilte allmählich ab. Dabei 
waren auch keine üblen Nebenerscheinungen zu beobachten 
,und auch keine Ueberempfindlichkeit. Dieselbe wurde noch 
speziell geprüft bei gesunden Mäusen, welche mit wiederhol¬ 
ten auf- und absteigenden Dosen gespritzt waren. Die Mäuse 
überstanden innerhalb 2—3 Wochen mehr als die doppelt töt- 
liche Dosis, was ein direkter Beweis für die relativ schnelle 
Ausscheidung des Mittels sein kann. 

Herr Stern (Düsseldorf): Gegenüber den glänzenden Er¬ 
gebnissen, die sich bei einer erheblichen Anzahl der Fälle er¬ 
zielen lassen, lenkt der Vortragende die Aufmerksamkeit auf 
diejenigen doch nicht so ganz seltenen Beobachtungen, in 
denen trotz relativ großer Dosis doch das Mittel versagt. Aus 
seinen Beobachtungen und Studien muß St. schließen, 1. daß 
die Durchschnittsdosis von 0 5 in einmaliger Anwendung sich 
in manchen Fällen als zu klein erweist, 2. daß selbst bei 
Anwendung von 0.7—0 8 sich arsenfeste Spirochätenstämme 
bilden können und daß 3. die vielfach gerade im Publikum 
herrschende Meinung, die Syphilis könne nunmehr mit einer 
einmaligen Injektion geheilt werden, nicht richtig sei. Gegen¬ 
über dem oft geradezq phantastischen Optimismus, der auch 
in Aerztekreisen sich gegenüber dem neuen Mittel bemerkbar 
mache, hält der Vortragende es doch für Pflicht, darauf auf¬ 
merksam zu machen, daß selbst bei hoher Einzeldosis ein Er¬ 
folg ausbleiben kann. Da die lange Remanenz des Arsens er¬ 
wiesen sei und an den von Orth demonstrierten Präparaten 
auch die intensive lokale Einwirkung des Mittels feststehe, sei 
die Frage wohl berechtigt, ob es so ganz ungefährlich ist, die 
hohe Einzeldosis in kurzen Abständen zu wiederholen. Gerade 
nach dieser Richtung hin mahnten die Versager zum Nach¬ 
denken. 

Herr W. Scholtz (Königsberg) erwähnt zunächst drei von 
ihm beobachtete Versager mit 606, von denen zwei offenbar 
auf zu geringe Dosis, 0.3 und 0,4, einer auf einen arsebfesten 
Stamm zurückgeführt werden mußte. Dann geht er kurz auf 
die Technik ein und bemerkt, daß dieselbe seiner Ansicht nach 
noch nicht zur Zufriedenheit ausgebildet ist. denn bei den In¬ 
jektionen nach Michaelis und A 11 sind die Schmerzen doch 
noch oft recht erheblich, bei den Injektionen nach Wechsel¬ 
mann geht die Resorption durch Bildung abgekapselter In¬ 
filtrate bisweilen nicht gleichmäßig und schnell genug von¬ 


statten. Scholtz konnte noch fast sieben Wochen nach der 
Injektion in wenigen Kubikzentimetern eines verflüssigten 
faustgroßen Infiltrates mehrere Zehntel Milligramm Arsen 
nachweisen. 

Dann berichtete Scholtz über einen Fall von heredi- 
mtärer Lues, bei dem nach dem Vorgang von Ta ege der 
Mutter eine Injektion von 0,5 Arsenobenzol gemacht wurde, 
und bei dem von der Mutter gesäugten Kinde hierauf inner¬ 
halb zehn Tagen vollkommenes Abheilen des papulo- 
squamösen Exanthems und der übrigen luetischen Erschei¬ 
nungen erfolgte. In der Milch der Mutter konnten 48 Stunden 
nach der Injektion nur ganz minimale Spuren von Arsen 
(weniger als bi» mg) nachgewiesen werden, die für die Heilung 
wohl sicherlich nicht in Betracht kommen. 

Daraufhin versuchte Scholtz bei Patienten mit florider 
akquirierter Lues eine Serumbehandluhg direkt durch In¬ 
jektion des Blutserums von Syphilitikern, die 48 Stunden vor¬ 
her eine Injektion mit 606 erhalten hatten, ln der Tat konnte 
auf diese Weise bei zwei Patienten eine nahezu völlige Ab¬ 
heilung des Exanthems und der nässenden Papeln erzielt 
werden, während bei drei anderen Patienten nur in den ersten 
Tagen eine Besserung eintrat, dann aber kein weiterer Fort¬ 
schritt erfolgte und zu anderer Behandlung übergegangen 
werden mußte. Die Spirochäten nahmen in allen Fällen nur 
an Zahl und Beweglichkeit ab, verschwanden aber nur vor¬ 
übergehend, nicht dauernd. Die Spirochäten werden offenbar 
durch diese Serumbehandlung nicht sehr erheblich beeinflußt, 
es handelt sich vielleicht nur um die Bildung antitoxischer 
Stoffe im Serum. 

Eine Arsenwirkung kommt jedenfalls nicht in Frage, denn 
in 20 ccm des verwandten Serums konnten nur minimale 
Spuren (weniger als 'Iw mg) Arsen nachgewiesen werden, und 
den Kranlien wurden bisher nur 30—50 ccm injiziert. (Auto¬ 
referat.) 

Herr Michaelis (Berlin) tritt für die Verwendung der neu¬ 
tralen Suspension ein. und bestreitet, daß die Wirkung der 
alkalischen Lösung schneller als die der Suspension sei. Das 
Arsenobenzol sei ein amphoterer Elektrolyt, der im freien Zu¬ 
stand eine minimale Löslichkeit besitzt. Die Löslichkeit hänge 
von der Reaktion der Lösung ab. bei der neutralen resp. spur- 
weise alkalischen Reaktion des Blutes und der Gewebe hat die 
Löslichkeit des 606 ein Minimum. Daher fällt die alkalische 
Lösung, wenn man sie in die Gewebe injiziert, nachträglich 
zum größten Teile doch aus, und stellt ebenso eine Depot¬ 
behandlung dar. wie die reizlosere neutrale Suspension. Die 
| Injektion in den Rücken wird besser nicht subkutan, sondern 
in die oberflächliche Rückenmuskulatur gemacht. Es entstehen 
. hier kaum Infiltrate. 

Herr Grünfeld (Odessa) führte etwa folgendes aus: In 
Rußland sei die Lues sehr verbreitet, es gibt Ortschaften, 
deren Bewohner zu 80 pCt. als Luetiker bezeichnet werden 
können. Da 606 besonders für die massenhafte Behandlung 
der Syphilis geeignet sei, so sei es in Rußland "bereits zur 
Gründung sog. ..fliegender Kolonnen“ zur Behandlung der 
Syphilis gekommen, wenigstens unter der ländlichen Bevölke¬ 
rung. In Tausenden von Fällen sei das Arsenobenzol als ein 
ausgezeichnetes Mittel besonders bei hereditärer, schwer ulce- 
| röser und maligner Lues erprobt. G. hegt die Hoffnung, daß 
j die verblüffenden und rasch auftretenden Resultate im russi- 
| sehen Volke wieder das Vertrauen zur Heilkraft der Arzneieu 
erwecken mögen. 

Herr Dohi (Tokio) spricht seine Erfahrungen über das 
neue Präparat aus, das er erst vor seiner Abfahrt von Japan 
zu prüfen bekam, und knüpft daran die Demonstration der 
Photographien zweier Syphiliskranker, an denen man den 
täglichen Rückgang der papulösen und ulcerösen Syphilide 
ungemein klar verfolgen kann. Sie verschwinden, bemerkt 
der Vortragende, gleichsam wie Hagelkörner oder Schnee¬ 
flocken unter den Sonnenstrahlen. Ueber das Endresultat des 
Mittels aber wird uns nur die Zukunft unterrichten können, 
j die allerdings sehr hoffnungsvoll aussieht. 

Herr Grouven (Halle) hält das Mittel nach seinen Erfah¬ 
rungen, die er aus der Behandlung von 200 Fällen gewonnen 
hat, für allen bisherigen Luesheilmitteln überlegen. Bei schweren 
Störungen des Gefäß- und Nervensystems rät er von der An¬ 
wendung ab. Geringe Intoxikationserscheinungen sind sowohl 
bei intravenöser als auch bei intramuskulärer Applikation 
möglich, wegen einer Reihe unbekannter Faktoren, die bei der 
venösen Injektion mitspielen, empfiehlt er diese nicht. Bei 
Kopfschmerzen, Fieber, gastrointestinalen Störungen. Gicht, 
muß man vorsichtig verfahren. Die neutrale Injektion ist 
weniger Schmerzhaft, aber der Erfolg auch zögernder. Bei 
wiederholten Injektionen wurde niemals, bis auf zwei Fälle, 
eine kumultative Wirkung beobachtet. Die Wasser m a n n - 
sehe Reaktion verschwindet bei parasyphilitischen Erkrankun¬ 
gen sofort, in frühen Stadien der Lues langsam. Ein Negativ¬ 
werden der W.-Reaktion ist nicht gleichbedeutend mit einer 
Heilung. Verfasser berichtet über zwei Rezidive und über 
drei Fälle von Primäraffekt, bei denen der Ausbruch sekun¬ 
därer Erscheinungen nicht verhindert werden konnte. Das 



No. 45. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


683 


Mittel ist sicherlich ein Fortschritt bezüglich der Schnelligkeit | 
der Wirkung sowie auch der Spezifität, wo Quecksilber versagt. 

Herr Glück (Sarajewo) berichtet über 417 mit 606 be¬ 
handelte Fälle und zeigt viele Abbildungen schwerster Lues. 
Davon sind 47 Primäratfekte mit einer Durchschnittsheilungs- 
dauer von 8—9 Tagen, 281 sind rezent Syphilitische mit einer 
Behandlungsdauer von 10 Tagen, 99 sind tertiäre Lues mit 
einer durchschnittlichen Behandlungsdauer von 12 Tagen. 
Unter den behandelten Fällen finden sich 7 Rezidive, alle diese 
sind mit der Dosis 0,3 gespritzt. Bei den Rezidiven war von 
Anfang an die Heilung etwas verzögert. G. knüpft hieran die 
Mahnung, auf alle Fälle mit langsamer Heilung besonders 
zu achten. Am hartnäckigsten sind Sklerosen an der Portio, j 
die 18 Tage im Durchschnitt zur Heilung benötigen. G. macht 
die Heilungsdauer direkt von der Grobe der Dosis abhängig. 
Trotz 0,7—0,8 ist nur einmal eine Arsenintoxikation onne 
F olgen vorgekommen. 

Herr Friedländcr (Berlin) berichtet über 80 Fälle, 

15 Primäraffekte, darunter 12 genitale, 3 andere mit Drüsen- 
schwellungen, teils mit Gangrän. Bei einer Dosis von 0,3 bis | 
0,6 in 6 bis 24 Tagen verschwanden die Erscheinungen; einige [ 
waren von Sekundärerscheinungen gefolgt. 48 Fälle mit j 
schweren Hauterscheinungen und häufig schwerer Kachexie | 
gingen prompt zurück. Die Patienten nahmen sehr an Gewicht 
zu, ein Rezidiv unter diesen 28 Fällen, das mit 0,6 gespritzt 
war, wurde durch eine Dosis von 0,3 beseitigt. 15 Fälle von | 
schweren Schleimhauterkrankungen mit Zerstörungen an 
Tonsillen, Epiglottis, Uvula, mit Papeln am ganzen Körper 
heilten nach 0,4. Gummata im Rachen und Trachea nach 0,3, 
ein Herr mit schweren Zerstörungen an der Zunge nach 0,5. 
Nervenfälle (Tabiker, Pseudotabiker, Muskellähmungen) wur¬ 
den insofern gut beeinflußt, als die Schmerzen verschwanden, 
vor allem die Kopfschmerzen. Eine Tabes initialis mit Blasen¬ 
störungen wurde beschwerdefrei nach acht Tagen. 606 ist den 
Quecksilberpräparaten sicher überlegen. F. scnlägt für Primär- , 
affekte grobe Dosen vor, bei Rezidivbehandlung je nach der | 
Schwere der Sekundärerscheinungen. Der Wert des Ehr¬ 
lich sehen Präparates beruht in der "Fähigkeit, schnell die 
Erscheinungen zum Schwinden zu bringen. 

Herr Pick (Wien) weist auf die Verschiedenheit hin, mit 
der das Mittel vertragen wird bezüglich der Temperatursteige¬ 
rung. Er findet, daß hauptsächlich hysterische und neurastne- 
nische Personen stark reagieren, die auch auf eine einfache 
Wasserinjektion schon Fieber bekommen. Er zieht hier einen 
Vergleich mit den Tuberkulininjektionen, die auch zuweilen 
bei nervösen Menschen Fieber machen, ohne daß diese einen 
tuberkulösen Herd haben. Er empfiehlt, probatorische Injek¬ 
tionen von 0,05 ambulatorisch vorzunehmen und wenn die 
Patienten darauf reagieren, nur kleine Dosen zu verwenden. 

Herr Salmon (Paris) berichtet über seine Atoxylstudieu 
vom Jahre 1907. Das Arsenik ist in einzelnen chemischen 
Verbindungen ein spezifisches Heilmittel gegen die Syphilis, 
wirksamer als Quecksilber. In 24 Stunden deutliche Ein¬ 
wirkung. In Fällen maligner Syphilis, oder wenn Quecksilber 
unwirksam ist, gibt Atoxyl gute Resultate. Atoxyl verhindert 
nicht die Rezidive. 606 hat bei Affen, präventiv angewendet, 
schon in sehr kleinen Dosen gewirkt. S. empfiehlt daher 
auch bei Menschen prophylaktische Anwendung. Nähere An¬ 
gaben müssen erst noch gemacht werden. Verfasser gibt dann 
einige Beispiele guter Erfolge und nennt als Kontraindikation 
die Tuberkulose. Das Gewicht des Patienten bildet keinen 
Maßstab für die Dosierung, sondern andere Gesichtspunkte. 
Frauen vertragen weniger als Männer. Die- Natur und das 
Alter der Krankheit sollen die Dosierung bestimmen. Im An¬ 
fang der Syphilis soll man große Dosen (0,7) geben. Aeltere 
Erscheinungen erfordern geringere Dosen (0,4 im Durch¬ 
schnitt) . Bei der malignen Syphilis findet man nur schwer 
Spirochäten, daher auch hier nur 0,4-Dosis. Keine üblen 
Nebenwirkungen in 33 Fällen. 

Herr Königstein (Wien) findet keinen wesentlichen Unter¬ 
schied in der Wirkung und im Auftreten subjektiver Be¬ 
schwerden bei intravenöser und intramuskulärer Applikation, j 
Die Entscheidung über die Art der Applikation wird von 
äußeren Umständen bestimmt. Er erwähnt einen Fall von 
Ulcus mixtum, der auf 0,6 des Heilmittels sehr schnell heilte. 
Das Auftreten der Herxheimersehen Reaktion ist unab¬ 
hängig von der Dosis, sie tritt sowohl bei universellen 
Exanthemen auf, wie auch bei lokalen Papeln. 606 bringt die 
Syphilome viel schneller zurück als die Quecksilberpräparate. 

Herr Schindler (Berlin) hebt hervor, daß man die refrak¬ 
tären Fälle von Primäraffektionen, die mit 606 behandelt sind, 
doch nicht vergessen soll. Er hat einen Patienten mit einem 
Primäraffekt am Präputium und einem größeren ulcerierten 
am linken Mundwinkel mit großen regionären Drüsen mit 
0,45 des E h r 1 i c h sehen Mittels gespritzt. Nach 48 Stunden 
war der Primäraffekt am Präputium abgeheilt, der an der 
Lippe aber nur zurückgegangen, und ebenso die regionären 
Drüsen, und erst auf Quacksilberpflaster und Injektionen von 
grauem Oel verschwand alles restlos. 


Herr ßlumeufeld (Lemberg): Alle 50 behandelten Falle 
reagierten mit Temperatursteigerungen und Schmerzen. Die 
Schmerzen sind individuell verschieden stark und dauern ver¬ 
schieden lange an (Dosis 0,4—0,6). Große Primäraffekte 
reinigten sich nach 48 Stunden, nach 4—5 Tagen Ueberhäutung, 
die regionären Drüsenschwellungen gehen schnell zurück, 
auch tertiäre Formen gehen schnell zurück. 

Herr Emery (Paris) berichtet über 50 Injektionen, die 
er gemacht hat. Er hält das Mittel für vollkommen unschäd¬ 
lich. Die Schmerzen und die lokalen Entzündungserscheinun¬ 
gen in der Umgebung der Injektionsstelle sind sehr un¬ 
bedeutend. Temperatursteigerung war selten, und auch dann 
nur bis 38". Von den Erfolgen ist zu sagen, daß Primäraffekte 
verhältnismäßig langsam verschwanden, die Sekundär- 
erscheinungen schnell zurückgingen. Alte Knochen- und Ge¬ 
lenkprozesse heilten in geradezu wunderbarer Weise. Ueber 
die Beeinflussung nervös syphilitischer Prozesse hat Verf. 
noch kein abschließendes Urteil. 

Herr Volk (Wien) schlägt eine Suspension des Präparates 
606 in Paraffinum liquidum oder in Oleum olivarum vor. Nach 
seiner Meinung heilen Sklerosen und die sekundären Krank¬ 
heitsformen der Syphilis schneller als bei Quecksilberbehand¬ 
lung, besonders bei ulcerösen Syphiliden zeigt sich die über¬ 
legene Heilwirkung des neuen Mittels. Bei Palmar- und 
Plantarsyphiliden ist 606 dem Hg nicht wesentlich überlegen, 
bei papulösen und makulösen Exanthemen leistet das 11g 
mehr. Oftmals muß man mehrere Injektionen mit 606 machen, 
da auf die erste Injektion die Rückbildung ungenügend ist. 
Nebenerscheinungen wurden wenig beobachtet, nur manchmal 
Blutdrucksenkungen und Temperaturen bis 39,6“, schnell vor¬ 
übergehende Exantheme und Urinverminderung in den ersten 
Tagen. Selten trat die Herxhei m e r sehe Reaktion auf. 
Das Allgemeinbefinden und das Körpergewicht bessern sich 
gewöhnlich sehr schnell. Die Wassermaniische Reaktion 
wurde nur im Verlauf von Wochen und Monaten beeinflußt. 
Auch V. hält das Verschwinden der W.-Reaktion nicht un¬ 
bedingt für ein Signum sanationis. Vier Rezidive wurden beob¬ 
achtet. Zum Schlüsse empfiehlt V. die kombinierte Behand¬ 
lung mit Hg. 

Herr H. Citron (Berlin) berichtet über ein von ihm ge¬ 
meinsam mit Herrn Mulzer im kaiserlichen Gesundheits¬ 
amte ausgearbeitetes, an Tieren wie an Patienten bereits er¬ 
probtes Verfahren zur Herstellung gebrauchsfertiger 606- 
Lösungen. Letztere werden ausschließlich in der Spritze seitist 
bereitet und mit CaCO ; ,-Aufschwemmung gefällt. C. charak¬ 
terisiert die Vorteile der Methode dahin, daß 1. die bereitete 
Lösung absolut steril ist, 2. die Emulsion unter allen Um¬ 
ständen auch ohne quantitative Abmessungen neutral wird, 
daher reizlos wirkt, 3. das Injektionsquantum sich auf ein 
Minimum (6—8 ccm) beschränken läßt, 4. durch Vermeidung 
von Aetzalkalien und Säuren jede Dekomposition des diffizilen 
Präparates tunlichst vermieden wird. Die bisher erzielten 
Resultate sprechen für die Richtigkeit der Schlußfolgerungen. 

Herr Nagelschmidt (Berlin) halte Gelegenheit, eine 
größere Anzahl initialer Tabesfälle zu behandeln. Die Mehr¬ 
zahl der Neurologen steht auf dem Standpunkt, die spezifische 
Behandlung der Tabes mit Hg zu widerraten wegen der 
foudroyanten Verschlimmerungen, die oft nach geringen Dosen 
schon eintreten und sogar stationär bleiben können. N. hat 
daher schon seit Jahren in Fällen, welche sich für eine anti¬ 
luetische Behandlung zu eignen schienen (insbesondere die 
Fälle mit positiver W a s s e r m a nn scher Reaktion), einen 
anderen Modus der spezifischen Behandlung zunächst mit 
Quecksilber, dann mit Arsacetin und schließlich mit 606 an¬ 
gewandt. Er beginnt mit einer ganz schwachen Injektion; 
jedoch sieht man nicht selten auch danach schon eine deut¬ 
liche Exazerbierung objektiver und subjektiver Symptome auf- 
treten. Nach Ablauf dieser Reaktion, d. h. nach einer oder 
mehreren Wochen, erfolgt eine zweite vorsichtige Dosis von 
derselben Größe oder etwas größer und so fort mit genügen¬ 
den Intervallen, wobei man sich in jedem Falle nach der in¬ 
dividuellen Reaktion richten muß. Er empfiehlt daher dringend 
in derartigen Fällen von der Dosis magna sterilisans, die ja in 
diesen Fällen nicht mehr in Betracht kommt, abzusehen und 
sich der individuellen, einschleichenden Methode zu bedienen. 
Wiederholte Injektionen bis zu der Gesamtdosis von 1,5 oder 
2,0 des Mittels werden hierbei gut vertragen und ausgezeich¬ 
nete Besserungen beobachtet. 

Herr Ledermann (Berlin) hat mit 606-Behandlung Erfolg 
gehabt bei Ozaena. Bei Infiltraten der Stimmbänder ist die 
Aphonie in 5—6 Wochen einer normalen Sprache gewichen. 
Manchmal hält er eine zweite Dosis des Mittels für notwendig, 
in Pallen, die gegen Jod und Quecksilber refraktär sind. 

Herr Saalfeld (Berlin) macht die Bemerkung, daß die 
syphilitischen Hauterscheinungen langsamer zurückgehen als 
die anderen Erscheinungen. 

Herr Joseph (Berlin) hält das Ehr lieh sehe Präparat 
für reif für die Praxis. In neutraler Suspension subkutan ge¬ 
geben, zwischen Wirbelsäule und Skapula, macht es nicht 
stärkere Schmerzen als Hydrargyrum salicylicum. 



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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 45. 


Medizinische Hauptgruppe. 

2. Sitzung. 

Mittwoch, den 21. September 1910, 

9 Uhr vormittags. 

Vorsitzender: Herr Pfeiffer (Breslau). 

Herr Georg Meier (Berlin) berichtet über den heutigen 
Stand der Lepraforschung, indem er sich dabei z. T. auf eigene 
in Norwegen gemachte Erfahrungen und experimentelle Unter¬ 
suchungen stützt; insbesondere auch auf die Ergebnisse der 
zweiten internationalen Leprakonferenz in Bergen 1909, an 
der er teilgenommen hatte. Die Epidemiologie der Lepra ist 
noch keineswegs geklärt. Die ätiologische Bedeutung der von 
Hansen entdeckten Bacillen steht zwar außer Zweifel; auf 
welchem Wege jedoch die Ansteckung erfolgt, ist noch eine 
vielumstrittene Frage. Die Theorien von Hutchinson (Ge¬ 
nuß von verdorbenen Fischen), sowie von Zambaco (erb¬ 
liche Uebertragung der Lepra) sind fast allgemein verlassen. 
Wie bei der Tuberkulose spielt auch bei der Lepra die direkte 
Uebertragung von Mensch zu Mensch die Hauptrolle und sind 
ungünstige soziale Verhältnisse als wesentlich unterstützende 
Momente für die Infektion zu betrachten. Die Rolle der In¬ 
sekten als Krankheitsüberträger ist noch nicht sichergestellt. 

Das nähere Studium der Lepra ist dadurch erheblich er¬ 
schwert, daß bisher weder die einwandfreie Züchtung des Er¬ 
regers, noch die Uebertragung der Krankheit auf Tiere mit 
Sicherheit gelungen ist, allerdings können die Bacillen in fast 
reiner Form bereits mittels der Antiforminmethode gewonnen 
werden. Mitteilungen über experimentelle Infektion von japa¬ 
nischen Tanzmäusen mit Lepra bedürfen noch der Bestätigung. 
Auch über das Verhältnis der Rattenlepra zur Menschenlepra 
ist nichts Näheres bekannt. Ueber die Eintrittspforte der 
Lepra in den menschlichen Körper fehlt es noch an einer ein¬ 
heitlichen Auffassung. Sehr häufig, aber nicht regelmäßig 
scheint die Schleimhaut der Nase der Sitz der ersten Krank¬ 
heitssymptome zu sein. 

Besonderes Interesse haben die neueren serologischen 
Untersuchungen erregt, aus welchen gewisse Beziehungen zu 
der ihr auch klinisch ähnlichen Syphilis und Tubenudose 
hervorgeheii. Redner selbst hat diese Frage an dem Kranken¬ 
material der Lepraanstalten zu Bergen (Norwegen) und bei 
Memel geprüft und z. T. in Gemeinschaft mit Dr. L i e nach¬ 
gewiesen, daß sich im Serum Lepröser ähnliche Stoffe wie bei 
der Syphilis (W assermann sehe Reaktion) und bei der 
Tuberkulose (Antituberkulin) finden; jedoch ausschließlich 
bei der knotigen Form der Krankheit, nicht dagegen bei der 
Nervenlepra. Der Nachweis dieser Stoffe kann für die Er¬ 
kennung der Krankheit von praktischer Bedeutung sein. 

Ueber ein wirksames Mittel gegen die Krankheit verfügen 
wir einstweilen noch nicht. Die Behandlung muß noch eine 
rein symptomatische sein. Auch das Nastin, ein dem Tuber¬ 
kulin verwandter Stoff, hat die ursprünglich gehegten Er¬ 
wartungen nicht erfüllt. Die Heilung der Lepra scheint auch 
ohne spezifische Therapie keine allzu seltene zu sein. Sie 
tritt meist aber erst ein, nachdem die Krankheit hochgradige 
Zerstörung des Körpers angerichtet hat. 

Herr R. Stern (Breslau): ■ lieber Resistenzunterschiede von 
Bakterien innerhalb und außerhalb des infizierten Orga¬ 
nismus. 

Bei klinisch-experimentellen Untersuchungen über die 
Wirkung der Harnantiseptica wurde in manchen Fällen eine 
auffallend große Resistenz der Infektionserreger (Cystitis, 
Pyelitis) gegenüber Urotropin gefunden. In einem Teil dieser 
Fälle ergab die weitere Untersuchung, daß die aus dem Harn 
gezüchteten Infektionserreger entschieden weniger resistent 
gegenüber der antiseptischen Wirkung urotropinhaltigen Urins 
waren als dieselben Bakterien, wenn sie unmittelbar aus dem 
pathologischen Harn in urotropinhaltigen Harn übertragen 
wurden. Bei geeigneter Dosierung des Urotropins ließ es sich 
erreichen, daß die „Harnbakterien“, d. h. die direkt aus dem 
pathologischen Harn entnommenen, in dem urotropinhaltigen 
Urin sich vermehrten, während die „Kulturbakterien'' in dem 
gleichen Harn abnahmen. Dabei machte es keinen Unter¬ 
schied, ob die Kulturbakterien auf einem der gebräuchlichen 
Nährboden oder im Harn gezüchtet wurden. Eine Gewöhnung 
der Bakterien oder eine Auswahl besonders urotropinfester 
Individuen war nach weiteren Beobachtungen auszuschließen. 
Andererseits verlor sich die erhöhte Resistenz der Harn¬ 
bakterien schon innerhalb 24 Stunden bei Züchtung auf den 
gewöhnlichen Nährböden und auch beim bloßen Stehenlassen 
des pathologischen Harns. Es muß also in diesen Fällen 
seitens des infizierten Organismus eine besondere Einwirkung 
auf die Bakterien stattfinden, welche diese so lange wider¬ 
standsfähiger macht als sie sich innerhalb des Körpers be¬ 
finden. Analoge Beobachtungen wurden ah infizierter Galle 
gemacht. 

Herr Wolff-Eisner (Berlin): Tuberkuloseimmunität und 
Tuberkuloseimmunisierung in ihrer klinischen Bedeutung. 

Die Mehrzahl der Menschen ist tuberkulös infiziert, aber 
nicht tuberkulös krank (schwindsüchtig etc.); im Gegenteil ge¬ 


währt nach den Befunden von R ö m e r und Wolff-Eisner 
das Ueberstehen einer tuberkulösen Infektion einen hohen 
Grad von Schutz, der nur durch sog. massive Infektion und 
andere Schädigungen durchbrochen wird. Die Ursache dieses 
Aufhörens der Scnutzwirkung ist bisher völlig ungeklärt und 
Vortragender führt eine Reine von Versuchsergebnissen an, 
welche diese Tatsache verständlich machen und gleichzeitig 
die so lange zwischen Zellular- und Humoralpathologie be¬ 
stehende Kluft zu überbrücken versuchen. 

Er weist dann auf die Bedeutung der Trennung der sog. 
aktiven Tuberkuloseformen von den inaktiven hin und be¬ 
spricht die Gründe, weshalb die von ihm entdeckte Conjunc- 
tivalreaktion, auch oft Ophthalmoreaktion genannt, so geeignet 
ist, die aktiven Tuberkulosefälle mit großer Sicherheit heraus¬ 
zufinden. Darum erfreue sich die Methode auch wieder zu¬ 
nehmender, dauernd steigender Anwendung (Kraus, 
Meissen u. a.). 

Für die diagnostische und therapeutische Tuberkulin¬ 
anwendung ist die Kenntnis des Wesens der Tuberkulin¬ 
wirkung von einschneidendster Bedeutung. Er erörtert die 
Grundzüge der von ihm aufgestellten Theorie — genannt die 
lytische Tuberkulintheorie, weil sie für das Eintreten der 
Tuberkulinwirkung das Vorhandensein lytischer, d. h. auf¬ 
schließender Stoffe im infizierten Organismus anninnnt. Die 
Theorie ist seit ihrer Aufstellung von Immunitätsforschern 
und Klinikern vielfach angenommen worden (F o t h, Sahli, 
Meissen, Dluski u. a.). Als neue Beweise führt er eine 
große Zahl von Tierversuchen an, auf deren Ergebnisse nicht 
näher eingegangen werden kann. 

Diskussion: 

Herr Nourney (Mettmann) warnt vor der Wolff- 
Eisner sehen Conjunctivalreaktion in Fällen, die der Tuber¬ 
kulinbehandlung unterzogen werden sollen. Tuberkulin wirkt 
an und für sich nicht immunisierend, sondern indem es durch 
geringe Aktivierung (Höchstdosis bei der Behandlung 0,1 mg) 
von dort aus den Immunisierungsprozeß einleitet. 

Herr Toeplitz (Breslau): Im Kindesalter ist die v. P i r - 
quetsche Kutanreaktio.n die beste Methode für die Diagnose 
der Tuberkulose. Bei der langandauernden Anwendung 
kleinster Tuberkulindosen tritt in kurzer Zeit eine Ueber- 
empfindlichkeit gegen Tuberkulin auf, so daß die Kur ab¬ 
gebrochen werden muß. Das ist bei Anwendung der von 
Schloss mann inaugurierten Behandlung, die in relativ 
kurzer Zeit von kleinsten zu größten Dosen steigt, nie not¬ 
wendig geworden. 

Herr Friedberger (Berlin): Auch aus Bakterien lassen sielt 
Gifte darstellen, die verschieden von den Endotoxinen sind und 
stärker als diese wirken. Der Tuberkelbacillus läßt im 
Reagensglasversuch ein Gift abspalten, das in wenigen Minuten 
ein Meerschweinchen tötet und das neben, dem Endotoxin eine 
bedeutende Rolle bei der Infektion spielt. 

Herr Zangemeister (Königsberg' i. Pr.): Ueber Strepto¬ 
kokkenimmunität und Serumbehandlung bei Streptokokken 
iufektionen. 

Durch langjährige Untersuchungen an Mäusen, Kaninchen, 
Hühnern, Tauben, Affen und am Menschen hat Verfasser die 
Grundzüge der Immunität gegen Streptokokken studiert. Eine 
praktisch brauchbare Immunität tritt nur ein, wenn lebende, 
virulente Streptokokken mehrfach in großen Dosen intravenös 
injiziert werden, und wenn sich die Individuen — ohne schwere 
lokale Infektion dabei zu bekommen — nach schwerer Reak¬ 
tion bald wieder erholen. Daher tritt auch beim. Menschen 
nach lokalen Infektionen keine Immunität ein. Wohl aber be¬ 
kommen auch Menschen nach Streptokokkämien — sofern sie 
sie überstehen — eine hohe Immunität, die sich mit ihrem 
Serum an der Maus und anderen Tieren prüfen läßt. Die käuf¬ 
lichen Antistreptokokkensera sind am Menschen wirkungslos, 
wiewohl sie Mäuse und Kaninchen gegen ein Vielfaches der 
tötlichen Infektionsdosis schützen und sogar Tiere mit bereits 
allgemeiner Streptokokkenerkrankung (Streptokokken im 
Blut!) heilen können. Worauf dieser Unterschied — glänzende 
Heilwirkung am Tier, Versagen am Menschen — beruht, ist 
zurzeit noch unaufgeklärt. Die Artverschiedenheit der Strepto¬ 
kokken ist daran ebensowenig schuld, als der verschiedene 
Bau von Ambozeptor und Komplement u. dergl. Das aussichts¬ 
vollste Serum ist zurzeit das Rekonvaleszentenserum nach 
Streptokokkämien, sofern es erhältlich ist. Artfremde Normal¬ 
sera schützen in der Regel nicht nur nicht, sondern schaden 
sogar. Artgleiches Normalserum schützt im Tierversuch auch 
nicht, scheint aber am Menschen günstig zu wirken. 

. 3. S i t z un g. 

Donnerstag, den 22. September 1910. 

Vorsitzender: Herr Braun (Göttingen). 

Herr Friedberger (Berlin): Ueber das Wesen und die 
Bedeutung der Anaphylaxie. 

Vortragender bespricht zunächst die Theorie der Ueber- 
empfindlichkeit. Die Anaphylaxie ist nach seiner Auffassung 
eine Vergiftung durch das unter Zusammentreffen von Eiweiß 




No. 45. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


685 


und Antieiweiß unter Mitwirkung des Komplementes frei- j 
werdende Anaphylaxiegift. Als Beweis sieht er vor allem I 
seine Versuche an, in denen es ihm einwandfrei, auch iin [ 
Reagensglas, gelungen ist, aus diesen drei Komponenten aktiv 
tötliches Anaphylaxiegift darzustellen, das er als Anaphyla- 
toxin bezeichnet. Es werden die Versuche erörtert, auf Grund 
deren man den ganzen Vorgang als einen fermentativen zu be¬ 
trachten hat. Spezifisch ist dabei nach F. nur der in Aktion 
tretende Antikörper und dadurch der Modus der Vergiftung, 
während die Spaltprodukte aus den verschiedenen Eiwei߬ 
körpern als identisch zu betrachten sind. Vortragendem ist 
nun in Gemeinschaft mit Goldschmid auch die Darstellung 
eines analogen Anaphylaxietoxins aus mit Ambozeptoren be¬ 
ladenen Bakterien unter der Einwirkung des Komplementes 
gelungen. Auf Grund dieser Versuche hält er, in Anbetracht 
der völligen Analogie der Vergiftungssymptome, auch die In¬ 
fektionskrankheiten mit Ausschluß der Toxikosen für anaphy¬ 
laktische Prozesse. Er vertritt aber hier die Anschauung, daß 
dabei nicht ein primär vorgebildetes, spezifisches Endotoxin 
eine ausschlaggebende Rolle spielt, das erst durch Bakteriolyse 
frei wird, sondern daß aus allen Bakterienspezies ein einheit¬ 
liches Gift abgespalten wird, das mit dem Anaphylaxietoxin aus 
Eiweiß-Antieiweißverbindungen identisch ist. Die Verschieden¬ 
heit der Symptome bei den einzelnen Infektionskrankheiten 
spricht nach F. keineswegs gegen die Annahme eines aus den 
verschiedensten Bakterien sich bildenden einheitlichen An¬ 
aphylaxietoxins, das identisch wäre mit dem, das sich aus jedem 
artfremden Eiweiß abspalten läßt. Man kann sich vorstellen, 
daß die einzelnen Infektionen z. T. nur dadurch in ihrem Ver¬ 
laufe differieren, daß das parenteral vorhandene lebendige Ei¬ 
weiß eine verschiedene Vermehrungsintensität besitzt, Anti¬ 
körperbildung in quantitativ verschiedenem Grade veranlaßt, 
und sich dem Abbau und der Anaphylaxietoxinbildung gegen- 1 
über verschieden resistent verhält; Faktoren, durch die die 
Anaphylaxietoxinkurve und damit das Krankheitsbild selbst 
die verschiedensten Variationen erfahren kann. Als eine Stütze 
für diese Auffassung führt F. Versuche an, in denen es ihm 
in Gemeinschaft mit Mita gelungen ist, bei mit PferdeseftÄi 
präparierten Meerschweinchen durch Injektion von 1 Millionstel 
Kubikzentimeter des homologen Antigens unter Variierung 
der Mengen und der Zeit der Einführung die verschiedensten 
Fiebertypen zu erzeugen. Aus dem einheitlichen Antigen 
kann sich natürlich nur ein einheitliches Gift abspalten und 
doch haben wir die Verschiedenheit in dem Krankheitsbild. 
Wie Vortragender hervorgehoben, ist die Methode der Fieber¬ 
erzeugung durch infinitesimale Antigendosen bei dem vor¬ 
behandelten Tier streng spezifisch und stellt somit zugleich 
heute die empfindlichste spezifische Methode des Eiweißnach¬ 
weises dar. 

Dis k u s s i o n: 

Herr Schreiber (Magdeburg): Daß beim Menschen die 
Ueberempfindlichkeit lange Zeit bestehen kann, beweist ein 
Fall, in dem eine Frau, die vor 15 Jahren wegen einer 
Diphtherieinfektion, zwei Jahre später prophylaktisch eine 
Serumeinspritzung erhalten hatte, infolge einer vor kurzem 
vorgenommenen Einspritzung unter schweren Anaphylaxie¬ 
erscheinungen erkrankte. S. warnt deshalb vor der prophy¬ 
laktischen Injektion. 

Herr von den Velden (Düsseldorf) weist auf den Unter¬ 
schied hin zwischen den Tierversuchen und der Anwendung 
der Seruminjektion in der menschlichen Pathologie als 
Hämostypticum. Er hat in einigen Fällen erhöhte Gerinnbar- [ 
keit des Blutes nach Seruminjektion beobachtet. Bei der Ge¬ 
fahr der Anaphylaxie glaubt er aber von der Anwendung der 
hämostyptischen Wirkung des Serums zugunsten anderer ebenso 
wirksamer Mittel absehen zu sollen. 

Herr Graetz (Hamburg): Die bei Echinokokkeninfektion | 
im Anschluß an Cystenruptur auftretenden Erscheinungen I 
dürfen nicht als Anaphylaxie gedeutet werden, da es weder 
mit Cystenflüssigkeit noch mit deren Hauptbestandteilen, I 
Tyrosin und Leucin, gelingt, Anaphylaxie hervorzurufen. Für 
die Anaphylaxienatur des Heufiebers sprechen auch neuere 
Untersuchungen D unba r s. Das Serum Heufieberkranker 
präzipitiert mit Polleneiweiß und wirkt anaphylaxieerzeugend, 
während es das normale Sera nicht tun. 

Herr Friedberger (Schlußwort) erwidert Herrn G r ä t z, 
daß es mit Leucin und Tyrosin überhaupt nicht gelingt, Im¬ 
munitätsreaktionen hervorzurufen; es sei daher nicht weiter 
verwunderlich, wenn G. nicht imstande war, mit diesen Ei¬ 
weißabbauprodukten Anaphylaxie zu erzeugen. 

(Fortsetzung folgt.) 


III. Therapeutische Notizen. 

Ueber Zykloform als Auästheticum berichtet (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 38) Privatdozent Dr. Richard Werner 
(Heidelberg). Das Zykloform, der Isobutylester der p-Amido- 
benzoesäure, stellt ein glänzend weißes, kristallinisches Pulver 


dar, welches in Alkohol mit Aether leicht, in Wasser aber 
sehr schwer löslich ist. Das Zykloform wurde im Heidelberger 
Samariterhaus (Institut für Krebsforschung) teils in Pulver¬ 
form, teils als 5- oder 10 proz. Salbe in folgender Zusammen¬ 


setzung verwendet: 

Zykloform.32,5 g 

Naftalan. 225 „ 

Lanolin anhydric.175 „ 

Ol. oliv.97,5 „ 

Zinc. oxyd.100 „ 

Acid. boric.50 „ 


Als ein geeignetes Testobjekt erwiesen sich frische 
Wunden, die durch Fulguration gereizt und schmerzhaft ge¬ 
worden waren. Sie wurden mit Zykloformpulver bestreut und 
darüber ein feuchter Verband von essigsaurer Tonerde an¬ 
gelegt. Die Hautränder, welche Verbrennungen ersten bis 
zweiten Grades zu zeigen pflegen, wurden in gleicher Weise 
behandelt. Es ließ sich konstatieren, daß nicht nur der in 
der Regel mehrere Tage anhaltende brennende Wundschmerz 
fortfiel, sondern auch das Abnehmen des. Verbandes weniger 
Beschwerden verursachte. Irgendeine Reizung der Wunde 
oder der Hautländer war nicht zu bemerken. Bei Beginn der 
Granulationsbildung wurde die obige Salbe benutzt, welche 
ohne Zykloformzusatz starkes Brennen und Jucken hervorruft, 
während seit Einführung des Zykloformzusatzes die lästigen 
Beschwerden fortfielen, ohne daß die die Granulationsbildung 
und Epidermisierung befördernde Wirkung der Salbe ver¬ 
mindert wurde. Bei besonders schmerzhaften Wunden wurde 
der Salbe zur Erhöhung der anästhesierenden Wirkung reines 
Zykloformpulver beigemengt. Nur in Fällen, wo die Schmerz¬ 
haftigkeit von der Peripherie aus überhaupt nicht zu beein¬ 
flussen war, versagte das Zykloform. Im allgemeinen be¬ 
währte sich dort, wo eine etwas lebhaftere Sekretion vor¬ 
handen war, das Pulver besser als die Salbe, da letztere zu 
wenig aufsaugt und austrocknet. Der Versuch, das Zykloform 
auf eiternden oder gar jauchenden carcinomatösen Ulcera- 
tionen resp. in Zerfallshöhlen größerer Tumoren ajmiwendeu. 
mißglückte. Hier bildeten; 'spch klebrige oder bröcklige Massen, 
die den Abfluß des Sekrets hinderten. Auch eine Schmerz- 
'Stillung war in solchen Fällen nicht zu erzielen, wohl deshalb, 
weil die Beschwerden nicht allein von der Ulceration, sondern 
mehr noch von tieferen Entzündungsherden und vom Weiter¬ 
schreiten des neoplastischen Infiltrates herrührten. Dagegen 
leistet das Zykloform Vortreffliches bei oberflächlichen Haut¬ 
rhagaden oder Schleimhautfissuren, ferner bei Ekzemen in 
der Umgebung von Darmfisteln etc. Irgendwelche toxische 
Einflüsse auf den Gesamtkörper wurden nie beobachtet. Das 
Zykloform darf somit als ein ungiftiges, mild austrocknendes, 
den Wundheilungsprozeß günstig beeinflussendes, reizloses, 
prompt und intensiv, aber rein lokal und oberflächlich wirken¬ 
des Anästheticupi bezeichnet werden. R. L. 


IV. Bücherschau. 

.Jahreskurse für ärztliche Fortbildung in zwölf Monatsheften. 
Systematisch angeordnete, illustrierte Lehrvorträge über 
den fortlaufenden Wissenszuwachs der gesamten Heil¬ 
kunde. Herausgeber: Professoren v. Bruns, E. B u m m , 
Erb, v. Gruber, v. Noorden, v. Strümpell, 
Redakjpur: Dr. D. Sarason (Berlin). München, J. F. Leh- 
in a n n s Verlag. Heft 9, September. Einzelpreis 2,70 M. 

Das neunte Heft der Jahreskurse ist der Orthopädie und 
den Krankheiten der Bewegungsorgane gewidmet. In der 
ersten Hälfte des Heftes bespricht Prof. F. Lange (München) 
zwei Kapitel: 1. Die Behandlung der Spondylitis (Gipsbett. 
Gipsverband, Korsett, operative Fixierung der spondylitischen 
Wirbelsäule etc.). 2. Die orthopädische Behandlung der 
spinalen Kinderlähmung, welche ja neuerdings in der ärzt¬ 
lichen Praxis von größerer Bedeutung zu werden anfängt. Das 
Redressement, die Nervenplastik, die Arthrodese und die 
Sehnenverpflanzung werden geschildert. Der zweite Teil des 
Heftes enthält eine Abhandlung über die Diagnostik der Hüit- 
affektionen aus der Feder von Prof. Lu dl off (Breslau), 
welche ziemlich eingehend, im Rahmen des Gesamtplans des 
Unternehmens vielleicht zu ausführlich gehalten ist. Die 
Symptomatologie der einzelnen intraartikulären und extra- 
artikulären llüftaffektionen wird ausführlich geschildert, auch 
die Untersuchungsmethoden werden mit großer Gründlichkeit 
beschrieben. Zahlreiche Abbildungen sind dem Heft bei¬ 
gegeben, welches dem Praktiker reichliche Belehrung bietet. 

:ob'[' 

Dermatologische Vorträge für Praktiker. Von Dr. Jessncr 
(Königsberg i. Pr.). Würzburg, Curt. Kabitzsch 
(A. Stübers Verlag). H. 5 0,85 M. H. 8 1,60 M. 

Von dieser bekannten Sammlung liegen wieder zwei Hefte 
in dritter Auflage vor: Heft 5, die innere Behandlung von 
Hautleiden, und Heft 8: Dermatologische Heilmittel (Phar- 
macopoea’dermatologica). Die steigende Auflagenzahl der 











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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 45. 




einzelnen Hefte dieser Sammlung spricht für ihre Beliebtheit, 
welche sie auch wegen ihrer verschiedenen Vorzüge durchaus 
verdienen, wie schon mehrfach an dieser Stelle hervorgehoben 
wurde. 

Die Gicht und ihre diätetische Therapie. Von Prof. Dr. 
A. Schittenhelm (Erlangen) und Privatdozent Dr. 
J. Schmid (Breslau). Sammlung zwangloser Abhandlungen 
aus dem Gebiete der Verdauungs- und Stoffwechselkrank¬ 
heiten, Bd. II, H. 7. Halle 1910, Carl Mar hold, Ver¬ 
lagsbuchhandlung. 38 S. 1 M. 

Die vorliegende Abhandlung gibt einen zusammenfassen¬ 
den Ueberblick über den gegenwärtigen Stand unserer Kennt¬ 
nisse von der Gicht und die daraus sich hinsichtlich der Be¬ 
handlung der Gicht ergebenden Folgerungen. Der eine der 
beiden Verfasser, Sehittenhel m, hat selbst durch seine 
Forschungen dazu beigetragen, die Theorie der Gicht zu 
klären, wenn auch noch genug Fragen einer endgültigen Ent¬ 
scheidung harren. Es ist natürlich, daß der theoretische Teil 
der Arbeit, welcher sich mit der Physiologie und Pathologie des 
Nukleinstollwechsels beschäftigt, wesentlich auf den Ergeb¬ 
nissen der Schittenhelm sehen Untersuchungen beruht. 
Für den praktischen Arzt von besonderem Interesse ist der 
zweite Teil, welcher die diätetische Therapie der Gicht 
eingehender behandelt und auch spezielle Anweisungen für 
die Diät der Gichtkranken enthält. Das Heft kann jedem 
Praktiker durchaus empfohlen werden. R. L. 


V. Tagesgeschickte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Bad Ems. Einen bemerkenswerten Beschluß hat die 
hiesige Aerzteschafl in der Spezialarztfrage gefaßt. Bis 
zur endgültigen Regelung dieser vieldiskutierten Frage ver¬ 
zichten nämlich vorläufig die Kollegen auf den Titel „Spezial¬ 
arzt“. 

Paris. Wie die „Voss. Ztg.“ mitteilt, beschloß der Be¬ 
rufsverein der Pariser Aerzte im Hinblick auf die Ueber- 
füllung des Aerztestandes, der seinen Mitgliedern keine 
Möglichkeit eines anständigen bürgerlichen Auskommens mehr 
gewährt, die Regierung zu ersuchen, die Freiheit des 
medizinischen Studiums e i n z u s c h r ä n k e n und 
einen Numerus clausus der zur Einschreibung zuzu¬ 
lassenden Hörer der Heilkunde festzusetzen. 


Universitätswesen, Personalnachricliten. 

Berlin. In der vorigen Woche fanden an zwei Stellen 
Gedächtnisfeiern für den verstorbenen Geheimrat 
Prof. Ernst v. Leyden statt. Am Montag, den 24. Oktober er- 
öffnete der „Verein für innere Medizin und 
Kinderlieilkund e“ das Wintersemester mit einer 
Sitzung, die ausschließlich der Erinnerung an seinen dahin¬ 
geschiedenen Mitbegründer gewidmet war. Man versammelte 
sich in dem großen Hörsaal der neuerbauten zweiten medizi¬ 
nischen Klinik; auf dem Katheder war die Büste des zu 
Feiernden aufgestellt. Der Vorsitzende des Vereins, Geheim¬ 
rat Prof. Kraus, hielt die Gedenkrede, in der er in großen 
Zügen den äußeren Lebensgang des Klinikers vor seinen 
Hörern vorüberziehen ließ und daran anschließend eine liebe¬ 
volle Würdigung des Menschen, Arztes und Forschers gal). Am 
nächsten Tage war es der zweite Spezialkollege Ernst 
v. Leydens im jetzigen Lehrkörper der Universität, sein 
unmittelbarer Nachfolger in der Leitung der ersten medizini¬ 
schen Klinik, Geheimrat H i s, der sich der gleichen Pflicht 
wie Kraus entledigte. Die klinischen Vorlesungen in der 
ersten medizinischen Klinik wurden eröffnet, und da war es 
fast selbstverständlich, daß die erste klinische Stunde dem Ge¬ 
dächtnis desjenigen gelten mußte, der so lange — allerdings 
nicht in denselben Räumen — als Leiter der Klinik seines 
Lehramts gewaltet hatte. Infolge der so früh im Semester er¬ 
folgten Eröffnung der Vorlesungen (die auswärts wohnenden 
Studierenden kommen gewöhnlich erst am 1. November nach 
Berlin) war die Zahl der studentischen Zuhörer gering, um so 
zahlreicher waren die älteren Akademiker erschienen. Die 
in Berlin lebenden früheren Assistenten Leydens waren 
anscheinend vollzählig zugegen und mit ihnen viele seiner 
ehemaligen Kollegen aus der Fakultät, wie Waldeyer, 
Senator, Heubner, Olshausen, Orth. Zahlreich 
waren auch die Militärärzte vertreten. Vom Kultusmnisterium 
waren der Direktor der Unterrichtsabteilung, Naumann, 
mit Geheimrat Elster und der Direktor der Medizinal¬ 
abteilung, Förster, mit den Geheimräten Dietrich und 
Aschenborn anwesend. In tiefer Trauer wohnten die 
Witwe und anderen Hinterbliebenen der Feier bei. His sah 
bei dieser Gelegenheit vorwiegend seine Aufgabe darin, 
Ernst v. Leyden als Arzt und klinischen Lehrer zu 
schildern, und er löste diese Aufgabe mit vielem Verständnis. 


Halle a. S. Als Privatdozenten haben sich habilitiert 
Dr. Ernst Lapeur für Physiologie (bisher für das gleiche 
Fach in Königsberg i. Pr.) und Dr. Josef Igersheimer 
für Augenheilkunde. 

Breslau. Hierselbst starb im Alter von 57 Jahren 
Sanitätsrat Dr. Melchior W i 11 i m , dessen Name vor Jahr¬ 
zehnten viel genannt wurde, als er (1880) die einer Seitenlinie 
des in Stuttgart regierenden Herrscherhauses angehörende 
Herzogin Pauline von Württemberg heiratete. 
Letztere — vorher in ein Frl. von Kirbach verwandelt — 
mußte, bevor sie von dem König von Württemberg als Familien¬ 
oberhaupt die Genehmigung zur Eingehung der Ehe mit dem 
bürgerlichen Arzt erhielt, auf alle ihr infolge der Zugehörigkeit 
zur königlichen Familie zustehenden Rechte Verzicht leisten. 
— Der Ehe ist ein Sohn entsprossen, der sich ebenfalls dem 
ärztlichen Berufe — speziell als Augenarzt — zugewendet hat. 

Marburg. Als Nachfolger Brauers ist Prof. Dr. 
Wenckebach, bisher Leiter der medizinischen Klinik in 
Groningen, hierher berufen worden. 

■— Der Privatdozent an der Universität Königs¬ 
berg i. Pr., Prof. Dr. med. Wilhelm Zangemeister ist 
als ordentlicher Professor und Direktor der Frauenklinik an- 
die Universität Marburg als Nachfolger des jetzt in Kiel tätigen 
Prof. Stoeckel berufen worden. 

Frankfurt a. M. Dr. Emil R e i s s ist als Nachfolger 
des nach Braunschweig berufenen Dr. B i n g e 1 zum Oberarzt 
der medizinischen Klinik des städtischen Krankenhauses er¬ 
nannt worden. 

Bonn. Als Privatdozent für Psychiatrie ist Dr. Wasser¬ 
meyer, bisher Dozent in Kiel, ohne weiteres von der hiesigen 
medizinischen Fakultät übernommen worden. 

— Für Anatomie hat sich der Prosektor am anato¬ 
mischen Institut Dr. med. Otto Dragendorff habilitiert. 

Wien. Vor kurzem ist ein Denkmal des verstorbenen 
hervorragenden Chirurgen Karl Gussenbauer in Ober- 
vellach in Kärnten, seinem Geburtsorte, enthüllt worden. An 
der Feier beteiligten sich außer der dortigen Bevölkerung 
zahlreiche Professoren und Aerzte aus Wien, Prag und der 
Umgegend. Die Festrede hielt Prof. Frhr. v. Eiseisberg. 

Prag. Dr. Robert Salus hat sich für spezielle 
Pathologie und Therapie der Augenkrankheiten an der deut¬ 
schen medizinischen Fakultät habilitiert. 

Zürich. In der vorigen Woche starb, nur wenige 
Monate nach seinem Uebertritt in den Ruhestand, der hervor¬ 
ragende Chirurg Prof. Ulrich K r ö n 1 e i n, fast drei Jahr¬ 
zehnte klinischer Lehrer der Chirurgie an der hiesigen Uni¬ 
versität. 1847 im Kanton Schalihausen geboren, machte er bis 
1870 seine medizinischen Studien in Zürich, Bonn und Berlin. 
Nachdem er in Zürich sein Staatsexamen absolviert hatte, be¬ 
gleitete er seinen Lehrer Edmund Rose hach Berlin, um 
unter ihm als freiwilliger Arzt bei den im deutsch-französi¬ 
schen Kriege Verwundeten tätig zu sein. Bis 1873 war er als¬ 
dann erster Assistent an der chirurgischen Universitätsklinik 
in Zürich. 1874 ging er nach Berlin als Assistent v. Lange n- 
b e c k s und habilitierte sich gleichzeitig für Chirurgie an der 
Berliner Universität. Nachdem er von 1878 bis 1879 in Gießen 
den erkrankten Prof. Öose vertreten hatte und zum hessischen 
Professor extraordinarius ernannt worden war, kehrte er nach 
Berlin in seine frühere Stellung zurück und erhielt auch dort 
das Extraordinariat. 1881 wurde er als ordentlicher Professor 
und Direktor der chirurgischen Klinik nach Zürich berufen, 
eine Stellung, die durch seines früheren Lehrers Rose Weg¬ 
gang nach Berlin frei geworden war. Von Krönleins 
Schriften seien erwähnt: Die offene Wundbehandlung (1872), 
die Lehre von den Luxationen (Deutsche Chirurgie, 1875), Ver¬ 
letzungen des Gehirns (im Handbuch der praktischen Chirur¬ 
gie, 1899). Besonders bekannt ist Krönlein durch die von 
ihm 1889 veröffentlichte nach ihm benannte Operation zur 
Exstirpation von Tumoren der Augenhöhle geworden. 


Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Berlin. Die Berliner Medizinische Gesellschaft beging 
am 26. Oktober in einfachen, aber doch eindrucksvollen Formen 
das Fest ihres 50jährigen Bestehens. Die Ge¬ 
sellschaft entstand 1860 durch die Fusion von zwei Aerztever- 
einigungen verschiedener Tendenz, der 1844 gegründeten 
„Gesellschaft für wissenschaftliche Medi- 
z i n“ und dem 1858 gegründeten „Verein Berliner 
A e r z t e“, der die Erörterung von wissenschaftlichen und 
Standesfragen in gleichem Umfang zu seiner Aufgabe machte. 
Rudolf Virchow, bisher Vorsitzender der ersteren Ge¬ 
sellschaft, trat im Interesse der Einigung zurück, und überließ 
den Vorsitz dem an Jahren jüngeren berühmten Augenarzt 
Albrecht v. Graefe, der bisher im „Verein Berliner 
Aerzte“ den Vorsitz geführt hatte. Von den Begründern der Ge¬ 
sellschaft leben gegenwärtig nur noch drei, die Geheimen Sani¬ 
tätsräte Körte, Boas und Kessler. Der erstere, Vater 
des bekannten Chirurgen Werner Körte, ist jetzt 92 Jahre 
alt und wurde schon bei Begründung der neuen Gesellschaft 



No. 45. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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neben dem Chirurgen Langenbe-ck zum stellvertretenden 
Vorsitzenden gewählt. Erster Vorsitzender war v. Graefe 
bis zu seinem Tode (1870); ihm folgte Bernhard 
v. Langenbeek (bis 1882, dem Jahr seines Rücktritts vom 
Lehramt), diesem wieder Rudolf Virchow (bis zu seinem 
Tode 1902), worauf Ernst v. Bergmann, ebenfalls bis 
zum Lebensende, bis 1907 das Szepter führte. Dessen Nach¬ 
folger wurde Hermann Senator, der noch jetzt trotz 
seiner 76 Jahre in voller Rüstigkeit seines Ehrenamtes waltet. 

Die Feier setzte sich aus zwei Teilen zusammen, deren 
ersten die auf mittags 12 Uhr im großen Saale des Langen- 
beckhauses anberaumte Festsitzung bildete. Die Fest¬ 
rede hielt Geheimrat Senator. Er gab nach einem Ueber- 
blick über die Entwickelung der medizinischen Wissenschaft in 
den letzten 100 Jahren in großen Umrissen eine Geschichte der 
Gesellschaft, wobei er besonders die Verdienste hervorhob, 
die sich Rudolf Virchow in den zwanzig Jahren seiner 
Präsidentschaft um das Gedeihen der Gesellschaft erworben 
hat. Nachdem der Redner seinen eigentlichen Festvortrag ge¬ 
endet und der Beifall der Versammlung sich gelegt hatte, er¬ 
griff er noch einmal das Wort, um als eines der ältesten Mit¬ 
glieder, dem sie viele Anregung und viele Ehrungen gebracht 
hat, den Dank abzustatten in Form einer von ihm verfaßten 
Festschrift: „Polycythämie und Plethora“, die er der 
Gesellschaft überreichte. 

Es überbrachte sodann der derzeitige Rektor der Universi¬ 
tät, Geh. Medizinalrat Prof. Dr. R u b n e r , die Glückwünsche 
der Universität, indem er ausführte, daß der Universitätsunter¬ 
richt durch die wissenschaftlichen Erörterungen der Gesell¬ 
schaft selbst vielfach Bereicherungen erfahren hat. Für die 
medizinische Fakultät sprach Geh. Medizinalrat Prof. Dr. 
Ziehen. Er wies auf die engen Bande hin, die sich zw'ischen 
den beiden Körperschaften hinüberziehen. Beiden dankte 
Senator. Dann sprach Geh. Rat Bier für die Deutsche 
Geselllschaft für Chirurgie, die auf das engste mit 
der Medizinischen Gesellschaft verknüpft sei. v. Langen- 
b e c k und v. Bergmann waren gleichzeitig Vorsitzende 
beider Vereinigungen, seit 18 Jahren arbeiten beide getreulich 
zusammen im gemeinsamen Hause. Geh. Rat Kraus sprach 
für den Verein für innere Medizin und die übrigen 
wissenschaftlich - medizinischen Vereine. Er betonte die 
Wichtigkeit der Konzentration und wünschte, daß diese in der 
Folge noch stärker werden möge. Geh. San.-Rat S t ö t e r 
sprach als Vorsitzender der Aerztekammer, San.-Rat 
S. Alexander für den Aerzteausschuß von Groß- 
Berlin. Er betonte insbesondere, daß die Gesellschaft stets das 
Gesamlgebiet der Medizin pflegte und zu einer Zeit, als es noch 
keine Standesvertretungen gab, deren Aufgaben erfüllte. Ge¬ 
heimer Regierungsrat Prof. Dr. Mayet überbrachte die Grüße 
der „Gesellschaft für soziale Medizin, Hygiene und Medizinal¬ 
statistik“, deren Mitglieder beinahe zur Hälfte auch der medi¬ 
zinischen Gesellschaft angehören. 

Nachdem Senator allen diesen Rednern gedankt, ver¬ 
kündete der zweite Vorsitzende Orth die Namen der aus An¬ 
laß des Jubiläums ernannten Ehrenmitglieder. Es sind 
Geh. San.-Räte Julius Boas und Kessler in Berlin, Mit¬ 
begründer der Gesellschaft, der Physiologe Exner und der 
Ophthalmologe Fuchs (Wien), der Anatom Golgi (Rom), 
der Entdecker des Leprabacillus Armauer Hansen 
(Christiania), die Kliniker Abraham Jacobi (New-York), 
und Koränyi sen. (Budapest), der Chirurg Keen (Phila¬ 
delphia), der Bakteriologe Kitasato (Tokio), der Malaria¬ 
forscher Laveran (Paris), der innere Kliniker Lepine 
(Lyon), der Vater der Antisepsis Lord Lister (London), die 
Kliniker Murri (Bologna) und Naunyn (Baden-Baden), 
der Experimentalpathologe Pawlow (Petersburg), der Ana¬ 
tom RamonyCajal (Madrid), der Physiologe G. R e t z i u s 
(Stockholm), der Physiker v. Röntgen (München), der Patho¬ 
loge und Bakteriologe Salomonsen (Kopenhagen), 
v. Schjerning, der Generalstabsarzt der Armee und 
schließlich der Anatom Waldeyer. Ferner wurde der der¬ 
zeitige erste Vorsitzende Geheimrat Senator zum Ehren¬ 
präsidenten ernannt. 

Zum Schluß machte der dritte Vorsitzende, Geheimer 
Medizinalrat Prof. Dr. Landau, Mitteilungen über die Vor¬ 
bereitungen für den Bau des eigenen Heims der Medizinischen 
Gesellschaft, des Virchowhauses. Schon sind in der 
Luisenstraße, neben der Tierärztlichen 'Hochschule und gegen¬ 
über der Charite, zwei ältere Häuser angekauft, an deren 
Stelle das Virchowhaus erstehen soll, indes fehlt noch viel an 
der Bausumme. Bisher sind aus den Reihen der Mitglieder 
68 000 M. gestiftet worden, vor einigen Tagen traf von den 
Erben des jüngst verstorbenen greisen H e n o c h aus Dresden 
die Nachricht ein, daß dieser 5000 M. für das Virchowhaus ver¬ 
macht habe. Freudig berührte die im Zusammenhang damit 
gemachte Mitteilung über einen hochherzigen Entschluß der 
Witwe Virchows. Sobald das Virchowhaus errichtet sein 
wird, will sie die privaten Sammlungen und die reichen 
Erinnerungsschätze Virchows dem neuen Hause über¬ 


weisen. Die Gesellschaft wird damit ein Geschenk von hohem 
wissenschaftlichen und medizingeschichtlichen Werte er¬ 
halten. 

Am Abend folgte der zweite Teil des Festes, der Fest¬ 
kommers in dem großen Saale der Philharmonie. An der 
Mitteltafel hatte als Präsident des Kommerses der Schriftführer 
der Gesellschaft, Geheimer Medizinalrat Prof. Dr. v. Hanse¬ 
mann, seinen Platz, außerdem vollzählig die übrigen Herren 
des Gesellschaftsvorstandes. Fenier sah man dort Wal¬ 
deyer, Ministerialdirektor Naumann, Geh. Ober¬ 
regierungsrat Frhr. v. Stein, den Generalstabsarzt der 
Armee Prof. Dr. v. Schjerning, und als Vertreter der 
städtischen Körperschaften den Geh. Justizrat Cassel. Die 
Zahl der Teilnehmer dürfte über 1000 betragen haben. An 
jeder Tafel fungierte mit Nachdruck ein Tischpräside, der an¬ 
statt des studentischen Schlägers einen großen Perkussions¬ 
hammer zum Klopfen der Kommandos führte. Herr v. Hause¬ 
rn ann eröffnete den Kommers mit einer humorvollen Rede, in 
der er die Sitzungszuhörer der Gesellschaft mit einem Staat 
von Zellen verglich, dessen Biologie und Pathologie er nach 
ihren Lebensäußerungen während der Sitzungen skizzierte. Es 
folgte der Kaisertoast Senators und eine Rede 
Waldeyers, die in einem Hoch auf die Berliner Aerzte aus¬ 
klang. Darauf dankte Sanitätsrat S. Alexander als Vor¬ 
sitzender des Aerzteausschusses von Groß-Berlin. Nunmehr 
sang man gemeinsam das vom Kollegen Erwin Franck 
gedichtete Festlied. Unmittelbar darauf erhob sich Prof. 
J. Orth, um in warmen Worten den neuen Ehrenpräsidenten 
Senator und speziell dessen Verdienste um die Berliner 
Medizinische Gesellschaft zu feiern. In festgefügten Reimen 
sprach darauf Prof. Posner auf die Damen, unsere „Ehren¬ 
doktorinnen“. Nunmehr ging — nach einem von einem Be¬ 
rufssänger vorgetragenen Tenorsolo mit launigem Text des 
Kollegen Sanitätsrai J. Ruhe m ann — das von unserem 
bewährten Kollegen, dem Arztdichter Dr. A. P e y s e r ge¬ 
schaffene Fest- und Scherzspiel über die Brettei', dessen musi¬ 
kalischer Teil zum größten Teil ebenfalls von einem Kollegen, 
dem Frauenärzte Dr. Otto Abraham, komponiert war. Es 
war nach übereinstimmendem Urteil aller Hörer ein Opus 
ersten Ranges; leider verbietet uns die Knappheit unseres 
Raumes, hier näher darauf einzugehen. In die Darstellung 
teilten sich Berufsschauspieler und Dilettanten. — Das künst¬ 
lerisch ausgestattete Textbuch machte es den Teilnehmern 
leicht, den mit reichem Beifall aufgenommenen Vorführungen 
zu folgen. Nach Beendigung des Festspiels begann die F i d e 1 i- 
t a s , der Geheimrat S t ö t e r , Vorsitzender der Aerztekammer, 
präsidierte'. Sanitätsrat J. Ruhemann hatte ein Büchlein 
eigener Dichtungen mit illustrativen Beiträgen seiner Tochter 
Lilli beigesteuert. — So gestaltete also kollegialer Humor 
die Fünfzigjahrfeier der Medizinischen Gesellschaft zu einer 
köstlichen Erinnerung für die Festteilnehmer, aber auch der 
Zeiten Humor ließ es sich nicht nehmen, in seiner ironischen 
Weise an dem Fest mitzuarbeiten; denn er fügte es, daß um 
dieselbe Zeit, in der in dem großen Saale der Philharmonie 
die Aerzte fröhlich feierten, im Oberlichtsaale desselben 
Hauses — die Gesundbeter eine Sitzung abhielten. 

Frankfurt a. M. Am Sonntag, den 11. Dezember d. .T. 
hält hierselbst im Kinderkrankenhaus (städt. Krankenhaus) 
die Vereinigung südwestdeutscher Aerzte ihre Tagung ab. An¬ 
meldungen von Vorträgen und Demonstrationen sind zu rich¬ 
ten an Dr. Cahen-Br ach, Frankfurt a. M., Eppsteiner- 
straße 45. 

Wien. Im vorigen Jahre wurde hierselbst ein Gedanke 
verwirklicht, der in anderen Großstädten nachgeahmt zu wer¬ 
den verdient. Musikbegabte und musikliebende Aerzte vereinig¬ 
ten sich zu einem Bunde, der den Zweck verfolgt, in der Aus¬ 
übung einer der edelsten Künste Erholung von den Mühen des 
Berufs zu suchen. So entstand das Wiener Aerzteorchester, das 
soeben seinen ersten Jahresbericht versandt hat. Wir entnehmen 
demselben, daß der Verein derzeit 18 ausübende, 157 unter¬ 
stützende Mitglieder und 18 Förderer zählt. Das erste Kon¬ 
zert des Vereines hat einen namhaften Reingewinn ergeben; 
ein Betrag wurde dem Wiener medizinischen Dekanat zur 
Unterstützung armer Rigorosanten zur Verfügung gestellt. An¬ 
läßlich des Todes des Protektors Hofrat Chrobak erwies 
das „Wiener Aerzteorchester“ seinem treuen Freunde und 
Förderer durch die Aufführung der „Trauermusik“ von 
Mozart in der Votivkirche die. letzte Ehre. Das „Wiener 
Aerzteorchester“ ist binnen kurzer Zeit zu einem wichtigen 
Faktor im musikalischen Leben der Residenz geworden und 
verdient die wärmste Unterstützung und Förderung von Seiten 
aller Aerzte und Musikfreunde. Dem Vorstande gehören der¬ 
zeit an: Prof. R e t h i als Präsident, Prof. Joannovics und 
Dozent Schüller als Vizepräsidenten, Dozent v. J a g i c 
als Dirigent, Dr. Kronfeld als 1. Schriftführer, Dozent 
Strasser als Konzertmeister und Dr. F a s a 1 als Kassierer. 
Die Proben des Orchesters finden an Montagen (mit Ausschluß 
der Feiertage und der Ferien) im Hause der k. k. Gesell¬ 
schaft der Aerzte (IX. Frankgasse 8) statt. 






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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 45. 



Gerichtliches. 

Wien. Vor dem hiesigen Landgericht hatte sich kürz¬ 
lich der Bakteriologe Dr. Luksch wegen Vergehens gegen 
die Sicherheit des Lebens zu verantworten. Dr. L. hatte vor 
zwei Jahren, als er am Czernowitzer Universitätslaboratorium 
tätig war, Versuche mit Rotzbacillen gemacht. Als er 
eine Glasröhre mit Rotzbacillen in einem Zentrit'ugalapparat 
rotieren ließ, zerbrach das Reagensgläschen. Der Inhalt ergoß 
sich auf den Boden. Dadurch wurden zwei Beamte des Labo¬ 
ratoriums infiziert und starben bald darauf an Lungenrotz. 
Dr. Luksch verteidigte sich damit, daß er der Ansicht sein 
mußte, die Bacillen in der Eprouvette seien bereits getötet und 
unschädlich. Die Sachverständigen sprachen sich in dem 
gleichen Sinne aus, weshalb Dr. Luksch frei- 
gesprochen wurde. 

Verschiedenes. 

Berlin. Die Firma Prof. Dr. v. Poehl & Söhne in 
St. Petersburg, die seit Jahresfrist in Deutschland, 
Berlin SW. 68, eine Zweigniederlassung unterhält, hat auf der 
Brüsseler Weltausstellung die höchste Auszeichnung, den 
„G r a li d P r i x“ zuerkannt erhalten. Die Firma befaßt sich 
bekanntlich ausschließlich mit der Herstellung organothera- 
peutischer Präparate. Eine vollständige Zusammenstellung 
ihrer Präparate findet sich in dem von der Firma heraus¬ 
gegebenen „Organotherapeutischen Compen- 
d i u m“, das die Abteilung Deutschland. Berlin SW. 68, Inter¬ 
essenten gratis zugehen läßt. 

F r ankf u r t a. M. Am 9. Oktober ist hier eine Schulzahn¬ 
klinik eröffnet worden. Sie bildet einen Teil des neu erbauten 
Carolinums, das auf dem Gelände des städtischen Kranken¬ 
hauses sich befindet. In demselben Gebäude ist auch die von 
Prof. S p i e s s geleitete, vor kurzem eröffnete Nasen - und 
Ohrenklinik untergebracht. Die Kinder der hiesigen 
Volksschulen sollen dauernd bezüglich ihrer Zähne überwacht 
und erforderlichenfalls bei Zustimmung ihrer Eltern der Zahn¬ 
klinik zur unentgeltlichen Behandlung überwiesen werden. 

Dresden. Fabrikdirektor Privatdozent Dr. Karl 
Dieterich (Helfenberg) hält auch in diesem Jahre wieder 
im Rahmen der volkstümlichen Hochschulkurse 
in der Aula der Kgl. Tierärztlichen Hochschule zu Dresden 
sechs Vorträge über: Die wichtigsten medizini¬ 
schen Drogen und Rohstoffe, ihre pharmazeutische 
Verarbeitung und Verwendung für die menschliche Gesund¬ 
heit. Die Vorträge, welche durch zahlreiche Demonstrationen 
und Experimente unterstützt werden, sollen vor allem dazu 
dienen, dem Kurpfuscht um entgegenzuarbeiten und die 
Wertschätzung der pharmakochemischen und medizinischen 
Wissenschaft zu fördern. — Die Vorlesungen haben am Frei¬ 
tag, den 4. November, begonnen. 

— Der Kreisausschuß hat das Konzessionsgesuch des 
Natur heilkundigen Bilz auf Erweiterung seiner Ansthl t 
■einstimmig abgelehnt, weil die Besichtigung durch den Be¬ 
zirksarzt schwere Mißstände in hygienischer und sittlicher Be¬ 
ziehung ergeben hat. Die Konzession in dem bisherigen Um¬ 
fang wurde ihm einstweilen belassen. 

W i e n. Als vor kurzem der internationale Physio¬ 
logenkongreß hier tagte, wurde er vom Bürgermeister zur fest¬ 
lichen Bewirtung ins Rathaus geladen und ist — der Einladung 
auch gefolgt. Mit bemerkenswerter Objektivität ließen sich 
somit die Vivisektoren von denselben christlich-sozialen Ge¬ 
meinderäten und Landtagsabgeordneten bewirten und an¬ 
toasten, die sonst bei jeder sich bietenden Gelegenheit die 
Vivisektion als Tierquälerei brandmarken und dem hier be¬ 
stehenden „Verein der Vivisektionsgegner“ aus öffentlichen 
Mitteln alljährlich Subventionen bewilligen. 

Wien. Anläßlich der Cholera hatte die Wiener Aerzte- 
kammer einen Cholerakurs für Aerzte veranstaltet. Die Vor¬ 
lesungen bezogen sich auf die Symptomatologie, Bakteriologie, 
Serotherapie, Epidemiologie und Prophylaxe der Cholera und 
waren von den hiesigen Aerzten sehr besucht. Ursprünglich 
hatte die Aerztekammer die Absicht, die Kurse allen Aerzten 
Oesterreichs zugänglich zu machen. Das scheiterte an dem 
Fiskalismus des Eisenbahnministeriuras. Die 
Aerztekammer hatte an dieses Ministerium das Gesuch ge¬ 
richtet, den Aerzten den Besuch der Kurse durch Gewährung 
der freien Fah r t zu ermöglichen. Das wurde nicht be¬ 
willigt. Es sollten blos „mittellosen“ Aerzten von 100 Kilo¬ 
metern Entfernung ab halbe Fahrkarten zugestanden werden. 
Darauf verzichtete aber die Aerztekammer, da sie mit Recht 
in den Cholerakursen keine Wohlfahrtsaktion für die Aerzte, 
sondern eine solche für den Staat erblickte. 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen: Krone zum Roten Adler- 
Orden 3. Kl. mit der Schleife: Geh. Med.-Rat Dr. 
Sch w a s s in Sigmaringen. 

Rote K r e u z - M e d a i 11 e 3. Kl.: San.-Rat Dr. Go e hlic h 
in. Weißstein, Dr. M o s 1 e r in Sagan, Dr. Lepere in 
Hirscliberg i. Schl., Dr. John in Freiburg i. Schl., Dr. 
Blumenfeld in Gleiwitz, Dr. B e r 1 i n in Palermo. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 2. Kl. 
mit Eichenlaub: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Flügge. 

Roter Adler-Orden 2. Kl.: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. 
B u m m. 

Roter Adle r.-Or den 3. Kl. mit der Schleife: Geh. 
Med.-Rat Prof. Dr. Hertwig in Berlin, Geh. San.-Rat Prof. 
Dr. R e h n in Frankfurt a. M. 

Stern zum König 1. Kronen- Orden 2. Kl.: Geh. Med.- 
Rat Prof. Dr. Waldeyer. 

K ö n i g 1. Kronen-Orden 2. Kl.: Geh. Med.-Rat Prof. Dr. 
Fritsch. 

Charakter als Geheimer Medizinal rat: Pro¬ 
fessoren Dr. G r e e f f und Dr. Horstmann in Berlin. 

Charakter als S a n i t ä t s r a t: Dr. Pagen Stecher 
in Wiesbaden. 

Niedergelassen: Dr. K. v an Ross um in Cleve, Dr. 
Magnuss in Danzig, Dr. Kühl m ann in Frankfurt a. 0., 
Dr. Dieckert in Merseburg, Dr. Stahlhoff in Haltern, 
Dr. Spier in Fechenheim, Dr. W.ettwer und Dr. 
Hering in Witzenhausen, K. Märks in Warmbrunn, Dr. 
Ebel in Blumenthal. 

Verzogen: Dr. Schütt von Griesheim nach Bacharach, 
Generalarzt Dr. Hünermann von Danzig nach Coblenz, 
Dr. Philip von Charlottenburg und Dr. Kuh n nach Groß- 
Lichterfelde, Dr. A1 b e r t s von Steglitz nach Tempelhof, 
|Dr. Henkel von Himmelpforten nach Hamburg,' Dr. 
6. Meyer von Hann.-Münden nach Himmelpforten, Dr. 
Weist von Blumenthal nach Bremen, Dr. Zuralski von 
Bischofsburg nach Danzig, Dr. Spliedt von Neuruppin 
nach Waidfrieden, Dr. Krüger von Altona 'nach Cottbus, 
Dr. Ratti von Waldfrieden nach Oranienburg,) Dr. Klos e 
von Greifswald nach Düsseldorf, R. K1 a 11 von Weißen¬ 
höhe nach Leipzig, Dr. Feige von Eisleben nach Potsdam, 
Dr. Schmiedehausen von Halle nach Nebra, Dr. 
B a e g e von Allenstein nach Halle, Dr. Blasius und Dr. 
L e w i n von Halle nach Dresden bezw’. Charlottenburg, 
W. Henkel von Solingen nach Erfurt, Dr. S i e b e r t von 
Erfurt nach Barmen, Dr. de Boer von Sorgn nach Beelitz, 
Dr. Frankenberg und Dr. F i s c h er evon Osnabrück 
nach Höxter bezw. Levern, Aerztin Dr. E. Gilbert von 
Halle a. S. nach Osnabrück, Dr. D e 11 m a r von Witzen¬ 
hausen nach Cöln, Dr. Steinmey f er von Oberkaufungen 
nach Müllrose, Dr. M a s s m a n n von Westerwald und San.- 
Rat Dr. Bach von Bad Elster nach Oberkaufungen, 
J. L o g e s von Coblenz nach Hösel, Dr. Grimbach von 
Waxweiler nach Bitburg, Dr. Bernheim von Posen nach 
Trier, Dr. Oppenheimer nach Zehlendorf, P h. Bau¬ 
mann von Berlin nach Jüterbog, Dr. Zschirndt von 
Wittenberge nach Grottkau, Dr. S c h a r f f von Nebra nach 
Putlitz, Dr. Nordalm von St. Andreasberg nach Beelitz, 
Dr. Starkloff von Erfurt nach Belzig,, Dr. v.Grat- 
kowski nach Pankow, R. Topp von Telgte nach Weißen¬ 
see, Dr. W e i s s nach Südende, Dr. H. C.o h n von Char¬ 
lottenburg nach Friedenau, Dr. Oppitz von Hohenwiese 
nach Kraschnitz, Dr. Grim m e. von Göttingen nach Hildes¬ 
heim, Dr. K a a s von Obertiefenbach nach Steinheim, Dr. 
v. Moser von Geisa nach Frankfurt a.. M„. Oberstabsarzt 
a. D. Dr. Braun von Mülhausen i. E. nach Diez, Dr. 
H. Schmidt von Düsseldorf nach Wiesbaden, Dr. Maxen 
von Weißensee!,nach Telgte, Dr. Wessi ng von Beckum 
nach Recklinghausen, Dr. Pipo von Witten nach Barmen, 
Dr. Till mann von Coblenz, Dr. Köhl von Somborn und 
Dr. M i e t z s c h von Schöneberg nach Düsseldorf, Dr. Hart¬ 
nack von Barmen nach Hilchenbach, Dr. Lincke und 
Dr. H. Schmidt von Düsseldorf nach Hildburghausen 
bezw. Wiesbaden, Dr. Müller von Oberhausen nach 
Werden, Dr. Weigert von Ober-Gorwitz nach Bonn, Dr. 
Lubenau von Fechenheim nach Dalilenfeld, Dr. Kahl¬ 
weis s von Braunsberg nach Königsberg, Dr. Walther 
und Dr. Rosenthal von Halberstadt nach Kiel bezw. 
Berlin. 

Bayern. 

Niedergelassen: Dr. K. Piorkowsky in Nürnberg. 

Verzogen: Dr. E. Mock von Nürnberg nach Berlin. 

Württemberg. 

Ernannt: Oberamtswundarzt Dr. Muntsch in Neresheim 
zum Oberamtsarzt daselbst. 


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vom 15. Mai 1896 

für die Bedürfnisse 

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erläutert von 

Justizrat Alb. Joachim San.-Rat Dr. H. Joachim 

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Der obig« Kommentar, der seit Jahren vergriffen war, wird in 
der Neubearbeitung der gesamten fl e r z t e w e 11 höchst will¬ 
kommen sein. 


AusgedehnteVersuche im hygienischen Institut der Universität Halle, im Berliner 
pakteriologischen Institut von Dr. Aufrecht, im Institut für experimentelle Pathologie 
der Universität Berlin haben die stärke haktericutc Eigenschaft der pulverförmigen 
schweilöslichen essigsauren Tonerde ergeben. 

Von hoher Bedeutung sind die experimentellen Versuche von Prof. Dr. Bickel 
(König/. Charite', Berlin), welcher eine starke desinfizierende Wirkung auf die Darm¬ 
bakterien und gleichzeitig eine sekretionssteigernde auf die Darmschleimhaut nach- 
gewiesen hat. Diesen Untersuchungen reihen sich diejenigen von Dr. Dreuw in dessen 
Poliklinik Berlin an. an d r die lierexperimentellen Untersuchungen von Prof. Bickel 
beim Menschen bestätigt wurden. — Die „Gelonida Aluminii subacetici ‘ gelangen in 
drei Modifikationen in den Verkehr: 1. sulfathallig (am pleisten desinfizierend, 
sekretionsanregend und schwach abführend; übliche Verordnung). 2. sulfatfrei (für 
diejenigen Fälle, in denen die abführende Wirkung nicht gewünscht wird). 3 Mit 
einem Zusatz von Phenolphthalein (für diejenigen Fälle, in denen eine stärker ab¬ 
führende Wirkung gewünscht wird). 

Indikationen: 

A. Darmdesinffiziens. 

1. Alle Darmparasiten (Oxyurns vermicularis, Ascariden. Taenien, Amoeben). 

2. Magen-Darmkatarrhe bakterieller Natur, Typhus und Paratyphus, Dysenterie, 
ev. Cholera, Darmtuberkulose, Perityphlitis chronica, Magen-Darmkatarrhe 
infolge abnormer ZersetzungsVorgänge, Gärangsdyspepsie, Colica llatulenta, 
Cholelithiasis, Obstipation, Sigmoiditis et Proctitis acuta sive chronica. 

3. Furunculosis, Acne, Pruritus, speziell bei Diabetes, Urticaria. 

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4. Bakteriurie, Oystitis, Pyelitis. 

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No. I ä 1,00 g (2,26 M.) von leichter abführender Wirkung 
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No. I i 0,5 g (1,25 M.) 

Gder Die Gelonida No. II sind sulfatfrei 

(soweit technisch möglich), für die¬ 
jenigen Fälle, in denen Sulfate 
kontraindiziert sind.*) 

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stumme und geistig zurückgebliebene Kinder. 

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7. Heft: Sprachstörungen bei Schwerhörigkeit, mit 

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der Sprache vom Munde. M. 2,40. 

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*) Zur ge fl. Beachtung! Wir weisen daraufhin, dass die Gelonida 
Aluminii subacetici No. II bisweilen auch stopfend wirken können; diese den 
Gelonida Aluminii subacetici No. 1 und III entgegengesetzte Wirkung ist be¬ 
dingt durch Freisein von Aluminiumsulfat. wodurch die reine Acetatwirkung, 
d. i. die rein adstringierende, sich entfaltet. Die Gelonida Aliiniiuii No. I 
nnd III sind also stärker abführend und stärker desinfizierend als No. II, 
aber weniger adstringierend. 




















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Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 

Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 

Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt YI, No. 3302 


Redaktion: 

Dr« H. Lohnstein und D r. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


IV. Jahrgang Berlin. 13. November 1910 


No. 46 


Die „Therapeutische Rundschau" erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 3 M.. für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Bucl handlangen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, w.eiin sie nicht 8 Tage vor Quartalsschluss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Schürmayer: Ueber I 
GeJodurat-Kombinationspräparate in der Therapie der Chole- 
lithiasiskranken. 

Kalb, v. Torday, Reisner, Dobrovits, Salomon. 
Meirowsky: Weitere Arbeiten über Ehrlich-H ata 600 — 

Hermes: Ueber Peritonitis iufolge Perforation von Typhus¬ 
geschwüren. — Kelling: Ueber callöse Magengeschwüre. — 
Gold Schmidt: Ueber Askarisvergiftung. — Savels: Zur j 
Kasuistik der Nitrosenvergiftung durch Inhalation von sal¬ 
petriger Säure. — Strempel: Ein Fall von irreponibler Luxa¬ 
tion des Zeigefingers im Metakarpo-Phalangealgelenk. — 
Töpfer: Zum vaginalen Kaiserschnitt — Marre: Ein Beitrag | 
zur Frage des Einflusses akuter Infektionskrankheiten auf die 
Milchsekretion, Calmann: Myom und GJykosurie. — 
Hayaslii: Experimentelle Untersuchungen über die Infektions¬ 
fähigkeit des Auges bei Diabetes und die bactericide Wirkung , 
des diabetischen Blutserums auf Eitererreger, 

I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Ueber Gelodurat-Kombinationspräparate in der 
Therapie der Cholelithiasiskranken. 

Weitere Beiträge zur Pharmakopoe der 
Cholelithiasis. 

Von 

Dr. C. B. Sehiirmayer (Berlin). 

Z u den heute nicht mehr ableugbaren Errungen¬ 
schatten auf dem Gebiete der Pharmakopoe der Chole- 
lilhiasis gehört die Anerkennung der alten Lehre 
von der Bedeutung und Wirkung der „Chola¬ 
goga“. (1) 

Eine Reihe von Spezialarbeiten, gestützt auf den Tier¬ 
versuch, hat in den letzten Jahren hier klärend gewirkt, und 
eine Reihe namhafter Forscher haben hierzu Bausteine zu- 
sammengetragen. 

Mir selbst war es an einem selten großen Material ver- j 
gönnt, auch klinisch den Beweis für die Tatsächlichkeit 
„cholagoger Wirkung“ bestimmter Medikamente bezw. be¬ 
stimmter Kombinationen solcher zu erbringen. (2, 9, 15) 
Wenn über die graduelle Wirkung einiger gallen¬ 
treibender Substanzen noch keine Uebereinstimmung er¬ 
zielt werden konnte (3), so sind die Gründe hierfür mehr-. 
fache. Auch hier hat das physiologische Experiment uns 
neue Gesichtspunkte eröffnet, die in folgenden Leit- 
s ä t z e n gipfeln: 

1. Dasselbe Mittel kann gallentreibend, „cholagog“, 
wirken, es kann auch, gallenflußhemmend, („choiastyptisch“ 
[Schürmayer]) sein, je nach der Stärke der Einzeldosis. 
(Erweitertes Arndtsches biogenetisches Grund¬ 
gesetz.) 

2. Cholagoge Wirkung wächst bei gleichzeitiger darm- 
anregender Wirkung; drastische Darmanregung beeinträch¬ 
tigt oder sistiert die cholagoge Wirkung. (Cholastyptischer 
Einfluß [Schürmayer].) 

3. Prinzipiell ist zu unterscheiden zwischen „Erhöhung 
der Sekretionsgröße der gallenabsondernden Leberzellen“ 
und „Ausstoßung der aufgespeicherten Galle“ aus der Gallen¬ 
blase durch aktive Muskelkontraktion dieses Reservoires. 

4. Die Fortbewegung der abgesonderten wie der aus- 
anstoßenden Galle in den Gallenwegen und durch dieselben 
vollzieht sich nach dem von Meitzer (4) entwickelten 
Darmgesetz, d. h. nach dem Gesetze der „kon¬ 
trären Innervation“. 

Dieses besagt: In jedem Hohlmuskel, der seinen Inhalt 
weiter befördern soll, also auch in dem muskulären Teile 


II. Verhaudlungen ärztlicher Gesellschaften. Verein für 
innere Medizin und Kinderheilkunde. Außerordentliche Sitzung 
vom 31. Oktober .1910. — 82. Versammlung Deutscher Natur¬ 
forscher und Aerzte in Königsberg in Pr. vom 18.—24. Sep¬ 
tember 1910. (Fortsetzung.) 

III. Therapeutische Notizen. Fischer: Ueber Alypin 

IV. Bücherschau. Fürsorgewesen. — Silbermann: Wie erhalten 
sich Herzkranke leistungsfähig? — Theodor: Praktische Winke 
zur Ernährung und Pflege der Kinder. — Springer: Die 
Aerztin im Hause. — Neter: Sorgen und Fragen in der Kinder¬ 
pflege. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc, — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. 

VI. Amtliche Mitteilungen. Zu besetzende Stellen von Medizinal¬ 
beamten. — Personalia. 


i des Gallenapparates, muß der proximale Abschnitt stets 
| kontrahiert sein, wenn der distale erschlafft ist und um- 
i gekehrt. 

Für die Gallenwege inkl. Gallenblase kommt noch fol- 
j gendes in Betracht: Die kontinuierlich abgeson- 
d erte Galte f1ießI unI er relativ geringein S e - 
•k relionsd r u c k e in die (1 a 11 e n b 1 a s e , i n d e r 1’ e - 
rinde der „Darmruhe“ im Duodenum. 

Dagegen wird die Galle unter n i c li t u u b e - 
träc h t l-i c he m Drucke ausgestoßen, wenn die 
peristaitischenB e w egunge n des D a r m e s - re¬ 
flektorisch (?) auf dip Gallenblase über- 
g r eif e n und dieselbe zu r a k tiv e n Ko n 1 r ak- 
t. i o n a n rege n. 

5. Gallenausstoßung setzt physiologisch Kontraktion der 
Gallenblase bei gleichzeitiger Erschlaffung des Sphincters 
papillae vateri voraus; Gallenaufspeicherung, Erschlaffung 
der Gallenblase und des Ductus cysticus bei gleichzeitiger 
Kontraktion der Papille. 

6. Dieser „antagonistische“ Akt wird garantiert durch 
feinste Iimervationsvorrichtungen [Doyen (5)]; „direkte 
Reizung der Leber (6) oder reflektorische des „Rücken¬ 
markes (7) verlangsamt die Gallenausscheidung“. 

Experimentelle Reizung des zentralen Splancliuicus- 
stumpfes führt zur Erschlaffung der Gallenblase bezw. der 
Gallengänge; Reizung des zentralen Vagusstumpfes bewirkt 
Kontraktion der Gallenblase, bei gleichzeitiger Erschlaffung 
des Sphinkters. 

Damit ist ein antagonistisches, physio¬ 
logisches Verhalten der genannten Ab¬ 
schnitte des Gallensystems erwiesen. 

D e m n a c h enthält der S p 1 a n c h n i c u s m o t o- 
t o r i s c h e F asem f ü r die G allenlilase und H e m- 
mungsfase r n f ii r den Sphinkter; umgekehrt 
d e r Vagus He m in ungsfasern für die Gallen- 
b 1 a s e u n d motorische Fasern, für den Sphinc- 
t e r p a p i 11 a e. 

Aus diesen physiologischen Tatsachen folgt für die 
Therapie u. a,, daß mitunter aus rein „reflektorisch en 
Ursachen“ der Gallenahfluß abnorm bezw. gehemmt sein 
kann, und daß eine sonst cholagog sich vollziehende Wir¬ 
kung pharmakodynainischer Reize lediglich aus rein me- 
c h a nisch-reflektorischen Urs a c h e n nicht zur 
Wirkung kommen kann. 

„Nun ist es ohne weiteres ersichtlich, daß bei hoher 
Reflexerregbarkeit in den Gallenwegen, hervorgerufen durch 
katarrhalische und andere Entzündungen, insbesondere bei 
Steinanwesenheit, die so feine antagonistische wechselseitige 
Arbeit der einzelnen Abschnitte des GaJlensystemes eine 
Störung erfahren kann. 












690 


THERAPEUTISCHE 

Beseitigen wir diese hohe Reflexerrogbarkeit, dann 
dürfen wir hoffen, in vielen Fällen den natürlichen Gallen¬ 
fluß wieder herzustellen und der Bildung von Residualgalle, 
bekanntlich der Boden für sekundäre Infektion, entgegen¬ 
wirken zu können.“ [Schürmayer (9).] 

Ein differentes Mittel kann demnach 
schon dadurch „cholagog“ wirken, daß es im 
betreffenden Falle die den Gallenfluß stö¬ 
rende hohe Reflexerregbarkeit beseitigt; ein 
„c h o 1 a g oges“ pharmakodynainisches P r ä pa- 
r a t a b e r k a n n 1 e d i g 1 i c h d e s h a 1 b s c h e i n b a r w i r- 
kungslos sein-, weil seine Wirkung s i c h n i c h t 
auf die Behebung der „Reflexkontraktion“ 
bezw. der „Reflexerregbarkeit" erstreckt. 

Diese Erwägungen führten zur Herstellung von ..Kom¬ 
binationspräparaten“, deren Einzelkomponenten den ge¬ 
streiften Einzelindikationen entsprechen; wie die Erfahrung 
lehrt, wirken solche „Kombinationspräparate“ in praxi bei 
geeigneten Fällen tatsächlich recht befriedigend. 

Aus dem vorstehenden lassen sich zwei Gesichts¬ 
punkte ableiten: 

a) Die Möglichkeit, in geeigneten Fällen operations¬ 
lose Therapie mittels von Medikamenten 
bezw. bei Kombination der medikamentösen 
mit physikalischer Therapie ( 8 ) zu inszenieren; 

bj diese Therapie durch Vereinigung m e h- 
r e r e r pharmakodyn amiseher Einzelkompo¬ 
nenten noch wirksamer zu gestalten (9). 

Indessen ist diese Möglichkeit der The¬ 
rapie noch zur Gewifsheit das Richtige zu 
treffen dadurch geworden, daß von patho¬ 
logisch-anatomischer Seite nachgewiesen 
ist, daß gewisse Steinformen eine i n opera¬ 
tive, medikamentöse Therapie indiziert er¬ 
scheinen lassen. 

Ich komme an anderer Stelle (10) auf die hohe Be¬ 
deutung dieser Tatsachen zurück und beschränke mich hier 
auf nachstehende kurze Erwähnmg. 

Die klassischen Arbeiten von Asch off und Bac- 
me i'st e r (11p haben ergeben, daß die alte'N auny n sehe 
Lehre von der „Einheitlichkeit der Genese“ aller sich gleich¬ 
zeilig findenden Gallensteine nicht mehr aufrecht erhalten 
bleiben kann. Denn: 

1. Häufig ist der „Verschlußstein“ ein reiner Cho¬ 
lesterinstein, die übrigen Steine sind dagegen anders zu¬ 
sammengesetzt. 

2. Der Cholesterinstein ; entsteht ohne jede Ent¬ 
zündungserscheinungen — in einfach gestauter 
Galle; der Cholesterinstein dieser Provenienz ist Gegen¬ 
stand einer medikamentösen Behandlung. 

Den vorgenannten Postulaten läßt sich also noch ein 
drittes anreihen: 

c) Wo aus Abgängen' oder aus anderen Symptomen 
sich die A n w e s e n h e i t v o,n C h o 1 e s t e r i u s t e i n e n er¬ 
gibt, kann lege artis eine medikamentöse Therapie 
eingeleitet werden, falls klinische Symptome diese nicht als 
kontraindiziert erscheinen lassen. 

Es erweitern sich demnach die von anderen und meiner¬ 
seits (12) schon früher aufgestellten Indikationen zur me¬ 
dikamentösen Therapie bei Cholelithiasiskranken noch be¬ 
trächtlich. 

Auf diese allgemeinen Gesichtspunkte einzugehen, er¬ 
schien angebracht, ehe auf positive weitere Vorschläge zur 
medikamentösen Therapie meinerseits eingegangen wird. 
Man stößt nämlich auf diesem Gebiete des klinischen Han¬ 
delns mitunter auf Nachklänge aus einer nihilistischen 
Periode. 

Es wurde oben der „reflektorischen H e m m u n- 
g e n“ des Gallenflusses gedacht. Zu den reflektorisch wir¬ 
kenden Reizen gehört in bezug auf günstige, anregende 
Wirkung auch derjenige, der von dem Eintritte der physio¬ 
logisch reagierenden Ingesta in das Duodenum hervor¬ 
gerufen wird. 

Der Wegfall dieses Reizes oder die Ver¬ 
änderung der Reaktion wirkt gegenteilig, 
also als „reflektorischer Hemmungsreiz“ gegen¬ 
über der Gallenausfuhr. 

.Die Affizierung des Magens auch bei noch latenter oller 
im „kryptogenetischen Stadium“ sich befindenden Choleli¬ 
thiasis ist allgemein bekannt. 

Neuerdings wurde aber ganz besonders der wissen- 


RUNDSCHAU 1910. __ No. 46. 

schaftliche Nachweis dieser „Prodromalerscheinungen der 
Cholelithiasis“ erbracht. 

Für die ausgeprägte Cholelithiasis hat Buettner einen 
„intermittierenden Spasmus der beiden Magenpforten als 
Reflexneurose“ (13) nachgewiesen. 

Mit diesem Spasmus ist die Beseitigung 
des anregenden Reizes“ gleichzeitig ver¬ 
bunden, wie die Vereinigung der Röntgenoskopie (14) mit 
der klinischen chemisch-physiologischen Untersuchung 
ergibt. 

Die besten Cholagoga, insbesondere die Oleine, Terpene, 
Salicylate, nicht minder die Organpräparate bezw. Gallen¬ 
bestandteile sind nun nichts weniger als „Stomachica“. 

Im Gegenteile leidet nur zu oft der mehr oder minder 
schon affizierte Magen nach derer Darreichung noch mehr; 
auch hieraus resultieren, neben Veränderungen des Chemis- 
muses im Magen, reflektorische Pylorospasmen, 
wie röntgenoskopisch jederzeit leicht nachzuweisen ist. (14) 

Demnach ist nicht abzuleugnen, ,daß bei Einleitung einer 
cholagog wirkenden medikamentösen Kur stets die Mög¬ 
lichkeit gegeben ist, selbst mit pharmakodynamischen Fak¬ 
toren bewährter Art durch Erregung störender Reflexerschei¬ 
nungen das Gegenteil von dem herbeizuführen, was lieab- 
sicht war. 

Ich selbst verfüge über ein ausgedehntes diesbezügliches 
Beobachtungsmaterial. 

Hieraus ergibt sich weiterhin, daß die von anderen und 
von mir ebenfalls gewählte „Pillenform“ für Kombina¬ 
tionspräparate, ebenso wie die „Tablette“ noch weiter den 
Nachteil haben kann, als harter Fremdkörper den 
Magen rein mechanisch zu irritieren; teilweise gleichzeitige 
oder vollständige nachträgliche Lösung im Magen aber muß 
den gesetzten, ungünstig wirkenden Reiz nur noch erhöhen. 

Diese und eine Reihe anderer Erwägungen haben mich 
daher dazu geführt., die magenunlöslichen, aber 
weichen, im übrigen nur darin löslichen 
Kapseln der Firma Pohl, welche Kapseln als „Gelo- 
durat“ auch sonst zur Darreichung von differenten Me¬ 
dikamenten eingeführt wurden, für die Darreichung 
cholagoger Komtiinationsfo r m e n von g a 11 on- 
treibenden Mitteln dienstbar zu machen. 

Dies in dem Sinne, daß diese Kombinationspräparate, 
neben nur gallentreibenden Faktoren auch laxierende. Ioni¬ 
sierende und magenanregende Substanzen enthalten. 

Von den meinerseits im Verlaufe von nunmehr .über 
ein Jahrzehnt erprobten und vor längerer Zeit schon 
publizierten (15) diesbezüglichen Kombinationsformen cho¬ 
lagoger Präparate haben sich in erster Linie die ,,P i I. Na t r i 
oleinici comp.“ bewährt. 

Im Prinzip in gleicher Zusammensetzung kommt nun¬ 
mehr das darmlösiiehe „B i 1 i f e r - G e 1 o d u r a t“ 
I und II in Anwendung. 

Die Vorschrift zur Herstellung der Bilifcr-Kapseln ist 
nachstehende: 

Bilifer-Gelo.durat Stärke I. 

Itp. Lithii oleuici.0,10 g 

Extr. Belladonnae . . . 0,0020 ,, 

Extr. Strychni .... 0,0025 „ 

Extr. Rhei.0,015 „ 

01. ricini. 0,222 „ 

D. Tal. Dos. ad Caps, golodurat. No. 50 

S. 3raal tägl. nach dem Essen je 1—2 Stück zu nehmen. 

Bilifer-Gelodurat, Stärke II. 

Rp. Lithii oleinici ..0,2 g 

Sonst wie Stärke I. 

D. Tal. Dos. 50 ad Caps, gelodurat. 

S. Täglich nach den Mahlzeiten 1—2 Stück 2—3 mal zu nehmen. 

Die Wirkung der Bilifer-.Gelodurat-Kapseln ist im all¬ 
gemeinen dieselbe, wie sie meinerseits für die genannte Pille 
beschrieben ist (9, 15) doch kommt mitunter auch eine etwas 
erhöhte Darmwirkung zustande. Wässeriger Stuhl und Stuhl¬ 
zahl über zweimal täglich breiig muß vermieden werden. 

Die Wahl der Lilhionverbindung der Oelsäure verbürgt 
weiterhin eine Beeinflussung der bei „Cholelithiasis 
als Stoffwechselkrankheit (16) so häufigen Be¬ 
gleiterscheinung einer „uratisehen Diathese“, indem 
die Uratniederschläge, bekanntlich häufige Kristallisations¬ 
zentren für spätere Gallensteine, gleichzeitig beseitigt 
werden können. Nach den weitgehenden Untersuchungen 
Aschoffs und Bacmeisters (11) lagert sich das 
Cholesterin bei besonderen .Steinformen in der Gallenblase 
fast ständig um einen Uratkem, dessen hohe Bedeutung für 







No. 4G. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


das Zustandekommen der Gallensteinbildung, auch in „nur 
gestauter GaUe“ damit gekennzeichnet ist. 

W as die 1 n d i k a 1 1 o n zur Anwendung der Bilifer-Gelo- 
durat-Kapseln anlangt, so jfällt sie zusammen mit der Im | 
dikation zur internen Therapie (9, 12 ) bei Cholelithiasis. 

Literatur: 

1. Zu vergl. u. a. die Sammelwerke: a) Quincke und Hoppe- j 
Sey 1 er: Krauütieiten der Leber in Nothnagels Pathologie u. Therapie 
Bel. XVlli, Kap. „Cholagoga“, S. 40, 1U7 u. ff. b; Kittsteiner: Krank- i 
heiteu der Leber u. Gailenwege. Leipzig 1904, S. 20, 39 u. 11’. Spezial¬ 
beobachtungen in der folgenden Literatur, iusbes. aes Verfs. reieriert; 
PI um: Munoff. med. Wocheuschr., 1895, No. 12; Clemm: Medizin, i 
Plätter, 1900, No. 25 u. 2b; Albu: Der gegenwärtige Stand der Chole- i 
litlnasistherapie. Zeitschr. f. ärztl. Fortbildung, Febr. 19u8; Wörner: | 
Heber Ovogai. Med. Klinik, 1900, H. 21; Schurmayer: Ueber Ovogal., j 
Wiener klm. Rundschau, 1903; Pichler und Latz: Lxperim. Studien , 
über Beeinflussung der Ualieuoekretion durch neue Cholagoga I. 
Prof, boati Archiv f. Verdauungskrankh, Bd. XV, H. 5, S. 5o7 u. ff. ! 
und Pd. XVI, H. 3, S. 292 u. ff. (Hier auch eingehendes Literatur¬ 
verzeichnis.) 

2 . Scdürmayer: Ges. Beiträge zur Diagnose ung Behandlung I 
der Gallensteinkrankheit und ihrer ivomplikationen, 1910. 

3. lvittsteiuer: in i. b. 

4. Meitzer: Du Pois Archiv f. Physiologie, 1882; New York Med. 
Journ., Maiheft 1899; Magenkolik und Kolik, Archiv f. Verdauungs- 
krankheiten, Pd. IX, H. b. 


691 

5. Doyen: Archiv de Physiologie, 1894. 

0. 7. Bandois-Rosemann: Pnysiologie, Pg. 178, S. 329 u. ff. 

8. Schürmayer: Neue Gesichtspunkte iu der Diagnose und 
Therapie der Cholelithiasis. Vortrag, gehalten aut der 25. Vers, der 
Balu. Gesellsch., Aachen 1904. Periente 1904; Allgem. Med. Ceutral- 
zeitung, 1904, No. 17. 

9. Schürmayer: Ueber innere Therapie bei Cholelithiasis. 
Wiener kl in. Rundschau, 1908, No. 18—33. 

10. Schürmayer: Pathologische Anatomie u. innere Therapie 
bei Cholelithiasiskrauken. Allgem. Med. Ceiitralzeitung, 1910. 

11. Aschoff und Pacmeister: Die Cholelithiasis. Jena 1909, 
G. Fischer. 

12. Siehe 9, Seite 37 u. ff., u. Kukula (Prag): Ueber die chirur¬ 
gische Tüerapie bei Cholelithiasis. Wiener klm. Rundschau, 1907. 
No. 39—40. 

13. Buettuer: Prof. Boas’. Archiv f. Verdauungskrankheiten, 
Bd. XVI, H. 2, S. 184 u. ff. 

14. Schürmayer u. a.: Pathologische Fixation bezw. Lage- 
veränderung bei Abdominalorganeu. Fortschritte auf dem Geuiete der 
Röntgen strahlen j Oktober l«iU, Pd. V. (Mit Literaturverzeichnis.) 

15. Schürmayer: Kritische Betrachtungen auf dem Gebiete der 
Gailensteinkrankheit. 111. Kombinierte Therapie bei Cholelithiasis; 
Medikamente. Allgem. Med. Ceiitralzeitung, 1908, No. 1(5 u. ff. 

lö. Schürmayer: Ist die Choleiitüiasis eineliifektiouskranklieit, 
oder ist sie eine Stoffwechselkrankheit der Leber? Therapeutische 
Monatshefte, 1910, H. 3 u. 4. 


Weitere Arbeiten über Ehrlich-Hata 606. 

Dr. Richard Kalb, Assistent der dermatologischen Klinik 
des städusenen Kramcennauses zu Frankfurt a. M. benentet 
über die Einwirkung cfes E n r 1 1 c h senen Arsenooenzois aut 
die Lues aer Kinaer mit Desonderer BerucKsicntigung aer 
Syphilis congenita (Wiener Kim. Wochenscnr., laiu, ino. 3uj. 
solcher benente liegen bisner nur einige vor. v erlassers f alle 
betreuen zwei Kinaer mit Kues acquisita und menrere mit 
Lues congenita. Was die Weitung aer Klinischen Symptome 
bei Lues acquisita Detriht, so verhalt sie sicn wie Del kues aer 
Erwachsenen. Auen nier verscnwinden die Plaques ungemein 
rasch, dann lolgt aas Exanthem und an letzter steile die wr.üsen. 
Mit aer Wautreaktion verhalt es sich ähnlich wie bei Erwachse¬ 
nen. Bei Lues congenita senwmaet am rascnesien aas 
Exanthem, dann die Knochenveränderungen (Periostitiden) und 
Pseudoparalyse, die Koryza kann rasen verscnwinden, Kann 
aber aucn langer anhalten. Auen Vertasser neigt zu der An- 
sicnt von Taege und Uuhot, daß man die stillende Mutter 
mit Arsenobenzoi injizieren soll, wenn dies durchlünrbar ist. 
Verfasser konnte bei oen mit Arsenobenzoi behanaelten Säug¬ 
lingen ohne jegliche Lwiscnemalle gute Resultate ernalten. 
Öeur enreulicn ist noen, daß auch bei eienden, atrophischen 
siiuglmgen not senweren iviagen-iJarmkaiarrnen, bei aenen 
die Anwendung des Quecksilbers keine gleichgültige war, aas 
Arsenobenzoi vorzügliche Dienste leistet, zumal aucn das 
Körpergewicht und Allgemeinbefinden sicn in jedem f alle zu 
neben scheint. 

Dr. A. v. Torday berichtet über die Erfolge der Ehrlich- 
Hata sehen Behandlung in der l. med. Klinik der Budapestei' 
Universität (ibidem;. Verfasser erklärt, daß dem Ehrlich- 
schen Mittel kein anderes an die Seite zu setzen ist. Er hat 
keine Vergiftungserscheinungen beobachtet. Kontraindiziert 
ist die Anwendung des Präparates nach ihm bei Herzkranken, 
Leberkranken, Nierenkranken und an Augenhintergrundkrank- 
heiten Leidenden. Zuin Schluß bemerkt Verfasser, daß er 
vom E hrl i ch-H ata sehen Präparate für Tabes- und Para¬ 
lysekranke nicht viel erwartet. Wenn aber bei diesen manifest 
luetische Erscheinungen vorhanden sind, so kann man als anti¬ 
luetisches Verfahren die Ehrlich sehe Injektion in Anwen¬ 
dung bringen, doch möge niemand vom Arsen erwarten, daß es 
die zugrunde gegangenen Nervenganglien und Fasern regene¬ 
riere. Bei Nervenkranken ist große Vorsicht am Platze, da 
diese wegen der Schwäche des Gesamtorganismus dem neuen 
Arsenpräparat gegenüber empfindlich sind. 

Oberarzt Dr. Viktor Reisner (Wien) erstattet in der 
„Wiener klin. Rundschau“, No. 39, einen Bericht über 20 mit 
Ehrlich - Hata 606 in der dermatologischen Abteilung des 
Garnisonspilales No. 2 in Wien behandelte Syphilisfälle. Er 
kam bisher stets mit nur einer Injektion des Ehrlich sehen 
Präparates aus. Die Nebenerscheinungen waren stets äußerst 
geringe. Die Schmerzhaftigkeit 1 war sehr verschieden, sie 
hängt nach seiner Meinung stark mit der Individualität des 
Patienten zusammen. Im allgemeinen muß man sagen, daß 
die Schmerzen nicht allzu heftig sind. Unmittelbar nach der 
Injektion konnte K. in keinem einzigen Falle irgendwelche 
Schmerzen beobachten, was entschieden von Wichtigkeit ist, 
weil daraus der Schluß zu ziehen ist, daß man in Zukunft auch 
ambulatorisch die Injektionen wird verabreichen können. Die 
Schmerzen setzen gewöhnlich am Abend des zweiten, manch¬ 
mal des dritten Tages ein, nehmen am nachfolgenden Tage an 
Intensität etwas zu, um dann ganz zu verschwinden. Mit der 
Verabreichung von Pyramidon 0,3 zweimal, manchmal dreimal 


täglich, gelang es Verfasser stets, die Schmerzen auf 
ein Minimum herabzuseizen. Die Temperatursteigerungeu 
waren aucn sehr versemeaen. ln jedem raüe reagierte aer 
Organismus mit einer kleinen Temperatursteigerung, die 38,6 
ment ein einziges Mal uoersneg. Das subjektive Bennden der 
Patienten war me gestört. Andere RebenwirKimgen Konnte 
v erfasser me beobaenten. boiort nacn der Injektion ließ er 
neu ivrannen stets auren eine Stunde im Bette aut dem BaucUe 
liegen, samtlicne so uenandelten Patienten verließen nach 
iunnagiger Bettruhe oune öenmerzen una onne irgendwelche 
unangenenmen Sensationen aas Bett, am acuten Tage die An¬ 
stalt. 

Ueber 100 fälle berichtet Dr. Mathias Dobrovits, Primar¬ 
arzt m Pozsony in der „Wiener Meaizmiscnen Wocnenschr.", 
i\o. 4u. Ausgeschlossen von aer Benanaiung waren alle falte 
von ErkranKung aer iNiere, aes Herzens, aes Uenirns und 
Rückenmarks, aeren ursaene ment aul Sypnilis zurucKzuführen 
war. Rur bei zwei fallen maligner sypnilis wurden diese Er¬ 
krankungen ment berucKsicnligi. Beunruhigende Ersenemuu- 
gen, weicne auf Arsenwirkung mngedeutet Hatten, wurden nie¬ 
mals beobaentet. Die örtücnen Scnmerzen an der injektions- 
sieüe waren nach aer individuellen scnmerzemptmalicnKeit 
senr versenieden, olt setir bedeutend, menrere Tage annaltend, 
on nur auf den- schmerz des Einstiches sich uesenrankend. 
Temperatursteigerung trat in manenen Fällen bis zu 38,8“ ein. 
Las injektwar m vieien fällen nacn einigen lagen vollkommen 
. resorbiert und versenwunaen, m vielen fallen blieb jeooen 
eine derbe Infiltration noen wocnenlang bestenen, weicne in 
zwei fallen nach vier Wochen zur Eiterung turnte und wo der 
Eiter sofort nacn der Inzision positiven Arsennacnweis er¬ 
gab. ln einem Falle gummöser Hirnsypniiis bildete sich ein 
Absceli, nach dessen Entleerung sicn nekrotisches Binde¬ 
gewebe vordrängte, dessen Untersuchung reicniicn Arsen 
zeigte. Auf der Haut beobachtete Verfasser in vier f allen ein 
den ganzen Körper bedeckendes polymorphes Erythem, hei 
mehreren anderen Kranken zirkumskripte Erytheme der Ell¬ 
bogen- und Kniebeuge. Dieselben waren senr flüchtig und 
meistens m 24 Stunden verschwunden. Die Einwirkung auf die 
sichtbaren luetischen Symptome war am auffallendsten und 
geradezu überraschend.bei exulcerierten Gummen des Rachens, 
uer Haut und der Knochen, am schnellsten bei nässenden 
Papeln, exulcerierten Primärsklerosen, bei Oedema indura- 
tiv um genitaiium, während die oberflächlichste Hautaffektion, 
das Exanthema maculosum, scheinbar langsam verschwand 
und ölt noch bestand, wenn das primäre Geschwür gereinigt 
und überhäufet war. Das Mittel vernichtet die Spirochaeia 
pailida in der Regel in vier bis füllt Tagen. Die positive 
Wassermann sehe Reaktion verschwindet meist in der 
vierten Woche. Die Einwirkung des Mittels durch die Milch 
der Mutter auf den Säugling ist trappaut; in einem Falle über- 
häuteten und trockneten die exulcerierten nässenden Papeln 
des Afters binnen drei Tagen nach der Injektion in die Haut 
des Rückens der Mutter. Das Ehrlich sehe Mittel wird nach 
Verfassers Ueberzeugung dauernden Wert behalten. 

Bei Lues maligna wurde das neue Mittel von Dr. Forbat, 
Regimentsarzt in Szeged, verwendet (ibidem). Zur malignen 
Lues zählt F. zwei Formen: solche, die im Frühstadium bereits 
mit destruktiven, die Gewebe tiefer durchsetzenden Erschei¬ 
nungen einhergehen, und solche, die jeder üblichen antilueti- 
schen Kur hartnäckig widerstehen. Von der ersten Form 
wurden 4 Fälle behandelt. In allen vier Fällen trat prompte 
, Heilung ein. Zur zweiten Kategorie gehörten drei Fälle des 






692 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 46. 


Verfassers. Bei diesen handelte es sich durchweg um aus¬ 
gebreitete Papeln der Zunge, Tonsillen und Wangenschleim¬ 
haut. Diese Erscheinungen schwanden regelmäßig in 4 bis 
5 Tagen. 

Von Dr. Oskar Salomon, Spezialarzt für Hautkrankheiten 
in C'oblenz a. Rh., wurden der Behandlung mit Ehrlich- 
1-tata 606 folgende Kategorien von Fällen unterzogen: 1. Pa¬ 
tienten mit Primäraffekten, bei denen die Aussicht bestand, 
durch eine einmalige Ehrlich-Hata-Injektion die Syphilis 
zu soupieren; 2. Patienten, die eine Idiosynkrasie gegen Hg 
gezeigt, oder sich refraktär gegen dieses Mittel verhalten 
hatten; 3. maligne Fälle. Es kamen im ganzen bisher 31 Syphi¬ 
litiker zur Behandlung, von denen sich nur ein Fall refraktär 
zeigte. Die Dosis betrug fast in allen Fällen 0,6. Störungen 
des Allgemeinbefindens durch die Injektion sah Verfasser fast 
gar nicht, nur ganz selten geringe Temperatursteigerungen, die 
schnell vorübergingen, nie Erbrechen, nie Albumen im Harn, 
oder Zylinder, keine Harnretention, kein Exanthem, keine 
Herzschwäche, selbst nicht in den vielen Fällen, in denen ein 
Herzfehler bestand; auch die Augen wurden in keiner Weise 
beeinflußt. So nahm Verfasser denn auch keinen Anstand, 
in der letzten Zeit einige Fälle ambulant zu behandeln. Daß 
dies in allen Fällen ohne Beschwerden ging, ist der beste Be¬ 
weis für die gute Toleranz des Mittels. (Medizinische Klinik, 
1910, No. 42.) 

Dr. E. Meirowsky (Cöln a. Rh.), hat 80 Fälle von Syphilis 
mit dem Hata-Präparat behandelt. Entsprechend den Beob¬ 
achtungen aller anderen Autoren erwies sich das neue Präpa¬ 
rat als ein spezifisches Heilmittel der Symptome der Syphilis, 
das nicht nur schneller und prompter als Quecksilber wirkte, 
sondern auch viele Fälle der Heilung zuführte, in denen auch 
durch die ausgiebigste Einwirkung von Jod und Quecksilber 
eine solche nicht erzielt werden konnte. Von dieser konstan¬ 
ten Einwirkung auf den syphilitischen Prozeß war nur ein 
einziger Fall ausgenommen, eine Lues maligna, bei der nach 
intravenöser Einverleibung von 0,4 auch nicht der geringste 
Einfluß auf einen lange bestehenden „Lupus“ syphiliticus er¬ 
reicht werden konnte. Möglicherweise, sagt Verfasser, ist 
dieser Versager nicht durch das Vorhandensein von originär 
arsenfesten Spirochätenstämmen bedingt, sondern durch den 
Modus der Applikation, bei dem die Ausscheidung des Arsens 
anscheinend zu schnell erfolgte, bevor eine Haftung desselben 
im Gewebe für längere Zeit erreicht war. In einigen Fällen, 
die alle Stadien der Lues betrafen, zeigte sich, daß die zu¬ 
geführte und resorbierte Arsenmenge offenbar nicht zu einer 
kompletten Heilung ausreichte. Die spezifischen Effloreszenzen 
bildeten sich bis zu einem bestimmten Grade zurück und wur¬ 
den erst vollständig resorbiert, nachdem eine zweite Injek¬ 
tion verabfolgt worden war. Alle durch Spirochäten hervor¬ 
gerufenen Erkrankungsformen sind der Therapie mit dem 
neuen Mittel zugänglich, gleichgültig, an welchem Organe sie 
sich abspielen. Auch die Kornea bildet keine Ausnahme. Wir 
verdanken, sagt Verfasser, Ehrlich nicht nur die Entdeckung 
eines neuen spezifischen Heilmittels. Wie die Versuche von 
Ta ege und Duhot gezeigt haben, sind wir auch im Begriff, 
unerwartete und neue Einblicke in das Wesen der Abheilung 
der Syphilis, in die Bildung spezifischer Immunkörper zu be¬ 
kommen. So läßt sich die Tragweite der Ehrlich sehen 
Entdeckung, die in ihrer heutigen Gestalt vielleicht noch nicht 
ihre höchste Vollendung erreicht hat, gar nicht übersehen. 
Jedenfalls sind neue Wege beschriften worden, die uns auch 
zu neuen Zielen führen werden. (Die Einwirkung des Ehr¬ 
lich sehen Mittels auf den syphilitischen Prozeß. Medizin. 
Klinik, 1910, No. 42.) 

Dr. 0. Hermes (Berlin): Ueber Peritonitis infolge Perforation 
von Typhusgeschwüren. (Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
No. 38.) 

Im Verlauf des Abdominaltyphus kommen in ungefähr 
4—5 pCt. aller Fälle Perforationen vor, vorwiegend in der 
zweiten bis vierten Woche, aber auch früher oder später. Die 
Perforationen sind meist einfache, selten kommen auch mehr¬ 
fache vor. Der Sitz der Perforation ist in der Regel das'untere 
Ileum, viel seltener die Flexura sigmoidea, das Coecum und 
der Wurmfortsatz. Die Typhusperforation mit sekundärer 
Peritonitis ist ohne Operation als tötliche Erkrankung anzu- | 
sehen, aber auch die Erfolge der chirurgischen Therapie sind 
nicht glänzend, etwa 30 pCt. der operierten Fälle sind geheilt 
worden. Was die Diagnose der Perforation anlangt, so ist das 
deutlichste Zeichen der plötzlich auftretende, überaus heftige 
Leibschmerz, der entweder diffus im Leib, oder aber häufiger 
in der rechten Unterbauchgegend lokalisiert wird; dazu tritt 
häufig Erbrechen, beschleunigte thoracale Atmung, kleiner, be¬ 
schleunigter Puls; der Leib ist bei der Palpation enorm druck¬ 
empfindlich, rasch stellt sich auch erhebliche Rigidität der 
Bauchdecken ein. Doch nicht immer sind die Erscheinungen 
so charakteristisch, häufig sind die Symptome sehr unklar. Die 
frühzeitige Diagnose der Perforation ist sehr wichtig, denn je 
schneller nach eingetretener Perforation eingegriffen werden 
kann, um so günstiger sind die Aussichten der Operation; im 


Zweifelsfalle ist eine Probelaparotomie zu machen. Als Er¬ 
läuterung dieser allgemeinen Grundsätze berichtet Verfasser 
über drei von ihm im Rudolf-Virchow-Krankenhause zu Berlin 
beobachtete Fälle. Im ersten Falle handelte es sich um einen 
23 jährigen Mann, bei welchem im Verlauf eines Typhus ambu- 
latorius etwa am Ende der dritten Woche die Perforation ein¬ 
trat; da der Kranke erst mit Einsetzen der, intensiven Leib¬ 
schmerzen in ärztliche Behandlung sich begab und ins Kranken¬ 
haus eingeliefert wurde, konnte mit Sicherheit nur die Dia¬ 
gnose auf Perforationsperitonitis gestellt werden, wobei eine 
Peritonitis nach Appendicitis als wahrscheinlich angenommen 
wurde, der auch der speziellere Befund durchaus entsprach. 
Nur eine gewisse Benommenheit des Pat. ließ auch an ein 
perforiertes Typhusgeschwür denken. Bei der Operation zeigte 
sich dann, daß es sich um ein perforiertes Typhusgeschwür an 
der typischen Stelle, nicht weit von der Bauhin sehen Klappe, 
handelte. Vorher war der makroskopisch unveränderte Wurm¬ 
fortsatz abgetragen worden. Die Perforationsöffnuug wurde 
durch einige Seidenknopfnähte geschlossen, die Bauchhöhle mit 
25 Litern steriler NaCl-Lösung ausgespült und darauf vollständig 
durch Etagennähte geschlossen. Abgesehen von einer Bauch¬ 
deckeneiterung war der Verlauf gut, so daß der Patient nach 
etwa 10 Wochen geheilt entlassen werden konnte. — Im Gegen¬ 
satz zu diesem Fall verlief bei dem zweiten, 28jährigen 
Kranken die Perforation. Hier traten bei nur ganz unwesent¬ 
lich gestörtem Allgemeinbefinden im Anschluß an die erste 
Darreichung etwas konsistenterer Nahrung leichte Kolik¬ 
schmerzen im Leib auf, ohne daß irgendwelche stärkere Er¬ 
scheinungen von Peritonitis sich zeigten. Bei ganz leichtem 
allgemeinem Meteorismus entwickelte sich allmählich eine 
Resistenz in der rechten Unterbauchgegend, die anfangs nur 
undeutlich palpabel, sich später weit nach der linken Seite 
hinüber erstreckte. Bei der Operation wurden drei große ab¬ 
gekapselte Abscesse eröffnet, einer auf der rechten Seite, 
oberhalb des Poupartsehen Bandes, der zweite im linken 
kleinen Becken, der dritte im linken Hypochondrium. Breite 
Tamponade sämtlicher Wundhöhlen.. Es trat glatte Heilung 
ein. In diesem Falle kann man nur retrospektiv aus der intra- 
peritonealen Absceßentwicklung den Schluß ziehen, daß eine 
Perforation eingetreten war. Der dritte Fall betrifft einen 
30 jährigen Kranken, welcher im Verlauf eines bakteriologisch 
sichergestellten Typhus plötzlich unter den Erscheinungen 
einer Perforation erkrankte und operiert wurde, bei dem aber 
nach Eröffnung der Bauchhöhle sich ein negativer Befund er¬ 
gab. Nur der Wurmfortsatz wurde abgetragen, der sich bei der 
Untersuchung als ohne wesentliche Veränderungen heraus¬ 
stellte. Auch in diesem Falle trat Heilung ein. In der Lite¬ 
ratur sind eine Anzahl ähnlicher Erfahrungen niedergelegt, 
wo ebenfalls unter dem dringenden Verdacht akuter Perfo¬ 
ration operiert wurde, ohne daß etwas Pathologisches gefunden 
wurde; eine einigermaßen befriedigende Erklärung ließ sich, 
wie auch im vorliegenden Falle, für das Eintreten der Pseudo¬ 
perforation nicht geben. 

Prof. Dr. G. Helling (Dresden): Ueber callöse Magengeschwüre. 

(Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 38.) 

Verfasser bespricht auf Grund seiner Erfahrungen an einer 
größeren Zahl operativ behandelter Fälle die Diagnose, Patho¬ 
genese und Therapie der callösen Magengeschwüre. Während 
beim Ulcus Simplex ventriculi, bei welchem wie mit einem 
Locheisen die Schleimhaut herausgeschlagen erscheint, der 
Geschwürsgrund glatt, der Rand scharf, eventuell leicht ge¬ 
schwellt, aber nicht besonders verdickt und verhärtet ist, ist 
beim Ulcus callosum das Geschwür kraterförmig, die Wandung 
auffällig verdickt und verhärtet, die Größe verschieden, 
von dem Querschnitt einer Kirsche bis zu dem einer Orange 
und mehr. Mikroskopisch liegt eine Bindegewebsvermehrung 
vor, hauptsächlich in der Submucosa, aber mitunter auch alle 
Schichten der Magenwand durchsetzend und fibrös um¬ 
wandelnd. Dabei besteht in wechselndem Grade eine Ver¬ 
mehrung von Rundzellen. Soweit die Magenwand verhärtet 
ist, besteht eine Endarteriitis, welche namentlich die kleinen 
Gefäße obliteriert. Dringt das callöse Geschwür in die Nach¬ 
barorgane ein, so entsteht das „callöse penetrierende“ Ge¬ 
schwür. Für die Entstehung des bindegewebigen Callus ist 
hauptsächlich die Salzsäure des Magens verantwortlich zu 
machen. Man kann nach Verfasser kein callöses Ulcus des 
Magens diagnostizieren, ohne freie Salzsäure im Magen nach- 
gewieseu zu haben. — In klinischer Beziehung bespricht Ver¬ 
fasser zunächst das Alter, in dem die callösen Geschwüre vor¬ 
zugsweise Vorkommen. Während das gewöhnliche Magen¬ 
geschwür vorzugsweise im dritten Lebensjahrzehnt vorkommt, 
ist das Alter, in welchem callöse Ulcera zur Beobachtung 
kommen, höher, durchschnittlich 41—42 Jahre. Während 
ferner beim einfachen Ulcus das weibliche Geschlecht 
bei weitem überwiegt, kommt das callöse Ulcus bei Männern 
und Frauen annähernd in gleicher Häufigkeit zur Beobachtung. 
— Während beim Ulcus Simplex häufig Remissionen auftreten, 
sind beim Ulcus callosum die Beschwerden mehr chronisch, 
ziehen sich über viele Monate und; auch Jahre hin und treten, 



No. 46. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


693 


wenn auöh in ihrer Intensität wechselnd, fast jeden Tag auf. 
Der Schmerz beim callösen Ulcus ist intensiv, bohrend, nagend, 
brennend, er strahlt nicht selten nach dem Rücken und dem 
Rippenbogen aus. Er tritt besonders zur Zeit der Digestion 
auf, wenn die Salzsäure im Magen vermehrt ist, es kann aber 
auch kontinuierlicher Schmerz bestehen. Erbrechen ist sehr 
häufig (80 pCt. der Fälle). Die Schmerzen und Erbrechen 
bedingen die starke Abmagerung, die Patienten mit callösem 
Geschwür zeigen. Blutungen kommen in etwa der Hälfte der 
Fälle vor. P a 1 p a b e 1 ist das callöse Geschwür in etwa 
'/* der Fälle. Mitunter läßt sich durch die Palpation auch ein 
Eindringen des callösen Geschwürs in die Nachbarorgane fest¬ 
stellen. Eine Differentialdiagnose gegenüber Ulcus-Carcinom 
läßt sich im allgemeinen nicht stellen. Bestehen intensive 
Schmerzen, lassen sich Blutungen in der Anamnese nach- 
weisen. heilen die Geschwüre trotz zweckmäßiger interner 
Behandlung innerhalb mehrerer Monate nicht aus, so kann 
man mit einiger Wahrscheinlichkeit ein callöses Geschwür 
annehmen. Was die Behandlung anlangt, so kommt, wenn die 
interne Therapie nutzlos geblieben ist, nur die Operation in 
Frage, und zwar entweder die Resektion oder die Gastro¬ 
enterostomie. Von 51 Fällen des Verfassers entfallen auf die 
Resektion 11 (mit Todesfällen und acht carcinomatös ent¬ 
arteten), 39 auf die Gastroenterostomie; einmal wurde die 
Pyloroplastik gemacht. Auch unter den 39 gastroenterosto- 
mierten Fällen entfallen acht mit Carcinom. Durch die Gastro¬ 
enterostomie kamen, wenn man die carcinomatösen Fälle aus¬ 
scheidet, zirka ”/m zur Ausheilung. Für penetrierende Ulcera, 
welche in die Leber oder das Pankreas gehen, ist die Gastro¬ 
enterostomie zu bevorzugen. Die Hauptgefahr des callösen 
Ulcus liegt in der carcinomatösen Degeneration. Deswegen 
sind derartige Patienten möglichst rechtzeitig der chirurgischen 
Behandlung zuzuführen. 

Prof. Dr. R. Goldschmidt (München): Ueber Askarisvergiftung. 

(Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 38.) 

Auf Grund von Erfahrungen am eigenen Leibe sowie an 
einer Reihe von anderen Personen teilt Verfasser mit. daß 
häufig Personen, welche — meist zu wissenschaftlichen 
Zwecken — mit lebenden Askariden zu tun haben, an ge¬ 
wissen Krankheitserscheinungen erkranken, welche schon 
durch die Ausdünstung der Askariden hervorgerufen werden. 
Es ist bekannt, daß lebende Askariden, noch mehr auf- 
geschnittene Tiere, einen sehr widerwärtigen Geruch aus¬ 
strömen, der sich, wenn auch in vermindertem Maßstab, auch 
in Spiritus erhält und in diesen übergeht. Diese Ausdünstung 
der Askariden übt nun offenbar auf die Schleimhäute mancher 
Personen eine schädliche Einwirkung aus; es kommt besonders 
zu Nasen-, Rachen und Kehlkopfkatarrh, Bronchitis, richtigen 
Asthmaanfällen, heftiger Conjunctivitis, mit anderen Worten, 
zu einem Symptomenkomplex, welcher mit dem Heufieber eine 
gewisse Aehnlichkeit hat und in manchen Fällen ziemlich hart¬ 
näckig ist. Es gibt auch Menschen, welche gegenüber diesem 
schädlichen Stoff ziemlich immun sind, ferner scheint ein¬ 
maliges Arbeiten mit den Tieren häufig nicht zu schaden, da¬ 
gegen scheint die Empfindlichkeit gegenüber dem schädlichen 
Agens mit der zunehmenden Häufigkeit und Dauer der Be¬ 
rührung zuzunehmen. -- Wenn der Askariskörpersaft direkt 
mit Schleimhäuten in Berührung kommt, ist die Wirkung noch 
viel heftiger. In einem Falle hob sich danach die Conjunctiva 
in Blasen ab, eine Erscheinung, welche glücklicherweise nach 
einem Tag wieder zurückging. Typisch ist ferner der Unter¬ 
schied zwischen der Ascaris lumbricoides des Schweins und 
des Menschen und der Ascaris megalocephala des Pferdes. 
Letztere ist nämlich noch viel giftiger als erstere. Es gibt sogar 
Personen, welche gegen Ascaris lumbricoides völlig immun 
sind, während Ascaris megalocephala bei ihnen schwere Er¬ 
scheinungen hervorruft. . Die Natur der giftigen Substanz in 
den Askariden ist noch nicht bekannt. 

Dr. A. Savels (Cöln): Zur Kasuistik der Nitrosenvergiftuug 

durch Inhalation von salpetriger Säure. (Deutsche med. 

Wochenschr., 1910, No. 38.) 

Verfasser berichtet über eine Massenvergiftung durch 
Dämpfe von salpetriger Säure. In einer Fabrik war ein mit 
Salpetersäure gefüllter Kolben zerbrochen, und die Flüssigkeit 
ergoß sich über eine Treppe in einen Keller. Um die aus- 
getlossene Salpetersäure, aus der sich die salpetersauren 
Dämpfe stürmisch entwickelten, unschädlich zu machen, wurden 
fehlerhafterweise statt Sand Sägespäne in die Säure ge¬ 
schüttet, wodurch die Produktion der giftigen Dämpfe noch 
vermehrt wurde. Einige Personen eilten herbei, uni das ent¬ 
standene Feuer zu löschen, und bei dieser Gelegenheit atmeten 
sie längere Zeit die sich bildenden Dämpfe ein. Es waren im 
ganzen sieben Angestellte sowie ein Teilhaber der Fabrik, die 
bis zu 1 (4 Stunden in der mit Dämpfen erfüllten Luft arbeite¬ 
ten. Von diesen Personen erkrankten vier in leichterer Weise, 
es zeigten sich nur geringe bronchitische Erscheinungen und 
nach acht Tagen resp. noch früher konnten diese vier Personen 


die Arbeit wieder aufnehmen. Der fünfte Verunglückte erlag 
nach 11 Stunden, der sechste nach sieben Stunden der all¬ 
gemeinen schweren Vergiftung, hier war es zu erheblichen 
lokalen Erscheinungen noch nicht gekommen. Der siebente 
ging nach zwei Tagen unter den Erscheinungen eines akuten 
Lungenödems zugrunde. Bei dem achten Patienten führten 
ausgedehnte pneumonische Infiltrationen und Herzschwäche 
den tötlichen Ausgang nach sieben Tagen herbei. Die wesent¬ 
lichsten Erscheinungen bei den Verunglückten waren also 
Symptome des Respirationstraktus: Hochgradige Dyspnoe, 
Cyanose, Lungenödem und Pneumonie, daneben Herzschwäche, 
geringe Störungen des Sensoriums und vorübergehende Deli¬ 
rien; es sind dies diejenigen Erscheinungen, welche sich auch 
bei den meisten in der Literatur berichteten Fällen finden. 
Theoretisch sollen als Giftwirkung bei der Inhalation von 
salpetrigsauren Dämpfen dreierlei Faktoren in Betracht 
kommen: 1. das durch die direkte Schädigung der Bronchial- 
und Alveolenschleimhaut hervorgerufene Lungenödem, 2. die 
Veränderungen des Blutes, das in seiner Alkaleszenz sehr her¬ 
abgesetzt ist, 3. die Schädigung des Zentralnervensystems, be¬ 
wirkt entweder durch die toxischen Eigenschaften der salpetri¬ 
gen Säure selbst oder durch das veränderte Blut. — Was die 
Therapie anlangt, so wiyd als besonders wirksam empfohlen: 
Aderlaß mit nachfolgender Infusion von physiologischer Koch¬ 
salzlösung, reichliches Trinken alkalischer Wässer, Einatmun¬ 
gen von verdünntem Ammoniak, Sauerstoffeinatmungen. Gegen 
die Herzschwäche werden die bekannten Tonica angewandt. 
In den chemischen Fabriken soll die Vorschrift bestehen, wenn 
jemand derartige Dämpfe eingeatmet hat, 3—5 Tropfen Chloro¬ 
form, in einem Glase Wasser gelöst, alle 10 Minuten zu nehmen, 
so daß der Betreffende in der Zeit von 1—2 Stunden etwa die 
Maximaldosis, 1,5 g eingenommen hat. Das Chloroform soll 
die Reizung der feinsten sensiblen und motorischen Nerven¬ 
endigungen im Gebiete des Respirationstraktus verhindern. 

Dr. Strempel (Barmen): Ein Kall von irreponibler Luxation 

des Zeigefingers im Metakarpo-Phalangealgelenk. (Münch. 

med. Wochenschr., 1910, No. 38.) 

Von Zeigefingerluxationen finden sich nicht viele Fälle in 
der Literatur, Verfasser berichtete deswegen über einen von 
ihm beobachteten Fall, welcher einiges Interesse bietet. Ein 
sechsjähriger Knabe war auf die rechte Hand gefallen und zog 
sich dadurch eine dorsale Luxation des rechten Zeigefingers 
zu. Auf dem Handrücken war 1 cm proximal von der Meta- 
karpophalangealgelenkslinie deutlich unter der Haut die Ge¬ 
lenkfläche der Basis des Grundgliedes des rechten Zeigefingers 
zu tasten. In der Hohlhand ragte, in der Höhe der Gelenk¬ 
linie, aber etwas daumenwärts verschoben, direkt unter die 
Haut das Köpfchen des zweiten Mittelhandknochens. Vorsich¬ 
tige Repositionsversuche, auch in Narkose, waren vergeblich. 
Deshalb schritt Verfasser zur operativen Beseitigung der 
Luxation. Es wurde eine zirka 4 cm volare Inzision über dem 
Köpfchen des zweiten Metakarpalknochens angelegt. Unter 
Schonung der Beugesehnen durch Beiseiteziehen wurde das 
Köpfchen freigelegt; dieses war durch einen Längsriß der Ge¬ 
lenkkapsel herausgetreten und wurde von ihr knopflochartig 
umspannt gehalten. Nach leichter Einkerbung der Kapsel ließ 
sich diese über das Köpfchen zurückziehen, doch gelang auch 
jetzt die Reposition noch nicht völlig. Als Grund fand sich nach 
weiterer Inzision der Kapsel ein schrotkorngroßes, vom dor¬ 
salen Teil der Gelenkfläche des Metakarpalköpfchens ab¬ 
gesprengtes Knorpelstückchen, nach dessen Exstirpation die 
Reposition glatt und vollständig gelang. Nach Resektion von 
Kapselteilen und Naht der Kapsel durch vier Katgutnähte 
Schluß der Wunde und fixierender Verband bis ans Endglied 
der Finger, die frei bleiben. Glatter Verlauf. Nach 10 Tagen 
wird der Knabe geheilt entlassen. Der Zeigefinger steht 
normal und ist, bis auf eine Beschränkung der Bewegung, in 
normalen Grenzen beweglich. 

3 

Dr. H. Töpfer (Friedenau): Zuin vaginalen Kaiserschnitt. 

(Deutsche med. Wochenschr., 1910, No. 38.) 

Verfasser berichtet in dieser Mitteilung über vier Fälle, 
in denen er unter einfachen Verhältnissen im Privathause 
unter Assistenz von Hebamme und Krankenschwester (einmal 
auch eines Kollegen) mit gutem Erfolg für die Mutter und 
Kinder den vaginalen Kaiserschnitt ausgeführt hat. Verfasser 
will damit zeigen, daß ein Geburtshelfer, der auch schwierigere 
geburtshilfliche Fälle zu behandeln versteht und sich chirur¬ 
gisch zu betätigen weiß, wenn eine Indikation zum schnellen 
Eingriff vorliegt, auch unter ungünstigen äußeren Verhält¬ 
nissen den vaginalen Kaiserschnitt ausführen kann. Selbstver¬ 
ständlich muß er diese Operation vorher am Phantom, an der 
Leiche oder an der Lebenden unter richtiger Anleitung geübt 
haben. Die Operation ist im allgemeinen nicht schwer, die 
Blase läßt sich leicht abschieben, und selbst bei Placenta 
praevia operiert man blutleer, wenn man die neuerdings von 
Dührssen angegebene, durch Einführung des Metreu¬ 
rynters vereinfachte Technik des vaginalen Kaiserschnittes an- 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 46. 


wendet. Verfasser hat selbst auch bei einem Fall von Placenta 
praevia den vaginalen Kaiserschnitt auf dem Metreurynter fast 
blutleer ausgeführt. Außer dieser die Gefäße komprimieren¬ 
den Wirkung des Metreurynters, an dem ein kräftiger Zug aus¬ 
geübt werden kann, wodurch wiederum ein Anlegen und Aus- 
reißen der Kugel- oder Krallenzange vermieden wird, gibt der 
Metreurynter einen Maßstab für die Art und die Länge der in 
die Cervix zu legenden Schnitte. Gleitet der Metreurynter 
nach der Spaltung der vordersten Cervixwand aus der Uterus¬ 
höhle heraus, so genügt die Oeffnung. um das Kind zu ent¬ 
wickeln. Genügt die Colno-Hysterostomia anterior aber nicht, 
so muß auch die hintere Cervixwand gespalten werden, bis der 
Ballon herausspringt. Ein Weiterreißen der Schnitte ist dann 
ausgeschlossen, da der Umfang des Ballons ungefähr dem des 
kindlichen Kopfes entspricht. Der Operateur kennt genau den 
Anfang und das Ende seiner Schnitte und kann sie sich zwecks 
Vemähung leicht freilegen. R. L. 

Dr. Fr. Marre tParisl: Ein Beitrag zur Frage des Einflusses 
akuter Infektionskrankheiten auf die Milchsekretion. 

(Revue d'hygiene et de medecine infantiles, Bd. IX. H. 4.) 
In Frankreich läßt man nach Rogers Vorgang im all¬ 
gemeinen Frauen, die an einer akuten Infektionskrankheit von 
voraussichtlich kurzer Dauer erkranken, weiter stillen, wäh¬ 
rend man bei langdauernden Erkrankungen (Typhus) rasch 
abstillen läßt. Die Gesamtmenge der produzierten Milch 
nimmt während des Fiebers ab und die Zusammensetzung der 
Milch ändert sich. Verfasser hat bei der chemischen Milch¬ 
analyse akut erkrankter Frauen (vier Fälle) ein Absinken des 
Zuckergehaltes festgestellt während er eine Zunahme des 
Fettes. Kaseins und der Salze fand. Er hat weiter Differenzen 
in dem gleichen Milchbestandteilen bei verschiedenen Infek¬ 
tionen nachgewiesen (Influenza. Scharlach. Masern). Da man 
bei dem Herabgehen der gesamten Milchmenge zur teilweisen 
künstlichen Ernährung greifen muß. so empfiehlt sich hierbei 
auf die gefundenen Tatsachen Rücksicht zu nehmen, also z. B. 
die Milchzuckerzugabe größer zu machen. Vielleicht, meint 
der Verfasser, werden wir in Zukunft, wenn erst mehr Unter¬ 
suchungen vorliegen, die Säuglingsnahrung bei künstlicher Er¬ 
nährung für die einzelnen Infektionskrankheiten in ganz be¬ 
stimmter Weise zusammenstellen, vorausgesetzt, daß die er¬ 
krankte Mutter noch teilweise weiter stillt, was man ja heute 
allgemein erstrebt. R. 

Dr. A. Calmann (Hamburg): Myom und Glykosurie. (Münch, 
med. Wochensehr., 1910, No. 68.) 

Vor kurzem hat Henkel über drei Fälle berichtet, in 
denen nach Operation großer Tumoren zweier Myome und einer 
stielgedrehten Ovarialcyste eine vorher bestehende Glvkosurie 
verschwand. Er folgerte daraus, daß Tumorbildung im weib¬ 
lichen Genitale Glvkosurie auslösen kann, die nach Entfernung 
der Ursache in Heilung übergeht. Einen experimentellen Be¬ 
weis für die Richtigkeit dieser Auffassung beizubringen gelang 
ihm aber nicht. Henkel definiert diese Glykosurie als eine 
spezifische Intoxikation durch Stoffwechselprodukte aus 
den Tumoren, er hält sie für eine Indikation zur Entfernung 
des Tumors ohne vorbereitende antidiabetische Behandlung. 
Verfasser hatte nun Gelegenheit, zwei Fälle zu beobachten, 
welche zum Teil wenigstens dieser Auffassung widersprechen. 
In dem ersten Falle, bei einer 54 jährigen Frau, bestand eine 
geringgradige Glykosurie (0 3 pCt.); auch nach der Exstirpation 
des kindskopfgroßen von mehreren Mvomen durchsetzten 
Uterus bestand diese Glvkosurie weiter. Ein halbes Jahr nach 
der Operation fand sich bei der Patientin M> pCt. und I 1 /? Jahre 
später % pCt. Zucker im Urin bei sonstigem Wohlbefinden 
und gewöhnlicher Kost. In dem zweiten Falle, bei einer 
43 jährigen Nullipara mit einem maimskopfgroßen Myom, fand 
sich vor der Operation 0 1 pCt. Dextrose im Urin. Am zweiten 
Tage nach der supravaginalen Amputation (mit Erhaltung der 
Adnexe) enthielt der Urin sogar 2V>. pCt. Zucker und auf reich¬ 
liche Kohlehydratzufuhr sogar 4. pCt. Vom 10. Tage an strenge 
Kohlehydratentziehung, darauf wurde die Patientin in vier 
Tagen zuckerfrei. Sie ist jetzt, nach vier Monaten, noch zucker¬ 
frei ohne besondere Diät. Nach Verfasser ist es zweifelhaft, 
wenigstens für den ersten Fall, ob der Tumor überhaupt die 
Glykosurie erzeugt hatte, sicher ist, daß die Indikation zur 
Operation durch die Glykosurie allein nicht gegeben ist. ferner 
aber zeigen diese Fälle, daß die Glykosurie auch keine Kontra¬ 
indikation gegen die Operation darstellt, ferner, daß keine vor¬ 
bereitende Behandlung nötig ist. 

Dr. M Ilayashi (Breslau-Tokio): Experimentelle Untersuchun¬ 
gen über die Infektionsfähigkeit des Auges bei Diabetes 
und die bactericide Wirkung des diabetischen Blutserums 
auf Eitererreger, (v. Graefes Archiv für Ophthalmologie, 
1910, Bd. 76, H. 1.) 

Bei seinen in der Universitätsaugenklinik zu Breslau an- 
gestellten Untersuchungen kam Verfasser zu folgenden Er¬ 
gebnissen: Ein Zuckergehalt von 0,3—0,5 pCt.. wie er in den 
Geweben beim Diabetes vorhanden zu sein pflegt, erleichtert 


die Ansiedelung und das Wachstum der Eiterkokken und 
steigert ihre Virulenz. Durch Amylnitrit- und Adrenalin¬ 
injektionen gelang es Verfasser Kaninchen, durch Pankreas¬ 
exstirpation Hunde diabetisch zu machen. Die mit den diabe¬ 
tischen Tieren vorgenommenen Vorversuche ergaben, daß die 
Eiterkokken im diabetischen Gewebe besser als in normalem 
gedeihen und noch an Pathogenität gewinnen, so daß z. B. eine 
subkutane Einspritzung einer Staphylokokkenkultur einen 
großen Absceß hervorruft, während normale Konfrontiere an¬ 
standslos die gleiche Kulturmenge resorbieren. Beim natür¬ 
lichen Diabetes sind auch die im Blute kreisenden Produkte 
des abnormen Stoffwechsels (Aceton. Acetessigsäure, Milch¬ 
säure. Oxybuttersäure etc.) in Betracht zu ziehen, die auf das 
Gewebe schädigend wirken und dasselbe für Infektioneu 
empfänglicher machen. Die- bactericide Wirkung des Blut¬ 
serums beim Adrenalindiabetes des Kaninchens und beim 
Pankreasdiabetes des Hundes ist erheblich schwächer als die 
des normalen Serums. Beim menschlichen Blutserum ist 
dieser Unterschied nicht so deutlich, wie beim Versuchstier. 
Allerdings konnte Verfasser nur fünf Fälle von leichtem 
Diabetes darauf prüfen. Soweit man aus Tierexperimenten 
auf den Menschen schließen kann, ist für das Auge des Diabe¬ 
tikers eine Operationsinfektion leichter zu erwarten, als beim 
Gesunden. Wenn auch auf Grund dieser Ergebnisse eine tun¬ 
lichste Herabsetzung des Zuckergehalts im Urin vor der Kata¬ 
raktextraktion beim Diabetiker als wünschenswert bezeichnet 
werden muß so lehrt doch die Erfahrung, speziell auch die 
Uhthoffsche Ooerationsstatistik von 115 diabetischen Kata¬ 
raktoperationen. daß die Forderung einer vollständigen Ent¬ 
zuckerung des Patienten vor der Operation nicht aufrecht er¬ 
halten zu werden braucht, ia nicht einmal im strengsten Sinne 
aufrechterhalten werden darf. Die Einführung einer allzu 
rigorosen antidiabetischen Diät, um vollständige Entzuckerung 
vor der Operation zu erzielen, ist nach Uhthoff u. a. sogar 
oftmals direkt zu widerraten, da das Allgemeinbefinden und 
der Kräftezustand des Patienten dadurch gelegentlich recht un¬ 
günstig beeinflußt werden kann und dadurch die Operations- 
chancen mehr verschlechtert werden, als eventuell durch eine 
Verminderung der Infektionsgefahr gewonnen wird. Da aber 
bei dem Diabetiker eine erhöhte Prädisposition für infektiöse 
Vorgänge vorhanden ist. also eine leichtere Infektionsfähigkeit 
gegenüber Mikroorganismen bei der Operation besteht, müssen 
die Augenoperationen, insbesondere Starextraktionen beim 
Diabetiker unter möglichst strenger Asepsis vorgenommen 
werden.- R. L. 


If. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Verein für innere Medizin nml Kinderheilkunde. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung“.) 

Außerordentliche Sitzung vom 31. Ok¬ 
tober 1910. 

Vorsitzender: Herr B i e s a 1 s k i. 

Vorstellung von Kindern mit schlaffen und spastischen Läh¬ 
mungen liebst Bemerkungen über die heutige orthopädisch- 
chirurgische Behandlung dieser Krankheiten 

Herr Biesalski: Kinderheilkunde und Orthopädie gehören 
in großem Umfange zusammen; letztere hat es mit den Folge¬ 
zuständen des akuten schweren Stadiums, das die Kinderärzte 
zu behandeln hatten, zu tun. Dahin gehört vor allem die 
schwere Poliomyelitis. Der erste Kranke, ist eine hilf¬ 
lose Masse Fleisch, der 12 Jahre auf dem Dorfe gelegen hat 
und dabei die Schule besuchte und mit Einreibungen behandelt 
wurde. Es bestehen Lähmungen von den Zehen bis zu den 
Schulterblättern: die Bauchmuskulatur ist gelähmt, ebenso 
viele Teile der Handmuskulatur, z. B. Adductor pollicis (Affen- 
hand). Es ist nicht schwer, ihn so in Apparate zu pressen, daß 
er steht; das ist ein Kunststück, keine Behandlung. Denn 
dann kann er sich nicht weiterbewegen. Vortr. will zunächst 
nur die Osteotomie des Oberschenkels vornehmen, es soll dem 
Pat. ein Wagen gekauft werden. Er flicht Stühle und wird all¬ 
mählich sein Brot damit verdienen. Denn die Krüppelanstalt 
ist nicht blos Klinik, sondern ein Komplex, in dem diese Ab¬ 
teilung nur ein Hilfsmittel ist: sie soll die Krüppel erwerbs¬ 
fähig machen. Dazu bestehen Klinik. Schule mit drei Klassen, 
Hilfsklassen, Fortbildungsschule und Handwerksstuben (Schuh¬ 
macherei. Schlosserei. Buchbinderei, Schneiderei und Buch¬ 
halterei, für die Mädchen Einrichtungen für Sticken, Nähen, 
Weben etc.). 

Der zweite Fall ist ähnlich, aber nicht so schwer gelähmt. 
Pat. kann die Beine etwas bewegen und ist in Apparate ge¬ 
steckt. außerdem ist er operiert worden; es wurde die Quadri- 
ceps-Plastik gemacht; sie ist nicht gelungen, weil die Musku¬ 
latur schwach und fettig entartet ist, daher wurde die Arthro¬ 
dese des Hüftgelenks angeschlossen. Durch Schiene und 
Stützkorsett bringt man den Kranken zum Gehen. 

Nun versucht man die Lähmungen operativ zu beein¬ 
flussen, entweder durch Plastik an den Muskeln oder durch 



No. 40. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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Verödung und Versteifung schlotternder Gelenke. Wesentlich 
ist bei der Arthrodese z. B. des Fußgelenks der T-Schnitt, der 
über den Fußrücken und an der Vorderseite des Unter¬ 
schenkels geführt wird und sämtliche Extensoren durch¬ 
schneidet, das Gelenk öffnet. Dann bohrt man in die Tibia 
einen Kanal und zieht die Sehnen durch und vernäht sie sub¬ 
periostal, dann wird das ganze geschlossen. Dadurch kommt 
der Fuß gut zu stehen; der ganze Vorderfuß ist erhoben. Es \ 
ist eine gewisse Beweglichkeit vorhanden, die sich auf die I 
Verbindung des Talus mit den übrigen Fußwurzelknochen be¬ 
zieht. Außerdem wurde bei diesem Kranken eine Knie¬ 
gelenksarthrodese ausgeführt. Der . Knabe hat nun statt des 
schlaffen Beines einen Stock in der Hüfte, aber er ist vom 
Apparat befreit. Die Apparate sind teuer, müssen repariert 
werden und die Kinder sind damit schlechter daran. Sie 
müssen freilich noch ein Jahr den Apparat tragen. 

Der andere Knabe hat eine Quadriceps-Plastik bekommen. 
Die Sehnen-Verpflanzungen haben einen bösen Feind; das 
sind die Verwachsungen. Nun kann der Muskel seine Wirkung 
nicht mehr ausüben. Es ist alles versucht worden. Vortr. hat 
die Sehnenscheiden-Auswechselung vorgeschlageu, die in der 1 
Tat recht Gutes zeitigt. Bei dem Knaben mit doppelseitigem 
Plattfuß und Lähmung des Tibialis anticus wurde der Tensor | 
hallucis longus abgeschnitten, sein distales Ende an den Ex-. | 
tensor communis angehängt; das proximale Ende wird heraus- [ 
gezogen, ebenso der Ansatz des Tibialis anticus; an den Faden i 
des letzteren wird der Extensor befestigt. Dann liegt der Ex- j 
tensor in der Sehnenscheide des Tibialis anticus der letztere 
wird weggeschnitten. Das Kind hat ietzt einen physiologischen 
Tibialis anticus. Die Wunde wird geschlossen. Das Kind 
kann jetzt supinieren. 

Es folgt ein Knabe mit paralytischem Klumpfuß: hier will 
Vortr. den Klumpfuß redressieren; mit einem Nagel wird der 
Calcaneus herumgedreht. Er nimmt den Flexor hallucis lon¬ 
gus; derselbe wird am inneren Fußrande herausgezogen, dann 
sucht man die Insertion des Peroneus brevis; dieser wird durch¬ 
schnitten und herausgezogen, dann zieht man den Flexor 
hallucis in die Sehnenscheide des Peroneus hinein. Nun muß 
er pronieren können. 

Von den L i 111 e sehen Fällen ist ein seltener Fall von 
Kombination mit Poliomvelitis zu nennen. Rechts besteht 
Little: starke Reflexsteigerung, zuweilen Fußklonus. typi¬ 
scher Babinskireflex; der Klumpfuß ist redressiert; links ist 
Poliomyelitis und deswegen Arthrodese ausgeführt worden. 

Der zweite Littlesche Fall zeigt starken Spasmus der 
Beine. Seine Beseitigung war bisher eine große Frage für die 
Klinik gewesen: man hat die Adduktoren blutig durchtrennt. 
Vortr. durchtrennt die Achillessehnen, die Flexoren. Adduk¬ 
toren und Tensor fasciae latae und legt dann auf acht Tage 
Gipsverbände. Die Resultate sind gut. Nun ist die Förster- 
sche Operation aufgekommen. Von den zwei so operierten 
Fällen des Vortr. ist der eine gestorben, weil das Kind nach der 
Desinfektion mit Jodtinktur ein eitriges Ekzem und Sepsis be¬ 
kam. Wenn die Rückenmarkswurzeln durchschnitten. sind. [ 
gehen die Kinder immer noch mühselig aber viel besser als 
früher. Jede aktive Bewegung war vorher unmöglich. Jetzt 
kann das Mädchen die Beine spreizen und schließen, erheben, | 
krümmen und strecken (unter Mitbewegung der Arme); be¬ 
sonders kann sie aber jetzt den Fuß ohne Mitbewegung des 
Schenkels strecken und beugen. Die Forst ersehe Opera¬ 
tion ist nur bei den schwereren Fällen indiziert; zuerst soll 
man alle anderen Mittel versuchen. 

Der letzte Fall ist ein Little mit sehr schwerer Athetose; | 
der Spasmus erstreckt sich bis auf die Zunge, Gesichtsmusku¬ 
latur und den Schlund. Auch hier wurden Muskeldurch- 
trennungen ausgeführt und der Kranke im Soreizbett be¬ 
handelt. Es sind unglückliche Fälle, weil die Forst ersehe 
Operation die Athetose nicht beseitigt. Es sind das alles schon 
5—10 Jahre alte Fälle; auch bei ganz alten Leuten, z. B. nach 
Hemiplegien, kann so verfahren werden. 

Werdegang eines Schienenhiilsenapparates. 

Herr Wiercziewski: Die Apparate sind zur Erhaltung der 
Operalionsresultate nötig; doch ist dazu eine orthopädische 
Werkstatt erforderlich. Wie entsteht ein Schienenhülsen¬ 
apparat? Das erste ist der Abguß von Becken und Bein: man 
umwickelt die Partien der Haut mit Gipsbinden, schneidet im 
Erhärten die letzteren auf und löst den Gipsverband ab. den 
man ausgießen kann. Auf das Positiv wird der ganze Apparat 
aufgearbeitet. Teilgares Walkleder welches nicht so stark 
wie Stiefelleder ist, besitzt in der Mitte eine dünne ungegerbte 
Schicht. In warmem Wasser wird es völlig weich. Es läßt sich 
um das Positiv herumwalken, erhärtet im Trockenofen und 
wird steinhart. So kann man die Hülsen aus einem Stil ei; 
machen. Auf dem Gipsmodell werden Stahl schienen aui- 
geschmiedet und angepaßt; dazu kommen Hessingsche 
Plättchen für die Befestigung der Schienen. Dazu gehören 
noch geschmiedete Stahlschienen zur Befestigung der Leder- 
liülsen. Die Gelenke sind gefräst. Dazu kommt eine 
Hessing sehe Stahlsohle. Das Ganze stellt einen Apparat 


dar. Der Beckenkorb wird nicht nach dem Abguß, sondern 
nach Maß an den Körper angebogen. Daran werden die Stahl¬ 
bänder gebogen, so daß nirgends eine Druckstelle entstehen 
kenn. Es gibt eine Unmasse Modifikationen dieser Hessing- 
schen Apparate. Zuweilen sind Kniekapnen vorteilhaft. Billi¬ 
ger ist der Bänder-Apparat mit Hessing-Sandale. 

Entstehen im Gipsverband bei Rachitis Schlottergelenke, 
so baut man doppelte Gelenke, dazu gehört ein Reitsitz, z. B. 
bei Coxitis tuberculosa. Das Kind reitet mit dem Tuber ossis 
isch.ii. während die Ledersohle einen Zwischenraum unter der 
Fußsohle freiläßt. Das Bein hängt nun völlig ln der Luft, ist 
völlig entlastet. Weiterhin demonstriert Vortr. eine Klump- 
fußredressionsschiene von Biesalski: Ein gutes Modell ist 
selten und daher eine Crux für die Orthopädie. Das ist z. B. 
bei Kombination von Little und Poliomyelitis von Bedeutung; 
liier wird um eine Achse in der Mitte des Vorderfußes der 
Vorderfuß drehbar nach außen eingestellt. So kommt der 
Vorderfuß völlig in Außenstellung; dazu ist die Schiene bei 
schwerer Plattfußstellung zur Korrektur der Supination ein¬ 
gestellt. 

Bei schweren Skoliosen ist zur Korrektur die Detorsion 
notwendig aber schwierig. Hier soll ein großer Beckenkorb, 
e ; ne gewaltige Hülle, den Buckel fassen und detorauieren. 

Vorstellung von Kindern mit angeborenen Mißbildungen. 

Herr Könne: Die angeborenen Deformitäten sind entweder 
primär oder sekundär kongenital, ie nachdem die Deformität 
schon im Keim angelegt oder durch soätere intrauterine Ver¬ 
hältnisse z. B, zu viel oder zu wenig Fruchtwasser bedingt ist. 
Eine Unterscheidung ist nicht immer zu treffen. Was zunächst 
die Wirbelsäule anbetrifft, so ist die angeborene Skoliose zwar 
neu entdeckt, aber nicht selten. Das vorgestellte Kind hatte 
sie schon in den ersten Lebenstagen: man sieht im Röutgen- 
bild die keilförmige Gestalt der Wirbelkörper: die Rippen 
gehen in spitzem Winkel divergierend von der Wirbelsäule ab. 
Tu einem anderen Falle hat der fünfte Lendenwirbel ring¬ 
förmige Gestalt: der Körper scheint nicht angelegt zu sein nur 
der Bogen ist da: es besteht hochgradige Torsion der Wirbel¬ 
säule. Für die Kongenitälität spricht schon, daß die untersten 
Teile der Lendenwirbelsäule wesentlich von der Seitenbiegung 
betroffen sind. Das ist nie erworben. 

In einem andern Falle besteht Schiefhals, bedingt durch 
Knöcherne Verhältnisse, ossärer Schiefhals. Tn der Gegend 
des Nackens findet sich in der Höhe des ersten Halswirbels 
ein Widerstand; man dachte an eine überzählige Halsrippe. 
Das wurde durch die Röntgenaufnahme nicht bestätigt. Es 
besteht Asymmetrie des Brustkorbes; zehn vollständigen Brust¬ 
wirbeln folgt ein Keil mit einer Breitseite, an die die über¬ 
zählige Rippe angelügt ist. Der Schiefhals ist die Folge der 
überzähligen Rippe, diese die der Keilbildung an der Grenze 
zwischen Brust- und Halswirbelsäule. 

An Deformitäten durch kongenitale Abschnürungen stellt 
Vortr. einen Knaben mit tiefen Schnürfurchen vor; die eine 
läuft zirkulär um den Oberschenkel, die Funktion der Muskeln 
und Nerven ist gar nicht gestört. Abschnürungen sind ferner 
an den Fingern besonders links sichtbar, hier bildeten der 
zweite und fünfte Finger ein unregelmäßiges Konvolut; ein¬ 
zelne Teile sind durch tiefe Furchen zipfelartig abgeschnürt. 
Das Röntgenbild ergibt daß die Verwachsungen nur häutig 
sind, normal sind nur Daumen und Kleinfinger; bei den übri¬ 
gen Fingern sind nur die Grundphalangen vorhanden. Die 
Häutbrücken wurden getrennt, die Finger isoliert und durch 
die Metacarni verlängert. Der Knabe kann jetzt greifen und 
fassen. — Ein ähnlicher Fall zeigt totale Abschnürung des 
rechten Humerus, an den Fingern der linken Hand und an den 
Zehen. 

Bei einem dritten Kinde ist der Unterarm verkürzt; im 
Ellbogen ist nur Extension und Flexion möglich. Nach dem 
Röntgenbilde sind Radius und Ulua vorhanden; der Radius 
zeigt eine winklige Teilung der eine Schenkel geht zur Ulna 
und ist mit ihr fest verbunden. 

Bei einem andern Kinde sind die Schultermuskelu atro¬ 
phisch der Oberarm verkürzt und gebrochen: die Ulna er¬ 
mangelt des unteren Drittels; es besteht im Ellbogengelenk 
völlige Ankylose; die Spongiosa der Humerus-Diaphyse gebt 
direkt in die der Dianhysen der Unterarmknochen über. Das 
Ellbogengelenk ist also nicht differenziert worden. Das ist 
eine primäre Anlage. 

Vorgestellt wird noch ein Defekt der Handwurzelknochen, 
Metacarpi und Phalangen infolge kongenitaler Abschnürung 
sowie ein Defekt an der Unterextremität: Defekt der Fibula; 
der Unterschenkel ist wesentlich verkürzt; der Fuß in Plattfu߬ 
stellung gehalten; nur vier Zehen sind angelegt. Dabei besteht 
Spitzfußstellung. Bei dem primären kongenitalen Fibula- 
Defekt fehlen häufig eine oder zwei Zehen. 

Schließlich folgt noch ein Fall von hochgradigen Defekten 
nu Ober- und Unterextremitäten. Die Füße sind flossenartig, 
der Unterschenkel verkürzt, beiderseits nur zwei Zehen vor¬ 
handen. Beiderseits bestellt Defekt der Unterschenkelknochen; 
nur drei Finger sind an einer Hand vorhanden, dieselben sind 
völlig normal angelegt. 




696 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 46. 


Eine kongenitale Radius-Luxation ist bei der Geburt ent¬ 
standet; man fühlt deutlich das Radius-Köpfrhen. Durch das 
Wachstum hat der Knalle Schmerzen. Die Prognose ist gut, 
weil sich das Gelenk an die Anomalie gewöhnen wird. 

Die Rachitis and ihre Klagezustände. 

Herr Reichel stellt zuerst ein 314 Wochen altes Kind vor, 
das gleich bei der Geburt eine ganz schlechte Haltung gehabt 
haben soll. Die Glieder kann man beugen, aber kaum 
strecken, auch die Hüften sind nicht ganz frei; etwas freier die 
Schultern, nicht dagegen das Ellbogengelenk, ebenso die Hand. 
Es besteht starke Rötung , der Nase, üble Ozaena. Es schnieft. 
Die Milz ist palpabel. Ist das eine Myotonia syphilitica mit 
Veränderungen der Knochen? Im Röntgenbilde sieht man 
periostitische Schatten. Der Fall ist nicht ganz eindeutig. Der 
Spasmus ist nicht sehr stark, es müssen auch Veränderungen 
der Muskulatur bestehen. Die Blutprobe nach .Wasser- 
m aun ist positiv ausgefallen. Tetanus ist ausgeschlossen. 
Das ICind liegt immer in derselben Stellung und nimmt Nahrung 
gut zu sich. 

Von rachitischen Veränderungen erscheint zunächst ein 
Fall von infantiler Osteomalacie. Das sechsjährige Mädchen 
ist 191/2 kg schwer; jede Berührung ist schmerzhaft. Die Beine 
haben sich geworfen; ebenso die Arme. Es bestehen multiple 
Infraktionen und spontane Frakturen mit eigenartiger Kallus¬ 
bildung. Das Kind ist bis jetzt intern behandelt. Es soll lang¬ 
sam versucht werden, die Knochen zu strecken. Was bricht, 
bricht. Man kann wohl leidlich gerade Glieder erzielen. 

Die rachitische Skoliose wird mit dem Gipsbett behandelt. 
Das letztere wird nicht direkt dem Körper angelegt, sondern 
zuerst ein Positiv genommen, der Abguß des Rückens. Dann 
wird der Buckel redressiert. Auf der gesunden Seite ist dem¬ 
entsprechend Gips aufgetragen worden. Auf dieses Positiv 
wird das Gipsbett gepaßt; zuerst kommt eine Lage Filz, als¬ 
dann die einzelnen Lagen der Gipsbinden. Durch den Filz¬ 
einsatz kann man stärker als durch den Gips redressiereu, 
weil der Filz federt. Dazu kommt das Lange sehe Lagerungs¬ 
bett. Es übt einen Druck und Detorsion aus. Auf die Buckel 
kommt ein Kissen; ein Gurt wird sehr stark angezogen und be¬ 
festigt. 

Die Kinder liegen darin 1—2 Stunden täglich und fühlen 
sich sehr wohl, machen auch Schularbeiten, besonders gut ist 
das Verfahren bei Rachitis tarda. 

Bevor die Rachitis behandelt wird, wird sie gezeichnet mit 
einem Orthodiagraphen. Von den Skoliosen wird alle 2 bis 
4 Wochen ein neues Diagramm zur Kontrolle des Erfolges ge¬ 
nommen. Ganz schwere Fälle werden mit Gipskorsetts be¬ 
handelt, die direkt auf die Haut gelegt werden, ohne daß 
Polsterung — von einigen Knochenvorsprüngen abgesehen — 
benutzt wird. Das Verfahren hat den Vorzug, daß die Kranken 
keinen Dekubitus bekommen. 

Die Coxa vara wurde zuerst mit forciertem Redressement 
behandelt. Dabei wurden aber unangenehme Zufälle, Asphyxie 
vielleicht infolge von Fettembolie gesehen. Seitdem wird die 
Spreizbettbehandlung bevorzugt. Dazu kommen gymnastische 
Uebungen, Bewegungen und Massage. Das letzte ist ein Fall 
von rachitischer Verbiegung der unteren Extremitäten; sie 
wurden durch Osteotomie beseitigt. Heute ist der Verband 
geöffnet worden. Die Beine stehen in guter Stellung. Diese 
Stellung soll nun bleiben. Auch Plattfüße werden nach 
Lange mit Zelluloid-Plattfußeinlagen behandelt, die durch 
Drähte und Polster verstärkt sind. 

Das Arbeiten mit Prothesen. 

Herr Wierczjewski demonstriert zunächst eine Schiefhals¬ 
krawatte; es bestand tuberkulöse Caries des sechsten Hals¬ 
wirbels mit schweren Spasmen in den Beinen. Durch Gips¬ 
bett und Krawatte ist Pat. zu selbständigem Gehen gebracht 
worden. Die Krawatte entlastet die kranken Wirbel. Ferner 
stellt W. den, Gebrauch künstlicher Glieder allereinfachster 
Art, um z. B. zu essen, vor. Ein Schlitz ist da, in den ein 
Messer gesteckt wird. Pat. kann nun schneiden; ein Mädchen 
vermag mit einer Prothese zu stricken; bei einem andern fehlt 
fast der ganze Oberarm; er darf zwar den Arm nicht zu hoch 
heben, aber die Prothese ermöglicht ihm zu essen und Körbe 
zu flechten; ein anderer kann den Hammer in der Prothese 
befestigen und schlossern; feilen kann er ohne dieselbe. Ein 
exartikulierter Oberschenkel ist durch ein künstliches Bein 
einfachster Art ersetzt. Pat. hat einen kleinen Beckenkorb. 
Daran ist die ganze untere Extremität befestigt; er kann das 
Knie und den Fuß durch den eigenen Schwung heben. Dazu 
kommt nun ein nach hinten gelagertes Gelenk am Knie, 
welches größere Stabilität verleiht. Pat. beugt und streckt das 
Knie richtig. Es ist keine Feder daran. Einzig und allein 
durch das Gewicht und den Schwung wirkt der Apparat. Er 
kann ohne Stock und Krücke laufen. Mode. 




82. Versammlung 

Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom i8.—24. September 1910. 

Referent Herr L. Borchardt (Königsberg). 

Medizinische Hauptgruppe. 

3. Sitzung. 

Donnerstag, den 2 2. September 1910. 

Vorsitzender: R. Braun (Göttingen). 

(Fortsetzung.) 

Herr Gerber (Königsberg): Ueber das Sklerom, insbeson¬ 
dere in Ostpreußen, im Jahre 1910. 

Redner betont die Notwendigkeit, weite Kreise für die 
bisher so stiefmütterlich behandelte Krankheit zu interessieren, 
da sie eine ernste Gefahr für Deutschland bildet. Es handelt 
sich um eine chronische Infektionskrankheit der oberen Luft¬ 
wege, als deren Erreger der von Frisch entdeckte Kapsel¬ 
bacillus anzusehen ist. Wie Bürgers bestätigen konnte, ge¬ 
lingt es, im Serum Skleromkranker Antistoffe gegen den 
Kapsel bacillus’ nachzuweisen, wodurch in zweifelhaften Fällen 
die serologische Diagnose des Skleroms ermöglicht ist. Durch 
das Eindringen des. Kapselbacillus in die subglottische Schicht 
kommt es zur Bildung eines spezifischen Granulationsgewebes 
mit den charakteristischen sog. Mikulicz sehen Zellen. 
Pathologisch charakterisiert sich die Krankheit als infektiöses 
Granulom, klinisch als eine chronische Stenose der oberen 
Luftwege. Nur das erste, das Infiltrationsstadium, ist der 
Therapie zugängig, während das zweite Stadium bindegewebi¬ 
ger Schrumpfung für die Atmung und das Leben verhängnis¬ 
voll werden kann. Die klinischen Bilder, bestehend in knoti- 
schen Verdickungen und Narbenbildungen innerhalb des ge¬ 
samten Respirationstraktus, können sehr mannigfaltig sein. Die 
als charakteristisch geltende Verdickung der Nase fehlt in der 
Mehrzahl der Fälle. Die Krankheit tritt vorzugsweise im 
zweiten und dritten Lebensdezennium auf; sie gilt allgemein 
als ..Armeleutekrankheit“ und findet sich nicht ganz selten 
bei Geschwistern oder bei Eltern und Kindern. Die Diagnose 
ist auf rhinologische und laryngologische Untersuchungen an¬ 
gewiesen und damit hängt es zusammen, daß sie offenbar weit 
seltener gestellt wird als der Häufigkeit der Krankheit ent¬ 
spricht. Die Krankheit kommt sporadisch in der ganzen Welt 
vor. Deutschland wird von zwei Seiten von der Krankheit be¬ 
droht. Ein Herd ist an der schlesischen Grenze, wo die Krank¬ 
heit von Galizien her gegen Deutschland vorrückt. Der zweite 
ist von Gerber entdeckt und studiert worden; er befindet 
sich in Ostpreußen, in der Gegend von Marggrabowa und hängt 
mit einem ausgedehnten russisch-polnischen Herd zusammen. 
In Russisch-Polen wie in Galizien ist die Krankheit eine Volks¬ 
seuche. Behördliche Maßnahmen gegen das weitere Vor¬ 
dringen der Krankheit müssen dringend gefordert werden. 

Diskussion: 

Herr Streit (Königsberg) bestätigt die Bedeutung des 
Sklerombacillus für die Aetiologie des Skleroms. Auch er 
fordert dringend Prohibitivmaßregeln gegen die Weiteraus¬ 
breitung der Krankheit. 

Herr Stumpf (Königsberg): Die Behandlung der chroni¬ 
schen Tuberkulose des Kaninchens mit Alttuberkulin. 

Redner erzielte durch intravenöse Injektion von 1—2 mg 
Reinkultur vom Typus humanus beim Kaninchen chronische 
Tuberkulose. Die Tiere waren viele Wochen ohne äußerlich 
sichtbare Krankheitszeichen, Temperatur und Gewicht waren 
normal. Erst V-i —% Jahr nach erfolgter Injektion traten von 
der Lunge aus metastatische Herde auf. Es fanden sich Nieren¬ 
tuberkulose, Gelenkfungus mit kalten Abscessen, Iristuber¬ 
kulose, Wirbelkaries, Hoden- und Nebenhodentuberkulose. 
Darmtuberkulose und Tuberkulose der weiblichen Genitalien 
fehlte dagegen. In den Lungen waren dreierlei Veränderun¬ 
gen zu unterscheiden: herdförmige Knötchen, käsige Pneu¬ 
monien und Kavernenbildung. Der ganze Verlauf weist mit 
der Tuberkulose des Menschen sehr viel Aehnlichkeit auf. Zu 
Versuchen über Tuberkulose eignet sich diese Anordnung weit 
besser als die Meerschweinchentuberkulose. Sieben Wochen 
nach der Infektion wurde die Hälfte der Tiere mit steigenden 
Dosen Alttuberkulin behandelt. Es wurden in 24 Wochen 
950 111 g gegeben, in einer zweiten Reihe in 20 Wochen 500 mg. 
Nach keiner Richtung war aber ein Nutzen zu erkennen. Die 
behandelten Tiere erkrankten ebenso wie nichtbehandelten an 
tuberkulösen Metastasen; ebenso war histologisch keinerlei 
Unterschied festzustellen. Entgegen anderen Angaben kann 
daher der Beweis einer Heilkraft des Alttuberkulin im Tier¬ 
experiment nicht als erbracht gelten, da frühere Versuche von 
Koch und seinen Schülern nicht für beweiskräftig gehalten 
werden können. 

Diskussion: 

Herr Nourney (Mettmann): Die Unbeeinflußbarkeit der 
Kaninchentuberkulose durch das Tuberkulin ist auf zu große 
Dosen des Mittels zurückzuführen. N. behandelt seit 19 Jahren 
mit gutem Erfolg chronische Tuberkulose, um sie zu aktivieren, 



No. 46. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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mit kleinsten Dosen Tuberkulin in großen Abständen zwischen 
den einzelnen Injektionen. Besonders in frühester Jugend rege 
die Tuberkulinbehandlung Autoimmunisierungsvorgänge an, 
durch die die behandelten Individuen vor Schwindsucht be¬ 
wahrt werden. 

Herr Petruschky (Danzig) bestätigt die guten Wirkungen 
des Tuberkulins bei Kindern aiis tuberkulös veranlagten 
Familien. 

Abteilung für Kinderheilkunde. 

Berichterstatter: E. Moro (München). 

1. Sitzung. 

Sonnabend, 17. September 1910. 

Vorsitzender: Herr Falkenheim (Königsberg). 

Herr Längstem (Berlin): Die Rolle der Kohlehydrate hei 
der Ernährung des Säuglings. (Referatthema.) 

Es ist notwendig, die Rolle der Kohlehydrate bei der Er¬ 
nährung. des gesunden Säuglings scharf von der bei der Er¬ 
nährung des kranken zu trennen und die Bedeutung des 
Zuckers und Mehles in der Nahrung nur unter steter Berück¬ 
sichtigung der Korrelation zu diskutieren, in der sie zu ande¬ 
ren Bestandteilen der Nahrung stehen. Die Frage nach dem 
absoluten Kohlehydrat muß in den Vordergrund gestellt wer¬ 
den; nicht nur deswegen, weil wir einem Zuviel an Zucker in 
der Pathogenese der Ernährungsstörungen eine bedeutsame 
Rolle einräumen, sondern weil es — beim ernährungsgestörten 
Kinde wenigstens — sichergestellt ist, daß Kohlehydratmangel 
in der Nahrung das Leben bedroht. Für den Säugling ist 
Kohlehydratmangel kürzer zu ertragen als für den Erwachse¬ 
nen, denn der Säugling kann das Eiweiß nur in allerbeschränk¬ 
testem Umfange zur Kohlehydratbildung heranziehen. Für den 
absoluten Kohlehydratbedarf bei unnatürlicher Ernährung 
kann kein anderer Gesichtspunkt maßgebend sein, als der, dem 
Säugling in einem Volumen, das dem bei natürlicher Ernäh¬ 
rung gegebenen möglichst gleichkommt, soviel Nährwert zuzu¬ 
führen, wie es das Energiegesetz des Säuglings verlangt. Bei 
zweckmäßiger Dosierung ist auch der Milchzucker für die An¬ 
reicherung der Nahrung des gesunden Säuglings geeignet. 
Jedenfalls berechtigt der gegenwärtige Stand der Frage nicht 
dazu, plötzlich den Milchzucker aus der Ernährung des ge¬ 
sunden Säuglings zu verbannen. Die reine Maltose scheint, 
selbst wenn ihr Preis kein so hoher wäre, trotz theoretischer 
Voraussetzungen, kein ideales Kohlehydrat für die Säuglings¬ 
ernährung zu sein. Gleichviel, ob wir Milchzucker oder Rohr¬ 
zucker verwenden, empfiehlt es sich, den Nahrungsmischungen 
noch ein zweites Kohlehydrat in Form von Schleim oder Mehl 
hinzuzufügen. (Natürliche Mehle, nicht präparierte Kinder¬ 
mehle!) Voraussetzung dafür, daß die Kohlehydrate ihre Auf¬ 
gaben erfüllen, ist der normale Ablauf jener Vorgänge enzy¬ 
matischer, bakterieller und osmotischer Natur, die sich im 
Magen-Darmkanal abspielen. Als das auslösende Moment der 
Schädigung durch Kohlehydrate beschuldigt man in erster 
Linie die aus ihnen in Magen-Darmkanal durch bakterielle Zer¬ 
setzung entstehenden Fettsäuren. Auch die direkte Schädi¬ 
gung der Darmwand durch den Zucker wird verantwortlich 
gemacht. Indes ist die schädigende Wirkung des Zuckers nur 
in Verbindung mit anderen Nährstoffen sichergestellt. Schweren 
Schaden bringt eine Ueberernährung mit Zucker, gleichviel mit 
welchem, sowie eine langdauernde, ausschließliche Ernährung 
mit Mehl (Mehlnährschaden). 

In der Pathogenese des Mehlnährschadens spielt die Inani- 
tion, insbesondere der Mangel an Stickstoff und Salzen, eine 
bedeutende Rolle. Auch scheint sich dabei eine chemische 
Abartung d@s Organismus zu entwickeln, die mit einem Ver¬ 
lust der Immunität verbunden ist. 

Die größte Bedeutung besitzen die Kohlehydrate bei der 
Ernährungstherapie des Milchnährschadens; sie besteht darin, 
daß reichlichere Kohlehydratzufuhr die Seifenbildung im Darm 
verhindert und so den Organismus vor weiterem Erdalkali¬ 
verlust schützt. Einen besonders günstigen Einfluß hat dabei 
Malzextrakt, und zwar scheint die beste Kombination die von 
Mehl und malzhaltigen Präparaten zu sein. Der bedeutsame 
therapeutische Effekt der richtig dosierten Kohlehydratzufuhr 
beim ernährungsgestörten Kind wird durch das klinische Ver¬ 
halten klar demonstriert. Vollständiger Verlust der Kohle- 
hydraltoleranz ist mit der Dauer des Lebens unvereinbar. Die 
Bedeutung kurz dauernder Ernährung von Kohlehydraten bei 
Tetanie, die große Tauglichkeit dieses Nährstoffes bei Säug¬ 
lingen mit exsudativer Diathese und bei Rachitikern sind 
weitere Beispiele, wie segensreich die zweckmäßige Dosierung 
der Kohlehydrate auch in pathologischen Fällen ist. 

Diskussion: 

Herr L. F. Meyer (Berlin) bespricht die Beziehung der 
Kohlehydrate zum alimentären Fieber und zur Intoxikation 
und berichtet über Untersuchungen betreffend das Kohle¬ 
hydratminimum. 


Herr Ileubncr (Berlin) legt Gewicht auf den viel zu wenig 
beachteten Unterschied, ob man wirklich reinen oder den so 
häufig verunreinigten Milchzucker verabreicht. 

Herr Noeggerath (Berlin) weist auf seine Versuche über 
den Zuckergehalt des Blutes hin und wendet sich gegen die 
übertriebene Furcht vor ektogeu eingeführten Bakterien in der 
Nahrung. In speziell daraufhin gerichteten Untersuchungen 
am poliklinischen Material ergaben sich ganz enorme Zahlen 
von Bakterien, die in der Milch knapp vor dem Trinken fest¬ 
gestellt wurden, ohne daß dabei die Säuglinge erkennbaren 
Schaden litten. 

Herr Klotz (Straßburg) hält das alimentäre Fieber im 
wesentlichen für ein bakterielles, hervorgerufen durch Darm¬ 
bakterien, die durch kleinste Darmläsionen in die Blutbahn 
eindringen. 

Herr L. F. Meyer versucht die Anschauung zu widerlegen. 

Ferner sprachen die Herren: Rietschel (Dresden), Bahrdt 
(Berlin), Soltmaim (Leipzig), Längstem. 

Herr Bahrdt (Berlin): Zur Pathogenese der Verdauungs¬ 
und Ernährungsstörungen, mit besonderer Berücksichtigung 
der organischen Säuren. 

Ausgedehnte Untersuchungen über die pathogenetische 
Rolle der an den Zersetzungs- resp. Gärungsprozessen in der 
Nahrung und im Verdauungskanal entstehenden Säuren, ins¬ 
besondere niederen Fettsäuren. Zunächst wurde die Wirk¬ 
samkeitsgrenze der in Frage kommenden Fettsäuren im Tier¬ 
versuch testgestellt. Vergleichsweise ergab sich dann, daß die 
in verdorbener Milch enthaltenen Mengen viel geringer sind, 
als die wirksamen; hingegen nähert sich bei unzweckmäßiger 
Mischung und Dosierung der Nahrung die Menge organischer 
Säuren im Magen schon sehr den toxisch wirksamen 
Dosen. Im Dünndarm finden sich viel geringere Mengen als 
im Magen (Schutz durch PylorusverschlußV). Höchstwahr¬ 
scheinlich besteht ein ursächlicher Zusammenhang zwischen 
einer vermehrten Entstehung niederer organischer Säuren und 
vermehrter Peristaltik. Aber nicht so sehr die ektogen zu¬ 
geführten Fettsäuren, sondern jene, die bei der Stagnation im 
Magen entstehen, kommen dabei in Betracht. Die Unter¬ 
suchungen sprechen also gegen eine wesentliche Beteiligung 
der verdorbenen Milch an der Sommermorbidität, wohl aber 
stützen sie die Auffassung, daß Ueberfütterung und falsche Zu¬ 
sammensetzung der Nahrung durch vermehrte Bildung organi¬ 
scher, niederer Säuren im Magen zu der häufigsten Form der 
akuten Störungen, nämlich zur Dyspepsie, führen. 

Diskussion: 

Herr Heubner (Berlin) gibt seiner Befriedigung darüber 
Ausdruck, daß hier eine von ihm schon seit langem vertretene 
Anschauung ihre experimentelle Bestätigung findet. Herr 
Rietschel (Dresden) und Herr Moro (München) sprachen sich 
im Gegensätze zu Herrn Soltmann (Leipzig) gegen die ge¬ 
fürchteten Gefahren der ektogenen Infektion aus. Herr Moro 
(München) weist insbesondere darauf hin, daß die Milch fast 
stets in allgekochtem Zustande gereicht und daß eine zersetzte, 
ranzige Milch vom Säugling überhaupt nicht aufgenommen, 
sondern zurückgewiesen wird. 

Herr Erich Müller (Berlin-Rummelsburg): Lieber Er¬ 
nährung debiler Säuglinge mit molkenreduzierter Milch an der 
Hand von Stoffwechselversuchen. 

Bisher haben sich eigentlich nur die Milchderivate dauernd 
bewährt, denen eine Reduktion „des Salzanteiles der Molke " 
gemeinsam ist und die auf dem Boden dieser Salzarmut eine 
Anreicherung mit einem oder mehreren der anderen Milch- 
nährstoffe erfahren haben. Dazu gehören, vor allem die 
Keller sehe Malzsuppe, die sog. Fettmilrhen und schließlich 
die Eiweißmilch. Insbesondere bewährt hat sich die molken¬ 
reduzierte Milch bei Aufzucht debiler Säuglinge. Die Nahrung 
enthielt die vollen Werte der Kuhmilch an Fett und Zucker, 
dagegen nur V-, des Eiweißes und der Salze der Molke. Haupt¬ 
vorteil: Zwar langsames, aber solides und zuverlässiges Wachs¬ 
tum, Gefahrlosigkeit (z. B. gegenüber der salzreichen Butter¬ 
milch). Stoffwechselversuche zeigten, daß Salzangebot und 
Retention bei Verfütterung dieser salzarmen Nahrung für einen 
physiologischen Gewebsansatz nicht zü gering war. Auch das 
Bedenken, daß durch eine reichliche Ausscheidung von Fett¬ 
säuren eine den Körperbestand gefährdende Kalkentziehung 
stattfinden könne, hat sich als unbegründet erwiesen. 


2. Sitzung. 

. Sonnabend, den 17. September 1910, 
nachmittags. 

Vorsitzender: Herr R a u c h f üs s (Petersburg). 

Herr Schloss (Berlin): lieber Ernährungsversliehe mit 
künstlichem Milchscrum nach Friedenthal. 

Das „künstliche Muttermilchserum nach Frie'dentha 1‘" 
ist eine in ihrem Molkengehalt der Frauenmilch angenäherte 
Milch. Jüngere Säuglinge kommen bei dieser Nahrung nicht 
recht vorwärts; bei Kindern jenseits des 1. Vierteljahres, be¬ 
sonders bei solchen durch chronische Ernährungsstörungen 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 46. 


oder langdauernde lieberhatte Erkrankungen stark herunter¬ 
gekommenen, zeigten sich hingegen wiederholt glänzende Er- 
tolge. AuftaUenu war besonders eine günstige Wirkung auf 
die Haut; die Kinder blieben vor Hautanektionen dauernd be¬ 
wahrt, Furunkulosen wurden gut beeinflußt. Sch. bittet die 
mitgeteilten Ernährungsversuche nur als Vorversuche entgegen- 
zunehmen, hobt aber auf diesem Wege weiter zu kommen. 

Herr Aschenheim (Heidelberg): Ueber den Aschegehalt in 
den Gehirnen Spasmophiler. 

A. kommt auf Grund von Untersuchungen der Zentral¬ 
nervensysteme spasmophiler Kinder und parathyreopriver 
Hunde zu dem Schluß, daß bei der Spasmoplule resp. Tetanie 
im Zentralnervensystem eine Störung im Stoffwechsel der 
Alkalien und Erdaisalien vorliegt. Der Quotiem Alkalien: Erd¬ 
alkalien ist bei der Spasmophilie erhöht. Diese Erhöhung 
beruht meist auf einer Verminderung der Erdalkalien, kann 
aber auch durch eine Vermehrung der Alkalien (oder durch 
beides) hervorgerufen werden. 

Diskussion: 

Herr Grosser (Frankfurt) fragt an, ob bei der Bestimmung 
auf den Wassergehalt der Gehirne Rücksicht genommen wurde, 
was A s c h'e nnei m verneinte. 

Herr Langstein (Berlin): Die Einwirkung des Kampfers 
auf den Säugling. (Nach Versuchen von Dr. .Schmitz 
[MinneapolisJ.) 

Kampfer ist in therapeutischen und selbst in großen 
Gaben für den gesunden Säuglingsorganismus ungiftig. Er 
wird durch vollständige Paarung zu Kampfer-Glykuronsäure 
ziemlich rasch inaktiviert und entgiftet im Urin ausgeschiedeu 
und der normale Säugling hat jederzeit ausgiebige Mengen von 
Glykuronsäure zur vertugung. Bei schweren Ernährungs¬ 
störungen ist hingegen die Auscheidung der gepaarten Gly¬ 
kuronsäure verzögert. Diese Verzögerung könnte herbei¬ 
geführt sein durch eine verminderte rähigkeit, die Glykuron¬ 
säure zu bilden, oder diese zu paaren. Beim schwer er¬ 
nährungsgestörten Säugling ist demnach der unbeschränkte 
Gebrauch des Kampfers (und auch des Chlorais) zum minde¬ 
sten theoretisch als bedenklich zu bezeichnen. 

Diskussion: 

Herr Hochsinger (Wien) sah nach größeren Kampfergaben 
per os bei Säuglingen mit Cholera infantum Steigerung der Auf¬ 
regungszustände. 

Herr Freund (Breslau): Zur Kenntnis des Stoffwechsels 
beim Säuglingsekzem. 

Dieser zeigt nach einer Untersuchung von L. F. Meyer 
gewisse Abweichungen von der Norm, während er sich nach 
Bruck nicht vom btoffwechsel des gesunden Säuglings unter¬ 
scheidet. ln den Versuchen von F. zeigten bei einer im Liter 
115 g Mondamin, 30 g Butter, 10 g Nutrose, 40 g Milchzucker, 3 g 
Nacl enthaltenden Nahrung drei Ekzemkinder tägliche Zu¬ 
nahmen von 40—50 g unter starker Oedembildung, während 
diese bei vier von Erscheinungen der exsudativen Diathese 
freien Säuglingen nur unbedeutend schwankten. Alle Fälle 
hätten negative Gesamtaschebilanzen. Die Ekzemkinder zeig¬ 
ten (mit einer Ausnahme) erhebliche Chlorretention, durch¬ 
weg starke Natronretention, -während ein physiologisches Kou- 
trollkind negative Chlor- und nur ganz schwach positive Natron¬ 
bilanz hatte. Es erscheint also als eine Sondereigenschaft der 
Ekzemkinder, bei der angewendeten Versuchsanordnung in¬ 
großen Mengen Wasser zurückzuhalten. 

Diskussion: 

Herr L. F. Meyer (Berlin), Herr Freund. 

Herr Abelmann (St. Petersburg): Die Bestimmung des 
Fcrmentgehaltes der Stühle und des Antifermentgehaltes des 
Blutes hei verschiedenen Erkrankungen des kindlichen Alters. 

A. fand bei Dünndarmprozessen eine starke Steigerung 
der tryptischen Kraft der Fäces, bei Dickdarmprozessen hin¬ 
gegen eine beträchtliche Verminderung. Besonders auffallend 
war eine Verminderung in Fällen von Peritonitis tuberculosa. 
Oft war liier überhaupt kein Ferment nachweisbar. Damit 
steht wohl die bereits erwiesene, schwache Verdauungskraft 
des Pankreas bei solchen Kranken im Zusammenhang. Die 
Lipase, im Mekonium noch nicht vorhanden, wird schon in den 
ersten Tagen nachweisbar, bei Darmerkrankungen'und Perito¬ 
nitis tuberculosa verschwindet sie aus dem Stuhl. Diastase 
konnte schon im Mekonium gefunden werden. Der Koeffizient 
des Antitrypsingehaltes, in normalen Fällen eine ziemlich kon¬ 
stante Größe, steigt im Verlaufe von Typhen in sehr auffälliger 
Weise an. 

Herr Rietschcl (Dresden): Ueber Klinik, Therapie und 
Prophylaxe des Sommerbrechdurchfalles. 

Die entscheidende Rolle spielt die hohe Wohnungstempe- 
ratur, die ohne Verderbnis der Nahrung auf das Kind ein¬ 
wirkt und zwar entweder als echter Hitzschlag, als allmähliche, 
mit Choleraanfällen kombinierte, Hyperthermie oder als direkte 
Schädigung des Körpers, besonders des Verdauungsapparates. 
R. unterscheidet drei klinische Bilder: 1. Die rein hyper- 
thermisch-konvulsivische 1 Form (echter Hitzschlag gesunder 
und kranker Kinder), 2. die hyperthermisc-h-diarrhoisch-kon- 
vulsivische Form (Cholera infantum gesunder und kranker 


Kinder), 3. die rein diarrhoisehe Form, sog. Sommerdiarrhöe. 
Die 1. Form kann ohne Erbrechen und onne jeden Durchfall 
verlaufen, wird hierzulande kaum beobachtet, indes steht dieses 
Kranktteiisbild nach den Angaben der älteren Literatur fest. 
Der weitaus größte Teil der Todesfälle gehört in die dritte 
Gruppe und uetriht wohl ausschließlich ernährungsgestörte 
Kinaer. 

Die Therapie muß dieser klinischen Auffassung gerecht 
werden. Für die beiden ersten Formen stellt daher die Her¬ 
absetzung der Körperwärme, die Zufuhr von Flüssigkeit und 
die Beleoung der lierzkraft die notwendigsten Maßregeln dar. 
Die relativ geringe Toleranzstörung dieser Kinder nach der 
Entfieberung ist oit erstaunlich. Zufuhr von Flüssigkeit wird 
am besten mit Kochsalz gegeben. Glänzende Enolge mit 
Karottensuppe. Bei der armen Form besteht hingegen die 
Kunst des Arztes wesentlich darin, die Toleranz aes Kindes 
gegen Nahrungsschädigung richtig zu treffen und sowohl das 
■ouwenig als aas Zuviel zu vermeiden. Selbstverständlich 
kommen alle Uebergänge zwischen 2 und 3 vor. 

Prophylaktisch ist das wichtigste die Verhinderung der 
hohen Wohnungstemperatur. Daneben Aufklärung aller Be¬ 
rufsstände Uber die Gefahren der Hitze für das Kind, Errich¬ 
tung von freistehenden Krippen. Die Hygiene der Milch ist 
selbstverständlich dabei nient außer acht zu lassen, allerdings 
stellt die hohe Einsenätzung der Kindermilch mit (ihren 
enormen Preisen eine U eberspamiiiiig eines an sich richtigen 
Prinzips dar. Die MUchküchen sind nicht geeignet, eine wirk¬ 
same Wälle gegen die Säuglingssterblichkeit darzustellen. 

Diskussion: 

Herr Hochsinger (Wien) betont, wie gefährlich in der 
Sommerhitze selbsx kleinste Diätfehler (ein kleines Stückchen 
Obst oder Wurst) werden können. 

Herr Moro (München) bezeichnet die Aufstellung der drei 
klinischen Formen des Sommerbrechdurchfalls nach R. als 
nicht glücklich. Ein Krankheitsbild, wie der reine Hitzschlag, 
das weder mit Erbrechen noch mit Durchfall einhergeht, kann 
unmöglich dem semiotischen Begriif des Sommerbrechdurch¬ 
falles untergeordnet werden. Besser wäre der Hitzschlag in 
den Gruppen der Nervenkrankheiten, Krämpfe oder Konsti- 
tutionsanomalien unterzubringen. Die Hitze wirkt wahr¬ 
scheinlich direkt oder indirekt auf den Verdauungsapparat 
selbst ein und man braucht in der Anamnese gar nicht nach 
einem kleinen Diätfehler zu fahnden. 

Herr Heubner (Berlin) hat die erste Form bei Säuglingen 
niemals, gesehen und meint ebenfalls, daß sie sich nicht gut 
m den Räumen des Sommerbrechdurcniälles einfügen läßt. Die 
Hauptsache in der Pathogenese der Ernährungsstörungen liegt 
in einem Mißverhältnis zwischen Nährstottzufuhr und Ver- 
dauuiigskraft, wie dies unlängst auch Pfaundler ausein¬ 
andergesetzt hat. Die Verdauungskraft wird aber durch die 
Hitze zweifellos in hohem Grade herabgesetzt. Deshalb läßt 
Fl e u b n e r in seiner Klinik air heißen Tagen nur Vs der Nah¬ 
rung geben, wobei dann die gefürchteten Gewichtsstürze aus- 
zubieioen pflegen. 

Herr Tugendreich (Berlin) erinnert sich einer Literatur¬ 
angabe, wonach 'selbst die Frauenmilch im Sommer dünner 
fließen soll. 

Herr Rietschel gibt im Schlußwort Heubner und Moro 
recht. 

3. Sitzung. 

Sonntag, den 18. September 1910. 

Vorsitzender: Herr Heubner (Berlin). 

Herr Risel (Leipzig): Der therapeutische Wert der Heil- 
'sera. (Referatthema.) 

Die Serumtherapie ist seit ihrem Erfolge b8i Diphtherie 
auf fast sämtliche bei uns endemischen bakteriellen Infek¬ 
tionen des Menschen und der Tiere übertragen worden. Den 
antitoxischen Seris gegen Diphtherie, Tetanus und Schlangen¬ 
biß stehen die antiinfektiösen Sera gegenüber. Der Einfluß 
der ersteren Sera zeigt sich in einer Milderung der Intoxika¬ 
tionssymptome, sowie in der Herabsetzung der Pulsfrequenz 
und des Fiebers. Abheilung bestehender Krankheitsprozesse 
wird weniger erzielt als ein Weitergreifen der Erkrankung ver¬ 
hindert. Machtlos ist die Serumtherapie gegen Affektioneii. 
die schon vor ihrer Einleitung als Komplikation hinzugetreten 
waren oder die bedingt sind durch bereits gesetzte irreparable 
Organerkrankungen, daher steigt der Wert der Serumtherapie, 
je früher sie angewandt wird. Durch die prophylaktische Be¬ 
nutzung sind in Krankenhäusern die früher so gefürchteten 
Diphtherieepidemien unbekannt geworden; und ebenso läßt 
sich durch Serum mit großer Sicherheit der Ausbruch eines 
Tetanus bei Verletzten verhüten. 

Die Erfahrungen mit den antiinfektiösen Seris sind wider¬ 
sprechend. Hier sind so viel theoretische Fragen noch un¬ 
geklärt, daß zusammen mit dem wechselnden klinischen Bild 
(der Pneumonie, des Erysipels, der Tuberkulose) sich 
Schwierigkeiten bei der Beurteilung des therapeutischen 
Effektes ergeben müssen. 





No. 46. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


699 


Um den Heilwert auszunutzen, soll man gegen Diphtherie 
nicht nur 3—5000 I.-E. injizieren, sondern gegebenen Falles 
auf das 10 fache steigen. Wegen der günstigeren Resorption 
soll die subkutane Methode durch die intramuskuläre ersetzt 
werden, wo Lebensgefahr besteht durch die intravenöse, bei 
Tetanus und Cerebrospinalmeningitis durch die subdurale. 

Statistische Belege für die ausgezeichnete Wirkung des 
Diphtherieheilserums an der Hand zahlreicher Tabellen. Sta¬ 
tistische Zusammenstellung über den Wirkungswert der übrigen 
Sera. 

Diskussion: 

Herr Theodor (Königsberg) betont die günstige Beein¬ 
flussung von Nephritis und Lähmungen, wenn man am ersten 
Tage einspritzt. 

Herr Noeggcrath (Berlin) vermißt im Vortrag die Behand¬ 
lung der postdiphtherischen Lähmungen mit übergroßen Serum¬ 
mengen und wünscht die intramuskuläre und intravenöse In¬ 
jektion nicht nur erwähnt, sondern unterstrichen erwähnt. Wir 
sollen überhaupt nur intramuskulär injizieren. Desgleichen 
blieben die einfache Serumwirkung und die Versuche über die 
Verhütung der sofortigen Reaktion durch Vorinjektion mini¬ 
maler Mengen unberücksichtigt. 

Herr Hochsingcr (Wien) warnt vor den Gefahren der 
Serumkrankheit, besonders bei Anwendung großer Mengen, 
wie bei Scharlach. 

Herr E. Müller (Berlin-Rummelsburg) empfiehlt bei Säug¬ 
lingen die Injektion in die Schädelvene vorzunehmen. 

Herr Grosser (Frankfurt a. M.): Epithelkörperchenunter¬ 
suchungen bei Kindern. 

Auf Grund eines Materials von 13 Tetanien und 31 anderen 
Fällen wendet sich G. gegen die Anschauung, daß bei jeder 
Tetania infantum Blutungen in den Epithelkörperchen gefunden 
werden. Bemerkenswert ist, daß bei drei Fällen von plötz¬ 
lichem Tod völlige Zerstörung der E.-K. als einziger Sektions¬ 
befund erhoben wurde. Es ist deshalb zu verlangen, daß bei 
gerichtlichen Sektionen von plötzlichen Todesfällen die E.-K. 
histologisch untersucht werden. 

Diskussion: 

Herr Freund (Breslau) trägt Bedenken, ob nicht gerade 
die drei Fälle mit ausgedehnten E.-K.-Blutungen und plötz¬ 
lichem Tod zur Tetanie zuzurechnen waren. 

Herr Klotz (Straßburg): Ueber Mehlabhau. 

Die Anschauung, daß die Mehlwirkung als Zuckerwirkung 
zu erklären sei, kann nicht befriedigen. Die Beziehungen der 
Gärungssäuren zum Stoffwechsel weisen vielmehr darauf hin, 
den Mehlabbau unter diesem Gesichtspunkte zu studieren. 

K." bediente sich der Rosenfeld sehen Versuchsanord¬ 
nungen am Phloridzinhungerhund und fand, daß die einzelnen 
Mehle sich sehr verschieden verhalten. Weizenmehl wurde 
als Zucker, Hafermehl dagegen als Kohlehydratsäure resorbiert. 
Ersteres geht den „transglykogenen“, letztere beiden hingegen 
den „aglykogeuen“ Weg Rosenfelds. Das Problem der 
paradoxen Wirkung des Hafers beim Diabetiker ist damit ge¬ 
löst. Hafermehl wird, wie K. unabhängig von S. Lang ge¬ 
funden hat, etwas schneller diastasiert und bildet größere 
Maltosemengen als Weizenmehl. Es stellt infolgedessen 
ein qualitativ u-nd quantitativ besseres Nährsubstrat für die 
Darmflora dar, als das Weizenmehl. Diese Annahme ist expe¬ 
rimentell leicht nachzuprüfen. Werden dextroseäquivalente 
Mengen von Weizen- und Hafermehl diastasiert und bakteriell 
vergärt, dann tritt beim Hafer eine weit intensivere Säure¬ 
bildung auf als beim Weizen. 

Diskussion: 

Herr Bahrdt (Berlin) frägt nach dem Anteil, den die 
Darmbakterien beim Mehlabbau nehmen und ob Unterschiede 
dabei vorliegen. 

Herr Klotz spricht ihnen die ausschlaggebende Rolle zu. 

4. Sitzung. 

Montag, den 19. September 1910. 

Vorsitzender: Herr Langstein (Berlin). 

Herr Zappert (Wien): Ueber Heine-Medinsche Krankheit. 
(Referatthema.) 

Die Heine-Medin sehe Krankheit ist eine aus¬ 
gesprochene Infektionskrankheit, bei welcher ein Inkubations- 
Prodromal- und Floritionsstadium zu unterscheiden ist. Die 
Inkubation dürfte zirka eine Woche dauern, die zirka drei- bis 
fünftägigen Prodromalsymptome können den Charakter einer 
Influenza, Angina, Enteritis, Koryza, Meningitis, selbst Skarla- 
tina annehmen. Bei abortiven Fällen (W i c k m a n n) kommt 
es zu keinen weiteren Krankheitserscheinungen. Das Flori¬ 
tionsstadium zeichnet sich zumeist durch heftige Schmerzen, 
Schweißausbrüche, spinale oder cerebrale Symptome aus. Die 
anfänglichen spinalen Lähmungen umfassen nicht nur die Ex¬ 
tremitäten (Beine häufiger als Arme), sondern sehr oft Nacken-, 
Rücken-, Thorax-, Bauchmuskeln. Lähmungen der Stamm¬ 
muskeln können auch isoliert auftreten und isoliert bestehen 
bleiben. Die Sehnenreflexe sind an den minder betroffenen 


Partien oft gesteigert. Cerebrale Symptome treten nicht selten 
ohne spinale auf (in 10,68 pCt. unter 543 Fällen des Vortragen¬ 
den). Dieselben sind entweder rein meningitisch oder pontin, 
bulbär, encephaltiscli (Halbseitenlähmung). 

Eine spontane. Facialislähmung (Nuklearlähmung) ist nicht 
selten. Die Kombination verschiedenartiger und verschieden 
starker Hirnsymptome läßt mannigfaltige Krankheitsbilder ent¬ 
stehen, die bisher ätiologisch unklar waren. Die Mortalität 
war in Wien und Niederösterreich 10,45 pCt. Todesursachen: 
aufsteigende L a n d r y sehe Paralyse, Meningitis, Vaguslähmun¬ 
gun. Knaben erkranken und sterben häufiger. Epidemiolo¬ 
gisch stützt Vortragender seine Erfahrungen auf 543 Fälle aus 
den Epidemien 1908 und 1909 in Wien und Niederösterreich. 
Rapider Anstieg im September, Oktober, dazwischen aber kein 
völliges Schwinden. Herdweises Auftreten, Verschontbleiben 
der 1908 stärkst befallenen Provinzteile im folgenden Jahr und 
umgekehrt. Kontagiosität sehr gering, Uebertragung durch 
gesunde Zwischenträger nach Meinung Wiek m a n n s, 
Müllers möglich. Wahrscheinlich bei uns seit langem 
endemische Krankheit mit gelegentlichen Steigerungen. Virus 
unbekannt („invisibles Virus“ wie bei Lyssa), doch Erzeugung 
der verschiedenartigen Krankheitsformen beim Affen möglich 
(Landsteiner u. a.). Wahrscheinlich Erzeugung einer 
passiven Immunität. Anatomisch: Infiltrative disseminierte 
Entzündung der grauen Substanz des Rückenmarkes, des Bul¬ 
bus, Hirnstammes, weniger der Großhirnrinde mit starker Be¬ 
teiligung der Meningen und der Gefäße. Anerkennung der 
großen Verdienste Wiekmanns, dessen vorgeschlagener 
Name Heine-Medin sehe Krankheit zu akzeptieren ist. 

Diskussion: , i 

Herr Wickmann (Stockholm), verlesen durch Herrn Klotz 
(Straßburg), gibt seiner Genugtuung darüber Ausdruck, daß 
die Ergebnisse seiner Untersuchungen fast in allen Punkten 
bestätigt und akzeptiert wurden. Wenn Z. die ataktischen 
Symptome im allgemeinen auf bulbäre ' resp. cerebrale oder 
cerebellare Veränderungen zurückführt, so ist dagegen einzu¬ 
wenden, daß es Fälle gibt, wo keine Zeichen eine solchen Affek¬ 
tion bestehen und bei denen die Entscheidung über den Sitz 
der pathologischen Prozesse unmöglich ist. Es ist deshalb 
wenig zweckmäßig, die ataktische Form einfach der pontinen 
anzugliedern. Z. will auch die polyneuritische Form nicht 
ohne weiteres gelten lassen, weil sie anatomisch nicht erwiesen 
wiesen ist und die Symptome zwanglos als von zentralen 
Störungen bedingt angesehen werden können. Es ist aber not¬ 
wendig, die praktischen Aerzte darüber aufzuklären, daß es 
eben Formen der H e i n e-M e di n sehen Krankheit gibt, die 
klinisch mit der sog. akuten idiopathischen, infektiösen Neuritis 
vollkommen übereinstimmen. Das wird am besten und sicher¬ 
sten durch Aufstellung einer markanten Bezeichnung für dieses 
Krankheitsbild erreicht. Daß endlich die Bezeichnung einer 
Krankheitsform nach Autorennamen nicht, wie von manchen 
Seiten eingewendet wird, Schwierigkeiten mit sich bringen 
muß, beweist am besten der Name: Morbus Basedow, der viel 
besser ist als etwa Struma exophthalmica, seitdem man die 
Formes frustes kennen gelernt hat, in denen weder Struma 
noch Exophthalmus besteht. 

Herr Pciper (Greifswald) betont die geringe Kontagiosität. 

Herr Selter (Solingen) erwähnt, daß in den Rheinlanden 
diejenigen Ortschaften, wo vor Jahren Mening. cerebr. spin. 
herrschte, von der letzten Poliomyelitisepidemie verschont 
blieben. 

Herr Leiner und Herr v. Wiesner (Wien): Experimentelle 
Untersuchungen über Poliomyelitis acuta. 

Als sicheres Versuchstier hat sich nur der Affe bewährt. 
Mit geeigneter Impfmethode läßt sich die Erkrankung von Tier 
zu Tier übertragen und durch beliebig viele Generationen fort¬ 
führen. Eine Abschwächung des Virus trat bisher nicht ein. 
Das Poliomyelitisvirus weist eine große Aehnlichkeit mit dem 
Lyssavirus auf; eine Reihe wichtiger Eigenschaften desselben 
sind bereits bekannt, das Virus selbst ist noch unbekannt. Es 
ist filtrierbar, äußerst resistent gegen Kälte- und Glyzerin¬ 
einwirkung, wenig resistent gegen Erwärmen und Austrocknen 
in dünner Schicht. Die experimentell erzeugte Poliomyelitis 
ist ebenso wie die Poliomyelitis des Menschen durch das Auf¬ 
treten von schlaffen Lähmungen und Fehlen der Reflexe 
charakterisiert. Die Erkrankung kann auf eine Extremität be¬ 
schränkt bleiben oder auf mehrere Extremitäten übergehen 
öder den Typus der L a n d r y sehen Paralyse änuehmen und 
mit Lähmung der Blasen- und Mastdarmmuskulatur, der Kehl¬ 
kopf- und Atmungsmuskeln oder mit isolierten Kernlähmungen 
(Fascialislähmung) kombiniert sein. In einzelnen Fällen kam 
es nicht zur Ausbildung des typischen Krankheitsbildes, son¬ 
dern die Tiere gingen unter Marasmus, lähmungsartiger 
Schwäche der Extremitäten und Diarrhöen ein. Diese sog. 
marantische Form kann bei der Weiterimpfung wieder in das 
typische Krankheitsbild übergeführt werden. 

Die Infektion des Tieres ist von jeder tieferen Gewebs¬ 
verletzung aus möglich, sie kann aber auch ohne besondere 
Gewebsverletzung von der Schleimhaut aus erfolgen. Hierfür 
spricht der positive Ausfall der Fütterungs- und Inhalations- 


700 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 46. 


versuche. Zwischen Viruseintritt und Einsetzen der Lähmun¬ 
gen scheint ein gesetzmäßiger Zusammenhang zu bestehen. 
Bei Impfung in den Respirationstrakt beginnt die Lähmung an 
der vorderen Körperhälfte, bei Impfung in den Digestionstrakt 
an der hinteren Körperhälfte. Das Virus wandert von der 
Impfstelle ziemlich rasch zum Rückenmark; mit dem Rücken¬ 
mark eines am 5. Inkubationstag getöteten Tieres gelingt schon ; 
die Weiterimpfung. Die Wanderung des Virus erfolgt wahr¬ 
scheinlich längs der Nerven resp. der die Nerven begleitenden 
Lymphgefäße. Vom Rückenmark wird das Virus in die dem 
Rückenmarkskanal zunächst gelegenen Drüsen und was für die ! 
Frage der Kontaktübertragung von besonderer Bedeutung ist. 
auch in die Schleimhaut des Nasenrachenraumes ausgeschieden. 
In den Speicheldrüsen, im Stuhl und Harn läßt sich das Virus 
nicht nachweisen. Das Ueberstehen der Erkrankung führt 
fast ausnahmsweise zum Auftreten von Immunität; dieselbe 
läßt sich durch den negativen Ausfall von Reinfektionen be¬ 
reits gelähmter Tiere und durch das Vorhandensein von viru- 
ziden Stoffen im Blutserum nachweisen. Diese Befunde bilden 
den Ausgangspunkt zum Studium der wichtigen Frage der 
Serum- und Vaccintherapie, deren Lösung noch nicht ge¬ 
glückt ist. 

Herr Falkenheim (Königsberg): lieber partiellen Riesen¬ 
wuchs. (Demonstration.) 

11-: jähriges Kind mit enormen Riesenwuchs beider Füße. 

Herr v. Pirquet (Breslau): Schematische Darstellung der 
Säuglingsernährung zu Unterrichtszwecken. 

Auf Grundlage der Arbeiten von Camerer. Heubne r, 
Czerny und F’inkelstein wurden Minimum, Optimum 
und Maximum der Nahrungsmenge in Kurven eingezeichnet, 
der Einfluß der Nahrungsmenge auf das Körpergewicht er¬ 
örtert und die Ernähnuigsbreite demonstriert. Diese bewegt 
sich zwischen der Erhaltungsdiät und der Toleranzgrenze. 
Durch Ueberschreiten dieser Grenze (Ueberernährung) erfolgt 
ein Abfallen derselben, ebenso durch Hitze oder allgemeine 
Erkrankungen. Das Brustkind vermeidet gewöhnlich instink¬ 
tiv durch Appetitlosigkeit ein Ueberschreiten der Toleranz¬ 
grenze, nicht so der unnatürlich genährte Säugling. Ist ein 
Abfall der Toleranzgrenze eingetreten, so müssen wir die 
Nahrungsmenge herabsetzen, oder zu einer Nahrung mit höherer 
Toleranzgrenze übergehen. 

In ähnlicher Weise ist das Verhalten des neugeborenen 
Kindes aufzufassen. (Fortsetzung folgt.) 

III. Therapeutische Notizen. 

San.-Rat Dr. Hermann Fischer (Stettin) empfiehlt neuer¬ 
dings (Deutsche med. Wochenschr., 1910, No. 38) das Alypin 
für die Zwecke der Lokalanästhesie in der kleinen Chirurgie 
und der Rhino-Laryngologie. Was die Dosierung anlangt, so 
benutzt er zur Injektion eine wässerige 1 2 proz. Alypinlösung 
mit Zusatz von zwei Tropfen einer 1 prom. Suprareuin¬ 
lösung bei allen Exstirpationen geschlossener Tumoren (Athe¬ 
rome, Fibrome, Lipome, Cysten, Hygrome, Ganglien, Lym¬ 
phome), bei Lupusherden, Cancroideu, Venenligatur resp. Ex¬ 
zision der Variceu, Radikaloperation der Hydrocele nach 
v. Volk m a n n , Urethrotomia externa, Exzision der Chalazia 
bei Fremdkörperexzisionen (Nadeln, Kugeln, Holzsplitter etc.), 
Sehnennähten sowie bei nach Oberst auszuführenden Ampu¬ 
tationen, Exartikulationen an den Fingern und Zehen, bei 
Panaritien, Exzisionen des Unguis incarnatus und Phimosen¬ 
operationen. Bei entzündeten Geweben nimmt F. zur An¬ 
ästhesie eine 1 proz. wässerige Alypinlösung, der drei Tropfen 
einer 1 proz. Suprareninlösung zugesetzt sind; hier empfiehlt 
es sich, die Lösung blutwarm zu injizieren. Hierher gehören 
Karbunkel, Furunkel, Abscesse und Phlegmonen aller Art. 
Zum Zahnziehen und allen Operationen an den Zähnen und 
am Kiefer ist Alypin in 1—2 proz. Lösung mit 2—3 Tropfen 
Suprareninzusatz, frisch bereitet und blutwarm injiziert, bei 
richtigem Abwarten ein Anästheticum par excellence, ohne 
Nachschmerz, ohne Nachblutung, ohne toxische Erscheinungen. 
Eine 10 proz. Alypinsalbe wirkt schmerzstillend bei Hautulce- 
rationen aller Art; bei Brandwunden, Brustwarzenschrunden 
empfiehlt F. eine Pinselung resp. Spray mit einer 5 proz. 
Alypinlösung. Bei den Krankheiten der Nase, des Rachens und 
des Kehlkopfes, wo die meisten chirurgischen Eingriffe ohne 
Narkose ausgeführt werden, findet Alypin meist Anwendung 
in Form der Oberflächen- oder Schleimhautanästhesie. Auch 
bei großen submucösen F’ensterresektionen des Septums hat 
F. nur wenige Male von der Infiltrationsanästhesie Gebrauch 
gemacht. Zur Schlennhautanästhesie benutzt Verfasser den 
Spray oder Einpinselungen oder Einlegen von imprägnierten 
Watte- oder Gazewickeln. Alypinlösung läßt die Gebilde un¬ 
verändert, die anfänglich eintretende geringe Hyperämie ver¬ 
schwindet nach Eintritt der vollständigen Analgesie, also nach 
etwa 5—10 Minuten, wieder. In der Nase und im Rachen ver¬ 
wendet F. meist 5—10 proz. Alypinlösungen. Ist es vorteil¬ 
haft, gleichzeitig eine Ischämie hervorzurufen, so setzt man 
3—5 Tropfen 1 prom. Suprareninlösung hinzu. Bei Eingriffen 


im Kehlkopf verwendet F. 10 proz. Lösung als Spray, Ein¬ 
spritzung mit der Kehlkopfspritze oder Pinselung. Die An¬ 
ästhesie hält etw r a sechs Minuten an und gestattet ein nihiges 
Operieren mit Curette, Schlinge, Schneidezange, Galvanokauter 
etc. Die Ungiftigkeit des Mittels gestattet seine Verwendung 
in größerer Menge. Auch bei Eingriffen im äußeren Gehörgang 
und der Paracentese des Trommelfells hat sich die 10 proz. 
Alypinlösung als Analgeticum bewährt. R. L. 


IV. Mcherschau. 

Fürsorgewesen. Acht Vorträge. Sonderabdruck aus dem 
Bayer. Aerztl. Corresp.-Blatt. München 1910. Verlag Otto 
Grnelin. Preis 3 M. 

Das Fürsorgewesen gehört zu den aktuellsten Fragen 
unserer sozialen Bestrebungen und diesbezügliche Erörterungen 
begegnen allgemeinem Interesse. So werden auch die vor¬ 
liegenden Vorträge vielen willkommen sein. Soviel lief, be¬ 
kannt ist, sind diese Vorlesungen zuerst auf Veranlassung des 
ärztlichen Bezirksvereins München im Beginn dieses Jahres 
gehalten worden. Das Buch umfaßt folgende Themen: 1. Für¬ 
sorge für das frühe Kindesalter von Hofrat Joseph M e i e r. 
2. Fürsorge im schulpflichtigen Alter von Dr. Eugen Dorn¬ 
berger. 3. Fürsorge für die schulpflichtige Jugend von 
Gymnasiallehrer Dr. M. Vogt. 4. Fürsorge für die schul¬ 
entlassene Jugend von Prof. Dr. v. Grube r. 5. Fürsorge für 
die minderwertig kriminell veranlagte Jugend von A. T u r - 
1 11 r. 6. Fürsorge gegen Krankheiten von Prof. Dr. 
H. Ker schensteine r. 7. Fürsorge für den Kranken von 
Hofrat Dr. Freudenberger. 8. Ueber sexuelle Fürsorge 
von Prof. Dr. K. K 0 p p. 

Wir erhalten sich Herzkranke leistungsfähig? Anhang: Kurze 
Uebersicht der häufigsten Erkrankungen des Herzens. Von 
Dr. Ed. Silbermann (Berlin, Bad Kudowa i. Schl.). Verlag 
Oscar Coblentz, Berlin W. 30. Preis 1 M. 

Eine nette, volkstümlich geschriebene Broschüre, die der 
Arzt unbedenklich seinen Herzkranken in die Hand geben 
kann. 

Praktische Winke zur Ernährung und Pflege der Kinder in ge¬ 
sunden und kranken Tagen. Ein Nachschlagebuch für 
Mütter von Dr. F. Theodor (Königsberg i. Pr.). Vierte ver¬ 
mehrte, verbesserte und durch eine Reihe von Vorträgen 
ergänzte Auflage. Königsberg i. Pr. 1909, Verlag von 
Bons Buchhandlung. Preis 3 M. 

Das Buch ist der Kaiserin von Rußland „mit allerhöchster 
Genehmigung in tiefster Ehrfurcht gewidmet“ und zu „Höchst¬ 
eigenem Gebrauch“ von Ihrer Majestät verwendet worden. Da 
das Buch nach neun Jahren bereits in vierter Auflage er¬ 
scheint, so dürfte es sich gut eingeführt und den Beifall der 
interessierten Kreise gefunden haben. Ein für ' ein Nach¬ 
schlagebuch eigentlich unentbehrliches alphabetisches Inhalts¬ 
verzeichnis fehlt. 

Die Aerztin iin Hause. Von Dr. med. Jenny. Springer, prakt. 
Aerztin in Berlin, in Deutschland approbiert. Gegen 
1200 Textseiten mit 900 Original-Textillustrationen und 
56 bunten Tafeln und Kunstbeilagen. Preis in Prachtband 
kompl. ’geb. 17 M. Verlag Dresdner Verlagshandlung 
M. O. Gr oh, Dresden-N. 11. 
in weiten Volksschichten nimmt das Verlangen nach Auf¬ 
klärung und Belehrung in medizinisch-hygienischen Dingen 
immer mehr zu. Diesem Streben trägt das vorliegenden Buch 
in weitestem Maße Rechnung, indem der umfangreiche Stoff 
zu einer guten, populär -medizinischen Darstellung ver¬ 
arbeitet ist. Das Werk hält sich von jeder Art des Kur¬ 
pfuschertums fern, betont im Gegenteil immer w'ieder die Not¬ 
wendigkeit der Inanspruchnahme des Arztes. Es will den Arzt 
keineswegs ersetzen oder den Laien zur kritiklosen Selbsthilfe 
verleiten. Es soll vielmehr zur verständnisvollen Mitarbeit an 
der Tätigkeit des Arztes anleiten. Demgemäß sind thera¬ 
peutische Maßnahmen bei den einzelnen Krankheiten nur kurz 
besprochen, dafür ist der Hygiene dankenswerterweise ein 
weiter Raum gewährt. So scheint uns gerade in dieser Be¬ 
ziehung das Kapitel „Das Weib“ recht gelungen; während der 
Abschnitt „Das Kind“, modernen Anschauungen nicht ganz 
entspricht. Recht lehrreich ist die Abhandlung „Unsere Er¬ 
nährung“, in der die tierischen und pflanzlichen Nahrungsmittel, 
auch nach ihrem Nährwert betrachtet, zusammengestellt sind. 
Die Kollegen seien auf das populär-medizinische Werk auf¬ 
merksam gemacht. 

Sorgen und Fragen in der Kinderpflege. Von Dr. med. Eugen 
Neter (Mannheim). München 1910, Verlag der ärztlichen 
Rundschau. Preis 1 M. 

Verschiedentlich konnten wir in dieser Zeitschrift N et e >- 
sehe Schriften besprechen und die besondere Begabung des 



No. 46. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


701 


Verfassers für populäre Darstellung medizinisch-pädagogischer 
Fragen rühmend hervorheben. Das Gleiche gilt auch für die 
vorliegende Broschüre, die in kleinen Aufsätzen einige 
Fragen ergänzt und erläutert, die in früheren Arbeiten nur 
kurz berührt sind. Wir wünschen diesem Heft eine recht weite 
Verbreitung und Anerkennung der darin enthaltenen Lehren. 

R. 


V. TagesgescMchte. 

Standesangelegenheiten, Mcdizinal-Gesetzgelmng, soziale 
Medizin etc. 

Tessin (Schweiz). Die von uns vor einigen Monaten . 
(„Allg. med. Central-Ztg.“, 1910, S. 305) gebrachte Mitteilung [ 
von der Freigabe der ärztlichen Praxis im Kanton Tessin wird 
jetzt einschränkend dahin berichtigt, daß die Erlaubnis zum 
Praktizieren nur ausnahmsweise erteilt wird, wenn dies für 
die Bedürfnisse-der Krankenhäuser, Institute, Gemeinden er- 1 
forderlich ist. Da in der Regel genügend Schweizer Aerzte i 
vorhanden sind, so ist ein Niederlassungsgesuch zur Ausübung 
der Praxis im Kanton Tessin zur Zeit aussichtslos. 

Universitätswesen, Personalnachrichten. 

Berlin. Als Nachfolger des vor einigen Monaten ver¬ 
storbenen Dr. P i c k e r t ist Dr. Wilhelm Marquardt 
zum ärztlichen Direktor der Lungenheilstätte der Landesver- I 
sicherungsanstalt Berlin in Beelitz ernannt worden. 

Potsda m. Der Kreisassistenzarzt Dr. Schönbrod { 
ist am Typhus gestorben, wie man annimmt, infolge einer Labo- ' 
ratoriumsinfektion, die er sich bei seinen amtlichen bakteriolo¬ 
gischen Arbeiten zugezogen hatte. 

Hannover. Hier ist im Alter von 65 Jahren der früher j 
in Berlin tätig gewesene Arzt Dr. Ernst B e 1 o w gestorben. 

Er hatte, bevor er nach Deutschland, wo er seine medizinischen > 
Studien gemacht hatte, zurückkehrte, etwa anderthalb Jahr- 
zehnte in den Tropen als Arzt gewirkt und erst nach seiner ’ 
Rückkehr die deutsche Approbation erworben. Ueber seine j 
Erlebnisse als Tropenarzt hat er u. a. auch in unserer Zeitung 
berichtet und uns auch sonst in früheren Jahren manchen Bei¬ 
trag geliefert. Als Schriftsteller betätigte er sich vorwiegend | 
auf den Gebieten der Tropenhygiene und Lichttherapie; er 
gehörte zu den Ersten, die sich in Deutschland dieser anfangs 
recht skeptisch angesehenen Behandlungsmethode zuwandten. 

Marb u r g. Zum Oberarzt der chirurgischen Universi- i 
tätsldinik ist an Stelle des an die Universität Zürich berufe¬ 
nen Prof. Sauerbruch der bisherige erste Assistenzarzt, 
Privatdozent Dr. Hecker, ernannt worden. 

Dresden. An den Stadtkrankenhäusern Friedrichstadt 
und Johannstadt werden ab 1. Januar Obcrarztstellen für 
Ohren-, Nasen- und Halskranke eingerichtet. 

— Geh. Rat Osterloh ist am 1. November von der 
Leitung der Gynäkologischen Abteilung des Krankenhauses 
Friedrichstadt zurückgetreten. 

— Zum Anstaltsarzt der städtischen Heil- und Pflegeanstalt 
ist der erste Assistenzarzt an der psychiatrischen Klinik der 
Universität Rostock Dr. med. Hermann Alfred Paul 
Z i e p o 11 gewählt worden. 

Würzburg. Dem Direktor der medizinischen Universi¬ 
tätsklinik Geheimrat Prof. Dr. v. Leube, der am 30. Oktober 
seine hiesige Stellung 25 Jahre inne hatte, ist aus diesem An¬ 
laß das Prädikat „Exzellenz“ verliehen worden. 

Groninge n. Prof. Wenckebach hat den an ihn er¬ 
gangenen Ruf nach Marburg abgelehnt. 

Heiden. Im Alter von 82% Jahren ist hierselbst in der 
vorigen Woche Henry Dunant, der Begründer des Roten 
Kreuzes, gestorben. 1828 in Genf geboren, wurde er haupt¬ 
sächlich durch seine Erlebnisse als Zeuge der Schlacht- von 
Solferino (1859) auf die Idee des Roten Kreuzes geführt, 
die er in den folgenden Jahren so energisch in Wort und \ 
Schrift vertrat, daß im Oktober 1863 als Resultat einer inter¬ 
nationalen Konferenz die „Genfer Konvention“ zwischen ver¬ 
schiedenen Staaten abgeschlossen wurde, auf deren Grund¬ 
lage sich in weiterer Folge die Institution des Roten Kreuzes 
entwickelte. — Durch unglückliche Unternehmungen büßte 
Dunant später sein ganzes großes Vermögen ein und zog sicii 
infolgedessen von der Oeffentlichkeit, ohne eigentlich krank 
zu sein, in die Einsamkeit des Bezirkskranlienhauses zu Heiden 
(Kanton Appenzell) zurück, wo er zwei Zimmer bewohnte, 
von einer ihm von der russischen Kaiserin ausgesetzten Rente 
lebend. Später erinnerte man sich seiner wieder; 1897 er¬ 
kannte ihm der Internationale Aerztekongreß in Moskau den 
Ehrenpreis der Stadt Moskau zu. Der Schweizer Bundesrat 
zeichnete ihn durch den Binet-Fendt-Preis aus, und 1901 erhielt 
er bei der ersten Verteilung der Nobelpreise eine Hälfte des 
Friedenspreises, Hierdurch war er für den Rest seines 
Lebens aller wirtschaftlichen Sorgen überhoben. 1903 er¬ 
nannte ihn die Universität Heidelberg zum Ehrendoktor. 


Bern. Oberstleutnant Dr. C. Hauser in Stäfa ist als 
Nachfolger des verstorbenen Dr. Murset zum Oberfeldarzt 
der Armee ernannt worden. 

Philadelphia. Der Röntgenologe Dr. M. K. Kassa- 
b i a u ist am Röntgencarcinom gestorben. 

Santiago (Chile). Auf Veranlassung des seit einigen 
Jahren hier tätigen früheren Assistenten R. Virchows 
Prof. Westenhoeffer (in Berlin zuletzt Prosektor am 
städtischen Krankenhause Moabit) ist an der hiesigen deut¬ 
schen Schule ein schulärztlicher Dienst eingerichtet worden, 
der durch Vorträge und Verteilung von Merkblättern an 
die Eltern unterstützt wird. 


Kongreß- und Vereinsnaclirichten. 

London, ln einer am 12. Oktober abgehaltenen Sitzung 
des Komitees für den hier abzuhaltenden nächsten Internatio¬ 
nalen Medizinischen Kongreß (1913) wurde Sir Thomas 
Barlo w einstimmig zum Präsidenten, Dr. G. H. Makins 
zum Schatzmeister, Dr. Herrin g h a m zum Ehren- 
Generalsekretär gewählt. Ferner wurde über die Zusammen¬ 
setzung des Organisationskomitees Beschluß gefaßt. Das 
Datum des Kongresses konnte noch nicht bestimmt werden. 

Paris. Wie die „Voss. Ztg.“ mitteilt, fand am 3. No¬ 
vember im Hospital St. Louis eine Versammlung von über 
100 Spezialärzten für Syphilis und Hautkrankheiten statt, um 
die Behandlung mit Ehrlichs Arsenobenzol zu erörtern. Aus 
Brüssel war Prof. Bayet anwesend, der über seine Er¬ 
fahrungen während der letzten 10 Wochen an 175 Kranken 
ausführlich Mitteilung machte. Bayet gelangte zu einem ab¬ 
fälligen Urteil, ln 14 Fällen beobachtete er als Folge der Ein¬ 
spritzungen nach W echsei m a n n s Methode brandigen Zer¬ 
fall der Gewebe bis zu den Knochen an der Einspritzungs¬ 
stelle. In einigen Fällen trat 14 Tage nach der Einspritzung 
Arsenikrheumatismus aut, der schmerzhaft und langwierig 
war. Schon innerhalb zweier Monate beobachtete B. 14 Rück¬ 
fälle. Bayet glaubt, daß 606 zwar wirksam ist, manchmal 
sogar in wunderbarer Weise, besonders bei sekundären Fällen, 
aber es beeinflusse nur sehr wenig die Nebenkrankheiten der 
Syphilis, die sogenannte Parasyphilis, hat auch auf An¬ 
fangserscheinungen geringen Einfluß und schließt verhältnis¬ 
mäßig häufige Rückfälle nicht aus. Wechselmanns 
Methode muß nach seiner Ansicht endgültig aufgegeben wer¬ 
den. Das einzig Richtige seien Einspritzungen in die Blut¬ 
gefäße. obschon auch diese vor Rückfällen nicht schützen. Pro¬ 
fessor Borcy bat 18 Fälle mit 606 behandelt, ln vier bis 
fünf Fällen war der Erfolg verblüffend. In den anderen war 
der Erfolg nicht besser als der, welchen die alten Methoden 
ergeben. Dr. Emery, der eben aus Deutschland zurück¬ 
gekehrt ist, empfahl die neue Einspritzungsnietnode 
N e i s s e r s und I s a a c s als w eniger schmerzhaft und die Ge¬ 
webe reizend. Die Versammlung gelangte zum Schlüsse, daß 
606 eine wertvolle Bereicherung des Arsenals zur Bekämpfung 
der Syphilis bedeute, jedoch Quecksilber und Jod nicht ütier- 
flüssig mache. 


Gerichtliches. 

Leipzig. Die „Aerztl. Mitteilungen" lenken die Auf¬ 
merksamkeit auf folgende in der „Reichsgerichtskorre¬ 
spondenz" mitgeteilte Reichsgerichtsentscheidung vom 18. Ok¬ 
tober: 

Der Heilgehilfe B. war von der Mutter eines au schwerer 
Kniegelenksentzünduug leidenden Knaben zur Behandlung zu¬ 
gezogen worden. Vor Uebernahme der Behandlung hatte sich 
B. von der Mutter einen Revers unterschreiben lassen, durch 
den dieser auf alle Ansprüche aus dem Aufträge, insbesondere 
die aus etwaiger sachwidriger Behandlung 
folgenden verzichtete. Bei seiner nun folgenden Tätigkeit 
hat B. nach Aussage der chirurgischen Sachverständigen die 
elementarsten Grundsätze der Asepsis und Antisepsis außer 
Acht gelassen. Er öffnete die Geschwulst nach anfänglicher 
Behandlung mit Salben durch zwei blutige Eingriffe. Er ver¬ 
wendete dabei eine Sonde, die er in einer alten Ledertasche 
bei sich trug, verzichtete auf die eigne Desinfektion, behielt 
statt dessen die „neuen“ Reisehandschuhe an und tamponierte 
die Wunde mit alter Verbandwatte. Die Umgebung warnte 
er vor seiner Berührung, da er (B.) die Wundrose am Arme 
habe. Es trat dann auch eine septische Infektion bei dem 
Knaben ein, dank ärztlicher Hilfe blieb der Knabe zwar am 
Leben, behielt aber ein steifes verkürztes Bein. Das Schöffen¬ 
gericht zuWeima r verurteilte B. wegen fahrlässiger Körper¬ 
verletzung zu vier Monaten Gefängnis. Daran schloß sich eine 
Zivilklage auf Schadenersatz, der B. in allen drei Instanzen 
erfolgreich durch den Hinweis auf den von der Mutter Unter¬ 
zeichneten Revers begegnete. In der beim Reichsgericht 
eingereichten Revision wies die Klägerin darauf hin, daß der 
von ihr Unterzeichnete Revers offenbar gegen die guten 
Sitten verstoße und deshalb nach § 823 B. G.-B. keine recht¬ 
liche Wirksamkeit beanspruchen könne. Das Reichsgericht 
lehnte jedoch die Revision ab, da es in obigem Revers 



702 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 4G. 


keinen Verstoß gegen die guten Sitten erblickte. Das Organ 
des Leipziger Verbandes stellt diese Reichsgerichtentscheidung 
in Parallele mit einer Reichsgerichtsentscheidung vom 24. März 
1908, nach welcher der von dem Leipziger Verband den von 
ihm unterstützten Aerzten abverlangte Revers gegen die guten 
Sitten verstößt. Und dabei handelt es sich in diesem Revers 
lediglich um eine geringe Beschränkung der Niederlassungs¬ 
freiheit des sich verpflichtenden Arztes, dem dafür doch der 
Verband vorher eine erhebliche Gegenleistung geboten hat 
und auch weiterhin seine Einrichtungen zur Verfügung stellt. 

Verschiedenes. 

Wien. Ueber die Heilversuche mit Radium in 
Joachimsthal ist nach den „Dresdn. Nachr." an das öster¬ 
reichische Ministerium für öffentliche Arbeiten folgender Be¬ 
richt erstattet worden: In der provisorischen staatlichen Bade¬ 
anstalt liegen über 209 Fälle Ergebnisse vor, die mit Bädern 
und Trinkkur behandelt wurden. Von diesen wurden bei Be¬ 
endigung der Kur 169 als gebessert und 40 als unverändert be¬ 
funden. Sämtliche Fälle waren chronischer Art. Die Fälle 
bedeutenderer Besserungen betreffen Rheumatismen, harn- 
saure Arthritiden, Nervenentzündungen, Neuralgien und alte 
Exsudate verschiedener Art. Ohne Erfolg blieb die Kur bei 
Marasmen, bei Neubildungen, bei essentiellen Erkrankungen 
des Rückenmarks und des Gehörs. Verglichen mit den übrigen 
Heilmethoden bei erster Kategorie, wie Elektrizität, Heißbäder, 
Lichtbäder, Moorbäder, Massage usw., können die erzielten Er¬ 
folge als recht gute bezeichnet werden. Da die Wirkungsweise 
dieses Ürstoffes mit denjenigen Kräften, die wir als Strahlung 
kennen, verwandt ist, konnte man annehmen, daß auch die Ein¬ 
wirkung der Radioaktivität auf die tierische Zelle eine der 
.Wirkung von Strahlen ähnliche sein dürfte. Die Erfahrung hat 
diese Annahme bestätigt, indem es sich gezeigt hat, daß 
schwächere Grade der Radioaktivität die Zellen anregen, ihre 
Lebenstätigkeit steigern. Ueberschreitet jedoch die Radioaktivität 
einen gewissen Grad, so wirkt sie auf die Zelle lähmend und 
zersetzend und kami sie bei fortgesetzter Steigerung abtöten. 
Die Beurteilung der zulässigen Grade, die Dosierung der 
Radiumstrahlung kann heute noch nicht im ganzen Umfang 
festgestellt werden. Es bedarf noch weiterer Studien und Be¬ 
obachtungen, um hier ein abschließendes Urteil geben zu 
können. Vorläufig muß noch große Vorsicht als geboten er¬ 
achtet werden. Es läßt sich aber, sagen, daß der Radium¬ 
therapie eine große Zukunft bevorsteht, namentlich wegen 
ihrer leichten äußeren und inneren Anwendbarkeit und wegen 
der Konstanz der Wirkung. Die Regierung läßt ein Radium¬ 
kurhaus erbauen mit vorläufig 60 Badezellen, zu welchen die 
radioaktiven Wässer mittels Rohrleitungen geführt werden, 
und wird eine ärztliche Autorität zum Vorstand der Anstalt 
berufen. 

Paris, ln Frankreich wird in absehbarer Zeit ein Heim 
für arbeitsunfähige Aerzte („Maison de Medecin“) ins Leben 
treten. Seitdem vor einiger Zeit ein dahinzielender Vorschlag 
mit dem nötigen Nachdruck in der Fachpresse vertreten wurde, 
stiftete ein Anonymus für diesen Zweck 50 000 Fr., ein Kollege 
vermachte testamentarisch sein Schloß und IV 2 Mill. Fr. der 
Gründung, eine Kollegin schenkte sofort eine große Besitzung. 
Eine ähnliche Anstalt soll für bedürftige Arztwitwen geschaffen 
werden, wo auch alte Arztehepaare mit mäßigem Einkommen 
billige Pension finden sollen. 

VI. Amtliche Mitteilungen. 

Zu besetzende Stellen von Medizinalbeamten. 

Die Kreisassistenzarztstelle des Stadt- und Landkreises 
Saarbrücken, Regierungsbezirk Trier, mit dem Amtssitz 
in Saarbrücken (jährliche Remuneration 1800 M.). 

(Veröffentlicht am 1. November.) 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 4. KL: 
Dr. Nol te in Wiesbaden, San.-Rat Dr. Caesar in Halber¬ 
stadt, Geh. San.-Rat Dr. Stern in Berlin, Stabsarzt Dr. 
H ö 1 k e r in Plön. 

Stern zum K ö n i g 1. Kronen-Orden 2. KL: Geh. Med.- 
Rat Prof. Dr. H. Fischer in Berlin. 

Koni gl. Kronen-Orden 4. KL mit Schwertern: 

Oberarzt Dr. P i s t n e r in Kamerun. 

.Rote Kreuz-Medaille 2. KL: Geh. San.-Rat Dr. La 
Pierre in Potsdam, Dr. Hunsdieker in Hohenlimburg, 
Generaloberarzt a. D. Dr. St ei ff in Tübingen. 

Rote Kr e u z-M e.d a i 11 e 8. Kl.: Generalarzt Dr. Over- 
\v e g in Königsberg i. Pr.. Kreisarzt Dr. König in Könitz, 
Kreisarzt Dr. Birnbacher in Danzig, Generalarzt Dr. 
Kanzowin Berlin, Dr. Eckstein in Berlin, Dr. J a q u e t 


in Charlottenburg, Dr. Behncke in Demmin, Dr. Linke 
in Löwenberg, Dr. Olszewski in Rosdzin, Dr. Happel 
in Biebrich, Generalarzt Dr. T h e 1 in Cassel, Regierungs- 
u. Geh. Med.-Rat Dr. Schlecht in Trier, Dr. Köhnke in 
Grimma, Dr. Zimmer mann in Meißen, Dr. Pfleiderer 
in Nürtingen, Generalarzt Dr. Ger stacker in Karlsruhe, 
Med.-Rat Dr. S t i g e 11 in Oppenheim, San.-Rat Dr. Haden- 
f e 1 d t in Ludwigslust, Generaloberarzt a. D. Dr. H e n s 0 1 d t 
in Weimar, Oberstabsarzt Dr. Gritzka in Weimar, Dr. 
Hanns in Saumberg, Dr. Schmidt in Pößneck, 
Oberstabsarzt Dr. Haverbeck in Dessau, Dr. Fried¬ 
rich in Eisenberg, Dr. G ö r i n g in Friedrichroda, Dr. 
Schulz in Stadtilm. 

Ernennungen: Kreisassistenzarzt Dr. Speiser in 
Sierakowitz zum Kreisarzt des Kreises Regenwalde, Prof. 
Dr. König in Altona zum ordentl. Professor in Greifswald, 
Dr. ß 0 e g e in Danzig zum Kreisassistenzarzt in Sierakowitz, 
Kreisarzt Dr. Schwabe zum Regierungs- und Med.-Rat in 
Aachen. 

Niedergelassen: Dr. Culmann in Liegnitz, Dr. 
Pflanz in Warmbrunn, Dr. Peters -in Preetz, Dr. 

, F i s c h e r in Levern, Dr. H e d f e 1 d in Kierspe, Dr. M a r d- 
rier in Frankfurt a. M., Arzt O. Baer in Hohenhonnef, Dr. 
Lade in Wiesbaden. 

Verzogen ohne Angabe des neuen Wohnortes: 
H. Widder und Dr. Wendler von Düsseldorf, Oberarzt 
Dr. Schattauer von Insterburg, Dr. Schieritz von 
Kötschau, Dr. Duderstadt von Nebra, F. Koehl von 
Erfurt. 

Verzogen: Dr. Grimm von Schlochau nach Köslin, Dr. 
Wachhausen von Bochum nach Schlochau, Dr. M. Cohn 
und R. Ham m e r von Berlin nach Schwetz bezw. Thorn, 
Dr. Busch von Grabowsee nach Görbersdorf, Dr. Dyren- 
f u r t h von Weißensee nach Berlin, Dr. Schürmann von 
Buch nach Düsseldorf, Dr. H 0 11 z t von Liebenwalde nach 
Bernau, Dr. Benning von Franz.-Buchholz nach Rock¬ 
winkel, Dr. Lehmann nach Franz.-Buchholz, Dr. Hirsch 
von Charlottenburg nach Hermsdorf, Dr. R a 11 i von Wald¬ 
frieden nach Oranienburg, Dr. Rathenow nach Wilhelms¬ 
hagen, Dr. Spliedt und Dr. Ernst von Neuruppin nach 
Waldfrieden bezw. Kiel, Dr. Petzsch von Britz nach Neu¬ 
ruppin, Dr. Oppenheimer und Dr. B a b nach Lankwitz, 
Dr. W e i d e r t von Hermsdorf nach Britz, Dr. Strecklin 
von Friedenau nach Schöneberg, Dr. Marx nach Mariendorf. 
Di'. Quesse von Charlottenbürg nach Neu-Babelsberg, Dr. 
Feige von Eisleben nach Hermannswerder, Dr. Henske 
von Pritzerbe nach Jarmen, Dr. Dieckert und Dr. 
H i n s c h von Stettin nach Merseburg bezw. Hamburg. 

Baden. 

Ritterkreuz 1. Kl. desselben Ordens: Bezirksärzte 
Med.-Räte Dr. Z i x in Mannheim, Dr. Warth in Müll¬ 
heim und Dr. Wippermann in Mosebach sowie Med.- 
Räten Dr. Oster in Illenau, Dr. Barbo in Pforzheim, 
ordentl. Prof. Dr. Heuck in Mannheim, Dr. Ni s s 1, Dr. 
Ernst und Dr. Kümmel in Heidelberg und Dr. Ki 11 ian 
in Freiburg. 

Badische F r i e d r 1 c h - L u i s e h - M e d a i 11 e: Bezirks¬ 
ärzte Med.-Räte Dr. Kaiser in Karlsruhe und Dr. 
Compter in Rastatt, Med.-Rat Dr. Schumacher in 
Jestetten, Professoren Geh. Hofrat Dr. A x e n f e 1 d, Dr. 
Goldmann, Geh. Hofrat Dr. Hoche, Dr. Jacobi, 
Dr. Schüle in Freiburg, Dr. Bettmann und Dr. Vul- 
p i u s in Heidelberg. 

Niedergelassen: Dr. P. R. Z i m m e r m a n n in Frei¬ 
burg, Dr. E. Schotteli us in Glottertal (Oberglottertal), 
Dr. Ernst Huber, Stabsarzt Dr. W. Silberborth, 
Dr. L. Liebmann in Karlsruhe, Dr. Xaver Mayer in 
Bannholz, Dr. Birkenholz in Ziegelhausen, Frau Dr. 
Edda Stoffel und Frau Dr. Ernestine Glaesmer 
in Heidelberg, Dr. A. C. S1 0 1 z in Eberbach, Dr. 
H. Jarosch als Oberarzt an der Lungenheilstätte 
Friedrichsheim. 

Verzogen: Dr. K. Mi es einer von Langenbrücken nach 
Eisenberg i. d. Pf., Dr. Richard Krieger von Bann¬ 
holz nach Langenbrücken, Dr. R. N 0 e h t e von Karlsruhe, 
Dr. E. Eihel von Pforzheim, Dr. F. M. Apelt von Ober¬ 
glottertal nach Görbersdorf, Dr. P. S p o 0 von Herrischried 
nach Rickenbach, Dr. 0. W i r z von Durlach nach Karlsruhe, 
Dr. M. G u m p r i c h und Dr. Ernst W 0 1 f f von Karls¬ 
ruhe, Dr. A. Salzberger von Schluchsee, Dr. Richard 
Meyer. Dr. K. Schieffer, Dr. Friedrich Weil 
von St. Blasien und Dr. P. Wentz von Königsfeld nach 
Bethel bei Bielefeld. 

Gestorben: Dr. Emil Schumacher in Eberbach. 

Waldeck. 

Ernennung: Dr. E. Deetz in Arolsen zum Oberland- 
physikus und zum Medizinalreferenten des Landesdirektors 
in Arolsen. 


Verantwortlich für den redaktionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131 B., für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin 
Verlaß; von Oscar Ooblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Oarl Marschner. Berlin SW.. Alexandrinenstrasse 110 






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Herausgegeben von der 

Redaction der Allgemeinen Medicinischen Central=Zeitung (Dr. H. Lohnstein u. Dr. Th. Lohnstein). 

I. Teil: Taschenbuch in Kunstleder gebunden. 

II. Teil: Kalendarium (4 Quartalshefte, pro Tag 1 / l Seite), geheftet zum Einhängen. 


Inhalt des I. Teiles: 


Kalendertafel 1911. 


I. Verzeichnis der gegenwärtig gebräuchlichen älteren und 
neueren Arzneimittel. 

II. Die Maximaldosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

III. Uebersicht, der wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung kommenden Mittel. 

IV. Zu vermeidende Arzneimischungen. 

V. Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 

VI. Medicinische Bäder. 

VII. Auszug aus der deutschen Arzneitaxe 1910. 

Preise für Stoffmengen, Arbeiten und GTefässe. 

1. Für Arzneistoffe. 2. Für Arbeiten. 3. Für Gefässe. 

VIII. Anweisung zur sparsamen Ärzneiverordnung mit Rück¬ 
sicht auf die Krankenkassenpraxis. 

IX. Uebersicht der wichtigsten Nährpräparate. 


Ueber dieSerodiagnostik und die sog. „biologischeTherapie“ 
der Syphilis und über die bisherigen Erfahrungen mit dem 
Ehrlich-Hata’schen Mittel 606. Von Dr. Fritz Munk, 
Charlottenburg-Berlin. 

Abriss der Symptomatologie und Therapie der am häufig¬ 
sten vorkomraenden acuten Vergiftungen. 

, Medicinische Tabellen und sonstige für den Arzt wichtige 
Zahlenangaben. 

. Untersuchung des Harns. 

. Einiges aus der Technik der Blutuntersuchung. 

. Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebühren¬ 
ordnung für approbirte Aerzte und Zahnärzte. 

Gesetz betr. die Gebühren der Medicinalbeamten. 

, Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

. Bäder und Kurorte. 

. Post-Tarif. 

. Tafeln zur Sehprüfung. 

. Notizblätter für Adressen.- 


Der Preis beträgt wiederum nur 2, — Mark. 


Verantwortlich iär dtn redactionellen Teil: Dr. H. Lohnateln, Berlin N., Friedrichatraaae 131 B., für den Inaeraten-Teil: Richard üeba, Berlin. 
Verla* von Oscar Ooblent«. Erpeditionabure&u: Berlin W 80. M&ass8D9tras88 18. — Druck von Oarl Mararhner Berlin SW., A'.erandr^enstres»? MA. 


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N«. 47 IV. Jahrgang 19. November 1910 

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Kauterisation nach de Forest. 

III. Medikamentöse Bäder. 

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(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

D r* H. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 13tB 
• Fernsprech-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt VI, No. 3302 


IV. .Jahrgang Berlin, 19. November 1910 


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Die „Therapeutische Rundschau' erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., f(lr das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor (Jnartalsschlnss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Apostolides: Die 
Behandlung der Schädelbasisfrakturen mit wiederholten Lumbal¬ 
punktionen. 

Seilei: Die klinische Wirkung des Ehrlichschen Diarnido- 
nrsenobenzols. — Hoffman»: Ueber Asurol zur Behandlung 
der Syphilis. — Werner: Das Elirlich-Hata-Mittel 60(> bei 
Malaria — Schuster: Inwiefern genügt die mikroskopische 
Untersuchung auf Tuberkelbacillen mit den neueren Färb- 
rnethode.n zur Diagnose „Tuberkulose der Harnwege“? — 
Zweig: Beiträge zur Klinik und Prophylaxe des Unterleibs¬ 
typhus. — Fey: Pneumatose des Magens, geheilt durch un¬ 
blutige Dehnung der Cardia. — Takeda: Ueber das Harn- 
pepsin als differentialdiagnostisches Kriterium zwischen Carci¬ 
noma ventriculi und Apepsia gastrica. — Cur sch mann: Einige 
Indikationen und Kontraindikationen der Lumbalpunktion. — 
Offerhaus: Die Technik der Injektionen in die Trigeminus¬ 
stämme und in das Ganglion Gasseri. — Fischer: Ein Fall 
von Dysbasia angiosderotica (intermittierendem Hinken) mit 
dem Symptom der Ischämie und nachfolgenden Hyperämie. — 
Raschkow: Ueber Gyuoval, ein neues Baldrianpräparat. — 
Koerner: Erfahrungen über Novaspirin.— Gros: Ueber eine 
Methode, die anästhesierende Wirkung der Lokalauästhetica zu 
steigern. Löwen: Ueber die Verwendung des Novocains in 


Natriumbicarbonat-Kochsalzlösungen zur lokalen Anästhesie. — 
Riedl: Die Erfolge der Operation des Plattfußes nach der 
Methode von Gleicli-Brenner. — Kümmell: Wodurch setzen 
wir die Mortalität der Appendicitis herab und verhüten Abscesse 
und Peritonitiden? — Loebl: Ueber Appendicitis im höheren 
Lebensalter.— Heymann: Zur Bekämpfung von Nachgeburt*- 
blutungen und Umgehung der manuellen Placentarlösung durch 
die Schlauchkonstriktion nach Momburg. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 2. November 1910.— 
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. Sitzung vom 
7. November 1910. — Berliner Otologische Gesellschaft. Sitzung 
vom 4. November 1910. 

III. Therapeutische Notizen. Rosin: Ueber Geloduratkapseln. 

IV. Büch erschau. H. Lohn stein und Th Lohnstein: Mediziual- 
Kalender und Rezept-Taschenbuch 1911. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung. soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. 

Drei Weihnachts- oder Neujahrsgaben für unsere Frauen, 
unsere Kinder und unsere toten Kollegen. 

VI. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Aus der innereu Abteilung des städtischen Ottomanischen Kranken¬ 
hauses in Smyrna. 

Die Behandlung der Schädelbasisfrakturen mit 
wiederholten Lumbalpunktionen. 

. Von 

Apostolos G. Apostolides, Arzt der Abteilung. 

Bis vor einigen Jahrzehnten galten die Schädelbrücha 
East als. letal, Gegenwärtig hat sich diese traurige Prognose 
bedeutend gemildert, da die Gehirnchirurgie durch die Aus¬ 
bildung der antiseptischen Wundbehandlung, die Vervoll¬ 
kommnung der operativen Technik und Instrumentierung 
und besonders durch die in den letzten Jahren gemachten 
Fortschritte der endokraniellen Anatomie zum reizvollsten 
Gebiete der operativen Heilkunde geworden ist. Doch bleibt 
noch heute die Mortalität zu hoch. Nach Chudovszky 1 ) 
beträgt sie im Durchschnitte 45,3 pCt. für die Schädel- 
gewölbefrakturen und 64,2 pCt. für die Basisfrakturen. Nach 
einer neuerdings erschienenen Statistik wäre die Mortalität 
20,25 pCt. für die Schädeldachbrüche und 62,2 pCt. für 
die.Basisfrakturen [R. Maclaren 1 )]. Einige Operateure 
haben also mehr, andere weniger Todesfälle. ' Das hängt 
teils vom Zufall, teils von größeren oder geringeren Er¬ 
fahrungen und der Geschicklichkeit der Operateure, teils auch 
davon ab, daß der Begriff der Operabilität Weit gefaßt wird. 

Bene curat qui bene dignoscit. 

Während aber in der Frage bezüglich der operativen 
Behandlung der Schädeldachbrüche eine Einigung zwischen 
deu Chirurgen erzielt wurde, ist die Methode der Behand¬ 
lung der Basisfrakturen einer großen Kontroverse unter¬ 
worfen worden und gehen darüber noch heute die Ansichten 
auseinander. Die Mehrzahl der Fachgenossen entschließ! 
sich heutzutage nur in Fällen dringender Not zur Opera¬ 
tion und begnügt sich in der weitaus größten Mehrzahl der 
Fälle mit der von Chipaul t 3 ) [Paris] formulierten medi¬ 
kamentösen Behandlung, dem sogenannten „Traitement me- 

1 ) Chudovsky: Beiträge zur Statistik der Kuochenbrüohe. 
A. v. Bruns: Beiträge zur klinischen Chirurgie, 1898, Bd. XXII. 

2 ) it. Maclaren: Au address on the treatement of the fractures 
of the base of the skull. Brit. Med. Jour., 1908, No. 2504. 

a ) Chipault: Chirurgie Opera toire du Systeme nerveux, toine 1, j 
Paris 1894. 


I dical“, welche bekanntlich in Bekämpfung des Shoks und 
Vorbeugung von Komplikationen durch skrupulöse Reini¬ 
gung, und Reinhaltung der benachbarten Höhlen (Mund, 
Aase, besteht. Ein sehr großer Teil der Chirurgen ist also 
passiver Zuschauer des Traumas, indem er jeden energischen 
Eingriff, wobei der Zustand des Verletzten sich ver¬ 
schlimmern könnte, perhorresziert, da er fürchtet, den 
Teufel durch Beelzebub .auszutreiben. Diesen gegenüber 
stehen andere — zu denen vorzüglich Amerikaner und 
Engländer gehören —, welche jede exspektalive Behandlung 
wobei zu viele Verletzte sterben, die durch Operation hätten 
gerettet werden, verwerfen und von eitlem passiven Ab¬ 
warten nichts wissen wollen. Die Anhänger dieser Methode 
suchen die bei den Schädelfrakturen häufig vorkommendenin¬ 
fektiösen Komplikationen, welche öfters den Tod verur¬ 
sachen. durch verschiedenartige .Freilegung der Schädel¬ 
basis. fernzuhaltep. Leider sind die Erfolge dieses schweren 
chirurgischen Eingriffes, für den eine gewisse Energie des 
Herzens erforderlich ist, nach dem übereinstimmenden Urteil 
der anerkannteren Autoren [.Marion 1 ), Vincent 5 )] 
ziemlich unbefriedigend. 

Die neuere von C iU s h i n ,g 6 ) | Baltimore] versuchte s u fi¬ 
tem p orale Trepanation sowie die ganz neuerdings 
von E. Vincent (loc. eit.) empfohlene „Trepanation 
mit Drainage der subarachnoidalen Höhle n“, 
welche den Erfindern ermutigende Resultate gegeben hatten, 
müssen, wenigstens zurzeit, als sehr gefährliche Operationen 
befrachtet werden, weil sie für den geschwächten Organis¬ 
mus nicht unbedenkliche Eingriffe darslellen; übrigens 
haben sie den Nachteil, technisch große Schwierigkeiten 
zu bieten; ganz besonders ist es die Drainage dieser schwer 
zugänglichen Höhlen, die auf Schwierigkeiten stößt. Auch 
ist die Mortalität dabei, trotz der Veröffentlichung einzelner 
Fälle, die die Wirksamkeit dieser Verfahren illustrieren, 
bedeutend groß [Voss, H. Cushing 7 ) (loc. cit.) Lau-. 
gier 8 )]. Aber ohne die Kühnheit der genannten 

4 ) Marion: Chirurgie du Systeme nerveux, Paris 190r> 

•>) E. Vincent: Du traitement rationuel des fractures de la base 
du eräne Revue de chirur., 1909, No. 8. 

6 ) H. Cu sh in g: Subtemporal decompressive Operation s associated 
with bursting fractures of the skull. Annal. of Surgery, May 1908. 

7 ) Nach Cushing wäre die Mortalität 14 pCt. Die zwei von 

Vencent so behandelten Fälle starben. • 

9 j Laugier: De la trepanation Systemaiiquo p veventive dans les 
fractur.es de la base du eräne. These, Lyon 1910. 




704 _ THERAPEUTISCHE 

Autoren, könnten wir die wunderschönen Erfolge von 
H o es 1 e y , Mignon (1904), K ii m mell (1905), Voss 
(1908), M. Kusznetzo w (1908), H. C u s h i n g (1909) usw. 
wohl nicht registrieren. Immerhin sind die Basisfrakturen 
in der Regel nicht chirurgisch zu behandeln, weil sie 
meistens „au-dessais de nos resources“ sind, wie es aus¬ 
drücklich Au dry in der neueren Auflage des „Nouveau 
Traite de Chirurgie“, 1910, bemerkt. 

Einfacher und aussichtsreicher erschien mir die Lumbal¬ 
punktion, zu welcher mir die von vielen Seiten her mil- 
geteilten guten Resultate .vor etwa zwei Jahren die An¬ 
regung gaben. Ohne auf zu viele historischen Einzel¬ 
heiten hier einzugehen, möchte ich mich nur mit 
einigen Punkten begnügen. Mit der ‘Lumbalpunktion als 
Heilverfahren bei der Meningitis beschäftigen sich die Aerste 
erst seit wenigen Jahren eingehender und in der Fachli teratur 
war die Mitteilung von H. Lenhartz 9 ) [Hamburg] (1904) 
sozusagen die erste, welche über die Anwendung der Lumbal¬ 
punktion bei der Meningitis cerebrospinalis berichtete. 
Qu e nu und M u r et (Paris) haben dieQ u i n ok esc.he Punk¬ 
tion auch zur Behandlung der die Basisfraktureil begleitenden 
Meningitis mit Erfolg angewandt. Bald darauf wurde sie 
von (Devraigne (1905), Meslier 10 ) (1907) u. a. ein¬ 
gehender studiert und systematisch angewandt. Seitdem ist 
eine Reihe von Publikationen erschienen, die als Vorzug der 
Q u i n c k eschen Punktion neben der Sicherheit der 
Wirkung bei den verschiedenartigen Meningitiden ihren ent¬ 
schiedenen kurativen Effekt auch bei den Schädelbasis¬ 
brüchen hervorhebt. Endlich müssen wir die Abhandlung 
von Mur et 11 ) erwähnen, die bestrebt war, durch Beleuch¬ 
tung einiger Fälle den segensreichen Einfluß der regelmäßig 
und häufig wiederholten Lumbalpunktion theoretisch nach¬ 
zuweisen; wir werden bei der Erklärung des kurativen 
Effektes der Lumbalpunktion hierauf noch ausführlicher 
zurückkommen. Die Klinik hat den Theorien von M u r e t 
recht gegeben und die Lumbalpunktion hat sich rasch das 
Zutrauen weiterer ärztlicher Kreise erworben. Ihr thera¬ 
peutischer Nutzen wurde ja von verschiedenen angesehenen 
Chirurgen und Internen hervorgehoben. Devraigne, 
Bonnaire, Voss, Audry, Meslier, Chastenat, 
Ferrati, Savy u. a. haben über mehrere Fälle von 
Basisfrakturen mit relativ geringer Mortalität berichtet. 
So teilt. Ferrati 12 ) drei Fälle mit zwei Heilungen mit, De- 
1 ore 13 ) berichtet über einen Fall von traumatischer Menin¬ 
gitis, welcher 20 Tage dauerte und endlich heilte. Zu ähn¬ 
lichen Resultaten kommen auch O. Voss (Frankfurt a. M.), 
M. Kusnetzow, und F razier 14 ); letzterer teilt einen 
durch Punktion geheilten Fall von frischer Schädelbasis¬ 
fraktur mit Beteiligung des Mittelohres mit. Savy (Lyon 
chirurgical, 1. Mai 1909) will noch einen Fall geheilt haben,; 
Audry 15 ) und M u r e t besonders berichten über glänzende 
Erfolge, die sie .mit der Lumbalpunktion erzielt haben. Aus 
diesem Grunde schließt ein großer Teil der Autoren 
Auvrav 15 ), Chipault, P. Launy 16 ), Rod. Mac¬ 
laren, G. Fowler 17 ), V oss u. a. — sich dieser Betrach¬ 
tungsweise an, und widmet der Lumbalpunktion einen her¬ 
vorragenden Platz in seinen Handbüchern. Ein nur einiger¬ 
maßen. abschließendes Urteil über den Wert, dieses Ver¬ 
fahrens bei der Behandlung der Basisfrakturen nach dieser 
relativ kleinen Anzahl von initgeteilten Fällen im all¬ 
gemeinen zu geben, ist selbstverständlich im gegenwärtigen 
Augenblick ganz unmöglich, das kann erst nach längerer 
Zeit, geschehen, nachdem inzwischen hinreichende Er¬ 
fahrungen an einer großen Zahl und besonders auch Er¬ 
fahrungen über die Dauer der Heilung gemacht sind. Nie¬ 
mand kann es verkennen, daß die hier bezüglichen, sehr 

9 I Lenhartz (Hamburg): Deutsches Archiv f. klm. Medizin, 1905, 
Bd. LXXXIV 

lü ) Meslier: Contribution a l’etude des meningites consecutives 
aux fractures de la base du crane. These le Doctorat, Paris 1907. 

1[ ) L’epanchement du lang dans les fractures de la base cnine. 
These de Paris, 1907. 

12 ) Ferrati: Soc.iete lancisienne des Hopitaux de Rome. Seance 
du 15. Decembru 1909. 

13 ) Delore: Societe de Chirurgie de Lyon. Seance du 21. Mai 1908. 

14 ) Frazier: Journal of amer. assoc, 1909. No. 28. 

15 j Auvray: Maladies du craue et de l’encephal. Nouveau 
traite de Chirurgie, Paris 1909, Fase. XXII. 

le ) Launy: Art. „Craue“ in Pratiquo medico-chirurgicale, 
Paris 1907, turne I VI. 

17 ) Fowler: Treatise of Surgery, London 1908. 

Apostolos G. Apostolides: Le traitement des fractures 
de la base du cnine par les ponctions iombaires repetees. Presse 
medicale, 1910, Xo (14. 


RUNDSCHAU 1910._ No. 47 . 

beweisenden Statistiken sehr „delikat“ sind. Manches läßt 
sich dafür, manches dagegen anführen. Hüten wir uns 
davor zu sagen: Post hoc, ergo propter hoc. Man könnte 
leicht einwerfen, daß solche Verletzte auch ohne Punktion 
in vollkommene Gesundung übergegangen wären. Es ist 
ja nicht zu bestreiten - und jedem erfahrenen Praktiker sind 
solche Fälle bekannt —, daß es Fälle von Schädel¬ 
brüchen mit tiefer Depression gibt, welche unter dem Hilde 
des Gehirndrucks verlaufen, bei denen die Kranken läge- 
und wochenlang bewußtlos bleiben, aber dann allmählich zu 
sich kommen und ohne irgendeine Erscheinung von blei¬ 
bender Gehirnläsion genesen, und andere wieder, deren Zu¬ 
stand wochen- und monatelang vortrefflich war, und die dann 
mit plötzlich auftretenden Gehirnerscheinungei] zugrunde 
gehen. Die Literatur weist fortwährend derartige Fälle auf, so 
daß ich darauf verzichte, des näheren darauf einzugehen. 
Diesen gegenüber stehen andere Fälle, welche zahlreicher 
deshalb interessanter sind, hei denen ein therapeutischer 
Eingriff nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn 
er im allerersten Stadium der Verletzung einsetzt, 
sonst haben solche Fälle immer einen letalen Aus¬ 
gang. Wenn die Punktion hei solchen Fällen angewandt 
wird, kann jsie schöne Resultate ergehen, wie es, von verschie¬ 
denen Seiten ,mitgeteilt wurde. Persönlich verfüge ich auch 
über drei solcher Fälle, welche ich mit anderen Kollegen zu 
beobachten Gelegenheit hatte; worüber ich schon in der 
„Presse medicale“, Paris 18 ) ausführlicher referiert habe. 
In einem meiner Fälle war die Genesung des Verletzten, trotz 
der eingetretenen traumatischen Meningitis und ihrer zweifel¬ 
losen Gefährlichkeit, eine vollständige und ist es seit einem 
Jahre geblieben. Bei der Seltenheit der mitgeteilten ähn¬ 
lichen Beobachtungen wird mir gestaltet sein, über meine 
Fälle in aller Kürze zu berichten, welche dazu beitragen 
können'; den Wert der Quinck eschen Punktion als Heil¬ 
verfahren der Basisfrakturen zu beleuchten. 

Fall 1. G. J., Dachdecker. 22 Jahre alt, aus Karantina 
bei Smyrna, hereditär nicht belastet. Am 3. IX. 1909 fiel ei* 
vom Dache (12 m Höhe) auf die rechte Seite des Kopfes 
und wurde bewußtlos ins Haus gebracht. Bei unserem Besuch 
hatte er sich von dem ersten Shok etwas erholt und war sein 
Sensorium frei, er konnte aber keine Angaben darüber machen, 
wie er gefallen ist. Er lag mit blassem Gesicht und ausdrucks¬ 
losen Zügen da: die Augen sind starr und die Pupillen 
'reagieren kaum; eine schwache, oberflächliche, zuweilen 
durch etwas tiefere seufzende Atemzüge unterstützte Re¬ 
spiration zeigte das Lehen an; unregelmäßig leerer lang¬ 
samer Puls (5 5 Schläge pro Minute)! Er hat Ohren¬ 
sausen und heftiges Erbrechen. Keine Spur von Lähmung 
Fieber fehlt. Massenhafte Blutung der Nase (Epistaxis.) Die 
anfangs rote Flüssigkeit klärt sich bald und fließt in rascher 
Tropfenfolge bis zu gewisser Menge ab. Der Mangel einer 
Schwellung und eines auf der Nasengegend lokalisierten 
Schmerzes, sowie einer Krepitation schließt eine durch direkte 
Verletzung des Nasenknochens bedingte Epistaxis aus. Nach 
Rasieren des ganzen Kopfes und bei allergenauester Unter¬ 
suchung haben wir keine einigermaßen wichtige Trennung der 
Kontinuität der Haut auffinden können. Eine feine Auf¬ 
treibung der Weichteile am Hinterhaupt und eine Kontusions- 
wunde in der rechten Fossa frontalis ohne Eindruck waren 
die einzigen durch direkte Verletzung produzierten Weichteil- 
wunden. Ich verordnete peinliche Desinfektion der Nebenhöhlen 
(Mund, Nase), Ausspülungen mit Menthoxol lOproz., Pheno- 
salyl 1 proz., Eis auf den Kopf. Abführmittel etc. Am 4. IX, 
zeigt sich i allmählich eine conjunctivo-palpehrale Ekchymose, 
welche sich von der Conjunctiva bulbi zur Conjunc. palpebra¬ 
rum langsam ausbreitet. Die der Ekchymose benachbarten 
Kopfteile haben keine Spur von direkter Verletzung. Tem¬ 
peratur 40,1°, Aufregung, große Empfindlichkeit der 
Sinne. Reflexerregbarkeitan der ganzen Körper¬ 
oberfläche sehr gesteigert, Kontraktur der Nacken - 
muskeln, Brudzinski sches und Kernig sches 
Symptom, kontralaterale Reflexe, heftige und 
unerträgliche Kopfschmerzen; die Processus spinosi., 
besonders die Nackenwirbelsäule sind auf Druck empfindlich. 
Patient ist delirant, verwirrt, ganz desorientiert. Der Inhalt 
des Delirs ist ^hypochondrisch. Pat. zeigt das Bild des so 
genannten Wundstupors, klagt immer über Kopfweh-Gefühl, 
als ob der Kopf zerspringe, und über Hitze und Schwindel,, 
Wallung, rauschartige Umneblung. Das Bewußtsein ist auf 
traumhafte Stufe herabgesunken. Objektiv finden sich stiere,, 
verworrene Miene, Verengerung der Pupillen, schlechter Schlaf 
mit häufigem Auf schrecken bis zur Schlaflosigkeit, Empfind¬ 
lichkeit gegen Licht und Geräusche, Verbigerieren, Kissenbohren, 
Herumschlagen mit den Armen Erbrechen, Leibmuskel¬ 
spannung, Puls 5 0. — Bei diesem Symptomkomplex, welches, 
auf das Hinzutreten einer traumatischen Meningitis oder wahr- 






No. 47. _ TIIKUAPEÜT ISCHE 

schein lieh einer Encephalitis deutet, ließ sich die Diagnose auf 
eine Basisfraktur recht gut stelleu, und die Prognose war fast 
hoffnungslos; die Punktion wurde mehr als diagnostisches 
und palliatives als wie kuratives Verfahren gegen das Kopfweh' 
vorgeschlagen. — Bei der ersten Punktion entleerte sich unter 
hohem Druck zuerst im Strahl und bald darauf tropfen? 
weise eine bluthaltige rote Flüssigkeit, welche 40 ccm betrug. 
Allgemeiner Zustand schlecht, Miene verworren und aus¬ 
druckslos, der Blick verglast ins Leere stierend, zeigt eine 
gewisse Apathie. 

Bald darauf erwachte der Kranke und trat aus seiner 
Lethargie heraus. Der Kopfschmerz ließ wie mit einem Zauber¬ 
schlage nach, das Fieber fiel auf 38,9° herab, das Bewußtsein 
erhellt sich und können wir uns mit dem Pat. unterhalten 

Am 0. IX.: Früh 38°, abends 38,2°, Puls 60, regelmäßig. 
Am 7. IX.: Neue Erhöhung der Temperatur auf 39°, wieder 
Kopfschmerz, Uebelkeit, Jaktation, große Aufregung, sanftes 
Delirium, Benommenheit. B r u d z i n s k i sches und Kernig- 
schcs Symptom existieren, aber wenig ausgeprägt. Es wurde 
eine zweite Punktion vorgenommen, welche die Entleerung von 
gelblichem, im Strahl abgeflossenem Liquor bewirkte. Große 
Erleichterung folgte darauf. Temperatur 37,9°. Kopfweh und 
Uebelkeit verschwanden. Conjunctivo-palpebrale Ekchymose mit 
leichter Protrusio bulbi. Ich habe auch eine gewisse Herab¬ 
setzung des Riechvermögens (Hyposmie) für schwache Riech¬ 
stoffe wahrgenommen. Ich fuhr mit den Lumbalpunktionen 
jeden zweiten Tag fort, und wurden im ganzen fünf vollzogen, 
während aber bei dem ersten Einstich 40 ccm Liquor leicht 
gewonnen wurden, kamen bei der nach einem Intervalle von 
sieben Tagen ausgeführten 4. Punktion nur noch kaum einige 
Tropfen heraus und die fünfte ergab ein ganz negatives Re¬ 
sultat, obschon die Kanüle beim Einführen nicht verstopft 
war und richtig in den Subarachnoidalraum eintrat. — Der 
Verletzte gelangte zu vollständiger Heilung und ich bin hier 
in der Lage, dieselbe genau weiter zu verfolgen. 

Der zweite Fall ist dem ersten ganz ähnlich, dagegen 
ist der dritte Fall nach anderer Richtung lehrreich und der 
Erwähnung wert, weil er den glänzenden Erfolg der Punktion 
illustriert. 

Fall 3. H. M. ..., Landwirt, 23 Jahre alt, wurde unserer 
Klinik (Höpital Civil Ottoman) am 3. III. 1910, 12 Tage 
nach dem Unfall, zugeführt. Man erzählt uns, er hätte vor 
12 Tagen, am 18. II. 1909, einen schweren Unfall er¬ 
litten, indem er von einem Pferd, das er galoj)pieren ließ, über- 
sprungen wurde. Da er die Zäume fest um seinen Arm ge¬ 
bunden hatte, wurde er vom Pferd auf eine lange Strecke 
eines steinigen Pfades gezogen. Er hatte damals den Kopf, 
wie es hier bei den Türken üblich ist, mit einem vielgefalteten 
Leinenzeug, „Baschlik“ genannt, umwickelt. Er wurde in be¬ 
wußtlosem Zustande vorgezogen und als keine große blutende 
Kopfwunde bemerkt wurde, ins Haus gebracht. Hier war er 
wieder bei Bewußtsein, jammerte aber laut, daß ef heftiges 
Kopfweh habe. Von der Nase fließt eine anfangs 
blutige, bald gelbliche Flüssigkeit ab. Da das 
Kopfweh trotz verschiedener Arzneimittel und Morphiums- 
Einspritzungen fortdauerte, kam er in unsere Klinik. 

Status praesens: Kräftiger und gesunder Mann; er 
spricht wenig; erst auf laute und wiederholte eindringliche 
Fragen macht er einige Angaben über seinen Unfall. Sein Gang 
ist schwankend; er scheint leicht angetrunken zu sein, leidet 
an heftigem unerträglichen Kopfweh, geringem 
Schwindel und Stirndruck, wie wenn er in einem Schraub¬ 
stock wäre, fühlt sich unwohl, abgeschlagen. Das Auge hat 
einen neurasthenischen verschwimmenden Ausdruck. P o t u s und 
Lues werden negiert. Der Stuhl tritt nur auf 
Abführmittel ein. Bisweilen Erbrechen. Die Sensi¬ 
bilität, die Motilität und die Sphinkteren sind normal, dagegen 
Nackenmuskelkontrakturen, Rigidität der Extremi¬ 
täten, K e r n i g sches und Brudzinski sches Sympt o m 
sehr ausgesprochen. B ä b i n s k i sches Phänomen positiv. 
Temperatur 37,5°. Bei genauer Untersuchung des rasierten 
Kopfes läßt sich keine äußere Verletzung nach weisen. Nur 
einige Kontusionsbeulen fanden sich am Hinterkopf. Nirgends 
Kontinuitätstrennungen des Knochens. Ferner fand sich eine 
Quetschwunde an der Regio frontalis dextra, jedoch keine Frak¬ 
tur, nur eine deutliche conjunctivo-palpebrale Ekchymose an der¬ 
selben Seite, wo die Quetschwunde lag, mit einer leichten Pro¬ 
trusio bulbi. Vollständige Aufhebung des Riech- 
vermögens zeigt sich bei Einatmen stark rie¬ 
chender Stoffe. Diese Erscheinung war nach der Aussage 
der Verletzten gleich nach dem Unfall aufgetreten. Puls 60. 
Das Vorhandensein einer subconjunctivalen spät eingetretenen 
Ekchymose, die überfließende Epistaxis, die er hatte und die 
übrigen Symptome einer subakuten traumatischen Meningitis 
ließen kaum eine andere Deutung zu, als daß es sich um -eine 
Basisfraktur handelte. Von einem chirurgischen Eingriff war 


RUNDSCHAU 1910. _ 705 

keine Rede, da es mit dem Verletzten immer besser ging. Die 
Beständigkeit der Kopfschmerzen aber machte die Punktion 
notwendig. Bei dem ersten Einstich entleerte sich unter sehr 
hohem Druck und im Strahl eine gelbgrüne Flüssig¬ 
keit von etwa 40 ccm. Bei der chemischen Untersuchung 
des Liquors wurde Hämoglobin auf gefunden, auch war die 
G m e 1 i n sehe Reaktion positiv. Große Erleichterung trat plötz¬ 
lich ein. Kopfweh, Schwindel, Uebelkeit, Erbrechen sind wie 
mit einem Zauberschlage verschwunden. Ich habe diese Punktion 
in einem Intervall von 6 Tagen viermal wiederholen müssen, 
bis bei der letzten Punktion nichts mehr abfloß. Pat. heilte 
in den nächsten Wochen ohne weitere Komplikationen. Es 
besteht nur eine geringe Herabsetzung des Riechvermögens_, 
wahrscheinlich durch Schädigungen des Stammes des Nerv, ol 
faetor. und eine leicht retrograde Amnesie insofern, als die 
Erinnerung an den Unfall vollkommen fehlt; an die Ereignisse 
vor dem Unfall besteht Erinnerung. 

Dieser Fall ist sehr instruktiv und zeigt eine Reihe be¬ 
merkenswerter Momente : Das lange Intervall zwischen dem I In¬ 
fall und den meningitischen Erscheinungen, die Abwesenheit 
des Fiebers, welche die Meningitis nicht ausschließt, die 
Mannigfaltigkeit der Symptome, welche auf eine Läsion der 
Hirnhäute deutete und vor allem die kurative Wirksamkeit 
der Lumbalpunktion. 

Es ist natürlich nicht möglich, nach drei Fällen ein ab¬ 
schließendes Urteil über den Wert einer Behandlungs¬ 
methode und ihre Vorteile resp. Nachteile anderen Methoden 
gegenüber abzugeben. Immerhin war der Eindruck, den 
ich von den so behandelten Fällen erhielt, günstig genug, so 
daß ich glaube, das Verfahren zur Nachprüfung empfehlen 
zu dürfen. In welcher Weise aber die Lumpalpunktion bei 
den Basisfrakturen wirkt, wissen wir nicht recht. Nach 
Mur et besitzt die Lumbalpunktion unbestreitbar einen ku¬ 
rativen Effekt; dieser Heileffekt kommt nicht bloß dadurch zu 
Stande, daß wir den inneren Hirndruck auf mechanischem 
Wege durch Ableitung des Liquor cerebrospinalis verringern, ; 
sondern auch dadurch« daß pathogene Bakterien, 
welche zur Entwicklung einer traumatischen Me¬ 
ningitis Anlaß geben, in großer Anzahl abgehen und der 
Körper von toxischen .Substanzen befreit wird. Da wir 
andererseits wissen, daß der Bluterguß ein günstiger Nähr¬ 
boden für die Entwicklung pathogener Spaltpilze ist, kann 
man leicht begreifen, daß durch die Ableitung dieses die 
Frakturen begleitenden .Blutergusses den Spaltpilzen der gün¬ 
stige Nährboden entzogen wird. 

Aber grau ist, alle Theorie, das eine steht jedoch fest, (laß 
die Punktion zweifellos einen günstigen Einfluß auf den Ver¬ 
lauf der Basisfrakturen hat. Könnte nun die Punktion eine 
Basisfraktur ohne Trepanation definitiv heilen? Eine große 
Anzahl von Arbeiten ist neuerdings erscheinen, die sich nicht 
nur in besonders günstiger Weise über den Wirkungseffekt. 
der Punktion aussprechen, sondern ihr auch die Fähig¬ 
keit der vollständigen Heilung zuschreiben (Auvry: Ma- 
ladies du Gräne et de l’encephale, Fase. XXIX, Paris 1910). 
Diesen Autoren gegenüber stehen andere, welche ihr eine 
Wirksamkeit absprechen. Erst der vorurteilsfreien Klinik 
bleibt es Vorbehalten, durch ruhiges Abwägen der .Sach¬ 
lage allmählich den richtigen Standpunkt zu finden. 
Was uns betrifft, so möchten wir uns der Ansicht 
zahlreicher namhaften Fachleute anschließen, welche die 
Lumbalpunktion als theoretisch wohl fundiertes und durch 
praktische Erfolge erhärtetes Heilverfahren ansehen. Es 
wäre gewiß nicht recht, wollten wir den Patienten Mittel 
vorenthalten, die in praxi mit Erfolg angewandt wurden. 

Zusammenfassung: Die Lumbalpunktion spielt 
eine wichtige Rolle in der Diagnose; den wiederholten Punk¬ 
tionen kommt auch in schwereren Fällen von Basisfrakturen 
ein heilender Einfluß zu. Ist die hierbei entleerte Flüssig¬ 
keit blutig tingiert, so kann man fast mit Sicherheit 
einen Bruch des knöcheren Schädelgerüstes' annehmen 
[Jianu 19 )] und darf die Punktion wiederholen; auch 
ist es von Wichtigkeit, eine größere Menge Flüssigkeit (etwa 
30 40 ccm) abfließen zu lassen. Eine weitere Vorsichts¬ 

maßregel ist die, bei Vornahme mehrerer Punktionen die¬ 
selben von unten nach oben zu verschieben, damit nicht 
durch eine accidenteHe, der vorhergehenden Punktion zu¬ 
zuschreibende Blutung eine Rotfärbung der Punktionsflüssig¬ 
keit bewirkt wird. 

19 ) Jianu: Lumbalpunktion bei Schädelbrücheu. Spitalul 1908, 
No. 8. 





. 7 °C _ THERAPEUT ISCH E RUNDSCHAU 1910. 

Dr. Josef Sollei (Pest): Die klinische Wirkung des Ehrlich- 
scheu Diamidoarsenobcnzols. (Münch, med. Wochenschr., 

1910, No. 89.) 


Verfasser berichtet über seine Erfahrungen an 86 Fällen 
aus den verschiedensten Stadien der Syphilis. Wesentlich 
Neues bringen seine Ausführungen nicht, sie bestätigen das 
von anderen Autoren Berichtete. Wir wollen darum nur 
einige Einzelheiten anführen. In einem Falle von auf lueti¬ 
scher Basis entstandener Aortitis mit heftiger Angina pectoris, 
in dem das Arseuobenzol als letztes Refugium angewendet 
wurde, um den Kranken von seinen unerträglichen Beschwer¬ 
den zu befreien, hörten nach der Injektion die Anfälle voll¬ 
ständig auf. Bei Tabes und beginnender Paralysis pro¬ 
gressiva sah Verfasser keine nennenswerten Erfolge, in 
manchen Fällen jedoch symptomatische Besserungen. Was die 
Technik der Injektion anlangt, so bevorzugt Verfasser jetzt die 
von Alt und Schreiber angegebene Methode. Es löst die 
Substanz in 3—4 ccm '/io Normalnatronlauge, untersucht die 
Reaktion mittels Lakmuspapier, gibt dann 3—6 Tropfen 15proz. 
Natronlauge hinzu und verreibt. Gewöhnlich wird die 
Mischung dann von gallertartiger Konsistenz, weshalb noch 
1—2 ccm Wasser zugegeben werden müssen. Die zu inji¬ 
zierende Flüssigkeit beträgt dann 7—9 ccm. Nach Verfasser 
ist die Wirkung des Arsenobenzols in den Fällen am größten, 
in denen die Spirochäten schon vorher unter Quecksilber¬ 
wirkung gestanden haben; wahrscheinlich sind die vom Queck¬ 
silber geschwächten Parasiten dem Arsen gegenüber empfind¬ 
licher geworden. ' K. L. 

Dr. K. I . Hoffmaim: Ueber Asurol zur Behandlung der Syphilis. 

Aus der Klinik für Hautkrankheiten der Krankenanstalten 

der Stadt Düsseldorf. Direktor Dr. C. S t e r n. (Med. 

Klinik, 1910, No. 27.) 

Für die Syphilistherapie stehen uns mehrere Behandlungs¬ 
arten zur Verfügung. So die Schmierkur, die subkutane In¬ 
jektion und dann die interne Darreichung von Quecksilber¬ 
präparaten. Im Mittelpunkt des Interesses steht die Behand¬ 
lung der Syphilis durch subkutane Injektionen. Verfasser 
lenkt die Aufmerksamkeit auf das Asurol, ein Doppelsalz aus 
amidooxy buttersau rem Natron und Quecksilbersalicylat mit 
einem Gehalt von 40,3 pCt. metallischem Quecksilber. Das 
Präparat wurde von ihm in der Hautklinik der Krankenanstalt 
der Stadt Düsseldorf bei 40 Syphilitikern geprüft. Als erster 
hat sich Seisser in den „Therapeut. Monatsheften“, 1909, 
H. 12, geäußert. Zur Anwendmig kamen 2 ccm einer 5 proz. 
Lösung, die Injektion wurde bis zum Schwinden der Symptome 
jeden zweiten Tag ausgeführt. Aus einigen in der Publikation 
aufgeführten Krankengeschichten geht zweifellos die frappante 
Wirkung hervor, die wir mit Ausnahme von Kalomel mit 
keinem uns zur Verfügung stehenden Präparat erzielen können. 
Seiner schnell, resorbierenden Eigenschaft wegen soll es dort 
angewendet werden, wo ein prompter Erfolg wünschenswert 
erscheint. Nachteile hat es wie alle bekannten Antiluetica, 
die sich aber vermeiden lassen. Zwei Hauptvorzüge sind die, 
daß das Präparat nie eine ausgesprochene Stomatitis hervor¬ 
ruft oder die Nieren reizt. 

Seiner chemischen Konstitution wegen ist das Präparat 
aber nicht imstande, den Kranken lange vor einem 
Rezidiv zu schützen. Dies gilt nicht nur für alle löslichen 
Salze, sondern auch für das unlösliche Hydrarg. salicylic. Das 
einzige Präparat, das längere Zeit im Körper bleibt, ist das 
graue Oel. Es liegt daher der Gedanke nahe, Asurol mit dem 
grauen Oel, wie es Neisser in seiner Publikation erwähnt 
hat, zu kombinieren. Während aber Neisser Asurol und 
graues Oel nebeneinander gab, leitete Verfasser die Behand¬ 
lung mit Asurol ein bis zum Schwinden der Symptome, gab 
dann einige Spritzen graues Oel und intermittierend einige 
Spritzen Asurol. Auch an Hand der Wa s s e r m a n n sehen 
Reaktion wurde die Wirkung des Präparates kontrolliert, in 
der Mehrzahl der Fälle trat eine negative Reaktion ein. G. 

Stabsarzt Dr. H. Werner (Hamburg): Das Ehrlich-Hata-Mittel 
606 hei Malaria. (Deutsche med. Wochenschr., 1910, No. 39.) 

Verfasser berichtet über die im Institut für Tropenkrank¬ 
heiten zu Hamburg angestellten Versuche, die Malaria mit 
dem Dioxyamidoarsenobenzol zu behandeln. Anfänglich 
wurden lediglich chininresistente Fälle von brasilianischer 
Malaria dieser Behandlung unterzogen, später wurde das Mittel 
auch bei anderen Fällen von Malaria versucht. Im ganzen 
wurden 22 Fälle behandelt, 11 Tropica- und 11 Tertianainfek- 
tionen. Die Dosis wurde allmählich gesteigert, anfangs wurde 
nur 0,3 gegeben, später wurde auf 0,6—0,7 g gegangen, und 
zwar wurden die Injektionen subkutan, intramuskulär oder 
intravenös, in einigen Fällen sowohl subkutan wie intravenös 
gemacht. Die größte intravenös gegebene Dosis betrug 0,5 g. 
Es zeigte sich, daß das Mittel stärker gegen Tertiana als gegen 
Tropica wirkt. Eine einmalige Dosis von 0,6 (kombiniert intra¬ 
venös und subkutan) genügte, die Tertianaparasiten aus dem 
peripherischen Blut zum Verschwinden zu bringen und das 


No. 47. 

Fieber zu beseitigen. Diese Wirkung wurde in durchschnittlich 
24 Stunden erzielt. Nur in drei von den 11 behandelten 
lertiaUnfällen traten Rezidive auf, und zwar nach 4, 7 und 
2L lagen; in diesen Fällen w'aren die Dosen zu klein, nämlich 
0,3; 0,4 und 0,5 g. Viel ungünstiger waren die Ergebnisse bei 
den Tropicafallen; in sechs Fällen gelang es überhaupt nicht, 
die Parasiten zum völligen Schwinden zu bringen; in fünf Fällen 
verschwanden die Parasiten aus dem Blut nach 12—48 Stun¬ 
den, aber die Parasiten traten nach durchschnittlich sechs 
Tagen wieder auf und wichen erst einer dann eingeleiteten 
Chinintherapie. Ob die Wirkung bei der Tertiana von längerer 
Dauer ist, läßt sich jetzt noch nicht übersehen, da die Be- 
obachiungszeit erst eine Reihe von Wochen beträgt. Die An¬ 
wendung des neuen Mittels ist vorläufig in denjenigen Fällen 
indiziert, in denen Chinin versagt, und bei 'Chininintoleranz. 

Gustav Schuster, Medizinalpraktikant in Frankfurt a. M.: In¬ 
wiefern genügt die mikroskopische Untersuchung auf 
Tuberkelbacillen mit den neueren Färbmethoden zur 
Diagnose „Tuberkulose der Harnwege?“ (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 39.) 

Bekanntlich sind die Smegma-Bacillen Stäbchen von ähn¬ 
lichem morphologischem und tinktoriellem Verhalten wie die 
Tüberkelbacillen und könnten daher bei nur mikroskopischer 
Harnuntersuchung zu Verwechselung mit diesen Veranlassung 
geben. Verfasser untersuchte diese Frage und kam zu folgeif- 
deu Ergebnissen: Smegmabacillen werden im spontan gelasse¬ 
nen Urin häufig, bei Frauen sehr viel häufiger als bei Männern 
gefunden, im Katheterurin finden sich Smegmabacillen nicht. 
Smegmabacillen werden durch Korallin-Methylenblau in den 
meisten Fällen entfärbt; eine noch stärkere Entfärbung tritt 
nach der Methode von G a s i s ein. Einlegen der Sediment¬ 
präparate auf 24 Stunden in Aether und Alkohol gibt unsichere 
Resultate. Antiforminbehandlung zerstört in allen Fällen die 
Smegmabacillen sowohl im Sediment wie in Reinkultur. Auf 
Grund der vorstehenden Befunde ergeben sich für die Diagnose 
der Tuberkulose der Harnwege folgende Forderungen: Es ist 
in allen Fällen möglichst Katheterurin zu verwenden. Es 
empfiehlt sich hierbei, die erste Färbung schonend unter Ver¬ 
wendung von verdünnter Salpetersäure vorzunehmen; bei 
positivem Befund Vorbehandlung des Urins mit Antiformin 
und nachfolgende Korallinfärbung. Bei Nichtkatheterurinen 
Vorbehandlung mit Antiformin und Korallinfärbung. So aus¬ 
geführt ist die Tuberkelbacillenuntersuchung des Urins keine 
sehr empfindliche Methode, einem negativen Befund ist des¬ 
halb keine Beweiskraft zuzusprechen. Hier tritt der Tierver¬ 
such in sein Recht. Aber ein positiver Befund ist genügend 
sicher und ermöglicht die Diagnose Tuberkulose. 

Dr. Alexander Zweig (Dalldorf-Berlin): Beiträge zur Klinik 
und Prophylaxe des Unterleibstyphus. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 39.) 

Verfasser berichtet über eine kleine, in den ersten Monaten 
dieses Jahres auf der weiblichen Siechenabteilung der städti¬ 
schen Irrenanstalt Dalldorf aufgetretene Endemie von Typhus- 
erkrapkungen und die dabei angestellten klinischen und epide¬ 
miologischen Beobachtungen. Er faßt diese in folgenden 
Sätzen zusammen: 1. Es gibt Typhen, die mit wenig hohem 
und kurzem Fieber einhergehen. Günstige, prognostische 
Schlüsse erlaubt dieser Verlauf nicht. 2. Es gibt Typhen, bei 
denen bis in die fünfte Woche hinein die Bacillenausscheidung 
sovvohl wie der Widal fehlt. 3. Ein von 1 :50 auf 1 :100 
steigender Widal beweist nicht das Vorhandensein eines 
ak uten Typhus. Vielleicht geben höhere Verdünnungen ver¬ 
läßlichere Resultate. 4..Eine völlig normal aussehende Milz 
kann Typhusbacillen enthalten; bei jedem verdächtigen Fall 
ist daher die bakteriologische Untersuchung der Organe (Milz, 
Gallenblase und Darm) nötig. 5. Bei Bacillemmsscheidern ist 
unbedingt Laktobacillin zu versuchen, welches häufig die Aus¬ 
scheidung von Typhusbacillen beseitigt. Es scheint durchaus 
möglich, daß es auch günstig auf den akuten Typhus wirkt. 
6. Beim Ausbruch eines Typhus ist immer an Kontaktinfektion 
zu denken. Zur Ermittelung der Infektionsquelle empfiehlt 
es sich, die Entleerungen und das Serum namentlich der „Eß- 
gemeinschaft“ des Erkrankten mehrmals mit wöchentlichen 
Pausen zu untersuchen. 7. Ein Typhusfall in einer Eßgemein- 
schaft zwängt zur besonderen Beachtung auch unscheinbarer 
Temperatursteigerungen der anderen Mitglieder. 8. Bei der 
Behandlung unsauberer Kranker ist die Holzwolle dem Moos 
vorzuziehen. Bei Typhusepidemien ist die Verschleppung der 
Keime durch die Holzw'olle möglich. 

Dr. .1. Fey (Saarbrücken): Pneumatose des Magens, geheilt 
durch unblutige Dehnung der Cardia. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 39.) 

Die Pneumatose, d. 1 l eine starke, mit heftigen Beschwer¬ 
den (Asthma dyspepticum) einhergehende Anfüllung des 
Magens mit Gas ist ein ziemlich seltenes Leiden; es ist meist 
ein Symptom der Neurasthenie oder Hysterie, manchmal auch 



No. 47. 


THERAPEUTISCHE 

tritt es als selbständige Neurose auf, auch bei Luftschlucken 
kann es zur Pneuniatose kommen. Der Zustand wird durch 
einen krankhaften Verschluß der Cardia und des Pylorus her¬ 
beigeführt. Die bisher übliche Behandlung richtet sich zu¬ 
nächst gegen das Grundleiden, bei Anfällen gibt man Narkoti'Ca. 
Verfasser hatte nun Gelegenheit, einen derartigen Fall zu be¬ 
obachten ; es handelte sich um einen 32 jährigen sonst gesunden 
Schlosser. Die bisherige' Behandlung (Brom etc., hydriatische 
Prozeduren) hatte ganz versagt; im Anfalle half nur Morphium, 
'das der Kranke stets bei sich trug. Schließlich versuchte Ver¬ 
fasser die allmähliche Dehnung der Cardia zunächst mittels 
Magensonden, dann wurde die Sonde von Gottstein ein¬ 
geführt und es gelang, die Cardia auf etwa 14% cm Umfang zu 
dehnen. Seitdem sind keine Anfälle mehr aufgetreten, auch, 
das Aufstoßen ist weniger geworden. 

Dr. Kunimatsu Takeda: Ueber das Harnpepsin als differen¬ 
tialdiagnostisches Kriterium zwischen Carcinoma ventriculi 
und Apepsia gastrica. (Deutsche med. Wochenschr., 1910, 
No. 39.) 

In Bestätigung von Untersuchungsergebnissen von 
W i 1 e n k o und teilweise von F u 1 d und Hirayama fand 
Verfasser bei seinen unter Leitung von Prof. H. Strauss an- 
gestellten. Untersuchungen, daß bei Zuständen von Apepsia 
gastrica eine Pepsinausscheidung im Urin beobachtet werden 
kann. Beim Carcinoma ventriculi scheint die Pepsinausschei¬ 
dung im Urin in einer gewissen Beziehung zur Ausdehnung 
des carcinomatösen Prozesses zu stehen insofern, als erst bei 
sehr großer Ausdehnung des Carcinoms das Pepsin aus dem 
Urin zu verschwinden scheint. Vielleicht tritt beim Pylorus- 
carcinom dieses Verschwinden des Harnpepsins etwas früher 
auf als bei dem Sitz des Carcinoms an einer anderen Stelle 
des Magens. Fehlen von Pepsin im Urin würde also ceteris 
paribus eher für Carcinom als für einfache Apepsie sprechen. 
Jedoch darf ein derartiger Schluß nach Verfasser nie in abso¬ 
luter Form gezogen werden, es ist deshalb die Methode für die 
Frühdiagnose der Carcinoms im allgemeinen nur wenig ge¬ 
eignet. Für deh Nachweis des Pepsins im Harn ist die Edestin- 
methode zurzeit die beste, weil sie eindeutig und schärfer ist 
als die anderen dafür angegebenen Methoden. Für exakte 
Zwecke ist ein Pepsinnacjiweis nur gerechtfertigt in einer Probe 
des gesamten Tagesurins. Unter dieser Voraussetzung weist 
das Fehlen von Harnpepsin auf eine Unfähigkeit der Magen¬ 
schleimhaut hin, Pepsin zu produzieren. Dadurch wird das 
Besteheu größerer anatomischer Läsionen wahrscheinlich ge¬ 
macht. Der Nachweis einer Labwirkung des Pepsins gestattet 
zunächst noch keine speziellen diagnostischen Schlüsse. 

Dr. Hans Curschmann (Mainz): Einige Indikationen und 
Kontraindikationen der Lumbalpunktion. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 39.) 

Während die hohe diagnostische Bedeutung der Lumbal¬ 
punktion allgemein anerkannt ist, hat sich die therapeutische 
Anwendung der Lumbalpunktion noch nicht das Bürgerrecht 
in der ärztlichen Praxis erworben. Verfasser unternimmt es 
deswegen, auf Grund seiner eigenen Beobachtungen den thera¬ 
peutischen Nutzen der Lumbalpunktion darzulegen. Zunächst 
ist für fast alle Formen der Meningitis die Lumbalpunktion 
von größter symptomatischer und sehr häufig heilender Be¬ 
deutung. Es ist hier zunächst die Meningitis serosa zu 
nennen. Verfasser selbst hat zwei Fälle gesehen, in denen die 
einmalige Punktion zur dauernden Heilung führte. In vielen 
Fällen gilt dies auch von der epidemischen Genick¬ 
starre. Verfasser hält auf Grund seiner Erfahrungen die 
Lumbalpunktion, d. h. die gründliche Druckentlastung und 
Eiterentleerung, für den wesentlichsten Faktor in der Behand¬ 
lung der Genickstarre, jedenfalls für wichtiger als die an¬ 
geschlossene intradurale Injektion eines Meningokokken¬ 
serums. Ei^hat eine Anzahl sporadischer Fälle durch häufige 
Punktionen allein heilen sehen, dagegen bei zwei kleinen 
Epidemien der vergangenen zwei Jahre unter Anwendung des 
Höchster Meningokokkenserums fast alle Fälle durch den Tod 
verloren. Daß auch andersartige, eitrige Meningitiden auf die 
Punktion allein nicht selten sehr günstig reagieren, wurde 
wiederholt beobachtet, allerdings mehr bei den metastatischen 
Formen als bei den direkt fortgeleiteten, z. B. otogenen Meningi¬ 
tiden. Verfasser hat fibrinös eitrige Formen im Gefolge von 
Pneumonie, Influenza und Erysipel nach Punktionen glatt 
heilen sehen; er teilt einen derartigen Fall mit. Auch die 
Fälle von meningitischen Reizerscheinungen, sogen. Meningis¬ 
mus bei Pneumonien der Kinder/Oberlappenpneumonien aller 
Altersstufen, Influenza etc., bei denen stets eine beträchtliche 
Druckerhöhung bestell!, sind der Behandlung durch die 
Lumbalpunktion zugänglich. Was die tuberkulöse Meningitis 
anlangt, so versagt hier meistens die Lumbalpunktion, trotz¬ 
dem sind in der Literatur drei Fälle berichtet, in denen cyto- 
logisch und bakteriologisch völlig sichergestellte tuberkulöse 
Meningitis durch fortgestezte Lumbalpunktionen dauernd ge¬ 
heilt wurde. — Ein weiteres, dankbares Gebiet für die Lumbal¬ 
punktion sind die pachymeningitischen Erkrankungen, vor 


RUNDSCHAU 1910. 707 


allem die Pachymeningitis haemorrhagica interna. Verfasser 
hat in drei Fällen von typischer Pachymeningitis haemorrhagica 
interna die Lumbalpunktion gemacht; bei zwei Kranken, die 
zur Zeit des Eingriffs bereits komatös waren, erfolgte nach 
1—2 Punktionen Genesung, in einem dritten Falle wurde 
wenigstens eine Besserung erzielt, welche Vi Jahr anhielt. — 
Bei traumatischen epi- und subduralen Blutungen größeren 
Umfang, besonders bei Blutungen aus der Art. meningea media 
ist die chirurgische Behandlung in Gestalt der osteoplastischen 
Resektion jederzeit und so rasch als möglich notwendig. Jedoch 
kann die Lumbalpunktion in solchen Fällen durch den Blut- 
befund im Liquor diagnostisch wertvolle Dienste leisten; aber 
auch therapeutisch ist sie in nicht seltenen Fällen bei den 
Folgen von Scliädeltraümen (Frakturen, Infraktionen, beson¬ 
ders der Basis, mit kleineren Hämatomen und sekundärer 
meningealer Reizung) von großem Nutzen; Verfasser führt als 
Beispiel hierfür zwei Fälle an, in denen nach der Lumbalpunk¬ 
tion dauernd Heilung eintrat. Zum Schluß berührt Verfasser 
die Gefahren und Kontraindikationen der Lumbalpunktion. Er 
selbst hat im Laufe von sieben Jahren, in denen er die Lumbal¬ 
punktion zu diagnostischen Zwecken ausfülirt, unangenehme 
Nebenwirkungen und Folgeerscheinungen sehr selten gesehen; 
einmal erlebte er einen unangenehmen Kollaps bei einem 
Patienten, der im Sitzen punktiert wurde. Seitdem er in Seiten¬ 
lage die Lumbalpunktion vornimmt, ist ein derartiger 
Zwischenfall nicht mehr vorgekommen. Eine Infektion bei 
der Lumbalpunktion ist äußerst selten; Verfasser hat einmal 
im Anschluß an die Lumbalpunktion eine eitrige Meningitis 
mit tötlichem Ausgang erlebt. Die ernsteste Kontraindikation 
stellen die Fälle von Blutungen und Tumoren der hinteren 
Schädelgrube, speziell des Kleinhirns dar, man hat in der¬ 
artigen Fällen nicht selten Todesfälle nach der Lumbalpunk¬ 
tion erlebt. Verfasser führt einen derartigen Fall an, der 
allerdings auch ohnehin verloren war (vorgeschrittene, ulceröse 
Lungentuberkulose und verkästes Tuberkulom des Vermis 
cerebelli). Es war in diesem Fall durch die Lumbalpunktion 
Ansaugung des Vermis cerebelli in den vierten Ventrikel und 
dadurch Kompression des Atemzentrums eingetreten. Der¬ 
artige Unglücksfälle lassen sich möglicherweise dadurch ver¬ 
hüten, daß man bei der Punktion sofort nach dem Absinken 
des Druckes eine sterile Flüssigkeit unter starkem Druck, wo¬ 
möglich bei tiefer Kopflage des Patienten, in den Duralkanal 
einspritzt, bis der intradurale Druck wieder seinen früheren 
Wert erreicht hat. Trotzdem ist nach Verfasser in manchen 
Fällen, die auf Tumor der hinteren Schädelgrube verdächtig, 
in Wirklichkeit aber Fälle von Hydrocephalus oder auch 
Meningitis serosa sind, die Lumbalpunktion indiziert und von 
therapeutischem Nutzen. R. L. 

Offcrhaus: Die Technik der Injektionen in die Trigeminus- 
stämme und in das Ganglion Gasseri. (Archiv f. klin. 
Chir.. Bd. 92, H. 1.) 

Die Schlösser sehe Methode der Alkoholinjektionen 
bei Trigeminusneuralgie hat in den letzten Jahren eine der¬ 
artige Verbreitung gefunden, daß eine — bisher fehlende — 
genaue Darstellung der anatomischen Grundlagen der Metho¬ 
den als verdienstvolles Werk erscheinen muß. Offerhaus 
hat durch exakte Schädelmessungen festgestellt, daß ein ganz 
bestimmtes Verhältnis zwischen der Größe resp. Lage der 
Schädelknochen untereinander und zwischen ihren einzelnen 
Teilen besteht: Die Distanz zwischen den Foramina ovalia ist 
annähernd gleich der Distanz der Processus alveolares maxillae, 
gemessen an der Außenseite hinter dem letzten Molarzahn 
(Distantia mteralveolaris externa). Macht man einen Frontal¬ 
durchschnitt durch den Schädel gerade an der Vorderseite der 
Tubercula articularia des Kiefergelenks, so zeigt sich, daß die 
Foramina ovalia entweder in diesem Durchschnitt oder höch¬ 
stens bis zu 6 mm dahinter liegen. Die Verbindungslinie an 
der Vorderseite der Tubercula articularia (Linea intertubfer- 
cularis) schneidet den Ramus mandibularis trig. Die Distanz 
zwischen den Foramina rotunda ist gleichfalls mit einem Spiel¬ 
raum von wenigen Millimetern gleich der Distanz der Proc. 
alveol. maxillae an der Innenseite gemessen (Distantia inter- 
alveolaris interna). Die Foramina rotunda münden in den 
oberen Hinterteil der Fossae spheno-palatiuae; verbindet man 
die Foramina spheuo-palatina durch eine Linie, so geht diese 
gerade an der oberen Seite des Jochbogens vorbei (Linea 
interzygomatica). Die Foramina rotunda liegen 2—4 mm über 
und etwas hinter dieser Linie, also auch der 2. Trigeminusast; 
das Ganglion spheno-palatinum liegt meistens in dieser Linie. 

Nach diesen Daten kann man somit durch Messung der 
Distantia mteralveolaris und intertubercularis mit dem Taster¬ 
zirkel mit großer Genauigkeit feststellen, bis zu welcher Tiefe 
man in der Linea intertubercularis eindringen muß, um den 
3. Ast zu treffen. Sind diese Maße z. B. 5 resp. 14 cm, dann 

liegt das Foramen ovale in einer Tiefe von 9 =4,5 cm. 

Dasselbe gilt mutatis mutaudis für den 2. Ast und das For. 
rotundum. Die in Zentimeter eingeteilte'Nadel dringt durch 
Parotis, Masseter und Pterygoideus externus auf den dritten 



708 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 47. 


Ast, Große Gefäße kreuzen diesen Weg nicht. Für den zweiten 
Ast wird die Nadel am oberen oder unteren Rand des Joch¬ 
bogens eingeführt. Stört der Proc. coronoideus inandibulae, 
so läßt man den Mund weit öffnen. 

Die Methode der Nervenauästhesierung läßt sich auch zur 
Erzielung einer vollkommenen Lokalanästhesie zwecks Aus¬ 
führung von anderen Operationen im Gebiete des Trigeminus 
verwenden. Durch Injektion von 2,5 ccm einer % proz. Kokain- 
Adrenalinlösung in den Ramus maxillaris und mandibularis 
an der Schädelbasis erzielt man eine vollständige, etwa eine 
Stunde anhaltende Analgesie. Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Leopold Fischer (Heidelberg): Ein Fall von Dysbasia 
angiosclerotica (intermittierendem Hinken) mit dem Sym¬ 
ptom der Ischämie und nachfolgenden Hyperämie. (Münch, 
med. Wochenschrift, 1910, No. 39.) 

Der von Verfasser mitgeteilte Fall betrifft einen 63 jähri¬ 
gen, bis dahin gesunden Zugmeister, der unter den typischen 
Erscheinungen des intermittierenden Hinkens erkrankte. Es 
bestanden daneben beiderseits Plattfüße und ein angioueuroti- 
sches Symptom: Wenn der Kranke einige Male im Zimmer 
auf- und abging, erfolgte, bald nachdem der Schmerz in der 
Wade und im Fuß aufgetreten war, ein deutliches rasches 
Blässerwerden des untersten Teiles des Unterschenkels und 
des Fußes, welcher zuletzt ein wachsartig leichenhaftes Aus¬ 
sehen annahm, um dann, nach Nachlassen des Schmerzes, all¬ 
mählich wieder mehr Farbe zu bekommen, um schließlich 
ausgesprochene Hyperämie zu zeigen, die nach einiger Zeit 
wieder zurückgeht (Angiospasmus mit nachfolgender Angio- 
parese). In ätiologischer Beziehung scheint vor allem Tabak¬ 
mißbrauch in Betracht zu kommen (10—14 Zigarren täglich, 
dazu noch 2—3 große Pfeifen). Was die Behandlung anlangt, 
so wurden innerlich Jodpräparate, Aspirin, Tinct. Valerisan. 
aether., Amylnitrit versucht; außerdem Bettruhe resp. Schonung 
des Beins, warme Vollbäder, warme Fuß- und Uuterschenkel- 
bäder, ebensolche Salzbäder, feuchtwarme Einpackungen von 
Fuß und Unterschenkel mit Kamillentee- oder Salzwasser¬ 
kompressen, lokale Sonnenbäder, kühle nasse Abreibungen, 
spirituöse Einreibungen. Durch alle diese Mittel wurde keine 
wirkliche und dauernde Besserung erzielt, aber doch ein Fort¬ 
schreiten des Prozesses verhindert. Was die Anfälle selbst an¬ 
langt, so bringt dem Patienten Schütteln des kranken F'hßes 
Erleichterung (Anregung der Zirkulation). Außerdem wirkt 
Einatmen von Amylnitrit (2—5 Tropfen) günstig. R. L. 

Dr. Raschkow, Spezialarzt für Nervenkrankheiten in Berlin: 
lieber Gynoval, ein neues ISuldriaupräpurat. (Therapeu¬ 
tische Monatshefte, 1910, No. 5.) 

Das offizineile Baldrianinfusum äußert sich durch schlech¬ 
ten Geschmack und einen unangenehmen Geruch. Die be¬ 
kannten, in Gelatinekapseln lancierten Baldrianpräparate rufen 
unangenehmes Aufstoßeu hervor. Ein neues Präparat, das 
sich durch gute Verträglichkeit auszeichnet, ist das Gynoval, 
der Isoborneolester der Isovaleriansäure. Verfasser hat das 
Präparat in 30 Fällen, bei 12 Frauen und 18 Männern, erprobt. 
Das Indikationsgebiet war Neurasthenie, Hysterie, Epilepsie, 
Insomnie' und Arteriosklerose. Im allgemeinen genügten drei 
bis vier Perlen pro die, bisweilen wurde die Dosis gesteigert. In 
fast allen Fällen wurde das Gynoval anstandslos vertragen und 
gern genommen. Versagt hat das Präparat nur in drei Fällen 
und zwar handelte es sich um eine Epileptikerin, einen 
Fall von Neuralgia occipitalis und eine Frau mit klimak¬ 
terischen Beschwerden. In 27 Fällen konnte eine eklatante 
Wirkung konstatiert werden. 

Im Vergleich mit den bekannten in der Praxis ein¬ 
gebürgerten Baldrianpräparaten läßt sich feststellen, daß die 
Bekömmlichkeit des Gynovals gegenüber jenen eine bessere 
ist, und glaubt daher Verfasser das Präparat mit gutem Ge¬ 
wissen empfehlen zu können. G. 

Dr. Berthold Koerner (Magdeburg): Erfahrungen über 
Novaspirin. (Therapeutische Monatshefte, Mai 1910.) 

Wenn Verfasser erst heute über seine Erfahrungen be¬ 
richtet, so geschieht dies hauptsächlich aus dem Grunde, weil 
er über einige neue Indikationen für Novaspirin verfügt. 
Gerade durch das Fehlen einer starken Schweißbildung ist das 
Präparat zur Behandlung neurasthenischer und tuberkulöser 
Patienten geeignet. Neu ist die Anwendung bei leichter Schlaf¬ 
losigkeit in Fällen, wo Alkaloide und überhaupt Hypnotica 
vermietjen werden sollen. Die Dosis beträgt 2 Tabletten in 
warmem Wasser aufgeschwemmt. Auch bei heftigen Zahn¬ 
schmerzen auf neuralgischer Basis und bei direkter Erkran¬ 
kung der Pulpa und cariösen Zähnen kann man mit 6 Tabletten 
pro die die Schmerzen coupieren. Empfehlenswert ist die 
Verwendung des Novaspirins bei akuten Verdauungsstörungen 
des Magens, die durch fermentative Prozesse hervorgerufen 
sind. Auch bei Darmkrankheiten und chronischen Durch¬ 
fällen hat sich das Präparat gut bewährt. Verfasser verwendet 
in diesen Fälle]] folgende Formel: 


Rp. Extr. Opii.0,02 g 

Novaspirin.0,5 „ 

D. t. dos. No. X. 

S. Dreimal täglich 1 Pulver. 

Privatdozent Dr. Oscar Gros (Leipzig): Uebcr eine Methode, 
die anästhesierende Wirkung der Lokalanästhetica zu 
steigern, 

i Privatdozent Dr. A. Läwen (Leipzig): Ueber die Verwendung, 
des Novocains in Natriumbicarbonat-Kochsalzlösungen zur 
lokalen Anästhesie.- (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 
No. 39.) 

Auf Grund von theoretischen Ueberlegungen und experi¬ 
mentellen Untersuchungen kam G. zu dem Ergebnis, daß in 
den Lösungen der Salze der Lokalanästhetica der eigentlich 
wirksame Bestandteil die durch hydrolytische Spaltung in 
der Lösung entstandene freie Base ist, und daß somit die 
Basen schneller und intensiver wirken als die Salze. Man 
könnte daher die Basen in stärkerer Verdünnung verwenden 
als die Salze. G. zeigt dies am Kokain, Novocain, Alypin, 
Eucain. Für die Praxis kommt aber die Verwendung der 
Basen nicht in Betracht; denn ihre Lösungen reagieren alka¬ 
lisch und es würde deshalb in ihnen das Hilfsmittel der Lokal¬ 
anästhesie, das Suprarenin, schnell zerstört werden. Man 
kann nun aber annähernd dieselbe Wirkung erzielen, wenn 
J man die Karbonate und Bikarbonate der betreffenden An- 
j ästhetica verwendet; es tritt dann nämlich eine starke Hydro- 
! lyse der Salze, d. h. Zerlegung derselben in die Säure und die 
Base ein. Es ist nun nicht zweckmäßig, die Karbonate der 
Anästhetica zu verwenden, weil diese zum Teil so stark hydro¬ 
lytisch gespalten sind, daß die Base ausfällt. Dagegen haben 
sich als gut brauchbar die Bikarbonate erwiesen, von denen 
besonders das Novocain leicht löslich ist. Man erhält durch 
Kombination der Anästheticachloride mit Natriumbicarbonicum 
| Lösungen, die stärker hydrolysiert sind, also stärker wirken, 
als die Chloride, und welche gegen Phenolphthalein sauer 
reagieren, so daß eine Beeinträchtigung der Suprareninwirkung 
nicht zu befürchten ist. Es ergab sich auch experimentell, daß 
die Bikarbonate der verschiedenen Lokalanästhetica ein viel 
stärkeres Anästhesierungsvermögen besitzen, als die Chloride, 
j d. h. die Anästhesie tritt viel schneller ein und es sind zur Er- 
[ zieluug der Anästhesie geringere Konzentrationen erforder¬ 
lich. Diese Ueberlegenheit der Bikarbonate über die Chloride 
wird nach G. sich besonders bei der Leitungsanästhesie zeigen, 
weniger ausgesprochen bei der Infiltrationsanästhesie. Am 
zweckmäßigsten ist das Novocain zu verwenden, weil dessen 
Bikarbonat am leichtesten löslich ist. Man kann hier Lösungen 
von etwas über 5 pCt. hersteilen. Auf je 1 g Novocainchlorid, 

I wie es im Handel erhältlich ist, gibt man 0,25 g Natrium- 
bikarbönat. Man kann beide Salze getrennt lösen und dann 
mischen oder das Novocain in die Lösung des Natriumbikar- 
| bonat bringen. Außerdem ist ein Zusatz von NaCl nötig zur 
Herstellung der Isotonie. Will man konzentriertere als 5 proz. 
Lösungen von Novocain anwenden, so muß man im Verhältnis 
weniger Natriumbikarbonat zusetzen, weil sonst ein Nieder¬ 
schlag j entsteht. Man kann z. B. zu 10 ccm einer 10 proz. 

| Lösung 1 von Novocainchlorid 0,1 g Natrium bicarbonicum zu¬ 
setzen. 

L. hat in der Leipziger chirurgischen Universitätsklinik 
die praktische Prüfung der Novocainbikarbonatlösungen in 
ihrer anästhesierenden Wirkung auf den Menschen durch¬ 
geführt. Die untere Wirkungsgrenze der Novocainchlorid¬ 
lösungen liegt bei 0,1 pCt.; für Novocainbikarbonatlösungen 
ergab sie sich zwischen 0,05 und 0,03 pCt. Man kann somit 
annehmen, daß beim Menschen die Novocainbikarbonatlösungen 
in 2—3 mal geringerer Konzentration auf die sensiblen Nerven¬ 
endigungen wirken als die Novocainchloride. Einmaliges Auf¬ 
kochen erhöht die anästhesierende Wirkung der,, Bikarbonat¬ 
lösung, wahrscheinlich deswegen, weil die Bikarbonate da¬ 
durch teilweise in Karbonate übergeführt werden, deren 
Hydrolyse noch stärker ist. Zugleich wird die Lösung durch 
das einmalige Aufkochen in genügender Weise sterilisiert. 
Macht man sich mit einer 2 proz. Novocainbikarbonatlösung 
eine Hautquaddel, so bleibt die Anästhesie 15 Minuten lang 
bestellen; gibt man auf 30 ccm dieser Lösung vier Tropfen 
Adrenalin 1 :1000, so hält die Anästhesie einer hiermit ge¬ 
bildeten Quaddel eine Stunde lang an. Daraus geht hervor, 
daß das Adrenalin in den Novocainkarbonatlösungen seine 
Wirkung nicht einbüßt. Weitere Versuche des Verfassers an 
sich selbst und einigen Kollegen ergaben, daß bei Verwendung 
der Novocainkarbonate die völlige Leitungsanästhesie ganz be¬ 
deutend länger anhält als bei den Chloriden. Diese Tatsache 
hat sich auch bei praktischer Verwendung der Novocainbikar¬ 
bonatlösungen bestätigt; L. sieht darin den Hauptvorzug dieser 
Lösungen. Ferner ergab sich, wenn auch weniger deutlich, 
daß die Leitungsanästhesie schneller eintritt, als bei Verwen¬ 
dung des Novocainchlorids. Auch zur extraduralen Sacral- 
anästhesie hat Verfasser die Novocainbikarbonatlösungen ge¬ 
eignet befunden. Was die Herstellung der Lösungen anlangt, 
so kann man nach L. sich trockene Mischungen der drei Be- 




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No. 47. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


staudteile Novocainchlorid, Natr. bicarbonic. purissim. und NaCl 
durch den Apotheker in entsprechenden Verhältnissen her- 
slellen lassen. Zur Bereitung, der gewünschten Lösung genügt 
es, ein derartiges Pulver in der entsprechenden Menge 
Aq. destiil. zu lösen, einmal aufkochen, abkühlen zu lassen 
und Adrenalin in Tropfenform zuzugeben. L. verwendet 
folgende Kombinationen: I. 2proz. Lösung: Natr. bicarb. 
puriss. pro analysi Merck 0,15, NaCl 0,1, Novocain 0,8, 
zu lösen in 80 ccm Aq, destiil. II. 1 l A proz. Lösung: Natr. 
bicarbonic. puriss. pro analysi 0,2, NaCl 0,2, Novocain 0,75, zu 
lösen in 50ccm Aq. destiil. III. 1 proz. Lösung: Natr. bicar¬ 
bonic. puriss. pro analysi 0,25, NaCl 0,5, Novocain 1,0, zu lösen 
in 100 ccm Aq. destiil. IV. H proz. Lösung: Natr. bicarbonic. 
etc. 0,15, NaCl. 0,5, Novocain 0,5, zu lösen in 100 ccm Aq. destiil. 
Für die extradurale Sacralanästhesie benutzt L. Lösung I oder 
II (20 25 ccm). Für die reine Infiltrationsanästhesie sind 
von den Novocainbikarbonatlösungen nach L. keine besonderen 
Vorteile zu erwarten; dagegen sind sie sehr geeignet für die 
regionäre Anästhesie. Für die gewöhnliche Leitungsunter¬ 
brechung an den Fingern, der Hand und den Zehen empfiehlt 
sich besonders Lösung III. Mit Lösung I oder II konnte L. 
auch größere Nervenstämme, wie den N. ischiadicus, unter¬ 
brechen. Die Schmerzaufhebung hält in der Regel 4—5 Stunden 
an. Besonders brauchbar erwies sich die Novocainbikarbonat¬ 
lösung (III) für Zahnextraktionen. Im Mittel konnte die Zahn¬ 
extraktion vier Minuten nach der Injektion schmerzlos vor¬ 
genommen werden. R. l. 

H. Riedl: Die Erfolge der Operation des Plattfußes nach der 
Methode von Glcich-Brenner. (Archiv f. klin. Chir., Bd. 92, 
H. 2.) 

Die Gleich sehe Plattfußoperation besteht in schräg- 
■iineärer oder keilförmiger Osteotomie des Calcaneus von einem 
plantaren Bügelschnitt aus mit Verschiebung des abgetrennten 
Fersenhöckers nach vorne, innen und unten. Brenner hat 
diese Methode in der Weise modifiziert, daß der Schnitt an die 
Innenseite des Fuß^s verlegt und der abgemeißelte Fersen¬ 
höcker stark nach einwärts disloziert wird. Riedl berichtet 
mm über die mit dieser Methode von B r e n n e r im Kranken¬ 
hause in Linz erzielten Resultate. Bei 31 von 37 Fällen konnte 
das Dauerresultat nachgeprüft werden: 13 Fälle waren voll¬ 
kommen geheilt und beschwerdefrei; 14 vollkommen arbeits¬ 
fähig, wenn auch nicht ganz beschwerdefrei; vier waren ge¬ 
bessert, aber nicht völlig arbeitsfähig. Obwohl das normale 
Fußgewölbe durch die Operation nicht wieder hergestellt wird, 
ist die Methode doch geeignet, bei schweren Fällen selbst 
fixierten Plattfußes alle Beschwerden dauernd zu beseitigen. 
Es genügt die Einwärtsverschiebung des Fersenhöckers. Bei 
dem Schnitt an der Innenseite lassen sich Nerven- und Gefä߬ 
verletzungen mit Sicherheit vermeiden. 

• •>•»'< 1 ' V" T| r ; . | , 1 I | ’H 

H. Kümmel!: Wodurch setzen wir die Mortalität der Appen¬ 
dicitis herab und verhüten Abscesse und Peritonitiden? 
(Archiv f. klin. Chir., Bd. 92, H. 2.) 

Als ein ärztliches Mahnwort an das ärztliche Gewissen 
könnte man diese hervorragende Arbeit bezeichnen, welche auf 
Grund einer enormen persönlichen Erfahrung in markanten 
lapidaren und klassischen Zügen den gegenwärtigen Stand der 
brennenden Appendicitisfrage kennzeichnet. „Gerade das, 
was für unser Handeln zu wissen am wünschenswertesten 
wäre, den pathologisch-anatomischen Zustand der Appendix 
zu kennen, sind wir leider außerstande. Dieses Unvermögen 
der frühzeitigen Prognosenstellung macht die Appendicitis zu 
einer so unheimlichen und gefürchteten Erkrankung. Wir 
können in vielen Fällen nicht wissen, welchen Verlauf das 
anscheinend leicht beginnende Leiden nehmen wird. Ehe die 
Aerzte nicht von ihre:' göttlichen Höhe herabsteigen und sich 
offen zu dem Eingeständnis bequemen, daß wir zurzeit außer¬ 
stande sind, in vielen Fällen der akuten Appendicitis voraus¬ 
zusagen, wie dieselbe verlaufen wird, so lange werden wir die 
Mortalität nicht so weit herabsetzen, wie wir es können und 
sollen, so lange werden wir auch weiter Peritonitiden und 
Abscesse mit ihren unberechenbaren Konsequenzen in Behand¬ 
lung bekommen.“ Nach den Erfahrungen der pathologischen 
Anatomen tragen 4 /r, aller Menschen einen latent kranken 
Wurmfortsatz mit sich herum. Die Appendicitis sieht K. als 
eine Infektionskrankheit an, welche durch die ver¬ 
schiedenartigsten Krankheitserreger hervorgerufen werden 
kann und sich auf dem Boden eines vorher kranken, jedoch im 
Ruhestadium befindlichen Wurmfortsatzes entwickelt. Die 
Diagnose bereitet in manchen Fällen die allergrößten 
Schwierigkeiten. Alle früher als maßgebend geltenden Sym¬ 
ptome, Fieber, Pulsbeschleunigung etc. etc., können selbst bei 
den schwersten Fällen fehlen. Auch die neueren diagnosti¬ 
schen Hilfsmittel, Leukocytenzählung, Viskositätsbestimmung 
oder das A r n e t h sehe Blutbild geben uns keinen Anhalts¬ 
punkt über den momentanen Zustand des Wurmes und den 
voraussichtlich weiteren Verlauf der Erkrankung. Bei dieser 
Lage der Dinge besitzen war einzig und allein in der frühzeiti¬ 


gen Entfernung des krankmachenden Organs das sicherste 
Mittel, den Kranken definitiv von seinem Leiden zu befreien, 
ihn in kürzester Zeit zu heilen und von den mit dem Abwarten 
verbundenen Gefahren der Absceßbildung und Peritonitis zu 
bewahren. Die Frühoperation schließt keine besonders großen 
Gefahren in sich. Die Mortalität der innerhalb der ersten 
48 Stunden ausgeführten Operation beträgt bei K. 0,5 pCt. 
Leichteste, schon nach wenigen Stunden spontan zurückgehende 
Attacken bedürfen der Operation nur dann, wenn sie durch 
allzuhäufiges Kezidivirfen Beruf und Lebensfreude beein¬ 
trächtigen. Die nach interner Behandlung als „geheilt" be- 
zeichneten Fälle sind tatsächlich meist nicht geheilt, sondern 
nur in das vorübergehende Stadium der Latenz übergeführt. 
Das Rezidiv ist in solchen Fällen die Regel, aie Dauerheilung 
die Ausnahme! Die innere Medizin behandelt, 
die Chirurgie heilt die Appendicitisk ranken. 
Nur durch die Entfernung des Wurmes ist eine 
sichere Heilung möglich. Je früher dieser 
Eingriff bei der akuten Appendicitis statt¬ 
findet, um so sicherer und gefahrloser tritt 
die Heilung ein! Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Heinrich Siegfried Loebl: Ueber Appendicitis im höheren 
Lebensalter. (Wiener med. Wochenschr., 1910, No. 40.) 

Die Appendicitis in höherem Alter (über 51 Jahre) ist eine 
recht seltene Erkrankung, die aber wegen ihres von der sonst 
beobachteten Appendicitis abweichenden „heimtückischen“ 
Verlaufes erhöhte Beachtung verdient. Sie kommt namentlich 
in zwei Formen vor: Als Absceß in der Fossa iliaca beziehungs¬ 
weise als pseudoneoplastische Form, fast ebenso oft als Appen¬ 
dicitis im Bruchsack. Die Alters-Appendicitis zeichnet sich 
durch geringeres Hervortreten der Lokalsymptome und durch 
unbestimmte Störungen des Allgemeinbefindens aus. Ihre 
Diagnose ist dadurch erschwert. Das operative Ergebnis ist 
aus diesem Grunde, sowie durch häufigeres Vorkommen von 
Komplikationen ungünstiger, als das bei der Appendicitis der 
jüngeren Altersstufen. 

Dr. Felix Heymann (Berlin-Charlottenburg): Zur Bekämpfung 
von Nachgeburtsblutungen und Umgehung der manuellen 
Placcutarlösung durch die Schlauchkonstriktion nach Mom- 
burg. (Berl. klin. Wochenschr., 1910, No. 39.) 

Unmittelbar nach den ersten Mitteilungen Momburgs 
ist diese Methode auch in der Geburtshilfe mit bestem Erfolge 
angewendet worden, und es hat sich dabei gezeigt, daß sie hier 
in doppelter Weise günstig wirkt. Erstens wird durch die Um¬ 
schnürung direkt die Blutung gestillt, zweitens wirkt die da¬ 
durch entstehende Anämie des Uterus als kräftiger Wehenreiz, 
so daß bei Blutungen, die vor c(er Ausstoßung der Placeuta 
eintreten, die Lösung dieser außerordentlich beschleunigt 
wird, und nach ihrer Ausstoßung der Uterus in fester Kontrak¬ 
tion bleibt, auch wenn der Schlauch wieder gelöst wird. Durch 
die Anregung kräftiger Kontraktionen des vorher atonischen 
Uterus machte die Schlauchkonstriktion in vielen Fällen die 
manuelle Placentarlösung überflüssig. Gegenüber den guten 
Resultaten von Siegwart, Höhne, Weber teilt Kie¬ 
lender Mißerfolge mit. Da die Methode noch neu und ihre 
Resultate strittig sind, berichtet H. in vorliegender Arbeit über 
zwei kurz nacheinander beobachtete Fälle, in denen er sie mit 
bestem Erfolge anwendete. Seine beiden Fälle zeigen, daß 
zur Improvisation der M o m b u r g sehen Konstriktion ein guter 
Irrigatorschlauch ausreicht. Trotzdem hält Verfasser es für 
empfehlenswert, einen stärkeren Schlauch speziell für diesen 
Zweck in der geburtshilflichen Tasche mit sich zu führen. Die 
beiden Fälle sind beachtenswert, weil sie die wehenauregende 
Wirkung der Konstriktion gut illustrieren, welche diese 
Methode zu einem vorzüglichen Ersatz der manuellen Placeu- t 
talösung macht. Im Vergleich mit der manuellen Lösung er¬ 
scheint aber die Konstriktion viel schonender und weniger 
schmerzhaft, zugleich ist sie auch viel weniger gefährlich. Die 
Anregung der Wehen durch die Anämie ist bei den älteren 
Arbeiten über die Aortenkompression nicht beobachtet. Für 
H.’s ersten Fall kommt noch folgendes hinzu: ln den bisherigen 
Mitteilungen über die Schlaüchkonstriktion in der Geburtshilfe 
handelte es sich durchweg um bereits bestehende schwere 
Blutungen. Nur für die Hysterotomie ist der Schlauch in der 
Münchener Klinik öfter prophylaktisch angelegt worden, um ihn 
im Falle stärkerer Blutung sofort zuzuziehen. Ein derartiges 
prophylaktisches Verfahren empfiehlt sich aber nach Verfasser 
auch "für solche Fälle, in denen, wie in seinem ersten Fall, 
nach Anamnese und Befund mit einer stärkeren Blutung zu 
rechnen ist. Natürlich darf auch dabei der Schlauch nicht vor 
Eintritt einer Blutung zugezogen werden; dazu ist der Eingriff 
nicht harmlos genug. Aber Verfasser möchte empfehlen, ihn 
I bei solchen Geburten bereit zu halten und sofort zuzuziehen, 

I sobald eine die Norm überschreitende Blutung beginnt, schon 
ehe dieselbe einen bedrohlichen Charakter angenommen hat. 

Kr. 




710 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 47. 


•j 



If. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allerem. Medic. Central-Zeitnng“.) 

Sitzung vom 2. November 1910. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Vor der Tagesordnung: 

Herr Ludwig Meyer demonstriert* einen Manu mit trau 
matischem Schlottergelenk in der linken Articulatio maxillaris. 1 
Vor acht Tagen hat Pat. den Mund weit aufgerissen und dabei 
eine typische Luxation erlitten. Durch einen Faustschlag auf 
die gesunde Seite renkte er den Unterkiefer wieder ein. Jetzt 
kann man beobachten, wie bei jeder Bewegung des Unter¬ 
kiefers dä's Gelenkköpfchen aus der Pfanne sich entfernt. 
(Demonstration.) 

Tagesordnung: 

Ueber Gastroskopie. (Mit Lichtbildern.) 

Herr H. Elsner: Der Zweck des Vortrages ist, über weitere 
Ergebnisse der Gastroskopie zu berichten. Die Gastroskopie 
ist von der Oesophagoskopie nicht zu trennen, die schon seit 
30 Jahren geübt wird; aber die wenigen Zentimeter, welche 
ein solches Hohlrohr zurücklegen muß, um in den Magen zu 
gelangen, komplizieren die Methode so sehr, daß die Gastro¬ 
skopie noch .heute ein ungelöstes Problem darstellt. Es kommt 
noch ein weiterer Unterschied hinzu; wenn es gelingen würde, 
mit einem verlängerten Oesophagoskop in den Magen zu ge¬ 
langen. so könnte man von der Magenschleimhaut nur ein 
markstückgroßes Stück übersehen was keinen praktischen 
Wert hätte. Um ein größeres Gesichtsfeld zu bekommen, 
müßte man ein zentriertes Linsensystem und ein Prisma ein- 
fügen, Dinge, die das Oesophagoskop sehr komplizieren 
würden. Die Möglichkeit, das Innere des Magens dem Auge 
zugänglich zu machen, begann, als man das Cystoskop kennen 
lernte. Hier sind die Versuche von Mikulicz zu nennen, 
welcher es versuchte, ein winklig gekrümmtes Rohr einzu¬ 
führen. Die winklige Knickung macht aber die Anwendung 
eines doppelten optischen Apparates notwendig, was indes das | 
gastroskopische Bild zu einem undeutlichen gestaltet, außer¬ 
dem wird das Kaliber des Instrumentes zu groß. 15 Jahre i 
später nahm Rosenheim die Versuche Mikulicz’ auf. 
Sein Gastroskop bedeutet insofern einen Fortschritt, als es ihm 
gelang, das starre Instrument, das sich an Nitz es Cystoskop 
anlehnt, in Rücken- und Seitenlage des Patienten einzuführen. 
Rosenheim hat seitdem nichts mehr darüber publiziert. 

K e 11 i n g und K u 11 n e r konstruierten dann ein Instrument, 
das sich wie eine weiche Magensonde einführen läßt und nach 
der Einführung durch einen Mechanismus gestreckt werden 
kann. Es hat sich aber nicht bewährt. Endlich errangen 
Löning und Stieda einen weiteren Fortschritt, indem 
sie ein Gastroskop schufen, das ein Mittelding zwischen 
starrem und weichem System darstellend, aus einem oberen 
starren und unteren beweglichen Teil besteht. Eingang in die j 
Praxis hat auch diese Konstruktion nicht gefunden. Daß wir 
auch heute noch kein brauchbares für die interne Medizin 
verwertbares Gastroskop besitzen, spricht für die Schwierig¬ 
keiten des Problems. Diese sind einmal anatomischer, 
zweitens rein technischer Natur. Sehr störend ist die große 
Entfernung, welche für die Einführung des Instrumentes in Be¬ 
tracht kommt (60—65 cm), eine große Schwierigkeit besteht 
in dem Zugang zum Magen auf dem Wege über Pharynx und 
Oesophagus und in dem Umstande, daß es gelingen muß, eine 
gerade Linie zu schaffen zwischen dem Auge des Untersuchers 
und dem Inneren des zu untersuchenden Organs. Bei dev 
Ovstoskopie ist dies sehr einfach herzustellen, da die Harn¬ 
röhre ein bewegliches Organ ist. Die Speiseröhre dagegen 
hat nur eine .geringe passive Beweglichkeit, im abdominalen 
Teile derselben ist die Beweglichkeit gleich Null. Wir können 
daher die optische Achse nur durch geeignete Lagerung des 
Patienten herzustellen suchen was nicht in allen Fällen leicht 
beziehungsweise möglich ist. Personen mit gedrungenem 
Körperbau, mit stark vorspringendem Oberkiefer, starker 
Krümmung der Wirbelsäule scheiden für die gastroskopische 
Untersuchung aus, sie sind dazu ungeeignet. Auf Grund der 
bisherigen Erfahrung läßt sich indes sagen, daß in der großen 
Mehrzahl der Fälle, in denen die gastroskopische Untersuchung 
in Frage kommt, diese Methode anwendbar ist. Stellen doch 
gerade die Personen mit paralvtischem Habitus das größte 
Kontingent an Magenkranken. Das Problem hat aber noch 
eine Reihe technischer Schwierigkeiten zu überwinden: unter 
anderem muß eine einfache Vorrichtung vorhanden sein, um 
das Prisma während der Einführung des Instruments vor Ver¬ 
unreinigung zu schützen. Vortragender ist zur Ueberzeugung 
gelangt, daß ein bewegliches Instrument nicht geeignet ist, die 
an dasselbe zu stellenden Anforderungen der Klinik zu er¬ 
füllen, er hat sich daher von vornherein an die starren Instru¬ 
mente gehalten und war bestrebt, in Anlehnung an die Ver¬ 
hältnisse des Cysloskops möglichst einfache Vorrichtungen zu 

y,IVER5ITY F P4CHIQAN 


schaffen. Das Instrument (Modell) besteht aus einem Tubus 
mit optischem Apparat nach Schlagintweit und enthält 
einen Luftkanal zur Aufblähung des Magens. Die Besichtigung 
schließt sich direkt an die Einführung des Instrumentes an. 
Der Verlauf des abdominalen Teils der Speiseröhre, der aus¬ 
gesprochen nach links und vorn gerichtet ist, verlangt eine be¬ 
sondere Gestaltung des unteren Ansatzes des Gastroskopes. 
Da dem wechselnden Verlauf des abdominalen Endes der 
Speiseröhre Rechnung getragen werden muß und es einen An¬ 
satz, der für alle Fälle paßt, nicht gibt, so wählte Vortragender 
einen elastischen aus Gummi bestehenden Ansatz und glaubt, 
damit Ungefährlicbkeit hinsichtlich etwaiger Verletzungen 
durch das Instrument erreicht zu haben. 

Vortragender hat die Aufgabe zu . lösen gesucht, das Ge¬ 
sichtsfeld des Gastroskopes zu erweitern, um größere Teile 
des Magens übersehen zu können. Nachdem er die Richtung 
und Stellung des Instrumentes innerhalb des Magens röntgeno- 
skopisch studiert hatte, verwandte er zwei Gastroskope, eins 
mit einer Optik, welche eine Achsenablenkung von 45° und 
eins, das eine Ablenkung von 60 aufwies. Auf diese Weise 
vermochte er fast sämtliche, klinisch wichtigen Teile der 
Mageninnenwand zu übersehen. Vortragender geht nun auf 
die Frage ein, die das Hauptinteresse beansprucht; auf die 
Frühdiagnose des Magencarcinoms und erörtert, ob es gelingen 
dürfte, durch Verwendung des Gastroskops eine Besserung 
der Frühdiagnose zu erreichen. Die meisten Autoren sind der 
Ansicht (Boas u. a.), daß die Forderung der Chirurgen, 
Maeencarcinome früh zur Behandlung zu bekommen, uner¬ 
füllbar sei; denu es gibt eine große Reihe von Fällen, in denen 
zur Zeit des Auftretens der klinischen Symptome das Carcinom 
schon inoperabel ist; eine zweite Gruppe, bei der klinische 
Symptome vorhanden sind und das Carcinom noch operiert 
werden kann. Der Hauptgrund dafür, daß diese nicht zur 
Operation kommen, liegt daran, daß die Patienten zu lange 
intern behandelt werden oder eine Operation ablehnen. Eine 
dritte Gruppe gibt es endlich, die rechtzeitige Symptome auf¬ 
weisen, bei der aber die Diagnose wegen Unklarheit der 
Symptome nicht auf Grund längerer Beobachtung gestellt 
werden kann. Wird nun die Gastroskopie imstande sein, mit 
der Probelaparotomie zu konkurrieren? — Daß das Problem 
der Gastroskopie nun gelöst ist, glaubt Vortragender selbst 
nicht, dazu hat es zu viele Schwierigkeiten, es bedarf erst der 
Mitarbeit vieler und einer ausgedehnten Erfahrung an einem 
großen Material. In dem Prinzip der Gastroskopie erblickt er 
indes einen Weg. auf dem man zn einer Lösung des Problems 
gelangen dürfte (Demonstration). 

Diskussion: 

Herr Kraus bemerkt, daß in seiner Klinik versucht worden 
ist, die Oesophagoskopie für klinische Zwecke auszunutzen. 
Er gibt zu. daß die Gastroskopie keine allzugroßen Gefahren 
in sich schließt; es besteht aber eine Schwierigkeit, auf die 
der Vortragende nicht hingewiesen hat: nämlich die Unmög¬ 
lichkeit. bei der stetigen Bewegung des Magens die Pars antri 
nvlori abzuleuchten. Das Röntgenverfahren dürfte hier weiter 
führen, als die Gastroskopie. 

Herr Bosenheim: Bei der Gastroskopie sind zwei Probleme 
bereits gelöst gewesen, als Vortragender an sie herantrat: es 
war festgestellt, daß es möglich ist. ein starres Rohr in den 
Magen einzuführen und große Teile sichtbar zu machen: ferner 
war auch eine brauchbare Optik bekannt. Woran Redner 
selber gescheitert ist. war die Gefährlichkeit des Verfahrens, 
deshalb habe er es aufgegeben. Ob durch den weichen Gummi¬ 
ansatz die Gefahren ausgeglichen werden, und dadurch die 
Gastroskopie ein größeres Feld sich erobern wird, ist möglich. 

Herr Kuttner: Die Bemühungen Elsners um die Ver¬ 
besserung der gastroskopischen Technik sind anerkennens¬ 
wert. trotzdem glaubt K„ daß die Gastroskppie keine große 
Verbreitung finden wird, wegen der Gefahren! die mit der 
gastroskopischen Untersuchung verbunden sind, sei es. daß 
man mit geraden oder gegliederten Instrumenten arbeitet. Die 
besten Kenner der Methode haben schon Todesfälle im An¬ 
schluß an gastroskopische Untersuchungen erlebt. Die Be¬ 
rechtigung das Gastroskop anzuwenden, würde K. nur für 
schwere Fälle anerkennen. Stößt man aber auf Schwierig¬ 
keiten dann würde er von weiteren Versuchen abraten und 
eher die Probelaparotomie empfehlen. 

Herr Ullmann betont ebenfalls die möglichen Gefahren 
der Gastroskopie, besonders bei Magengeschwür und hält das 
Verfahren für überflüssig. 

Herr Elsner (Schlußwort) bestreitet, daß die Unter¬ 
suchung mit seinem Gastroskop iirgendwelche Gefahren in sich 
birgt. Betreffs der Bedeutung der Gastroskopie habe er sich 
sehr vorsichtig ausgedrückt, die Zukunft wird das Weitere 
lehren, Britzman n. 


No. 47. 


THERAPEUTISCHE 

Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. 

(Eigenbericht der „Allgem. Modie. Coutral-Zeitung".) 

Sitzung vom 7. November 1910. 

Vorsitzender: Herr Kraus. 

Zum ersten Vorsitzenden wird Herr Kraus, zum stellver¬ 
tretenden Herr His, zum .Mitglied der Geschäftskommission 
Herr Gutzmann gewählt. 

Tagesordnung: 

Ueber Lipämie bei Diabetes. 

Herr Klemperer möchte die Aufmerksamkeit auf eine Er¬ 
scheinung, ein Symptom des Diabetes l’ichten, welches in der 
Literatur wenig besprochen, worüber eine Klarheit nicht 
gewonnen worden ist, die Lipämie. Sie besteht darin, daß das 
.Blutserum von milchiger Beschaffenheit, erscheint und im 
Aderlaßzylinder ein milchiges, trübes Serum sich absetzt. 
II. hat 1906 bei einem komatösen Diabetiker rite den Aderlaß 
gemacht und war erstaunt über diese milchige Beschaffenheit 
des Serums. Die Mehrzahl der Aerzte, auch solcher, die das 
Coma diabeticum gut kennen, hat dieses Symptom nicht be¬ 
merkt. Denn die meisten Lipämien bemerkt man nicht zuerst; 
erst beim Abstehen sieht man, wie das milchige Serum sich 
absetzt. 

Vortr. hat bisher 92 Diabetiker zur Ader gelassen, darunter 
waren 40 leichte Fälle ohne Acidosis; bei diesen ist nie Lipämie 
gewesen; sie haben kein fetthaltiges Serum geliefert; unter 
00 Fällen mit Acidosis haben 43 Lipämie gehabt. Die gewaltige 
Mehrzahl der Acidotiker hat Lipämie. Aber es giot solche 
Fälle auch ohne Lipämie; indes die schweren Fälle haben alle 
Lipämie; wenigstens haben sich diejenigen, bei denen das Blut 
nicht fetthaltig war, schließlich doch als leichtere entpuppt; 
sie haben auf die modernen Verfahren, eiweißarme Kost, Hafer¬ 
mehlkuren besonders gut reagiert; von 7 sind 6 zuckerfrei ge¬ 
blieben; unter den schweren smd 21 im Koma gestorben; davon 
hatten 17 Lipämie; 4 hatten keine Lipämie; aber sie sind nicht 
im Koma gestorben, sondern der eine bekam eine Osteomyelitis 
purulenta, der andere schwere Gangrän und der dritte tuber- 
nulöse Myelitis; auch der vierte starb nicht an essentiellem 
Koma. Das Koma, welches am Ende einer langdauernden 
Acidose eintritt, hat immer Lipämie im Gefolge. 

Ueber das klinische Verhalten der Kranken kann Vortr. 
nicht viel sagen. Es ist die schwere Form des Diabetes. Die 
Lipämie ist nicht ganz konstant; sie kann rückgängig werden. 
Unter den Fällen sind mehrere, bei denen sie einmal da, ein¬ 
mal nicht da war. Bei genügender Behandlung ist sie ge¬ 
schwunden. Allmählich wurde die Lipämie bei anderen 
immer stärker und führte schließlich zum Koma. 

Auch Schröpfkopfblirt genügt zur Feststellung, ja tropfen¬ 
weise aufgefangenes Blut in der Kapillare, um den Charakter 
des Blutserums zu erkennen (Ne iss er). Manchmal ist das 
Phänomen auch im Augenhintergrunde zu sehen; man sieht 
milchweiße Netzhautgefäße und schokoladenbraune Ver¬ 
färbung der Papille. 

Vortr. ist der Bedeutung der Lipämie um so mehr nach¬ 
gegangen, als die Literatur wenig Ausbeute liefert. Die Einen 
sagen, sie komme zustande, indem der Kranke abmagert. 
Naunyn und v. Noorden sprechen von Transport-Lipämie, 
andere Autoren haben gemeint, der schwere Diabetiker könne 
sein Fett nicht zersetzen. Es handle sich um Hemmung der 
Lipolyse. Schließlich hat man gemeint, es handle sich um 
eine Zersetzung der fett- bezw. lipoidhaltigen Organe, z. B. des 
Gehirns, des Rückenmarks; sie sollen an Lipoiden verarmen 
und das Koma verständlich erscheinen lassen. Welche Er¬ 
klärung ist die richtige? 

Vortr. hat nun lipämisches Blut untersucht, zuerst allein, 
dann mit Hilfe von Chemikern, den Herren Dr. Umber, 
Simon und Reh wald. Es zeigt sich nun das für uns über¬ 
raschende Resultat, daß es sich nicht um reines Fett, sondern 
um eine Mischung im Aetherextrakt handelt, welche außer 
Cholesterin und Lecithin nur zum kleinen Teil reines Fett ent¬ 
hält. Vortr. unterdrückt alle methodologischen Bemerkungen, 
stets wurde der Schmelzpunkt bestimmt; die größtmögliche 
Reinigung ist angestrebt worden; auf Lecithin-Bestimmungen 
hat er verzichtet, die Cholesterin-Mengen sind also eher etwas 
zu gering ausgefallen. 

Der Normalwert des Aetherextraktes ist 0,6 pCt; es hat 
also jeder Mensch immer 0,6 pCt. Fett im Blutserum. Ungelöst 
bleibt die Frage, wie der Organismus klare Lösung des Fettes 
darstellen kann; die Höchstwerte des Blutfettes betragen 0,8 
bis 0,9 pCt. Was darüber liegt, ist pathologisch. In diesem 
Fettextrakt sind normal 0,06—0,09 pCt. Cholesterin enthalten; 
für das Lecithin notiert Vortr. mit Einschränkungen 0,12 bis 
0,15 pCt. in normalen Zeiten. 

Bei Coma diabeticum beträgt das Gesamtätherextrakt 
1,8—2,5—4,5—6,3. Was aber bisher als Lipämie galt, ist keine 
Lipämie, sondern eine Lipoidämie. Schon früher war das 
durch Fische r (Bonn) erkannt worden. Das reine Fett ist 
nur ein geringer Teil des „Fettgehaltes", der größte Teil 
stammt vom Cholesterin (als Ester) und aus der Zersetzung 


RUNDSCHAU 1910. 711 

des Lecithins; nur 10 pCt. des Gesämtätherextraktes sind reines 
Fett, 90 pCt. Lipoide. 

Es fragt sich nunmehr, was wir über die Ursache des 
Cholesterin- und Lecithinkreisens im Blute feststellen können. 
Kann das Transportfett sein? Letzteres stammt aus dem 
Unterhautfeit, das ist aber lipoidfrei. Die Nahruugsfette sind 
meist lipoidhaltig. Der Mensch genießt täglich lipoidhaltige 
Nahrung, denn jede zellige Substanz, jedes Fleisch ist lipoid- 
haltig. Die Butter und Sahne sind stark lipoidhaltig, ebenso 
die Milch. Das sind ja Zellsekretiouen, in der Milch sind 
0,02, in der Butter 0,03 pCt., in der Sahne 0,1—0,4 pCt. vor¬ 
handen. Wenn wir uns fettreicher nähren und Fleisch essen, 
nehmen wir viel Lipoide zu uns; diese können im Blute kreisen. 
Wird das Fett deponiert, dann trennen sich Fett und Lipoide. 
Es müssen also andere Ursachen sein. 

Cholesterin kreist immer im Biute. Wenn ein Mensch 
sich cholesterinfrei ernährte, würde fortwährend Zellzerstörung 
stattlinden. Auch das Material zum Zeliaul'bau enthält Lipoio. 
ist Ernährung ohne Lipoide möglich? Es ist in keiner Weise 
angängig, ein Tier cholesterinfrei zu ernähren. Jede eiwei߬ 
freie Nahrung behält trotz aller Entätherung immer. Cholesterin 
bei sich. Nur durch Kali kann es aufgeschlossen werden. 
Dann würde das Eiweiß aber ungenießbar. Ein Hund wurde 
so ernährt, nämlich mit Plasmon, das tagelang mit Kali be¬ 
handelt, cholesterinfrei gemacht werden sollte. Aber es ent¬ 
hielt immer noch 0,7 pCt., ebenso das Brot 0,8 pCt. Der Zucker 
ist iipoidfrei. Weim man einen Hund von 6 kg (es geschah 
das vom 22. Dezember 1909 bis 13. April 1910) mit dieser 
cholesterinarmen Kost ernährt, so werden ihm doch Cholesterin- 
mengeu täglich zugeführt, es waren 16 Tage 0,4, 55 Tage lang 
0,5, 37 Tage lang 0,6 Cholesterin täglich. Diese Mengen sind, 
kleiner als die des Blutes. Beim löten hatten alle Organe 
normale Werte; ja es fand sich sogar 1,5 pCt. gegen 1,2 pCt. 
des normalen Hundes. Das Blutserum des Tieres, welches 
so ernährt worden ist, hat einen Gehalt von 0,5 pCt. Gesamt¬ 
extrakt und 0,5 pCt. Cholesterin. Das Tier sorgt für die Cho¬ 
lesterinkonstanz seiner Organe und des Serums. Ein anderer 
Hund wurde ähnlich behandelt; täglich wurden von ihm im 
Kote 0,32 g ausgeschieden. Die Schlüsse aus diesen Einzel¬ 
beobachtungen dürfen nicht zu weit gehen, aber sie passen 
zu der Meinung, daß das Cholesterin einen Kreislauf im Körper 
vollzieht. So viel Cholesterin, wie die Zellen brauchen, 
nehmen sie auf; bei ihrer Zersetzung scheiden sie es wieder 
aus. Aber im Kote mit der Galle usw. scheiden sie nur so viel 
ab, wie nötig ist, um sich auf gleicher Höhe zu erhalten. 

Nun hat man Hemmung der F'ettzersetzung angenommen. 
Das lipolytisclie Ferment ist durch Co ml stein und 
Michaelis eingeführt worden. Sie fanden, daß das Fett 
durch die roten Blutkörperchen verzehrt wird. Das ist ein 
Versuch, um das Klarwerden des Serums nach Fettentnahme 
zu erklären. Das war aber keine glückliche Methode. Kurze 
Zeit nach der Aufnahme wird zwar das Blut zuerst trübe, dann 
klar. Vortr. und seine Mitarbeiter haben Blutkörperchen mit 
dem lipämischen Aetherextrakt versetzt, aber Fluornatrium zu¬ 
gesetzt. Dieser Zusatz bewirkte, daß eine Zersetzung nicht 
stattfand. Es ist sicher, daß das Ferment nicht zu Recht be¬ 
steht. Die Physiologen haben von dieser Tatsache, die Vortr. 
1907 bekannt gab, noch wenig Kenntnis genommen. Vortr. und 
seine Mitarbeiter haben die Zersetzung dadurch erklärt, daß 
sie das Blutfett mit Blutkörperchen und reinem Sauerstoff 
schüttelten. Dabei entstand zwar Fettzehrung, aber das ge¬ 
schah ohne Blutkörperchen, nur durch O. Es ist also die Lipo¬ 
lyse nur durch O entstanden. Dann kann auch die Anhäufung 
von lipoiden Elementen, von Fett im Blute der Kranken nicht 
aus mangelnder Lipolyse erklärt werden. 

Nun könnte das Lipoid aus den Organen stammen. Alle 
Organe hat Vortr. untersucht bei Gesunden und bei solchen, 
die im Koma unter starker Lipoidämie starben. Das kann ein 
Kliniker nicht allein. Die Chemiker haben vier Jahre lafig 
täglich acht Stunden gearbeitet. Es fand sich, daß das Gehirn 
bei Koma an Cholesterin nicht ärmer ist als bei normalen 
Menschen, der normale Gehalt ist 2,9—3,2. Das stimmt mit 
der Literatur überein; bei Koma waren die Werte 3,06—3,002— 
3,2, dann 2,87 und 2,79. So kleine Abweichungen fallen der 
Methode zur Last. 

Die Untersuchung der Leber ergab dasselbe Resultat. Sie 
verarmt nicht im Koma; ebenso der Muskel. Die Nierenwerte 
entsprechen im Koma durchaus dem normalen Gehalt der 
Niere. Dann kam das Knochenmark. Es ist noch sehr wenig 
analysiert worden. Aber auch der Cholesteringehalt der 
Trockensubstanz desselben verarmt nicht im Koma. Einei' der 
schwersten Fälle, der 25 pCt. Lipoide hatte, hatte 1,14 pCt. 
Cholesterin gegenüber dem normalen Wert, der zwischen 0,2 
und 1,6 liegt. Warum der Gehalt so sehr schwankt, weiß 
Vortr. nicht anzugeben. Bei alten Menschen wird der Cho¬ 
lesteringehalt geringer, hier wird das Knochenmark wasser¬ 
reich. 

Aus andern Organen kann der Cholesterinreichtum nicht 
stammen. Wir stehen vor der wichtigen Tatsache, daß Lipoide 
in großen Mengen im Biute kreisen, ohne daß die Organe, die 




7.12 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Ko. 47. 


Zellen des Körpers an Lipoiden verarmen. Vortr. will ver¬ 
suchen, aus den modernen Anschauungen über den schweren 
Diabetes ein Bild davon zu geben, wie der Cholesterinreichtum 
des Blutes entstehen kann. 

Wichtig ist die Tatsache der gesteigerten Zellzersetzung 
im Organismus, der eine gleiche N-Ausscheidung n i c h t ent¬ 
spricht. Wir glaubten bislang, daß so viel N in den Urin 
kommt, wie Eiweiß zersetzt wird. Diese Tatsache mußte aul- 
gegeben werden, als man den schweren Diabetes kennen 
lernte. Sonst dürfte auch nicht mehr Zucker herauskommen, 
als der Eiweißzerstörung entspricht. Denn bei schwerem 
Diabetes stammt der Zucker aus dem Eiweiß. 


Wie kann man das erklären? Zuerst hat Umber die 
Aufklärung gegeben, daß die Zersetzung des Eiweißes nicht 
zur Ausscheidung aller Bestandteile, aller Moleküle desselben 
Anlaß gibt. Der Zucker kann z. B. von drei Molekülen ab¬ 
geschieden werden, aber von einem wird er zurück¬ 
behalten und neuerdings zum Anbau verwertet. Es ist also 
ein partieller Eiweiß-Abbau. Daraus rührt die Vorstellung 
her, daß die innere Zersetzung bei Diabetes viel schwerer, viel 
umfangreicher ist, als wir im chemischen Protokoll der Urin¬ 
untersuchung lesen können. Gerade bei Diabetes sind die 
Eiweißzersetzungen schwer. Daher stammen die Bestrebungen, 
den Stand der Eiweißzersetzung nach Möglichkeit einzu¬ 
schränken, indem wir möglichst wenig Eiweiß zuführen. Das 
Eiweiß, das zugeführt wird, dient nicht blos als Kraftquelle, 
sondern auch zum Aufbau neuer Substanzen; von den Zellen 
des schweren Diabetikers wird fortwährend Lipoid und Blut¬ 
serum abgeschieden, welches ebenso schnell von anderen 
Zellen aufgenommen und zum Neubau benutzt wird. 

Das ist der Ausdruck des schweren Ringens des Organis¬ 
mus, welcher das Eiweiß zersetzt, um sich neue Kohlehydrat¬ 
quellen zu sichern, eines schließlich ergebnislosen Ringens. Bei 
diesem Ringen werden Lipoide frei. Das ist die Lipoidämie. 

Bewahrheitet sich diese Auffassung, so wird sie eine 
wesentliche Beziehung zur praktischen Therapie des Diabetes 
liefern. 

lieber Atoxyl und seine Derivate. 


Herr F. Blumenthal: Aus Atoxyl 


NH, 

A 


V ONa 

Af<on 


kann man 


eine ziemlich ähnliche Verbindung mit Quecksilber bilden: das 
Quecksilber-Atoxyl NH, . Die Substanz ist, sollte 

A A 

m ii 

V 0 HgO^ V 
^ s <OH HO>A s 


man annehmen, entsprechend giftiger; eine Summierung von 
zwei Giften finde statt. Aber die pathologische Anatomie er- 
giebt, daß die Veränderungen z. B. an Niere und Darm ganz 
andere als bei Atoxyl sind. Letzteres bedingt deutliche 
Rötung an der Grenze zwischen Rinde und Mark; bei Queck- 
silberatoxylvergiftimg finden sich dagegen sehr blasse Nieren. 
Der Darm zeigt hierbei fast nur die Erscheinungen der Hg-Ver- 
giftung. Anders ist es bei Einführung von Jod und Brom in 
die Konstitution des Atoxyls, z. B. J . Dann entstehen 

A 

■ ‘ *<sa 

fejfl o 


Körper, die 3—4 mal so giftig wie das Atoxyl sind. Nun könnte 
man denken, daß es doch zwei Körper sind, die zusammen¬ 
wirkend giftig sind. Aber die einverleibte Menge J ist doch 
recht gering. Nun könnte man supponieren, daß die Stelle 
des J im Benzolkern — es ersetzt die Amidogruppe — die 
Giftigkeit erklärt. Vortr. hat Versuche mit Jodphenol ge¬ 
macht. Es erwies sich aber als sehr ungiftig. Das ist also 
nicht der Grund. Noch stärker wird die Giftigkeit, wenn man 
Brom zusetzt, z. B. lautet die Formel bei der Dibrom-Ver- 
bindung UH, . 

BrA.Br 

■ ■ v 

As 

II 

0 

Diese Verbindung ist 4—6 mal giftiger als Atoxyl. Auch 
Tribromphenol ist andrerseits für die Versuchstiere absolut 
ungiftig. Immer sieht man bei den neuen Atoxylverbindungen 
starke Hämorrhagien an der Grenze zwischen Rinde und 
Marksubstanzen der Niere. 


Die erste Erklärung für diese Erscheinung hat Vortr. bei 
inoperablen Krebskranken gesehen. Bei einer Dosis von 
0,1 Jod-Atoxyl sah er keine Nebenwirkung; bei 0,2 bekam die 
Kranke intensiven Ikterus. Das hat er noch einmal beobachtet. 
Bei Tieren fand er ebenfalls in jedem Falle fettige Infiltra¬ 
tionen der Leber und Gallenfarbstoff im Harn. Es ist also 
zweifellos, daß die Jod- und Brom-Verbindungen eine starke 
Organotropie gegenüber der Leber zeigen. Bestätigt wurde 
diese Folgerung durch Untersuchungen über den As-Gehalt 
der Leber. Wenn man Ratten mit 0,01 Atoxyl — das ist keine 
giftige Dosis — behandelt, bekommt man einen geringen As- 
Spiegel, wenn man dieselben Mengen von Jod- und Brom- 
Atoxyl einspritzt, so bekommt man kolossale Mengen As in 
der Leber. Es besitzen also diese Verbindungen eine be¬ 
sondere Affinität zur Leber. Durch die Substituierung von J 
und Br wird das Atoxyl nunmehr stark affin zur Leber und 
wohl auch zu anderen Organen. Diese Vermehrung der Organo¬ 
tropie eines wenig organotropen Körpers durch J und Br ist 
vielleicht ein Gesetz, welches weitere Anwendung in der Chemie 
findet und es ermöglicht, eine Reihe von nicht organotropen 
Substanzen dadurch organotrop zu machen, daß wir Br und J 
einführen. 

Das Verhalten des Atoxyls im Körper ist für die Kenntnis 
seiner Wirkungen und Nebenwirkungen, vor allem der Er¬ 
blindung wichtig. Es ist eine reine As-Wirkung, keine Anilin- 
Wirkung. Diese von Vortr. 1902 ausgesprochene Ansicht ist 
jetzt ganz allgemein akzeptiert. Aber über die As-Wirkung 
selbst bestehen keine einheitlichen Vorstellungen. Vortr. nahm 
Abspaltung der arsenigen Säure an, andere nahmen Verbin¬ 
dungen von As mit Eiweiß an. Ehrlich meint, daß das 
Atoxyl im Körper reduziert wird, weil das fünfwertige As keine 
Wirkung auf die Trypanosomen entfaltet; wohl aber werden 
sie getötet, wenn man es reduziert und zur dreiwertigen Ver¬ 
bindung gelangt. Die betreffende Substanz ist sehr giftig; sie 
ist aber nicht gefunden W'orden. 

Bisher ist nur folgendes festgestellt: es wird eine Substanz 
ausgeschieden, welche die Amidogruppe und As im Kern ent¬ 
hält, nur ein kleiner Teil ist als arsenige Säure vorhanden. 
Wir wissen durch die Untersuchungen von Laveran und 
Rosenthal bei Malaria und Schlafkrankheit, daß die 
arsenige Säure in der Tat ein trypanosomenfeindliches 
Mittel ist. 

Nun ist das Atoxyl nicht besonders organotrop. Das gilt 
aber nur für die erste Einspritzung. Kroner und Selig- 
m a n n fanden nach mehrmaligen Injektionen um so lang¬ 
samere Ausscheidung, je häufiger die Injektion gemacht wurde, 
bei kleineren Dosen verlangsamte sich die Auscheidung nach 
der vierten, bei größeren schon nach der zweiten Einspritzung. 
Das ist von großer Bedeutung. Meist sind bis jetzt wieder¬ 
holte Einspritzungen ausgeführt worden. Igersheimer und 
Roth mann fanden, daß die Phenyiarsensäure bei der Katze 
eine besondere Affinität zum Nervus opticus hat; As wurde 
stets im Bulbus gefunden, aber immer nach mehrmaliger Ein¬ 
spritzung. Vortr. hat nun folgendes gesehen: Wenn man 
Kaninchen 0,3 Atoxyl auf einmal einspritzt, findet sich keine 
Spur im Bulbus. Aber wenn er an drei Tagen hintereinander, 
d. h. dreimal 0,1 gab, dann sah er schon etwas. Wenn wir 
die ganze Literatur der F’älle durchsehen, wo. Erblindung auf¬ 
trat, so sehen wir, hier sind häufige Einspritzungen gemacht 
worden. Die Nebenwirkungen sind um so größer, je kleiner 
das Intervall zwischen zwei Einspritzungen war. 

Während also die Erblindungsgefahr größer ist, wenn man 
dreimal hintereinander 0,3 gibt, als W'enn man einmal 0,9 gibt, 
ist die therapeutische Wirkung weit geringer. Der Abbau der 
Verbindung ist anscheinend ein anderer. Es wird z. B. mit 
jeder neuen Einspritzung anorganisches As abgespalten, um 
so weniger anorganisches As ausgeschieden. Umgekehrt ist 
es bei den Trypanosomen. Dieselben zeigen nach der Ein¬ 
spritzung ein anderes Verhalten als vorher. Sie werden all¬ 
mählich As-fest. Das entgegengesetzte Verhalten zeigen die 
Organzellen. Wir machen also durch vorsichtig tastendes Ein¬ 
spritzen die Trypanosomen immun und unsere Organzellen be¬ 
sonders empfindlich gegen As. 

Die Tatsache der Organotropie bezieht sich nur auf das 
gesunde Tier. Nun zeigte Martin .1 a c o b y das Vorhanden¬ 
sein verschiedener Gesetze bei gesunden und kranken Tieren. 
Die Affinität z. B. der Gelenke zur Salicylsäure ist bei kranken 
Tieren größer als bei gesunden. Dasselbe läßt sich bei 
malignen Geweben verfolgen, so bei Hautkrebs und Ratten¬ 
sarkom. Er hat bei seinen Versuchen die Jodarsenverbin¬ 
dungen den jodfreien Verbindungen überlegen gefunden. Es 
zeigt sich, daß außer dem Arsen das Jod eine besondere Affi¬ 
nität zu malignen Geweben aufweist. Das ist für die Therapie 
wichtig. In Uebereinstimmung mit Ehrlich und Martin 
.1 a c o b y empfiehlt Vortr. vorzugsweise solche Körper zu be¬ 
nutzen, die Affinität zu den Geweben besitzen, die wir beein¬ 
flussen wollen. Ein Stoff, der gar nicht in die Gewebe kommt, 
wird nicht direkt auf sie einwirken können. Wichtig für die 
Affinität zu Sarkomen und Carcinomen ist die Verbindung 
beider Stoffe (J und As). Es wird darauf ankommen, Körper 



No. 47. s 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


713 


mit präziser Tumorotropie bei möglichst geringer Giftigkeit 
für die gesunden Gewebe zu finden. 

Es ist zweifellos, daß auch bei bösartigen Geschwülsten 
die Wirkung der Atoxylkörper durch Zusatz von arseniger 
Säure erhöht wird. Jodatoxyl ist hier viel unwirksamer als 
Atoxyl. Gegen die Schlafkrankheit ist dieses noch durch kein 
Derivat ersetzt worden. 

Aehnlich liegen die Verhältnisse für ein Silbersalz; es 
zeigt ziemlich intensive Beeinflussung gonorrhoischer Gelenk- 
• erkrankungen. Dieses Silbersalz macht, wie man es unter 
andern Verhältnissen gesehen hatte, gar keine Abscesse, es 
wird gut vertragen. 

Diese Mitteilung möge zur Anregung der Frage beitragen, 
wie es möglich ist, bei diesen Arsenikalien durch Substi¬ 
tuierung anderer Komponenten Körper zu schaffen, die neue 
wertvolle Eigenschaften zeigen. Von großer Bedeutung ist der 
Nachweis, daß die Einsetzung von Jod und Brom in die Atoxyl- 
Fonnel eine Erhöhung der Organotropie bewirkt. 

(Schluß folgt.) 

Berliner otologische Gesellschaft. 

Sitzung vom 4. November 1910. 

Herr Lucae eröffnet die Sitzung mit einer Gedächtnisrede 
auf Hermann Schwartze, dessen unvergängliche Ver¬ 
dienste um die Ohrenheilkunde er mit warmen Worten feiert. 
Besonders die Einführung des Trommelfellschnitts und die 
Aufmeißelung des Antrum sind an seinen Namen geknüpft. 

Herr Busch demonstriert eine 31 jährige Patientin, die 
seit dem 16. Jahre an einer zunehmenden Wucherung an der 
Ohrmuschel litt. Probeexzision ergab Tuberkulose. Die von 
Nagelschmidt ausgeführte elektrische Thermopenetration 
ergab ein sehr günstiges Resultat. 

Herr Lennhoff zeigt eine Patientin mit einem dornförmig 
in den Gehörgang vorspringenden harten Tumor der vorderen 
Gehörgangswaud und spricht denselben als Chondrom an. 

Herr Graupner demonstriert mikroskopische Präparate, 
die durch Exzision eines nußgroßen Tumors von der Stirn 
einer Frau gewonnen worden sind. Die Anamnese ergab, daß 
vor vier Jahren wegen des Vorhandenseins einer eingesunke¬ 
nen Narbe an dieser Stelle eine Paraffininjektion — im ganzen 
etwa 1 Kubikzentimeter — ausgeführt worden war. ln dem 
mikroskopischen Bilde bei Färbung mit Sudan III war das 
Paraffin noch deutlich zu sehen, und zwar einmal in einem 
größeren Depot, sodann in zahlreichen engen Gewebsspalten, 
in die es offenbar bei der Injektion hineingepreßt worden war. 
Gerade die Umgebung dieser Gänge zeigte entzündliche 
Wucherung. Wo dagegen die Injektionmasse keinen stärke¬ 
ren Druck ausgeübt hatte, fehlte auch die reaktive Wucherung. 
Man soll deshalb nädh Ecksteins Empfehlung nur inji¬ 
zieren, wo man eine Hautfalte hochheben kann, andernfalls 
die Haut mit geeigneten Messerchen unterminieren. 

Diskussion: 

Herr Haike, Halle und Grossmann. 

Beiträge zur Pathologie des Labyrinthes. 

Herr Haike: Die Tatsache, daß die Aetiologie und patho¬ 
logische Anatomie der oft plötzlich in jugendlichem Alter auf¬ 
tretenden Ertaubungen noch in Dunkel gehüllt ist, gibt Vor¬ 
tragendem Veranlassung, über einen sehr instruktiven Fall 
zu berichten. Ein 19 jähriger Gymnasiast erkrankte im März 
1910 plötzlich unter mäßigen Fiebersteigerungen an rechts¬ 
seitiger hochgradiger Schwerhörigkeit, nach dem Ausfall der 
Stimmgabelprüfung offenbar labyrinthären Ursprungs. Nach 
einigen Tagen trat unter Temperatursteigerung bis 40° eine 
Orchitis auf. Das Gehör war jetzt auf % m für Flüsterstimme 
herabgesetzt. Erscheinungen von seiten des Vestibularis 
fehlten vollständig. Im Verlauf einiger Monate erholte sich 
der Patient, doch ging das Gehör noch weiter iurück. Unter 
Hinweis auf die nicht so seltenen Fälle, in denen im Anschluß 
an Parotitis epidemica einerseits Orchitis, anderseits Labyrinth- 
alfektion auftritt, meint Vortragender diesen Fall als Beispiel 
einer infektiösen Ohrerkrankung, also als epidemische Par¬ 
otitis ohne Parotisaflektion deuten zu sollen. Vielleicht sind 
viele Fälle plötzlich auftretender Taubheit ebenso zu deuten. 

Diskussion: 

Herren Schwabach, Brühl, Lucae und Blau. 

Max L e v y (Charlottenburg). 


III. Therapeutische Notizen. 

Die Gcloduratkapscln sind nach Prof. Rosin eine be¬ 
merkenswerte Neuerung auf dem Gebiete der Arzneiapplika¬ 
tion. Es handelt sich dabei um die Einschließung von Arznei- 
stoffen in Gelatinehüllen, die durch Formalinhärtung der Ein¬ 
wirkung der Magensäfte entzogen sind und daher im Darm 
aufgelöst werden. Durch Anwendung dieser Verabreichungs¬ 
form schützt man die Pat. vor der unangenehmen Neben¬ 
wirkung einer Reihe sonst recht wirksamer Medikamente, die 

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UNIVERSITY OF MICHIGAN 


auf die Magenschleimhaut eine Reizwirkung ausüben, wie die 
Digitalispräparate, ferner Theocin, Euphyllin, Natriumjodid, 
Kampfer, die Balsamica, Quecksilber etc. (Zeitschrift f. ärztl. 
Fortbildung, 1910, No. 2.) 


IV. Bücherschau. 

Medizinal-Kalender und Rezept-Taschenhuch 1911. Heraus- 
gegeben von der Redaktion der „Allg. Med. Central-Zeitung“ 
Dr. H. Lohnstein und Dr. Th. Lohnstein. 18. Jahrgang. 

Verlag von Oscar Coblentz, Berlin W. 30. Preis 2 M. 

Mit gewohnter Pünktlichkeit ist der beliebte Medizinal- 
Kalender pro 1911 erschienen. Redaktion und Verlag sind 
auch in dieser Auflage bestrebt gewesen, den Inhalt nach 
jeder Richtung zu erweitern und zu verbessern. In erster 
Linie ist hieran der pharmakologische Abschnitt beteiligt, der 
abgesehen von den Aenderungen, die die deutsche Arznei- 
Taxe alljährlich bringt, nahezu alle im letzten Jahre neu auf- 
getauchten Heilmittel aufzeigt, meist mit Preisangabe und Ver¬ 
kaufsweise (Pulver, Tabletten etc.). Noch nicht aufgenommen 
ist das Dioxydiamidoarsenobenzol (Ehrlich 606), weil es noch 
nicht im Handel ist (und nach des Ref. Meinung wohl nicht so 
bald freigegeben wird.). Dafür enthält der Band einen be¬ 
sonderen Abschnitt „Ueber die Serodiagnostik und die sogen, 
biologische Therapie der Syphilis und über die bisherigen Er¬ 
fahrungen mit dem E h r 1 i c h - H a t a sehen Mittel 606" von 
Dr. Fr. Munk. Dieser kleine, recht gelungene Aufsatz wird 
allen Kollegen, insbesondere denen, die keine Zeit für ein¬ 
gehende Literaturstudien finden, sehr willkommen sein und 
sie über das Wesen und den derzeitigen Stand der Fragen 
ausreichend orientieren. Wir empfehlen das Buch den 
Kollegen, die in demselben einen brauchbaren Ratgeber für 
viele Fragen, wie sie die tägliche Praxis bietet, finden 
werden. ,J. R. 


V. TagesgescMchte. 

Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Halle a. S. Der Konflikt zwischen Krankenkassen und 
Aerzten ist dadurch in ein neues Stadium getreten, daß der 
Magistrat als Aufsichtsbehörde die gegenwärtige ärztliche Ver¬ 
sorgung für ungenügend erklärte und bis zum 25. November 
von den Krankenkassen den Nachweis verlangt, daß für je 
1500 Mitglieder ein Arzt — die Spezialisten nicht mitgerechnet 
— zur Verfügung stehe. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, 
so wird der Magistrat die ärztliche Versorgung selbst regeln. 

Magdeburg. Auf Veranlassung der Berlin-Branden- 
burgischen Aerztekammer beschäftigte sich die Aerzte- 
kammer für die Provinz Sachsen in der Sitzung 
vom 18. Oktober mit der Verleihung des Professortitels an 
nicht einer Universität augehörige Aerzte. Nach dem von 
Prof. Schmidt-Ri m p 1 e r erstatteten Referat wurde desseu 
Vorschlag entsprechend folgender Antrag einstimmig an¬ 
genommen: „Um Mißgriffen in der Verleihung des Professor¬ 
titels an praktische Aerzte möglichst vorzubeugen, empfiehlt 
sich die strenge Beachtung des Ministerialreskripts vom 
16. Dezember 1895, wonach sie nur auf Grund „wissenschaft¬ 
licher Leistlingen von hervorragender Bedeutung“ erfolgen soll. 
Gegenüber dem bisherigen Verfahren erscheint es uns zweck¬ 
mäßig, daß die betreffenden Entscheidungen erst nach An¬ 
hörung einer medizinischen Fakultät und des zuständigen 
Aerztekammervorstandes getroffen werden.“ 

Die mehrfach vorgekommene Abweisung von Medizinal¬ 
praktikanten in Krankenanstalten aus konfessionellen 
Gründen (vgl. „Allg. Med. Central-Ztg.“, 1910, SS. 69, 276, 389, 
520) hat der sächsischen Aerztekammer Veranlassung ge¬ 
geben, ebenfalls auf Antrag Prof. Schmidt-Ri mplers 
in derselben Sitzung folgenden Beschluß zu fassen: „Der 
Aerztekammerausschuß möge den Herrn Reichskanzler bitten, 
amtlich zu publizieren, daß es unstatthaft ist, das Ersuchen 
eines Medizinalpraktikanten um Beschäftigung in einem 
Krankenhause aus konfessionellen Gründen abzulehnen. Nur 
rein-konfessionellen Krankenhäusern kann das ausnahmsweise 
erlaubt werden, ist aber alsdann in dem amtlichen Verzeichnis 
der zur Aufnahme von Praktikanten ermächtigten Kranken¬ 
anstalten ausdrücklich hervorzuheben.“ 

Universitätswesen, Personalnachrichten. 

Berlin. Der ordentliche Professor der Gynäkologie 
und Geburtshilfe Dr. K. Franz und der Direktor des Insti¬ 
tuts für Infektionskrankheiten Geh. Rat Prof. Dr. G a f f k y , 
der seit kurzem auch der Universität als ordentlicher Honorar¬ 
professor augehört, sind zu ordentlichen Professoren der mili¬ 
tärärztlichen Kaiser-Wilhelms-Akademie ernannt worden. 




BUS 


714 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 47. 


— Geh. Rat Prof. Dr. H. Senator ist von der 
Odessaer Aerztegesellschaft zum Ehrenmitglied ernannt 
worden. 

— Prof. E. Rautenbferg in Königsberg ist als Nach¬ 
folger von Prof. K. Brandenburg zum leitenden Arzt der 
inneren Abteilung des Krankenhauses Groß-Lichterfelde er¬ 
nannt worden. 

— Prof. Dr. A. Hartmann tritt im Januar 1911 von der 
Leitung der Abteilung für Hals-, Ohren- und Nasenkranke am 
Virchow-Krankenhause zurück. 

Breslau. Der von Erlangen als Abteilungsvorsteher 
des Physiologischen Instituts hierher berufene Prof. Dr. R. 
F. Fuchs ist als Privatdozent in den Lehrkörper der hiesigen 
Universität eingetreten. 

Greifswald. Der Professor der Hygiene Geh. Medi¬ 
zinalrat Dr. Loeffler ist von der Pariser Akademie der 
Medizin zum auswärtigen Mitgliede gewählt worden. 

Kiel. Der erste Assistent am pathologischen Universi¬ 
tätsinstitut Dr. Arthur W i 1 k e hat sich für allgemeine 
Pathologie und pathologische Anatomie habilitiert. 

Leipzig. Anläßlich der kürzlich festlich begangenen 
Hundertjahrfeier der Universitäts-Frauenklinik ist der Direk¬ 
tor Prof. Zweifel zum Geh. Rat ernannt worden. Die Stadt 
hat bei der gleichen Gelegenheit zwei größere Stiftungen für 
bedürftige Wöchnerinnen gemacht. 

.Kötzschenbroda. Hierselbst starb im Alter von 
9ö Jahren der Oberstabsarzt a. D. Hugo Behrens, der 
sich einst unter dem Pseudonym B. Renz als Romanschrift¬ 
steller einen geschätzten Namen gemacht hat. Eine Tochter 
des Verstorbenen, Wilhelmine He im bürg, hat sich 
auf demselben Literaturgebiet erfolgreich betätigt. 

Gießen. Der außerordentliche Professor der Kinder¬ 
heilkunde Dr. Hans K o e p p e ist zum ärztlichen Direktor 
der Zentrale für Mutter- und Säuglingsfür¬ 
sorge in Hessen ernannt worden. Sein akademisches Lehr¬ 
amt behält er bei. 

Heidelberg. Dr. Erwin Roh de, Assistent am 
pharmakologischen Universitäts-Institut, hat sich für Pharma¬ 
kologie habilitiert. 

Hambur g. In Beantwortung des Bürgerschafts¬ 
beschlusses, der u. a. durch die Ernennung des Dermatologen 
Unna zum Professor veranlaßt wurde (vgl. „Allg. Med. Cen- 
tral-Ztg.“, 1910, No. 41, S. 578) hat der Senat das Ersuchen 
der Bürgerschaft abgelehnt, da ihm selbständig das Recht der 
Titelverleihung zustehe. Wenn jetzt die nunmehr in Aktion 
tretende Schlichtungskommission kein Kompromiß 
zustande bringen kann, wird das Reichsgericht als 
oberste Instanz das entscheidende Wort in dieser Prinzipien¬ 
frage zu sprechen haben. 

Wien. Die Leitung der durch das Ableben Prof. Osers 
erledigten internen Abteilung an der Wiener Poliklinik 
ist dem Privatdozenten für innere Medizin Dr. Rudolf Kauf- 
m a n n übertragen worden. 

— Im Arkadenhof der Wiener Universität wurde am 
29. Oktober d. J. ein Nothnagel-Denkmal feierlich enthüllt. Die 
Gedenkrede auf Nothnagel hielt einer seiner ältesten 
Schüler, Prof. v. J a k s c h aus Prag, im Namen des Denkmal- 
komitees sprach Prof. v. Noorden. Das von dem Bildhauer 
Prof. v. Kauffungen herrührende Werk stellt sich als 
eine Porträtbüste auf einem sockelartigen Unterbau mit einem 
Relief allegorischer Figuren dar. Aus den aus dem In- und 
Auslande reichlich eingelaufenen Beiträgen konnten nicht nur 
die Kosten des Denkmas bestritten werden, es blieben noch 
mehr als 40 000 Kronen übrig, deren Erträgnisse alle zwei bis 
drei Jahre einem Forscher verliehen werden sollen, der auf 
Aufforderung des hierfür eingesetzten ständigen Komitees der 
so entstandenen „Nothnagel-Stiftung“ der Gesellschaft der 
Aerzte Wiens einen Vortrag über ein naturwissenschaftliches 
Thema halten wird. 

— Am 28. Oktober d. J. wurde hierselbst das Insti¬ 
tut für Radiumforschung eröffnet. Ein Großgrundbesitzer, Dr. 
Karl Kupelwieser hatte die Kosten für den Bau zur Ver¬ 
fügung gestellt. Das Unterrichtsministerium hat die laufenden 
Kosten übernommen. Der Professor der Physik Dr. Franz 
E X n e I- wurde mit der Leitung des Instituts betraut. Haupt¬ 
aufgabe des neuen Institutes ist die physikalische Erforschung 
des Radiums, das Haus umfaßt daher ein größeres physikali¬ 
sches Laboratorium und ein kleines chemisches Laboratorium. 
Das Institut für Radiumforschung besitzt, als Spende der öster¬ 
reichischen Akademie der Wissenschaften, 1,6 g Radium, 
welche einen Geldwert von einer halben Million Kronen 
repräsentieren. Es haben bereits mehrere Forscher aus dem 
In- und Auslande Arbeitsplätze belegt. 

Paris. Beinahe 81 Jahre alt, starb hier der frühere 
Präsident der Academie de Medecine Prof. E t i e n n e 
La neeraux, der lange Zeit als einer der ersten Inter¬ 
nisten Frankreichs galt lind sich auch als pathologischer 
Anatom .Verdienste erworben hat. Er hat eine umfangreiche 
publizistische Tätigkeit entfaltet. 


Turin. Als Nachfolger Lombrosos auf dem Lehr¬ 
stuhl für Kriminalanthropologie an der hiesigen 
Univei'sität ist der bisherige Professor der Physiologie an der 
Universität Modena, Dr. Mariano Patrizi, berufen 
worden. 

Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Berlin. Eine Berliner orthopädische Gesellschaft ist 
am 8. November von 39 Orthopäden und Chirurgen von Berlin 
und Umgegend gegründet worden. Die Gesellschaft wählte 
zu ihrem ersten Vorsitzenden Herrn Prof. Dr. Joachims¬ 
thal, zum zweiten Vorsitzenden Herrn Privatdozent Dr. 
Gustav Adolf Wollenberg, zum ersten Schriftführer 
Herrn Dr. Max Böhm, zum zweiten Schriftführer Herrn 
Prof. Dr. Carl Helbing und zum Kassenwart Herrn Dr. 
Konrad B i e s a 1 sk i. 

— Als Vortragender für den Berliner Zentralver- 
band zur Bekämpfung des Alkoholismus (Geschäftsstelle: 
Wilmersdorf, Tübingerstr. 1 Tel.-Amt Wi. 638) wird am 
Dienstag, den 2 9. November, abends 8 Uhr, Herr 
Prof. Dr. Strauss, Direktor des Krankenhauses der Berliner 
jüdischen Gemeinde, im großen Sitzungssaal des 
Landeshauses, Berlin W., Matthäikirchstr. 2 9, 
über „Einwirkung des Alkohols auf die inne¬ 
ren Organ e“ sprechen. Eintritt frei. 

Wien. Die k. k. Gesellschaft der Aerzte hat an Stelle des 
dahingeschiedenen Professor R. Chrobak den Universitäts¬ 
professor für Physiologie Dr. Sigmund Exner zu ihrem 
Präsidenten gewählt. 

— Am 21. Oktober 1910 hat sich hier das Komitee 
für den III. internationalen Kongreß für Gewerbekrankheiten, 
der nach Beschluß der „permanenten internationalen Kom¬ 
mission zum Studium der Gewerbekrankheiten“ im Herbste 
1914 in Wien stattfinden wird, konstituiert. Dem Komitee ge¬ 
hören die Vertreter der beteiligten österreichischen Behörden 
sowie eine große Zahl von Fachmännern an. Präsidenten des 
Komitees, sind: Hofrat Franz R. v. Haberler, Sanitäts¬ 
referent im Ministerium des Innern, Prof. A. Schatten¬ 
froh, Prof, der Hygiene an der Universität Wien. Sekretäre 
sind die österreichischen Mitglieder der internationalen per¬ 
manenten Kommission Dr. phil. et med. H. v. Schrotte r, 
Privatdozent Dr. L. T e 1 e k y. Für die Tagesordnung sind in 
Aussicht genommen: 1. Ermüdung: Physiologie und Patho¬ 
logie mit Hinblick auf die gewerbliche Arbeit. Wirkung der 
Berufsarbeit auf das Nervensystem. Nachtarbeit. 2. Arbeit 
in heißer und feuchter Luft. 3. Milzbrand. 
4. Pneumokoniosen. 5. Schädigungen durch 
Elektrizität. 6. Gewerbliche Gifte — besonders 
Anilin, Quecksilber, Blei. 7. Mitteilungen. — Anfragen 
sind an Doz. Dr. T e 1 e k y , Wien IX, Türkenstr. 23, zu richten. 

— Am 22. Oktober d. J. hat sich durch eine im hygieni¬ 
schen Universitätsinstitute tagende Versammlung die Konsti¬ 
tuierung einer neuen Organisation vollzogeri, der man nur 
kräftiges Gedeihen wünschen kann. Eine Anzahl von Gesell¬ 
schaften und Vereinigungen, deren Ziele ganz oder teilweise 
auf Gegenstände der öffentlichen Gesundheitspflege gerichtet 
sind, hat durch ihre Delegierten einen „Zentralausschuß 
für öffentliche Gesundheitspflege“ gegründet. Der Vereini¬ 
gung gehören derzeit au: Die Oesterreichischen Gesellschaften 
für Arbeiterschutz, für Gesundheitspflege, zur Bekämpfung der 
Geschlechtskrankheiten, zur Bekämpfung der Rauch- und 
Staubplage, zur Bekämpfung des Kurpfuschertums, der Oester- 
reichische Ingenieur- und .Architektenverein, der Verein Säug¬ 
lingsschutz, der „Viribus unitis“-Hilfsverein für Lungenkranke, 
der Verein zur Pflege des Jugendspiels, die Zentralstelle für 
Wohnungsreform in Oesterreich und der Zentralverband öster¬ 
reichischer Alkoholgegnervereine. Der Anschluß weiterer 
Vereine igt vorgesehen. Mit der Geschäftsführung der neuen 
Zentralstelle wurde für das erste Jahr ihrer Tätigkeit die 
Oesterreichische Gesellschaft für Gesundheitspflege, an deren 
Spitze Prof. Dr. Schattenfroh steht, betraut. Der Zweck 
dieser Vereinigung ist einerseits die gegenseitige Fühlung¬ 
nahme der Vereine untereinander zu gedeihlichem Zusammen¬ 
arbeiten, andrerseits aber auch der, in wichtigen schwebenden 
Fragen der öffentlichen Gesundheit die gemeinsame Stimme 
um so eindrucksvoller erheben zu können. 

Gerichtliches. 

Leipzig. Ueber einen Prozeß wegen ärztlichen Kunst¬ 
fehlers, der kürzlich durch R e i c h s g e r i c h t s u r t e i 1 seine 
endgültige Erledigung gefunden hat, entnehmen wir der „Voss. 
Zeitung“ das Nachstehende: 

Zu der Musikerfrau H. in Breslau, deren Entbindung un¬ 
mittelbar bevorstand, wurden die Hebamme Z. und der 
Assistenzarzt Dr. X. aus der Frauenklinik gerufen. Dr. X., 
der in Begleitung eines Assistenten erschienen war, traf zu¬ 
nächst, ehe er zur Entbindung schritt, die nötigen Vorberei¬ 
tungen. Er gab der Hebamme eine unverpackte grünlich-blau 
aussehende Oxycyanatpastille mit der Weisung, sie in 





No. 47. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


715 


Wasser aüfzulösen. Die auf dein rechten Ohre schwer¬ 
hörige Frau verstand dies jedoch dahin, sie sole die Pastille 
auf ein bißchen Wasser der Kranken geben, und tat dieses, zu¬ 
mal sie die erst seit kurzem von der Frauenklinik zum Desinfi¬ 
zieren verwandte Art von Pastillen auch dem Aeußeren nach 
nicht kannte. Als die Hebamme der Kranken die Pastille, die sie 
für ein Mittel zur Linderung der Wehen hielt, gab, waren der 
Arzt und sein Assistent ebenfalls im Zimmer und wuschen 
sich. . Auf eine Aeußerung der Kranken, sie könne „es“ nicht 
herunterschlucken, sagte der Arzt, der glaubte, die Kranke 
rede von dem ihr gegebenen Trinkwasser, noch zu der Heb¬ 
amme, warum sie der Kranken so viel kaltes Wasser zu trinken 
gäbe. Erst als Dr. X. von der Z. das Desinfektionsmittel nach 
etwa 10 Minuten verlangte, klärte sich die verhängnisvolle 
Verwechselung auf. Trotz aller sofort angewandten Gegen¬ 
mittel starb die bedauernswerte Frau bald darauf in der 
Klinik an den Folgen dieser Vergiftung. Die Staatsanwalt¬ 
schaft erhob nun gegen Dr. X. und die Hebamme beim Land¬ 
gericht Breslau Klage wegen fahrlässiger Tötung, die zu einer 
Verurteilung der Angeklagten führte und zwar des Dr. X. zu 
einem Monat und der Z. zu zwei Wochen Gefängnis. Was die 
Schuld des Dr. X. anlangte, so führte das Urteil aus, so sei 
sein Verhalten pflichtwidrig gewesen. Er habe gewußt, daß 
Oxycyanat ein tötliches Gift sei und daß dies der Hebamme 
unbekannt war. Daher hätte er äußerst vorsichtig zu Werke 
gehen müssen. Bei pflichtmäßiger Aufmerksamkeit hätte 
Dr. X. sich ferner bei der Aeußerung der Kranken über die 
Schluckbeschwerden sofort zu ihr umwenden und den Grund 
ihrer Klagen nachprüfen müssen. Auch die Hebamme habe 
sich schuldig gemacht. Sie wußte, daß sie auf dem rechten 
Ohre schwerhörig war und war somit zu besonderer Vorsicht 
verpflichtet. Auch sie hätte damit rechnen müssen, daß die 
ihr übergebenen Mittel Desinfektionsmittel seien, da bei jeder 
Entbindung stets derartige Vorbereitungen getroffen wurden. 
Somit setzten beide Angeklagte die Aufmerksamkeit aus den 
Augen, zu der sie vermöge ihres Berufes oder Gewerbes be¬ 
sonders verpflichtet waren und verursachten dadurch fahr¬ 
lässigerweise den Tod eines Menschen (§ 222 Strafgesetzbuch). 
— Gegen dieses Urteil legten beide Angeklagten Revision 
beim Reichsgericht ein und rügten Verletzung des materiellen 
Rechts. Die Hebamme hätte, nachdem sie die Worte des 
Arztes nach ihrer Meinung richtig verstanden, von diesem, 
auch wenn sie das Mittel nicht kannte, keine Erklärung zu 
fordern brauchen; sie hätte im Gegenteil dem Arzte zu ge¬ 
horchen und sei nicht berechtigt gewesen, ohne weiteres Mi߬ 
trauen in den Arzt zu setzen. Der Verteidiger des Dr. X. 
rügte, daß die Grundsätze über Fahrlässigkeit und Kausalität 
verletzt seien. Der Tod sei allerdings durch die Pastille her¬ 
vorgerufen, diese aber infolge eines durch die Schwerhörigkeit 
der Hebamme hervorgerufenen Irrtums als Arznei gegeben 
worden. Also habe dej;, Arzt nichts Pflichtwidriges getan. 
Wenn das Gericht seine Schuld in dem Unterlassen einer 
Warnung gegenüber der Hebamme darin erblicke, daß er sich 
nicht überzeugt habe, ob seine Weisungen nicht mißverstanden 
würden, so dürfe man hier nur Verpflichtungen fordern, die 
im Kreise der gewöhnlichen Erfahrungen lägen, und diesen 
sei der Arzt sowohl bei Uebergabe der Pastille wie bei seiner 
Aeußerung gegenüber der Hebamme, der Kranken nicht zu 
viel kaltes Wasser zu geben, nachgekommen. Der Reichs¬ 
anwalt stellte den Antrag auf Verwerfung der Revision. Die 
Hebamme habe nicht gewußt, zu welchem Zweck das Mittel 
bestimmt war, da sie es nicht kannte. Außerdem wußte sie, 
daß sie schwerhörig war. Also hätte sie sich sagen müssen, 
daß sie die Weisung des Arztes falsch verstanden haben 
konnte. Sie bildete sich ein, richtig gehört zu haben, und das 
.sei ihre Fahrlässigkeit. Im übrigen habe sie durchaus nicht 
dem Arzte blind zu gehorchen, sondern könne jederzeit Auf¬ 
klärung verlangen. Auch das Verschulden des Dr. X. sei hin¬ 
reichend festgestellt. Er habe gewußt, daß es sich um ein 
schweres Gift handelte und daß die Frau Z. dieses Grift nicht 
kannte. In diesem Falle hätte er entweder die Ausführung 
seines Befehls selbst überwachen oder sich nachher von der 
sachgemäßen Ausführung überzeugen müssen, da er wohl den 
Erfolg hätte voraussehen können. Dem Anträge des Reichs¬ 
anwalts gemäß verwarf das Reichsgericht (4. Strafsenat) die 
Revision. Die Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils 
seien einwandfrei und insbesondere die grobe Fahrlässigkeit 
des Dr. X. nachgewiesen. (Urt. d. R.-G. v. 8. November 1910.) 

Verschiedenes. 

Berlin. Der preußische Medizinalminister'warnt durch 
Erlaß vom 30. Oktober d. J. vor einem „Universalheilmittel“. 
Es wird darin ausgeführt: Von der Firma M. A. Winter 
C o. in Washington D. Z. werden seit mehreren Jahren zahl¬ 
reiche Agenten gesucht, um für das von ihr vertriebene Heil¬ 
mittel „Natürlicher Gesundheitshersteller“ den 
Absatz im Reichsgebiete zu erweitern. Nach den eingezogenen 
Erkundigungen stellt diese, von der Firma als „Universalheil¬ 
mittel“ bezeichnete Arznei im günstigsten Falle nur ein un¬ 


schädliches Abführmittel für hohen Preis dar, welches keines¬ 
wegs das leisten kann, was die Firma verspricht. Das Unter¬ 
nehmen läuft lediglich auf eine Ausbeutung des deutschen 
Publikums hinaus. Das Mittel ist durch Bundesratsbeschluß 
vom 27. Juni 1907 in das Vefceichnis B der Geheimmittelliste 
aufgenommen, und darf demnach nur auf ärztliche Verordnung 
abgegeben werden. Agenten, welche das im Verkauf auf 
Apotheken beschränkte Mittel vertreiben, machen sich 
strafbar. 

— Durch das vom 4. deutschen Impfgegnerkongresse an 
den Kaiser gerichtete Telegramm, in dem um Uebernahme 
des Protektorates gebeten worden war (vgl. „Allg. Med. Cen- 
tral-Zeitung“, 1910, No. 43, S. 606) ist auch die Frage wieder 
an die Oefientlichkeit getreten, ob des Kaisers Kinder 
geimpft seien. Als Antwort auf jenes Telegramm ist 
dem Verbände deutscher Impfgegner folgendes Schreiben zu¬ 
gegangen : 

Der Reichskanzler. Berlin, 10. Oktober 1910. 

(Reichsamt des Innern.) 

111 B 5669. 

Auf die Seiner Majestät dem Kaiser und König tele¬ 
graphisch vorgetragene Bitte um Uebernahme des Protek¬ 
torats über die Deutschen Impfgegnervereine teile ich im 
Allerhöchsten Auftrag ergebenst mit, daß Seine Majestät 
sich nicht bewogen gefunden haben, dem Gesuche zu ent¬ 
sprechen. Aus Anlaß Ihrer Bitte geruhten Seine Majestät 
zu bemerken, daß die Annahme, die Kaiserlichen Kinder 
seien nicht geimpft, auf einem Irrtum beruhe. — Im Auf¬ 
träge v. Jonquieres. 

Darm stadt. Unter dem 12. September d. J. hat das 
hessische Ministerium des Innern folgende Verfügung über 
die Beglaubigung der Dankschreiben, die Kur¬ 
pfuschern und Geheimmittelfabrikanten er¬ 
teilt werden, an die Kreisämter erlassen. „Es ist be¬ 
kannt, daß Kurpfuscher und Geheimmittelfabrikanten den 
ihren öffentlichen Anpreisungen beigefügten Dankschreiben 
angeblich geheilter Personen eine höhere Glaubwürdigkeit in 
den Augen des Publikums dadurch zu verleihen suchen, daß 
sie die Unterschriften der Danksagenden von Bürgermeiste¬ 
reien, Polizeibehörden und sonstigen Behörden beglaubigen 
lassen. Die Beglaubigung erfolgt häufig in einer Form (z. B. 
„Beglaubigt", „Die Richtigkeit bestätigt“), die den Anschein 
erwecken kami, als beziehe sich die Beglaubigung der Be¬ 
hörde auch auf den Inhalt des Dankschreibens. 

Eine allgemeine Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, 
Unterschriften zu beglaubigen, besteht nicht, am allerwenigsten 
dann, wemi die Zwecke, die mit den beglaubigten Schrift¬ 
stücken verfolgt werden, eine Förderung durch die Behörden 
nicht verdienen. Gegenüber dem Treiben der Kurpfuscher 
und Geheimmittelfabrikanten ist aber aus Gründen der Volks¬ 
gesundheitspflege ganz besondere Vorsicht geboten. 

Wir bestimmen daher, daß die Bürgermeistereien und 
Polizeibehörden künftig die Beglaubigung von Danksagungen 
und Erklärungen, die angeblich Geheilte für Kurpfuscher und 
Geheimmittelfabrikanten ausstellen, grundsätzlich abzulehnen 
haben. — Sie wollen die Ihnen unterstellten Behörden dem¬ 
gemäß anweisen.“ Der vorstehende Erlaß geht erfreulicher¬ 
weise weiter, als die entsprechenden vor einiger Zeit in 
Preußen und Sachsen ergangenen Verfügungen, die sich mit 
halben bezw. dreiviertel Maßregeln begnügten. 

R o m. Die italienische Regierung hat ein internatio¬ 
nales Preisausschreiben für eine Arbeit über Verhütung 
der gewerblichen Milzbrandinfektion erlassen. 
Preis 10 000 L. Die Arbeiten. müssen in italienischer oder 
französischer Sprache geschrieben und bis zum 1. Dezember 
1911 an das Ministerium für Landwirtschaft etc. eingereicht 
sein. 

— Die 1898 gegründete „Gesellschaft zum Stu¬ 
dium der Malaria“ teilt in ihrem 20. Berichte die Erfolge 
mit, die in Italien durch staatlich geregelte Abgabe des 
Chinins erzielt worden sind. Wir entnehmen der „Voss. Ztg.“ 
hierüber folgendes: Die staatlichen Vorschriften berechtigen 
jeden staatlichen Arbeiter, wie Chaussee-, Straßen-, Eisen¬ 
bahnarbeiter, Flur-, Wasser, Wald- und Kunst- (Ausgrabungs) 
Wächter, ferner alle Minen- und Erdarbeiter auch von nicht 
staatlichen Unternehmungen und Industrien, wenn sie nur in 
Malariagegenden tätig sind, alles zur Vorbeugung und Heilung 
der Malaria nötige Chinin gratis zu beziehen. Zur Vor¬ 
beugung werden von dem staatlichen Chininkonfekt in der Zeit 
von Mitte Juni bis Mitte November täglich 2 Stück als nötig 
erachtet, zur Heilung bei Erkrankung täglich 10 Stück. (Für 
Kinder die Hälfte.) Und zwar wird dringend angeraten, die 
Vorsicht ununterbrochen täglich zu üben, zumal dann schon 
nach den ersten 3—4 Tagen die unangenehmen Begleit¬ 
erscheinungen, wie Ohrensausen, wegfallen. Als nötig wird 
auch für alle, die sich aus Malariagegenden in malariafreie 
Gebiete begeben, die Ausrüstung mit Pastillen für mindestens 
sieben Tage nach der Abreise festgesetzt. Anschaffen müssen 
diese gratis zu verteilenden Chininpastillen die Gemeinden; be- 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 47. 


716 

zahlen müssen sie die Arbeitgeber. Unternehmer und öffent¬ 
liche Anstalten, die den Arbeitern das Chinin vorenthalten, 
werden mit Geldbuße bis zu 1000 Lire und mit hohen 
Entschädigungssummen im Todesfall belastet. In be¬ 
schränktem Maße haben auch die Ortsarmen An¬ 
recht auf unentgeltliche Chininverteilung. Seit Ein¬ 
führung dieser Bestimmungen im Jahre 1901, wo noch 
i:-!35S Malariatodesfälle amtlich bekannt gegeben 
wurden und der Staat kein Chinin verkaufte und aus diesem 
Artikel keine Einnahmen hatte, haben sich die Zahlen folgen¬ 
dermaßen geändert: 1904 noch 8501 Todesfälle, Chininverkauf 
14171 kg, Einnahme 183 382 Lire, 1908 nur 3463 Todesfälle, 
Chininverkauf 23 635 kg, Einnahme 769 809 Lire. Sehr 
bemerkenswert ist der Rückgang namentlich in der Marine, 
wo statt früher 20 v. II. jetzt nur 3,79 v. H., und im Land¬ 
heer, wo statt wie früher 4,9 v. H. jetzt nur 0,8 v. H. von der 
tückischen Krankheit befallen werden. Auch die Berichte des 
Roten Kreuzes geben für die römische Campagna guten- 
teils dank dem staatlichen Chininzwange einen Rückgang der 
Malariaerkrankungen bis auf 2 v. H. gegenüber 31 v. H. des 
Jahres 1900 an. " Aehnlich steht es in den viel verrufenen 
pontinischen Sümpfen. Freilich bleibt noch immer 
— namentlich im Süden — recht viel zu leisten. 

Philadelphia. Der nächste Alvarenga-Preis (zirka 
180 Dollars) kommt am 14. Juli 1911 zur Verteilung. Preis¬ 
arbeiten, die ein beliebiges Thema der Medizin betreffen 
können, sind bis längstens 1. Mai beim Sekretär des College, 
Dr. Thomas R. N e i 1 s o n, einzureicheu, der auch die 
näheren Bedingungen mitteilt. 


Drei Weihnaehts- oder Neujahrsgaben für unsere Frauen, 
unsere Kinder und unsere toten Kollegen. 

Noch immer und trotz aller Aufklärung gibt es unter den 
deutschen Kollegen Tausende, die im Falle eines unvorher¬ 
gesehenen Todes die Ihrigen in Not und schwerster Sorge zu¬ 
rücklassen und der Fürsorge mildtätiger Menschenfreunde 
überliefern. Das darf nicht so bleiben. Wir müssen ebenso 
wie in der Kassenarztfrage auch in der Fürsorgefrage endlich 
aus dem Stadium bloßer Klagen herauskommen und unser 
Schicksal tatkräftig in die Hand nehmen. 

Weihnachtsfest und Neujahr bieten dazu willkommene 
Gelegenheit, und Zweck dieser Zeilen ist, dem einzelnen 
Kollegen wie den Vereinsvorständen als Geschenk für 
Frau und Kinder eine Rentenversicherung 
und für die Vereine die obligatorische 
Sterbegeld Versicherung bei der V ersicherungs- 
kasse für die Aerzte Deutschlands zu empfehlen: 

für die geliebte Gattin, Braut, Mutter, 
Schwester, Tante oder sonst welch teure weibliche An¬ 
gehörige mit Hilfe der Abteilung Witwenkasse. 
Denn diese Art der Fürsorge, die Rentenversicherung, ist für 
unsere Frauen, die zumeist oder doch sehr oft nicht mit Geld 
umzugehen verstehen, verständiger; die Prämie ist bei gleicher 
Versorgung (s. d. Tabelle) nicht halb so hoch wie bei den 
Lebensversicherungen, und durch einen kleinen Zuschlag für 
den Fall des vorzeitigen Todes der Versorgten an den Ver¬ 
sorger rückzahlbar. Sie erniedrigt sich zudem vom dritten 
Mitgliedsjahre an durch die voraussichtlich mit jedem Jahr 
um 2 pCt. steigende Dividende; für die Kinder mit 
Hilfe der Abteilung Waisenkasse. Die hier für 
bis 25 Jahre zulässige Versicherung nicht blos der schon 
lebenden, sondern auch der noch nicht geborenen Kinder 
ist au sich schon zumeist billiger noch als die vor¬ 
genannte Witwenversicherung (s. d., Beispiel d. Tabelle aus 
Tarif h) wird aber ganz besonders vorteilhaft und in ihrer 
Leistung von keiner anderen Versicherungsgesellschaft er- 
erreicht, dadurch, daß die mit der Waisenabteilung verbundene 
Dr. med. H e i n r i c h-.G o b ut e k - Stiftung kostenlos auf 
die versicherten Renten einen Zuschlag von 25 pCt. gewährt, 
so daß für eine Waisenrente von 1000 M. nur die Prämie für 
eine solche von 800 M. zu zahlen ist. Uebrigens wird im Falle 
des vorzeitigen Versterbens der Waisen die Rente bis zum 
Schlüsse der Versicherungsdauer an die überlebende Mutter 
gezahlt und auch hier geschieht durch Dividende eine jähr¬ 
liche mit 2 pCt. steigende Prämienverbilligung. 

Für die Vereine unter Benutzung der obli¬ 
gatorischen Vereinssterbekasse. 

Es geht doch wirklich nicht an, daß auch ferner noch 
immer wieder hier und da beim Todesfall bei den Vereins¬ 
mitgliedern für die bitterste Not der Hinterbliebenen oder wohl 
gar für das Begräbnis eines Mitgliedes gebettelt werden 
muß. Die obligatorische Vereinssterbekasse der V.-K., welcher 
bereits 13 Aerztevereine mit insgesamt 822 Mitgliedern bei¬ 
getreten sind, macht diesem beschämenden Elend ein Ende 
und gestattet, lediglich auf Grund eines Vereinsbeschlusses 


mit Wirkung ohne jede Wartezeit die gesamten Vereinsmit¬ 
glieder, ob jung oder alt, gesund oder krank mit unerhöhter 
Tarifprämie, mit einem Sterbegeld von 500 oder 1000 M. zu 
versichern. Wir empfehlen demgemäß dringend allen Ver¬ 
einsvorständen und Freunden des ärztlichen Vereinslebens 
als Neujahrsgabe den Beschluß des Beitritts zu dieser Kasse 
und demgemäß denn auch tunlichst schon für die nächste Ver¬ 
einssitzung als Punkt der Tagesordnung: Bericht über 
die Vereinssterbekasse, der Versicherungs¬ 
kasse und Beschluß über den Vereinsbeitritt. 

Eine Witwenrente von jährlich 600 M. kostet an 
Vierteljahresprämien: 


Bei der Versicherungskasse fii 

ohne und mit Rückgewähr all 
des vorzeitigen T 

die Aerzte Deutschlands 
er Einzahlungen im Falle 
nies der Frau: 

ohne mit 

Rückgewähr 

Bei dem Preuß. Beamteu- 
verein mittels einer Lebens¬ 
versicherung in Höhe von 
16000 M. (bei 4proz. Ver¬ 
zinsung) 

Für den 25 Jährigen *) 

M. 32,10 

M. 41,10 

M. 73,10 

„ 30 

„ 34,50 

., 44,40 

„ 34. 

„ „ 35 

„ 37,50 

„ 46,20 

„ 98,25 

,■ „ 411 

„ 41,40 

55,20 

„ 115,55 


„ 46,50 

., 63.60 

., 138,- 

„ „ BO „ 

„ 53,70 

„ 74,10 

., 166,90 


Eine Waisenrente von jährlich 1000 M., fällig im 
Todesfälle des Versorgers an die Kinder oder an die über¬ 
lebende Mutter, kostet an Vierteljahresprämien: 


bei beispielsweiser 

Alter des 1 
Versorgers J 

Tn Tarif h*) 

16jähriger Versicherungsdauer 

In Tarif k 3 ) 

— Rente auf jeden Fall während 
der letzten Versicherungsjahre 
fällig - bei beispielsweise 

26jähriger Versicherungsdauer 

25 

M. 31,80 

M. 79,10 

30 

„ 37.10 

„ 84,90. 

35 

„ 45,30 

„ 93,80 

40 

„ 56.10 

„ 105,90 

45 

„ 70.90 

„ 123.40 

50 

„ 92,10 

„ 149,90 


Jede gewünschte weitere Auskunft und Berechnung er¬ 
teilt jederzeit kostenlos unsere Geschäftsstelle: Berlin, Lands¬ 
bergerplatz 5. 

Berlin, im November 1910. 

Das Direktorium der Viersicherungskasse für die Aerzto 
Deutschlands a. 0. zu Berlin. 

Dr. Bensch, Obmann. 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden ^4. Kl.: 
San.-Rat Dr. Haupt mann in Cassel. 

Roter- Adler-Orden 3. Kl. mit der Schleife: 
Generalarzt a. D. Dr. Niebergall in Erfurt. 

Charakter als Kaiser 1. Medizinal rat: Regierungs¬ 
rat Girschner in Ponape, Neu-Guinea. 

Charakter als Geheimer Sanitätsrat: den San.- 
Räten Dr. P. B e r n h e i m in Berlin, Dr. R. Paasch in 
Berlin, Dr. J. Falkenstein in Groß-Lichterfelde, Dr. 
H. B o h t z in Stargard i. P., Dr. E. Bock in Erfurt, Dr. 
H. Grussendorf in Eldagsen, Dr. E. Gerstenberg 
in Hildesheim, Dr. A. zur Verth in Telgte. 

Verzogen: F. d'Asse von Aachen nach Bonn, Dr. 
Schuster von Hohenhonnef nach Duisburg, W. Becker 
von Cöln nach Ilosbach, A. Leh r von Rielasingen nach 
Burladingen, Dr. Pfister von Hechingen nach München, 
Dr. Marock von Schleiden nach Cleve, Dr. Schlot- 
h a n e von Brilon nach Holthausen, Dr. L o g e s von Coblenz 
nach Hösel, Dr. Schürmann von Buch nach Düsseldorf, 
Dr. Voss von Greifswald nach Düsseldorf, A. Schlemm 
von Hamburg nach Lobberich. 

Gestorben: Dr. Franken in M.-Gladbach, Regierungs- 
u. Geh. Med.-Rat Dr. N ö 11 e r in Lüneburg, Kreisarzt Med.- 
Rat Dr. Leder in Lauban. 

Baden. 

Auszeichnungen: Kommandeurkreuz 1. Kl. des 
Badischen Ordens Bert hold des Ersten: Geh. 
Med.-Rat Prof. Dr. L eher in Heidelberg. 

Ritterkreuz 1. Kl. mit Eichenlaub des Groß- 
herzogl. Badischen Ordens vom Zähringer 
Löwen: Prof. Geh. Hofrat Dr. Schotte.lius in Freiburg. 

1 Das Alter der Frau ist 5 Jahre jünger angenommen. 

2 ) Prämie zahlbar bis zum Tode, längstens aber 5 Jahre laug. 

s) Prämie zahlbar bis zum Tode, längstens aber 20 Jahre lang. 


Verantwortlich ftlr den redaetionellen Teil- Dr. H. Lohnstein , Berlin N„ Friedrichstrasse 131 B„ «lr den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin 
Verlas von" Tcar CoblenU. Bxpeditinnsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. - Druck von Oarl Marschner. Berlin SW.. Alejandrmenatrasse 110 







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steine,Harngries uähnlicheFolgekrank- 
heiten der harnsauren Diathese, sowie 
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als ein zuverlässiges ZVlittol erwiesen. Dasselbe 
wurde zuerst auf dem am lö.April 1893 tagenden Wies¬ 
badener 12. Kongreß für innere Medizin, sodann auf 
den medizinischen Kongressen zu Philadelphia und 
Madrid als ein Mittel empfohlen, welches sich als 
überaus zuverlässig auf dem Gebiete der Bekämp¬ 
fung der harnsauren Diathese erwiesen hat. Das¬ 
selbe wird in Original-Gläsern von ca. 150 Gramm 
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1911 

Herausgegeben von der 

Redaction der Allgemeinen Medicinischen CentraBZeitung (Dr. H. Lohnstein u. Dr. Th. Lohnstein). 

I. Teil: Taschenbuch in Kunstleder gebunden. 

II. Teil: Kalendarium (4 Quartalshefte, pro Tag: 1 j 1 Seite), geheftet zum Einhängen. 

Inhalt des I. Teiles: 


Kalen dort a fei 1911. 

I. Verzeichnis der gegenwärtig gebräuchlichen älteren und 
neueren Arzneimittel. 

II. Die Maximaldosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

III. Uebersicht der wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung- kommenden Mittel. 

IV, Zu vermeidende Arzneimischlingen. 

V. Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 

VI. Medicinische Bäder. 

VII. Auszug aus der deutschen Arzneitaxe 1910. 

Preise für Stoffmengen. Arbeiten und Gefässe. 

1. Für Arzneistoffe. 2. Für Arbeiten. 3. Für Gefässe. 

VIII. Anweisung zur sparsamen Arzneiverordnung mit Rück¬ 
sicht auf die Krankenkassenpraxis. 

IX. Uebersicht der wichtigsten Nährpräparate. 


Feber dieSerodiagnostik und diesog. „biologisckeTherapie“ 
der Syphilis und über die bisherigen Erfahrungen mit dem 
Ehrlich-Hata’schen Mittel 600. Von Dr. Fritz Munk, 
Charlottenburg-Berlin. 

Abriss der Symptomatologie und Therapie der am häufig¬ 
sten vorkommenden acuten Vergiftungen. 

, Medicinische Tabellen und sonstige für den Arzt Avicktige 
Zahlenangaben. 

. Untersuchung des Harns. 

. Einiges aus der Technik der Blutimtersiickimg. 

. Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebühren¬ 
ordnung für approbirte Aerzte und Zahnärzte. 

. Gesetz betr. die Gebühren der Medicinalbeamten. 

, Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

. Bäder und Kurorte. 

. Post-Tarif. 

. Tafeln zur Sehprüfung. 

. Notizblätter für Adressen. 


Der Preis beträgt wiederum nur 2,— Mark. 



















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Levuretin 


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JODOFAN 


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ein vorzüglicher Ersatz für Jodoform 

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Therapeut. Eigenschaften: Jodofan wirkt stark desinfizierend, 
stark desodorierend, epidermisierend, Granulationen anregend. 
Anwendungsweise: 

1. Jodofan rein als Pulver 

Rp. Jodofan 5—10,00 a) als Wundlieilmittel wird Jodofan in d ii 11 u e r 

S. nach Vorschrift Schicht auf die Wundfläche resp. auf die Naht 

des Arztes. gestreut. 

b) zum Schutze der gesunden Haut vor Infektion, 
bei infizierten Wunden, bei Furunkeln und Ek¬ 
zemen (in spez. Jodoformekzem) in dicker 
Schicht oder in 10—20 % iger Salbe auf die 
eventuell vorher befeuchtete ^aut der Umge¬ 
bung, um jede Kontaktinfektion zu verhüten. 
(Eine Indikation, der .Jodoform und die meisten 
analogen Präparate nicht genügen können.) 

E Zii? d S4yJl 5 '!S 22 .&i 2 - Jodofan mit Zinkoxyd und Talcutn 

S. nach Vorschrift als Streupulver bei ausgedehntem Ekzem, In¬ 
des Arztes. tertrigo etc. (10% igu 

Ein ganz hervorragendes Kinderstreupulver: 

Rp. Jodofan 2,5 Tale. wirkt heilend auf-Kkzeme, Intertrigo und Fu- 

Zine. oxyd. »» 25,0 runkuloso und verhütet dieselben durch seine 

S. KinderStreupulv. stark desinfizierende Wirkung. 

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(10—20%). Die Desinfektionskraft bleibt bei 
Jodofan besser erhalten, als bei Jodoform u. u. 
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von Intertrigo und Ekzemen, in speeie Jodo¬ 
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Uterus- und Vaginaltamponade: desodoriert 
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IfldlkfltimiPtl • Jra Gebiete der Chirurgie. Gynaekologie und Der ' 
Ä “ w ** v ***-*'***^“ # matologie: jede Wunde und ekzematöse Erkran¬ 
kung der Haut, in spec.: Ulcus molle, ulcus cruris varieosum et tmumaticum, 
Incisionswunden bei Abscessen, Panaritieu, Furunkeln, nässende Ekzeme. Ulce- 
rationen und Erosionen der Portio. Dammrisse. Prophylaktisch: aseptische 
und genähte Wunden. 

Vnr 7 iirto rloc Inrlnfan■ ■ l0ll0fa, > orzaugt nicht Ekzema, ruft nie in- 
VUI 4UytJ Uco JUUUlall. toxikationen hervor (kein Jodismus), ist frei 
von jedem (lerneh, auch bei der Zersetzung durch die Wundsekrete. Jodofan 
desodoriert vollkommen. 

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ist eine 2'/«% alkohol. Lösung reinen aktiven Spermins und wird 2—5 mal 
täglich ca. 30—40 Tropfen in % Glas alkal. Wasser (Vichy, Bilin) oder 
Milch 1 li Stunde vor dem Essen genommen. 

Sperminol subc. dieselbe 2 l / 4 % physiologische Kochsalzlösung in zu¬ 
geschmolzenen Ampullen ä 2 ccm. 1 Amp. täglich. 

Snorminnl bewährte sich bei schwerer Neurasthenie verbunden 
opei llilllUl m jt ]mpotentia coeundi und Incontinentia urlnae. 

CnMiminnl bei harnsaurer Diathese, ebenso bei Fallen von Chorea 

apermmoi nml c 0 n a ps. 

Sperminol bei Acne vulgaris verbunden mit Anämie und Chlorose. 

SrkPrminnl bei Lues, sowie als Immunitätsfaktor bei Intlnenza- 
J r Ci epidemien. ebenso bei Pneumonia cruposa und Typhus 

abdominalis, bei drohender Insufficientia cordis. 
Snprminnl bei asthmatischen Anfällen in Verbindung mit Em- 
«jjjci mmui physem und Nephritis, sowie bei Morbus Basedowii. 

bei mangelhaften Stoffwechsel- und sonstigen Krank- 
heitserscheinungen. 

Sperminol ist ein Specificam gegen Tabes dorsaiis. 

Snprminnl bewährte sich vorzüglich zur Verhütung von patho- 
vjpcimmui logischen Nebenerscheinungen, hei Diphtherie. Scar- 
latina usw. 


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Neuralgie, Hcmicranie 
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Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr, H. Lohnstein, Berlin N., FriedriehBtrasse 131 B., für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin. 
r '»rl«g vni 08r. a i OU 'outi. Eyj(l'tionsbnreau: Berlin W.80, Maassenstrasse 13. — Druck von Carl Marichner Perli.i PW., Ale~»ndriren3trarsc 110. 





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Inhaltsübersicht. 

I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Luchmanoff: Einige Operation an der Malariamilz. — Müller: Ueber morphologische 

Mitteilungen über Schnupfeuhehandlung mit Coryfin. Blutveränderungen bei Struma — Oestreich: Ein neuer 

Favento: Ueber 156 mit Ehrlich-Hata 606 behandelte Fälle. Versuch der Behandlung des Krebses. — Schmidt: Krebs 

— Remi: Ein Fall von rascher Wirkung des Ehrlich-Präparates und Infektionskrankheiten. — Diossz ilagyi: Eine neue 

.,fc()6“ — Greven: Beginn und Dauer der A'rseuausscheidung Methode der Behandlung der Unterschenkelgeschwüre. — 

im Urin nach Anwendung des Ehrlich-Hataschen Präparates Ullmann: Experimentelles zur Thermopenetration. — Haim: 

Dioxydiamidoarsenobenzol. — Stümpke: Ist das nach Queck- Zur Kasuistik der gleichzeitigen extra- und intrauterinen Gra- 

silberinjektion hei Lues aultretende Eieber als ein Zeichen ak- vidität. — Polak: Spontane Uterus- und Blasenruptur während 

tivcr Lues autzufassen ? — Beck: Zur Aetiologie der Taubstumm- des Geburtsaktes. 

heit — Cohn: Die Bedeutung der Pirquetschen Hautreakiion II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
im Kindesalter —Grosser undBetke: Mors subita infantum Medizinische Gesellschaft. ' Sitzung, vom 9 November 1910. 

und Epithelkörperchen. — Loewy und Hirschfeld: Beob- Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. Sitzung vom 

achtungen über das Minimum des Erhaltungsumsatzes. — 7. November 1910. (Schluß.) — 82. Versammlung Deutscher 

Loewy: Ueber die Konstanz des Erhaltur.gsumsatzes bei ge- Naturforscher und Aerzte in Königsberg in Pr. vom 18. bis 

Sunden Menschen. — Codivilla: Ueber die Behandlung der 24. September 1910. (Fortsetzung.) 

Pseudaithrosen und der ausgedehnten diaphysären Koutinuitäts- III. Therapeutische Notizen. Auerbach: Arhovin zur internen 
trennungen — Lattes: Ueber den Einfluß, den das im Blute Behandlung der Gonorrhoe. — Mekerttschiantz jun.: Ueber 

zirkulierende Fett auf die Giftwirkung des Chloroforms ausübt. Ovarin-Poehl bei Amenorrhoe. 

— Faulhaber: Zur Röntgendiagnostik des tiefgreifenden IV. Bücherschau. Sarason: Jahreskurse für ärztliche Fort- 

(callösen) Ulcus ventriculi. — Ssaweljew: Darmgase, Darm- bildung. — Ellis: Geschlecht und Gesellschaft. 

bläbung, deren Bekämpfung auf mechanischem Wege, Darm- V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gaseableiter. — Eichhorst: Ueber Kirschkernileus. — gebung, soziale Medizin etc. — Universität«wesen, Personal- 

Ja cobaeus: Ueber die Möglichkeit, die Cystoskopie bei Unter- nackrichten. — Kongreß-und Vereinsnachrichten. — Gericht- 

suebung seröser Höhlungen anzuwenden — v Haberer: liches. — Verschiedenes. . . S 

Experimenteller und kritischer Beitrag zurFrage der Mesenterial- VI. Amtliche Mitteilungen. Zu besetzende Stellen von Medizinal- 
unterbindung mit und ohne Netzplastik. — Solieri: Ueber beamten. — Bekanntmachung. — Personalia. 


i. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Einige Mitteilungen über Schnupfenbehandlung 
mit Coryfin. 

Ton 

Dr. ined. Luchmanoff (Moskau). 

Im allgemeinen betrachtet man den Schnupfen über¬ 
haupt nicht als Krankheit, sondern als eine mehr oder we¬ 
niger unbedeutende Erscheinung, welche keiner besonderen 
Behandlung bedarf und sich selbst überlassen, ihren natür¬ 
lichen Verlauf nimmt. Diese so sehr verbreitete Ansicht ist 
aber durchaus, nicht berechtigt. Es ist bekannt, daß 
Schnupfen nicht selten die Ursache vieler Erkrankungen, 
sei es der Ohren, des Halses oder der Lungen, ist, wobei 
es sich bisweilen sogar um ernstlichere Leiden handeln kann. 

Vor allen Dingen ist es erwiesen, daß der Schnupfen 
sehr oft eine chronische Form annimmt, die zur Folge hat, 
daß der Patient längere Zeit nicht durch die Nase, sondern 
nur durch den M'und atmen kann. Diese unnatürliche At¬ 
mung kann ihrerseits zu den verschiedensten Erkrankungen 
der Lungen und des Halses führen. Außerdem ruft ein in 
die Bronchien übergehender Schnupfen häufig Bronchitis 
hervor und derartige sich oft wiederholende, von Bronchitis 
begleitete Schnupfen, werden zur Hauptursache einer chroni¬ 
schen Bronchitis, welche sich, in unserem Klima wenigstens, 
nur sehr schwer auskurieren läßt. Ganz besonders un¬ 
angenehm bemerkbar machen sich die Folgen eines 
Schnupfens bei bronchialem Asthma und hierbei kann es 
sogar zu lebensgefährlichen Atmungisbeschwerden und Er¬ 
stickungsanfällen kommen. Dies alles weist darauf hin, 
daß der Schnupfen eine Krankheitserscheinung ist, welche 
durchaus nicht vernachlässigt werden darf, vielmehr so¬ 
gleich bei den ersten Anzeichen behandelt werden muß. 
Würde man dies als Regel betrachten, so wäre es nicht 
ausgeschlossen, daß die große Zahl der mit chronischer 
Bronchitis behafteten Patienten geringer werden würde. 

.Schnupfenmittel werden uns eine ganze Menge emp¬ 
fohlen, aber leider erfüllt keines derselben die darauf ge¬ 
setzten Hoffnungen. In clor Regel greift man zu äußerlichen 
Einreibungen der Nase mit Fetten, zum Riechen von Am¬ 


moniak oder zu Schnupfenpulvern, die in jeder Apotheke' 
zu haben sind. Letztere bestehen hauptsächlich aus Acidum 
boric, und Menthol. Einen großen Nutzen kann man von 
diesen .Sehninpfpulvern nicht erwarten, da sich das in die 
Nase geführte Pulver auf dem zur Ausscheidung gelangenden 
Schleim absetzt und mit diesem fast ebenso schnell aus der 
Nase entfernt wird, wie es in dieselbe hineingekommen ist. 
Wo aber das Pulver mit der Schleimhaut selbst in Berüh¬ 
rung kommt, ruft das Menthol Reizungen und slarkes 
Brennen hervor, wodurch momentan eine reichliche Schleim 
absonderung etfolgt, durch welche das Pulver wiederum 
aus der Nase entfernt wird. 

Vor zwei bis drei Jahren ist nun ein neues phar¬ 
mazeutisches Präparat erschienen, das Coryfin, welches 
sonderbarerweise sowohl bei den Aerzten als auch 
bei dem Publikum ziemlich unbekannt geblieben ist 
und doch eine größere Beachtung verdient. Coryfin ist ein 
Mentholderivat, Aethylglykolsäurementliolester, eine durch¬ 
sichtige, fettige Flüssigkeit, mit kaum merklichem Menthol¬ 
geruch. Im Wasser löst sich Coryfin schwer, leicht in 
Alkohol und Aether und ebenso leicht mischt es sich mit 
Fetten und Gelen. Der Vorzug dieses Präparates vor ge¬ 
wöhnlichem Menthol besteht darin, daß es auf die Haut 
oder auf die Schleimhaut aufgetragen, das unangenehme 
Brennen nicht hervorruft, sondern in seine Bestandteile ge¬ 
spalten wird, wodurch allmählich eine schmerzlindernde, 
kühlende und antiseptische Wirkung eintritt, welche, was 
die Hauptsache ist, länger anhält, während die Wirkung 
des gewöhnlichen Menthols nur von sehr kurzer Dauer ist. 

Ich habe in einer sehr großen Anzahl von Fällen 
akuten Schnupfens das Coryfin angewandt und bin dabei 
ziU folgenden Resultaten gelangt: Es lassen sich beim 
Schnupfen drei Stadien beobachten. Das erste resp. das 
Aniangsstadium macht sich nur durch ein leichtes Kitzeln 
in der Nase oder durch ein schwaches Gefühl des Kratzens 
im Halse bemerkbar, wobei gleichzeitig heftiges Niesen auf- 
tritt. Dieses Stadium ist von sehr kurzer Dauer, es handelt 
sich um eine, höchstens zwei Stunden, wonach das zweite, 
das eigentliche akute Stadium des vollentwickelten 
Schnupfens mit reichlicher Schleimabsonderimg beginnt und 
für gewöhnlich zwei, drei Tage anhält. Jin dritten Stadium 







718 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 48. 


schließlich hört der Schnupfen nach und nach auf, die 
Häufigkeit der fast flüssigen Schleimabsonderungen nimmt 
mehr und mehr ab und es beginnen weniger häufige Aus¬ 
scheidungen eines festen, eitrig aussehenden Schleimes, 
wobei die Nasenatmung noch sehr erschwert ist. Dieses 
/Stadium dauert gewöhnlich 5—6 Tage, kann sich aber auch 
bisweilen auf einige Wochen erstrecken. 

Wenn man gleich im ersten Stadium die Nasenschleim¬ 
haut mit Coryfin behandelt, so wird in den meisten Fällen 
nach zwei- bis dreimaligem Pinseln die Entwicklung des 
Schnupfens angehalten werden, so daß es überhaupt nicht 
zum zweiten Stadium kommt. Hat man jedoch das ersto 
Stadium nicht beachtet, so daß der Schnupfen Zeil gefunden 
hat, sich zu entwickeln und ins zweite Stadium über¬ 
zugehen, so wird nach 5—6 Pinselungen im Laufe des 
Tages der Schnupfen in '24 Stunden zum Stillstand kommen 
und die- Schleimabsonderung aufhören. Ratsam ist es nur, 
die Pinselungen fortzusetzen und in den nächsten 


Tagen noch 2—3 mal täglich vorzunehmen. Schließlich wird 
aber auch noch im dritten Stadium das Coryfin von Nutzen 
sein und die .Dauer dieses Stadiums abkürzen. 

Hervorzuheben ist, daß die Pinselungen mit Coryfin 
: keinerlei Gefühl des Brennens oder von Heizungen zur 
I Folge haben und daß die Nasenatmung momentan frei wird. 

Diese Resultate sind so günstig und die Uebcrlegenhei.t 
des Coryfins über allen anderen Schnupfenmitteln ist. so be¬ 
deutend, daß ich es für meine Pflicht halte, die Aufmerk¬ 
samkeit der Kollegen auf dieses Präparat zu lenken, am 
so mehr, als wir Aerzt.e häufig in Verlegenheit wegen der 
Wallt eines Schnupfenmittels sind. 

Coryfin soll auch noch bei anderen Krankheitserschei¬ 
nungen wie Angina, Migräne, neuralgischen Schmerzen usw. 
gute Dienste leisten, ich habe jedoch keine Gelegenheit ge¬ 
habt, persönlich die Wirkung des Präparates in diesen 
Fällen zu beobachten. 


Dr. Kavent« (Triest): Ueber 156 mit Ehrlich-Hata 606 be¬ 
handelte Fälle. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 40.) 

Verfasser berichtet über die von ihm in der Syphilisabtei¬ 
lung des Ospedale Civico in Triest mit dem neuen Mittel ge¬ 
machten Erfahrungen. In bezug auf die Technik der Injek¬ 
tion befolgte er die Methode von Wechsel mann. Be¬ 
handelt wurden 27 Primäraffekte, 67 Fälle von sekundärer 
Syphilis, 2 von Syphilis maligna praecox, 19 Fälle von ter¬ 
tiärer Syphilis, 12 von Hirnsyphilis, 4 Fälle von hereditärer 
Syphilis, 13 symptomlose Fälle mit positiver Wasser ma n n - 
scher Reaktion, 2 Fälle spezifischer Neuroretinitis, 8 para¬ 
syphilitische Erkrankungen und 2 Malariafälle. Von den 
Kranken hatten 62 keine spezifische Behandlung durch¬ 
gemacht. Die Dosis bei Erwachsenen schwankte zwischen 0,4 
und 0,7, in der Mehrzahl der Fälle wurde 0,5—0,6 g injiziert. 
In bezug auf die Wirkung des Mittels stimmen die Erfahrungen 
des Verfassers mit denen der sonstigen Autoren überein, der 
günstige Einfluß des Präparats zeigte sich in allen Fällen mit 
Ausnahme der parasyphilitischen Erkrankungen und der Mala¬ 
riafälle. Besonders gut war wieder die Wirkung auf die 
malignen Formen der Syphilis. In den gummösen Formen 
erfolgte manchmal eine langsame Epithelisierung, so daß die 
Heilung erst bis nach einem Monat erfolgte. 'Bei alten syphi¬ 
litischen Endarteritiden wurde keine Besserung erzielt. Gut 
waren die Erfolge bei den kongenitalsyphilitischen Kindern, 
wobei die Dosis entsprechend reduziert wurde (0,02 bei Säug¬ 
lingen, 0,09 bei einem 6jährigen Kinde). In den Fällen des 
Verfassers trat nach der Injektion nur ausnahmsweise 
eine Temperatursteigerung ein, in den meisten 
Fällen blieb die Temperatur normal. Die Schmerzen dauer¬ 
ten nur einige Stunden nach der Injektion an, um dann all¬ 
mählich nachzulassen. Schädliche Nebenwirkungen auf die 
Nieren oder Augen wurden in keinem Falle beobachtet. In 
drei Fällen trat ein toxisches Exanthem am achten Tage auf. 
Bei 49 Patienten wurde auf das Verschwinden der Spirochäten 
nach der Injektion untersucht. Die Spirochäten verschwanden 
am 2.—14. Tage, in der Mehrzahl der Fälle waren sie bis zum 
achten Tage verschwunden. Die Wassermann sehe Reak¬ 
tion war in manchen Fällen noch mehrere Wochen nach der 
Injektion positiv. Rezidive wurden nur in drei Fällen be¬ 
obachtet. R. L. 

Oberstabsarzt Dr. Sicgmuiid Kenn, Kommandant des Truppen- 
spitales in Kecskemet: Ein Fall von rascher Wirkung des 
Ehrlich-Präparates „606“. (Wiener med. Wochenschr., 1910, 
No. 41.) 

Der Patient kam mit einer Sklerose am Gliede zur Auf¬ 
nahme. Verfasser injizierte eine Dosis von 0,6 in die Rücken¬ 
haut. Zwei Stunden nach der Injektion stieg die Temperatur 
auf 38,3°, um nach weiteren zwei Stunden einer normalen 
Platz zu machen, welche andauernd bestehen blieb. Schon am 
nächsten Tage trat die Ueberhäutung des Geschwürs und das 
fast vollständige Verschwinden der Induration ein. Es konnte 
also die Heilwirkung in kaum 24 Stunden konstatiert werden. 
Das Allgemeinbefinden des Mannes war bis auf geringfügige 
Schmerzen, welche hauptsächlich in der rechten Schulter sicli 
manifestierten, nicht gestört; an der Injektionsstelle ist keine 
Veränderung eingetreten. K r. 

Karl Greven (Bonn): Beginn und Dauer der Arsenausscheidung 
im Urin nach Anwendung des Ehrlicli-Hataschen Präpa 
rates Dioxydiamidoarsenobenzol. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 40.) 

Verfasser untersuchte auf qualitativem Wege den Verlauf 
der Arsenausscheidung nach Injektion des Ehrlich-Hata- 
schen Präparats, wobei er sich zum Nachweis des Arsens im 
Urin der von G o s i o angegebenen „biologischen“ Methode in 


der Modifikation von Abel und Buttenberg bediente. Die 
Untersuchungen wurden an mit dem Mittel behandelten 
Menschen sowie an Kaninchen angestellt. Die Ergebnisse der 
Untersuchungen sind folgende: Die Arsenausscheidung im 
Urin beginnt schon kurze Zeit nach der Injektion (25 Minuten); 
die Dauer der Anwendung von Arsen beträgt, nach der biolo¬ 
gischen Methode festgestellt, 14—18 Tage; bei subkutaner In¬ 
jektion ist die Arsenausscheidung im Urin etwas früher be¬ 
endet als bei intramuskulärer (Depotwirkung). Gleichzeitige 
Quecksilbertherapie scheint eine Verzögerung der Ausschei¬ 
dung des Arsens durch den Urin herbeizuführen; gleichzeitig 
verabreichtes Jodkalium verkürzt anscheinend die Dauer der 
Arsenausscheidung im Urin. R. L. 

Dr. Gustav Stümpke, Assistent der Kieler Universitätsklinik 
für Hautkrankheiten: Ist das nach Quecksilberinjektion bei 
Lues auftretende Fieber als ein Zeichen aktiver Lucs auf- 
zufassen? (Berliner klin. Wochenschr., 1910, No. 40.) 

Von F. Glaser ist der Versuch gemacht worden, die 
nach Hg-Injektionen auftretenden, kurzdauernden Tempera¬ 
tursteigerungen bei latenten Luetikern als Symptom eines 
noch im Organismus vorhandenen aktiven Virus aufzufasser. 
und aus dieser Tatsache sogar Schlüsse bezüglich des thera¬ 
peutischen Handelns zu ziehen. Es liegt gewiß im Bereich der 
Möglichkeit, daß das nach Quecksilberiniektionen beobachtete 
Fieber in irgendeiner Beziehung zum Luesvirus steht, viel¬ 
leicht in dem Sinne, daß durch das Hg eine Abtötung der 
Syphiliserreger und eine Resorption der bei dieser Gelegen¬ 
heit frei werdenden Endotoxine erfolgt, oder aber in der 
Weise, daß das im Organismus kreisende Hg sensibilisierend 
auf die Spirochäten einwirkt, wobei dann eine vermehrte Aus¬ 
schwemmung von Stoffwechselprodukten der letzteren in den 
allgemeinen Kreislauf stattfindet, die ihrerseits eine Tempe¬ 
ratursteigerung herbeiführt. Aber es geht doch wohl zu weit, 
sagt Verfasser, an diese Temperaturerhöhungen diagnostische 
Schlüsse zu knüpfen, resp. daraufhin therapeutische Anord¬ 
nungen zu treffen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil 
dieses Fieber keineswegs als nur durch Syphilistoxine bedingt 
aufgefaßt zu werden braucht. Glaser selbst erwähnt eine 
andere Erklärungsmöglichkeit, doch erscheint ihm die Annahme 
einer spezifischen Temperatursteigerung so lange wohl be¬ 
gründet, bis der absolut exakte Beweis, daß Hg-Injektionen bei 
Nichtluetischen die gleichen kurzdauernden Temperatursteige¬ 
rungen erzeugen, erbracht sei. Aus diesem Grunde bringt Si. 
in vorliegender Arbeit einige Kurven von Patienten zur Mit¬ 
teilung, die sicher nicht luetisch waren, trotzdem nach Injek¬ 
tionen von Hydrarg. salicyl. Temperatursteigerungen bekamen. 
Auch sonst verlaufen diese Temperaturerhöhungen analog 
dem bei Luetikern nach Quecksilberinjektionen beobachteten 
Fieber, d. h. a) sie können am Tage der Injektion selbst oder 
erst an dem folgenden Tage sich bemerkbar machen, b) die 
erhöhte Temperatur kann einige Tage bestehen bleiben, c) die 
Temperatursteigerung kann nach wiederholten Injektionen 
wiederholt in die Erscheinung treten; d) die Temperatur 
erhöhung tritt sehr häufig nicht gleich nach der ersten, sondern 
erst nach einer späteren Injektion von Hydrarg. salicyl. auf. 
Es dürfte demnach, sagt Verfasser, die Auffassung Glasers, 
in der Temperatursteigerung nach Quecksilberinjektionen bei 
latenter Lues ein Symptom aktiver Syphilis zu erblicken, ge 
wichtige Gegengründe haben. Vor allem erscheint S t. die 
Schlußfolgerung Glasers, daß diese spezifische Tempera¬ 
tursteigerung an Bedeutung der Wassermann sehen 
Serumreaktion ungefähr gleichzusetzen sei. viel zu weitgehend. 
Er glaubt, daß bei sogenannter latenter Lues eine positive 
Wassermannsche Serumreaktion weit eher für die 
Diagnose Ausschlag geben muß resp. Richtlinien für unser 
therapeutisches Handeln abzugehen hat. als das nach ..prohn- 
torischen Quecksilberinjektionen“ auftretende Fieber. K r. 




No. 48. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


719 


Dr. Karl Beck (Heidelberg): Zur Aetiologie der Taubstumm¬ 
heit. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 40.) 

Nach der Statistik des Deutschen Reiches spricht die 
Syphilis in der Aetiologie der Taubstummheit eine ganz unter¬ 
geordnete Rolle, es handelt sich dabei nur um Bruchteile von 
1 pCt.; in der Statistik des Großherzogtums Baden fehlt die 
Syphilis in der Aetiologie der Taubstummheit sogar ganz. 
Diese Tatsache ist auffäliig. Schon B e z o 1 d machte auf den 
Widerspruch aufmerksam, der darin liegt, daß in allen Taub¬ 
stummenstatistiken so enorm selten Luesfälie angegeben 
werden, und daß doch verhältnismäßig häufig von Ohren¬ 
ärzten Taubstumme mit Symptomen hereditärer Lues gesehen 
werden. Offenbar wurde bisher der Lues als Entstehungs¬ 
ursache der Taubstummheit zu wenig Beachtung geschenkt. 
Neuerdings besitzt man nun in der Wassermann sehen 
Reaktion ein sehr bequemes Hilfsmittel, um das Vorhanden¬ 
sein von Lues bei taubstummen Kindern festzustellen. Verl.- 
hat mehrfach mittels der Reaktion in Taubstummenanstalten 
die Insassen auf das Vorhandensein von Syphilis untersucht. 
Neuerdings hat er die 103 Kinder der Meersburger Taub¬ 
stummenanstalt der Wassermann sehen Probe unterzogen. 
Bei keinem dieser Kinder waren auf Syphilis verdächtige All¬ 
gemeinerscheinungen nachzuweisen. Trotzdem fiel die Reak¬ 
tion bei 9 Kindern stark positiv und bei 18 Kindern 
schwach positiv resp. zweifelhaft aus. Rechnet man 
nur die stark positiven Fäile als sichere Lues, so würde der 
Prozentsatz der Lues hier 8,7 betragen. Die Taubstumm- j 
heit war nach Angabe der Eltern in fünf Fällen angeboren, j 
bei zwei im zweiten oder dritten Lebensjahre nach nicht genau 
feststellbaren Krankheiten entstanden, bei einem Kind war 
Schwachsinn und Schwerhörigkeit im dritten Lebensjahre be¬ 
merkt worden. Alle diese Kinder sind bis auf das letztgenannte, 
welches noch Vokalgehör besitzt, völlig taub. Daß in den ge¬ 
nannten positiven Fällen allgemein konstitutionelle Lues vor¬ 
liegt, ist nach Verfasser zweifellos; wahrscheinlich ist in diesen 
Fällen die Syphilis des Gehörorgans der einzige Ausdruck der 
konstitutionellen hereditären Syphilis. — Zum Schluß betont | 
Verfasser, daß man nicht versäumen soll, bei rasch einsetzen¬ 
der, nicht ganz aufgeklärter Hörverschlechterung im Kindes¬ 
alter die Wassermannsehe Reaktion anzustellen und bei 
positivem Ausfall sofort eine geeignete Behandlung einzuleiten. 

R. L. 

Leo Colin (Posen): Die Bedeutung der Pirquetschen Haut * 
reaktion iin Kimlesalter. (Berl. klin. Wochenschr., 1910, 
No. 40.) 

Verfasser erörtert, was uns die Pirquet sehe Reaktion 
in praktischer Hinsicht Neues gebracht hat, und inwieweit sie 
dazu beigetragen hat, unsere Kenntnisse von der Genese der 
Tuberkulose zu fördern und zu vertiefen. Er faßt seine Be¬ 
obachtungen wie folgt zusammen: 1. Der Hauptwert der 
Pirquet sehen Reaktion liegt in ihrer Bedeutung für die 
Diagnose und Prognose der Säuglingstuberkulose. 2. Der 
positive Ausfall hat bei älteren Kindern und Erwachsenen 
keinen praktischen Wert; der negative spricht nicht sicher gegen 
Tuberkulose, wenn es sich um elende und kachektische In¬ 
dividuen handelt. Unterhalb des dritten Monats fällt die Reak¬ 
tion stets negativ aus. 3. Die Infektion mit Tuberkulose geht 
zumeist im frühesten Kindesalter vor sich. Sie findet in tuber¬ 
kulösen Familien wesentlich frühzeitiger statt, wie in solchen, 
wo keine Tuberkulose der Eltern vorliegt. 4. Findet eine In¬ 
fektion mit Tuberkulose im Säuglingsalter statt, so gibt diese 
eine schlechte Prognose. Von 18 im ersten Lebensjahre in¬ 
fizierten Kindern starben 16; nur bei zwei Fällen fand während 
einer ßeobachtungszeit von 1% Jahren eine Generalisierung 
der Tuberkulose nicht statt. Kr. 

Dr. Paul Grosser und Stabsarzt Dr. Richard Betke (Frank¬ 
furt a. M.): Mors subita infantum und Epithelkörperchen. 
(Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 40.) 

Unter Epithelkörperchen versteht man kleine Gebilde, 
welche der Schilddrüse aufliegen und die Bedeutung selb¬ 
ständiger Organe haben. Beim Tier ruft die Exstirpation der 
Epithelkörperchen schwere, meist tötliche Tetanie hervor, und 
zwar um so stärkere, je jünger die Tiere sind. Daß die Epithel¬ 
körperchen auch beim Menschen lebenswichtige Organe sind, 
haben Beobachtungen an Strumektomierten gezeigt. Nach 
neueren Anschauungen wird die Tetanie nach Kropfoperation 
nicht durch die Entfernung der Schilddrüse, sondern durch 
die Entfernung der Epithelkörperchen verursacht. Aus alle¬ 
dem geht hervor, daß die Epithelkörperchen zum Leben un¬ 
bedingt notwendig sind. Man hat auch schon lebensgefährliche 
postoperative Tetanie durch Einpflanzung. von Epithelkörper¬ 
chen geheilt. Bei dieser Bedeutung der Epithelkörperchen 
wäre es auch denkbar, daß eine Erkrankung derselben eine 
ursächliche Bedeutung für manchen schwer zu deutenden, 
plötzlichen Todesfall hat, wie solche besonders im Säuglings 
alter nicht selten Vorkommen. Tatsächlich hatten die Ver¬ 
fasser Gelegenheit, drei Fälle zu beobachten, welche die Be¬ 


deutung einer Affektion der Epithelkörperchen für plötzlichen 
Tod von Säuglingen zeigen. Bei der Sektion fanden sich in 
allen drei Fällen schwere Veränderungen der Epithelkörper¬ 
chen. Diese Veränderungen waren besonders hochgradig in 
einem Fall, bei welchem alle vier Epithelkörperchen völlig 
durchblutet gefunden wurden, ln den beiden anderen Fällen 
war die Zerstörung nicht in allen Epithelkörperchen gleich 
stark, jedoch war auch hier nur wenig unversehrtes Gewebe 
erhalten. Deshalb glauben die Verfasser den Tod in den drei 
Fällen auf die Zerstörung der Epithelkörperchen zurückführen 
zu müssen. 

A. Loewy und F. Hirschfehl (Berlin): Beobachtungen über das 
Minimum des Erhaltungsumsatzes. (Deutsche med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 39.) 

Die Verfasser teilen die Ergebnisse von längere Zeit hin¬ 
durch an drei gesunden Personen mittleren Alters nach dem 
Zuntz-Geppert sehen Verfahren vorgenommen Unter¬ 
suchungen des Stoffwechsels und des Sauerstoffverbrauchs mit, 
die einen Beweis dafür liefern, daß es normale, sogar fettarme 
Personen gibt, bei denen der Erhaltungsumsatz, also die oxyda¬ 
tive Energie ihres Protoplasmas, so niedrig liegt, daß sie mit 
dem bei einzelnen Fettleibigen als Minimum bis jetzt fest¬ 
gestellten Umsatz mindestens auf gleicher Höhe liegt. Somil 
stellen die bisher bei Fettleibigen gewonnen Zahlen etwas 
Pathologisches nicht dar. Man kann demnach nur sagen: Es 
gibt besonders niedrige Unisatzwerte bei einzelnen Individuen, 
und darin liegt ein disponierendes Moment zur Fettsucht. 
Kommt bei solchen Individuen mit niedrigem Umsatz die Fett¬ 
sucht zustande, so ist dies nicht bedingt durch den abnorm 
eingeschränkten Energieumsatz an sich; der Fettansatz ist 
dann einfach durch eine Mehrzufuhr gegenüber dem Bedarf be¬ 
wirkt, wobei es allerdings bei nicht besonderer Vorsicht hin¬ 
sichtlich der Art und Menge der aufgenommenen Nahrung be¬ 
sonders leicht zu einer überschüssigen Zufuhr kommt. 

Prof. Dr. A. Loewy (Berlin): Ueber die Konstanz des Er¬ 
haltungsumsatzes bei gesunden Menschen. (Deutsche med. 
Wochenschrift, 1910, No. 39.) 

Verfasser teilt die Ergebnisse von Stoffwechselbestim- 
mungen an fünf Personen mit, welche aus verschiedenen Jahren 
stammen; bei einer Versuchsperson (dem Verfasser selbst) 
liegen die ersten und letzten Bestimmungen 20 Jahre ausein¬ 
ander. im allgemeinen sprechen die Werte bei allen fünf 
Personen, besonders wenn man die Schwankungen des Körper¬ 
gewichts mit in Rechnung zieht, im Sinne einer Konstanz des 
Erhaltungsumsatzes beim gesunden Erwachsenen vor dem 
Greisenaiter. • R. L. 

A. Codivilla (Bologna): Ueber die Behandlung der Pseud- 
arthrosen und der ausgedehnten diaphysären Kontinuitäts¬ 
trennungen. (Archiv f. klin. Chir., Bd. 92, H. 2.) 

An der Hand einer großen Serie von Röntgogrammen 
illustriert C. die Erfolge, welche er bei 27 Fällen von Pseud- 
athrosen bezw. schweren Kontinuitätstrennungen der langen 
Röhrenknochen mit der Ueberpflanzung freier oder gestielter 
Periostknochenlappen erzielt hat. Nur die Knochenplastik 
kann in diesen senweren Fällen zum Ziel führen und hat tat¬ 
sächlich auch in den mitgeteilten Fällen zur Konsolidation und 
Wiederherstellung der Funktion geführt. Der Erfolg ist an 
folgende Bedingungen geknüpft: Bei der Ausführung der Ope¬ 
ration ist tadellose Asepsis erforderlich. Der transplantierte 
Knochenlappen bezw. das frei transplantierte Knochenstück 
muß genügend stark sein, um der bestehenden Spannung 
Widerstand leisten zu können und genügend groß, um eine 
sichere unmittelbare Fixation an den Knochenenden und die 
Wiederherstellung der normalen Spannung der Muskeln zu 
gewährleisten. Nach der Operation ist ein starrer Verband 
so lange erforderlich, bis der transplantierte Knochen durch 
lebendes Knochenmaterial substituiert ist. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. L. Lattes (Turin): Ueber den Einfluß, den das im Blute 
zirkulierende Fett auf die Giftwirkung des Chloroforms aus¬ 
übt. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 40.) 

Verfasser berichtet über Versuche, welche er zu dem 
Zwecke anstellte, zu entscheiden, in welcher Weise die Chloro¬ 
formwirkung durch im Blute zirkulierendes Fett modifiziert 
wird. Er bediente sich dabei der intravenösen Narkose nach 
Bure k h a r d t. Einmal wurde einfach die Ringer sehe 
Flüssigkeit mit Zusatz von 6,2—6,3 pro Mille und zuweilen von 
0,3 pro Mille Gummi arabicum angewendet; das andere Mal 
wurde das Chloroform in demselben Mengenverhältnis in einer 
Olivenölemulsion gelöst. Die Emulsion wurde meist in der 
Weise hergestellt, daß der Ringer sehen Flüssigkeit 0,3 pro 
Mille Gummi arabic.. und 10 pro Mille Olivenöl zugesetzt wurden, 
man erhält auf diesem Wege sehr stabile Emulsion, wenn man 
die Mischung auf 60—70° (J. erwärmt und unter einem kühlen 
Wasserstrahl solange durchschüttelt, bis sie ganz abgekühlt 
ist. Die Versuche wurden an Hunden angestellt. Als wesent- 



720 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 48. 


liches Resultat der Versuche ergab sich: Eine Erhöhung des 
Fettgehaltes des Blutes bewirkt eine Verminderung der zur 
Herbeiführung der Narkose erforderlichen Chloroformmenge, 
und somit eine Steigerung der Giftwirkung dieses Narkoticums. 
Die zur .Narkose ausreichende Chloroformmenge durch Ver¬ 
mehrung des Fettgehalts im Blut kann weniger als die Hälfte 
der sonst erforderlichen Dosis betragen. Auch die Dauer der 
Narkose nach der Einverleibung einer bestimmten Chloro¬ 
formmenge ist größer, wenn die fetthaltige Emulsion angewen- 
det wurde. Emen ähnlichen Einfluß übt die alimentäre 
Lipämie aus, welche man dadurch herbeiführen kann, daß 
man dem Tier ein fettreiches Futter verabreicht. — Die be¬ 
obachtete Wirkung des F’ettes erklärt sich nach Verfasser da¬ 
durch, daß das Fettgewebe des Körpers eine viel geringere 
Chloroformmenge aufnimmt, wenn im Blut ein Uebermaß von 
Fett zirkuliert. 

Privatdozent Dr. Faulhaber (Würzburg): Zur Röntgen 
diagnostik des tiefgreifenden (callösen) Ulcus ventriculi. 
(Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 40.) 

Verfasser berichtet über eine Reihe von F'ällen von Ulcus 
ventriculi, bei denen er in bekannter Weise mittels Wismutbrei¬ 
mahlzeit die Röntgenuntersuchung des Magens vorgenommen 
hat. Es ergab sich aus den von Verfasser gewonnenen Befun¬ 
den folgendes: Man kann ein tiefer greifendes callöses Ulcus 
dann annehmen, wenn an einer Stelle (in dem vom Verfasser 
beobachteten F'ällen war es vorwiegend die kleine Curvatur) 
ein fleckförmiger Wismutschatten die sonst glatte Magenkontur 
unterbricht, sei es, daß er breitbasig, sei es, daß er pilzförmig 
dem Magenschatten aufsitzt, oder wenn der Wismutfleck neben 
dem Magen liegt, scheinbar ohne Zusammenhang mit ihm, 
gleichsam wie eine Insel neben dem Festlande. Ist im letzte¬ 
ren Falle der Schatten groß und relativ weit vom Magen¬ 
schatten entfernt, so kann man auf ein in ein anderes Organ 
(z. B. Pankreas) perforiertes Ulcus schließen. Besonders in 
diesem Falle, wahrscheinlich aber auch bei nicht perforiertem 
callösen Ulcus darf es nicht gelingen, den wismutgefüllten 
Rezessus durch passenden Druck von außen her zu entleeren. 
Die Diagnose gewinnt dabei ganz außerordentlich an Sicher¬ 
heit, wenn zugleich an der Stelle oder in unmittelbarer Nähe 
des abnormen Wismutfleckes eine Sanduhrstenose sichtbar ist. 
Verfasser hebt im Anschluß an diese Beobachtungen in Ueber- 
einstimmung mit Riedel (Jena) hervor, daß nicht selten 
durch ein bestehendes tiefergreifendes Ulcus allein (also nicht 
nur durch Ulcus narben) Sanduhrmagen erzeugt wird. Die 
i anduhrform ist dabei oft im Röntgenbilde viel ausgesproche¬ 
ner, als sie in den Operationen gefunden wird. Wahrschein¬ 
lich besteht häufig neben der anatomischen Stenosienmg noch 
eine lokale tetanische Kontraktion der Magemnuskulatur. Der 
Sitz des Ulcus entspricht dabei der Stelle der Stenose. Der 
Befund einer Sanduhrenge allein wird bei klinischem Ver¬ 
dacht auf Ulcus (Hämatemesis bezw. Melaena) sehr für ein 
Ulcus sprechen. R. L. 

Prof. Dr. Nicol. Alex. Ssaweljew (Dorpat): Darmgase, Darrn- 
blähung, deren Bekämpfung auf mechanischem Wege, 
Darmgascableiter. (Medizinische Klinik, 1910, No. 39.) 

Der Darmgaseableiter, dessen Verfasser sich seit mehre¬ 
ren Jahren bedient, besteht aus einem starkwandigen, aber 
nicht harten Gummischlauch von zirka 10 mm äußerem Durch¬ 
messer ; er hat eine Totallänge von 2 m, ist am hinteren Ende 
trichterartig erweitert, um Darmeingießungen zu ermöglichen, 
und an dem vorderen Ende zweckmäßig von etwas kleinerem 
Durchmesser, um den Widerstand bei der Einführung besser 
zu überwinden. Etwa 3 cm von der Spitze beginnend und in 
einer Länge von 10 bis 50 cm sitzen der äußeren Wandung 
vier zirka 1 mm hohe, nach außen gut abgestumpfte Rippen 
auf; dieselben verlaufen in gleichen Entfernungen vonein¬ 
ander parallel der Längsachse des Darmgaseableiters und 
dienen dazu, seine Wandungen zu verstärken, ohne den Aus¬ 
tritt von Flüssigkeit aus kleinen Löchern zu hindern, welche 
je zwei und zwei gegenüber spiralartig um den Schlauch 
herum in kleinen Abständen zwischen den Rippen angeordnet 
sind; die Lochränder sind sorgfältigst abgestumpft. Diese 
einfache Vorrichtung leistet Verfasser in manchen Richtungen 
einen vortrefflichen Dienst. Wenn man ein in der Weise 
durchlöchertes Gummirohr in den Darm einführt und es vor 
einem Fäkalienpfropfen stecken bleibt, wobei sich die End¬ 
öffnung in die F’äkalien einbettet oder das Lumen des Rohres 
deshalb undurchgängig wird, weil eine Knickung des Gummi¬ 
rohres stattfindet, so kann das ganze Luftquantum, das sich in 
dem Dickdarmabschnitte vor dem eben erwähnten Fäkalien¬ 
pfropfen aufhält, durch diese parallelen Löcher ins Gummirohr 
gelangen und so nach außen befördert werden. Bei demselben 
Zufall, wo die Endöffnung des so eingerichteten Gummirohres 
durch Kotmassen verstopft wird, ist Verfasser dennoch im¬ 
stande, eine Darmeingießung auszuführen, da die Klysma¬ 
flüssigkeit dem Darmrohr entlang lateralwärts durch die 
Löcher ununterbrochen eindringen kann; diese Flüssigkeits¬ 


strahlen sickern beständig von allen Seiten aus dem Einlauf¬ 
rohre und können allmählich den sterkoralen Pfropfen er¬ 
reichen. So leistet Verfassers Darmgaseableiter einen zwei¬ 
fachen Dienst: 1. als richtiger Gaseableiter — selbst dann, 
wenn die Endöffnung zufällig verstopft ist oder durch Ab¬ 
knickung des Rohres unwegsam geworden ist, 2. als Darmrohr 
für Enteroklysmata •— selbst da wieder, wo die Endöffnung 
durch einen Pfropfen gelegentlich temporär verschlossen ist. 
Wenn man also den mit Luft prall gefüllten Darm von der 
schmerzhaften Blähung zu befreien hat, so führt man durch 
langsame, vorsichtige Schraubebewegungen den mit Borvaselin 
befetteten Darmgaseableiter ein und entfernt auf diese Weise 
die im Dickdarm enthaltene Luft; wenn aber der Dickdarm 
teilweise durch harte Fäces verstopft ist, so unternimmt man 
sogleich mit demselben Darmgaseableiter eine Darmein¬ 
gießung, um die F’äkalienmasse zu erweichen und zu ent¬ 
fernen. 

Prof. Dr. Hermann Eichhorst (Zürich): Ueber Kirschkernileus. 
(Medizinische Klinik, 1910, No. 40.) 

Verfasser berichtet über zwei Fälle von Kirschkernileus, 
die sich in dem Sinne ergänzen, daß es sich in dem einen um 
einen Verschluß im untersten Abschnitt des Ileum und im 
Colon ascendens und in dem anderen um eine Verlegung des 
untersten Mastdarmabschnittes handelt. In der letzteren Be¬ 
obachtung kam noch eine mechanische Verlegung des Harn¬ 
blasenausgangs durch Druck des mit Kirschkernen überfüllten 
Mastdarms hinzu. Beide stimmen in der Entleerung schleimi¬ 
ger Massen aus dem Mastdarm überein. Im ersten Falle 
! handelt es sich um eine 47 jährige Frau, im zweiten um einen 
49 jährigen Mami. Bei der F'rau, die jeglichen Diätfehler in 
Abrede stellte, wurde die Diagnose einer malignen Neubildung- 
gestellt. Bei der Operation erwies sich der Tumor als Fremd¬ 
körper, der aus 909 Kirschkernen bestand. Bei dem Manne, 
der zugab, daß er „einige“ Kirschen gegessen habe, stieß der 
untersuchende Finger dicht über dem Schließmuskel des 
Afters auf steinharte, runde, bei Verschiebung knirschende 
Gebilde, welche die Mastdarmampulle in großer Menge er¬ 
füllten und so fest gegeneinander gepreßt waren, daß man den 
Finger nur sehr mühsam und nur wenig tief einführen konnte. 
Man hatte sofort den Eindruck, daß es sich um nichts anderes 
als Kirschkerne handeln könne. Damit war die Behandlung 
gegeben. Man machte sich daran, die Kirschkerne mit den 
^Fingern aus dein Rektum herauszuholen, und brachte es 
schließlich bis auf 101Ö Kirschkerne, die ein Gewicht von 230 g 
erreichten. Dieser Menge entsprechen mehr als zwei Liter 
Kirschen. Man ersieht hieraus wieder, wie wenig man sich 
nicht selten auf die Angaben von Kranken verlassen kann, 
denn der Patient hatte, wie erwähnt, nur von „einigen“ 
Kirschen gesprochen, und daß er diese samt und sonders mit 
den Kernen verschluckt hatte, war überhaupt nicht von ihm 
erwähnt worden. 

In diesen beiden Fällen handelte es sich nur um solche 
Beobachtungen, in welchen es zu Verschluß des Darmes bei 
unveränderter Lichtung des Darmes kam. Begreiflicher¬ 
weise wächst die Gefahr, wenn bereits vor früher her der 
Darm an irgendeiner Stelle verengt war. Unter solchen Um¬ 
ständen werden mitunter wenige Kirschkerne imstande sein, 
den Darm zu verschließen. Freilich kann es auch dabei zu 
einer Ansammlung von sehr zahlreichen Kirschkernen ober¬ 
halb der verengten Darmstelle kommen. Crüveilhier 
berichtet über eine Beobachtung, in welcher sich oberhalb 
einer verengten Stelle im Darme 617 Kirschkerne angesammelt 
hatten. Mitunter bilden sich um verschluckte Kirschkerne als 
Mitte Niederschläge im Darm, die zur Bildung von mitunter 
recht beträchtlich großen Darmsteinen führen, die nun wdeder 
ihrerseits den Darm zu verengen und selbst zu verschließen 
imstande sind. In der älteren Literatur begegnet man nicht 
selten der Angabe, man habe in dem entzündeten Wurmfort¬ 
satz einen verstopfenden Kirschkern als Entzündungserreger 
gefunden. Es ist jedoch diese Angabe unrichtig. Die ver- 
| meintlichen Kirschkerne im Wurmfortsatz sind Kotsteine von 
kirschkernähnlichem Aussehen. Das Eindringen eines Kirsch¬ 
kernes in den Wurmfortsatz ist nicht möglich, weil ein Kirsch¬ 
kern dafür viel zu groß ist. K r. 

H. C. Jacobaeus (Privatdozent in Stockholm): Ueber die Mög¬ 
lichkeit, die Cystoskopie bei Untersuchung seröser Höhlun¬ 
gen anzuwenden. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 40.) 

Verfasser berichtet über vorläufige Versuche, zur Besich¬ 
tigung seröser Höhlen (Peritoneum, Pleura) ein nach dam 
Prinzip des Cyst’oskops gebautes Instrument zu verwenden. 
Der von Verf. benutzte Apparat besteht aus einem Trokar in 
Kombination mit einem geraden Cystoskop. Der Trokar ist 
mit einem selbstschließenden Ventil versehen, um ein Aus¬ 
strömen der in der betreffenden Höhle befindlichen Luft zu 
verhindern. Die Dicke des ganzen Apparates beträgt No. 17 
Charriere, die des Cystoskops No. 14. Zur Beleuchtung dienen 
kaltbrennende Osramlampen. Die Untersuchung wird in 



No. 48. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


721 


folgender Weise vorgenommen: Nach erfolgter Desinfektion 
mit Jodtinktur wird die Haut kokainisiert. Darauf macht man 
einen kleinen Einschnitt in dieselbe. In die betreffende Höhle 
gelangt man durch Einführung des Trokars. Dieser wird dann 
mit einer gewöhnlichen Po 1 i tzersehen Luftpumpe in Ver¬ 
bindung gesetzt und mittels dieser wird das erforderliche 
Quantum filtrierter Luft eingeblasen. Dann wird das Cystoskop 
in den Trokar eingeführt, der durch sein selbstschließendes 
Ventil die Luft festgehalten hat. Man besichtigt dann die be¬ 
treffende seröse Höhle, soweit sie in das Gesichtsfeld des 
Cystoskops fällt. Nach beendigter Untersuchung läßt man die 
Luft durch Oeffnen des Ventils im Trokar wieder ausströmen. 
Bei der Untersuchung ist der Einstich des Trokars das beinahe 
allein Schmerzhafte. Handelt es sich' um die Besichtigung des 
Peritoneums (Laparoskopie), und besteht Ascites, so wird 
dieser vorher in üblicher Weise entleert, und darauf wird das 
erforderliche Quantum Luft eingepumpt. Bei Ascites hat Ver¬ 
fasser das Verfahren bisher in 17 Fällen versucht. In einem 
Falle gelang es ihm, auf der Leber kleine Knötchen (Krebs¬ 
metastasen) wahrzunehmen, in einem anderen Falle eine 
hochgradige Perihepatitis. Vom Darmkanal sind nur die nach 
außen belegenen Schlingen der Untersuchung zugänglich. In 
einem Falle konstatierte Verfasser kleinere Knötchen, die 
wahrscheinlich Krebsmetastasen waren. An Leichen wurden 
mehrfach Metastasen und Krebsinfiltrationen am Omentum 
gesehen und durch nachfolgende Sektionen bestätigt. — Ueber 
die Besichtigung der Pleura hat Verfasser vorläufig weniger 
Erfahrungen. Bei der Pleuritis exsudativa wird das Verfahren 
von Holmgren, das Exsudat durch Luft zu ersetzen (Aus¬ 
blasen des Exsudats), zweckmäßig vor der Einführung des 
Cystoskops angewendet. Verfasser hat in zwei Fjillen von 
Pleuritis exsudativa dieses Verfahren benutzt, konnte aber in 
beiden Fällen keine besonderen Pleuraveränderungen fest¬ 
stellen. (Vorläufig befindet sich die Methode durchaus noch 
im Versuchsstadium.) R. L. 

v. Haberer: Experimenteller und kritischer Beitrag zur Frage 

der Mesenterialunterbindung mit und ohne Netzplastik. 

rcf. ,.Allg. Med. Central.-Ztg.“, 1910, S. 331.] (Archiv f. 

Ulin. Chir., Bd. 92, H. 2.) 

Prof. Lanz (Amsterdam) ist es nach seiner Angabe ge¬ 
lungen, nach schweren Mesenterialverletzungen oder Unter¬ 
bindungen die unvermeidlich arseheinende Darmgangrän 
dadurch zu verhüten, daß er einen Netzzipfel in den Mesen¬ 
terialdefekt einnähte oder den seines Gekröses beraubten 
Darm mit dem großen Netz umhüllte. Bei der Wichtigkeit 
dieser Frage hat nun v. H. eingehende Kontrollversuche an¬ 
gestellt. in welchen er leider zu wesentlich anderen Ergeb¬ 
nissen kommt, als Lanz. v. Hab er e r betont zunächst, daß 
die anatomische Endausbreitung der mesenterialen Arterien 
von Mensch und Hund so verschieden ist, daß eine Ueber- 
tragung der im Tierexperiment gewonnenen Erfahrungen auf 
den Menschen nicht statthaft ist. Der Hundedarm verträgt 
Mesenterialablösungen größerer Ausdehnung sowohl innerhalb, 
als auch außerhalb der Arkaden schlecht, vorausgesetzt, daß 
im letzteren Fall tatsächlich mehrere Gefäße unterbunden 
würden. Die häufigste Folge der Mesenterialablösung ist die 
Darmganggrän, in Fällen nur geringer Ablösung kann diese 
allerdings ausbleiben. Aber auch im Falle der Ausbildung 
eines vollständigen Kollateralkreislaufes kommt es häufig zur 
Bildung von Ulcerationen mit Darmstenose. Eine Restitutio 
ad integrum darf nur in den seltensten Fällen erwartet werden. 
Eine Netzplastik im Sinne von Lanz kann die deletären 
Folgen der Mesenterialablösung nicht aufhalten, da die Zirku¬ 
lationsstörung sofort schwere Veränderungen am Darm er¬ 
zeugt- welche ein evtl, ein paar Tage später zustande kommen¬ 
der" Kollateralkreislauf vom Netz her nicht mehr zu reparieren 
vermag. Die abweichenden Angaben über die Folgen der 
Mesenterialablösung im Tierexperiment sind teils auf eine zu 
geringe Beachtung des anatomischen Verhaltens der Gefäße, 
teils auf verschiedene Technik zurückzuführen. 

S. Solieri: Ueber Operation an der Malariamilz. (Archiv f. 

klin. Chir., Bd. 92, H. 2.) 

S. teilt kurz die Krankengeschichten von vier wegen hyper¬ 
trophischer Malariamilz splenektomierten Kranken mit und 
erörtert im Anschluß hieran Indikation und Technik des Ein¬ 
griffes. Der Eingriff verlief in allen vier Fällen gut und führte 
zur Heilung. Im ersten Fall wurde wegen Verletzung einer 
hypertrophischen Malariamilz operiert, im letzten Fall wegen 
Stieldrehung der Milz. Ist letztere beweglich, so ist der Ein¬ 
griff leicht. Solieri hält aber trotzdem die Splenektomie 
nur dann für indiziert, wenn schwere Störungen bestehen und 
der obere Pol der Milz nur wenig über dem Niveau des Rippen¬ 
bogens liegt. Die hypertrophische Milz an sich macht keine 
Beschwerden und rechtfertigt deshalb noch nicht die 
Splenektomie. Die Beschwerden werden meist erst verursacht 
durch sekundäre Zerrungen des Stieles, des Ligam. Suspen¬ 
sorium und des Magens, akute oder chronische Drehung bezw. 


Fixation des Organes in abnormer Lage. Solche Anomalien, 
sowie Zerreißungen und gefahrdrohende Blutungen bilden 
eine absolute Indikation für die Operation. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Charlotte Müller (Zürich): Ueber morphologische Blutver- 
änderungen bei Struma. (Medizinische Klinik, 1910, No. 34.) 

Im Jahre 1908 beschrieb Prof. Kocher im ,.Archiv f. 
klin. Chir.“ eine Blutveränderung, die er bei Morbus Basedowii 
gefunden hatte, die nach seinen Beobachtungen konstant bei 
dieser Krankheit vorkommt und insbesondere für ihre früh¬ 
zeitige Erkennung von Bedeutung ist. Diese Blutveränderung 
besteht in typischen Fällen in einer Erniedrigung der Gesamt- 
leukocytenzahl. einer Leukanämie, mit vorwiegender oder aus¬ 
schließlicher Verminderung der polynukleären neutrophilen 
Zellen, während die Lymphocyten prozentualisch oder ab¬ 
solut vermehrt sind, so daß es zu einer relativen oder abso¬ 
luten Lymphocytose kommt. Die Konstanz und das frühzeitige 
Auftreten dieses Befundes bei Morbus Basedowii lassen 
Kocher die Ueberzeugung aussprechen, daß wir in der Blut- 
Untersuchung einen frühen und wichtigen Anhaltspunkt so¬ 
wohl für die Diagnose als die Prognose des Morbus Basedowii 
gefunden haben, letzteres insofern, als starke Blutverände¬ 
rungen den Fall als schweren und der therapeutischen Beein¬ 
flussung nur unvollständig zugänglichen kennzeichnen. Häma- 
tologische Untersuchungen anderer Forscher bei Fällen von 
Basedow scher Krankheit haben die Resultate Kochers 
in vollem Umfange bestätigt. Nach der von der Mehrzahl der 
Kliniker angenommenen Ansicht sind die Symptome der 
Basedow sehen Krankheit der Ausdruck der Hyper- 
thyreosis, der Hyperfunktion der Schilddrüse. Auch die be¬ 
schriebene Blutveränderung wird aufgefaßt als eine Reaktions¬ 
erscheinung des Organismus auf die Ueberschwemmung mit 
dem im Uebermaß produzierten Schilddrüsensekret. Caro 
erklärt den Vorgang im besonderen als das Resultat einer 
Reizwirkung auf den lymphatischen Apparat und eines chemo¬ 
taktischen Einflusses des Schilddrüsensekretes auf die Lympho¬ 
cyten. Unter diesen Verhältnissen lag die Vermutung nahe, 
es möchte auch die einfache Schilddrüsenhypertrophie, wie sie 
in zahlreichen Fällen von Struma vorliegt, ohne zu den Er¬ 
scheinungen des Thyreoidismus zu führen, einen ähnlichen, 
voraussichtlich nur geringfügigen Einfluß auf das Blutbild 
haben. Verfasser stellte sich die Aufgabe, eine größere Zahl 
einfacher Strumafälle in dieser Richtung zu prüfen. Sie faßt 
das Ergebnis ihrer Untersuchungen in folgenden Schlußsätzen 
zusammen: 1. Die von Kocher bei Basedow scher Krank¬ 
heit gefundene Blutveränderung kommt in einer gewissen 
Häufigkeit auch bei einfacher Struma vor. und zw 7 ar in etwas 
mehr als der Hälfte der Fälle. Sie kann bei einfacher Struma 
ausnahmsweise einen ebensolchen Grad erreichen wie bei 
Morbus Basedowii, ist aber meist unbedeutender. Die Ver¬ 
wertbarkeit dieses Symptoms für die Diagnose Basedow - 
sche Krankheit erfährt dadurch eine gewisse Beschränkung. 
2. Das verhältnismäßig häufige Vorkommen dieser Blutver¬ 
änderung bei einfacher Struma verlangt, daß in unseren 
strumagesegneten Gegenden bei der Beurteilung von Blut¬ 
befunden im allgemeinen der Zustand der Schilddrüse jeweils 
berücksichtigt werde. 

Prof. Dr. R. Oestreich. Prosektor des Augusta-Hospitals in 
Berlin: Ein neuer Versuch der Behandlung des Krebses. 
(Berliner klin. Wochenschr., 1910. No. 37.) 

Die zahlreichen von ihm ausgeführten Sektionen von 
am Krebs Verstorbenen wiesen Verfasser immer wieder von 
neuem auf einige Eigentümlichkeiten der Krankheit hin, welche 
wohl bekannt, aber nicht genügend gewürdigt sind. Sobald 
die Krebskrankheit weiter vorgeschritten ist. kann eigentlich 
beinahe überall metastatischer Krebs auftreten, nur wenige 
Stellen bleiben fast stpts verschont, namentlich die Arterien¬ 
wände und das Knorpelgewebe. Die Festigkeit, die Härte der 
genannten Gewmbe kann nicht die Ursache dieser Erscheinung 
sein, denn es ist bekannt, daß gerade der sehr harte Knochen 
ungemein häufig an metastatischem Krebs erkrankt. Auch die 
Art bezw. der Mangel der Gefäßversorgung gibt keine ge¬ 
nügende Erklärung: oft genug wird innerhalb krebsigev 
Lymphdriisenpakete (der Achselhöhle, der Inguinalgegend) 
die Arterienwand im Gegensatz zur Venenwand frei von Ge¬ 
schwulst angetroffen; oft genug werden in den Fällen des die 
Brustwand durchdringenden Mammakrebses die knorpeligen 
Rippen geradezu von der Geschwulst vermieden und wohl er¬ 
halten gefunden. Aelmliches läßt sich von den Kehlkopf¬ 
knorpeln beobachten, falls endolaryngealer Krebs vorliegt. 
Wenn nun irgendein Gewebe in der Regel von Krebs ver¬ 
schont bleibt, trotzdem genügende Gelegenheit zur Invasion 
gegeben ist, muß die Ursache für diese .Immunität“ in der 
Chemie der verschonten Gewebe begründet sein. Daher er¬ 
gab sich Verfasser zunächst ein Hinweis darauf, welche Sub¬ 
stanzen vielleicht das Wachstum der Krebszellen hindern oder 
aufheben oder die Krebszellen abtöten oder die von den 
Krebszellen abgesonderten Stoffe neutralisieren Verfassers 



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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 48. 


Plan ging dahin, diese Substanzen dem erkrankten Körper, 
seinem Blut und somit allen Geweben zuzuführen, um so 
einen hemmenden Einfluß auf die Zellen des Krebses auszu- 
Uben. Verfasser wählte das chondroitinschwefelsaure Natron, 
einen Bestandteil der Arterienwand und des Knorpels. Seit 
Januar 1909 sind mit dem von der Firma J. D. Riedel her- 
gestellten, unter dem Namen „Antituman“ abgegebenen Prä¬ 
parat zahlreiche Fälle von Krebs im Augusta-Hospital zu 
Berlin behandelt. Unter vorsichtigster Berücksichtigung der 
gegebenen physiologischen Verhältnisse wurde die Einzel¬ 
dosis auf 0,1 g täglich, erst einmal, dann zweimal, festgestellt. 
Nach einer Woche wurde die Dosis auf das Doppelte des An¬ 
gegebenen erhöht. Die wässerige, vorher im Wasserbade 
sterilisierte Lösung wurde subkutan aii beliebigen Stellen des 
Körpers (Bauchwand, Oberschenkel), durchaus nicht not¬ 
wendigerweise im Gebiete der Geschwulst »injiziert. Die 
Dauer einer Kur betrug gewöhnlich 4—6 Wochen, dann wurde 
eine Pause meist von 1—2 Wochen gemacht und darauf eine 
zweite Kur angeschlossen. Es wurden nur inoperable, völlig 
verlorene Krebskranke dieser injektionskur unterworfen. Als¬ 
bald nach Beginn der Versuche ergab sich eine auffallende 
Erscheinung: Bei verschiedenen Kranken traten etwa 1 bis 
2 Stunden nach erfolgter Injektion jedesmal heftige Schmerzen 
in dem krebsartig erkrankten Teil ein: ein sicheres Zeichen 
dafür, daß eine Wirkung des angewendeten Mittels auf die 
krebsige Partie stattfand. Die Schmerzen hielten im Mittel 
etwa eine Stunde an und verloren sich dann allmählich im 
Laufe des Tages. Nachteilige Wirkungen irgendwelcher Art 
auf Nieren, Darm, Blut usw. wurden nicht nachgewiesen. Ein¬ 
zelne Patienten zeigten während der Behandlung einen offen¬ 
kundigen Stillstand des Leidens, andere eine Besserung ihres 
Befindens und verließen das Krankenhaus. Die bisherigen 
Versuche haben noch keinen absolut sicheren Anhalt dafür 
ergeben, wie lange die Nachwirkung nach der Injektionskur 
anhält. 

Privatdozent Dr. R. Schmidt, Primararzt in Wien: Krebs und 
Infektionskrankheiten. (Medizin. Klinik, 1910, No. 43.) 

Verfasser fiel auf, daß in der Vorgeschichte von Krebs¬ 
kranken so überaus häufig die Angaben wiederkehren: sie 
seien stets gesund gewesen, sie hätten keine fieberhaften Er¬ 
krankungen überstanden. Diese Angabe wiederholte sich wie 
eine Art Refrain. Verfasser hat sich nun darüber gemacht, 
diesem Allgemeineindruck von der Seltenheit überstandener 
Tnfektiönsprozesse bei Krebskranken eine zahlenmäßige Basis 
zu geben. Nennt man kurz die Zahl, welche angibt, wieviel 
Infektionskrankheiten ein Individuum überstanden hat, In¬ 
fektions-Index, so ließe sich die von Verfasser vermutete Ge¬ 
setzmäßigkeit kurz in die Worte kleiden: Der Infektionsindex 
Krebskranker ist, ganz besonders soweit er sich auf infektiöse 
Kinderkrankheiten erstreckt, ein abnorm niedriger. Und Ver¬ 
fassers Anschauung geht dahin, daß Individuen mit abnorm 
niedrigem Infektionsindex, sofern sie im Krebsalter stehen, 
der Gefahr einer Krebserkrankung in erhöhtem Maße aus¬ 
gesetzt sind. Bei hohem Infektionsindex wäre dagegen die 
Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung entsprechend 
niedriger einzuschätzen. Sollte sich, sagt Verfasser, durch 
weitere statistische Forschung diese Anschauung bestätigen, 
so wird man naturgemäß die beiden Momente, Seltenheit von 
Infektionsprozessen und Erkrankung an Krebs, in einen inne¬ 
ren Kausaluexus bringen müssen. Es scheinen Verfasser dies¬ 
bezüglich zwei Möglichkeiten vorzuliegen: 1. Es wäre denkbar, 
daß die unter anderem von Billroth postulierte Disposition 
zu Krebserkrankung gleichzeitig — etwa auf dem Wege einer 
Diathese — eine natürlich von Fall zu Fall verschieden hoch¬ 
gradige Immunität gegen Infektionskrankheiten bedingt. Es 
könnte hier beispielsweise auf den Antagonismus zwischen 
uratiscber Diathese und Tuberkulose verwiesen werden. 2. Ein 
Kausalnexus könnte aber auch insofern bestehen, als unter 
dem Einfluß von Infektionsprozessen der konstitutionelle 
Boden in einer Weise umgepflügt werden könnte, so daß die 
Disposition zur Erkrankung von Krebs bedeutend absinkt. 

Es käme solcher Art den Infektionskrankheiten eine ge¬ 
wisse Krebsprophylaxe zu. Ist dem so, so würde gerade 
unsere moderne Hygiene, wenigstens insofern sie auf das Auf¬ 
treten von Infektionskrankheiten eindämmt, die Häufigkeit der 
Krebserkrankung fördern. 

Weitere Untersuchungen sollen feststellen, ob tatsächlich, 
wie Verfasser annehmen möchte, der Infektionsindex in 
einem auffallend großen Prozentsatz von Krebskrankheiten 
ein abnorm niedriger ist. Diesbezüglich eine statistische 
Sammelforschung anzuregen, ist Zweck der vorliegenden 
Arbeit. 

Dr. Samuel Diosszilägyi (Mako): Eine neue Methode der Be¬ 
handlung der Unterschenkelgeschwiire. (Bester medicin.- 
chirurg. Presse, 1910, No. 42.) 

Die neue Methode, die Verfasser in 14 Fälle verwendete, 
rührt von W. Pust, Arzt in Stettin, her, der sie 1908 in der 


„Deutschen medizinischen Wochenschrift“, No. 52, unter dem 
Titel „Ueber Wundbehandlung mit Gips“ veröffentlichte. 
Die Idee zur Ausarbeitung seines Verfahrens gab ihm die 
Empfindlichkeit der Bakterien gegen Austrocknung. Sein 
Verfahren besteht darin, daß nach oberflächlicher Reinigung 
der Umgebung des Geschwüres, letzteres mit einer dünnen 
Gazeschicht bedeckt und diese mittels Binde befestigt wird. 
Auf diesen Verband kommt an der dem Geschwüre ent¬ 
sprechenden Stelle eine dicke Lage Gips, darüber eine Schicht 
Watte, welche mit Gummipapier (Guttapercha, Billrothbattist, 
Mosetigbattist) bedeckt und mittels Binde befestigt wird. Zum 
Verbände ist auch der gewöhnliche käufliche Gips gut, seine 
Sterilisation ist ganz überflüssig. In den ersten Tagen muß 
die Gips- und Watteschicht öfters gewechselt werden, die der 
Wunde direkt aufliegende Gazeschicht bleibt liegen. Hat sich 
der Geschwürsgrund gereinigt, so können wir zur Salben- 
behandlung übergehen. Pust behauptet, der Erfolg seiner 
Behandlung wäre ein frappanter. Alte, hartnäckige Ulcera 
cruris reinigen sich sehr schnell, oft in einigen Stunden. Verf. 
versuchte die Methode, wie gesagt, in 14 Fällen. Seine Resul¬ 
tate sind zufriedenstellend. 

Privatdozent Dr. Carl Ullmaiui (Wien): Experimentelles zur 
Thermopenetration. (Pester med.-chir. Presse, 1910, 
No. 42.) 

Verfasser kommt auf Grund von Versuchen an Tieren und 
toten Gewebsstücken bezüglich der Wirkungsweise, Tempera¬ 
turgang und Dosierung der sogenannten Thermopenetration zu 
folgenden Schlußfolgerungen: Es lassen sich in den erwärmten 
Gewebspartien mit den empfindlichsten Voltametern inter¬ 
polar keinerlei Eäektrizatätsschwankungen (Spannomgsphäno- 
mene) während des Stromganges nachweisen. Bei gleich¬ 
artiger Gewebsmasse ist die Temperaturerhöhung aller inter¬ 
polar gelegenen Gewebsanteile jederzeit eine vollkommene 
oder doch nahezu gleiche und es sind die kleinen Differenzen 
doch nur durch die Ungenauigkeiten der Experimentanord¬ 
nung zu erklären. Verschieden dichte und auch für die 
Leitung von konstanten elektrischen Strömen verschieden 
leitungsfähige organische Substanzen bezw. die Gewebe er¬ 
wärmen sich ceteris paribus in der Zeiteinheit sehr verschieden 
stark. Der Reihe nach erwärmt sich am langsamsten sub¬ 
kutanes Fettgewebe. Knochenmark, Blut, Nervensubstanz, Zell¬ 
gewebe. Skelett, Muskel, Jferzmuskel, Bindegewebe, Haut, 
Sehne, Knochensubstanz. Letztere steht also in der Reihe zu¬ 
erst und erwärmt sich am raschesten. In vivo erfolgt jedoch 
eine wesentliche Aenderung dieses Gesetzes je nach dem 
Blutgehalt, der Vaskularisation, Blut- und Lymphbewegung, 
die einen teilweisen Ausgleich der Temperaturen und auch 
eine Nivellierung der Temperaturdifferenzen in den verschie¬ 
denen Geweben zur Folge haben. Die Unterbrechung be¬ 
ziehungsweise Verminderung der Blutzirkulation steigert in¬ 
folgedessen nicht nur die absoluten Temperaturen, sondern 
auch die jeweiligen Temperaturdifferenzen zwischen den am 
höchsten und den am tiefsten temperierten Punkten der inter¬ 
polaren Gewebszone. somit nicht nur einerseits die therapeu¬ 
tischen Effekte, sondern anderseits auch die Gefährlichkeit des 
Verfahrens, und zwar letzteres durch die Schädigung einer 
partiellen Uebererwärmung. Sekundäre Hyperleukocytose an 
den erwärmten Stellen findet statt, ist jedoch relativ geringer 
als nach Methoden der Bier sehen Hyperämisierung durch 
konstante Leitungswärme, Heißluft, strahlende Wärme etc., 
was wohl mit der gleichmäßigen Erwärmung aller Zellen 
zwischen den Polen zu erklären sein dürfte, wodurch die 
Schwelle der formativen Reizung (zur Zellneubildung) offen¬ 
bar etwas erhöht wird. Von einer exakten Dosierbarkeit des 
Verfahrens für klinische Zwecke kann demzufolge vorläufig 
nur in sehr beschränktem Maße die Rede sein. Es ist zur 
direkten Bakterizidie mit Maximaltemperaturen über 42° C.. 
im. Körper gemessen, sogar als gefährlich zu widerraten. Ihre 
Heilwirkungen sind also doch auch als indirekte, im Wege 
des Nervensystems, der Ernährung, Stöffwechselbeschleuni- 
gung erfolgende zu betrachten. 

Dr. Emil Haim, Chirurg und Frauenarzt in Budweis: Zur 
Kasuistik der gleichzeitigen extra- und intrauterinen Gra¬ 
vidität. (Prager medizni. Wochenschr., 1910, No. 42.) 

Die meisten Autoren sind der Meinung, die extrauterine 
Gravidität in jedem Stadium wie einen malignen Tumor be¬ 
handeln und demgemäß sofort nach gemachter Diagnose den 
Fruchtsack exstirpieren zu müssen. In letzter Zeit sind indes 
einzelne Stimmen laut geworden, bei weit vorgeschrittener 
Extrauteringravidität doch zu versuchen, auch das kindliche 
Leben zu schonen. Unbestritten muß jedoch die Anschauung 
sein, daß inan bei gleichzeitiger extra- und intrauteriner Gra¬ 
vidität sich bestreben müsse, wenigstens die intrauterine Gra¬ 
vidität zu einem guten Ende zu führen.. Soll dies erreicht wer¬ 
den, so muß entweder die Diagnose gestellt oder wenigstens 
an die Möglichkeit dieser nicht gar so seltenen Komplikation 
gedacht und das Handeln danach eingerichtet werden. Als 




No. 48. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


723 


eine besondere Eigentümlichkeit aller dieser Fälle kann es 
bezeichnet werden, daß die Diagnose sehr schwer ist und daß 
ferner die Prognose für alle drei ins Spiel kommende Existen¬ 
zen als eine sehr ernste zu bezeichnen ist. Nach E h r en¬ 
do r f e r ist bis jetzt mit seinem Falle erst neunmal die 
Diagnose auf gleichzeitige extra- und intrauterine Schwanger¬ 
schaft gemacht worden. Im 'Anfang ist die Diagnose über¬ 
haupt nicht zu machen, da ja auch bei reiner Extrauterin¬ 
gravidität der Uteruskörper konsensuell hypertrophiert und 
die sonstigen Zeichen der Gravidität auch für die extrauterine 
gelten; später, wenn sich die extrauterine insbesondere durch 
ihre Komplikationen, sei es Ruptur, sei es Tubarabort, ver¬ 
raten hat und man außerdem einen der Dauer der Gravidität 
entsprechend vergrößerten Uterus tastet, wird man die 
Diagnose stellen können; so war es auch in den meisten der 
diagnostizierten Fälle. Nun kommen die meisten ektopischen 
Schwangerschaften gleich im Beginne bis zu ihrem dritten 
Monate zur Beobachtung und eventuell zur Behandlung und 
da wird es Pflicht des Behandelnden sein, auch an die Möglich¬ 
keit einer gleichzeitigen intrauterinen zu denken und dem¬ 
gemäß mit dem Uteruskörper schonend zu verfahren, dann 
wird auch die Prognose dieser Komplikation eine viel bessere 
sein, als sie es bisher war. ln dem vom Verfasser mitgeteilten 
Falle wurde die Diagnose auf geplatzte, linksseitige Extra¬ 
uteringravidität gestellt und Patientin sofort ins Krankenhaus 
geschafft. Bei der Operation fiel schon auf, daß der Uterus- 
körper mehr vergrößert war, als einer gewöhnlichen Hyper¬ 
trophie bei extrauteriner Gravidität entspricht; auch war er 
sehr weich, so daß an eine gleichzeitige intrauterine Gravidi¬ 
tät gedacht wurde. Bald nach der glücklich verlaufenen Ope¬ 
ration konnte eine weitere Vergrößerung des Uterus konsta¬ 
tiert werden. Normaler Verlauf der Schwangerschaft und 
spontaner Partus. — Daß in diesem Falle eine Zwillings- 
schwangerschaft vorlag, unterliegt keinem Zweifel. 

Dr. Otto X’uläk, Primarius des allgemeinen Bezirkskranken¬ 
hauses in ßöhm.-Brod: Spontane Uterus- und Blascn- 
ruptur während des Geburtsaktes. (Wiener med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 41.) 

Es handelte sich um eine 42 jährige Vlll-Para mit engem 
Becken, die gleich bei ihrer ersten .Niederkunft eine vesico- 
vaginale oder cervicale Fistel davontrug. Die weiteren sechs 
Geburten waren schwer, doch ohne Unfall. Bei der letzten Ge¬ 
burt trat wahrscheinlich infolge von falscher Einstellung des 
Kopfes in fünf bis sechs Stunden nach Eintritt der Wehen eine 
inkomplette Uterusruptur ein, die sich während des Trans¬ 
portes ins Krankenhaus in eine komplette umwandelte. Bei 
der Ruptur des Uterus riß auch die Harnblase ein. Aus der 
Lage des Harnblasenabrisses und aus der Erwägung, daß 
zwischen der ersten und letzten Geburt noch sechs andere, 
freilich schwere, doch sonst ohne Verletzung verlaufende Ge¬ 
burten stattgefunden, schließt Verfasser, daß diese letzte 
Ruptur des Uterus und der Blase in keinem Zusammenhang 
mit der Verletzung während der ersten Geburt steht (— Narben¬ 
bildung). Nach Konstatierung des Uterus- und Blasenrisses 
blieb für die Therapie nur die Laparotomie mit Entfernung 
des Uterus übrig, die in diesem Falle die schon bestehende 
Peritonitis nicht aufhalten konnte. Exitus am dritten Tage p. o. 
Die mikroskopische Untersuchung ließ den exstirpierten 
Uterus normal erscheinen. K r. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der ..Allgem. Medie. Central-Zeitung'M 
Sitzung vom 9. November 1910. 

Vorsitzender: Herr Orth. 

Tagesordnung: 

Ueber Otosklerose. 

(Mit Demonstrationen am Projektionsapparat.) 

Herr G. Brühl: Dem Namen nach glaubt man, daß es sich 
bei der Otosklerose um eine durch Verdickung am Trommel¬ 
fell bedingte Bewegungsbeschränkung des schallleitenden 
Apparates handle. Vergegenwärtigen wir uns, was wir in 
klinischer Beziehung unter dem Begriff verstehen, so wissen 
wir, daß wir es mit einer häufig vorkommenden, sich langsam 
entwickelnden, meist beiderseits auftreteuden, mit Schwer¬ 
hörigkeit verbundenen Affektion zu tun haben, die in der 
■lugend beginnt und im besten Lebensalter ihren Höhepunkt 
erreicht. Außer Ohrensausen, Druck- und Schmerzgefühl 
fehlen sonstige Initialsymptome. Durch den Namen sollte, im 
Gegensatz zu den Gehörstörungen, die durch Erkrankung des 
nervösen Apparates hervorgerufen werden, eine Mittelohr- 
Schwerhörigkeit charakterisiert werden. Bei totalem Verlust 
von Trommelfell, Steigbügel und Amboß ist eine genügende 
spezifische Erregbarkeit des Endorgans noch möglich, so 


lange die Steigbügelbasis, die durch ein Ringband fixiert wird, 
ihre Beweglichkeit noch bewahrt hat. Die histologischen 
Untersuchungen der neueren Zeit haben nun die Existenz von 
Stapesankylose bei freiem Mittelohr ergeben. Was die Genese 
der Stapesankylose betrifft, so wird von einigen Autoren den 
entzündlichen Affektionen iin Mittelohr eine gewisse Bedeu¬ 
tung beigelegt, während andere (u. a. P o 1 i t z e r) dem wider¬ 
sprechen und behaupten, daß es die Ostitis der Labyrintljkapsel 
sei, in deren Verlauf es zu den Knochenneubildungen komme. 
Alle ätiologischen Momente, die sonst bei Knochenerkrankun¬ 
gen eine Rolle spielen halten auch für die Otosklerose ihre Be¬ 
deutung, alter keins derselben ist wirklich imstande, Licht in 
die Tatsache zu bringen, warum es bei der Otosklerose zur 
Stapesankylose kommt. In neuerer Zeit sind Zweifel darüber 
laut geworden, ob der Stapesankylose die beigelegte Be¬ 
deutung tatsächlich zukommt, da im Felsenbein und im hinte¬ 
ren Ohr ohne Stapesankylose die gleichen Knochenverände¬ 
rungen festgestellt worden sind, während diese Veränderun¬ 
gen früher als Folgen der Otosklerose betrachtet wurden. 
Neuerdings werden Veränderungen im Labyrinth als das 
Primäre hingestellt, so daß Stapesankylose und Ostitis im 
Felsenbein als Begleit- oder Folgezustände anzusehen seien. 
Vortragender entwickelt im folgenden seine eigenen Ansichten 
über das Wesen der Erkrankung auf Grund zahlreicher anato¬ 
mischer Untersuchungen von Hörorganen, die zu Lebzeiten 
untersucht worden sind. Die Knochenveränderungen bei 
Otosklerose sind mehr schwammiger Natur und heben sich 
mit scharfen Grenzen gegen das gesunde Gewebe im Felsen¬ 
bein ab. Dem Sitz der Affektion nach unterscheidet Vor¬ 
tragender vier Gruppen von Otosklerosen. 1. Knochenaltera¬ 
tionen. die in unmittelbarer Nähe des Steigbügels liegen, aber 
nicht zu Stapesankylose geführt haben; 2. solche, die im vorde¬ 
ren Umfang des runden Fensters sich etablieren und zu Stapes¬ 
ankylose führen: 3. solche, bei denen sich noch atypische Herde 
im übrigen Gehörgang zeigen, und 4. solche, die weit ab vom 
Vorhof liegen und auch nicht zu Stapesankylose geführt haben. 
Das Gemeinsame im Befunde der Fälle aus den Gruppen 1 
bis 3 besteht darin daß der Ausgangspunkt der pathologi¬ 
schen Knochenneubildung mit Vorliebe im vorderen Vorhofs¬ 
abschnitt und der ältere Herd oberflächlich dicht unter dem 
Periost gelegen ist. Bei der Gruppe 4 handelt es sich viel¬ 
leicht um trophische Störungen, die Hauptsache ist in klinischer 
Hinsicht nicht die Knochenalteration, sondern die nervöse 
Schwerhörigkeit bedingt durch degenerative Vorgänge im 
Labyrinth. In den typischen Fällen handelt es sich dagegen 
mehr um bindegewebige Prozesse- welche die Affektion als 
schallhindernde charakterisieren. Seiner Ansicht nach handelt 
es sich bei der Otosklerose um eine Hyperostose am Vorhofs¬ 
fenster dabei gibt es auch eine solche, die nicht zuStapesankylose 
führt. Den Umstand, daß die Steigbügelgegend die Prädilek¬ 
tionsstelle der Affektion bildet, erklärt Vortragender durch 
eine Reihe von Momenten (Wirkung der Druck- und Zugkräfte), 
die für Hyperostosenbildung an dieser Stelle günstig sind. Die 
überknoroelte Platte des Steigbügels wird durch Bindegewebs- 
ziige an den vorderen Rand des Vorhofsfensters befestigt Das 
Ringbild des Steigbügels ist vorn breiter als hinten. Wenn 
auch geringe Kräfte in Frage kommen, so ist doch die konti¬ 
nuierliche Reibung und Zerrung des M. tensor tympani dazu 
angetan, eine andauernde Unruhe am Periost hervorzurufen. 
Die Gruppe 2, welche eine Anzahl von nur auf das Vor¬ 
hofsfenster beschränkten Knochenveränderungen aufweist, 
spricht für die Richtigkeit dieser Anschauung. Heredität, ver¬ 
erbte Anlage spielen außerdem eine Rolle beim Zustaude- 
I kommen der typischen Stapesankylose. Demonstration der 
anatomischen Präparate am Projektionsapparat. Zur Beseiti¬ 
gung des schallleitenden Hindernisses haben sich, wie es 
I selbstverständlich ist- medikamentöse Mittel, ferner andere 
Maßnahmen, wie ..Politzern“. Katheterisieren. Massieren etc. als 
nutzlos erwiesen. Ein Durchschneiden des M. tensor tympani 
in geeigneten Fällen und zur Zeit, wo das Labyrinth noch un¬ 
versehrt ist, durfte vielleicht noch Erfolg versprechen. 

Diskussion: 

Herr Peyser rühmt die große Bedeutung derartiger Unter¬ 
suchungen, wie sie der Vortragende angestellt hat, für die Auf¬ 
fassung und Behandlung der noch so ungeklärten Affektion 
Das Fibrolysin dürfte in einigen Fällen einigen Nutzen haben. 
Gegen die Otosklerose ist nichts zu machen, doch läßt sich ein 
palliativer Erfolg gegen subjektive Erscheinungen erreichen, 
so z. B. auch durch die Phosphormedikation. 

Herr Brühl (Schlußwort): Von Thiosiuamin habe er nicht 
viel Günstiges gesehen. Die Hauptsache liegt bei der Oto¬ 
sklerose in der richtigen- Erkennung des Leidens. 

(Schluß folgt.) 



724 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 48. 


Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. 

(Eigenbericht der ,.AlIgem. Medic. Central-Zeituns“.) 

Sitzung vom 7. November 1910. 

Vorsitzender: Herr Kraus. 

(Schluß.) 

Diskussion über den Vortrag des Herrn Georg 
Klemperer: „Ueber Lipämie bei Diabetes.“ 

Herr L. Michaelis berührt die Frage des lipolytischen Fer¬ 
mentes, das Klemperer anzweifelt. Aber auch in K 1 e m - 
perers Versuchen sind Fehlerquellen vorhanden. Das 
Fluornatrium ist fermentfeindlich; so wird z. B. die Glykolyse 
im Blut unterdrückt, ebenso das Fibrinferment. Das beruht 
wohl darauf, daß es den Kalk entfernt. 

Herr Fuld; Das Fluornatrium verhindert nicht die Wirkung 
des Fibrinfermentes, sondern dieses wird wohl durch den 
Fluorcalciumniederschlag niedergerissen. 

Herr Jacoby glaubt nicht, daß das Cholesterin aus den 
Organen stammen muß. Denn es ist möglich, daß sich in 
irgendeinem Organ die absolute Menge des Cholesterins ver¬ 
mindert. Das würde schon genügend die Zunahme im Blut 
erklären. Der Organismus läßt sich sehr viel Zeit. Die Lipämie 
bildet sich allmählich. 

Herr Bönniger: Die Versuche von Connstein und 
Michaelis wurden mit unzureichender Methode gemacht. 
Redner hat die Methode der Trocknung des Blutes und Aether- 
extraktion angewandt. Nimmt man Alkoholbehandlung vor. so 
bekommt man viel höhere Werte. Redner hat mit Alkohol¬ 
ätherextraktion einen mittleren Fettgehalt (1,7) fast wie 
Klemperer festgestellt. Der Fettgehalt bezw. das Alkohol¬ 
ätherextrakt ist bei lipämisch aussehendem Blute nicht immer 
größer als im klaren Serum. Es kann hier der Gehalt sogar 
größer sein. 

Herr Reicher vermißt in der Beweisführung Kleinpe- 
rers zweierlei: Klemperer hat die Bestandteile des 
lipoiden Serums nicht völlig untersucht, sondern sich auf Cho¬ 
lesterin beschränkt. Dazu kommt die Untersuchung des orga¬ 
nischen Fettstoffwechsels. Redner hat die Frage mit den 
Chemikern Dr. Stein und Hagenau angegriffen und die 
Verbindungen, in denen das Fett bei der Umwandlung des 
Blutserums in klare Lösung vorkommt, studiert. Es sind Cho¬ 
lesterin-Ester. Fettehveißverbindungen und Lecithin. Ver¬ 
füttert man reine Cholesteride, z. B. Tricholerin, so entsteht im 
Laufe der Zeit in an- und absteigender Kurve eine Vermehrung 
an Cholesterin-Ester und Lecithin, vielleicht auch an Fett¬ 
eiweißverbindungen. Diese Stoffe zirkulieren eine Zeitlang 
im Blute gelöst. Es ist erklärlich, daß trotz hohen Fettgehaltes 
klares Blut nach einiger Zeit da sein kann. Nicht alle Menschen 
sind sich hierin gleich. Z. B. bei Basedow'kranken verschwindet 
der Fettgehalt wegen stärkerer Verbrennung schneller aus 
dem Blut. Bei Fettsucht ist die Umwandlung verlangsamt. 

Der Diabetiker ist im vorgeschrittenen Stadium in 
den Verhältnissen eines Fettsüchtigen; er kann das Fett nicht 
mehr richtig verwerten. Die Umwandlung in die gelöste Form 
und die Verbrennung ist ihm erschwert; ähnlich wie ein Fett¬ 
süchtiger durch die beständige Nötigung, seine Erhaltung aus 
Fett zu suchen, erlahmt er in der Fettverwertung. Dann ent¬ 
steht die Acidosis und das Koma. 

Herr Magnus-Levy: Woher kommt das Cholesterin des 
Blutes? Ist das neu abgesetzt? Entweder wird es neu gebildet, 
was möglich ist anzunehmen, aber nicht notwendig ist. Oder 
es stammt aus dem großen Reichtum der Nahrung an Cho¬ 
lesterin. Nun ist es notwendig, zu entscheiden, ob das Cho¬ 
lesterin, das in großen Mengen im Blute kreist — bei 2% 1 
Serum sind es 120 g im Serum — aus der Nahrung stammt. 
Es läßt sich nicht entscheiden, ob das Cholesterin der Nahrung 
direkt in das Blut kommt oder erst in die Zellen und aus den 
Zellen in das Serum wandert. Es wäre bei den jetzigen Kennt¬ 
nissen möglich, anzunehmeu, daß der Diabetiker die große 
Menge des Cholesterins — 12 Eier enthalten 3 g Cholesterin — 
nicht so wie ein gesunder Versuchshund verbrennt, sondern, 
weil er sie nicht verwerten kann, im Serum aufspeichert, ohne 
sie nach den Zellen, dem Darm oder durch Verbrennung los 
zu werden. Diese Erklärung steht vorläufig der von Klem¬ 
perer gegenüber. 

Herr Stadelmann hat vor 10 Jahren hier einen Fall von 
Lipämie demonstriert. Er fand damals 20 pCt. Fettstoffe im 
Blute. Interessant ist. daß er zuerst die Menge dieser Fettsub¬ 
stanzen bestimmte. Er hat seitdem die Frage, zuletzt mit 
Boruttau zusammen, verfolgt. Die Untersuchung ist noch 
nicht abgeschlossen. Im Gegensatz zu Klemperer hat er 
nicht bei allen Fällen von Diabetikern Koma und bei 
schwersten Fällen Lipämie gefunden; zuweilen war keine 
Spur Fett da. 

Herr Klemperer (Schlußwort): Das Gebiet ist sehr groß. 
Er hat daher nur die Hauptsachen hervorgehoben. Er hat 
Tatsachen und ätiologische Vorstellungen durchaus getrennt. 
Seine Theorien sind noch nicht bewiesen; sie haben nur 
heuristischen Wert Fluornatrium ist nicht fermentfeindlich; 


es ist nur bactericid. Eine Hälfte der Trockensubstanz wurde mit 
Chloralhydrat behandelt und zwar mit demselben Resultat. — 
Im klaren Serum findet man manchmal durchaus einen etwas 
höheren Fettgehalt; nicht blos das Aussehen ist entscheidend, 
sondern die Aetherextraktion ist nötig. Kolloide Eiweißsub¬ 
stanzen machen einen pseudolipoidämischen Charakter. 

Ueber den Fettstoffwechsel ist viel zu diskutieren. Aber 
vom klinischen Standpunkt ist Vortr. gegen die Meinung, daß 
bei Diabetes eine mangelhafte Fettzersetzung bestände. Wie 
soll ein magerer Diabetiker die Fähigkeit verlieren, das Fett 
zu zersetzen? Die konstitutionell Fettsüchtigen — das hat 
Herr vonBerg m a n n gezeigt — haben auch keine Lipämie. 
Die Kranken, die im Koma starben, nehmen nicht 12 Eier zu 
sich, sondern solche Menschen genießen vielleicht in zweimal 
24 Stunden etwas Kochsalzlösung und leere Bouillon. Als sie 
stark ernährt wurden, hatten sie geringe Werte im Blut; als 
sie hungerten, schnellten die Zahlen in die Höhe, das spricht 
gegen Magnus-Le vys Annahme. Daß er so spät und 
spärlich Lipämien sah, liegt daran, daß er 10 Jahre lang keine 
klinische Abteilung hatte. Mode. 


IIT. Demonstrationsabenri 

des Charlottenburger Aerzte-Vereins am 6. Oktober 11)10. 

(Offizieller Bericht) 

I. Herr C. S. Engel: Ueher die Ausführung der Wasser- 
mannschen Reaktion in der ärztlichen Praxis. (Erscheint als 
Originalbericht in No. 49 dieser Zeitung.) 

II. Herr C. Helhing: Ueher die Gaumenspaltoperation im 
Säuglingsalter. 

Auf Grund meiner Erfahrungen an 80 Gaumenspaltopera¬ 
tionen möchte ich mit meiner Demonstration die noch immer 
bestehende Anschauung bekämpfen, als ob die in frühester 
Kindheit ausgeführte Operation eine lebensgefährliche sei, Ich 
habe bisher iö Kinder unter einem Jahre der Operation unter¬ 
warfen und keinen einzigen Todesfall erlebt. Wenn auch 
früher recht bedeutende Chirurgen, wie Billroth, Simon 
und selbst ein La-ngenbeck, der Schöpfer der heutigen 
Operationsmethcde, ausnahmslos alle Kinder, die sie vor dem 
dritten Lebensjahr operierten, durch den Tod verloren, so hat 
sich mit der verbesserten Operationstechnik und mit der Mög¬ 
lichkeit, durch methodische Kompression während der Opera¬ 
tion fast ohne Blutverlust zu operieren, die Gefahr der Opera¬ 
tion so verringert, daß sie gleich null -ist. Wenn ich für die 
frühzeitige Gaumenspaltoperalion eintrat, so ist dies keine 
Marotte von mir, auch treibt mich nicht der Ehrgeiz, die bei 
Säuglingen durch die kleinen Raumverhältnisse etw’as schwieri¬ 
gere Operation ausführen zu wollen. Der Hauptgrund zur 
frühen Indikationsstellung liegt für mich in der lebensretten- 
den Bedeutung der Operation. Wir wissen, daß die Mortalität 
der nicht operierten Gaumenspaltenkinder im ersten Lebens¬ 
jahre eine kolossale ist. Schätzungsweise wird diese auf 85 bis 
90 pCt. angegeben. Je früher man also durch die geglückte 
Operation normale Verhältnisse schafft, desto größer ist die 
Aussicht, die Kinder am Leben zu erhalten, welche sonst an 
den. aus der Defektbildung resultierenden Schädlichkeiten, 
wie mangelhaftem Saugen und infolgedessen unzureichender 
Ernährung, häufigem Verschlucken und dadurch entstehenden 
Infektionen im Atmungs- und Verdauungsapparat, Mittelohr¬ 
eiterungen usw. zugrunde gehen. Wenn ich mit der Empfehlung 
der Frühoperation auch noch ziemlich vereinzelt dastehe, so 
mache ich aus der Literatur die Erfahrung, daß der einzelne 
Chirurg, je größere Erfahrung er auf diesem kleinen Spezial¬ 
gebiete hat. um so w'eiter die Altersgrenze nach unten rückt. 
Ich bin in der Lage, Ihnen von den 16 im Säuglingsalter aus¬ 
geführten Operationen vier Kinder hier vorzufiihren. Von 
diesen ist das jüngste mit acht Tagen- das älteste mit neun 
Monaten operiert. Den funktionellen Erfolg können Sie bei 
der Jugend der Kinder nicht prüfen; nach meiner Erfahrung 
ist dieser aber auch bei den Frühoperationen der beste. 

III. Herr Kühne junior : Demonstration von Fremdkörpern 
aus den oberen Luft- und Speiscwegcn. 

1. Großes Knochenstück aus der Speiseröhre, dessen An¬ 
wesenheit w'eder durch Magensondeneinführung, noch durch 
mehrmalige Röntgenaufnahmen von anderer Seite festgestelit 
werden konnte. Referent wies den Fremdkörper durch Ein¬ 
führung des Brüning sehen Oesophagoskops in einer Tiefe 
von 19 cm von der oberen Zahnreihe entfernt nach. Ent¬ 
fernung mittels Brüningscher Krajllenzange. Glatte 
Heilung. Fremdkörper hat acht Tage in Speiseröhre verweilt. 

2. Eierschale aus dem Kehlkopf eines vierjährigen Kindes. 
Eierschale fest zwischen den Stimmbändern sagittal zwischen 
vorderer Kommissur und Regio interarytaenoidea gekeilt. Ex¬ 
traktion mittels B r ü n i ng sehen Autoskopiespatels und Krallen¬ 
zange nicht möglich. Laryngofissur. Entfernung primärer 
Knorpel, Weichteil-Hautnaht. Geringfügige Stichkanaleiterung 
an einer Hautnaht. Tadellose Narbe, vorzügliche Funktion 
des Larynx. 



No. 48. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


726 


3. Abgebrochener Schreibgriffel aus der Nase, der vor 
18 Jahren vom rechten Siebbein durch Septum narium in das 
linke Siebbein eingedrungen, in diesen Teilen sitzend Nasen¬ 
eiterung und Nasenverstopfung verursacht hatte. Nach Resek¬ 
tion der rechten mittleren Muschel glatte Extraktion mit 
Brüning scher Nasenzange. Demonstration zweier Röntgen¬ 
platten. 

4. Demonstration des Bronchoskopie- und Oesophago- 
skopie-Instrumentariums nach Brünings. 

IV. Herr Heller demonstriert einen vier Monate alten 
Säugling, bei dem ein fast das ganze obere rechte Augenlid 
einnehmendes Naevus flammeus vermittelst des Kohlensäure- 
schrieeVerfahrens mit kosmetisch vorzüglichem Erfolg entfernt 
war. Der Fall soll als Illustration für die Wirkung der gerade 
für den Praktiker sehr bequemen Methode dienen, die H. in 
einer der vorangegangenen Sitzungen in ihrer praktischen An¬ 
wendung demonstriert hat. 

Herr Heller zeigt ferner mit Rücksicht auf den folgenden, 
Ehrlich-Hata 606 betreffenden Vortrag einen jungen Mann, der 
seit IV 2 Jahr auf der rechten Zungenhälfte enorm große 
Convolute hypertrophisch-syphilitische Plaques gehabt hatte. 
Erfahrene Kollegen veranlaßte das eigentümliche Aussehen 
der Gebilde zur Diagnose Leukoplakie. Drei Tage nach der 
Injektion, d. h. am Demonstrationstage, waren die syphiliti¬ 
schen Prozesse bis auf eine kaum sichtbare Färbung der 
Schleimhaut verschwunden; gleichzeitig war der vorher außer¬ 
gewöhnlich starke Icterus syphiliticus nicht mehr zu konsta¬ 
tieren. Der Harn, der seit Wochen eine tief grüne, d. h. also 
ikterische Färbung gehabt hatte, war normal geworden. Der 
Injektionsmodus war das Wechsel mann sehe Verfahren 
gewesen. 

V. Herr C. Lippmaim: Acne necrotica seu varioliformis. 

Die Affektion ist eine verhältnismäßig seltene Hautkrank¬ 
heit, und würde kein besonderes Interesse verdienen, wenn 
sie nicht durch ihr Aussehen und ihre Lokalisation stark an 
das krustöse Syphilid erinnerte. Die typische Lokalisationen 
der Acne necrotica sind nämlich die Stirn- und Hinterhaupthaar¬ 
grenze und die Nasolabialfalten. Die Effloreszenzen sind etwa 
erbsengroße, mit in die Haut eingelagerten Krüstchen bedeckte 
Knötchen, die nach Abfallen der Kruste und Abheilen des 
nekrotisierenden Prozesses tiefe Narben hinterlassen, die aus- 
sehen, als wenn Stückchen mit einem Locheisen entfernt wären. 
Die eingesunkenen Knötchen an der Stirnhaargrenze mit den ein¬ 
gesunkenen Narben kennzeichnen die Acne necrotica seu 
varioliformis gegenüber der Syphilis. 

Von der Variola ist die Acne necrotica zu unterscheiden 
durch ihren chronischen Verlauf, von der für gewöhnlich 
noch in den verschiedenen Stadien des Ablaufs befindliche 
Knötchen sich auf der Haut befinden. 

VI. Herr Fritz Lesser: Die Zubereitung und Anwendung 
von Ehrlich-Hata 606. (Erscheint als Originalarbeit in No. 50 
dieser Zeitung.) 

Diskussion: 

Herr Bruhns: Gestatten Sie, daß ich anschließend an die 
Ausführungen des Herrn Kollegen Fritz Lesser ganz kurz 
die Resultate meiner therapeutischen Versuche mit „606“, die 
ich fast ausschließlich im Charlottenburger Krankenhause vor¬ 
nahm, mitteile. Es wurden vorwiegend Fälle von Lues I und II, 
einige Fälle auch von Lues III behandelt, im ganzen waren 
es (bis Anfang Oktober) 50 Kranke, die injiziert wurden. Die 
angewendeten Dosen betrugen meist 0,5 bei Männern, 0,45 bei 
Frauen, nur bei den allerersten Fällen wurden kleinere Dosen 
verwendet, nach oben war 0,6 das Maximum, das ich bei ein¬ 
maliger Injektion gab. Die Form der Injektion war erst die 
neutrale Aufschwemmung, später die 10 proz. Paraffin- oder 
lieber noch die Oel-Emulsion. Die Dosis wurde meist auf zwei 
Portionen verteilt in die beiden Glutäen eingespritzt. Dabei 
waren die Schmerzen, besonders bei der Oel-Emulsion, meist 
mäßige, durchaus zu ertragende, nur selten hochgradigere. 
Zweifellos ist die Einspritzung in Oel-Emulsion viel reizloser 
als die in neutraler Aufschwemmung. Die Fiebersteigerungen 
waren meist gering (um 38" herum), fehlten öfters ganz, stiegen 
nur selten auf zirka 39°. Erheblichere Nebenwirkungen habe 
ich nie beobachtet, nur einige Male vorübergehende Durch¬ 
fälle, Herzklopfen, nie Nieren- oder Augenschädigungen, ein 
mal ein Arznei-Exanthem. Nekrosen an der Einstichstelle 
habe ich bis jetzt nicht bemerkt, die Infiltrate bleiben aber 
mehrere Wochen deutlich fühlbar. 

Und nun die Wirkung auf die syphilitischen Erschei¬ 
nungen: Kurz zusammenfassend möchte ich betonen, daß das 
Eh dich sehe Mittel im allgemeinen prompt wirkte bei den 
tertiären Fällen, schneller wohl, als wir es sonst bei Queck¬ 
silber und Jodkali gewöhnt sind. Bei den primären und 
sekundären Syphiliserseheinungen hat es meist ebenfalls einen 
guten Effekt gezeigt, derselbe trat aber gewöhnlich nicht über¬ 
raschend schnell auf, im Durchschnitt jedenfalls kaum 
schneller, als wir es bei Anwendung einer fortlaufenden Queck¬ 
silberkur (z. B. von Hydragyrum salicylicum oder Unguentum 
cinereum) gewöhnlich sehen. Wohl zeigten gewisse Sym¬ 
ptome, speziell Angina und Plaques manchmal nach wenigen 


Tagen Rückgang. Dem steht aber gegenüber, daß andere Sym¬ 
ptome, wie z. B. Psoriasis palmaris und plantaris specifica sich 
recht hartnäckig erwiesen. 

Refraktär gegen dies Mittel war bisher keiner meiner 
Fälle 1 ). 

Die Wassermann sehe Reaktion blieb in der Mehrzahl 
bei meinen Patienten positiv, einige Male nur wurde sie nach 
der Einspritzung bald negativ, schlug dann aber auch zum Teil 
wieder ins Positive um. Ich möchte aber ausdrücklich be¬ 
tonen, daß aus dem Wechsel der W a s s e r m a nn sehen 
Reaktion oder auch aus ihrem Bestehenbleiben Schlüsse gar 
nicht gezogen werden können. Sehen wir doch sehr häufig 
nach einer Quecksilberkur Negativwerden der vorher positiven 
W.-R., und dabei wissen wir ganz genau, daß daraus für die 
spätere Prognose sich gar nichts sagen läßt. Das gilt ganz be¬ 
sonders für die Sekundär-Periode der Syphilis, aber auch in 
der Tertiär - Periode sehen wir vielfach unregelmäßige 
Schwankungen. Für die Diagnose der Syphilis bedeutet die 
W.-R. ungeheuer viel, für die Prognose müssen wir mit unseren 
Schlüssen noch ungemein vorsichtig sein. 

Ein Vorzug der Behandlung mit „606“ ist zweifellos der, 
daß die Kur selbst sehr viel kürzer dauert als eine Quecksilber- 
kur. Allerdings ist dabei nicht zu vergessen, daß wir bei den 
meisten Quecksilberkuren nicht nur bis zum Verschwinden der 
Erscheinungen, sondern noch darüber hinaus in prophylakti¬ 
schem Sinne behandeln. 

Die wichtigste Frage bei dem heutigen Stand der „606“- 
Behandlung ist ja die der Rezidive. Daß der ursprüngliche 
Gedanke, die Syphilis durch die Einspritzung ganz abzutöten, 
in vielen Fällen leider *nicht gelungen ist, das wissen wir 
schon heute aus den Erfahrungen der verschiedenen Autoren. 
Gerönne führt z. B. in der jüngsten Nummer der „Medizini¬ 
schen Klinik“ an, daß in der Wiesbadener Krankenabteilung 
unter 80 Fällen, die zwischen 10 Wochen und 5% Monaten be¬ 
obachtet wurden, 14 Rezidive vorkamen. Aus solchen summa¬ 
rischen Angaben ist aber heute noch nicht viel zu schließen, 
wir müssen erst im Laufe der nächsten Jahre vergleichend mit 
der Quecksilberbehandlung feststellen, welches der Medika¬ 
mente im allgemeinen mehr oder schnellere Rezidive auftreten 
läßt, und dabei ist im einzelnen genau zu berücksichtigen, in 
welchem Stadium der betr. Syphilitiker sich befindet. Wir 
haben z. B. doch bei syphilitischen Patienten, die eben die 
ersten sekundären Erscheinungen überwunden haben, von 
vornherein ganz anders mit Rezidiven zu rechnen, als bei 
Patienten, die im zweiten oder dritten Jahre nach der Infek¬ 
tion sich befinden. Ich selbst habe bei unseren Patienten, die 
mit „606“ injiziert wurden, mehrere Male Rezidive gesehen, 
doch ist die Beobachtungszeit noch zu kurz, als daß es möglich 
wäre, schon jetzt etwas daraus zu schließen. 

Wie sollen wir uns nun nach den bisher vorliegenden Er¬ 
fahrungen aller der Untersucher, die mit „606“ gearbeitet 
haben, in der Praxis mit der Anwendung des neuen Mittels 
verhalten, wenn es, wie geplant war, in einigen Wochen All¬ 
gemeingut aller Aerzte sein wird? Sollen wir das Mittel 
im allgemeinen bei jeder Lues verwenden? 
Ich glaube, wir können die Frage bejahen, soweit es sich nicht 
um Fälle handelt, bei denen die bekannten speziellen Kontra¬ 
indikationen vorliegen. Das neue Mittel hat sich in den Neben¬ 
wirkungen jedenfalls nicht als schädlicher erwiesen, als das 
Quecksilber, bei den gewöhnlichen Fällen von Lues ist seine 
Heilwirkung auf die vorhandenen Symptome im Durchschnitt 
nicht schlechter, in einer Anzahl von Fällen sogar besser als 
die des Quecksilbers und Jodkali. Ferner kommt „606“ als 
sehr wesentliches Unterstützungsmittel in den Fällen in Be¬ 
tracht, die sich gegen Quecksilber und Jod als ganz refraktär 
erwiesen oder in denen die gute Wirkung unserer bisherigen 
Medikamente eine zu kurz dauernde war. Aber wir dürfen 
bei dem neuen Mittel nicht vergessen, daß wir in den nächsten 
Monaten und Jahren noch ganz im Stadium experimenti uns 
befinden, erst in der Zukunft können wir an großem Kranken¬ 
material Erfahrungen sammeln über die Möglichkeit einer 
Dauerheilung der Syphilis durch das Medikament, even¬ 
tuell in mehrfach wiederholter Anwendung. Die Erwägung 
aber, daß das sonst meist so gut auf die vorhandenen Er¬ 
scheinungen wirkende Quecksilber doch in vielen Fällen die 
Wiederkehr neuer Krankheitsprozesse und besonders der ge¬ 
fürchteten Nachkrankheiten nicht zu verhüten vermag, be¬ 
rechtigt uns, das neue Mittel in weitestem Maßstabe zu ver¬ 
suchen. Es ist auch sehr möglich, daß wir durch die Kom¬ 
bination beider Medikamente, des neuen Mittels 
und des Quecksilbers, in aufeinanderfolgender Anwendung 
lernen werden, in verschärftem Maße gegen das Syphilisvirus 
vorzugehen, und auf diesem Wege vielleicht unserem idealen 
Ziele, der definitiven Abtötung der Spirochäten, einen be¬ 
deutenden Schritt näherkommen. 


D Nachtrag Anfang November: Bei weiteren Injektionen sah 
ich bei zwei Fällen fehlende oder ganz ungenügende Rückbildung 
der Sekuuclärsymptome nach Gtesamtdoson von 0,8 und 0,85 g 





726 


THERAPEUTISCHE 

82. Versammlung 
Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom 18.—24. September 1910. 

Referent: Herr L. Borchardt (Königsberg). 

(Fortsetzung.) 

Medizinische Hauptgruppe. 

5. Sitzung. 

Dienstag, den 20. September 1910. 

Vorsitzende: Herr v. Pirquet (Breslau) und Herr 
Combe (Lausanne). 

Herr Hochsinger (Wien): Lieber Ernährungsneurosen im 
frühen Kindesalter und nervöse Kauunfähigkeit der Kinder. 

II. bespricht eine zwar bekannte, aber in ihrem Wesen 
bisher noch nicht analysierte Form von Ernährungsneurose 
des Kindesalters, welche bei neuropathisch belasteten Kindern 
vorkommt, immer in das erste Lebensjahr zurückreicht und 
auf der psychogenen Fixierung in frühen Lebensperioden zu¬ 
stande gekommener Unlustaft'ekte beruht. Diese Unlustaffekte 
sind durch eine fehlerhafte Ernährungstechnik im Säuglings¬ 
alter oder während der Entwöhnungsperiode provoziert. 
(Ueberfütterung und Aufzwingung der Nahrung.) Die so zu¬ 
stande gekommene Ernährungsneurose unterscheidet sich von 
anderen Ernährungsstörungen durch frühzeitiges Auftreten 
von Nahrungsverweigerung (nervöse Anorexie), von Abwehr¬ 
reaktionen bei der Nahrungszufuhr, rückständige Entwicklung 
der Kaufähigkeit und habituelles Erbrechen vor, während 
oder nach der Nahrungsaufnahme. Besonders charakteristisch 
ist das sich im zweiten und dritten Lebensjahre entwickelnde 
Symptom der Kauunfähigkeit oder Kaufaulheit. Dieses Sym¬ 
ptom kommt dadurch zustande, daß gerade in jener Lebens¬ 
periode, welche der Entwickelung der Kaufähigkeit gewidmet 
ist, infolge fehlerhafter Ernährungstechnik nervöser Mütter und 
Kinderpilegerinnen andauernde Unlustaffekte bei der Er¬ 
nährung entstehen, welche ein psychisches Trauma beim Kinde 
setzen. Durch dieses wird die Ausbildung des sehr kompli¬ 
zierten Koordinationsmechanismus der Kautätigkeit im Gehirn 
zurückgedrängt, während die Unlustaffekte fixiert werden und 
zu Abwehrreaktionen mit dauernder Anorexie führen. Die 
Neurose bedingt eine fortschreitende Unterernährung (Dystro¬ 
phia neurotica), häufige dyspeptische Störungen und Ueber- 
erregbarkeit der gesamten Nervensphäre. Die meisten Kinder 
zeigen das Chvosteksehe Facialisphäuomen. Auf solche 
Weise nervös gewordene Kinder können mitunter sogar im 
schulpflichtigen Alter noch nicht kauen und somit keine feste 
Nahrung zu sich nehmen. Diese Art nervöser Kinder ist sein- 
schwer zu heilen. Auch die Kaufähigkeit ist selbst bei auf¬ 
merksamer Behandlung nur langsam zu erzielen. Entfernung 
aus dem nervösen Milieu, Nahrungszufuhr nur bei Eßlust und 
richtiger pädagogischer Einfluß können Heilung bringen. Die 
meisten dieser Kinder aber bleiben für alle Zeiten nervöse, 
zu Verdauungsstörungen disponierte Menschen. Die Ver¬ 
hütung dieser Kinderneurose ist leichter als ihre Beseitigung. 
Rigorose Einhaltung großer Nahrungspausen vom ersten 
Lebenstage angefangen, besonders bei Kindern nervöser 
Eltern (nur 5 Mahlzeiten des Säuglings in 24 Stunden — 
Czerny, Finkeistein) und Nahrungszufuhr während 
der Eutwöhnuugsperiode nur wenn Nahrungsbedürfnis vor¬ 
handen ist, schützen vor der Entwicklung dieser Nutritions¬ 
neurose, welche immer nur in begüterten Kreisen bei Kindern 
hysterischer Mütter und in einem schwer nervösen Milieu zur 
Entwicklung gelangt. 

Diskussion: 

Herr Zappert (Wien), dem das geschilderte Krankheits¬ 
bild ebenfalls sehr wohl bekannt ist, zieht in Erwägung, ob 
nicht mangelhafter Speichelabsonderung, die bei Neuropatheu 
gar nicht selten festzustellen ist, auch eine gewisse Rolle zu¬ 
kommt da sich die im Munde umhergewälzten Speisen oft 
durch auffallende Trockenheit auszeichnen. 

Herr Schick (Wien) und Herr Karasawa (Tokio): Ueber 
Diphtherieimmunität. 

Subkutan eingeführtes Diphtherieheilserum wird langsam 
resorbiert. Das Maximum der Resorption wird erst am dritten 
und vierten Tage nach der Injektion erreicht. Seine absolute 
Höhe schwankt individuell. Vom Maximum erfolgt zunächst 
rascher Abfall, so daß der Antitoxingehalt des Serums am 
fünften bis sechsten Tage gleich ist dein 24 Stunden p. inj. 
Dann sinkt der Antitoxingehalt, um in der Zeit zwischen 
29. und 36. Tag den Nullpunkt zu erreichen. 

Bei einem an Diphtherie erkrankten Kinde kann es trotz 
Serumbehandlung zur aktiven Bildung von Antitoxin in reich¬ 
licher Menge kommen. 

Auch an leichter Diphtherie erkrankte Kinder besitzen 
keinen Schutzkörper im Serum. Dieser Umstand disponiert 
sie eben zur Diphtherie (Wassermann). Im übrigen ist 
der Schutzkörpergehalt normaler Individuen meist nur Funk¬ 
tion des Alters oder eine individuelle Eigentümlichkeit. Das 


RUNDSCHAU 1910. __ • - No..48. 

aktiv gebildete Antitoxin verschwindet schon im zweiten Jahre 
nach Beginn der Erkrankung. 

Die erste Erkrankung ist manchmal imstande, eine Um¬ 
stimmung des Organismus in dem Sinne herbeizuführen, daß 
bei wiederholter Erkrankung das Antitoxin rascher und reich¬ 
licher gebildet wird, als das erste Mal. Dies bedingt dann 
leichte Erkrankung. Es gibt demnach neben der humoralen, 
antitoxischen Immunität auch eine zelluläre Diphtherie- 
immuuität im Sinne der beschleunigten Reaktion (Allergie). 

Abteilung für Kinderheilkunde. 

Berichterstatter: Herr E. Moro (München). • 

Gemeinschaftliche Sitzung mit der Sektion 
für Hygiene und Bakteriologie am 19. Septem¬ 
ber, nachmittag s. 

Vorsitzende: Herr Prausnitz (Graz) und Herr 
Hochsinger (Wien). 

Herr I’etruschky (Danzig): Weitere Beobachtungen zur 
Frage der Bedeutung der Streptokokken in der Milch. 

Die Hauptquelle der Milchstreptokokken ist die Mastitis 
der Kühe. Diese überwuchern bei Temperaturen über 20" 
alle anderen Bakterien und sind schließlich in 90—99 pCt. zu¬ 
gegen. Infektiöse Eigenschaften der Streptokokken werden 
zwar durch das übliche Abkochen ausgeschaltet, hingegen 
bleiben die Endotoxine bei basischer oder amphoterer Reak¬ 
tion wirksam. Die Sommerdiarrhoe der Säuglinge ist kein 
Infektions- sondern ein Intoxikationsprozeß, an dem sich die 
Streptokokken in hervorragendem Grade beteiligen. 

Herr Puppet (Königsberg): Leber Streptokokken in der 
Milch. 

Um die Frage nach der Pathogenität der Milchstrepto- 
kokken und nach ihrem ursächlichen Zusammenhang mit der 
Streptokokkenenteritis zu lösen, wurde eine große Anzahl 
Milchstreptokokken, Mastitisstreptokokken und Darmstrepto¬ 
kokken von gesunden und an Durchfall erkrankten Säuglingen 
außer auf den üblichen Nährboden, auch auf ihre hämolytische 
Fähigkeit (Menschenblutagar), auf ihre Tierpathogenität und 
Virulenz geprüft. Es ergab sich, daß alle diese Kokken ent¬ 
gegen den pyogenen Menschenstreptokokken vollkommen 
avirulent, also nicht als Ursache der Sommerdiarrhoe aufzu¬ 
fassen sind. Indes ist die Möglichkeit einer durch andere Um¬ 
stände bedingten Virulenzsteigerung der sonst saprophytiseh 
in jedem Darm vorkommendön Streptokokken zuzugeben. 

Diskussion: 

Herr Kruse (Königsberg) erbringt w-eitere Beweise für 
die Harmlosigkeit der Milchstreptokokken und für die Un¬ 
schädlichkeit der Milch mastitiskranker Kühe. 

Herr Längstem (Berlin) präzisiert den Standpunkt der 
modernen Kinderärzte, der sich schon seit ziemlich geraumer 
Zeit auf einem anderen Boden befindet, als auf jenem der 
Milchstreptokokken. 

Herr Petruschky berichtet über die peinlichen Folgen eines 
Selbstversuches mit Streptokokkentoxin. 

Herr Petruschky (Danzig): Richtlinien zur Bekämpfung 
der Sommersterblichkeit der Säuglinge. 

' Ursachen der Sommersterblichkeit: 1. Wärmestauung des 
Säuglings, 2. Bakterienvermehrung in der Kuhmilch. Be¬ 
kämpfung: Förderung der natürlichen Ernährung. Verschärfte 
Milchkontrolle. Ausschaltung von Kokkenkühen. Die Her¬ 
stellung unzersetzlicher Milchkonserven ist zu fördern. 
„Stabile“ Milchkonserven sind weit ungefährlicher als „labile“. 

Herr Seiffert (Leipzig): Ueber Uviolmilch. 

Wesentliche Verbesserungen in der Technik ihrer Her¬ 
stellung. 

Gemeinschaftliche Sitzung mit der Sektion 
für Dermatologie und Syphilidologie am 
21. September, nachmittags. 

Vorsitzende: Herr Selter (Solingen), 

Herr Grouven (Halle). 

Herren Schkarin und Michailoff (St. Petersburg): Die An¬ 
wendung der Wassermannschen Reaktion im Kindesalter. 

Große Verläßlichkeit der positiven Reaktion. Bei Schar¬ 
lach (10 Fälle) durchweg negativ. Bei „klinisch Gesunden“ 
zirka 11 pCt. positiv. Dabei auffallend oft Vergrößerung der 
Kubitaldrüsen. 

Herr Galewsky (Dresden): Therapie des Säuglingsekzems. 

Neben sorgfältiger lokaler stets innere, diätetische Behand¬ 
lung. Reduktion der Nährstoffzufuhr. Möglichste Einschrän¬ 
kung der Milchnahrung. Dafür Kohlehydrate, Fruchtsäfte, 
Obst, Gemüse, ln Fällen, wo dies versagt, Versuch mit Finkei¬ 
steinsuppe. G. steht ganz auf dem Standpunkt der Diathesen- 
lehre. (Fortsetzung folgt.) 




No. 48. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


727 


III. Therapeutische Notizen. 

Arhovin zur internen Behandlung der Gonorrhoe empfiehlt 
Dr. med. Auerbach (Berlin). (Fortschritte der Medizin, Sep¬ 
tember 1910.) Er gründet sein günstiges Urteil über den Wert 
des Mittels für die Gonorrhoebehandlung auf 43 Fälle. Um eine 
prompte Wirkung zu erzielen, muß der Harn immer von neuem 
mit dem Heilmittel beschickt werden; man läßt deshalb vier- 
bis sechsmal täglich eine Kapsel von 0,25 g nehmen. Auch bei 
bestehenden Magenbeschwerden wurde Arhovin gut ver¬ 
tragen. 

Dr. Aram Mekerttschiantz jun., Assistent der Universitäts- 
Frauenklinik in Moskau, berichtet in der „Gynäkol. Rund¬ 
schau“, 1910, Heft 7, über sieben Fälle von Amenorrhoe, 
in denen er das Ovarin-Poehl zur Anwendung brachte. 
M. teilt nach Gebhardt die Amenorrhoe in drei Gruppen: 
1. Amenorrhoe als Folge angeborener oder akquirierter Er¬ 
krankungen der Geschlechtsorgane. Hierher sind zu rechnen 
die mangelhafte Entwicklung des Uterus, der Ovarien, sowie 
auch die verschiedenen nach der Geburt erworbenen Erkran¬ 
kungen des Uterus und der Ovarien. Als häufigster Grund 
der Amenorrhoe sind anzusehen: Tuberkulose der Ovarien 
und des Bauchfells, bösartige Ovarialtumoren, Obliteration und 
Schrumpfung der Uterusschleimhaut, welche zuweilen nach 
Abrasio, Vaporisation und Aetzung mit Chlorzink eintritt. Ferner 
sah man nach puerperalen Uterusentzündungen nicht selten an¬ 
haltendes Fehlen der Menses. 2. Amenorrhoe, die von einer 
Allgemeinerkrankung des Organismus abhängig ist: Infek¬ 
tionskrankheiten, Chlorosen Tuberkulose, Diabetes, chronische 
Nephritis, Morbus Basedowii, Magenkatarrhe, Morphinismus 
u. a.. ferner Nerven- und Seelenkrankheiten. 3. Funk¬ 
tionelle Amenorrhoe, wenn weder die Genitalien, noch über¬ 
haupt der Organismus irgendwelche Abweichungen von der 
Norm aufweisen, die das Ausbleiben der Menses erklären 
könnten. 

In Verfassers Fällen, gehört der fünfte Fall zur ersten 
Gruppe, die übrigen müssen zur Gruppe der funktionellen 
Amenorrhoe gerechnet werden, da wesentliche Verände¬ 
rungen weder im Uterus und in den Ovarien, noch in anderen 
Organen Vorlagen. Verfasser betrachtet die Amenorrhoe als 
eine Intoxikation, die sich sehr oft durch Uebelkeit, Erbrechen, 
Herzklopfen Schwindel, Schlaflosigkeit etc. charakterisiert: 
Alle diese Erscheinungen kann man auf folgendem Wege be¬ 
seitigen: entweder wird das Gift rein mechanisch durch Her¬ 
vorrufen der Menses oder Aderlaß entfernt, oder es werden 
Substanzen eingeführt, die dieses Gift neutralisieren können. 
Solch eine Substanz stellt das Ovarin dar, ein natürlicher 
Schutzkörper des Organismus. Das von M. angewandte 
Ovarin-Poehl (Synergo-Ovarin) stellt ein gelbliches Pulver dar, 
welches die synergetisch zusammenwirkende Gruppe der vom 
Ovarium produzierten Substanzen enthält; diese Substanzen 
sind nach der Methode von Prof. v. P o e h 1 von den sogenann¬ 
ten fällbaren Eiweißkörpern befreit, weshalb dieses Präparat 
keine den Organismus schädigenden Toxine enthält. Die 
wirksamste Substanz im Ovarin ist das Spermin. 

In seinen sieben Fällen gelang es Verfasser fünfmal, die 
Menses hervorzurufen. In zwei Fällen aber schwanden alle 
krankhaften subjektiven Erscheinungen, obgleich die Regel 
nicht auftrat, was die Ansicht des Verfassers über die Rolle 
des Ovarins im Organismus nur bestätigt. Bemerkenswert ist, 
daß im fünften Falle, wo nach einer puerperalen Erkrankung 
Atrophie des Uterus sich einstellte und die Menses sieben 
Jahre lang gefehlt hatten, bei Einnahme des Ovarin-Poehl alle 
krankhaften Erscheinungen verschwunden waren und daß nach 
Aufgeben der Ovarinbehandlung alle diese Erscheinungen 
wieder in demselben Grade, wie vor der Behandlung, zum 
Ausbruch kamen. — Alle Kranken fühlten sich nach der Be¬ 
handlung mit Ovarin-Poehl wohler und stärker, sie .bekamen 
Appetit und guten Schlaf, die Nervosität schwand und der All¬ 
gemeinzustand wurde bedeutend besser. K r. 


IV. Bücherschaii. 

Jahreskurse für ärztliche Fortbildung in 12 Monatsheften. 
Systematisch angeordnete, illustrierte Lehrvorträge über 
den fortlaufenden Wissenszuwachs der gesamten Heilkunde. 
Herausgeber: Professoren v. Bruns (Tübingen). Bumm 
(Berlin), Erb (Heidelberg), v. Gr über (München), 
v. Noorden (Wien), v. Strümpell (Leipzig). Redak¬ 
teur: Dr. D. Sarason (Berlin). München, .1. F. Lehmanns 
Verlag. Jahrespreis 16 M. 

Dieses von uns regelmäßig an dieser Stelle angezeigte 
Unternehmen ist -jetzt bis zum 11. Heft gediehen. Was den 
Inhalt der beiden letzten Hefte anlangt, so ist das Oktoberheft 
der Darstellung der neuesten Fortschritte auf dem Gebiete der 


—*H- 

Infektionskrankheiten, der Hygiene und Bak¬ 
teriologie gewidmet. Die Fortschritte auf dem Gebiet 
der Infektionskrankheiten im Jahre 1909 bespricht Prof, 
v. Jak sch (Prag) in Form eines Sammelreferates, wobei er 
sowohl die einheimischen wie die ausländischen parasitären 
Erkrankungen berücksichtigt. Im zweiten Teil des Oktober¬ 
heftes gibt Prof. C. Fraenkel (Halle a. S.) zunächst eine 
sehr gut geschriebene Uebersicht über den heutigen Stand 
der Lehre von der Ueberempfindlichkeit (Anaphy¬ 
laxie); es dürfte dem Praktiker bisher kaum Gelegenheit 
geboten sein, dieses Gebiet in so konziser Form besprochen zu 
finden. Zum Schluß schildert Fraenkel die neueren Fort¬ 
schritte in der Epidemiologie des Typhus abdomi¬ 
nalis und der ihm nahestehenden Krankheiten (Paratyphus 
etc.), welche unseren Lesern aus dem Referatenteil unserer 
Zeitung im großen und ganzen schon bekannt sind. — Das 
Novemberheft ist der Augenheilkunde, der Oto- 
Laryngologie sowie den Ohrenkrankheiten ge¬ 
widmet. Der ophthaimologische Abschnitt ist von Prof. Bach 
und Privatdozent Dr. K r u s i u s in Marburg bearbeitet. Bach 
bespricht die neuesten Untersuchungen über den Einfluß 
des Lichtes, insbesondere der kurzwelligen Strahlen auf 
das Auge. Krusius berichtet unter dem nicht sehr glück¬ 
lich gewählten Titel: Die Biologie in der Augen¬ 
heilkunde, über die sorgfältigen an verschiedenen 
Kliniken gepflegten Bestrebungen, die Errungenschaften der 
Bakteriologie. Serumdiagnostik und spezifischen Therapie für 
die Augenheilkunde in theoretischer und praktischer Hinsicht 
zu verwerten. Hier sind besonders die Untersuchungen von 
Eöme r über die Serum t h e r a p i e des Ulcus serpens, 
die Behandlung des Trachoms, die Aetiologie des 
Altersstars zu nennen, ferner die Untersuchungen über 
die Serodiagnose der Lues in der Augenheilkunde, die 
Tuberkulindfagnostik Und Tuberkulinthera- 
p i e bei der Au gen tuberkulöse, endlich die neuesten 
Untersuchungen über den Trachomerreger. Alle diese 
Dinge sind zusammenfassend dargestellt. Im laryngologisclien 
Abschnitt schildert Prof. v. Eicken (Gießen) die Technik 
der bronchoskonischen Untersuchungsmethoden und 
ihre Anwendung zur Entfernung von Fr e m dkörpe r n 
aus den Luftwegen; diesem Abschnitt ist eine Reihe 
gut erläuternder Abbildungen beigegeben. Im otologischen 
Teil gibt Prof. Kümm el (Heidelberg) einen zusammenfassen¬ 
den Bericht über die neueren Erfahrungen inbetreff der Patho¬ 
logie und Diagnose der Erkrankungen des inneren 
Ohres. Fast allen Abschnitten sind reichliche Literatur¬ 
nachweise beigefügt. Trotz des reichhaltigen Inhalts ist der 
Einzelpreis der beiden Hefte sehr mäßig (1 50 für das Oktober¬ 
heft, 2 M. für das Novemberheft). 

Geschlecht und Gesellschaft, Grundzüge der Soziologie des 
Geschlechtslebens von Havelock Kllis. Autorisierte deutsche 
Ausgabe besorgt von Dr. Hans Kurella. I. Teil. Würz¬ 
burg. 1910. Curt Kabitzsch (A. Stübers Verlag). 
324 S. 4 M. 

Das vorliegende Werk, dessen erster Teil hier in deutscher 
Ausgabe vorliegt, bildet eine Ergänzung der früheren von dem 
bekannten Autor veröffentlichten Schriften. Während jene 
vorwiegend die physiologische und psychologische Seite 
des Sexuallebens behandelten, beschäftigt sich die neue 
Schrift des englischen Autors mit dem Geschlechtsleben vom 
Standpunkt der Soziologie. Der Verfasser hat den Stoff in 
folgender Weise gegliedert. Das erste Kapitel ..Mutter und 
Kind“ behandelt die verschiedenen Mutterschaftsprobleme 
(Säuglingssterblichkeit. Schonungszeit während der Schwanger¬ 
schaft. Stillpflicht der Mutter, die Mutterschutzbewegung etc.). 
Das zweite Kapitel ist der Frage der geschlechtlichen Auf¬ 
klärung gewidmet; das dritte Kapitel erörtert die Beziehungen 
zwischen der Nacktheit und der geschlechtlichen Aufklärung; 
die drei nächsten Kapitel befassen sich mit der Wertung der 
Geschlechtsliebe, der Bedeutung der Keuschheit und der 
Frage der geschlechtlichen Enthaltsamkeit; den Abschluß des 
vorliegenden Teils bildet die Besprechung der allgemeinen 
sexuellen Ethik. Alle diese Gegenstände behandelt der Ver¬ 
fasser mit wissenschaftlichem Ernst in vorwiegend entwick¬ 
lungsgeschichtlich-kulturhistorischer Darstellung; er legt die 
allmähliche Wandlung der Anschauungen auf dem Gebiete 
des Geschlechtslebens bei den verschiedenen Völkern und 
ihre Abhängigkeit von anderen Faktoren wie den herrschen¬ 
den religiösen Vorstellungen bezw. dem Kirchentum, den wirt¬ 
schaftlichen Bedingungen usw. in fesselnden Essays dar. Der 
noch ausstehende zweite Teil wird u. a. die Frage der Prosti¬ 
tution und die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten be¬ 
handeln. Jeder, der sich für das Sexualproblem nach seinen' 
verschiedenen Seiten interessiert, wird in den von durchaus 
modernem, voraussetzungslosem Standpunkt aus geschriebe¬ 
nen Schriften von Havelock Ellis wertvolle Anregungen 
und Belehrung finden. R. L. 




728 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 48. 


Y. Tagesgescliichta 

Standesangclegenlieiten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Entscheidungen des preußischen ärztlichen 
Ehrengcrichtshofs (Ministerialbl. f. Medizinal- und medizinische 
Unterrichtsangelegenheiten 1910, NNo. 19 und 20). 

1. Urteil vom 5. April 1910. 

Politische Handlungen sind gemäß §3 Abs. 3 
des Ehrengerichtsgesetzes straffrei, sofern 
nicht die Form eine ehrengerichtlich zu 
ahndende Verfehlung d a r s t e 111. 

Der angeschuldigte Arzt war vom ärztlichen Ehrengericht 
verurteilt worden, weil er während des sog. „Schulstreiks“ 1906 
Schriften verbreitet hatte, durch die zum Ungehorsam gegen 
die Regierungsanordnungen betr. die Erteilung des katholischen 
Religionsunterrichts in deutscher Sprache in Landesgebieten 
mit teilweise polnischer Bevölkerung aufgefordert wurde. Der 
Ehrengerichtshof sprach ihn frei, weil nach § 3, Abs. 3 des 
Ehrengerichtsgesetzes die politische Betätigung der Aerzte, 
soweit sie sich innerhalb angemessener Formen hält, der ehren¬ 
gerichtlichen Bestrafung entrückt ist und die Beweisaufnahme 
nichts dafür ergab, daß der Angeschuldigte die zulässigen 
Grenzen — etwa durch beschimpfende Aeußerungen über 
politische Gegner etc. — bei der Beförderung des Schulstreiks, 
durch die er nur eine politische und religiöse Pflicht zu er¬ 
füllen glaubte, überschritten hätte. 

2. Urteil vom 22. November 1909. 

Die Tatsache, daß ein Arzt in seiner Liquida¬ 
tion unter die Mindestsätze der Gebühren¬ 
ordnung heruntergeht, ist für sich allein 
keine ausreichende Grundlage für die Fest¬ 
stellung einer Verfehlung gegen die Standes¬ 
ehre. 

Der vom Ehrengericht verurteilte Arzt hatte in drei Fällen, 
von denen zwei, acht bezw. zehn Jahre zurücklagen, zu niedrig 
liquidiert, und das Ehrengericht hatte für diese seine Hand¬ 
lungsweise unlautere Motive angenommen. Der Ehrengerichts 
hof sprach ihn kostenlos frei, da „die Annahme des Ehren¬ 
gerichts, Angeschuldigter sei ..im Wettbewerb“ mit einem 
Kollegen unter die Mindesttaxe hinuntergegangen, allein nicht 
ausreichend und unbewiesen“ sei. 

3. Urteil vom 22. November 1909. 

Angriffe auf die Geschlechtsehre einer 

Patientin in der ärztlichen Sprechstunde. 

Durch Urteil des ärztlichen Ehrengerichts für die Provinz 
Sachsen vom 11. Dezember 1908 war der Angeschuldigte 
kostenpflichtig mit einer Geldstrafe von 1000 M. und mit Ent¬ 
ziehung des aktiven und passiven Wahlrechts zur Aerzte- 
kammer für die nächsten zwei Wahlperioden bestraft worden. 
Er hat gegen das Urteil fristgerecht das Rechtsmittel der Be¬ 
rufung eingelegt. 

Das Ehrengericht hatte festgestellt, daß der angeschuldigte 
Arzt das Dienstmädchen H. durch sexuelle Angriffe in seiner 
Sprechstunde tätlich beleidigt und sie mit Gewalt zum Bei¬ 
schlaf zu bringen versucht hat. 

Der Angeschuldigte ist durch Urteil des Königlichen 
Schwurgerichts zu T. vom 24. Februar 1908 wegen tätlicher 
Beleidigung der H. — unter Verneinung der auf Notzucht 
lautenden Fragen — mit einem Jahr Gefängnis bestraft und 
hat diese Strafe verbüßt. 

In einer an den Minister der geistlichen, Unterrichts- und 
Medizinal-Angelegenheiten gerichteten, an den Ehrengerichts¬ 
hof abgegebenen Rechtfertigungsschrift vom 15. März 1909 
greift der Angeschuldigte das Zeugnis der H. als unglaub¬ 
würdig an. Er behauptet, seine Verurteilung sei auf bös¬ 
willige Anzeigen zurückzuführen. Jedenfalls sei, da seine 
Vermögensverhältnisse ungünstig seien und er seine Praxis 
verloren habe, die anerkannte Strafe zu hoch. Herabsetzung 
der Strafe hat Angeschuldigter auch in der Hauptverhandlung 
beantragt. Der Ehrengerichtshof verwarf die Berufung in 
allen ihren Teilen und bestätigte das Urteil des Ehrengerichts, 
da die Verhandlung nichts ergab, was den Verurteilten hätte 
entlasten können. (Fortsetzung folgt.) 

D r e s d e n. Bekanntlich ging bereits vor einigen Jahren 
die hiesige Ortskrankenkasse, die von dem bekannten 
Gegner der ärztlichen Organisation, dem früheren sozialdemo¬ 
kratischen Reichstagsabgeordneten Frässdorf, geleitet 
wird, mit der Absicht um, ihren Aerzten, um sie fester an sich 
zu ketten, Alterspensionen zuzusichern, ohne jedoch 
■damals bei der Aerzteschaft die erwartete Gegenliebe zu 
finden. Daß der Standpunkt der Aerzte in dieser Frage auch 
jetzt noch genau derselbe ist, beweist folgende Resolution, 
welche die Dresdener Aerztekammer in ihrer 
Sitzung vom 9. November einstimmig annahm: 

..Die Aerztekammer zu Dresden steht in der Frage der 
Pensionsberechtigung von festangestellten Kassenärzten nach 


wie vor auf dem Standpunkte, den der ärztliche Ehrengerichts¬ 
hof in seinem Urteil vom 31. Juli 1905 eingenommen hat. Die 
für das Urteil maßgebend gewesenen Verhältnisse haben sich 
seither in keiner Weise geändert. — Die Aerztekammer er¬ 
blickt in der Annahme des von einer Krankenkasse angebote¬ 
nen Ruhestandsgehaltes durch einen bisherigen Arzt eine 
höchst bedauerliche Mißachtung der Aerzteordnung. der 
kollegialen Rücksichten und des Ansehens des ärztlichen 
Standes.“ 

Wien. Am 6. November d. J. wurde hierselbst ein von 
der Wiener Aerztekammer und der wirtschaftlichen Organi¬ 
sation der Aerzte Wiens namens aller österreichischen Aerzte- 
kammern und aller wirtschaftlichen Organisationen einberufe- 
ner österreichischer Aerztetag abgehalten. Es waren gegen 
1400 Aerzte. darunter viele aus den Provinzen, sowie eine 
Reihe von Parlamentariern erschienen. Es handelte sich 
darum, eine Protestkundgebung gegen eine Regierungsvorlage 
herbeizuführen, die eine Neuregelung des Zahntechniker¬ 
berufs zum Gegenstände hat. Nach 'Ansprachen des Präsiden¬ 
ten des Geschäftsausschusses der österreichischen Aerzte- 
kammern, Prof. Ernst Finger, und des Präsidenten der 
österreichischen Aerzteorganisationen Dr. Adolf Gruss 
hielt Hofrat Prof. Dr. Frhr. v. Eiseisberg den Hauptvor¬ 
trag des Tages über die „medizinische Ausbildung des Zahn¬ 
arztes“. Seine Ausführungen gipfelten in den Sätzen: Die 
Zahnersatzkunde stellt einen wichtigen Bestandteil der Zahn¬ 
heilkunde dar. sie muß in der Hand des Zahnarztes bleiben, 
und dieser soll auch in Zukunft (wie bisher in Oesterreich, 
Red.) Vollarzt sein. Redner erklärt alle Versuche, durch 
Gesetz besondere Zahnärzte zu kreieren, welche Aerzte zweiter 
Klasse sein würden, für unannehmbar. Ganz zu verwerfen 
sei das Bestreben der Zahntechniker und ihrer Protektoren, 
jenen die Befugnis zur Behandlung der Mundkrankheiten zu 
erwirken. In ähnlichem Sinne sprachen in der sich an¬ 
schließenden Erörterung Universitätsprofessor Dr. Trauner 
aus Graz und der Privatdozent der Chirurgie Dr. Karl 
Ewald (Wien). Reichsratsabgeordneter Medizinalrat Dr. 
Michl empfahl den Aerzten eindringlich, da von dem öster¬ 
reichischen Parlament für die Aerzte nichts zu erwarten sei, 
die Schaffung einer größeren Aerzteorganisation nach dem 
Muster der Arbeitergewerkschaften. Es wurde schließlich 
eine Protestresolution einstimmig angenommen, in des 
es u. a. heißt: 

..Die Gesamtheit der österreichischen Aerzte protestiert 
auf das Lebhafteste, daß entgegen allen Bitten, Vorstellungen 
und Gutachten der maßgebenden ärztlichen Instanzen und Fach¬ 
räte. das Streben der Zahntechniker nach einem Dentisten¬ 
stand mit Hilfe mächtiger staatlicher Faktoren in die Tat um¬ 
gesetzt werden solle.Die österreichische Aerzteschaft 

macht noch in letzter Stunde auf die Gefahren aufmerksam, 
welche ein zahnärzteähnlicher Stand mit ungenügender Vor¬ 
bildung der Volksgesundheit, dem Aerztestand und dem An¬ 
sehen der Universitäten bringen muß.Deshalb legt die 

am 6. November 1910 im Kolosseum tagende Versammlung 
der österreichischen Aerzte .... gegen jede Abtretung ärzt¬ 
licher Wirkungsgebiete an Laien entschiedenen und feierlichen 
Protest ein: die praktischen Aerzte sind mit ihren Lehrern, 
den akademischen Professoren, sowie mit der medizinischen 
Jungmannschaft zum gemeinsamen Kampfe gegen die Erteilung 
von ärztlichen Befugnissen an Gewerbetreibende und zur Ab¬ 
wehr aller Angriffe fest entschlossen. — Die hohe k. k. Regie¬ 
rung möge daher zur Kenntnis nehmen, daß die Aerzte Oester¬ 
reichs für ihre gefährdeten Rechte mit allen ihnen zu Gebote 
stehenden Mitteln eintreten werden.“ — 

Außerdem wurde auf Antrag des Obersanitätsrats Dr. 
Josef List noch beschlossen: ..Die heutige allgemeine 
Aerzteversammlung im Kolosseum richtet an die Regierung 
die dringliche Aufforderung, die schon längst vorberatene 
Aerzteordnung der parlamentarischen Behandlung zu¬ 
zuführen.“ 


H 

Universitätswesen, Personalnachrichten. 

Berlin. Die preußische Akademie der Wissen¬ 
schaften hat den hervorragenden Chirurgen Sir Victor 
Horsley. früher Professor am University College in London, 
und den Professor der Physiologie A u g e 1 o Mosso in 
Turin zu korrespondierenden Mitgliedern gewählt. 

— Frau Kommerzienrat Kahl bäum in Berlin hat. um 
das Andenken ihres als Professor der Chemie in Basel 
gestorbenen Sohnes Georg W. A. Kahlbaum, zu ehren, 
dpr Berliner ..Gesellschaft fiir Geschichte der Naturwissen¬ 
schaften und Medizin“ 20 000 M. gestiftet die nach ihrem Tode 
ausgezahlt werden sollen, während die Zinsen jetzt schon der 
genannten Gesellschaft zufließen. 

Königsberg. Der Professor der Physiologie Dr. 
L. II e r r m a n n ist von der bayerischen Akademie der Wissen¬ 
schaften in München zum korrespondierenden Mitglied ge¬ 
wählt worden. 

Zürich. Der jüngst verstorbene Chirurg Professor 




No. 48. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


7-20 


K r ö n 1 e i n hat für die Gründung einer Kinderabtei¬ 
lung des dortigen Kantonskrankenhauses den Be¬ 
trag von 300 ODO Er. vermacht, Krön lei ns Bibliothek 
sowie 10 000 Fr. fallen der Universitätsklinik zu. 

Paris. Die hiesige Anatomie war in der vorigen Woche 
wieder einmal der Schauplatz von Studententumulten. Als der 
neue aus Montpellier gekommene Professor der Anatomie 
Rouviere seine Antrittsvorlesung halten wollte, wurde 
er durch systematisches Lärmen daran gehindert, wich aber 
nicht den ganz unbegründeten Kundgebungen, sondern ver¬ 
stand es, pantomimisch und mit Hilfe von Zeichnungen an der 
Tafel seinen Vortrag durchzuführen. 

Neapel. Hierselbst wird auf Grund einer von der 
italienischen Kammer ausgegangenen Anregung eine Akademie 
für Marinemedizin errichtet werden, die zur Fortbildung der 
Marineärzte bestimmt ist. Unterrichtsfächer sollen sein 
Hygiene auf Kriegsschiffen und in den Tropen, Tropenpatho¬ 
logie, Klimatologie, Unfallpathologie, Kriegschirurgie. 

Philadelphia. Dr. W. Forest, Professor der Ortho¬ 
pädie an der Pennsylvania-Universität, ist gestorben. 

Kongreß- und Vereinsnachrichten. 

Berlin. Der 32. Balneologen-Kongreß wird vom 2. bis 
6. März 1911 in Berlin tagen. Es ist dem Vorstande auch dies¬ 
mal wieder gelungen, bedeutende Autoritäten für Vorträge 
über die verschiedensten Themata der Balneologie zu ge¬ 
winnen. Von den Mitgliedern der Balneologischen Gesell¬ 
schaft hat eine große Anzahl gleichfalls interessante Vorträge 
angemeldet. Weitere Anmeldungen von Vorträgen erbittet 
möglichst bald, spätestens bis zum 31. Dezember d. J., der 
Generalsekretär Geheimrat Brock, Berlin NW. 52, 
Thomasiusstraße 24. Die Sitzungen des Kongresses finden im 
Hörsaale des Poliklinischen Instituts der Universität, Ziegel¬ 
straße 18/19, statt. Mit dem Kongresse ist eine Ausstellung 
von medizinischen Apparaten und Präparaten 
verbunden. 

Bonn. Hierselbst ist auf Anregung der Herren Proff. 
Bonnet (Anatomie), Ribbelt (Pathologie), Verworn 
(Physiologie), eine „Anthropologische Gesellschaft“ gegründet 
worden. Zum Vorsitzenden wurde Prof. Verworn gewählt. 

R o m. Der 7. Internationale Kongreß für Dermatologie 
und Syphilis findet vom 25.-29. September 1911 in Rom in 
den Räumen der Engelsburg statt. Als Verhandlungsthemen 
sind bestimmt: 1. Welchen Einfluß haben die neuen ätiologi¬ 
schen, diagnostischen und experimentellen Forschungen auf 
die therapeutische Richtung der Syphilis und auf die Möglich¬ 
keit der Immunität und einer abortiven Behandlung der In¬ 
fektion gehabt; 2. die Resultate der Physikotherapie bei Haut¬ 
krankheiten; 3. Blastomykosis, Sporotrichosis und Beziehungen 
zu ähnlichen Prozessen. 

Gerichtliches. 

Halle a. S. Der Fall des der fahrlässigen Körper¬ 
verletzung beschuldigten Zahntechnikers K., über den wir 
in No. 40, S. 563 berichteten, beschäftigte kürzlich die Be¬ 
rufungsinstanz. Diesmal wurde K. freigesprochen, ob¬ 
wohl der Staatsanwalt ein Jahr Gefängnis beantragt hatte. Das 
Ergebnis der Sachverständigen, die zu der Verhandlung ge¬ 
laden waren, war für den Angeklagten sehr günstig. Das 
Urteil wurde damit begründet, daß die Patientin befangen sei, 
da sie mit dem Angeklagten in einem Zivilprözeß gelegen und 
erst ein Vierteljahr nachher den Strafantrag gestellt habe. 

D r e s d e'n. Eine merkwürdige Ausdehnung des Begriffs 
„Ausübung der ärztlichen Praxis“ findet sich in einem Schöffen¬ 
gerichtsurteil, welches die „Pharmac. Ztg.“ nach der „Leipz. 
Drog.-Ztg.“ mitteilt. Allerdings ist die unserer Ansicht 
nach falsche Entscheidung dem ärztlichen Gutachter 
zur Last zu legen. Einem Dresdener Arzt, Dr. F., 
war eine Strafverfügung zugestellt worden, weil er die 
ärztliche Praxis ausgeübt haben sollte, ohne sich 
zuvor dem Stadtbezirksarzt vorzustellen und beim 
Vorstand des ärztlichen Bezirksvereins anzumelden. Dr. F. 
ist bei einer chemischen Fabrik angestellt, die das Präparat 
„E p i s a n“ herstellt, ein Mittel, das gegen Epilepsie empfohlen 
■wird und in den Apotheken käuflich zu haben ist. Dr. F. über¬ 
wachte die Zubereitung dieses Mittels und beantwortete die 
Anfragen, die das Publikum an die Firma richtete. Eine 
Diagnose stellte Dr. F. nicht, sondern empfahl den Frage¬ 
stellern, sich an einen Arzt ihres Wohnortes zu wenden und 
diesen zu befragen, ob er ihnen das Episan empfehle. Den 
Aerzten, die sich an die Firma um Aufschluß über die An¬ 
wendung des Mittels wendeten, gal) Dr. F. Auskunft. Nach 
dem Gutachten des zur Verhandlung vor dem Schöffengericht 
zu Dresden hinzugezogenen Sachverständigen, Ober-Med.-Rats 
Dr. Hesse ist in der geschilderten Tätigkeit die Ausübung 
der ärztlichen Praxis zu erblicken. Das Gericht schloß sich 
dem Gutachten des Sachverständigen an und bestätigte die auf 
35 M. Geldstrafe lautende Strafverfügung. — Man vergleiche 
mit dieser Auffassung den Standpunkt, den das preußische 
Kam mergericlit in der Frage der Krankenbehandlung 


den Apothekern gegenüber einnimmt. Diesen ist bekanntlich 
durch die preußische Apothekerordnung die Behandlung von 
Kranken verboten. Nun kommt es bekanntlich oft vor, daß 
Leute von dem Apotheker ein von ihm auszuwählendes Mittel 
gegen eine ihm genannte Krankheit verlangen und auch er¬ 
halten. Solche Vorkommnisse führten gelegentlich zu einem 
Vorgehen gegen Apothekern wegen Uebertretung des Kranken¬ 
behandlungsparagraphen der Apothekerordnung und. hatten 
früher wohl auch ab und zu eine Verurteilung zur Folge. In 
den letzten Jahren hat sich dies jedoch geändert, denn das 
Kammergericht, vor dem als oberster Instanz ein solcher Fall 
vor einigen Jahren gelangte, hat damals entschieden, die Ver¬ 
abreichung eines Medikaments in Fällen der geschilderten Art 
stelle keine Krankenbehandlung dar, da zu einer Kranken¬ 
behandlung im strengen Wortsinn auch die der Auswahl der 
Medikamente vorhergehende Untersuchung des Patienten ge¬ 
höre; nur wenn er auch eine solche vornehme, mache sich 
ein Apotheker im Sinne der Apothekerordnung strafbar. 

Verschiedenes. 

Berlin. Der nächste Zyklus der Ferienkurse der 
Berliner Dozenten-Vereinigung findet vom 2. März bis 29. März 
1911 statt. Die unentgeltliche Zusendung des Lektions-Ver¬ 
zeichnisses erfolgt durch Herrn M e 1 z e r , Ziegelstraße 10/11 
(Langenbeckhaus), welcher auch sonst hierüber jede Auskunft 
erteilt. 

— Wegen der vielen Wechselbeziehungen zwischen 
dem Gesundheitszustände der Zivilbevölkerung und der Mili¬ 
tärpersonen in Garnisonorten ist durch preußischen Ministerial- 
erlaß vom 14. Oktober d. J. angeordnet worden, daß in den 
Standorten der Garnisonarzt oder der rangälteste 
Sanitätsoffizier an den Sitzungen der Gesundheits¬ 
kommissionen mit beratender Stimme teilnimmt. 

— Ueber die Mehrlingsgeburten des Jahres 1908 finden 
sich im statistischen Jahrbuch für das Deutsche Reich (31. Jahr¬ 
gang, 1910) folgende Angaben: Es wurden im Gebiete des 
Deutschen Reiches 26 31 4 Zwillingsgeburten ge¬ 
zählt. In 8358 Fällen kamen 2 Knaben, in 7843 Fällen 2 Mäd¬ 
chen und 9933 Fällen ein Pärchen zur Welt. Drillings - 
gebürten verzeichnet das Jahrbuch 261. Es kamen in 
56 Fällen 3 Knaben, in 53 Fällen 3 Mädchen, in 72 Fällen 
2 Knaben und 1 Mädchen, in 80 Fällen 1 Knabe und 2 Mädchen 
zur-Welt. Außerdem sind 4 Vierlingsgeburten mit 
8 Knaben und 8 Mädchen vermerkt. Unter den Mehrlings¬ 
geburten ist die Zahl der Knaben um ein Geringes größer als 
die der Mädchen. 

— Die neueste Blüte am Baume des Kurpfuscher¬ 
tums ist die „Krankheitsbehandlung nach astrologischen 
Regeln“, die hier von dem Inhaber eines „Astrologi¬ 
schen Instituts für praktischen Okkultismus“ 
öffentlich angekündigt wird. Der neue Heilprophet legt sich 
die Bezeichnung „Magnetopath und okkultistischer Privat¬ 
gelehrter“ bei und arbeitet natürlich auch mit dem bewährten 
Mittel der „großen Vorträge mit Demonstrationen und Licht¬ 
bildern“. Quousque tandem? 

— Die Reiniger, Gebbert & Schall, A. - G., hat den 
General-Vertrieb der von der Firma Rossel, Schwarz 
& Co., Wiesbaden, nach den Originalsystemen von 
Dr. Zande r und Dr. Herz, sowie nach ihrem eigenen 
System hergestellten medico-mechanischen Apparate über¬ 
nommen. 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

Zu besetzende Stellen von Medizinalbeamten. 

1. Die Kreisarztstelle des Kreises Lauban, Regierungs¬ 
bezirk Liegnitz, mit dem Amtssitz in Lauban (Gehalt nach 
Maßgabe des Dienstalters 2100 bis 3900 M. und 240 M. Amts¬ 
unkostenentschädigung jährlich); 

2. die Kreisarztstelle des Landkreises Osnabrück, 
Regierungsbezirk Osnabrück, mit dem Amtssitz in Osnabrück 
(Gehalt nach Maßgabe des Dienstalters 2100 bis 3900 M., 
Stellenzulage von 900 M. und 300 M. Amtsunkostenentschädi¬ 
gung jährlich); 

3. die Stelle als Kreisassistenzarzt und Assistent bei dem 

Medizinaluntersuchungsamt in Potsdam (Remuneration 
2000 M. jährlich). (Veröffentlicht am 15. November.) 


Bekanntmachung. 

Das Diphtherieheilserum mit der Kontrollnummer 58, ge¬ 
schrieben: „Achtundfünfzig“ aus dem Sächsischen Serumwerke 
in Dresden ist zur Einziehung bestimmt, weil die im Handel 
befindlichen Proben nicht sämtlich keimfrei sind. 

Flaschen mit dieser Kontrollnummer dürfen hinfort nicht 
mehr in den Apotheken abgegeben werden. 

Berlin, den 8. November 1910. 

Der Polizeipräsident. 

Im Aufträge: Schiegten dal. 



730 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 48. 


ft 

Personalia. Leipzig nach Goto, Du.- Be cliert von -Allenstein, Dr. 

„ „ J a c o b i von Kitzingen und Dr. E i n s 1 e r von Hamburg 

reuuen. nach Königsberg i. Pr., Dr. vanderBriele von Haina nach 

Auszeichnungen: Roter Adler-Orden 4. Kl.: Rastenburg, Dr. Rittmeier von Leipzig nach ßajohren, 

Kreisarzt Med.-Rat Dr. Wachs in Wittenberg, San.-Rat Dr. e. Ey len bürg von Pankow nach Berlin, Dr. Gersou 

M i e g e 1 in Hirschberg. von Berlin nach Breslau, Dr. Hellmann von Charlotten 

K8nigl.Kronen-Orden3.K-L-: Geh. San.-Rat Dr. V o i g t burg nach Frankfurt a. M., Dr. Hessberg von Bamberg 
in Oeynhausen. _ und Aerztin E. Katz von Pankow nach Berlin, Dr. Kayser 

C h a r akter als Sanitätsrat: den Aerzten Dr. M. Neu- von Berlin nach Grunewald, Dr. L e v i n nach Schöneberg, 

mann in Königsberg i. Pr., Dr. R. S a m u e 1 s o n in Königs- Aerztin Dr. C. Pietrkowski von Breslau nach Berlin, 

. berg l. Pr., Dr. A. M o h r in Insterburg, Dr. E. W o 1 f f in l) r . v. Scheven von Essen und Aerztin Dr. Ch. Schom- 

Tilsit, Dr. K. B a a t z in Elbing, Dr. Schulz in Schlochan, burg von München nach Berlin, Aerztin Dr. B. Steinin- 

Dr. P. Hoff mann in Rehden, Dr. L. Gronau in Berlin, ger und Dr. Wittig von Berlin nach München bezw. 
Dr. 0. L e w i n in Berlin, Dr. P. David in Berlin, Dr. Blankenhain, A. Altschüler und Dr. B i e r n a t h von 

J. Ostrodzki in Berlin, Dr. G. Heil mann in Char- Berlin nach M a inz bezw. Groß-Lichterfelde, Dr. Bo eh me 

(ottenburg, Dr. K. Cohn in Berlin, Dr. W. Goldmann von Dresden nach Berlin, K. Braunwarth von Berlin 

in Berlin, Dr. R. H ö 1 c k in Berlin, Dr. G. Hage m a n n in nach Pankow, Dr. Camphausen von Waldbreitbach nach 

Berlin, Dr. L. Kämpffer in Werneuchen, Dr. 0. J ahn Berlin, Dr. W. C o h n nach Schöneberg, Dr. Hoff von Berlin 

in Eberswalde, Dr. H. M i e t h in Zehlendorf, Dr. nach Schlachtensee, Dr. Kabierschke nach Schöneberg, 

A. Wentzel in Kremmen, Dr. M. Friedrich in Nauen, Dr. Klingel' und B. M a a s s von Berlin nach Bremen bezw. 

Dr. A. Paul in Heegermühle, Dr. E. Becker in Stargard , Förste, Dr. Na pp nach Charlottenburg, Dr. Priese von 
i. P., Dr. E. Krayn in Posen, Dr. P. Winckler in Berlin nach Fürstenwalde, Dr. Solms nach Charlottenburg. 

Owinsk, Dr. E. Scheadell in Bromberg, Dr. 0. Meyer Verzogen ohne Angabe des neuen Wohnortes: 
in Bromberg, Dr. G. W a 11 e n t i n in Breslau, Dr. P. Mende Dr. Mainzer von Wilhelmshagen, Dr. Münsterman n 

- in Gottesberg, Dr. Remak in Glogau, Dr. J. Stryczek von Bernau, Dr. Beer und Dr. Degener von Lankwitz, 

in Ober-Glogau, Dr. E. Sch wart z in Gleiwitz, Dr. Stabsarzt Dr. Hör ich von Greifenberg, Dr. Hesse und 

F. Bergholter m Tangermünde, Dr. K. Otto in Neu- Dr. Goss rau von Stettin, J. Zemke von Rummelsburg 

haidensieben, Dr. H. Eberius in Halle a. S., Dr. A. i i. P., Dr. S u r m an n von Bielefeld, Dr. K o 1 is ch von Lipp- 

Stephanie in Hannover, Dr. K. Grotjahn in springe, H. Keller und Dr. Warschauer von 

Schladen, Dr. E. Ruckert in Stade, Dr. F. F r eund in Frankfurt a. M., Dr. P i 11 i s von Cöln, Dr. K n o 11 von Burla- 

Osnabrück, Dr. G. Berendsen in Spiekeroog, Dr. E. dingen. 

A r e n d s in Juist, Dr. A. W e d d i g e in Haaus Kannen bei- Gestorben: Dr. Piper in Fürstenwerder, Dr. Friede- 
Amelsbüren, Dr. L. Kesting in Dortmund, Dr. E. mann in Stettin, Dr. Thanim in Breslau, San.-Rat Dr. 

Fischerm Dortmund, Dr. A. Espe in Volmarstein, Dr. Auerbach in Altona, Dr. H e d d e n h ause n in Langen- 

W. H o f f m a n n in Marburg, Dr. A. Henkel in Frielen- hagen. 

dorf, Dr. H. Schlesinger in Frankfurt a. M., Dr. A. Bayern. 

G ü n z b u r g in Frankfurt a. Mi, Dr. L. W ol f f in Frank- Auszeichnungen: Das Ehrenkreuz des Ver- 
furt a. M., Dr. E. B o e r n e r in Flörsheim, Dr. E. S c h n e 11 dienstordens vom Heiligen Michael verliehen: 

. in Oberlahnstein, Dr. R. M o r i a n in Essen, Dr. A. J ü r g e n s dem K. Geheimen Hofrat, ordentlichen Professor an der 

in Düsseldorf, Dr. J. Camp in Aldekerk, Dr. R. Hu et er K. Universität München, Dr. Oskar Evers husch, 
in Barmen, Dr. D. Wertheim in Barmen, Dr. A. Franke Das Prädikat Exzellenz: dem K. Geheimen Rat, 
m Elberfeld, Dr. A. Santkin m Cöln-Nippes, Dr. F. ordentlichen Professor an der K. Universität Würzburg, Dr. 

van Erk el e ns in Aachen, Dr. J. Thissen in Aachen. Wilhelm Olivier Ritter v. Leube. 

E r n a mi t: Privatdozent Prof. Dr. Z a n g e in e i s t e r in Amtsärztlicher Dienst: Bezirksarzt Dr. Joseph 
Königsberg zum ordentl. Professor in Marburg. Bschorer in Neustadt a. A. in gleicher Diensteseigen- 

Niedergelassen: Dr. Blühdorn, Dr. Dransfeld Schaft nach Memmingen versetzt, Dr. Ludwig Mayr 

und R. G1 u s k i n o s in Berlin, Dr. H a nn e m a n n in Char- in Ismaning zum Bezirksarzt in Ebermannstadt, Dr. Ignaz 

lottenburg, E. Milarch und Dr. Ida Schönberger in Reichert in Aschaffenburg zum Bezirksarzt in Wertingeu 

Berlin, Dr. 0. Schnitze in Charlottenburg, Dr. Bloch, ernannt; Bezirksarzt Medizinalrat Dr. Peter Noder in 

W. Kersten und E. M a a s s in Berlin, Dr. Pincussohn Mindelheim tritt auf sein Ansuchen unter Anerkennung 

in Wilmersdorf, Dr. Wehner in Rixdorf, Dr. Würcker seiner Dienstleistung in den dauernden Ruhestand, 
in Charlottenburg, Dr. Behren roth und Dr. Salomon Niedergelassen: Dr. K. Pi story in Nürnberg, Dr. 
in Greifswald, Dr. P u h 1 m ann in Mrotschen, Dr. D u n c k e Federschmidt in Nürnberg, Dr. Robert Levy in 

in Weißenhöhe, A. Blödner in Mückeiiberg, 0. v. Lom Bergzabern, Dr. Hermann Kuhn in Habkirchen, Dr. 

in Kötscliau, Dr. Stolzenberg in Halle a. S., Dr. Kühne- S a a t h o f f in Oberstdorf im Allgäu, Eduard M o 1 i t o r 

mann in Ahlen, Dr. Harms in Langendreer, Dr. Curtze in Kempten. 

in Wachenbuchen, F. Kaatz in Rosenthal. Gestorben: Dr. Hof mann in Rohrbach, Dr. 

Verzogen: Dr. Flinzer und Dr. Schroth von Stettin Lebac helle in Otterbach, Dr. M. Eisenhofer in 

nach Hamburg bezw. Mülheim a. R., Dr. Johnson von Bayreuth, Anton Forstner in Holzheim, Bez. Neu-Ulm. 

Frankfurt a. M. nach Stettin, Dr. G r i m m von Schlochan Königreich Sachsen, 

nach Köslin, Prof. Dr. Jen sen und Geh. San.-Rat Dr. Anstellungen: Dr. E. R. E. Klemm als Polizeirat in 

Lasinski von Breslau nach Göttingen bezw. Zoppot, Dr. Leipzig, Dr. F. E. Klengel als Stadtarzt und Assistenzarzt 

Hoff mann von Patschkau nach Habelschwerdt, Dr. des Stadtbezirksarztes in Leipzig, Dr. Fr a n z v. S c h r o e t e r 

Ortloph von Waldenburg nach Schnialleningken, H. als Bezirksarzt in llochlitz, Dr. CI. P. Heyn als Bezirksarzt 

Jarosch von Görbersdorf nach Friedrichsheim in Baden, für den Bezirk der Amtshauptmannschaft Kamenz. 

Dr. Busch von Grabowsee nach Görbersdorf, Dr. Oster Niedergelassen: ln Dresden: Dr. Johannes Leo- 
von Pforzheim nach Nimbsch, K. Marks von Warmbrunu pold, Dr. Halleurin Cossebaude, Dr. CI. G. Hel ln er 

nach Breslau, W. Wesemayer von Kattowitz nach Neu- in Glashütte, Dr. J. ü e n e k e in Hartha, Dr. K. W. G r ä m e r 

heiduk, Med.-Rat Dr. Steiner von Rosenberg i. Oberschi. in Wahren, Dr. N. Mayer in Leipzig-Lindenau, Th. 

nach Halensee, Dr. Thür Wächter von München nach Schneider in Leipzig-Anger-Crottendorf, Dr. Ross 

Rybiiik, Dr. Krüger und Dr. Retzlaff von Altona nach Thesing in Leipzig und Dr. A. J. Knorr in Wolken- 

Cottbus bezw. Berlin, Dr. Ernst von Neuruppin nach Kiel, hurg, Dr. G. R. A. G ö p f e r t in Ostritz. 

Dr. Duder Stadt, Dr. Ladisch und G. Lüder nach Verzogen: Von Dresden: Dr. Werner Möllhausen 
Hannover, Dr. Mack von Liebenburg nach Wiesloch, Dr. auf Reisen, Dr. Paul Hugo Wolf nach Hubertusburg, 

G. M e y e r von Münden nach Himmelpforten, Dr. Wald- Dr. F. E. Klengel nach Leipzig, Dr. Sand rock von- 

vogel von Göttingen nach Hannover, Dr. Strempel von Rabenau nach Hildesheim, Dr. v. Dewitz von Blasewitz 

Posen nach Oeynhausen, Dr. Flörcken von Würzburg nach Dresden, Dr. B e u 1 i c h von Glashütte nach Wüsten- 

nach Paderborn, Dr. H e r m a n n von Bielefeld nach Königs- brand, Dr. J. H. A. Temme von Hartha, Dr. J. Weiss 

lütter, Dr. Katzenstein von Steinheim nach Braun- von Leisnig, H. Pyroth von Leipzig und Dr. K. H. L. 

schweig, Dr. E 1 p e r m a n n von Paderborn nach Bielefeld, Dohrs von Leipzig nach Hamburg. 

Dr. Becker von Düsseldorf nach Dortmund, Dr. Hart- Praxis haben nieder gelegt: Oberstabsarzt z. D. Dr. 
nack von Barmen nach Hilchenbach, Dr. Friedhof von Kar 1 Wi 1 he 1 m Trenkler und,San.-Rat Dr. Charles 

Dortmund nach Salm, Dr. B i n g e 1 von Frankfurt a. M. nach W e s 1 e y E a 1 e s in Dresden, Dr. F. Stutzer in Wahren, 

Braunschweig, Dr. Homutli und Dr. B rossock von Dr. Maria J. A. J. J. Schneider in Leipzig-Reudnitz. 

Breslau nach Frankfurt a. M., Dr. Storbeck und Dr. Gestorben: Dr. K. 0. Spalteholz in Dresden-Neustadt, 
Voltz von Frankfurt a. M. nach Posen bezw. Metz, Dr. Dr. A. H. II. Josionek in Radebeul, Dr. P. Heinrich 

Dreyfus von Berlin nach Frankfurt a. M., Dr. Ewald Rudolf Hahn in Leipzig und Dr. M. J. V. Dölling in 

von Frankfurt a. M. nach Bremerhaven, Dr. Weiss von j Wolkenburg, Dr. P. J. R. Klee in Ostritz. 

Verantwortlich f Ir den redaetionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131 B., für den Inseraten-TeiJ: Richard Hess, Berlin 
Verlag vou Oscar Ooblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Oari Marschner. Berlin SW., A.lexandrinenstrasse 110 




No. 48. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 48. 



Medicinal-Kalender u. Recept-Taschenbuch 

1911 

Herausgegeben von der 

Redaction der Allgemeinen Medicinischen Central=Zeitung (Dr.H. Lohnsteiii u. Dr. Th. Lohnstein). 

I. Teil: Taschenbuch in Kunstleder gebunden. 

IT. Teil: Kalendarium (4 Quartalshefte, pro Tag % Seite), geheftet zum Einhängen. 

Inhalt des I. Teiles: 

Kalendertafel 1911. v. leberdieSerodiaunostik unddiesos:...biologischeTherapie 4 ' 


I. Verzeichnis der gegenwärtig gebräuchlichen älteren und 
neueren Arzneimittel. 

H. Die Maxinialdosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

III. Uebersicht der wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung kommenden Mittel. 

IV. Zu vermeidende Arzneimischlingen. 

V. Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 

VI, Modiciniscke Bäder. 

VII. Auszug aus der deutschen Arzneitaxe 1910. 

k Preise für Stoffmengen. Arbeiten \ind Gefässe. 

1. Für Arzneistoffe. 2. Für Arbeiten. 3. Für Gefässe. 

VIII. Anweisung ^zur sparsamen Arzneiverordnung mit Rück¬ 
sicht auf die Krankenkassenpraxis. 

IX. Uebersicht der wichtigsten Nährpräparate. 


IJeher dieSerodiagnostik und diesog. ,,biologischeTherapie u 
der Syphilis und über die bisherigen Erfahrungen mit dem 
Ekrlich-Hata’sclien Mittel 60G. Von Dr. Fritz Munk, 
Charlottenburg-Berlin. 

Abriss der Symptomatologie und Therapie der am häufig¬ 
sten vorkommenden acuten Vergiftungen. 

. Medicinische Tabellen und sonstige für den Arzt wichtige 
Zahlenangabcn. 

, Untersuchung des Harns. 

. Einiges aus der Technik der Blutuntersuchung. 
Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebühren¬ 
ordnung für approbirte Aerzte und Zahnärzte. 

Gesetz betr. die GebüÄen der Medicinalbeamten. 

, Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

. Bäder und Kurorte. 

. Post-Tarif. 

. Tafeln zur Sehprüfung. 

. Notizblätter für Adressen. 


Der Preis beträgt wiederum nur — Mark. 







No. 48. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 43. 


Statt Eisen! 


Statt Leberthran! 


Haematogen Hommel 

Frei von Borsäure. Salicylsäure oder irgendwelchen sonstigen antibakteriellen Zusätzen, enthält ausser dem völlig reinen H.emoglobin 
noch sämtliche Salze des frischen Blutes, insbesondere auch die wichtigen Phosphorsalze (Natrium, Kalium und Lecithin), sowie die nicht 
minder bedeutenden Eiweisstoffe des Serums in konzentrierter, gereinigter und unzersetzter Form. Als blutbildendes, organeisenhaltiges, 
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Besonders unentbehrlich in der Kinderpraxis. 

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ein natürliches organisches Produkt ist. treten niemals irgendwelche Störungen auf, inbesondere nicht der bei längerem Gebrauche 

von künstlichen Eisenpräparaten unvermeidliche Orgasmus. 

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der Männer, Reconvaleszenz (Pneumonie. Influenza etc. etc.i 

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Um Unterschiebung von Nachahmungen zu vermeiden, bitten wir, 

stets Haematogen Hommel zu ordinieren. 


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Professovon von Noorden, Ortner, H. .Schlesinger, v. Stoffel», 
des Prof. Glax etc.), sowie Proben stehen den Herren Aerzten 
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ICHTHYOL. 

Der Erfolg des von uns hergestellten speziellen Schwefel¬ 
präparats hat viele sogenannte Ersatzmittel hervorgerufen, welche 
nicht identisch mit unserem Präparat sind und welche oben¬ 
drein unter sich verschieden sind, wofür wir in jedem einzelnen 
Falle den Beweis antreten können. Da diese angeblichen Ersatz¬ 
präparate anscheinend unter Mißbrauch unserer Marken,,Ichthyol“ 
und „Sulfo-ichthyolicum“ auch manchmal fälschlicherweise mit 

Ichthyol 

oder 

Ammonium sulfo-ichthyolicnm 

gekennzeichnet werden, trotzdem unter dieser Kennzeichnung nur 
unser spezielles Erzeugnis, welches einzig und allein allen klini¬ 
schen Versuchen zugrunde gelegen hat, verstanden wird, so bitten 
wir um gütige Mitteilung zwecks gerichtlicher Verfolgung, wenn 
irgendwo tatsächlich solche .Unterschiebungen stattfinden. 

Ichthyol - Gesellschaft 
Cordes, Hermanni & Co. 

HAMBURG. 






Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131 B„ für den lnserat«u-Tejl: Richard He°e B^-In 
von Cacar CbAlmiz. Exoeiitionahnrean: Berlin W.80, Maassenatrasae 18. — Druck von Oarl Mmn' ner, Bbrl n SW. Viexvjdrin«ntt/a 3 ic l o. 











Mo. 49 IV. .InIn gan 

Therapeutische Rundschau 

(Die Wochenschrift des praktischen Arztes) 


3. Dezember 1910 


| JODOFAN 


Die Bor- und Lithium-hältige 

Heilquelle 


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ein vorzüglicher Ersatz für Jodoform 

geruchlos! völlig reizlos! völlig ungiftig! 

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stark desodorierend, epidermisierend, Granulationen anregend. 
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1. Jodofan rein als Pulver 

Rp. Jodofan 6—10.00 a) als Wimdlieiliuittel wird Jodofan in d ii n n e r 

S. nach Vorschrift Schicht auf die Wuhdfläche resp. auf die Naht 

des Arztes. gestreut. 

b) z.uiii Schutze der gesnnden Haut vor Infektion, 
bei infizierten Wunden, bei Furunkeln und Ek¬ 
zemen (in spez. Jodoformekzem) in dicker 
Schicht oder in 10—20 % iger Salbe auf die 
eventuell vorher befeuchtete Haut der Umge¬ 
bung, um jede Kontaktinfektion zu verhüten. 
(Eine Indikation, der Jodoform und die meisten 
analogen Präparate nicht genügen können.) 

R Zinc d oxyd 6 ’a? 22,60 2 - Jodofan mit Zinkoxyd und Talcum 

S. nach Vorschrift als Streupulver bei ausgedehntem Ekzem, In¬ 
des Arztes. tertrigo etc. (10%, igj. 

Ein ganz hervorragendes Kinderstreupulver: 

Rp. Jodofan 2,6 Tale. wirkt heilend auf Ekzeme, Intertrigo und Fu- 

Zinc. oxyd. an 25,0 runkulose und verhütet dieselben durch seine 

S. Kinderstreupulv. stark desinfizierende 'Wirkung. 

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(10—20%). Die Desinfektionskraft bleibt bei 
Jodofan besser erhalten, als bei Jodoform u. a. 
Präparaten. Indikationen: Gewisse -Formen 
von Intertrigo und Ekzemen, in specie Jodo- 
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uiuiaauuuciic mntologie; jede Wunde und ekzematöse Erkrarr 
kimg der Flaut, in spec.: Ulcus molle, ulcus .cruris varicosum et tranmaticum, 
Jncisionswunden bei Abscessen, Panarition, Furunkeln, nässende Ekzeme. Ulce- 
rationen und Erosionen der Portio. Dammrisse. Prophylaktisch: aseptische 
und genähte Wunden. 

Unrn'iriD rloc Inrlnfon- Jodofan erzeugt nicht Ekzeme, ruft nie In- 
¥üiz.uyu ueb JUUUIdll. toxikationen hervor (kein Jodismus), ist frei 
von jedem Geruch, auch bei der Zersetzung durch die Wundsekrete. Jodofan 
des o.d o r i e r t. v o 11 k o m m e n. 

Proben und Literatur stehen den Herren Aerzten zur Verfügung. 

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am i. Januar 1911 mit der im gleichen Verlag erfcheinenden 


meine medicinifche Central-Zeitung 

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Redaktion 


Dr. Th. Lohnftein, Berlin 


vereinigt wird und vom obigen Termin an unter dem Titel 


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der Aligem. medicin. Central-Zeitung, sodaß diefe den Abonnenten der Therapeutilchen 
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!m kommenden Jahre wird in der Allgemeinen medicinilchen Central-Zeitung die 


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noch mehr als bisher BeriickficJitigung finden. 

Wir bitten daher die verehrten Abonnenten ihre Abonnements auf die Allgemeine 
medicinilche Central-Zeitung recht bald erneuern zu wollen. 


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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Dp- H. Lohnstein und Dp. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt VI, No. 3302 


IV. Jahrgang Berlin, 3. Dezemher 1910 


Xo. 49 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Bucbhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor (^nartalsschlnss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 60 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Engel: Ueber die Aus¬ 
führung der Wass ermann sehen Reaktion in der ärztlichen 
Praxis. 

Ta ege: Erfahrungen und Beobachtungen bei der Behand¬ 
lung der Syphilis mit Ehrlich-Hatas Präparat 606. —Duhot: 
Technik und Dosen der löslichen Einspritzungen des „606“ von 
Ehrlich. — Ehlers: Ein Todesfall nach Ehrlich-Hata 606. 

— Ehlers: Ehrlich „606“ gegen Lepra. — Retzlaff: Ueber 
Sepsis nach Varicellen. — Pexa: Experimenteller Beitrag zur 
Forschung über die Tetanie des Kindesalters. — Schneider: 
Polyposis intestinalis beim Kinde. — Hamburger: Phimosen¬ 
behandlung im frühen Kindesalter. — Hoffa: Ueber die Er¬ 
folge der Anstaltspflege von gesunden und kranken Säuglingen. 

— Beckhaus: Herzerkrankungen im Anschluß an ein Trauma. 

— Kovacs und Stoerk: Ueber das Verhalten des Oesophagus 
bei Herzvergrößerung. — Th i e m a d n: Ueber Darmverschluß und 
Darmparalyse, einschließlich Peritonitis — Frühwald: Ueber 
die Punktionsbehandlung der Epididymitis gonorrhoica. — 
Hohlweg; Zur Behandlung der Kolipyelitis mit Nierenbecken¬ 
spülung. — Engelhorn: Ueber Behandlungserfolge bei gynä¬ 
kologisch-nervösen Störungen. — Grube: Ueber Mechanik des 
Austrittes des kindlichen Schädels und Dammschutz. —Beneke: 
U eher Tentoriumzerreißungen bei derGeburt, sowie die Bedeutung 
der Duraspannung für chronische Gehirnerkrankungen. — 


1. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Ueber die Ausführung der Wassermannschen 
Reaktion in der ärztlichen Praxis. 

Vortrag, gehalten im III. Demonstrationsabend des Charlottenburger 
Aerzte-Vereins am 6. Oktober 1910. 

Von 

Dr. C. S. Engel (Berlin). 

Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, daß die Aus¬ 
führung der Wassermann sehen Reaktion nur dann Ein¬ 
gang in die ärztliche Praxis finden kann, wenn sie erheblich 
■vereinfacht ist. Versuche, dieselbe einfacher zu gestalten, 
sind mehrfach gemacht worden. Dieselben erstrecken sich 
teils auf die Verminderung der Zahl der Reagentien, teils 
auf die Herabsetzung der zu verwendenden Flüssigkeits¬ 
mengen. Da die ersteren, die in das Wesen der Reaktion 
eingreifen, der Originarmethode nicht gleichwertig sind, sind 
die letzteren mehr in den Vordergrund getreten. Die Ver¬ 
minderung der verwendeten Flüssigkeitsmengen geht zudem 
mit der Abkürzung der für die Bindungen notwendigen Zeit 
Hand in Hand. Es ist deshalb die Annahme berechtigt, daß 
die Reaktion als Mikroreaktion auch unter den prak¬ 
tizierenden Aerzten populär werden wird. Wenn es auch 
wohl nicht möglich ist, daß ein beschäftigter Praktiker zwei 
bis drei Stunden der Anstellung der Probe opfert, so dürfte 
die Ausführung der Reaktion jüngeren, weniger beschäf¬ 
tigten Aerzten, wenn ihnen geeignetes Material zugewiesen 
wird, von großem Nutzen sein. Da die Mikroreaktion mit 
sehr geringen Blutmengen angestellt wird, kann die Blut¬ 
entnahme aus der Fingerkuppe durch den behandelnden Arzt 
selbst erfolgen, was namentlich in der Privatpraxis von 
großem Wert ist. Auch ist eine Ueberweisung des Kranken 
an einen andern Arzt — was zuweilen dem behandelnden 
Arzt nicht erwünscht ist — infolgedessen nicht erforderlich. 

Die Mikroreaktion hat jedoch noch andere Vorzüge. 
Da zur Gewinnung des Komplements die Blutentnahme aus 
dem mit der Schere ' verletzten Ohrrande des Meer¬ 
schweinchens genügt, braucht nicht zu jedem Versuch ein 
Meerschwein getötet zu werden. Von besonderen Wert ist 
jedoch, daß wegen des schnellen Ablaufs der Reaktion bak¬ 
terielle Verunreinigungen bei einigermaßen sauberem Ar- j 


Stenger: Ueber die Behandlung der akuten und subakuten 
Erkrankungen des Mittelohrs. — Spiess: Ein Fall hochgradiger 
Dyspnoe infolge eines Polypen im rechten Bronchus. — Both : 
Ueber die Daueranästhesie des Kehlkopfs bei Tuberkulose durch 
Alkoholinfiltratiou des N. laryngeus sup. — Meyer: Eisen- 
sajodin in seiner rhino-laryngologischen Verwendung. — Cohn: 
Eisensajodin in der Augenheilkunde. — Igersheimer: Die 
ätiologische Bedeutung der Syphilis und Tuberkulose bei Er¬ 
krankungen des Auges, 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vomö Novemb. 1910. (Schluß.) 
— Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. Sitzung vom 
21. November 1910. 

III. Bücherschau. Lewin: Die wichtigsten Ergebnisse der ex¬ 
perimentellen Krebsforschung. — Bachem: Die moderne Arsen¬ 
therapie. — Fromme: Ueber das Frühaufstehen der Wöchne¬ 
rinnen und Laparotomierten — Bäumer: Von ärztlicher 
Kunst und den Grenzen medizinischer Wissenschaft. 

IV. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. 

V. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 


beiten nicht zu fürchten, sind, so daß man mit wenigen 
Pipetten auskommt. 

Erwägungen dieser Art veranlaßten mich, unter der 
Bezeichnung eines „Syphilismikrodiagnosticums“ eine An¬ 
zahl kleiner Apparate zusammenzustellen, welche, wie ich 
in Aerztekuxsen erproben konnte, zur Ausführung der Mikro¬ 
reaktion völlig ausreichen. Daß eine Einübung der Hand¬ 
griffe zum Arbeiten mit den kleinen Pipetten erforderlich 
ist, versteht sich von selbst. 

Die Apparatur, welche von den Vereinigten Fabriken 
für Laboratoriumsbedarf, Berlin N. 39, hergestellt wird, 
enthält in einem Kasten außer einer Fra n c ke sehen Nadel 
zur Blutentnahme einen doppelwandigen, mit Spiritus heiz¬ 
baren, kleinen Wärmeschrank, mehrere Gestelle mit Spitz- 
und anderen Gläsern, Pipetten, ein Thermometer und 
andere Instrumente, ferner eine Flasche mit titriertem An¬ 
tigen und ein Fläschchen mit ebenfalls titriertem hämo¬ 
lytischen Ambozeptor. Eine genaue Gebrauchsanweisung 
für die Herstellung der Reagentien und die Ausführung 
der Probe liegt dein Apparate bei. 

Unter Benutzung dieser Instrumente wickelt sich die 
Reaktion in folgender Weise ab: 

Will man sich die Reagentien selbst bereiten, dann stellt 
taian sich zuerst den hämolytischen Ambozeptor her, in¬ 
dem man vor Beginn der Untersuchungen einem Kaninchen 
in Zwischenräumen von je 6—8 Tagen dreimal mit 0,85 °/o 
Kochsalzlösung gewaschene Hammelblutkörperchen sub¬ 
kutan einspritzt. Man- entnimmt dann dem Kaninchen aus 
der Obervene Blut, läßt das Serum abstehen und erhitzt 
es bei 56—58 Grad Cels. 1/2 Stunde lang. Die hämolytische 
Kraft dieses Ambozeptors wird dann nach der Gebrauchs¬ 
anweisung durch Titrieren bestimmt. 

Als Antigen läßt sich, da syphilitische Fötallebern 
zurzeit ziemlich schwer zu beschaffen sind, der al¬ 
koholische Extrakt menschlicher, Meerschweinchen- oder 
Rinder-Herzen gut verwenden — 1 Teil zerkleinerter 
Herzmasse durch 4 Teile Alkohol i/ 2 Stunde bei 60 Grad 
Celsius extrahiert —. Dieser Extrakt wird an der Hand der 
Gebrauchsanweisung auf .seine selbstbindende Kraft und 
auf seine Wirksamkeit gegenüber dem Serum eines sicher 
Syphilitischen geprüft. 

Nach diesen Vorversuchen geht man zum Haupt- 















THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 49. 


782 

versuch und zu seinen Kontrollen über. Man entnimmt 
dom Kranken aus der mit Alkohol gereinigten Fingerkuppe 
mittels der Franckeschen Nadel etwa 1 ccm Blut, hebt, 
nach dem Abstehen das Serum ab und erhitzt es zum Zweck 
der Inaktivierung 1/2 Stunde aui 55—57 Grad Celsius. Das 
Komplement gewinnt man aus den wenigen Blutstropfen, 
welche aus der Obervene des Meerschweins nach einem 
schnellen Einschnitt in die Randvene des Ohres desselben 
herauskommen. Das Hammelblut endlich läßt man sich 
wöchentlich mindestens einmal vom Schlaehthofe bringen. 
Es wird zweimal mit 0,85 proz. Kochsalzlösung gewaschen. 

Zum Hauptversuch bringt man bestimmte Mengen An¬ 
tigen, Patientenserum und Komplement zusammen, läßt das 
Gemisch eine halbe Stunde im Wärmeschrank bei zirka 
37 Grad Celsius binden, setzt dann ein bestimmtes Quantum 
hämolytischen Ambozeptors und Hammelblut hinzu und 1 


bringt die Röhrchen noch einmal in den Brutschrank. Wenn 
die gleichzeitig aufgestellten Kontrollen richtig anzeigen, 
dann spricht Trübebleiben der Flüssigkeit des Röhrchens 
im Hauptversuch für Syphilis, während Auflösung der Blut¬ 
zellen im .allgemieinjen gegen Syphilis spricht. 

Da inaktiviertes Patientensierum längere Zeit aufbewahrt 
werden kann, empfiehlt es sich, zur Ersparung von Arbeit, 
und Zeit, die Patientensera aufzusammeln und immer 
mehrere zu gleicher Zeit zu untersuchen. 

Die Abmessung der einzelnen Flüssigkeiten muß mit 
möglichster Genauigkeit erfolgen. Hat man aber die Hand¬ 
habung der Pipetten genügend eingeübt, und ist man über 
das Wesen der Reaktion soweit im klaren, daß man Stö¬ 
rungen, die zuweilen, eintreten, als solche erkennt, dann hat 
man bald die Freude, prompte und sichere Resultate zu 
erhalten. 


Dr. Karl Tacge (Freiburg i. Br.): Erfahrungen und Beobachtun¬ 
gen bei der Behandlung der Syphilis mit Ehrlich-Hatas Prä¬ 
parat 606. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 42.) 


er empfiehlt allerdings danach zwei Tage Ruhe. Er hält diese 
intramuskulären Injektionen für wirksamer als die intravenösen 

Injektionen. 


Verfasser berichtet über die Erfahrungen der Freiburger 
dermatologischen Klinik mit dem neuen Mittel. Zunächst ver 
breitet er sich über die Technik der Einspritzung. Er empfiehlt 
jetzt die Anwendung einer sauren Lösung, welche er folgender¬ 
maßen bereitet: Auf einem Glasstab wird durch Hin- und Her¬ 
ziehen in einer nicht leuchtenden Flamme ein Reagensrohr 
behufs Sterilisation erhitzt. ln einem andern wird etwas 
Wasser kurz gekocht. Jetzt schütte man das Präparat in das 
erste abgekühlte Rohr, füge soviel Glyzerin zu, daß auf 
0,1 g zwei Tropfen kommen und zerdrücke durch Rühren und 
Streichen mit dem Stab jedes Klümpchen. Man erzielt in 
wenigen Sekunden einen homogenen Brei. Diesem wird eine 
genügende' Menge des frisch gekochten, heißen Wassers zu¬ 
gesetzt, die Mischung mit dem Stab umgerührt, die Einspritzung 
ist fertig und bildet eine klare Flüssigkeit. Verfasser nimmt 
zur Einspritzung konzentrierte Lösungen, 10—20 proz., und 
spritzt an einer Stelle ein, tief intramuskulär in die Giutäen. 
Die Schmerzen bei dieser Art der Injektion sind meist gering; 
Temperatursteigerung tritt dabei nur ausnahmsweise auf. Was I 
nun die therapeutische Wirkung anlangt, so weichen die Er¬ 
fahrungen des VerfassersTnicht viel von den sonst berichteten ! 
ab. Verfasser gab zuerst nur 0,3 g, später stieg er bis auf 0,6 g 
(8 mg pro Kilo Körpergewicht). Am schnellsten verschwanden 
die breiten Kondylome und die Roseola (in zwei bis vier 
Tagen), am langsamsten die tiefen tertiären Ulcera (in drei, 
Wochen und mehr). Die Fälle mit maligner Lues zeigten sich 
der Behandlung besonders zugänglich. Einige Mißerfolge 
kamen auch vor. Einige Fälle im Beginn der Paralyse resp. 
Tabes zeigten bedeutende Besserung. Erheblichere Neben¬ 
wirkungen kamen nicht vor, toxische Exantheme wurden einige 
Mal beobachtet. In allen Fällen wurde eine zum Teil starke 
Zunahme des Körpergewichts festgestellt. 


Dr. Duliot (Brüssel): Technik und Dosen der löslichen Ein¬ 
spritzungen des „606" von Ehrlich. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 42.) 

Verfasser empfiehlt jetzt folgende Technik der Ein¬ 
spritzung des Dioxydiamidoarsenobenzols, wobei das Mittel in 
lösliche Form gebracht wird. Um die Lösung herzustellen, 
verwendet er einen kleinen Glasmörser, in welchen V 2 ccm 
sehr reinen Methylalkohols zusammen mit dem Pulver „606" 
gegossen wird; dann wird die Mischung .zerrieben und je nach 
der Dose werden 4—6 ccm physiolog. Kochsalzlösung hinzu¬ 
gefügt. Dann spritzt inan mittels einer Rekordspritze von 
b ccm, welche mit einer laugen Platinnadel versehen ist, ein. 
Um die für die Einspritzung passendste Stelle zu finden, zieht 
man mittels Jodtinktur eine Linie, welche von der Spina oss. 
il. anter. bis zur Spitze der Gesäßfalte verläuft. Die zur Ein¬ 
spritzung geeignete Zone, in der Größe eines Zweimarkstückes, 
befindet sich an der Grenze zwischen oberem und mittlerem 
Drittel dieser Linie. Um die Einspritzung vorzunehmen, läßt 
man den, Pat. auf dem Operationstisch sich auf den Leib 
legen. Man nehme dann langsam die Einspritzung in den 
Muskel vor. Darauf ziehe man schnell die Nadel zurück; indem 
man eine reichliche Schicht Gewebe aui sie zurückschiebt, 
welche man einen Augenblick zusammengedrückt hält. Verf. 
wendet höhere Dosen, als gewöhnlich empfohlen werden, an, bei 
Erwachsenen von 70 kg Gewicht 1 g, d. i. 0,014 pro Kilo Körper¬ 
gewicht, im Maximum 1,1 g. Bei irgendwie belasteten Per¬ 
sonen empfiehlt Verfasser die' Dosis 0,01 g pro Kilo, etwas 
weniger für Frauen. Diese Einspritzungen sind nach Verfasser 
nicht schmerzhafter als die Einspritzungen der Emulsion in die 
Rückengegend; es treten danach niemals Eiterungen und 
Schwellungen auf; sie sind schneller und ausgiebiger in der 
Wirkung. Verfasser nimmt die Einspritzungen ambulant vor, 


Prof. Dr. Ehlers (Kopenhagen): Ein Todesfall nach Ehrlich- 
Hata 606. (Münch, med. Wochenschr., 1910, No. 42.) 

Verfasser berichtet über einen Fall, in welchem nach der 
Einspritzung des Arsenobenzols der Tod eintrat. Es handelte 
sich dabei um einen 40 jährigen Mann, der vor 11 Jahren sich 
syphilitisch infiziert hatte und seit zwei Jahren Symptome von 
Dementia paralytica zeigte. Ihm wurden 0,5 g des Mittels sub¬ 
kutan in die Schulterblattgegend injiziert, fast schmerzlos und 
ohne Lokalreaktion. Es traten bald Vergiftungserscheinungen 
seitens des Nervensystems auf (Tremor, Zittern, Schweißkrisen, 
Kräfteverlust etc.), und fünf Tage nach der Injektion starb der 
Kranke unter dem Bilde einer fortschreitenden Herzparalyse. 
Die Sektion zeigte keine andere Todesursache als akute, 
parenchymatöse Degeneration der Organe. 

Prof. Dr. Ehlers (Kopenhagen): Ehrlich „606“ gegen Lepra. 
(Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 41.) 

Verfasser gibt eine kurze Mitteilung über Versuche in be¬ 
treff der Wirkung des neuen Mittels bei Lepra. Sieben Patien¬ 
ten wurden im Leprahospital bei Reykjavik (Island) damit be¬ 
handelt, sechs mit Lepra tuberosa, einer mit Lepra anaesthetica. 
Die Dosen betrugen 0,4—0,6. Eine deutliche Wirkung auf die 
Krankheitserscheinungen wurde vorläufig nicht beobachtet, 
nur schien es, daß das Mittel eine starke körnige Degeneration 
unter den Leprabacillen hervorruft. R. L. 


Dr. 0. Retzlaff: Ueber Sepsis nach Varicellen. (Archiv für 
Kinderheilkunde, Bd. 54, H. 1—3.) 

Varicellen gelten meist als harmlose Kinderkrankheit. 
Baginsky hat indes darauf aufmerksam gemacht, daß die 
Krankheit recht bösartig verlaufen kann. Man wird deshalb 
mit der Prognose vorsichtig sein müssen, wenn es sich um sehr 
junge oder tuberkulöse und skrofulöse Kinder handelt, die 
unter ungünstigen hygienischen Verhältnissen leben. So hat 
Verfasser in der von ihm auf der chirurgischen Abteilung des 
Krankenhauses Magdeburg-Sudenburg beobachteten Epidemie, 
der er die mitgeteilten Fälle entnimmt, ein dreijähriges Kind 
an Miliartuberkulose verloren. — Ferner berichtet er, daß 
drei Pflegerinnen an Wasserblattern erkrankt sind, darunter 
eine Schwester, die die Krankheit mit acht Jahren bereits ein¬ 
mal überstanden hatte. Diese Mitteilung, daß auch Erwachsene 
an Varicellen erkranken, ist deshalb von Interesse, weil manche 
Autoren, z. B. Senator, von einer Immunität Erwachsener 
sprechen. — Zu dem bereits erwähnten, gelegentlich schweren 
Verlauf der Krankheit berichtet Verfasser ausführlich über 
ein 31/2 jähriges Mädchen, das in wenigen Tagen einer schweren 
Sepsis nach Varicellen erlag. Diese Mitteilung wird durch 
weitere Fälle aus der Literatur ergänzt. 


.il < mj im r : 

Dr. V. Pexa: Experimenteller Beitrag zur Forschung über die 
Tetanie des Kindesalters. (Archiv für Kinderheilkunde, 


Bd. 54, H. 1—3.) 

Die Aetiologie der Tetanie hat die Autoren in den letzten 
Jahren viel beschäftigt. So hat S t 0 e 11 z n e r die Hypothese 
zu beweisen gesucht, daß die infantile Tetanie durch Kalk¬ 
stauung im Organismus entstehe, während andere (Q u e s t, 
Weigert) gerade das Gegenteil behaupten, indem sie die 
Tetanie auf Kalkmangel zurückführen. Eine weitere viel be¬ 
achtete Hypothese jüngeren Datums (Escherich, 
N a s s a 1 e) führt die Krankheit auf eine Erkrankung der Para- 
thyreoidaldrüsehen zurück. Allen diesen Behauptungen geht 
der Verfasser experimentell und klinisch nach, indem er zwei 
junge kräftige Hunde desselben Wurfes zu seinen Forschungen 
benutzt hat. Er zieht folgende Schlüsse: Bei einem jungen, 
mit kalkfreier Kost gefütterten Hunde wunden folgende Be- 





No. 49. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


733 


funde erhoben: 1. im klinischen Bilde als äußerst auffallende;: I 
Symptom eine Passivität des Tieres gegen äußere Eindrücke; | 
2. absoluter Mangel einer gesteigerten elektrischen Erregbar¬ 
keit im peripheren Nervensystem; 3- deutliche Abnahme des 
Kalkgehaltes des Zentralnervensystems; 4. reichlicher Gly¬ 
kogengehalt in den sonst unveränderten Epithelkörperchen. — 
Der Ursprung der Tetanie und der Spasmophilie überhaupt 
kann nicht allein in einem ungenügenden Kalkgehalt der 
Organe beruhen, denn beim Versuchshund trat keine Steige¬ 
rung der elektrischen Erregbarkeit im peripheren Nerven¬ 
system auf, obwohl der Kalkgehalt seines Gehirns infolge des 
kalklosen Futters bedeutend vermindert war. — Sollte bei der j 
Tetanie dennoch der Kalkmangel der Organe eine Rolle spielen, j 
dann könnte die Entstehung der Tetanie durch die entgiftende I 
Tätigkeit der Epithelkörperchen verhütet werden. 

Dr. P. Schneider: Polyposis intestinalis beim Kinde. (Archiv 
für Kinderheilkunde, Bd. 53, H. 4—6.) 

Unter Polyposis intestinalis versteht man eine Erkrankung [ 
des Dickdarms und besonders des Rektums, bei der ohne j 
vorhergegangene Ursache, wie Dysenterie oder andere ge- j 
schwürige Prozesse, auf der Schleimhaut primär zahllose , 
polypenähnliche Gebilde entstehen, die unaufhaltsam an Größe [ 
und Zahl zunehmen, allmählich eine allgemeine Kachexie und 
und Anämie und stets ein jahrelanges Siechtum herbeiführen. 
Bei Erwachsenen geht die anfangs gutartig erscheinende Krank¬ 
heit, die die Symptome eines schweren chronischen Dickdarm- 
katarrhes bietet, stets in Carcinom über, bei Kindern entwickelt 
sich eine sekundäre Anämie, die im Verlauf von 1—5 Jahren 
zum Tode führt. — Der von Verfasser aus der Universitäts- 
Kinderklinik in München mitgeteilte Fall betrifft ein 8 jähriges I 
Mädchen. Im fünften Jahre vorübergehend Blutabgang aus dem 
After. Wiederholt vom siebenten Lebensjahr ab. Entfernung 
von Mastdarmpolypen, wobei sich nach Dehnung des Sphincter 
ani die ganze Mastdarmschleimhaut mit einer Unmenge kleine¬ 
rer und größerer Geschwülstchen übersät zeigt. Fortschreitende 
Anämie und hochgradiger Verfall. Exitus unter profusen 
Durchfällen, heftigem Erbrechen und Fieber. Die histologische 
Untersuchung ergibt gutartige, gestielte Adenome. — Auf- 
getretene Oedeme und urämische Symptome weisen auf eine 
Nierenerkrankung hin, die aber in dem vorliegenden Fall, 
ebenso wie anderen Beobachtungen nicht vorhanden war. Wo¬ 
durch die Diurese abnimmt, ist ebenso unklar, wie die Ent¬ 
stehung der Polyposis überhaupt. — Die Differentialdiagnose 
ist nur durch Rektoskopie oder vortretende Polypen zu stellen. 
In Betracht kommen Nierenerkrankungen (Oedeme, Anämie, 
spärliche Harnsekretion) oder eine Blasenmastdarmfistel, wenn I 
zu vorstehenden Symptomen noch. Durchfälle, Blutabgänge und I 
Leibschmerzen hinzutreten. — Die Therapie , ist für Erhaltung 
des Lebens wie Heilung gleich aussichtslos. R. 

p: ' „j 

Privatdozent Dr. Franz Hamburger (Wien): Phimosenbehand¬ 
lung im frühen Kindesalter. (Münch, med. Wochenschr., 
1910, No. 40.) 

Die Phimose ist ebenso wie die Konglutination des Prä¬ 
putiums mit der Glans nach Verfasser als ein für das frühe 
Kindesalter physiologischer Zustand aufzufassen. Im all¬ 
gemeinen führen das Wachstum des Penis und die schon im 
Kindesalter auftretenden Erektionen allmählich zur Lösung der 
Konglutination und zur Dehnung der phimotischen Präputial- 
öffnung. Häufig führt aber die Phimose des frühen Kindes¬ 
alters zur Balanitis resp. Balanoposthitis. Ist die Balanitis ab¬ 
geheilt, so wird gewöhnlich die Phimosenoperation vor¬ 
geschlagen: häufig wird auch schon in Fällen, wo nur leichte 
Schmerzhaftigkeit bei der Miktion besteht, zur Operation oder 
doch wenigstens zur instrumenteilen Lösung der Konglutination 
geschritten. Verfasser betont demgegenüber, daß es fast immer 
gelingt, die Dehnung der Phimose und die Lösung der Kon¬ 
glutination auf manuellem Wege zu erreichen. Man dehnt die 
Phimose durch Reposition des Präputiums über die Glans, ent¬ 
weder in der Weise, daß man in mehreren Sitzungen schonend 
das Präputium immer weiter und weiter zurückschiebt, bis 
man endlich, ohne stärkere Schmerzen zu bewirken, die Vor¬ 
hautöffnung über die Corona glandis bringt, oder in der Weise, 
daß man in einer Sitzung die Sprengung der Phimose erzwingt 
durch brüskes Zurückschieben hinter die Corona. Letzteres 
gelingt fast immer in einer Sitzung, bedingt aber große 
Schmerzen und, wenn auch geringe, Blutungen durch die Ein¬ 
risse des Präputialrandes. Verfasser zieht die Phimose¬ 
sprengung in einer Sitzung bei Kindern im ersten Lebensjahre 
der langsamen Dehnung vor. Hat man die Präputialöffnung 
hinter die Corona gebracht, so kann man sogleich auch die 
Konglutinationen lösen, muß aber dann sofort, um die Ent¬ 
stehung einer Paraphimose zu vermeiden, die Vorhaut wieder 
über die Glans nach vorn ziehen, was oft nur nach Ueber- 
windung eines beträchtlichen Widerstandes und unter erneuten ’ 
Schmerzen möglich ist. In manchen Fällen ist die manuelle 
Phimosensprengung allerdings schwierig. Es empfiehlt sich, 
in den ersten 24 Stunden den Penis mit einem Wattebausch in 


Borwasser oder fünffach verdünntem Liquor Burowii zu um¬ 
geben. Um eine Erneuerung der Phimose hintanzuhalten, 
wiederholt man die Zurückschiebung des Präputiums hinter 
die Glans anfangs alle drei Tage, später jede Woche einmal. 
Die Phimose ist dann als endgültig beseitigt anzusehen, wenn 
das Präputium hinter die Corona geschoben werden kann, 
ohne daß das Kind Schmerzen äußert. Nach Verfasser kann 
jede Phimose bei Kindern unter drei Jahren ohne instrumen¬ 
teile Behandlung rein manuell dauernd beseitigt werden. 

R. L. 

Dr. Theodor Hoffa (Barmen): Ueber die Erfolge der Anstalts¬ 
pflege von gesunden und kranken Säuglingen. (Archiv für 

Kinderheilkunde, Bd. 54, H. 1—4.) 

Die Frage der Verpflegung gesunder und kranker Säug¬ 
linge in Anstalten erschien in den letzten Jahren im wesent¬ 
lichen gelöst. Neuerdings sind nun sehr skeptische Stimmen 
über das Erreichte laut geworden (Czerny, Schelble, 
Pfaundler). Demgegenüber berichtet Hoffa über die guten 
Resultate des ihm unterstehenden Säuglingsheims zu Barmen. 
Er bespricht einmal das Problem der Anstaltspflege von Säug¬ 
lingen und dann das Problem der künstlichen Ernährung von 
Neugeborenen. Für letztere empfiehlt er eine Verabreichung 
von Buttermilch, die ihm bessere Resultate ergeben hat als 
Milch-Mehl-Zuckermischungen. — Um gute Resultate in der 
Anstaltsbehandlung zu erzielen, fordert er u. a.: 1. eine 
moderne Krankenhaushygiene, 2. einen gut ausgebildeten 
Pädiater als Leiter, 3. möglichst ausgiebige natürliche Er¬ 
nährung und 4. gute Pflege (gut geschultes, gebildetes 
Personal, exakte Asepsis). R. 

Dr. C. Beckhaus (Braunschweig): Herzerkrankungen im An¬ 
schluß an ein Trauma. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, 

Nö. 42.) 

Verfasser berichtet über drei Fälle, in denen im Anschluß 
an schwerere Traumen (Sturz auf die linke Seite, Fall aus 8 in 
Höhe auf den Rücken) sich bei Leuten, deren Herz vorher ge¬ 
sund war, sich ein Herzleiden entwickelte. In zwei Fällen 
handelte es sich um Männer von etwa 50 Jahren, die jahrelang 
schwere Arbeiten hatten verrichten können, im dritten Fall 
um einen Patienten von 19 Jahren, bei dem noch vier Monate 
nach dem Unfall eine Veränderung am Herzen nicht zu finden 
war. Im Anschluß an den Unfall entwickelte sich die Herz¬ 
erkrankung jedesmal schleichend, welche dann subjektive Be¬ 
schwerden verursachte, wie sie bei Myokarditis sich meist 
finden. Auf Grund des objektiven Befundes mußte eine Myo¬ 
karditis und muskuläre Mitralinsuffizienz angenommen werden. 
Die Fälle zeigen wieder, daß nach einem Trauma, welches 
eine Erschütterung des ganzen Körpers oder besonders der 
linken Brustseite verursacht, stets die Entwicklung eines Herz¬ 
fehlers möglich ist. Es empfiehlt sich darum, in jedem der¬ 
artigen Falle sofort eine genaue Untersuchung des Herzens 
vorzunehmen und das Herz weiter zu beobachten, nur dadurch 
wird es vermieden, daß ein Herzfehler übersehen wird und 
subjektive Beschwerden von seiten des Herzens für solche 
neurasthenischer Art angesehen werden. R. L. 

Prof. Dr. F. Kovdcs, Vorstand der IV. med. Abteilung des Wie¬ 
ner allgemeinen Krankenhauses, und Prof. Dr. 0. Stoerk, 
Assistent am Wiener pathol.-anatom. Institut: Ueber das Ver¬ 
halten des Oesophagus hei Herzvergrößerung. (Wiener klin. 
Wochenschrift, 1910, No. 42.) 

Ueber die normalen topographischen Verhältnisse des Oeso¬ 
phagus zum Herzen finden sich in den einschlägigen Werken 
etwa folgende Angaben: Unterhalb der Bronchialteilung liegt 
der Oesophagus unmittelbar hinter dem Perikardium (Pars pe- 
ricardiaca oesophagi), und zwar zieht er an jedem Teil, welcher 
die Rückenfläche des linken Vorhofes bedeckt, vorbei. Das 
Perikard und auch der linke Vorhof können von ihm hierbei 
einen leichten Eindruck erhalten. Der Vorhof begleitet den 
Oesophagus hierbei auf einer Strecke von 5 bis 6 cm, die untere 
Grenze ist kaum 2 cm vom Zwerchfell entfernt. Die eben er¬ 
wähnte, durch den Oesophagus an der Dorsalfläche des linken 
Vorhofes erzeugte Reliefveränderung kann bei pathologischer 
Vergrößerung des Vorhofes noch in anderer Weise zum Aus¬ 
druck kommen. Es kann sich an der hinteren Vorhofswand ein 
longitudinaler Wulst, wirbelsäulenwärts sich erhebend, ausbil¬ 
den, welcher, zwischen Oesophagus und Aorta einragend, die 
beiden Gebilde nach rechts und links auseinanderdrängt. Der 
Verlauf des infrabifurkalen Brustteiles des Oesophagus, etwa -/.-, 
seiner Gesamtlänge entsprechend, hängt dabei wesentlich von 
der Lage seiner Zwerchfelldurchtrittstelle ah. Diese Stelle kann 
entweder 2 oder 3 cm vor der Wirbelsäule liegen oder auch 
bald'nahe der Medianlinie, in extremen Fällen aber 3 cm von 
ihr nach links abstehen. Innerhalb dieses infrabifurkalen Be¬ 
reiches kann nun bei entsprechendem Grad von Herzvergröße¬ 
rung fiel' O^nnhagus zwischen Vorhof und Wirbelsäule einge¬ 
klemmt werden. 

Die Einwirkung krankhafter Vorgänge, welche sich primär 
am zentralen Zirkulationsapparate abspielen und sekundär den 



734 


No. 49. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


Oesophagus in Mitleidenschaft ziehen, ist vor allem hinsichtlich 
der Aneurysmen bekannt, und zwar wird Kompression des Oeso¬ 
phagus verschiedenen Grades mit und ohne folgende Sc.hlingstö- 
rung bei Aneurysmen des Aortenbogens (besonders des abstei¬ 
genden Schenkels) und der Aorta thoracica descendens, der 
Subclavia und der Carotis beobachtet. Recht selten sind 
Schlingstörungen bei großen perikarditischen Flüssigkeitsan¬ 
sammlungen und sie werden von den Autoren auf Kompression 
des Oesophagus durch den mächtig ausgedehnten Herzbeutel, 
wohl aber auch auf Mitleidenschaft des Vagus oder entzündliche 
Mitbeteiligung der Oesophagusmuskulatur bezogen. Daß auch 
Verlagerung und Kompression des Oesophagus durch eine Ver¬ 
größerung des Herzens selbst bewirkt Vorkommen können, wird 
nur ganz vereinzelt erwähnt. In vorliegender Arbeit berichten 
die Verf. über die von ihnen anatomisch und klinisch beobachte¬ 
ten Rückwirkungen, die ein vergrößertes Herz auf den Oesopha¬ 
gus ausüben kann. Die Mitleidenschaft, in die der Oesophagus 
oft durch ein vergrößertes Herz gezogen wird, äußert sich nach 
ihnen sowohl in einer Deviation, die im allgemeinen in einer 
bogenförmigen, nach rechts hinten gerichteten Verdrängung be¬ 
steht, als auch in einer oft recht beträchtlichen Kompressions¬ 
stenose. Diese Veränderungen gehen der Herzgröße im allge¬ 
meinen parallel und sie sind besonders stark bei Vergrößerun¬ 
gen des linken Vorhofes ausgeprägt. Ihre Kenntnis stellt zwar 
eine symptomatologische Bereicherung der Herz- und Oeso- 
phaguspathologie dar, doch kommt denselben im allgemeinen 
eine wesentliche praktische Bedeutung kaum zu. Schließlich er¬ 
wähnen die Verf. noch, daß lordotische Deviationen der mittleren 
und unteren Brustwirbelsäule vielleicht durch Annäherung der 
Wirbelsäule an das Herz zu ähnlichen, die Herzhöhe betreffen¬ 
den Passagestörungen im Oesophagus führen können. K r. 

Hans Thiemann: Ueber Darmverschluß und Darmparalyse, ein¬ 
schließlich Peritonitis. (Archiv für klm. Chirurgie, Bd. 92, 
H. 2 u. 3.) 

Auf Grund des etwa 700 Fälle umfassenden Materials der 
chirurgischen Klinik in Jena aus dem letzten Dezennium gibt 
Th. in einer sehr umfangreichen, fleißigen Arbeit die reichen 
Erfahrungen der Jenenser Klinik bekannt. Diese geben ein 
anschauliches Bild des gegenwärtigen Standes der wichtigen 
Materie und lassen, wie anderswo, den ungeheuren Aufschwung 
auf dem Gebiete der Bauchchirurgie deutlich erkennen. Leider 
lassen sich im Rahmen eines Referates nur einige wichtige Er¬ 
gebnisse der interessanten Arbeit hervorheben: 

Gutartige Darmtumoren führen als solche äußerst selten 
zum Ileus, häufiger durch Invagination. 

Die Bevorzugung des Duodenums durch das seltene 
primäre Carcinom des Dünndarms scheint entsprechend dem 
Magencarcinum auf die Entstehung aus den relativ häufigen 
Ulcera dieses Darmteils hinzuweisen. Charakteristisch ist beim 
Dünndarmcarcinom ebenso wie beim Sarkom das Zurücktreten 
der lokalen Erscheinungen hinter der allgemeinen Kachexie. 

Die Mortalität nach Operation der stenosierenden Dick¬ 
darmtumoren ist eine sehr hohe; besonders gilt dies für die 
ganz akut mit Heus einsetzenden Fälle. Aetiologisch kommen 
u. a. chronische Ulcera, veranlaßt durch Passagestörungen in 
abnormen, z. B. V-förmigen Schlingen des Dickdarms in 
Betracht. 

Das Carcinom der Ampulle des Rektums führt selten zur 
vollkommenen Stenose; derartige Fälle sind meist inoperabel. 
Die Gefahren der Resektion sind kaum größer als die der 
Amputation. 

Zu Ileus durch Adhäsions- und Strangbildung kann jeder 
entzündliche Prozeß im Abdomen Anlaß geben, und zwar 
können die Störungen erst lange Zeit nach Heilung der primären 
Erkrankungen auf treten; auslösend wirken oft anderweitige 
Entzündungen des Bauches, Operationen etc. 

Die gewöhnliche Peritonealtuberkulose mit Erguß wird 
durch die Eröffnung des Abdomens günstig beeinflußt; dabei 
kann mit Vorteil der rechtsseitige Kreuzschnitt angewandt 
werden. Circumscripte, abscedierende, tumorenbildende, sowie 
stenosierende Tuberkulosen treten an Zahl beträchtlich zurück; 
vollkommene Stenose und Ileus ist sehr selten. Häufiger ist der 
Darmverschluß infolge von Adhäsionen und Strängen, bedingt 
durch primäre Tuberkulose der Mesenterialdrüsen, besonders 
im Stadium der Verkäsung und Vereiterung. 

Bei der diffusen chronischen Mesenterialperitonitis ist die 
Lösung aller Verwachsungen vergeblich, oft sogar gefährlich, da 
eine Neubildung nicht verhindert werden kann, die eventuell 
eine Verschlimmerung herbeiführt. Circumscript tritt die Er¬ 
krankung im Mesenterium abnorm langer, z. B. V-förmiger 
Schlingen des Dickdarms auf; das dadurch geschaffene Passage¬ 
hindernis wird am besten durch Anastomosierung der Fu߬ 
punkte behoben. Besonders hervorzuheben ist aus der Summe 
der 321 eingeklemmten Brüche (= 29,4 pCt. aller operierten 
Hernien) die hohe Zahl (36) der akuten Darmwandbrüche; bei 
ihnen besteht die Hauptgefahr in den geringen Erscheinungen 
und in der schon bei vorsichtigen Repositionsversuchen ein- 
tretenden Perforation; dementsprechend ist dabei die Mortalität 


besonders hoch (44 pCt.). Der akute Darmwandbruch tritt 
höchst selten in Inguinal-, sondern fast ausschließlich in Crural- 
hernien auf; auch von den 4 hier beobachteten Herniae obturat. 
waren 3 Darmwandbrüche. 

Bei gleichzeitigem Bestehen von Appendicitis im Bruch¬ 
sack und Einklemmungserscheinungen war stets die erstere die 
primäre Erkrankung. 

Drehung des incarcerierten Netzes wurde nur 3mal unter 
321 Fällen beobachtet; Fixation des Zipfel begünstigte das Zu¬ 
standekommen der Drehung, ebenso ungleiches Wachstum der 
einzelnen Partien mit bogenartigem Vorspringen der Gefäße 
(Payr). 

Auffallend schwer sind die Erscheinungen bei Drehung 
von Appendices epiploicae im Vergleich zur Größe des 
Objektes; die Ursache besteht in exzentrischem Wachstum der 
Fettanhänge. Bei einzelnen Individuen findet sich eine Dis¬ 
position zu derartigen Drehungen. 

Die auf epigastrische Brüche bezogenen Beschwerden gehen 
häufig von anderweitigen intraabdominellen Erkrankungen be¬ 
sonders des Magens aus; die Therapie muß dem Rechnung 
tragen. 

Der oostoperative Ileus nach Reposition incarceriert ge¬ 
wesener Darmerscheinungen kann, abgesehen von Netzsträngen, 
veranlaßt sein durch Verklebung der Schlingenschenkel unter¬ 
einander oder durch Stenosenbildung; eine primär angelegte 
Anastomose bei zweifelhaftem Darm kann die Passagestörung 
verhüten. 

Volvulus ist am häufigsten im Bereich des Dickdarms, be¬ 
sonders an der Flexura sigmoidea; begünstigend wirkt abnorme 
Länge der Flexur. sowie chronisch entzündliche Prozesse im 
Mesenterium desselben, die durch Annäherung der Schenkel 
zur Bildung V- oder U-förmiger Schlingen und zu Passage- 
störungen an der Spitze führen. Um Rezidive zu vermeiden, 
empfiehlt sich die Anlegung einer breiten Anastomose zwischen 
den Fußpunkten. 

Wichtig für das Zustandekommen von Invaginationen ist 
die primäre krampfhafte Kontraktion der Spitze der Invagi¬ 
nation. die in einem Falle bei der Operation in Narkose sogar 
noch nach der Desinvaeination bestand. 

Bei der diffusen Peritonitis ist streng zu unterscheiden 
zwischen den perforativen Fällen und den allgemein eitrigen 
(z. B. periappendicitischenl Ergüssen bei abgeschlossenem 
primären Herd. Die Prognose im zweiten Falle ist günstig; 
größere Eingriffe. Spülungen. Drainage sind dabei unnötig: der 
Bauch wird am besten primär geschlossen. Ein wesentlicher 
Unterschied in den Resultaten der trockenen (Austopfen) und 
der feuchten (Ausspülen) Behandlung kann nicht konstatiert 
werden; zugunsten der feuchten Methode spricht, daß sie 
' leichter auszuführen ist und kleinere Schnitte erfordert. Mit 
jedem Tage des Abwartens steigt die Mortalität rapide; nur 
durch die Frühoperation kann die Sterblichkeit vermindert 
werden; sie betrug im Jahre 1909 in der Jenenser Klinik nur 
noch 3 3 pCt. aller Fälle, auch die schwersten mit eingerechnet. 
Rezidivapoendicitiden sind keineswegs ungefährlicher, sondern 
können ebenfalls zur diffusen perforativen Peritonitis Anlaß 
geben. Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. Richard Friihwald (Leipzig): Ueber die Punktionsbehand¬ 
lung der Enididymitis gonorrhoica. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift. 1910, No. 41.) 

Von der N e i s s e r sehen Schule wird neuerdings zur Be¬ 
handlung der akuten gonorrhoischen Epididvmitis die Punktion 
des Nebenhodens empfohlen, besonders Schindler und 
Bruck haben über günstige Erfolge dieser Behandlungs¬ 
methode berichtet. Verfasser hat diese Methode in der Leip¬ 
ziger dermatologischen Universitätsklinik an 33 Fällen nach¬ 
geprüft. Er kam dabei zu folgenden Ergebnissen: Unleugbar 
hat die Punktion des Nebenhodens bei der Epididvmitis 
gonorrhoica einen momentanen Effekt. Die Schmerzen 
schwinden oder werden gemindert, das Fieber fällt kritisch 
ah und das Infiltrat geht im Anfang etwas rascher zurück. 
Allein auf die Dauer hält dieser günstige Einfluß nicht an, das 
Fieber und die Schmerzen können wiederkommen und die Re- 
handlungsdaner wird nicht abgekürzt. Deshalb ist auch die 
Indikation für die Punktion sehr eng begrenzt. Sie wird dort 
anzuwenden sein, wo es auf einen momentanen Effekt an¬ 
kommt. Durch multiple Punktion nach Schindler würde 
man wohl eine Dauerwirkung erzielen können: jedoch ist die 
multiple Punktion nach Verfasser im allgemeinen nicht an- 
zuwenden. weil man ein wichtiges Organ, wie den Nebenhoden, 
einer wiederholten Verletzung nicht aussetzen darf. . 

Privatdozent Dr. Hohlweg (Gießen): Zur Behandlung der Koli- 
prelitig mit Niereoheckenspiilungcn. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift. 1910, No. 40.) 

Verfasser berichtet über drei Fälle von Pvelitis hei Frauen 
und Mädchen, in welchen er mit Spülungen des Nierenbeckens 
gute Erfolge erzielt hat. Fs wurde nicht allein klinisch, auch 
bakteriologisch gesicherte Heilung erzielt. Die Vornahme der 



No. 40. 


THERAPEUTISCHE 


Nierenbeckenspülungen bietet keine besonderen Schwierig¬ 
keiten, wenn man den Ureterenkatheterismus beherrscht. Verf. 
ging in der Weise vor, daß er nach Vorschieben des Katheters 
bis ins Nierenbecken an denselben eine mit der Spülflüssigkeit 
gefüllte 10 ccm fassende Probepunktionsspritze direkt anschloß; 
das Cystoskop. das von einer zweiten Person gehalten wird, 
bleibt dabei liegen, um die Möglichkeit einer Kontrolle der 
richtigen Lage des Katheters während der Spülung zu haben. 
Zuerst wird evtl, vorhandener Residualharn aus dem Nieren¬ 
becken durch den Katheter abgelassen, jedenfalls soviel, bis 
der Urin rhythmisch abtropft. Dann wird die Spülflüssigkeit 
unter vorsichtigem Druck injiziert und dabei die Patientin auf¬ 
gefordert, jeden Schmerz sofort anzugeben. Als Spülflüssig¬ 
keit . verwandte Verfasser Argent. nitric.-Lösungen, anfangs 
1 prom., allmählich stärkere, zuletzt %proz. Lösungen. Zwei- 
bis dreimal wurde die injizierte Argentumlösung durch 
den Ureterenkatheter wieder abgelassen, zum Schluß wurden 
30—40 ccm eingespritzt und im Anschluß daran der Ureteren¬ 
katheter sofort entfernt. Bei der Betrachtung des Ureter- 
ostiums im Cystoskop sieht man, daß der Ureter bereits nach 
Injektion weniger Kubikzentimeter in das Nierenbecken mit 
stürmischer Kontraktion antwortet und offenbar rasch die 
Spülflüssigkeit wieder ausstößt. Mit schwachen Argent. nitric.- 
Lösungen von 1 :2000 bis 1 :1000 wird nach Verfasser kein 
genügender Erfolg erzielt. An die Argentumspülungen schloß 
Verfasser in zwei Fällen noch Spülungen mit 1 proz. Argent. 
colloidale an. Die Spülungen lassen sich bei einiger Uebung 
nahezu schmerzfrei für die Kranken durchführen. Bei emp¬ 
findlichen Kranken kann man vor der Nierenbeckenspülung 
005 Extr. Belladonn. als Suppositorium und eventuell noch 
0,01 Morphin subkutan geben. 


Dr. Ernst Engelhorn (Erlangen): lieber Behandlungserfolgc 
bei gynäkologisch-nervösen Störungen. (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 41.) 

Nach den Erfahrungen der Erlanger Universitätsfrauen¬ 
klinik stellt Verfasser folgende Grundsätze für die Behandlung 
gynäkologisch-nervöser Störungen auf. Finden sich bei einer 
Frau, die wegen Unterleibsbeschwerden den Arzt konsultiert, 
keine oder nur geringe Veränderungen des Genitalapparates, 
so ist das Nervensystem einer Prüfung zu unterziehen. Er¬ 
geben sich dabei Anhaltspunkte für eine Alteration des Ge¬ 
samtnervensystems (Veränderungen der Schleimhaut- und 
Sehnenreflexe), so ist die Patientin darüber zu belehren, daß 
bei ihr kein organisches Leiden vorliegt, sondern daß es sich 
in der Hauptsache um eine Alteration des Gesamtnerven¬ 
systems handelt. Dementsprechend hat auch die Behandlung 
eine allgemeine zu sein. Gegen die Unterleibssymptome emp¬ 
fehlen sich als unschädliche Maßnahmen Sitzbäder. Ganz 
anders muß man sich dagegen verhalten, wenn bei einer Frau 
schon früher von anderen Aerzten Genitalveränderungen fest¬ 
gestellt und behandelt worden waren. Solchen Frauen würde 
die Angabe, daß es sich bei ihnen in der Hauptsache um eine 
Alteration des Nervensystems handelt, wenig nützen. Bei 
solchen Frauen ist eine vom Gynäkologen geleitete Anstalts¬ 
behandlung am Platze, die hauptsächlich' eine physikalische 
Allgemeinbehandlung sein muß: Hydrotherapeutische Ma߬ 
nahmen, Wärmebestrahlungen des Abdomens, jeden Abend 
ein heißes Sitzbad, bei Fluor täglich heiße Scheidenspülungen 
mit Zusatz von Holzessig, Alsol etc., neben roborierender Diät 
viel Aufenthalt in freier Luft. Bei chronischer Obstipation 
neben Diätvorschriften Vibrationsmassage des Abdomens und 
morgens ein Glas Mergentheimer Wasser. Bei der sehr häufig 
als Nebenbefund vorhandenen chronischen Entzündung und 
Verkürzung der Ligamenta säcro-uterina gibt die digitale 
Dehnung von der Scheide oder vpm Mastdarm aus oft auffallend 
gute Erfolge. Es fragt sich schließlich, ob man bei Frauen, 
bei denen man gleichzeitig Veränderungen der Genitalien und 
des Gesamtnervensystems findet, operativ Vorgehen darf. 
Gerade bei Neurastheuisch-Hysterischen ist oft eine Operation 
(z. B. Alexander-Adams bei Retroflexio) von gutem augenblick¬ 
lichen Erfolg. Dieser Erfolg ist aber meist nicht von langer 
Dauer, es treten bald wieder neue nervöse Symptome auf. Nach 
Verfasser soll man daher bei neurasthenisch-hysterischen 
Frauen gynäkologische Eingriffe, die nur im Interesse der 
nervösen Beschwerden unternommen werden, am besten unter¬ 
lassen. 

Dr. Grube. Frauenarzt in Hamburg: Ueber Mechanik des Aus¬ 
trittes des kindlichen Schädels und Dammschutz. (Münch, 
med. Wochenschr., 1910, No. 41.) 

Verfasser empfiehlt folgendes Vorgehen beim Damm¬ 
schutz: Derselbe hat in Rückenlage der Kreißenden stattzu¬ 
finden. wobei durch geeignete Maßnahmen die Kreißende zu 
verhindern ist. sich den Händen des Dammstützers zu ent¬ 
ziehen. Es w'ird nun der Kopf des Kindes durch Manipulieren 
mit beiden Händen in stärkste Flexion gebracht und verhindert, 
sich unter der Symphyse auzustemmen; der Durchmesser 


RUNDSCHAU 1910. 735 


zwischen Nacken und Stirn wird zum Durchschneiden gebracht. 
Dies wird erreicht 1. durch Fixieren des Vorderhauptes durch 
die rechte, mit abgespreiztem Daumen auf den Damm resp. 
das Vorderhaupt fest aufgedrückte Hand unter gleichzeitigem 
Anheben desselben, 2. durch Eingehen des linken Zeigefingers 
resp. des linken Zeige- und Mittelfingers in den Symphysen¬ 
winkel und Hervorheben des Hinterkopfes soweit, bis der 
Nacken in den Symphysenw'inkel tritt. Das Fixieren der 
Kranken in Rückenlage wird erreicht 1. durch Festhalten der 
Kreißenden an den Schultern durch eine andere Person und 
durch Unterschiebung eines schmalen Kissens unter den Steiß 
bis nahe an das Foramen ani bei aufgestützten Füßen oder 
noch sicherer durch Hinaufschlagen der Oberschenkel bis an 
den Bauch. Verfasser bedeckt dabei die rechte, den Damm 
umgreifende Hand mit einem groben baumwollenen, aus¬ 
gekochten Waschhandschuh, der vor dem Gebrauch in Sublimat 
liegt. Der Handschuh ist derartig gearbeitet, daß nur der 
Daumen für sich ist, während die übrigen vier Finger zu¬ 
sammenliegen. Verfasser hat die Methode bis jetzt bei 52 Erst¬ 
gebärenden angewendet und nur vier kleine Dammrisse ersten 
Grades dabei erlebt. 


Prof. Dr. Beneke (Marburg): lieber Tentoriumzerreißungen bei 
der Geburt, sowie die Bedeutung der Duraspannmig für 
chronische Gehirnerkrankungen. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 41.) 

Nach den Beobachtungen und Leichenversuchen des Ver¬ 
fassers sind die Spannungsverhältnisse der Dura mater für 
akute w'ie chronische Zustände des Kindeskopfes mit offenen 
Nähten von größter Bedeutung. Jähe seitliche Kompressionen 
bei der Geburt erzeugen sehr häufig Tentoriumzerreißungen 
und hierdurch eventuell den sofortigen Tod. protrahierte 
Asphyxie oder sonstige schwöre oder leichtere Hirnsymptome; 
chronische Ueberspannungen durch habituelle Seitenlagerung 
veranlassen sehr wahrscheinlich Zirkulationshemmungen in 
den Längssinus mit ihren Folgeerscheinungen, nämlich dem 
Hydrocephalus internus und der Hirnhypertrophie, beides 
wieder die Grundlagen vielgestaltiger krankhafter Erschei¬ 
nungen in den Funktionsäußerungen des Gehirns. R. L. 


Prof. Dr. Stengel- (Königsberg): Ueber die Behandlung der 
akuten und subakuten Erkrankungen des Mittelohrs. (Medi¬ 
zinische Klinik, 1910, No. 34.) 

Bei der Entstehung der akuten Entzündungen des Mittel¬ 
ohres spielt die Beschaffenheit der Nase und des Nasenrachen¬ 
raumes die Hauptrolle. Fast ausnahmslos ist hier der Ursprung 
der Erkrankung zu suchen. Der Wegeleiter wird durch die 
Tuba Eustachii gebildet. Es hat deshalb auch in der Therapie 
und Prophylaxe der akuten Mittelohrerkrankungen die Unter¬ 
suchung und Behandlung der Nase und des Nasenrachenraumes 
eine außerordentliche Bedeutung gewonnen. Die Kenntnis und 
Beachtung dieses ursächlichen Zusammenhanges gibt uns nicht 
allein wertvolle Aufschlüsse über die vorzunehmenden thera¬ 
peutischen Maßnahmen, sondern fast noch wichtiger ist es. nach 
überstandenen Ohrerkrankungen die oft sicher zu erwartenden 
Rezidive durch eine Nasenbehandlung zu verhüten. Zu Ohren¬ 
erkrankungen disponieren zunächst alle die Veränderungen in 
der Nase und im Nasenrachenraum, welche die physiologischen 
Aufgaben der Nase und dadurch ein normales Funktionieren 
der Tube verhindern. Hierzu gehören Verlegungen der Nasen¬ 
gänge durch Septumdeviation, polvnöse Veränderungen der 
Nasenmuscheln, insbesondere der hinteren Enden. Verlegungen 
des Nasenrachenraumes durch krankhafte Veränderungen der 
Rachenmandel oder Geschwülste des Nasenrachenraumes. 
Kommt nun noch hinzu, daß bei derartigen Veränderungen im 
Nasenrachenraum eine stärkere Absonderung von Schleim statt¬ 
findet. dev wiederum leicht durch Pressen. Schneuzen usw r . Ein¬ 
gang in die Tuben findet, so ist die weitere Ursache von Mittel¬ 
ohrerkrankungen gegeben. Es hängt nun ganz von der Be¬ 
schaffenheit dieses in die Paukenhöhle eindringenden Sekrets 
ab. in welcher Art die wmitere Ohrerkrankung sich entwickelt. 
Wir haben somit die Erklärung w'eshalb so leicht bei unseren 
Infektionskrankheiten und akuten fieberhaften Erkrankungen 
so schwere Mittelohrentzündungen entstehen. Man unter¬ 
scheidet erstens solche Entzündungsarten die mehr auf krank¬ 
haften Bau der Nase und des Nasenrachenraumes zurückzu¬ 
führen sind, und bezeichnet diese Form allgemein als die 
katarrhalischen Erkrankungen des Mittelohres. Zweitens solche, 
die auf Einschleppung infektiösen, bakteriell-virulenten Ma¬ 
terials vom Nasenrachenraum aus beruhen. Diese Erkrankungs¬ 
formen sind auf Grund ihrer Aetiologie mehr eitrig-entzünd¬ 
licher Natur, man bezeichnet sie als die eitrigen Mittelohr¬ 
entzündungen. Der akute Mittelohrkatarrh ist durch seine am 
allgemeinen nicht stürmischen Reaktionserscheinungen charak¬ 
terisiert. Unter mehr oder weniger heftigen subjektiven Be¬ 
schwerden. oft auch ganz unbemerkt, entwickelt sich Gefühl von 
Vollsein, Verstopftheit und Druck im Ohr, bei Kindern als „Ohr- 



736 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 49. 


zwang“ angespi-ochen. Dazu treten Hörstörungen, Abnahme der 
Hörfähigkeit, subjektive Gehörempfindungen, Gefühl eines 
Fremdkörpers im Ohr, eigentümliche Veränderung der eigenen 
Stimme (Autophonie). Geht man der Ursache dieser Symptome 
nach, so findet man, daß sie sich angeschlossen haben an akute 
Erkältungskrankheiten, Schnupfen, Influenza, akuten Katarrh 
der Luftwege, allgemeine Konstitutionskrankheiten. Fast in 
jedem Falle läßt sich nachweisen, daß die Entstehung begünstigt 
ist’ durch abnorme Veränderungen der Nase und des Nasen¬ 
rachenraumes. Hier spielen Verengerungen der Nasengänge 
durch Abnormitäten der Nasenscheidewand, Muschelschwellun¬ 
gen die Hauptrolle. Die Beschaffenheit des Nasenrachenraumes 
und der Tubenöffnung, der Nachweis adenoider Wucherungen 
ist von höchster Bedeutung. Der objektive Befund bei der Ohr¬ 
untersuchung zeigt meist keine charakteristische Beschaffenheit 
des Trommelfelles. Oft sieht man außer einer leichten Gefä߬ 
injektion am Hammergriff entlang, verbunden mit geringer radi¬ 
ärer Injektion, nichts Abnormes. Ist nur eine geringe Exsudat¬ 
ansammlung vorhanden, dann nimmt das Trommelfell einen 
gleichmäßigen gelblich-rötlichen Farbenton mit deutlich auf¬ 
fallendem diffusen Glanz der ganzen Membrau an. Nicht selten 
zeigt sich Exsudatansammlung im unteren Teil der Paukenhöhle 
dadurch an. daß dieser Abschnitt dunkler erscheint und sich in 
Form und Exsudatlinie gegen den oberen Trommelfellabschnitt 
abhebt. Bei der Beweglichkeit des Exsudats verändert sich 
diese Exsudatlinie bei Kopfbewegungen, ebenso bei Luft¬ 
einblasungen von der Tube her. Bei den intensiveren Formen 
des akuten Katarrhs ergibt die otoskopische Untersuchung 
häufig ein Trommelfellbild, welches dem der beginnenden 
akuten eitrigen Entzündung sehr ähnlich ist. Es besteht gleich¬ 
mäßige Rötung des ganzen Trommelfells, die Oberfläche ist 
mattglänzend, zeigt partielle blasenartige Vorwölbungen mit 
Ekchymosen, der Hammergriff ist verwachsen, der kurze Fort¬ 
satz nur undeutlich sichtbar. Die katarrhalischen Mittelohr¬ 
entzündungen sind bei geeigneter und rechtzeitiger Behandlung 
weder für die Funktion gefährlich noch auch führen sie zu 
lebensgefährlichen Schädigungen. Unbehandelt gehen sie in 
die Form des sogenannten trockenen Mittelohrkatarrhs über, 
der das Hauptkontingent der Schwerhörigen bildet, oder aber 
es bildet sich unmittelbar aus einer katarrhalischen eine eitrige 
Mittelohrentzündung aus. Die Behandlung des akuten Mittel¬ 
ohrkatarrhs muß zunächst die Beseitigung der ursächlichen 
Schädigungen erstreben. Dadurch gewinnt die Untersuchung 
und Behandlung der Nase und des Nasenrachenraumes so her¬ 
vorragende Bedeutung in der Behandlung und Verhütung dieser 
Krankheitsform. Die örtliche Ohrbehandlung besteht in Luft¬ 
durchblasungen von der Tube her. Erst bei Sekretansammlung 
im Mittelohr muß zur mechanischen Entfernung desselben die 
Eröffnung des Trommelfells mittels der Parazentese vorge¬ 
nommen werden. Ebenso wird dieser Eingriff häufig frühzeitig 
notwendig bei den intensiv auftretenden Formen dieser Erkran¬ 
kung; die örtliche Behandlung wird durch feuchte Umschläge 
und Schwitzen unterstützt. 

Die akute eitrige Mittelohrentzündung entspricht der 
phlegmonösen Zellgewebsentzündung insofern, als bakteriell 
virulente Krankheitskeime in das Mittelohr gelangt sind und zu 
einer kleinzelligen Infiltration auch der tieferen Schleimhaut¬ 
schichten führen. Die entzündete Schleimhaut ist geschwollen, 
aufgelockert und gerötet. Die Entzündung breitet sich in der 
Gesamtschleimhaut des Mittelohres und der Adnexe aus und 
greift sehr schnell auf das Trommelfell selbst über. Das Trom¬ 
melfell zeigt lebhafte Entzündungserscheinungen. Gleichzeitig 
wird die Paukenhöhle mehr und mehr verlegt, infolge der 
starken Verschwellung der entzündeten Schleimhaut und des 
zunehmenden serösen Exsudats. Je mehr dieses Exsudat an 
Menge zunimmt, desto mehr wird das Trommelfell vorgewölbt, 
bis an einer Stelle die Spontanperforation erfolgt und das 
Exsudat sich in den äußeren Gehörgang entleert. Wird keine 
sachgemäße Behandlung eingeleitet, so nimmt die akute Mittel¬ 
ohrentzündung selten einen gutartigen Verlauf. Im günstigen 
Falle tritt die spontane Perforation des Trommelfells ein. Bei 
der Behandlung der akuten Mittelohrentzündung, die einen 
lokalen phlegmonösen Prozeß darstellt, haben die allgemein 
gültigen chirurgischen Maßnahmen volle Berechtigung. Ebenso 
wie eine begimiende Phlegmone durch feuchte Umschläge usw. 
zur Rückbildung gebracht werden kann, ist das auch bei einer 
Mittelohrentzündung der Fall. Im Vordergrund der Behand¬ 
lung steht die Parazentese des Trommelfells; die Entleerung 
des Exsudats nach außen, um ein Weiterschreiten nach innen 
rechtzeitig zu verhüten. Die Parazentese ist im allgemeinen aut 
Grund folgender Symptome indiziert: 1. bei starker entzünd¬ 
licher Vorwölbung des Trommelfells; 2. bei starker Herab¬ 
setzung der Hörfähigkeit; 3. bei Schwindel; 4. bei lebhaftem 
Schmerz in der Ohr- und Kopfgegend mit besonderer Berück¬ 
sichtigung des Warzenfortsatzes; 5. bei Fieber; 6. bei allgemei¬ 
nen schweren Krankheitserscheinungen. 

Normalerweise lassen bei Ausführung der Trommelfell¬ 
eröffnung die subjektiven Beschwerden und die Fieberbewegun¬ 
gen allmählich nach. K r. 


Prof. Dr. Gustav Spiess (Frankfurt a. M.): Ein Fall hochgradiger 
Dyspnoe infolge eines Polypen im rechten Bronchus. (Münch, 
med. Wochenschr., 1910, No. 40.) 

Verfasser berichtet über einen Fall, welcher wieder die 
große klinische Bedeutung der Bronchoskopie beweist. Eine 
47 jährige Frau, die schon mehrere Jahre an bronchitischen Be¬ 
schwerden gelitten hatte, erkrankte an immer stärker werden¬ 
den dyspnoischeri Zuständen. Der physikalische Befund deutete 
auf eine tiefsitzende Trachealstenose mit Kompression des 
rechten Bronchus. Als Ursache vermutete Verfasser einen 
Tumor, eventuell eine tiefsitzende Struma. Zunächst wurde 
bei der Patientin die Tracheotomie gemacht; diese allein brachte 
noch keine Linderung, diese erfolgte erst nach Einführung einer 
langen König sehen Kanüle über die Bifurkation hinaus in 
den linken Bronchus. Da der Zustand der Patientin in den 
nächsten Wochen sich nicht besserte, wurde von der Tracheal- 
wunde aus die bronchoskopische Untersuchung vorgenommen. 
Man sah die Bifurkation von einem graurötlichen etwas höcke¬ 
rigen Tumor überlagert. Der Schleimhautüberzug war ohne 
Ulceration; der rechte Bronchus war vollkommen verstopft, 
während das Lumen des linken Bronchus zur Hälfte frei war. 
Der Tumor war von derber Konsistenz und ließ sich mit der 
Sonde etwas hin und her bewegen. In einer zweiten Sitzung 
nach zwei Tagen gelang es, mit einer scharfen Zange den 
Tumor zu fassen und abzureißen; die Ansatzstelle befand sich 
direkt neben der Bifurkation im rechten Bronchus; der Tumor 
hatte das Aussehen eines fibrösen Polypen, war etwa 4 cm 
lang und 1—1% cm dick, gestielt. Die Blutung war minimal. 
Nach der Entfernung des Tumors machte die Besserung nur 
langsame Fortschritte. Die Atemnot ist zwar im wesentlichen 
gehoben, doch ist der Perkussionsschall über der rechten Lunge 
noch nicht vollständig aufgehellt, auch bestehen noch Rassel¬ 
geräusche. Im Röntgenbilde sieht man einen Schatten in dem 
betreffenden Bezirk, der als partielle Atelektase zu deuten ist. 
Die histologische Diagnose ergab, daß der Tumor einen ödema- 
tösen Polyp mit versprengten Knorpelkeimen kombiniert mit 
einem lappigen Ekchondrom darstellte. Nach Verfasser ist dies 
der erste Fall eines in vivo diagnostizierten und operierten 
Bronchialpolypen. 

Dr. Gottfried Roth (Reichenhall): Ueber die Daueranästhesie 
des Kehlkopfs bei Tuberkulose durch Alkoholinfiltration 
des N. laryngeus sup. (Münch, med. Wochenschr., 1910, 
No. 42.) 

Vor einigen Jahren empfahl Hoff mann (München) die 
Daueranästhesie des tuberkulösen Kehlkopfs durch Alkohol¬ 
injektionen in den Ramus int. des Nervus laryngeus sup. Verf. 
hatte Gelegenheit, in Erlangen und Wien das Verfahren an 
einer Reihe von an Kehlkopftuberkulose leidenden Kranken 
(23 Männern, 10 Frauen) nachzuprüfen. Das Verfahren ist 
indiziert in allen den Fällen, wo die Schmerzen so stark sind, 
daß sie durch die üblichen örtlichen Anästhetica (Kokain, 
Anästhesin, Orthoform etc.) nicht gelindert werden und durch 
die starken Schluckbeschwerden die Nahrungsaufnahme er¬ 
schwert wird. Fieber bildet keine Kontraindikation gegen die 
Alkoholinjektion, auch nicht vorgeschrittene Kachexie. Was 
die Technik anlangt, so benutzte Verfasser die Schlösse r - 
sche Alkoholspritze mit der von Hoffmann mit einer Marke 
versehenen Nadel (aus der Fabrik von Katsch in München); 
bei der Injektion befanden sich die Kranken immer in Längs¬ 
lage; zur Spannung der Weichteile des Halses war ihnen unter 
den Nacken ein Polsterkissen geschoben. Der typische Druck¬ 
punkt war stets leicht auffindbar zwischen Zungenbein und 
Schildknorpelplatte, da wo der Ramus inferior des N. laryngeus 
sup. die Membrana hyo-thyreoidea durchbohrt. Die Einstich¬ 
stelle wird mit Alkohol und Aether oder mit Alkohol und 
Sublimat gereinigt. Dann drückt man sich den Kehlkopf mit 
dem Daumen nach der Seite des Druckpunktes, setzt den Zeige¬ 
finger auf den Druckpunkt auf und sticht hier die Nadel 114 cm 
tief in die Haut ein. Nun wendet man die Nadel nach außen 
und oben. Gibt der Patient an, heftigere nach dem Ohr aus¬ 
strahlende Schmerzen zu empfinden, so hat man den Nerven 
mit der Nadel getroffen. Manchmal erfolgt dann auch ein 
leichter Hustenstoß. Meist genügt 1 ccm Alkohol zur Anästhe¬ 
sierung des Kehlkopfs, ausnahmsweise braucht man 114 bis 
2 ccm. Gewöhnlich wurde die Alkoholinjektion nur auf einer 
Seite vorgenommen; in zwei Fällen wurde diese auf beiden 
Seiten direkt nacheinander gemacht und gut vertragen. Wesent¬ 
liche Störungen kamen nach der Injektion nicht vor, nur ein 
Patient, der sich im Endstadium der Tuberkulose befand, 
wurde während der Injektion von einer schweren Ohnmacht be¬ 
fallen. Nach der Injektion genügt eine Bedeckung der Injek- 
tionsstelle mit steriler Gaze und Heftpflasterstreifen, ln allen 
Fällen mit Ausnahme eines einzigen wurden die Schmerzen 
nach der Injektion vermindert, meist trat die günstige Wirkung 
ein oder zwei Tage nach der Injektion ein. Durchschnittlich 
hielt der Erfolg der Alkoholinjektion sieben Tage hindurch an; 
läßt die Wirkung nach, so muß die Injektion wiederholt werden. 
Verfasser hat bei einem Kranken die Injektion ohne nachteilige 
Wirkung fünfmal wiederholt. R. L. 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


787 


No. 40. 


Prof. Dr. Edmund Meyer (Berlin): Eisensajodin in seiner 
rhino-Iaryngologischen Verwendung. (Berlin, klin. Wochen¬ 
schrift, 1910, No. 42.) 

Verfasser setzt vor allem den außerordentlich großen Vor¬ 
teil dieses Präparates gegenüber den Pharmakopoe-Produkten 
auseinander, indem das Eisensajodin vollkommen geschmackfrei 
ist, sich nicht zersetzt und, da in Schokoladentabletten in den j 
Handel gebracht, von den Kindern sehr gern genommen wird. 
Außerdem ist es frei von allen Nebenwirkungen mit Bezug auf 
die Schleimhäute, es wird außerordentlich gut von den Patien¬ 
ten vertragen, man gibt es am besten im Anschluß an die Mahl¬ 
zeiten. Die ersten Versuche des Verfassers beziehen sich auf 
Kinder mit lymphatischer Konstitution, die wegen der be¬ 
stehenden Veränderungen am lymphatischen Rachenring be¬ 
sonders häufig Spezialistenbehandlung aufsuchen, dann auf 
Patienten, die die häufig auftretende Laryngitis nodosa zum 
Laryngologen führt. Dosis: etwa dreimal täglich eine Tablette 
bis 2X2 Tabletten. Irgendwelche Störungen machten sich 
bei dieser Medikation nicht bemerkbar, im Gegenteil, die kleinen 
Patienten nehmen das Eisensajodin wegen der Schokoladeu- 
tablettenform nicht nur ohne Widerstreben, sondern s i e 
fordern sie selbst. Unter dem Gebrauch konnte Ver¬ 
fasser regelmäßig alsbald eine Hebung des Appetites konsta¬ 
tieren. Kinder, die bis dahin schlechte Esser waren, nahmen 
die Nahrung lieber und in größeren Mengen; dementsprechend 
war meist schon nach kürzerer Zeit eine Gewichtszunahme und 
Besserung der Gesichtsfarbe zu beobachten. Die Lymphdrüsen- 
schwellungen bildeten sich zurück. Auch nach wochenlangem 
fortgesetzten Gebrauch traten keine Nebenwirkungen auf. Ins¬ 
besondere wurde das Eisensajodin bei sehr schwächlichen 
Kindern vom Magen und Darm sehr gut vertragen. Eine größere 
Zahl von Versuchen stellte Verfasser bei chronischen Bronchi¬ 
tiden an; hier mußte die Dosis etwas erhöht werden: vier bis 
sechs Tabletten pro Tag. Durchgängig war der Einfluß auf 
die Sekretion ein günstiger, das zähe, spärliche Sekret wurde 
reichlicher, seine Entfernung weniger quälend; gleichzeitig 
war eine Abnahme der katarrhalischen, auskultatorisch nach¬ 
weisbaren Geräusche zu bemerken. In drei schweren Fällen 
von Asthma, die bereits vorher mit verschiedenen. Jodpräpa¬ 
raten behandelt waren, trat eine auffallende Einwirkung des 
Mittels zutage. Dabei überrascht es. daß das. Eisensajodin 
dort besser vertragen wird, wo die Wirkung des einfachen 
Sajodins im Stich läßt. Eine Erklärung hierfür vermag Ver¬ 
fasser nicht zu geben, die Tatsache besteht jedoch zu Recht und 
trat in auffallender Weise in die Erscheinung. Endlich hat 
Verfasser das Mittel noch mit sehr günstigen Erfolgen bei 
Arteriosklerose, bei Aneurysma im Pharynx und bei trockenen 
Katarrhen der oberen Luftwege verwendet. Die in neuerer Zeit 
seitens der Schweizer-Apotheke, Berlin W. 8, als ,-Eisensajodin- 
Emulsion“ in den Handel gebrachten Lösungen des Eisensajo- 
dins in Oel sind ein zweckentsprechender Ersatz der Scotts 
Emulsion. Sie kommen ganz vorzüglich bei den kleinen 
Patienten in Betracht, bei denen es sich noch um die Zufuhr 
hoher Kalorienwerte durch das Oel handelt. —r. 

Dr. Paul Cohn: Eisensajodin in der Augenheilkunde. Aus der 
..Kinderaugenheilanstalt“, Berlin. (Med. Klinik, 1910, 
No. 42.) 

Es ist erstaunlich, daß unser Arzneischatz kein angenehm 
schmeckendes Jodeisenpräparat unter den offizineilen besitzt, 
denn die vorhandenen zeichnen sich durch einen nicht nur un¬ 
angenehmen Geschmack aus, sondern auch durch Inkonstanz, 
so daß sie oft genug infolge Freiwerdens von Jod Reizungen 
der Schleimhäute hervorrufen. Deshalb ist es zu begrüßen', 
daß in dem Eisensajodin ein geschmackfreier Körper gefunden 
wurde, der noch den Vorzug besitzt, mit Schokolade kompri¬ 
miert zu sein und in Form der Tabletten in den Handel zu 
gelangen, von denen eine jede 0.5 des Produktes enthält. Ver¬ 
fasser hat in seinem Privat-Institut, der Kinder-Augeuheil- 
anstalt in Berlin, das Eisensajodin in ausführlichster Weise ge¬ 
prüft. Dabei handelte es sich um ganz besonders elende und 
in ihrem Ernährungszustand ganz heruntergekommene Kinder, 
die in sehr vernachlässigtem Zustande seiner Kinderklinik 
überwiesen wurden. Wenn bei solchen Patienten ein Präparat 
sich als nützlich erweist, so kann auch a priori ein noch besse¬ 
rer Erfolg bei der Privatklientel erwartet werden! Die 
15 augenkranken Kinder boten das typische Bild der Skrofu¬ 
löse. Drüsenschwellungen, ausgedehnte Ekzeme an den Lidern, 
im Gesicht, hinter den Ohren, auf dem Kopfe, die typischen 
Erkrankungen der Bindehaut Iris zu den schwersten eitrig- 
ulcerösen Erkrankungen der Hornhaut. Der klinische Aufent¬ 
halt der Kinder schwankte zwischen 2 und 17 Wochen, ihr 
Alter zwischen 3 und 13 Jahren. Die Dosis des Medika¬ 
mentes beträgt je nach dem Alter der Kinder zwei bis drei 
Tabletten täglich, stets im Anschluß an die Mahlzeiten. Jeg¬ 
liche anderweitige innerliche medikamen¬ 
töse Therapie fiel fort. Alle Kinder, ohne Ausnahme, 
nahmen die Tabletten mit großem Vergnügen. In keinem 
Fall traten Magen- oder Darmstörungen ein, niemals üble 


Nebenwirkungen des Jodes, dagegen ein deutlicher, günstiger 
Einfluß auf das Allgemeinbefinden, der Appetit nahm stets in 
erfreulicher Weise zu, das Aussehen der Kinder besserte sich 
zusehends, die Wangen röteten und füllten sich, die Ekzeme 
heilten in manchmal überraschend schneller Weise ab. Auch 
bei den eigentlichen Augenaffektionen war, von einzelnen, be¬ 
sonders hartnäckigen Fällen abgesehen, stets eine schnelle 
Besserung und Heilung zu verzeichnen. Die Gewichtszunahmen 
sind ganz beträchtliche und werden in einer Tabelle angegeben. 
Ein Fall mit einem hereditär-luetischen Augenleiden verlief 
ganz besonders leicht und schnell. Verfasser erwähnt be¬ 
sonders die Spezialitäten der Schweizer-Apotheke in Berlin 
W. 8, die Lösungen des Eisensajodins in Lebertran und eine 
Eisensajodin-Emulsion, letztere als Ersatz von Scotts Emul¬ 
sion, in den Handel bringt, die dadurch ausgezeichnet sind, daß 
die betr. Lösungen keinen Geschmack aufweisen, da Eisen¬ 
sajodin an und für sich geschmackfrei ist. G. 

Dr. J. Igersheimer (Halle a. S.): Die ätiologische Bedeutung 

der Syphilis und Tuberkulose bei Erkrankungen des Auges. 

(v. Graefes Archiv für Ophthalmologie, Bd. 76, H. 2.) 

In dieser umfangreichen Arbeit bespricht Verfasser die 
ätiologische Bedeutung der Syphilis und Tuberkulose für die 
wichtigsten Erkrankungen des Auges, teils auf Grund der 
Literatur, hauptsächlich aber unter Zugrundelegung eigener, 
in den Universitätsaugenkliniken zu Heidelberg und Halle a. S. 
angestellten Untersuchungen. Von den modernen diagnosti¬ 
schen Hilfsmitteln der W a s s e r m a nn sehen Reaktion für 
die Syphilis, der Tuberkulineinspritzung bei der Tuberkulose, 
wurde dabei in weitgehendem Umfang Gebrauch gemacht. Die 
wesentlichsten Ergebnisse des Verfassers sind folgende: I. ln 
bezug auf die Syphilis. Eine stark positive Wasser¬ 
mann-Reaktion (komplette Hemmung der Hämolyse) zeigt 
an, daß noch ein florider syphilitischer Prozeß im Körper be¬ 
steht. Inkomplette Hemmung findet man häufig bei klinisch 
abgelaufenen, luetischen Prozessen. Negative W.-R. sagt zwar 
nichts darüber aus, ob nicht früher syphilitische Infektion statt¬ 
gefunden hat, spricht aber durchaus gegen den luetischen Cha¬ 
rakter einer frischen, entzündlichen Affektion am 
Auge oder sonstwo am Körper. Gummöse Prozesse gehen 
öfters mit negativer W.-R. einher. Auf dem Gebiet der here¬ 
ditären Lues ergab sich: Bei hereditär-luetischen selbst 
älteren Individuen (besonders solchen, die an Keratitis 
parenchymatosa leiden oder gelitten haben) findet sich sehr 
oft ein stark positiver Ausfall der W.-R. Die besondere 
Schwere der Affektion äußert sich 1. darin, daß im Unterschied 
zur akquirierten Lues die W.-R. bei hereditärer Lues selbst 
nach ausgedehnten Hg-Kuren nicht erlischt. 2. darin, daß noch 
im fünften Lebensjahrzehnt bei Hereditär-Luetischen schwach 
positive W.-R. nachgewiesen werden konnte. Die Mütter here¬ 
ditär-luetischer Kinder im Spätstadium zeigen größtenteils posi¬ 
tive W.-R. (Dies spricht gegen das C 0 11 e s schp Gesetz.) 
Bei Untersuchungen von Nachkommen luetischer Eltern er¬ 
gaben die klinisch normalen älteren Kinder meist negative 
W.-R. Soweit sie bei klinischer Latenz positive Reaktion auf¬ 
weisen, laufen sie große Gefahr, mit der Zeit eine, manifeste, 
luetische Erkrankung durchzumachen. Hereditär-luetische 
Gravidae können in seltenen Fällen Infektionsquellen für ihre 
Kinder werden. — Bei Erkrankung der Lider und der Binde¬ 
haut sichert der Nachweis der Lueserreger oft in einfacher 
Weise die Diagnose. Die Tarsitis luetica ist in manchen Fällen 
als papulöses (nicht gummöses) Infiltrat aufzufassen. Der fast 
stets positive Ausfall der W.-R. auch dann, wenn weder Anam¬ 
nese noch Befund für Lues sprechen, zeigt in unzweideutiger 
Weise, daß es sich bei den an Keratitis parenchyma¬ 
tosa leidenden Patienten nahezu immer um luetische Indi¬ 
viduen handelt. Bei 91 eigenen Fällen des Verfassers war nur 
zweimal Lues nicht mit Sicherheit nachzuweisen. Die Lues 
kommt also nahezu allein als ätiologischer Faktor bei der 
primären parenchymatösen Hornhautentzündung in Betracht. 
Es scheint, daß das Entstehen der Keratitis parenchymatosa an 
die Anwesenheit der Lueserreger in der Cornea gebunden ist. 
— Bei den Erkrankungen der Iris und des Ciliar körpers 
kommt bei Erwachsenen nach dem eigenen Material des 
Verfassers nur in 11.6 pCt. der Fälle Lues ätiologisch in Frage, 
während sie bei Kindern anscheinend der wichtigste ätiolo¬ 
gische Faktor ist. Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft 
kann man eine Iritis als luetisch ansehen 1. bei Anwesenheit 
luetischer Frühsymptome am Körper, 2. wenn sie als Rezidiv 
auftritt mit positiver W.-R., 3. wenn eine gummöse Form bei 
positiver W.-R. vorliegt. Dagegen ist eine frische Iritis bezw. 
Iritocyklitis im allgemeinen nicht als luetisch anzusprechen 
bei Abwesenheit sonstiger sekundär-luetischer Erscheinungen 
und bei negativer W.-R., selbst wenn eine frühere syphilitische 
Infektion zugestanden wird, vorausgesetzt, daß nicht anti¬ 
syphilitische Kuren kurz vorausgegangen sind. — Choriore¬ 
tinitis che Prozesse beruhen nach des Verfassers Be¬ 
obachtungen in mindestens 85 pCt. der Fälle 11 i c h t auf Lues, 
bei Kindern dagegen bei mindestens 60 pCt. auf Syphilis. Der 





738 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 49. 


nicht selteh negative Ausfall der W.-R. bei leichteren Fällen 
von Chorioiditis anterior bei sicher hereditär-luetischen älteren 
Kindern zeigt wahrscheinlich an. daß diese chorioretinitischen 
Prozesse meist in der frühesten Kindheit spielen und die Lues 
dann abheilt. Bei der Retinitis albuminurica, 
diabetica, haemorrhagica und pigmentosa 
kommt die Lues als ätiologischer Faktor kaum in Frage; der 
Embolie der Zentralarterie liegen dagegen öfters luetische Ge¬ 
fäßerkrankungen zugrunde. In 25 pCt. der von Verfasser be¬ 
obachteten Fälle von Erkrankungen des Opticus lag Lues vor. 
Vereinzelt handelt es sich wohl uin isölierte syphilitische Affek¬ 
tion des Sehnerven, meist um fortgeleitete Prozesse. Bei den 
von Verfasser beobachteten Augenmuskellähmungen, die als 
tabisch anzusprechen waren, konnte bei 70 pCt. Lues nach¬ 
gewiesen werden, bei den übrigen in 57,4 pCt. II. Ergeb- 
nisseinbezugaufTuberkulose. Eine Augenaffektion 
wird bei einem tuberkulösen Menschen im allgemeinen dann mit 
Recht selbst als tuberkulös angesehen, wenn auf subkutane In¬ 
jektion von Alt-Tub. eine Lokalreaktion am Auge erfolgt. Aber 
auch wenn diese lokale Reaktion nicht eintriti, gelingt es mit 
annähernder Sicherheit, die Diagnose auf Augentuberkulose 
zu stellen, wenn man im einzelnen Falle alle für Tuberkulose 
in Betracht kommenden Faktoren gegeneinander abwägt 
(Anamnese, Allgemein- und Lokalbefund, diagnostische Tuber¬ 
kulininjektionen, Besserungen bezw. Veränderungen am Auge 
schon nach einer oder wenigen Injektionen, Erfolg einer Tuber¬ 
kulinkur usw.). Bei Allgemeinreaktion erst nach 5 mg Alt¬ 
tuberkulin stellte sich die Augenaffektion meist als nicht oder 
fraglich tuberkulös heraus, während das Umgekehrte der Fall 
war, wenn schon Bruchteile von 1 mg allgemeine Reaktion aus¬ 
lösten. Der Prozeß am Auge war besonders dann meist tuber¬ 
kulös, wenn schon auf kleine Mengen Reaktion eintrat. Anam¬ 
nese und körperlicher Befund aber nichts für Tuberkulose er¬ 
gaben. Subconjunctivale Tuberkulinreaktionen scheinen im 
allgemeinen einen bestehenden tuberkulösen Augenprozeß un¬ 
günstig zu beeinflussen. Im speziellen konnte bei 34 tuber¬ 
kulösen Patienten eine Erkrankung der ganzen Uvea bezw. 
eines Teiles derselben in 52.3 pCt. der Fälle als tuberkulös be¬ 
zeichnet werden, während die diagnostische Tuberkulinreaktion 
bei 50 Beobachtungen in 88 pCt. positiv ausgefallen war. 
Skleritische und episkleritische Affektionen scheinen sehr oft 
tuberkulöser Natur zu sein. Gelenkrheumatismus und Tuber¬ 
kulose schließen sich als ätiologische Momente bei skle- 
ritischen Prozessen nicht aus, da ein typischer Gelenk¬ 
rheumatismus auf Tuberkulose beruhen kann. Die An¬ 
schauung, daß bei der primären Keratitis parenchymatosa 
neben der Lues auch die Tuberkulose von ätiologischer Bedeu¬ 
tung ist, ist nach Verfasser zurückzuweisen; eine tuberkulöse 
parenchymatöse Keratitis ist jedenfalls sehr selten, es existiert 
keine einzige sicher beweisende Beobachtung. — Dagegen ist 
die Tuberkulose imstande, das Bild einer akuten retrobulbären 
Neuritis mit zentralem Skotom hervorzurufen. Auch bei Affek¬ 
tionen der Netzhautgefäße und ihren Folgezuständen scheint die 
Tuberkulose hier und da ätiologisch in Betracht zu kommen. 

R. L. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung“.) 

Sitzung vom 9. November 1910. 

Vorsitzender: Herr Orth, 

• (Schluß.) 

Indikationen 

zur künstlichen Unterbrechung der Schwangerschaft. 

Herr Hammerschlag: Auf dem Kongreß der deutschen Ge¬ 
sellschaft für Gynäkologie in Straßburg wurde darüber 
debattiert, wie sich die moderne Geburtshilfe zur Frage der 
künstlichen Unterbrechung der Schwangerschaft stellt. Straf¬ 
rechtslehrer meinten, daß im Gesetz die Fälle festgelegt werden 
sollten, in denen die Schwangerschaft zu unterbrechen sei, die 
Aerzte hingegen sprachen sich gegen ein solches Festlegen im 
Gesetz aus, da es vom Uebel sei; vielmehr sollte es dem Pflicht¬ 
gefühl des Arztes anheimgestellt werden, zu entscheiden, in 
welchem Falle die Unterbrechung berechtigt ist und in welchem 
nicht. Darüber sind sich jedoch alle einig, daß, wenn man sich 
zum Eingriff entschließt, man aufs sorgfältigste die Indikation 
zu demselben feststellen muß, und auch soziale wie äußere 
Gründe als bestimmend für das Verhalten der Aerzte ansehen 
darf. So einfach und sicher indes die Technik des Eingriffs ist, 
so schwierig ist es. die Situationen zu bestimmen, die zu 
ihm berechtigen. Vortragender möchte nur einige Indi¬ 
kationen vortragen, um den gegenwärtigen Standpunkt unserer 
Anschauungen zu schildern und um, unter Weglassung aller 
Indikationen, die ein ausschließliches geburtshilfliches In¬ 
teresse haben (enges Becken, Lageveränderungen des Uterus 
etc.), wertvolle: Anregungen aus dieser Gesellschaft im Verlauf 
einer nachfolgenden Diskussion zu gewinnen. 


1. Hyperemesis gravidarum. Bei den leichten 
Graden derselben, die in den ersten Monaten zu Ende sind und 
die Ernährung nicht beeinträchtigen, ist weiter keine andere 
Therapie nötig als die Beobachtung diätetischer Maßnahmen. 
In denjenigen Fällen, in denen das Nervenreizzentrum sehr 
erregbar ist, kann das Erbrechen einen intensiveren Grad an¬ 
nehmen, dergestalt, daß Patientin an Gewicht abnimmt. an einer 
Unterernährung zu leiden beginnt und seelisch deprimiert wird. 
Hier handelt es sich um eine Reflexhysteroneurose. die an sich 
noch keinen gefährlichen Charakter hat und oft durch Aende- 
rung der Diät (häufige, flüssige Nahrung) und Medikamente 
(Brom oder Aspirin) bekämpft werden kann. Gelingt es nicht, 
auf diese Weise das Leiden zu beseitigen, so empfiehlt sich 
erfahrungsgemäß die Entfernung der Patientin ans dem ge¬ 
wohnten Milieu, die Unterbringung in eine Klinik und zur Unter¬ 
stützung die Anwendung suggestiver Behandlung. Hält das Er¬ 
brechen trotzdem an, dann ist es erforderlich, die nötigen Flüssig¬ 
keit durch Einläufe auszuführen und Nährklystiere per rectum 
zu verabfolgen. Der Erfolg gibt sich durch Gewichtszunahme 
und steigendes Wohlbefinden zu erkennen. Es gibt aber Fälle, 
die auch diesen therapeutischen Maßnahmen unzugänglich sind 
und zu Fiebersteigerungen, Verschlechterung des Gesamtbefin¬ 
dens und zu psychischen Veränderungen, zur Verminderung 
der Harnmenge, Eiweißabscheidung führen. Dann haben wir 
es mit dem Intoxikationsstadium zu tun. welches die ungesäumte 
Vornahme der Unterbrechung der Schwangerschaft erheischt. 
Hier ist jedes Zögern vom Uebel. da sonst der Exitus eintritt. 

Eine zweite Indikation stellt der Herzfehler dar. Die 
erhöhten Anforderungen an die Herzarbeit während der 
Schwangerschaft werden von einem gesunden, oft auch von 
einem kranken Herzen noch gut ertragen, so lange die Kom¬ 
pensation vorhanden ist. Treten Kompensationsstörungen ein, 
dann ist die auch sonst bei Herzfehlern übliche Therapie anzu¬ 
wenden: Körperliche und psychische Ruhe, strenge Diät. Nimmt 
die Dyspnoe, die Arrhythmie, das Oedem zu, so ist die Unter¬ 
brechung der Schwangerschaft indiziert. Dies gilt besonders für 
die ersten Monate der Schwangerschaft, da späterhin die Unter¬ 
brechung einen um so größeren Eingriff darstellt. Sehr störend 
ist das Hinzukommen einer Nephritis. Es läßt sich nicht fest¬ 
stellen. ob es einen bestimmten Herzfehler gibt, der eine be¬ 
sondere Wertigkeit für die Schwangere besitzt; nur so viel kann 
man sagen, daß die myokardische Erkrankung zu den aller¬ 
schwersten Erscheinungen führt. Es ist daher das Verlangen zu 
stellen, daß jede Herzkranke während der Schwangerschaft und 
Entbindung unter ärztlicher Kontrolle stehen soll. 

3. Lungen- und Larynxtuberkulose. Das Zu¬ 
sammentreffen der Lungentuberkulose mit Schwangerschaft ist 
als ein sehr ernstes Ereignis anzusehen. Wenn es auch Fälle 
gibt, in denen eine Kranke mit beginnender Tuberkulose die 
Schwangerschaft gut übersteht, so ist doch ein ungünstiger Ein¬ 
fluß in der Ueberzahl der Fälle zu konstatieren. Dieser wird 
bedingt einmal durch das mechanische Moment des Empor¬ 
drängens der Gebärmutter gegen Ende der Schwangerschaft, 
ferner durch die allgemeinen Schädigungen der Schwanger¬ 
schaft an sich (Glykolvse des Blutes, opsonischer Index); end¬ 
lich ist es besonders die Blutdrucksteigerung während der Ge¬ 
burt- die große Anforderungen an die Atmungsorgane stellt, 
die Lungen schädigt und sie zu Hämoptoe disponiert. Eine be¬ 
sonders unheilvolle Komplikation ist die Larvnxtuberkulose. 
Sie nimmt stets in der Schwangerschaft einen progredienten 
Verlauf. Tn einer Reihe von Fällen gelingt es unter günstigen 
äußeren Verhältnissen durch Sanatoriumbehandlung, die Tuber¬ 
kulose während der Schwangerschaft stationär zu erhalten. Es 
kommt aber doch zur Progredienz, die sich nachweisen läßt 
durch Abnahme des Körpergewichts Temoeratursteigerung, 
Zunahme des Bacillenbefundes und durch positive Tuberkulin» 
und negative Ophthalmoreaktion. Ist die Progredienz festge¬ 
stellt. dann schreite man zur Unterbrechung der Schwanger¬ 
schaft. besonders im 1. und 2. Stadium (Trabann): bei 
Kranken dritten Stadiums ist die Unterbrechung nicht angezeigt, 
hier kommt nur das Leben des Kindes in Betracht. Ferner 
spielt für den Erfolg die Zeit der Schwangerschaft, in der einge- 
schritten wird, eine erhebliche Rolle. Nur in der ersten Hälfte 
der Schwangerschaft kann mit einer gewissen günstigen Aus¬ 
sicht von dem Eingriff Gebrauch gemacht werden. Auch die 
Frage der Sterilisation ist zu erwägen. Die Totalexstirpation, 
die zu diesem Zwecke vorgenommen worden ist stellt einen 
keineswegs gleichgültigen Eingriff dar Dagegen dürfte sich das 
Verfahren Sellheims emufehlen, der beide Fimbrienenden 
in das Lig. latum einnäht. Das Auftreten einer Larvnxtuber¬ 
kulose erfordert unbedingt die Unterbrechung wenn es sich 
nicht schon um einen vorgeschrittenen Fall 3. Grades handelt. 

4. Nierenerkrankungen. Der Uebergang einer 
Schwangerschaftsnephritis in die chronische Nephritis gehört 
zur größten Seltenheit daher kommt man bei de r Schwanger- 
schaftsnenhritis mit Regelung der Diät etc. aus. Treten ernstere 
Störungen des Allgemeinbefindens durch Erbrechen und cere¬ 
brale Erscheinungen auf. dann muß eine energische .Therapie 
angewandt werden: Bäder Einpackungen. Schwitzkuren. 
Kommt es trotzdem zu Retinitis albuminurica, Blutungen in der 





739 


No . 49._ THERAPEUTISCHE 

Retina, Netihautablösungen, so ist die Unterbrechung der 
S'chwnhgerschaft angezeigt, meist in Form der künstlichen Früh¬ 
geburt. Wird eine Frau mit chronischer Nephritis schwanger, 
so kommt es früh zu schweren Störungen, daher ist hier die früh¬ 
zeitige Unterbrechung zu empfehlen. Die akute Nephritis gibt 
selten die Indikation ab für die Unterbrechung. Das Gleiche gilt 
für die Pyelitis und Pyelonephritis. Nur in ganz seltenen Fällen 
ist man gezwungen, bei Versagen der Therapie und Auftreten, 
von Schüttelfrösten und Krämpfen den Eingriff vorzunehmen. 

5. Diabetes mellitus. Das Zusammentreffen der 
Zuckerkrankheit mit Gravidität ist nicht selten und stellt eine 
ernste Kombination dar. Oft gelingt es unter diätetischen Ma߬ 
nahmen die Schwangerschaft zu einem guten Ende zu führen. 
Zeigt der Diabetes Neigung zum Fortschreiten (Auftreten von 
Aceton und Acetessigsäure), dann ist schleunige Unterbrechung 
am Platze. 

6. Chorea. Bei langsam einsetzenden Fällen gelingt es 
meist durch Isolieren der Schwangeren, durch Verordnung von 
Diureticis, Nervinis und Diaphoreticis Heilung zu erzielen. Bei 
akut auftretender Erkrankung, die zu. Muskelkrämpfen und 
Intoxikationssymptomen führt, tritt bei Versagen der allge¬ 
meinen Therapie die Unterbrechung der Schwangerschaft am 
besten in den ersten Monaten in ihr Recht. 

In allen Fällen, in denen die Unterbrechung einer Schwan¬ 
gerschaft in Frage kommt, soll das Consilium des Internen mit 
einem Gynäkologen voraufgehen. 

Diskussion: 

Herr Kobrak: Die Otosklerose nimmt in der Schwanger¬ 
schaft oft einen progredienten Charakter an. daher hält er es für 
ratsam, den Patienten den Ehekonsens nicht zu erteilen. In 
manchen Fällen von Otosklerose ist die Indikation zur Unter¬ 
brechung der Schwangerschaft gegeben. Tn einem derartigen 
Falle, in dem das Hörvermögen r. = %—1 m. 1. = V% m war, 
hat K. die Einleitung des künstlichen Aborts geraten mit dem 
Resultat, daß nach 4 Wochen das Gehör r. = 3,5—5 m, links 2 m 
betrug. 

Herr Toby Cohn: Die ärztliche Regelung der Frage der 
Schwangerschaftsunterbrechung ist besonders vom Standpunkt 
des Nervenarztes zu begrüßen: denn nirgends ist die Frage be¬ 
züglich der Vornahme der Unterbrechung so schwierig, wie in 
der Neurologie und Psychiatrie. Die Lehrbücher sind so ge¬ 
halten. daß man nach ihnen eine Indikation zur Unterbrechung 
der Schwangerschaft bei psychisch Kranken überhaupt nicht 
anerkennen darf. 

Herr Neumann (Potsdam! berichtet über seine Erfahrungen 
bei der Kombination von Diabetes mellitus und Gravidität. Er 
verfügt über 11 Fälle; von diesen hatten 4 Aceton- und Acet- 
essigsäureausscheidung. in R von diesen Fällen sind auch ohne 
Unterbrechung Mutter und Kind gesund geblieben. Man sei also 
zurückhaltend mit der Unterbrechung der Schwangerschaft. 

Herr F. Hirschfeld: Auf Nährklvstiere darf man sich bei 
Hvperemesis nicht verlassen: denn die auf diese Weise zuge¬ 
führten Nährstoffe sind an Menge so gering, daß man dabei 
höchstens von einer suggestiven Wirkung sprechen kann. — 
Es ist unzweifelhaft richtig, daß der Diabetes sich in einer ge¬ 
wissen Zahl von Scbwangerschaftsfällen verschlimmert, nicht 
sicher aber ist es. daß man durch Unterbrechung der Schwan¬ 
gerschaft darauf rechnen kann, der Patientin zu nützen. Im 
Gegenteil, man tut besser daran, die Gravidität ihren Fortgang 
nehmen zu lassen. 

Herr Krön: Die Entscheidung über eine etwaige Unter¬ 
brechung der Schwangerschaft bei psychischen Erkrankungen 
ist sehr schwierig. Man muß unterscheiden zwischen Psychosen, 
die schon bestehen, wenn eine Konzeption erfolgt ist, und 
solchen, die erst in der Schwangerschaft selbst ausbrechen. Bel 
den ersten kann man abwarten, bei der zweiten Gruppe hängt 
die Entscheidung davon ab. ob die Psychose mit stürmischen 
und lebenbedrohenden Erscheinungen einhergeht oder einen 
mehr langsamen Verlauf nimmt. Am schwierigsten ist die Ent¬ 
scheidung bei der Melancholie, wenn die Frauen die Frucht 
los werden wollen Aber es lassen sich doch Anhaltspunkte 
finden, welche die Unterbrechung rechtfertigen. Psychosen, die 
in der Gravidität entstehen, brauchen nicht sofort zur Unter¬ 
brechung zu drängen, seihst wenn sie gefährlich aussehen und 
unter stürmischen Erscheinungen auftreten. 

Herr Lchfcldt hat eine Frau mit Diabetes in dpr Gravidität 
behandelt. Derselbe nahm rapid zu. zeigte Acidose. außerdem 
traten Herzstöruneen hinzu. Dadurch sah er sich veranlaßt, 
einen Internen und Gynäkologen zwecks Beratung über die Ein¬ 
leitung des künstlichen Aborts zu konsultieren. Diese waren 
dafür. Danach trat eine in die Augen fallende Besserung ein. 
T.- ist überzeugt daß hier ohne Unterbrechung Koma und Exitus 
eingetreten wäre. Bei einem anderen Falle. Komplikation 
von Asthma bronchiale und Gravidität, gelang es teils 
durch medikamentöse Behandlung, teils durch suggestiven Zu¬ 
spruch oh"° Unterbrechung der Schwangerschaft auszukommen. 

Herr C. Hamburger verbreitet sich über die Frage der Schwan¬ 
gerschaftsunterbrechung bei Tuberkulose die mit den sozialen 
Verhältnissen eng zusammenhängt; diese sind daher von großer 


RUNDSCHAU 1910. 

Wichtigkeit Ulld voll äuSsChlägggbfehdör fiedebtuilg bei der Er¬ 
wägung, ob die Unterbrechung vorzunehmen ist oder nicht. t)ie 
Statistik über die Lebenserwartung der Kinder von Frauen, die 
an Tuberkulose, und diejenige der Kinder von Frauen, die an 
anderen Krankheiten gestorben sind, sollte in Betracht gezogen 
werden. II. hat gefunden, daß hier erhebliche Differenzen zu¬ 
ungunsten der Kinder brustkranker Frauen vorliegen. 

Herr Heymann: Durch Kochsalz- und Nährklystiere ist es 
bei Hyperemesis gravidarum oft möglich, die Frauen so lange 
aufrecht zu erhalten, bis sie Nahrung auf natürlichem Wege 
aufttehtnen können. Bei Nieleiltubei'külöse känll ihäh durch die 
Unterbrechung der Schwangerschaft der Frau zu einem gesun¬ 
den Kinde verhelfen. Danach leite man eine Tuberkulinkur ein 
und suche durch Ruhe und Ernährung die Frau so zu bessern, 
daß sie später ohne Schädigung ein ausgetragenes Kind zur 
Welt bringen kann. 

Herr Schönheimcr: Bei Psychosen darf man die Indikation 
nicht allgemein stellen, sondern muß von Fall zu Fall entschei¬ 
den. Bei Aufregungszuständen, durch welche die Patientinnen 
heruntergekommen sind, wird die Unterbrechung oft nicht 
zu umgehen sein. Ferner bei Suizidversuchen, zumal die An¬ 
staltsbehandlung noch immer eine konstante Mortalitätsziffer 
aufweist. Daß die Unterbrechung eine gute Wirkung ausübt, hat 
S. in einem Falle von Melancholie in der Schwangerschaft, bei 
der ein Suizidversuch unternommen worden war, erfahren. Bei 
Diabetes mellitus möchte S. zu größter Vorsicht mahnen; denn 
es unterliegt keinem Zweifel, daß der künstliche Abort bei 
Diabetes viel gefährlicher ist als bei anderen Krankheiten. Eine 
Infektion erlebt man nicht ganz selten. Selbst bei Aceton- und 
Acetessigsäureausscheidung würde er doch lieber zu einem ab¬ 
wartenden Verhalten raten. 

Herr Hammerschlag (Schlußwort): Bezüglich des Diabetes 
steht H. nicht auf dem ablehnenden Standpunkt wie einige dei 
Vorredner, da er auch seine Erfahrungen besitzt. Bei Aus¬ 
scheidung von Aceton etc. kommt die Unterbrechung zuweilen 
schon zu spät, um die Mutter noch retten zu können. 

Britzmann. 


Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung“.) 

Sektion für Kinderheilkunde. 

Sitzung vom 21. November 1910. 

Vorsitzender: Herr Heubner. 

Vor der Tagesordnung: 

Ein Fall von endolaryngealer Schilddrüse heim Säugling. 

Herr E. Meyer: Es handelt sich um ein Kind von 5 Monaten, 
das seit der Geburt an Heiserkeit und Schweratmigkeit litt; an 
der vorderen Kommissur und an beiden Stimmbändern saß ein 
Tumor, der wie ein Papillom aussah. M. entfernte zunächst ein 
Stück aus der Tiefe, das subglottisch inserierte, es war kein Pa¬ 
pillom, sondern Schilddrüsengewebe. Zunächst sah er wegen 
der Gefahr der Blutungen von weiteren Eingriffen ab, später 
hat er aber den größten Teil endolaryngeal ohne Störung ent¬ 
fernt. Die weiteren Stücke, die oberhalb der Stimmlippen inse¬ 
rierten, waren einfache Kehlkopfpapillome. 

Der Fall ist in'verschiedener Hinsicht interessant. Die Fälle 
von endolaryngealer Struma oder Schilddrüse sind selten; bisher 
sind nur 20 bekannt, die alle das Alter von 20 Jahren aufwärts 
betreffen. Vom frühen Kindesalter ist bisher kein einziger Fall 
beschrieben worden. Sind es versprengte Keime der Schild¬ 
drüse, die sich mit der Pubertätsentwicklung entwickeln? Hier 
handelt es sich sicher um versprengte Keime; das ist wohl die 
Erklärung auch für die später entstandenen Tumoren. 

Tagesordnung: 

Ueher epidemische spinale Kinderlähmung. 

Herr Eckert hat in der II e u b n e r sehen Kinderklinik 
eine Anzahl frischer Fälle von spinaler Kinderlähmung beob¬ 
achtet; sie wurden in Berlin bisher wenig gesehen; in letzter 
Zeit haben sie sich gehäuft. Die jüngeren Aerzte haben woiil 
kaum Gelegenheit gehabt, das akute Stadium zu sehen. Die mo¬ 
derne Literatur ist reichhaltig und als bekannt vorauszusetzen. 
Vortragender will nur über die 19 in der Heubner sehen 
Klinik beobachteten Fälle, von denen 16 reine waren, ausführ¬ 
lich berichten. 

Die Fälle sind regellos über die Stadt verstreut; vielleicht 
kommen sie besonders aus dem Süden und dem Nordosten bis 
nach Lichtenberg. Gerade im Süden, in Steglitz und Wilmers¬ 
dorf sind mehrere Fälle beobachtet worden. Eine allgemeine 
Meldepflicht fehlt noch. 

Die Frage, ob die Krankheit ansteckend ist, ist noch nicht 
endgültig entschieden, zwar sprechen sich viele Forscher dafür 
aus, Vortragender sah nur eineu Fall von Familieninfektion, ob¬ 
wohl viele Patienten aus kinderreichen Familien stammten. Be¬ 
sonders bei Kindern von Schuhmachern und Kutschern wurde 
die Krankheit früher beobachtet; es wurde daher eine Boden- 
infektion als Anlaß angenommen. Aber diesmal lagen die ver- 



740 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 49. 


schiedensten Berufe vor; nur 2 Väter waren Schuhmacher, einer 
Kutscher. Nur eine Beobachtung spricht für den Ursprung aus 
dem Boden; einmal wurde eine Verletzung an der Vulva infolge 
schlechten Sitzens auf einem Pfluge gesehen; die Wunde soll 
lange geblutet und schwer geheilt sein. Bald darauf erkrankte 
das Kind. 

Ein Kind war 11 Monate alt, 13 Kinder waren älter; nur 5 
waren im schulpflichtigen Alter. Gerade das frühe Kindesalter 
ist besonders disponiert, ebenso wie bei der epidemischen Me 
ningitis, die ja auch zuerst die. jüngsten Kinder betrifft. 

Das Stadium der Inkubation dauerte 1—5—8—16 Tage. 
Nur eine Beobachtung gibt einen gewissen Hinweis: der Bruder 
war 8 Tage vor der Schwester erkrankt; Zwischenträger sind 
aber nicht auszuschließen. Es waren alles kräftige, gut ent¬ 
wickelte Kinder; mit konstitutionellen Leiden scheint die 
Krankheit nichts zu schaffen zu haben; ein Kind hatte Lues, 
zwei zeigten Pirquet sehe Reaktion und vier exsudative Dia- 
these. Nie bestanden Beziehungen zu akuten Infektionskrank¬ 
heiten, wie das bei Encephalitis manchmal vorkommt; 4 mal 
wurde ein Trauma als Ursache angenommen, ohne daß ein 
strikter Nachweis möglich war; 2 mal wurde die Entfernung der' 
adenoiden Wucherungen, 2 mal Erkältung angeschuldigt. 

Prodrome wurden nur bei 5 Kindern beobachtet; 1—3 Tage 
bestanden leichte Benommenheit, Apathie, Appetitlosigkeit, Ge¬ 
fühl von Schwere in den Beinen und einmal Schüttelfrost ohne 
Temperaturerhöhung. Der Beginn war zeitlich durch ein Sym¬ 
ptom scharf abgegrenzt, also akut. Aber die Erscheinungen 
waren sehr verschieden, bald mehr, bald weniger stürmisch, der 
Ablauf sehr wechselnd. Einmal drängten sich die Anfangssym- . 
ptome auf einen kurzen Zeitraum zusammen; in wenigen Stun¬ 
den bis Tagen erreichte der Prozeß den Höhepunkt, um dann 
abzufallen. Dagegen verlief die Infektion bei 6 Kindern folgen¬ 
dermaßen: Sie waren abends wohl und munter, schliefen in der 
Nacht und wurden am nächsten Tage gelähmt gefunden. Ferner 
kam ein mehr oder weniger stürmischer Anfang vor, der meh¬ 
rere (bis 7) Tage zur Entwicklung der Krankheit brauchte. Läh¬ 
mungen und andere Symptome erreichten dann den Höhepunkt. 
— Mehrere Arten des Ablaufes waren zu beobachten. Entweder 
die Krankheit bestand aus einzelnen Schüben oder plötzlicher 
Beginn: Die Krankheit erreicht eine gewisse Höhe und geht 
dann zurück, dann befinden sich die Kinder mehrere Tage völ¬ 
lig wohl, aber es kommt ein neuer Nachschub meist zu größerer 
Höhe und nun erst das Stadium decrementi; in einem solchen 
Falle bestand eine Zwischenzeit des Wohlbefindens von 14 Ta¬ 
gen, die einzelnen Initialsymptome waren nach Schwere, Zahl 
und zeitlicher Anordnung sehr mannigfaltig. Das Fieber ist 
häufig, aber durchaus nicht immer das erste Symptom. Nur bei 
einem Kinde schien es völlig zu fehlen. Die Höhe ist nicht groß; 
sie lag zwischen 38 und 39,5 Grad und erreichte nur bei einem 
Falle, der schnell zu Tode ging. 41.2 Grad. Die Dauer war kurz, 

4—5 Tage. Der schwerste Fall fieberte 10 Tage. Ausnahms¬ 
weise kamen Nachschübe bis zum 36. Tage vor; hier waren 
starke meningitische Symptome vorausgegangen. Der Puls war 
nur einmal (in dem erwähnten tötlichen Falle) irregulär. 

Das Körpergewicht zeigte nur 2 mal im akuten Stadium eine 
auffällige Abnahme. Bewußtlosigkeit war fast nie vorhanden; 
immerhin kam leichte Benommenheit des Seusoriums bis fast 
zur Bewußtlosigkeit vor; letztere war in dem meningetischen 
Falle vorhanden. Krämpfe wurden nie gesehen. Doch sollen 
die Kinder ab und zu im Anfang die Augen verdreht haben. 
Delirien wurden 2 mal bemerkt; sie dauerten nur kurze Zeit. 
Jaktation und Phantasieren kamen vor. 

Die Stimmung der Kinder war immer schlecht; meist 
herrschte Mißstimmung und Angst; das war aber kein cere¬ 
brales Zeichen. Sie hatten nämlich große Schmerzen. Dieser 
Schmerz ist im akuten Stadium das Zeichen, das oft das ganze 
Krankheitsbild beherrscht; er tritt sehr oft auf, noch vor oder 
gleichzeitig mit den Lähmungen, so daß die Eltern nur ihn be¬ 
merken. Er kann spontan auftreten. Ein älterer Knabe erwachte 
nachts davon. Er geht aber vorüber: nur einmal glaubt Vor¬ 
tragender Ueberempfindlichkeit der Haut gesehen zu habeu. 
Sonst bestand nur Druckempfindlichkeit der Muskulatur der 
gelähmten Glieder. Noch schmerzhafter war der Zug an diesen 
Gliedern. Charakteristisch ist die Lokalisation des Schmerzes 
in der Wirbelsäule. Jede Bewegung derselben erzeugt den 
stärksten Schmerz. Die Untersuchung muß daher eine sehr vor¬ 
sichtige sein. Die Muskelwülste springen sonst straff hervor, 
die Kinder schreien. Das Schmerzgefühl war nie in den Nerven 
lokalisiert. Auch die Austrittsstellen der Zwischenrippen- 
Nerven zeigten keine Druckempfindlichkeit. Es müssen also die 
Meningen mitbeteiligt sein. Dieser typische Schmerz tritt sehr 
früh auf und ist im Anfang das beherrschende Symptom. Ei' 
kann aber sehr lange bestehen. Einmal wurde er noch nach 
50 Tagen nachgewiesen; das Kind konnte frei sitzen: beim An¬ 
heben an den Armen trat sofort Schmerz der Wirbelsäule auf. 
Solange wir einen solchen Schmerz nachweisen können, werden 
wir noch akute Reizerscheinungen an den Meningen annehmen 
müssen, solange gehört der Kranke ins Bett. Dazu kommt die 
Nackensteifigkeit. Die Kinder können auf flacher Unterlage 
ihren Kopf frei nach allen Seiten bewegen. Schob man aber die 


Hand unter den Nacken, so daß sich die Brustwirbel von der 
Unterlage entfernten, so trat sofort Starre der Muskulatur, 
Nackensteifigkeit und Schmerzgefühl ein. Diese Steifigkeit ist 
aber verschieden von derjenigen bei tuberkulöser Meningitis. 
Sie wurde immer nur reflektorisch ^usgelöst; anders war es bei 
den meningitischen Fällen. Hier sah Vortr. 2 mal ein in das 
Kissen Bohren des Kopfes. Diese Nackensteifigkeit schwand 
eher als die Rachialgie. 

An der Haut der Kinder zeigte sich sehr starke vasomotori¬ 
sche Uebererregbarkeit: leichte Rötung, manchmal ein urticaria¬ 
ähnliches Exanthem. Ein pathognomonisch wichtiges Zeichen 
sind die Schweißausbrüche; sie treten früh auf und können sich 
über eine Woche hin erstrecken. Sonst sah Vortragender sie 
nur bei Lyssa. 

Lymphdrüsenschwellungen wurden nie beobachtet, ebenso 
wenig Schwellungen der Milz. Augensymptome waren gering; 
nie wurden Veränderungen im Augenhintergrund gefunden, nie 
Augenmuskellähmungen, nie Pupillenlähmung, nur 1 mal Ptosis 
des rechten oberen Augenlides; vielleicht bestand hier auch 
etwas weitere Pupille. 

Ohren- und Nasenuntersuchung ergab nichts. Im Rachen 
fand sich nur 2 mal leichte Rötung; 3 Kinder klagten über 
Schluckbeschwerden. Nie bestand Schwellung und Belag. 

Was den Verdauungstraktus betrifft, so klagten alle Kinder 
über Appetitlosigkeit; dieselbe ging bald vorüber. Erbrechen 
fand sich bei 11 Kindern; es ist ein frühes Symptom, wurde aber 
auch bis zu 14 Tagen gesehen. Bei 5 Kindern bestanden Durch¬ 
fälle, sie waren nicht stark, 5—6 Stühle. Nur in einem Falle 
dauerten sie 3 Tage, sonst nur 2 Tage. Dann trat Obstipation 
ein. Diese Verstopfung war bei 11 Kindern zu sehen, und zwar 
sehr stark. Es war durch Abführmittel und Klystiere Stuhlgang 
nicht zu erzielen; einmal bot sie den Charakter der Darmläh¬ 
mung dar. Nach 6 Tagen erfolgte glasiger Schleimstuhl ohne 
Beimengung von Fäces. Das dauerte bis zu 14 Tagen, um gänz¬ 
lich auszuheilen. Gar keine Nierenerscheinungen bestanden. 
Erscheinungen von seiten des Respirationstraktus waren gering; 
nur 2 mal fand sich Bronchitis, 2 mal Pneumonie infolge von 
Atmungslähmung. Der Zirkulationsapparat bot keine Symptome 
dar; eine leichte Hyperleukocytose (15 000 im Kubikmillimeter) 
wurde bei fast allen Fällen gesehen. Andere Autoren wollen 
Leukopenie gefunden haben. 

Die Sensibilitätsprüfungen bei Kindern sind unsicher. Ein¬ 
mal bestand leichte Ueberempfindlichkeit der Haut; es folgte 
aber bald (in 24 Stunden) Hypalgesie; diese letztere war noch. 
2 mal deutlich sichtbar. Die Berührungsempfindlichkeit war 
intakt, sowohl gegen warm und kalt wie spitz und stumpf. Das 
Muskelgefühl war deutlich nachweisbar. 

Es waren schlaffe, hypotonische Lähmungen; sie können 
einen apoplektiformen Höhepunkt en'eichen. Meist dauert es 
bis zu 5—7 Tagen. In 17 Fällen war der Typus aufsteigend: erst 
wurde das Bein, dann Bauch und Arm gelähmt; nur 2 mal war 
er absteigend: erst Arm, dann Rücken und Bauch, zuletzt das 
Bein. Es zeigte sich, daß die Lähmung der Rücken- und Nacken 
muskulatur am häufigsten auftrat und die beste Prognose gab. 
Diese Lähmungen haben sich immer zurückgebildet; dann wa¬ 
ren die'Beine meist betroffen, weniger Arm und Bein. Von den 
Testierenden Lähmungen trafen die meisten die Beine, dann 
die Arme; besonders die Peroneal-. die Deltamuskeln und auch 
der Serratus waren betroffen. Die Bauchlähmung ist immer zu 
rückgegangen. Atmungsmuskellähmung kam nur 2 mal in töt- 
lichen Fällen vor. 

Besondere Berücksichtigung beanspruchen Blasen- und 
Mastdarmstörungen. Hier ist ein schwerer diagnostischer Fehler 
möglich. Kinder mit starker Rachialgie haben Angst sich zu 
melden und täuschen Inkontinenz vor. Nur 2 mal bestand 
sichere Inkontinenz. Ein Kind wurde deswegen in die Klinik 
gebracht und mehrere Tage katheterisiert. Es hatte deutliche 
Lähmung des Sphinkters. Der Sphincter ani-Reflex war verrin¬ 
gert. Die Lähmung ging in beiden Fällen zurück. 

Aus der Ausdehnung der Lähmung einen prognostischen 
Schluß zu ziehen, ist unmöglich. Einmal waren alle Glieder ge¬ 
lähmt, und zwar völlig gelähmt; das Kind ist vollkommen ge¬ 
nesen. Immer wenn die Beine gelähmt waren,, verschwand die 
Zehenbeweglichkeit zuletzt. Die Zehenbewegung ist das 
empfindlichste Reagens. Dann müssen tiefgehende Prozesse 
da sein und größere Testierende Lähmungen erwartet werden. 
Frühzeitig tritt die Entartungsreaktion ein. Die idiomuskuläre 
Reaktion war noch lange erhalten. Die Reflexe zeigten nach län¬ 
gerer Krankheitsdauer Abnahme und Verschwinden. Bei allen 
rein spinalen Fällen war es so. Dreimal wurde Babinski 
gesehen, einmal bei dem Kinde, das an Meningitis zugrunde 
ging; er bestand 24 Stunden; dann erlosch er; ferner bestand er 
bei 2 Kindern, die zuerst an den Armen gelähmt waren; es 
handelte sich wohl um meningitische Reizung. Das Kernig- 
sche Phänomen war hier ebenfalls positiv. Der Radiusreflex 
war nie gestört. 

Die Lumbalpunktion wurde gleichzeitig therapeutisch be¬ 
nutzt und, zwar 26 mal. Der Druck im Meningealsack war wenig 
erhöht: 120—220 mm; nur bei einigen Fällen mit meningitischer 
Reizung betrug er 450—460 mm. Immer var'das Punktat eine 





■ 


No. 4g. __ THERAPEUTISCHE 

klare Flüssigkeit. Der Eiweißgehalt war ein wenig erhöht. Bei 
3 Kranken setzten sieh bald Blöcken ab; bei 6 Kranken sah Vor¬ 
tragender nach 12 stündigem Stehen auf Eis die Bildung eines 
Gerinnsels. Dieses unterschied sich durchaus von dem Gerinn¬ 
sel der tuberkulösen Meningitis, es war erheblich zarter und 
hatte einen schleimigen Glanz. Einmal fand sich aber ein Ge¬ 
rinnsel wie bei Tuberkulose, fest und durch die ganze Flüssig¬ 
keitssäule reichend; aber Tuberkelbacillen fehlten. In dem Ge¬ 
rinnsel waren Lymphocyten und Leukocyten. Die Lymphocyten 
stachen sonst nicht immer in dem Sediment der Punktate 
hervor. 

Drei Symptome der Poliomyelitis sind pathognomonisch 
wichtig: Die schlaffe atrophische Lähmung, der Wirbelsäulen¬ 
schmerz und die profusen, mit Temperatur und Muskelruhe im 
Gegensatz stehenden Schweiße; daneben stehen Erscheinungen 
von seiten des Darmtraktus; sonst werden solche des Respi- 
rationstraktus genannt. 

Meist kam die spinale Form zur Beobachtung; nur 2 mal be¬ 
stand geringe Beteiligung des Pons und des Halsmarks, mit 
leichter Ptosis des oberen Augenlides und Hypoglossuslähmung. 
Dieselbe ging aber rasch zurück. 

Charakteristisch ist, daß die Lähmungen zuerst herdförmig 
auftraten, dann sich auf 1—2 Muskeln beschränkten; 2 mal kam 
die meningitische Form mit Nackensteifigkeit und irregulärem 
Pulse vor; darunter war einmal das tuberkuloseähnliche Ge¬ 
rinnsel im Punktat. 

Rezidive kommen vor. Ein bereits 1903 erkrankter Knabe 
erkrankte nach 6 Jahren von neuem. Todesfälle kamen 3 mal 
vor; das sind 15 pCt., etwa der Durchschnitt der letzten Epi¬ 
demien. Es handelt sich 1. um einen Säugling mit absteigender 
Atmungslähmung am 8. Tage, 2. ein 8% Jahre altes Mädchen 
mit aufsteigender Atmungslähmung am 9. Tage, 8. einen in 
wenigen Stunden foudroyant verlaufenden Fall, der bemerkens¬ 
wert war; es war ein 8 jähriges Mädchen, das am 23. Oktober mit 
Pupillenträgheit, Cris encephaliques und tiefer Benommenheit 
aufgenommen wurde. Es bestand Nackensteifigkeit, Lähmung 
der Rückenmuskulatur, Kernig sches Symptom, Babinski, 
Uebererregbarkeit des Patellar- und des Achillessehnen- 
reflexes sowie Krämpfe. Es starb, ohne das Bewußtsein wieder 
erlangt zu haben. H e u b n e r nennt solche F’älle Poliomyelitis 
fulminans, ähnlich der Scarlatina fulminans oder gravissima. 

Pathologisch-anatomisch ist Oedem der Rückenmarks¬ 
substanz festgestellt. Es wird eine durch den Druck dieses 
Oedems bedingte Schädigung der Ganglienzellen angenommen. 
Ist diese Annahme berechtigt, dann ist auch die Verwendung 
der Lumbalpunktion logisch und gerechtfertigt. In der Kinder¬ 
klinik wurde sie angewandt. Sie soll das Oedem entfernen. Ob 
sie immer dieses Ziel erreichte, ist nicht sicher. Es gelang aber, 
spastische Erscheinungen, Babinski, Kernig sches Symptom 
und Fußklonus zu mildern oder zum Verschwinden zu bringen. 

Zur systematischen Bekämpfung ist es nötig, die Abortiv¬ 
fälle zu erkennen. Fraglich ist, ob es vielleicht durch die Kom 
plementbindungsreaktion möglich ist, solche Fälle ausfindig zu 
machen. Vortragender hatte ein positives Resultat in 5 Fällen 
nach dem Wassermann sehen Verfahren mit dem Blut¬ 
serum, dagegen nicht mit dem Lumbalpunktat. Wenn es gelingt, 
ein spezifisches Antigen zu finden, dann können wir solche 
Abortivfälle erkennen. Die systematische Bekämpfung würde 
dadurch erheblich gewinnen. 

Zur Kiisuistik der Poliomyelitis epidemica 
(Heine-Medinsche Krankheit.) 

Antrag einer Sammelforschung über Fälle 
von epidemischer Poliomyelitis. 

Herr A. Baginsky will nur kurze kasuistische Bemerkungen 
machen. Die jetzt beobachteten Fälle zeigen gegen früher ein 
neues Krankheitsbild. Das frühere Bild war folgendes: Ein 
Kind, das etwa einen Tag vorher wohl und munter war, das des 
Abends unleidlich war, erwachte am Morgen und rührte sich 
nicht mehr; es war eine apoplektiforme Paraplegie; so haben 
sich die älteren Aerzte mit der Heine sehen Krankheit abge¬ 
funden. 

Ist das jetzt etwas Neues? Manche Beobachtungen von 
früher her erinnern uns aber an das heutige Bild. Ins Gewicht 
fällt aber die Mannigfaltigkeit der Erkrankungsformen. Vor¬ 
tragender will nur einige Typen herausgreifen. 

Zunächst die abortiven Fälle. Am 4. d. M. wurde ein Kind 
aufgenommen, welches schon an Angina krankte. Plötzlich 
traten Stupor, lallende Sprache und etwas Zuckungen in den 
Extremitäten auf. Mißgelaunt; es schläft viel; die Sprache ver¬ 
liert sich. Doch geht das Schlucken gut; Sensibilität normal, 
Bauchreflex desgleichen. Dann ist der Mundwinkel verzogen. 
Beim Aufstehen taumelt es. Es kann nicht gehen und stehen. 
Das dau'ert aber nur 2 Tage. Am 3. Tage war alles weg, das 
Befinden besser; am 5. Tage Lachen und Sprechen; das Tau¬ 
meln bei Bewegungen läßt nach. Die faradische Erregbarkeit 
ist noch herabgesetzt. Patellarreflex fehlt noch. Auch die leichte 
Facialislähmung verschwindet dann. Hier haben wir einen 
schnell ablaufenden Fall. Einen 2. Fall sah Vortragender an 
zwei Tagen. Hier fing die Krankheit mit Schnupfen und Fieber 


RUNDSCHAU 1Ö10. 741 

an. Das Kind hat dann plötzlich Krämpfe, ist bewußtlos, das 
Genick starr. Es blieb rechts Lähmung des Gesichtes, Armes 
und Beines zurück. Schließlich resultierte nur geringe Parese 
im Peroneus. Sprache und Intelligenz gut. 

Ob diese Fälle in das vorliegende Gebiet ganz und gar hin¬ 
eingehören, ist ja fraglich, aber hochwahrscheinlich. 

Zu der zweiten Gruppe gehört eine Familienepidemie. Vor¬ 
tragender sah zuerst den 2. Fall. 3 Kinder erkrankten. Das 
erste, ein 2y 2 jähriger Knabe, erkrankte am 1. Oktober mit 
Schnupfen und schlechtem Appetit und war weinerlich. Das 
verlor sich bald; er wollte nicht stehen, hatte auch Zittern in 
den Beinen; am 4. Oktober schlechtes Aussehen des Kindes. 
Das Kind kann den Kopf nicht mehr halten. Es bekommt Dys¬ 
pnoe, außerordentliche Atmungsbeschleunigung. Der Puls wird 
elend. Stertor. Das Kind stirbt am 3. Tage abends. Inzwischen 
erkrankte das 2. Kind, der ältere Bruder, mit Kopfschmerzen 
und bleichem Aussehen, Schläfrigkeit, tief liegenden Augen. 
Die Haut war trocken, die Atmung beschleunigt. Patellarreflex 
normal. Schmerzen gering. Temperatur 39 Grad. Das ändert 
sich in den nächsten Tagen. Große Unruhe infolge lästigen 
Juckens im Gesicht. Schmerzen in, den Armen; es kann sich 
schlecht bewegen. Die Beine sind spastisch, schlecht beweglich. 
Am 10. Tage ist es tief verfallen, Atmung lebhaft beschleunigt. 
Das Zwerchfell scheint still zu stehen. Das Kind wird be¬ 
nommen. Die Wirbelsäule ist versteift, fast unbeweglich. Sopor 
und Exitus. Die Sektion ergab Poliomyelitis. Dann erkrankte 
das 3. Kind von 4V 2 Jahren am 11. Oktober. Es ist blaß; Appetit 
schlecht; es ist matt und schläfrig, will ins Bett; Schmerzen der 
Glieder und der Wirbelsäule. Das bessert sich, dann auch der 
Appetit. Der Kopf ist unbeweglich versteift. Keine Lähmun¬ 
gen. Es ist noch schläfrig, verdrießlich. Die Nackensteifheit 
wird stärker. Spasmen in den Extremitäten, besonders der 
linken Seite. Weiterhin Schläfrigkeit und Nackensteifheit. 
Rechter Arm und Schenkel sind schmerzhaft. Beim Aufrichten 
steht das Kind nur mit dem linken Bein. Patellarreflex rechts 
abgeschwächt. Sehr allmähliche Besserung. Am 7. November 
kann das Kind das Bett verlassen. Völlige Kraftlosigkeit des 
rechten Beins. Schlaffe Muskulatur. Patellarreflex fehlt rechts. 
Der rechte Arm ist noch empfindlich. Dieses Kind ist erhalten 
worden. Drei Kinder einer Familie erkrankten unter denselben 
Erscheinungen; 2 Kinder gehen zugrunde an Atmungslähmung; 
das 3. Kind bleibt erhalten und hat noch jetzt Lähmung des 
Beines zurückbehalten. 

Das sind zwei verschiedene Formen; aber sie zeigen 
Analogien. 

Im Krankenhause sah Vortragender eine neue Form. Es 
war ein 6% jähriges Mädchen; es hatte früher Gelenkrheumatis¬ 
mus gehabt. Ein Vitium cordis war zurückgeblieben: systoli¬ 
sches Geräusch, Mitralinsufficienz. Am 14. Oktober sagt es, es 
könne nicht mehr aufstehen. Kalte Extremitäten, Erbrechen, 
nicht besinnungslos, keine Krämpfe. Am 18. Oktober Verlust 
der Sprache und Lähmung der rechten Seite. Darauf kam es ins 
Krankenhaus. Sensorium war frei; Augenbewegungen und 
Facialis superior frei. Hemiplegia dextra. So ist das Kind nach 
und nach aus der Sprachstörung wieder herausgekommen. Das 
Befinden ist besser. Die Sprache ist wieder da; der untere 
Facialis ist immer noch gelähmt; ebenso - ist der rechte Arm 
noch gelähmt und schlaff. Ist das nicht ein Fall, der in diese 
Reihe gehört? Man kann nicht sicher sagen, ob es nicht eine 
Embolie vom Herzen aus war. Aber der Fall hat sich doch sein¬ 
langsam entwickelt. 

Wir müssen uns immer fragen: Ist das eine alte oder eine 
neue Krankheit? Die anatomischen Läsionen sind in den gro¬ 
ßen Epidemien in Süddeutschland und Oesterreich genau stu¬ 
diert und Poliomyelitis gefunden worden. Wir wissen aber aus 
Beobachtungen in Amerika, daß die Krankheit dort ebenso wie 
bei uns auftritt. Mit dem Begriff der spinalen Kinderlähmung 
kommen wir nicht mehr aus. Die Krankheitsformen gehen sehr 
häufig ineinander über. Man kann nicht sagen, sie seien rein 
bulbär oder meningeal. Das hat den Vortragenden veranlaßt, 
mit einer Anregung zu kommen. Sollte es nicht zweckmäßig 
sein, ähnlich wie es an manchen Stellen, z. B. Graz in Steier¬ 
mark, dieser furchtbaren Krankheit gegenüber geschehen ist, 
systematisch verwertbare Untersuchungen anzustellen? Es 
wäre z. B. in den Fragebogen anzufragen: Sind die Fälle in 
Berlin häufig — die paar Krankenhausfälle besagen nichts — 
oder sind sie nicht noch mehr anderswo, besonders auf dem 
Lande, vorherrschend? In der Grazer Sammelforschung war 
die Stadt selbst ziemlich verschont; aber die Umgebung ist 
sehr bedroht gewesen. Es macht keine große Mühe, etwa nur 
für die Provinz Brandenburg eine Umfrage zu veranstalten, um 
klare Verhältnisse zu schaffen. 

Diskussion zu beiden Vorträgen. 

Herr Kirchner: Es ist in der Tat eine Epidemie, welche im 
vorigen Juli mit großer Energie eingesetzt hat; sie ist zuerst im 
rheinisch-westfälischen Kohlenbezirk aufgetreten, ist dann in 
den nördlichen Teil nach Düsseldorf und Cöln gegangen und hat 
sich nach verschiedenen Teilen Preußens verbreitet. Gegen¬ 
wärtig ist sie wohl im Erlöschen begriffen. Die Meldungen sind 







744 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 49. 


in Idealkonkurrenz mit unlauterem Wettbewerb und unbe- | 
fugte r Beilegung eines Titels war der Naturheil¬ 
kundige „Professor“ Paul Misteisky angeklagt. Der An¬ 
geklagte, welcher sich „Professor an der Hochschule 
lür Massage und Magnetismus in Paris“ und 
„Professor an der Internationalen Akademie 
in Toulouse“ nennt, war von dem Schöffengericht Berlin- 
Mitte in drei verschiedenen Verhandlungen zu fünf Monaten 
Gefängnis, 2000 Mk. und 1000 Mk. Geldstrafe verurteilt worden. 
Gegen dieses Urteil hatte M. Berufung eingelegt. In einem Falle 
hatte auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt, die aber 
vorher wieder zurückgenommen, wurde, ln allen drei Fällen, 
welche von der „Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung des f 
Kurpfuschertums“ zur Anzeige gebracht worden waren, han¬ 
delte es sich um Fälle, in denen Mistelsky versprochen 
hatte, sogenannte unheilbare Leiden zu heilen, und dieses Ver¬ 
sprechen derart gehalten hatte, daß die betreffenden Krank¬ 
heiten sich verschlimmerten. Trotz wiederholter Termin¬ 
ansetzung war es bisher nicht gelungen, diese drei Sachen zur 
Entscheidung zu bringen, da es M i s t e 1 s k y stets verstand, das 
Gericht durch von ihm eingereichte ärztliche Atteste, in denen 
er für verhandlungsunfähig erklärt wurde, über seinen Gesund¬ 
heitszustand zu täuschen. — Recht interessante Enthüllungen 
über die Art, wie Mistelsky dies bewerkstelligte, machte ein 
Fräulein Gertrud Sch., das früher bei Mistelsky als 
„Wirtschafterin“ tätig war und mit diesem große Auslandsreisen 
unternommen hatte. Zu der ersten Verhandlung hatte M i - 
s t e 1 s k y, so bekundete die Zeugin, ein Attest eingereicht, 
welches von einem Dr. C. herrührte. Mit diesem war M. sehr 
gut befreundet, beide hätten sich geduzt und noch am Abend vor 
dem Termin ein großes Sektgelage veranstaltet. Am nächsten 
Morgen habe Mistelsky dann ein Lichtbad genommen, bei 
welchem er die Temperatur bis auf 70 “ steigerte, um sich 
künstlich krank zu machen. Dr. C. habe dann für das Attest 
150 Mk. erhalten. Kurz vor dem 2. Termin sei Mistelsky 
dann mit ihr nach Nizza gefahren. Trotzdem er dort wüste 
Gelage veranstaltet habe, sei er von einem Arzte Dr. W. in j 
Nizza für totsterbenskrank erklärt worden. Das dem Gericht 
eingereichte Attest sei in der Weise zustande gekommen, daß 
Mistelsky selbst das Attest mit Bleistift geschrieben und es 
dem Dr. W. dann zugeschickt habe. Dieser habe es gegen ein 
Honorar von 20 Mk. einfach abgeschrieben und mit seinem 
Namen unterzeichnet. Für alle Fälle habe M. auch einen seiner 
.Angestellten, einen Dr. W—r., nach Nizza nachkommen lassen. 
Auch vor den anderen Terminen habe M. alle möglichen Mittel 
angewendet, um eine künstliche Verhandlungsunfähigkeit her- 
beizuführen. Als M. in dem vorigen Termin auf Gerichts¬ 
beschluß von einem Gerichtsarzt und dem Dr. C. in seiner Woh¬ 
nung untersucht wurde, habe er ebenfalls simuliert und bald 
nachdem die Aerzte seine Wohnung verlassen hätten, zu ihr 
geäußert: „Da kannst du sehen, wie dumm die Aerzte sind!" 
Um dem heutigen Termin zu entgehen, habe sich M. von Dr. 
Th. ein Attest ausstellen lassen, nach welchem er unbedingt der 
Erholung im Süden bedürfe und verhandlungsunfähig sei. 
Bevor Dr. Th. erschienen war, habe er zwei Flaschen Sekt ge 
trunken und vergnügt gesungen und gepfiffen. An demselben 
Tage sei M. dann nach Lugano abgereist, wo er sich jetzt noch 
aufhalte. Vor der Abreise habe er zu ihr geäußert, er erscheine 
zu keinem Termin mehr, zumal ja die Schweiz nicht ausliefere. 
Staatsanwalt Müller beantragte die Berufung des Ange¬ 
klagten zu verwerfen, da er sich offenbar unter Zuhilfenahme . 
aller möglichen unerlaubten Mittel von dem Erscheinen vor 
Gericht „drücken“ wolle. Das Gericht erkannte diesem Anträge 
gemäß unter Bestätigung der drei Urteile auf Verwerfung der 
Berufung.“ 

— Ein Prozeß, in dem eine Kritik des Zustandekommens 
kreisärztlicher Atteste den springenden Punkt bildete, wurde in 
der vorigen Woche hier vor der ersten Strafkammer des Land¬ 
gerichts 1 verhandelt, ohne allerdings zu Ende geführt zu 
werden. Wegen Beleidigung des Regierungspräsidenten von 
Posen Krahmer und des Kreisarztes Dr. Clauss in Posen 
hatten sich der Chefredakteur und ein Redakteur der „Deut¬ 
schen Nachrichten“ zu verantworten. Den Gegenstand der An¬ 
klage bildete ein im November 1909 in dem Blatte erschienener 
Artikel, in welchem dem Kreisarzt vorgeworfen wurde, daß er 
in zwei Fällen zwecks Zwangspensionierung von Re¬ 
gierungsbeamten amtsärztliche Atteste ausgestellt und dabei lür 
solche Atteste ergangene ministerielle Anordnungen nicht be¬ 
folgt habe. Die Verteidigung lehnte den zum Sachverständigen 
bestellten Dr. Clauss wegen Möglichkeit der Befangen¬ 
heit ab; außerdem sei es ein Novum, daß ein Beleidigter 
in seiner eigenen Angelegenheit als Sachverständiger 
fungiere. Das Gericht wies diesen Antrag zurück, da sich Dr. 
Clauss selbst nicht für befangen erklärt habe, vertagte aber 
den Termin auf unbestimmte Zeit, da noch einige Zeugen 
geladen werden sollen. 

Bückeburg. Vor der hiesigen Strafkammer wurde im 
Berufungsverfahren gegen den Magnetopathen H. aus Hannover 


verhandelt, der vom Schöffengericht in .Stadthagen wegen Be¬ 
truges in 17 Fällen zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt war.. Die 
Verhandlung führte zu einer Freisprechung, da dem An¬ 
geklagten der gute Glaube an der Wirkung seiner Heilmethode 
zugebilligt werden mußte. 

Verschiedenes. 

Berlin. Am 11. Dezember, mittags um 12 Uhr, findet in 
der neuen Aula der Universität eine Gedächtnisfeier für Robert 
Koch statt. Die Denkrede hält Kochs Nachfolger in der Di¬ 
rektion des Instituts für Infektionskrankheiten Geh. Ober- 
medizinalrat Prof. Dr. G a f f k y. 

— Das Deutsche Zentralkomitee für ärztliche Studienreisen 
feiert am 10. Dezember das zehnjährige Stiftungsfest. Näheres 
durch Dr. Oliven, Berlin, Potsdamer Straße 184 B. (Die von 
uns kürzlich gebrachte Nachricht von der an die Vorstands¬ 
mitglieder des Komitees erfolgten Titelverleihung hat sich als 
verfrüht erwiesen. Red.) — Für das Jahr 1912 ist eine 
Studienreise nach Amerika geplant, mit welcher 
der Besuch des Internationalen Hygiene-Kongresses in 
Washington (22. bis 29. September) verbunden sein soll. 
Die Dauer der Reise ist auf etwa sechs Wochen ver¬ 
anschlagt, der Preis wird von 1650 Mk. an aufwärts nach 
Wahl der Kabinen betragen. In dem Preis eingeschlossen 
sind: Land- und Seereise, Verpflegung und Quartier während 
des Aufenthaltes in Amerika. Da vor dem Abschluß mit der 
Schiffahrtsgesellschaft festgestellt werden muß, ob genügende 
Beteiligung zu erwarten ist, sind Meldungen (für die eine Ein¬ 
schreibegebühr vorläufig nicht zu entrichten ist) an obige 
Adresse zu richten. 

— Nach Mitteilung von Tageszeitungen soll das Ehrlichsche 
Syphilismittel noch, im laufenden Monat in den Handel gebracht 
werden. Da die Höchster Farbwerke sich jetzt den 
Namen „Salvarsan“ patentamtlich haben schützen lassen, 
wird das Mittel wohl unter dieser Bezeichnung in den Verkehr 
kommen. 

Elberfeld. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der hiesi¬ 
gen „Farbenfabriken A.-G. vorm. Fr. Bayer u. Co., 
Dandtagsabgeordneter Geheimrat Dr. v. Böttinger, hat der 
preußischen Akademie der Wissenschaften in Ber¬ 
lin 80 000 Mk. zur Anschaffung von Radium für wissenschaftliche 
Forschungen überwiesen. 

Dresden. Der hiesige Rat hat eine wesentliche Aus¬ 
dehnung des schulärztlichen Dienstes beschlössem Wäh rend 
von den Schulärzten bisher nur die neu eintretenden Bezirks- 
schüler untersucht wurden, wird sich hinfort die Untersuchung 
auch auf Bürgerschulen und höhere Anstalten erstrecken; eine 
erneute Untersuchung soll ferner vor dem Beginn des Turn¬ 
unterrichts stattfinden. 

München. ln den Monaten Dezember, Januar und 
Februar 1910/11 veranstaltet die Münchener Vereinigung 
für ärztliches Fortbildungswesen wieder einen 
Zyklus von unentgeltlichen • Fortbildungskursen. Folgende 
Herren haben ihre Mitwirkung daran zugesagt: Crämer, 
Allgem. Diätetik und Krankenküche; Borst, Rössle, 
Schmincke, Path.-anat.Demonstrationen; Ibrahim, De¬ 
monstrationen aus der Kinderheilkunde;Klaussner, Chirur¬ 
gie; v. Müller, Innere Medizin; Hei Ine r, Ausgewählte 
Kapitel aus der pathologischen Physiologie des Nervensystems 
und des Blutes; v. Notthafft, Der heutige Standpunkt der 
Syphilislehre; F r e y t a g , Beziehungen der Augenerkrankun¬ 
gen zu den Allgemeinerkrankungen. Einschreibegebühr für 
jeden Kursus 2 Mk. 


V. Amtliche Mitteilungen, 

Pcrsonalia. 

Elsaß-Lothringen. 

Niedergelassen: Assistenzarzt Strecker in Metz, Dr. 
W. Dreailius in Schiltigheim. 

Verzogen: Dr. Wiehert von Saargemünd nach Loerchin- 
gen, Dr. Duhamel von Straßburg nach Colmar, Dr. 
Rössel von Schlettstadt nach Posen, Dr. Tornow von 
Wesel nach Mörchingen, Dr. Hoff mann von Trier nach 
Diedenhofen, Dr. Spackeier von Freiburg nach Schlett¬ 
stadt, Dr. Pfeiffer von Mörchingen nach Thorn, Dr. 
Zöllner von Diedenhofen nach Wesel, Dr. H a s von Die¬ 
denhofen nach Oranienstein, Dr. Sandrog von Oranienstein 
nach Diedenhofen, Dr. Jürgens von Mörchingen nach Gr.- 
Lichterfelde, Dr. D i e t z von Saargemünd nach Saarunion, 
Dr. Payeur von Lemberg nach Saargemünd, Fischer 
von Bitsch nach Lemberg, Dr. D i e r k s von Rufach nach 
Bitsch, Dr. Schröder von Dotzheim nach Forbach, Dr. 
v. Westfalen von Verny nach Noveant. 

Gestorben: Dr. Voelkel in Algringen, Prof. Dr. 
Förster in Straßburg, Oberstabsarzt Kaiser in Weißen¬ 
burg. 


Verantwortlich für den redactionellen Teil: Dr. fl. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131B., für den Inseraten-Teil: Richard Hess, Berlin 
Verlag von Oscar Ooblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30, Maassenstrasse 13. — Druck von Oarl Marschner, Berlin SW., Alexaudriaenstrasse 110 









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S eitdem Friedmann das Eulatin in die Therapie ein- 
geführt hat, ist in zahlreichen wissenschaftlichen 
Publikationen über die günstigen Erfolge der Eulatin- 
medikamentation berichtet worden. Die Wirkung des 
Präparates besteht darin, daß es das zähe Sekret verflüssigt, 
die Zahl der Anfälle schnell vermindert, Erbrechen sowie 
Nasenbluten zum Stillstand bringt und den langwierigen 
Krankheitsproieß wesentlich abkürzt. Unangenehme 
Nebenerscheinungen haben die Autoren in keinem einzigen 
Falle beobachtet, insbesondere hat das Mittel niemals den 
Appetit beeinträchtigt oder die Tätigkeit des Herzens un¬ 
günstig beeinflußt. Ja, bei stark durch die Krankheit 
herabgekommenen Kindern konnte festgestellt werden, 
daß sich nach Darreichung von Eulatin die Herzkraft 
offensichtlich hob, was auf den Benzoesäureanteil des 
Präparates zurückzuführen ist. (Friedmann.) 

Kurze Auszüge aus Originalarbeiten mögen hier folgen: 


Ein kimisete’ Beitrag tut Bewertung 
V. des neuen Keaclitiusteiimltiels 




Von Dr. Bruno Bosse, leitendem Arzte der Heim¬ 
stätte in Berlin N 20. (Zentralbl. für Kinder¬ 
heilkunde 1910, Heft 4.) 

• , - , ..... 

Verfasser brachte das Eulatin in 67 Fällen in Anwendung 
und schreibt u. a. 

„Übereinstimmend mit den Erfahrungen der oben zitierten Autoren 













Verabfolgung des Eulatins ab das Gesamtbild sich sofort änderte. Bei 
den meisten Kindern trat sofortige Verminderung der Zahl der An¬ 
fälle und Äbschwächung der Intensität derselben, besonders auch 
nachts, ein. Ohne Zuhilfenahme eines anderen Narkotikums oder 
irgendwelcher anderer Maßnahmen ließ das Erbrechen nach, die 
schweren Fälle gingen bald in das Stadium decrementi über, die Kinder 
sahen frischer aus, spielten wieder und nahmen da an Gewicht zu, 
wo sie vorher abgenommen hatten. Das zähe Sekret verflüssigte sich 
und lief mühelos aus Nase und Mund; der konvulsivische Charakter 
der Anfälle ging in kurzem verloren. Nur pfeifende Inspirationen 
und der katarrhalische Husten erinnerten gelegentlich noch an das 
Grundleiden.“ 


Über die Wirkung des Eulatins 
bei Pertussis. 


J 


Von Dr. M. Ichenhaeuser, Assistenten der Kgl. 
paed. Poliklinik (Reisingerianum) in München, 
(Die Heikunde 1910, Heft 6.) 

Ichenhaeuser behandelte 39 Fälle mit Eulatin und urteilt 
u. a. wie folgt; 

„Die angeführten Krankengeschichten zeigen an charakteristischen 
Beispielen die guten Dienste, die mir das Eulatin auch bei den schwersten 
Fällen leistete. Zum Schlüsse möchte ich zusammenfassend hervor¬ 
heben, daß ich mit den obengenannten Autoren darin übereinstimmen 
kann, daß wir im Eulatin ein für jedes Älter unschädliches Mittel be¬ 
sitzen, welches bei Pertussis die Zahl und Heftigkeit der Anfälle rasch 
herabsetzt und die Nebenerscheinungen (Erbrechen, Nasenbluten usw.) 
bald zum Verschwinden bringt. Die Komplikation des Keuchhustens 
mit einer Bronchitis oder einer Bronchopneumonie bildet keine Kontra- 
indikation für die Anwendung des Eulatins. Bei Kihdern mit tuber¬ 
kulös aflizierten Bronchialdrüsen ist, wenigstens nach meinen Er¬ 
fahrungen, der Verlauf der Pertussis meist ein sehr hartnäckiger 
(siehe auch Fall VII); aber auch bei diesen Fallen ist die Wirkung 
. des Eulatins eine günstige.“ 


Eulatin, ein neues Mitte! f egen * 
Keucjteiisteii, . 


Von Dr.E. Kraus, emer. Assistenten der Kinder¬ 
abteilung der Allgemeinen Poliklinik in Wien. 
(Allgem. Wiener med. Zeitung 1910, Nr. 38.) 

In einer Reihe von Fällen überzeugte sich Kraus von 
den verschiedenen Vorzügen des Präparates und kam zu 
$ fügendem Schlüsse: 

„Nach meinen Erfahrungen, die sich im allgemeinen mit denen 
ten Autoren decken, verdient das Eulatin die Aufmerksamkeit 




i|Ä?§Pli 


wm Sr ' * 



der Ärzte in hohem Grade. Das Präparat wird sich nach den von 
vielen Ärzten mit demselben bereits gemachten günstigen Erfahrungen 
einen dauernden Platz in unserem Ärzneischatz erringen.“ 

: •; Das Eolatin, ~~~j 

) dis neues Kcuchhustemniitel. . ^ ^ 1 

1... ...— f 

Aus der Kinderpoliklinik von Prof. Dr. Neumann, Berlin. 

Von Dr. L. Friedmann, Assistenten der Poli¬ 
klinik. (Medizinische Klinik 1908, Nr. 43.) 

Verfasser hat 61 Kinder mit Eulatin behandelt und sich 
von der Wirksamkeit des Präparates überzeugt. Er 
schreibt u. a. wie folgt: 

„Es wurde selbst von den jüngsten Säuglingen ohne jede schädliche 
Nebenwirkung genommen, bei älteren Kindern übte es sogar einen 
belebenden Einfluß auf den Herzmuskel aus, ohne daß sich appetit¬ 
vermindernde Eigenschaften bemerkbar machten. Die für ein wirk¬ 
sames Keuchhustenmittel erforderlichen Eigenschaften, das zähe Sekret 
zu oerflüssigen und leicht herauszubefördern und die Huslenanfälle 
qualitativ und quantitativ günstig zu beinflussen, müssen dem Eulatin 
unbedingt zügesprochen werden. Die krampfwidrige Leistung des 
Medikamentes sieht seinem expeklorierenden Einfluß nicht nach. 
Bemerken möchte ich noch, daß die Fälle von Keuchhusten, die ich 
während meiner Versuche mit Eulatin des Vergleiches wegen mit 
Bromoform, Chinin Extra dum, Belladonnae und Kodein behandelte, 
entweder nur geringe oder überhaupt keine Besserung zeigten, und 
daß die Mütter der mit Eulatin behandelten Kinder das Mittel wegen 
seiner lösenden und beruhigenden Wirkung lobten und fleißig nach¬ 
verlangten.“ 


Eulatm. bei Pertussis. 

Von Dr. Paul Fraenkel, Kinderarzt, Berlin- 
Schöneberg. (Berl. Klinische Wochenschrift 1909, 
Nr. 4.) 

Fraenkel war in den meisten seiner 14 Fälle mit der 
Wirkung des Eulatin zufrieden. Er schreibt u. a.: 

„Das Mittel wurde nie mit anderen Stoffen kombiniert gereicht. 
Eine unangenehme Nebenwirkung sah ich nie. Die Annahme, daß 
in diesen Fällen die Besserung im Befinden der Kinder tatsächlich 
dem Eulatin zuzuschrciben war, ging daraus hervor, daß nach Äus- 
setzen des Mittels, zu dem ich wiederholt durch den Verbrauch des 
mir zu Gebote stehenden Eulatinquantums gezwungen wurde, eine 
deutliche Verschlechterung eintrat, die bei Wiederdarreichung des 
Mittels wiederum einer Besserung Platz machte,“ 








Das Eulatin, ein Pertussis-Spe^islkum. 


1 


Von Dr.J. Wilhelm , Wien. (Ärztliche Zentral¬ 
zeitung 1909, Nr. 14.) 

Die günstigen Erfahrungen des Verfassers stützen sich 
auf 47 mit Eulatin behandelte Keuchhustenerkrankungen. 
Wilhelm äußerte sich u. a. folgendermaßen: 

„Ich mußte meinen Erfolgen entsprechend den unwiderstehlichen 
Eindruck gewinnen, daß das Eulatin den Namen eines Pertussis- 
Spezifikums im wahrsten und vollsten Sinne des Wortes ehrlich 
verdient. Das Eulatin ist ein Pertussis - Präparat, das allen Ärzten 
rückhaltlos bestens anempfohlen zu werden verdient.“ 

Ein Fortschritt in der Therapie 
des Keuchhustens. 


r Von Dr, Julius Baedeker in Berlin, Spezialarzt 
für Kinderkrankheiten. (Therapeutische Monats¬ 
hefte 1909, Heft 9.) 

Verfasser hat unter den 25 mit Eulatin behandelten 
Fällen keinen Mißerfolg und bemerkt im Anschluß hieran: 

„Im Eulatin ist nach meiner und der anderen Äutoren Änsicht 
endlich das Präparat gefunden, das der heutigen Ungewißheit betr. 
des Erfolgs der üblichen Pertussis-Therapie ein Ende setzt. Wer 
mit Eulatin sogleich die Behandlung der Pertussis beginnt, kann, 
soweit dies einem Ärzt überhaupt bei einem Heilmittel ertaubt ist, 
auf einen guten Verlauf und verhältnismäßig baldige Heilung der 
Krankheit rechnen, was bis jezt von keinem Pertussismittel gesagt 
werden konnte oder durfte.“ 


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zemen (in spez. Jodoformekzem) in dicker 
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Beides gegen Furunkulose, Anthrax, Ekzem, Haut« W 
yj krankheiten gastrischen Ursprungs u. Verdauungs» yj 
\f. Störungen. SK 

Versuche mit Levuretin und O'inose gegen Zuckerkrankheit Sl 
Laben weitgehende Hoffnungen erfüllt, 1^ 

ji( Laboratorium und Fabrik F,. FEICJEL \/ 

\J In Lutterbach bei Mülhausen 1. E. \/ 











Neuheiten von Leibbinden und Unterleib-Bandagen 

Ältestes und größtes Spezial-Etablissement 

Heinrich Loewy, Berlin NW 

Hoflieferant Sr. Majestät des Kaisers und Königs 

Fernsprecher: i, 4418 92-93 Dorothccn-Straße 92-93 I ^p^i i r n h ac i , ?I r ? aU s^ 7 L0 T < 


Gegründet 1859 


(D. R. G. M. 
Nr. 373688) 


Fig. I bis IV nach Dr. med. Werner Mehlhorn, Frauenarzt und Chirurg in Berlin, 


Operationsbinde Fig. 1 . 


Rückenteil Fig. III. 


Wochenbettbinde Fig. II. 


(L 

auf 



Die innen welchgeiütterte Binde besteht aus ' Die eminenten Vorteile dieser neuen Binde 

dem Rückenteil (Fig. 3) und den sich rechts sind folgende: 

und links anschließenden je 4 dachzicgcl- Einfachheit der Anordnung. 

förmig übereinanderliegenden Binden- Waschbarkeit und Leichtigkeit. 

streifen. Die Streifen sind untereinander nicht Billigkeit und zweckentsprechender Sitz. 

verbunden; der obere Streifen überdeckt den Ersparnis von Verbandstoffen. 

unteren um je ein Drittel, somit bildet das Leichte Auswechselbarkeit. 

Ganze eine festgefügte Bandage. MüheloserVerbandwechscl ohne Transport der Patienten. 

Gleichmäßige und beliebige Kompression d. Bauchdecke. 


Die Binde ist vorrätig in drei 
Größen: 

GrößeJ_Größe I I Größe I II 

80 cm 100 cm 120 cm 
Preise der Operationsbinde: 
Qualität II (leicht) p.St.M.3.— 

Qualität I (extrastark) p.St.M.4.50 


Kliniken und Krankenkassen 
bei größeren Abnahmen 
entsprechend hohen Rabatt. 

Preis der Wochenbettbinde: 

Qualität II (leicht) p. St.M.5.50 
Qualität I (extrastark) p. St.M.5.— 



Nr. 174. Gloria. Elastischer 
Unterleibhalter aus extrastarkem, 
porösem Gummigewebe, sehr halt¬ 
bar, angenehm zu tragen, sehr kom¬ 
primierend, ohne lästige Fischbein¬ 
stäbe. Vollkommener Ersatz für 
die amerikanische Empirebinde. 
Je nach Größe M. 22.— bis 36.—. 

Nr. 165. Laparotomie-Kissen. 
Einlage, nach der Symphyse ver¬ 
breitert, je nach der Größe 
M. 1.50 bis 2.50. 


Maß-Figur für Leibbinden usw. 

1. Umfang etwa 5 cm oberhalb des 
Nabels (Richtung Linie 1). 

2. Umfang des Leibes an der stärksten 
Stelle, am Nabel (Richtung Linie 2). 

3. Umfang unterhalb des Nabels um das 
Becken (in der Richtung Linie 3). 
Vom oberen Rand des Kreuzbeines 
zwischen Spina und Trochanter bis 
zum oberen Rand der Symphyse. 

4. Höhe der Leibbinde vorne (Linie 4) 
und in welcher Höhe zur Binde der 
Nabel- oder Bauchbruch liegt. 

5. Eventuelle Größe des Nabelbruchs? 

Ir. 178. Nr. 178. 

' Einfache Stoff- 

l binde, kräftig ge- 
I arbeitet, spez. für 
Krankenkassen, 

Schenkelriemen. 
^ nach Größe 


Nr. 159/159a. 

Neuheit!! 

Vermehreus 
Unterleibgtirtel, 
verbesserte Leibbinde. 
Das Leibschild e wird 
durch die Gurte s gegen 
das sehr hohe versteifte 
Rückenschild r ange¬ 
zogen, d ist der elasti¬ 
sche Leibgürtel. Die 
Stützung ist verstell¬ 
bar und sehr wirksam. 
Preis M 20.— bis 30.—. 


Nr. 159a. 

Nr. 172 c. Unterleibhalter 
„Protector“ Gro߬ 
maschige, starke, elast. 
Gummi-Gewebbinde; be¬ 
quem, sauber und porös, 
ohne Stäbe, bequemer 
Rückenschluß für Hänge¬ 
bauch, Korpulenz, Er¬ 
schlaffung usw. Sym¬ 
physenrand, doppeltstark 
gewebt, je nach Größe 
M. 12.— bis 13.50, mit 2 
elastisch. Strumpfhaltern 
M. 15.—, m. elast. Nabel- 
bruchpelote M. 18.—. 


Nr. 157. Federnde Leib- 
W M stütze nach Heinr. Loewy, 

speziell bei schwerer Ente¬ 
il Nr - 8 roptose abgemag. Patienten. 

® 183 a. g Bauchblech m. federnden Hiift- 

bügeln u. Gummibeckengurten. 
Nr. 183a. Umstandsbinde Fester Sitz ohne Schenkel¬ 
statt des Schenkelriemen mit riemen, starkes Anheben der 
Strumpfhaltern, um das Gleiten unteren Bauchhälfte. Je nach 
zu verhindern. M. 15 bis 20. Größe M. 20.— bis 30.— 


Nr. 186. Leibbinde mit kurzen Höschen-Ansätzen beiderseits an den äußeren Schenkelteilen zum Schnallen, 
zur Verhinderung des Hinaufgle itens der Binde (an Stelle von Schcnkelricmen) M. 20.— bis 25.—. 




MICHIGAN 






















Nr. 198. Monopol-Leibbinde 
nach Dr. Ostertag. Der aus Trikot 
verfertigte Leibteil ohne steife Ein¬ 
lagen wird seitlich festgeschnallt; die 
Wirkung der Suspension geschieht 
durch Anbringung von Schultergurten 
elastischen Schlauchschenkel¬ 
riemen. Hierdurch wird der elastische 
Trikot-Leibteil in Spannung versetzt 
und der Unterleib auf das ange¬ 
nehmste und zwar überall gleich¬ 
mäßig unterstützt. 

Preis der Original - Monopolbinde 
(I.Qual.),nachGrößeM. 10.—bis 12.— Nr. 

Preis der imitierten (II.Qual.) nach Größe M. 7.— 


Nr. 137. Teufel’s Leib- 
bindegegenEnteroptosg, 
Senkungen d. Gebärmutter, 
Wanderniere usw. Äußer 
dem Unterstützungsgurt 
in der Symphyse wirkt ein 
zweiter Druckgurt auf die 
Nierenpelote. Binde mit 
ein oder zwei Peloten, je 
nach Ausführung 
M. 16.— bis 24.— 

Die Peloten sind vor dem 
198 unteren Rippenbogen zu 
bis 8.— plazieren. 


cieinture hypogastrique 
nach Geh. Medlzlnalrat Landau, wirkt 
durch den breiten Leibgurt in Verbindung 
mit d. federnd. Symphysert-Pelote außer¬ 
ordentlich unterstützend, speziell gegen 
die untere Bauchmuskulatur. Bei starker 
Enteroptose, Erschlaffungen und Gebär¬ 
muttersenkungen, je nach Ausführung 
M. 15.— bis 25 — 


Nr. 151 


UNIVERSAL-LEIBBINDE. 


Abbildung ges- gasch. 
Nr. 137. 


Nr. i54. Federnde Leibbinde 

nach Ktaes-Bardenheuer. Das 

Becken wird’ von zwei Federn um¬ 
faßt, das fächerförmige Oberteil 
stützt den Unterleib federnd nach 
aufwärts, so daß die Last des 
Unterleibes auf Kreuzbein und 
Becken übertragen wird. Schenkel¬ 
riemen sind überflüssig. 

M. 18.— bis 25.— 


Nr. 151. 

Leib¬ 
binde 

mit 
aus¬ 
wechsel¬ 
barer 

Pelote 

nach 

Frauenarzt 
Dr. Abel. 

Die Äbelsche Bauchpelote ist 
unten höher gepolstert und 
dient zur Stütze der Bauch¬ 
muskulatur nach Operationen 
bei Enteroptose, Bauchbrüchen 
und Wanderniere. 
Einfach M. 16.— bis 20.— 
do. fein „ 24.— „ 30 .—■ 


Nr. 99. Elastisch gewebte 
Nabel- u. Bauch -Bruch¬ 
bandage „Ädhaesiv“ 
nach Heinr. Loewy. D.R.G.AV. 
Ein breites, elastisch gewebtes Rückenteil läuft beiderseits in je 
zwei breite, weiche, spitzwinklige Riemen aus, welche auf der Pelote 
befestigt werden. Der Gegendruck zur Pelote wird durch das 
elastisch gespannte Rückenteil allein bewirkt. „Adhaesiv“ ist 
äußerst bequem und sitzt unverschiebbar. 

Preis je nach Größe M. 15.— bis 25.— 



Nr. 106. Leibbinde mit 
Nabelbruchpeiote System 
Teufel. Im Hypogastrium elasti¬ 
scher Gummistützgurt, in der 
Mitte federnde Flachpelote, je nach 
Größe und Ausstattung. 

M. 15.- bis 25.— 




Nr. 98. Leibbinde aus Stoff oder Gummigewebe 
in Verbindung mit H. Loewys Patent-Nabel- 
pelote. Auch die Kombination der Binde mit 
dieser Nabelpelote ist bei Nabelbruch mit Bauchmuskelerschlaffung zu empfehlen. 
Einlache Ausstattung M. 20.— bis 24.—. Feine Ausstattung (Seide) M. 25.— bis 30.— 


Nr. 140 b. Korsett-Leibbinde nach Prof. 
James Israel zur Verhütung von Bauch¬ 
brüchen nach Bauchschnitt,Apendix- und Nieren- 
Operationen usw. Die hohe, bis zur Magengrube 
reichende Stoffbinde wird korsettartig geschlossen, 
sie komprimiert die gesamten Bauchdecken, stellt 
den intraabdominellen Druck her und hat lokale 

Druckverstärkungsgurte. 

Preis M. 20.— bis 35.— 




Nr. 145/145a. Neueste elastische Gummi-Beckenbinde 
gegen Enteroptose nach Dr. Gl£nard, Paris. Original-N6a~Blnde. 
(Franzos. Fabrikat) D. R. P. Das wesentlich Neiie besteht in der richtigen Anwendung 
dreier elastischer Gurtgewebe von verschiedener Stärke und Breite, das obere Gewebe 
(in der Magens 
Zue ~ 
voll 

und verleiht auch eine schlanke Figur; cs genügen meist Strumpigurte, um das Gleiten 

zu verhindern. 


In elastischem Zwirngewebe, je nach Größe 
In seidenem Gewebe, 


M. 18.- 


Nr. 145 a. RUckenansicht. 


Die meistenUmstandsk. 
haben denFehler, wie alleKorsetts dieOrgane 
nach unten zu pressen, anstatt dieselben zu 
heben. Je größer der Leibesumfang in der 
Schwangerschaft wird, desto größer wird der 
Abstand des unteren Korsettrandes von der 
Schoßfalte werden. Die Schnürvorrichtung 
der an dem kurzen Dorotha-Korsett an¬ 
gebrachten zweiteiligen Leibbinde, welche 
hier gleichsam als Leibbinde den Fortsatz 
des unteren Drittels des Korsetts bildet, 
gestattet gemäß der fortschreitenden Aus¬ 
dehnung des Unterleibes, diesen Leibbinden' 
teil entsprechend weiter herunterzurücken, so 
daß bis zum Schluß der Schwangerschaft 
der Unterleib seine zweckentsprechende 
Unterstützung von unten nach oben erhält. Preis je nach Größe, 
solide Ausstattung, M. 22.— bis 50.— 


206. Dieses franz. GDnard-Korsctt 
von vorzüglichem Schnitt bedeckt zwei 
Drittel des Oberteils, während sich im 
unteren Drittel die beschriebene neueste 
G16nard-Binde (F. 143) direkt anschlicßt. 
Der letztere durchweg elastische Leib¬ 
gürtel stützt durch die richtige An¬ 
ordnung der drei verschiedenen Gurt¬ 
stärken das Hypogastrium und beseitigt 
den Hängeleib; das Korsett wirkt nicht 
der Leibbinde entgegen, daß es etwa 
die Organe nach unten drängt, sondern 
ist in seinem unteren Teil so bauchig 
gewölbt und besitzt seitliche breite 
Gummieinsätze, so daß es die nach 
oben gehobenen Organe völlig aul¬ 
nimmt. 

nach Größe in Äusf. I, sehr eleg., mit seidener Binde M. 60—70 
in Ausführung II, einfach und solid, mit Binde „ 45—50 



Original frorn 

UNIVEKSrmjroCRKOT 








Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt VI, No. 3302 


I V. Jahrgang’ Berlin, IO. Hexei^ »er 1910 Xo.®50 

- - - . ■ ■ ■' - ‘-rM- -> - - ■ ' - - ’ 

Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor (Quartalsschluss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gosp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Itedaktion: 

H. Lohnstein und D r. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


An unsere Leser! 

Die „Allgemeine Medicinische CentrabZeitung“ beginnt demnächst ihren 80. Jahrgang. 

Sie wird auch in Zukunft an ihrem durch alle die Jahrzehnte ihres seitherigen Bestehens befolgten Programm, in erster Linie 
ein Organ des in der allgemeinen Praxis stehenden Arztes 
zu sein, getreulich festhalten und daher bemüht sein, alles praktisch Wissenswerte in geeigneter Form und angemesse¬ 
nem Umfang ihren Lesern darzubieten. Eine derartige Zeitung erfüllt heute noch mehr als früher ein Bedürfnis, denn 
bei der stetig gestiegenen und noch immer steigenden Flut der medizinischen wissenschaftlichen Produktion ist es einem 
einigermaßen beschäftigten Praktiker schon lange nicht mehr möglich, durch Studium auch nur der wichtigeren Original- 
^ arbeiten die ihn interessierenden Fortschritte des Wissens und Könnens an den Quellen aufzunehmen; er wird sich 
-daher in den meisten Fällen notgedrungen mit Auszügen aus der Originalliteratur begnügen, und aus dem gleichen 
Grunde wird auch der Spezialist eines Faches die Belehrung über das Neue der übrigen Wissensgebiete nicht ungern 
auf diesem Wege suchen. Diesem Bedürfnis Rechnung tragend, werden wir nach wie vor unsere 

besondere Sorgfalt dem Referatenteil 

widmen, wobei wir uns Vorbehalten, ihn durch passend gegliederte Anordnung des Stoffes für unsere Leser noch brauch¬ 
barer zu gestalten. 

Von dem Bestreben geleitet, das dargelegte Redaktionsprogramm einem möglichst weiten Leserkreise' zugute 
^ kommen zu lassen, hat sich, einer Anregung der Redaktion folgend, der mitunterzeichnete Verlag entschlossen, den 

Bezugspreis der „Allgemeinen Medicinischen Central-Zeitung“ noch weiter herabzusetzen; sie wird daher vom nächsten 
Jahre ab zum 

vierteljährlichen Abonnementspreis von M. 3,— 

ausgegeben werden. 

Für Inhalt und Umfang unserer Zeitung werden im übrigen die bisherigen Grundsätze maßgebend sein; wir 
geben uns dabei der Erwartung hin, daß unsere Leser auch durch eigene Einsendungen ihr Interesse an unserem Blatte 
betätigen. Auch zur Erörterung von 

— ärztlichen Standesangelegenheiten = 

stellen wir, wie wir noch ausdrücklich bemerken möchten, die „Allg. Med. Central-Zeitung“ den Kollegen jederzeit gern 
zur Verfügung. 

Redaktion und Verlag der „Allg. Med. Central-Zeitung“. 


Inhaltsübersicht. 

und im Cavum Douglasii. — von der Heide und Krösing. 
Die Bedeutung der Antitrypsinbestimmung für die Gynäkologie. 
-— Bardachzi: Zur liöntgentherapio der Uterusmyome, 
v Herff: Die kausale Behandlung einer Dystokie bei engem 
Becken. — Herzog: Ueber die Natur des Trachomerregers. 
— Schenk: Erfolge und Ziele in der Fürsorge für Trinker. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 23. November 1910. 
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. Sitzung vom 
28. November 1910. — 82. Versammlung Deutscher Natur¬ 
forscher und Aerzte in Königsberg in Pr. vom 18. 24. Sep¬ 
tember 1910. (Fortsetzung.) 

III. TlierapeutischeNotizen. M. in Gr, Ueber Urol und Urocol 
als Gichtmittel. — Goldschmidt: Ueber die Behandlung des 
Asthma bronchiale. - Haymann: Pantopon bei Geistes- und 
Nervenkranken. — Krösing: Heißluftduschen in der Gynä¬ 
kologie. 

IV. Bücli erschau. Bing: Aphasie und Apraxie. — Schmincke: 
Die Eintrittspforten der Tuberkulose in den menschlichen 
Körper. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 

gobung, soziale Medizin etc. — Universitäts wesen, Personal- 
nachrichten. — Kongreß- und Vereinsnachrichten.. Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. . 

VI. Amtliche Mitteilungen. Zu besetzende Stellen von Medizmal- 
beamten. — Personalia. 


J. Wissenschaftliche Mitteilungen. Lesser: Zubereitung | 
und Anwendung von Ehrlich-Hata 606. 

Blacher: Die Technik intravenöser Injektionen im kind¬ 
lichen Alter. — Schmidt: Beiträgo zum Studium der kutanen 
Allergien. — Pollnow: Ueber transitorische Amaurose. — 
Frank: Ueber eine seltene Art von Geschwüren nach Kampfer¬ 
ätherinjektionen. — Müh lens: Ueber einheimische Malaria 
quartana. — Focke: Ueber die Entstehung des spontanen 
Nasenblutens und seine Behandlung mit Digitalis. — Weiss: 
Ueber den heutigen Stand der Lehre vom Asthma. — Kuhle- 
mann: Schwere peritonitische Entzündungserscheinungen, 
hervorgerufen durch Bandwurm. — Knierim: Ueber eine 
seltenere Lokalisation von abgelagertem Schwefelblei (Blei- 
saum) bei chronischer Bleivergiftung. — Papaioannou: Ein 
Jahr Hautdesinfektion nach Grossich. — Pürckhauer: Ein 
Nachteil der Jodbenzindesinfektion. — Zweifel: Erfahrungen 
mit Lumbalanästhesie — Miclielsson: Ein Beitrag zur 
Lumbalanästhesie mit Stovain-Billon. — Schack: Ein neues 
Verfahren zur radikalen Beseitigung der Hämorrhoiden. — 
Hadda: Die Torsion des großen Netzes. — Tappeiner: 
Beitrag zur Kenntnis der tuberkulösen Pylorusstenose. — Blad: 
Ueber die Wirkungsarten und Indikationen der Gastroenter¬ 
ostomie. — Schloffer: Erfahrungen über Nieren- und Blasen¬ 
tuberkulose. — Hannes: Paraurethraler Absceß — geheilt 
durch Leukofermantiu-Injektion. — Weinbrenner: Zur ope¬ 
rativen Behandlung entzündlicher Adnexcrkrankungen. — 
Itosenstirn: Zur Präge der Krebsmetastasen in den Ovarien 











THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 50. 


746 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Zubereitung und Anwendung von 
Ehrlich-Hata 606. 

Vortrag, gehalten im III. Demonstrationsabend des Charlottenburger 
Aerzte-Vereins am 6. Oktober 1910. 

Von 

Dr. Fritz Besser. 

.Da« neue Ehrlich sehe Syphilisheilmittel i ein 
Arsenpräpiarat. und führt den Namen „606“, weil sic) Alter 
Hunderten von planmäßig hergestellten Arsenverbindi&ngem 
das 606. Präparat im Tierversuch bei der Spirillose der 
Hühner und Trypanosomenerkrankung der Mäuse als stark 
baktericid erwiesen hat, so daß die künstlich infiziertem 
Tiere durch eine einzige Injektion des Präparates 606 para¬ 
sitenfrei wurden und am Leben blieben. 

Die genaue Konstitution des Präparates ergibt sielt aus 
seinem chemischen Namen Dioxydiami.doarsenobenzol L ). 

Als solches komjnt das Präparat wegen seiner geringen 
Haltbarkeit nicht in den Handel, sondern als salzsaures Salz, 
nämlich als das Dichlorhydrat des Dioxydiamidoarseno- 
benzols. Es ist ein gelblich-weißes Pulver vom Aussehendes 
Dermatols und wird in kleinen Glasphiolen, luftdicht ('inge¬ 
schlossen, verabfolgt. Wegen der Zersetzlichkeit darf das 
Präparat erst kurz vor der Injektion der luftleeren Phiole 
entnommen werden, und die zur Injektion notwendige Zu¬ 
bereitung des Pulvers muß deshalb der Arzt selbst aus¬ 
führen. Die Zersetzung des Präparates muß durchaus 
verhütet werden, weil es sonst schwere Vergiftungserschei¬ 
nungen hervorrufen kann. Wird doch durch eine Injektion 
von 0,5 g des P(ulvers hinsichtlich des Arsengehaltes etwa 
das 50 fache der Maxim.aldos.is der arsenigen Säure ein¬ 
verleibt, ohne daß besondere Zeichen einer Arsenvergiftung 
zutage treten. Die Giftlosigkeit. beruht eben auf der eigen¬ 
artigen chemischen Kuppelung des Arsens in dom Prä¬ 
parate. Wird aber die Kuppelung durch Zersetzung des 
Präparates gelockert, so kann naturgemäß schwere Arsen- 
Vergiftung ernteten. 

Das Pulver ist in Wasser leicht löslich, und die wässerige 
Lösung sieht wie Pikrinsäurelösung aus. So verlockend es 
nun auch sein mag, das einfach in Wasser gelöste Pulver 
einzuspritzen, so muß man doch dringend davon abraten. 
Die einfach wässerige Lösung erweist sich zwar therapeutisch 
als äußerst wirksam und schwere syphilitische Ulcerationen 
werden mit zauberhafter Schnelligkeit zum Verschwinden ge¬ 
bracht. Die einfach wässerige Lösung macht aber große 
Schmerzen, da dieselbe stark sauer reagiert und ätzend an 
der Injektionsstelle wirkt. Eine starke Schwellung der In- 
jektionsstelle ist die weitere Folge, und bei intraglutäaler 
Injektion nehmen die Nates nicht selten unförmige Dimen¬ 
sionen an. Wenn die Patienten außer' Bett sind, wollen sie 
sich nicht hinlegen und wenn sie liegen, wollen sie nicht auf- 
stehen. Ich hatte einen Patienten, der sämtliche Verrich¬ 
tungen im Stehen absolvierte, da er sich nicht hinzu!egen 
getraute. 

Setzt man zu der sauren wässerigen Lösung Natronlauge 
hinzu, so fällt allmählich das neutrale Dioxydiamidoarseno- 
benzol aus, und man kann dann das Mittel als neutrale j 
Suspension injizieren. Man muß zu der sauren wässerigen 
Lösung so viel Natronlauge hinzusetzen, als gerade atts,- 
reicht, um blaues Lakmuspapier nicht mehr rot und rotes 
Lakmuspapier nicht mehr blau zu färben. Bei 0,5 g des 
in Wasser gelösten Pulvers sind etwa 0,36 ccm einer 20 pro- 
zentigen Natronlauge züzusetzen, um die neutrale Sus¬ 
pension zu erhalten. Die Injektion der neutralen Suspen¬ 
sion wird von Michaelis und Wechselmann zur 
Injektion empfohlen und verursacht weit weniger Schmerzen 
als die saure Lösung. 


i) CH 

CH A CH 

CH y CH 


C 8 H 6 = Beuzol 

C ß H 5 — As = As — C 8 H 5 — Arsenobenzol 
OH— C fl H 4 —As = As = C 8 H 4 — OH = Dioxy- 
arsenobenzol 

C 6 H a As = As C 8 H a <C \ jj — 


CH Dioxydiamidoarsenobeuzol, neutral, 

unlöslich, leicht zersetzlich 

HCl NH Ogi L As = As 0 8 H 3 <^j^jj — Dichlorhydrat des 

Dioxydiamidoarseuobenzols = Präparat 606, sauer, in H 2 0 
löslich. 


Setzt man zu der erhaltenen'neutralen Suspension mehr 
Natronlauge hinzu, so geht der Niederschlag in Lösung, und 
es entsteht, wieder eine klare Flüssigkeit von alkalischer 
Reaktion. Das Arsenpräparat ist als basisches Salz in 
Lösung gegangen. Die Injektion dieser schwach alka¬ 
lischen Lösung wird von Alt zur Injektion empfohlen. 

Eine weitere Anwendungsform stellen die öligen Sus¬ 
pensionen des Präparates dar. In einem sterilen Mörser 
wird das der Phiole entnominene Pulver äußerst fein zer¬ 
rieben und allmählich Unter fortwährendem Umrühren ent¬ 
weder durch A'ufkochon sterilisiertes Oleum olivarum (V o I kl 
oder Paraffinum liquidum (.Kromayer), oder Vas.enol 
(N a g e 1 s c h m i d t), oder Oleum amygdalarum H. I s a a c) 
oder Sesamöl (N e i s s e r) zugesetzt. Auf 0,5 g des 
Pulvers rechnet man ungefähr 5 ccm des öligen 
Vehikels. Man erhält auf diese Weise .eine re¬ 
mouladensaucenähnliche saure Suspension. Diese 
Art der Zubereitung ist verhältnismäßig einfach und wird 
meist gut vertragen. Die Schmerzhaftigkeit ist vielleicht am 
geringsten von allen genannten Applikationsarten. Der Ein¬ 
wand, daß die Resorption bei den öligen Suspensionen 
verlangsamt wird, ist richtig, allein der therapeutische Erfolg 
tritt ein und das ist die Hauptsache. 

Bei allen Injektionen des Präparates in ungelöster Form 
(also bei der neutralen wässerigen und der sauren öligen 
Suspension) muß man sich wegen Emboliegefahr nach dem 
Einstich der Kanüle, bevor man injiziert, erst vergewissern, 
ob die Kanüle nicht etwa in einer Vene steckt: Abnehmern 
der Spritze und Zusehen, daß nicht Blut aus der Kanüle 
träufelt. 

Nach der Injektion, welche Applikationsform auch ge¬ 
wählt sein mag, empfiehlt es sich, das Injektum durch leichte 
Massage zu verteilen. Zur Schmerzlinderung wird der Eis¬ 
beutel, zur Beschleunigung der Resorption warme Umschläge 
angewandt. 

Man injiziert subkutan, am besten subskapulär oder 
intramuskulär, d. h. intraglutäal. Für die neuerdings emp¬ 
fohlene intravenöse Injektion kommt nur die An¬ 
wendung des Präparates in alkalischer Lösung in Frage. 
Die komplizierte Technik muß praktisch erlernt werden. Da 
indessen bisher nicht erwiesen ist, das die intravenöse 
Injektion mehr leistet, ,so wird der Praktiker vorläufig von 
ihrer Anwendung Abstand nehmen. 

Ueber die anzuwendende Dosis sind die Ansichten noch 
geteilt. So viel steht fest, daß auch nach mehrfachen Injek¬ 
tionen von kleinsten Mengen bei ambulanter Behandlung 
selbst schwere syphilitische Prozesse glatt ab teilen, z. B. nach 
1—2 mal wöchentlich verabfolgten Mengen von 0,1 g, ähn¬ 
lich den Calomel- bezw. .Hg salicyl.-Injektionen. Andererseits 
ist bisher nicht erwiesen, daß durch eine einmalige In¬ 
jektion einer großen Dosis (0,5—0,7 g), auch nicht wenn die¬ 
selbe nach 6 Wochen wiederholt wird, eine vollkommene 
Therapie sterilisans, d. h. eine (wirkliche Ausheilung der 
Krankheit, nicht nur der Symptome, erzielt wird. 

Es würde zu weit führen, auf die Wirkungsweise 
des Mittels einzugehen, obgleich die Klärung dieser Frage 
nicht nur eine theoretische, sondern auch praktische Btv 
deutung hat. Wir verweisen auf unsere diesbezügliche 
Arbeit in der „Berl. klin. Wochenschrift“, No. 43. 

Bezüglich der Nebenwirkungen des Präparates 
haben wir schon auf die nach der Injektion (sich .einstellenden 
Schmerzen hingewiesen. Wenn dieselben auch bei manchen 
Anwendungsformell des Präparates geringere sind, so muß 
doch nochmals betont werden, daß die ,Sc,hmerzhaftigkei! 
so individuell verschieden ist, wie bei keinem anderen 
Heilmittel. Eine wirklich ideale Anwendungsform des 606 
existiert bis jetzt noch nicht. 

Häufig steigt am dritten Tage nach der Injektion die 
Temperatur an, um sich etwa drei Tage zwischen 38 39° 
zu halten. Dieses Fieber läßt jsich ungezwungen als Re¬ 
sorptionsfieber erklären. Schwindet es nach dreitägigem Be¬ 
stehen nicht von selbst, so genügt meist eine einmalige Dar¬ 
reichung von 0,3 Pyramidon, um eine dauernd normale 
Temperatur zu bewirken. 

Selten tritt bald nach der Injektion Schüttelfrost und 
hohes Fieber ein, welches gewöhnlich bereits am nächsten 
Tage geschwunden ist. 

Niehl selten stellen sich selbst noch Wochen und Mo¬ 
nate nach der Injektion Nekrosen an der Injektionsstelle 
ein; letztere sind besonders häufig nach Anwendung der 
neutralen wässerigen Suspension beobachtet worden. 



Der Bezug in Originalpackungen von 100, 50, 25, 10 und 5 Kilo schützt vor Fälschungen. 



neun eisenhaltiges mutterlaugen-Badesalz 


des Dr. med. Alwin Itlilller, Leipzig. 

Bestes Badesalz zur schnellsten T , rillBrtd ,« p, Bestes Badesalz zur schnellsten 

Herstellung non Solbädern im Bause. ' * Herstellung non Solbädern im Bause. 



6 s i(t den Ärzten [eit langem wohlbekannt, da[? [ich mit Solbädern bei der Behandlung vieler Krankheiten eine abhärtende 
[tärkende und heilende Wirkung erzielen lä(;t, wenn man den Wärmegrad, die Häufigkeit und den Salzgehalt des Bades jedem 
'einzelnen Krankheitsfalle anpafet. 


Eine grofse Zahl derer, denen vom Arzte der gebrauch von Solbädern verordnet werden mufr, i(t nicht in der glücklichen tage, 
einen geeigneten Badeort auffuchen zu können, da entweder die Jahreszeit oder die üerhältni[[e überhaupt daran hindern. Tm eigenen 
Reim bereitete Solbäder aber finden gegenwärtig noch viel zu wenig Uerwendung, weil die im Handel befindlichen Badejalze ent¬ 
weder zu teuer (ind, oder zu wenig Koch[alz oder wohl gar ähende Salze und grobe mecbani[cbe Uerunreinigungen enthalten. 

ln dem neuen eisenhaltigen tDutterlaugen--Bade[alze, das unter dem patentamtlich ge[chüßten Damen „Reurogen“ hergeftellt 
wird, i[t nun ein eben(o billiges wie durch [eine chemi[che Zu[ammen[etzung vorzügliches Badejalz zur Bereitung von Solbädern im 
Hau[e geboten, das (ich in hervorragendem IDafee auch zu häuslichen Uor- und Racbkuren für [olche Kranke eignet, deren 
Badeaufenthalt aus irgend welchem Grunde zu kurz beme((en werden muh- 

„Reurogcn“ hat deshalb als wefentlicber Jortfcbritt in der Ker[tellung von IRutterlaugen-Solbädern im Rause ärztlidier* 
[eits allgemeine Anerkennung gefunden. Es wird in bedeutenden Kurorten und vielen Spezialbeilanftalten zur Bestellung von 
Solbädern in ausgedehnter Weite verwendet und erhielt auf der Ausheilung für Uolksge[undheitspflege und Uolkswohlfahrt in 
Stettin die er[te Auszeichnung für verdienjtvolle Eei[tungen. 


Die Uorziige des „neurogen“ Kann man kurz in folgendem zusammenfassen: 

Das „Reurogen", das aus 73 Prozent Ghlornatrium, 25 Prozent Datriumfulfat und 2 Prozent einer üerbindung von Glyzerin 
mit Gifenoxydul be[teht, enthält den höchften Prozentfatz an Kochfalz, den Badejalz überhaupt enthalten darf, ohne verteuert 
werden zu mü([en- Es muf? daher unter dauernder Aufficht der Steuerbehörde angefertigt werden. 

Die völlige Abwejenheit ätjender Salze würde, falls es von ärztlicher Seite für nötig erachtet werden [ollte, [ogar die An* 
Wendung des „neurogen“ für Solbäder bis zu getätigten Cöjungen des Badewa((ers, al[o bis zu ca. 30 Prozent ermöglichen. 

Das Salz kann in fettem Zu[tande überall aufbewabrt werden, ohne Glatter anzuziehen oder gar zu zerfliehen; denn es i(t 
trocken aufbewahrt, gar nicht hygro[kopi[ch. Dabei lö[t es [ich {cbnell und völlig im Badewatter bis zum letzten Korn. 

lDutterlaugen*Solbäder aus „Reurogen“ bereitet, können, im Gegentaße zu vielen aus anderen Badetalzen berge(tellten Sol¬ 
bädern, in IRetallwannen verabreicht werden. Das Salz greift die[e Badewannen nicht an, weil es cbemifch neutral i(t. 

Das „Reurogen“ fühlt ticb wegen des reichen Glyzeringehaltes [owie wegen [einer Ausfcheidung in mikrofkopitchen Krittallen 
aus der IDutterlauge weicher und feiner an als Dünetifand und eignet [ich deshalb vorzüglich zu den von mir in die ärztliche Praxis 
eingeführten Salzabreibungen im Bade. In angenehmer Jorrn können die(e Abreibungen überhaupt nur mit dem weichen Reurogen- 
lttutterlaugen-Badesalze bewirkt werden. IDan kann nur jedem, der das „Reurogen“ zur Berjtellung von Solbädern benutzt, 
oder ]icb in Badeorten der natürlichen Solbäder bedient, anraten, auch diele Abreibungen einmal an ticb (elb[t zu erproben. Erft 
dann wird der Badende vergeben können, wie beträchtlich durch diele neue Behandlung die Wirkung der Solbäder erhöht wird. 

Sür das Reurogenlttutterlaugen-BadesalZ beheben diejelben Beilanzeigen wie für die natürlichen Solbäder. 6s t'lt dem¬ 
nach die Anwendung der „Reurogen-lRutterlaugen-Solbäder“ zu empfehlen: 

l. Bei vielen Gehirn-- und Rervenkrankbeiten, [o bei Blutandrang nach dem Kopfe, bei balbfeitigen Eäbmungen durch Hirn¬ 
blutungen, bei großer Reizbarkeit des Dervenlyttems, bei Krankheiten des Rückenmarks, z. B. Cabes dorsalis, bei Deuralgien 
{owie bei Hytterie und Reurastbenie. 


Die Rerren Ärzte werden gebeten, Reurogen nur in Originalpackungen von 100 , so, 25, io oder 5 Kilo zu verordnen. 
Diese Uerordnungsweise ist für das Publikum die billigste und schützt es vor Fälschungen. 




















2 . Bei allen auf entzündlichen Uorgängen beruhenden KranRheiten, bei denen es zu Ausjcbwibungen gekommen i(t, wie bei 
akutem und cbronitcbem Gelenkrheumatismus, Gicht, Rippenfellentzündung, puerperalen paramefrijcben Exjudaten der Becken-- 
organe, ebenjo wie 

3 . Bei vielen aRuten und chronischen TrauenRranRheiten, wie Wetrifis, Endometritis, Parametritis, Perimetritis, Oophoritis, 
Salpingitis, Eeukorrböe u[w„ bei flmenorrhöe und bejonders bei Dysmenorrhöe und prämenjtrualen Koliken junger IDädchen. 

4. Bei herz-, Blutgefäss , Bungen-, Leber-, Bieren-, Prostata- und BlasenerRrankungen. 

5. Bei KinderRranRheiten, wie Skrofuloje, Rachitis und bei allgemeinen Ernäbrungsjtörungen, wie Blutarmut und Bleicbfucht. 

6. Bei KfanRheiten der Baut, fo bei rauher und [pröder Baut, bei Schuppen- jowie Kleienflechten (Pjoriajis, Pityriajis) und Ekzemen, 
wie auch zur llnterjtühung bei Inunktionskuren. 

7- Tn Fällen, wo es (ich um Erzielung einer allgemeinen Kräftigung der Konstitution von Kindern und Erwachsenen handelt- 
Gleich den Solbädern werden auch die mit „Beurogen“ bereiteten ITJulterlaugen-Solbäder am zwedcmä[;igjten unter ärztlicher 

Anleitung genommen. 


Etipzig, Dorofbecnplats 5. 

Jernfprecher Dr. 956$. 


Dr. mcd. Jllwin Müller. 


Gebraucbsanweijung. 

Cemperatur der Bäder Die Cemperatur der Bäder, die in IDetallwannen verabreicht werden können, halte fich in den Grenzen 
von 25—29° R oder 31—36° 0, je nach dem individuellen Wärmebedürfnis des Badenden, vorausgejeht, dajr vom Arzte 
nicht andere Wärmegrade vorgejchrieben werden. 

Uerhältniszahlen des Wassers und Salzes. Da zu einem Uollbade für einen Erwachjenen 200 250 Liter Wasser gebraucht 
werden, jo bedarf man 

8—10 Kilo zu einem Beurogen-lButterlaugcn-Solbade mit 4 Prozent Salzgehalt 

6—7,5 „ „ „ „ „ „ „ 3 

4 5 ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, 2 ,, ,, ujw. 

StärRe der Bäder, JUr Erwacbjene {ollen 4prozentige Solbäder im allgemeinen die Regel bilden. Ohne bejondere Uerordnung des 
Arztes braucht man aber dielen Prozentjab auch nicht zu überjchreiten. Wer ganz genau verfahren will, (teile vor Beginn der 
Kur fejt, wie viel Eiter Wajjer im (peziellen Jalle zu einem Bade notwendig find, und berechne die Wenge des nötigen Salzes. 

Kinderbäder. Bei Kinderbädern verfahre man ebenjo. Die Stärke eines jolcben Bades gehe ohne ärztliche Uerordnung nicht über 
2—3 Prozent. 

Spülungen, Sitz- und Tussbäder. Die Stärke der Sitzbäder und der Spülungen bejtimmt der Arzt in jedem einzelnen Talle. 
Zu Jujjbädern wird meijt 1 Kilo „fieurogen“ genügen. 

Kohlensäurebädern tollte man jtets 3 Prozent (d. i. 6—7,5 Kilo) ßeurogen zuleben. Sie wirken dann bei Berz- und nerven¬ 
kranken erjicbtlicb bejjer als einfache Kohlenjäurebäder. 

Diät. Wenn auch in der Regel eine jogenannte „jtrenge Diät“ beim Gebrauche die{er Bäder nicht eingehalten zu werden braucht, 
jo vermeide man doch während der Dauer der Kur möglichjt den Genuj? jcharf gewürzter Speijen, alkoholijcher Getränke jowie 
jtarken Kaffee. Kranke müjjen (elbjtverjtändlicb die bejonderen Diäfvorjcbriften ihres Arztes genau befolgen. Wan gebe 
nie mit vollem Wagen in das Bad und bleibe im allgemeinen nicht länger als 30, höcbjtens 45 Winuten darin. 

saizabreibungen. Böcbft angenehm, die pbyfiologifcbe und tberapeutifcbe Wirkung der „Heurogen“- 
Bäder erbeblicb verftärkend und die Bautätigkeit mächtig anregend und befördernd find 
ein- bis zweimal zu wiederholende Abreibungen mit dem Salze während jedes Bades, 
man nehme dazu Salz in die hohle Band oder auf den lüafchfleck, feuchte es an und 
frottiere damit fanft alle Körperteile. Süir Abreibungen des Rückens bediene man fich 
eines Cuffabandes, das man im naffen Zuftande dick mit „fieurogen“ beltreut. 

IBassago. Auch Wajjagc, die der Badende meijt felbjt ausfübren kann, erhöbt die Wirkung des Bades. 

Dusche. Bevor man das Bad verläjrt, ijt eine kurze Dujcbe meijt dienlich, vorausgejeht, dajr jie dem ärztlichen Beilplane entjpricbt. 

Kühe nach dem Bade, nach dem Bade ruhe man, womöglich liegend, eine halbe bis eine ganze Stunde und bewege [ich jodann, 
wenn möglich, ein bis zwei Stunden in frijcber Euff. 

Das neue IButterlaugen-Badesalz „neurogen“ ijt durch alle Apotheken und Drogenhandlungen in plombierten Säcken ä 100, 
50, 25,10 und 5 Kilo zu beziehen. Um jicb vor minderwertigen ITacbabmungen zu (cbiiben, verlange man ausdrücklich 
neurogen in Originalpackungen. Diele müjjen mit der Plombe und der Aufjchrift Dr. med. Alwin Wüller, Eeipzig, Heues 
eijenb. Wutterlaugen-Badejalz „Beurogen" verjeben lein. 100 Kilo jind ausreichend für zehn bis zwölf Wutterlaugen-Sol- 
bäder von 4 Prozent Salzgehalt. Apotheken und Drogenhandlungen. 

Das neue IButterlaugen-Badesalz „Beurogen“ ijt auch zu beziehen durch: 

Haupt-Depot: 



Dr. M. 


Lehmann, Berlin, 


NW., Dortmunder Strasse 11/12 
C., Heiligegeist-Strasse 43/44 


Telefon: Amt II, 490 u. 5590. 
Telefon: Amt I, 4175 u. 4T?6. 


r’ffiKRIIT 




No. 50. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


747 


Y.on den inneren Organon ist besonders aul das Herz 
zu achten, da vorübergehende Pulsarhythmie nach meinen 
Beobachtungen nicht selten ist. Die Injektion größerer 
Dosen darf niemals bei ambulanter Behandlung erfolgen. 

Weitere unangenehme Nebenwirkungen haben wir nie 
beobachtet, insbesondere traten niemals die a priori her 
fürchteten Störungen seitens des Opticus ein. 

Die Anwendung des Mittels erscheint uns indi¬ 
ziert in allen Fällen, wo es auf eine besonders schnelle 
Wirkung ankommt, d. h. bei Lokalisation syphilitischer Pro¬ 
zesse — sofern dieselben noch der Rückbildung fähig 


sind in lebenswichtigen Organen und bei Lokalisation 
syphilitischer Prozesse an Stellen, wo eine weitere Ueber- 
tragbarkeit der Krankheit besonders zu fürchten ist, ferner 
in allen Fällen, wo Sich Quecksilber und Jod refraktär er¬ 
weisen. Wir dürfen es selbstverständlich in jedem Falle 
von Syphilis injizieren, da das Mittel auf alle Symptome 
und in allen Stadien der Syphilis wirkt, vorausgesetzt natür¬ 
lich, daß es sich nicht um schon abgelaufene Prozesse 
mier um besonders geschwächte Individuen handelt. 

Last not least ist es wohl selbstverständlich, daß die 
Injektion streng aseptisch vorgenommen wird. 


Dr. W. Blacher (St. Petersburg): Die Technik intravenöser In¬ 
jektionen im kindlichen Alter. (Münch, med. Wochenschrift, 

1910, No. 42.) 

Intravenöse Injektionen bei kleineren Kindern sind aus 
leicht erkennbaren Gründen mit mancherlei Schwierigkeiten 
verbunden; um die Operation zu erleichtern, geht Verfasser 
folgendermaßen vor: Das Kind wird auf einen Operationstisch 
gelegt, an dem nicht weit vom Kopfende auf jeder Seite ein 
Armhalter (Brettchen von 25 cm Breite und 60 cm Länge) zum 
Aufklappen angebracht ist. Der Arm des Kindes liegt also 
senkrecht zur Längsachse des Körpers. Eine Pflegeschwester 
hält den Rumpf mit Fixierung des Schultergelenks, eine zweite 
fixiert den Vorderarm. Man legt nun me elastische Binde 
einfach um die äußere Seite des Oberarmes und verbindet die 
freien Enden an der Innenseite des Oberarms mittels einer 
Kocher sehen Klemme. Bei kleinen Kindern (bis zu 4 Jahren) 
muß in der Regel die Vene in der Ellenbeuge zur intravenösen 
Injektion freigelegt werden. Nachdem das Fettpolster mittels 
Scnere entfernt ist, wird die Vene aus ihrer Fascienscheide 
gelöst und in einem eigens konstruierten Venenhalter (wie bei 
uer Unterbindung größerer Gefäße) fixiert. Zur Injektion selbst 
bat Verfasser einen besonderen Apparat konstruiert; dieser 
besteht aus einem Metallzylinder und einem Metallkolben und 
hat die Größe einer 3 ccm fassenden Pravazspritze. Der 
Zylinder hat 3 Oeffnungen; eine Oeffnung ist mit einem Ansatz 
für die Kanüle versehen, die zweite Oeffnung, gleichfalls mit 
einem Ansatz versehen, ist für die Verbindung mit dem die 
Injektionsflüssigkeit enthaltenden Apparat bestimmt, die dritte 
Oeffnung zum Austreten des nach der Venenpunktion erschei¬ 
nenden Blutes. Nachdem die Vene punktiert ist und sich Blut 
in der Austrittsöffnung zeigt, wird der Stempel langsam einge¬ 
drückt und die lnjektionsflussigkeit gelangt m die Vene. (Vor¬ 
her wird der Apparat mit dem die Injektionsflüssigkeit ent¬ 
haltenden Gefäß verbunden.) Nach Beendigung der Injektion 
wird eine Naht und ein trockener Verband angelegt. K. L. 

Dr. Hans Schmidt: Beiträge zum Studium der kutanen Allergien. 

(Archiv für Kinderheilkunde, Bd. 53, S. 349.) 

Verfasser ging der Erwägung nach, ob sich Substanzen von 
Nährstoffcharakter oder deren Derivaten gegenüber bemerkens¬ 
werte Verschiedenheiten der Reaktion bei kutaner Einbringung 
ergeben. Er brachte verschiedene Nährstoffgemenge in die 
durch Pirquet sehe Bohrungen oberflächlicn lädierte Haut 
von Gesunden und Kranken. Er benutzte das bekannte „Puro“, 
ferner mit Pankreas vorverdautes Puro und schließlich 
Backhausmilch, ln der Tat findet man nach mehreren Stunden 
an der Applikationsstelle häufig eine Reaktion. An den 100 
geimpften f ällen ließen sich keine Beziehungen zwischen dem 
Ausfall der Proben und vorliegenden Krankheitszuständen oder 
Konstitutionsanomalien hersteilen. Die untersuchten Kinder 
litten au Skrofulöse und Tuberkulose, Lues congenita, akuten 
Infektionskrankheiten, Ekzem, Ernährungsstörungen, funktionel¬ 
len Neurosen, einschließlich spasmopüiler Zustande, neuro- 
lymphatischer Diathese usw. — Wenn man die Geimpften nach 
dem Alter ordnet, so sind die Ergebnisse mit steigendem Alter 
häufiger positiv. Die Häufigkeit der Reaktion auf die genann¬ 
ten Nährstoffe wäre hiernach eine Funktion des Alters. Audi 
der statistische Versuch, den positiven Ausfall der Reaktion mit 
überstandenen Infektionskrankheiten in Zusammenhang zu 
bringen, ergibt kein einheitliches Resultat. R. 

Dr. Leo Pollnow (Königsberg i. Pr.): Ueber transitorische 

Amaurose. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 42.) 

Verfasser berichtet zunächst über einen wegen seiner Sel¬ 
tenheit bemerkenswerten Fall. Ein 12 jähriges Mädchen er¬ 
krankte 18 Tage nach der Schutzpockenimpfung an einer 
doppelseitigen Neuritis optica mit einzelnen Netzhautblutungen; 
das Sehvermögen sank m wenigen Tagen soweit, daß beider¬ 
seits völlige Amaurose bestand. Im Urin fand sich etwas Ei¬ 
weiß. In wenigen Tagen hatten sich auf beiden Augen ausge¬ 
sprochene Stauungspapillen ausgebildet. Ini Laufe von vier 
Wochen ging die Papillitis sehr allmählich zurück, das Seh¬ 
vermögen war wiedergekehrt und betrug bei der Entlassung 
aus der Klinik rechts V 18 bis ‘■Ja, links ‘Im bis In den 
nächsten 4 Monaten liob es sich auf etwa 4 / B und nach weiteren 


4 Monaten betrug es rechts */„ links J /„: Es bestehen noch ge¬ 
ringe Residuen von Neuritis optica mit leichter Atrophie der Nervi 
optici. Ob für diese Neuroretinitis die Impfung ätiologisch in 
Betracht kommt, ist nach Verfasser sehr zweifelhaft; nach den 
angestellten Ermittelungen sind bei vielen Tausenden von 
Impfungen, die mit der gleichen Lymphe vorgenommen 
wurden, keinerlei wesentliche Störungen vorgekommen; da¬ 
gegen kamen unter den geimpften Kindern einige Anginen vor; 
möglicherweise hatte die Patientin ebenfalls eine Angina ge¬ 
habt; jedenfalls hatte sie 3 Tage nach der Impfung Fieber be¬ 
kommen. Nach schweren Anginen werden zuweilen ähnliche 
Augenaffektionen beabachtet. im Anschluß an diesen Fall be¬ 
richtet Verfasser über 2 Fälle von transitorischer Amaurose, 
die er vor mehreren Jahren bei zwei Geschwistern (Knaben) 
beobachtete, welche an Scharlachangina ohne Ausschlag er¬ 
krankt waren. Albuminurie war nur in dem einen Fall vor¬ 
handen. Die Sehstörungen traten hier 6—8 Wochen nach der 
Scharlachangina auf. ln beiden Fällen ging die Amaurose in 
1—2 Tagen vorüber und wurde das Sehvermögen in wenigen 
Tagen wieder normal; ophthalmoskopisch zeigte sich nur röt¬ 
liche Verfärbung der medialen Papillenhälfte mit teilweise ver¬ 
waschenen Grenzen. Spätere Untersuchungen ergaben, daß die 
Sehschärfe normal blieb; es fanden sich aber bei dem einen 
Knaben mehr, bei dem anderen weniger Glaskörpertrübungen. 

R. L. 

Dr. med. Georg Frank, Assistenzarzt beim Husarenregimen l 
v. Ziethen in Aathenow: Ueber eine seltene Art von Ge¬ 
schwüren nach Kampferätherinjektionen. (Medizinische 
Klinik, 1910, No. 41.) ' 

Ein Husar war an schwerem Scharlach erkrankt. Als nach 
zwei Tagen Kollapserscheinungen auftraten, wurde er au der 
Streckseite des rechten Unterarmes mit Kampferäther 1,0:10,0 
gespritzt. Sieben Tage darauf trat eine Verfärbung der 
Haut an einer Stelle des rechten Unterarmes auf, und nach etwa 
zwei Tagen bildete sich daselbst ein ungefähr dreimarkstück- 
großes Geschwür, das mit einem scharfrandigen Wall umgeben 
und dessen Grund grauweiß belegt war. Der Rand des Ge¬ 
schwürs fiel steil ab und war von seiner Unterlage zirka 2—3 cm 
abhebbar. Verdacht auf Tuberkulose und Sypnilis war auszu¬ 
schließen, wie auch die Untersuchungen darauf negativ blieben. 
Die mikroskopische Untersuchung des Sekrets ergab keinen 
bakteriellen Befund; ebenso übte die Impfung eines Kaninchens 
mit dem Sekret weder auf das Allgemeinbefinden desselben, 
noch lokal irgendwelche Wirkung aus. Das Geschwür, dessen 
Rand sich senr langsam anlegte, wurde erst mit Jodoformgaze 
tamponiert und troenen verbunden, später mit schwarzer Salbe, 
darauf mit Tannoform lind, als die gewünschte Wirkung immer 
noch ausblieb, mit Kampferwein, nacn vorausgegangeneii Seifen¬ 
bädern, behandelt. Nacndem sich der Geschwürsgrund ganz ge¬ 
reinigt hatte, traten Granulationen auf. Der Hautrand dagegen 
blieb noch scharfkantig lind abhebbar. Innerlich Kal. jod. üote 
keinen Einfluß aus. Jetzt wurde auf die Schwarzsalbe zurückge- 
griffen, und nach weiteren 8 Tagen legte sich der nach der Hand 
zu gelegene Rand des Geschwürs an, und es begann von diesem 
Rande aus nach den Granulationen zu eine leichte Ueberhäutung 
einzutreten. Der sonstige Rand war nur noch 2 mm unterriiiniert 
und scharfkantig, ln den folgenden Tagen machte die Ueber¬ 
häutung nur langsame Fortschritte. Das Geschwür wurde jetzt 
mit Höllenstein touchiert und trocken verbunden. Da die Ueber¬ 
häutung keine Fortschritte machte, versuchte man durch Jodo- 
formgazetaiiiponade und ßleiwasserumschiäge die Heilung zu 
beschleunigen. Unter dieser Behandlung begann die Ueber¬ 
häutung scüneller vor sich zu gehen, und nach weiteren acht 
Tagen war eine völlige Heüung vorhanden. Die Zeitdauer der 
Heilung des Geschwürs hatte im ganzen sechs Wochen gedauert. 
— Die Entstehungsursache für das Geschwür wäre wohl nicht 
festgestellt worden, wenn nicht kurze Zeit darauf bei einem 
anderen Patienten, der wegen schweren akuten Gelenkrheu¬ 
matismus mit Herzkomplikationen behandelt und ebenfalls 
wegen Kollapserscheinungen mit Kampferäther gespritzt 
worden war, acht Tage danach ein genau ebensolches Geschwür 
an der Streckseite des Unterarmes aufgetreten wäre. — Nach 
Kobert wäre die in diesem Falle beobachtete Nebenwirkung 
lediglich dadurch zustande gekommen, daß nicht ölige, sondern 
ätherische Lösung des Kampfers verordnet wurde. K r. 






748 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 50. 


Marine-Oberstabsarzt Prof. Dr. P. Miihlens (Wilhelmshaven): 

Ueber einheimische Malaria quartana. (Deutsche med. 

Wochenschrift, 1910, No. 42.) 

Verfasser weist darauf hin, daß in einzelnen Gegenden 
Nordwestdeutschlands Malaria tertiana noch ziemlich häufig 
vorkommt, und vereinzelt auch einheimische Malaria quartana. 
Er selbst hatte erst in diesem Jahre Gelegenheit, 2 halle von 
Malaria quartana durch die Blutuntersuchung festzustellen. In 
dem einen Falle handelte es sich um eine 37 jährige Frau, in 
dem anderen Falle um ein 6 Monate altes Kind, dessen Mutter 
selbst an Malaria litt. Bei diesem Kinde leistete Z i m m e r sehe 
Chininschokolade (Chinin, tannic.) zunächst gute Dienste (Dosis 
2—3 mal tägl. 0,05 g), konnte aber Rezidive nicht verhüten. Zum 
Nachweis der Malariaparasiten empfiehlt .Verfasser als be¬ 
sonders brauchbar die von Dempwolff modifizierte Ross- 
Rugesche Tropfenmethode. Diese wird folgendermaßen ge- 
handhabt: Auf fettfreie, gut gereinigte Objektivträger werden 
an 2 Stellen dicke Blutstropfen in etwa 1—2 cm Breite aus der 
Einstichstelle am Ohrläppchen aufgetupft. Die Präparate 
müssen dann ohne wesentliche Erschütterungen in horizontaler 
Lage gut lufttrocken werden. Das dauert bei Zimmertemperatur 
meist 2—4 Stunden. Ohne jede Fixierung werden nun die Prä¬ 
parate mit Giemsa-Lösung in der üblichen Verdünnung 
(1 Tropfen auf 1 ccm destill. Wassers) übergossen. Nach einer 
halben Stunde Abgießen der Färbeflüssigkeit und vorsichtiges 
Entfernen der Reste durch mehrmaliges Eintauchen in ein Glas 
Wasser. Aufstellen der Präparate zum Lufttrocknen, nicht 
zwischen Fließpapier trocknen. Untersuchung mit Oelimmer- 
sion. Da das Wasser der Farblösung die roten Blutkörperchen 
ausgelaugt hat, erscheinen nur die Leukocyten (dunkelviolett) 
und Blutplättchen (violett) sowie die Parasiten gefärbt, und 
zwar blau mit Pigment und leuchtend rotem Chromatin. — 
Nach Verfasser sollte man in Gegenden, in denen früher Ma¬ 
laria vorkam, bei jeder unklaren Fiebererkrankung an Malaria 
(insbesondere auch Quartana) denken. R. L. 

Dr. Focke (Düsseldorf): Ueber die Entstehung des spontanen 

Nasenblutens und seiner Behandlung mit Digitalis. (Die 

Therapie der Gegenwart, September 1910.) 

Fast alle Rhinologen neigen in bezug auf den histologischen 
Hergang der Epistaxis der Meinung zu, daß eine Rißblutung, 
Koniinuitätstrennung eines Gefäßes vorliege. Verf. legt dar, daß 
es sich um eine Blutdiapedese handle. Zunächst sind gesunde 
Gefäße, auch die kleinsten, viel zu elastisch, als daß sie spontan, 
d. h. aus inneren Ursachen reißen könnten; und ihre Er¬ 
krankung, z. B. durch eine infektiöse Embolie, ist, besonders in 
jüngeren Jahren, verhältnismäßig so selten, daß sie für die Er¬ 
klärung der häufigen Epistaxis kaum in Betracht kommt. Daß 
ferner beim Losreißen angetrockneter Sekretborken ein Gefä߬ 
riß entstehen sollte, ist sehr unwahrscheinlich, weil in die Borke 
ja kein Gefäß eintritt.. Auf der anderen Seite steht es dagegen 
fest, daß in den weichen Geweben bei einer durch Stauung ver¬ 
ursachten Erhöhung des venösen und kapillaren Blutdruckes die 
Wandzellen der Kapillaren zwischen sich sehr leicht kleine 
Spalten bilden, um Blutkörperchen und Plasma in das Gewebe 
austreten zu lassen. Diese Blutdiapedese wird damit zu einer 
Art von Ventileinrichtung. Der Austritt kann schnell geschehen 
und sich an derselben Stelle schnell wiederholen. Was nun die 
Frage nach der eigentlichen Ursache der örtlichen Zirkulations¬ 
störung, der Stauung in der Nase betrifft, so konnte Verf. unter 
seinen etwa 120 Fällen nur bei einzelnen als Ursache in der 
Nase eine Tumorbildung finden. Häufiger waren Stauungen 
durch Kleiderdruck am Hals oder in der Taille oder an beiden 
Stellen; auch Verdauungsstörungen mit Darmtympanie, wo¬ 
durch der Thoraxraum verengt wird, spielten manchmal eine 
Rolle. Eigentliche Herzstörungen (bedingt durch Klappenfehler, 
Arteriosklerose oder chronische Nephritis) bestanden bei sechs 
oder sieben Patienten; in gleicher Häufigkeit fanden sich 
nervöse Herzbeschwerden. Die gewöhnlichste Grundlage war 
aber eine hydrämische Plethora. Dementsprechend war die 
größte Gruppe die der Chlorotischen mit ihrer vasomotorischen 
Labilität im Alter der Pubertätsentwicklung. Diese Gruppe 
stellt nach allen Autoren das Hauptkontingent zur Epistaxis. ln 
vielen Fällen wurden die Nachteile, die aus der Konstitution für 
den Kreislauf hervorgingen, noch verstärkt durch Fehler der 
Lebensweise, wie z. B. überreichen Kaffeegenuß. Alles in allem 
bestand bei wenigstens 'Ir, der Fälle für die örtliche Stauung ein 
Anlaß in allgemeinen Zirkulationsstörungen. Hiernach hat Ver¬ 
fasser die Tnerapie eingerichtet. Wenn bei der akuten Behand¬ 
lung die üblichen Maßnahmen, das Lösen beengender Kleider 
nebst dem flachen Andrücken des Nasenflügels gegen das 
Septum bei bequemem Sitzen und ruhigem Atmen, gegebenen¬ 
falls auch eine hydropathische Ableitung, z. B. kalte Kompresse 
auf Nacken nicht genügt, so fragt es sien, was weiter zu tun ist. 
Die Rhinologie benutzt vor allem die chemische oder thermische 
Kaustik, mit der man zweifellos die blutenden Stellen oft zum 
Verschluß bringen kann, besonders wenn man einen blutenden 
Punkt sieht. Weil man letzteren aber nicht oft sehen kann und 
weil, selbst wenn er zu sehen ist, auch nach der Kaustik manch¬ 


mal noch tamponiert werden muß, so verzichtet Verf. meistens 
auf die Kauterisation ganz und führt lieber die vordere Tam¬ 
ponade mit weißer Gaze aus. Sobald die akute Blutung gestillt 
ist, betrachtet Verf. es als die Hauptaufgabe des Arztes, den 
Kreislauf zu regeln, um dem Rückfall des Blutens vorzubeugen. 
Zur Kreislaufregelung werden natürlich zuerst die Fehler der 
Diät abgestellt, was manchmal schon allein zum Erfolge genügt. 
Bei Stunlverstopfung wird mit einem Abführmittel angefangen, 
und im übrigen wird die Aufnahme erregender Speisen (Ge¬ 
würze, Eier, Fleisch) und Getränke eingeschränkt, letzteres z. B. 
durch ein mehrwöchiges gänzliches Verbot des Bohnenkaffees. 
Dagegen werden Gemüse, Obst, Butter, Milch, Malzkaffee mehr 
herangezogen. Hierzu kommt für die ersten Tage eine Arznei- 
veroretnung, teils weil die Diät besser befolgt wird, wenn an sie 
durch eine Arzneivorschrift erinnert wird, teils weil die Diät 
allein oft nicht genügt. Nichts hat hier so gut gewirkt, wie die 
Digitalis. Als nie beste Form der Digitalistherapie hat Verf. 
immer wieder den Blätteraufguß gefunden, und zwar seit 1903 
das „Inf. fol. Digit, titr.“. Als gleichwertig hat er in den letzten 
Jahren auch das „Digitalysat Bürger“ schätzen gelernt. Ver¬ 
fasser betrachtet 0,7—0,8 g der Folia Digit, titr. im Infus als 
Gesamtdosis, wenn sie in zwei Tagen verbraucht wird, oder 
drei Tage lang 3 mal täglich 20 Tropfen Digitalysat gegen das 
Nasenbluten der Erwachsenen als meistens ganz ausreichend. 
Der Erfolg blieb nur 2 mal ganz aus. Was ctie Erklärung der 
überraschenden Wirkung der Digitalis betrifft, so handelt es 
sich nach Verfassers Ansicht um üie gewöhnliche Wirkung, die 
die Digitalis in mäßigen Gaben überhaupt ausübt: Die Störung 
in der Zirkulation und Verteilung des Blutes wird aufgehoben, 
die venöse mid kapillare Stauung verschwindet. Die Kreislauf¬ 
regelung ist die beste kausale Therapie des Nasenblutens. K r. 

Dr. Oskar Weiß, leitender Arzt der Dr. Brügelmannsehen 
Klinik zu Südende-Berlin: Ueber den heutigen Stand der 
Lehre vom Asthma. (Die Therapie der Gegenwart, Okto¬ 
ber 1910.) 

Verf. gibt eine Darstellung der B r üg el m a nn sehen 
Asthmatherapie. Nach Brügelmanns Aulfassung kann ein 
Asthmaanfall nur durch die Reizung des Respirationszentrums 
zustande kommen; ohne Reizimg des Respirationszentrums kein 
Asthma. Wodurch nun wird das Respirationszentrum gereizt? 
Die Reizung des Respirationszentrums kommt auf traumati¬ 
schem, reflektorischem und toxischem Wege zustande. Bezüg¬ 
lich des ersten Weges erinnert Verf. nur an das bekannte Vor¬ 
kommnis, daß einem Menschen vor Angst und Schreck der Atem 
stockt. Die asthmatische Angstneurose zeigt den fürchterlich¬ 
sten Grad von Asthma, den wir kennen. Durch ein solches 
Trauma cerebri wird das ganze Gehirn schwer gereizt, also 
auch das Respirationszentrum. Reflektorisch kann das Respi- 
rationszentrum von allen Organen aus gereizt werden. Drittens 
kommt die toxische Wirkung des Blutes in Betracht, die 
anormale Ernährung des Zentralorgans und somit des ge¬ 
schwächten Respirationszentrums. Dies wird der Fall sein bei 
allen Zuständen, bei denen eine Vermehrung der Kohlensäure 
im Blute eintritt, also bei Herz- und Nierenkrankheiten, Ple¬ 
thora, Respirationshindernissen. etc. Legt man diese Auf¬ 
fassung dem therapeutischen Handeln zugrunde, so leuchtet 
ein, daß wir bei jedem neu eintretenden Asthmatiker bestrebt 
sein müssen, die Hauptfrage zu beantworten: Wodurch wird im 
konkreten Fälle das Respirationszentrum gereizt? Ohne weite¬ 
res werden z. B., wenn eine Psychose oder eine Hysterie das 
Zentralorgan belastet und das Respirationszentrüm in Mitleiden¬ 
schaft zieht, Maßnahmen, wie Nasenbehandlung oder Glüh¬ 
lichtbäder oder Atemübungen, wodurch das Zentralorgan eher 
beunruhigt als beruhigt wird, unterlassen, da sie mehr schaden 
als nützen werden. Andererseits ist, wenn eine Nasenaffektion 
(beispielsweise Polypen) vorliegt, es als schwerer Kunstfehler 
zu bezeichnen, vor jeder anderen Behandlung eine gründliche 
galvanokaustische Ausräumung der Nase nicht vorzunehmen. In 
den allermeisten F’ällen, wenn das Asthma nicht allzu lange 
besteht und dadurch dem Körper indirekt schwer geschadet 
hat, wird mau mit der rhinoskopischen Behandlung ausreichen. 
Liegt aber ein Uterinleiden vor und ergibt die Anamnese, daß 
bei der Regel oder Kohabitation jedesmal mehr oder weniger 
erhebliches Nasenlaufen und Asthma eintritt, so wird man die 
Nase nur als sekundär erkrankt betrachten und sein ganzes Au¬ 
genmerk den Geschlechtsorganen zuwenden und durch Dilatation 
der krampfhaft kontrahierten Cervix, durch Behandlung des 
erkrankten Endometriums oder durch Repositionen der Ge¬ 
bärmutter, Lösen von Verwachsungen und lageverbessernde 
Operationen (Alexander-Adams, Vaginae fixatio usw.) Ruhe 
schaffen, mit einem gewöhnlich in bezug auf das Asthma 
geradezu zauberischen Erfolge und sofortigem Aufhören des 
Nasenflusses. Zeigt uns aber ein Asthmatiker eine Störung der 
Herztätigkeit, so sprechen wir von einem Herzasthma, müssen 
aber von vornherein die Differentialdiagnose stellen, ob es sich 
um eine funktionelle Herzneurose (Neurasthenia cordis) oder 
um ein Vitium cordis handelt. Im ersten Fälle werden wir 
suggestiv beruhigen und durch Pneumatotherapie, Hydro 



No. 50. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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therapie und Diät im weitesten Sinne das Respirationszentrum 
entlasten; im zweiten Falle werden wir durch Digitalis, Stro- 
phanthus, heiße Bäder, Atemgymnastik usw. der Ausbreitung 
des Vitium Vorbeugen und durch Beseitigung der Intoxikation 
des Blutes den Reiz auf das Respirationszentrum beseitigen. 

i 

Dr. Kuhlemalin (Uslar): Schwere peritonitische Entziindungs- 
erschemiuigen, hervorgerufen durch Bandwurm. (Medizini¬ 
sche Klinik, 1910, Nö. 43.) 

Verf. wurde zu einem 12 jährigen Knaben gerufen, der nach 
gut durchschlafener Nacht plötzlich von heftigen Leibschmerzen 
befallen wurde. Die Berührung des Leibes war außerordentlich 
schmerzhaft, namentlich im rechten Hypochondrium dicht unter 
dem Rippenrande. Genauere tiefe Palpation war wegen der 
großen Schmerzhaftigkeit und der starken Muskelspannung nicht j 
möglich. Die Blinddarmgegend war frei von einem Tumor und j 
nicht besonders empfindlich. Die Temperatur betrug 38,5 °, [ 
der Puls 112 pro Minute. Diagnose: Beginnende Peritonitis in 
der Gegend des rechten Hypochondriums, Ursache unbekannt. 
Therapie: Kleine Opiumdosen zweistündlich und feuchter lauer 
Umschlag. Nahrungsenthaltung. Abends war die starke Muskel¬ 
spannung infolge der Opiumgaben zurückgegangen; der Leib 
war im ganzen aufgetrieben; die allgemeine Schmerzhaftig¬ 
keit des Leibes hatte nachgelassen; nur unterhalb des rechten 
Rippenbogens war der Leib in der Ausdehnung einer kleinen 
Hand besonders stark vorgewölbt und umschrieben druck¬ 
empfindlich. Die Temperatur betrug 39,8 0 C., der Puls 120 
pro Minute.' Kein Stuhlgang, kein Erbrechen. Am nächsten 
Tage war geringe Besserung aller Symptome vorhanden, das 
Fieber sogar gänzlich geschwunden. Der Leib trotz Zurück¬ 
haltung des Stuhlganges klein und weich, nur geringe um¬ 
schriebene Druckempfindlichkeit noch in der rechten Seite. Auf 
Oeleinlauf und Rizinusöl erfolgt abends etwas dünner Stuhl. 
Die Nacht verläuft gut. auch der nächste Tag. Am folgenden 
Morgen steht Patient bei Wohlbefinden auf und- genießt ein 
halbes Brötchen und etwas Milch; sofort stellen sich wieder 
heftige Schmerzen ein. Verf. findet denselben Zustand wieder, 
wie am ersten Tage der Erkrankung. Nach Darreichung von 
Opium verlieren sich die heftigen Schmerzen, der Leib bleibt 
jedoch gespannt, unter dem rechten Rippenbogen ist in der 
nächsten Zeit dauernd eine etwas vorgewölbte. umschrieben 
schmerzhafte, resistente Stelle vorhanden. Fieber besteht jetzt 
dauernd, in verschiedenen Höhen, abends öfter nahe 40 °. trotz 
Regulierung des Stuhlganges. Einige Tage später finden sich im 
Stuhlgang mehrere einzelne Bandwurmglieder. Nunmehr führte 
Verf. die Krankheitserscheinungen auf den Bandwurm zurück 
und entschloß sich trotz des bestehenden Fiebers und der vor¬ 
handenen peritonitischen Entzündungserscheinungen zur Ein¬ 
leitung einer Bandwurmkur, die eine Taenia solium heraus¬ 
beförderte. Nach dem Abgang des Bandwurms ließen sämtliche 
Reizerscheinungen alsbald nach und völlige Genesung trat j 
bereits am nächsten Tage ein. K r. 

Dr. H. Knierim (Leipzig): lieber eine seltenere Lokalisation von 
abgelagertem Schwefelblei (Bleisauml hei chronischer Blei¬ 
vergiftung. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 42.) 

Bei der chronischen Bleivergiftung hat der Bleisaum fast¬ 
ausschließlich am freien Zahnfleischrand dicht neben den 
Zähnen seinen Sitz, und zwar ist vorzugsweise das Zahn¬ 
fleisch in der Umgebung der Schneidezähne befallen. An ande- { 
ren Stellen des Mundes findet eine Ablagerung von Schwefel- j 
blei selten statt; so wird eine Mißfärbung der gesamten Mund- j 
höhlenschleimhaut oder der inneren Wangenfläche erwähnt. J 
Verfasser konnte bei einem in der Leipziger Klinik beobachte- _ [ 
ten Fall von chronischer Bleivergiftung eine fleckenweise an¬ 
geordnete, schwarzgraue Verfärbung der inneren Lippen¬ 
schleimhaut bemerken, die offenbar durch hier im Gewebe an- j 
gehäuftes Schwefelblei bedingt war. Es handelte sich um ein 
24 jähriges Mädchen, welches in einer Fabrik mit dem Mischen 
von pulverförmigen, bleihaltigen Farben beschäftigt war. Bei 
der Aufnahme fand sich außer sonstigen Symptomen der Blei¬ 
vergiftung an dem Zahnfleischrand der unteren Schneide- und 
Eckzähne ein ziemlich stark ausgeprägter, grauschwarzer Blei¬ 
saum, ebenso auch am linken oberen Eckzahn. Das Zahnfleisch 
war geschwollen und etwas livide verfärbt. Während des Auf¬ 
enthaltes der Patientin im Krankenhause ging der schwärzliche 
Bleisaum bedeutend zurück, so daß schon nach 14 Tagen nur 
noch spärliche Reste vorhanden waren. Dagegen trat jetzt 
fleckenweise eine grauschwarze Verfärbung der Unterlippen¬ 
schleimhaut auf. und zwar an Stellen, die genau einigen weni¬ 
gen, noch schwach gefärbten Partien des Zahnfleischrandes 
gegenüber lagen. Diese Verfärbung erreichte rechts die Größe 
und den Umfang einer Linse, während sie in der Mitte und auf 
der linken Seite der Lippen noch die Gestalt von einzelnen ■ 
Streifen darbot. Diese Stellen erwiesen sich bei genauerer Be¬ 
trachtung als aus zahlreichen schwärzlichen Pünktchen be¬ 
stehend. Nach 8 Tagen verloren einzelne Fleckchen etwas an 
Intensität, die größeren bestanden aber noch bei der Entlassung 
der Patientin aus dem Krankenhause. R. L. 


Prof. Dr. Th. Papaioannou, Direktor der chir. und gynäkol. 

Klinik „Der Heiland“ zu Athen: Ein Jahr Hautdesinfektion 

nach Grossich. (Zentralbl. für Chirurgie, 1910, No. 27.) 

Verf. hat über 400 Fälle nach G r o s s i c h desinfiziert und 
erklärt, daß mit dieser Methode das Ideal der Hautasepsis 
erreicht ist. In der letzten Zeit hat Verf. diese kurze und ein¬ 
fache Methode auch für die Händedesinfektion angewendet. 
Gleich vor der Operation und nach einer sorgfältigen Nagel¬ 
reinigung werden die Fingerspitzen in Jodtinktur eingetaucht. 
Dann folgt die Bestreichung der Volar- und Dorsalseite der 
Hände, wie auch der ulnaren und radialen Seite der Finger 
mit einem in Jodtinktur imbibierten Tupfer. Dieselbe muß bis 
an das Handgelenk ausgedehnt werden. Lange aseptische 
Aermel, die über dem Handgelenk zugeknüpft werden, be¬ 
decken die Haut des Armes und Unterarmes. Bei der ersten 
Anwendung der Jodtinkturbepinselung zur Händesterilisatiori 
hatte sich Verf. einen 8 Stunden lang dauernden Schnupfen zu¬ 
gezogen und sein Assistent einen Conjunctivalkatarrh. Unter 
dieser Jodtinkturdesinfektionsmethode der Hände hat Verf. 
Hernien, Alexander-Adam sehe Operationen und 
Appendektomien vorgenommen. Es erfolgten dieselben vor¬ 
züglichen Heilungsresultate. Während der Operation Ab¬ 
waschen der Hände mit warmem sterilen Wasser. Ein Nachteil 
der Händedesinfektion nach Gros sich ist aber die Schädi¬ 
gung der Haut der Hände, besonders beim täglichen Gebrauch, 
die als eine Kontraindikation betrachtet werden muß. Deshalb 
hat Verfasser versuchsweise die Händedesinfektion nach 
Gros sich nicht täglich, sondern nur alle 10—15 Tage wieder¬ 
holt, wobei die Schädigung der Haut durch die Jodtinktur ver¬ 
schwunden war. Diese Schnelldesinfektion der Hände durch 
Jodtinktur leistet aber große Dienste bei dringenden Operatio¬ 
nen, wo selbst Minuten eine große Rolle für das Leben des 
Patienten spielen (Herzverletzungen, andere innere Blutungen, 
Verletzungen der großen Arterien und Venen). Die 
Grossichsche Methode dürfte da sicher die 5 Minuten lang 
dauernde Desinfektion der Hände mit Jodbenzin Heusner 
ersetzen. K r. 

Dr. Rudolf Piirckhauer (München): Ein Nachteil der Jodbenzin¬ 
desinfektion. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 24.) 

ln der orthopädischen Universitätsklinik zu München wird 
seit etwa Vs Jahr die Jodbenzinreinigung mit anschließender Jod¬ 
tinkturbestreichung zur Desinfektion der Haut des Operations¬ 
feldes angewendet. Eine Störung des Wundverlaufs trat nicht 
ein. nur zeigte sich in einem Falle eine unerwünschte Neben¬ 
wirkung, eine Verbrennung 1. Grades an Stellen, wohin das 
Jodbenzin gedrungen war, ohne ordentlich verdunsten zu 
können. Weitere Nachteile traten dadurch nicht ein. Man muß 
also diese Möglichkeit beobachten bei der Anwendung der 
Methode an Körperstellen, w r o ein guter Luftzutritt und damit 
ein Verdunsten des Benzins unmöglich ist. R. L. 

Erwin Zweifel: Erfahrungen mit Lumbalanästhesie. Aus der 

Universitäts-Frauenklinik zu Leipzig. (Inaug.-Dissertation, 

Leipzig 1910.) 

An der Leipziger Universitätsfrauenklinik wurden bis jetzt 
insgesamt annähernd 1450 Operationen unter Lumbalanästhesie 
mit günstigem Erfolge ausgeführt. Als Nachteil der Lum- 
balanästhesie gegenüber der Inhalations¬ 
narkose erwähnt der Verf., daß 1. Versager auch bei der 
genauesten Einhaltung der Technik beobachtet werden und 
daß 2. Nacherscheinungen, manchmal recht quälender Natur, 
sich nicht mit Sicherheit vermeiden lassen. Als Haupt- 
vorteil gegenüber der Inhalationsnarkose 
erwähnt Verf.. daß sich die Kranken im allgemeinen schneller 
von der ^Operation erholen. Das Erbrechen ist nach der Lum¬ 
balanästhesie seltener und weniger heftig, als nach der Chloro- 
form-Aether-Narkose. Es ist zu hoffen, daß mit Hilfe der Druck¬ 
messung und Vermeidung von Druckschwankungen bei der 
Injektion sich die schweren Formen von Kopfschmerzen und 
von Erbrechen vermeiden lassen werden. Ueberhaupt seien 
in der letzten Zeit die Klagen über Kopfschmerzen viel seltener 
geworden seitdem man, dem Vorschlag von Bier entsprechend, 
die Lumbalanästhesie bei solchen Patienten, die zu Kopf¬ 
schmerzen neigen, nicht mehr angewandt hat. Was die Wahl 
der Anaesthetica anbelangt, so wird in der Leipziger Universi¬ 
täts-Frauenklinik seit Ende des Jahres 1908 ausschließlich das 
Novocain zur Lumbalanästhesie resp. -Injektion verwandt, 
das Stovain wurde wegen seiner stärkeren toxischen 
Wirkung verlassen; das Tropakokain mußte aufgegeben 
werden, weil die Anästhesie nur in ca. der Hälfte aller Fälle 
genügte. 

Friedrich Michelsson: Ein Beitrag zur Lumbalanästhesie mit 

Stovain-Billon. (Archiv für klin. Chirurgie, Bd. 92, H. 3.) 

Auf Grund der reichen, im S.tadtkrankenhause in Riga 
unter A. v. Bergmann gesammelten Erfahrungen präzisiert 
Verf. seinen Standpunkt dahin, daß die Lumbalanästhesie zwar 
eine wertvolle Bereicherung unserer Methodik darstellt, aber 




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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 50. 


wegen der ihr anhaftenden Neben- und Nachwirkungen. nicht 
berufen erscheint, die Inhalationsnarkose zu verdrängen. Unter 
den für die Lumbalanästhesie empfohlenen Mitteln behauptet 
das Stovain-Billon nach wie vor seinen Platz, da es bei Ver¬ 
meidung der Beckenhochlagerung, welche bei der Lumbal¬ 
anästhesie überhaupt nicht angebracht erscheint, neben 
manchen Vorzügen keine wesentlichen Nachteile den anderen 
gebräuchlichen Mitteln gegenüber aufweist. Zu den von den 
meisten Chirurgen anerkannten Kontraindikationen für die 
Lumbalanästhesie: jugendliches Alter, besonders schmerzhafte 
Eingriffe, septische Prozesse, Erkrankungen des Zentralnerven¬ 
systems, sind noch größere Blutverluste hinzuzufügen. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. W. Schack (St. Petersburg): Ein neues Verfahren zur 
radikalen Beseitigung der Hämon-lioiden. (Zentralblatt für 
Chirurgie, 1910, No. 38.) 

Verf. beschreibt eine nach Dombrowskis Angaben an¬ 
gefertigte besondere Zange für die Operation der Hämorrhoiden, 
die gegenüber der v. Langenbeck sehen Blattzange, oder 
der .loh ns sehen Zange große Vorteile bietet. Der wesent¬ 
lichste Unterschied von der La n g e n b e c k sehen und der 
Johns sehen Zange besteht in einer halbkreisförmigen Biegung 
der fassenden Branchen. Beide zusammen angelegt, um¬ 
schließen völlig die Afteröffnung. Beim Gebrauch der Zangen 
verläuft die Operation typisch folgendermaßen: Energische 
Dehnung des Sphinkters mit zwei eingehakten Fingern, Fassen 
sämtlicher Knoten mit Arterienklemmen. Die gefaßten Knoten 
der einen Seite werden nun hervorgezogen, und hinter die 
Arterienklemmen wird die eine Hämorrhoidalzange geführt und 
fest verschlossen, dasselbe wird auf der anderen Seite ausge¬ 
führt; feuchte Kompressen werden unter die elfenbeinbelegten 
Zangen geschoben, dann die Knoten mit der dazwischen liegen¬ 
den Schleimhaut abgetragen und verschorft, zuerst auf der 
einen, dann auf der anderen Seite. Während die Zangen noch 
liegen, können unter ihnen einige Vierstichknonfnähte durchge¬ 
führt werden, um das Zurückschlüpfen der Mastdarmschleim¬ 
haut sicher zu vermeiden. Während die Zangen noch liegen, 
wird auch noch das mit Jodoformgaze umwickelte dicke Drain 
ins Rektum eingeführt; um das Drain können noch einige 
Tampons eingeführt werden. Nun erst werden die Zangen abge¬ 
nommen. man erhält eine lineäre Schorfwunde rings um den 
Anus; der Patient verliert während des ganzen Eingriffs kein 
Blut. Da die Narbe außerhalb des Sphinkters zu liegen kommt 
und aus der Vereinigung zwischen Analhaut und gesunder 
Schleimhaut besteht, und es zu keinen granulierenden Flächen 
kommt, werden Strikturen sicher vermieden. K r. 

,S. Hadda: Die Torsion des großen Netzes. (Archiv für klin< 
Chirurgie. Bd. 92, H. 3.) 

An der Hand eines von Gottstein (Breslau) operierten 
Falles von Netztorsion erörtert H. das klinische Bild der 
Affektion. von welcher er 92 Fälle in der Literatur gesammelt 
hat. während zur Zeit der Publikation von Adler (1907) nur 
52 Fälle bekannt waren. Die Torsion des großen Netzes erfolgt 
bei vorhandenem Leistenbruch dadurch, daß das Netz durch den 
ungleichmäßig kalibrierten Kanal, wie durch den Drall eines 
Gewehres hindurchgeschoben wird und dabei sich spiralig 
dreht. Prädisponierend für die Torsion sind Fettreichtum, 
klumpige Hvpertroohie des Netzes und Stielbildung. Diese Er¬ 
klärung bezieht sich auf diejenigen Fälle, in welchen gleichzeitig 
ein Leistenbruch besteht, und diese Fälle bilden bekanntlich die 
überwiegende Mehrzahl. Besteht kein Bruch und handelt es 
sich um eine rein intraabdominelle Netztorsion, ohne daß das 
Netz etwa mit einem sich drehenden Bauchorgan verwachsen 
ist und diesem nur sekundär folgt, so kommen alle jene ätiolo¬ 
gischen Faktoren in Betracht, von welchen wir wissen, daß sie 
Drehungen intraabdomineller Organe begünstigen, wie Trau¬ 
men lebhafte Peristaltik, sehr wechselnde Füllung der Därme, 
lebhafte Kontraktionen der Bauchmuskeln im Verein mit 
abnormem Fettreichtum des Netzes. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Tappeiner: Beitrag zur Kenntnis der tuberkulösen Pylorus¬ 
stenose. (Beiträge z. klin. Chirurgie, 1910, Bd. 66, H. 2.) 

Bei einem 12 jährigen Kinde in der chirurgischen Klinik 
zu Greifswald wurde eine stenosieren.de Pylorustuberkulose 
vorgefunden und durch Gastroenterostomie entfernt. Unter¬ 
scheidet man eine ulceröse, eine hypertrophische und eine 
fibröse Art dieser Erkrankung, so handelte es sich bei dem 
Kinde um die hypertrophische Art. Verf. führt aus der Literatur 
27 Fälle einzeln auf, bei denen wie hier der Sitz der tuberkulö¬ 
sen Veränderungen in der Magenwand selbst gelegen war. 
Hiervon wurden 16 mit Gastroenterostomie, 8 mit Resektion, 
1 mit Excision des Geschwürs, 1 mit Pyloroplastik behandelt; 
bei 1 wurde nur eine Probelaparotomie gemacht. Zweifellos 
wäre die ideale Methode die Resektion: doch verbietet sie 
meistens der gesunkene Allgemeinzustand. Allenfalls ließe sie 
sich nachholen, wenn die Kranken sich nach der Gastroenter¬ 


ostomie erholt und gekräftigt haben, namentlich dann, wenn 
im Körper kein weiterer tuberkulöser Herd gefunden wird. 
Von den 27 Fällen sind die meisten innerhalb eines Jahres nach 
kurzdauernder Besserung an ihrer Tuberkulose gestorben; die 
Prognose ist deshalb so ungünstig, weil gewöhnlich noch 
Tuberkulose der Lunge und anderer Organe besteht. Die 
häufigste Ursache der Magentuberkulose ist zwar das Ver- 
schlucken des tuberkulösen Sputums; es sind aber auch Fälle 
beschrieben, bei denen keinerlei sonstige tuberkulöse Ver¬ 
änderungen diagnostiziert werden konnten. 

Mühlschlegel. 

Axel Blad: Ueber die Wirkungsarten und Indikationen der 
Gastroenterostomie. (Archiv für klin. Chirurgie, Bd. 92, 
H. 3.) 

An der Hand von 20 Fällen von Gastroenterostomie wegen 
Ulcus pylori bezw. duodeni hat B. sorgsame Untersuchungen 
über die sekretorische und motoi'ische Magenfunktion der Ope¬ 
rierten ausgeführt. B. kommt zu dem Schlüsse, daß durch die 
Operation selbst dann ein Erfolg erzielt werden kann, wenn die 
Entleerungsfähigkeit des Magens durch dieselbe nicht verbessert 
wird. Dies erklärt sich hauptsächlich durch die auch von ande¬ 
ren Autoren festgestellte Tatsache, daß nach der Gastroen¬ 
terostomie in der Regel alkalische Galle und Pankreassaft in 
reichlichen Mengen durch die Anastomose in den Magen strömt, 
wodurch der reichliche, hyperacide Magensaft neutralisiert wird. 
Gleichzeitig ist von verschiedenen Seiten der Nachweis erbracht, 
daß nach einer Gastroenterostomie eine reflektorische Herab¬ 
setzung der Magensekretion eintritt. Tatsächlich konnte auch 
B. in seinen Fällen eine deutliche Herabsetzung der Acidität des 
Magens nach der Operation nachweisen. 

Alles in allem wird die Hypersekretion eines stark sauren 
Magensaftes beim Ulcus die Gastroenterostomie indizieren, 
während in Fällen von Ulcus mit Gastritis und Achylie ohne 
schwerere Veränderungen am Pylorus die Operation kontra- 
indiziert ist. Nicht nur an die reine mechanische Wirkung, soll 
man bei der Indikationsstellung denken, sondern auch an ihren 
die Sekretionsverhältnisse günstig beeinflussenden Effekt. 

Adler (Berlin-Pankow). 

Sch'offer: Erfahrungen über Nieren- und Blasentuberkulose. 

(Beiträge z. klin. Chirurgie, 1910, Bd. 67.) 

Es gibt Nierentuberkulosen, bei denen wir auch nach Zu¬ 
hilfenahme des ganzen diagnostischen Apparates, der anwend¬ 
bar ist. die Nephrektomie immer noch unter einem gewissen 
Risiko bezüglich derBeschaffenheit der zweitenNiere vornehmen. 
In manchen dieser Fälle wird das Risiko wesentlich vermindert 
durch Ausführung des beiderseitigen Explorativschnittes, der 
als Erschwerung des Eingriffs viel weniger ins Gewicht fällt, 
als man vielleicht von vornherein annehmen könnte. 

Sch. hat in den letzten Jahren 9 sichere Fälle von Tuber¬ 
kulose der Harnwege zur Beobachtung gekommen. In 8 von dpn 

9 Fällen lag eine Blasentuberkulose vor. nur 1 mal fehlte sie 
bei vorhandener Nierentuberkulose (8 Fälle). In 5 von diesen 
8 Fällen von Nierentuberkulose konnte die Klarstellung des 
Krankheitszustandes erst durch den doppelseitigen Explorativ- 
schnitt mit solcher Sicherheit erfolgen, daß die Nephrektomie 
ohne Bedenken vorgenommen werden konnte. Die Kranken 
haben den doppelten Explorativschnitt durchweg sehr gut ver¬ 
tragen; niemals zeigten sich nachher Erscheinungen von Nieren- 
insufficienz. Einer dieser Kranken ist 2 Monate nach der 
Operation an Miliartuberkulose gestorben, wohl infolge eines 
technischen Mißgriffs bei der Nierenexstirpation. 

Es folgt die Krankengeschichte der 7 Fälle kombinierter 
Tuberkulose. 

Bei der Ausführung des doppelten Explorativschnittes hat 
es sich S c h. zum Grundsatz gemacht, zuerst die vermutlich ge¬ 
sunde Niere freizulegen und dann erst die kranke, da hierbei 
nur ein Lagewechsel des Kranken erforderlich ist andern¬ 
falls zwei. Mühlschlegel. 

Privatdozent Dr. Walther Hannes, Oberarzt der Universitäts- 
Frauenklinik zu Breslau: Paraurethraler Absceß — geheilt 
durch Leukofermantin-Iniektion. (Zeitschrift für gynäkol. 
Urologie, 1910, Bd. II, H. 4.) 

Eine 31jährige Frau kam in die Klinik, weil sie seit 

10 Tagen Beschwerden beim Wasserlassen habe und nunmehr 
spontan überhaupt nicht urinieren könne. An der vorderen 
Scheidenwand war eine prominente, etwa hübnereingroße, 
teigige, sich deutlich vorwölbende Infiltration zu fühlen; beim 
Katheterisieren bemerkte man eine deutliche Vorwölbung der 
hinteren Wand der Urethra; keine auffallende Eitersekretion an 
der und aus der Harnröhre; im Harnröhrensekret reichlich 
Gonokokken; Temperatur 39.2°. Von einer Cvstoskooie bezw. 
Urethroskopie wird mit Rücksicht auf die floride Gonorrhoe 
Abstand genommen. Am folgenden Tage früh beträgt die 
Temperatur 37 8 Punktion des Tumors von der Scheide aus 
mittels Aspirationsspritze; es wird reichlich Eiter entleert. An¬ 
füllen der Absceßhöhle durch die Punktionsnadel mittels Spritze 





No. 50. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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mit „Leukofermantin Müller“, so daß der Tumor wieder 
ziemlich prall gefüllt ist. Die bakteriologische Untersuchung 
des Eiters ergab Streptokokken. Am Abend 38,8 °; vom folgen¬ 
den Tage ab dauernd fieberfrei. Patientin kann vom folgenden 
Tage ab dauernd ohne Beschwerden spontan urinieren. Nach 
drei Tagen ist von dem Tumor im Septum vagino-urethrale 
nichts mehr zu tasten. Nach Einleitung einer antigonorrhoischen 
Behandlung wird Patientin in die Ambulanz entlassen. K r. 

Dr. C. Weinbrenner (Magdeburg): Zur operativen Behandlung 
entzündlicher Adnexerkrankungen. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift, 1910, Nr. 43.) 

Die operative Behandlung chronischer Adnexerkrankungen 
hat gegen früher eine Einschränkung erfahren. Es hat sich 
ergeben, daß in einem Teile — auch der eitrigen Fälle — die 
expektative Behandlung zum Ziele führt. Führt jedoch die 
expektative Behandlung nicht zum Ziel oder drängen die 
sozialen Verhältnisse zum Eingreifen, so ist die chirurgische 
Behandlung indiziert; ferner nach Verfasser auch da, wo 
rezidivierende Beschwerden auf eine Mitbeteiligung und 
primäre Erkrankung der Appendix hinweisen. Was die 
Methode der Operation anlangt, so wird .es von der Beschaffen¬ 
heit des einzelnen Falles, ferner von der Aetiologie abhängen, 
wie man vorzugehen hat. Die Eröffnung der Bauchhöhle ist 
z. B. bei streptokokkenhaltigem Eiter immer ein höchst be¬ 
denklicher Eingriff, während gonorrhoischer Eiter das Bauch¬ 
fell viel weniger gefährdet. In nicht seltenen Fällen ist der 
Tubeneiter bekanntlich sogar ganz steril, wie man annimmt, 
weil die Bakterien nach Ablauf einer gewissen Zeit an ihren 
eigenen Toxinen zugrunde gehen. Ist der Eiter steril, so ist 
seine Berührung mit dem Bauchfell ein gleichgültiges Ereignis. 
Das scheint in ungefähr der Häfte aller Fälle, die zur Operation 
kommen, zuzutreffen. Allerdings ist es nicht immer möglich, 
vorher zu bestimmen, ob der Tubeninhalt eitrig und noch 
infektiös ist. Ist der Adnextumor vom hinteren Scheiden¬ 
gewölbe aus bequem zu erreichen, so bedient sich Verfasser der 
Pröbepunktion zu diagnostischen Zwecken, diese gewährt in 
manchen Fällen Aufschluß über die Art der Erkrankung. 
Findet man bei der Punktion eines entzündlichen Adnextumors 
keinen Eiter, so beweist dies allerdings nicht viel, weil kleinere 
Eitersacke so von peritonealen Cvsten umgeben und einge- 
schlossen sein können, daß man mit der Nadel den Herd nicht 
trifft. Kommt man in einem Falle vor der Operation zu keinem 
sicheren Ergebnis, so muß man sich so verhalten, als ob man 
infektiösen Eiter vor sich hätte, d. h. wenn man operiert, muß 
man die freie Bauchhöhle nach Möglichkeit vor einem Ein¬ 
dringen des Eiters schützen. Handelt es sich um einen größeren 
Eiterherd, der dem hinteren Scheidengewölbe unmittelbar an¬ 
liegt. so kommt in erster Linie die Inzision vom hinteren 
Scheidengewölbe aus in Frage. Bei den meist einseitigen und 
größeren septischen Pyosalpingitiden. sowie hei Douglas- 
abscessen genügt oft die Inzision, um eine dauernde Besserung 
und Heilung in die Wege zu leiten. Bei den gonorrhoischen 
und tuberkulösen Eitersacken ist besser die Exstirpation der 
Eitersäcke vorzunehmen, weil es sonst zu Fistelbildung kommen 
kann. Hier ist es nun die Frage, soll man vaginal oder ab¬ 
dominal Vorgehen, soll man konservativ oder radikal operieren? 
Bei jugendlichen Personen geht Verfasser möglichst konser¬ 
vierend vor und wählt dazu den abdominalen Weg, weil dieser 
die sichere Gewähr bietet, das zu erhalten, was erhalten werden 
kann und darf. Den Schnitt legt er in die Linea alba. Zunächst 
wird die Tube abgeklemmt und entfernt. Ist der Eierstock 
deutlich verändert, so wird er ebenfalls entfernt, wenn die 
andere Seite bessere Verhältnisse für die Erhaltung bietet. Sind 
beide Ovarien stark entzündlich verändert und handelt es sich 
um eitrige Prozesse, so gibt Verfasser sich keine Mühe, durch 
Resektion einen Teil der Eierstöcke zu erhalten. Bei dem Be¬ 
streben. durch möglichst konservierende Operation die Aus¬ 
fallserscheinungen zu verhüten, muß man mit der Möglichkeit 
einer schlechten Heilung und späterer Rezidive rechnen. Ver¬ 
fasser hatte nach 57 konservierenden Laparotomien 17 mal 
Exsüdatbildungen im Stumpf oder im Wundbett, die allerdings 
nach einer gewissen Zeit fast restlos resorbiert wurden, immer¬ 
hin aber den Heilungsprozeß verzögerten. Je komplizierter die 
Wundverhältnisse bei konservierenden Operationen sind, um 
so ungünstiger gestalten «ich die Aussichten auf einen guten 
Dauererfolg. Die Aussichten werden noch verschlechtert, wenn 
man einen kranken gonorrhoischen Uterus zurückläßt. Ein 
besseres örtliches Dauerresultat wird in solchen Fällen erzielt, 
wenn mau neben den kranken Tuben und Ovarien die Gebär¬ 
mutter mit entfernt. Wenn es sich dabei um Frauen handelt, 
die den Wechseljahren nicht mehr fern sind, ist in solchen 
Fällen radikal zu operieren. Ob man in diesen Fällen abdomi¬ 
nal oder vaginat operiert, hängt von den besonderen Verhält¬ 
nissen des Einzelfalles ab. Allerdings für die Fälle, die sich 
vaginal beherrschen lassen, verdient der vaginale Weg unbe¬ 
dingt den Vorzug. Handelt es sich um Tuberkulose, so gehl 
man besser abdominal vor, weil die Lösung der Darmver¬ 
wachsungen hier Schwierigkeiten machen kann. Und bei Ver¬ 


dacht auf appendicitische Veränderungen tut man gut, vom 
Abdomen aus zu operieren. Bei erschwerter Lösung festver¬ 
wachsener Darmschlingen hat man vom Abdomen aus eine 
bessere Uebersicht und Kontrolle. Es kommen dabei gelegent¬ 
lich Verletzungen und sogar kleine Fisteln vor, die den töd¬ 
lichen Ausgang herbeiführen können und die sich leicht der 
Kenntnis entziehen, wenn nicht besonders darauf geachtet wird. 
Es kann auch bei lange bestehenden eitrigen Adnextumoren 
zu chronischen Darmfisteln kommen, die zu dauerndem Eiter¬ 
abgang aus dem Darm führen. In einem derartigen Falle 
gelang es Verfasser, durch Inzision der Eiterherde und 
Tamponade (vom Abdomen aus) vollständige Heilung zu er¬ 
zielen. R. L. 

J. Bosenstirn: Zur Frage der Krebsmetastasen in den Ovarien 

und im Cavum Douglasii. (Archiv für klin. Chirurgie, Bd. 

92, H. 3.) 

R. hat im pathologischen Institut des städt. Krankenhauses 
im Friedrichshain Berlin an der Hand von 15 Fällen die Frage 
der Krebsmetastasen in den Ovarien und im Douglas unter¬ 
sucht. Er konnte feststellen, daß in einem makroskopisch völlig 
unveränderten Douglas mikroskopisch nachweisbare Krebs¬ 
metastasen vorhanden sein können, und zwar ist es meist der 
tiefste Punkt des Douglas, in welchem man diese Metastasen 
findet. Verf. hält deshalb für erwiesen, daß bei Carcinomen 
der Bauchhöhle eine Implantationsmetastase des Douglas vor¬ 
kommt. welche früher erfolgt, als die der Ovarien und unter 
dem Einfluß des Gesetzes der Schwere die tiefste Partie des 
Douglas, d. h. die Umschlagsfalte, zuerst ergreift. Diese Meta¬ 
stasen fand R. auch in relativ frischen Fällen welche weder 
ulceriert waren, noch die Serosa durchbrochen hatten. 
R. empfiehlt auf Grund dieser Erfahrungen bei Radikal- 
ooerationen von abdominellem Carcinöm die Fortnahme der 
Umschlagsfalte des Douglas. Adler (Berlin-Pankow). 

Dr. A. von der Heide und Dr. E. Krösing: Die Bedeutung der 

Antitrypsinbestimmung für die Gynäkologie. (Zeitschrift für 

Geburtshilfe und Gynäkologie, 1910, Bd. 67, H. 1.) 

Zusammenfassung: 

1. Der Antitrypsingehalt des Blutes ist erhöht bei Carcinöm 
in 80—90 pCt. der Fälle, bei Pyosalpinx, Sepsis, bei Gravidität 
in steigendem Maße, im Puerperium, gewöhnlich nicht bei 
Myom. 

2. Prognostisch lassen sich keine Schlüsse ziehen, abge¬ 
sehen von einem 4- -Befund bei operiertem Carcinöm, der wahr¬ 
scheinlich auf Rezidivfreiheit deutet. 

3. Myom Carcinöm, Gravidität lassen sich unter Umständen 
durch die Antitrvpsinbestimmung gegeneinander abgrenzen, 
Pyosalpinx und Tubargravidität nicht. 

4. Graviditäts- und Puerperalnephritiden scheinen in den 
letzten Monaten ante partum nicht wie normale Kreißende an 
Hemmungskörpern im Blut zuzunehmen. 

5. Die Ursache der Reaktion ist die Erhöhung des inter¬ 
mediären Eiweißstoffwechsels. K r. 

Dr. Bardachzi (Prag.): Zur Röntgentherapie der Uterusmyome. 

(Münch, med. Wochenschrift. 1910, No. 42.) 

Verfasser berichtet über 6 Fälle, in denen bei Uterus¬ 
myomen die Röntgenbestrahlung einen günstigen Einfluß auf 
die Blutungen ausübte und die Tumoren sich deutlich ver¬ 
kleinerten. Es wurde regelmäßig in Zwischenräumen von etwa 
3 Wochen nahezu eine volle Röntgendosis appliziert. Gemessen 
wurde die Strahlenmenge teils mit dem Radiometer von 
Sabouraud und N o i r e , teils mit dem Fällungsradiometer 
von Schwarz. Bei kleineren Myomen wurde die Rosen¬ 
thal sehe Kompressionsblende mit ihren verschiedenen An¬ 
sätzen gebraucht- bei größeren wurde ohne dieselbe bestrahlt. 
Die Umgebung der zu bestrahlenden Partie wurde stets sorg¬ 
fältig mit Bleistoff abgedeckt. Zur Filtration der allzu weichen 
Strahlen wurde Sohlenleder oder ein mehrfach zusammengeleg- 
tes festes Tuch verwendet; es wurden fast ausschließlich 
Gundelachröhren von einem Härtegrad von ca. 9 Wehnelt¬ 
einheiten benutzt. Auf Grund seiner Beobachtungen empfiehlt 
Verfasser, in geeigneten Fällen die Röntgenbehandlung der 
Uterusmyome zu versuchen, und zwar nicht nur bei messer¬ 
scheuen Kranken, sondern auch in allen Fällen, bei denen mit 
der Operation noch gewartet werden kann- Erst bei größerer 
Erfahrung wird es möglich sein, die Indikationen der Röntgen¬ 
behandlung genauer abzugrenzen und ein sicheres Urteil über 
die zweckmäßigste Art der Behandlung zu gewinnen. 

Prof. Otto v. Herff (Basel): Die kausale Behandlung einer 

Dvstokie bei engem Becken. (Münch, med. Wochenschrift, 

1910, No. 43.) 

Verfasser vertritt in dieser Arbeit von neuem seinen be¬ 
kannten Standpunkt in der Frage der Gehurten bei engem 
Becken gegenüber den Bestrebungen der ..chirurgischen“ Ge¬ 
burtshilfe. Die Größe einer Dystokie bei engem Becken wird 
im wesentlichen durch 3 Hauptfaktoren beherrscht: 1. die 



752 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 50. 



Größe, weniger die Art der Beckenverengerung; 2. die Größe 
und Konfigurationsfähigkeit des kindlichen Kopfes: 3. die Kraft 
der Wehen. Am wenigsten sind wir vorläufig in der Lage, die 
Wehenkraft zu beeinflussen. Kausal läßt sich zurzeit eine 
Beckendystokie nur durch Erweiterung des Beckens oder durch 
Verringerung des kindlichen Kopfumfanges, im letzteren Falle 
wenn möglich unter gleichzeitiger Steigerung seiner Konfigu¬ 
rationsfähigkeit, behandeln. Eine Beckenerweiterung kann 
a) durch eine bestimmte Lagerung der Mutter b) durch Becken- 
snaltung verringert oder beseitigt werden. Die Lagerung der 
Mutter (W alc lier -Klein sehe, Hängelage. Steißrückenlage) 
bewirkt nur eine mäßige Erweiterung und hat daher ein be¬ 
schränktes Indikationsgebiet. Die Beckensnaltungen (Sym- 
physeotomie, Hebosteotomie! leisten für die Erweiterung viel 
mehr, gefährden aber die Mutter in hohem Grade. Ihre Mor¬ 
talität ist verhältnismäßig groß, noch viel größer die Zahl der 
Nebenverletzungen (Blase) und Nachkrankheiten: das Wochen¬ 
bett wird erheblich verlängert. Die Beckensnaltungen dürfen 
daher nach Verfasser nur als Operationen der äußersten Not bei | 
Mehrgebärenden und nur ganz ausnahmsweise bei Erstgebä- j 
renden ausgeführt werden. — Eine andere kausale Behandlung 
der Reckendystokien will den Geburtswiderstand von seiten 
der Frucht vermindern. Dazu können verschiedene Metho¬ 
den dienen: a) die Entwicklung des Kindes wird künstlich zu¬ 
rückgehalten. b) die Geburt wird etwa 4 Wochen vor dem End¬ 
termin eingeleitet, c) das Kind wird verkleinert. Die geringste 
Anwendungsbreite kommt dem sub a) genannten Hilfsmittel zu 

— Entwicklungshemmung des Kindes durch Unterernährung 
der Mutter —. Diät nach Proehownick oder Brüning¬ 
hausen; diese Methode ist schwer durchzuführen, unsicher in 
ihrer Wirkung, aber nach Verfasser immerhin eines Versuches 
wert. Die Verkleinerung des Kindes, insbesondere seines 
Schädels, deren Anwendungsbreite bis an die sogen. Kaiser¬ 
schnittbecken heranreicht, muß in den Fällen vorgenommen 
werden, in denen das Kind tot oder im Absterben begriffen ist; 
die Verkleinerung des lebenden Kindes sollte nur ganz aus¬ 
nahmsweise gemacht werden, in gut geleiteten Anstalten wird 
sie kaum Vorkommen. In erster Linie kommt nach Verfasser 
die künstliche Frühgeburt in Betracht. Hierbei ver- | 
liefen bei richtiger Technik die Geburten in über 80 oCt. der J 
Fälle spontan, Verfasser empfiehlt, wie schon früher, den j 
Blasenriß zur Einleitung der künstlichen Frühgeburt. Er 
hat dabei mehr als 80 pCt, lebende Kinder entlassen. Der Ein¬ 
griff gefährdet die Mutter nicht mehr als jede Geburt überhaupt. 

— Der Kaiserschnitt, und zwar der klassische, ist über¬ 
all da angezeigt wo Gebärunmöglichkeit vorliest oder dringend 
mit Sicherheit ein lebendes Kind gewünscht wird. Der extra¬ 
peritoneale Kaiserschnitt kann nach Verfasser n u r aus¬ 
nahmsweise, etwa bei zweif elhafter Asepsis, in 
Frage kommen. — Schließlich weist Verfasser zahlenmäßig 
nach, daß eine gemäßigte konservative Behandlung der engen 
Becken wesentlich mit Hilfe der künstlichen Frühgeburt und 
der hohen Zange mindestens die gleichen Ergebnisse zeitigt, 
wie ein radikaler Konservatismus mit Hilfe der großen Ein¬ 
griffe der Beckensnaltungen und des Kaiserschnittes, und 
daß es mit Hilfe der künstlichen Frühgeburt gelingt, eine 
große Zahl von Spontangeburten zu erzielen. Er betont ferner, 
daß für den Geburtshelfer die Schonung der Mutter in erster 
Linie in Betracht kommen müsse, nicht die Rücksicht auf Er¬ 
zielung eines lebenden Kindes. 

Prof. Dr. Halis Herzog (Berlin): Ueber die Natur des Trachom¬ 
erregers. (Deutsche med. Wochenschrift. 1910, No. 42.) 

Verf. setzt in Uebereinstimmung und Ergänzung zu seinen 
früheren Mitteilungen auseinander, daß es sich - bei den Ele¬ 
menten der Zelleinschlüsse in Epithelzellen und Leukocyten 
beim Trachom um involutionierte Abkömmlinge bakterieller 
Keime — gramnegativer Diplokokken — handelt. Nach Lage 
der Tatsachen kommt für das Krankheitsbild des Trachoms der 
Gonococcus selbst in Betracht. Die Chlamydozoentheorie ist 
nach Verf. für das Gebiet des Trachoms als unhaltbar zu be¬ 
zeichnen. Nach Verf. sind seine Angaben leicht zu bestätigen, 
wenn man sich die Mühe gibt, Gonokokkenkeime längere Zeit 
unter Variation der Uebertragungskeime weiter zu züchten und 
fortlaufend unter Zuhilfenahme der Giemsafärbung zu kon¬ 
trollieren. R. L. 

Schenk: Erfolge und Ziele in der Fürsorge für Trinker. (Dtsche. 
Vierteljahrschr. f. öff. Gesundheitspfl., 1910, Bd. 42, H. 4.) 

Die Arbeit bringt manches, was bei der Fürsorge für 
Trinker, wie sie bisher gehandhabt wurde, reformbedürftig 
erscheint. 

In die Heilstätten für Trinker wird eine bedeutende Zahl 
von Trinkern eingewiesen, welche bei genauerer Untersuchung 
sich von vornherein als ungeeignet, als unheilbar heraussteilen. 

Für die genauere Untersuchung der Trinker auf ihre Taug¬ 
lichkeit für eine Trinkerheilstätte sind die Irrenanstalten der 
geeignete Ort. 

Da zum mindesten 50 pCt. der zurzeit an die Trinkerheil¬ 
stätten gewiesenen Trinker sich nicht für diese eignen (Epilep¬ 


tiker, vorzeitig oder periodisch Verrückte, an Dementia senilis 
oder Marasmus senilis Leidende und vor allem das große Heer 
der psychopathisch Minderwertigen), so scheint mit den be¬ 
stehenden Trinkerheilstätten für das Bedürfnis im allgemeinen 
genügend gesorgt. 

In abstinentem Geiste geleitete Trinkerfürsorgestellen ver¬ 
mögen ebenso wie die Enthaltsamkeitsvereine unter Umständen 
bessere Erfolge zu erzielen als die Trinkerheilstätten. 

Zwangsmaßregeln, wie Entmündigung, gegen den Willen 
der Kranken erfolgende Unterbringung in einer Heilstätte, 
Druck auf den nicht trinkenden Ehegatten zwecks Einleitung 
der Ehescheidung sind Notbehelfe, welche die Trinkerheilung 
eher schädigen als fördern. 

Aenderung der Trinksitten. Umgestaltung der Trink¬ 
anschauungen ist das kaum erreichbare durchgreifende Mittel 
zur Besserung des Trinkerelends. Mühlschlegel. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der ,.AUgem. Medic. Central-Zeitung“.) 

Sitzung vom 2 3. November 1910. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Vor der Tagesordnung: 

Experimentell durch buttersaures Natron hervorgerufenes 
Koma heim Kaninchen. 

Herr Ehrmann: Durch Einverleibung von buttersaurem 
Natron vermochte E. beim Kaninchen einen Zustand hervorzu¬ 
rufen, wie er dem menschlichen Koma ähnlich ist: 1. Bewußt¬ 
losigkeit, 2. eine auffallend verlangsamte und vertiefte Respi¬ 
ration, 3. Ausscheidung von Acetessigsäure respektive Aceton. 
Aber auch bezüglich geringerer Symptome zeigt dieser Zu¬ 
stand eine Aehnlichkeit mit dem menschlichen Koma. So 
weisen die Kaninchen eine typische Weichheit der Bulbi auf, 
ein Symptom, daß E. erst vor kurzem in zwei Fällen von Coma 
diabeticum als reine Säurevergiftung wie sie auch durch Salz¬ 
säure erreicht werden kann, aufgefaßt hat, und zwar trete der 
Tod dadurch ein, daß die eingegebene Säure dem Blut Alkali 
entzieht. Die Analyse des experimentellen Komas hat nun er¬ 
geben, daß es sich nicht um eine reine Säurevergiftung handelt, 
sondern um eine typische und spezifische Buttersäurewirkung. 
Denn zunächst erzeugt eine der Buttersäure nahestehende 
Säure, die Isobuttersäure, in den gleichen Dosen einverleibt, 
kein Koma. Ferner ist bei Anwendung jeder der beiden Säuren 
die Kohlensäureabnahme des Blutes die gleiche. 

Herr Esser berichtet über Versuche an Schildkrötenlebcrn, 
die Glykogenbildung durch Zuführung oder Fortlassung ge¬ 
wisser mineralsaurer Alkalien zu beeinflussen. 

Riiekenmarkstumor. 

Herr Bönniger (Dem.): Der 33 jährige Mann erkrankte im 
Februar v. J. mit heftigen Schmerzen in der rechten Nieren¬ 
gegend, sie ließen dann nach, um im Juli mit größerer Heftig¬ 
keit wiederzukehren; gleichzeitig stellte sich eine Parästhesie 
und Schwäche im linken Bein, eine geringere im rechten Bein 
ein. Bei der Aufnahme im November bestand eine' schwere 
spastische Parese im linken Bein. Die Sensibilitätsstörung 
reichte bis zu einer Horizontalen 2 Querfinger unterhalb des 
Nabels hinauf. Die Reflexe waren sehr gesteigert. Es bestand 
außerdem schwere Blasen- und Mastdarmstörung. Die Diagnose 
lautete auf Tumor im Wirbelkanal in der Höhe des 11. Thorakal¬ 
segments, dem 9. und 10. Wirbel entsprechend. Am 24. XI. 
erfolgte die Operation, der Tumor fand sich in der Höhe des 
12. Wirbels. Erst 3 Monate nach der Operation setzte eine deut¬ 
liche Besserung ein; jetzt ist Patient imstande gut umher¬ 
zugehen. 

Herr Adler bespricht die Einzelheiten der Operation, den 
Heilungsverlauf und den pathologisch-anatomischen Befund. 
Der etwa bohnengroße Tumor hatte in Höhe des 12. Brust¬ 
wirbels das Mark von hinten und links her beträchtlich kom¬ 
primiert. Durch eine Sekretverhaltung wurde die Heilung etwas 
verzögert, am 26. XII. war sie vollendet. Die histologische Un¬ 
tersuchung des exstirpierten derben Tumors ergab, daß es sich 
um ein infektiöses Granulom handelte. Im Granulationsgewebe 
finden sich zahlreiche nekrotische Herde und einige Binde- 
gewebszüge. Tuberkelbazillen ließen sich darin nicht nach- 
weisen. Auf Grund des Vorhandenseins zahlreicher Tuberkel 
spricht sich A. für das Vorliegen einer tuberkulösen Neu¬ 
bildung aus. 

Demonstration eines Maaentumors im Gastroskop 

Herr Hans Elsner: Der Patient kam vorige Woche mit 
Magenbeschwerden in E.s Poliklinik. Die äußere Untersuchung 
ergab eine nicht sehr deutliche Resistenz außerhalb des Nabels. 
Bei der funktionellen Untersuchung ließ sich keine Motilitäts¬ 
störung nachweisen. Dagegen konnte aber Achylia gastrica und 
das Vorhandensein von Blut im Magen festgestellt werden. 
Er war also susnekt auf Carcinom. die Diagnose war aber nicht 
sicher, zumal Patient keine Kachexie zeigte. Mit Hilfe des 



No. 50. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


753 


Gastroskops gelang es nun ohne weiteres, einen Tumor in der 
Regio pyloi'ica nachzuweisen. (Dem. im Nebensaal.) 

Bei einem anderen Patienten, der Symptome eines Ulcus 
hatte, konnte E. ebenfalls durch gastroskopische Untersuchung 
mehrere zirkumskripte rote Flecken auf der Magenschleimhaut 
nachweisen, die Redner als Erosionen deuten mochte. 

Fall von willkürlich erzeugter Diplophonie. 

Herr Theodor S. Flatau: Der Fall stellt ein stimmphysiologi¬ 
sches Unikum dar. Während wir unter pathologischen Um¬ 
ständen, so z. B. bei einseitiger Knotenbildung, gelegentlich 
eine Diplophonie zu hören benommen, ist die Fähigkeit, will¬ 
kürlich 2 Töne im musikalischen Intervall zu erzeugen, bisher 
nicht beobachtet worden. Daher hält F. die Vorstellung dieses 
Mannes, der ein ungarischer Sänger ist und die genannte Fähig¬ 
keit besitzt, für angebracht. Wenn auch von einem der Söhne 
Joh. Sebastian Bachs berichtet wird, er habe in der 
Mutationsperiode in Oktaven gesungen, so hält es F. nicht für 
ausgeschlossen, daß es sich hier wahrscheinlich um das in der 
Mutationsperiode vorkommende Umschlagen der Stimme ge¬ 
handelt habe. Der vorgestellte Herr singt zunächst auf Geheiß 
einfache Töne, sodann Doppeltöne; letztere sind von hervor¬ 
ragend instrumentellem Klang und rufen etwa den Eindruck 
von zwei Holzblasinstrumenten hervor. Vortragender erörtert 
nun, wo und wie diese Doppeltöne entstehen und macht auf die 
Konfiguration des Ansatzronres bei dem Sänger der Doppeltöne 
aufmerksam. 

Diskussion: 

Herr Barth bemerkt, er glaube, die tiefen Töne seien durch 
Schwingungen der Taschenlippen, die hohen durch die Stimm¬ 
lippen üervorgebracht. Vielleicht könnte das Röntgenbild einige 
Aufklärung bringen. 

Herr Flatau (Schlußwort): Das Röntgenbild bringt keinen 
weiteren Aufschluß. 

Tagesordnung: 

Ueber vestibuläre Reiz- und Ausfallerscheinungen bei ein- und 
doppelseitiger Labyrintherkrankung. 

(Autorreferat.) 

Herr J. Herzfeld: Flourens hat zuerst an Vögeln, und 
Meniere zerst an Menschen gezeigt, daß Erkrankung resp. 
Zerstörung des Bogengang-Apparates Gleichgewichtsstörungen 
hervorrufen kann. Auch die Untersuchung Taubstummer be¬ 
stätigt dies. Nach M y g i n d besitzen 56 pGt. der Taubstummen 
keine normalen Bogengänge und nach vielfach vorgenommenen 
Untersuchungen Taubstummer zeigen diese in ca. 50 pCt. 
Gleichgewichtsstörungen. Der Vortragende fand 
unter 44 Taubstummen der israelitischen 
Taubstummenanstalt in Weißensee 2 0 m a 1 
Gleichgewichtsstörungen. Auch nach traumatischen 
Verletzungen des Labyrinthes, bei Ohroperationen oder nach 
Labyrinthoperationen lassen sich Reiz- resp. Ausfallerscheinun¬ 
gen nachweisen. 

Die ersteren zeigen sich in Nystagmus, Brechreiz und 
Schwindel und lassen nach, sobald das Labyrinth zur Norm 
zurückkehrt oder gänzlich funktionsunfähig wird. Im letzteren 
Falle treten an die Stelle der Reiz- die Ausfallerscheinungen, 
die aber nicht so auffallend sind und meist erst bei Prüfung 
mit geschlosssenen Augen gefunden werden. Der 
Vestibularapparat ist nicht erregbar, d. h., er beantwortet das 
Hineinspritzen von kaltem (15 “) oder heißem Wasser (45 °) 
nicht mit Bulbusbewegungen (Fehlen der calorischen Erreg¬ 
barkeit). Als besonders feines Reagens zur Feststellung der 
Ausfallerscheinungen empfiehlt H. neben dem Stein seilen 
Goniometer, die zu Prüfenden auf einer gut federnden Ma¬ 
tratze mit geschlossenen Augen stehen und gehen zu lassen, 
wobei bei einseitig Labyrinth losen oft, bei 
doppelseitig Labyrinthlosen stets starkes 
Schwanken eint ritt. Für diese Ausfallserscheinungen 
nimmt H. den Bogengangapparat in Anspruch, der durch den 
Deiters sehen Kern mit dem Augenmuskelkern und den mo¬ 
torischen Zellen der Vorderhörner des Rückenmarkes in Ver¬ 
bindung steht. 

Zum Schluß stellt H. mehrere ein- und doppelseitige La¬ 
byrinthlose vor. Britzmann. 

Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. 

(Eigenbericht der „Allgem. Medic. Central-Zeitung".) 

Sitzung vom 28. November 1910. 

Vorsitzender: Herr A. Franke 1. 

Vor der Tagesordnung: 

Ein Fall von Osleoinalacie im Klimakterium. 

Herr Lebbin: Die Kranke ist seit einem Monat im Kranken- 
’hause; sie kam wegen rheumatischer und neuralgischer 
Schmerzen herein; sie litt daran seit einem Jahre. Seit einem 
halben Jahre kann sie gar nicht mehr selbständig gehen. Das 
Leiden begann mit zunehmender Erschwerung des Ganges; der¬ 


selbe ist schwerfällig; sie senkt das Becken bei jeder Bewegung 
und Senkung des Beines nach derselben Seite und hält die b üße 
am Boden klebend. Sie kann aufrecht am Boden sitzen. Mäßiger 
Pallor des Gesichtes, keine Augensymptome, keine Schwäche 
der Arme und der Rumpfhaltung. Sie ist eine 52 jährige Frau, hat 
6 mal geboren. Vor iy 2 Jahren, gleich mit dem Beginn des Lei¬ 
dens, trat sie in die Menopause. Es besteht mäßige Kypho¬ 
skoliose und Lordose; man sieht ausgeprägte Hautfalten 
zwischen Thorax und Becken; schmaler, abgeflachter Thorax, 
breites Becken. Das Kreuzbein ist in das Becken hinemge- 
drängt. Dieses ist verbreitert; so sind Hautwülste und Haut¬ 
falten entstanden. An den unteren und oberen Extremitäten 
sind im allgemeinen Abnormitäten vorhanden; aber am 
linken Arm besteht an der Ulna eine Auftreibung des Knochens, 
die sich im Röntgenbilde als Spontanfraktur mit Osteophyten- 
bildung erweist; ebenso besteht an der linken Clavicula eine. 
Spontanfraktur. Es ist nach dem Röntgenbilde ein Thorax, 
bei dem die Dichtigkeit der Rippen abnorm verringert ist. 
Sie sind fast so durchsichtig wie die Muskulatur. Es besteht 
überhaupt im wesentlichen eine abnorme Durchlässigkeit der 
Knochen für Röntgenstrahlen sowie auffallende Schmerz¬ 
haftigkeit sämtlicher Knochen bei der Berührung besonders in 
den intercostalräumen. Sonst bemerkt man noch Adduktoren¬ 
kontraktur. Sie kann die Beine nicht spreizen. Es besteht 
Schwäche des lleopsoas. Die Diagnose lautet Osteomalacie. 
Pat. ist daran vor IV 2 Jahren erkrankt. Das Leiden beginnt 
in der Regel mit der Schwangerschaft, hier, was seltener ist, 
mit der Menopause. Keine Symptome seitens der Schilddrüse, 
auch sonst nichts, was mit dem Knochenmark zusammenhängt. 
Keine Albumosen u. a. im Harn. 

Man hat der Kranken Phosphor mit Lebertran mit einigem 
Erfolg gegeben. Absolut schlecht vertrug sie Adrenalin; sie 
reagierte mit Herz- und allgemeinen Beschwerden. Jetzt soll 
Thyreoidin versucht werden. 

Diskussion: 

Herr His: Bestanden nervöse Zeichen, Parästhesie und 
Anästhesie ? 

Herr Lebbin: Es bestehen Gefühlsstörungen in den oberen 
Extremitäten und beiden Schultern; die Zone ist aber nicht 
genau zu erkennen. Die Diagnose war zuerst auf Intercostal- 
neuralgie gestellt worden. 

Besserung eines Sarkoms mit Ehrlich-llata 606. 

Herr Heller: Die Tatsache, daß wir durch die Entdeckung 
E h r 1 i c h s in der Lage sind, große Mengen As dem Körper 
ohne Schädigung zuzutühren, erweitert unser Können nach 
vielen Gesicntspunkten hin. Köbner gelang es bekanntlich 
bei einigen Fällen durch interne Darreichung sowie durch Ein¬ 
spritzung von Arsen Sarkome zur Rückbildung zu bringen; 
er nahm 0,23—0,25 arsenige Säure. 

Das veranlagte Redner, bei einer Kranken die Einspritzung 
vorzunehmen. Im 12. Lebensjahre — sie ist jetzt 42 Jahre alt — 
wurde an ihr wegen Angioms der Zunge eine Operation vorge¬ 
nommen. Es kamen aber bald Rezidive, Tumoren, die jetzt die 
Größe eines Gänseeis haben; sie belästigen sie gar nicht. Aber 
vor 3—4 Monaten begann der große Tumor zu wachsen. Es 
entstand eine Geschwulst, die mit dem Angiom zusammenhing, 
aber in der Schleimhaut lag; sie hatte die Größe einer Kar¬ 
toffel. Dieser Tumor lag den meist sehr kariösen Zähnen 
auf; er wurde gelegentlich beim Kauen usw. zu Ulcerationen 
gereizt. 

Was konnte hier vorliegen? Lues war auszuschließen. 
Wassermann sehe Reaktion war absolut negativ. Lag 
Reizung durch die Zähne vor? Das ist bisher noch nicht beob¬ 
achtet worden. Aber auch Glossitis, durch ein Medikament ent¬ 
standen, war auszuschließen. H. wagte dicht, eine Probeexzision 
vorzunehmen, weil sie durch die ganze Tiefe hätte gehen 
müssen und Blutimg zu befürchten war. Immerhin war aucli 
noch später Zeit sie vorzunehmen. Redner stellte die Diagnose 
auf Angiosarkom der Zunge und machte eine Einspritzung von 
0,055 g nach H a t a. Redner wollte durch kleine Dosen eine 
langsame und kontinuierliche Wirkung erzielen. Diese Ein¬ 
spritzung wurde am 1. d. M. vorgenommen; am 14. d. M. war die 
Geschwulst so klein, daß jetzt die Zähne extrahiert werden 
konnten, ln der folgenden Zeit ist sie so geschwunden, daß 
man nicht mehr als einen kleinen Stumpf erblicken kann, der 
von dem Angiom ausgeht. Es ist nicht angebracht, noch eine 
Probeexzision vorzunehmen. — Diese Fälle sind recht be¬ 
achtenswert. An der Zunge sind sie nur selten gefunden 
worden. Bisher sind nur 18 Fälle bekannt und von Scheyer 
veröffentlicht worden; die Merkmale sind nach ihm folgende: 
Langes Freibleiben der Drüsen, Schmerzlosigkeit, geringe 
Störung der Bewegung der Zunge, mangelnde Tendenz zur Er¬ 
weichung und Ulceration. 

Es ist also ein Fall von Sarkom, der durch Ehrlich-Hata 
günstig beeinflußt worden ist. In den Fällen, wo die Operation 
nicht eilt und der Tumor isoliert ist, ist es berechtigt, den Ver¬ 
such zu machen, 606 anzuwenden. Verschiedene Sarkome 
können sehr heterogen sein, auch wenn sie sich mikroskopisch 
gleichen. 




754 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 50. 


Diskussion: 

Herr F. Blumenthal hat ausdrücklich iu seinem letzten Vor¬ 
trag von der Arsenbehandlung der bösartigen Geschwülste ge¬ 
sprochen und ebenfalls Besserung und scheinbare Heilung mit¬ 
geteilt. 

Herr Lewin: Von der Diagnose Sarkom kann man ohne Un¬ 
tersuchung nicht sprechen. 

Herr Heller: Auch die klinische Erfahrung spricht mit; die 
Differentialdiagnose ist gerade an der Zunge sehr schwierig. 

(Schluß folgt.) 


82. Versammlung 

Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom 18.—24. September 1910. 

Referent: Herr L.. B o r c h a r d t (Königsberg). 

(Fortsetzung.) 

Gemeinschaftliche Sitzung der Abteilungen für innere 
Medizin und für Chirurgie 

am 21. September, nachmittags S Uhr. 

Vorsitzender: Herr Braun (Göttingen). 

Herr Grissou (Berlin): Die objektive Darstellung von Be¬ 
wegungsvorgängen mittels Röntgenstrahlen. 

Dem Vortr. ist es gelungen, mit einem besonders gebauten 
Köntgeninstrumentarium alle Körperteile mit einem einzigen 
Induktionsschlage zur Darstellung zu bringen. Die in stetiger 
Bewegung befindlichen Organe, wie Lunge, Herz, Magen usw. 
kommen daher wie im Zustande der Rune zur Darstellung. 

Durch die zwangläufige Verbindung dieses Instrumen¬ 
tariums, des sogen. Einzelschlag-Grissonators, mit einem 
Registrierautomaten ist das Problem der objektiven Dar¬ 
stellung von Bewegungsvorgängen der inneren Organe gelöst 
worden. 

Stabsarzt Dr. Stuertz (Metz) führte die objektive Darstellung 
der Herzbewegung vor. 

An Hand von Röntgenbildern und einer Einschlagauf¬ 
nahme der in Bewegung befindlichen Zeiger des Registrier¬ 
automaten wird die Sicherheit der objektiven Bilderdarstellung 
bewiesen. 

Durch den Vergleich der erhaltenen Röntgenbilder mit 
den Aufzeichnungen des Registrierautomaten erhalt man Kennt¬ 
nis von den tatsächlichen Bewegungsvorgängen. Die mit dieser 
Einrichtung erhaltenen Rüntgenbiider können auch, auf Films 
übertragen, zu kinematographischen Vorführungen verwendet 
werden. 

Lieferantin der Apparate ist die Fabrik elektrischer Appa¬ 
rate Grisson, G. m. b. H., Berlin, Friedrichstr. 131 D. 

Herr Haudek (Wien): Das penetrierende Magengeschwür 
und der Wert seines Nachweises. 

Während das Magencarcinom schon lange der Diagnose 
durch die Radiologie zugänglich ist, hat die Röntgendiagnose 
des Magengeschwürs bisher versagt. Auch experimentell durch 
Exzision der Schleimhaut und Muscularis gesetzte Ulcera bei 
Hunden machten keinerlei Veränderungen, die sich radiologisch 
nachweisen ließen. Dagegen konnte der Vortragende bei pene¬ 
trierenden Magengeschwüren im Röntgenbild Veränderungen 
feststellen, die er für ganz charakteristisch hält. Beim pene¬ 
trierendem Magengeschwür verlötet die Serosa des Magens mit 
einem Nachbarorgan, gewöhnlich Leber oder Pankreas, in das 
das Geschwür hmdurcnbricht. In diesen Organen entsteht dann 
durch die peptische Wirkung des Magensaftes eine Nische, die 
sich radioiogisch darstellen läßt. Während beim Carcinom 
eine Ausfranzung des Wismutschattens entsteht, die wie eine 
unebene Delle in der'normalen Magenform erscheint, ist der 
Schatten des Wismuts, der diese Nische ausfüllt, als divertikel¬ 
artige Ausstülpung oder Appendix im Radiogramm zu sehen. 
Ueber dem Schatten sieht man eine kleine Luitblase. Der Vor¬ 
tragende hat bereits in 17 Fällen die Diagnose des penetrieren¬ 
den Magengeschwürs auf diese Weise stellen können. Klinisch 
imponieren die Fälle oft als Carcinome mit fühlbaren Tumoren. 
In 12 Fällen wurde die Diagnose durch die Operation bestätigt. 

Diskussion: " 

Herr Ewald fragt, ob nicht übergelagerte Leber und Rippen¬ 
bogen das Bild beeinträchtigen würden. 

Herr Haudek erwidert, daß gegenüber dem sehr dichten 
Wismut die sehr durchlässige Leber absolut nicht in Betracht 
komme. 

Herr Kiimmell (Hamburg) bestätigt, daß es niemals Schwie¬ 
rigkeiten macht, die kleine Kurvatur röntgenologisch aufzu¬ 
nehmen. 

Herr Haudek erinnert noch, unter Hinweis auf den Vor¬ 
trag v. Eiseisberg in der zweiten Sitzung der chirurgi¬ 
schen Abteilung, daran, daß er nach den angegebenen Ge¬ 
sichtspunkten imstande gewesen sei, ein Ulcus pepticum jejuni 
nach Gastroenterostomie zu diagnostizieren. 

Herr Kümmell (Hamburg): Ueber Nierentuberkulose. 

Es gab eine Zeit, wo bedeutende Chirurgen die Operation 
der Nierentuberkulose perhorreszierten. Allmählich brach sich 


der Grundsatz Bahn, bei Intaktheit der anderen Niere die 
tuberkulöse Niere möglichst früh zu entfernen. Die Tuberkulose 
der Blase ist nie primär und heilt nach Exstirpation der 
kranken Niere allmählich von selber aus. 

Neuerdings hat man Versuche gemacht, mittels Tuberkulin¬ 
behandlung die Nierentuberkulose zu heilen. Daß die Nieren- 
tuberkulöse überhaupt ausheilen kann, beweist ein durch Au¬ 
topsie in vivo kontrollierter Fall des Vortragenden; aber von 
der Tuberkulinbehandlung hat er nichts Gutes gesehen. Er¬ 
fand in 4 Fällen, die bis zu VA Jahren mit Tuberkulin behandelt 
worden waren, teils bei der Operation, teils bei der Sektion 
ausgedehnte Tuberkulose der Niere. Demgegenüber hat in den 
Fällen, wo von anderer Seite über die Tuberkulinbehandlung 
Günstiges berichtet wurde, nie eine anatomische Untersuchung 
gemacht werden können. Vortr. empfiehlt also, mit Tuberkulin- 
behandlung bei der einseitigen Nierentuberkulose nicht die Zeit 
zu vergeuden, konzediert jene höchstens bei Kindern, rät im 
übrigen dringend zur baldigen Operation. Unter 122 Fällen von 
Nierentuberkulose des Vortr. waren 7 doppelseitig. 14 Fälle 
(3 Todesfälle) sind operiert worden vor Einführung der mo¬ 
dernen Unterschungsmethoden, 101 Fälle danach. Hiervon sind 
im Anschluß an die Operation 4 gestorben, 97 sind geheilt. Die 
Resultate sind von Jahr zu Jahr besser geworden. 

Herr Meinertz (Rostock) Beziehungen des tuberkulösen 
Prozesses zur Blutströmung. 

Das Studium der experimentellen Tuberkulose unter ge¬ 
änderten Zirkulationsbedingungen ist bis jetzt kaum in Angriff 
genommen, obgleich die Wichtigkeit derartiger Beziehungen 
durch viele klinische Tatsachen (Einfluß der Biutströmungsver- 
hältnisse auf die Lungentuberkulose beim Menschen, Herz¬ 
fehler und Lungentuberkulose, Bier sehe Stauungshyperämie) 
bewiesen wird. Es ist nun gelungen, durch eine experimentelle 
Verlangsamung der Blutströmung in den Kapillaren der Niere 
typische Abweichungen im Verlaufe des tuberkulösen Prozesses 
in diesem Organ hervorzurufen. Es ist neuerdings aber auch ge¬ 
lungen, durch eine Beeinflussung der kapillären Blutströmung 
in den Lungen (Erweiterung der Lungenkapillaren und dadurch 
bewirkte beschleunigte Blutströmung als Folge einer experi¬ 
mentellen Atelektase) derartige Abweichungen im Bilde des 
tuberkulösen Prozesses zu erzielen, und zwar in dem Sinne, 
daß die atelektatischen Partien, in denen die beschleunigte 
Blutsrömung stattfindet, in auffälliger Weise von der Tuber¬ 
kulose verschont blieben, indem die Zahl wie die Größe der 
Tuberkel hier geringer ist. Die Ursache ist, daß die langsamere 
Blutströmung aie kapilläre Thrombose, die die Grundlage des 
Tuberkels ist, begünstigt. Das Wesentliche ist nicht die Blut¬ 
fülle, sondern die Strömungsgeschw-indigkeit. Die Anwendung 
auf klinische Verhältnisse liegt nahe. 

Herr Tilmanu (Cöln): Zur Chirurgie der Kleinhirntumoren. 

Vortr. berichtet zunächst über 8 Fälle von Kleinhirntumo¬ 
ren. ln 3 Fällen ging der Tumor vom 4. Ventrikel aus (Pa¬ 
pillom, Fibrosarkom, Gliom), in 2 weiteren Fällen war er 
doppelseitig (1 Fall Tuberkulose, 1 Fall Cysticerken), in den 
3 letzten Fällen einseitige Tumoren. 

Von den 8 Fällen sind 6 operiert worden, hiervon sind 2 
gestorben — der eine Fall Papillom des 4. Ventrikels, der 
andere Cysticerken. In beiden Fällen war die Diagnose lange 
zweifelhaft gewesen. Es mußten ferner bei der Operation beide 
Hemisphären bloßgelegt werden. 

Vortragender wirft die Frage auf, ob nicht die doppelseitige 
Bloßlegung das Gefährlichere sei; vielleicht zerre das Kleinhirn 
an der Medulla. In den 4 Fällen, die den Eingriff überstanden 
haben, lag einseitiger Tumor, einseitiger Eingriff vor: 1. Solitär¬ 
tuberkel, 2. Fibrom des Kleinhirnbrückenwinkels, 3. und 
4. Cyste; Fall 2 und 3 sind dauernd geheilt. 

Wo mit Sicherheit die Diagnose auf Einseitigkeit gestellt 
war, bestätigte sich dies; wo diese Diagnose unsiener war, lag 
entweder Tumor des Ventrikels oder ein doppelseitiger Tumor 
vor. Besonderer diagnostischer Wert kommt der Punktion zu. 

Wo man kann, sollte man besser osteoplastisch operieren; 
unbedingt notwendig ist dies bei doppelseitiger Freilegung. 

Vortr. empfiehlt, einseitig zu operieren. 

Diskussion: 

Herr Leischncr berichtet über 7 Fälle von Kleinhirntumo¬ 
ren aus der Eiseisberg sehen Klinik. 4 erlagen dem Ope- 
rationsshok, von 4 anderen starben 2 mit Tuberkulose 4 Monate 
p. o. an tuberkulöser Meningitis, 1 mit Sarkom 7 Monate p. o. an 
Rezidiv. 1 Cyste ist seit IV 2 Jahren wesentlich gebessert. Von 
Kleinhirnbrückenwinkeltumoren wurden 8 Fülle operiert; 2 an 
Eingriff, 2 an sekundärer Infektion gestorben, 2 geheilt, 2 Fülle 
sind neu. Es wurde stets zweizeitig operiert, nie die Knochen¬ 
platten erhalten. (Forts, folgt.) 


III. Therapeutische Notizen. 

Ueber Urol und Urocol als Gichtmittel teilt Sanitätsrat 
Dr. M. in Gr. J ) folgendes mit: Die Mittel haben sich bei meiner 
chronischen schweren Gicht vortrefflich bewährt, sodaß ich in 

‘) Der vollständige Name ist der Itedaktion bekannt. 




No. 50. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


* 


der Praxis und namentlich im Bekanntenkreise auch großen 
Änklang fand. Auch mein Kollege hier hat sich dazu in seiner 
Praxis bekannt. Auf der ärztlichen Studienreise war es gleich 
im Beginn in Davos mein Retter; am Nachmittag spürte ich 
(Ueberanstrengung und Diätfehler) Schmerz und befürchtete 
einen länger dauernden Anfall; ich nahm fast y 2 Glas Uro! auf 
einmal und in halbstündigen Zwischenräumen noch 4 Urocol- 
tabletten. Mein Magen blieb ausgezeichnet, auch sonst spürte 
ich keine Schwäche, wie bei Granules de Houde, und die Reise 
ging weiter glücklich bis zu Ende, trotz ungeeignetster Lebens¬ 
weise. Meinen mitreisenden Kollegen habe ich die Präparate 
dringend empfohlen; es fand sich so mancher Leidens- (und 
Zech-) Genosse darunter. Wenn ich auch im letzten Jahre 
eine große Quantität verschluckt habe, so hatte ich doch trotz 
meines nicht taktfesten Herzens keine Beschwerden, abei' 
sicherlich habe ich nicht mehr als höchstens 4—5 Tage meine 
Praxis auszusetzen brauchen. 

Ueber die Behandlng des Asthma bronchiale mit Medika¬ 
menten macht Dr. August Goldschmidt (München) einige Aus¬ 
führungen (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 43). Bei dem 
schweren akuten Asthmaanfall ist bis jetzt die Morphium¬ 
injektion (1 proc.), am besten mit geringem Zusatz von Atropin, 
sulfuric. (1 prorn., die beste Hilfe (eine volle Pravazspritze). 
Ist der Asthmaanfall no6h ganz im Beginn, so kann er durch 
Darreichng von Tlieobrominpräparaten und besonders von 2 g 
Diuretin häufig coupiert werden. Besonders wirksam ist nach 
Verf. folgende Zusammenstellung: Coffein, valerianic. 0,25 g, 
Theobromin. natrio-salicylic. 0,5 g. M. f. pulv. S. beim Anfall 
1—2 Pulver zu nehmen. Wenn der Asthmaanfall durch einen 
Bronchialkatarrh ausgelöst ist, so leisten die Jodpräparate zur 
Beseitigung des Sekrets die besten Dienste und unter ihnen 
wiederum die einfachen Salze. Besonders das Jodnatrium er¬ 
scheint G. bewährt. Für die Dauerbehandlung des Asthma 
wurde neuerdings wieder das Atropin, sulfuric. von ver¬ 
schiedenen Autoren empfohlen; Verf. kann sich dieser Empfeh¬ 
lung, soweit die innerliche Darreichung in Frage kommt, nicht 
anschließen, da er Vergiftungserscheinungen von Atropin sah 
und vor allem kein Dauererfolg zu erzielen war. Eine größere 
Verbreitung hat in den letzten Jahren die nasale Atropin¬ 
inhalation gefunden, in erster Linie durch das Tuck er sehe 
Präparat und dessen Nachahmungen. In dem T u c k e r sehen 
Originalpräparat besitzt der Asthmatiker ein meist zuverlässiges 
Mittel, um die so häufigen Beklemmungszustände, die bereits 
durch ein reichliches Mahl oder Aufenthalt in heißer, rauchiger 
Luft ausgelöst werden können, zu bannen. Allerdings können 
beim häufigen Gebrauch des Mittels auch hier die bekannten 
Vergiftungserscheinungen (Trockenheit im Halse, Sehstörun¬ 
gen) auftreten. Dieser Umstand, sowie der unsinnig hohe Preis 
des Mittels haben Verf. veranlaßt, ein billigeres und vor allem 
fast ungiftiges Ersatzmittel für das Tuckersehe Präparat her- 
stelleiTztrTassfln^ Das von ihm empfohlene Mittel hat folgende 
Zusammensetzung: 


Rp. Alypin. mfcrie.0,3 g 

Eumydrin. nitric.0,15 „ 

Glycerin.7,00 „ 

Aq. destill. 25,00 „ 


Ol. pini pumil. gtt I 

M.D.S. zur Inhalation mit dem Sprayapparat nach Tucker. 

Da das Alypin die Nasenschleimhaut leicht hyperämisiert, 
so ist dem Patienten zu raten, je 10 ccm im Apparat befindlicher 
Lösung ca. 8—10 Tropfen 1 prom. Adrenalin oder Suprarenin- 
lösung zuzufügen. Das Mittel hat sich bisher gut bewährt, der 
Preis ist mäßig (1,70 M. nach der deutschen Arzneitaxe)- 

Dr. Hermann Haymann prüfte in der psychiatrischen Klinik 
der Universität Freiburg i. B. die therapeutische Verwendbar¬ 
keit des Pantopon bei Geistes- und Nervenkrank¬ 
heiten und berichtet (Münch. . med. Wochenschrift, 1910, 
No. 43) über seine Ergebnisse. In der Mehrzahl der Fälle wurde 
die 2 proz. Originallösung subkutan injiziert, und zwar 1 ccm 
davon, nur ausnahmsweise wurde die Dosis auf 1,5—2 ccm 
gesteigert. Für die Psychiatrie ist nach H. das Pantopon nament¬ 
lich deshalb von Wert, weil es sich sehr gut zur subkutanen 
Injektion eignet, infolgedessen wirkt es rasch und kann auch 
widerstrebenden Kranken gegeben werden. Seine Haupt- 
wirkung ist weniger die hypnotische als die sedative, und diese 
kommt wiederum am besten zur Geltung, wenn es sich um Be¬ 
kämpfung ängstlicher Erregungszstände handelt, zeigt sich aber 
auch sonst. Die Nebenwirkungen sind nicht allzu beträchtlich 
(zuweilen Erbrechen), in vielen Fällen fehlen sie ganz. Ge¬ 
wöhnung tritt nicht ein. 

Ueber Erfahrungen mit der Heißluftdusche in der Gynäko¬ 
logie berichtet Dr. E. Krösing aus der Universitätsfrauenklinik 
Jena (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 43). Diese Therapie 
wird dort in folgender Weise gehandhabt: Da, wo es sich um 
mehr oberflächlich gelegene Prozesse (Bauchdeckeninfiltrate 
nach Laparotomien, Nahteiterungen usw.) handelt, wird die 
übliche Heißluftdusche für 10—15 Minuten täglich gebraucht. 


755 

Bei der Behandlung parametritischer Exsudate, bei Vulvovagi¬ 
nitis und ähnlichen Affektionen wurde, je nach dem einzelnen 
Fall, kombiniert mit der gleichzeitigen Erwärmung des Unter¬ 
leibes durch den elektrischen Lichtbügel von oben her oder 
ohne diesen, ein langes dünnes Ansatzrohr der Heißluftdusche 
angewendet, das in die Vagina eingeführt wird; dieses Rohr 
kann leicht abgenommen und in Sublimat desinfiziert werden. 
Die auf diese doppelte Weise erzeugte Wärme wurde, trotzdem 
sie in der Vagina über 100 11 betrug, nie unangenehm empfun¬ 
den. Auch diese Durchwärmung wurde jeden Tag 10—15 Mi¬ 
nuten läng appliziert, der unbedeckte Leib wird mit Vaseline 
eingeritten, um Verbrennungen zu verhüten, die Innenseite der 
Oberschenkel mit Gummi geschützt. Die Hauptindi¬ 
kation 3eser Behandlung bilden die alten parametri t i - 
seihen Exsudate, einerlei welcher Provenienz. Sie gehen 
dabei viel schneller zurück als auf die übliche Belastungs-, Be- 
lichtungs- und Tampontherapie. Gelegentlich wurde die Hei߬ 
luftdusche ferner angewandt, wenn infolge starker Sekretion 
aus der Vagina Dammnähte zu eitern begannen, die Wunde 
wurde durch de Hitze getrocknet, die Sekretion ließ nach, die 
schlaffen Granulationen wurden frisch. — Auch in einem Fall 
von exsudativer Pleuritis wurde das Exsudat durch Anwendung 
der Heißluftdusche rasch zur Resorption gebracht. R. L. 


IV. Bücherschau. 

Aphasie und Apraxie. Klinische Vorlesung von Robert Bing, 
Nervenarzt, Dozent für Neurologie an der Univ. Basel. Würz¬ 
burger Abhandlungen aus dem Gesamtgebiet der praktischen 
Medizin, Bd. X, H. 11. Würzburg 1910, Curt Ka- 
bitzsch (A. Stübers Verlag). 25 S. 0,85 M. 

Die Erklärung der verschiedenen Arten der Aphasie gehört 
unstreitig zu den schwierigeren Problemen, welche die Neuro¬ 
pathologie und Gehirnanatomie zu lösen hat; ist dies Gebiet 
schon für den neurologischen Spezialisten nicht leicht zu be¬ 
wältigen, so ist es für den praktischen Arzt noch schwerer, sich 
hier zurechtzufinden; um so mehr, als in bezug, auf manche 
Symptomenkomplexe noch nicht einmal bei den Fachleuten 
Uebereinstimmung der Ansichten erzielt ist. Das Studium der 
Originalarbeiten, in welchen diese Dinge behandelt werden, 
setzt ein großes Maß psychologischer, anatomischer und physio¬ 
logischer Spezialkenntnisse voraus, außerdem erschwert dem 
Nichtfachmann die komplizierte Terminologie das Verständnis 
dieser Arbeiten. Deshalb ist es mit Dank zu begrüßen, daß der 
Verfasser in der vorliegenden Abhandlung die Lehre von der 
Aphasie und der damit in engem Zusammenhang stehenden 
Apraxie — die Lehre von der letzteren wurde in den letzten 
Jahren besonders durch Ii. Liepmann gefördert und vertieft 
— nach dem heutigen Stand der Wissenschaft kurz und über¬ 
sichtlich für den Nichtspezialisten darstellt. 

Die Eintrittspforten der Tuberkulose in den menschlichen Or¬ 
ganismus und die Disposition der Lungen zur Tuberkulose. 
Von Privatdozent Dr. A. Schmincke in. Würzburg. Würz¬ 
burger Abhandlungen aus dem Gesamtgebiet der prakti¬ 
schen Medizin, Bd. X. H. 10. Würzburg 1910, Curt K a - 
b i t z s ch (A. Stübers Verlag). 15 S. 0,85 M. 

Die vorliegende kleine Abhandlung gibt einen vom Verf. 
gehaltenen „Fortbildungsvortrag“ wieder. Es ist ja ganz schön, 
wenn in so freigebiger Weise von Berufenen und Unberufe¬ 
nen ärztliche Fortbildung verzapft wird; muß aber durchaus 
ein Fortbildungsvortrag durch den Druck verewigt werden, 
wenn so gar nichts Neues darin steht, wenn der Verfasser weder 
eigene Gedanken noch neue Gesichtspunkte oder Forschungs¬ 
ergebnisse mitzuteilen hat und dazu noch sein Thema in so dürf¬ 
tiger Weise behandelt, wie dies hier der Fall ist? Neues werden 
wohl nur wenige Leser aus diesem Vortrag lernen. R. L. 


Y. Tagesgeschichte. 

Standesangelegenhelten, Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Entscheidungen des preußischen ärztlichen 
Ehrengerichtshofs (Ministerialbl. f. Medizinal- und medizinische 
Unterrichtsaugelegenheiten, 1910, NNo. 19 und 20.) (Fort¬ 
setzung.) 

G. Urteil vom 5. April 1910. 

Enthält die Mitarbeit an einem das Heilver¬ 
fahren behandelnden Buche, zu welchem auch 
nichtapprobierte Personen Beiträge liefern, 
einen Verstoß gegen die ärztliche Standes¬ 
ehre? 

Das Ehrengericht hat festgestellt, daß der Angeschuldigte 
zu G. in den Jahren 1906 und 1908 die Pflicht, sich bei Aus¬ 
übung seines Berufes sowie außerhalb desselben der Achtung 
würdig zu zeigen, welche der ärztliche Beruf erfordert, dadurch 
verletzt hat, daß er 








756 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 50. 


a) mit dem Kurpfuscher G. wegen Mitarbeit an der Um¬ 
arbeitung des P.schen Buches „Die neue Heilmethode“ ver¬ 
handelte, 

b) seine Benennung als Mitarbeiter in dein auf dieses Buch 
bezüglichen Prospekt der Verlagsanstalt B. & Co. zusammen 
mit einer Anzahl nichtapprobierter Personen duldete. 

Vom Ehrengericht wurde der . Angeschuldigte freige¬ 
sprochen, weil er glaubhaft nachweisen konnte, daß ihm bei 
der Uebernahme der Mitarbeiterschaft die gleichzeitige Mit¬ 
arbeit nichtapprobierter Personen geflissentlich verschwiegen 
und die Beseitigung jeder Polemik gegen die ..Schub ledizin“ 
aus dem Buche ausdrücklich zugesichert worden war, Sund daß 
er ferner keinen Grund gehabt hätte, den Unterhändler für 
einen Kurpfuscher zu halten. Er hätte allerdings »päter bei 
dem Verlag gegen den unter b) erwähnten Prospekt protestie¬ 
ren können, aber dieses nicht zu billigende passive* Verhalten 
reiche für sich allein noch nicht zu einer ehrengerichtlichen 
Verurteilung aus. 

7. Urteil vom 22. November 1909. 
Quittierung einer ärztlichen Honorarforde- 
rung nach Ausstellung eines entsprechenden 
Schuldscheins. 

Durch Urteil des ärztlichen Ehrengerichts für die Provinz 
.... vom 10. Oktober 1908 ist der Angeschuldigte mit einem 
Verweis und einer Geldstrafe von 100 M. kostenpflichtig be¬ 
straft worden. Dem Urteil liegt folgender Tatbestand zugrunde: 

Die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft der Provinz 
.... wies früher den Aerzten. welche Unfallkranke behandelt 
hatten, auf die von den Aerzten der Berufsgenossenschaft ein¬ 
gereichten Rechnungen das Honorar unmittelbar an. Da im 
.Sektionsbezirk das Kreises B. eine auffällige Höhe der Rech¬ 
nungen beobachtet wurde, welche z. B. dadurch verursacht 
wurde, daß die Unfallverletzten zu viele ärztliche Besuche in 
Anspruch nahmen, auch wenn sie die Sprechstunde hätten auf¬ 
suchen können, ging der Sektionsvorstand dazu über, die Heil¬ 
kosten nur an den Verletzten anzuweisen und zwar nur. nach¬ 
dem dieser seinerseits die Bezahlung des Arztes durch dessen 
nuittierte Liquidation nachgewiesen hatte. Nach dem früheren 
Verfahren kannten die Verletzten die Kosten, welche sie ver¬ 
ursacht hatten, gar nicht und durch dieses neue Verfahren 
wurde, wie der Landeshauptmann der Provinz .... in dem an 
das Ehrengericht gerichteten Schreiben vom 12. November 1907 
ausführt, bezweckt ihnen diese Kosten vor Augen zu führen, 
das Verantwortlichkeitsgefühl in ihnen zu wecken und sie zu 
zwingen, unnötige Kosten zu vermeiden. 

Mit Bezug auf diese Erwägungen der Berufsgenossenschaft 
heißt es in einem an den Angeschuldigten gerichteten Schreiben 
der Berufsgenossenschaft vom 17. Juli 1906: 

„Im übrigen sei noch bemerkt, daß eine Verpflichtung der 
Genossenschaft zur Ersetzung von Heilkosten op. nur dem 
Verletzten gegenüber besteht und in Zukunft überhaupt nur 
noch die Kosten des genehmigten Heilverfahrens gegen Vor¬ 
lage quittierter Rechnungen und nach Prüfung der Ange¬ 
messenheit letzterer an die Verletzten zurückerstattet 
werden.“ 

Der Angeschuldigte hat nun in einer Reihe von Fällen 
Patienten seine Rechnung vorgelegt und sich von ihnen, wenn 
sie nicht zahlen zu können erklärten, einen Schuldschein nach¬ 
stehenden Inhalts ausstellen lassen: ..Ich bekenne hiermit dem 
Dr. H . zu N. . . . Mark zu schulden und verspreche, solche mit 
5 pCt. zu verzinsen und nach Anfordern zurückzuzahlen Trh 
bevollmächtige Herrn Dr. H., diesen Betrag von der Landwirt¬ 
schaftlichen Berufsgenossenschaft beizutreiben.“ Hatte der 
Patient solchen Schuldschein unterschrieben so nuittierte Ange¬ 
schuldigter seine Rechnung mit -Betrag erhalten“ und ver- 
anlaßte die Einsendung an die Berufsgenossenschaft zwecks 
Erstattung. 

Das Ehrengericht hatte den Angeschuldigten verurteilt, 
trotzdem es ihm glaubte, daß er das Verfahren der Berufs¬ 
genossenschaft für unzulässig gehalten habe und der Meinung 
gewesen sei. einen unmittelbaren RechtsansDruch gegen die 
Berufsgenössenschaft auf Zahlung seiner Rechnung zu haben. 
Er habe aber als Arzt die Erfüllung einer bestehenden Ver¬ 
pflichtung auch nicht durch eine Täuschung der Berufs¬ 
genossenschaft zu erreichen versuchen dürfen. 

ln der Berufungsschrift führte der Angeschuldigte aus. daß 
ihm jede Täuschungsabsicht ferngelegen habe, denn er habe 
einem Hausarzt und einem Bureaubeamten der Berufsgenossen¬ 
schaft ganz offen erklärt, daß er die Verfügung des Sektions¬ 
vorstandes für verfehlt halte und deshalb auf Grund von Schuld¬ 
scheinen quittierte Rechnungen einschicken werde. Schon aus 
der Höhe der Beträge hätte die Berufsgenossenschaft bei der 
Armut der betreffenden Patienten ja erkennen müssen, daß es 
sich nicht.um geleistete Barzahlungen handeln konnte. 

Das Ehrengericht sprach daraufhin den Angeschuldigten 
kostenlos frei. 

.Daß Angeschuldigter nach bürgerlichem Recht Quittie¬ 
ren konnte, wenn ihm ein Schuldschein über seine Forderung 
aus ärztlicher Bemühung ausgestellt war, hat das Ehrengericht 


zutreffend angenommen. Die ursprüngliche, kausale Schuld ist 
durch Umwandlung in eine abstrakte Schuld getilgt. An diese 
zugunsten des Angeschuldigten erfolgte Beurteilung des Rechts¬ 
verhältnisses war der Ehrengerichtshof gebunden.“ 

„Das Recht, statt barer Zahlung sich mit Ausstellung eines 
Schuldscheines zu begnügen, kann dem Angeschuldigten nicht 
bestritten werden. So ungewöhnlich solches Vorgehen insbeson¬ 
dere den ländlichen Patienten gegenüber sein mag, so konnte es 
für sich allein eine ehrengerichtliche Bestrafung des Ange¬ 
schuldigten nicht begründen. Es mußte dabei auch berück¬ 
sichtigt werden, daß der Angeschuldigte es gerade in dieser 
Art von Praxis durchweg mit armen Leuten zu tun hat, die 
tatsächlich derartig hohe Beträge nicht sofort, meistens auch 
innerhalb der kurzen Verjährungsfrist, nicht bar zahlen können. 
Die Tatsache, daß der Angeschuldigte sich Schuldscheine der 
vorliegenden Art ausstellen ließ, allein genügte jedenfalls nicht 
zu seiner ehrengerichtlichen Verurteilung. — Wesentlich fiel 
ferner ins Gewicht, daß der Zweck der Berufsgenossenschaft, 
den ärztlicher Hilfe Bedürftigen bezüglich der durch sie er¬ 
wachsenden Kosten das Verantwortlichkeitsgefühl zu schärfen, 
bei dem Vorgehen des Angeschuldigten auch erreicht wurde.“ 
(Forts, folgt.) 

— Die Gesetzesvorlage zur Bekämpfung der Miß- 
stände im Heilgewerbe ist dem Reichstage am 22. November 
zugegangen. Die Vorlage stellt in mehrfacher Hinsicht eine 
Verbesserung des vor 2% Jahren veröffentlichten Entwurfs dar. 
Indem wir uns Vorbehalten, auf Einzelheiten der Vorlage später 
noch zurückzukommen, wollen w'ir hier nur ihren Hauptinhalt 
andeuten. Das Gesetz enthält 1. die Verpflichtung für Nicht- 
approbierte zur Anmeldung ihres Gewerbebetriebes (§ 1), 
2. die Verpflichtung für die Nichtapprobierten. unter beständi¬ 
ger behördlicher Kontrolle Bücher zu führen (§ 2), 3. das Ver¬ 
bot der Behandlung von Krankheiten der Geschlechtsorgane, 
Infektionskrankheiten, Krebs und der Vornahme von all¬ 
gemeiner Narkose, subkutanen und intravenösen Injektionen 
durch Nichtapprobierte (§ 3), 4. Verbot der Abgabe 

von Arzneimitteln durch Nichtapprobierte; Unzulässigkeit 
der Verweisung der Patienten an bestimmte Bezugsquellen 
(§ 4). 5. Einführung einer Konzessionspflichtigkeit für die nicht¬ 
approbierten Krankenbehandler mit der Möglichkeit, ihnen den 
Gewerbebetrieb bei mangelnder Zuverlässigkeit zu untersagen. 
Dies ist der Teil des Gesetzes, der uns Aerzte am meisten 
interessiert; es folgt eine Reihe von Paragraphen die sich mit 
den Auswüchsen auf dem Gebiete der Heil- und Geheimmittel 
beschäftigen und im wesentlichen die Kodifizierung einer 
Materie bezwecken, die bisher vielfach auf dem Wege polizei¬ 
licher Verordnungen geregelt wurde. Für Inhaber ausländi¬ 
scher Approbationen gelten gewisse Ausnahmebestimmungen 
(§§ 12 u. 17). — Am 30. November und 1. Dezember hat bereits 
die erste Lesung des Entwurfs stattgefunden, die mit der Ueber- 
weisung der Gesetzesvorlage an eine Kommission von 28 Mit¬ 
gliedern endete. Mit Ausnahme unserer Kollegen, des fort¬ 
schrittlichen Volksparteilers Dr. Struve, des Nationallibe¬ 
ralen Dr. A r n i n g und des Freikonservativen Dr. H o e f f e 1, 
sprachen sich alle Redner mehr oder weniger gegen die Bestim¬ 
mungen des Entwurfs aus: zeitweise hatte man den Eindruck, als 
ob die Besprechung nicht der Bekämpfung, sondern der Verteidi¬ 
gung des Kurpfuschertums gelte und unser Kollege Dr. A r - 
ning hatte ein gewisses Recht, im Schlußwort zu bemerken 
daß man nach dem Verlauf der Debatte lieber Kurpfuscher als 
Arzt sein möchte. Die Aussicht, daß der Reichstag ein der Vor¬ 
lage des Bundesrats einigermaßen entsprechendes Gesetz zu¬ 
stande bringen werde, ist unter diesen Umständen vorläufig 
ziemlich gering. 

H a 11 e a. S. Da die Krankenkassen, denen bis zum 25. Nov. 
vom Magistrat als der Aufsichtsbehörde der Nachweis aus¬ 
reichender ärztlicher Versorgung für ihre Mitglieder aufgege¬ 
ben war, diesen Nachweis zum genannten Termin nicht zu er¬ 
bringen vermochten hat der Magistrat jetzt selbst diesen Teil 
der Verwaltung in die Hand genommen. 

Universitätswesen. Personalnaeliriehten. 

Berlin. Der Marine-Generaloberarzt Prof. Dr. Rüge 
ist zum Marine-Generalarzt und Inspektionsarzt der Inspektion 
des Bildungswesens der Marine ernannt worden. 

— Die Professoren L. Casper, James Israel und 
Posner sind zu Ehrenmitgliedern der Societä italiana 
di Urologia ernannt worden. 

Halle a. S. Der Oberarzt an der Universitäts-Frauen¬ 
klinik Dr. Theodor Heyne mann hat sich für Gynäkologie 
und Geburtshilfe habilitiert. 

Münster i. W. Am anatomischen Universitätsinstitut ist 
der Arzt Dr. med. Eugen Kurz zum zweiten Prosektor er¬ 
nannt und mit der Verwaltung der etatsmäßigen Prosektur 
betraut worden. Der bisherige Inhaber dieser Stelle, Privat¬ 
dozent Dr. med. Brodersen, wurde zum Abteilungsvor¬ 
steher und ersten Prosektor ernannt. 

Bonn. An seiner Geburtsstätte, dem Rittergute Auel in 
der Rheinprovinz, starb im Alter von 79 Jahren Geh. Medizinal- 



No. 50. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


757 


rat Prot Dr. Adolf Freiherr vonLaValetteSt. George, 
früher 'Ordinarius der Anatomie an der hiesigen Universität. 
1831 geboren, hatte er Naturwissenschaften und Medizin stu¬ 
diert und sowohl den philosophischen (1855) als auch den 
medizinischen Doktorgrad (1857) erworben. Er erlangte 1858 
die ärztliche Approbation und habilitierte sich noch in demselben 
Jahre in Bonn für Anatomie. 1859 als Prosektor angestellt, 
wurde er 1862 außerordentlicher und 1875 ordentlicher Pro¬ 
fessor seines Fachs. Seit 1907 lebte der Verstorbene im Ruhe¬ 
stände. Die wissenschaftliche Bedeutung La Valettes liegt 
auf den Gebieten der vergleichenden Anatomie und der Ent¬ 
wicklungsgeschichte ; besonders letztere verdankt ihm eine ganze 
Reihe wichtiger Erkenntnisse. Ein Teil seiner hierher gehöri¬ 
gen Arbeit ist auch der Fischzucht zugute gekommen, über die 
er an der Landwirtschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf vor¬ 
trug. Mit Waldeyer und 0. Hertwig redigierte La Va¬ 
lette das „Archiv für mikroskopische Anatomie“. 

Saarbrücken. Als Nachfolger des zum 1. April 1911 in 
den Ruhestand tretenden Sanitätsrates Dr. Jüngst wurde Prof. 
Dr. W. N o e t z e 1, Chefarzt des Krankenhauses Fischbachtal 
(früher Völklingen), zum Chefarzt der chirurgischen Abteilung 
des hiesigen Bürgerhospitals berufen und ernannt. Er wird 
dieses Amt am 1. April 1911 antreten. 

Rostock. Dr. Gerhard Hosemann hat sieh für 
Chirurgie habilitiert. 

Prag. Der ordentliche Professor der Chirurgie Hofrat Dr. 
Anton W ö 1 f 1 e r ist aus Gesundheitsrücksichten verhältnis¬ 
mäßig früh in den Ruhestand getreten. Einer der hervorragend¬ 
sten Schüler Billroths, hat er sein hiesiges Lehramt seit 
1895 bekleidet, nachdem er vorher seit 1886 die gleiche Stellung 
an der Universität Graz innegehabt hatte. Prof. W ö 1 f 1 e r 
steht jetzt im 61. Lebensjahre. 

Wien. Vor kurzem ist hier das Projekt entstanden, die 
öffentlichen Krankenanstalten Wiens aus der Verwaltung der 
Stadt in die des Landes Nieder Österreich übergehen 
zu lassen, ein Projekt, das man hier kurz als „Verländerung der 
Spitäler“ bezeichnet. In dieser Angelegenheit hat nun. das Pro¬ 
fessorenkollegium der medizinischen Fakultät am 2. Dezem- 
;f ber eine Sitzung abgehalten. Da die Universitätskliniken teil¬ 
weise in den in Frage kommenden Spitälern untergebracht sind, 
/ kamen die Professoren einstimmig überein, gegen die beabsich¬ 
tigte Verländerung Einspruch zu erheben. Sie halten sich hier¬ 
zu befugt, weil bei ihrer Bestallung für die Professur und ihrer 
Berufung zu Vorstehern der betreffenden Kliniken von einer 
Verländerung der Spitäler nicht die Rede war. Sollte ein Gesetz 
über die Verländerung trotz des einstimmigen Einspruchs der 
Wiener medizinischen Fakultät erfolgen, so wollen die 
Professoren dem Unterrichtsminister ihre Entlassung einrei¬ 
chen und von der Leitung der Kliniken zurücktreten. Dem Pro¬ 
teste schlossen sich am nächsten Tage die Abteilungsvor¬ 
steher, Primär- und Sekundärärzte der Spitäler an. Dieser 
. Einspruch richtet sich gegen die christlich-soziale Partei, die als 
Gegnerin_derfreien Forschung bekannt ist und bei einer Ver¬ 
länderung deiT~ Spitalwasens in Oesterreich wäre daher 
zu befürchten, daß der Betrieb der medizinischen Wissen¬ 
schaft an den österreichischen Hochschulen unter den Einfluß 
einer erwiesenermaßen bildungsfeindlichen Partei geriete. 
Einer Abordnung des Wiener medizinischen Professorenkolle¬ 
giums am 3. d. M. und zwei Tage später einer solchen von Ver¬ 
tretern sämtlicher ärztlichen Vereine Wiens gab der Unter¬ 
richtsminister Graf S t u e r g k h alsbald beruhgende Zusiche¬ 
rungen. 

Kopenhagen. Generalarzt Dr. Hieronymus 
Laub, langjähriger Chef des dänischen Militärsanitätswesens, 
ist im Alter von 72 Jahren gestorben. 

M e n t o n e. Im Alter von 79 Jahren starb in Tegernsee 
der aus Livland stammende Arzt Dr. M. v. C u b e , der, nachdem 
er eine Reihe von Jahren in Petersburg praktiziert hatte, nach 
der französischen Riviera übersiedelte, wo er erst in Nizza und 
später in Mentone eine internationale Kurpraxis ausübte. Im 
letzteren Ort hat er 35 Jahre gewirkt und mit dazu beigetragen, 
ihm den nunmehr feststehenden Ruf eines klimatischen Kurorts 
ersten Ranges zu verschaffen. 

Lima. Der schweizerische Chirurg Dr. F. Suter aus 
Aarau, der erst seit wenigen Wochen als ueuernannter Pro¬ 
fessor der Chirurgie hier tätig war, ist im Alter von 37 Jahren 
plötzlich gestorben. 


Kongreß- und Vereinsnachriehten. 

Leipzig. Der Verband der Aerzte Deutschlands zur 
Wahrung ihrer wirtschaftlichen Interessen („Leipziger 
V erbau d“) hielt am 27. November seine gutbesuchte zehnte 
Jahresversam m 1 u n g ab, die wegen des zu ungewöhnlich 
frühem Termin im Frühjahr abgehaltenen Aerztetages auf 
diesen späten Zeitpunkt verlegt worden war. In seiner Eröff¬ 
nungsansprache gab der Vorsitzende Hart mann (Leipzig) 
einen Rückblick auf die unsern Lesern bekannten Vorgänge 
und Kämpfe auf dem Gebiete des Kraukenkassenwesens und 
die einschlägigen Debatten im Reichstage; er schloß mit der 


Erklärung, daß die deutsche Aerzteschaft Mittel und Wege 
finden werde, sich ihre Freiheitsrechte zu wahren. Den Haupt¬ 
gegenstand der Tagesordnung bildete der vom Generalsekretär 
Kuhns erstattete Jahresbericht, der ein Bild von der 
andauernd wachsenden Tätigkeit des Verbandes gab. Nimmt 
man an, daß etwa 25 000 Aerzte im Deutschen Reiche von dem 
Bestehen des Leipziger Verbandes berührt werden, so sind 
etwa 94 pCt. dieser Interessenten auch Mitglieder desselben. 
Ein wichtiges Arbeitsgebiet des Verbandes ist die Stellen¬ 
vermittelung. Durch diese ist es dem Verband gelungen, 
einen großen Teil der gewerbsmäßigen, oft wenig gewissen¬ 
haften Stellenvermittler auszuschalten und die Aerzte vor er- 
erheblichen Verlusten zu schützen, ferner auch von übereilten 
Praxiskäufen abzuhalten. An 3178 Bewerber konnten 2812 
Stellen vermittelt werden, darunter 302 an Schiffsärzte, 436 
an Assistenten, 1715 an Vertreter, 110 an Medizinalpraktikanten. 
Seto bezeichnend für die Aussichten des ärztlichen 
B e r u f e s ist aber, daß es nur 249 mal gelang, Gelegenheit, zur 
Niederlassung zu bieten, gegen 281 mal im Vorjahre. Bedenkt 
man demgegenüber, daß die Zahl der Medizinstudieren¬ 
den von 5926 im Wintersemester 1904/05 auf 10 263 im 
gleichen Semester 1909/10 gestiegen ist, so erhellt ohne weite¬ 
res, daß sich innerhalb kurzer Zeit die Lage der Aerzte noch 
sehr erheblich verschlechtern muß. Seit seinem Bestehen hat 
der Verband in 947 kassenärztliche Kämpfe einge¬ 
griffen, von denen 830 gewonnen, 11 verloren wurden und 106 
noch unentschieden sind. Von diesen Kämpfen betrafen nicht 
weniger als 731 kleine und kleinste Orte. In der Mehrzahl der 
drohenden Konfliktskämpfe gelang dem Verband eine gütliche 
Beilegung. Bei den letzten Kämpfen hat man es mit einem plan¬ 
mäßigen, von langer Hand vorbereiteten Vorgehen des Orts¬ 
krankenkassenverbandes und des Betriebskassenverbandes 
zu tun, wobei die Regierungsmaßnahmen vielfach als eine Be¬ 
günstigung der Kassen erscheinen, z. B. was die Behandlung 
von Beschwerden angeht. Die Einzelheiten des Geschäfts¬ 
berichts wurden durch Redner aus allen Teilen Deutschlands 
ergänzt. Ueber die Unmöglichkeit, daß die Aerzte unter der 
jetzt zur Beratung stehenden Reichversicherungsordnung 
arbeiten, sprach insbesondere Dr. Munter (Berlin). Dr. 
Hirschfeld (Leipzig) erstattete den Kassenbericht, 
der sich von Jahr zu Jahr günstiger gestaltet. Bemerkenswert 
sind die Hunderttausende von Mark freiwilliger Spenden zur 
Unterstützng der von Krankenkassen ausgesperrten Aerzte. 
Nach Wiederwahl des Vorsitzenden wurde die Versammlung 
geschlossen. 

Wiesbaden. Der 28. Deutsche Kongreß für Innere 
Medizin findet vom 19. bis 22. April 1911 in Wiesbaden unter 
dem Präsidium des Herrn K r e h 1 (Heidelberg) statt. Das 
Referatthema, welches am ersten Sitzungstage: Mittwoch, den 
19. April 1911, zur Verhandlung kommt, ist: Ueber Wesen 
und Behandlung der Diathesen. Referenten sind 
die Herren: His (Berlin): Geschichtliches und Diathesen in 
der inneren Medizin; Pfaundler (München): Diathesen in 
der Kinderheilkunde; Bloch (Basel): Diathesen in der 
Dermatologie. ' Vortragsmeldungen nimmt der Sekretär des 
Kongresses, Geheimer Rat Dr. Emil Pfeiffer, Wiesbaden, 
Parkstraße 13, entgegen. 

Gerichtliches. 

Gießen. Ueber einen Prozeß, der die Aerzte mahnt, in 
der Gefälligkeit gegen die Krankenkassen nicht zu weit zu 
gehen, berichtet die „Pharmac. Ztg.“ im Anschluß an die 
„ßetriebskrankenkasse“. Ein Kassenarzt hatte Medikamente, 
die dem Verkehr nicht freigegeben sind, aber häufig ge¬ 
braucht werden, im Einvernehmen mit der Kasse für deren 
Rechnung aus einer Apotheke bezogen und im Bedarfsfälle au 
erkrankte Kassenmitglieder abgegeben oder von dem Geschäfts¬ 
führer der Kasse abgeben lassen. Deshalb war der Arzt wegen 
Uebertretung des§ 367 des Strafgesetzbuches 
(unbefugte Arzneiabgabe) zur Verantwortung gezogen worden. 
Der Arzt führte aus: Ein Zubereiten, Feilhalten, Verkaufen oder 
an andere Ueberlassen, wie dies das Gesetz vorsehe, käme im 
vorliegenden Fall nicht in Betracht, es handle sich nur um ein 
Verteilen der fertigen Arzneimittel. Das Verteilen sei kein Zu¬ 
bereiten, und vom Ueberlassen an andere kömie auch nicht 
geredet werden, denn dies sei gleichbedeutend mit „in Verkehr 
bringen“. Die Medikamente seien für Rechnung der Kasse 
angeschafft und die Abgabe an die Mitglieder sei daher nur 
ein Verteilen des gemeinsam Bezogenen. Das Schöffen¬ 
gericht Gießen stellte sich auf den Standpunkt, daß, wenn 
auch ein „Zubereiten“ nicht vorliege, doch die Medikamente 
„an andere überlassen“ worden seien. Beim gemeinsamen 
Einkauf würden die Kassenmitglieder nicht Eigentümer der 
Medikamente. Das Landgericht Gießen erkannte an, daß 
die Meinungen hoher Gerichte über den Begriff „überlassen 
an andere“ auseinandergingen. Es schloß sich aber auf 
Antrag der Staatsanwaltschaft der Entscheidung des Ober¬ 
landesgerichts Cöln an und erkannte auf eine Geldstrafe von 
0 M.. da ein Ueberlassen an andere vorliege. 



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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 50. 


Verschiedenes. 

Frankfurt a. M. Der handelsmäßige Vertrieb des 
EhrlichschenSyphilismittels oder wie es von jetzt 
ab genannt werden wird, des „Salvarsan“ beginnt, wie jetzl 
endgültig feststeht, am 15. d. M. Es kommt in Dosen ä 0,6 g 
in zugeschmolzenen Ampullen in den Verkehr. Zwecks Ver¬ 
hütung der Oxydation enthalten die Ampullen noch ein in¬ 
differentes Gas. Der Verkaufspreis einer solchen Dose 
beträgt 10 M. 

W i e n. Wie in England, so sind jetzt auch in Oesterreich 
wesentliche Fortschritte in der Darstellung der Radium¬ 
präparate gemacht worden. Zwei Wiener Chemiker haben für 
das Radiumwerk Neulengbach in Niederösterreich ein pa¬ 
tentiertes Verfahren ausgearbeitet, vermittelst dessen sich in 
der kurzen Zeit von sechs Wochen (anstatt wie früher in 
1.8 Monaten) 10 000 kg Pechblende zu Radiumsalzen auf¬ 
arbeiten lassen. Mit Hilfe dieser Radiumsalze werden jetzt 
Radiumemanationspräparate von bisher nicht erreichter Aktivi¬ 
tät für medizinische Zwecke hergestellt. 


VI. Amtliche Mitteilungen, 

Zu besetzende Stellen von Medizinalbeamten. 

1. Die Kreisarztstelle des Kreises Posen- Ost, Re¬ 
gierungsbezirk Posen, mit dem Amtssitz in Schwersenz 
(Gehalt nach Maßgabe des Dienstalters 2100—3900 M., Stellen¬ 
zulage von 900 M. und 240 M. Amtsunkostenentschädigung 
jährlich); 

2. die Kreisassistenzarztstelle für den Kreis Schlochau. 
Regierungsbezirk Marienwerder, mit dem Amtssitz in Prech- 
lau (jährliche Remuneration 1800 M.); 

3. die Kreisassistenzarztstelle für den Kreisarztbezirk 
Marburg-Kirchhain, Regierungsbezirk Cassel, mit dem 
Amtssitz in Marburg (jährliche Remuneration 2000 M); 

4. die Stelle als Kreisassistenzarzt und Assistent-bei dem 
Medizinaluntersuchungsamt in Co b lenz (Remuneration b.s 
zu 2000 M. jährlich). 

(Veröffentlicht am 1. Dezember 1910.) 

Personalia. 

Preußen. 

A uszeichnungeu: Roter Adler- Orden 4. Kl. Sau.- 
Rat Dr. Kolbe in Scheibe, Med.-Rat Dr. Thiersch in 
Dresden, Marinestabsarzt Dr. Nerger. 

K ö ni g 1. Kronen-Orden 3. Kl.: Geh. San.-Rat Dr. Un¬ 
schuld in Neuenahr. 

Charakter als Geheimer Medizinalrat: Prof. Dr. 

Bürkner in Göttingen, Med.-Rat Dr. Schotten in Cassel. 
Prädikat Professor: Stabsarzt Dr. O e r t e 1 in Düssel¬ 
dorf. 

Niedergelassen: Dr. M. Cohn in Schweiz, Dr. Riedel 
in Cunnersdorf, Dr. Westerburg in Borgholzhausen, Dr. 

G 1 a s e r in Frankfrt a. M„ Dr. Sprenger in Greppin, Dr. 
Magnus in Halle a. S., Dr. K a n t in Siegen, H. Hüssels 1 
in Landsberg a. W. 

Bayern. 

Ernannt: Zum Suppleanten des Medizinalkomitees an der 
Universität Würzburg der ordentliche Professor Dr. 
Richard Kretz. 

In den Ruhestand versetzt: Der Bezirksarzt von Mün¬ 
chen Dr. Ferdinand Edler von Weckbecker 
zu Sternenfeld auf sein Ansuchen, unter Verleihung 
des Titels und Ranges eines Königlichen Medizinalrates. 
Verzogen: Dr. Hundertpfund von Röthenbach b. Lauf 
nach Steingaden, Dr. A u g. Beck von Fürth nach München, 
Dr. Vollenberg von Altdorf nach Dietenhofen B.-A. 
Ansbach. 

Gestorben: Anton Forstner in Holzheim, Bezirk 

Neu Ulm. 

Württemberg. 

Auszeichnungen: Karl-Olga-Medaille in Silber: Oberamts¬ 
ärzten Med.-Rat Dr. J. Krauss in Kirchheim und Teck, 
Med.-Rat Dr. Eug. Kommereil in Waiblingen und Dr. 
K. R i e s in Stuttgart. 

Ernannt: Dr. Schröder zum Assistenzarzt an der 
Heilanstalt Zwiefalten. 

Niedergelassen: Dr. H. Lossen in Langenargen, Dr. 

S i e 1 a f f in Köngen. 

Verzogen: Dr. Effinger von Langenargen nach 
Spaichingen, Dr. Zinsser von Gundelsheim, Dr. Strei b 
von Neckarsulm nach St. Ludwig (Baden), Dr. Benz von 
Köngen nach München. 


Gestorben: Dr. Mögling in Stuttgart, Dr. Sch aal in 
Eßlingen. 

Baden. 

Ernannt: Dr. Barth in Langenbrücken zum Bezirks¬ 
arzt in Staufen, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. W a g e n m a n n in 
Jena zum o. Professor und Direktor der Augenklinik in 
Heidelberg. 

Niedergelassen: Dr. Max John und Dr. Karl 
■Hirsch feld-Warncken in Mannheim, Dr. Ernst 
J ä g e r in Rickenbach. 

Verzogen: Dr. G. Spiegel von Renchen nach Gebweiler 
i. Eis., A. Wetz von Konstanz nach Renchen, Dr. 0. H a a k e 
von Rockenau, Dr. P h. Kirsch von Freiburg nach Konstanz, 
Dr. Anton Hein von Waibstadt nach Berlin, Dr. Peter 
S p o o von Rickenbach. 

Gestorben: Med.-Rat Dr. E. Heller in Lörrach, Dr. 
E. Schuhmacher in Eberbach. 

Oldenburg. 

Verzogen: Dr. E. A. W. Höger von Ganderkesee. 

Fürstentum Birkenfeld. 

Niedergelassen: Dr. A. Main in Oberstein. 

Mecklenburg-Schwerin. 

Gestorben: Med.-Rat Dr. Sch m i d t in Rostock. 

Sachsen-W eimar. 

Auszeichnung: Titel Medizinalrat: Bezirksärzten Dr. 
L ü b e r in Vacha und Dr. Pfeifer in Weida. 

V erliehen: Charakter als Geh. Med.-Rat: Prof. Dr. L e x e r 
in Jena. 

Ernannt: Dr. Spann in Kaltennordheim zum Bezirks¬ 
arzt des Amtsbezirks Kaltennordheim. 

In den Ruhestand versetzt: Med.-Rat Dr. Göring, 
Bezirksarzt in Stadtlengsfeld. 

Braunschweig. 

Auszeichnung: Charakter als Sanitätsrat: Physikus Dr. 
M ü 11 e r in Braunschweig. 

Ernannt: Priv.-Doz. Dr. Schultze, Prosektor am 
Herzogi. Krankenhause in Braunschweig, zum a. o. Mitgliede 
des. Landesmedizinalkollegiums; Oberarzt Dr. Bingel in 
Braunschw'eig zum a. o. Mitglied des Landes-Medizinal- 
kollegium. 

Versetzt: Physikus Dr. Schulze in Ottenstein in das 
Physikat Eschershausen-Stadtoldendorf mit dem Wohnsitz in 
Eschershausen. 

In den Ruhestand versetzt: San.-Rat Dr. Seulcke, 
Physikus in Eschershausen. 

Anhalt. 

Gestorben: Dr. Berg in Dessau. 

Sachsen-Altenburg. 

Gestorben: Geh. Med.-Rat Dr. Rothe, Bezirksarzt a. D. 
in Altenburg. 

Berichtigung: Die in No. 42 gebrachte Notiz über das 
Ableben von Bezirkswundarzt Dr. Wuls c hner in Kloster 
lausnitz ist unzutreffend. 

Sachsen-Coburg-Gotha. 

Auszeichnungen: Charakter als Medizinalrat: Bezirks¬ 
ärzten Dr. P o 11 i e n in Gotha und Dr. Martinet in Coburg. 

Sachsen-Meiningen. 

Gestorben: Med.-Rat Dr. Weisser in Poeßneck. 

Fürstentum Lippe. 

Ernannt: Dr. Gundermann in Schwalenberg zum 
Amtswundarzt daselbst. 

Versetzt: Amtswundarzt Dr. Jobst in Schwalenberg in 
gleicher Eigenschaft nach Horn. 

Schwarzburg-Rudolstadt. 

Gestorben: Dr. P. Rost, Reg.- und Geh. Med.-Rat in 
Rudolstadt. 

Schw arzburg-Sondershausen. 

Ni edergelassen: Dr. A. Antoni aus Weener (Prov. 
Hannover) in Langewiesen. 

Waldeck. 

Ernannt: Dr. E. Deetz in Arolsen zum Oberland- 
physikus und zum Medizinalreferenten des Landesdirektors 
in Arolsen. 

Hamburg. 

Ernannt: Prof. Dr. Deneke zum Mitglied des Medizinal¬ 
kollegiums. 

Niedergelassen: Prof. Dr. J. K. A. H. H e g e n e r (aus 
Heidelberg) in Hamburg, Dr. A. Lippman in Hamburg, 
Dr. G. F. Meissner in Hamburg, Dr. S. M. W e i s s in 
Hamburg, Dr. K. H. L. Dohrs und Dr. E. P. Koerber in 
Hamburg. 

Bremen. 

Niedergelassen: Dr. J. D. T i e t j e n aus Borgfeld, Dr. 
G. H. Heusm ann aus Harburg in Bremen, Dr. W. F. 
Ewald aus Danzig in Bremerhaven, Dr. A. D. F. L. 
Thaler ans Lemgo in Bremen. 


Dieser Nummer liegen folgende Prospekte bei: Dr. M. Lehmann, Berlin V t V. . betr. Neurogen“; Heinrich Loewy, 
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„Eulatin auf welche wir unsere geschätzten Leser besonders aufmerksam machen, '•tä 


VerantRortlich für den redaetionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., Friedrichstrasse 131B-, für den Inseraten-Teil: Richard Kess, Berlin 
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Redaction der Allgemeinen Medicinischen CentrabZeitung (Dr. ö. Lohnstein u. Dr. Th. Lohnstein) 

I. Teil: Taschenbuch in Kunstleder gebunden. 

II. Teil: Kalendarium (4 Quartalshefte, pro Tag* 7i Seite), geheftet zum Eingängen. 

Inhalt des I. Teiles: 

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X. Ueber dieSerodiagnostik und die sog. „biologisckeTherapie“ 
der Syphilis und über die bisherigen Erfahrungen mit dem 
Ehrlicn-Hata’scken Mittel 606. Von Dr. Fritz Munk, 
Charlottenburg-Berlin. 

XI. Abriss der Symptomatologie und Therapie der am häufig¬ 
sten vorkommenden acuten Vergiftungen. 

XII. Medicinische Tabellen und sonstige für den xVrzt wichtige 
Zahlenangaben. 

XIII. Untersuchung des Harns. 

XIV. Einiges aus der Technik der Blutuntersuchung. 

XV. Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebühren¬ 
ordnung für approbirte Aerzte und Zahnärzte. 

XVI. Gesetz betr. die Gebühren der Medicinalbeamten. 

XVII. Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

XVIII. Bäder und Kurorte. 

XIX. Post-Tarif. 

XX. Tafeln zur Sehprüfung. 

XXI. Notizblätter für Adressen. 


I. Verzeichnis der gegenwärtig gebräuchlichen älteren und 
neueren Arzneimittel. 

II. Die Maximaldosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

III. Uebersicht der wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung kommenden Mittel. 

IV. Zu vermeidende Arzneimischungen. 

V. Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 

VI. Medicinische Bäder. 

VII. Auszug aus der deutschen Arzneitaxe 1910. 

Preise für Stoffmengen, Arbeiten und Gefässe. 

1. Für Arzneistoffe. 2. Für Arbeiten. 3. Für Gefässe. 

VIII. Anweisung zur sparsamen Arzneiverordnung mit Rück¬ 
sicht auf die Krankenkassenpraxis. 

IX. Uebersicht der wichtigsten Nährpräparate. 

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Dirigierender Arzt der dermatologischen Abteilung im Rudolf Virchow-Krankenhaus zu Berlin 

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Professor Dr. Paul Ehrlich 

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bei Hysterie, Neurasthenie und im Klimakterium, 

bei nervösen Herzbeschwerden, bei Angstgefühlen und Be¬ 
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Xo. 51 IV. Jahrgang 


17. Dezember 1910 


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eventuell vorher befeuchtete Haut der Umge¬ 
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Den verehrten Abonnenten teilen wir ergebend mit, daß die 


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am i. Januar 1911 mit der im gleichen Verlag erfcheinenden 


Allgemeine medicinifche Central-Zeitung 


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Dr. H. Lohndein, Berlin 
Dr. Th. Lohndein, Berlin 


vereinigt wird und vom obigen Termin an unter dem Titel 

Allgemeine medicinische Central-Zeitung 

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Den Abonnementspreis der Allgem. medicin. Central-Zeitung haben wir von 

M. 4,— vierteljährlich auf M. 3,— ermäßigt. 

Seit Juli diefes Jahres erfchien die Therapeutifch e Rundfchau bereits als Sonderausgabe 
der Allgem. medicin. Central-Zeitung,. sodaß diefe den Abonnenten der 1 herapeutifchen 
Rundfchau ficherlich in angenehmem Sinne bekannt geworden id. 

Im kommenden Jahre wird in der Allgemeinen medicinifchen Central-Zeitung die 



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noch mehr als bisher Berücklichtigung finden. 

Wir bitten daher die verehrten Abonnenten ihre Abonnements auf die Allgemeine 
medicinifche Central-Zeitung recht bald erneuern zu wollen. 


BERLIN W. 30, im Dezember 1910 

Verlag der Allgem. medicin. Central-Zeitung 

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(Sonderausgabe der Allgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Dr- H. Lohnstein und Dp. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt YI, No. 3302 


IV. Jahrgang Berlin, 17. Dezember 1910 


No. 51 


Die „Therapeutische Rundschau" erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sitmtl. Buchhandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor ({iiartalsscliliiss abbestellt sind. Inserate 
werden fiir die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhal tsü b ersieht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. Ritter: Unsere Er¬ 
fahrungen mit dem Ehrlichschen Mittel „606“. — Munk: 
Ueber den Einfluß der Luestherapie mit dem Ehrlich-Hata- 
schen Mittel 606 auf die Wassermannsche Reaktion. — 
Löffler: Ein neues Anreicherungsverfabren zum färberischen 
Nachweis spärlicher Tuberkelbacillen. — ßohar: Zur Röntgen- 
' therapie des Skleroms. — Mol low: Ein Fall von Schwarz¬ 
wasserfieber. — Hirsch: Tötliche Bleivergiftung eines zwei¬ 
jährigen Kindes, verursacht durch habituelles Lutschen an der 
Bettstelle. — Herz: Schlafstörungen der Herzkranken. — 
Hirschberg: Zur Fuuktionsprüfung des Pankreas. — Löwen¬ 
berg: Die Anwendung der Röntgenstrablen in der Therapie 
der Hautkrankheiten. — Glaessner: Zur Behandlung der 
Humerusfrakturen. — Föderl: Ueber subkutane Bauch¬ 
verletzungen. — Rosenhauch: Ueber das Verhältnis phlyk- 
tänulärer Augenentzündungen zur Tuberkulose. — Fuchs: 
Dystrophia epithelialis corneae. — v. Poppen: Ueber die Er¬ 
krankung der Hornhaut bei MorbusBasedowii mit Exophthalmus. 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Berliner 
Medizinische Gesellschaft. Sitzung vom 30. November 1910. — 
Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. Sitzung vom 
28. November 1910. (Schluß) — 82. Versammlung Deutscher 
Naturforscher und Aerzte in Königsberg in Pr. vom 18.—24. Sep¬ 
tember 1910. (Fortsetzung.) 

III. Therapeutische Notizen. Ebstein: Die Behandlung des 
Heufiebers mit Bormelin. 

IV. Büch erschau. Posner: Vorlesungen über Harnkrankheiten 
für Aerzte und Studierende. — Hirth: Der elektrochemishe 
Betrieb der Organismen und die Salzlösung als Elektrolyt. 

V. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. — Kongreß- uud Vereinsnachrichten. — Gericht¬ 
liches. — Verschiedenes. 


VI. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Dr. Hans Ritter (Hannover): Unsere Erfahrungen mit dem 
Ehrlichschen Mittel „606“. (Münch, med. Wochenschrift, 
1910, No. 43.) 

Im Stadtkrankenhause II zu Hannover wurden bisher 
60 Fälle mit dem neuen Mittel behandelt. Die Dosis war bei 
Männern 0,5—0,7, bei Frauen 0,4—0,5. Die Lösung wurde in 
folgender Weise bereitet: Das Pulver wird mit 0,3 Methyl¬ 
alkohol vermischt, mit einem Glasstab zu einer klebrigen 
’.Yiasse verrieben, dann werden 10 ccm warmes destilliertes 
Wasser zugesetzt. Zu der völlig gelösten Flüssigkeit werden 
nacheinander kleine Mengen (2 resp. 1 ccm) normale Natron- 
. lauge gegossen, bis die anlängliche Emulsion sich wieder gelöst 
hat, sodann tropfenweise Normal-Essigsäure bis zur schwachen 
Alkaleszens zugesetzt. Dieselbe wird in einem Meßzylinder 
auf 20 ccm Wasser aufgefüllt. Diese Menge wird dann in zwei 
Hälften an zwei Körperstellen injiziert. Anfangs wurde 
intraglutäal, später suokutan zwiscüen den Schulterblättern 
injiziert. Die subkutane Injektion ist im allgemeinen für den 
Kranken bequemer und weniger schmerzhaft, auch sind die 
Infiltrate weniger umfangreich. Doch bildete sich einmal bei 
Injektion an der hinteren Seite des linken Oberarmes ein aus¬ 
gedehntes Infiltrat, welches eine 14 tägige Arbeitsunfähigkeit 
zur Folge hatte. Schädliche Nebenwirkungen wurden nicht be¬ 
obachtet. ln einer Reihe von Fällen wurden sehr starke Ge¬ 
wichtszunahmen konstatiert. Die therapeutischen Resultate 
decken sich im allgemeinen mit denen anderer Autoren. 
Sowohl die Primäraftekte wie auch die meisten sekundären Er¬ 
scheinungen schwanden in kurzer Zeit; breite Condylome, Ge¬ 
schwüre, Plaques muqueuses, Roseola und andere Syphilide 
waren in 3—12 Tagen abgeheilt. Rezidive wurden bisher nicht 
beobachtet. Ein Säugling von 3 Monaten, 5 kg schwer, mit aus¬ 
gedehntem makulo-papulösen Ausschlag erhielt 0,05 g uud war 
nach 3 Wochen mit '/■> ltg Gewichtszunahme geheilt. Ein anderer 
sehr dekrepider Säugling von 3 Monaten mit Pemphigus starb 
5 Tage nach der Injektion von 0,05 g; die Sektion ergab 
fibrinöse Peritonitis und Ascites. 

Dr. Fritz Munk (Berlin): Ueber den Einfluß der Luostherapic 
mit dem Ehrlich-Hataschen Mittel 606 auf die Wassermau n- 
sclic Reaktion. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 43.) 

Bei Kaninchen kann man durch Injektion des wässerigen 
Extrakts aus luetischer Fötalleber ein Serum erzeugen, das sich 
alkoholischem Meersehweinchenherzextrakt gegenüber ebenso 
verhält, wie ein echtes Luetikerserum. Diese Tatsache benutzte 
Verf., um in Tierversuchen festzustellen, ob die Injektion des 
Ehrlich-Hata scheu Präparates bei Kaninchen die Bildung 
der die Wasser m a n n sehe Reaktion gebenden Serum¬ 
substanzen (Luesreagine) zu verhindern vermag. Dabei ergab 
sich, daß das Präparat 606 auch in vivo kaum neutralisierenden 


Einfluß auf die bei der Wasser m a n n sehen Reaktion in 
Betracht kommenden Serumsubstanzen ausübt. Dies steht auch 
in Einklang mit den klinischen Erfahrungen. Man kann nach 
Verf. daraus schließen, daß die Bildung der die Wasser- 
m a n n sehe Reaktion gebenden Substanz im Serum nicht 
durch lebende Spirochäten, sondern wahrscheinlich erst 
durch deren Zerfallsprodukte angeregt wird. Das Präparat 606 
hat keinen direkten Einfluß auf diese Substanz. Ueber den 
Erfolg des Mittels kann die Wassermann sehe Reaktion im 
allgemeinen nicht vor 6—8 Wochen nach der Einspritzung Auf¬ 
schluß geben. 

Prof. Löffler (Greifswald): Ein neues Anreicherungsverfahren 

znm färberischen Nachweis spärlicher Tuberkelbacillen. 

(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 43.) 

Verf. empfiehlt folgendes modifizierte Antiforminverfah¬ 
ren. Eine gewisse Menge Sputum (5, 10, 20 ccm) wird abge¬ 
messen, in einen Kolben aus Jenaer Glas gebracht, mit der 
gleichen Menge 50 proz. Antiformins versetzt und über der 
Flamme aufgekocht. Die Lösung erfolgt sofort unter Schäumen 
und leichter Bräunung der Flüssigkeit. Zu 10 ccm der Lösung 
werden hinzugesetzt 1,5 ccm einer Mischung von 10 Volumteilen 
Chloroform und 90 Volumteilen Alkohol. Nach tüchtigem Durch¬ 
schütteln, am besten in einer mit Patentverschluß versehenen 
Flasche, wird die Flüssigkeit in Zentrifugenröhrchen gebracht 
und 15 Minuten zentrifugiert. Es hat sich dann eine Scheibe 
des auszentrifugierten Materials gebildet in der Spitze des Zen¬ 
trifugengläschens, oberhalb des die Spitze ausfüllenden Chloro¬ 
forms. Die Flüssigkeit wird abgegossen, die Scheibe in toto 
herausgenommen und auf einen Objektträger gebracht. Nach 
Absaugen des ihr noch anhängenden Flüssigkeitsrestes mit 
Filtrierpapier wird die Scheibe unter Zusatz eines Tropfens von 
Hühnereiweiß, dem zur Konservierung 0.55 pCt. Karbol zuge- 
selzt wird, mit einem zweiten Objektträger verrieben und durch 
Abziehen dieses Objektträgers fein ausgestricheu. Darauf läßt 
man die Schicht lufttrocken werden und fixiert sie, indem 
man den Objektträger mehrere Male durch die Flamme zieiit. 
Nunmehr erfolgt uie Färbung mit Karbolfuchsin unter Er¬ 
hitzung bis zur Blasenbildung auf dem Objektträger, Nach- 
behanaeln mit 3 proz. Salzsäurealkohol, Abspülen mit Wasser, 
Uebergießen mit einer 0,1 proz. wässerigen Lösung von Malachit¬ 
grün chemisch rein, Chlorzinkdoppelsalz (Höchst) und Ab¬ 
spülen mit Wasser. Nachdem das Präparat trocken geworden, 
wird es mit der Oelimmersion direkt untersucht. Die ganze 
Prozedur nimmt 15—20 Minuten in Anspruch. Die Tuberkel¬ 
bacillen erscheinen intensiv rot auf grünem Grunde und sind 
leicht auffindbar. 

Dr. Carl Bohar (Prag): Zur Röntgentherapie des Skleroms. 

(Münch, med. Woenenschrift, 1910, No. 43.) 

Schon 1902 fand v. Rydygier, daß die Röntgenstrahlen 
auf das Rhinosklerom eine günstige therapeutische Wirkung 


Die Nummer 52 (Scliliiltiumiiiier des Jahrgangs) erscheint erst am 29. Dezember er. 






760 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 61. 


ausüben. Später haben sowohl v. Rydygier wie einige an¬ 
dere Autoren über weitere Fälle von Besserungen und Heilun¬ 
gen von Rninosklerom durch Röntgenstrahlen uerichtet. Aehii- 
nch günstige Wirkungen aul das SKieromgewebe entfaltet aucli 
das naaium, das außerdem noch den V orteil hat, daß es in 
geeigneter Armierung in die Nasenhonle, den Racnen unu den 
Kehlkopf eingeführt werden kann. Die Röntgen- und Radiuni- 
straüien wirken ment-allein aul das mdurrene Gewebe in uer 
Weise ehi, daß das Gewebe weicher wird, die Spannung ab- 
nimmt und die Haut und Schleimhaut wieder leichter versemeb- 
iicn wird, sondern die Khmosklerombacillen selbst werden 
durch die Bestrahlung in ihrer Lebensfähigkeit beeinträchtigt 
und degenerieren. Allerdings schemt die nadiosensibiiität aes 
Khinoskleroms nicht allzu groß zu sein, weshalb die Behand¬ 
lung entsprechend lange uurengetührt werden muß. Verl, hatte 
Gelegenheit, in zwei Fällen die Röntgenbestrahlung des 
Skieroms zu versuchen, in dem einen lalle handelte es sich 
um eine 30 jährige Kranke mit umfangreichem Rhinosklerom 
der Nase (tumorartig entwickelt) und des Gaumens. Die Rönt¬ 
genbestrahlung wurde in der Weise durchgeführt, daß inner¬ 
halb emes halben James in 3—4 wöcheiitiicnen Pausen Serien 
von je 3—4 Bestrahlungen gegeben wurden, wobei die in einer 
einzelnen Serie mit einer mittelharten Röhre applizierte Ge¬ 
samtmenge der Strahlen eine Sabouraud sehe Einheit nicht 
überstieg. Dabei konnte während der Läusen einige Mate eme 
leichte Rötung und Schwellung des Tumors mit Zerfall des 
Epithels am Rande beobachtet werden. Nach 7 Monaten fand 
sich an Stelle des früher vorhanden gewesenen exkoriiei'ten 
und nässenden Tumors eine glatte, atrophische, depigmentierte 
Narbe mit einigen zarten Teleangiektasien; die Nase ist jetzt 
stark verkleinert, die Nasenlöcher öffnen sich nach vorn und 
sind gut durchgängig, die Nasenatmung ist nicht behindert. 
Nur an der Oberlippe befand sich noch ein Infiltrat, ebenso am 
harten Gaumen. Nachdem die Röntgenbehandlung wieder 
zwei Monate hindurch angewendet worden war, wobei auch die 
Infiltrationen am Gaumen mittels eines Lokaiisators bestrahlt 
wurden, zeigte sich eine weitere deutliche Rückbildung sämt¬ 
licher Infiltrate und Epithelisierung des Gaumens. Im zweiten 
Falle handelte es sich um ein Sklerom der Trachea unterhalb 
der Stimmbänder bei einem ‘26 jährigen Mann. Die Röntgen¬ 
bestrahlung erfolgte in der Weise von außen, daß innernalb 
von 4 Wocnen in einer Reihe von Sitzungen mit mittel weicher 
bis harter Röhre durch Filter, und zwar teils durch doppeltes 
Rehleder, teils durch die Silberpiatte, bestrahlt wurde (Ge¬ 
samtstrahlenmenge ungefähr 1 Sabouraud). Es trat bald 
subjektive Besserung ein (Nachlassen der Atembeschwer- 
um etc.). Bei einer späteren Lntersuchung (%, Jahr nacn der 
Entlassung) war nur noen eine ganz kleine Vorwoibung an aer 
SteUe des früheren Tumors zu sehen. R. L. 

Dr. W. Mollow, Primarius der inneren Abteilung am Alexander- 

Spital, Sofia (Bulgarien): Ein Fall von Schw arzwasseriieber. 

(Medizinische Klinik, 1910, Wo. 34.) 

Fälle von Schwarzwasserfieber sind in Europa ziemlich 
selten. Verf. halte inner uiigeianr 300 Malariaerkrankungen 
nur 2 Fälle von Schwarzwasserfieber. Den zweiten, längere 
Zeit hindurch beobachteten Fäll beschreibt er in vorliegender 
Arbeit ausführlicher. Der Fall betrifft einen 14 jährigen, an 
Coxitis leidenden Schüler, der, lange Zeit an P’ieber leidend, 
aümonatlicn Rezidive bekam, lnfoige dieser latenten Malaria- 
inlektion entwickelte sich beim Patienten eine Disposition zur 
Hämolyse. Als veranlassendes Moment diente das Chinin, 
welches sogar in der Dosis von 0,02 g Hämoglobinurie hervor¬ 
rief. Die Blutuutersuciiung ergab konstant die Anwesenheit 
von ungeschlechtlichen und geschlechtlichen Formen der Ter¬ 
tiana; erst nach mehrmaliger Blutuntersuchung wurde eine 
Mischinfektion von Tertiana und Tropica festgestellt. Es fanden 
sich auch parthenogenetische Formen. Die eingeleitete Chinin- 
therapie war erfolglos, da Hämoglobinurie auftrat. Dann wurde 
Methylenblau verordnet, welches das Fieber für eine gewisse 
Zeit sistierte, jedoch nicht lange genug genommen werden 
konnte, da es eine heftige Dysurie erzeugte. Patient wurde 
geheilt durch eine systematische Augewöhnungskur mit C hini n, 
wach 3 Monaten wiederholte sich das Fieber, die Darreicnung 
von 0,02 g Cninin erzeugte wieder Hämoglobinurie. Chinin- 
angewöhnungskur: Genesung. 

Der Fall ist in mehrfacher Beziehung bemerkenswert. Der 
Ausbruch von Hämoglobinurie bei einer vorwiegenden Ter- 
tianainiektion ist zunächst selten. Der konstante Befund von 
Parasiten ist merkwürdig, da gewöhnlich nach Schwarzwasser- 
fieberanfall die Parasiten aus dem Blute verschwinden. In 
zweiter Linie ist der Fäll dadurch interessant, daß man erst 
nach mehrfacher Blutuntersuchung Tropicaparasiten nach- 
weisen konnte. Dies wirft ein besonderes Licht aul diejenigen 
Fälle, welche dazu dienen, um die Unität der Malariaplasmo- 
dien zu beweisen; der Fall zeigt, daß nur eine sein- sorgfältige 
mehrmals vorgenomniene Blutuntersuchung eme Mischinlektion 
ausschließen kann. Das Auftreten von Hämoglobinurie nach 
geringen Cuinindoseu ist bereits einige Maie verzeichnet. I 


Ziemann beschrieb einen Fall von Chininidiosynkrasie, bei 
welchem 0,004 g Chinin bereits Albuminurie, 0,005 g 
Hämoglobinämie und 0,01 g deutliche Hämoglobinurie er¬ 
zeugte. 

Dr. Hirsch, Kinderarzt in Wiesbaden: Tötlichc Bleivergiftung 
eines zweijährigen Kindes, verursacht durch habituelles 
Lutschen an der Bettstelle. (Berliner klm. Wochenschrift, 
1910, No. 40.) 

Der Verdacht auf Bleivergiftung wurde durch das wochen- 
iange Erbrechen des Kindes, die bestehende Kolik und die 
charakteristische Einziehung des Abdomens hingelenkt. Sicher¬ 
gestellt wurde die Diagnose durch die chemische Untersuchung 
der Fäces und des Harns. Bemerkenswert in vorliegendem 
Falle ist das F'ehlen des Bleisaumes und der Pulsspannung. 
Die für die Bleivergiftung als charakteristisch angesprochene 
schwarze Verfärbung der Zahnsclileimhaut kommt jedoch auch 
bei chronischer Vergiftung mit Eisen, Quecksilber und Silber 
zustande. Das stete Vorhandensein einer Pulsspamiung wird 
neuerdings bestritten. Eine erhebliche praktische Bedeutung 
gewinnt der mitgeteilte Fall dadurch, daß man nicht selten in 
der Praxis beobachten kann, daß Kinder, die sich selbst über¬ 
lassen sind oder sich langweilen, an ihrer Bettstelle kauen und 
lutschen. Ist diese Bettstelle, wie in vorliegendem Falle, nun 
zufälligerweise mit Färbe gestrichen, die Bieiweiß enthält, so 
ist die Gefahr einer Intoxikation groß. Das Lackieren der Farbe 
gewährt keinen unbedingten Schutz. Es müßte verboten 
werden, Kinderbettstellen mit bleihaltiger Färbe zu streichen. 

Privatdozent Dr. Max Herz (Wien): Schlafstörungen der Herz¬ 
kranken. (Pester med.-chirurg. Presse, 1910, No. 40.) 

Besonders häufig begegnen wir der Klage, daß in bestimm¬ 
ten Körperlagen der Schlaf durch das Auftreten heftiger Herz¬ 
beschwerden, besonders von Herzklopfen, unterbrochen werde. 
Daß die Körperlage auch bei vollständig gesunden Herzem'de^' 
Schlaf beeinflußt, ist bekannt; besonders das Schlafen auf dei 
linken Seite ist vielen Menschen unmöglich. Mit einer gewissen 
Regelmäßigkeit begegnet man diesem Symptom, wenn der ' 
Thorax flach, die Rippen zart und nachgiebig und das Fett- . 
polster dürftig ist. Verfassers Ansicht geht dahin, daß das Herz 
sich in der Linkslage in die schmäleren Teile des nierenlörmi- 
gen Querschnittes des Brustkorbes bewegt und sich dort ge¬ 
wissermaßen einklemmt und daß diese Einklemmung dadurch 
eine Verstärkung erleidet, daß die Brustwand dem aut ihr 
lastenden Druck nachgibt. Auch iu der Rückenlage macht sich 
das Herz in störender Weise geltend, und zwar geschieht dies 
meistens so, daß das peinigende Herzklopfen beim Erwachen 
aus einem sehr aufregenden Traume empfunden wird. Dieser 
Traum ist zumeist durch zwei Momente deutlich charakterisiert 
nämlich durch das Erscheinen schreckenerregender, drohender 
Gestalten und das Gefühl der absoluten körperlichen Unfähig- -- 
keif, ihnen Gegenwehr zu leisten, zu entfliehen oder auch nür 
um Hilfe zu rufen. Verf. glaubt, daß diese Erscheinungen auf 
eine Durenwärmung des Nackens, der Wirbelsäule beziehungs¬ 
weise der ihnen benaenbarten Teile des Zentralnervensystems 
zurückzufünren sind, denn sie fassen sien einerseits bei den 
betreffenden Individuen durch Anlagerung wärmender Kissen 
leient nervorrufen und andererseits auren kühleude Applikatio¬ 
nen an den Nacken und Rücken, besonders mittels des C h a p - 
man sehen Schlauches, unterdrücken. 

Eme ernstere Bedeutung als den bisher erwähnten kommt 
dem mit Oppressionsgefünlen gepaarten Herzklopfen in rechter 
Seiteniage zu. Es tritt naeü Verfassers Erfaiirung last aus- 
scniießiicn bei starker hypertropmertem Herzen aui und laßt 
sicn nach den von ihm aufgesteilten Grundsätzen für die Be¬ 
urteilung räumlicher Bezienungen zwischen Thorax und Herz 
(Max herz: „Hie Beemtracüugung ues Herzens auren Raum¬ 
mangel , YVien-j_,eipzig laua, uraumuller.) erklären. 

Viele Patienten, welcne an Aortenalientionen leiden, 
klagen uarüber, uaß sie beim Uebergang von einer Seitenlage 
in me andere von neltigem Herzklopien belailen und dauurcli 
heftig erschreckt, entweder am Sculaien gehindert oder aus 
aem schlafe aufgescnreckt werden. Vielleicnt, sagt Verf., naugi 
mese Hrscnemiuig mit der größeren, uurcli die Verlängerung 
der auisieigenden Aorta beumgteu beweglieüheit des aaüei 
zugleich gewöhnlich vergrößerten Herzens zusammen. 

Hem Herzklopfen ärmlich sind die Empfinuimgen, die die 
Extrasystolen in aer Herzgegend erzeugen. Sie biluen für üeu 
Kranken eme Queiie großer Beunruhigung und sind oft mit 
einem Erstickungsgefüni verbunaen. Luter den Schlafstörun- 
gen der Herzkranken, weiene durch üen Lulthuuger erzeugt 
werden, ist die bekannteste und quälendste die Dyspnoe, welche 
sich bei den höheren Graden der-Dekompensation sofort, einzu- 
steiien ptiegt, wenn der Kranke sicn horizontal lagert. Sie 
zwingt den Kranken, zunächst in erhöhter Rückenlage zu 
sclilaieu, später geimgt ihm auch dies nicht mehr und er ver¬ 
bringt die Nächte sitzend außerhalb des Bettes. 

Den vorstehenden Ausiührungen entsprechend, kann es 
I nicht zweifelhaft sein, daß die Therapie der Schlafstörungen der 





No. 51. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1010. 


761 


Herzkranken sich ihren verschiedenen Formen beziehungsweise 
Ursachen anpassen muß. 

Nur die reine, Schlaflosigkeit, welche sich aus keine be¬ 
stimmte, das Sensorium anregende peinliche Empfindung zu¬ 
rückführen läßt, ist durch die Schlafmittel im engeren Sinne zu 
bekämpfen. Bevor man auch nur zu dem mildesten derselben, 
dem Brom, greift, ist stets ein Versuch mit den alten erprobten 
Volksmitteln zu machen. So führt z. B. nicht selten ein halb¬ 
stündiger einsamer Spaziergang unmittelbar vor dem Schlafen¬ 
gehen, das Anlegen nasser Strümpfe oder eines feuchten 
Stammumschlages für die Nacht zum Ziel. Die Theraoie.der in 
bestimmten Körperlagen auftretenden Herzbeschwerden ergibt 
sich von selbst. Legt der Kranke besonderen Wprt auf die 
Rückenlage, dann empfiehlt sich die Verordnung härterer 
Kissen, welche infolge ihrer geringeren Schmiegsamkeit weni¬ 
ger wärmestauend auf das Zentralnervensystem wirken, und 
die Anwendung kühlender Umschläge auf das Hinterhaupt. 
Bei den extrasvstolischen Formen der Schlafstörungen pflegen 
sich die Valerianapräparate gut zu bewähren- Gegenüber der 
nächtlichen Atemnot bei Herzmuskelinsuffizienz treten die 
Prinzipien in Kraft, welche eine Anregung der Herztätigkeit be¬ 
zwecken sowohl durch die Verordnung der bekannten Herz- 
tonica. wie der zahlreichen Maßnahmen physikalischer Natur. 
Reichen dipse nicht aus, dann darf unbedenklich von dem 
Morphium Gebrauch gemacht werden; sehr zweckmäßig ist hier 
die Kombination des Morphiums mit einem Schlafmittel, z. B. 
Veronal, 

Bei der ziemlich allgemein verbreiteten Scheu vor den 
snezifischen Schlafmitteln bildet der Alkohol, besonders das 
Bier, vielfach für dieselben einen zweckmäßigen Ersatz. Die 
Schlaflosigkeit der Arteriosklerotiker fordert stets zu eingreifen¬ 
den diätetischen Verordnungen heraus; in der Mehrzahl der 
Fälle erzielt hier die laktovegetabilische Diät einen über¬ 
raschenden Erfolg. Erst wenn die versagt ist. besonders gegen¬ 
über den nächtlichen Anfällen von Asthma cardiale das 
Morphium am Platze. K r. 

. Dr. Martin Hirschberg (Berlin): Zur Funktionsprüfung des 
Pankreas. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 43.) 

Zur Prüfung der Pankreasfunktion wurden in den letzten 
fahren einige neue Methoden angegeben. Die von A d. 
Schmidt herrührende Methode beruht auf der Tatsache, daß 
nur der Pankreassaft imstande ist, das Kerneiweiß so zu ver¬ 
ändern. daß nach stattgehabter Verdauung die Kerne färbe¬ 
risch nicht mehr nachweisbar sind. Zu diesem Zweck werden 
kleine Fleischwürfel, in Gazeheutel gehüllt, verabreicht und 
nach 6—24 Stunden in den Fäces wieder aufgesucht. Nor¬ 
malerweise zeigt dann das Schnittpräpärat ein kernloses Muskel¬ 
gewebe. Sind die Kerne färberisch nachweisbar, so liegt eine 
Erkrankung des Pankreas vor. wenn die Fleischsäckchen länger 
als 6 Stunden im Darm verweilt haben. Beträgt die Verweil- 

'dauaj' mehr als 30 Stunden so ist das Fehlen der Kerne für 
eine normale Pankreasfunktion nicht beweisend, da dann 
Bakterien- hezw. Fäulniswirkung hei der Kernverdauung nicht 
ausgeschlossen ist. Eine partielle Schädigung des Drüsengewe¬ 
bes hebt die Vorverdauung nicht auf. Eine zweite Methode, die 
besonders von Bold i reff und V o 1 h a r d anegehildot wurde, 
beruht darauf, daß es gelingt einen Rückfluß von Duodenal¬ 
inhalt in den Magen zu erzielen wenn man größere Mengen 
Del oder Sahne per os einfiihrt. Man kann da«in im Magensaft 
Trvnsin narhweisen: dies gelingt in fast 90 nCt. alter Fälle. 
p ehlt, das Trinsin. so kann man auf eine Insuffizienz, der 
Bauchspeicheldrüse schließen. Eine weitere einfache Methode 
besteht in dem Nachweis dps proteolytischen Ferments im 
Stuhl nach Müller und Schlecht unter Zugrundelegung 
der von Müller für diesen. Zweck empfohlenen Serumplatten 
tDellenhildung als Ausdruck der stattgehnbten Verdauung des 
Sernmalbumius). Gelingt dieser Nachweis in mehreren Unter¬ 
suchungen nicht, so wird man einen Ausfall der Pankreas- 
fnnktion anuehmen können. An die Trvpsimmf ersuch urig reiht 
sich letzt der Nachweis des amvlotvtisehen Ferments (der 
Diastase) im Stuhl an nachdem Wohlsemuth durch An¬ 
gabe einer zuverlässigen und relativ einfachen Methode auf 
den Wert dieser Bestimmung für die Beurteilung der Pankreas- 
leistung hingewiesen hat. Die Bestimmung wird mittels einer 
1 nroz. Stärkelösung und einer Vir norm. Jodlösung auf kalo¬ 
rimetrischem Wege vorgenommen Auch der Diastasegehalt des 
Urins läßt sich verwerten. Findet man in den Fäces eine er¬ 
hebliche Verminderung oder völlige Abwesenheit des amylo¬ 
lytischen Ferments bei mehreren Untersuchungen, so kann 
man mit großer Wahrscheinlichkeit eine Pankreasmsuffizienz 
anuehmen. Tm allgemeinen ergab sich, daß die diagnostischen 
Hilfsmittel bezüglich ihres Wertes für die Erkennung einer 
Pankreaserkrankung außerordentlich divergieren je nach der 
Art der vorliegenden Erkrankung, insbesondere, ob es sich um 
totale oder partielle Schädigung der Drüse, um teilweisen oder 
völligen Abschluß ihres Sekrets durch Erkrankungen 
ihrer selbst oder ihrer Umgebung handelt; und ie nach den 
physiologischen Voraussetzungen, auf denen die einzelnen Me¬ 


thoden sich aufbauen. Es läßt sich daher generell nicht ent¬ 
scheiden, ob die eine oder die andere Methode größere 
diagnostische Sicherheit verspricht. Durch die Kombination 
der verschiedenen Methoden der Funktionsprüfung dürfte man 
in der Diagnose der Pankreaserkrankuugen weiter kommen. 
Für die akuten Entzündungen des Pankreas bietet die von 
W o h 1 g e m u t h empfohlene Untersuchung des Urins auf 
Diastase ein wertvolles diagnostisches Hilfsmittel Der Nach¬ 
weis vermehrter Diastaseausscheidung im Urin wird in vielen 
Fällen die Diagnose sichern. R. L. 

Dr. Max Löwenhers ^Düsseldorf): Die Anwendung iler Röntgen-- 

strahlen in der Therapie der Hautkrankheiten. (Münch. 

med. Wochenschrift. 1910, No. 43.) 

Bei der therapeutischen Anwendung der Röntgenstrahlen 
auf dem Gebiete der Dermatologie ist in erster Linie eine sorg¬ 
fältige Dosierung der applizierten Strahlenmenge erforder¬ 
lich. Verfasser empfiehlt auf Grund seiner Erfahrungen bei 
über 3000 Röntgenbestrahlungen für diesen Zweck das Radio¬ 
meter von Sahouraud und N o i s e. Dieser Apparat er¬ 
möglicht genau die Dosis zu bestimmen, die auf einer be- 
harten Körperstelle temporären Haarausfall bewirkt ohne ein 
wesentliches Ervthem hervorznrufen (Ervthemdosis). Man ist 
auch in der Lage iede beliebige geringere Dosis als die 
Ervthemdosis mit Hilfe des S a h o u r o u d sehen Dosimeters 
zu applizieren; es kommt nur darauf an. bei einer bestimmten 
Röntgenröhre unter bestimmten Retriebsverhältnissen die der 
Ervthemdosis entsnrechende Bestrahlungszeit festzustellen; 
Bruchteile dieser Zeit ergehen dann Bruchteile der Ervthem- 
dosis. Das Eällungsradiometer von Schwarz ergibt nach 
Verf. die gleichen Resultate wie der S a b o n r a u d sehe 
Apparat, ist aber umständlicher zu gebrauchen. Eine eigent¬ 
liche Idiosynkrasie gegen Röntgenstrahlen kommt, nach Verf. 
kaum vor. Die Wirkling der Röntgenstrahlen besteht vornehm¬ 
lich in Hemmung der Zelltätigkeit besonders der Proliferation 
und in Einleitung einer Nekrobiose; diese Wirkung macht sich 
bei verschiedenen Zellgrupnen in mehr oder minder hohem 
Grade bemerkbar. Eine relativ hohe Radiosensibilität besitzt 
die Haarpapille. Deshalb gelingt es leicht durch Röntgen¬ 
bestrahlung Haarausfall zu erzielen, ohne die Haut auch nur 
minimal zu tangieren. Diese epilatorische Wirkung der Rönt¬ 
genstrahlen ist für die Behandlung der mykotischen Harkrank- 

heiteji des Konfes und des Gesichls fEaVUS Hernes tOU«UVFUW. 

Mikrosporie) und der follikulären Eiterungen des Bartes (Svrosis 
Simplex) und des Nackens (Dermatitis papillaris capillitii) 
von Wert. Da aber die pilztötende Wirkung der Röntgen¬ 
strahlen keine oder nur eine sehr geringe ist muß neben der 
Bestrahlung gleichzeitig noch eine energische antiparasitäre 
Behandlung eintreten. Die. Enilation mit Röntgen strahlen bei 
den parasitären Hautkrankheiten hat aber neben der absoluten 
Schmerzlosigkeit noch den Vorzug daß das Wachsen der Haare 
erst nach 6—8 Wochen wieder erfolgt also die antinarasitären 
Mittel recht lange Zeit, im Haarfollikel ihre Wirkung entfalten 
können. Die Hvpertrichosis faciei ist ungeeignet für die Röntgen¬ 
behandlung. Zur definitiven Beseitigung der Haare ist die mehr¬ 
fache Applikation dar Ervthemdosis erforderlich Dies» mehr¬ 
fache Annlikation bedingt aber fast in allen Fällen häßliche 
Teleangiektasien und sekundäre Hautatrophie, so daß der 
kosmetische Erfolg mehr als zweifelhaft sein würde. Akute und 
subakute Ekzeme sind für die Röntgenbehandlung ungeeignet. 
Bei den chronischen Ekzemen mit starker Infiltration besonders 
herdförmigen, stark juckenden, sowie den rhagadiformen und 
tvlotiformen Handekzemen, bei Gewebeekzemen aller Art wird 
die übliche Teerbehandlimg in wirksamer Weise von den Rnnt- 
genstrahlen unterstützt. Bei den chronischen Ekzemen der Ge¬ 
lenkheugen, heim Lichen Simplex Vidal und namentlich heim 
Analekzem und Vulva ejizem leistet die Röntgenbehandlung 
allein mehr als alle gebräuchlichen Medikamente. Psoriasis- 
effloreszenzen sind überaus radiosensibel es genügt meist 
schon Vs bis 1 U der Ervthemdosis: doch sind Rezidive minde¬ 
stens eben so häufig wie hei den üblichen Salbenbehandlungs- 
methoden; hei zu starker Dosierung sind die Rezidive aber aus¬ 
gedehnter und nachher meistens für jede Therapie auch hart¬ 
näckiger. Bei den verschiedenen Formen des nervösen Haut¬ 
juckens erzielt die Röntgenbehandlung recht gute Erfolge. Von 
den tuberkulösen Erkrankungen der Haut eignen sich beson¬ 
ders das Skrufuloderma und die Tuberculosis cutis verru¬ 
cosa für die Röntgenbehandlung: von den Lupusformen be¬ 
handelt Verf. nur den Lupus tumidus und den Lupus ulcerosus 
in Kombination mit Pvrogallus mittels Röntgenstrahlen in üo n 
meisten Fällen als Vorbereitung der Finsenbestrahlung. Tu¬ 
berkulöse Lymphdrüsen gehen auf genügend hoch dosierte 
Röntgenbestrahlung prompt zurück. Enitheliome werden in 
der weitaus größten Mehrzahl der Fälle durch Röntgen¬ 
bestrahlung geheilt: es sollen dem Chirurgen deswegen nur die 
kleinen und günstig sitzenden überwiesen werden, hei den 
größeren und den ungünstig sitzenden (Lidrand. Nasenflügel) 
ist schon wegen der zu erzielenden besseren kosmetischen Re¬ 
sultate Röntgenbehandlung indiziert. Alle anderen Carcinome 




THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 51. 


7(12 


der Haut kommen nur dann für die Röntgenbestrahlung in 
Betracht, wenn sie inoperabel sind oder die Operation aus an¬ 
deren Gründen nicht angängig ist. Rezidive in Operations¬ 
narben, Knoten und Ulcerationen werden sehr oft gut be¬ 
einflußt. Sehr empfohlen wird die Röntgenbehandlung der 
Mvcosis fungoides und der leukämischen Tumoren der Haut. 
Eigene Erfahrungen besitzt Verf. hierüber nicht. R. L. 

Dr. Paul Glaessner, orthopäd. Assistent der Chirurg. Universi- 
tätspolikl'nik d. kgl. Charite in Berlin: Zur Behandlung 
der Huineruslrakturen. (Therapeutische Monatshefte, 

. Oktober 1910.) 

Verf. berichtet über einen Gipsverband bei Frakturen im 
oberen und mittleren Drittel des Humerus, den er seit mehr als 
einem Jahre an ungefähr 15 Fällen erprobt und der sich 
ihm als außerordentlich furchtbar erwiesen hat. Die bisher in 
Verwendung befindlichen Kontentivverbände bei derartigen 
Frakturen sind meist so voluminös, daß man Mühe hat. nach 
Anlegung des Verbandes auch nur einigermaßen den Patienten 
zu bekleiden, ganz zu schweigen davon, daß mau die Stellung 
des Armes überhaupt im Verband nicht erkennen kann. Sie sind 
ferner für den Patienten äußerst unbequem und schützen ihn 
wenigstens in der ersten Zeit nicht gegen Schmerzen. Die 
Extensionsverbände am Humerus sind erst recht unangenehm. 
Sie verursachen den Patienten bisweilen die heftigsten 
Schmerzen und fesseln sie ans Bett. Der ambulante Extensions¬ 
verband mit dem am Ellbogen herabhängenden Sandsack 
scheint Verf. theoretisch wenig rationell und praktisch wenig 
angenehm. Die Bardenheuer sehen Extensionsschienen 
kommen wegen ihrer Kompliziertheit wenigstens für den all¬ 
gemeinen Gebrauch nicht sehr in Betracht. Verf. hat versucht 
mit seinem Verband die gut reponierten Fragmente genügend 
zu fixieren, dem Schultergelenk eine Stellung zu geben, in I 
welcher es nicht so leicht zu der mit Recht so gefürchteten 
Adduktionskontraktur kommen kann, den Patienten sofort von 
seinen heftigen Schmerzen zu befreien und ihm ein freies, un¬ 
gehindertes Umhergehen zu ermöglichen. Der Verband wird I 
folgendermaßen angelegt: Nach sorgfältiger, aber nicht zu j 
dicker Polsterung des ganzen Thorax und des verletzten Armes 
mit Wiener Watte wird ein absolut exakt sitzender Gipsverband 
um Thorax und verletzte Extremität gelegt. Ein Assistent 
extendiert am rechtwinklig gebeugten Ellbogeugelenk und hält 
gleichzeitig den Oberarm in einer Abduktionsstellung von 
ca. 75.—80 “. Der Verband reicht bis ans Handgelenk. Ist der 
Verband sehr exakt anmodelliert, so braucht er durchaus nicht 
schwer zu sein. Unmittelbar unter der Achselhöhle, an der 
Stelle, an. welcher der Verband am meisten zu leisten hat, wird 
er zweckmäßig durch Longuetten verstärkt, welche von der Sei¬ 
tenfläche des Thorax zur Innenseite des Oberarmes ziehen. 
Ist der Verband erhärtet und entsprechend zurechtgeschnitten, 
so ist der Patient schmerzfrei. Kein Patient, und war er auch 
noch so empfindlich, hat nach der Anlegung des Verbandes 
noch über Schmerzen geklagt. Uebereinstimmend wurde die 
große Sicherheit im Verbände gerühmt. Je nach dem Alter des 
Verletzten, dem Sitze und der Art der Fraktur, der Dislokation, 
bleibt der Verband 8—10—14 Tage, selten erheblich länger, 
liegen. Nach dieser Zeit wird eine Schale aus dem Verbände 
herausgeschnitten, welche das Schultergelenk und den ganzen 
Arm so weit freilegt, daß eine leichte Massage des Armes und 
ganz vorsichtig passive Bewegungen im Schultergelenk aus¬ 
geführt werden können. Die ausgeschnittene Schale wird nach 
diesen täglich einmal vorgenommenen Manipulationen wieder 
angewickelt. Nach ca. 3 Wochen, in manchen Fällen schon 
erheblich früher, in anderen einige Tage später, wird der Gips¬ 
panzer völlig entfernt und dann mit gymnastischen Uebungen 
der bekannten Art, Massage. Heißluft etc. weiter behandelt. 
Die Resultate sind durchweg befriedigende. 

Prof. Dr. Oscar Föderl (Wien): Geher subkutane Bauch¬ 
verletzungen. (Medizinische Klinik, 1910, No. 43 u. 44.) 

Verf. referiert über die an seiner Abteilung der Kranken¬ 
anstalt ..Rudolfsstiftung“ in Wien in den letzten fünf Jahren 
zur Operation gelangten Fälle subkutaner Darmverletzung, 
bespricht im einzelnen die Symptome der subkutanen Ver¬ 
letzungen der einzelnen Bauchorgane und erörtert die An¬ 
zeichen, die einen Schluß auf das Bestehen und die Schwere 
einer inneren Verletzung erlauben: Jede gegen das Abdomen 
einwirkende Kraft, insbesondere stumpfe und flächenhaft an¬ 
greifende Gewalten, kann Shoksymptome erzeugen. Wedel' 
aus dem Vorhandensein und der Intensität der Erscheinungen 
des Shoks, noch aus dem F'ehlen desselben ist ein Schluß auf 
das Bestehen und die Schwere einer inneren Verletzung erlaubt. 
Wir finden einerseits Shokerscheinungen ohne nennenswerte 
Schädigungen bei einfacher, heftiger Erschütterung des 
Abdomens (Goltzscher Klopfversuch), andererseits kann 
derselbe fehlen bei penetrierenden Verletzungen der inneren 
Organe. So sind auch Verf. aus eigener Beobachtung Fälle 
bekannt, daß Patienten mit schweren, stark blutenden Leber- 
risseu oder kompletten Darmrupturen zu Fuß nach Hause oder 


in das Spital sich begaben. Subnormale Temperatur kann durch 
Shok und Anämie bedingt sein. Fieber bald nach dem Trauma 
weist auf beginnende entzündliche Prozesse hin. Die Puls¬ 
qualität ist in den ersten Stunden keine einschätzbare Er¬ 
scheinung. Die Herzaktion kann unter der Shokwirkung stehen, 
andererseits, so lange sich nicht Anämie oder Peritonitis geltend 
macht, nicht durch innere Verletzungen beeinflußt werden. 
Uebelkeit, Aufstoßen, Erbrechen sind keine für intraabdominelle 
anatomische Schädigungen beweisende Erscheinungen. Tritt 
die Gefahr der Verblutung oder Peritonitis in den Vordergrund, 
dann kommt der Entschluß der Operation gewöhnlich zu spät. 
Die Aufgabe der Operation besteht darin, diesen Möglichkeiten 
zuvorzukommen. Dauern die Erscheinungen des Shoks an und 
gehen sie über in die der Anämie durch innere Blutung oder 
einer beginnenden Peritonitis, dann ist die Diagnose einer 
intraabdominellen Verletzung unter Berücksichtigung der ätiolo¬ 
gischen Momente nicht zweifelhaft, und die lokalen Symptome 
werden in der Mehrzahl der Fälle auch auf die betreffende 
Organverletzung hinweisen. Da aber die Statistik lehrt, daß 
die Prognose der subkutanen Bauchverletzungeu nur durch 
die immer häufiger werdende Frühoperation sich wesentlich 
gebessert hat, und es sich hierbei um wenige Stunden handelt, 
ist die Aufgabe der operativen Therapie weniger die Be¬ 
kämpfung einer schon bestehenden hochgradigen Anämie oder 
Peritonitis, sondern die Vorkehrungen gegen die Möglichkeit 
und das Auftreten einer dieser Gefahren. Besteht bei einer 
Bauchkontusion — gleichgültig ob Shokerscheinungen vorhan¬ 
den waren oder fehlten — lokalisierter, spontaner Schmerz, 
zirkumskripter Druckschmerz bei thorakaler Atmung und aus¬ 
gesprochener Bauchdeckenspannung, so ist aus diesen von 
Shok, Anämie und beginnender Peritonitis unabhängigen Früh¬ 
symptomen die Wahrscheinlichkeitsdiagnose auf eine innere 
Verletzung gegeben, ohne daß wir über Art und Schwere der¬ 
selben orientiert sind. Wir dürfen aber nicht durch expektati- 
ves Verhalten warten, bis durch gefährliche Erscheinungen die 
Art der Verletzung manifest ist. Die Wahrscheinlichkeits¬ 
diagnose selbst gibt die moralische Berechtigung zu einer 
Probelaparotomie. Insbesondere ist es die mitunter brettharte 
Bauchdeckenspannung als Reflex eines auf das Peritoneum 
wirkenden Reizes in Verbindung mit der thorakalen Atmung, 
welche bei Gewalteinwirkungen gegen den Bauch auf die Mög¬ 
lichkeit einer inneren Verletzung hinweist. Durch Aus¬ 
schaltung der Zwerchfell- und abdominalen Atmung wird die 
verletzte Partie ruhiggestellt. Hat man sich zur Operation ent¬ 
schlossen, dann darf man sich nicht mit einem kleinen diagnosti¬ 
schen Schnitt begnügen. Es muß soweit laparotomiert werden, 
daß man alle Organe überblicken kann, um nicht neben einer 
Verletzung eine zweite zu übersehen. Bestehen Kontusions¬ 
erscheinungen im Omentum minus. Ligamentum gastrocolicum, 
so ist es nicht zu unterlassen, die Hinterwand des Magens, bei 
Suffusionen in der Nähe des Duodenums und des Pankreas auch 
diese Organe zu revidieren. Will der praktische Arzt nicht eine 
große Verantwortung übernehmen, so ergibt sich für ihn die 
Regel, in allen Fällen schwerer Bauchkontusionen den Patien¬ 
ten. wenn möglich, sofort einer spezialistischen Beobachtung 
und Behandlung des nächstgelegenen Krankenhauses zuzu¬ 
führen und den Ratschlag der Spezialbehandlung nicht erst 
nach dem Auftreten gefährlicher Erscheinungen zu erteilen. 

Opium und Morphium verschleiern nur das klinische Bild 
und trüben die Diagnose und die Indikationsstellung therapeuti¬ 
schen Handelns. Die Narkotica treten erst dann in ihre Rechte, 
wenn Diagnose und Therapie sichergestellt ist oder dort, wo 
ein Transport sowie eine Operation an Ort und Stelle aus Be¬ 
gleitumständen unmöglich ist und endlich in jenen Fällen 
schwerster Gewalteinwirkung, die unzweifelhaft verloren sind. 
Im übrigen wird der Chirurg leichter sein Gewissen beruhigen 
können, wenn er auf Grund einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose 
einmal vergeblich eine Probelaparotomie ausführt, als der be¬ 
handelnde Arzt, wenn er eine innere Verletzung durch Zaudern 
mit Opium und Morphium verschleppt hat. Gerade bei den 
subkutanen Bauchverletzungen sind so manche Patienten an 
mangelnder Initiative des Arztes gestorben. K r. 

Dr. Edmund Rosenhauch (Krakau): Ueber das Verhältnis 

phlyktänulärer Augenentzündungen zur Tuberkulose. 

(v. G r a e f e s Archiv für Ophthalmologie, Bd. 76, H. 2.) 

Verf. kam bei seinen klinischen und experimentellen Un¬ 
tersuchungen zu folgenden Ergebnissen: Positiver Ausfall der 
Tuberkulinreaktion nach Moro spricht mit großer Wahrschein¬ 
lichkeit dafür, daß im Organismus ein offener oder latenter 
tuberkulöser Herd sich befindet. Die Mo rösche Tuberkulin¬ 
reaktion fiel bei Individuen mit phlyktänulären Augenentzün¬ 
dungen in 96 pCt. der Fälle positiv aus. Die Tränen und das 
Sekret des normalen Bindehautsackes besitzen fast keine 
opsonischen Wirkungen. Der opsonische Index für Staphylo¬ 
kokken in dem Sekret der mit Phlyktänen behafteten Augen 
schwankt, von dem Krankheitszustande des Auges abhängig; 
dagegen-bleibt der Opsoninindex für Tuberkelbacillen unver¬ 
ändert. Im Blutserum der an phlyktänulärer Augenentzündung 



No. 51. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


763 


leidenden Menschen schwankt weder der Opsoninindex für den 
Staphyloooecus aureus noch derjenige für; .Tuberkelbacillen | 
unter dem Einfluß der Veränderungen in der Augenerkrankung. 
Wenn man ein mit Phlyktänen behaftetes Auge durch Dionin¬ 
einträufelung reizt, so schwankt im Blutserum dieser Indivi¬ 
duen der opsonische Index weder für Staphylokokken noch für 
Tuberkelbacillen, was gegen die Anwesenheit dieser Mikroben 
in den Phlyktänen spricht. Auf experimentellem Wege kann 
man auf folgende Weise Phlyktänen am Tierauge erhalten, 
deren histologischer Bau genau demjenigen menschlicher 
Phlyktänen entspricht: a) bei tuberkulösen Tieren durch Ein¬ 
führen gelber Staphylokokken (selten anderer Mikroben, 
z. B. Morax-Axenfelds Diplobaeillen) in den vorher 
— mit einer Platinöse oder Nadel oder durch Massieren — ge¬ 
reizten Bindehautsack, b) bei gesunden Tieren nach subkutaner 
Tuberkulininjektion und Einführung gelber entweder lebender 
Staphylokokken oder toter, oder aus gelben Staphylokokken 
gewonnener Gifte in den Bindehautsack. Es gelang keine Phlyk¬ 
tänen zu erzielen: bei gesunden Tieren nach bloßem Einführen j 
gelber Staphylokokken oder anderer Mikroben in den Binde- [ 
hautsack auf die sub a angegebene Weise; bei tuberkulösen j 
Tieren, wenn man in den Bindehautsack keine pathogenen Mi¬ 
kroben (vor allem keinen Aureus) eingeführt hat und vor dem 
Versuch die Abwesenheit dieser Mikroben im Conjunctivalsack 
konstatiert hat. In den histologisch und bakteriologisch unter¬ 
suchten Phlyktänen kennte Verf. weder Tuberkelbacillen noch 
Staphylokokken, noch irgendwelche andere Mikroben beob¬ 
achten. Auf Grund dieser Beobachtungen kommt er zu dem 
Schluß, daß die phlyktänuläre Augenentzündung durch Zusam¬ 
menwirken innerer (Tuberkelbacillentoxine) und äußerer (Gifte 
anderer Mikroben, hauptsächlich diejenigen des Aureus) Ur¬ 
sachen hervorgerufen wird. 

Prof. Dr. Ernst Fuchs (Wien): Dystrophia epitheliaüs corneae. 

(v. Graef es Archiv für Ophthalmologie, Bd. 76, H. 3.) 

-Verf. schildert eingehend unter Mitteilung von 13 selbst- j 
beobachteten Fällen eine bisher von anderer Seite noch nicht I 
beschriebene resp. nicht als besonderes Krankheitsbild zusam- 
m engefaßte Affektion der Hornhaut, welche er in folgenden 
Sätzen zusammenfassend charakterisiert. Die Dystrophia 
epithelialis corneae ist eine degenerative Erkrankung der 
Hornhaut, welche nur ältere Personen, und zwar vorwiegend 
weiblichen Geschlechts, befällt. Bald sind beide Augen, bald 
nur eines erkrankt. Die Krankheit beginnt mit Abnahme der 
Empfindlichkeit der Hornhautoberfläche gegen Berührung. 
Später kommt eine Trübung der Hornhaut hinzu, welche bald 
mit leichten Reizerscheinungen auftritt, bald ohne solche, in 
welch’ letzterem Falle der Kranke erst durch die Sehstörung 
auf sein Leiden aufmerksam wird. Die Trübung der Hornhaut 
ist oberflächlich und für das freie Auge diffus. Sie ist am 
stärksten im Papillarbereich der Hornhaut und verliert sich ohne 
scharfe Grenze nach dem durchsichtigen Rande. In der Regel 
erstreckt sich die Trübung nach unten am weitesten, während 
der obere Rand der Hornhaut am meisten klar bleibt. Am 
stärksten ist das Epithel verändert. Die Oberfläche desselben "j 
ist matt oder grob uneben, es ist trüb und sieht wie gequollen 
aus und zeigt entweder deutliche Blasen öder feine, mit der 
Lupe erkennbare dunkle Punkte, welche kleinen Hohlräumen 
innerhalb des Epithels entsprechen. Diese sowie die größeren 
Blasen erscheinen, gegen die Pupille als Hintergrund gesehen, 
schwarz, woraus man schließen kann, daß die Trübung der 
Hauptsache nach im Epithel sitzt. Nach Entfernung desselben 
zeigt aber die Hornhaut selbst gewöhnlich auch eine sehr zarte, 
oberflächliche, feinfleckige Trübung. Die Oberfläche der Horn- ’| 
haut ist gegen Berührung ganz unempfindlich und in den ein¬ 
seitigen Fällen zeigt auch die anscheinend normale Hornhaut 
des "anderen Auges einen hohen Grad von Unempfindlichkeit. | 
Die tiefen Teile des Auges sind normal, abgesehen von jenen j 
Fällen, die mit Drucksteigerung kompliziert sind, ln der Mehr¬ 
zahl der Fälle aber bleibt der intraokulare Druck dauernd 
normal. Die Trübung der Hornhaut nimmt im Laufe der Jahre 
langsam, aber stetig zu. Zuletzt bildet sich im Papillarbereich 
der Hornhaut eine etwas schärfer abgegrenzte, stark graue 
Trübung, welche etwas über das Niveau der nur zart getrübten 
Randteile erhaben ist und einer Auflagerung lieugebildeten 
Bindegewebes auf die Hornhaut zwischen der B o w m a n sehen 
Membran und dem Epithel entspricht. Das Sehvermögen ist 
dann auf Fingerzählen in ganz kurzer Distanz gesunken. Die 
Ursache der Krankheit ist ebenso unbekannt wie eine wirksame 
Therapie. 

Dr. A. v. Poppen (St. Petersburg): Ueber die Erkrankung der 

Hornhaut bei Morbus Basedowii mit Exophthalmus. 

(Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 43.) 

Wenn beim Morbus Basedowii als hervorstechendstes Sym¬ 
ptom hochgradiger Exophthalmus mit Zurückbleiben des oberen 
Lides beim Abwärtsblicken besteht (Graef es Symptom), 
kann eine ganz besondere Hornhauterkrankung entstehen. 

Es entwickelt sich feilte Chemosis conjunctivae bulbi, und meist J 


an der unteren Hälfte der entblößten Hornhaut entstehen ein 
oder zwei Infiltrate von grau-gelblicher Färbung, ln ihrer Um¬ 
gebung verliert die Hornhaut ihren Glanz und wird auch sonst 
trocken und gefühllos. Die Infiltrate vermehren sich, nehmen 
an Umfang zu, vereinigen sich und bedecken oft einen großen 
Teil der Hornhaut, wodurch eine starke Verringerung der Seh¬ 
kraft hervorgerufen wird. Nur in den seltensten Fällen gelingt 
es, das weitere Fortschreiten des Prozesses zu hindern uiul 
die Cornea zur Heilung zu bringen. Meist kommt es zur Nekrose 
der Hornhaut, Hypopyonbildung, Iritis, die Hornhaut löst sich 
stückweise ab, es kommt zum Prolaps der Iris, der Linse und 
zuweilen sogar des Glaskörpers. In einzelnen Fällen trocknet 
die trüb gewordene Hornhaut vollständig ein und bekommt ein 
wachsähnliches Aussehen von gelblich-brauner Färbung, ln 
den meisten Fällen jedoch bildet sich 1. eine flache Narbe, in 
welche zum Teil auch die Iris einbezogen wird, '2. eine Fistel, 
aus welcher der abgestorbene Glaskörper allmählich ausfließt, 
3. ein Narbenstaphylom, Panophthalmie. Hand in Hand mit dem 
Hornhautprozeß verschlimmern sich auch die übrigen Sym¬ 
ptome der Bas e d o w sehen Krankheit und führen nicht selten 
zu einem tätlichen Ausgang. Verf. berichtet als Beispiel über 
einen einen 37 jährigen Mann betreffenden Fall von Morbus 
Basedowii. wo es auf diese Weise zur Atrophie beider Augäpfel 
kam. Verf. erwähnt, daß es Graef e gelang, einen Kranken 
zu heilen, indem er die Lider, vom Rande angefangen, all¬ 
mählich zur Mitte hin zusammennähte. Liebreich nähte die 
Lidspalte bis auf ein Drittel zu und erzielte ebenfalls Heilung. 
In den meisten Fällen jedoch endigt die Erkrankung mit voll¬ 
ständiger Erblindung. R. L. 


[I. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Berliner Medizinische Gesellschaft. 

(Eigenbericht der , Allg-cm. Medic. Central-Zeitung”.) 

Sitzung vom 30. November 191 0. 

Vorsitzender: Herr Senator. 

Der Vorsitzende widmet dem verstorbenen Mitgliede 
Dr. H. Goldschmidt einen ehrenden Nachruf. 

Vor der Tagesordnung: 

Demonstration eines Falles von Sinus pericranius (Stromeyer). 

Herr P. Hirsch: Der 47jährige Maurer hat seit 25 Jahren 
beobachtet, daß auf seiner linken Stirnseite beim Bücken eine 
kleine Geschwulst hervortrat. Er achtete zunächst wenig darauf; 
im Laufe der Zeit wurde die Geschwulst größer und rief, wenn 
sie hervortrat, Kopfschmerzen und Schwindel hervor. Beim 
Ansehen erkennt man auf der Stirn eine kleine Delle, die sich 
beim Befühlen als Kiiocheneinsenkung dokumentiert. Der um¬ 
gebende Knochenwall ist nach lateral scharf abgegrenzt, 
während er nach medial seicht verläuft. Der palpierende Finger 
fühlt in der Delle einen kleinen Spalt, durch den man mitunter 
eine Pulsation wahrnehmen kann. Beim Bücken erscheint all¬ 
mählich eine pflaumengroße Geschwulst vor der Delle, sie 
fluktuiert, eine Pulsation ist hingegen nicht nachweisbar. Die 
Haut über der Geschwulst ist normal. Richtet sich Patient auf, ( 
so verschwindet der Tumor ziemlich rasch. Zweifellos handelt 
es sich um eine Flüssigkeit. Differentialdiagnostisch kommt in 
Betracht ein Angiom. ein Varix im Knochen, eine Meningoeele, 
ein mit der Stirnhöhle zusammenhängender Hohlraum; da die 
oberflächlichen Venen unverändert sind, die Geschwulst beim 
Lagewechsel verschwindet und, wie das Röntgenbild ergibt, die 
Knochendelle außer- und oberhalb der Stirnhöhle liegt, so 
kommt LI. nach Ausschluß dieser Dinge zu der Diagnose Sinus 
pericranius (Stromeyer), d. h. eine Blut enthaltende Cyste 
unter dem Periost des Schädels, die durch ein Emissarium mit 
dem Sinus longitudinalis in Verbindung steht. — Die Aetiologie 
ist unbekannt, weder Trauma noch Lues läßt sich in diesem Falle 
nachweisen. Die Prognose wird durch den Umstand getrübt, 
daß die Geschwulst sich in den letzten Jahren vergrößert hat 
und die Gefahr der Blutung unter der Haut befürchten läßt. 
Als einzig rationelle therapeutische Maßnahme kommt die 
Operation in Betracht, bestehend in Venenunterbindung, Naht 
und osteoplastischem Verschluß des Knochenspaltes. 

Tagesordnung: 

Diskussionüb erdenVortragdesHerrnJ. Herz¬ 
fel d: Ueber vestibuläre Reiz- und Ausfall¬ 
erscheinungen bei ein- und doppelseitiger 
Labyrinther kr a n k u n g. (Mit Krankendemonstration.) 

Herr Kobrak demonstriert einige Methoden zur einseitigen 
Reizung des Vestibularapparates, die ihrer Einfachheit wegen 
von jedem Praktiker ausgeführt werden können: 1. Die kalori¬ 
sche Prüfung ■ durch Einlaufenlassen kalten oder warmen 
Wassers in das zu prüfende Ohr mittels Irrigators. Bei Kalt- 
spütung tritt kalorischer Nystagmus nach der entgegengesetzten 
Seite, bei Heißspülung nach derselben Seite ein. Umgekehrt 
verhalt sich der kalorische Romberg. 2 Das Fistelsymptom. 



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THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No 51 


Wenn an der medialen Wand der Paukenhöhle eine Fistel oder 
eine nachgiebige Stelle der Labyrinthwand vorhanden ist, so 
kann man durch Luftkompressen einen Druck auf die Endo¬ 
lymphe ausüben und Nystagmus und Romberg hervorbringen. 
K. stellt einen Patienten vor, bei dem man sämtliche für den 
Vestibularapparat bekannten Phänomene auslösen kann, ob¬ 
wohl kein Vestibularapparat vorhanden ist. Hier handelt es 
sich wahrscheinlich um eine direkte Reizung des N. vestibularis. 

Herr A. Adler (Breslau) erinnert an einen Vortrag über 
einseitigen Drehschwindel den er im Jahre 1896 gehalten hat, 
und sribt nähere Einzelheiten desselben wieder. 

Herr M. Rothmann Die Methoden zur Prüfung des Vesti- 
bularapparates dürften für die Krankheiten des Nervensystems 
eine ebenso große Bedeutung erlangen wie die Untersuchung 
des Augenhintergruudes. Baranvi in Wien ist es gewesen, 
der in den letzten Jahren diese Untersuchungen angestellt hat. 
von denen die des kalorischen Nystagmus die interessanteste 
ist. Er hat auch darauf hingewiesen, daß die Kopfinnervation 
mit dem Vestibularapparat aufs innigste verbunden ist. daß 
die Rinde der Hemisphären, wenn sie beim Hunde entfernt 
mit dem Vestibularapparat nur wenig zu tun hat; wenn man 
dagegen Zerstörungen im Wurm macht, dann treten Störungen 
auf. Die Kleinhirnhemisphären haben nicht wesentlich mit 
Gleichgewichtsstörungen zu tun. 

Herr A. Peyser weist auf die Wichtigkeit der Vestibular- 
prüfungen für die Unfallpraxis hin, besonders für die Beur¬ 
teilung des Schwindels nach Schädel- und Ohrverletzungen 
direkter und indirekter Natur. Auch die Methode, die darin 
besteht, daß man die Elektroden eines galvanischen Apparates 
auf je einen Tragus ansetzt und einen Strom von 4—6 Milli¬ 
ampere hindurchschickt, wird manche Simulation aufdecken. 
Bei einer großen Anzahl Gesunder findet dabei eine Neigung 
des Kopfes nach der Seite der Anode statt, bei affiziertem 
Labyrinth erfolgt der Fall meist nach der affizierten Seite. 

Herr Herzfeld (Schlußwort): Im Laufe der Diskussion ist 
die große Bedeutung des Vestibularanparates für die Gleich¬ 
gewichtsbewegung mit Recht hervorgehoben worden. Was die 
Prüfung des kalorischen Nystagmus betrifft, so würde Redner 
raten- denselben lieber mit kalter und warmer Luft vorzu¬ 
nehmen als mit Wasser. Fälle von akuter Labyrintherkrankung 
war Vortragender nicht in der Lage zu demonstrieren; die Mit¬ 
teilungen des Herrn Adler, welche diese Lücke ausfüllen, 
sind daher sehr dankenswert. 

Die anatomischen Substrate der Lungen-Röntgenogramme und 
ihre Bedeutung für die Röntgendiagnostik der Lungen- 
tuberkolose. 

Herr Max Cohn: Der Zweck des Vortrages ist es nicht etwa, 
den Wert der Röntgenuntersuchung für die Diagnostik der 
Lungentuberkulose in Zweifel zu ziehen, sondern, da in 
manchen Fällen die Diagnostik den Tatsachen vorausgeeilt ist, 
jene in ein reales Fahrwasser zu lenken. Die Röntgenstrahlen 
stellen zweifellos ein objektives Mittel dar, das von der Allge¬ 
meinheit der .Aerzte noch viel zu wenig zu Rate gezogen wird. 
Im Mai vorigen Jahres hat Herr W o 1 f f über die Frühdiagnose 
der Lungentuberkulose, die er aus der Anwendung der Rönt¬ 
genstrahlen und der Tuberkulininiektion herleitete, einen Vor¬ 
trag gehalten und es ist in der Diskussion von pathologisch- 
anatomischer Seite eingewendet worden, ob schon bewiesen 
wäre, daß die so diagnostizierten Veränderungen in der Lunge 
auch den genannten anatomischen Krankheitserscheinungen zu¬ 
gerechnet werden dürfen. Und in der Tat. wenn man eine 
spezifische Erkrankung der Lunge diagnostizieren will, muß 
man beweisen, daß gewisse anatomische Veränderungen be¬ 
stimmten Veränderungen im Röntgenbilde entsprechen. Die Be¬ 
obachtung hat gelehrt, daß ein großer Teil der Lungen (ein 
Teil der Unterlappen, des rechten Mittellappen) sich der Dar¬ 
stellung entziehen; die Lungenzeichnung im Hilus mit ihren 
verästelten Schattenzügen läßt eine verschiedene Deutung zu; 
erst die genaue Präzisierung dieser Gebilde auf Grund anatomi¬ 
scher Studien vermag Aufschluß zu bringen. Vortragender be¬ 
richtet über seine in dieser Richtung angestellten Untersuchun¬ 
gen am Leichenmaterial. Eine Leichenlunge wurde mitsamt 
der Trachea herausgenommen, die Lunge aufgebläht und 
nachdem die Gefäße vorher mit Wasser gespült worden 
waren, in Formalin gehärtet; nach 10 Tagen wurde 
die Lunge röntgenologisch untersucht, sodann in Zenti¬ 
meter dicke Scheiben zerlegt, durchleuchtet und die Be¬ 
funde miteinander verglichen. Auf der Platte der so 
präparierten Lunge konnte Vortragender die schwarzen Ver¬ 
ästelungen in der Lungenzeichnung als den Lungengefäßen und 
nicht den Bronchien angehörend identifizieren. Nach dem Vor¬ 
gänge von W e b e r in Kiew injizierte C. bei einem an Lungen¬ 
tuberkulose Verstorbenen die Lungengefäße mit einem stark 
schattengebenden Agens, danach brachte er durch die eröffnete 
Trachea Schrotkügelchen in die Bronchialverzweigung hinein 
und konnte im Bilde neben der Gefäßverteilung die Schrot¬ 
kugelreihen sehen und doch sieht man von den Bronchien 
absolut nichts. Die Gefäßverzweigungen müssen einen ver¬ 
schiedenen Schatten geben, je nachdem sie in verschiedener 
Richtung zur Strahlenachse liegen. 


Vortragender hat weitere Beobachtungen an infolge Lungen¬ 
tuberkulose Verstorbenen gemacht, die kurz vor dem Tode 
untersucht worden waren, indem die Befunde verglichen 
wurden. Man muß bedenken, daß das Röntgenbild ein Schatten¬ 
bild der verschiedenen übereinander liegenden Gebilde der 
Lunge wiedergibt. Er hat verschiedene Formen der Lungen¬ 
tuberkulose aus kranken Lungen herausgeschnitten, in gesunde 
Lungen eingebettet und davon Bilder angefertigt; es zeigte sich, 
daß in der Mitte gelegene Veränderungen keine Bilder geben. 
Es müssen schou beträchtliche Veränderungen vorliegen, wenn 
sie sich im Röntgenbilde darstellen lassen sollen. Man muß sich 
vor Trugschlüssen hüten, besonders bei Gebilden im Hilus- 
schatten; hier können geringe Befunde schon große Verände¬ 
rungen im Bilde hervorrufen. Trotzdem gibt es charakteristische 
Momente im Bilde, die man spezifisch für die Erklärung .be¬ 
stimmter Erscheinungen verwerten kann (Pleuritis diaphrag- 
matica etc.). Der Wert der Röntgenmethode beruht in der Er¬ 
gänzung des klinischen Befundes, nicht aber in der sogenann¬ 
ten Frühdiagnostik der Lungentuberkulose. Demonstration 
zahlreicher Lungen-Röntgenogramme. Britzmann. 

Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. 

(Eigenbericht der ,-Allgem. Medic. Centrat-Zeitung“.) 

Sitzung vom 2 8. November 1910. 

Vorsitzender: Herr A. Fränkel. 

(Schluß.) 

Tagesordnung: 

Ehrlich-Hatas Heilmittel in der inneren Medizin. 

(Referat.) 

Herr Leonor Michaelis: Wir stehen noch ganz im Anfänge der 
Erforschung des neuen Mittels. Es ist zwar ein besonderes 
Mittel, wie es selten erfunden worden ist, aber die bisher ver¬ 
flossene Zeit der Beobachtung reicht doch recht wenig aus, 
schon ein definitives Urteil zu geben. Auch heute müssen wir 
noch die Antwort auf manche Frage schuldig bleiben. Vortr. 
beschränkt sich heute auf die Bedeutung des Mittels für die 
innere Medizin. 

Das Oxydiamidoarsenobenzol ist eine dreiwertige As-Ver- 
bindung. Es hat den Charakter einer Azo-Verbindung, in die 
statt N As-Atome eingetreten sind. Es hat daher gelbe Farbe 
und ist mit dem Atoxyl entfernt verwandt; seine sämtlichen 
Eigenschaften sind aber andere. Das Atoxyl ist eine dreiwertige 
As-Verbindung. 

Es ist als Phenol eine Säure und als Amin eine Base, bildet 
sowohl mit Natronlauge ein Salz wie mit H CI ein Chlorhydrat. 
Die Salze sind leicht, aber selbst in Wasser schwer löslich; 
es oxydiert an der Luft unter Braunfärbung, wird giftiger, oxy¬ 
diert in alkalischer Lösung schneller als in Säuren. Deshalb 
wird es als Chlorhydrat aufbewahrt. Dieses ist in Wasser lös¬ 
lich; die Lösung wird durch Schütteln, Zerreiben oder Benetzen 
mit Methylalkohol beschleunigt. Es ist eine schwache Base, 
reagiert stark sauer; die Fällung in Wasser mit Alkali gibt 
einen groben Niederschlag; man muß diesen zerreiben. Neu¬ 
tralisiert man diese alkalische Lösung mit Salzsäure, so fällt 
es in feinkörnigem Niederschlag aus. Die Feinheit entspricht 
der Verdünnung. Will man es gelöst injizieren, so muß man 
es stark sauer oder alkalisch injizieren. Das reizt die Gewebe. 

Neutral muß man es ungelöst geben; dann geht es in Depot. 
Es dauert lange, bis es am Applikationsort sedimentiert ist. Die 
Schnelligkeit der Wirkung ist sehr verschieden. Gibt man es 
intravenös, so darf man es nicht in alkalischer Lösung geben, 
weil sonst die Gefahr der Embolie besteht. Aber auch die 
saure Lösung ist ausgeschlossen. Groß ist die Löslichkeit des 
Arsenobenzols nicht im Blute. Es ist ziemlich schwierig, Zahlen 
zu geben. Es löst sich höchstens im Verhältnis von 1:10 000; 
es ist also im gesamten Blut eines Menschen rund % g löslich. 
Vorübergehend werden also Niederschläge ausfallen. Diese 
Dosis ist die Maximaldose bei intravenöser Injektion. Die Er¬ 
fahrung zeigt jedoch, daß die Scheu vor Fällung und Embolie 
unbegründet ist. Weder die große Menge der Flüssigkeit — 
es sind 250 ccm nötig — noch die Möglichkeit der Nieder¬ 
schlagsbildung bietet irgendwelche Gefahr. Es sind weit mehr 
als 1000 Injektionen ausgeführt worden. Schreiber machte 
über 100 Injektionen intravenös ohne Zwischenfall. Vortr. 
entschloß sich ziemlich spät, erst auf Ehrlichs Veranlassung, 
dazu und hat selbst 35 Injektionen ohne jeden Zwischenfall 
ausgeführt. Diese Form der Einverleibung ist völlig schmerz¬ 
los und ziemlich bequem ausführbar. 

Daneben sollen die anderen Injektionsarten nicht ver¬ 
worfen werden. Die intraglutäale Injektion wird von den 
verschiedenen Autoren verschieden, mit alkalischer Lösung, 
dann mit dem neutralen Stoff in alkalischer Aufschwemmung, 
ferner in Paraffinuni liquidum (K romaye r) und mit der 
Emulsion der Base in Vasenol ausgeführt. Es kann in die 
Schulterblatt- und andere Muskeln injiziert werden. 

Die subkutane Injektion darf nur bei guter Hautbeschaf¬ 
fenheit, und zwar nicht in die oberflächlichen Schichten vor- 



No. 51. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


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genommen werden. Sonst entsteht Hautnekrose, die noch nach 
Wochen und Monaten zum Ausbruch kommt. Vortr. hat sie 
nur zweimal erlebt. Meist neigt man entweder zu einem Mittel¬ 
ding zwischen neutraler und alkalischer Lösung oder zur 
Suspension des festen Salzes in einem öligen Medium. 

Die Symptome sind bei der intravenösen Injektion unerheb¬ 
lich- Sie macht gar keine Unannehmlichkeit, auch später nicht. 
Häufig sind leichte Temperatursteigerungen auf 88 0 und höher, 
zuweilen leichter Schüttelfrost von % Stunde Dauer ohne Nach¬ 
erscheinungen. Bei späterer Wiederholung fällt dieser Schüttel¬ 
frost fort. Selten hat der Zustand 1—2 Tage angehalten. Ge¬ 
legentlich kommt vorübergehender Durchfall, Kopfschmerz, 
Appetitlosigkeit und Erbrechen vor. Der eine Kranke hat sich 
die Wiederholung gern gefallen lassen. Er hatte gar keine 
Kopfschmerzen. Dagegen ist die intramuskuläre Injektion der 
alkalischen Lösung sehr schmerzhaft. Manchmal bessert sich 
das nach 1% Stunden. Häufiger gibt es später neue Schmerzen 
mit der Bildung eines Infiltrates. Bei neutraler Lösung war 
der Schmerz bei der Injektion nicht vorhanden. Aber später trat 
lebhafter Schmerz auf, der vorüberging oder zur Bildung eines 
Infiltrates führte; dasselbe ist lange schmerzhaft. Aber die 
Injektionen ohne Erscheinungen sind doch recht häufig. Reiz¬ 
loser ist die Paraffin- und Sesamölinjektion. 

Was die Verhältnisse der Resorption und Ausscheidung 
des Mittels betrifft, so nehmen dieselben bei der intravenösen 
Einverleibung gar keine Zeit in Anspruch. Das Blut wird sofort 
überschwemmt. Bei den anderen Methoden ist das nicht so 
schnell möglich. Aber auch die Ausscheidung ist bei intravenö¬ 
ser Injektion schnell — in 3—4 Tagen — beendet. Bei den 
anderen Methoden geht es langsamer; aber das Mittel verweilt 
länger im Organismus. Erst am 13.—14. Tage sah Vortr. den 
Urin frei von As; aber das Depot ist wohl noch nicht erschöpft. 
Besonders die Bildung eines Infiltrates verzögert die Resorption 
und gestaltet sie höchst ungleichmäßig; besonders, die Ein¬ 
schmelzung führte in des Vortr. Fällen zu einem Absceß, der 
ohne-Erscheinungen abheilte. Wechselmann sah sie 
einige Male; der Eiter war immer steril. Am schnellsten ist 
die intramuskuläre Injektion der alkalischen Lösung gegen¬ 
über den anderen Methoden wirksam. Aber die Resorption 
geht durchaus nicht schnell. Es entsteht am Injektionsort bald 
eine Fällung des freien Mittels. Das bleibt lange liegen. Da¬ 
mit hängen die klinischen Erscheinungen zusammen. Außer 
den Schmerzen, den Temperatursteigerungen und der Infiltrat¬ 
bildung kommen noch nachträglich in der zweiten Woche Be¬ 
schwerden vor; Vortr. sah sie in 200 Injektionen 10 mal. Meist 
war das bei solchen Leuten, die keine Ruhe hatten, der Fall, 
kam aber auch sonst vor. Höhere Fiebererscheinungen, 
influenzaartige Symptome mit Schüttelfrösten und einmal mini¬ 
male Eiweißausscheidung kamen vor; die letztere beruhte 
wohl nicht auf der Giftwirkung, sondern auf der Eiterbildung. 

Was die eigentlich toxische Wirkung betrifft, so ist ein 
solcher Körper natürlich nicht davon frei. Aber von As-Verr 
"giftungen ist hier nicht zu sprechen. Die Giftigkeit der As- 
Verbindungen ist sehr verschieden. Toxische Eigenschaften 
hat Atox^d, ungiftig ist Kakodylsäure. arsenige Säure macht i 
Conjunctivitis und Herpes zoster, Atoxyl Amaurose. Ein solches 
Präparat wird nur in der Not angewandt. Geringe Aenderun- j 
gen in der Konstitution dieser Mittel bedingen erhebliche Aen- 
derung der Wirkung. 

Idiosynkrasie scheint selten vorzukommen, seltener als 
bei Hg. Vielleicht ist das durch chemische Veränderungen zu 
erklären. Gelegentlich sind Ikterus in der zweiten Woche, so¬ 
wie Pulsbeschleunigung nur nach wässeriger Aufschwemmung, 
die in die Glutäen gespritzt wurde, beschrieben worden; das 
ist wohl durch ein giftiges Oxydationsprodukt zu erklären. Bei 
subkutanen und intramuskulären Injektionen tritt eine lebhafte 
Oxydation infolge von Leukocytenansammlung ein. während 
das Mittel im Blut reduziert wird. Auch die Erscheinungen 
von spät auftretendem Fieber sind vielleicht darauf zu beziehen. 

Immerhin ist es trotz aller Ungiftigkeit ein differentes 
Mittel, welches auf den geschwächten Körper als Gift wirken 
kann. Das gilt aber nicht von den durch Lues geschwächten 
Körpern. Sie vertragen es leicht und erholen sich glatt. Aber 
andere Kranke haben schlecht darauf reagiert; mehrere To¬ 
desfälle sind vielleicht durch das Mittel mit verschuldet. Zu 
warnen ist bei schweren Stoffwechselstörungen, z. B. schwerem 
Diabetes. Bei leichtem Diabetes hat Vortr. mit Erfolg kein 
Bedenken getragen. Bei schweren Kompensationsstörungen 
des Zirkulationsapparates ist zu warnen. Von der Nephritis 
ist noch besonders zu sprechen. Mitunter kommt im Verlauf 
der Lues eine leichte Albuminurie vor. Hier schadet es nicht. 
Bei chronischer Nephritis, auch wenn früher Oedeme bestanden 
haben, sah Vortr. keine Schädigung, sondern Besserung, z. B. 
einem Kranken, dem wegen Tuberkulose eine Niere exstirpiert 
worden war und dessen andere Niere Albuminurie zeigte, wur¬ 
den 0,04 ohne Störung und mit Erfolg gegeben. Anders verhält 
es sich bei akuter Nephritis. Hier würde er wegen erschwer¬ 
ter Ausscheidung das nicht wagen. Einmal wurde es bei 
schwerer Lebercirrhose mit Ascites gegeben. Es war nichts zu 
verlieren. Die Kranke starb nach 14 Tagen, aber wohl ohne 


Zusammenhang mit der Injektion; immerhin würde Vortr. es 
hier nicht wieder anwenden. Erkrankungen des Auges sind 
kein Hindernis. Bei beginnender Atrophie des N. opticus ist 
sogar keine Schädigung, vielleicht Besserung gesehen worden. 

Die toxische Wirkung des Arsenobenzols ist nicht höher als 
die des Quecksilbers. 

Nun ist eine andere Frage aufgetaucht. Es hat Finger 
(Wien) beschrieben, daß in wiederholten Fällen nach 2 bis 
3 Monaten eine Neuritis optica oder Labyrintherkrankung aufge¬ 
treten sei; zweimal handelt es sich um Abducenslähmung; ein 
anderer Fall bekam nach Arsacetin beginnende Opticusatrophie. 
Einmal trat Chorioiditis auf; ferner sah er dreimal Labyrinth- 
Störungen. Ohrensausen und Schwerhörigkeit. Das alles kommt 
auch bei Lues an sich vor. Ist das also ein Rezidiv oder eine 
Schädigung durch das Mittel? Fi nger ist der Ansicht, daß in 
einigen Fällen Rezidive ausscheiden, weil die Wasser- 
m annsche Reaktion negativ geblieben sei. Vortr. hat einen 
Fall erlebt, in dem die Kranke, die er wegen Primäraffektes mit 
0,3 Injektion in die Glutäen behandelte, später von einem 
andern Kollegen untersucht, Stauungspapille zeigte. Er 
glaubte nicht an eine toxische Wirkung, sondern an ein 
Rezidiv. Auffallend ist, daß ein Rezidiv so früh auftritt. Es 
scheint, daß die Rezidive in einer wenn auch seltenen Zahl von 
Fällen, aber doch häufiger als bei Hg in Form der Nerven¬ 
erkrankungen auftreten. Aber es sind geringe Zahlen. Das 
kommt auch bei Hg vor. 

Die Wirksamkeit des Mittels bei Lues hat niemand bisher 
in Zweifel gezogen. Man sieht Rückbildung des Primäraffek¬ 
tes, der Drüsenschwellungen, des Exanthems und der Gummata. 
Auffallend schnell ist die Wirkung besonders vor dem Beginn 
und während der Roseola; man sieht eine lebhafte Neubildung 
von Roseolen, die in 1—2 Tagen wieder verblassen. Häufig ist 
die Wirkung unvollkommen. Die Roseola bleibt lange bestehen 
und führt zur Bildung brauner Flecke. Die Lymphdrüsenrück- 
bildung bleibt auf halbem Wege stehen. Häufig wird die 
Wassermann sehe Reaktion in 4—6 Wochen noch nicht 
negativ. 

Tatsache ist, daß sie häufig negativ wird, wie bei Hg-Be- 
handlung, ohne Gewähr dafür, daß sie negativ bleibt. Vor 
Rückfällen schützt das Mittel nicht. Der erwähnte Fall von 
Stauungspapille hatte 14 Tage vorher wieder positive Was- 
s e r m a n n sehe Reaktion. 

Wenn man nach unvollkommener Wirkung die Injektion 
wiederholt, so tritt die Wirkung von neuem auf. Oft erreicht 
man mit wiederholter Injektion, was die erste nicht erreichte. 
Als Regel ist zu erwarten, daß die einmalige Injektion zur 
definitiven Heilung nicht ausreicht. Im ersten Jahre der Er¬ 
krankung ist die Wahrscheinlichkeit der Rezidive viel größer 
als später. Unter 38 solcher Fälle bekamen 11 ein Rezidiv; 
9 verloren die positive Reaktion. 

Vergleichen wir das Mittel mit andern As-Präparaten, so 
ist seine Ueberlegenheit anerkannt. Vortr. hatte Fälle, die 
nach langdauernder Hg- und Atoxylbehandlung die prompte 
Wirksamkeit des Arsenobenzols darboten. 

Es gibt Fälle von Lues, die Hg nicht vertragen oder nicht 
darauf reagieren. Vortr. hatte Gelegenheit, unter seinen 
110 ersten Fällen 33 solcher Fälle zu sehen. Er hatte aber ein 
ungewöhnliches Material, indem ihm gerade die verzweifelten 
Fälle zuströmten. Er hat nie behauptet, daß 33 pG’t. aller Fälle 
Hg-fest sind. Manche zeigten Syphilis maligna, hatten frühzeitig 
ulceröse und gummöse Prozesse. Jedenfalls wurde auch hier 
mit Arseuobenzol mühelos erreicht, was mit Hg Mühe gemacht 
hätte. 

Man hat die Pflicht, einen derartigen Fall von Lues mit 
Arsenobenzol zu behandeln. Schwierig ist es in gewöhnlichen 
Fällen Hg und As gegeneinander abzuwägen. Ersteres ist ein 
erprobtes, altbewährtes Mittel, mit dem die Kuren Großartiges 
geleistet haben. Aber wer möchte nicht mit einem gleichartigen 
Mittel abwechseln! Es ist jedenfalls nicht sicher zu sagen, wie 
weit der Wert des Mittels reicht. Im Tierexperiment ist das 
Krankheitsgift zu neutralisieren. Es ist aber bei Menschen 
nicht möglich nachzuweisen, daß die letzten Spirochäten ver¬ 
schwinden; nur bei Febris recurrens ist das möglich gewesen. 
Meist bleiben einige Parasiten am Leben; wahrscheinlich sind 
es solche, die von der Zirkulation schlecht erreicht werden 
und in gefäßarmen Gebieten sitzen. Vielleicht gibt es Dauer¬ 
formen, die mit Hg und As nicht zu bekämpfen sind. Hier 
sind wohl die Kuren zu wiederholen. Etwas Aehnliches sehen 
wir bei der Malaria, wo die Halbmonde von Chinin nicht be¬ 
einflußt werden. Also es ist nötig, die Kur zu wiederholen und 
sie nicht von dem Positivbleiben der W a s s e r m a nn sehen 
Reaktion abhängig zu machen. Das Prinzip der intermittieren¬ 
den Hg-Behandlung nach N e i s s e r ist auch auf das Arsen zu 
übertragen. Man muß die Anwendungsform benutzen, die 
wenig Beschwerden macht. Am besten ist die intravenöse 
Injektion; in der Regel sind auch die andern Methoden brauch¬ 
bar. Aber nach schmerzhaften Infiltraten wird der Kranke 
sich nicht von neuem dazu entschließen. Aber die Kranken 
werden sich nicht weigern, sich alle 6—8 Wochen eine 
intravenöse Injektion machen zu iassen. Diese Injektion erfor- 







766 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 61. 


dert nicht mehr als zwei Tage Ruhe. Selten ist noch am dritten 
Tage Schonung nötig. 

Welches die Standardmethode ist, ist noch zweifelhaft. Die 
intravenöse Methode ist wohl die energischste. Die Rezidive 
sind nach einer anderen Methode wohl häufiger; aber es ist 
nicht möglich Sicheres zu sagen. 

Von vielen Seiten, auch von Neisser, ist auf die Kom¬ 
bination des Hg mit As hingewiesen worden. Es ist sicher 
zweckmäßig. Aber wissenschaftlich reines Material bieten 
nur die einseitig behandelten Fälle. Dazu ist jahrelanges 
Studium nötig. 

Ueber den Wert des Mittels für die innere Medizin zu 
sprechen, ist schwer. Vorläufig ist nur ein Ueberblick möglich. 
Wichtig ist die Vorbeugung in bezug auf alle Erkrankungen, \ 
die auf Lues zurückführbar sind. Da. wo alle Erreger vernich¬ 
tet werden, kann es keine Rezidive, keine Metasyphilis geben. 
Somit hat auch die interne Medizin die Pflicht mitzuarbeiten. 
An Material fehlt es keinem Arzte. Das hat nichts damit zu tun, 
daß die ersten Erscheinungen der Syphilis zufällig auf der Haut 
sitzen. Es muß die Wirkung des As bei den inneren Erkran¬ 
kungen untersucht werden. Zu trennen sind die echten syphi¬ 
litischen und die Nacherkrankungen. Zu ersteren gehören 
solche, die den Affektionen der Haut analog zu setzen sind und 
durch Vernichtung der Erreger sich spurlos zurückbilden, 
z. B. Ikterus, Gummiknoten, Periostitis und Arthritis specifica. 
Sie waren von jeher dankbar auch gegenüber der Hg-Therapie. j 
Und doch gibt es periostitische und Gelenkerkrankungen, die | 
im Laufe der Zeit auf dieses Mittel kaum zu reagieren scheinen. I 
Vortr. sah solche Leute mit nächtlichen Knochenschmerzen, die I 
mit Krücken gegangen waren. Bei einigen war mit Hg jeder | 
Versuch gemacht worden. Auch J war gegeben worden. Auch 
die Hg-Behandlung will zwar verstanden sein, aber jedenfalls j 
wird mit Arsenobenzol sehr leicht Besserung erreicht. Gerade j 
diese Fälle sind für den internen Arzt wichtig. Hier ist es ein 
bequemes Mittel wegen seiner raschen Wirkung. Gummata der 
Trachea, des Kehlkopfes, der Leber, des Zentralnervensystems 
und anderer lebenswichtiger Organe sind Indikationen der 
vitalen Therapie. Hier hat es sich glänzend bewährt. Schwerer 
Ikterus ist schnell geheilt. Gummi der Trachea heilte in weni¬ 
gen Tagen (Lesser). Aussichtslos sind natürlich irreparable 
Krankheiten wie Lebercirrhose. Keine Wirkung sah Vortr. in 
3 Fällen von alter Rektumstenose, das gleiche gilt von Fällen, 
wo bereits Defekte eingetreten sind. 

Besonders zu behandeln ist die Syphilis des Zentralnerven¬ 
systems; vor allem ist die gummöse Hirnlues, die mit Kopf¬ 
schmerzen, Erbrechen, psychischen Störungen und Stauungs¬ 
papillen einhergeht, zu nennen. Ohne die alten Mittel zu be¬ 
kämpfen, ist doch zu sagen, daß die Wirkung des Arsenobenzols 
prompt die Symptome beseitigt. Schon am 2.—3. Tage sah Vor¬ 
tragender stetigen Rückgang aller Zeichen. Einen Fall verlor 
Vortr. aus den Augen. Nach 14 Tagen ist er an Gangrän, aber 
an einer anderen Stelle als der der Injektion, gestorben. Alle 
anderen Kranken sind völlig geheilt, auch ihre Stauungs¬ 
papillen. Nach 4—6 Monaten waren die verwaschenen Ränder 
zum Teil oder ganz scharf sichtbar. Einer hatte schwere Seh- 
störungen; sie sind völlig geheilt. 

Nie sah Vortr., daß die Hirnfälle unangenehm reagierten. 
Ein Fall hatte zwar stärkere Benommenheit als vorher. Aber 
die schweren psychischen Erscheinungen gingen völlig zurück. 
Die Dosis soll aber nicht zu hoch gestaltet werden; lieber ist 
die zweite Injektion größer zu nehmen; sie ist nach 4—6—8 
Wochen zu wiederholen. 

Ein Fall von Lues pontis hatte Krämpfe der Kaumuskulatur 
mit schwerer Erkrankung der Zunge. Hier wäre es mißlich 
gewesen, Hg bei der Gefahr der Stomatitis zu verwenden. Eine 
Injektion heilte ihn rasch ohne Reste. 

Außerdem gibt es Fälle, wo durch Vertilgung der Erreger 
eine Restitutio ad integrum nicht gegeben ist, z. B. Erkrankun¬ 
gen des Nervensystems, die lange bestehen; bei alten Lähmun¬ 
gen und Kontrakturen ist zwar zuweilen antiluetische Be¬ 
handlung zweckmäßig. Man weiß aber nicht, wann dies der 
Fall ist. Fälle von Hemiplegie auf der Basis von Endartercitis 
wurden mehrfach mit Erfolg behandelt. 

Die meisten Fälle von Tabes und Paralyse hängen mit der 
Lues zusammen. Gelänge es die Lues auszurotten, so würden 
sie reduziert. Dieser von Erb dargelegte Zusammenhang ist 
durch Wasser ma n n glänzend bestätigt worden. Aber diese 
Prozesse selbst sind durch keinerlei antisyphilitische Ma߬ 
nahmen rückgängig zu machen. Das gilt auch vom Arseno¬ 
benzol. 

Berechtigt ist aber die F'rage, ob wir nicht die in der Ent¬ 
wicklung begriffenen Prozesse zu hemmen oder im Fort¬ 
schreiten und in der Ausdehnung schwankende Verhältnisse, 
wie sie z. B. die Patellarreflexe darbieten können, zu beein- I 
Russen vermögen. Hier müssen wir die Erfahrungen alter Kli¬ 
niker und die Wirkungen der alten Kuren zu Hilfe nehmen, i 
Ö p p e n h e i m verhält sich der Schmierkur gegenüber ab¬ 
lehnend, Erb empfiehlt die merkurielle Behandlung für die 
Gefühlsstörungen, Ataxie und Augenmuskellähmungen; dagegen 


sei sie unwirksam gegen die Krisen. Das gleiche gilt von der 
As-Behandlung. 

Aber die Möglichkeit der Verwechslung mit echter Lues 
ist nie auszuschließen. Vortr. hat 22 Fälle mit typischer Tabes 
beobachtet. Bei allen war Schanker und Lues zu eruieren, 

9 waren nie mit Hg behandelt worden, 4 hatten nur eine Kur, 
2 je 2 Kuren gemacht; 18 wurden mit Arsenobenzol behandelt; 
in einem Falle, der lange, besonders aber im letzten Halbjahre, 
krankte, trat sicher keine Besserung ein; in 8 .Fällen trat in 
kurzer Zeit eine sichere Besserung ein. Fast durchweg han¬ 
delte es sich um frühe Stadien mit Ueberwiegen der lancinie- 
renden Schmerzen und der Ataxie. Vortr. fand hier mit 
Treupel folgendes: Meist schon am nächsten Tage lebhafte 
Steigerung der lancinierenden Schmerzen. Sehr bald legten 
sie sich. Es folgt eine lange Periode von erheblichem Rück¬ 
gang. Auffallend war die rasche Besserung der Ataxie, ln 
einem F'alle ließen sich beide Patellarreflexe schnell auslösen. 
Aenderung der Pupillenreflexe war nicht zu beobachten, 
Suggestion ist nicht ganz auszuschalten. Freilich war die 
Besserung nicht von Dauer; sie währte nur 2—4 Monate, 
dann kamen die alten Beschwerden wieder. Es sind also die¬ 
selben Intervalle, nach denen die Rezidive bei der echten Lues 
vorkamen. Was eine zweite Injektion leistet, kann Vortr. nicht 
sagen. Es ist ein schwer zu beurteilendes Tatsachenmaterial, 
von dem dasselbe gilt, was Erb bezüglich der Merkuriat- 
behandlung gesagt hat. Die Erfolge ermutigen <zu weiteren 
Versuchen. 

Unbefangen werden wir in schlecht behandelten Fällen 
von Tabes As in den Bereich der Behandlung aufnehmen. 
Schwerer zu erklären ist die Prognose bei Paralyse. Bei 
psychischen Abnormitäten sah Vortr. einmal erhebliche Besse¬ 
rung, die ein Vierteljahr aiihielt; nach erneuter Injektion trat 
wieder Besserung auf. Aber vielleicht handelt es sich um einen 
Zufall, da hier ja auch spontane Besserungen Vorkommen 
können. Tut man aber nichts, so ist ein solcher Fall rettungs¬ 
los verloren. Dazu kommt die Schwerigkeit der Differential¬ 
diagnose gegen Hirnlues. Besonderes Interesse erheischen die 
frischen Fälle mit Frühsymptomen. Wie es hier wirkt, kann 
niemand sagen. Aber von einer Injektion kann man nicht 
alles erwarten. Die Aussichten einer Behandlung hängen von 
dem - Stadium des Leidens und der Intensität der Kur ab. 
Oppenheim hält es für berechtigt, in frischen Fällen ener¬ 
gische Hg-Kuren einzuleiten, wenn wirklich Lues vorangegau- 
gen ist und vielleicht Pseudoparalyse besteht. Ebenso kann 
man As heranziehen. Mehr kann man nicht sagen. 

In bezug auf die Anwendung bei nicht syphilitischen Er¬ 
krankungen ist zu erwähnen, daß Iversen nach einer ein¬ 
zigen Injektion bei Febris recurrens Dauerheilung eintreten 
sah. Hier ist die Therapia sterilisans magna Ehrlichs in 
die Tat umgesetzt. Auch bei Malaria zeigte sich Wirkung. Aber 
bei manchen Erkrankungen, wo As sonst gut wirkt, z. B. 
Lymphosarkom und Leukämie, zeigte sich keine Wirkung. 
Dann zeigte sich eine gute Wirkung bei anderen Erkrankungen 
dermatologischer Art. 

Diskussion: 

• 

Herr Oppenheim hat eine Reihe von Erfahrungen auf 
diesem Gebiet gesammelt. Sie sind noch ganz unfertig. Aber 
täglich kommen Kranke und Aerzte zu ihm mit der Frage: 
Sollen wir Hata anwenden ? Nötig ist es, bestimmte Normen zu 
finden. Redner selbst ist aus dem Stadium des Versuchens 
und Tastens noch nicht herausgekbmmen. Es ist natürlich, daß 
die Frage nach der Bedeutung des Mittels für die Nervenkrank¬ 
heiten uns stark bewegt hat. Alt erklärte, man solle die 
Paralyse im Stadium des Wetterleuchtens damit behandeln. 
Aber es sind sehr viele Hoffnungen schon enttäuscht worden. 
Nur zum Teil verfügt er über persönliche Erfahrungen. Unter 

10 Fällen von Lues cerebri brachten einmal 2 Dosen Besse¬ 
rung; ebenso -war es in einem zweiten Falle. Bei zwei anderen 
ist noch zu kurze Zeit verflossen. Im 5. Falle war das Mittel 
wirkungslos; vielleicht liegt ein nicht syphilitischer Tumor vor. 
ln einem anderen Falle trat Besserung und Rückbildung der 
Neuritis optica ein. Bei Hemiplegie und Papillenstörungen Wal¬ 
es einmal völlig ohne Erfolg, in einem ähnlichen Falle brachte 
es Besserung. Bei Eudarteriitis syphilitica war es ohne Erfolg. 
8 mal bei Lues spinalis und cerebrospinalis angewandt, war es 
2 mal erfolglos, im 3. Falle, wo die Krankheit noch nicht einge¬ 
wurzelt war, bildeten sich nur die Crampi musculorum zurück. 
Bei radikulären Symptomen trat Besserung unter Hg-Behand- 
lung, aber ohne Heilung ein; hier brachte As Besserung. 

Bei Poliomyelitis und Seitenstrangsklerose war es ohne 
Erfolg; bei einem andern Falle trat eine gewisse Besserung 
ein. Tabesfälle wurden 12 mal behandelt; 2 mal bestanden 
Anfangssymptome; alles blieb unbeeinflußt; in einem anderen 
Falle kehrte aber die pupillare Lichtreaktion zurück; in einem 
4. Falle war die Begeisterung groß; es gelänge, das Knie¬ 
phänomen wieder auszulösen; alle Symptome seien geschwun¬ 
den. Redner fand aber den Status unverändert. Das Knie¬ 
phänomen wurde'willkürlich produziert; hier sah 0. die Wir¬ 
kung der Suggestion. Objektiv entsprach der Zustand dem vor 






No. 61. THERAPEUTISCHE 

der Behandlung bestehenden; 3 andere Fälle blieben unbe¬ 
einflußt; in einem weiteren mit Mal perforant bildete sich dieses 
sofort zurück, aber alle anderen Symptome blieben. Erfreulich 
war aber bei einem Tabiker mit starken Schmerzen und hoch- I 
gradiger Unterernährung, daß er in kurzer Zeit zunahm, seine 
Blasenschwäche, Schmerzen und Obstipation verlor; sonst war 
der Befund derselbe. Aber es handelte sich um ein kombi¬ 
niertes Heilverfahren, 

Die Kehrseite kommt nunmehr. Bei 2 Tabikern folgten j 
tolle Schmerzen, die auf keine Weise zu lindern waren und 
einmal 4 Wochen, einmal 10 Tage anhielten. Im 3. Fall 
folgte Fieber, Schüttelfrost und Verschlechterung. Schlimmer 
war der vierte Fall. Gleich, nach der Injektion trat eine Stei¬ 
gerung der Symptome, gewaltige Zunahme der Ataxie ein; Pat. 
war weder zu gehen noch zu stehen imstande. Es tritt aber 
schon Besserung ein, 

In 4 Fällen vorgeschrittener Dementia paralytica war kein 
Erfolg sichtbar, ebenso in jüngeren Stadien. Im 7. Falle folgte 
ein schwerer paralytischer Anfall, keine Besserung. In einem 
Falle, der entmündigt worden war. erfolgte erstaunliche Besse- J 
rung des psychigche» Zustandes; Pat. erinag seine Größenideen ! 
zu korrigieren. Der Pupillenbefund blieb unverändert. Viel- | 
fach kommen wohl auch Verwechslungen mit Remissionen oder j 
Pseudoparalysis syphilitica vor. — Das Resuine ist fol¬ 
gendes : 

Bei Lues cerebralis, spinalis und cerebrospinalis leistet As 
nicht mehr als J und Hg, wirkt aber, wenn diese versagen, am 
ersten bei gummösen Prozessen, während bei Endarteriitis und 
Lues spinalis inveterata keine Erfolge eintraten. Es wurde nur j 
subkutan und intramuskulär gegeben. 

Bei Tabes dorsalis kann durch Hebung des Allgemein- | 
Befindens und Beseitigung einiger Symptome, auch der stabilen, J 
deutliche Besserung herbeigeführt werden; sie betrifft aber j 
nur einen kleinen Prozentsatz. Es überwiegen zwar nicht die i 
Mißerfolge und Schädigungen; aber durchgreifende Erfolge ! 
sind nicht zu erwarten. Dem Kranken selbst soll man die Ent¬ 
scheidung überlassen. 

Bei Par.alyse ist in echten Fällen nichts Bedeutendes zu er- j 
warten. Nur in zweifelhaften Fällen soll man bei der trostlosen j 
Prognose das Mittel versuchen. Mode. 


82. Versammlung 

Deutscher Naturforscher und Aerzte in Königs¬ 
berg in Pr. vom 18.—24. September 1910. 

Referent: Herr L. Borchardt (Königsberg). 

(Fortsetzung.) 

Abteilung fiir innere Medizin, Balneologie und Hydrotherapie. 

2. Sitzung. 

■1) i e n stag, den 2 0. September 19 10, 3% Uhr nachm. 

Vorsitzender: Herr v. Müller (München). 

Herr Fischer (Leipzig): Magensekretion und Motilität nach 
Appetits- und Probeiriihstück. 

Entsprechend der Forderung Hans Curschmanns, j 
der Appetitskomponente bei der Untersuchung der sekretori- j 
sehen Magenfunktion eine größere Berücksichtigung zuteil 
werden zu lassen, untersuchte der Vortragende in Gemein¬ 
schaft mit Frl. Heidenhain vergleichend den Mageninhalt 
nach dem Ewald sehen Probefrühstück und nach einem frei 
gewählten Appetitsfrühstück. Im letzteren Falle war die. Ge- 
samtacidität meistens erhöht. Fälle, die sonst als subacide J 
galten, zeigten normale .Werte, In einem Falle, der nach dem 
E wal d sehen Probefrühstück als Achylie imponiert hatte, war 
die Gesamtacidität 34. Die Diagnose der Hyperacidität konnte 
in einigen Fällen gestellt werden, in denen die Untersuchung 
mit dem Ewald sehen Probefrühstück normale Werte ergeben 
hatte. Motilitätsuutersuchungen mittels der Salolprobe ergaben, 
daß die Ausscheidung des Salols nach dem Appetitsfrühstück 
meist wesentlich verkürzt war. 

Diskussion: 

Herr Ewald (Berlin) tritt für die Beibehaltung seines Probe- 1 
frühstücks ein, das sich in Tausenden von Untersuchungen 
bewährt hat und bei dessen Einführung es ihm gerade darauf 
angekommen war, den wechselnden Faktor der Lust und Un¬ 
lust des Patienten auszuschließen. Es komme ja nur auf dia¬ 
gnostisch brauchbare Vergleichswerte an, denen durch die wech¬ 
selnde Zusammensetzung des Appetitsfrühstücks die Grundlage 
entzogen werde. 

Herr v. Müller (München) gibt ein aus Fleischextrakt, einer 
bestimmten Kochsalzmenge und Zwieback zusammengesetztes 
Probefrühstück, das brauchbarere Resultate gibt als das 
Ewald sehe. 

Herr Fischer: Die Entnahme des Appetitsfrühstücks mit dem 
Magenschlauch hat niemals Schwierigkeiten gemacht. 

Herren Kirchheim und Matthes (Cöln): lieber die nekro¬ 
tisierende Wirkling von Pankreasaiitolysaten. 


RUNDSCHAU 1910. 707 

Stark proteolytisch wirksame, lebendes Gewebe verdauende 
Pankreasautolysate rufen bei subkutaner Einführung Blutungen 
und Nekrosen hervor im Gegensatz zu den etwas schwächer ver¬ 
dauend wirkenden Salizylsäuren Auszügen aus Kühneschem 
Trockeimankreas, welche diese gewebsschädigendeu Wirkungen 
nicht zeigten. Die stark wirkenden Autolysate bewirkten bei 
etwas rascherer intravenöser Injektion Blutungen in das Lungen¬ 
gewebe und Nekrosen der Herzmuskulatur, bei sehr langsamer 
auch Blutungen in die parenchymatösen Gewebe und die Mus¬ 
kulatur. Es gelang weder durch Erhitzen noch durch Dialyse 
noch durch Adsorption an Fibrin die nekrotisierende Wirkung 
von der verdauenden zu trennen. Dagegen ergaben Versuche 
mit nativem Fistelsaft, daß derselbe, solange er inaktiv war, 
keine nekrotisierende Wirkung zeigte, diese aber sofort gewann, 
wenn er mit Enlerokinase aktiviert wurde. 

Herr A Müller (Leipzig): Eine neue Methode zur Her¬ 
stellung von Sauerstoffbädern. 

Die bisher gebräuchlichen Mittel, um aus im Badewasser 
befindlichen Perboraten und ähnlichen Verbindungen Sauer¬ 
stoff zu entwickeln, haben den Nachteil, daß sie. weil sie 
mit Pulvern arbeiten anfangs zwar sehr energisch wirken, 
aber bald in ihrer Wirken® nachla c sen so daß die Gas¬ 
entwicklung während der Badedauer schnell mehr und mehr 
verlangsamt wird. Durch das vom Vortragenden angewendete 
Verfahren werden diese Uebelstände vermieden und zwar da¬ 
durch, daß der Katalysator an feste und möglichst undurch¬ 
lässige, in das Badewasser gebrachte oder darin befindliche 
Körper oder die Tnnenwanduimen der Wannen gebunden wird. 
Man erzielt auf diese Weise nicht nur eine wesentliche Erspar¬ 
nis an Perborat, sondern auch eine gleichmäßig und viel länger 
anhaltende Gasentwicklung. Außerdem wird jede Trübung des 
Wassers vermieden. 

Herr Nagelschmidt (Berlin) lieber Diathermie und Hocli- 
frequenzströme. 

Redner erklärt die Unterschiede in der Beurteilung des 
Wertes der Methode seitens verschiedener Forscher durch 
Differenzen der Apparatur und Technik. Wie überall in der 
Medizin, ist auch hier die richtige Dosierung und ganz besonders 
die richtige Annlikatlonsweis? maßgebend weil die Ströme eine 
rein lokale Wirkung hallen. Diathermie ist eine Eigenschaft der 
Hochfrequenzströme überhaupt und soielt als solche auch hei 
der Anwendung der d ’ A r s o n v a 1 sehen Apparate ein? Haupt¬ 
rolle. N. hat mit diesem Namen die für Hochfrequenzströme 
charakteristische Durchwärinungsmögjichkeit beliebig dicker 
Gewebsschichten bezeichnet. Klinisch muß man zwei Anwen¬ 
dungsformen unterscheiden, je nachdem man nur geringe Tem- 
peratursteigerungen oder durch Anwendung besonderer Elek¬ 
troden Zerstörung von Gewebe durch Wärmekoagulation er¬ 
zielen will. N. zeigt Pulskurven aus denen die starke blutdruck- 
herabsetzende Wirkung bei Arteriosklerose hervorgeht. ferner 
Kurven die eine deutliche Besserung des hochgradig arhyth- 
mischen Pulses hei schwerer Herzmuskelerkrankune zeigen. 
Man kann auch durch bestimmte Anwendungsweise den Blut¬ 
druck steigern, sowie di? Zirkulation lokal oder allgeniein be¬ 
einflussen. So hat er Fälle von Herzasthma und intermittieren¬ 
dem Hinken z. T. dauernd gebessert. Auch Leber-, Nieren- und 
Pankreaserkrankungen sind dieser Behandlung zugänglich. 
Besonders wichtig isl die schmerzstillende Wirkung, die sich 
bei Migräne, Neuralgie sowie bei Tabes zeigt. Die Krisen, und 
laiicin''T-]]ijen Schmerzen werden meist sofort beseitigt. Auch 
bei Gicht und Gelenkleiden zeigt sich diese Wirkung. Die chi¬ 
rurgischen Zerstörungen von Gewebe gestatten Krebs¬ 
geschwülste, tuberkulöse Wucherungen etc. ohne Eröffnung von 
Blut- und Lymphbahnen zu operieren, so daß eine Verschlep¬ 
pung von Krankheitskeimen während der Operation ausge¬ 
schlossen ist. Er wendet das Verfahren zur Behandlung von 
Lupus jetzt ausschließlich an, da es gestattet, selbst einen aus¬ 
gedehnten Lupus in 1—2 Sitzungen zu heilen. Das Neue des 
Verfahrens der Diathermie liegt darin, daß man imstande ist. 
Wärme in beliebiger Stärke da, wo man es will, in die Tiefe 
des Körpers zu bringen. 

Diskussion: 

Herr Schreiber (Königsberg) bestätigt die günstigen Wir¬ 
kungen der Hochfrequenzströme. 

Herr Rautenberg (Königsberg) berichtet über dauernde 
Herabsetzung des Blutdruckes bis zu 80 mm Hg. Er hat bei 
schwer Herzkranken, die z. T. schon jahrelang trotz Digitalis etc. 
erfolglos in Behandlung waren, Zurückgehen der Wassersucht 
und auffallende Besserung des Allgemeinbefindens gesehen. 

Herr Schnee (Schöneberg): Hochfrequenz mul Thcrmopeii" 
tration im Vierzellenbad. 

Der Vortragende gibt eine üebersicht über die Erzeugung 
und Anwendung der Hochfrequenz und Thermopenetratiou. 
Seine Versuche haben ergeben, daß sich beide Stromarten so¬ 
wohl zui allgemeinen wie iokalen Applikation im Vierzellenbad 
eignen, wobei ihre Wirklingen noch deutlicher und erfolgreicher 
zutage treten. Der Vortragende bittet die Anwesenden, auch 
selbst Versuche in der beschriebenen Art yorzunehmen. 




768 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 61. 


Herr Reiter (Berlin): Ueber ilen gegenwärtigen Stand der 
Vaccinetherapie. 

Ob die Opsonine allein identisch sind mit heilenden Serum¬ 
substanzen, ist sehr unwahrscheinlich. Sie geben aber einen 
guten Maßstab für den Grad der Immunität ab. Reiters 
Vaccine werden in besonderer Berüchsichtigung der B a i 1 - 
scheii Immunisierungsprinzipien angefertigt. Sog. sensibilisierte 
Vaccine sollen unangenehme Nebenwirkungen vermissen lassen. 
Man unterscheidet Eigenvaccine und polyvalente Vaccine; letz¬ 
tere stammen von mehreren Patienten, die an der gleichen 
Krankheit leiden. Die beste Behandlung ist die mit Eigen¬ 
vaccine. Trotzdem sind wir oft auf die Behandlung mit polyva¬ 
lenter Vaccine angewiesen, weil die Herstellung von Eigenvacci¬ 
nen unüberwindlichen Schwierigkeiten begegnet wegen der Un¬ 
möglichkeit der Reinzüchtung. Für die Immunisierung sind In¬ 
jektionen mit mittleren Dosen am rationellsten, denen zunächst 
eine etwa einen Tag dauernde negative Phase dann eine 4 bis 
6 Tage anhaltende nositive Phase folgt. Die Wiederholung der 
Injektion soll nicht während der negativen Phase, sondern 
während oder nach Abklingen der positiven Phase vorgenom¬ 
men werden Als zu behandelnde Krankheiten kommen in 
Betracht; Staphylokokken- und Streptokokkenhifektionen (Acne, 
Furunkulose, Sykosis. Ekzem. Osteomyelitis, Panaritium, 
Erysipel, Puerperalfieber. Sentikämie. Endokarditis, Misch¬ 
infektionen bei tuberkulösen Kavernen), Gonokokkeninfektio¬ 
nen. Infektionen durch Bacterium coli. Pneumokokken den 
Friedländer sehen Bacillus, Micrococcus catarrhalis, tuber¬ 
kulöse Erkrankungen. 

Heri' Walzer (Nauheim): Ueber Tabesbehandlung. 

Der Vortragende spricht über die Erfolge, die er bei Tabes 
mit schwachen, hochgespannten, statischen Strömen erzielt hat. 
Er geht davon aus. daß die Degeneration der Hinterstränge auf 
einer Ernährungsstörung beruht, die durch Wiederherstellung 
der unterbrochenen Nervenbahnen beeinflußt und gehoben 
werden soll. Man darf rveder Wechselstrom noch starken 
Gleichstrom anwenden, weil diese die Nervenfasern schädigen, 
sondern nur ganz schwachen Gleichstrom von % MA.. und 
damit dieser die Widerstände der Haut überwindet und in die 
Tiefe dringt hochgespannten, schwachen Gleichstrom, wie ihn 
eine besonders konstruierte statische Maschine liefert in einer 
Stärke von V-> MA. und einer Spannung von 100—130 000 Volt. 
Die negative Elektrode wird mit dem Körper fest verbunden 
und mit dpin violetten Strahlenbündel der positiven Elektrode 
Rückenmark und Extremitäten bestrahlt. 

Zunächst wird durchweg ein größeres Kraflgefühl bei den 
Kranken hervorgerufen welches das G°hen erleichtert- Die Er¬ 
müdbarkeit nimmt ab. Die Schmerzanfälle lassen an Intensität 
nach; die Intervalle werden größer, bis schließlich die Anfälle 
ganz nusbleiben. Das Gürtelgpfühl verschwindet. Die Sensibili¬ 
tätsstörungen an den Extremitäten gehen zurück. Bei genügend 
langer und intensiver Bestrahlung verschwinden die Geh¬ 
störungen vollständig ohne andere Maßnahmen. Die Dauer der 
Behandlung erstreckt sich über Monate und soll möglichst ohne 
Unterbrechung durchgeführt werden. Die Methode ist un¬ 
schädlich. 

Diskussion: 

Herr Nagelschmidt (Berlin) sieht in den geschilderten Er¬ 
folgen eine willkommene Bestätigung seiner guten Erfahrun¬ 
gen mit Hochfrequenzströmen. 

Herr Ewald (Berlin) warnt vor zu großem Enthusiasmus. 
Manche neue Methode scheint anfangs glänzende Erfolge zu 
zeitigen die sich später als Suggestivwirkung heraussteilen. 

Herr Gordon (Berlin): Ueber das Endotin, die isolierte spe¬ 
zifische Substanz des Alttuberkulins Koch 

Sämtliche Untersuchungen und Ergebnisse der Tuberkulin¬ 
forschung seit 20 Jahren sind mit dem ganzen komplizierten Prä¬ 
parat Tuberkulin gewonnen ohne Rücksicht auf die Wirksamkeit 
seiner Komponenten. Nur so konnte sich das bereits von 
Sahli erfolglos angetastete Dogma von der Indifferenz der im 
Tuberkulin enthaltenen Nebenkörper (Albumosen) sowie die 
Lehre von der ausschlaggebenden Spezifizität der Fieberreaktion 
erhalten. G. hält diese ..Tuberkulinschäden“ für unnötige Ne¬ 
benerscheinungen der im A.-T. enthaltenen Nebenkörper. Durch 
Ausschaltung jener toxischen Albumosen ist es gelungen, die 
spezifisch wirksame Substanz, das Endotin, zu gewinnen. Bei 
seiner Anwendung hat er nicht nur keine toxischen Erschei¬ 
nungen konstatieren können, im Gegenteil berichtet er von der 
anderen Tuberkulinen überlegenen giftfreien Wirksamkeit des 
Endotins. Er hofft, daß die ambulante Tuberkulintherapie, in de r 
er einen der günstigsten Faktoren im Kampfe gegen die Tuber¬ 
kulose sieht, in größerem Maße als bisher zur Durchführung 
gelangen wird. 

Diskussion: 

Herr Sobotta (Göbersdorf): Daß Fieber- und Tuberkulin¬ 
reaktion identifiziert werden, ist doch nicht richtig. Stets finden 
Stichreaktion, Störungen des Allgemeinbefindens etc. dabei ihre 
volle Würdigung. Die ambulante Tuberkulmreaktion ist zu 
verwerfen, da die Kranken, die eine Reaktion bekommen, sich 
nicht schonen könnep. 


Herr Landmann (Darmstadt): Alis einem Albumosen- 
gemisch nach den angegebenen Methoden die Albumosen zu ent¬ 
fernen ist chemisch undenkbar. Es ist überhaupt nicht möglich, 
die Albumosen vom Tuberkulin zu trennen. Das Endotin enthält 
keine Spur Tuberkulin. 

Herr Völcker (Heidelberg): Diagnose erweiterter Nieren¬ 
becken 

Durch Einspritzung einer 5 proz. Kollargollösung ins Nieren¬ 
becken mittels Ureterkatbeters wurden Nierenbecken und 
Ureteren zur röntgenogranhischen Darstellung gebracht. In 
zahlreichen Abbildungen der Röntgenogramme wird zunächst 
gezeigt, daß das Nierenbecken sich normalerweise mit der 
12. Rinne kreuzt. Bei Wandernieren liegt es tiefer; dabei finden 
sieb Abknickungen des Ureters vnu verschiedenen Graden Tn 
anderen Fällen sieht man das Nierenbecken erweitert. Man 
kann Erweiterungen des Nierenbeckens und der Nierenkelche 
voneinander unterscheiden; letztere stellen sich als mehr oder 
weniger große kugelige Erweiterungen dar. aus deren Größe 
man einige Schlüsse auf die ev. vorhandene Schädigung des 
Nierenparenchyms ziehen kann. Die Kelche können auch isoliert 
erweitert sein, wie bei der Pyelitis. Sackförmige Erweiterun¬ 
gen des Nierenbeckens wurden auch durch Einführung eines 
Tj v otevkatli°t=rs der sieb dann in dein Sack aufrollt, zur Dar¬ 
stellung gebracht. Tn 3 Fällen die sämtlich Frauen betrafen, 
und in denen man schon cv=tn«kooi«ch die UretenuünHung er¬ 
weitert fand, konnte durch Füllung der Blase mit Kollargol und 
Pressen, der Patientinnen bei zugehaltener Harnröhrenmün¬ 
dung eine Füllung der erweiterten und geschlängelten Ureteren 
ei-ziplt werden. Als Ursache der Dilatationen des Ureters in 
diesen Fällen vermutet der Vortragende eine im Kindesalter 
überstandene Cystitis und Pyelitis. 

Herr Landmann (Darmstadt); Ueber Authämotherapic bei 
Tuberkulose und Krebs. 

Der Vortragende behandelte ein mit Tuberkelbacillen 
infiziertes Tier in 8 tägigen Intervallen mit Injektionen seines 
eigenen Serums subkutan. Er ging dabei von der Vorstellung 
aus, daß ein Gift im Gefäßsystem kreisen könne, ohne daß es 
immunisatorisch wirkt, Tn der Tat zeigen die Tniektionen außer¬ 
ordentlich günstige Wirkungen. Von. 4 mit schwer virulenten 
Tnberkeibacillenstämmen infizierten Tieren starben 2 an 
Miliartuberkulose, die anderen beiden, die mit ihrem eigenen 
Serum gespritzt worden waren, sind am Leben geblieben. 
L hat dies“ Methode auch bereits bei Phthisikern angewendet. 
allerdings bisher noch nicht mit Erfolg. Auch beim Carcinom 
sollen die Injektionen des eigenen Serums von günstiger Wir¬ 
kung sein. 

Herr Küster (Freiburg): Ueber serologische Differenzierun¬ 
gen von Harneiweiß 

Durch übermäßige Ernährung mit Hühnereiweiß (eine 
Reihe Gesunder nahm täglich eine große Menge Eier, bis zu 
25 täglich zu sich) ist es dem Vortragenden nicht gelungen, die 
Ausscheidung von Hühnereiweiß zu erzwingen. Der Nachweis 
wurde durch die Präzipitinreaktion geführt. Das bei Nephriti- 
kern zur Ausscheidung gelangende Eiweiß ist weder mit dem 
Serumeiweiß noch mit dem Niereneiweiß identisch, sondern 
ein von diesen hinsichtlich seiner Reaktionen verschiedener 
Eiweißkörper. 

Gemeinschaftliche Sitzung der Abteilungen für Pathologie, 
innere Medizin, Kinderheilkunde, Psychintrie, Augenheilkunde. 

Dienstag, den 2 0. September 1910, 3 Uhr nachm. 

Vorsitzender: Herr Marcha.nd (Leipzig). 

Herr Geis (Breslau): Die Beziehungen der Netzhautgefäli- 
erkrankungen bezw. -Blutungen zu den Gehirngefäßen. 

Die Netzhautgefäße als einzig sichtbare Hirngefäße unter¬ 
liegen genau den gleichen Verhältnissen wie die zu Apoplexien 
und Erweichungen besonders disponierten, zu den großen 
Ganglien aufsteigenden Gehirngefäße. Sie sind wie diese in¬ 
folge ihrer spärlichen Verzweigungen als Endarterien aufzu¬ 
fassen und daher dem Blutdruck aus der Karotis und den zu 
Gefäßerkrankungen führenden Noxen in gleichem Maße aus¬ 
gesetzt. Es müssen also Netzhautgefäßerkrankungen und Blutun¬ 
gen — sofern sie nicht durch die besonderen örtlichen Ver¬ 
hältnisse bedingt sind — zweifellos einen Rückschluß auf die 
Hirnarterien gestatten und ihnen eine gewisse prognostische Be¬ 
deutung beizumessen sein. Vortr. konnte gegen 250 derartiger 
Patienten, deren Bulbi zum Teil mikroskopisch untersucht 
waren, bis zum Tode oder länger wie 5 Jahre verfolgen und 
fand auf Grund dieser Beobachtungen im Verein mit den patho¬ 
logisch-mikroskopisch-anatomischen Untersuchungen und Sek¬ 
tionsfällen sowie den klinisch beobachteten Fällen der Literatur 
folgende prognostische Beziehungen der Netzhautgefäßerkran¬ 
kungen und -Blutungen zu den Hirngefäßen: 

Eine Arteriosklerose der Zentral- oder Retinalarterien ist 
die Teilerscheinung einer Sklerose der basalen Hirngefäße. Ein 
ophthalmoskopisch normaler Augenhintergrund gestattet uns 
keinen Rückschluß auf gesunde Hirnarterien, da einerseits die 
sklerotischen Veränderungen der Netzhautarterien so fein sein 
können, daß sie ophthalmoskopisch nicht wahrzunehmen sind, 



THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


I 




andererseits bei schon ausgesprochener Sklerose der Hirn¬ 
arterien die Netzhautarterien noch frei sein können. Geringe 
Schlängelung, geringe Kaliberschwankung und etwas deutlicher 
Gefäßreflex ist kein sicheres Zeichen einer Sklerose der 
Retinalarterien. Ophthalmoskopisch sicher nachweisbare sklero¬ 
tische Retinalarterienveränderungen, Wandverdickungen und 
Verengerung des Lumens bis zur Obliteration, starke Gefä߬ 
einschneidungen, meist doppelseitig und kombiniert mit anderen 
arteriosklerotischen Zeichen, sind Teilerscheinungen einer Ge¬ 
hirngefäßsklerose, die in der Regel cerebrale Erweichungen be¬ 
dingt, so daß ihnen gerade im mittleren Lebensalter eine ernste 
prognostische Bedeutung zuzuschreiben ist. Sämtliche 17 Pa¬ 
tienten, die verfolgt werden konnten, starben spätestens nach 
4 Jahren an Schlaganfall. 

Der plötzliche Verschluß der Zentralarterie oder einer ihrer 
Aeste kommt bei Arteriosklerose und im Alter über 40 Jahren, 
wenn sich auch keine Aetiologie, vor allem kein Vitium nach- 
weisen läßt, in der Regel zustande auf Grund primärer sklero¬ 
tischer Gefäßveränderungen. In diesem Falle ist dann aus dem 
ophthalmoskopischen Bilde die gleiche Prognose zu stellen, wie 
aus den sichtbaren sklerotischen Retinalveränderungen. Von 
.15 Pat. mit Embolie oder Thrombose der Zentralarterie oder 
einer ihrer Aeste erkrankten alle 17 Patienten nach dem 40. Le¬ 
bensjahr, bei denen sich außer einer manchmal überhaupt kaum 
nachweisbaren Allgemeinarteriosklerose keine andere Aetiolo¬ 
gie naohweisen ließ, an Schlaganfall,' zuweilen erst nach 5 bis 
6 Jahren. Die Sklerose der Chorioidealgefäße, die unter ganz 
anderen Verhältnissen stehen, gestattet nie einen Rückschluß 
auf die Hirnarterien. 45 Patienten mit Venenthrombose konnten 
länger wie 5 Jahre beobachtet werden. Dabei ergab sich, daß 
die Venenthrombose nur in 40 bis 50 pCt. als Vorläufer einer 
Hirngefäßsklerose aufzufassen ist, die manchmal sogar erst nach 
mehreren Jahren (12) zu Schlaganfällen führen kann. In den 
übrigen 50 pCt. dagegen ist sie als eine lokal bleibende Gefä߬ 
erkrankung anzusehen. Selbst wenn sonstige allgemeine arterio¬ 
sklerotische Erscheinungen nachzuweisen sind, kann daraus 
■ keine sichere Prognose gestellt werden, da nur in 80 pCt. (zu¬ 
weilen erst nach vielen Jahren) Schlaganfälle auftraten, 20 pCt. 
dagegen gesund blieben. Nur wenn sich sonstige sichere Zeichen 
von Sklerose der Retinalarterien nachweisen lassen, war sie ein 
Zeichen vorhandener oder bald eintretender Sklerose der Hirn¬ 
gefäße, die zu Schlaganfällen führte. Von prognostischer Be¬ 
deutung war die mikroskopische Untersuchung der wegen Glau¬ 
kom enukleierten Augen, wenn sich primäre sklerotische Ver¬ 
änderungen der Arterien ergaben, Netzhautblutungen, die außer 
den Gefäßveränderungen auf erhöhten Blutdruck zurückzu¬ 
führen sind, sind stets Zeichen, daß der Blutdruck in den Ge¬ 
hirngefäßen ein außerordentlich hoher sein muß und nur infolge 
besonderer Verhältnisse noch nicht zur Apoplexie geführt hat. 
Von 68 Fällen mit Netzhautblutungen war bei allen 50 Patienten 
mit Arteriosklerose, Diabetes, chronischer Nephritis und unbe- 
4£äUhter Aetiologie die Netzhautblutung stets der Vorläufer einer 
Gehirnblutung, die meist innerhalb 1—2 Jahren, einigemale 
aber auch nach 5 und 6 Jahren auftrat. Es war dies in allen 
den Fällen, bei denen der Blutdruck erhöht ist. Gesund ge¬ 
blieben waren nur Patienten mit präretinalen Blutungen, die ja 
auch aus den Venen stammen können, wie Patienten mit iso¬ 
lierten Makulablutungen, die in ca. 50 pCt. im mittleren wie 
höchsten Lebensalter als lokale Erkrankung aufgefaßt werden 
mußte, sowie Patienten mit Netzhautblutungen auf Grund von 
Lues, bei denen der Blutdruck in der Regel nicht erhöht ist und 
lediglich die Gefäßveränderungen die Ursache der Blutun¬ 
gen kind. 

Die ungünstigste Prognose quoad vitam weist die Retinitis 
albuminurica auf, die ein Zeichen des baldigen Todes ist (mit 
Ausnahme der Ret. alb. gravid.). Entsprechend den- in der 
Mehrzahl der Fälle gefundenen normalen Blutdruckverhält¬ 
nissen traten nur in einem Drittel bis ein Viertel von 38 Fällen 
Blutergüsse ins Gehirn auf. Von ihr müssen unterschieden 
werden die isolierten Netzhautblutungen bei chronischer 
Nephritis, die hi der Regel Vorläufer von Schlaganfällen sind, 
bei denen aber die Prognose quoad vitam nicht so schlecht ist. 
Nicht ungünstig zu beurteilen ist der Nachweis von Eiweiß im 
Urin bei einer Venenthrombose, die ja schon durch die gering¬ 
fügigsten pathologischen Veränderungen bedingt sein kann. 

Eine andere prognostische Bedeutung wie den isolierten 
Netzhautblutungen bei Diabetes, die in der Regel Vorläufer von 
Gehirnapoplexien sind, besitzt die Ret. diab., bei der nur wie 
bei der Ret. alb. in einem Drittel bis einem Viertel der Fälle 
Gehirnblutungen auftreten. Ihre Prognose quoad vitam ist etwas 
günstiger als die der Ret. alb., insofern als ungefähr die Hälfte 
aller Pat. innerhalb 2—3 Jahren zum Exitus gelangen. 

Glaskörperblutungen besitzen nicht die prognostische Be¬ 
deutung wie die Blutungen aus den Netzhautarterien, denn sie 
können auch aus den Venen, aus der Chorioidea und aus dem 
Ciliarkörper stammen. Unter 10 Patienten mit Glaskörper¬ 
blutungen imbekannter Aetiologie erlitt nur einer einen Schlag¬ 
anfall. Bei Arteriosklerose, Diabetes und chronischer Nephritis 
gehen sie zwar oft Gehirnblutungen voraus, aber mit absoluter 


769 

Sicherheit kann aus ihnen nicht ein Rückschluß auf die Netzhaut- 
uiid Gehirnarterien gezogen werden. 

Bindehäutblutungen stammen meist aus ganz gesunden Ge¬ 
fäßen und brauchen selbst im höchsten Lebensalter kein Zeichen 
von Gefäßdegeneration zu sein. Von 20 Patienten erlitt nur 
einer (5 pCt.) später einen Schlaganfall. 

Diskussion: 

Herr Marchand (Leipzig) fragt, weshalb die Augenhinter¬ 
grundblutungen bei Blutkrankheiten nicht Berücksichtigung 
fanden. 

Herr Geis begründet das damit, daß Netzhautblutungen bei 
Blutkrankheiten relativ selten seien. 

Herr Marchand kann das nicht zugeben. 

Herr Ewald (Berlin): Bei der kryptogenetischen (perniciö- 
sen) Anämie kommen Augenhintergrundsblutungen in 80 bis 
90 pCt. der Fälle vor und bilden ein wesentliches Moment für 
die Diagnose. Aehnlich steht es wohl auch bei der Leukämie. 
Er fragt, ob zeitliche Beziehungen zwischen urämischem Anfall 
und Retinitis albuminurica bestehen. 

Herr Marchand: Die Netzhautblutungen sind durch Throm¬ 
ben m den Gefäßen bedingt; ähnliches findet sich auch im 
Großhirn. (Fortsetzung folgt.) 


HL Therapeutische Notizen. 

In bezug auf die Behandlung des Heufiebers führt Prof 
Ebstein [GöttingenJ (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, 
No. 43) aus, daß ein sicher, d. h. in allen Fällen wirkendes 
Mittel bisher nicht existiert. Auch die „spezifische“ Therapie 
(Pollantm) versagt nicht selten. Daher ist nach Ebstein vor 
allem darnach zu streben, den Ausbruch des Heufiebers durch 
geeignete prophylaktische Maßnahmen zu verhüten 
Dies geschieht dadurch, daß man die Nasenschleimhaut vor 
der Berührung mit Blütenstaub usw. schützt. Zu diesem Zweck 
empfiehlt Ebstein, die Nasenschleimhaut mit Bormelin 
(B orrn ent hol-V aselin) zu. bestreichen, möglichst zu ver- 
teilen und außerdem noch möglichst lose Wattetampons in den 
Naseneingang einzuführen. Auf diese Weise gelingt es in der 
Tat, das Heufieber zu verhüten, wie der Selbstbericht von Prof. 
Verworn, der seit Jahren an Heufieber leidet und seit eini¬ 
gen Jahren diese Prophylaxe anwendet, ergibt. R. L. 


IV. Mcherschau. 

\ orlesungen über Harnkrankheiten für Aerzte und Studierende. 
Von Prof. Dr. C. Posner. Berlin 1911, Verlag von 
A. Hirschwald. 

Ein gutes und praktisches Buch, nicht für den Spezialisten 
geschrieben, dem ja Lehrbücher zur Verfügung stehen, sondern 
für den pralltischen Arzt. Dieser aber bedarf einer Anleitung 
zur Diagnostik und Therapeutik der Harnkrankheiten, denn 
einmal ist die Ausbildung, die unsere Studenten in diesem Fach 
erhalten, infolge des Mangels einer urologischen Klinik lücken¬ 
haft und andererseits hängt gar so viel davon ab, daß der Prak¬ 
tiker, der die große Mehrzahl der urologischen Fälle zuerst 
sieht, richtig diagnostiziert und weiß, welche Hilfsmittel uns 
die urologische Wissenschaft zu Gebote stellt. 

Das kann er aus dem Posner sehen Buch lernen, 
das die Vorzüge enthält, die dem Verfasser eigen sind: 
hielsende, anregende Diktion, vollkommene Klarheit und eine 
aus dem Vollen schöpfende, allgemeine medizinische Kennt¬ 
nisse verratende Darstellung. Dabei ist das Buch kurz gehalten, 
was der Leser dem Autor danken wird; es fehlen überflüssige 
Floskeln. Der Arzt kann wirklich das erreichen, was dem 
Autor als Wunsch vorgeschwebt hat, er kann einen Ueberblick 
gewinnen über die wissenschaftlichen Grundlagen sowie über 
die hauptsächlichsten diagnostischen und therapeutischen 
Methoden der Urologie. Er vermag damit eine Richtschnur zu 
gewinnen für sein eigenes Handeln. 

Ueber Einzelheiten, worin ich sachlich zuzustimmen, worin 
zu widersprechen hätte, will ich nicht sprechen. Ich will lobend 
hervorheben, daß P. sich vorsichtig über die Bedeutung der 
Urethroskopie ausspricht; ich schätze ihren Wert, die Gold¬ 
schmidt sehe Urethroskopie eingerechnet, noch geringer ein 
als er; für den Praktiker können die engen Grenzen, die sie 
hat, noch schärfer und bestimmter hervorgehoben werden, 
damit dieser sich nicht Vorstellungen über den Nutzen der 
Urethroskopie macht, die nicht erfüllt werden können. 

ln einem historisch wichtigen Punkte irrt sich P. Er sagt 
richtig, daß erst das Prinzip der veränderlichen Krümmung 
des Ureter-Katheters den Ureteren-Katheterismus ermöglichte, 
meint aber, daß meine Vorrichtung dazu von Rehfisch er¬ 
dacht sei. Das ist ein Irrtum. Diese Vorrichtung (die Deckel¬ 
verschiebung) habe i c h erdacht, R e h f i s c h half nur, den 
verschiebbaren Sonderkanal in eine Rinne verwandeln zu 
können, wodurch erreicht wurde, daß man den Uretherkatheter 
leichter im Ureter liegen lassen kann, während man das 




770 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. Gl 


Cystoskop entfernt. Das Wesen des ermöglichten Ureter- 
katheterismus besteht in der Variabilität der Krümmung des 
Ureterkatheters. Und das ist meine Erfindung. 

Doch dies nur nebenbei. Das P.sche Buch ist eine Quelle, 
aus der die Leser Anregung und Belehrung schöpfen können. 

Casper. 

Der elektrochemische Betrieb der Organismen und die Salz 
lösung . als Elektrolyt. Eine Programmschrift für Natur¬ 
forscher und Aerzte. Von Georg Hirth. München 1910, 
G. Hirths Verlag, G. m. b. H. 83 S. 

Das im lebenden Organismus mit den Lebensprozessen 
elektrische Vorgänge mannigfachster Art einhergehen, ist 
jedem, welcher die moderne Entwicklung der Biologie verfolgt 
bat, geläufig. Wir brauchen nur an die von dem arbeitenden 
Herzen abgeleiteten elektrischen Ströme und ihre praktische 
Verwertung durch die innere Klinik (Elektrokardiogramm) zu 
erinnern. Darf man aber soweit gehen wie hier der phantasie- 
voile Verfasser und das ganze Leben nur als einen elektro¬ 
chemischen Betrieb ansehen? Wer aul dem Standpunkt der 
modernen theoretischen Physik steht, welche die ganze Mecha¬ 
nik elektrodynamisch zu begründen sucht, wird in konsequenter 
Weise die chemische Statik und Dynamik, also auch die Bio¬ 
chemie, die Lebensvorgänge sich als eine Wechselwirkung der 
Elektronen und der von ihnen ausgehenden elektrischen Kräfte 
verstellen; für den bedarf es aber überhaupt keiner Sonderung 
der einzelnen Gebiete physikalischen, chemischen, organischen, 
psychischen Geschehens; es ist eben alles durch elektrische 
Kräfte bedingt. Wer aber noch nicht ein so radikaler Neuerer 
ist, wer noch an der Trennung von chemischen, elektrischen, 
biochemischen, psychischen Vorgängen festhält, der wird durch 
die von Verf. als „Beweise“ für seine Theorie angeführten Tat¬ 
sachen kaum überzeugt werden. Die wichtige Rolle der Mineral¬ 
salze im Organismus wird von niemandem bestritten werden; 
aber ihre Bedeutung für den lebenden Organismus beruht 
doch noch auf anderen Eigenschaften als darauf, daß sie 
Elektrolyte sind. Wir weisen nur darauf hin, daß die einzelnen 
tonen vielfach spezifische Wirkungen entfalten, daß sie 
an dem Aufbau der Gewebe und Organe sich in verschiedener 
Weise beteiligen usw. Für die Vorgänge der Diffusion und 
Osmose im Organismus, die an sich nicht elektrochemischer 
Natur sind, da sie in nichtelektrolytischen löslichen Stoffen in 
gleicher Weise vor sich gehen, spielen die Salzlösungen eben¬ 
falls eine wichtige Rolle. Den stärksten Beweis für seine 
elektrochemische Lebenstheorie sieht Verf. in der lähmenden 
Wirkung des Alkohols. Die toxische Wirkung des Alkohols 
erklärt Steh ihm einfach aus der Tatsache, daß der Alkohol als 
Nichtleiter der Elektrizität Salzlösungen zugesetzt deren elek¬ 
trische Leitfähigkeit erheblich vermindert. Aber selbst wenn 
diese Erklärung der Giftwirkung des Alkohols richtig wäre, was 
wir mit einigen Fragezeichen versehen möchten, so kann doch 
diese eine Tatsache nicht als genügender Beweis für die so 
weitreichende Hypothese des Verf. betrachtet werden. Alles in 
allem regt die Monographie des Verf. zwar zum Nachdenken an, 
fordert aber stark zum Widerspruch heraus. R. L. 


V. TagesgescMcüte. 

Slandesangelegenheiten, Medizinal-Gesetzgebung, sozial« 
Medizin etc. 

Berlin. Entscheidungen des preußischen ärztlichen 
Ehrengerichtshofs (Ministerialbl. f. Medizinal- und medizinische 
Unterrichtsangelegenheiten, 1910, NNo. 19 und 20.) (Fort¬ 
setzung.) 

8. Urteil vom 21. Juni 1909. 

Abfällige Kritik der Entscheidungen des 
ärztlichen Ehrengerichtshofs. 

Gegen das erstinstanzliche Urteil, durch welches der Aii- 
geschuldigte wegen Verletzung der Standesehre mit einer Geld¬ 
strafe von 300 Mk. bestraft worden war, hatten der Verurteilte 
und der Beauftragte des Oherpräsidenten Berufung eingelegt 
und begründet. 

' Die ehrengerichtliche Verurteilung war erfolgt, weil der 
betr. Arzt in einer Broschüre „Das ärztliche Ehrengericht. Ein 
Bild seiner Unzulässigkeit“ zwei gegen ihn vorher ergangene 
Urteile des ärztlichen Ehrengericnts einer nach Ansicht des 
Ehrengerichts beleidigenden Kritik unterzogen hatte. —. Die 
Berufung des Beauftragten des Oberpräsiaenten wurde vom 
Ehrengericht nicht berücksichtigt, weil jener entgegen dem 
§ 11 des Ehrengerichtsgesetzes dem Angeschuldigten die Be¬ 
rufungsschrift nicht zugestellt hatte. Letzterer seinerseits 
machte in seiner Berufungsschrift u. a. geltend, daß er mit 
seiner Broschüre lediglich eine' sachliche Kritik des Ehren¬ 
gerichts beabsichtigt und auch sein vor der Publikation konsul¬ 
tierter juristischer Beirat in der Broschüre nichts-Beleidigendes 
gefunden habe. 


Das Ehrengericht glaubte dem Verurteilten, daß er das 
Ehrengericht nicht habe beleidigen .wollen und war auch der 
Ansicht, daß die von der ersten Instanz beanstandeten Stellen 
der Broschüre nicht notwendig als Beleidigung aufgefaßt 
werden müßten; andererseits aber fand es, daß der Angeschul¬ 
digte mit der Ehre der Ehrenrichter Im früheren Prozesse leicht¬ 
fertig umgegangen, in der Wahl seiner Worte nicht vorsichtig 
genug gewesen ist und auch über das Verfahren der ehren¬ 
gerichtlichen Instanzen im Vorprozesse objektiv unrichtige An¬ 
gaben gemacht hat. Deshalb wurde der Angeschuldigte vom 
Ehrengerichtshof zwar verurteilt, aber als Strafe nur ein Ver¬ 
weis festgesetzt. 

9. Beschluß vom 4. April 1910. 

Gutachtliche Aeußerung über den Geistes- 
J zustand einer Person ohne vorauf gegangene 
persönliche Untersuchung. 

Der vom Ehrengericht Verurteilte sollte sich dadurch einer 
| Verfehlung schuldig gemacht haben, daß er einer Privatperson, 
f dem Rechtsanwalt v. H., früheren Ehemann der Frau v. A., 
ein Gutachten zwecks Verwendung in einem schwebenden 
Strafverfahren gab und dadurch dem Gericht, das sein Gut¬ 
achten nicht verlangt hatte, seine Wissenschaft aufdrängte, 
ferner dadurch, daß er die gutachtliche Aeußerung über den 
Geisteszustand der Frau v. A. abgegeben habe, ohne diese per¬ 
sönlich untersucht zu haben. 

Der Verurteilte wurde vom Ehrengerichtshof kostenlos 
freigesprochen: 1. weil er nachzüweisen vermochte, daß er sein 
Gutachten nicht dem Gericht aufgedrängt habe, sondern es 
lediglich auf persönlichen Wunsch des Rechtsanwalts v. H. 
(der vom Ehrengericht trotz Benennung durch den Angeschul¬ 
digten nicht gehört worden war) für diesen auf Grund des ihm 
vorgelegten Aktenmaterials ausgearbeitet habe, ln der Aus¬ 
führung eines solchen Auftrages liegt aber nichts für einen Arzt 
Unerlaubtes; 2. weil er in seinem Gutachten wiederholt aus¬ 
drücklich betont hatte, daß er das Gutachten ohne persönliche 
Untersuchung der Frau v. Ä. oder Bekanntschaft mit ihr ledig¬ 
lich auf Grund des ihm zur Verfügung gestellten schriftlichen 
Materials ausgearbeitet habe. (Schluß folgt.) 

— Nach der „Rhein. Aerztekorr.“ haben zwischen dem 
Reichamt des Innern und Vertretern der Aerztesc.haft Verhand¬ 
lungen über die Regelung der Arztfrage in der Reichsversiche¬ 
rungsordnung stattgefunden. In der Sitzung des Geschäfts- 
ausschussesdesDeutschenAerztevereinsbun- 
d e s vom 20. Nov. wurde ferner mitgeteilt, daß ein neuer Ent¬ 
wurf zur Regelung der Arztfrage im Reichsamt des Innern ausge¬ 
arbeitet worden sei, der jedoch nicht als genügend 
erachtet werde. Es wurde ein Gegenentwurf aufgestellt, 
der bereits die Zustimmung der Krankenkassenkommission des 
Aerztevereinsbundes gefunden hat. Ueber die Abhaltung des 
nächsten Aerztetags wurden in derselben Sitzung Be¬ 
schlüsse noch nicht gefaßt. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die 
Ereignisse wieder; die Einberufung eines außerordentlich*;! 
Aerztetages nötig machen. — Für den nächsten ordentlichen 
Aerztetag liegt bisher nur der bekannte Antrag des ärztlichen 
Bezirksvereins Leipzig-Land betr. Honorierung der 
Tätigkeit von Aerzten ibei sogen, gemein¬ 
nützigen Unternehmungen vor. Gegen diesen Antrag 
ist am ]9. April d. J. ein von Prof. Borchard (Posen) und 
46 Genossen Unterzeichneter Protest eingelaufen, in dem die 
Absetzung des Antrages von der Tagesordnung verlangt wird. 
Es mußte den Antragstellern jedoch mitgeteilt werden, daß der 
Geschäftsausschuß aazu nicht ohne weiteres in der Lage ist, da 
er nach seiner Satzung verpflichtet ist, einen ordnungsgemäß 
gestellten und unterstützten Antrag auf die Tagesordnung zu 
setzen. 

Halle a. S. Der Magistrat als Aufsichtsbe¬ 
hörde hat mit der hiesigen Aerzteschaft namens der mit 
dieser im Streit befindlichen Krankenkassen auf Grundlage der 
freien Arztwahl einen V ertrag auf zehii Jahre abge¬ 
schlossen (vergl. No. 50, S. 702). 


Universitätswesen, Personalnachricliten. 

Berlin. Der Privaldozent der Augenheilkunde an der 
Universität Greifswald Dr. R. Halben hat seinen bereits 
seit Ostern laufenden Urlaub verlängern lassen und sich hier 
als Augenarzt niedergelassen. 

— Die medizinische Fakultät der deutschen Universität in 
Prag hat Kaiser Wilhelm im Hinblick auf die von ihm ange¬ 
regte Gründung einer Gesellschaft zur Errichtung 
von Forschungsinsituten zum Ehrendoktor ernannt. 

— Am 11. Dezember, mittags 12 Uhr, versammelte sich 
eine stattliche Gemeinde m der neuen Aula der Universität 
(an der Stätte der früheren königlichen Bibliothek), um durch 
T'eilnahme an einer ernsten Gedächtnisfeier die Manen Robert 
Kochs zu ehren. Der Verstorbene hätte an diesem Tage sein 
67. Lebensjahr vollendet. Musik eröffnete und schloß die stim¬ 
mungsvolle Feier. Dazwischen entwarf in seiner etwa 50 Minu¬ 
ten dauernden Denkrede Kochs Nachfolger in der Leitung des 
Instituts für Injektionskrankheiten, Geh. Ober-Med.-Rat Prof. Dr. 



tfo. 51. 


Therapeutische Rundschau 1910. 


G a f f k y , einer seiner ältesten Schüler, in markigen Zügen ein 
mit großer Liebe gezeichnetes Bild, vom Leben lind Wirken 
seines verewigten Meisters. — Eine ähnliche Feier, bei der ein 
anderer Schüler K o c h s , der Direktor des Hygienischen In¬ 
stituts in Posen, Prof Wernicke, die Festrede hielt, hatte 
kurz vorher die Deutsche Gesellschaft für Kunst 
und Wissenschaft in Posen veranstaltet. — Noch eine 
weitere Ehrung hatte der engere Schülerkreis Kochs in aller 
Stille dem Andenken des großen Forschers dargebracht. Mit 
Genehmigung der Vorgesetzten Behörde ist im Institut fü r 
Infektionskrankheiten ein Raum eingerichtet worden, 
in dem wichtige von der Berufsarbeit des Verstorbenen zeu¬ 
gende Reliquien, z. B. das bei seinen ersten bakteriologischen 
Arbeiten benutzte Mikroskop, dauernd aufbewahrt werden 
sollen. Mit einer schlichten Feier im kleinen Kreise wurde an 
dieser Denkstätte am Mittag des 10. Dezember Robert 
K ochs Asche hinter einer mit seinem Marmorrelief versehe¬ 
nen Marmortafel beigesetzt. Gleichzeitig wurde das Gol¬ 
dene B u c h d e r Robert Koch-Stiftung niedergelegt, 
ein kunstvoll ausgestatteter Band mit eigenhändiger Einzeich¬ 
nung der Stifter, an erster Stelle des Kaisers. 

Greifswald. Der Landbauinspektor E. Lucht, unter 
dessen Leitung mehrere Universitätskliniken neu gebaut wur¬ 
den, ist von der hiesigen medizinischen Fakultät zum Ehren¬ 
doktor ernannt worden. 

Danzig. Im Alter von 67 Jahren starb hierselbst Geh. 
Sanitätsrat Dr. Ludwig Tornwaldt, der sich als 
Laryngologe und Rhinologe weit über die Grenzen seines enge¬ 
ren Wirkungskreises hinaus einen wohlbegründeten Ruf er¬ 
worben hat. Wissenschaftlich hat er sich besonders durch seine 
Monographie über die Bursa pharyngea (Wiesbaden 1885) ver¬ 
dient gemacht. 

Breslau. Die Studierenden der Zahnheil¬ 
kunde beschlossen, den Besuch des hiesigen zahnärzt¬ 
lichen Universitätsinstituts wegen unzulänglicher Räume 
und des mangelhaften Instrumentariums einzustellen und 
beim Medizinalminister baldigste Nachhilfe nachzusuchen. 
Rund 100 Studierende sind an dieser für Deutschland neuen 
Arbeitseinstellung beteiligt. 

j G ö 11 i n g e n. Privatdozent Dr. A. Port ist zum Oberarzt 
der medizinischen Universitätsklinik ernannt worden. 
i C ö 1 n. Am 7. Dezember d. J., dem hundertsten Geburts¬ 
lage des Physiologen Prof. Schwann, wurde seitens der 
fcölner Akademie für praktische Medizin eine Gedächt- 
|nisfeier veranstaltet. Der Vorsitzende teilte bei dieser Gelegen¬ 
heit mit, daß die Akademie sich mit der Absicht trage, ihre 
Lehrtätigkeit .zu erweitern. Im nächsten Jahre soll ein Kursus 
für B.a Krfä r z t e abgehalten werden und sollen die Kurse für 
Missionäre und Missionär innen weiter ausgebaut 
■werden. Am Grabe Schwanns wurde ein Kranz nieder- 
'~Jegt und nachmittags am Sterbehause eine Gedenktafel 
. tA'bracht. 

Dresden. Der Frauenarzt Dr. Albert ist zum Ober¬ 
arzt der gynäkologischen Abteilung des Krankenhauses Frie¬ 
drichstadt als Nachfolger des Geheimrats Dr. Osterloh ge¬ 
wählt worden. 

Leipzig. Dr. Hans Vorn er hat sich für Dermatologie 
habilitiert. 

Darm Stadt. Geh. Medizinalrat Dr. Wilhelm Jae- 
g e r , der von 187:1 bis 1900 das hiesige städtische Krankenhaus 
leitete, ist im 72. Lebensjahre gestorben. Er war ein Schüler 
und während mehrerer Jahre Assistent des berühmten Heidel¬ 
berger Chirurgen Gustav Sim on. 

München. Die Universitätspoliklinik, die sich bisher in 
den Räumen des Reisingerianum an der Sonnenstraße 
befand, ist ist in einen den gesteigerten Ansprüchen der Gegen¬ 
wart entsprechenden großartigen Neubau in der Pettenkofer- 
straße verlegt worden. Am 3. d. M. ist der Uebersiedelungsakt 
durch eine Feierlichkeit vollzogen worden. — Ferner ist vor 
kurzem das unter Leitung von Hofrat Dr. B r u n n e r stehende 
neue Schwabinger Krankenhaus der Benutzung 
übergeben worden. 

— Der Privatdozent der Chirurgie Dr. Passet hat auf die 
Venia legendi verzichtet. 


Kongreß- und Vereinsnaclirichten. 

Berlin. Im großen Sitzungssaale des Kultusministeriums 
wurde unter dem Vorsitz des Geh. Obermedizinalrats Prof. Dr. 
Dietrich eine Mitgliederversammlung des „Deutschen Zen¬ 
tralkomitees für ärztliche Studienreisen“ abgehalten, die ge¬ 
wissermaßen die Einleitung zum zehnjährigen Stif¬ 
tungsfest darstellte. Geh. Rat Prof. Dr. His leitete die 
Sitzung mit einer Gedenkrede auf den Mitbegründer des Zentral¬ 
komitees, Prof. v. Leyden, ein und gab im Anschluß daran 
einen Ueberblick über die wissenschaftliche Bedeutung der Stu¬ 
dienreisen und ihren Wert für die Fortbildung der Aerzte. Im 
Sommer 1911 sollen, wie der Generalsekretär Dr. Oliven 
dann mitteilte, die Ta unusbäder besucht werden, von da 
geht die Reise den Rhein hinab, daun nach Hamburg, von wo 

UNiVERSITY OF MICHIGAN 


771 

man, voraussichtlich auf dem „Meteor“, Norwegen besuchen 
wird. Im Herbst 1912 wird man auf einem eigens gemieteten 
Schiffe nach Amerika fahren, um eine Woche dem Hygiene¬ 
kongreß in Washington zu widmen und von da aus weitere 
Ausflüge zu unternehmen. Die ganze Reise wird etwa 6 Wochen 
in Anspruch nehmen, und je nach der Schiffskabine für Fahrt, 
Aufenthalt in Amerika und Verpflegung von 1650 M. an kosten. 
Demnächst sollen auch im Winter Studienreisen nach den 
Winterkur- und Sportplätzen unternommen werden. Ferner ist, 
wie Dr. Kamine r noch mitteilte, zu Pfingsten 1911 eine kurze 
Reise nach den Ostseebädern und zum Kongreß für 
Thalassotherapie in Kolberg geplant. Auch wird ein 
gemeinsamer Besuch der Hygieneausstellung in 
Dresden stattfinden. Die Versammlung war sehr zahl¬ 
reich besucht, viele hervorragende Aerzte und Professoren aus 
Deutschland waren eigens nach Berlin gekommen. Ihnen wurde 
im Anschluß au die Sitzung neue Gelegenheit zum Studium ge¬ 
boten. Zunächst fuhr man nach dem Mühlendamm, wo unter 
Füh rung von Geh. Rat Proskaue r das städtische 
Untersuchuugsa m t besichtigt wurde. Dann ging es zum 
Polizeipräsidium, wo Kriminalinspektor Klatt den 
Erkennungsdienst vorführte. Daran schloß sich eine 
Besichtigung des Kriminalmuseums, Am Nachmittag vereinigte 
man sich noch zum Besuch des Cecil i enhauses in Char¬ 
lottenburg. Das eigentliche Fest fand am Abend im „Rhein¬ 
gold“ statt. Etwa 200 Herren und Damen hatten sich dazu zu- 
sammengefunden. Prof. Glax (Abbazia), Dr. Paul Meiss- 
n e r (Berlin) und Dr. Strokorb (Friedrichsbrunn i. H.) er¬ 
freuten durch Ansprachen, während eine Reihe von Künstlern, 
Künstlerinnen und kunstbegabten Kollegen es mit großem Erfolg 
unternahmen, das Fest durch musikalische Darbietungen zu 
verschönen. 

— Geh. Rat Prof. Dr. K i r c h n e r ist an Stelle von 
Robert Koch zum Vorstandsmitglied der Robert Koch- 
Stiftung gewählt worden. Frau Dr. Lydia Rabinowitsch 
wurden aus den Mitteln der Stiftung 1000 Mk. zu Tuberkulose- 
forschüngen bewilligt. 

— Der Verband Deutscher Ostseebäder hielt am 5. und 
6. d. M. seine 11. Generalversammlung ab, an der als Vertreter 
des preußischen Kultusministeriums Geh. Ober-Medizinalrat 
Prof. Dr. Dietrich teilnahm. Außerdem waren 68 Vertreter 
von 35 Ostseebäderverwaltungen und 25 persönliche Mitglieder 
erschienen. Von der reichhaltigen Tagesordnung sind besonders 
hervorzuhsben: die Verhandlungen über die Gründungder 
baineologischen Zentralstelle, der Meinungsaus¬ 
tausch über die einheitliche Gestaltung der Kurtaxord- 
n u n g, der Schutz vor Ansteckung durch Keuch¬ 
husten. Zu letzterem Zweck hat der Minister den langjähri¬ 
gen Wünschen des Ostseebäderverbandes stattgegeben und ver¬ 
fügt, da ja eine Aenderung des Reichsgesetzes für die Be¬ 
kämpfung übertragbarer Krankheiten in absehbarer Zeit nicht 
möglich ist, daß jeder Badeort, der Wert darauf legt, für sich 
oder in Gemeinschaft mit benachbarten Badeorten bei auftreten¬ 
der Keuchhustengefahr die Gestattung der Anzeigepflicht bei 
der Regierung (im Bedarfsfall telegraphisch) beantragen kann. 
Dem den größten Teil der Verhandlungen ausfüllenden Mei¬ 
nungsaustausch über Betriebs-, Verwaltungs- und innere An¬ 
gelegenheiten des Verbandes folgte eine kurze Sitzung des 
Vereins der Badeärzte an der Ostsee unter dem 
Vorsitz von Geheimrat Dr. Röchling (Misdroy) und eine 
Sitzung des Organisationsausschusses für den 
5. Intern. Kongreß für Thalassotherapie in 
Kolberg 1911 unter dem Vorsitz des Geh. Ober-Me.dizinalrals 
Prof. Dr. Dietrich, 

Breslau. Hier ist eine Psychiatrisch-neurologische Ge¬ 
sellschaft gegründet worden. 

Hamb u r g. Prof. Dr. K ü m mell ist zum Ehrenmitglied 
der Societä italiana d; Urologia und der Urologischen Gesell¬ 
schaft in St. Petersburg ernamit worden. 

F r e i b u r g i. B. Hier hat sich die bisherige medizinische 
Abteilung der Naturforschenden Gesellschaft unter Vorsitz der 
Professoren de 1 a Camp, K i 11 i a n und Schridde als 
Freiburger Medizinische Gesellschaft selbständig gemacht. 

Gerichtliches. 

Heilbronn. Vor dem hiesigen Schöffengericht wurde 
kürzlich die Beleidigungsklage eines Apothekers gegen einen 
Arzt verhandelt. Der Arzt sollte den Apotheker dadurch belei¬ 
digt haben, daß er in einem Brief eine Arzneiahgabe desselben 
mit dem Ausdruck „vollendeter Schwindel“ belegte; anderer¬ 
seits hatte aber auch der Arzt gegen den Apotneker Wider¬ 
klage erhoben, weil letzterer in zwei Briefen die Ausdrücke 
„Scliikanen“ und „ganz gewöhnliche Verleumdung“ in Be¬ 
ziehung auf ihn gebraucht hatte. Den Anlaß zu diesen Be¬ 
leidigungen bildete die Anfertigung einiger homöopathi¬ 
scher Arzneien, die angeblich in der Apotheke nicht korrekt 
ausgeführt sein sollten. Die Verhandlung endete mit Ver¬ 
urteilung des Arztes zu 40 M. und des Apothekers zu 25 M. Geld¬ 
strafe wegen Beleidigung. (Pharm. Ztg.) 




772 


THERAPEUTISCHE 

Verschiedenes. 

Berlin. Der geschäftsführende Ausschuß 
der Volkheilstättenvereine vom Roten Kren/ hat an den Magi¬ 
strat und die Stadtverordneten der Stadt Berlin eine 
Denkschrift gerichtet, welche die Unterbringung von Kin¬ 
dern in den Kinderheilstätten vom Roten Kreuz zu Hohen- 
■lychen betrifft. Es wird darin auf die im Interesse der Volks¬ 
gesundheit zu bedauernde Tatsache aufmerksam gemacht, daß 
die IJeberweisung von kranken Kindern an die genannte 
Kinderheilstätte seitens der städtischen Armendirektion im 
laufenden Jahre im Vergleich zu den Vorjahren wesentlich ein¬ 
geschränkt wäre und daß seit Anfang Juli d. J. die Anträge auf 
Kurverlängerung von der Armendirektion „wegen Erschöpfung 
der zur Verfügung stehenden Mittel“ fast sämtlich abgelehnt 
worden sind, und im Anschluß daran der Wunsch ausge¬ 
sprochen, daß sowohl zur Vermeidung wirtschaftlicher Schwie¬ 
rigkeiten für die Heilstätten als auch im Interesse der Berliner 
Bevölkerung die Heilstätten seitens der Stadtverwaltung in 
Zukunft wieder in dem früheren Umfange für bedürftige Ber¬ 
liner Kinder in Anspruch genommen werden mögen. 

Schöneberg. Der hiesige Magistrat wird am 1. April 
1911 au Stelle der jetzt nebenamtlich beschäftigten sieben Schul¬ 
ärzte zwei Schulärzte im Hauptamt mit einem Gehalt von 
6000 M. zunächst auf 6 Jahre anstellen. Zwecks Herstellung 
einer organischen Verbindung der Maßnahmen auf dem Gebiete 
der Kommunalmedizin sollen die Schulärzte zugleich als Assi¬ 
stenten der Fürsorgestellen (Tuberkulose- und Säug¬ 
lingsfürsorge) tätig sein. 

Höchst a. M. Hier ist eine Schul-Zahnklinik ins Leben 
gerufen worden, die von einer städtischen Zahnärztin ge¬ 
leitet wird. 

Iserlohn. Hier ist eine Fiirsorgcstelle fiir Lungen¬ 
kranke errichtet worden. 

Mannheim. Der hiesige Ortsgesundheitsrat 
hat vor zwei neueren Geheimmitteln, T ä t o v i n und N ä v o 1, 
folgende öffentliche Warnung erlassen: 

„In einer hiesigen Zeitung erschien vor einiger Zeit ein 
Inserat, in welchem von der Firma H. Streichs Laboratorium, 
Stuttgart, Finkenstraße 14, ein Präparat „Tätovin“ zur schmerz¬ 
losen Entfernung von Tätowierungen und ein Präparat „Nävol“ 
zur Entfernung von Muttermalen, Warzen, Linsen usw. ange¬ 
priesen wurde. Der Preis betrug 3 M. Ö0 Pf. und 3 M. 60 Pf. 
pro Dose. 

Nach der chemischen Untersuchung bestehen beide Prä¬ 
parate aus einer Verreibung von Salicylsäure mit parfümier¬ 
tem Glyzerin und zwar enthielt „Tätovin“ 46,28 pCt., „Nävol“ 
39,88 pCt. Salicylsäure. 

Nachdem in einem Spezialfall ärztlicherseits eine heftige, 
schmerzhafte und gefährliche Entzündung der mit dem Präparat 
„Tätovin“ behandelten Hautstellen konstatiert worden ist, wird 
vor der Anwendung des Präparates „Tätovin“ und des gleich¬ 
artig zusammengesetzten Mittels „Nävol“ gewarnt.“ 

Helfenberg. Die Chemische Fabrik Helfenberg 
A.-G. vorm. Eugen Dieterich in Helfenberg (Sachsen) 
wird auch im nächsten Jahre einen besonders für die ärztliche 
Praxis eingerichteten Abreißkalender nebst dazu passendem 
Bleistift an sämtliche Aerzte gratis und franko versen¬ 
den. Der Block 1911 kann bequem auf den im Vorjahre geliefer¬ 
ten Sockel montiert werden. Der Versand des Kalenders von 
Helfenberg aus beginnt am 2. Januar 1911. 

Stockholm. Der Nobelpreis fiir Medizin ist, wie be¬ 
reits vor längerer Zeit von den Tageszeitungen mitgeteilt wurde, 
in diesem Jahre dem Professor der Physiologie in Heidelberg 
Dr. Al brecht Kossel zugefallen, und zwar für seine wich¬ 
tigen Forschungen auf dem Gebiete der Eiweißchemie. Den Preis 
für C h emie erhielt der Professor der Chemie 0. Wallach 
in Göttingen, den physikalischen Preis Prof. J. D. v o n 
der Waals in Amsterdam. 

Boston. Die Begründerin der „Christian Science“, jener 
„Heilmethode“, die seit einigen Jahren auch in Deutschland 
als „Gesundbeten“ bekannt und leider auch in steigendem Maße 
beliebt ist, Mary Baker-Eddy, ist im Alter von 89 Jahren 
gestorben. 


VI. Amtliche Mitteilungen. 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen": Krone zum Roten Adler- 
Orden 4. KL: Geh, San.-Rat Dr. Knecht in Neuruppin. 
»Roter Adler-Orden 4. Kl.: Prof. Dr. Holländer in 
V • Charlotten bürg, Dr. Schaeffer in Altena. 

-Kön igl. Krone n-Orden 3. Kl.: Geh. San.-Rat Dr. 
Küpper in Elberfeld, San.-Rat Dr. Hartmann in Neu- 
; Heiduk! ' ^ 

Votant^oöÜch für den redaetionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin N., 
Verlag von OScarr-doblentz. Expeditionsbureau: Berlin W. 30. Maassenstrasse 


RUNDSCHAU 1910. No. 51. 

Prädikat Professor: Privatdozent Dr. Brückner in 
Königsberg. 

Beauftragt: Dr. Schürmeyer in Iburg mit der Ver¬ 
waltung der Ki eisarztstelle des Kreises Hümmling. 

Ernannt: Kreisassistenzarzt Dr. V i a 1 in Coblenz zum Kreis¬ 
arzt in Gardelegen, Kreisassistenzarzt Dr. W i 1 c k e in Preohlau 
zum Kreisarzt in Genthin. 

Niedergelassen: Dr. Unna in Altona, Aerztin Dr. J. 
Höher geb. Marx in Kiel, W. Wöhler in Nienstedten. 

Verzogen: Dr. Kleider von Erfurt nach Nordhausen, 
Dr. W e n t z von Königsfeld nach Gadderbaum, Dr. Rost von 
Borgholzhausen nach Braunscüvveig, Dr. Nacke von Oeyn¬ 
hausen nach Meinberg, Dr. Romeick von Leipzig, Dr. 
Niederhof von Mainz, Dr. Wagner von Asserheim, 
Dr. Schmuckert von Soddenthal, K o o k von Oestrum und 
Dr. Dorth nach Frankfurt a. M. , Dr. Perlmann von 
Frankfurt a. M. nach Berlin, Dr Mar um von Gießen, Dr. 
Seyberth von Lichterfelde und Dr. D e v a u x von Halle 
nach Frankfurt a. M , Dr. Fromherz und Dr. Bret- 
Schneider nach Wiesbaden. Dr van Oordt und Dr. 
Pfersdorff von Rippoldsau und Dr. v. Moser von Geisa 
nach Wiesbaden, Dr. Wälder von Wehrawald nach Naurod, 
A. Pomppe von Naurod nach N.ordrach, Dr. Schröder 
von Dotzheim nach Forbaoh, Dr. Lühl un-l Dr. Daniele¬ 
witz von Coblenz nach Wiesbaden bezw. Berlin, A. Camp¬ 
hausen von Waldbreitbach nach Berlin, Dr. B e r d a c h von 
Kreuznach nach Münster a. St, Dr. Kaesbohrer von Cöln 
nach Saarburg, Dr. Probst von Wadgassen nach Leipzig, 
Dr. Hoffman n von Lüttelbracht iwh Wadgassen, H. v. 
Hertlein von Dillingen nach Hamburg, K. Hau sh alter 
von Finkenwerda nach Dilling^n, Dr. Blumenthal von 
Augsburg und Dr. Puttkamer von Jessen nach Stettin, 
Dr. Stern von Berlin nach Schlachtensee, Dr. Stöcklin 
nach Schöneberg, Dr. Wolfsohn von Berlin nach Halle a. S., 
Dr. Natho von Dortmund nach Stralsund, Dr. H e 11 e r und 
Dr. Kirsch n er von Greifswald nach Königsberg i. Pr., 
Th. Deimler von Nürnberg nach Halberstadt, Dr. V ö 1 k e r 
von Braunschweig nach Hötensleben, Dr. Sc hieritz von 
Rompik nach Schinne, Geh. San.-Rat Prof. Dr. Kehr vor 
Halberstadt nach Berlin, desgl. Dr. Eichmeyer und D» 
Rosenthal, Dr. L a d i s c h von Hötensleben nach Hannovei 
Dr. Sch wenke von Schinne nach Börstel, Dr. Kittel vo 
Mückenberg nach Lübbenau, Dr. Hennig von Heinersdoi 
b. Berlin nach Helbra, San.-Rat Dr. Schlesinger und D 
Multhaupt von Cöln nach Halle a. S., Dr. ßärman 
von Aken, Fr. Weinsheim er von Straßburg i. E., D 
Lorenz von Nidden, Dr. N ö h t e von Karlsruhe, D 
Laquer von Königsberg nach Halle a. S., Prof. Dr. Fromm 
und Dr. Gmein der von Halle nach Berlin, R. L a 11 
von Groß-Kottalin nach Liebenburg, Generalarzt a. D. Dr. a 
M ielecki von Schwerin i. M. nach Goslar, Dr. Blume 
t h a 1 von Ilfeld nach Stettin, Dr. Wulkow von Müden 
Wetter, Dr. Beyer von Brome nach Kamerun, H. Sneiuer 
von Puderbach und Dr. Grütter von Pritzwalk nach Essens, 
Dr. Peters von Kirchhellen nach M.-Gladbach, Dr. Dam- 
m a n n von Bie'efeld nach Marsberg, Dr. Spiro von München 
nach Witten, Dr. B o e t k e von Söthern nach Dortmund, Dr. 
Günther von Lütgendortmund nach Suttrop, Dr. Horn von 
Bochum nach Rheinberg, Dr. S. Müller von Gelsenkirchen 
nach Reinickendorf, Dr. Weitzel von Wachenbuchen nach 
Darmstadt, Dr. Hofm an n von Rosenthal nach Steinach, Dr. 
Brocke von Berga nach Vöhl, Dr. v. D a m m von Aulowönen 
nach Tiegenhof, San.-Rat Dr. Weszkalnys von Krau- 
pischken nach Königsberg, Dr. Frick von Königsberg nach 
Kraupischken, Dr. Brockmann von Halle nach Tilsit, Dr. 
Grünbaum von Aachen, Dr. Hesper von Solingen und 
Dr. Z u r a 1 s k i von Zoppot nach Danzig, Dr. v. J a k u- 
b o w s k i von Danzig nach Berlin, Dr. Lindemuth von 
Paderborn nach Danz'g. 

Verzogen ohne Angabe des neuen Wohnortes : 
Dr. Brande n stein, Dr. Hering, Dr. H. Müller, 
Dr. Sadewasser, Dr. S i e b e r t und Dr. Z i m e 1 s von 
Berlin, Dr. Rudolph von Greppin, Dr. Wilhelm und 
Dr- O p e 1 von Halle a. S., Dr. Beese von Esens, E. K r a b b e 
von Vöhl, Dr. B r ö c k e r von Conradstein , Dr. Kerle von 
Müllrose, Dr. Loeffler von Gadderbaum, Dr. Leibkind 
von Breslau, Dr. P l u m e y e r von Altona. 

Bayern. 

Niedergelassen: Dr. Schmoll in Pirmasens. 

Württemberg. 

Versetzt: Oberamtsarzt Med.-Rat Dr. Standenmayer 
von Langen bürg nach Ludwigsburg. 

Hamburg. 

Verzogen: Dr. G. G. Drechsler von Hamburg nach 
Halle a. S. 

Niedergelassen: Prof. Dr. R. H. F. Birnbaum aus 
Göttingen in Hamburg. 

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Von 

Sanitätsrat Dr. Wilhelm Wechselmann 

Dirigierender Arzt der dermatologischen Abteilung im Rudolf Virchow-Krankenhaus zu Berlin 

Mit einem Vorwort von 

Professor Dr. Paul Ehrlich 

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Herausgegeben von der 

Redaction der Allgemeinen Medicinischen Central=Zeitung (Dr. H. Lohnstein u. Dr. Th. Lohnstein) 

I. Teil: Taschenbuch in Kunstleder gebunden. 

XI. Teil: Kalendarium (4 Quartalshefte, pro Tag */, Seite), geheftet zum Einhängen. 

Inhalt des I. Teiles: 

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X. UeberdieSerodiagnostik und diesog.„biologischeTherapie“ 
der Syphilis und über die bisherigen Erfahrungen mit dem 
Ehrlich-Hata’schen Mittel 606. Von Dr. Fritz Munk, 
Ch arlo ttenb urg-B erlin. 

XI. Abriss der Symptomatologie und Therapie der am häufig¬ 
sten vorkommenden acuten Vergiftungen. 

XII. Medicinische Tabellen und sonstige für den Arzt wichtige 
Zahlenangaben. 

XIII. Untersuchung des Harns. 

XIV. Einiges aus der Technik der Blutuntersuchung. ,*■ 

XV. Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebühren¬ 
ordnung für approbirte Aerzte und Zahnärzte. 

XVI. Gesetz betr. die Gebühren der Medicinalbeamten. 

XVII. Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

XVIII. Bäder und Kurorte. 

XIX. Post-Tarif. 

XX. Tafeln zur Sehprüfung. ^ 

XXI. Notizblätter für Adressen. 1 

Mark. .. 


I. Verzeichnis der gegenwärtig gebräuchlichen älteren und 
neueren Arzneimittel. 

II. Die Maximaldosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

III. Uebersicht der wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung kommenden Mittel. 

IV. Zu vermeidende Arzneimischungen. 

V. Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 

VT. Medicinische Bäder. 

VII. Auszug aus der deutschen Arzneitaxe 1910. 

Preise für Stoffmengen, Arbeiten und Gefässe. 

1. Für Arzneistoffe. 2. Für Arbeiten. 3. Für Gefässe. 

VIII. Anweisung zur sparsamen Arzneiverordnung mit Rück¬ 
sicht auf die Krankenkassenpraxis. 

IX. Uebersicht der wichtigsten Nährpräparate. 

===== Der Preis beträgt wiederum nur 2, 








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neueren Arzneimittel. 

II. Die Maximaldosen der Arzneimittel des Arzneibuches für 
das Deutsche Reich. 

III. Uebersicht tler wichtigsten, in Form von subcutanen, 
intramusculären und intravenösen Injectionen zur An¬ 
wendung kommenden Mittel. 

IV. Zu vermeidende Arzneimischungen. 

V. Dosirung einiger Mittel bei der Behandlung der Kinder. 

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der Syphilis und über die bisherigen Erfahrungen mit dem 
Ehrlich-Hata’schen Mittel 606. Von Dr. Fritz Munk, 
Charlottenburg-Berlin. 

XI. Abriss der Symptomatologie und Therapie dSr am häufig¬ 
sten vorkommenden acuten Vergiftungen. 

XII. Medicinische Tabellen und sonstige für den Arzt wichtige" 
Zahlenangahan. 

XIII. Untersuchung des Harns. 

XIV. Einiges aus der Technik der Blutuntersuchung. » 

XV. Bekanntmachung, betreffend den Erlass einer Gebühren¬ 
ordnung für approbirte Aerzte und Zihnärzte. 

XVI. Gesetz betr. die Gebühren der Medicinalbeamten. 

XVII. Verzeichnis der Krankheiten und Todesursachen. 

XVIII. Bäder und Kurorte. 

XIX. Post-Tarif. 

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Im kommenden Jahre wird in der Allgemeinen medicinilchen Central-Zeitung die 

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eventuell vorher befeuchtete t* aut der Umge¬ 
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Therapeutische Rundschau 

(Sonderausgabe der AUgem. Medicin. Central=Zeitung) 


Redaktion: 

Dr. H. Lohnstein und D r. Th. Lohnstein 

Redaktionsbureau: Berlin N., Friedrichstr. 131 B 
Fernsprech-Amt III, No. 3412 


Verlag und Expedition: 

Oscar Coblentz, Verlagsbuchhandlung 
Berlin W. 30, Maassenstrasse 13 
Fernsprech-Amt VI, No. 3302 


IV. Jahrgang 


Berlin, 39. Dezember 1910 


No. 53 


Die „Therapeutische Rundschau“ erscheint jeden Sonnabend und kostet jährlich 8 M., für das Ausland 10 M., einzelne Nummer 70 Pf. Zu beziehen 
durch den Verlag sowie sämtl. Bucthandlungen und Postämter. Abonnements gelten als erneuert, wenn sie nicht 8 Tage vor Quartalsschluss abbestellt sind. Inserate 
werden für die 4gesp. Zeile oder deren Raum mit 50 Pf. berechnet. Bei größeren Aufträgen wird Rabatt gewährt. 

Nachdruck ist ohne Genehmigung der Redaktion nicht gestattet. 


Inhaltsübersicht. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. P,'errin: DiejVulvo- 
vaginitis kleiner Mädchen. 

Zieler: Erfahrungen mit Ehrlich-Hata 006. — Reich - 
mann: Eine ungewöhnliche Filariaerkrankimg. — Zabel: Plötz¬ 
liche Blutdruckschwankungen und ihre Ursachen. — Pollak: 
Ein Fall von Kupfersulfatvergiftung mit eigentümlichem Blut¬ 
befund. — Käppis: Ueber Lymphocytose des Blutes bei Base- ! 
dow und Struma. 

II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. Verein für | 


innere Medizin und Kinderheilkunde. Sitzung vom 5. Dezem¬ 
ber 1910. 

III. Therapeutische Notizen. Drouw: Die Behandlung der 
juckenden Dermatosen mit warmer bewegter Luft. 

IV. Tagesgeschichte. Standesangelegenheiten, Medizinal-Gesetz- 
gebung, soziale Medizin etc. — Universitätswesen, Personal¬ 
nachrichten. 

V. Amtliche Mitteilungen. Personalia. 


I. Wissenschaftliche Mitteilungen. 

Die Vulvovaginitis kleiner Mädchen. 

Von 

Dr. Th. Perrill, 

Privatdozent der Urologie an der Universität Lausanne. 

Von ihr sagt Lang (Lehrbuch der Geschlechtskrank¬ 
heiten, Wiesbaden 1904, S. 62): „Im allgemeinen zieht sich 
die Krankheit ungemein lange hin und setzt der Therapie 
die größten Schwierigkeiten entgegen “ Muß dem so sein? 

Wenn ich mir in vorliegender Arbeit erlaube, eine neue, 
übrigens sehr einfache Therapie zu empfohlen, so geschieht 
es auf mehrfache Veranlassung verschiedener Kollegen hin, 
die in kurzer Zeit (14 bis 20 Tagen) Fälle heilen sahen, 
die vorher jahrelang jeder Therapie getrotzt hatten. 

Seit ich, vor 10 Jahren, zu diesem Verfahren gegriffen, 
hat es mich nie im Stich gelassen. Die schlechte Prognose 
der Gonorrhoe bei kleinen Mädchen wird durch dasselbe 
zu einer absolut guten. Dies mit Ausnahme schwerer Fälle 
von Salpingitis und Peritonitis, die theoretisch denkbar 
wären, die ich aber zu beobachten niemals Gelegenheit 
hatte. Meine Statistik betrifft mehr denn 100 Fälle. Sie 
wurden alle, ohne Ausnahme, in längstens 20 Tagen radikal 
geheilt und rezidivierten nicht Mit seltenen Ausnahmen 
handelte es sich stets um Fälle, die schon Jahre hindurch 
den verschiedensten Behandlungsmethoden getrotzt hatten. 

Diese schlechte Piognose der Vulvovaginitis ist wohl 
in den meisten Fällen eine direkte Konsequenz einer un¬ 
genauen Diagnose. 

Verschiedene der neueren Lehrbücher deuten an, daß 
sieh der entzündliche Prozeß nicht immer auf Vulva und 
Vagina beschränkt, im Gegensätze zu älteren Autoren, 
die stets von Vulvovaginitis sprechen, wenn es sich um 
Kinder handelt. 

Soweit wir uns auf unsere eigenen Beobachtungen ver¬ 
lassen können, möchten wir behaupten, daß das einzig 
Richtige wäre von Vulvovaginitis gar nicht zu sprechen, 
sondern bei Kindern gerade so wie bei Erwachsenen von 
Gonorrhoe im allgemeinen. Aus meinen Erfahrungen 
ergibt sich, daß sich der gonorrhoische Prozeß im kindlichen 
Urogenitaläpparat gerade so abspielt, wie beim erwachsenen 
Weibe. Nicht „bisweilen“, sondern „stets“ ist auch beim 
Kinde die Schleimhaut des Muttermundes mitbeteiligt. 

Zwei prinzipielle Unterschiede ließen sich aus meinen 
Krankengeschichten festlegen: 

1. Die beim erwachsenen Weibe höchst seltene Vaginitis 
ist beim Kinde konstant. 

2. Die beim Weibe häufige Mitbeteiligung der Adnexe 
ist beim Kinde eine Seltenheit. 

Die erstere Tatsache erklärt sich aus histologischen 
Gründen. Ein an Koitus und Irrigator gewohntes Epithel 
ist eben nicht mehr das zarte, widerstandslose Gewebe der 
kindlichen Vaginaischleimhaut. 


Aus anatomischen Gründen ist es verständlich, daß die 
kindlichen Adnexe der Infektion weniger ausgesetzt sind, 
als nach der Pubertät, wenn wir bedenken, daß beim Kinde 
das Corpus uteri nur rudimentär vorhanden ist und ana¬ 
tomisch das Collum fast allein in Betracht kommt. 

Erwähnt seien auch einige Fälle von Vulvitis bei kleinen 
Mädchen ohne Beteiligung des Muttermundes. Ist es ein 
Zufall, daß sieh diese Fälle sämtlich mikroskopisch als nicht 
gonorrhoisch erwiesen? 

Das Bedürfnis, die alte, so langwierige wie aussichts¬ 
lose Therapie durch etwas Besseres zu ersetzen, besteht 
in hohem Grade. 

Möglich war dies nur auf Grund 1, eines richtigen Ver¬ 
ständnisses der Ursachen der ewigen Rezidive. Die Auto¬ 
reinfektion der männlichen Urethra bei chronisch gonorr¬ 
hoischen Drüsenprozessen (Prostata, Littreschen Drüsen) 
war mir eine längst geläufige Tatsache. Die Analogie der 
Verhältnisse lag auf der Hand. 

GenaueUntersuchungder kleinen Patientinnen sowiein der 

Literatur angetroffene diesbezügliche Andeutungen bestärkten 
mich im Laufe der Jahre immer mehr in den im vorgehenden 
vertretenen Anschauungen: 

Der gonorrhoische Prozeß ergreift bei Mädchen 
auch im zartesten Alter fast stets Vulva, Lrethra, 
Vagina und den Canalis cervicalis uteri. 

Und diese Endometritis colli, die nicht behandelt zu 
werden pflegt, ist es, die für die stete Reinfektion von Vulva 
und Vagina verantwortlich gemacht werden muß. 

Um dem Hymen die ihm schuldige Rücksicht zuteil 
werden zu lassen, bin ich auf die Idee verfallen, sowohl 
zur Diagnose als auch zur Therapie mich des Urethroskops 
von Nitze zu bedienen. 

Es gelingt auch bei kleinsten Mädchen Tubus 25, meist 
auch 30 Charriere schmerzlos durchzuführen. 

Dieses Kaliber gestattet die ausgiebigste Inspektion von 
Vagina und Muttermund. 

Zur Diagnose bei einer wegen Vulvovaginitis mir zu¬ 
geführten kleinen Patientin verfahre ich auf folgende Weise: 

1. Inspektion der Vulva und der Bartholins chen 
Drüsen. 

(Diese letzeren scheinen, nebenbei gesagt, meinen Fällen 

nach zu urteilen höchst selten mitbeteiligt zu sein.) Erstes 
mikroskopisches Präparat aus einem in der Vulva, 
aufgefangenen Eitertropfen. 

2. Untersuchung der Urethra. 

Nicht selten fällt auf den ersten Blick die nach außen 
vorgewülbte hyperämische Urethralschleimhaut auf. Mit 
der Platinöse im Meatus aufgefangenes Sekret liefert das 
Material zu einem zweiten mikroskopischen Präparat. 

3. Untersuchung von Muttermund und Scheide. 

Hier kommt Nitzes Endoskop zur Verwendung. Je 
nach der Weite des Hymen wird Tubus 25 bis 30 bis zum 
Muttermunde vorgeschoben. 











774 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 52, 


Derselbe wird mittels Watteträger reingetupft. Darauf 
wird die Lichtquelle eingeführt. 

In den meisten Fällen erscheint alsdann das Orificium 
vaginale gerötet, oft mit Eiter belegt. Mittels Platinöse 
hier entnommenes Sekret liefert ein drittes mikro¬ 
skopisches Präparat. 

Nun wird der Tubus samt Lichtquelle langsam heraus¬ 
geschoben und dabei die Vaginalwände allerseits genau 
inspiziert. Oefters werden dabei tiefer ulcerierte .Stellen 
angetroffen, deren Sekret zu einem vierten mikro¬ 
skopischen Präparat verwendet wird. 

Wir haben somit nach beendigter Untersuchung vier 
mikroskopische Präparate: Die Sekrete stammen aus: 
1. Vulva, 2. Urethra, 3. Orific. vaginale uteri, 4 Vagina. 

Wenn in Präparat No. 1. Gonokokken vorhanden waren, 
so werden sie höchst selten in den drei andern Präparaten 
fehlen. 

Je nach dem Befund wird sich die Therapie auf alle 
erwähnten Organteile erstrecken oder das eine oder andere 
speziell berücksichtigen. 

Die Therapie. 

Wie überall da, wo es sich um Gonokokken handelt, 
greifen wir auch hier ausschließlich zum Protargol. Wir 
verschreiben zum Gebrauch des Arztes lOproz. Protargol- 
lösung in Glyzerin: 

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Aq. dest. . . . 8,0 

Glycerin ... ad 50,0 

Bei Urethritis wird die kleine Patientin zum Uri¬ 
nieren veranlaßt. Sofort nachher wird ein möglichst dünner 
Tubus in die Harnröhre eingeschoben. Durch denselben 
wird ein mit oben angegebener Salbe getränkter Watte¬ 
pfropf auf einem dünnen Watteträger 3—4 cm lang fest 
aufgewickelt eingeschoben. Der Tubus wird entfernt, indem 
er über den Wattepfropf und dessen Träger gleitet. Der 
Medikamententräger wird einige Minuten liegen gelassen. 


Prof. Dr. K. Zieler (Würzburg): Erfahrungen mit Ehrtich- 
Hata 606. (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 44.) 

Verf. berichtet über seine Erfahrungen an etwas mehr als 
50 Fällen, darunter waren 7 Fälle primärer, 22 Fälle sekun¬ 
därer, 13 Fälle tertiärer Syphilis, 6 Fälle von Tabes. Mit der 
Dosierung stieg er allmählich von 0,3 auf 0,9 g, d. i. von 0,005 g 
bis .0,014 g pro Kilo Körpergewicht. Nach seinen Beobachtun¬ 
gen wirken Dosen von 0,7 g und mehr nicht besser als die mitt¬ 
leren Dosen (0,4—0,6 g). Was den Injektionsmodus anlangt, so 
verwendete Verf. zuerst die alkalische Lösung nach Alt, später 
die neutralen Suspensioneii nach L. M i c h a e 1 i s oder Wech- 
selmann. Vielleicht wirkt die alkalische Lösung nach A11 
etwas schneller als die neutralen Suspensionen. Ganz schmerz¬ 
los ist die Injektion nach Verf. eigentlich niemals, wenigstens 
beginnt kurze Zeit nachher eine meist intensive Schmerzhaftig¬ 
keit, die oft erst nach 4—8 Stunden verschwindet. Dies gilt 
besonders für die hohen Dosen über 0,5 g; bei Dosen von 0,3 bis 
0,5 g pflegen die Beschwerden nur gering zu sein. Während die 
alkalische Lösung sehr bald eine starke Infiltration hervorruft, 
tritt diese bei der neutralen Suspension erst am dritten bis 
vierten Tage auf, um erst nach 8—14 Tagen oder noch später 
zu verschwinden. Sehr schwere örtliche Erscheinungen sah 
Verf. zweimal bei besonders kräftigen, jungen Leuten nach ein¬ 
seitiger intramuskulärer Einspritzung. In bezug auf die 
Wirkung des Präparats auf die syphilitischen Erscheinungen 
kann Verf. bestätigen, daß frische syphilitische Prozesse sehr 
schnell zum Verschwürden gebracht W'erden; dies gilt von 
Primäraffekten und sekundären Haut- und Schleimhaut¬ 
exanthemen. Nur papulöse Exantheme gehen langsamer zurück, 
desgleichen die Drüsenschwellungen. Viel weniger wird nach 
Verf. die tertiäre Syphilis der Haut beeinflußt; trotz der Dosis 
von 0,8 g heilten gummöse Unterschenkelgeschwüre und 
sonstige gummöse und tubero-serpiginöse Veränderungen sehr 
allmählich, allerdings sah Verf. auch in einigen Fällen schnelle 
Erfolge. Fälle von maligner Syphilis hatte Verf. keine Gele¬ 
genheit mit dem Mittel zu behandeln. Bei den Tabesfällen 
wurden keine erheblichen Erfolge erzielt, nur bei einem der 
Kranken verschwanden innerhalb drei Wochen die vor¬ 
handenen Blasenstörungen. Rezidive hat Verf. bisher nicht 
gesehen, auch nicht ein Wiederauftreten der einmal verschwun¬ 
denen Spirochäten. Was das Verschwinden der Wasser¬ 
mann sehen Reaktion nach der Injektion anlangt, so sind die 
Erfolge keine glänzenden; aus der Wirkung des Ehrlich- 
schen Präparats auf die W.-R. kann man bisher nur schließen, 
daß es nicht mit einem Schlage sterilisierend wirkt. Stärkere 
Temperaturerhöhungen sah Verfasser nur bei der alkalischen 
Lösung. Die Pulsfrequenz wurde nach der Injektion meist um 


Bei weniger akuten Fällen genügen auch Pinselungen 
mit kleiner gerader Salbenspritze nach Tommasoli. 

Zur Behandlung des Cervicalkatarrhs wird das 
Orific. vaginale im Urethroskop eingestellt, reingetupft, und 
sodann mit dünnem Watteträger ein mit Protargolglyzerin 
getränkter Wattepfropf in den Cervicalkanal eingeführt und 
für einige Minuten liegen gelassen. 

Inzwischen wird selbstverständlich die nunmehr unnötig 
gewordene Lichtquelle entfernt. 

Der im Cervicalkanal liegen gelassene kleine Tampon 
wird sodann herausgenommen, und zur Behandlung der 
Vaginitis der Tubus liegen gelassen. Ein Watteträger, 
armiert mit einem getränkten Wattenpfropf (so dick wie 
ihn das Kaliber des Tubus gestattet), wird nun eingeführt 
und dazu benutzt, unter langsamen Herausziehen des Tubus 
die Vaginalwände nach allenRichtungen sorgfältigst zu pinseln. 
Bei alten Fällen mit tieferen Erosionen der Vaginalschleim¬ 
haut kann auch ein dünner Gazestreifen mit Protärgol- 
giyzerin getränkt vermittelst des Tubus zur Tamponade der 
Scheide dienen und auf einige Stunden liegen bleiben. 

Die Vulva wird inzwischen zu Hause so behandelt, 
daß dem Kinde 3—4 mal täglich auf einige Minuten eine 
Kompresse von 1 proz. Protargollösung aufgelegt wird. 
Das Kind fixiert dieselbe durch Schliesen der Schenkel. 

Prognose. 

Die mit obiger Behandlung gemachten Erfahrungen 
sind so, daß wir mit Sicherheit innerhalb 14 bis 20 Tagen 
auf Heilung rechnen. Auch bei inveterierten, sehr alten 
Fällen hat sie niemals länger als einen Monat gedauert. 

Selbstverständlich betrachten wir die Behandlung erst 
dann als beendigt, wenn mehrere mikroskopische Kontrollen 
negativ ausgefallen sind. 

Die Heilung betrachten wir erst dann als sicher gestellt, 
wenn eine nach mehreren Wochen vorgenommene Unter¬ 
suchung nichts neues zutage zu fördern vermag. 


20—30 pro Minute erhöht. Die Jarisch-Herxheimer- 
sche Reaktion sah Verf. bei frischen Exanthemen fast regel¬ 
mäßig in den ersten 8—12 Stunden auftreten, bei hohen Dosen 
sogar häufiger als bei niedrigen. Nach 24 Stunden war sie in 
der Regel wieder verschwunden. 4 mal traten Arzneiexantheme 
auf. Allgemeinstörungen wurden recht häufig beobachtet, da¬ 
gegen keine Störungen von seiten der Nieren und der übrigen 
Organe. Bleibende Schädigungen sah Verf. in keinem Falle. 
Nach Verf. stellt das Ehrlich-Hata sehe Mittel jedenfalls 
eine wesentliche Bereicherung unseres therapeutischen Rüst¬ 
zeugs gegen die Syphilis dar. wenn es auch das Ziel der 
Therapia sterilisans magna keineswegs erreicht hat. 

Dr. med. V. Reichmann (Jena): Eine ungewöhnliche Filaria- 
erkrankung. Heilung durch Ehrlich-Hata. (Münch, med. 
Wochenschrift, 1910, No. 44.) 

Verf. berichtet über einen dunklen Krankheitsfall, der 
wegen seines Verlaufs bemerkenswert ist. Ein 23 jähriger 
Mann, der einige Monate vorher wegen einer syphilitischen In¬ 
feldion eine Quecksilberinunktionskur durchgemacht hatte, er¬ 
krankte plötzlich; abgesehen von nephritischen Erscheinungen 
stellte sich bald völlige Anorexie und Atemnot, Schwellung der 
Beine und Arme ein. Bei der Aufnahme in die Klinik bestand 
außerdem rechts hinten unten Dämpfung (Pleuraexsudat). We¬ 
gen der vorausgegangenen Lues wurde die Erkrankung als eine 
Visceralsyphilis aufgefaßt, zumal da die Wassermann sehe 
Reaktion positiv ausfiel. Unter einer sofort eingeleiteten 
Schmierkur (nebst Jodkali innerlich) verschlimmerte sich 
jedoch das Befinden; die nephritischen Symptome nahmen zu, 
ebenso das Pleuraexsudat. Es wurde die Pleura punktiert, 
wobei 250 ccm einer leicht milchig getrübten, sehr wässerigen 
Flüssigkeit entleert wurden. Die Flüssigkeit enthielt ca. 
100 Zellen im Kubikmillimeter, davon waren 48 pCt. große 
mononukleäre, nur 2 pCt. polynukleäre Zellen und 50 pCt. 
Lymphocyten; außerdem fanden sich in der Flüssigkeit einige 
filariaähnliche Gebilde, welche aber nach dem Gutachten des 
Hamburger Instituts für Tropenkrankheiten, w'ohin die Prä¬ 
parate geschickt wurden, keine echte Filaria waren. Der Pa¬ 
tient war auch nie in den Tropen gewesen. Im Blute fanden 
sich diese Gebilde nicht. Da das Befinden des Pat. sich zu¬ 
sehends verschlechterte, wurde als ultimum refugium 0,3 g des 
E h rl i ch-Ha t a sehen Präparats injiziert (intramuskulär, in 
monacider Lösung). Am Tage nach der Injektion enthielt der 
Urin nur noch Spuren von Eiweiß, keine Zylinder mehr. Vom 
zweiten Tage an nach der Injektion traten profuse Durchfälle 
auf, welche vier Tage lang anhielten und den Kranken fast 
moribund machten. Dann aber erholte sich der Kranke sehr 





No. 52. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


rasch, er nahm rapid an Körpergewicht zu und bei der Ent¬ 
lassung zwei Monate nach seinem Eintritt in die Klinik halte 
er sein früheres Körpergewicht wieder erreicht und war frei 
von jedem Krankheitssymptom. Er ist bis jetzt völlig gesund 
geblieben. 

Dr. Zabel (Genf): Plötzliche Blutdruckschwankungeil und ihre 
Ursachen. (Münch, med. Wochenschrift, 1910, No. 44.) 

Nach den hier von V.erf. mitgeteilten Untersuchungen unter¬ 
liegt der Blutdruck des Normalen unregelmäßigen Schwankun¬ 
gen, deren Größe individuell verschieden ist. Reize aller Art, 
besonders Gemütserregungen, vermögen temporäre Blutdruck¬ 
steigerungen hervorzurufen. Bei vergleichenden Untersuchun¬ 
gen an derselben Person bei unverändertem Allgemeinzustand 
erhält man bei Ausschluß von Störungen die befriedigendste 
Uebereinstimmung, wenn man aus jeder Serie von mindestens 
50 Einzelmessungen die jeweils niedrigsten Drucke einander 
gegenüberstellt; die Amfangsdrucke weisen in der Regel viel 
größere Differenzen auf. 

Dr. Leo PoIIak (Wien): Ein Fall von Kupfersulfatvergiftung mit 
eigentümlichem Blutbefund. (Deutsche med. Wochenschrift, 
1910, No. 43.) 

' i'i'f. berichtet über eine 20 jährige Patientin, welche 
suicidii causa etwa 10 g Kupfersulfat in Tee aufgelöst genommen 
hatte und darnach schwer erkrankte. Sogleich nach der Ein¬ 
nahme soll sie blaugrünliche Massen erbrochen haben. Bei 
der sofort vorgenommenen Magenspülung lief die Spülflüssig¬ 
keit ungefärbt ab. Die Kranke klagte am ersten Tage nur über 
Brennen im Halse, zeigte Salivation und erbrach anfangs noch 
schleimige Massen. Bald entstand ein leichter Ikterus, der am 
dritten Tage ganz ausgesprochen war. Der Harn enthielt reich¬ 
lich Eiweiß, später auch Blut; im Sediment zahlreiche Leuko- 
cyten und rote Blutkörperchen. Der Stuhl war anfangs geformt, 
nicht acholisch, später folgten breiige, niemals jedoch blut¬ 
haltige Stühle. Die Patientin war zuerst apathisch, dann un¬ 
ruhig und bot vorübergehend das Bild schwerer Prostration dar. 
Während der ganzen Dauer des Prozesses bestanden unregel¬ 
mäßige Fieberbewegungen. Das auffälligste Symptom war die 
Blässe der Haut und Schleimhäute, welche ihre Ursache in 
einer schweren akuten Anämie hatte. 11 Tage nach der Ver¬ 
giftung fand sich: Zahl der Erythrocyten 1292 000, Zahl der 
Leukocyten 62 000, Hämoglobingehalt 20 pCt.; das Blut bot bei 
genauerer Untersuchung das Bild der überstürzten Regene¬ 
ration, ähnlich wie man es bei den Biutkrisen im Verlauf der 
perniziösen Anämie, bei Nitrobenzolvergiftung etc. gelegentlich 
beobachten kann. Der Urin zeigte ein massiges Harnsäure¬ 
sediment. Es trat null bald im psychischen und körperlichen 
Verhalten Besserung ein, der Urin wurde frei von Eiweiß, der 
Stuhl normal, der Blutbefund besserte sich; die Erythrocyten- 
zahl stieg in 14 Tagen auf 3 275 000, der Hämoglobingehalt auf 
50 pCt., so daß die Patientin bald bis auf eine mäßige Anämie ge¬ 
heilt das Krankenhaus verlassen konnte. R. L. 

M. Käppis: Lieber Lymphocytose des Blutes bei Basedow und 
Struma, (Mitteilungen a. d. Grenzgebieten der Medizin und 
Chirurgie, Bd. 21, H. 5.) 

Angeregt durch Kochers Mitteilungen auf dem Chirurgen¬ 
kongreß 1908 hat K. an 11 Kranken mit Basedow, 2 mit 
Thyreoidismus und 12 mit einfacher Struma genaue Blutunter¬ 
suchungen vorgenommen und konnte feststellen, daß bei Base¬ 
dow sich fast regelmäßig eine relative und absolute Lympho¬ 
cytose des Blutes findet. Diese erklärt sich vielleicht aus den 
lymphatischen Herden, welche mit größerer oder geringerer 
Häufigkeit in den Strumen Vorkommen. Aber auch bei ein¬ 
fachen Strumen ohne jede Andeutung von Basedow sehen 
Symptomen findet sich öfters Lymphocytose und Lymphocyten- 
anhäufung in den Strumen. Ein sicheres Unterscheidungs¬ 
merkmal zwischen Basedow und einfacher Struma ist die Blut- 
lymphocytose deshalb nicht. Auch entspricht beim Basedow 
die Stärke der Lymphocytose nicht regelmäßig der Schwere 
der klinischen Erscheinungen. Adler (Berlin-Pankow.) 


II. Verhandlungen ärztlicher Gesellschaften. 

Verein für innere Medizin und Kinderheilkunde. 

(Eigenbericht der ,,Allgem. Medic. Central-Zeitung“.) 
.Sitzung vom 5. Dezember 1910. 
Vorsitzender: Herr Fürbringer. 

Vor der Tagesordnung: 

Zur Therapie maligner Geschwülste. 

Herr Reicher demonstriert zwei neue Methoden zur 
Therapie maligner Geschwülste. Zunächst hat Christoph 
M ü 11 e r in Immenstadt vorgeschlagen, um die Röntgenwirkung 
mächtiger zu gestalten, die Haut gleichzeitig zu anämisieren. 


11 5 

Schwarz in Wien komprimiert deshalb die Haut mit einer 
Gummibinde. Müller nimmt einen Hochfrequenzapparat. Da¬ 
bei kann man bis zur fünffachen Erythemdosis gehen, ohne 
Röntgenschäden zu stiften; man ist sogar mehrere Tage lang in 
der Lage, solche Dosen zu applizieren; aber es können Röntgen¬ 
intoxikationen auftreten und müssen beobachtet werden. Der 
demonstrierte Apparat ist von B e e z gefertigt und sehr kom- 
pendiös; es gehören dazu ein Induktor und ein Stromunter¬ 
brecher. Zu dem ersteren gehören eine primäre und eine sekun¬ 
däre Rolle; von der letzteren werden zwei Belege einer Leide¬ 
ner Flasche geladen; die Entladung wird durch Einschaltung 
einer Funkenstrecke erzeugt; je näher die Schaltpunkte sich 
liegen, desto geringere Spannung der Elektrizität ist nötig. Ein¬ 
gelagert ist ein primäres, daran angeschlossen ein sekundäres 
Solenoid. Oben ist der Pol angebracht, von dem man unipolar 
ableiten kann, aber auch bipolare Ableitung ist möglich. Der 
Apparat beruht auf den Prinzipien der drahtlosen Telegraphie. 
Diesen kombiniert man mit der Röntgenmethode. Sobald die 
Anämie zustande gekommen ist. kann man ganz weiche Röhren 
zur Durchleuchtung benutz“!' Dann stellt man den Apparat ab. 

Fünf sichere Sarkome und Carcinome sind auf diese Weise 
geheilt worden. R. demonstriert den Fall eines älteren Herrn, 
der von Klemperer als hoffnungslos angesehen worden war. 
Der faustgroße Tumor saß auf dem Hinterkopf; es bestand 
bereits Albuminurie und Glykosurie. In 19 Sitzungen wurde er 
geheilt. Es besteht eine derbe infiltrierende Narbe. Die Heilung 
besteht seit einem Vierteljahr. 

R. selbst hat in mehreren Fällen Adrenalineinspritzungen 
bis zu einem gewissen Grade mit Erfolg angewendet; darunter 
war ein Osteochondrosarkom des Schädeldaches bei einem Kna¬ 
ben; der Tumor war kindskopfgroß und saß fest auf. ln 
8 Wochen bekam er 23 Adrenalininjektionen, täglich 0,3—0,5 
mit Glykosurie, die 1 —2 Stunden nachher eintrat. Trotzdem hat 
er bei schlechter Spitalskost 5 Pfund zugenommen. Der Tumor 
wurde reduziert; der Rest nach Müller weggebrannt. Das 
Kind ist seit Monaten rezidivfrei. 

Aus dem städtischen Untersuchungsamt zu Boston. 

Herr Magnus-Levy: Wie geht der praktische Amerikaner 
bei der Untersuchung infektiösen Materials vor? An 50 ver¬ 
schiedenen Stellen der Stadt Boston, die 600 000 Einwohner 
zählt, bekommt der Arzt alles, was er braucht, fix und fertig 
geliefert, z. B. für Diphtherie Pinsel und Ausstrichröhre mit 
genauer Anweisung und entsprechend statistische kleine Zettel 
für Tuberkulose, für Ausstriche von Blut bei Malaria und für 
gonokokkenhaltigen Eiter, dazu in kleinem, versiegeltem 
Kuvert ein kleines sterilisiertes Drahtpinselchen. Die Sachen 
werden entweder per Post mit fertigen Adressen eingesandt 
oder es wird in den Apotheken das Material abgegeben und 
von dort täglich 1—2 mal nach dem Amt geliefert. Eiliges Ma¬ 
terial wird von jeder Apotheke direkt nach dem Untersuehungs- 
amt eingesandt. Das letztere bezahlt die Fahrt der Boten. Auch 
nachts ist das möglich. Solche Kulturobjekte werden durch eine 
Oeffnung, durch die nichts anderes durchfallen kann, in den 
Brutschrank hineingeschoben, so daß die Objekte in den Nacht¬ 
stunden für die Kultur nicht verloren gehen. Alles ist umsonst. 

Tagesordnung: 

Diskussion zu den Vorträgen der Herren 
Leono r Michaelis: ., Ehrlich- Hatas Heilmittel 
in der inneren Medizin“ und F. Blumenthal : 

„Ueber Atoxyl und seine Derivate.“ 

Herr Plehn teilt Erfahrungen aus seiner Abteilung mit. 
Er erhält außer Tabes nur veraltete und typische Fälle von 
Syphilis des Nervensystems zur Behandlung. Er hat von vorn¬ 
herein die fraktionierte Sterilisation, die Etappenbehandlung, 
ins Auge gefaßt, nachdem die wiederholte Applikation sich als 
ungefährlich erwiesen hatte. Die Hauptwirkung trat erst nach 
einiger Zeit ein. Die anatomische Heilung ist ja nicht mit klini¬ 
scher Heilung identisch. Das gilt besonders vom Nervensystem, 
wie die Chirurgie gezeigt hat. Daran und an der langsamen 
Wirkung liegt es, daß Redner keine großen Unterschiede er¬ 
kannte, ob 6,4 oder 0,7 g eingespritzt wurden. Ebensowenig 
schien die eine der andern Art der Applikation überlegen. 
Nur geringe Mengen sind nötig, um das Erreichbare zu errei¬ 
chen, Sein Material besteht seit Juni d. J. aus 20 Kranken, sie 
wurden mit 31 Einspritzungen behandelt; 2 Hautfälle von 
auswärts heilten gleich. Eine beginnende Tabes folgte, dann • 
eine ältere Tabes; letztere blieb unbeeinflußt, ebenso ein Fall 
von beginnendem Hepar lobatum. Nach der Injektion gingen 
Milz- und Leberschwellungen bei einem Fall von Lebercirrhose 
zurück: alle übrigen Symptome, zumal Ascites, blieben bestehen. 
Ein Fall von Arthritis ging schnell zurück. Das Hauptmaterial 
stellen Erkrankungen des Rückenmarks und der Nerven. Ein 
Fall hat prinzipielle Bedeutung. Der 20 jährige Kaufmann hatte 
sich im September 1909 infiziert. Im Januar d. J. machte er 
wegen Bubonen eine Schmierkur durch; im März traten Kopf-, 
Nacken- und Brustschmerzen (Intercostalneuralgien) auf; die 
Lungenspitzen waren verdichtet, der Cerebrospinaldruck war 
gesteigert. Es bestand Stauungspapille. Er wurde mit fünf 



776 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


No. 52. 


Calomeleinspritzungen und Lumbalpunktion behandelt. Jod 
vertrug er nicht. Die Stauungspapille ging allmählich zurück. 
Alle anderen Symptome blieben bestehen. Nach Calomel trat 
hektisches Fieber auf. Sein Gewicht ging zurück. Am 4. VII. 
bekam er 0,3 g von Ehrlich-Hata 606. 2 Tage danach war er 
vollkommen entfiebert. Alle Beschwerden waren fort. Er nahm 
in 4 Wochen 10 Pfund zu. Nach 4 Wochen traten neue Sym- 
ptomej Schmerzen. Fieber, Gewichtsverlust auf; am 17. VIII. 
bekam er 0,4 g 606. Nach 3 Tagen absolute Euphorie; er nahm 
um 7 Pfund zu. Das dauerte wieder 4 W'ochen; am 17. IX. 
kamen von neuem die alten Beschwerden. Die Lumbalpunktion 
ergab starken Druck. Eine Entlastung schaffte keine Besse¬ 
rung; er verlor in 6 Wochen 18 Pfund. Am 21. X. bekam er die 
dritte Einspritzung. Nach 3 Tagen waren alle Beschwerden 
fort. Es setzte rapide Zunahme ein, in 13 Tagen um 8 Pfund. 
Redner hat nun nicht auf neue Erscheinungen gewartet, sondern 
nach 4 Wochen wieder 0,4 g gegeben. Die Erscheinungen 
blieben nun fort. Der Kranke ist völlig geheilt; er hat in 2 Mo¬ 
naten um 21 Pfund zugenommen. Hier liegt ein Fall vor, wo 
das E h r 1 i c h sehe Präparat rettend wirkte, nachdem Hg selbst 
in der starken Calomelinjektion nichts mehr zu leisten ver- ! 
inocht hatte. 

Kein Fall hat die Wassermann sehe Reaktion verloren. 
Einmal wurde sie positiv, einmal zweifelhaft, nachdem sie vor¬ 
her negativ gewesen war. einmal nur für kurze Zeit negativ. 
Nur der positive Ausfall kann für die Diagnose wertvoll sein. 

Das Mittel hat also in den wenigen Fällen kürzeren Beste¬ 
hens der syphilitischen Nervenerkrankungen gute Wirkung. In 
ganz veralteten Fällen hat es mehrfach überraschende Besse- ; 
rang und Heilung einzelner Symptome erzielt, z. B. von Blasen- 
und Mastdarmstörungen. Rückfälle sind sonst im Krankenhause | 
nicht beobachtet -worden. Doch sind verschiedene Kranke vor¬ 
zeitig entlassen worden. 

Herr- Dreuw: Von Ehrlichs Therapia magna sterilisans 
stolzem Gebäude sind wir im Begriff einen Stein nach dem 
andern abzureißen. Mit einer Injektion auszukommen, erscheint 
längst zweifelhaft. Es ist die Frage, ob wir an dem Mittel nach 
der Schädigung, die es im Vergleich zum Hg macht, noch so wie 
bisher festhalten werden. Bisher sind nur die günstigen Eigen¬ 
schaften betont worden. Die schlechten sind zu kurz gekommen. 
Es entspricht nur dann den Hoffnungen, wenn es die Spiro¬ 
chäten rascher als Hg abtötet, wenn es die Wassermann- 
sche Reaktion rascher und dauernder verwandelt und Rückfälle 
besser verhindert. 

Schon heute steht fest, daß Hg in allen Punkten dem 606 
in sehr vielen Fällen gleich, in sehr vielen anderen überlegen 
ist, daß Ehrlichs Mittel in anderen Fällen die Symptome 
rasch beseitigt und auch dort noch wirkt, wo Hg versagt; aber 
auch das Umgekehrte kommt vor. Aber jene Fälle werden die 
Hauptindikation für das neue Mittel sein. 

Es ist nicht berechtigt, planlos das Mittel in frischen Fällen 
anzuwenden, wo das Hg gleich oder besser wirkt. Redner hat 
nur einen Fall auf Verlangen mit Ehrlich-Hata behandelt, nach¬ 
dem er vorher alle die Schädigungen bei Prostituierten (er ist 
Polizeiarzt) gesehen hat; sodahn ist er in der Lage, über fünf 
Ehrlich-Injektionen zu berichten, welche in einer Nervenheil¬ 
anstalt mit negativem Resultat vorgenommen wurden. Nach der 
Injektion war ein Fall von Paralyse zu mehreren apoplektifor- 
men Anfällen mit Ausgang in Verblödung ausgeartet. In den 
übrigen Fällen war es ähnlich. Die Wassermann sehe 
Reaktion war immer negativ. Es war immer dasselbe Bild. 
Einige kleine Besserungen traten ja in dem wechselnden Bild 
der Paralyse ein. Auf den Verlauf der Paralyse hat es völlig 
indifferent gewirkt Bei Prostituierten hat er — leider ist eine 
trotz Bestellung nicht zur Demonstration gekommen — acht 
schwere Nekrosen gesehen. Einmal sah er eine Gewichts¬ 
abnahme von 19 Pfund, viermal Rückfälle. Die erste Kranke 
war bleich und abgemagert, Puls 100. Eine Kranke hatte zwei 
Nekrosen im Rücken, eine andere zwei in der Glutäalgegend. 
Ein Teil der Kranken erklärte, sie könnten kaum liegen und 
stehen. Trotzdem müssen sie ihrem traurigen Erwerbe nach- 
gehen. Leben wollen sie doch. Ein Teil drohte direkt mit dem 
Gericht. Eine bisher erwerbsfähige Kranke zeigte Nekrose 
unter der rechten Mammilla. Es herrscht eine direkte Streiklust 
gegen das Ehrlich sehe Mittel bei einem Teil der Prostituier¬ 
ten; sie wollen sich unter keinen Umständen mehr damit be¬ 
handeln lassen. Ein anderer Mißstand ist, daß die Prostituierten 
das Verantwortungsgefühl für die Syphilis zum großen Teil 
verloren haben, weil sie glaubten: Eine Spritze Ehrlich und die 
Lues ist weg! 

Das ist auch für die Praxis des Internen wichtig, weil es 
die Frage der Heirat betrifft. Ein junger Kaufmann wollte trotz 
frischer Lues nach einer Injektion heiraten. 

Bei den Nekrosen besteht geringe Tendenz zur Heilung. 
Die Umgebung ist nicht stark beteiligt. Es entsteht ein In¬ 
filtrat von Apfelgröße, das sich in vielen (bis 12) Wochen er¬ 
weicht und nach außen abstößt. Trotzdem sitzt die schmierig 
braune Masse noch immer in der kraterförmigena Vertiefung. 
Es folgt eine langsame Verheilung der tiefen Geschwüre. Es 


ist alles steril: die Wundränder, die mit As infiltriert sind, haben 
nur geringe Tendenz zur Granulation. Das Epithel krempelt 
sich nach innen um. Manchmal ist Exzision nötig. 

Ob das Hg wirklich so schlecht wirkt wie behauptet wird, 
ist noch recht fraglich. Redner verfügt über 287 Prostituierte, 
die Lues in einem Zeitraum bis vor 31 Jahren erworben haben. 
Er hat sie befragt. Von ihnen haben 137 nur eine Kur ge¬ 
macht. Sie stehen nun unter fortwährender Kontrolle. Es sind 
also in einer Reihe von Fällen, in 50 pCt., die Kranken nach 
einer Kur symptomenlos geworden. 

Es steht noch nicht fest, wie man das Hata anwendet; be¬ 
züglich der Indikation wissen wir noch nichts Sicheres. Wahr¬ 
scheinlich eignet es sich nur für die Fälle, die gegen Hg und 
Jod refraktär sind, oder für schwere tertiäre Fälle. 

Herr Fr. Lesser: Ehrlich-Hata 606 ist in allen Stadien und 
Erscheinungen der Lues wirksam. Bei Gewebszerstörungen ent¬ 
faltet es zauberhafte Wirkungen. 

Die Lues der internen Medizin besteht in Degeneration der 
Inneren Organe. Hier ist die zauberhafte Wirkung des Mittels 
zu einem Löwenanteil zu beobachten. Die Lues beschäftigt den 
Internisten meist im Spätstadium, wo Rezidive fast nie Vor¬ 
kommen. Gerade die im Spätstadium auftretenden Erkrankungs¬ 
formen der inneren Organe sind .sehr arm an Spirochäten, so 
daß man die zauberhafte Beeinflussung der Lues nicht durch 
die spirochätentötende Wirkung des Präparates erklären kann. 
Redner verfügt über 3 Fälle von Lungenlues. Der erste war ein 
Todeskandidat, hatte hohes Fieber, häufige Erstickungsanfälle, 
außerdem 6 pro Mille Albuinen (nach Typhus erworben). Red¬ 
ner injizierte 0,3 Hata. Schon nach zwei Tagen ließen die Er- 
stickungsanfälle nach; der Eiweißgehalt ging auf 0,5 pro Mille 
herunter. Der zweite Fall war leichter, aber nicht einwandfrei, 
da Asthma mit Heredität kompliziert bestand. Die Infektion lag 
acht Jahre zurück. Wassermann war positiv; vor % Jahren 
war die Lungenaffektion entstanden; nach Hg trat Besserung 
ein, aber die Kurzatmigkeit blieb. Nach Injektion von Hata 
fühlte sich der Kranke freier. Der dritte war ein schwerer Fall 
mit hohem Fieber und diffusen Rasselgeräuschen; er wurde 
durch Hata absolut nicht beeinflußt. Mergal in innerlicher Dar¬ 
reichung brachte nach 14 Tagen einen großen Erfolg. 

Dann hat Redner noch Fälle von Tabes und Paralyse, aber 
ohne Erfolg, behandelt. Die Kranken waren sehr zufrieden und 
batten bedeutend an Gewicht — bis zu 10 kg — zugenommen. 
Die objektiven Erscheinungen besserten sich nicht. Ungesetz¬ 
mäßig sind die Erfolge des Ehrlich sehen Mittels. Es ist nicht 
so spezifisch wie Hg. Aus der präzisen Wirkung von Hg und 
J haben wir in diagnostischer Beziehung immer bedeutende 
Aufklärung erfahren. Diese Methode ist sogar oft der Was¬ 
sermann sehen Reaktion überlegen. — Durch kleinere Dosen 
Hata hatte Redner genau so gute Erfolge wie durch große Dosen, 
vielleicht sogar bessere. 

Es ist ein vorzügliches As-Präparat das gestattet, große 
Mengen As auf einmal einzuführen. Alle Heileffekte lassen sich 
durch organotrope Wirkung, Steigerung des Stoffwechsels und 
erhöhte Antikörperbildung erklären. A g a z i hat dies experi¬ 
mentell gegenüber abzutötenden Typhusbacillen nachgewiesen. 
Die zauberhaft schnelle Granulierung und Epithelisierung der 
Ulcera läßt sich nur durch gesteigerte Vitalität der Zellen er¬ 
klären. Das Mittel übt eine elektive Wirkung auf krankes Ge¬ 
webe aus. Daher wird es auch bei nicht syphilitischen Dermato¬ 
sen mit Erfolg angewendet. 

Herr Ritter hat auf Grund der Berichte von Heilung erb¬ 
syphilitischer Säuglinge durch die Milch ihrer mit Hata behan¬ 
delten Mütter die Kinder mit den Müttern zur Behandlung auE- 
genommen. Das erste war ein acht Tage altes Kind, kräftig 
gebaut, ausgetragen. Es war aufgenommen, weil in der Ent¬ 
bindungsanstalt der Verdacht auf Lues sich geregt hatte. Die 
Erscheinungen waren visceral, Leber und Milz stark geschwol¬ 
len; Wassermann bei Mutter und Kind positiv, Coryza papulo- 
pustulöse Effloreszenzen. Sie wurden zunächst stärker, dann 
kam ein asphyktischer Anfall; bei der Mutter wurde eine In¬ 
jektion von 0,5 g ausgeführt. Die lokalen Erscheinungen gingen 
zurück, kamen dann wieder; aber die visceralen bestanden in 
voller Ausdehnung weiter und führten zum Tode. Bei der 
17 Stunden nach dem Tode durch Oest reich ausgeführten 
Sektion fand sich Osteochondritis syphilitica. Hyperplasia 
lienis, Hepatitis Pneumonia interstitialis et hypostatica und me¬ 
tastatische Ostitis. Das zweite Kind war gut entwickelt und 
kräftig; es zeigte Hautsymptome, verdickte Handteller- und Fu߬ 
sohlenhaut, makulo-papuloses Syphilid an den Armen. Wasser¬ 
mann bei Mutter und Kind positiv. Das Kind hielt Redner für 
einen leichten Fall. Die Mutter wurde mit 0,4 g behandelt. 
Auch hier besserten sich die lokalen Erscheinungen so gut wie 
gar nicht; sie schienen sich häufig zu verschlimmern. Schlimm 
war nur, daß die bisher nicht bemerkten visceralen Affektionen 
in Erscheinung traten. Es ging unter asphyktischen Anfällen 
zugrunde. Die Sektion ergab wieder Beteiligung der Leber 
und Milz sowie Bronchopneumonia multiplex. Beide Kinder 
sind nicht an der Lues selbst, sondern an sekundären Infektio¬ 
nen gestorben; die wären aber bei Brustkindern mit anderen 



No. 52. THERAPEUTISCHE 

Methoden verhindert worden. Es ist dies also eine Methode, die 
noch nicht ganz spruchreif ist. Denn der Uebergang der Heil¬ 
wirkung durch die Milch war bisher nur auf wenige Fälle auf¬ 
gebaut. Beiden Müttern ist das Mittel ausgezeichnet bekommen. 

Herr Pcritz hat 28 Fälle auf der zweiten medizinischen 
Klinik mit 606 behandelt. Eine zauberhafte Wirkung hat er 
nie. in einigen Fällen eine günstige gesehen. Darunter waren 
5 Fälle von Lues hepatis, bei denen das Mittel zwar schnell die 
Schmerzen beseitigte; objektiv trat keine Besserung ein. Die 
Schmerzen sind nicht auf die Dauer geschwunden. Denn die 
Kranken kamen teilweise mit größeren Schmerzen wieder. Dann 
waren 5 Fälle von Lues cerebrospinalis in Behandlung. Sie sind 
die günstigsten gewesen. Fast alle wurden gebessert; anders war 
es einmal mit einem hereditären Falle von multipler Sklerose; 
Wassermann ist aber positiv geblieben. Einmal wurde Paralysis 
progressiva behandelt. Die Größenideen etc. schwanden 
schnell. Aber 6 Wochen später klagte Pat. über Ohrensausen 
und war fast taub. Die Schwerhörigkeit verschwand nach der 
zweiten Injektion, aber das Ohrensausen blieb. Aber es trat 
nach 14 Tagen Psoriasis palmarum auf, die blieb. Bei 11 Tabes¬ 
fällen war keine Besserung zu verzeichnen, nur einmal schwand 
die Pupillen starre auf einem Auge: beide Augen waren wieder 
gleich groß und gerundet. Aber allmählich nahm nach zwölf 
Wochen die PupiUenreaktion wieder ab. Wassermann ist 
positiv geblieben. Bei Lues cerebri wirkte das Präparat günstiger 
als Hg. Bei Metasyphilis ist der Erfolg negativ oder nicht sehr 
viel versprechend. Epilepsie nach hereditärer Lues schien sich 
zu bessern; die Anfälle schwanden anfangs; sie sind jetzt 
wieder da. 

Herr Isaak: Die Nebenerscheinungen des Präparates, die 
trotz aller Verbesserungen auftreten, bedürfen der Erörterung. 
Er hat 300 Fälle behandelt. Dahin gehört die Schmerz¬ 
haftigkeit, die nie ausblieb. Frauen vertragen die Einspritzun¬ 
gen-besser als Männer. Die Größe der Schmerzen hängt von 
der Menge ab. Kachektische vertragen das Mittel schlechter. 
Der Modus der Injektion und der Grad der Infektion spielen 
ebenfalls eine Rolle. Wichtig ist aber das Vehikel, in dem 
injiziert wird. Redner hat fast alle Methoden benutzt, mit dem 
Ergebnis, daß er alle wegen der Schmerzhaftigkeit und zu¬ 
weilen auftretenden Nekrosen verlassen hat. Vorläufig scheint 
es nach fast 150 Fällen, daß die einfachste und beste Methode 
die ist, daß man das Präparat in Oleum amygdalarum sterili- 
satum auflöst. Er .hatte so große Erfolge; 0 5 in 10 g Oel spritzt 
man intraskapulär subkutan ein. Außer leichter Infiltration und 
Schmerzhaftigkeit sah er weder Fieber noch andere Erscheinun¬ 
gen. Ein großer Wert ist auf die lokale Desinfektion zu legen. 
Nach Aether- und Alkoholbehandlung ist die Einreibung der 
Jodtinktur von Wert. Die intravenöse Injektion hat er eben¬ 
falls oft ausgeführt; es ist aber fraglich, ob diese Art zu empfeh¬ 
len ist. Sie ist durchaus nicht gleichgültig. Viele bekommen 
direkt Kollaps, Erbrechen und hohes, 2—3 Tage dauerndes 
Fieber. Auch ist sie ein Eingriff, der Apparate und technische 
Gewandtheit erfordert; zwei Aerzte sind zur Assistenz nötig. 
Oft läßt sich die Vene gar nicht finden. Und die Kranken sträu¬ 
ben sich dagegen. Es ist aber nicht nötig, zu einem so heroischen 
Mittel zu greifen. Er hat mit 0,5—0,7 g die besten Erfolge mit 
seinem Verfahren gehabt. Auch der therapeutische Effekt ist 
nicht schlechter. Die Zahl der Rückfälle ist verhältnismäßig 
sehr gering; es waren kaum 20 pCt., bei der früheren Behand¬ 
lung mit J und Hg 100 pCt. 

Hierher gehören drei Fälle von primärer Genital- und zwei 
von Lippensklerose. Sie kamen zu ihm 30—40 Tage nach der 
Infektion. Spirochätenbefund und Wassermann positiv. Sie 
wurden injiziert und heilten tadellos; die Drüsenschwellungen 
gingen zurück und die Erscheinungen der Lues blieben aus. 
Die Wassermannsche Reaktion blieb positiv, wurde aber 
immer geringer; am 100. Tage war sie negativ. Sie waren mit 
0,5 g behandelt worden. Eine ganze Zahl von Kranken sind 
mit ganz kleinen Dosen behandelt worden. Bei solchen 
Kranken hat Redner ohne weitere Behandlung genau wie früher 
mit dem unlöslichen Hg-Salz mit 0,1 pro Woche behandelt. 
Er hat eine große Zahl gesehen, die lange vergeblich mit Hg 
und J behandelt wurden imd manchmal schon nach 1—2 Ein¬ 
spritzungen von Erscheinungen der Lues völlig befreit wurden. 

Nicht ohne Bedeutung ist die Tatsache, daß die lästige 
Mundpflege und die anderen Erscheinungen der J- und Hg-Ver- 
giftung wegfallen. Schwere maligne Fälle von Lues wurden 
in allen ihren Formen günstig beeinflußt. Sind doch anderer¬ 
seits nach Injektionen von grauem Oel, die man in diesen ver¬ 
zweifelten Fällen gab, in wenigen Jahren 80 Todesfälle gezählt 
worden. Bei As-Injektionen wurden aber nur. wenig Todes¬ 
fälle, die mit dem Mittel nicht in direktem Zusammenhang 
stehen, sowie wenige schwere Organzerstörungen bekannt. 
Hierher gehört eigentlich nur ein Fall, Gummi des Larynx, der 
bald nach der Injektion tot aufgefunden wurde. 

Herr Toinaszewski: Wir wissen bisher nur wenig über das 
neue Mittel, nämlich, daß bei der bisherigen Anwendungsweise 
ernste Nebenwirkungen zu fürchten sind, und daß erreicht wird, 
was in der Mehrzahl aller Fälle durch Hg-Kuren erreicht wird- 


RUNDSCHAU 1910. 


Der springende Punkt ist, daß wir heute wissen: Wir können 
die Lues nicht mit einer Injektion heilen; wir sind gezwungen, 
zur Etappenbehandlung zurückzukehren. Dann treten die ört¬ 
lichen Nebenwirkungen der Injektion wieder in den Vorder¬ 
grund. Die beste Methode unter den extravenösen ist die A 11 - 
sehe Methode, sie macht aber Schmerzen. Die Oelinjektionen be¬ 
dingten die meisten Rückfälle, und die schlechtesten Resultate 
geben die Verfahren von Wechselmann und Micha¬ 
elis , weil oft dauernde Nekrosen etwa wie Röntgenulcera ent¬ 
stehen. Diese Nebenwirkungen bedingten den Uebergang der 
besser sehen Klinik zur intravenösen Injektion; aber auch sie 
ist nicht besser. Sie ist es nur in bezug auf örtliche Nebenwirkun¬ 
gen. Die Technik ist nicht schwierig, aber auch nicht einfach. 
Aber gefährlich ist, daß die Injektion sehr häufig wiederholt 
wird. Zu betonen sind immer die Fälle Fingers; sie sind 
ungeheuer seltene Erscheinungen; aber sie warnen uns, eine 
Injektion häufig zu wiederholen. 

Herr Ileymann hat etwa 80 Fälle und ist mit dem Erfolg 
sehr zufrieden. Wesentlich ist, daß die Wirkung in den meisten 
Fällen sehr rasch eintritt. Sie ist sehr eingreifend und für die 
lebenswichtigen Organe rettend. So hatte Redner ein gummöses 
Geschwür am weichen und harten Gaumen zu sehen Gelegen¬ 
heit. Eine persistent bleibende Perforation war zu fürchten; 
am 'Abend wurde noch injiziert und nach 6—7 Tagen Pat. 
absolut geheilt entlassen; jetzt nach neun Wochen noch kein 
Rezidiv. Dieselbe Wirkung machte sich bei der seltenen gum¬ 
mösen Erkrankung des Gaumens geltend, die flächenhaft sich 
verbreitet und aussieht, als ob mit einem Schabeisen darüber¬ 
gewischt wäre. Die Oberfläche ist wund und Geschwüre und 
einzelne, nekrotische, weiße Stippen sitzen darauf. Sie heilt 
nie ohne erhebliche Verwachsungen; oft sind es schwerste Ver¬ 
wachsungen im Rachen. Redner hat in vier Monaten zwei 
solcher Fälle gesehen, die ohne jede Verwachsung geheilt sind. 
Er nahm 31 intravenöse Injektionen vor. Er hat sie zum Teil 
(7—8) mit alleiniger Hilfe einer ungewandten Wärterin- 
Schülerin ausgeführt. Sie sind ganz gut vonstatten gegangen 
und hatten Erfolg. Auch Redner hat Rezidive gesehen; aber 
sie waren spärlich. Die Nekrose hat er bei 50 intraglutäalen 
und subkutanen Injektionen nur einmal gesehen. 

Herr Sticker spricht über die As-Therapie bei Krebs und 
besonders Rundzellen-Sarkomen. Es lag nahe, nach Sol. Fowleri 
auch das Atoxyl beim Hunde zu benutzen. Das Atoxyl zeigt 
bei Sarkomen bald wachstumfördernde, bald wachstum¬ 
hemmende, also keine spezifische Wirkung; es ist eine hämo- 
tropes Agens; es erzeugt schwere Blutkrankheiten und 
schwerste hämorrhagische Nierenentzündungen. Später gab er 
Arsacetin ohne spezifische Wirkung. Bei höheren Dosen hat es 
toxische Wirkung. Redner demonstriert einen Hund, der 
03 g Hata vor acht Tagen bekommen hat. Am fünften Tage 
erreichte das Infiltrat seinen Höhepunkt und klingt nun langsam 
ab. Große Schmerzhaftigkeit ist nicht vorhanden. Die Impf¬ 
tumoren (Sarkom) sind, wenigstens seit 2—3 Tagen, kleiner 
geworden. Die hämotrope Wirkung des Mittels ist noch ge¬ 
ringer als die des Arsacetins. 

E h r 1 i c h zeigte gerade, daß das Mittel baktericid wirkt. 
Er hat ja damit die Immunität festgestellt. Was die Wirkung des 
Atoxyl beim Menschen anlangt, so hat Redner es als ein wir¬ 
kungsvolles, nicht giftiges Adjuvans bei inoperablen Geschwül¬ 
sten kennen gelernt. Er hat den Urin mit der Alpha-Naphthol- 
Methode nach Blumenthal untersucht. Danach erfolgt die 
Hauptausscheidung des As fast immer in den ersten 2 Stunden. 
Dosen von 0,1—0,2 g haben nie Spuren von Eiweiß ergeben. 
Methämoglobin hat er nie gesehen. Mode. 


III. Therapeutische Notizen. 

Dr. Dreuw (Berlin) wendet bei der Behandlung jucken¬ 
der Dermatosen mit gutem Erfolg warme bewegte Luft 
an (Deutsche med. Wochenschrift, 1910, No. 43). Er verwendet 
über den Elektrokauter streichende, warme bewegte Luft, wie 
sie in den verschiedensten Apparaten des Handels erzeugt wird. 
Die juckstillende Wirkung ist ganz ausgesprochen. Patienten, 
die nächtelang vor Jucken nicht schlafen konnten, fühlen sich 
manchmal schon nach einer einmaligen Bestrahlung so er¬ 
leichtert, daß sie eine ruhige Nacht verbringen. D. hat die 
warme bewegte Luft u. a. bei verschiedenen Fällen von Ekzema 
pruriginosum scroti, bei Pruritus ani und Kraurosis vulvae, 
ferner bei akuten nässenden Ekzemformen, bei Ulcus cruris 
und bei Ulcus molle und durum angewendet; überhaupt bei 
allen ulcerierenden Hauterkrankungen empfiehlt D. die An¬ 
wendung der warmen bewegten Luft. Er geht in der Regel so 
vor, daß er mit dem Warmluft-Apparat jeden Tag 1—2 mal etwa 
15 Minuten lang eine warme Luftdusche gibt. Die Temperatur 
wird durch Annähern oder Entfernen des Apparates in der 
Weise geregelt, daß der Patient sie eben noch ertragen kann. 
Bei Ekzema scroti et ani wird dann als Adjuvans noch ein Ver¬ 
band mit Ung. diachylon carbolisat. (2proz.) recent. parat, 
mittels eines Suspensoriums appliziert. Bei geschwürigen Er- 






778 


No. 52. 


THERAPEUTISCHE RUNDSCHAU 1910. 


krankungen der Haut, namentlich bei Ulcus cruris und rnolle, 
sowie bei allen nässenden Hautaffektionen hat die warme be¬ 
wegte Luft eine intensive Heilwirkung. Bei der Behandlung 
kleinerer Ulcera setzt D. auf das Ausführungsrohr des elektri¬ 
schen Apparates noch einen urethroskopischen Tubus auf, um 
die Wirkung auf das Ulcus zu konstatieren. Bei allgemeinem 
Pruritus appliziert D. warme Luftdusche des ganzen Körpers. 
Für besser situierte Patienten verordnete er einen der im 
Handel befindlichen, an jede elektrische Leitung anzuschließen¬ 
den Apparate, mit dem der Patient sich selbst behandeln kann. 

■ R. L. 


IV. Tagesgeschicnte. 

Standesangelegenheiten. Medizinal-Gesetzgebung, soziale 
Medizin etc. 

Berlin. Entscheidungen des preußischen ärztlichen 
Ehrengcrichtshofs (Ministerialbl. f. Medizinal- und medizinische 
Unterrichtsangelegenheiten, 1910, NNo. 19 und 20.) (Schluß.) 

10. Beschluß vom 5. April 1910. 

Reklame von Heilanstalten. 

Der Angeschuldigte war vom Ehrengericht wegen standes¬ 
unwürdiger Reklame verurteilt worden; von der höheren Instanz 
wurde er kostenlos freigesprochen, weil die Art 
der von ihm gemachten Reklame nicht als standesunwürdig 
angesehen werden konnte. Als Inhaber einer Augenheilanstalt 
hatte er ohne jede Anpreisung seine Anstalt in 6 Anzeigen, die 
über 1V 3 Monate verteilt waren, dem Publikum bekanntgemacht 
und die Annoncen bereits vor dem Eingreifen des Ehrengerichts 
spontan eingestellt. Für Heilanstalten in einer Großstadt ist 
nach Ansicht des Ehrengerichtshofes eine inhaltlich einwand¬ 
freie Reklame, falls sie sich in gewissen Grenzen hält, durchaus 
gestattet. 

11. Beschluß vom 22. November 1910. 
Ausstellung eines Diploms über erteilten 

Unterricht in der Naturheilkunde. 

Der Angeschuldigte war vom Ehrengericht mit einem Ver¬ 
weise und einer Geldstrafe von 100 M. bestraft worden, weil 
er einer von ihm unterrichteten Person ein Zeugnis obigen In¬ 
halts ausgestellt hatte, in dem er gleichzeitig reklamehafte An¬ 
gaben über sein Heilinstitut untergebracht hatte. Die von ihm 
ohne Begründung eingelegte Beschwerde wurde vom Ehren¬ 
gericht verworfen. 

12. Beschluß vom 22. November 1909. 

Verstößt ein Arzt, der seinen Patienten 
empfiehlt, die von ihm verordneten Heil¬ 
mittel in einer bestimmten Apotheke oder 
Drogenhandlung zu kaufen, gegen die Pflich¬ 
ten seines Standes? 

Die Verurteilung war erfolgt, weil der Arzt einem Patienten 
ausgestellte Rezepte in einem Umschlag mit der Adresse einer 
bestimmten Drogenhandlung übergab. Das Ehrengericht hielt 
die Verurteilung für gerechtfertigt, weil durch ein solches Ver¬ 
halten des Arztes der Verdacht erweckt wird, als hätte er 
einem Geschäftsmann bestimmte geschäftliche Vorteile zu¬ 
wenden wollen, überdies habe der Arzt gegen das Medizinal¬ 
edikt vom 27. September 1725 und die Verordnung vom 17. No¬ 
vember 1798 verstoßen, durch welche den Aerzten verboten 
werde, ihre Patienten an bestimmte Apotheken zu verweisen. 
Beide Verordnungen bezögen sich sinngemäß auch auf Drogen¬ 
handlungen; ihre fortdauernde Gültigkeit sei durch höchst- 
instanzliche Gerichtsentscheidung festgestellt. Wegen der Ge¬ 
ringfügigkeit des Verstoßes erkannte das Ehrengericht anstatt 
der erstinstanzlich verhängten Geldstrafe auf bloße Warnung. 

13. Beschluß vom 22. November 1909. 

1. Ausstellung eines ärztlichen Attestes unter 

Verschweigung wesentlicher Momente. 

Vom Ehrengericht war der Angesc.huldigte mit einem Ver¬ 
weise und einer Geldbuße von 200 M. bestraft worden, weil er 
einer Lehrerin die Notwendigkeit eines Erholungsurlaubs be¬ 
scheinigt und in dem Attest das Bestehen der Schwangerschaft 
verschwiegen hatte, trotzdem ihm diese — die Entbindung fand 
etwas über 3 Monate nach der betr. Untersuchung statt — da¬ 
mals nicht hätte entgehen können. Der Ehrengerichtshof be¬ 
stätigte das erstinstanzliche Urteil, da der Angeschuldigte nichts 
Wesenliches zu seiner Entlastung beizubringen vermochte. 
Fahrlässigkeit bei Ausstellung von Attesten, die zum Gebrauch 
für Behörden bestimmt sind, betrachte der Ehrengerichtshof als 
besonders schwere Verfehlung gegen die Berufspflicht. 

2. Ausstellung eines Attestes, in welchem be¬ 
scheinigt wird, daß die vorgenommene Des¬ 
infektion „den sanitätspolizeilichen Vor¬ 
schriften“ entspreche, obwohl dies tatsäch¬ 
lich nicht der Fall war. 

Der erstinstanzlich Verurteilte hatte über eine zwar sach¬ 
gemäß unter seiner Aufsicht, aber nicht genau nach den mini¬ 


steriellen Anweisungen ausgeführte Desinfektion mit dem be¬ 
anstandeten Ausdruck attestiert. Das Ehrengericht sprach 
ihn kostenlos frei, weil die maßgebenden Vorschriften 
die Einschränkung „soweit tunlich“ enthalten und das Ver¬ 
fahren des Arztes bei der Desinfektion somit keinen Verstoß 
gegen die gesetzlichen Vorschriften enthalte. Die von ihm in 
seinem Attest gebrauchte Ausdrucksweise stelle sich daher 
nur als ein formales Versehen dar, das eine Verfehlung gegen 
j die Pflicht gewissenhafter Berufsausübung noch nicht in sich 
J schließe. 

Universitätswesen, Personalnacliricliten. 

Berlin. Franz König f- Wieder hat die medizinische Wis- 
j senschaft Deutschlands einen herben Verlust erlitten: Am 12. 
j Dezember ist hierselbst einer der Altmeister der modernen Chi- 
j rurgie. der Geheime Medizinalrat Prof. Dr. Franz König 
j gestorben. Sein Tod erfolgte an Lungenentzündung im Charite¬ 
krankenhause, an der Stätte seiner früheren Wirksamkeit, 
wohin er sich tags zuvor hatte bringen lassen. — Ueber den 
Lebenslauf des Dahingeschiedenen sei in gedrängter Kürze 
folgendes mitgeteilt: Am 16. Februar 1832 zu Rotenburg 
a. d. Fulda als Sohn eines landgräflich-hessischen Leibarztes 
geboren, machte Franz König seine medizinischen Studien 
in Marburg und Berlin und beendete sie 1855 durch die Pro¬ 
motion in Marburg und die 1856 in Kassel erfolgte Ablegung 
der ärztlichen Staatsprüfung. Nachdem er darauf kurze Zeit 
in der Kaltwasserheilanstalt Alexanderbad im Fichtelgebirge 
als Assistent tätig gewesen war, bijdete er sich an der medizini¬ 
schen Klinik in Marburg und weite! - in Berlin unter Langen- 
beck und v. G r a e f e weiter. Von 1858 bis 1860 war er dann 
Assistent des Chirurgen W. Roser in Marburg. Vorüber¬ 
gehend war er darauf als Arzt in Homberg in Hessen tätig. 
Nachdem er in dieser Zeit das Physikatsexamen gemacht hatte, 
wurde er zum Amtsarzt in Hanau ernannt und ihm gleichzeitig 
die Leitung der chirurgischen Abteilung des dortigen Land¬ 
krankenhauses übertragen. Die hervorragenden wissenschaft¬ 
lichen Arbeiten auf dem Gebiete der Chirurgie, zu denen ihm 
diese Stellung Anlaß gab. verschafften ihm im Jahre 1869 die 
Berufung auf die ordentliche Professur der Chirurgie in Rostock, 
der er gern Folge leistete. 1875 erhielt er das Ordinariat in 
Göttingen und endlich 1895 wurde er als Nachfolger v. Barde¬ 
lebens zum ordentlichen Professor der Chirurgie in Berlin 
ernannt, wo er die chirurgische Klinik der Charite zu leiten 
hatte. Schon dreizehn Jahre früher hatte er eine Anfrage wegen 
Uebernahme des durch den Rücktritt B. v. Langenbecks 
erledigten anderen Lehrstuhls der Chirurgie erhalten, dem Rufe 
aber wegen seines damals schwankenden Gesundheitszustandes 
keine Folge gegeben. In Berlin wirkte er bis 1904, wo er frei¬ 
willig vom Lehramt zurücktrat, nachdem noch die neue chirur- 
| gische Klinik der Charite nach seinen Plänen erbaut war. 
j Geistesfrisch und wissenschaftlich tätig war König bis zum 
Lebensende: vielfach beteiligte er sich an den Verhandlungen 
| wissenschaftlicher Vereinigungen, In seiner langen Laufbahn 
hat Franz König eine so umfassende publizistische 
Tätigkeit auf dem Gebiete der Chirurgie entfaltet, daß wir auf 
eine Aufzählung auch nur des Wichtigsten hier verzichten 
müssen; wir wollen nur erwähnen, daß er besonders her¬ 
vorragend an der Ausbildung der Knochen- und Gelenk¬ 
chirurgie beteiligt war, ein Teilgebiet der Chirurgie, auf dem er 
in Deutschland als oberste- Autorität betrachtet wurde. Am be¬ 
kanntesten aber ist sein Name unter den deutschen Aerzten wohl 
durch sein als Standard work geltendes großes Lehrbuch der 
speziellen Chirurgie geworden, das seit seinem ersten Erschei¬ 
nen (1876) mehrere Auflagen erlebte. 

Wien. Im Alter von 61 Jahren starb hierselbst der aus der 
Schule Meynerts hervorgegangene Extraordinarius der 
Psychiatrie Prof. Johann Fritsch. Er war seit 1880 Privat¬ 
dozent und seit 1893 außerordentlicher Professor. Am Wiener 
Landgericht fungierte er als psychiatrischer Sachverständiger. 

— Der Professor der Pharmakognosie Dr. Josef 
M o e 11 e r ist vom Philadelphia College of Pharmacy zum 
Ehrenmitglied ernannt worden. 

Prag. Der Privatdozent der Gynäkologie Dr. W i 1 h e 1 m 
F i s c h e I ist gestorben. 


V. Amtliche Mitteilungen. 

Personalia. 

Preußen. 

Auszeichnungen: Stern zum K ö n i g 1. Kronen- 
Orden 2. Kl.: Marine-Generalarzt z. I). Eiste in Schöne- 
| berg. 

Roter Adler- Orden 4. Kl.: San.-Rat Dr. Weszkalnys 
in Königsberg i. Pr. 


Verantwortlich für den redaktionellen Teil: Dr. H. Lohnstein, Berlin W. 50, Tauentzienstraße 7a. für den Inseratou-Teil: Richard Hess, Berlin' 
Verlag' von Oscar Cohlentz, Berlin W. MO. Maassenstraße 13 — Druck von Carl Marsch ner, Berlin SW, Ales.andrLnensfcraße 110 





Allgemeine 




,'y-d,tv 


Dr. Th. Lohnstein 


Dr. H. Lohnstein 





BERLIN W 


Ver lag der öligem einen jSlediGinisehen öbntr al-ZeitnGg. 

; /-r / (Oscar Coblentz.) 













( 


Sach- und Namen-Register. 

Die in dem Abschnitte „Tagesgeschichte“ enthaltenen Notizen sind, soweit sie nicht in besonderen Stichwörtern berücksichtigt sind, unter 
den Sammel-Stichwörtern: Ehrengerichtswesen, Epidemieen, Gerichtliches, Heilanstalten, Krankenversicherungswesen, Kurpfuscher, Kur¬ 
pfuschertum, Medizinalgesetzgebung, Preise un'd Preisstiftungen, Sanitätswesen, Sozialmedizinische Bestrebungen, Standesangelegenheiten, 
Stiftungen, Universitäts- und Unterrichtswesen, Vereine etc. aufzusuchen. 


I. Sach-Register. 


A 

Abdominalorgane, Röntgendiagnose der 
Lageveränderung der — 193. 

Abdominaltyphus, Harninfektion b. — 415. 

Abducenslähmung b. Otitis med. ac. 518. 

Abführmittel „Aperitol“ 73. 

— Einfluß der — auf die Verdauungs¬ 
bewegungen 268. 

Abort, d. Indik. z. künstl. — als Schutz d. 
intraut. Menschenlebens 141. 

—, Miliartuberkulose i. Anschluß an — 244. 

—, Pathogenese d. sept. —es 572. 

Abortus, z. Behdlg. des habituellen — 382. 

Acetonalkoliol i. d. Desinfektion d. Opera¬ 
tionsfeldes 117. 

Acetonkörper 323. 

Acetonurie b. Asthma bronch. 31. 

Acetylsalicylsäure-Tabletten oder Aspirin- 
Tabletten? 151. 

Achylia gastrica 229. 

Acid. arsenic., Einfluß auf Typhusbacillen 
581. 

Aciditätsbestimmung d. Magensaftes 302. 

Acidose, diabetische — 318. 

— . therapeut. Bewert, d. diabetischen — 
297. 

Acne necrotica s. varioliformis 671. 

Addisonsche Krankheit u. angebor. Pul- 
monalstenose etc. 200. 

—. Untersuch, bei A. K. 339. 

Adenoider Habitus, Fall v. a. H. 137. 

Adenom d. Nabels 34. 

Adenomyometritis. diffuse — 247. 

Adenotom, ein neues — 123. 

Aderlaß ein unentbehrl. Heilmittel i. d. 
Medizin 192. 384. 

— b. Kreislaufstörungen 439. 

Adnexe, extraperiton, vagin. Exstirpat. 
carcinomatöser — 234. 

Adnexerkrankungen u. Appendicitis 121. 

— in Beziehung zur Appendicitis 461. 

—, operat. Bhdlg. entzündl. — 697. 

Adoleszenz, Herzbeschwerden i. d. — 424. 

Adrenalin als Antidot 130. 

— u. Osteomalacie 504. 

Aegypten, Klima etc. v. — 24. 

—s Bedeutung f. d. Behdlg. d. Lungen¬ 
tuberkulose 423. 

Aerztin. d. — im Hause 646: 

Aerztliche Berufstätigkeit in juristischer 
Beleuchtung 429. 

— Kunst, Grenze d. —n — 688. 

Aeskulap, der gekitzelte — 110. 

Aetherrausch, über langdauernden — 297. 

Aetherwellen, über Transthermie u. d. The¬ 
rapie mit — 410. 

Aethylchlorid-Sauerstoff-Narkose 529. 

Agglutination, Verhalten d. Darmbakterien 
hinsichtlich d. — 52. 

Agglutinatorisches Verhalten der Enteritis¬ 
bakterien 431. 


Aktinomykose, Demonstr. einer isol. — d. 

Speicheldrüse 316. 

—, operiert. Fall v. Lungen— 589. 
Aktinotherapie d. Hautjuckens 279. 
Albuminurie, über einseitige orthotische — 
467. 

—, experimentell erzeugte —-n 25. 

—, zur Frage d. orthot. — 171. 

—, zur Kenntnis d. Obstipations— 456. 

—. lordot. — mit urämischen Anfällen 500. 
Algeoskopie, Diagnose d. Neuralgien durch 
276. 

Alkalische Salze b. stenokard. Anfällen 207. 
Alkohol, analept. Wirkung d. —s 409. 

— u. Blutdruck 491. 

—-, Einfluß auf d. optisch. Bewußtsein 90. 
- u. Jod zur Hautdesinfektion 324. 

—% Rolle im Arbeiterhaushalt 533. 
Alkoholdesinfektion 229. 

— der Hände ohne vorheriges Seifen 425. 
Alkoholeinspritzungen b. Neuralgien 276. 
Alkohol-Händedesinfektion, vereinfachte 

Methode d.-571. 

Alkoholfreie Ersatzgetränke 490. 
Alkoholische Getränke, Verausgabung für 
-i. England 533. 

— Polyneuritis 543. 

—r Eifersuchtswahn 490. 

Alkoholismus, Atrophie d. Hodens b. chron. 

— 491. 

—, z. Pathologie 527. 

Allaitement mixte u. Brustkinder 513. 
Allergie. Beiträge zum Studium d. kutanen 
—n 693. 

Alopecia tot. träum, m. Augenmuskelläh¬ 
mungen 63. 

Alttuberkulin gegen d. chron. Tuberkulose 
d. Kaninchens 642. 

— Koch, Endotin, die isolierte spezif. Sub¬ 
stanz d. A. K. 714. 

Aluminium. Verhalten d. —s i. Magen- 
Darmkana.l 134. 

Aluminiumsubacetat b. Gonorrhoe 582. 
Alypin f. d. Zwecke d. Lokalanästhesie 646. 
Alypinum nitricum als lokales Anästheti- 
cum 461. 

— — als ungiftiger Kokain-Ersatz b. d. 
subkut. Hg-Therapie 254. 

Amaurose, transitorische 693. 

Amenorrhoe, Ovarin-Poehl bei — 673. 

— u. tertiäre Syphilis 546. 
Amidoantipyrin, zwei neue Abkömmlinge 

d. —s 268. 

Amidoazotoluolöl, Epithelwucherungen 
d. Injektion v. — 324. 
Amidoazotoluolsalbe i. d. Wundbehldg. 604. 
Amme. Bedeutg. d. posit. Wassermannschen 
Reaktion m. Frauenmilch f. d. Wahl d. 

— 623. 

Ainöben-Dysenterie, Behdlg. d. — 514. 


Amylalkohol (Fuselöl), Nachweis v. — in 
spirituös. Lösungen 157. 

Anämie, Blutinjektionen b. schwerer — 

425. 

—. Blutregeneration bei — 316. 

—, Entstehung u. Behdlg. d. sekundären 
—n 302. 

—. über experim. — durch Saponinsub¬ 
stanzen 316. 

—, lokale — u. Hyperämie 247. 

—, Magenmucosa b. perniziöser — 229. 

—, Therapie d. —n. m. Nukleinverbindg. 100. 
Anämische Atemstörungen 316. 

Zustände, Bhdlg. —r — 17. 

Anästhesie. Erfahrungen a. d, Lumbal— 

426. 

---, Erfolg m. Rückenmarksanästhesie b. La- 
paromierten 95. 

—, einfache Methode d. Venen— 626. 

—, gegenwärtiger Stand d. Lumbal— 330. 
—. Lumbal— 695. 

■—. — m. Stovain-Billon 695. 

—, neues Verfahren d. — durch Rhaclii- 
stovainisierung 270. 

Anästhesierung, Rachianästhesie z. — 
sämtl. Körperregionen 103. 

Anaesthetica, Methode, d. Wirkung d. Lo¬ 
kal— zu steigern 654. 

Anaestheticum, Alypinum nitricum als lo¬ 
kales — 461. 

Anaphylaxie, über — 416. 

—, Wesen u. Bedeutung d. — 630. 
Aneurysmen d. Hirnarterien 119. 

Angina, abdominalis 256. 

- pectoris,' Amylnitrit b.- 490. 

— — u. ihre Beziehungen zum Darmtrak- 
tus 30. 37. 43. 

— u. chronische rezidivierende Parotitis 254. 
Ankylosierte Hüftgelenke, Mobilisierung 

—r — 18. 

Anopheles-Mücke, Umfrage betr. — 521. 
Antifermentbehdlg. eitriger ^Prozesse 615. 
Antifermente im Säuglingsblut 109. 
Antifermentinjektion b. akut-eitrigen Pro¬ 
zessen 40. 

Antiforminmethode, neue Kombination d. 
— 610. 

— v. Uhlenhüth z. Nachw. v. Tuberkel¬ 
bacillen 498. 

Antikörper, das Verhalten des Corpus cili¬ 
are b. —n 444. 

Antimeristem, Mißerfolge mit — 175. 

— Schmidt b. Carcinom 356. 
Antistreptokokkenserum b. Streptokokken¬ 
sepsis 489. 

—Bhdlg., Erfahrungen über — 329. 
Antitoxin Höchst b. Tetanus 4. 
Antitoxinwirkung, Mechanismus d. — b. d. 
Heilung 417. 

Antitrypsinbestimmung, Bedeutung d. —- 
f. d. Gynäkologie 697. 





IV 


Antitrypsingehalt cl. Blutserums b. Geistes¬ 
kranken 3. 

Anus, Atresie d. — 34. 

—. Gefahren d, forciert. Dehnung d. —625. 
Aorta, über Elastin-, Fett- u. Kalkgehalt 
d. — 345. 

—. Tabakrauch Wirkung auf d. — 73. 
Aortenruptur b. Pyämie 245. 

Aortensystem, z. Frage der sore.'. Hypo¬ 
plasie des —s 332. 

Apepsia gastr., Harnpepsin als Kriter. 

zwischen-u. Carcin, ventr. 653. 

Aperitol als Abführmittel 73. 

—. über das Abführmittel — 222. 

Aphasie u. Aoraxie 701. 

Aphrodisiacum* ..Puämambra“ 222. 
Apomorphin. Antagonisten d. — s 543. 
Appendektomie. Beschwerden nach — 217. 
Appendicitis — 39. 

— u. Adnexerkrankungen 121. 

—, Anregung d. Peristaltik nach Laparo¬ 
tomie wegen — 426. 

— in Beziehung zu Adnexerkrankungen u. 
extrauterin. Gravidität 461. 

—. chirurg. Behdlg. d. — 286. 

— im Bruchsack 529. 

—. Diagnose u. Therapie d. Frühstudiums 
d. akut. — 286. 

-—. epidem. Auftreten d. — 46. 

— Fall v. Fistel 1». — 426. 

. Fall v. — mit Ausgang von d. Ton¬ 
sillen 429. 

—, Frühoperation b. — in soz. Hinsicht 216. 

— im höherem Lebensalter 655. 

—. wodurch setzen wir die Mortalität d. 
herab ? 655. 

— u. Myom 247. 

—■. Rückblick auf 2000 Operationen wegen 

— 51. 

—, traumatische — 298. 

Appendicitisfrage, zur — 120. 

Appendix, Einfluß akuter chron. Ent¬ 
zündung d. — auf d. weibl. Genitale 287. 
Appetitsfrühstück, Magensekretion u. Mo¬ 
tilität nach — 713. 

Apraxie, über — 369. 

— u. Aphasie 701. 

Argent. nitric. u. Bolus alba als Streu¬ 
pulver b. Wundbehdlg. 576. 

Arnethsches Blutbild u. Phagocytose 15t;. 
Arnoldsche Reaktion 586. 

Arsacetin. zur Beurteilung d. —s 232. 

—. Nebenwirkungen d. —s 254. 
Arsenausscheidung im Urin nach An¬ 
wendung d. Hata-Präparates 664. 
Arsenbhdlg. organischer Nervenkrank¬ 
heiten 310. 

Arsenobenzol b. Psoriasis u. Lichen ruber 
581. 

— b. Syphilis 540. 

Arseuophenylglyzin in seinem Verhalten 
zur. Wassermannsehen Reaktion 621. 
Arsenpräparat v. Ehrlich-Hata z. Bhdlg. d. 
Syphilis 275. 

-b. Rekurrens 294. 

Arsentherapie, d. moderne —■ 688. 
Arsentriferrin. über — 482. 

Arteria brachialis. Schußverletzung d. - 

— 103. 

— feraor.. erfolgreiche Naht d. zerrissenen 

— r. 326. 

— pulmonalis. kongenital. Defekt d.- 

105. 

Arteriennaht. Fall v. zirkulärer — 413. 
Arteriosklerose. Bhdlg. d. —’ 596. 

—. Genesis d. — 208. 

—. Hydriatik d. — 115. 

—. d. Myasthenie d. Herz- u.‘ Gefäßmusku¬ 
latur als Grundlage d. — 346. 

— u. Nikotin 115. 

•—■. Pankreon b. — 304. 

Arterrosklerotiker. Prinzipien d. Bhdlg. v. 
Oedemen b. —n 309. 

Arteriosklerotische Blutdruckunterschiede 
beim einzelnen Menschen 228. 

Arthritis deformans cubiti, freie Gelenk¬ 
körper bei — — — 486. 

— pimilenta genu, Drainage b. —- 325. 

— urica. Fibrolysin b. — — 61. 
Arznei-Ausschlag iiadi Gebrauch v. Hexa- 

methylentetramin 485. 

Arzneimittel, wichtigste — von 1909 187. 
Asarum euron als G-oGivum 146. 
Ascites-Punkt-ion, subserös. Hämotome d. 
Dünndarms nach — —en 598. 


Ascites tuberculosus, kochsalzarme Diät b. 
- 294. 

Asepsis, bakteriologische Bedeutung d. 
Hautdrüsen bei d. 395. 

Aseptik, Bedeutung der Nahttechnik für 
die Wund— 426. 

Aseptische Magen- u. Darmoperationen 570. 

Askarisvergiftung 639. 

Asphyxia neonat., Bekämpfungsmethoden 
d. --50. 

Aspirin-Tabletten, über — 124. 

— oder Acetylsalioylsäure-Tabletten ? 151. 

Asthenie, über — 172. 

Asthma 387. 

—. Atmungsgymnastik bei Bronchial— 423. 

—. Beiträge z. — 53. 

—, über endobronchiale Therapie b. — 373. 

—. Glühlichtbhdlg. bei — 178. 

—. Neu-Pyrenol b. — 102. 

—. Röntgentherapie b. Bronchial— 367. 

—, Stand d. Lehre von — 694. 

Asthmabehldg.. Atmungsapparat z. - 134. 

Asthma bronch. u. Azetonurie 31. 

-, Bhdlg. d. 701. 

-. Erfahrungen bei- 379. 

-. physikal. Behdlg. d.- 373. 

-, zur Therapie d 410. 

Asthmatiker. Atropinwahnsinn b. einem — 
412. 

Asurol zur Bhdlg. d. Syphilis 652. 

Atemstillstand, krisenartig auftretender — 
b. Tabes 233. 

Atemstörungeii. anämische — 316. 

Atmungsschleier, der — 339. 

Atem volumenmessung 178. 

Atem Vorgänge i. Blut etc. 187. 

Atmungsapparat z. Atmungsbhdlg. 134. 

Atmosphäre, wechselnder Gehalt d. — an 
Radiumemanation 370. 

Atoxyl u. seine Derivate 658. 721. 

Atresia ani 34. 

Atropin b. Ileus 269. 

Atropinwahnsinn b. einem Asthmatiker 412. 

Auge, ätiolog. Bedeutung d. Syphilis u. 
Tuberkulose bei Erkrankungen d. —s 
683. 

— Kalkverätzung d. —s m. nachfolg. Glau¬ 
kom 91. 

—. Kontaktinfektion d. —s durch Impf¬ 
pusteln 253. 

—. die Saug- u. Stautherapie am — 327. 

—. ist Schutz d. —n vor ultraviolettem 
Licht notwendig? 460. 

—, serodiagnost. Untersuch, b. Syphilis u. 
Tuberkulose d. —s 215. 

—. Studien über immunisatorische Vor¬ 
gänge am — 443. 

Augendiagnose, über d. v. d. Lehmpastor 
Felke geübte — 19. 

Augenentzündungen. Aetologie u. Prophy¬ 
laxe d. postoperat. — 91. 

—, Eisensajödin i. d. — 683. 

—, phlyktänuläre — u. Tuberkulose 708. 

Augenheilkunde. Hämophilie i d. — 589. 

—, Hydrargyrum jod. etc. i. d. — 285. 

—. Serodiagnose d. Syphilis i. d. - 17. 

Augenkrankheiten, Borsäure b. — 208. 

—, Dionin b. — 244. 

Augenleiden, Beziehung d. Tuberkulose zur 
Syphilis b. — 17. 

Augenmuskellähmungen b. Alopecia träum. 
63. . 

Augenoperationen. Sedativa bei — 470. 

Augensymptome bei Erkrankungen d. 
Stirnhöhle u. Siebbeinzellen 459. 

Augenuntersuchung, Anleitung z. — 124. 

Augenverletzung durch „Rasillit“ 285. 

Austern. Mischinfektion mit Paratyphus- 
u. Typhusbacillen durch — 322. 

Automors u. Morbicid im Vergleich zu 
älteren Desinfizientien 218. 

b 

Bacillus pyocyaneus i. d. Blase 18. 

— faecalis alcaligenes, Pathogenität f. d. 
Menschen 204. 

Bact. coli coinmun. als Krankheitserreger 
u. als Saprophyt 58. 

— paratyphi, Fall v. Costochondralabsceß 
mit — — 379. 

Bad, über Wärmeregulation i. — 192. 

Badehaus, Einrichtung d. —es d. moder¬ 
nen Klinik 178. 

Badekur u. Körpergewicht 178. 


Baktericide Wirkung d. diabet. Blut¬ 
serums auf Eitererreger 640. 

Bäder bei Gelenkrheumatismus 68. 
Bakterien, z. Differenzierung ähnlicher — 
18. 

—. Einfluß osmot. Strömungen auf Ent¬ 
wicklung d. — 47. 

—. Resistenzunterschiede v. — innerhalb 

u. außerhalb d. infiziert. Organismus 630. 
Bakteriologisch-chemisches Prakticum 604. 
Bakteriologische Untersuchungsanstalten i. 

Bayern 563. 

Baldrianpräparat „Gynoval“ 654. 
Balneologie, d. — unter dem Einfluß Hufe¬ 
lands 208. 

—, einige funktionelle diagnost. Methoden 
d. — 150. 

—, Zentralstelle f. — 521. 

Balneotherapie d. Menstruationsstörungen 
192. 

Balsamica, Bhdlg. d. Trippers m. — 568. 

— b. Gonorrhoe 281. 

Bandwurm, Peritonitis durch — 695. . 

—, Perityphlitis bedingt durch d. Glied 
eines —s 230. 

Bandwurmkur m. Filmaron 483. 

—en m. Filmaron 547. 

Bantische Krankheit, Beitrag z. B. K. 17. 
380. 

Basedowfälle. Ergebnisse histologischer u. 

chemischer LTnters. b. —n 160 273. 
Basedowsche Krankheit, Behdlg. d. B. K. 
326. 

— m. Röntgenstrahlen 411. 

-Blutuntersuch. b. B. K. 216. 721. 

-. Entstehung durch Jodverabreichung 

273. 

—, Fettstühle b. B. K. 288. 

—, Lymphocytose b. B. K. 380. 

-, operativ. Behdlg. d. B. Iv. 256. 

-, Thymuspersistenz b. B. K. 274. 

Bauchdeckennaht. Bemerkungen zur — u. 
zum Bauchschnitt 301. 

— u. Bruchnaht m. Steril-Katgut 298. 
Bauchdeckenspannung, d. Ursachen d. — 

468. 

Bauchfelltuberkulose, Bhdlg. d. — 315. 
Bauchnarbenhernien, die Ruptur \. — 382. 
Bauchorgane, krit. Bemerk, zu Arbeiten 
über d. Sensibl. d. — 442. 

—. Vielgestaltigkeit der Lues d. - 366. 

Bauchschnitt. Bemerkung, z. Bauchdecken- 
naht ü. z. — 301. 

Bauchverletzungen, subkutane — 708. 
Bauch wand, über d. Hernien d. — seitlich 
d. Mittellinie 396. 

Bauchwassersucht. Bhdlg. m. Kollargol 
410. 

Becken. Bhdlg. d. engen —s 95. 

—, kausale Bhdlg. einer Dystokie b. engem 

— 697. 

— . Reformen i. d. Therapie d. euren — s 
312. 

Beckenresektion wegen Sarkom 103. 
Befruchtungsvorgang, ein seltener — 313. 
Beinhautentzündung, eine eigenartige Form 

v. — 325. 

Belastung u. Entartung 332. 

Bergkrankheit, Entstehen d. — 218. 
Bewegungsvorgänge. Darstellung mittels 
Röntgenstrahlen 700. 

Bewußtlosigkeit, krisenartig auftr. — b. 
Tabes 233. 

Bibliothek, z. Frage d. Leihgebühren 133. 
Bilharziakrankheit d. Harnblase 413. 
Bindegewebs Verdauung, über — 288. 
Bindehautentzündung, operat. Behdlg. d. 

rezidivier. phyktänul. — 299. 
Bindehautgonorrhoe, Maßregeln gegen d. 

— d. Neugeb. 63. 

Bioeitin als Unterstützungsmittel f. ambu- 
lator. Tuberkulinkuren 451. 

Biologisches Institut i. Frankfurt a. M. 84. 
Bitterstoffe, über eine neue Wirkung d. 

— 11. 

Blase, eigenart. Vorkommen d. Bac. pyo- 
cyan. i. d. — 18. 

—. Reflexe auf d. — 34. 
Blasenmolenfrage, Beitrag zur — 104. 
Blasensteine. Diagnose u. Therapie d. — 
beim Kinde 428. 

Blasentuberkulose 696. 

Blau sucht b. vier Generationen 582. 
Bleivergiftung 706. 




0 



V 




Bleivergiftung, Blutuntersuchung b. — 32. 

—, seltene Lokalisation v. abgelagertem 
Schwefelblei bei — 695. 

Blennorrhoe. Blicllg. in. Blennolenicetsalbe 
883. 

Blennorrhoe neonat., Sophol z. Verhütung 
von — — 618. 

Blinddarmentzündung, über cxperiinent. — 
287. 

Blunksclie Blutgefäßklemme, ihre Ver¬ 
wendbarkeit 518, 

Blut. Antifermente im Säuglings— 109. 

—. Bestimmung d. Antifermentgehaltes d. 
—es etc. 644. 

—, Einfluß d. Seeklimas auf d. — 208. 

—, über d. endothelialen Ursprung' d. mo¬ 
nonuklear. Zellen i. — 343. 

—. Gerinnungsverhältnisse d. —es b. Hä¬ 
mophilie 157. 

— i. d. Maserninkubation 207. 

—. über das tryptische u.. antitryptische 
Vermögen d. —es 586. 

—. Viskosität, Hämoglobin- und Eiwei߬ 
gehalt d. kindl. —es 207. 

Blutantherapie, landärztl. — 407. 

Blutbefunde, cytolog. — b. Konstitutions- 
krankh. i. Kindesalter 221. 

Blutdruck u. Alkohol 491. 

—. krit. Bemerk, z. klin. Messung d. —es 
32. 

—. prognost. Bedeut, d. —es b. Diphtherie 
16. 

—, die wahre Bedeut, d. sogen, maximalen 
—es 410. 

Blutdruckmessung, Verbesserungen am In¬ 
strumentarium f. d. — 345. 

Blutdruckschwankungen, plötzliche — 721. 

Blutdrucksteigerung, Aetiologie d. nephrit. 
846. 

Blutdruckunterschiede, arteriosklerotische 
— beim einzelnen Menschen 228. 

Blutegel, Haltbarkeit v. Mikroorganismen 
u. Immunkörpern in —n 417. 

Blutgerinnung u. Gelatine 483. 

Blutinjektionen b. schweren Anämien 425. 

Blutleere nach Momburg 188. 324. 

—, schmerzlose Erzeugung künstl. — 301. 

—. Technik d. — 75. 

Blutregeneration etc. 187. 

— bei Anämie 316. 

Blutserum, Methode d. quantit. Bestim¬ 
mung d. Harnsäure im — 241. 

Blutstillung mittels Blunkscher Blutgefä߬ 
klemme 518. 

—. prophylakt. — b. Operationen 413. 

Blutströmung u. tuberkulöser Prozeß 700. 

Blutung, Aorten-Kompression b. — i. d. 
Nachgeburtsperiode 49. 

—. Versuche, d. oper. — zu vermeiden 118. 

Blutungen, diagn. Bedeutung okkulter 
Magen- u. Darm— 192. 

— d. Haut b. Hysterie 310. 

—, über Kropf-— 471. 612. 

—. über lebensbedrohliche Magen- und 
Duodenal— 173. 

—. Ursachen der — d. Uterus : ; 46. 

— des Uterus, Ursache u. Bhdlg. v. — 
131. 132. 

—. Verfahren zur frühzeitigen Diagnose d. 
Lungen— 466. 

Blutuntersuchung b. Bleivergiftung 32. 

Blufuutersuchungen an anämischen u. ge¬ 
sunden Kindern 77. 

— h. Morbus Basedowii 216. 

Blutveränderungen bei Struma 667. 

Blutviskosität. Beziehungen d. - zu den 

Körperfunktionen 179. 

Blutzählungen i. d. Hochkord illere v. 
Quinza Cruz 218. 

Bolus alb. u. Argent. nitric. als Streu¬ 
pulver b. Wundbehdlg. 576. 

-b. Rhinitis ac. 68. 

Bormelin i. d. Bhdlg. d. Ileufiebers 715. 

Bornyval, Beobachtung über — 128. 

Borsäure b. Augenkrankheiten 208. 

Boykottierung e. Arztes 605. 

Branntweinvergiftungen 157. 

Brausan-Bä der 433. 

Brechdurchfall d. Kinder 644. 

Brille. Theorie d. Fernrohr— 573. 

Brocasche Lehre. Kritik d. —n — 411. 

Brom. Verdrängung von Chlor durch — 
im Blute 543. . 

Bromretention, Ursache d. — im Blute o43. 

Bromural, e. neues Nervinum 58. 


Bromural b. Seekrankheit 275. 

— i. d. Zahnheilkunde 358. 
Bronchialasthma, Atmungsgymnastik beim 

— 423. 

—, Gliililichtbhdlg. d. —s 178. 

—. physikal. Bhdlg. d. —s 373. 

—, Röntgentherapie b. — 367. 
Bronchialdrüsen, chir. Tuberkulose d. — 
482. 

Bronchiolitis oblit. nach Diphtherie 214. 
Bronchitis, über endobronchiale Therapie 
b. - 373. 

—. Röntgentherapie b. 367. 

Bronchopneumonien. Bhdlg. schwerer — 
d. frühen Kindesalters 421. 
Bronehoscopia superior. Todesfall b. d. — 

— 544. 

Bronchus, Dyspnoe infolge eines Polypen 
i. rechten — 682. 

—. Studien über d. Chirurgie d. — 413. 
Bronzediabetes 544. 597. 

Bruch i. Bereich d. Fußwurzel 517. 

operat. Bhdlg. d. kindl. Leisten—es 413. 
Bruchkomplikationen d. Fremdkörper 457 
Bruchnaht m. Sterilkagut 298. 

Bruchsack, Appendicitis im — 529. 

—, Darmverletzungen im — 503. 
Brustdrüse. Leistungsfähigkeit d. mensch¬ 
lichen — 470. 

Brustemährung u tuberkul. Meningitis 254. 
Brustkinder u. Allaitement mixte 513. 
Brustumschläge, Wirkungen u. Neben¬ 
wirkungen v. —n 338. 

Bügeln. Desinfektionskraft d. —s 182. 
Bulbärpa’ 'lyse. Fall v. Pseudo— durch 
Schußve detzung 441. 


c 

Calcium, z. Physiol. u. Pharmakol. des —32. 

— u. Spasmophilie 146. 

Callusbildung durch Fibrin 316. 

Calomol. Beeinflussung der Fäces durch 

— 311. 

Cammidge-Reaktion, ihr Wert bei Pan¬ 
kreaserkrank. 411. 

Cancroid d. Haut d. linken Wange 136. 

— d. Ohrmuschel 245. 

Caneroidin s. Kankroidin. 

Carbenzym. über — 144. 

— b. tuberkul. Affektionen 145. 

Careinom behandelt mit Animeristem 

Schmidt 356. 

— d. Dickdarms 571. 

—. Entstehung d. Röntgen—s 598. 

—, die entzündl. Pseudo—e d. Wurmfort¬ 
satzes 457. 

— d. Haut nach Trauma 187. 

—. Magenpräparat in. — 37. 

— des Oberkiefers, Demonstration geheil¬ 
ter Fälle v.-— 236. 

— d. Penis, Kasuistisches 127. 

— d. Bektums, die sacrale Vorlagerungs¬ 
methode beim —• — — 326. 

—, Spätrezidive d. Uterus-—s 590. 

— d. Wurmfortsatzes 287. 327. 

—. Zinkopyringaze b. Uterus— 159. 
Carcinoma laryngis, Fall v. — — 136. 

— - pylori 136. 

— recti 136. 

— tonsillae 344. 

— u. Ulcus ventriculi. zur klinischen Diffe¬ 
rentialdiagnose ders. 327. 

— ventriculi. Bedeutung d. Oelsäure f. d. 
Diagnose d. — — 614. 

—, Harnpepsin b. — 653. 

Carcinomatöser Pförns, extraperiton. vagin. 

Exstirpation 234 
Care i n o md eba 11 e 108. ^ 

Carcinommetasta um im Gehirn 394. 
Cardiospasmus. Bhdlg. d. — 37. 288. 

-. z. Therapie d. — 1. 

Cerebrale Arteriosklerosen. Initialerschei¬ 
nungen d. —n — 83. 

Cervicalkatarrhe, Behdlg. v. Uterus- 
blutungen u. —n 132. 

Charite, histor. Ausstllg. i. d. — '435. 

—, 200-Jahrfeier d. — 238. 
Chemotherapeutische Versuche bei Typhus 
430. 

Chemotherapie, allgemeine — 274. 

. Beitr. z. experim. Pathologie u. — 318. 
—. d.‘ Spirillosen 274. 

— bei Syphilis 430. 


Chilisalpetervergiftung und Spektroskop. 

Nactiw. d. .Nitrits im Blute 543. 

Chinin gegen Keuchhusten 249. 

— u. Krebs 104. 

Chinin-Tod. über — 31. 

Chininbhdlg. d. Pemphigus 144. 
Chininpräparate i. d. Kinderpraxis 338. 

— b. Syphilis 105. 

Chlamydozoen, Referat über — 430. 

Chlor. Verdrängung von durch Brom im 

Blute 543. 

Chloralhydrat als Desodorans 68. 
(’hloroformmißbrauch, habitueller — 501. 
Chloroformwirkung unter d. Einfluß v. im 
Blute zirkulierenden Fett 665. , 
Chlorose. Untersuchungen über — 466. 

('hounalatresie, Fall v. — 115. 

Cholagoga. Beeinflussung d. Gallensekre- 
tion durch neuere — 101. 

Cholecystits ac. gangraen. 344. 
Cholelithiasis, Cholecystitis acut, gan¬ 
graen 344. 

—■. Gelodurat-Kombinationspräparate gegen 

— 635. 

Cholera, Theraiiie d. 24. 
Choleravibrionen. ihr Durchdringungs¬ 
vermögen durch d. Darmwand 514. 
Cholestearin als Heilmittel b. Schwarz¬ 
wasserfieber 199. 

Cholesteatom, z. Pathogenese d. sekundär. 
—s 400. 

—. spont. Entleerung eines s in d. Ge- 
hörgang 245. 

Chondrodystrophischer Zwerg 588. 
‘Chondrome d. Ellenbogengelenks 588. 
Chorea, einige seltene Fälle von chron. — 
467. 

—. geheilt durch Sabromin 519. 

— als Indikat. zur Unterbrechung d. 
Sch w an g e r s c 1 i a f t 685. 

Cliorioepithelioni. Pathol. u. Therapie d. 

malign. —s 191. 

Chvosteksches Phänomen 78. 

Chylurie. die nichtparasitäre — 381. 
Chyluscysten, über — 382. 

Cirrhosis hepat., diuret. Wirkung d. Na¬ 
trium nucleinc. b. — — 302. 

Clavus, Bhdlg. m. Kohlensäureschnee 
324. 

Claudicatio intermittens 302. 
Coecältuberkulose. Kasuistisches 571. 
Coecum. habituelle Torsion d. mobil. — 242. 

— mobile. Nachw. m. Röntgenstrahlen 502. 
Colibakterien, zur Bewertung d. — im 

Wasser 444. 

Collargoltherapie bei puerperaler Sepsis 
etc. 114. 

— b. tuberkul. Mischinfektionen 82. 
Collumerweiterung, rasche — zur Beendi¬ 
gung d. Geburt 107. 

Collumkrebs, Dauerresultate b. — 108. 
Colon, normale Peristaltik d. — 62. 

, Stenosen d. -s durch Knickungen 275. 
Commotio cerebri u. Rindenblindheit * 28. 
Congenitale Hauteinstülpungen 18. 
Coniuuctiva. Therapie d. Tuberkulose d. — 
244. 

Conjunctivale Xerosis, Bhdlg. d. - -n — 119. 
Conjunctivalprobe. Tuberkulinvaseline zur 
Anstellung d. — 3. 

Conjunctivitis, metastatische — bei Go- 
norrhoikern 470. 

Cornea, Dystrophia epithelialis. —e 709. 

—. über die Regeneration d. Epithels d. 

— 459. 

Corpus ciliare. Verhalten des-- zu Anti¬ 
körpern 444. , 

Coryfin, ein reizloses Mentholderivat 201. 

— i. d. Rhino-Laryngologie 502. 

— gegen Schnupfen 663. 

Crises noires, zur Kenntnis d.-- 218. 

Cucullaris-Lähmung u. Sklerodermie 64. 
C'vsten. z. Pathogenese d. Zahnwurzel— 
20 . 

—, d. solitär. — d. lang. Röhrenknoch. 598. 
(’ystitis dolorosa 48. 

D 

Dänisches Reichshospital in Kopenhagen 
548. 

Dammschutz. Mechanik des Austrittes d. 

kindl. Schädels u. — 681. 

Darm. Verhalten d. Säurebildung i. Säug¬ 
lings— 109. , 

Darmbakterien hinsichtlich d. Agglutina¬ 
tion 52. 







I 


VI 


Darmblutungen, diagn. Bedeutung okkulter 
— 192. 

Darmeinklemmung im Leisten- resp. 

Schenkelringe 145. 

Darmgaseableiter 666. 

Darmkatarrh, zur Bhdlg. des chron. —s 
kleiner Kinder 490. 

Darmoperation. Technik d. aspetischen — 
261. 

Darmoperationen, aseptische — 570. 
Darmpneumatose 488. 

Darmstenosen. Ursache einiger — 173. 
Därmtuberkulose, Diagnose ders. 186. 
Darmverletzungen im Brustsack 503. 
Darmverschluß u. Darmparalyse, ein¬ 
schließlich Peritonitis 680. 

—. diagn. Bedeutung metall. kling. Darm- 
geräusche f. d. — 204. 

—, hysterischer u. spastischer — 283. 
Daumen, Hyperphalangie d. —s 530. 
Daumenschere, operat. Bhdlg. der — 355. 
Degeneration, die Quellen d. — 319. 
Delirium trem. behandelt m. Veronal 228. 

— —. Verminderung d. Fälle v. — — 533. 
Dementia praecox 344. 

Demodex in Beziehung zur Entwicklung 
v. Brustkrebsen 218. 

Denkmal u. Finsen 548; Gussenbauer 632; 
G. v. Liebig 419; Lombroso 153; Noth¬ 
nagel 660; W. Roser 491; R. Virchow 
390; G. Zander 548. 

Dermatosen, Bhdlg. d. juckenden — 723. 
—, zur Diagnose u. Therapie d. Stauungs— 
481. 

Dermatologische Vorträge f. Praktiker 631. 
Dermoidcysten, retroperitoneale — 598. 
Desinfektion m. Alkohol u. m. Jodtinktur 
229. 

—-, d. Grossichsche Methode d. Haut— 368. 

— d. Hände mit Alkohol ohne vorheriges 
Seifen 425. 

— d. Haut n. Grossich 695. 

-mit Jodtinktur 119. 202. 412. 

-— m. Alkohol u. Jod 324. 

— m. Joddampf 269. 

—, zur Jodtinktur— nach Grossich 468. 

—, ein Nachteil der Jodbenzin— 695. 

—. üb. modern. Raum—- 408. 

—, zur Theorie d. — 416. 

—. vereinfachte Methode der Alkohol- 
Hände— 571. 

—, Vereinfachung der Haut— 502. 

— d. Wohnung bei Tuberkulose 423. 
Desmoidreaktion, Brauchbarkeit in Klinik 

und Praxis 515. 

Desodorans, Chloralhydrat als — 68. 
Diabetische Acidose 318. 

Diabetes, über Bronze— 544. 597. 

—. z. Frage des Nieren-— 411. 

— Infektionsfähigkeit d. Auges bei — 640. 

— insipidus. 209. 

— —, Aetiologie d. D. i. 102. 

—. Kausaltherapie bei — 425. 

—, Lipämie bei — 657. 670. 

- mel.. z. Aetiologie u. Therapie 24. 
-u. seine Bhdlg. 618. 

-, Bhdlg. d.-m. Zuelzers Pan- 

kreashormen 61. 

— —. Fall von Heilung 269. 

- —, als Indikat. zur Unterbrechung d. 
Schwangerschaft 685. 

-. z. medikament. Bhdlg. d.- 354. 

— -, neue f Theorie d.--*24. 

-, Wesen u. Bhdlg. d. D. m. 289. 

—. Verlauf d. experiment. — bei phosphor¬ 
vergifteten Tieren 331. 

Diabetische Acidose, therapeut. Bewertung 
d. —n — 297. 

—s Blutserum, baktericide Wirkung d. —n 
—s auf Eitererreger 640. 
Diätverordiiungen. Nahrungsmittel-Tabelle 
zur Aufstellung v. — 547. 

Diaphysäre Kontinuitätstrennungen: Be¬ 
handlung 665. 

Diarrhoe, Pathologie u. Ther. d. nervös. 

- 205. 

Diaspirin. diaphoret. Wirkung d. s 255. 
—- als Schwitzmittel 383. 

Diastasepräparate. u. .Kohlehydratverdau¬ 
ung 500. 

Diathermie u. HochfreQuenzströme 713. 

—, über Operationen m. d. elektr. Licht¬ 
bogen u. — 299. 

Dickdarra, Resorption etc. v. Zucker i. — 
24. 

Dickdarmcarcinom: Diagnose u. Bhdlg. 571. 
Didelphie beim Menschen 146. 


Differenztöne, über — höherer Ordnung 
374. 

Digipuratum, Erfahrungen m. — 466. 

— bei kardialem Hydrops 466. 

—Knoll 611. 

—. Prüfung d. Wirkungsstärke des — 354. 
Digistrophan, ein neues Kardiacum 380. 
Digitalis gegen Nasenbluten 694. 
Digitalistherapie, Beitrag zur — 569. 
Dionin. über d. Anwendung v. — 473. 
Dioninbhdlg. b. Augenerkrankungen 244. 
Dioxydiamidoarsenobenzol, Arbeiten über 

— 495. 496. 497. 512. 526. 540. 541. 

— b. Syphilis 414. 

Diphtherie. Bhdlg. d. — 214. 

—,-in. Serum 184. 

—. Blutdruck b. — 16. 

—. Bronchiolitis oblit. nach — 214. 

—. intravenöse Injektion d. Heilserums b. 

— 568. 

—. Serumbohldg. d. — 60. 
Diphtheriebacillus. Beitrag zum Formen¬ 
kreis d. — 430. 

Diphtheriebacillen, Vereinfachung d. Neis- 
serschen Färbung der —- 308. 
Diphtheriegift u. Röntgenstrahlen 59. 
Diphtherieimmunität 672. 

Diphtherische Larynxstenose. Fortschritte 
d. Intubationr.bhldg. d. —n — 294. 
Diplokokkenepidemie, influenzaähnl. — 2. 
Diplophonie, Fall v. willkürlich erzeugter 

— 699 

Diplosal, experim. Beobachtungen m. — 483. 
—. ein neues Salicvlpräp. 61. 74. 

Diuretin bei kardialem Hydrops 466. 
Diuretische Wirkung d. Fibrolysius 386. 
Douglasscher Raum. Krebsmetastasen im 
—n — 697. 

Dünndarm, Fall v. spontan. Ausschaltung 
einer —Schlinge etc. 598. 

—. subseröse Hämatome d. —s nach As- 
cites-Punktionen 598. 

Dünndarm Perforation d. Kirschkern 188. 
Duodenalblutungen, über lebensbedrohliche 

— 173. 

Duodenal-Eimerchen. über — 218. 
Duodenalgeschwür. Diagnose d. —e 529. 
Duodenalgeschwüre. Erkennung u. Bhdlg. 

der nicht perforierten — 487. 
Duodenalröhre, eine — 410. 

Duodenalulcys, Diagnose u. Bhdlg. des 
nicht perfor. — 311. 

—, Diagnose u. Therapie d. — 614. 
Duodenum, subkut. Rupturen d. — 159. 
Duraplastik, Erfahrungen über — 248. 
Duraspannung bei d. Geburt i. ihrer Be¬ 
deutung für chron. Gehirnerkrankungen 
681. 

Durstfieber, zwei Fälle von — 105. 

— b. Säuglingen 351. 

Duschmassage b. Gehirn- u. Rückenmarks¬ 
erkrankungen 193. 

Dysbasia angiosclerotic. 654. 

Dyspnoe infolge eines Polypen i. rechten 
Bronchus 682. 

Dysenterie, Bhdlg. d..Amöben— 514. 

—. z. Epidemiologie u. Bakteriologie d. 

Pseudo—n 437. 

Dysenterietoxin, das — 431. 

Dysmenorrhoe u. Tuberkulose 282. 
Dyspepsie i. d. ersten Lebenstagen 199. 
Dystokie, kausal. Bhdlg. einer — b. engem 
Becken 697. 

Dystrophia epithelialis corneae 709. 

— muscul. progr. 356. 

E 

Eglatol, lieber — 321. 

Ehe u. Paralyse 441. 

— u. Tabes 441. 

Ehrengerichtswesen: 

Ehrengerichtliches aus Preußen: Rhein¬ 
provinz 375; Brandenburg 533; 
Entscheidungen des preußischen Ehren¬ 
gerichtshofs 152. 160. 180. 674. 688. 701. 
716. 724; 

Sächs. Ehrengerichtshofsentscheidung 
betr. Geschenkgebung a. Patienten 41. 
Ehrlich-Hata 606: 566. 579. 580. 5,93. 594. 
602. 607. 615. 692. 699. 705. 710. 720. 721. 

-sches Mittel b. Syphilis 446. 465. 472. 

479. 480. 

-Präparat 495. 496. 497. 512. 526. 540. 

541. 621. 622. 627. 62$. 629, 637. 638. 652. 

664. 671. 678. 

-s Syphilismittel 647. 


Eier. Größenzunahme d. — m. d. Alter d. 
Mutter 176. 

Eifersuchtswahn, alkoholischer — 490. 
Einidation u. Placentation 120. 

Eisbeutel, etwas über d. — 313. 
Eisensajodin 569. 597. 

-- i. d. Augenheilkunde 683. 

— in seiner rhino-laryngöl. Verwendung 
683. 

Eisentherapie, zur — 89. 

Eitererreger, baktericide Wirkung d. 

diabet. Blutserums auf — 640. 
Eiterungen, Wismutpaste b. chron. — 545. 
Eitrige Prozesse. Antifermentbhdlg. —r — 
615. 

Eiweiß im Harn, neue Proben 186. 

—. serol. Differenzierungen v. Harn— 714. 

— im Urin v. Säuglingen 364. 
Eiweißbestimmungen, über quantitave - 

nach Tsuchiya 456. 

Eiweißforschung, neuere Fortschritte der 

— 618 . 

Eiweißmilch. Indikationsgebiet d. — 369. 

— b. magendarmkranken Säuglingen 359. 
Eiweißreaktion, eine — im Blute Geistes¬ 
kranker 340. 

Eklampsie. Aetiologie d. — 585. 

—. Gefahren d. subkut. Kochsalzinfusion b. 

— 146. 

—•. Nierendekansulation b. — 34. 119. 357 
—, Nierenentkapselung b. puerperaler 

— 368. 

Eklamptische Oligurie, über — — 368. 
Ekthyma u. Lymphangitis u. deren Bhdlg. 

in. Ichthyol 30N. 

Ektropium des Oberlids 244. 

Ekzem, Stoffwechsel b. Säuglings—- 644 t 
—. Therapie d. —s d. Kinder 88. 

-— Säuglings—s 672. 

Ekzematöse Hornhautentzündung. zur 
operat. Bhdlg. d. rezidivier. —n — 444. 
Ekzemtherapie 572. 

Elasto-Massage, eine neue Massage-Me¬ 
thode 484. 

Elektrischer Lichtbogen, über Operationen 
^ m. d. —n — 299. 

Elektrochemischer Betrieb d. Organismen 
etc. 716. 

Elektrokardiogramm, über d. — 147. 

—. d. experiment. Grundlagen. —s 134.148. 
Elephantiasis gingivao 369. 

Ellbogengelenk, Arthrotomie b. Luxation 
d. —e 66. 

—, Chondrom d. —s 588. 

Embolie. Thrombo-Embolie: exper. Stu¬ 
dien 571. 

Emmenagogum „Methylhydrastimid“ 246. 
Emphysem der Lungen, zur Pathogenese 
373. 

—, Neu-Pyrenol b. — 102. 

Emphysema bullosum intestinale 488. 
Emphysemfrage, zur — 379. 1 

Empyema pleurae 199. 

Endocarditis. Nierenaffektionen b. — 322. 
—, lenta 322. 

Endometritis 192. 

Endotin, die isolierte spezif. Substanz d. 

Alttuberkulins 714. 

Entartung u. Belastung 332. 
Entartungsreaktion, ein neues Symptom d. 
elektr. — 317. 

Entbindung, über wiederholte suprasym¬ 
physäre — 235. 

Enteritis, kolloidchemische Betrachtungen 
ü. d. — d. Säuglinge 123. 
Enteritisbakterien, das ■ agglutinatorische 
Verhalten d. — 431. 

Entfettung, Stellung d. Karelischen Milch¬ 
kur b. d. — 179. 

— durch vegetar. Diät 11. 

Entfettungsdiät. Indikation vegetar. — 241. 
Entfettungskuren 144. 

—, Wasserhaushalt b. — 216. 

Entzündung parenchymatöser Organe 32. 
Enuresis, über — 5. 

— noct.. Bezieh, zur Spina bif. 583. 

Epheu. hautreizende Wirkung v. — 130. 
Epicondylitis humeri 145. 

Epicondylus humen, Periostitis am — — 

230. 

Epidemieen, Nachrichten über —: 

Cholera 436. 450. 478. 49ß. 508. 521. 536. 
549. 563. 634; Diphtherie 42. 348; Fleisch¬ 
vergiftung 125; Genickstarre 250. 264. 
563; Lepra 306. 493; Malaria 661; 
Pellagra 98. 194. -320: Pest 493. 536; 




* 

r 






VII 


Schlafkrankheit 14; Tollwut 563: Typhus 
194. 

Epididymitis gonorrh. u. ihre Bhdlg. 568. 

-, Punktionsbhdlg. d. E. g. 680. 

Epilepsie. Bhdlg. d. nicht traumät. u. d. 
traumat. Formen d. — 220. 

—. Dauererfolge d. operat. Bhdlg. b. Jack¬ 
sonscher — 412. 

—, Erstickungsanfälle b. — 90. 

—, z. operat. Bhdlg. d. — 116. 

—, operat. Erfahrung, b. Jacksonscher — 77. 

— u. Veronal 187. 

—. Verwendung d. Kochsalzes b. — 412. 

Epilepsiebhdlg., ambulante — 200. 

Epileptiker, Röntgenuntersuch, d. Schädels 
b. —n 90. 

Epiphora, über eine seltene rhinologische 
Ursache von — 470. 

Epiploitis. Ursachen d. — cliron. 66. 

Epithelkörper, die chir. Bed. der — 10. 

Epithelkörperchen u. Mors subita infantum 

. 665 - 

Epithelkörperchenuntersuchungen bei Kin¬ 
dern 645. 

Epithelwachstum. Wirkung des Scharlach 
R auf d. — 395. 

Epithelwucherungen, z. Erzeugung aty¬ 
pischer — 384. 

—, durch Injektion v. Scharlachrot etc. 324. 

Epityphlit. Schmerzen u. Lungenentzün¬ 
dungen 62. 

Erblindung nach Genuß v. verfälschtem 
Kinderbalsam 47. 

Ergograph zum Nachweis v. Paresen 242. 

Ergotinwirkung. z. Kapitel d. unerwünsch¬ 
ten — 490. 

Ergrauen, plötzliches — d. Haupthaars 531. 

Ernährung, über d. Ansatz b. natürl. und 
künstl. — 122. 

—. Bedeut, d. Molkenreduktion f. d. — jun- 
gpr Säuglinge 79. 

—, Brust— u. tuberkulöse Meningitis 254. 

—, künstl. — v. Neugeborenen 234. 

—- u. Nahrungsmittel 605. 

— d. Säuglings 350. 

— — — u. Säuglingsstoffwechsel 319. 

—. Speisezettel f diätet. ■— 139. 

—, zur Theorie d. Säuglings—' 109. 

Ernährungsneurosen im frühen Kindesalter 
672. 

Ernährungstörungen, Bedeutung d. Mi¬ 
neralsalze b. — d. Säuglings 81. 

— d. Kinder 643. 

Ernährungsversuche m. konserv. Frauen¬ 
milch 123. 

— mit künstl. Milchserum nach Frieden¬ 
thal 643. 

Ernährungstherapie. Grundzüge d. — 54. 

Erreur de sexe. zwei Fälle v.- 247. 

Erstgeburt, Genitalprolaps eine Folge d. 
spät. — 160. 

Erstickungsanfälle b. Epilepsie 90. 

Erstickungsleukocytose 600. 

Erysipel. Stauungshyperämie b. — 74. 

Essigsäureprobe, zur Unterscheidung d. 
Exsudate u. Transsudate 156. 

Eugallol. neue Verwendung von — auf 
Schleimhäuten 427. 

Eulatin, ein neues Keuchhustenmittel 375. 

Eumenol. Erfahrungen m. — 151. 

Exanthem, Typhusepidemie mit initial, hä- 
morrhag. — 254. 

Exophthalmus durch kräftiges Schnauben 
nach Siebbeinoperation 245. 

—,Hornhauterkrankung b. Morb. Basedowii 
mit — 709. 

Exsudate, Proteinsäuren i. —n 24. 

— u. Transudate, Essigsäure z. Unterschei¬ 
dung d. — — — 156. 

Extension b. d. Bhdlg. gewisser Nerven- 
affektionen 547. 

Extensionsbhdlg. d. Unterschonkelfraktu- 
ren 297. 

Extrauteringravidität. Durchbruch n. d. 
Mastdarm 626. 

Extremität, ein neues Meßinstrument f. 
—en 442. 

Extremitäten, Demonstration z. Verlänge¬ 
rung verkürzter — 315. 


F 

Facialislähmung., zur kosmet. Bhdlg. d. — 
138. ' ' 10 

—,-nach Busch 625. 

Fermentwirkung, über — 40. 


Fäces. Bakterienmenge der — u. ihre Be¬ 
einflussung durch Calomel etc. 311. 

—■. Bestimmung d. Fermentgehaltes d. — 
etc. bei Dünndarmprozessen d. Kinder 
644. 

Farbenfabriken, Pharmazeut. Produkte d. 
— i. Elberfeld 166. 

Feolathan. Untersuchungen über d. Re¬ 
sorbierbarkeit des — 391. 

Ferment- u. Radiofermenttherapie 342. 
Fermentwirkung, über — 40. 

i. Krebsorganen 193. 
Fermocyl-Tabletten, über-40. 

— b. Diabetes 236. 289. 

Ferseneuralgie, Geschichte d. — 325. 

Fett, im Blute zirkulierendes — in seinem 

Einfluß auf die Chloroformwirkung 665. 
Fette, Feststellung d. Unterscheidungs¬ 
merkmale der — der Schlachttiere etc. 
19. 

Fettleibigkeit. Therapie d. — 201. 
Fettresorption, die Beteiligung der Leber 
a. d. — 10. 

Fettsäuren, über d. Abbau d. — 318. 

—:. — — v. — u. die gegens. Bezieh, d. 
Azetonkörper 323. 

— i. d. Leber b. gelber Atrophie u. Phos¬ 
phorvergiftung 570. 

Fettstühle b. Basedowscher Krankheit 288. 
Fetttransplantation 588. 

Fibrin, Callusbildung durch — 316. 
Fibrolysin i. Bezieh, z. Gelenkerkrankung. 
257. 

—, diuretische Wirkung d. —s 386. 

— b. Frauenleiden 358. 

— b. Harnröhrenstriktur 258. 

Fibrolysinan Wendung, Kontraindikationen 

d. — 172. 

Fibrolysinbehdlg. b. Myositis ossfic. 589. 
Fibrolysininjektionen b. Arthritis urica 61. 
Fibrom, multiple Haut—-e 271. 

—, Pankreas — 104. 

—, Radiotherapie d. —e 80. 

Fibromyom. Mammin-Poehl b. — u. Ent¬ 
zündungen d. Gebärmutter 217. 
Fibromyomata uteri u. harnsaure Diathese 
24. 

Fieber durch Durst 105. 

—. Erfolge d. Uterusspülungen bei — im 
Wochenbett 447. 

— b. Säuglingen durch Durst 351. 
Fieberhafte Erkrankungen, Bhdlg. —r — 

53. 

Fieberuntersuchungen 574. 
Filariaerkrankungen, Heilung d. Ehrlich- 
Hata 720. 

Filmaron gegen Bandwurm 547. 

—. Bandwurmkur m. — 483. 

Finsenlicht bei Lupusbhdlg. 455. 

Fistel, Bhdlg. d. —n mit Beckscher Wis- 
muthsalbe 625. 

—. Fall v. — b. Appendicitis 426. 
Fistelsymptom. Mechanik des —s 417. 

—, postoperative Labyrinthitis und Ver¬ 
hütung derselben 417. 

Flagellatenbefund. Bedeutung des —es im 
Magen 368. 

Fleisch, Bakteriengehalt des — gesunder 
Schlachttiere 431. 

Fleischvergiftung, bedingt durch den Bac. 

enteritidis Gärtner 422. 

—. Psychose nach —• 283. 
Fleischvergiftungserreger 595. 

Fleisch waren. Pathogenität x. in gesund 
aussehenden — nachgewies. Bakterien 
422. 

Flexura sigmoidea, Erkrankungen d.- 

505. 

-u. weibl. Genitaltractus 247. 

Fliegen u. Vaccine 267. 

Foerstersche Operation, Technik d. —n — 
175. 

-bei d. spast. Paralyse 469. 

-spast. Zuständen 235. 

Fötalkreislauf, zum — 246. 

Fortbildung, Jahreskurse f. ärztl. — 152. 

262. 375. 433. 474. 548. 631. 673. 

Fossa iliaca int., Geschwülste d. — — — 
312. 

Frakturbhdlg., Leistungsfähigkeit d. Nagel¬ 
extension i. d.. — 118. 

—- nach Steinmann u. nach Zuppinger 62. 
Frakturen, Bhldg. d. Radius- u. Malle- 
olen— 587. 

—. Erfahrungen über Knochennähte b. — 
315. 


Frakturen, Extensionsbhdlg. d. Unter¬ 
schenkel— 297. 

Franklinisation, therap. Anwendung der 
Intensiv— 192. 

Frauenkrankheiten. Lehrb. d. — 401. 

Frauenleiden, Fibrolysin b. — 358. 

—, Schmerzstillung b. — 75. 

Frauenmilch. Bedeutung d. posit. Wasser- 
mannschen Reaktion m. — f. d. Wahl 
einer Amme 623. 

Frauenpraxis, Styptol i. d. — 469. 

Fremdkörper im Bruchdarm als Ursache 
schwerer Komplikationen 457. 

— aus Luft- und Speisewegen 670. 

—. operat. Entfernung v. —n aus d. Magen 
63. 

— i. d. Speiseröhre 613. 

Freundsche Operation, ii. d. anatomische 
Grundlage f. d. Indikation d. —n — 273. 

Frucht, künstl. Frühgeburt b. habit. Ab¬ 
sterben d. — 530. 

Fruchtabtreibung in. Asarum europ. 146. 

—, Protest gegen — 141. 

Fruchtbarkeit, Verhältnis d. Myoms z. — 
79. 

Fürsorgewesen 646. 

Fulguration im Dienste der Gynäkologie 
357. 

Funiculus spermaticus, Resektion des- 

12. 

Furunkel, Bhdlg. d. malign. Gesichts— 
258. 

— Ichthyolglycerin b. Bhdlg. d. —s i. Ge¬ 
hörgang 123. 

—, konservat. Bhdlg. d. Gesichts— 501. 

Fuselöl, Verfahren z. Nachweis v. — in 
spiritiösen Lösungen 157. 

Fußerkrankungen, Mastix verbände b. — 
315. 

Fußgangrän, Exarticulatio 588. 

Fußwurzelbrüche 517. 


G 

Gärtnerscher Bacillus, Fleischvergiftung, 
bedingt durch d.- 422. 

Gallenblase. Demonstration einer exstier- 
pierten — 137. 

Gallenblasenperitonitis, experiinent. Unter¬ 
suchung zur — 301. 

Gallenbronchus-Fistel 382. 

Gallenfistel u. Osteoporose 301. 

Gallensekretion, Beeinflussung d. — durch 
neueren Colagoga 101. 

Gallenstein, Demonstration eines 49 g 
schweren —es 137. 

Gallensteine, Bhdlg. d. — 293. 

Ganglion Gasseri, Technik d. Injektionen i. 
d.- 653. 

Gangrän, z. Bhdlg. d. venös. Stase u. dro¬ 
henden — 329. 

—, Exarticulatio pcdis wegen — 588. 

—. Intubulation der Art. fern. i. d. Vena 
fern. b. — 57. 

— b. Jugendlichen 583. 

—, Therapie d. Finger—- b. Raynaudscher 
Krankheit 62. 

Gangstockung, die — 302. 

Gastrektasie, Abknickung des Pylorus m. 

— 136. 

Gastrische Krisen, operat. Bhdlg. —r — 
326. 

Gastroenterostomie, über d. Ulcus pepti- 
cum nach — 487. 

—, Wirkungsarten u. Indikationen d. — 
696. 

Gastroskop, Demonstration eines Magen¬ 
tumors im — 698. 

Gastroptose 160. 

— u. Gastrektasie m. Abknickung d. Py¬ 
lorus 136. 

Gastroskopie 656. 

—. über — mit Lichtbildern 302. 

Gastroskopische Bilder des Mageninnern 
261. 

Gaumenmandel, zur Frage d. vollständigen 
Entfernung der —n 459. 

Gaumenspaltoperationen, Erfahrungen b. 

— 4. 

Gebärmutter, Mammin-Poehl b. chron. Ent¬ 
zündungen d. — 217. 



VIII 


Geburt, Beendigung durch rasche Erweite¬ 
rung d. Collum ut. 95. 

- , Früh auf stehen u. — 586. 

—. Gefäßverschluß nach d. — 177. 

- . Gehirnerkrankung durch Duraspannung 
bei d. — 681. 

—, Kindersterblichkeit unter d. — 246. 

- d. Myom während d. 80. 

—. rasche Collumerweiterung z. Beendi¬ 
gung d. — 107. 

—, Schmerzlinderung i. d. — durch d. 

Stoeckelsche. Methode 132. 

—. Tentoriumzerreißungen bei d. — 681. 

—. Zerreißung d. hintern Scheidewand 
während d. — 91. 204. 

Geburtsakt. spontane Uterus- u. Blasen¬ 
ruptur während d. -—es 669. 
Geburtshelfer, die „Hand“ als Instrument 
d. —s 446. 

Geburtshülfe, d. neue — u. d. praktische 
Arzt 547. 

Geburtshilfliches Instrument, neues — — 
531. 

Geburtsstörungen d. Ovarientumoren 76. _ 
Gefäßchirurgie,' Beiträge zur — 382. 585. 
—. Fortschritte i. d. — 50. 

—, syphil. Erkrankungen d. großen -— 146. 
Gefäße, Rolle d. — b. inneren Krankh. 22. 
Gefäßnaht, experiment. Beitrag z. — 248. 
Gefäßverschluß post partum 177. 

Gehirn, über Carcinommetastasen i. — 394. 
—. Meningitis cystica des —s 174. 
Gehirnerkrankungen durch Duraspannung 
bei d. Geburt 681. 

Gehirnerkrankungen, Duschmassage b. — 
19- 

Gehiriifunktiouen, Lokalisation d. — 600. 
Gehirngefäße u. Netzhautgefäßerkrankung. 
714. 

Gehirnfunktionen. Lokalisation d. en 600. 
Gehirnoperationen. Bericht über 22 — mit¬ 
tels Balkenstichs 104. 

Gehirnvolumen, Versuch über d. Beein¬ 
flussung d. —s durch Arzneimittel 482. 
Gehör, über Störung des musikal. —s 246. 
Gehörgang, Chondrom d. —es 659. 
Gehörgang. Ichthyolglycerin b. Blidlg. d. 
Furunkels i. — 123. 

—. spontane Entleerung eines Cholestea¬ 
toms i. d. — 245. 

Gehörorgan. Physiologie d. Schallaus¬ 
lösung im — 373. 

- Sclrnerzempfindungen im Bereiche d. 
—s 232. 

Geisteskranke. Antitrypsingehalt d. Blut¬ 
serums b. —n 3. 

—, eine Eiweißreaktion i. Blute —r 340. 

—. z. Frage d. Anstaltsbedürftigkeit —r 
340. 

Geisteskrankheiten, Pantopon bei — 701. 
Gelatine und Blutgerinnung 483. 

(ielatinebhdlg. b. Melaena neonatorum 453. 
'Gelbfieberepidemie, Beobachtungen wäh¬ 
rend einer — 378. 

Gelenkchondrome 588. 

Gelenkerkrankungen, Bhdlg. neuropathi- 
s ch er — 257. 

—. neuropath. — u. ihre Diagnose durch d. 
Röntgenbild. 356. 

—. Thiosinamie u. Fibrolysin b. — 257. 
Gelenkhydrops, Aetiologie d. intermittir. 
— 587. 

Gelenkkörper bei isolierter Arthritis defor-* 
mans cubiti 486. 

Gelenkneuralgie. Aetiologie d. — 587. 
Gelenkrheumatismus, Bäder b. — 68. 

—, neuere Bhdlgsformen d. akut. — 102. 

—. nach operat. Trauma 396. 

—, Serumbhdlg. d. — 281. 

—, Streptokokkensepsis u. — 595. 

—. Zusammenhang mit kranken Rachen¬ 
gebilden 351. 

Gelenkverstauchung, Blidlg. in. heißen 
Bädern u. Massage 529. 
t ielenktranJsplantatfion ,248. 
Gelenktuberkulose. Bhdlg. v. — d. unter. 
Extremität 301. 

Gelod u ra t-K ombina tionspräparate gegen 

Cholelithiasis 635. 

Geloduratkapseln 659. 

Gemütsbewegungen, Wesen d. — 110. 
Genickstarre 513. 

—, Untersuch, über — 431. 


Genitalkanal. Ascendieren corpusc. Ele¬ 
mente i. weibl. — 575. 

Genitalprolaps, eine Folge d. späten Erst¬ 
geburt 160. 

Genitaltractus d. Weibes u. Flexu.a sig- 
moidea 247. 

Genußmittel als Heilmittel 1). Herzl : zanken 
439. 

G e r i c h 11 i c h e s: 

A. Strafprozesse (s. u. a. K u r - 
p fusc h e r): 

Beleidigungsklag e n : Bauer c. 
Kantor 14; Kurpfuscher c. M. Fürst 14; 
Städt. Betriebskrankenkasse Dresden 
g. e. Arzt 42; zw. Aerzten i. Hannover 
84: d. Leipziger Ortskrankenkasse g. 
Zeitungsredakteure 97; C. S. Engel 
111; zw. Aerzten i. Braunschweig 153; 
g. e. homöopath. Arzt 167: Bahnarzt c. 
Drogist 238; Garre 291; Ernst c. 
Müller 291 : betr. Rad. Jo. 347: Gefäng¬ 
nisarzt c. Heinze 448: Klopfer e. Lung- 
witz 464, c. Weinert 549; Liepmann c. 
Kroemer u. Blumreich 619; Kreisarzt 
g. Redakteur 690; Apotheker c. Arzt 
717. 

Beilegung a r z t ä h n 1. Titel: 
Verurtlg. e. Arztes w. Blgg. e. zahn- 
arztähnl. Titels 347; Froisprec h g. 
406. 

Betrug: Verurtlg. e. Heilmittel¬ 
schwindlers 111. 

Erpressung: Verurtlg. e. Arztes 
w. versuchter — 406. 

Fahrlässige Körpe: Verlet¬ 
zung, Verurtlg. e. Apothekers w. 
Morphiumabgabe 14: Verurtlg. e. Mu¬ 
sikstudierenden 111: Freisprechg. e. 
Zahntechnikers 675: Verurtlg. e. Zahn¬ 
technikers 563. 591: Verurtlg. e. Arztes 
591. 

Vorsätzliche Körperver¬ 
letzung: Lipliawsky c. Hartmann 
194. 450; Verurtlg. e. Arztes w. e. Ope¬ 
ration 435. 

Fahrlässige Tötung: Freispre¬ 
chung e. Hebamme 97; Freispr. e. 
Krankenschwester 224: Freispr. e. 
Arztes u. e. Krankenschwester 237; 
Freispr, .e,. Arztes 507.; Verurteilung e. 
Arztes u. e. Hebamme 660. 
Vergehen g. d. Sicherheit d. 
Leb en s: Freispr. e. Arztes 634. 
Unbefugte Abgabe von Arz¬ 
neimitteln: Freispr. e. Arztes 

125; Verurtlg. e. Arztes 701. 
Unlauterer Wettbewerb: 
Freispr. e. Zahnarztes 492. 
Sonstiges: Verurtlg. e. Arztes w. 
Benutzung e. verbotenen Weges 125; 
Freispr. e. Arztes w. unterl. Anmeldg. 

d. Kihdbettfiebers 291 : Bestrafg. e. Re¬ 
dakteurs w. e. Geheimmittelinserats 
305; Kammergerichtsurteil betr. Ge- 
sundbeten 450: zuriiekgew. Anzeige w. 
Meineids g. e. Arzt 578: Verurtlg. e. 
Arztes w. Ausübg. d. ä:ztl. Praxis ohne 
vorh. Anmeldung 675. 

B. Z i v i 1 p r o z e s s e (s. u. a. K i an - 

k e nvers-icheru n g s w e s e n): 
Schadenersatzklage: Lipliawsky c. 

Hartmann 14: betr. Arztschild 84: 

e. Arzt g. e. Krankenkasse w. 
ungerecht!. Entlassung 97: Bauer c. 

v. Noorden 362; betr. Berechnung e. 
ärztl. Gutachtens 306: d. Sania-Gesell- 
schaft 376; e. Arztes g. d. Leipziger 
Oitskrankenkasse 390; Klage g. e. 
Heilmittelhändler betr. Reklame 125: 
Klage a. Zahlung e. Konventionalstrafe 

w. Reversverletzung (betr. Verpflich¬ 
tungsschein d. L. W. V.) 450. 464: Haft¬ 
pflicht 549. 563. 

Gesanglehrer. Vorurteile u. Irrtümer d. — 
i. bezug auf Halskrankheiten 152. 
Geschichte, zur — d. Medizin 447. 462. 
Geschlecht. Vorausbestimmung d. — s 284. 
Geschlechtsgefühl, das — 96. 
Geschlechtskrankheiten, Repetitorium d. — 
208. 

Geschlechtsleben. Soziologie d. —s 673. 
Geschlechtsmerkmale. Darstellung d. se¬ 
kundären — 40. 

Geschlechtsorgan u. Nase 519. 


Geschwülste, eine neue Behandlungs¬ 
methode bösartiger —- 487. 

—, Milben i. —n 65. 

—, Therapie maligner, — 721. 

—, Wert d. Meiostagminreaktion b. bös¬ 
artigen —h 330. 

—, Wirkung v. Röntgenstrahlen auf —.486. 
Gesellschaft und Geschlecht 673. 
Gesichtsfurunkel. Bhdlg. d. malign. —258. 
—, konservat. Bhdlg. d. — 501. 
Gesichtsplastik, zur — 249. 

Gesichtssinn, Einfluß des Alkohols auf d. 
— 90. 

Gewebsplastik, Beiträge zur freien — 301. 
Gicht, Harnsäureretention b. — 302. 

—, d. — u. ihre diät. Therapie 632. 

—, Ursachen u. Bekämpfung d. — ; 490. 

—, Wesen u. Bhdlg. d. —161. 

Gichtmittel 61. 

—, über Urol u. Urocol als — 700. 
Ginecologia. Leciones de — 433. 

Gingiva, Elephantiasis d. — 369. 
Givasan-Zahnpaste 82. 

Glasmacherstar, 285. 

Glaukom n. Kalkverletzung 91. 

—, primäres hämoxrh. — 345. 
Gliederstarre, zur operat. Bhdlg. der an- 
gehör. 394. 

Gliom, operiertes 543. 

Glühliehtbhdlg. d. Bronchialasthmas 178. 
Glykogenbildung, Versuche über — an 
Schildkrötenlebern 698. 

Glykosurie u. Diabetes, Kausaltherapie bei 

- 425. 

— b. Frauen 49. 

— u. Myom 640. 

—, transitorische 297. 

Glykurie, zur Aetiologie d. — 354. 
Glyzerinseife, über flüssige 418. 
Gonococcus, entsteht d. Trachomerreger 
durch Mutation d. —?. 582. 

Gonorrhoe, Balsamica b. t— 281. 

, Bhdlg. d. — 113. 

—. Bhdlg. m. Arhovin 673. 

. Bhdlg., mit inneren Medikamenten. 366. 
—. Bhdlg. m. Sandelöl 473. 

, zur Frage d. Coupierung d. — 481. 

. Maßregeln gegen die Bindehaut- d. 
Neugeb. 63. 

—, Peritonitis b. d. Mannes 582. 

, Rektal— im Kindesalter 366. 

-, Thyresoltabletten b. — .366. 

—, top. Diagnose d. chron. — etc. 223. 

—, Wert d. intern. —Therapie 582. 

, W ucherungen bei — 501. 
Gonorrhoebhdlg. d. Mannes 527. . 
Gonorrhoefrage, zur — 366. 

Gonorrhoische Epididymitis u. ihre Blidlg. 
568. 

--, Punktionsbhdlg. d. —n — 680. 

Gonorrhoiker, metastatische Conjunctivitis 
bei —n 470. 

Gonorrhoische Membran- u. Faltenbildun¬ 
gen 295. 

— Nebenhodenentzündung, elektr. Bhdlg. 
d. —n - 296: 

— Polyarthritis 89. 

Granulom, zur Kenntnis d. malignen —s 
489. 

Gravidität. Appendicitis in Beziehung zur 
extrauterinen — 461. 

—, Fall v. Extrauterin-— nach d. Mast¬ 
darm durchgebrochen 626. 

—. gleichzeitige extra- u. intrauterine — 
668. 

—, Pfählungverletzung i. d. — 397. 
Graviditätsmyelitis, z. Frage d. — 18. 
Grossichsche Methode d. Hautdesinfektion 
368. 

Guajakose 527. 

Gymnasium, Grundschäden des —s 180. 
Gymnastik, neues Gerät d. schwed. — bei 
Rückgrats-Verkrümmungen 618. 
Gynäkologie, Bedeutung d. Antitrypsinbe¬ 
stimmung f. d. — 697. 

—, Fulguration im Dienste d. — 357. 

—, d. Lumbalnarkose i. d. — 146. 

—, d. Suggestion i. d. — 231 
Gynäkologisch-nervöse Störungen, Bhdlgs.- 
erfolge bei — 681. 

Gyn oval. 377. 

—. ein neues Baldrianpräparat 654. 


E 





IX 


H 

Haar, plötzliches Ergrauen d. —s 5B1. 

Haarausfall u. Pityriasis capitis 29G. 

Haarsackmilben in Beziehung zu Krebs¬ 
bildungen i. d. Mamma 218. 

Haarschwund, Pixavon gegen — 85. 

—, Ursachen u. Bhdlg. 193. 

Haarwechsel, über d. — 4. 

Hämatemese durch Läsion der Nasen¬ 
scheidewand 33. 

Hämatologisehe Diagnostik. Beitrag z. — n 

— 229. 

— Untersuchungen 316. 

Hämatom, zur Diagnose des übergroßen 
retroplaeentaren —s 458. 

—, über d. perirenale — 330. 

—, subseröse —e d. Dünndarms nach 
Ascites-Punktionen 598. 

Haematoma vulvo-vaginale 573. 

Hämatombildung i. Lig. lat. b. d.,Geburt 312. • 

Hämoglobinbestimmung, 255. 

Hämoglobinurie, z. Diagnostik d. — 367. 

—, z. Lehre von d. paroxysmal. — 316. 

—. Pneumokokkensepsis mit — 214. 

Hämolyse, der Horror autotoxicus bei d. 
■— 417, 

Hämolytisch wirkende Fettsäure i. d. Leber 
b. gelber Atrophie etc. 570. 

Hämolytischer Ikterus, familiärer — — 
440. 

Hämophilie i. d. Augenheilkunde 589. 

—, Beitrag z. — 157. 

—. Fall v. — 342. 

Hämoptoe, z. Bhdlg. d. tuberkulös. — 365. 

—, Pantopon bei — 604. 

Hämorrhoiden, neues Verfahren zur Be¬ 
seitigung d. — 693. 

Haemostypticum „Mensan“ 76. 

Händedesinfektion, einfache Methode d. 
Alkohol— 571. 

Hängebrust, operative Heilung d. — 249. 

Halsschmerz u. Halsdrüsenschwellung 438. 

Haltungsanomalien, Prophylaxe d. habi¬ 
tuellen — 530. 

Haltungstypen, z. Aetiologie d. — d. Wir¬ 
belsäule 64. 

Hand, lokaler Tetanus der — 355. 

Harn, Eiweiß i. — v. Säuglingen 364. 

—. Schwefelausscheidung im — b. Säuglin¬ 
gen 123. 

—, neue Probe f. Eiweiß i. — 186. 

Harnapparat, reflektor Bezieh, zwischen 

— u. Uterus 34. 

Harnblase, d. Bilharziakrankheit d. — 413. 

Harnblasenruptur, pathologische intrape¬ 
ritoneale — 442. 

Harneiweiß, serologische Differenzierungen 
von — 714. 

Ilarnindikan, über 286. 

Harninfektion, Genese d. — b. Abdominal¬ 
typhus 415. 

Harnkrankheiten, therapeut. Taschenbuch 
d. — 589. 

—, Vorlesungen über — 715. 

Ilarnleiterkatheterismus, Technik 517. 

Harnorgane, die Erkrankungen d. — 490. 

Harnpepsin als differentialdiagn. Ivrit. 
zwischen Carcin. ventric. und Apepsia 
gastr. 653. 

Harnröhre, Eugallol b. Leiden d. — 427. 

Harnröhrenstriktur, Fibrolysin b. — 258. 

Harnröhrenverätzungen m. chem. Sub¬ 
stanzen 427. 

Harnsäure, Einfluß chem. u. physikal. 
Agentien auf d. Löslichkeit d. — 317. 

—, Quantität. Bestimmung d. — im Blut¬ 
serum 241. 

Harnsäureretention b. d. Gicht 302. 

Harnsaure Diathese u. Uterusmyome 24. 

Harnverhaltung, Fälle v. dauernder — 176. 

Harnwege, mikroskop. Diagnose d. Tuber¬ 
kulose d. — 652. 

Harnzuckerbestimmung. Methode d. — 49. 

Haut, über d. Aufnahme v. Radiumemana- 
tion durch d. — 428. 

Desinfektion d. — m. Jodtinktur 119. 

—, Maschinenverletzungen d>. — 584. 

—. Resorptionsfähigkeit d. — f. ein Milch¬ 
kaseinpräparat 499. 

—, Tönen d. — 275. 

—, Wirkung d. Tuberkelbacillen von d. 
unverletzten — aus 623. 


Hautblutungen b. Hysterie 310. 

— b. Typhus abdom. 379. 

Hautcarcinom nach Trauma 187. 
Hautdefekte, hydriat. Bhdlg. v. — 187. 
Hautdesinfektion m. Alkohol u. Jod 324. 

— nach Grossich 695. 

— Jodtinktur 202. 

—. Vereinfachung d. — 502. 

— u. Wundbhdlg. m. Joddampf 269. 
Hautdrüsen, bakterioleg. Bedeutung d. — 

bei d. aseptischen Chirurgie 395. 
Hauteinstülpungen, Congenitale — 18. 
Hauterkrankung, eine akute — 106. 
Hautfibrom, multiple —e 271. 

Hautjucken, Aktinotherapie d. —s 279. 
Hautkrankheiten. 10 000 Fälle v. — 258. 

— u. moderne Kleidung 428. 

—, Röntgenstrahlen i. d. Therapie d. —707. 
—, Vilja-Creme b. — 532. 

Hautödem, familiäre Erkrankung an akut. 

umschrieb. — 91. 

Hautreflexe b. Urämie 201. 

Hauttuberkulose i. Kindesalter lJ&. 
Hauttumoren, Bhdlg. m. Kohlensäure- 
schnee 360. 

Headsche Felder, Vertretung d. sogen. —n 

— i. d. Nase 120. 

Hebosteotomie, Dauererfolge d. — 95. 
Hedonalnarkose. über aligem. — 242. 
Heer, Krankheiten im — 533. 

—, sanitätsstatist. Betracht, über Volk ti. 

— 444. 

Heftpflasterverbände.. Bhdlg. d. traumat. 

Kniegelenksergüsse mit —n 325. 
Heilsera, therapeut. Wert d. — 644. 
Heine-Medinsche Krankheit 645. Ö87. # 

—. zur Aetiologie ders. 308. 

Heißluftbhdlg. b. inneren Krankheiten 208. 
Helfenberg-Kalender 718. 

Hemiplegie, z. Dyspraxie d. Rechtsgelähm¬ 
ten 6. 

—, über rasch vorübergehende cerebrale 
Hermaphrodit, Demonstration eines —en 
313. 

Hermaphroditismus, Fall v. — 6. 

—. Pseudo—* masculin. complet. 175. 
Hernie. Erfahrungen an 100 eingeklemmten 
—n 283. 

Hernien, über — 12. 

— d. Bauchwand seitlich d. Mittellinie 396. 

- d. Linea semilunaris (Spigelii) 396. 
Herz, Einfluß d. Momburgschen Methode a. 

d. — 595. 

—. geheilte Stichwunde d. — aus 298. 

—. Kokanisierung des Perikards bei Ope¬ 
rationen am —en 458. 

—. Pathologie der Aschoff-Tawaraschen 
Reizleitungssystems 332. 

—. das Reizleitungssystem im Eidechsen¬ 
herzen 332. 

—. Röntgenaufnahme d. —ens 53. 

—. Röntgenuntersuchungen d. —ens im 
Kohlensäurebad 207. 

—, Stauungs— 611. 

—, d. Stoffwechsel u. d. Krankheiten d. 
—ens 402. 

Herzaktion, eine Methode z. Aufnahme v. 

Röntgenbildern d. — 345. 

Iierzarbeit, Symptomatologie d. — 24. 
Herzbeschwerden d. Adoleszenten 424. 
Ilerzbewegung, Kinematographie d. — 
53. 

—, objektive Darstellung d. — 700. 

—Registrierung der — auf elektr. Wege 
147. 

Herzdiagnostik, funktionelle — 602. 
Herzerkrankungen im Anschluß an ein 
Trauma 679. 

—, z. Kasuistik traumat. — 339. 
Herzfehler. Fall v. congen. — 50. 

— als Iridikat. zur Unterbrechung der 
Schwangerschaft 684. 

Herzgeräusche, über systol. — 23. 
Herzinsuffizienz, neue Medikamente zur 
Bhdlg. d. — 611. 

—, peripherische Bhdlg. d. — 37. 

—, Ursache d. — 26. 

Herzkollaps, intraven. Suprarenininek- 
tionen b. — 61. 

Herzkranke, Genußmittel als Heilmittel b. 
—n 439. 

—, psychische Bhdlg. v. —n 268. 

—. schwed. Heilgymnastik b. —n 255. 

—, Schlafstörungen d. —n 706. 


Herzkranke, Vorzüge d. Anstaltsbhdlg. b_ 
—n 595. 

—, wie erhalten sich — leistungsfähig? 646. 
Herzkrankheit u. Psychose 283. 
Herzmassage, die unmittelb. — 62. 
Herzruptur u. Mitralsegelzeneißung 500. 
Herz Störungen, Beziehungen zum Magsn- 
Darmtrakcus 30. 37. 43. 

- durch Reizung des Perikards 458. 
Herztätigkeit, über anatrische — 332. 

—. die Dissoziation zwischen Atrium u. 

Ventrikel etc. 332. 

Herzton, über d. 3. — 23. 
Herzunregelmäßigkeit, über komplette u. 
beständige — 23. 

Herzvergrößerung. Verhalten d. Oesopha¬ 
gus bei — 679. 

Herzverletzung, operativ geheilte 298. 

Herzverletzungen 131. 

Ileufieber, Bhdlg. d. —s mit Bormelin 715. 
Hexamethylentetramin, Arznei-Ausschlag 
nach — 485. 

Hinken, über, intermittier. -— 47. 654. 
Hippokratismus 688. 

Hirnarterien, Miliaraneurysmen d. — 119. 
Hirnchirurgie, Demonstration z. — 221. 
Hirngeschwulst, Differentialdiagn. d. pon- 
tinen — u. d. multiplen Sklerose 257. 
Hirnphysiologisches i. Anschluß an operat. 

Erfahrungen 77. 92. 

Hirnpunktion, zur — 394. 

—. Bedeutung b. intrakran. Blutungen etc. 
221. 

- b. Hydrocephalus 584. 

Ilirnstamm, Tuberkel im — 584. 
Hirschsprungsche Krankheit, operiert. Fall 

von —r — 141. 

Hissches Bündel, intravitale Durchneidung 
d. — n —s 23. 

Hochfreauenzströme u. Diathermie 713. 
Hochgebirge, Dauererfolge bei Lungen¬ 
tuberkulose im — 423. 

. Verlauf der Lungentuberkulose im — 
581. 

lfochgebirgsklima, Wirkung d. —s 346. 
Hochschulkurse, volkstiiinl. — i. Dresden 
634. 

Hode, Atrophie d. —ns b. chron. Alkoholis¬ 
mus 491. 

Hodgkinsehe Krankheit, über Komplement- 
ablenkung bei —r — 380. 

-u. Leukaemia lymphat., z. Aetiologie 

d. H. K. u. L. 1. 323. 

Höhenforschung, intern. Expedition f. — 
194. 

Hörgrenze, krit. Untersuch, zur oberen — 
385. 

Hörprüfung, Knochenleitung als Grundlage 
d. quäl. — 400. 

—, prakt. Verwendbarkeit d. Waetzmann- 
schen Apparates f. — 385. 

—. Worttabellen zur exakten — 386. 
Hörschärfebestimmung, exakte Methode d. 

— 374. 

Hormon, Pankreas— b. Diabetes mell. 
61. 

Hormone, Untersuchungen über 331. 
Hornhaut, seltene traumatische Erkrankung 
d. — 383. 

Hornhautentzündung, z. operat. Bhdlg. d. 

rezidiv, ekzemat. — 444. 
Hornhauterkrankung b. Morb. Basedowii 
mit Exophthalmus 709. 

Hüfte, über die schnellende — 395. 
Hüftgelenk, Mobilisierung ankylosierter 
—e 18. 

—. tabische Arthropathie d. —es 326. 
Hüftverrenkung, chir. Bhdlg. d. angebor. 

— 315. 

Humerus, myelogenes Osteosarkom d. — 
360. 

Huinerusfraktur, Bhdlg. d. —en 708. 
Ilydargyrum jodat. etc. i. d. Augenheil¬ 
kunde 285. 

Hydriatik b. Arteriosklerose 115. 
Hydriatische Bhdlg. v. Hautdefekten 187. 
Hydrocephalus, Bhdlg. d. — m. konsequen¬ 
ter Punktion 394. 

—. chir. Bhdlg. des chron. u. angeborn. — 
int. d. Kindesalters 468. 

—, Hirnpunktion b. — 584. 

Hydronephrose u. Schwangerschaft 243. 
Hydrops, Fall v. kardial. —, behandelt mit 
Digipuratum u. Diuretin 466. 
Ilygieneausstellung. intern. — 210. 





X 


Hydrotherapie b. Verdauungs- u. Stoff¬ 
wechselkrankheiten 375. 

Hyperämie, lokale - - u. Anämie 247. 

Hyperämiebhdlg. bei Ambulanten 614. 

Hyperemesis gravidarum als Indikat. z. 
Unterbrech, d. Schwangerschaft 684. 

Hyperhidrosis, Bhdlg. der — 341. 

Hypernephrom, d. maligne — im Kindes- 
alter 351: 

Hyperphalangie d. Daumens 530. 

Hypophyse, über Folgeerscheinungen nach 
Exstirpation d. — 236. 

Hypoplasie und Infantilismus 247. 

Hysterie, chron. Hautblutungen b. — 310. 

—, was charakterisiert die —? 355. 

Hysterischer u. spastischer Darmverschluß 
283. 

Hysterostomatotomia vagin. ant.: Indika¬ 
tion u. Technik 575. 


i j 

Ichthyol z. Bhdlg. v. Ekthyma u. Lym- 
phangitis 308. 

Ichthyolglyzerin b. Bhdlg. d. Furunkels i. 
Gehörgang 123. 

Idiosynkrasie gegen Kuhmilch 123. 

Idiotie, Fall von alimentärer Pseudo— 
!06. 

— u. Syphilis 60. 

Ikterus, chir. Bhdlg. d. chron. — 75. 

—, entzündlicher u. reelllithogener 258. 

—, über familiären hämolytischen — 440. 

lleoyoecale Invagination 545. 

Ileus infolge spontan. Ausschaltung einer 
Dünndarmschlinge 598. 

— durch Kirschkerne 666. 

Ileusbhdlg. m, Atropin 269. 

Immunisationsfrage. ..zur 169. 

Immunisatorische Vorgänge am Auge 443. 

Immunität gegen Diphtherie 672. 

—. Streptokokken— u. Serumblidlg. bei 
Streptokokkeninfektionen 630. 

—. Tuberkulose- 1 — u. Tuberkulöseimmuni¬ 
sierung 630. 

Immunkörper, ihre. Haltbarkeit in Blut¬ 
egeln 417. 

Impfpustel, 2 Fälle v. Kontaktinfektion, d. 
Augpa durcli —n 253... 

Impftumor-en, Yariabil. d. — ü. ihre Spon¬ 
tanheilung 64. 

Impotenz, Therapie d. nervösen — 485. 

Indigurie, Fall v. — 367. 

Industrie • u. Volksgesundheit 490. 

Infantilismus u. Hypoplasie 247. 

—. Ursachen d. — 271. 

Infantina. über — (Theinhardts Kinder¬ 
nahrung) 193; 

Infektion d. Schußverletzungen 572. 

Infektionskrankheiten in Beziehung zu 
Man d e 1 a f f e k t i o n e n 214. 

—, ihr Einfluß auf d. Milchsekretion 640. 

— u. Krebs 668. 

Influenza, Bhdlg. in. elektr. Lichtkasten¬ 
bädern 31. 

— u. Kinderlähmung 387. 

—. Neu-Pyrenol b. — 102. 

Influenzaähnliche Diplokokkenepidemie 2. 

Inhalationstherapi.e, über — 178. 

Injektionen, intravenöse — im Kindesalter 

673. 

Innere Krankheiten, Rolle - d: Gefäße bei 
—n — 22. 

Instrumentarium d. inneren Medizin 577. 

Intelligenzprüfung beim Kinde 206.. 

Intercostalneuralgie. Aetiologie d. — 296. 

Intestinale Autointoxikationen 532. • 

— Körperschmerzen 62. 

Intravenöse Injektionen im Kindesalter 693. 

Intubation; peroral. - i. d. Thoraxchirurgie 
66.' 

Intubationsblidlg. d. diphther. Larynx- 
stenose 294. 

Intübulation d. Art fern. i. d. Vena fern, 
b. ■ Gangrän 57. 

Invagina.tio ileocoecalis 545. 

Iris: Heterochromia iridura 459. 

Irisprolaps. Verhütung d. —es nach d. 
Stäröperation ohne Tridektömie , 285. 

Ischämie bei intermiftier. Hinken 654. 

Isöhias 542. ■' 

— Bhdlg. d. — 223. - 

—, Bhdlg. Tn. epiduralen Injektiqnen 528. 


DizJtisa: fr 
LiaTEF.SOrTCFt' 


Ischias, physikal. Bhdlg. d. — 178. 310. 
Ischiasbhdlg. u. physik. I herapie 340. 
Jacksonsclie Epilepsie, Dauererfolge d. 

operat. Bhdlg. bei —r — 412. 

Jod u. Alkohol’ z. Desinfektion d. Haut 324. 
—, Jod, Ausscheidung v. — 498. 

—, Beziehungen zwischen — u. Ausfall d. 

Seroreaktion 498. 

Jodbasedow, über — 273. 

Jodbenzin. Unglücksfall b. 478. 508. 
Jodbenzindesinfektion, ein Nachteil d. — 
695. 

Joddampf. Hautdesinfektion u. Wundbhdlg. 
in. —269. 

Joddesinfektion/Wert d. — 381. 

Jodipin. über — 54. 

Jodival b. tert. Syphilis 60. 
Jodoformersatz, Novojodin als — 486. 532. 
Jodtinktur z. Hautdesinfektion 119. 202. 
412. 

Jodtinkturdesinfektion 229. 

— nach Grossich 468. 

Jodtropon 183. 498. 

Jod Verteilung, über — 60. 

Jod Wirkung 164. 

— b. experim. Syphilis 353. 
Jothion-Therapie, e. Beitrag z. — 255. 
Jucken, Aktinotherapie d. Haut—s 279. 
Juckreiz, Vilja-Creme gegen — 532. 
Juvenile Muskeldystrophie infolge Ueber- 

anstrengung 467. 


K 

Käsevergiftung, bakteriolog. Befund b. e. 
FaM v. — 267. 

Kaiserschnitt, extraperiton. —- 235. 244. 313. 

—-, -nach Latzko 383. 

—. 2 Fälle von cervicalem — 313. 

—, Indikationsstellung d. extraperiton. —s 
232. 

—. kiinstl. Frühgeburt u. vaginaler — bei 
habit. Absterben d. Frucht 530. 

—, vaginaler — 639. 

Kalk. Bedeutung d. —es i. d. Pathologie d. 
Rachitis 171. 

Kalender, Lohnsteinscher Medizinal— 659. 

Kalium jod., Einfluß auf Typhusbacillen 
581. 

— hypermang. cryst. als gewebezerstör. 
Mittel 202. 

KammerwasSer, schwarzes — 429. 

Kampfer, Einwirkung d. —s auf d. Säug¬ 
ling 644. 

Kampferätherinjektion, eine seltene Art v. 
Geschwüren nach —en 693. 

Kampferöl. Bhdlg. d. diffus, eitr. Peritoni¬ 
tis mit 1 pr'oz. — 300. 

Kankroidin Schmidt. Mißerfolge mit- 

175. . 

Kardialer Hydrops, behandelt m. Digi- 
puratüm i},_Diuretin 466. 

Kardiolyse b. Perikardobiiteration 353. 

Kardiopneumat. Bewegung. Registrierung 
d. — --als’Untersuchungsmethode 275. 

Kardiospasmus, Bhdlg. d. chron. — 203. 

Karelische Milchkur i. d, Entfettungsbhdlg. 
179. 

Kartoffel. Untersuch, über d. Oxydations- 
ferinente d. — 74. 

Katapiasmen, Anwendung d. — 170. 

Kauunfähigkeit, nervöse — d. Kinder 672. 

Kehlkopf, Daueranästhesie d. tuberkulös, 
—es'682. - 

—, endoskop. Unters, d. —es 201. 

Kehlkopfkrebs, geheilt mittels Laryngofis- 
sur 136. 

—. Symptomatol. d. —es 5. 

Kehlkopftuberkulose, Bhdlg. d. — m. Rönt¬ 
genstrahlen 215. 

—. Verlauf d.— bei m. Pneumothorax be¬ 
handelt. Lungentub. 410. 

Kephaldol 164. 

— als Antipyreticum u. Antineuralgicum. 
124. 

—, Wirksamkeit .d. —s '82. » 

Keratomalaciefrage, zur - 460. 

Keuchen. Bedeutung d. exspir. —s f. d. 
Diagnose der Lungendrüsentuberkulose 
138.. ' 

Keuchhusten, Bhdlg. d. —s 128. 

—, Chinin b. — 249. 

Keuchhustenmittel, über d. neue — „Eula- 
tin“ 375. 


Kiemengangeiterung, Fall von — 381. 

Kind, Bhdlg. des chron. Darmkatarrhs 
kleiner —er 490. 

—, Deinonstrat. eines neugebor. —es m. 

hereditärer Lues 429. 

—. Diagnose u. Therapie d. Blasensteine 
beim — 428. 

—, das einzige — und seine Erziehung 180. 
—, Ernährung u. Pflege d. —es 505. 

Intelligenzprüfung beim — 206. 

—. d. kranke — u. d. Seeklima 461. 

—. Lues hereditaria älterer —er i. Röntgen¬ 
bilde 261. 

—, nervöse Kauunfähigkeit d. —er 672. 

—, Polyposis intestin. beim — 679. 

—, Therapie d. Ekzems d. —er 88. 

—, Verdauungsinsuffizienz beim — 177. 

— : , Vorlesungen über krankhafte Seelen¬ 
zustände beim — 180. 

—. Winke zur Ernährung d. —er 646. 
Jvinderbalsain, Erblindung nach Genuß v. 

— 47. 

Kinderheilkunde, Bedeut, d. direkt. Unter¬ 
suchung d. ob. Luftwege f. d. — 328. 

— im Universitätsunterricht 190. 
Kinderlähmung, z. Aetiologie d. epid. —59. 
—, d. Auftreten der spin. — i. Vorpom¬ 
mern 267. 

—. epidemische spinale — 685. 

—, Frühstadien d. Spin. — 59. 

— u. Influenza 387. 

—. Lexersche Knochenbolzung b. Spin. — 
589. 

—, Natur des Virus d. epidem. — 241. 

—, über spin. — 184. 

—, Studien über — 317. 

Kinderpflege, Sorgen u. Fragen i. d. — 
646. 

Kinderpraxis, Chininpräparate i. d. — 338. 
Kindersterblichkeit unter der Geburt 246. 
Kindesalter. Amputationen i. — u. ihre Fol¬ 
gen f. d. Knochenwachstum 546. 

—, Bedeutung d. Rindertuberkulose f. d. 
Infektion i. — 138. 

—. Bhdlg. schwerer Bronchopneumonien 
des frühen —s 421. 

—. Bhdlg. d. Tuberkulose i. — 68.' 

—. Blutdruck im — 541. 

—, chir. Bhdlg. d. chron. u. augeborn. Hy- 
drocephalus int. 468. 

—, dissemin. Hauttuberkulose i. — 138. 

—. Ernährungsneurosen im frühen 672. 
—, experiment. Beitrag zur Erforschung 
d. Tetanie im — 678. 

—, d. maligne Hypernephrom im — 351. 

—, über moralische Abartung i. -— 228. 

—. Pathologie d. Parasyphilis im — 185. 

—, Peritonitis salpingit. Ursprunges im —- 
189. 

—, Phimosenbhdlg. im frühen 679. 

—, Polyarthritis chron. progr, i. — 351. 
453. 

über Rektalgonorrhoe im — 366. 

—, Rumination im — 364. 

—. d. Technik intravenöser Injektionen im 

— 693. 

—, Wassermannsche Reaktion im — 672. 
—, über Zuckerausscheidung im — 190. 
Kindliche Leistenbrüche, operat. Bhdlg. d. 

—n — 413. • 

Kirschkern als Ursache von Dünndarm¬ 
perforation 188. 

Kleidung u. Hautkrankheiten 428. 
Kleinhirn in Beziehung zum Sprechakt 

— u. Vestibularapparat 432. . 

Kleinhirnbrückenwinkeltumoren, zur Dia¬ 
gnostik der — 432. 

Kleinhirntumor, Chirurgie d. —en 700. 
Klima, Höhen- u. Wald—- 164. 

—, Wirkung des Hochgebirgs—s 436. 
Klimakterium. Oes.teomalacie im -— 699. 
Klinik, Einrichtung d. Badehauses i. d. 

modernen. —: 178. . 

Klystier-Ersatz-Therapie 515. 

Kneippsche Hydrotherapie 447. 

Knie, Lagerungsapparat zur. Bhdlg. des 
—-s 302. 

Kniegelenk, BandsCheibenverletzungeu d. 
—s 24. 

Kniegelenk, Demonstrat. eines einge¬ 
pflanzten —s 589. 

—, Demonstration zur Pathologie d. —s 
302. 



XI 




Kniegelenk, Drainage b. vereitertem — 325. 
—. Meniscofissur u. Meniscus binortit. im 

— 314. 

—, operat. Mobilisierung d, —s 302. 

—. Präparate v. resez. —en 589. 
Kniegelenkkontraktur, geheilt durch par- 
artikulare Korrektur 360. 
Kniegelenksergüsse, Blildg. d. traumat, 

— m. Heftpflasterverbänden 325. 
Kniegelenkseröffnung, konservative —502. 
Kniescheibenverrenkung, erbliche ange¬ 
borene — 588. 

Kniestreckapparat, Untersuch, über d. nor- 
malen — 486. 

Knochen. Lymphangiome d. —s 588. 

—. d. solitär. Cysten d. lang. Köhren—• 
598. 

—. spätsyphilit. Erkrankung d. — 328. 
Knochenbolzung, Lexersche — 589. 
Knochenbrüche, die Coridivillasche Nagel¬ 
extension b. —n 145. 

Knochenersatz 545. 
Knochenkonservierungsversuche 248. 
Knochennähte b. Frakturen 315. 
Knochennekrose durch Gefrieren 413. 
Knochentransplantation, erfolgreiche —35. 
Knochenwachstum, Folge d. Amputationen 
i. Kindesalter f. d. — 546. 

—. Wirkung d. Thyreoidintabletten auf d. 
• — 421. 

Kochsalzarme Diät b. Nierenkranken 157. 
Kochsalzausscheidung b. Nierenentzündung 
186. 

Kochsalzbhdlg. der Epilepsie 412. 
Kochsalzinfusion, Gefahren b. d. Eklamp¬ 
sie 146. 


Kochsalztrinkquelle. Erschließung einer 

— i. Reichenhall 67. 

Körperfunktionen u. Blutviskosität 179. 
Körpergewicht u. Badekur 178. 

— u. Kur 384. 

Körperhöhlen, Universalhandgriff zur Be¬ 
sichtigung v. — 261. 

Kohlehydrate. Rolle d. — bei d. Ernäh¬ 
rung d. Säuglings 643. 
Kohlehydratstoffwechsel, Einfluß d. Ne¬ 
bennieren auf d. — 331. 

- . Physiologie u. Pathologie d. —s 289. 
Kohlehydratverdauung u. Diastasepräpa- 

rate 500. 


Kohlensäure, Vergleiche zwischen — und 
radioakt. Sauerstoff—bädern 67. 

Kohlensäurebad, Herz- u. Gefäßwirkung 
v. — 207. 

—. Köntgenuntersuch. d. Herzens im — 
207. 

Kohlensäureschnee zur Blidlg. d. gewöhnl. 
harten Warzen 324. 

—, Blullg. d. kleinen Hauttumoren mit — 
— 360. 


Kokain, Haben sich i. d. Rhino-Laryn- 
gologie d. Ersatzmittel d. —s bewährt? 
284. 

Kokainisierung d. Perikards bei Opera¬ 
tionen am Herzen 458. 

Kolipyelitis, Bhdlg. in. Nierenbecken¬ 
spülungen 680. 

Kollargol b. Bauchwassersucht 410. 

Kolloidchemie. Beiträge zur — 618. 

Kolloide, ihre Bedeutung für die Kon- 
krementbildung 358. 

Kolpotherm, Wärmeapparat f. vaginale 
Anwendung 386. 

Koma, experimentell durch buttersaures 
Natron hervorgeruf. — 698. 

Komplement, über das — 417. 

Konkrementbildung. Bedeutung der Kol¬ 
loide für d. — 358. 

Kopfhaut, syphilit. Ulceration d. — 137. 

Kopfschmerz, Diagnose u. Therapie d. 
—es 262. 

— u. Syphilis 31. 

Kosmet. Bhdlg. d. Faeialislähmung 138. 

Kraft u. Stoff im Haushalt d. Natur 26. 

Krampfanfälle nach orthopäd. Operationen 
188. 


Krankenhaus, der Luftdruck im — 249. 
Krankenpflege, Bedeutung d. — f. d. The¬ 
rapie 259. 

Krankenversicherungswesen (einschl. Un¬ 
fallversicherung) : 

Entwurf d. Reichsversicherungsordnung 


27. 110. 166. 194. 236. 249. 263. 290. 404. 
418. 434. 463. 548. 549. 577. 610. 716; 
Sozialversicherungsreform Tn Oesterreich 
263. 319. 346; 

Freie Arztwahl i. d. Schweiz 223. 290; 
Karrenzzeit f. Kassenärzte 12. 55; 
Alterspensionen von Krankenkassen¬ 
ärzten 674: -- 

Karenzzeit f. Kassenärzte 12. 55; 
i. Halle a. S. 405. 533. 577. 659. 702. 716; 
Sächs. Krankenkassentag i. Leipzig 3Ö0; 
Ger.-Entscheidungen betr. Krankenver¬ 
sicherungswesen 70. 97. 507. 535. 591. 605. 
606. 

Krebs, Authämotherapie bei — 714. 

—, Beeinflussung durch Kohle 118. 

—, eine neue Bhdlg. d. —es 667. 

—, über d. im Heidelberger Samariterhause 
jetzt übliche Bhdlg. d. —es 274. 

— u. Infektionskrankheiten 668. 

—, Resultate b. abdom. Operation des 
Uterus—es 108. 

Krebsbildung i. d. Mamma in Beziehung zu 
Haarsackmilben 218. 

Krebsforschung, Ergebnisse d. neueren — 
503. 688. t 

Krebsmetastasen in d. Ovarien 69^ . 
Krebsorgane, Fermentwirkung i. g r n 193. 
Kreislauf, zum — des Fötus 246. 
Kreislaufstörungen, zur Dauerwirkung 
^ C02-haltiger Solbäder b. — 282.g et 
Kreosot i. Verbind, m. Fichten,., er b. 

Lungentuberkulose 164. 

Kreosotbhdlg. d. Lungentuberkulose 179. 
Ivreuznacher Radiuin-Emanationsbäder 67. 
Kreuzotterbisse, Umfrage über — 306. 
Kropf, experim. Erzeugung u. Ursache d. 
—es 326. 

—, d. Röntgenbhdlg. d. —es 442. 
Kropfblutungen 471. 612. 

Kropfoperation u. Rekurrensstörung 273. 
Kryptorchismus, operat. Bhdlg. d. — 261. 
Kulturbrief, ärztl. — aus Ostpreußen 589. 
Kupfersulfatvergiftung. Fall v. — 721. 

Kur u. Körpergewicht 384. 

Kurorte, plötzliche Todesfälle i. d. —n 178. 
409. 

Kurpfuscher, Prozesse gegen: 

Beilegung eines ärztlichen Titels 111. 
238. 492. 689; 

Unlauterer Wettbewerb 140. 507. 535. 
689: 

Betrug 42. 153. 292. 347. 450. 535. 619. 
689; 

Urkundenfälschung 319; 

Unbefugte Abgabe v. Arzneimitteln 263; 
Fahrlässige Tötung 278. 319. 492. 592; 
Schadenersatzklage 521; 

Fahrlässiger Körperverletzung: Felke- 
Prozeß 14, Verurtlg. e. Schäfers 14, Frei¬ 
sprechung e. Kurpfuschers 277, Verurtlg. 
e. Badeanstaltsbesitzers 376, Verurtlg. 
450. 647: 

Prahlerische Ankündigung 182; 
Verabsäumte Anmeldung 238; 

Tätliche Beleidigung 224; 
Fruchtabtreibung 111. 224. 263. 578. 606; 
Schadenersatzklage 647; 

Gnadengesuch f. e. Kurpfuscher 563. 
Kurpfuschertum: 

278. 389. 436. 450. 491. 493. 506. 634. 675. 
689. 702. 718; 

Heilmittelschwindel 111. 125. 348. 362. 
661. 718. 

Kurzsichtigkeit, Entstehung d. — 160. 176. 

L 

Labyrinth, Pathologie d. —es 659. 
Labyrintherkrankung. vestibuläre Reiz¬ 
erscheinungen bei — 699. 

—, — — und Ausfallerscheinungen 709. 
Labyrintheiterung, Fall v. — 386. 
Labyrinthitis. Fistelsymptom, postoperat. 

— u. Verhütung derselben 417. 

—. .Präparate experimentell erzeugter — 
386. 

Lähmung, z. Aetiologie d. epid. Kinder— 
59. 

—, Blidlg. v. —en in. Nervenplastik 11. 

—. — spastischer —en 174. 

— d. Cucullaris u. Sklerodermie 64. 

—. Fälle v. schlaffer u. spast. — b. Kindern 
640. 


Lähmung, Früh Stadien d. spin. Kinder— 
59. 

—. Nervenüberpflanzung b. schlaffen —en 
203. 

— des N. museulocutaneus 369. 

—, Virus d. epidem. Kinder— 241. 
Lävulose. Wert d. Pinoffschen —Reak¬ 
tion. 587. 

Lamiuariadilatation, Technik d. — 284. 504. 
Landarzt, Leiden u. Freuden eines —es 
474. 

Laparotomie, Anregung d. Peristaltik nach 

— 426. 

—. zur — bei Retroflexio uteri grav. etc. 

— 428. 

Laparotomierte, Erfolge m. Rückenmarks¬ 
anästhesie b. —n 95. 

—. Frühaufstehen d. —n 688. 
Laryngofissur b. Kehlkopfkrebs 136. 
Laryngologen. Verhandl. d. Vereins Deut¬ 
scher — 1909 262. 

Larynxstenose, Fortschritte d. Intubations- 
bhdlg. d. diphther. — 294. 
Larynxtuberkulo.se als Indikat. zur Unter- 
brecliung d. Schwangerschaft 684. 
Lazarett, moderne Röntgeneinrichtungen 
in Land- u. Schiffs—en 509. 523. 537. 
Leber- u. Fettresorption 10. 

—, Fettsäure i. d. — b. Atrophie etc. 
570. 

—, Verkalkung d. — 158. 408. 

Leberabsceß m. Pylephlebitis 626. 
Lebercirrhose, Fall von — 137. 

—440°*” 6 V " ^ a ^ Guste * ner ^ rail ^ im " etc * 
—, zur Genese d. — 393. 

Leberruptur, subkut. — 159. 
Lebersequester, Bhdlg. ausgestoßener — 
159. 

Lebertran, über d. Fettsäuren d. —s 259. 
Lebervenenthrombose, Verhalten d. Purin¬ 
körper b. — 367. 

Leberverfettung nach Resektion eines 
.Leberlappens 204. 

Lecithin. Bedeutung f. d. Stoffwechsel d. 
Säuglings 499. 

Leistenbrüche, operat. Bhdlg. d. kindl. — 
4L3. 

Leontiasis, über Virchows — ossea u. Pa¬ 
gets Osteitis deform. 473. 

Lepra 610. 

—. Ehrlich .,606“ gegen — 678. 

—, Komplementablenkung b. — m. syphilit. 
Antigen 17. 

Lepraforschung, Stand d. — 630. 
Leptomeningitis, operierter Fall von — der 
Zentralregion 144. 

Leukaemia lymphat. und Hodgkinsche 
Krankheit, zur Aetiologie 323. 

Leukämie, über verkannte —n 483. 
Leukämische Blutbilder, experiment. Er¬ 
zeugung —r — 316. 

Leukocyten, einfache Methode d. Zählung 
d. eosinophil. — 612. 

—. ihr Verhalten bei Masern 365. 
Leukocytose durch Erstickung 600. 

—. experim. eosinophile u. basophile - 
316. 

—. myogene — 500. 

—. Verdauungs— im Säuglingsalter 24L 
Leukofermantin, übel* — 40. 
Leukofermantin-Injektion b. paraurethral. 
Absceß 696. 

Libidinöse Sexualausflüsse 96. 

-u. Orgasmus 63. 

Lichen nitidus Pincus 625. 

— ruber, Arsenbenzol b.-581. 

Licht, ist Schutz der Augen vor ultra¬ 
violettem — notwendig? 460. 

— u.. Radium z. Blidlg. d. roten Mutter- 
' mäier 258. 

—, therap. Verwendung d. blauen — Bo¬ 
genlichtes 117. 

Lichtkastenbäder b. Schnupfen etc. 31.. 
Lid. Ektropium d. Ober—es 244. 

Limonen. Anwendung v. — bei Lungen¬ 
kranken 401. 

Linea semilunaris (Spigelii). Hernien der¬ 
selben 396. 

Linse, z. Therapie der Eisensplitter-Vqr- 
letzungen d. — 341. 

Lipämie bei Diabetes 657. 670. 

Lipoide, diagn. Bedeut, d. im Urin u. Spu¬ 
tum ausgeschiedenen — 399. 











xir 


Lipoide, z. Pathologie d. — 93. 

Littlesche Krankheit, zur operat. Bhdlg. d. 
—n — 394. 

-, Fälle v. —r — 641. 

-, die Foerstersche Operation b. —r — 

235. 

-. Grundsätze f. ihre Bhdlg. 516. 

Lokalanäthesie, Alypin f. d. Zwecke d. — 
646. 

Lokalanaesthetica. Methode, die Wirkung 
d. — zu steigern 654. 

Lues, Demonstrat. eines neugebor. Kindes 
m. heredit. — 429. 

—. zwei Fälle v. hereditärer — 92. 

—, ist das nach Hg-Injekt. auftret. Fieber 
ein Zeichen aktiver —. 664. 

— hereditaria älterer Kinder im Röntgen¬ 
bilde 261. 

:—, die Serodiagnose d. — etc. 200. 

—. Vererb, d. — auf Grund bakteriol. u. 
serolog. Unters. 191. 

—. die Vielgestaltigkeit d. visceralen — 
366. . 

—. W r assermannsche Methode z. Differen- 
tialdiagn. zwischen —■ cerebrospin. u. 
multipl. Sklerose 512. 

Luft, warme — b. Dermatosen 723. 

Luftaspiration. Bhdlg. d. — 315. 

Luftdruck, der — im Kra.nkenhause 249. 

Luftdruckerkrankungen. Experimentelles z. 
Frage d. — 275. 

Luftfistel, intrathoracische .— und ihre 
Deckung 598. 

Tuaftwege, Bedeut, d. direkten Untersuch, 
d. ober. — f. d. Kinderheilkunde 328. 

—. Diät b. Erkrankungen d. ober. — 323. 

—* Fremdkörper d. — 670. 

Lumbalanästhesie, Erfahrungen mit d. 

426. 695. 

—, gegenwärtiger Stand d. — 330. 

— mit Stovain-Billon 695. 

Lumbalnarkose i. d. Gynäkologie 146. 

Lumbalpunktion. Bhdlg. d. Schädelbasis¬ 
fraktur m. wiederholt. —en 649. 

—, Indikationen u. Kontraindik. d. — 653. 

Lunge, Disposition d. — zur Tuberkulose 
701. 

Lungena.bsceß. durch künstl. Pneumo¬ 
thorax behandelt 173. 

Lungenarterie, Venenthrombose und Em¬ 
bolie d. — 47. 

Lungenaktinomykose, operierter Fall v. — 
589. 

Lungenblutungen. Verfahren zur früh¬ 
zeitigen Diagnoso d. — 466. 

Lungenchirurgie, über — 9. 

—•. Demonstrat. z. — 64. 

Lungendrüsentuberkulose, . Diagnose d. — 

138. 

Lungenemphysem, zur Pathogenese d. —s 
373. 

Lungenentzündung. Bhdlg. d. — 351. 

—en u. epitynhlit. Schmerzen 62. 

Lungenerkrankungen. Lymphstauung b. 
schweren — 342. 

Lungenkranke. Anwendung v. Limonen bei 
—n 401. 

—. Pantopon b. —n 603. 

Lungenkrankheiten. Rigidität d. Muskeln 
als Erkennungszeichen v. — 351. 

Lungenödem m. paroxysmaler Blutdruck¬ 
steigerung 23. 

Lungenphthise. Bhdlg. d. — 26. 

Lungen-Röntgenogramme, ihre diagno¬ 
stische Bedeutung 710. 

Lungenschwindsucht. über zeitgemäße 
Auffassung d. — 179. 

Lungensyphilis, geheilt durch d. Ehrlich- 
Hatasche Präparat 472. 

Lungentuberkulose, Bhdlg. m. Carl Speng¬ 
lers T.-K. 31. 216. 

—. Bhdlg. d. — m. künstl. Pneumathorax 
114. 

—, — m. Tebean 358. 

—, Bedeut. Aegyptens f. d. Bhdlg. d. — 
423. 

—, Dauererfolge bei — i. Hochgebirge 423. 

—, Diagnose d. — 594. 

—, z. spezif. Diagnostik d. — 352. 

—, Einteilung d. — 274. 

Entfieberungen b. — durch Tuberku¬ 
lose 373. 

-, Heilung d. — 624. 


Lungentuberkulose als Indikat z. Unter¬ 
brechung d. Schwangerschaft 684. 

—, Kompressionsbhdlg. b. — 581. 

—, Kreosot in Verbind, m. Fichtenteer b. 
d. — 164. 

—. über d. subkut. Lymphdrüsen d. Thorax 
bei — 482. 

—. Methoden chir. Therapie der — 423. 

— u. Mundhygiene 157. 

•—. ungleiche Reaktion der Pupillen als 
Frühsymptom d. — 393. 

—, Röntgendiagnose d. — 581. 710. 

—. Tuberkulinerfolge bei 682 offenen -n 
594. 

—, Verlauf d. — im Hochgebirge 581. 

Lungenverletzungen. operat. Blidlir. d. — 
489. 

Lupus. Bhdlg. d. — 454. 

-. chir. Bhdlg. des — 342. 

— erythem.. posit. Ausfall d. Wa&ser- 
mannschen Reaktion b. L. e. 143. 

— vulg., zur Aetiologie d. L. v. 429. 

Luxatio maxillae inferior, bilat., blut. Re¬ 
position 301. 

— pedir post., blutige Reposition veralteter 
L. i». p. 301. 

Luxati.n, zur nichtkomplizierten trauma¬ 
tisch n Sehnen— 458. 

— d. fiijhulter, Reposit. veralteter 
301. 

— d- Zeigefingers 639. 

■Lympuangiome d. Knochens 588. 

Lymphangitis u. Ekthyma u. deren Bhdlg. 

m. Ichthyol 308. 

Lymphatisch-skrofulöse Augenkrankheiten, 
Borsäure b.-n — 208. 

Lymphdrüsenanschwellungen bei Röteln 
16. 

Lymphocytose bei Basedowscher Krank¬ 
heit 380. 

Lymphstauung b. schweren Lungen- und 
Pleuraerkrankungen 342. 



Magen, Bedeutung des Flagellatenbefundes 
im — 368. 

—. Belastungsproben des —s 259. 

—. direkter Nachweis d. freien Säure i. 
429. 

—, Einfluß v. Arzneimitteln auf Tonus u. 
Kapazität d. —s 288. 

—. Methode z. Prüfung d. Verweildauer 
v. Flüssigkeiten i. — 570. 

— operat. Entfernung v. Fremdkörpern 
aus d. — 63. 

— i. Mikrogastrie 575. 

—. Orexinprobe z. Feststellung der Salz¬ 
säuresekretion d. —s 424. 

—. Pneumatose d. —s. geheilt durch blut. 
Dehnung d. Cardia 652. 

—. zur Salzsäureproduktion d. —s 339. 

Magenaffektionen, chir. Bhdlg. gutartiger 
— 75. 

Magenbewegungen, über — 288. 

—, äußerlich sichtbare —_ 73. 

Magenblutung, Fall v. rezid. — 136. 

—, über lebensbedrohliche —en 173. 

Magenblutungen, diagn. Bedeutung okkul¬ 
ter — 192. 

Magencarcinom, Bedeutung d. Oelsäure f. 
d. Diagnose d. —s 614. 

—. Frühdiagnose d. —s 425. 

—. Harnpepsin als Kriter. zwischen — u. 
Apepsia gastr. 653. 

— u., Magengeschwür, zur Differentialdia¬ 
gnose ders. 327. 

Mägenchirurgie, Fälle aus d. — 136. 

Magen-Darmkanal, Röntgenaufnahmen bei 
Krankh. d. —- —s 67. 

—, Verhalten des Aluminiums i. — 134. 

—. Wirkung d. Morphins auf d. motor. 
Funktion d. —s 288. 

Magendarmkranke Säuglinge, Bhdlg. m. 
Eiweißmilch 359. 

Magen-Darmtraktus in Beziehung zu Herz¬ 
störungen 30. 37. 43. 

Magenfermente, Ausscheidung d. — durch 
d. Harn 342. 

Magengeschwür, Bhdlg. d. Komplika¬ 
tionen d. rund. —-s 613. 

Bhdlgs.-Methoden d. chron. —s 165. 

—. callöse —e 638. 

—. chir. Bhdlg. d. —s 75. 203. 349. 


Magengeschwür, Exzisionen u. Resektion 
b. —en 613. 

—, Häungkeit d. —-s i. München 90. 

—, Heilung d. perfor. —s 205. 

—, krebsige Entartung d. chron. —s 425. 

—, zur Operation des perfor. —s 427. 

—, zur Pathogenese etc. d. runden —s 330. 
—, d. penetrierende — 700. 

—, Röntgendiagnostik b. — 666. 

— bei Sanduhrmagen 311. 

Magenmotilität, z. Pharmakologie d. ;— 
288. 

Magenmucosa b. perniciöser Anämie 229. 
Magenoperationen, aseptische — 570. 
Magenpräparat m. Carcinom 37. 
Magensaft, Aciditätsbestimmung d. —es 
302. 

—, über d. Acidität d. —es 384. 
Magensaftfluß, Fall v. — 136. 
Magensekretion u. Motilität nach Appetits- 
u. Probefrühstück 713. 
Magensekretionsprüfung, z. Methodik d. — 
288. 

Magenspülung auf neuen Indikations¬ 
gebieten u. in modifiziert. Anwendungs- 
, form 440. 

Magentumor, Demonstr. im Gastroskop 698. 
Magenverdauung im Darm 288. 

—, Einfluß der Milz auf d. — 332. 
Magnesium, z. Physiol. u. Pharmakol. des 
— 32. 

Malaria, Ehrlich-Hata-Mittel bei — 652. 

—, einheimische — quartana 694. 
Malariamilz. Operation an d. — 667. 
Malariapsychosen 199. 

Malleolenfrakturen. Bhdlg. d. — 587. 
Malum perfor. pedis 315. 

Mamma. Beziehung d. Haarsackmilben zu 
Krebsbildungen i. d. — 218. 
Mammaamputation, Nachbhdlg. d. — 588. 
Mammatumor. Demonstration eines —s 137. 
Mammin-Poehl b. Fibromyom etc. 217. 
Mandelaffektionen in Beziehung zu Infek¬ 
tionskrankheiten 214. 

Mandelpfröpfe, Entfernung d. — durch 
stumpfe Löffel 576. 

Mann u. Weib 40. 

Maschinenverletzungen der Haut 584. 
Masern. Einwirkung von - auf Psoriasis 
186 . 

—, Verhalten d. Leukocyten b. — 365. 
Maserninkubation, .das Blutbild i. d. — 207. 
Massage, eine neue —Methode: Elasto- 
Massage 484. 

Massage-Apparate, neue — 165. 
Mastdarmvorfall, zur Pathologie u. The¬ 
rapie d. —es 457. 

Mastitis. Bhdlg. d. puerperal. — 341. 
Mastixverbände b. Fußerkrankungen 315. 
Mastoptose und Mastopexie 249. 
Mediastinaltumoren. Erfahrungen b. — 11. 
Mediastinitis, z. Klinik der tuberkul. — 
346. 

Medizin, Wesen u. Wertschätzung d. — zu 
allen Zeiten 193. 

Medizinalberichte über d. deutsch. Schutz¬ 
gebiete 236. 

Medizinalgesetzgebung und behördliche 
Erlasse: 

Entwurf des Kurpfuschereigesetzes (bez. 
gegen Mißstände im Heilgewerbe) 168. 
209. 463, 548. 591. 689. 702; 

Gesetzentwurf betr, Versicherungsreform 
s. u. Krankenkassenwesen; 

Entwurf e. Irrengesetzes i. Baden 27: 
Oesterr. Reichs-Seuchengesetz 333; 

P r e u ß. Ministerialerlasse betr. Ge. 
schlechtskrankheiten 84; Fleischvergif¬ 
tung 125; Vaccinationslymphe 125; Diph¬ 
therieheilserum 126; Nahrungsmittelver¬ 
giftung 153; Frauen als Nahrungsmittel¬ 
chemiker 153; Tarif f. Untersuchungs¬ 
anstalten 153; Bovo-Tuberkulin 182: 
Infektionskrankheiten i. Kurorten 434: 
Leitung v. Krankenhäusern 434; Cholera 
430; Fieberthermometer 478; Badewesen 
536; Gesundheitskommissionen 675; 

S ä c h s. Ministerialerlaß betr. Abgabe v. 
Arzneimitteln 110, alkoholfreie Getränke 
436. 

W ü r 11 e m b e r g. Ministererlaß betr. 
Geschlechtskrankheiten 478: 

H essischer Ministerialerlaß betr. 
Dankschreiben a. Kurpfuscher 661; 


ir 

0 




XLII 


1 


Mecklenburg. Erlaß betir. Kreis¬ 
arzttaxe 477; 

flambur g. Erlaß betr. Anzeige v. In¬ 
fektionskrankheiten 304; 
Oesterreich. Ministerialerlaß betr. 
Wassermannsche Reaktion 478; 
Russischer Erlaß betr. Methyl¬ 
alkohol 592. 606: 

Medizinisch-statistischer Jahresbericht d. 

Stadt Stuttgart 194. 

-Mehlabbau 645. 

Mehrlingsgeburten i. Deutschen Reiche 
675. 

Meiostagminreaktion b. d. experiin. Tu¬ 
berkulose 542. 

—. d. spezif. —, eine physikalisch-ehern. 
Reaktion 156. 

— b. Typhus 541. 

Melaena neonatorum. Gelatinebhdlg. bei — 
— 453. 

Membrana basilaris, d. akustische Eigen¬ 
schaften d. — — 374. 

Meningitis cerebrospin. epidein., Histologie 
d. Rückenmarkes b. — 101. 

— cystica d. Gehirns 174. 

—. Infektionswege u. Verlauf d. Pneumo¬ 
kokken— 453. 

— u. Pachymeningitis int. infect. acuta 624. 

- infolge Schläfenbeinbruchs 373. 

— serosa otogener Genese 417. 

—, tuberkulös, b. älteren Individuen 282. 

—. tuberkulöse — u. Brusternährung 254. 
Meningokokkenträger. Blidlg. d. — 172. 
Mepiscofissur u. Meniscus bipartit, im Knie¬ 
gelenk 314. 

..Mensan“ als Hämostypticum 76. 
Menschenleben. Schutz des intrauterinen 
—s 141. 

Menstruationsstörungen, Balneotherapie d. 

— 192. 

Mentholderivat Coryfin 201. 

Mercks Jahresbericht 361. 

Mergak über d. Antilueticum — 82. 
Mesenterialdriisen, chir. Tuberkul. d. — 482. 
Mesenterialgefäße. Verschluß d. — als Ur¬ 
sache d. Darmstenosen 173. 
Mesenterialunterbindung mit u. ohne Netz- 
plastik 667. 

Meßinstrument f. Extremitäten 442. 
Metastase. Krebs—n in d. Ovarien u. Ca- 
vum Dougl. 697. 

Methylhydrastimid, ein neues Emmen- 
agogum 246. 

Metreurynterschnitt, vagin. Ovariotomie 
sub. partu u. — 234. 

Michelsche Klammern oder Serres fines? 
458. 

Migräne, Beziehung d. — zu anderen Ner¬ 
venkrankheiten 394. 

— u. Schmerzdämmerzustände 516. 
Mikrococcus tetragenus bei Septikämien u. 

Mischinfektionen 355. 

Mikroorganismen, ihre Haltbarkeit in Blut¬ 
egeln 417. 

Milben in Geschwülsten 65. 

Milch, z. Biologie d. — 122. 

—. Ernährung debiler Säuglinge m. mol¬ 
kenreduzierter — 643. 

—. Ernährungsversuch mit konserv. 

Frauen— 123. 

—, Indikationsgebiet d. Eiweiß— 369. 

.. Streptokokken i. d. 672. 
Milchabsonderung, Verhalten d. — b. d. zu- 
sammengewachs. Schwestern Blazek 428. 
Milchgenuß u. Tuberkulose 267. 
Milchidiosynkrasie 123. 
Milchkaseinpräparat. Resorptionsfähigkeit 
d. Haut f. ein — 499. 

Milchkühe. Fütterung ders. m. Rück¬ 
ständen aus industr. Betrieben 190. 
Milchsäure b. Tuberkulose d. Conjunctiva 
etc. 244. 

Milchsekretion. Einfluß v. Infektionskrank¬ 
heiten auf d. — 640. 

—. insbes. die Sekretion d. Milchfettes 547. 
Milchserum, Ernährungsversuche mit 
künstl. — nach Friedenthal 643. 
Miliartuberkulose im Anschluß an Abort 
244. 

Militärärztl. Dienst, Wert der Tuberkulin¬ 
proben f. d. —n — 200. 

Milz, Einfluß d. — auf die Magenver¬ 
dauung 332. 

—, Operation an d. Malaria— 667. 


Milzbrand, Bhdlg. 513. 

Milzsarkom, Fall v. primär. — 411. 
Mineralsalze, Bedeutung b. d. Ernährung- 
Störungen d. Säuglings 81. 

Mißbildung, Fälle v. angeborenen —en 641. 
Mission, die ärztliche — 462. 
Mitralsegelzerreißung u. Herzruptur 500. 
Mitralstenose: Häufigkeit u. Prognose 574. 
Mittelohrerkrankungen, Behldg. d. — 681. 
Molkenreduktion, Bedeutung cl. — f. d. Er¬ 
nähr. jung. Säuglinge 79. 

Momburgscbe Blutleere 188. 324. 529. 

— Methode: Einfluß auf d. Herz u. d. Zir¬ 
kulation 595. 

— Schlauchkonstriktion b. Nachgeburts¬ 
blutung 655. 

Mongolenfleck, über d. 184. 

Morbicid u. Automors im Vergleich zu 
älteren Desinfizientien 218. 

Morbus asthenicus 172. 

— Basedowii. Erkrankung d. Hornhaut b. 
-mit Exophthalmus 709. 

— coeruleus b. vier Generationen 582. 
Morphin. Wirkung, d. —s auf d. motor. 

Funktionen d. Magendarmkanales 288. 
Mors subita infantum u. Epithelkörperchen 
665. 

Mucusan. neues Aittigonorrhoicum 504. 
Mundhygiene u. Lungentuberkulose 157. 
Mundkühler. Beschreibung eines —s 460. 
Muskelarbeit. Einfluß d. — auf d. Serum¬ 
konzentration 317. 

Muskelanstrengung u. Leukocytose 500. 
Muskelatrophie z. Nachw. v. tuberk. 

Knochenherden 499. 

Muskeldystrophie 356. 

— infolge Ueberanstrengung 467. 
Muskelrigidität als Zeichen zur Erkennung 

d. Lungenkrankheiten 352. 

Muskeltonus. Messung d. —• 158. 

Mutter- u. Säuglingsfürsorge 179. 505. 
Muttermale, Bhdlg. d. roten — m. Licht u. 
Radium 258. 

Myasthemie d. Herz- u. Gefäßmuskulatur 
als Grundlage d. Arteriosklerose 346. 
Myatonia congenita 541. 

Myeläraie, über d. Auftreten großer monu- 
nukleärer ungranulierter Zellen b. — 
466. 

Myelitis, z. Frage d. Graviditäts— 18. 
Myelodysplasie, Beziehungen d. Enuresis 
noct. zur — 583. 

Myom und Glykosurie 640. 

—. Röntgenbhdlg. u. operat. Bhdlg. v. —en 
284. 

—. Röntgentherapie d. Uterus—e 697. 

—, Verhältnis d. —s z. Fertilität 79. s 

-z. Schwangerschaft 80. 

—• d. —- während d. Wochenbettes u. d. 
Geburt 80. 

Myome, Röntgenbhdlg. d. Uterus— 504. 
Myomoperation, Friihaufstehen nach — 
586. 

Myopie. Fernrohrbrille b. — 573. 

Myositis, Aetiologie d. — ossif. träum. 441. 

— ossific.. Fibrolysinbhdlg. b. *- 589. 

Myödem. Opticusatrophie b. — 257. 


Nabeladenom 34. 

Nahelbruch, Operation nach d. Lexerschen 
Verfahren 589. 

Nabelhernie, zur Pathologie u. Therapie d. 
^—n d. Erwachsenen 395. 
Nachgeburtsblutung, Bekämpfung durch d. 

Moirihurgsche Schlauchkonstriktion 655. 
—. Digitalkompression der Aorta b. —en 
357. 

—, zur Therapie d. —en 397. 
Nachgeburtsperiode, Aortenkompression b. 
Blutung in d. — 49. 

Nährpräparat, Sanonervin, ein neues 
Nerven— 15. 

Naevi angiomatosi i. d. Hinterhaupts¬ 
nackengegend 356. 

— pigmentosi, Fall v. Neurofibromatose m. 

^-136. 

Naevus flammeus 671. 

Nagelextension b. Knochenbrüchen 145. 
Nahrungsmittel u. Ernährung 605. 

•— Gehalt d. — an Purinkörpern 600. 

—Tabelle zur Aufstellung v. Diätverord¬ 
nungen 547. 


Naht, erfolgreiche — d. zerrissenen Arteria 
femoralis 326. 

—, experim. Beitrag zur Gefäß— 248. 

—. Fall v. zirkulärer Arterien— 413. 
Nahtlinien, Verlötung unsicherer — durch 
freie Autoplastik 203. 

Nahttechnik. Bedeutung d. — für d. Wund- 
aseptik 426. 

Narkose m. Aethylchlorid-Sauerstoff 529. 

— . Beiträge zur komb. — 312. 

—. z. Frage d. intravenösen — 202. 

—. d. intraven. — m. Aether u. Chloroform 
48. 

—Kommission, englische — 264. . 

— b. künstl. verklein. Kreislauf 202. 230. 
412. 

— per rectum 584. 

—, eine neue Theorie d. — 274. 467. 

-, Todesfälle b. — 188. 

:—, ein Verfahren zur Stickoxydulsauer¬ 
stoff—- 584. 

— u. Wassermannsche Reaktion 309. 
Narkosendebatte 80. 

Narkotica-Kombinationen. Wirkung d. — 

— 159. 

Nase- u. Geschlechtsorgan 519. 

—. Sehstörungen durch Affektionen <1. — 
626. 

Nasenbluten. Entstehung u. Bhdlg. m. Di- 
^ gitalis 694. 

Nasenerkrankung u. Sehnervenentzündung 

m. 

Nasenkrankheiten, über die Verwendung 
des Paraffins b. — 396. 
Nasennebenhöhlenempyem, Eiteriiber- 
schwemmung des Magendarmkanals aus 

^ — 368. 

Nasenplastik, Demonstration mehrerer 
Fälle v. — 589. 

Nasenrachen, ein direktes Untersuchungs- 
verfahren d. —s 323. 

Nasenrachenraum, endoskop. Untersuch, d. 
—es 201. 

—, Teratom aus d. — eines Kindes 245. 
Nasenscheidewandabsceß. Aetiologie d. 
—es 202. 

Natrium nucleinic., diuret. Wirkung d. — 

— b. Cirrhos. hepat. 302. 

Navicularbrucli. Fall von — 359. 
Nebenhodenentzündung, elektr. Bhdlg. d. 

gonorrh. — 296. 

Nebennieren. Apoplexie d. — 330. 

—. Einfluß d. — auf d. Kohlehydratstoff¬ 
wechsel 331. 

—. zur Pathologie d. — 471. 

Nekrose d. Knochen durch Gefrieren 413. 
Nephritis bei Basedowscher Krankheit 529. 
—. z. Frage d. operat. Bhdlg. d. chron. — 
219. 

— haemoglobinurica b. Pneumonie 393. 

— u. Skabies 357. 

—, über — etc. 32. 

Nephritische Blutdrucksteigerung, z. Aero¬ 
logie d. —n — 346. 

-, Marcusesche Theorie d. N. B. 36. 

Nephrogene Oedeme u. Kochsalzausschei¬ 
dung 186. 

Nervenaffektionen. die Extension b. d. 

Bhdlg. gewisser — 547. 
Nervenkrankheiten, Arsenbhdlg. organi¬ 
scher — 310. 

—, Pantonon bei — 701. 

—. therap. Taschenbuch d. — 208. 
Nervenplastik, Bhdlg. v. Lähmungen mit 

— 11. 

Nervensystem, Sperminum-Poehl b. Er¬ 
krankungen d. —s 99. 

—. Wassermannsche Reaktion etc. bei Er¬ 
krankungen d. —s 354. 
Nerveriüberpflanzung b. schlaffen Läh¬ 
mungen 203. 

Nervöse Diarrhoe 205. 

— Impotenz, Therapie d. —n — 485. 

— Krankheiten. Klinik f.- 139. 461. 

— u. psychische Krankheiten 576. 

— Störungen. Bhdlgserfolge bei gynäkolo¬ 
gisch— n — 681. 

Nervus musculocutaneus, Lähmung des — 
— 369. 

Netz, Torsion d. großen —es 696. 
Netzhautablösung u. ihre Bhdlg. 383. 
Netzhautgefäßerkrankungen und Gehirn¬ 
gefäße 714. 


















Netzplastik, Mesenterialunterbindung- mit 
u. ohne — 667. 

Neugeborene, Dyspepsie d. —n 199. 

—, Größenzunahme d. —n m. d. zunehmen¬ 
den Alter d. Mutter 176. 

—, künstl. Ernährung v. —n 234. 

—, neuere Maßregeln gegen d. Bindehaut¬ 
gonorrhoe d. —n 63. 

—, neues Verfahren b. Scheintod d. —n 
63. 

—, d. physiol. Gewichtsabnahme d. —n 253. 

Neuralgia intercostal., Aetiologie d.- 

296. 

Neuralgie d. Ferse, z. Geschichte d.- 

— 325. 

Neuralgien. Diagnose d. — 276. 
Neurasthenie et neuroses 402. 

Neuritis acustica alcoholica 418. 
Neurofibrom, Fall v. multiplen —en 271. 
Neurofibromatose, Fall v. — 136. 
Neuropathische Gelenkerkrankungen, ihre 
Diagnose durch d. Röntgenbild 356. 

— —^ z. Kasuistik u. Bhdlg. —r — 257. 
Neurosen, Endergebnisse bei traumat. — 

317. 

—, Ernährungs— im Kindesalter 672. 

—. Nachuntersuch, b. traumat. — 411. 

—. Psycho— u. ihre seelische Bhdlg. 604. 
Neuroses et Neurasthenie 402. 

Niere, die Konzentrationsarbeit d. — 372. 
—, operativer Eingriff b. Hufeisen— 299. 
—, Wirkungsweise v. Nieren- u. Herz¬ 
mitteln auf kranke — 372. 

Nieren- u. Blasentuberkulose 696. 

Nieren, Funktion kranker — 25". 372. 
Nierenaffektionen b. Endocarditis 322. 
Nierenbecken. Diagnose erweiterter — 714. 
Nierenbeckenspülungen b. Kolipyelitis 680. 
Nierenbeckenstein-Uronephrose 344. 
Nierenblutung, essentielle — 5. 
Nierendecapsulation b. Eklampsie 34. 119. 
Nierendiabetes, z. Frage des — 411. 
Nierendiagnostik, Beitrag z. Funktion — 
283. 

Nierenentkapselung b. puerper. Eklampsie 
368. 

Nierenentzündung, diät. Bhdlg. d. chron. 

— 130. 157. 

Nierenerkrankungen als Indikat. z. Unter¬ 
brechung d. Schwangerschaft 684. 
Niereninsuffizienz, Fall von akut, trauma¬ 
tischer — 380: 

Nierenkranke, kochsalzarme Diät b. —n 
157. 

Nierenlager, Spontanblutungen i. d. — 
488. 

Nierenleiden, die —, ihre Ursache u. Be¬ 
kämpfung 490. 

Nierenreizungen als Nebenwirkung d. Ar- 
sacetins 254. 

Nierenstein als Folge einer Nierenver¬ 
letzung 286. 

Nierensteine, über — 299. 
Nierentransplantation am Menschen 233. 
Nierentuberkulose 700. 

—. Diagnose d. — 211. 225. 239. 251. 

—. spezif. Bhdlg. d. — 274. 
Nierenwassersucht, über — 371. 399. 

—. Pathogenese d. — 22. 

Nierenzelle, experimentelle u. anat. Unter¬ 
suchung a. d. — 275. 

Nikotin u. Arteriosklerose 115. 
Nikotinausschlag, Fall v. — 115. 

Nitrit, Spektroskop. Nachw. d. —s im Blute 
543. 

Nitroglyzerintabletten b. Angina pectoris 
. 490. 

Nitrosenvergiftung 639. 

Novaspirin. 367. 654. 

Novocain-Suprarenintabletten, z. Frage d. 

Sterilität d.-- 468. 

Novocain, Verwendung zur lokal. Anästhe¬ 
sie 654. 

Novojodin, Ersatzmittel d. Jodoforms 486. 

- 532. 

Nukleinsäure, immunisierende Wirkung d. 

— 74. 

Nukleinverbindungen b. Anämien der Kin¬ 
der 100. 

o 

Oberkiefercarcinom. Demonstration ope¬ 
rativ geheilter Fälle v. — 236. 


Obstipation, d. atonische u. d. spastische 

— 179. 

Obstipationsalbuminurie, zur Kenntnis d. 

— 456. 

Oedem. familiäre Erkrankung an akutem 
umschrieb. Hautödem 91. 

—, Prinzipien d. Bhdlg. v. —cn b. Arterio- 
sklerotikeru 309. 

Oedeme, nephrogene —r und Kochsalzaus¬ 
scheidung 186. 

Oelsäure, Bedeutung f. d. Diagnose d. Ma- 
gencarinoms 614. 

Oesophagus, zur Chirurgie d. — 248. 

—, 2 Fälle v. künstl. — 589. 

—, Verhalten d. — bei Herzvergröße¬ 
rung 679. 

Oesophagusdivertikel. Exstirp. eines —s 
589. 

Oesophagusschleimliaut, Ausstoßung d. — 
b. Salzsäurevergiftung 19. 
Oesophagotomia ext. 270. 

Oeynhausen in seiner jetzigen Entwick¬ 
lung 387. 402. 

Ohr, Elephantiasis des\—s 432. 
Ohreiterungen. Perhyd^ol b. — 190. 
Ohrmuschel, Caneroid <C W — 245. 

—. Wucherung d. — 6fe>9. 

Ohrsekrete, Einfluß d. lyopfstellung auf die 

— 432. 

Ohrspeicheldrüse, tascüenartige Erweite¬ 
rung d. — 485. 

Ohrtrompete, ein neues direktes Unter¬ 
suchungsverfahren d. — 323. 

Oleum Chenopodii anthelminthici als 
Wurmmittel 519. 

Olintal u. s. Wirkungsweise 513. 

Opsonine. Bedeutung d. — f. d. Praxis 603. 
Opsonisches über Staphylokokkenimmuni- 
tät 381. 

Opticusatrophie b. Myxödem 257. 
Orexinprobe z. Feststellung d. Salzsäure¬ 
sekretion d. Magens 424. 

Organismen, elektrochemischer Betrieb d. 

— 716. 

Organtherapi.e d. postoperativen Tetanie 
471. 

Orgasmus, ü. d. — 96. 

— u. libidinöse Sexualausflüsse 63. 
Orthopädie, zahnärztl. — 519. 
Orthopädische Operationen. Krampfanfälle 

nach —n — 188. 

Osteom. 3 Fälle v. — 432. 

Osteomalacie u. Adrenalin 504. 

— im Klimakterium 699. 

Osteoporose u. Gallonfistel 301. 
Osteosarkom d. Humerusendes 360. 

Otitis med. ac. mit Abducenslähmung 518. 

— m. schweren Labyrintherscheinungen 
138. 

Otogene Sepsis, zur Friihoperation d. akut. 

—n — 417. 

Otosklerose 669. 

—, Fälle v. typischer — 386. 

— als Indikat. zur Unterbrechung der 
Schwangerschaft 685. 

Ovaradentrieferrin, über — 190. 
Ovarialtumor. Demonstration eines —s 177. 
Ovarientumoren.. Diagnose v. — 76. 
Ovarin-Poehl bei Amenorrhoe 673. 
Ovariotomie, vagin. — sub partu u. Me¬ 
treurynterschnitt 234. 

Ovarium, Krebsmetastasen i. — 697. 
Oxydationsfermente, Untersuchungen über 
d. — v. Solanum tuberos. etc. 74. 
Oxyuris vermic., Vorkommen u. Bhdlg. v. 
Erkrankungen an - 256. 

p 

Pachymeningitis int. infectios acut. u. Me¬ 
ningitis 624. 

Pädagogik, Handbuch d. Heil— 209. 
Panaritiumoperation, z. Technik d. — 118. 
Pankreas, Exstirpation eines Fibroms des 

— 104. 

—, Funktionsprüfung d. — 707. 

—, über die innere Sekretion d. — 288. 

—s Veränderungen d. — b. Zuckerkranken 
24. 

Pankreasautolysat, narkotisierende Wirkg. 
v. —en 713. 

Pankreasdiabetes, Fermocyltabletten b. — 
289. 

Pankreaserkrankungen 40. 

—, Wert der Cammidge-Reaktion b. — 411. 


'Pankreasfettnefkrose, Bhdlg. d. — 301. 
Pankreashormon bei Diabetes mel. 61. 
Pankreasverletzungen, subkutane — 159. 
Pankreatitis, Transpleurale Operation d. 

subphren. Abscesses bei eitr. — 301. 
Pankreon b. Arteriosklerose 304. 

, Pantopon 456. 

—. Erfahrungen mit — 222. 

'— bei Geistes- u. Nervenkrankheiten 701. 

— i. d. Gynäkologie etc. 572. 

— b. Lungenkranken 603. 
Pantoponwirkungen. experiment. Unter¬ 
suchung über — 613. 

Paraffin b. Nasenkrankheiten 396. 
Paralyse, Bhdlg. d. progress. — 3. 

— u. Ehe 441. 

—•, Förstersche Operation b. d. spast. —469. 
—, infantile — ? 328. 

—, über juvenile — 364. 

— u. Unfall 257. 

Parametritis posterior chron. 247. 
Paraplegische Formen d. mult. Sklerose 144. 
Paranepliritische Abscesse 52. 

Parasyphilis im Kindesalter 185. 
Paratyphusbacillen, Infektionen m. — etc. 
422. 

Paresen, Verwendung des Ergographen z. 
Nachweis v. — 242. 

Parotisschwellung, über akute — 116. 
Parotitis u. Angina 254. 

Pathologie, Beiträge z. experim. — und 
Chemotherapie 318. 

Patellarfraktur. der Kniestreckapparat bei 

d. — m. 

Pemnhigus, Ohininbhdlg. d. — 144. 

— chron. vulgaris, Fall von P. ehr. v. 136. 

— vulg., über einen mikroskop. Befund bei 

— 430. 

Penis, Demonstration eines Pat. mit Am— 
putatio — 137. 

Peniscarcinom, Kasuistik d. — 127. 
Pepsinausscheidung im Urin b. Apepsia 
gastrica 653. 

Pergenol, festes Wasserstoffsuperoxyd 193. 
Perhydrol b. Ohreiterungen 190. 

Perikard, Kokainisierung d. —s bei Ope¬ 
rationen am Herzen 458. 
Perikardobiiteration u. Kardiolyse 353. 
Periost-Knochen transplantation, erfolg¬ 
reiche -—— 35. 

Periostitis am Epicondylus lmmeri 230. 
Perirenales Hämatom 330. 

Peristaltik, Anregung d. — nach Laparoto¬ 
mie wegen Appendicitis etc. 426. 

— d. normale — d. Colon 62. 

Peritonitis, Anwendung des Dauermagen- 

hehers bei — 283. 

— durch Bandwurm 695. 

—, Bhdlg. d. allgern. — 24. 

—.-diffusen eitrigen — 300. 

—. Bedeutung d. intraabdominellen Druckes 
b. d. Bhdlg. d. — 287. 

—, über Darmverschluß und Darmparalyse, 
einschließlich — 680. 

— u. Dünndarmperfor. durch Kirschkern 
188. 

—, experim. Untersuchung zur Gallen¬ 
blasen— 301. 

— b. d. Gonorrhoe d. Mannes 582. 

— infolge Perforation von Typhusge¬ 
schwüren 638. 

—, Prophylaxe, d. postoperat. — 91. 

— salningit. im Kindesalter 189. 
Perityphlitis bedingt durch d. Glied eines 

Bandwurms 230. 

— traumat. 47. 

„Perplex“, ein alkoholfreies Getränk 490.. 
Pertussis, Neu-Pyrenol b. — 102. 

—, Pathol. u. Ther. d. — 361. 

Perubalsam (synthetischer) b. Skabies 33. 
Perugen b. Skabies 33. 

Pes calcaneus traumat. 597. 

Pessare b. d. Bhdlg. d. Scheidenvorfalles 
397. 

Pfählungsverletung i. d. Gravidität 397. 
Phagocytäre Vorgänge am Auge 443. 
Phagocytose u. Armethsches Blutbild 
156. 

Phimosenbhdlg. im frühen Kindesalter 679. 
Phlebitis, eine neue Therapie d.— 615. 
Phlyktänuläre Augenentzünduhgen u. Tu¬ 
berkulose 708. 

Phlyktänulöse Bindehautentzündung, ope¬ 
rative Bhdlg. d. —n — 299. 


i 





A 









XV 




Phonoskiaskop. das — 345. 

Phosphorhaushalt d. wachs. Hundes 241. 

Phosphorumsatz des wachsenden Organis¬ 
mus 149. 

Phosphorvergiftung;, Fettsäure i. d. Leber 
b. — 570. 

—. Verlauf d. experim. Diabetes b. — 331. 

Phthisan u. Pneumonal b. Lungenschwind¬ 
sucht 179. 

Physik, Stellung d. — z. mechan. Natur- 
aufklärung 601. 

Physikalische Therapie u. Ischiasbhdlg. 
340. 

Physiologie, Grundsätze d. — 402. 

Pilokarpinintoxikation 102. 

Pirquetsche Hautreaktion in prakt. Hin¬ 
sicht 665. 

Pittylen-Präparate 54. 

Pityriasis capitis u. ihre Bedeutung f. d. 
Haarausfall 296. 

Pixavon gegen Haarschwund 85. 

Placenta mit sehr großem retroplacentaren 
Hämatom 458. 

Placenta, manuelle Lösung der reifen — 

204. 

—, Retention d. — u. ihre manuelle Lösung 
271. 

— praevia, Bhdlg. d.- 38. 189. 243. 469. 

. Tamponade b. PI. p. 231. 

Placentairlösung. manuelle — 243. 

—. Umgehung d. manuell. — durch d. Mom- 
burgsche Schlauchkonstriktion 655. 

Placentation u. Einidation 120. 

Plaques, schnelles Verschwinden nach An¬ 
wendung d. Ilata-Präp. 671. 

Plastik, Beiträge zur Gewebs— 301. 

—. Erfahrungen über Dura— 248. 

—. zur Gesichts— 249. 

Plattfuß, Erfolge d. —Operation nach 
Gleich-Brenner 655. 

, Verwendung v. Mastixverbänden b. — 
315. 

Plattfußeinlage, eine auf einem neuen Prin¬ 
zip begründete — 485. 

Pleuraempyem, Bhdlg. 199. 

Pleuraerkrankungen, Lymphstauung b. 
schweren — 342. 

Pleurahöhle, Saugdrainage d. — 582. 

Pleurapunktion, Apparat zur — 532. 

Pleuritis, d. interlobäre exsud. — 532. 

Pneumatose d. Magens, geheilt durch un- 
blut. Dehnung cl. Cardia 652. 

Peumatosis cystoides intestinoruin 488. 

Pneumokokkeninfektionen, Bakteriotropine 
d. Serums b. — 199. 

Pneumokokkenmeningitis, Infektionswege 
u. Verlauf d. — 453. 

Pneumokokkensepsis mit Hämoglobinurie 
214. 

— u. Pneumokokkenserum Römer 114. 

Pneumonie-Bacillus, Vorkommen i. d. 

Außenwelt' 143. 

Pneumonie. Bhdlg. schwerer Broncho-—n 
d. frühen Kindesalters 421. 

—, Nephritis haemoglobinurica b. — 393. 

—. Pseudoappendicitis b. — 322. 

—, zur Röntgendiagnose bei — 466. 

—, Zusammenhang von Raucheinatmung u. 
croup. — 378. 

Pneumothorax,. Bhdlg. einseit. Lungen¬ 
tuberkulose m. künstl. - 114. ■ 

—. Lungenabsceß durch künstl. — be¬ 
handelt 173. 

Pöcköfi, 'z5ur. Frage der Geflügel— 430. 

Poliomyelitis, über — 430. 

— acuta 46. 

— —, experimentelle Untersuchungen über 
Pv a. 645. 

— epidemica 687. 

—. experimentell erzeugte — b. Affen 156. 

— bei Kindern 640. 

Polyarthritis, akute kryptogen. ; — gonor¬ 
rhoica 89. 

— chron-. progr. i. Kindesalter 351. 453. 

Polycythaemia megalosplenica 626. 

Polyneuritis alcoholica 543. 

Polyp, Dyspnoe infolge eines —en i. rech¬ 
ten Brqnchus 682. 

Polyposis- intestin: beim Kinde 679. 

Preise und Preis Stiftungen: . 
Anthropologische Maass-Medaille 14: 
Cyon 56. 111: Lippert. 70: New-Yorker • 
Tuberkul'osepreis 70; Preisausschreiben 
d. „Umschau“ 84: Kiilz-Althoff 97: Al- 
varenga 140. 464. 662; Ernst Aronso.hu 


153; Mary Kingsley-Medaille 167: Preis¬ 
ausschreiben d. rhein. Aerztekammer 
betr. Milchmerkblatt 223; Preisausschrei¬ 
ben betr. Nährwert d. Milch 263. Ehren- 
medaille d. Royal-College of Surgeons 
277: Stiebei 290; Bernh. Fraenkel 291; 
Zambaco 320; Lannelongue 334; Goldber¬ 
ger 362; Goethe-Medaille 376: Cameron 
434: Albert-Medaille 435; Akademie von 
Bologna 508; Pr. d. Weltausstellung in 
Brüssel 563. 578. 634; Pas-teur 591; von 
Welz-Graefe 605; Preisausschreiben 
betr. Verhütg. v. Milzbrand 661; Nobel¬ 
preise 718. , 

Probefrühstück, Magensekretion u. Mo¬ 
tilität nach — 713. 

Profetasches Gesetz u. Wassermannsche 
Reaktion 215. 

Projodin, therap. Anwendung von — 455. 

Prolaps, Genital— eine Folge d. spät. Erst¬ 
geburt 160. 

—. Operation d. —es 150. 163. 

Prolapstherapie, zur — 150. 

Brostatacarcinom, Symptomatologie d. —s 
131, 

Prostatahypertrophie, Bhdlg. d. — 443. 

-durch Prostatadehnung 356. 

Prostatektomie, Indikationen z. — 517. 

Proteinsäuren i. Exsudaten etc. 24. 

Proteusinfektion unter dem Bilde des 
Typhus abdom. 351. 

Prothese, das Arbeiten mit —n 642. 

Pseudarthrose, Bhdlg. d. — 665. 

Pseudoappendicitis b. Pneumonie 322. 

Pseudobulbärparalyse durch Schußver¬ 
letzung 355. 

Pseudohermaphroditismus 504. 

Psittakosis. über — 431. 

Psoriasis, Arsenobenzol b. — 581. 

—. Fall v. Einwirkung v. Masern auf — 
185. 

— vulgaris u. Wassermannsche Reaktion 
480. > 

Psychiatrische Krankheitsbezeichnungen 
341. 

Psychische Krankheiten, Klinik f. — — 
139. 461. 

— u. nervöse Krankheiten 576. 

Psychoneurosen u. ihre seelische Bhdlg. 

604. 

Psychopathie, Vorlesungen über — beim 
Kind ISO. 

Psychophysische Untersuchung, m. d. Gal¬ 
vanometer 74. 

Psychose nach Fleischvergiftung 283. 

—, zur Frage d. postoperat. —n 441. 

— u. Herzkrankheit 283. 

—, zirkuläre —n 501. 

Psychosen infolge von Malaria 199. 

— als Indik. z. Unterbrechung d. Schwan¬ 
gerschaft 685. 

Puamambra, ein neues Aphrodisiacujn 222. 

Pubeotomie, Berechtigung d. — 599. 

Puerperale Eklampsie. Nierenentkapselung 
b. _ r — 368. 

— Sepsis, Collargoltherapie b. — r — 114. 

Puerperalfieber. Bhdlg. d. —s 66. 83. 

—, Entstehung u. Verhütung 531. 

Pulmonalstenose u. Morbus Addis. 200. 

Pulsform, Vorzüge d. Frankschen Spiegel- 
shygmographen f. cl. Aufzeichnung d. •— ‘ 
339. 

Purinkörper, Gehalt d. Nahrungsmittel an 
—n 600. 

—. Verhalten d. — .bei Lebervenenthrom¬ 
bose 367. 

Pyämie, Aortenruptur b. — 245. 

Pyelitis, Bhdlg. d. Koli—an. Niereubecken- 
spülungen 680. 

—. z. Kenntnis d. primär. — 5. 

Pylephlebitis m. Leberabsceß 626. 

Pylorospasmus, Rektalinstillationcn b. — 
156. 

Pylofus. Abknickung d. — mit Gastroptose 
136. 

. Carcinom d. — nach altem Ulcus pylori 
136. 

Pylorusstenose, Fälle v. — 136. , 
tuberkul. — 696. 

Pyrenol b. Respirationskrankheiten 102. 

a 

Quecksilber, wie wirkt — bei Syphilis auf 
d. Ausfall d. Seroreaktion'? 353. 

—, Wirkung b. experiment. Syphilis 353. 


Queeksilberbhdlg., ältere u. neuere Me¬ 
thoden d. — 474. 

— b. Sehnervenatrophie 358. 

Quecksilber-Injektionen, Herabsetzung der 
Schmerzen b. — 437. 

Quellen. Radioaktivitätsverhältnisse von 
Heil— 209. 

Querlage, Rhachiotomie b. verschleppter 
— 546. 


R 

Rachenkrankheiten i. Zusammenhang m. 

Gelenkrheumatismus 351. 
Raclieiimandeloperationen u. Sprachstörun¬ 
gen 171. 

Rachitis, Bedeutung d. Kalkes i. d. Patho¬ 
logie d. — 171. 

— u. ihre Folgezustände 642. 
Radioaktivitätsverhältnisse v. Heilquellen 

etc. 209. 

Radioferment- und Fermentherapie 342. 
Radiographische Darstellung d. Wurmfort¬ 
satzes 484. 

Radiometer, über cläs einstufige Kalomel— 
117. 

Radiotherapie d. Fibrome 80. 

Radium. Bhdlg. d. Lupus mit — 455. 
zur Bhdlg. roter Muttermale 258. 

. Heilversuche mit — 648: 

— b. rheuraat. Erkrankungen 483. 
Radiumausscheidung im Urin 484. 
Radiumbank in London 70. 
Radiumemanation, über d. Aufnahme v. — 

durch d. Haut 428. 

-. Stand der Frage d. — 474. 

—, Studien über — 150. 

—, ungeregelte Verhältnisse b. Bestimmung 
d. — 151. 

—, wechselnder Gehalt d. Atmosphäre an 

— 370. 

Radium-Emanationsbäder. Kreuznacher — 

— 67. 

Radiumgewinnung 42. 620. 704. 
Radiumhaltige Kochsalzthermen, physiol. 

Wirkungen —r — 151. 

Radiuminstitut i. Paris 70. 450: i. Wien 42. 
660. 

Radiu mPräparate 153. 435. 

Radiiimtherapie, z. — 7. 

—. Demonstrationen aus d. Gebiete d. — 
151. 

Radiumvorrat der Natur 375. 
Radiumwirkung auf maligne Tumoren 175. 
Radiusfrakturen, Bhdlg. d. — 587. ; 1 

Rasillit. Augen Verletzung durch —- 285. - 
Raucheinatmung im Zusammenhang mit 
croup. Pneumonie 378. 

Raynaud sehe Krankheit. Therapie dröhend. 

Fingergangrän b. —r — 62. . 

Reflexe, diagn. Bedtg. d. — b. Üräihie 201. 
Regeneration d. Blutes 187. 

Reichenhall. Erschließung einer Ivochsalz- 
trinkquelle in — 67. 

Reisen in Oberbayern u. Tirol 387. 
Rektalgonorrhoe im Kindesälter 366. 
Rektalinstillationen b. Pylorospasmus 156. 
Rektalnarkose 584. 

Rektoskopisohc Untersuchung 173. 

Rektum, Carcmom d. — 136. 
Rektumcarcinöm, d. sakrale Vorlagerungs- 
methode b. — 326. 

Rekurrens, Wirkung d. EhrlichschenÄrsen- 
präparates b. — 294. 

Reluirrensläsioneh bei Strumaoperationen 
442. 

Rekurrensstörung u. Kropfoperation 273. 
Remedia „Hoechst“ 361. 
Resorptionsfähigkeit d. Haut f. ein Milch¬ 
kaseinpräparat 499. 

Retroflexio uteri grav. zur Laparotomie Rei 
- 428. 

Revolverattentat ä. e. Arzt 69. 
Rhachiotomie b. verschleppten Querlagen 
546. 

Rheuma. Ersatz d. Thermalbäder durch 
Inhab ihrer Radiumemanation b. — 570. 
Rheumatische Erkrankungen, über cb An¬ 
wendung v. Radium b. —n — 483. 

-, tonsillare Bhdlg. d. sog. rh. E. 214. 

-, Spirosal 1). rh. E. 155. 

Rheumatismus articul., Serumbhdlg. d. — 

— 281. 

— nodosus 527. 

Rhinitis acüta, Bhdlg. d.—-— 296. 








Rhinitis acuta, Bolus alba b.-68. 

Rhino-Laryngologie, CoryfinL d. — 502. 

—, Haben sich i. d. — d. Ersatzmittel d. 

Kokains bewährt? 284. 

Jßhinoskopie, Untersuchungsinstrumente z. 
— 138. 

Riedels Berichte 165. 

Rindenblindheit d. Commotio cerebri 528. 
Rippenknorpel, Verknöcherung d. - - als 
Röntgenschädigung 408. 

Roborin 565. 

—. Bedeutung d. —s 265. 
Röntgenaufnahme d. Herzens 53. 

— b. Krankh. d. Magen-Darmkanals 67. 
Röntgenaufnahmeverfahren, ein neues —4. 
Röntgenbefunde b. Lungendrüsentuberku¬ 
lose 138. 

Rüntgenbehandiung d. Kropfes 442. 

—■ u. operative Bhdlg. v. Myomen 284. 

— b. Uterusblutungen u. Myomen 504. 
Röntgenbild, Diagnose der neuropatli. Ge- 

lenkerkrankungen, durch d. — 356. 
Röntgencarcinom u. seine Entstehung 598. 
Röntgendia.gnose der Lageveränderungen 
der Abdominalorgane 193. 

— d. miliar. Lungentuberkulose 581. 

— bei Pneumonie 466. 

Röntgendiagnostik d. Lungentuberkulose 
710. 

— Ulcus ventriculi 666. 
Röntgeneinrichtungen in Land- u. Schiffs— 

lazaretten 509, 523, 537. 

Röntgenographie, Gestell für Tele— 373. 
Röntgenologie, Zirkonoxyd als konstrast- 
bild. Mittel i. d. — 116. 

Röntgenphysik, Leitfaden d. — 519. 
Röntgenschädigung, Verknöcherung d. Rip¬ 
penknorpel als — 408. 

Röntgenstrahlen b. Basedowscher Krank¬ 
heit 411. 

—. Bhdlg. d. Kehlkopftuberkulose m. — 
215. 

—- zur Darstellung v. Bewegungsvorgängen 

700. 

—- u. Diphtheriegift 59. 

Dosierung d. — 117. 

— z. Nachw. d. Coecum mobile 502. 

— i. d. Therapie d. Hautkrankheiten 707. 
—, Wirkung v. — auf Geschwülste 486. 

— u. Zahnheilkunde 600. 

Röntgentherapie b. chron. Bronchitis u. 

Bronchialasthma 367. 

— des Skleroms 705. 

— d. Uterusmyome 697. 
Röntgenuntersuchungen d. Herzens im 

Kohlensäurebad 207. 

— d. Schädels b. Epileptikern 90. 

Röteln, Lymphdrüsenschwellungen b. — 

16. 

Rückenmark, die koinbin. System¬ 
erkrankungen d. —s 116. 
Rückenmarksanästhesie b. Laparotoinier- 
ten 95. 

RückenmarksChirurgie 221. 
Rückenmarkserkrankungen, Duschmassage 
b. — 193. 

Rückeninarkshornpression und Sklerose: 

Differentialdiagnose 613. 
Rückenmarkstumor 698. 

—, extramedullärer — 131. 
Rückgratsverkrümmungen, neues Gerät d. 

sehwed. Gymnastik b.-618. 

—, Ursachen d. jugendl. 289. 

Rumination im Kindesalter 364. 

Rupturen d. Duodenum 159. 


s 

Sabromin, Ueber — 123. 

— b. ambul. Epilepsiebhdlg. 200. 

— b. Chorea 519. 

Saccusempyem. Fall v. zirkumskript, La¬ 
byrintheiterung m. — 386. 
Sachverständigentätigkeit, Handbuch d. — 
473. 

Sanitätswesen, öffentliches (staatl. und 
stadt.): 

Medizinaluntersuchungsamt i. Breslau 
224; 

Bakteriolog. Untersuchungsanstalt in 
Gelsenkirchen 278; 

Tuberkulinpavillon i. Virchow-Kranken- 
haus 478; 

Stadt. Augenklinik i. Frankfurt a. M. 390; 


Krankenhaus-Konflikt i. Johannisburg 
361; 

Medizinische Räte b. d. sächs. Kreis¬ 
hauptmannschaften 263; 

Stadtbezirksarzt i. Zwickau 389; 
Städtische Hals-, Nasen- u. Ohrenärzte i. 
Dresden 647; 

Anteil d. ärztl. Behandelten a. d. Gestor¬ 
benen i. Elsaß-Lothringen 406; 

Plan der „Spitäler-V erländerung“ i. 
Wien 703. 

Sauerstoffbäder, Methode zur Herstellung 
v. —n 713. 

Säugling, Bedeutung d. Mineralsalze b. Er¬ 
nährungsstörungen d. —s 81. 

—, Bhdlg. magendarmkranker —e mit Ei¬ 
weißmilch 359. 

—. Bekämpfung d. Sommersterblichkeit d. 
—e 672. 

—, Eiweiß im Harn v. —en 364. 

—, Einwirkung d. Kampfers auf d. — 644. 
—, Erfolge d. Anstaltspflege von gesunden 
u. kranken —en 679. 

—, Ernährung debiler —e mit molkenredu¬ 
zierter Milch 643. 

—. Fall von endolaryngcaler Schilddrüse 
beim — 685. 

—der — im Hochgebirge 100. 

—. kolloidchemische Betrachtungen ü. d. 
•Enteritis d. —e 123. 

—, Schwefelausscheidung i. Harn b. —en 
123. 

—, Typhusverschleppung durch —e 365. 
Säuglingsalter, Gaumenspaltoperationen im 

— 670. 

—, zur Physiologie d. —s 122. 

—, system. Körperwägungen i. — 78. 

—. Verdauungsleukocytose im — 241. 
Säuglingsblut, Antifermente im — 109. 
Säuglingsdarm, Bedeutung d. Seifenbildumr 
i. — 106. 

—, Verhalten d. Säurebildung i. — 109. 
Säuglingsernährung 646. 

—, Physiologie d. — 350. 

—, Rolle d. Kohlehydrate bei d. — 642. 

— u. Säuglingsstoffwechsel 319. 

—, Theorie d. — 109. 

Säuglingsekzem, Stoffwechsel beim — 644. 
—•, Therapie d. —s 672. 

Säuglingsfürsorge 505. 

—, beamtete Helferinnen i. d. — 453. 
Säuglings- u. Mutterfürsorge 179. 
Säuglingsschutz. Zeitschr. f. — 462. 
Säuglingsstoffwechsel, Bedeutung d. Le¬ 
cithins f. d. — 499. 

Säuglingstuberkulose, Klinik d. — 16. 
Säurebildung im Säuglingsdarm 109. 
Sahliscke Desmoidreaktion 101. 

-. Brauchbarkeit i. Klinik u. Praxis 515. 

Sajodin, über 54. 498. 

—. eine eigenart. Gelenkaffektion, geheilt 
durch — 456. 

—, über Eisen-— 569. 

Sakraltumor. Kasuistik d. — 133. 

Salicylic Acid and its Derivatives 309. 
Salicylpräparat „DiplosaL 74. 
Salpingitische Peritonitis im Kindesalter 
189. 

Salvarsan 690. 704. 

Salzsäureproduktion, z. — des Magens 
* 339. 

Salzsäuresekretion d. Magens, Orexinprobe 
z. Feststellung d. — 424. 
Salzsäurevergiftung, Ausstoßung d. Oeso- 
phagusschleimhaut b. — 19. 

Sandelöl. Ausscheidungsweise u. Verträg¬ 
lichkeit d. — 104. 

— b. Gonorrhoe 473. 

Sanduhrmagen, Fall v. perfor. Magen¬ 
geschwür b. — 311. 

Sanitätsdienst im Zukunftskriege 304. 
Sanonervin, ein neues Nervennährpräparat 
15. 

Santyl, Ausscheidungsweise u. Verträglich¬ 
keit d. —s 104. 

— b. gonorrh. Urethritis 158. 
Saponinsubstanzen, experim. Anämie durch 

— 316. 

Saprophytisches Wachstum der Tuberkel¬ 
bacillen etc. 481. 

Sarcoma femoris 344. 

Sarkom, Beckenresektion wegen — 103. 

—, Besserung eines —s m. Ehrlich-Hata 
606 699. 

—, Fall von primär. Milz-— 411. 

—, über Ratten— 431. 


Sarton. ein neues Nährpräparat f. Zucker¬ 
kranke 310. 

Sauerstoffinhalationsmethode, vereinfachte 

— 67. 

Saug- u. Stautherapie am Auge 327. 

Saugdrainag« d. Pleurahöhle 582. 

Scarlatina raitigata 222. 

Schädelbasisfraktur, Bhdlg. d. —en m. 
wiederholt. Lumbalpunktionen 649. 

Schädelgrube, Diagnose d. Erkrankungen 
d. hinteren — 589. 

Schallauslösung im Gehörorgane 373. 

Schallleitungsapparat, über d. Mechanik d. 
—es 386. 

Scharlach, Bhdlg. d. —s 299. 

—, wiederholte Erkrankung an — 172. 

-, über Komplementbildung b. — 221. 

Scharlachrot. Epithelwucherungen durch 
Injektion v. — etc. 324. 

Scharlach R., Wirkung a. d. Epithelwachs¬ 
tum 395. 

Scheide. Zerreißung während der Geburt 
91. 204. 

Scheideninversion, Fall v. — 137. 

Scheidenvorfall, über Pessare bei d. Bhd 
des —s 397. 

Scheintod, neues Verfahren b. — d. Neu¬ 
geborenen 63. 

Schenkelhalsbruch. Bhdlg. d. —es 33. 

Schienenhülsenapparate, über d. Ent¬ 
stehung d. — 641. 

Schilddrüse, Fall v. endolaryngealer — b. 
Säugling 685. 

—, Studien über d. — - 471. 

Schilddrüsenschwäche u. Zuckerhuuger J 

Schläfenbein, Folgezustände d. Ver¬ 
letzungen d. —s 373. 

Schläfrigkeit, Ursachen der — u. Schlaf¬ 
losigkeit 471. 

Schlafkrankheit, über exper. — 114. 

Schlaflosigkeit, Ursachen d. — 471. 

Schlafstörungen der Herzkranken 706. 

Schleimhaut, Eugallol b. Erkrankungen d. 

— 427. 

Scklottergelenk. traumat. — 656. 

Schmerzdämmerzustände u. Migräne 516. 

Schmerzen. Herabsetzung d. — b. Hg-In- 
jektionen 437. 

. intestinale Körper — 62. 

Schmerzlinderung während d. Geburt durch 
Stoeckelsche Methode 132. 

Schmerzlose Operationen im Gebiete des 
Gesichtsschädels etc. 544. 

Schmerzstillung b. Frauenleiden 75. 

Schnauben, Exophthalmus durch kräftiges 

— 245. 

Schnecke, Funktion d. — etc. 374. 

Schnupfen. Bhdlg. in. elektr. Lichtkasten¬ 
bädern 31. 

Schnupfenbhdlg. in. Coryfin 663. 

Schröpfen 625. 

Schrothsches Heilverfahren 440. 

Schrumpfniere, Funktion, Differentialdia¬ 
gnose u. Prognose d. — 346. 

Schulterluxationen, Bedeutung d. Hem¬ 
mungsbänder d. Schultergelenks f. d. — 
597. 

Schulterverrenkung, Reposit. veraltet. — 
301. 

Schußverletzungen, Infektion d. — 572. 

Schutzstoffe aus Organen 416. 

Schwachsinniges Kind, Intelligenzprüfung 
206. 

Schwächezustände. Bhdlg. v. —n 17. 

Schwammsonde i. d. Speiseröhrenbhdlg. 33. 

Schwangerschaft, doppelseitige Tubar— 
469. 

— b. Hydronephrose 243. 

—, Indikationen z. künstl. Unterbrechung* 
d. — 684. 

— u. Tuberkulose 576. 587. 

—, Verhältnis d. Myoms z. — 80. 

— u. Zuckerkrankheit 516. 

Schwangerschaftstoxämie 599. 

Schwarzwasserfieber, Cholesterin als Heil¬ 
mittel b. — 199. 

—, Fall von — 706. 

Schwefelausscheidung i. Harn bei Säug¬ 
lingen 123. 

Schwerhörige, Lehr- und Lernbuch f. — 
193. 

Schwerhörigkeit, über endemische — 386'.. 

•Schwitzmittel, Diaspirin als — 383. 

Sclerodermie, zwei Fälle v. — 472. 

Scopolamin-Morphiumnarko'se. Todesfälle» 
b. — 188. 



XVII 


\ 


Sedativa bei Augeuoperationen 470. 

Seefahrt, die Heilkräfte d. — 335. 

Seeklima, Einfluß auf d. Blutbild 208. 

—, das kranke Kind u. d. — 461. 

Seekrankheit, Bromural b. — 257. 

—, Verona! gegen — 618. 

—, Veronal-Natrium. b. — 309. 473. 

Sehnenluxation, zur nichtkomplizierten 
traumatischen — 458. 

Sehnennaht, über d. Möglichkeit sofortiger 
Bewegungsaufnahme nach — 315. 

Sehnenreflexe b. Urämie 201. 

Sehnerv, Einwirkung d. Arsacetins auf d. 

— 232. 

Sehnervenatrophie, Quecksilberbhdlg. b. - - 
358. 

Schnervenentzündung u. Nasenerkrankung 
470. 

Sehschärfe. Sehprobentafeln z. Bestimmung 
d. — f. d. Ferne 165. 

Sehstörungen durch Affektionen d. Nase 
626. 

Seifenbildung, Bedeutung d. — i. Darme d. 
Säuglings 106. 

Selbstmord, über d. — 480. 

Sensibilität, krit. Bemerk, zu Arbeiten über 
d. — d. Bauchorgane 442. 

Sepsis, Antistreptokokkenserum b. Strepto¬ 
kokken— 489. 

—, Collargoltherapie b. puerp. — 114. 

—, zur Frühoperation der akuten otogenen 

— 417. 

—. Pneumokokken— mit .Hämoglobinurie 
214. 

—, nach Varicellen 678. 

Septikämie, MikrococcuS tetragenus b. — 
etc. 355. 

Septumdefekt u. Morb. Addis. 200. 

Serodiagnose im Kähmen der Prosti¬ 
tuiertenkontrolle 255. 

Serodiagnostische Untersuchung b. Sy¬ 
philis u. Tuberkulose d. Auges 215. 

Serologische Differenzierungen v. Harn¬ 
eiweiß 714. 

Seroreaktion. Beziehungen zwischen Jod 
u. Ausfall d. — 498. 

—, Wie wirkt Hg bei Syphilis auf d. Aus¬ 
fall d. — ? 353. 

Serres fines oder Miehelsche Klammern? 
458. 

Serumbhdlg. d. Gelenkrheumatismus 281. 

Seruminjektionen b. Diphtherie 184. 

Serumkonzentration. Einfluß d. Muskel¬ 
arbeit auf d. — 317. 

Serumkrankheit, Aetiologie u. Prophylaxe 
d. — 45. 

Serumreaktionen, Vorschlag einer ein¬ 
fachen Bezeichnung d. Wertes von spezif. 

— 416. 

' Serumtherapie, Ilandb. d. — 275. 

Sexualausflüsse, d. libidinös. — 96. 

—, libidinöse — u. Orgasmus 63. 

Siebbeinoperation, Exophthalmus nach — 
durch kräftiges Schnauben 245. 

Siebbeinzellen, Augensymptome bei Er¬ 
krankungen d. Stirnhöhle u. 459. 

Simulation, Ergograph zum Nachweis v. — 
242. 

—. Methode zum Nachweis d. — d. Taub¬ 
heit 385. 

Sinus pericranius, Fall V. ‘- 709. 

Skabies, Bhdlg. m. Pei;ugen 33. 

— u. Nephritis 357. 

Sklera.-Therapie d. Tuberkulose d. — 244. 

Sklerodermie u. Cucullaris-Lähmung 64. 

Sklerom i. Ostpreußen 567. 642. 

—Röntgentherapie d. —s 705. 

Sklerose, Differentialdiagnose d. parapleg. 
Formen d. multipl. — 144. 

-zwischen d. pontin. Ilirngeschwulst u. 

d. multipl. 257. 

—- u. Kückenmarkskompression: Differen¬ 
tialdiagnose 613. 

Wassermannsche Methode z. Differen¬ 
tialdiagnose zwischen Lues cerebroäpin. 
u. multipl. — 512. 

Skoliose u. angeborene Wirbelanoinalien 
588. 

—, Entstehung u. Bhdlg. 529. 

Skopolamindämmerschlaf, Wirkung d. —s 
auf d. Kind 80. 

Skopolamin-Mischn/arkose., Erfahrungen 
über-- 269. . 

Skrofulöse Augenkraukheiten, Borsäure b. 
—n — 208. 


Solbäder, Zur Dauerwirkung COs-haltiger 

— b. Kreislaufstörungen 282. 
Soleinhalationen, über — 178. 

Somatose. Wert d. — 71. 

Sommerfrischen in Oberbayern u. Tirol 387. 
Sonderabdrücke, Frage d. — 390. 
Sonnenblendung durch eine neue zahnärztl. 

Bhdlgsmethode 232. 

Sonnenforschung, internationale Expedi¬ 
tion f. — 194. 

Sophol zur Verhütung von Blennorrhoea 
neonat. 618. 

Sorgenkind, seine Pflege u. Erziehung 505. 
Sozialmedizinische Bestrebungen, Insti¬ 
tutionen etc.: 

Bekämpfung d. Alkokolismus 42. 97. 139. 
139. 493; 

Bekämpfung d. Diphtherie 348; 
Bekämpfung d. Malaria 661; 

Säuglings- und Kinderfürsorge, Mutter¬ 
schutz 13. 14. 84. 111. 140. 153. 182. 250. 
204. 404. 493. 660. 718; 

Schularztwesen (einschl. Zahnpflege) 98. 
124. 153. 194. 250. 634. 690. 718; 
Bekämpfung d. Krebskrankheit 14. 292; 
Krüppelfürsorge 28; 

Bekämpfung d. Geschlechtskrankheiten 
84.' 181. 478: 

Gewerbehygiene 661; 

Bekämpfung d. Tuberkulose u. d. Lupus 
42. 70. 111. 292. 347. 390. 478. 689. 717. 718; 
Sorge f. unheilbare Kranke 320; 
Zahnhygiene 70. 264; 

Sonstiges 660. 

Soziologie d. Geschlechtslebens 673. 
Spasmophile, Aschegehalt in d. Gehirnen 
—r 644. 

Spasmophilie und Calcium 140. 

Spastische Lähmungen, Bhdlg. —r — 174. 
Speicheldrüse, Deinonstr. einer isol. Aktino- 
mykose d. — 316. 

—, taschenartige Erweiterung d. Ulir— 
485. 

Speiseröhre, Fremdkörper i. d. — 613. 
Speiseröhrenbhdlg. mittels Schwammsonde 
33. 

Speiseröhrenerweiterung, Bhdlg. d. — ohne 
anatom. Grundlage 288. 

Speisewege, Fremdkörper d. — 670. 

Spenglers Präparat. Bhdlg. m.-129. 

Spermathanaton, über -L 304. 
Spermatozoen. Auffindung d. — i. Sperma¬ 
flecken 517. 

Sperminum-Poehl b. Erkrankungen d. 
Nervensystems 99. 

Spezifitätsbegriff. Einfluß d. —es auf d. 

moderne Medizin 603. 

Sphygmograph, Vergleich d. Frankschen 
—en m. d. Jaquetschen 339. 

Vorzüge d. Franksche Spiegel—en 339. 
Spincter ani, Gefahren d. forciert. Dehnung 
625. 

Spinale Kinderlähmung 184. 
Spinalganglien, Untersuchungen an — d. 
Säuglings 207. 

Spirometrische Untersuch., Ergebnisse —r 

— 373. 

Spirochäte, über einfache Methoden zur 
Färbung lebender —n 481. 

—, Einfluß des Ehrlich-Hataschen Mittels 
auf d. —n 621. 

—. Nacliw. d. — pall. mittels d. Tusche- 
verfahren 89. 137. 

— pall., Färbung in vivo 498. 

-. Lebensdauer d. Sp. p. 295. 

—, Vorkommen i. d. Vaccinen bei kong.- 
syphilit. Kindern 622. 
Spirochätenfärbung, über eine neue — 465. 
Spirochätennachweis in seiner Bedeutung 
f. d. Diagnose d. Syphilis 215. 

Spirosal b. rheümat. Erkrankungen 155. 
•Spirosalbhdlg., zur — 201. 

Spirosalwirkung 516. 

Sporotrichose, Fall v.-313. 

Sprac-härztl. Bhdlg., Wichtigkeit —r — 
234. 

Sprache, Bedeut, der linken dritten Stirn¬ 
windung f. d. — 411. 

Sprachstörungen u. Rachenmandelopera¬ 
tionen 171. 

Sprechakt, Einfluß d. Kleinhirns auf d. — 
355. 

Sputum, ii. d. granuläre Form d. Tuberkel¬ 
bacillen i. — 89. 

—, Tuberkelbacillennachw. i. — u. d. 
Uhlenhuthsche Methode 499. 


Standesangelegenheiten (ärzt¬ 
liche), soweit nicht unter anderen Stich¬ 
wörtern zu finden: 

Ausschuß d. preuß.' Aerztekammern 12. 
110. 361 : Aerztekammern f. Brandenburg- 
Berlin 68. 166. 389: Bayerische Aerzte- 
kaminer 13: Dresdener Aerztekammer 
674: ( nterstellung der Aerzte der 

Fürstentümer Lübeck u. Birkenfeld unter 
preuß. Aerztekammern 491; Aerztl. Stan¬ 
desordnung f. Bayern 361: Ablehnung v. 
Ehrengerichten i. Elsaß-Lothringen 520; 
Angliederung d. Medizinalabtlg. d. preuß. 
Kultusministeriums an d. Ministerium d. 
Innern 56. 110. 434: Bayerischer Obor- 
medizinälausschuß 13: Landesmedizinal¬ 
kollegium d. Kgr. Sachsen 13; Gewerbe¬ 
steuer f.. Aerzte i. Hessen abgelehnt 463; 
Privatklinik als Gewerbebetrieb 591: 
Gefängnisarztstelle i. Graudenzf 448: 
Aerztl. Sonntagsruhe 449; Beschluß betr. 
Wahl e. Arztes i. d. erste sächs. Kammer 
13: Stadtbezirksarzt i. Zwickau 520: 
Spezialarztfrage 632; Professortitel 578. 
659. 660: Antrag d. ärztl. Bezirks Vereins 
Leipzig-Land betr. Honorierung ärztl. 
Leistungen f. gemeinnützige Zwecke 139. 
HiO. 434; Zahl d. Aerzte i. Deutschland 
40. 346; Zahl d. Medizinstudiorenden 55: 
Zahl d. Approbationen 1908/09 304: An¬ 
geld. Aerztemang-el 464. 520; .Mangel an 
Militärärzten i. Bayern 506; Cebcr- 
füllung d. Aorztestandes i. Frankreich 
632; -Versicherungskasse f. d. Aerzte 
Deutschlands 166. 237. 505. 533. 662: Ge¬ 
genseitige Honorierung v. Aerzten 166 - 
Russische Konsultationen 83; Honorar- 
besfrebungen d. Pariser Aerzte 41: Frei¬ 
gabe d. Praxis i. Tessin 305. 047; Xieder- 
lassungsbedingungen i. Italien 449; 
Aerztl. Erholungsheim i. Marienbad 56. 
i. Franzonsbad 153: Aerztl. Invalideniieim 
i. Frankreich 648; Oesterr. Gerichtsent¬ 
scheidung betr. ärztl. Berufsgeheimnis 
70: Sperre d. psychiatr. Klinik i. Prag 27. 
otapesankylose, Fälle v. Spongiosierung 
d. Felsenbeins m. — 386. 
Staphylokokkenimmunität, Opsonisches 
über — 381. 

Star, Aetiologie d. Glasmacher—s 285. 
Staroperation, \ erliütung <1. Irisprolapses 
nach d. — ohne Iridektomie 285. 
Starrkrampf d. Neugeborenen u. Behrings 
Serum 197. 

Stautherapie am Auge 327. 
Stauungsdermatosen, zur Diagnose u. The¬ 
rapie d. — 481. 

Stauungsherz 611. 

Stauungshyperämie, Dosierung d. — 324. 

— b. Erysipel 74. 

Stechfliegen als Krankheitsüberträger 430. 
Stenokardische Anfälle, Wirkung alkal. 

Salze b. —n —n 207. 

Sterblichkeit d. Kinder unter d. Geburt 246. 
Steril-Katgut, Bau_chdeckeniiaht m. — 298. 
—, Kuhn, über — : — 289. 
Steriüsationsapparat, Dampf-— 66. 
Sterilisator, Universal-Dampf— f. Ver¬ 
bandstoffe 363. 

Sterilität, die weibl. - u. ihre Bhdlg. 231. 
Stickoxydulsauerstoffnarkose, ein Ver¬ 
fahren zur — 584. 

Stiftungen: 

Crocker 14; Beit. 42; v. Rothschild 70: 
A. Salomonsohn 98; Heinr. Roth 126; 
Rockefeller 153_: Leven 195; Mond 290; 
Speyer 320: Sacharjin 320; v. Reckling- 
hausen 319. 419; f. d. Universität St. 
Louis 362; Oser 390: Jacobi-Wörishöfer 
406: Blumenbach 434; Nothnagel 660; 
Kahlbaum 674; Chrobak 689; Robert 
Koch 717. 

Stillen u. Tuberkulose 454. 512. 
Stillfähigkeit, über — 206. 
Stillunfähigkeit infolge schlechter Ent- 
wickl. d. Brust 191. 

Stimmhygiene, über — 152. 
Stimmstörungen, neue Methode zur Bhdlg. 
d. — 359. 

Stirnbein, Funktionen d. —s u. d. Sym- 
ptomatol. d. Stirnhirntumoren 116. 
Stirnhöhle, Augensymptome bei Er¬ 
krankungen d. — u. Siebbeinzellen 459. 
Stirnhöhlengesehwülste, z. Kasuistik d. — 
18. 





XViü 


Stoffwechsel, Bedeutung: d. Lecithins f. d. 

— d. Säuglings 499. 

— 11 . Herzkrankheiten 40*2. 

—: Minimum d. Erhaltungsumsatzes '665. 

—. Physiologie u. Pathologie d. Kohle¬ 
hydrat—s 289. 

— beim Säugliugsekzem 644. 

—, iSäuglingsernährung u. Säuglings— 319. 
Stoffwechselbestimmungen am gesunden 
Menschen 665. 

Stoffwechselkrankheiten. Hydrotherapie 

bei — 375. 

Stovain, neues Verfahren b. Anästhesie 
durch Khachistovainisienmg 270. 
Streckverband, z. Technik d. —es nach 
Bardenheuer 130. 

Streptokokken in der Milch 672. 

—, Verbreitung etc. d. — 443. 

-. Virulenzbestimmung von — 316. 
.Streptokokkenimmunität u. Serumbhdlg. b. 

Streptokokkeninfektionen 630. 
.Streptokokkensepsis, Fall von m. Anti¬ 
streptokokkenserum geheilter — 489. 

— u. Gelenkrheumatismus 595. 
Streptokokkentoxin, peinliche Folgen eines 

Selbstversuches m. — 672. 

Stridor, Aetiologie d. - inspir. 184. 

Strophanthin Thoms, über- 380. 

Struma. Blut b. —•• 721. 

—. morphölog. Blutveränderungen b.—667. 
.Strumaoperationen, Kekurrensläsionen bei 

— 442. 

Strumen, experim. Erzeugung v. — 273. 
Strumitis chron., Verlauf u. Ausgang 612. 
Stuhl, Tuberkelbacillen i. — 186. 

Stummheit, die verschied. Formen d. — 
68. 

Stuttgart, medizinisch-stastistisclier Jahres¬ 
bericht v. 194. 

Styptol i. d. Frauenpraxis 469. 

Sublinat. Verhalten zur Wasserniannschen 
Reaktion 621. 

Subliinatinjektionen b. Puerperalfieber 66. 
Subphrenische Abscesse, Verschleierung d. 

Ergüsse i. Brusthöhle usw. 17. 
Suggestion i. d. gynäkol. Praxis 231. 
Suprarenin. synthetisches — 374. 
Suprarenininjektionen b. llerzkollaps 61. 
Suprareninwirkung, kasuist. Beitrag z. — 
129. 

Syphilis u. Amenorrhoe 546. 

—. Arsenobenzol b. — 540. 

—, Asurol zur Bhdlg. d. — 652. 

—, Befunde b. exnerim. — 50. 

—. z. Bhdlg. d. — 275. 

—. Bhdlg. m. Chininpräparaten 105. 

—. Bhdlg. d. — ni. Dioxy-Diamidoarseno- 
benzol 414. 

—. Bhdlg. d. — n. d. neuern —forschung 185. 

. Beziehung d. Tuberkulose zur — b. 
Augenleiden 17. 

—, ätiol. Bedeut, d. — bei Erkrankungen 
d. Auges 683. 

—, Chemotherapie bei — 430. 

—, Ehrlieh-Hatasehes Mittel b. — 295. 465. 
479. 480. 

—. zur experim. Kaninchen— 431. 

—. Fall v. —insontium 295. 

— der großen Gefäße 146. 

— u. Idiotie 60. 

Iniektionsbhdlg. d. — 254. 

—, Joclival b. tert. - 60. 

— u. Kopfschmerzen 31. 

— d. Lungen, geheilt durch d. Ehrlich- 
H ata sehe Präparat 472. 

—. Serodiagnose d. — i. d. Augenheilk. 17. 
—. serodiagnost. Untersuch, b. -— u. Tuber¬ 
kulose d. Auges 215. 

—. Spirochätennachweis für die Diagnose 
d. — 215. 

, über Tropen— 17. 

—. Wesen u. Heilung d. — 577. 

—. Wirkung d. Quecksilbers u. Jods bei 
experim. - 353. 

Syphilisinfektion, Fälle v. extragenitaler — 
423. 

Syphiliskuren, gegenseit. Beeinflussung v. 

Schwefel u. Quecksilber b. — 51. 
Syphilismittel v. Ehrlich-Hata 508. 563. 
Syphilisspirochäten, Febertragung v. — auf 
.1 f ee r s cli w e i n eh eil 423. 

Syphilistherapie 602. 

Syphilitische Flceration der Kopfhaut 137. 
Syphilitisch infizierte Kaninchen, geheilt 
durch Atoxylquocksilber 133. 
Syringomyelie b. Mutter u. Tochter 543. 


T 

Tabakrauchwirkung auf d. Aorta 73. 

Tabakvergiftung, über chron. — 318. 

Tabesbehandlung 714. 

Tabes u. Ehe 411. 

—. krisenartig auftret. Bewußtlosigkeit u. 
Atemstillstand b. — 233. 

Tabische Arthropathie d. Hüftgelenks 326. 

— Krisen, zur Bhdlg. —r — m. Resektion 
d. hinteren Wurzeln 468. 

Talmasche Operation 457. 

Taubheit. Methode zum Nachweis d. Simu¬ 
lation d. — 385. 

Taubstumme, Ausbildung d. —n 432. 

Taubstummheit, zur Aetiologie d. — 400. 

— in ätiolog. Hinsicht 665. 

—, zur Pathologie d. — 431. 

Tebean. Bhdlg. d. Lungentuberkulose mit 
— 353. 

Technik, therapeut. — f. d. ärztliche 
Praxis 401. 

Teer, äußerliche Anwendung v. — 158. 

—, Kreosot i. Verbind, mit Fichten— b. 
Lungentuberkulose 164. 

Temperatur, über d. Messung d. Körper— 
313. 

Tentoriumzerreißung bei d. Geburt 681. 

Teratoider Tumor der Tube 247. 

Teratom aus dem Nasenrachenraum eines 
Kindes 245. 

Tetanie, das Beinphänomen b. — 219. 

—, experiment. Beitrag zur Erforschung d. 

— im Kindesalter 678. 

—, Fall v. — bei einem Kinde 429. 

-. über familiäre 327. 

—, Organtherapie d. postoperativen — 471. 

Tetanus 527. 

—, z. Antitoxinbhdlg. d. — 312. 

—, Antitoxin Höchst b. — 4. 

—. Frühsymptome u. Serumbhdlg. d.— 314. 

— der Hand 355. 

Therapeut. Jahrbuch 577. 

— Vademecum v. C. F. Boehringer Söhne 
224. 

Therapie, Bedeutung d. Krankenpflege f. 
^ d. — 259. 

Thermalbäder b. Rheuma. Ersatz durch 
Inhal, ihr. Radiumemanation 570. 

Thermalquellen, physiol. Wirkungen d. 
Vadiumlmltigeh 151. 

Thermopenetratjon 24. 208. 

—: Experimentelles 668. 

—, Hochfrequenz u. — im Vierzellenbad 
713. 

— (Transthermie) und die Therapie mit 
Aetherwellen 410. 

—. Vorrichtungen zur — 82. 

Thiosinamin in Beziehung z. Gelenk- 
erkrankungen 257. 

Thiosinaminvergiftung, über — 242. 

Thorax, cliir. Bhdlg. d. Stenose und der 
starren Dilatation d. — 261. 

—, über die subkut. Lymphdrüsen d. — bei 
Lungentuberkulose 482. 

Thoraxchirurgie, Vorzüge d. peroral. In¬ 
tubation 66. 

Thromboembolie, exper. Studien über — 
571. 

Thrombophlebitis septica, operat. Bhdlg. 
d. — — i. Wochenbett 132. 

Thrombose, Verhalten d,. Purinkörper b. 
Lebervenen— 367. 

Thymus, Studien über d. Bedeutung d. — 
f. d. Organismus 471. 

Thymusexstirpation, Folgen d. — 273. 

Thymuspersistenz b. Morb. Basedowii 274. 

Thyreogene Nephritis 529. 

Thyreoidintabletten, Wirkung d. auf d. 
Knochen Wachstum 421. 

Thyresoltabletten b. Gonorrhoe 366. 

Todesfälle, plötzliche — i. d. Kurorten 178. 
409. 

Tollwut, Studien z. Aetiologie d. 365. 
^ 430. 

Tonsillare Bhdlg. d. sog. rheumat. Erkran¬ 
kungen 214. 

Tonsille als Ausgangspunkt einer Appendi- 
citis 429. 

—, Car ein om d. — 344. 

Tonsillektomie, zur Frage d. — 459. 

Tonsillotom, ein neues 318. 

Tonus, Bedeutung d. Muskel— 1 158. 

Tracheotomia transversa 230. 

Trachom. Aetiologie d. s 232. 


Trachom-Expedition 210. 

—, d. — in Ostpreußen 447. 
Trachomerreger, entsteht d. durch Mu¬ 
tation d. Gonococcus? 582. 

—. über d. Natur d. —s 444. 698. 
Transplantation, Beiträge z. Organ— 585. 
—, Erfolge d. — drüsiger Organe 10. 

—■, erfolgreiche Periost-Knochen— 35. 

— v. Fett 588. 

— von Gelenken 248. 

— der Nieren 233. 

— toten Knochens 545. 

Transsudate u. Exsudate, Essigsäure z. 

Unterscheidung d. — — — 156. 

—. Proteinsäuren in —n 24. 

Trauma. Herzerkrankungen im Anschluß 
an ein — 679. 

Traumatische Neurosen, Nach untersuch, 
b. —n — 411. 

Trichinenepidemie in Bayern 308. 
Trigeminus, Technik d. Injektionen i. <1. 
—Stämme etc. 653. 

Trinker, Erfolge u. Ziele i. d. Fürsorge f. 

— 698. 

Trinkerfürsorge, Erfolge d. — 533. 

Tripper, Bhdlg. m. Balsamicis 568. 
Trommelfell, Wirkung d. künstlichen —s 
374. 

Tropensyphilis, über — 17. 
Trophoneurotische Störungen d. Haut 233. 
Trypsin, Bhdlg. tuberkulös. Erkrank, in. 

— 568. 

—, Giftigkeit d.‘— s 331. 

—. Wirkung d. —s auf lebendes Gewebe 
331. 

Trypsinbhdlg. b. cliir. Tuberkulose 588. 
Tubarschwangerschaft, doppelseitige 
469. 

Tube, teratoider Tumor d. — 247. 
Tubenabschluß, z. Frage des —es bei d. 

Totalaufmeißelung 417. 

Tubenmündung, Methode z. Untersuchung 
u. Bhdlg. d. pharyngeal. 417. 

Tuberkel im Hirnstamm 584. 
Tuberkelbacillen, Anwendung des Uhlen- 
huthsehen Verfahrens z. Nachweis spär¬ 
licher — 481. 

—. zur Biologie d.— 472. 626. 

—. ii. d. granuläre Form d. — i. Sputum 
89, 

i. kreisenden Blut 438. 

-, neues Anreicherungsverfahren für — 
352. 

—. Nachweis spärlicher — 705. 

—, — v. — i. Sputum 72. 

—v über sekundäre Infektion m. — u. 

deren saprophyt. Wachstum 481. 

— i. Stuhl, Verwertbarkeit f. d. Diagnose 
Darmtuberkulose 186. 

—. Umwandlung d. Typus humanus in d. 
Typ. bov. 185. 

—, Wirkung d. — von d. unverletzten Haut 
aus 623. 

Tuberkelbacillennachweis i. Sputum n. d. 

Uhlenhuthschen. Methode 499. 
Tuberkelbacillus, latent. Vorkommen d. 

Much sehen Form des — 16. 

—, über das Mobilmachen d. — durch Tu¬ 
berkulin 26. 

Tiiberkulinbehandlung 567. 

Tuberkulin. Bhdlg. tuberkulöser Kinder m. 
hohen —Gaben 207. 

—. Entfieberung Tuberkulöser durch 
Kochsches Alt— 542. 

—. Entfieberungen bei Lungentuberkulose 
durch — 373. 

—, Mobilmachung des Tuberkelbacillus 
durch — 26. 

—, ein neues — 567. 

Tuberkulinanwendung, d. intravenöse - 
274. 

Tuberkulineinspritzung, d. Herdreaktion i. 

d. Lungenspitzen b. d. subkut. 260. 
Tuberkulinerfolge bei 682 offenen Lungen¬ 
tuberkulosen 594. 

Tuberkulinkuren, Bioeitin als Unter¬ 
stützungsmittel f. ambulator. — 451. 
Tuberkulinpräparate b. Tuberkulose 260. 
Tuberkulinprobe, Wert f. d. militärärztl. 
Dienst 200. 

Tuberkulinreaktion, Bedeutung bei fl. Be¬ 
urteilung d. milit. Diensttauglichkeit 72. 
Tuberkulinsalbenpiiobe von Moro 72. 
Tuberkulintherapie, z. Frage d. ambulanten 

— 423. 





XIX 


T 


+ 




A 


Tuberkulintherapie, Kritisches u. Experi¬ 
mentelles z. — 19. 35. 

Tuberkulinvaseline z. Anstellung: d. Con- 
junctivalprobe 3. 

Tuberkulöse Affektionen, Carbenzym b. 
—n — 145. 

—, Entfieberung —r durch Kochsches Alt¬ 
tuberkulin 542. 

— Erkrankungen, Blidlg. in. Trypsin 568. 

— Hämoptoe, zur Blidlg. d. —n — 365. 

— Kinder, Blidlg. m. hohen Tuberkulin¬ 
dosen 207. 

— Meningitis u. Brusternährung 254. 

— — b. älteren Individuen 282. 

- Mischinfektionen. Collargoltherapie b. 
—n — 82. 

— Reinfektion 431. 

Tuberkulöser Ascites, kochsalzarme Diät b. 
—m — 294. 

— Knochenherd, Muskelatrophie z. Nach¬ 
weis v. —n —en 499. 

— - Prozeß u. Blutströmung 700. 
Tuberkulöses Fleisch, welche Gefahr droht 

d. Menschen durch-'? 454. 

Tuberkulose, über — 431. 

—. ätiol. Bedeut, d. — bei Erkrankungen d. 
Auges 683. 

—. angebl. neues Mittel g. — 606. 

— im Anschluß an Abort 244. 

—. Authämotherapie bei — 714. 

— d. Bauchfells, Blidlg. d.-315. 

—. Blidlg. d. ehren. — d. Kaninchens in. 

Alttuberkulin 642. 

—. Bedeut. Aegyptens f. d. Blidlg. d. 
Lungen—— 423. 

—. — d. Rinder— f. d. Infektion im Kin¬ 
desalter 138. 

—, Bhdlg. d. — 260. 

—,-mit Carl Spenglers J. K. 31. 

—- — — Gelenk— d. unter. Extremität. 
301. 

-—. — — Kehlkopf— m. Röntgenstrahlen 
215. 

—. — — Lungen— m. künstl. Pneumo¬ 
thorax 114. 

—,-mit „T. Tv.“ Spengler 216. 

—, — — — m. Tuberkulinpräparaten 260. 
—. Beitrag zur traumat. — 482. 

—«. Beziehung d. — zur Syphilis b. Augen¬ 
leiden 17. 

—. —en zwischen Säugetier- u. Hühner— 
431. 

—. chirur. — d. Mesenterial- u. Bronchial¬ 
drüsen 482. 

—. Dauererfolge bei Lungen— i. Hoch¬ 
gebirge 423. 

—, Diagnose d. Lungen— 594. 

—.-Nieren— 211. 225. 239. 251. 

— u. Dysmenorrhoe 282. 

—. Einteilung der Lungen— 274. 

—, Eintrittspforten d. — i. d. Organismus 
701. 

—. Entfieberungen bei Lungen— durch 
Tuberkulin 373. 

—. zur Epidemiologie der Rinder— 431. 

— d. Harnwege: mikroskop. Diagnose etc. 
652. 

—. d. Haut im Kindesalter 138. 

—. Heilmittel b. d. — 60. 

—, Kasuistisches über C'oecal—571. 

— d. Kehlkopfes, Verlauf bei m. Pneumo¬ 
thorax behandelt. Lungen— 410. 

—. Klinik d. Säuglings— 16. 

— i. Kombination m. a. pathol. Prozessen 
512. 

—, Kompressionsbhdlg. d. Lungen— 581. 
—. Kreosot i. Verbind, m. Fichtenteer b. d. 
Lungen— 164. 

—. Lelirb. d. spezif. Diagnostik etc. d. — 
223. 

— d. Lunge u. ihre Heilung 624. 

- 11 u. d. Larynx als Indikat. z. Unter¬ 
brech. d. Schwangerschaft 684. 

— - u. Mundhygiene 157. 

— Mediastinitis, zur Klinik d. —n — 346. 
—. Meiostagminreaktion b. d. experim. — 

542. 

—, Method. chir. Therapie d. Lungen—423. 

— u. Milchgenuß 267. 

— u. Neubildung 393. 

— d. Nieren 700. 

-u. d. Blase 696. 

—. z. Pathol. u. Ther. d. — i. Kindesalter 
68. 

— und phyktänuläre Augenentzündungen 
708. 


Tuberkulose, z. Prophylaxe d. — 129. 

—, Röntgendiagnose d. miliar. Lungen— 
581. 

—, Röntgendiagnostik der Lungen— 710. 

— u. Schwangerschaft 576. 587. 

—, serodiagnost. Untersuch, b. Syphilis u. 

— d. Auges 215. 

—Serovaccin, d. klin. Anwend. d. —274. 
—, spezif. Bhdlg. d. Nieren— 274. 

—, z. spezif. Diagnostik der Lungen-— 
352. 

— u. Stillen 454. 512. 

—, über d. subkut. Lymphdrüsen d. Thorax 
bei Lungen— 482. 

—, Trypsinbhdlg. b. chir. — 588. 

—. Tuberkulincrfolge bei 682 offenen 
Lungen—n 594. 

—-, ungleiche Reaktion . d. Pupillen als 
Frühsymptom d. Lungen— 393. 

Verlauf d. Lungen— im Hochgebirge 
581. 

— bei Volksschullehrern 422. 

. Wohnungsdesinfoktion bei — 423. 
Tuberkulosebekämpfung i. Dänemark 505. 
Tuberkulosefieber 574. 
Tuberkulosehäufigkeit b. cL Dortmunder 
Volksschulkindern 393. 
Tuberkuloseimmunität und Tuberkulose¬ 
immunisierung i. ihre klin. Bedeut. 630. 
Tuberkulose-Konferenz, 8. internat. — 
223. 

Tuberküloseopsonine 431. 

Tuberkuloseserum und Tuberkulosesero- 
vaccin 274. 

Tumoren, experiinent. Beiträge z. The¬ 
rapie maligner — 272. 

—. Radiumwirkung auf maligne — 175. 
Turgotonograph v. Strauss, Verbesserung 
d. —en 192. 

Tyloma, Bhdlg. d. — mit Kohlensäure¬ 
schnee 324. 

Typhlitis, über akute primäre — 426. 
Typhus abdomin., Bhdlg. 603. 

—. Hautblutungen bei — 379. 

—, Bhdlg. m. Pyramiden 542. 

—, Klinik u. Prophylaxe d. Unterleibs— 
652. 

—, Proteusinfektion unter d. Bilde des 

— abdom. 351. 

—, Spezifizität d. Meiostagminreaktion b. 

— 541. 

. chemotherapeut. Versuche bei 430. 
Typhusbacillen. Beeinflussung durch Kal. 

jod. u. Acid. arsenicos. 581. 

—, Züchtung v. — aus d. Blutkuchen etc. 
129. 

Typhusdiagnose, neue Methode zur — 
200. 

Typhusepidemie m. initial.. hämorrhag. 
Exanthem 254. 

Typhusfälle, Weiterverbreitung leichter 
Kinder— 422. 

Typhusgeschwür. Peritonitis infolge Per¬ 
foration v. —en 638. 

Typhusinfektion durch Austern 322. 
Typhusverschleppung durch Säuglinge 365. 


u 

Uebcranstrengung. .juvenile Muskeldystro¬ 
phie infolge — 467. 

Ühlenhuthsche Methode zum Tuberkel- 
bacillennachw. i. Sputum 498. 

—s Verfahren zum Nachweis spärlicher 
Tuberkelbaci llen 481. 

Ulcus callosum ventriculi, zur Beurteilung 
u. Bhdlg. des-- .— 331. 

— cruris gummosum, Fall v.- 472. 

-- molle. Zinkperhydrol b. — 432. 

— pepticum nach Gastroenterostomie 487. 

— pylori, Pylorusstenose nach — — 136. 

— -rotuudum, zur Pathogenese d.- 457. 

ventriculi. Bhdlg. d. Perforation d. — 

— 203. 

—. chir. Bhdlg ; 344. 349. 

-. Häufigkeit i. München 90. 

— —, nperat. Bhdlg. 39. 

—: Röntgendiagnostik b. U. v. 666. 

Umschläge, Wirkungen u. Nebenwirkungen 
von Brust—n 338. 

Unfälle. Koffer f. d. erste Hilfe b. Eisen¬ 
bahn—n 66. 

Unfall-Neurologie. Vorträge aus d. Gebiete 
(1.- 332. 

Unfall u. Paralyse 257. 


Universitäts- und Unterrichtswesen (ein- 
schließl. Akademieeil, Fortbildung etc.): 
Plan e. Universität Frankfurt a. M. 13: 
Demonstrationen a. d. ined. Fakultät i. 
Paris 13. 56. 320. 334. 675; Institut f. 
gerichtl. Medizin i. München 41; Uni¬ 
versität Saratow 69; Konflikt betr. Insti¬ 
tut f. ärztl. Mission i. Tübingen 96. 140; 
Geplante Neuregelung d. medizin. Ha¬ 
bilitation i. Berlin 110. 263. 434: Mediz. 
Institut f. Frauen i. Kiew 111: Klinik f. 
Arbeiterkrankheiten i. Mailand 224; An¬ 
trag Freiburg a. Einführung e. Alters¬ 
grenze f. Universitätsprofessoren 153: 
Hundertjahrfeier d. Univ.-Frauenklinik 
i. Leipzig 660: Zentenarfeier d. Berliner 
Universität 605; ,,Nichtordinarien“-Ver- 
band i. Erlangen 477: Hundertjahrfeier 
d. Berl. med. Universitätspoliklinik 276: 
Einweihung d. Neubaues d. 2. med. 
Klinik i. Berlin 290; Kurse i. manueller 
Fertigkeit a. d. Universität Göttingen 
290: Einweihung d. Neubaues d. Kaiser- 
Wilhelms-Akademie 347: Erweiterung 
d. Rechte d. Extraordinarien i. Preußen 
376. 434: Studentendemonstrationen i. 
Innsbruck 376; Lehrstuhl f. Versiche¬ 
rungsmedizin i. Paris 389; Zahl d. stu¬ 
dierenden Frauen 305: Statistik d. Stu¬ 
dierenden 405. 533. 535; Frauen i. Uni¬ 
versitätsstellungen i. Berlin 491: Erlaß 
betr. Vorbildung d. Stud. d. Zahnheil¬ 
kunde 348: Zahnärztl. Institut i. Erlan¬ 
gen 591; Unzulänglichkeit d. Medizinal¬ 
praktikanten-Angelegenheiten 209. 276. 
290. 389. 520. 659: Preuß. Akademie d. 
Wissenschaften 389; Mediziner a. Mit¬ 
glieder .d. preuß. Akademie d. Wissen¬ 
schaften 506: Promotionsrecht d. tier- 
ärztl. Hochschulen 563: zahnärztl. Insti¬ 
tut i. Rostock 717: Institut „Angeln 
Mos so“ 389: Institut f. Schiffs- u. Tro¬ 
penkrankheiten i. Hamburg 250: militär- 
ärztl. Akademie i. München 182: Aka¬ 
demie f. praktische Medizin i. Düsseldorf 
224; Akademie f. Marinemedizin i. Neapel 
675: Aerztl. Fortbildungswesen 124. 375. 
563; Ferien- u. Fortbildungskurse f. 
praktische Aerzte 124. 180. 195. 209. 224. 
237. 249. 263. 278. 319. 348. 419. 436. 464. 
477. 493. 521. 549. 606. 634. 675. 690: Kon¬ 
flikt b. e. Fortbildungskursus i. C’öln 27. 
110; Kurse ii. Schiffs- u. Tropenkra.uk- 
lieiten 56: Aerztliche Studienreisen 180. 
278. 348. 605. 717. 


Unterschenkelfrakturen, Extensionsbhdlg. 
d. — 297. 

Unterschenkelgeschwüre, ambul. Bhdlg. d. 
— 361. 

—. neue Behandlungsmethode d. — 668. 

Untersuchungsamt, städt. — i. Boston 721. 

Uracbusfistel, Diagnostik d. — 189. 

Urämie, diagn. Bhdlg. d. Sehnen- u. Haut¬ 
reflexe b. — 201. 

Urämische Anfälle b. lordöt. Albuminuri“ 
t 500. 

Ureter, Kompromierbarkeit d. — en mittels 
Abschnürung d. Abdomens 259. 

Urethra. Bhdlg. d. Infiltrate d. — 113. 

Urethritis, Santyl b. gonorrh. — 158. 

Urin, über Radiumäusscheidung i. 484. 

Urol u. Urocol als Gichtmittel 700. 

Urologie, Traite chir. d’— 604. 

Urotryptisches Ferment, Nachweis d. —n 
—s 74. 


Uterus- u. Blasenruptur während d. Ge¬ 
burtsaktes 669. 

— didelphys beim Menschen 146. 

—. extraperiton. vagin. Exstirpation d. 

carcinomat. — etc. 234. 

—. reflektor. Bezieh.’zwischen — u. Harn¬ 
apparat 34. 

. Riesenzellensarkom d. — 247. 
Uterusblutungen v. — u. Cervicalkatarrhen 


132. 

—. Röutgenbhdlg. b. — 504. 

—, Ursachen d. — 246. 

Uteruscareinom, Bhdlg. inoperabler —e m. 
Zinkopyringaze 159. 

. Ergebnisse d. operat. Bhdlg. d. —s. 234. 
Spätrezidive d. —s 599. 

Uteruskrebs, Resultate b. abdom. Ope¬ 
ration d. —es 108. 

Uterusmyom. Röntgentherapie d. —o 
697. 










XX 


\_ 





Uterusmyome u. harnsaure Diathese 24. 

Uterusspülungen, Erfolge d. — bei Fieber 
im Wochenbett 447. 
r viölmilch 672. 

v 

Vaccine u. Fliegen 267. 

. Vorkommen d. Spirochäte i. ,d. —n bei 
kongen.-syphilit. Kindern 622. 

Vaccineerkrankungen u. ihre Prophylaxe 
623. 

Vaccinetherapie, Stand d. — 714. 

Vagusproblem, über d. — 302. 

Varicellen, Sepsis nach — 678. 

Varicocele, z. Blidlg. der — 312. 

Varicöse Venen, die percutane Umstechung 
—r — 66. 

Variola, Blidlg. 513. 

Vasotonin, experim. Studien über — 345. 

—, ein neues gefäßerweiterndes Mittel 314. 

Vegetarische Diät, Entfettung durch- 

11. 

— Entfettungsdiät, Indikation 241. 

Venenanästhesie, einfache Methode d. — 
626. 

Venenpuls, über d. verschieden. Formen d. 
Kammer—es 52. 

Venenthrombose u. Embolie d. Lungen¬ 
arterie 47. 

Verätzungen d. Harnröhre 427. 

Verbandstoffe, Universal-Dampfsterilisator 
f. — 363. 

A'erbrennungen. Vilja-Creme b. — 532. 

Verdauung, über Bindegewebs— u. über 
Magen— im Darm 288. 

Verdauungsbewegungen. Einfluß d. Ab¬ 
führmittel auf d. — 268. 

—, - - des Sennainfuses auf d. — 466. 

Verdauungsinsuffizienz beim Kinde 177. 

Verdauungskranke, Diätetik b. —n 193. 

Verdauungskrankheiten. Hydrotherapie bei 
— 375. 

Verdauungsleukocytose im Säuglingsalter 

24t. 

Verdauungsstörungen d. Kinder 643. 

Vereine. Gesellschaften, Kon¬ 
gresse etc., Nachrichten über —: 
Aerztlicher Landesverein d. Kgr. Würt¬ 
temberg 55; Anthropologische Gesell¬ 
schaft i. Bonn 675: XXXI. Balneölogen- 
Kongreß 28. 97: XXXII. Balneologen- 
Kongreß 606. 675; Berliner Dozenten¬ 
verein f. Ferienkurse 124; Berliner Ge¬ 
sellschaft f. Geschichte d. Naturwissen¬ 
schaften u. Medizin 674: Berliner medi¬ 
zinische Gesellschaft 210. 319. 632; Ber¬ 
liner orthopädische Gesellschaft 660: 
Berliner Zentral verband z. Bekämpfg. d. 
Alkoholismus 139. 660; VII. Deutscher 
Abstinententag 507; Deutscher Aerzte- 
tag 237; Deutscher Aerztevereinsbund 
237: Deutscher Bund f. Mutterschutz 14: 
Deutsche Gesellschaft f. Rassenhygiene 
181; Deutsche Gesellschaft z. Bekämpfg. 
d. Geschlechtskrankheiten 181. 449:' 

Deutsche Gesellschaft f. Volksbäder 250. 
277. 548; Deutscher Kolonialkongreß 305: 
Deutscher Kongreß f. innere Medizin 
548. 563. 703; Deutscher Kongreß f. Säug¬ 
lingsschutz 182: Deutscher Medizinal¬ 
beamtenverein 181: Deutsche otologische 
Gesellschaft 194; Deutsche pathologische 
Gesellschaft 84; VII. deutscher Sama¬ 
ritertag 507: Deutscher Verein f. öffentl. 
Gesundheitspflege 97. 362. 435: Deutscher 
Verein g. d. Mißbrauch geistiger Ge¬ 
tränke 98; Deutscher Verein f. Volks¬ 
hygiene 347: Deutsches Zentralkomitee 
z. Bekämpfg. d. Tuberkulose 69. 84: 
Deutsches Zentralkomitee f. ärztl. Stu¬ 
dienreisen 180. 717; Französischer C’lii- 
rurgen-Kongreß 521: Französischer Kon¬ 
greß f. innere Medizin 277: Freiburger 
mediz. Gesellschaft 717: Freie Vereini¬ 
gung d. Deutschen mediz. Fachpresse 
507; Gemeinsame Versammlung v. Aerz- 
ten u. Juristen i. Württemberg 209; Ge¬ 
sellschaft d. Aerzte i. Wien 689; Gesell¬ 
schaft deutscher Nervenärzte 224. 263. 
449; Gewerkschaft sozialer Aerzte i. 
Paris 305; Hufelandische Gesellschaft 41. 
97; Impfgegner - Kongreß 606. 661; In¬ 
ternationaler amerikanischer Kon¬ 
greß f. Medizin u. Hygiene 14; intern. 


Anatomenkongreß 182, 478; intern. Aus¬ 
stellung f. soziale Hygiene 689; intern. 
Bureau d. medizinischen Kongresse 14. 
224; VII. intern. Dermatologen-Kongreß 
535. 675; intern, esperantische Aerzte- 
Gesellscliaft (Kongreß) 477; V. intern, ge- 
burtshilflich-gynäkolog. Kongreß 291. 
507. 521: intern. Hygiene-Kongreß (-Aus¬ 
stellung) i. Dresden 477; 11. intern. Kälte- 
Kongreß 224; i. Komitee f. d. ärztl. Fort¬ 
bildungswesen 277. 606; II. intern. Kon¬ 
ferenz f. Krebsforschung 56. 70. -,507; 
intern. Konferenz f. Sozialversicherung 
533; intern» Kongreß f. Chirurgie 277; 

IV. intern. Ivongr. d. Fürsorge f. Geistes¬ 
kranke 97; intern. Kongreß f. Gewerbe¬ 
krankheiten 28. 660; XV. intern. Kongreß 
f. Hygiene u. Demographie 84: intern. 
Kongreß f. Kriminalanthropologie 153; 

V. intern. Kongreß f. med. Elektrologie 

u. Radiologie 291. 491. 492; II. intern. 
Kongreß f. Nahrungshygiene 305: III. 
intern. Kongreß f. Physiotherapie 56. 153: 
intern. Kongreß f. Schulhygiene 84. 277: 
V. intern. Kongreß f. Thalassotherapie 
237. 619; III. Laryngo-Rhinologenkongreß 
84; intern. Liga z. Bekämpfung d. Epe- 
lepsie 507. 619; XVI. i. medizinischer 
Ivongr. 347; intern, medizinischer Kon¬ 
greß zu London 647; intern. Opium- 
Konferenz 28: VII. intern. Physiologen- 
Kongreß 492. 634; IX. intern. Tuberku- 
losen-Ivonferenz 41. 563; intern. Verein 
f. med. Psychologie u. Psychotherapie 
450; III. Konferenz d. Vereins f. Er¬ 
ziehung usw. Geisteskranker 477; III. 
Kongreß d. französischen Aerzte 84. 167; 
XX. Kongreß französ. Irrenärzte u. Neu¬ 
rologen 291: XXXIX. Kongreß d. Deut¬ 
schen Gesellschaft f. Chirurgie 69. 224. 
237; IX. Kongreß d. Deutschen Gesell¬ 
schaft f. orthopädische Chirurgie 41. 
224; Krüppelfürsorgeverein d. Provinz 
Sachsen 28; Mittelrheinischer Aerztetag 
250; IV. österreichischer Irrenärztetag 
492: österreichischer Aerztetag 674; VI. 
österreichischer Baineologen - Kongreß 
263. 492; Preußischer Medizinalbeamten- 
Verein 69; Preußische Landeszentrale f. 
Säuglingsschutz 84. 140; Psychiatrisch- 
neurologische Gesellschaft i. Breslau 717; 
Psychologische Gesellschaft zu Berlin 
209. 578: Reichausschuß f. d. ärztl. Fort¬ 
bildungswesen 250; Russische Aerzte- 
Kongresse 278; Schlesischer Verein z. 
Bekämpf, d. Tuberkulose 347: Schweize¬ 
risches Komitee f. Krebsforschung 291; 
Verband d. deutschen Aerzte z. Wahrung 
i. wirtschaftl. Interessen (Leipziger Ver¬ 
band) 12. 563. 606. 703: Verband deut¬ 
scher Apotheker z. Wahrung i. wirt¬ 
schaftl. Interessen 549; Verband deut¬ 
scher Ostseebäder 717: Verein deutscher 
Laryngologen 84. 291; Verein f. Säug¬ 
lingsfürsorge i. Rgbz. Düsseldorf 464: 
Vereinigungen südwestdeutscher etc. 
Kinderärzte 167. 633: Vereinigung: g. d. 
Geheimmittel- und Heilschwindel 125: 
LXXXTT. Versammlung deutscher Na¬ 
turforscher u. Aerzte 140. 347. 521. 578; 
Versammlung d. Tuberkulose-Aerzte 209. 
277: Wiener Aezte-Orchester 633; 

XXXV. Wander-Ver c ammlung d. süd¬ 
westdeutschen Neurologen u. Irrenärzte 
210; Zentralnusschuß f. öffentl. Gosund- 
heitsoflege 660: Zentralkomitee f. Krebs¬ 
forschung 180. 291; ZentraO'omPee f d. 
ärztl. Fortbildungswesen i. Preußen 375r 
Zentralkrankenpflege-Nachweis f. Berlin 
140: Zentralverband d. Balneologen 
Oesterreichs 97. 

Verfettung, Chemie u. Biol. d. Organ— 574. 
Vergiftung durch Askaris 639. 

—. Ausstoßung der Oesophagusschleimhaut 
b. Salzsäure— 19. 

—, Blutuntersuchung b. Blei— 32. 

— durch Branntwein 157. 

— f Fleischvergiftungserreger 595. 

— durch Nitrosen 639. 

---, Psychose nach Fleisch— 283. 

— durch Wurst 90. 

Vergiftungen 12. 

Verkalkung d. Leber 408. 

Verknöcherung, frühzeit. allgem, d. 

Rippenknorpel 408. 


Verletzungen durch Walzen 258. 

Verona 1 b. Delirium trem. 228. 

— u. Epilepsie 187. 

— gegen Seekrankheit 618. 
Veronal-Natrium b. Seekrankheit 309. 473. 
—, Versuche mit — 186. 
Vestibularapparat u. Kleinhirn 432. 

—, über quantitative Funktionsprüfung d. 
—es 401. 

Vestibuläre Reiz- u. Ausfallerscheinungen 
bei Labyrintherkrankungen 699. 
Vibration, über allgem. — d. Körpers 
mittels eines Vibrationsstuhles 323. 
Vibrator, Duplex— 165. 

—, Simplex— 165. 

Vierzellenbad. Hochfrequeenz u. Thermo- 
penetration im — 713. 

Vierzellenschalter f. sämtl. 50 Badeweisen 
54. 

Vilja-Creme b. Hautkrankheiten 532. 

Volk u. Heer, sanitätsstatist. Betracht, über 

-444. 

Volksgesundheit u. Industrie 490. 
Volksschullehrer u. Tuberkulose 422. 
Volvulus intestinorum als^ Krankheit d. 

hungernden Menschen 427. 

Vulvovaginitis kleiner Mädchen 719. 


w 


Wachstum, Folgen d. Amputationen im 
Kindesalter f. d. Knochen-— 546. 

Wägungen, system. — i. Säuglingsalter 78 

Wärmeapparat f. vaginale Anwendung 386. 

Wärmeregulation im Bade 192. 

Waetzmannscher Apparat, prakt. Ver¬ 
wendbarkeit f. Hörprüfungen usw. 385. 

Wahnsinn, Atropin— b. einem Asthma¬ 
tiker 412. 

Walderholungsstätten, Nachtkuren i. — 
478. 

Wanderniere, Enderfolge d. Operation der 
— nach Kukula 488. 

Wange, Cancroid d. linken — 136. 

Warzen, Bhdlg. d. harten — mit Kohlen¬ 
säureschnee 324. 

Wasser, zur Bewertung des Bacterium 
coli im — 445. 

—. Reinigung von Bakterien 532. 

Wasserhaushalt b. Entfettungskuren 216. 

Wassermamische Methode z. Differential¬ 
diagnose zwischen Lues cerebrospin. u. 
multipl. Sklerose 512. 

— Reaktion i. d. ärztlichen Praxis 677. 

-, Diskussion über d. Herstellung d. — 

626. , , „ 

_. Einfluß v. Ehrlich-Hata auf d. W. 


R. 705. _ , J 

-, — d. Zittmannschen Kur auf d. W. 


R. 438. _ 

_etc. bei Erkrankungen des Nerven¬ 


systems 354. 

_m. Frauenmilch i. ihrer Bedeutung 

f. d. Wahl einer Amine 623. 

__ über die Hechtsche Modifikation d-" 


W. R. 309. 

-im Kindesalter 672. 

— — Leistung f. d. Praxis 3. 

-b. Lupus erythemat. 143. 

_, eine Mahnung zur Vorsicht d. dia- 

guost. Verwendung d. —n — 385. 397. 

_m. Milch 31. 

—- — u. Narkose 309. 

_i. ihrer prükt. Bedeutung 17. 

_u. Profetasches Gesetz 215. 

--u. Psoriasis vulgaris 480. 

-, Vereinfachung der W. R. 281. 

_, über d. sogen. Verfeinerungen d. W. 

R. 439. . ___ 

— —, Verhalten des Jodkali etc. für W. 
R, 621. 

— Syphilisreaktion u. Leichensera 2b7. 
Wasserstoffsuperoxyd, Beeinflussung d. 

Fäcesbakterien durch — 311. 

— „Pergenol“ 193. 

Wasserstrahlgebläse, Demonstration eines 
— 432. 


Wassersucht, Ivollargol b. Bauch— 410. 
—, über Nieren— 371. 

—, Pathogenese d. Nieren— 22. 

Weib, über d. physiol. Schwachsinn d. —es 


223. 

Weilsehe Krankheit, Fall v. —r — 309. 
Wiederbelebung durch Ventilation d. Luft¬ 
wege per vias natural. 615. 



Wietingssche Operation, 2 Fälle v. — 51. 
57. 

Wirbelanomalien, angeborene — u. Sko¬ 
liose 588. 

Wirbelsäule, z. Aetiologie d. Haltungstypen 
d. — 64. 

—. Studie über d. Kontusionen etc. d. — 
881. 

Wismutpaste b. chron. Eiterungen 545. 

Wismutsalbe, Bhdlg. von Fisteln mit 
Beckscher — 625. 

Wochenbett, Erfolg d. Uterusspülungen b. 
Fieber im Wochenbett 447. 

—, d. Myom während d. —es u. d. Geburt 
80. 

—, operat. Bhdlg. d. Thrombophlebitis 
septica i. — 132. 

Wöchnerinnen, Frühaufstehen d. — 688. ^ 

Wohnungsdesinfektion bei Tuberkulose 423. 

Wundaseptik. Bedeutung der Nahttechnik 

für (1. 426. 

Wundbhdlg. m. Amidoazotoluolsalbe 604. 

—: Argent. nitric. u. Bolus alba als Streu¬ 
pulver f. — 576. 

— m. Joddampf 269. 

Wundbehandlungstechnik i. d. Praxis 316 

Wurmfortsatz, die Carcinome d. —es 327. 

—. d. entzündl. Pseudo-Carcinome d. —es 
457. 

—, Entzündung u. Einklemmung d. —es in 
Brustsack 216. 

—. die radiogräphische Darstellung d. —es 
484. 

Wurmsamenöl, amerikanisches — als 
Wurmmittel 519. 

Wurstvergiftung, schwere — 90. 

x 

Xerosis. oper. Bhdlg. d. — conjunctivae 
119. 


Z 

Zahnärztl. Orthopädie 519. 

Zahnheilkunde, Bromural i. d. — 358. 

—, Röntgenstrahlen u. — 600. 

Zahnpaste, desinfizierende Wirkung eini¬ 
ger —n 600. 

— „Givasan“ 82. 

Zahnretention, Krankheitsbild d. — 270. 

Zalmwurzelcysten, z. Pathogenese d. —• 
20. 

Zeigefinger, Luxation d. —s 639. 

Zeitschriftenwesen, Pläne z. Reform d. 
mediz. —s 278. 

Zelltätigkeit, Beharrungstendenz d. — u. 
ihre Beziehungen zur Pathologie 274. 

Zigarettendrain z. Tampenade u. Drainage 
d. Bauchhöhle 519. 

Zinkopyringaze b. Uteruscarcinomen 159. 

Zinkperhydrol bei Ulcus molle 432. 

Zirbeldrüsentumoren, Diagnose d. — 216. 

Zirkonoxyd als kontrastbild. Mittel i. d. 
Röntgenologie 116. 

Zirkulation, Einfluß d. Momburgschen Me¬ 
thode auf d. — 595. 

Zittmannsche Kur, ihr Einfluß auf d. Was- 
sermannsche Reaktion 438. 

Zootrophotoxismus. Fall v. — 130. 

Zuchtwahl, Veredlung d. Menschen auf d. 
Wege d. bewußten — 290. 

Zucker, Resorption v. — i. Dickdarm 24. 

Zuckerhunger u. Schilddrüsenschwäche 411. 

Zuckerkranke, über Sarton, ein neues 
Nährpräparat f. — 310. 

— . V eränderungen d. Pankreas b. —n 24. 

Zuckerkrankheit, Praxis der Ernährungs- 
Therapie d. — 547. 

- u. Schwangerschaft 516. 

Zwerg, chrondrodystrophischer — 588. 

Zwillinge, Beobachtungen an —n 329. 

Zykloform als Anaestheticum 631. 


Verhandlungen wissenschaftlicher Vereine 
und Kongresse. 

Berliner medizinische Gesellschaft 6. 19. 
35. 50. 63. 77. 92. 119. 133. 146. 160. 176. 
205. 218. 233. 244. 259. 286. 299. 313. 342. 

359. 369. 384. 397. 414. 429. 446. 461. 472. 

626. 656. 669. 684. 698. 709. 

Verein für innere Medizin und Kinderheil¬ 
kunde 6. 36. 64. 77. 92. 105. 134. 147. 161. 

218. 271. 327. 342! 370. 399. 415. 640. 657. 

670. 685. 699. 710. 721. 

Berliner otologische Gesellschaft 138. 245. 
659. 

Demonstrationsabend des Charlottenburger 
Aerztevereins 136. 344. 359. Ö70 ; 
Medizinische Sektion der Schlesischen Ge¬ 
sellschaft für vaterländische Kultur 9. 19 % 
37. 50. 

31. Versammlung der Baineologischen Ge¬ 
sellschaft in Berlin 150. 164. 178. 192. 207. 
39. Versammlung der Deutschen Gesell¬ 
schaft für Chirurgie 220. 235. 247. 261. 
273. 286. 300. 314. 329. 

27. Kongreß fiir innere Medizin in Wies¬ 
baden 260. 274. 288. 302. 316. 331. 345. 372. 
XTX. Versammlung der Deutschen otologi- 
schen Gesellschaft 373. 385. 400. 417. 431. 
Si. Versammlung Deutscher Naturforscher 
und Aerzte in Salzburg 10. 25. 52. 67. 81. 
109 122. 138. 149. 163. 176. 190. 206. 221. 
234. 246. 

82. Versammlung Deutscher Naturforscher 
und Aerzte in Königsberg 561. 574. 587. 
600. 615. 627. 642. 672. 700. 713. 

XVI. internationaler medizinischer Kongreß 
in Budapest 11. 22. 39. 51. 66. 79. 95. 107. 
120 . | . 

Freie Vereinigung für Mikrobiologie, 
4. Tagung 416. 430. 



II. Namen-Register 




Abderhalden. E. 278. 389. 
Abel 237. 385. 

Abel,. R- 177. 

Abelmann 644. 

Abraham, O. 638. 
Abramowski 512. 589. 
Acbard, C. 181. 

Achelis, W. 581. 
v. Achenbach 69. 

Adam 37. 179. 

Adam, C. 244. 

Adam, II. 255. 

Adams. W. B. 258. 

Adler 192. 301. 698. 
Adler* A. 710. 

Adrian, K. 83. 

Aardroh 275. 304. 

Aigner 361. 

Alapy 301. 315. 

Albu 11- 137. 160. 178. 
Albert 717. 

Albrecbt 13. 262. 
Albrecht, II- 114. 
Alexander 429. 
Alexander, G. 27. 69. 
Alexander. J. 68 69. 
Alexander, B. 69. 
Alexander. W. 208. 219. 
AlexandroH, E. 409. 
Allmann, .1. 18. 

Alt 414. 627. 

Alt, F. 27. 

Alt, K. 295. 526. 

Altscbul 223. 

Alwens. W. 294. 
Alzheimer, A. 56. 
Amann, J. A. 247. 
Amiradzibi 417. 
v. Ammon 165. 285. 
Amrein, O. 379. 

Yndereya 202. 

Andrejev 417. 
Anscherlik. H. 621. 
Anschiitz 247. 315. 
Anschütz, W. 118. 389. 
Auszterveil, L. 296. 
Anton, G. 104. 228. 
Apostolides, A. G. 649. 
Arendt 137. 

Arendt. P. 405. 

Armaner Hansen 97. 
Arnsperger 288. 449. 

< V IRR 


Aronson 300. 

Aronson. 11- 472. 626. 
Asch 164. 235. 587. 
Asch, P. 295. 
Aschenheim 190. 644. 
Aschenheim. E. 440. 

A sehn er 236. 

Asch off 23. 

Aschoff, L. 361. 

Ascoli 330. 435. 

Ascoli, M. 156. 
van Assen, J. 283. 
Assinger, L. 67. 

Ast 277. 

Auerbach 673. 
Aufrecht, S. 391. 
Ausmeier 84. 

Axenfeld 361. 

Axisa, E. 367. 514. 


B 


Bach 673. 

Bach, IT. 296. 

Bachem. C. 268. 688. 
Bade 315. 

Baedeker, J. 73. 
Baermann, G. 31. 
Bäumer, E. 474. 688. 
Bäumler, Chr. 97. 
Baginsky 79. 

Baginsky, A. 185. 429, 
687. 


Bagshawe, A. G. 14. 
Bahrdt 11. 106. 107. 369. 

643. 645. 

Baisch 95, 191. 
Baker-Eddy M. 718. 

Bai int, R. 477. 

Ballaban, Th. 327. 
Ballowitz 194. 

Bancroft 194. 

Baraba s(*hi. P. 547. 
Bäräny 374. 385. 417. 432. 
Barbier, P. 309. 

Bardach/i 697. 

Barker 23. 

Baron 105, 373. 

Barsickow. F. 529. 
Barsony. .T- 66. 

Bartel 512. 

Barth 699. 

Barth. G. 394. 

Baruch, M. 576. 

Basch 626. 

Basch, I\. 428. 

Bas senge 605. 


ssenge, R. 600. 
ndelier 223. 477. 
r 96. 

uer 14. 68. 109. 122. 


Bauereisen 585. 
Bauereisen A. 139. 

Baum, E. 477. 

Baum, E. W. 381. 

Baum, F. 132. 

Baum. G. 200. 

Baumann, A. 618. 
Baumgarten, A. 447. 
Baumgarten, E. 626. 
Baumstark 288. 

Bayer, G. 237. 449. 

Bayer, II. 383. 

Bayet 647. 

Bechhold, H. 181. 

Beck. E. G. 545. 

Becker, H. W. 186. 
Becker, Th. 139. 

Becker, W. II. 340. 341. 
Beckhaus, C. 679. 

Behne, C’. 586. 

Behr, Tv. 181. 
c. Belir-Pinnow 84. 
Behrens, II. 660. 

Beit 42. 

Beitzke 36. 

Behls 66. 

Beklau, G. 164. 179. 

Bell, H. 71. 

Rolnw. F 647. 


Bence 22. 

v. Bene zur, J. 410. 
Benda 68, 147. 233. 626. 


Benda, C. 146. 

Benderski, J. 33. 
van Beneden, E. 291. 
Benedict 24. 

Beneke 681. 

Benjamin 207. 221. 
Benjamin, E. 222. 
Beninde 423. 

Berblinger. W..500. 
Berensnegowsky, X. 457. 
Berg, G. 428. 

Bergei, S. 316. 
Bergemann 587. 

Berger, F. 311. 
Berghaus, W. 449. 
v. Bergmann 160. 288. 
331. 

v. Bergmann. G. 290. 
Bergquist 223. 

Bergrath. R. 144. 
Bering, Fr. 215. 

Berlin 214. 

Berliner. B. 257. 
Berliner, L. 249. 
v. Bernd 24. 

Bernouilli, E. 411. 544. 
Bernstein 82. 
Bernstein-Kohan, A. 581. 
Berri. C. 568. 

Berfholet. E. 491. 

Bessan, G. 600. 

Best 460. 

Bethe, E. 181. 

Bethge, H. 172. 

Bethge, K. 199. 

Benster. W. 380. 

Beythin 125. 

Bezzi. G. 125. 

Biach, M. 480. 

Bickel 151. 193. 342. 
Bickel. A. 205. 

Biedl 416. 

Bier 287. 301. 

Bier, A. 434. 

Biernaht, P. 159. 
Biesakki 236. 516. 640. 


Bilz 634. 

Binder. E. 310. 

Bing, R. 701. 

Bingel, A. 477. 
Binswanger, IT. 115. 
Bircher, A. 139. 
B'rcher, E. 116. 421. 
Bircher-Beimor, M. 54. 
Birk 370. 

Birk ner 83. 

Birnbaum, CI. 223. 
Birnbaum, R. 689. 
Bisch off, H. 605. 
Bittner. .T. 466. 

Bittorf 373. 

Bixhy, W. K. 362. 
Blacher, W. 693. 

Blad, A. 696. 

Blaschko 181. 385. 
Blaschko, A. 580. 

Blau 138. 659. 

Blau, A. 13. 

Blauei 545. 

Blecher 325. 

Bleibtreu, L. 13. 
Bleichröder 233. 314. 
Bloch 259. 401. 


Blum 318. 

Blum. L. 297. 323. 528. 
Blumberg 6. 

Blumenfeld 629. 
Blumenfeld, F. 262. 323. 
Blumenthal 25. 193. 286. 
Blumenthal. F. 157. 272. 

658. 700. 721. 

Blumreich 619. 

Boas, J. 633. 

Bock 147. 149. 548. 
Bocken heim er 626. 
Bodenstein, H. 582. 
Bodon 24. 

Boecale, .T. X. 308. 
Bögehold 626. 
Boehringer, C. F. 224. 
Boenninghaus, G. 69. 
Böer 418. 

Böhm. M. 64. 289. 
Böhme 317. 

Boehine, W. 79. 

Böing 431. 

Boellke, O. 380. 
Bönniger 147. 160. 316. 

332. 342. 399. 670. 698. 
v. Bören 122. 

Boesch. E. 159. 

Boettcher G. 199. 
v. Böttinger 690. 
Bofinger 595. 

Bohar, C'. 705. 
v. Bökay. J. 468. 
Bolognesi, G. 173. 
Bombarda 592. 

Bondy 417. 

Bongert 431. 

Boniioff, H. 308. 

Boos, W. F. 466. 
Borchard 300. 

Borchardt 63. 236. 346. 
Borchardt. L. 600. 615. 

627. 672. 700. 713. 
Borchardt, M. *74. 
Borchers. H. 254. 

Borcy 647. 

Bormann, S. 621. 

Borst 585. 

Borst, M. 181. 346, 405. 
Boruttau 148. 149. 
Boruttau, II. 76. 

Bosänyi. B. 351. 

Bosse, B. 375. 

Bosui 96. 

Botkin. S. 125. 

Bouchard 42. 97. 

Bouille 167. 

Bourget 122. 

Bourmoff, T. 74. 

Braatz 66. 

Brachei 418. 

Braendle 593. 

Braeuning 209. 

Bräunin g, H. 339. 
Braitmaier 201. 
Brandenberg, F. 453. 
Brandenburg, K. 619. 660. 
Brandes, M. 625. 

Brauer 24. 

Brauer, A. 353. 

Brauer, L. 419. 435. 535. 
Braun 374. 630. 700. 
Braun, L. 689. 

Braun, R. 304. 


Braune 356. 

Brauser 366. 

Breitung 389. 

Brekle 422. 

Bremener, 51. 5F 281. 
Bresciani 26. 

Bresger, M. 190. 

Bretz, M. 143. 

Breuer, R. 689. 

Brewitt 520. 

Brewitt, Fr. R. 229. 
Brieger 9, 97. 150. 164- 
208. 277. 431. 

Brissaud, P. E. 42. 

Britz 504. 

Brock 150. 

Brock, W. 360. 

Brodersen 703. 
Brodersen, J. 506. 
Brodnitz 330. 

Bröking, E. 498. 
Brooklings, R. S. 362. 
Brorström, Th. 387. 
Bruch. F. 123. 

Bruck, C. 51. 568. 
Brückner, A. 689. 
Brückner, G. 422. 
Brückner, 51. 16. 
Brüggemann, 189. 

Brühl 138. 386. 659. 669. 
Brühl. G. 527. 669. 
Brüning, A. 568. 

Brüning, F. 470. 

Brünings 262. 400. 417. 

432. 

Brünings. W. 124. 
Brugsch 161. 163. 288. 
289. 317. 

Brugsch. Th. 290. 

Bruhns 136. 671. 
v. Brunn 287. 

Brunner 316. 

Brunner. K. 464. 4(7. 
v. Bruns 96. 152. 262. 287. 
334. 375. 376. 389. 405. 

433. 474. 477. 548. 631. 
673. 

Büchner, E. 605. 

Bucura. C. 492. 

Budde. W. 113 v 
Bü ding e r, K. 27. 

Biihler, M. 380. 
v. Bülow, Fürst 237. 
Bürgers 346. 

Bürgers. Th. J. 316. 
Bürgi, E ; 159. 

Bürker 274. 

Biirker. K. 467. 

Buh re 223. 

Bumke, O. 319. 

Buniin 152. 194. 262. 620. 
673. 

Bumm, E. 375. 433. 474. 

548. 631. 
v. Bunge, G. 319. 
Burckhardt, L. 48. 194. 
Burckliardt, O. 97. 
Burghart 261. 

Bari an; R. 419. 

Burk, W. 103. 529. 
Birrwinkel 11. 53. 192- 
207. 208. 384. 
Burwinkel, ü. 490. 582- 
Blisch 138. 534. 659. 





XXIII 


Busch, A. 90. 362. 

Busch, Chi'. 104. 

Busch, M. 75. 
zum Busch. .T. I J . 487. 
Buschbeck 237. 249. 
Buschke 689. 

Busse, A. 470. 

Busse, W. 156. 

c 

Caan, A. 175. 380. 484. 
486. 

Cahnheim, 0. 41. 
Callivokas. A. 128. 
Calmann, A. 640. 

Ca me rer, W. 209. 

Carl Theodor, Hefzüg in 
Bayern 35. 

Carl, W. 615. 627. 

Carlson 223. 

C'aruccio. M. 532. 

Caspari 8. 

Casper 220. 

Casp-er, L. 176. 286. 702. 
Cassel 276. 

Ceccherelli 11. 

Celli 167. 

Chajes 133. 259. 
C'halypecky, H. 383. 
Cliampionniere, L. 12. 
Cheadle, W. B. 237. 

Chiari 544. 

v. Chlapowski 178. 207. 
208. 

Cliolmogoreff, S. 383. 
Christen, Th. 62. 
Christofoletti 191. 
Chrobak, P. 577. 689. 
Chvostek. F. 27. 

Ohyzer, B. 84. 

Citron 19. 94. 147. 260. 

303. 343. 398. 

Citron, IT. 629 
Citron, .T. 35 36. 
Clairmont 315 
Claus 138. 245 432. 690. 
Clemens 261 
Clingestein 593. 

Cluss. K. 412. 

Codivilla. A. 468. 665. 
Coenen 261. 

Coenen, H. 305. 

Cohen, C. 285. 

Cohn, P. 665. 

Cohn, M. 166. 274. 710. 
Cohn, P. 683. 

Cohn, 8 35 

Cohn, T. 314. 397. .576. 
685. 

Cohn heim 342. 

Coler 543. 

Colombino. C. 214. 
Comanus Pascha 24. 
Combe 178. 206 
Concornotti, E. 193. 
Conradi 111. 430. 431. 
Courant 38. 

Crede, B 457. 

Creite 577. 

Cremer 275. 

Crocker. O. 14. 
Cronheim, .T. 499. 
CTonheim. W. 499. 
Crzellitzer 63. 
v. Cube, M. 703. 

Curie 70. 435. 
Curschmann 288. 653. 
Curschmann. IT. 214. 254. 

277. 361. 376. 
v. C'yon. E. 56. 111. 
Czaplowski 430. 
Czernecki. W. 24. 
Czerny 274. 

Czerny, A. 129. 

Czerny, V. 299. 
Czerwenka. K. 504. 
Czikos 66. 

D 

Dahl 65. 66. 

Dalp 430. 

Daniel, ,T. 155. 

Danielsen 9. 10. 


Danielsohn, P. 173. 
Dannemann, A. 209. 
Davids, H. 470. 

Davidsohn 384. 

Davids oh n, C. 449. 
Davidsohn, F. 474. 600. 
Day, G. H. 60. 

Delbrück 27. 404. 405. 
Delorme 597. 

Dengg, H. 129. 

Denker 374. 

Donnert 246. 373. 

Dennig 491. 

Dessauer, E. 4, 53. 
Determann 178. 179. 
Determann. II. 548. 

Deucher 290. 

Deutsch. A. 454. 
Deutschländer 315. 
Doutschmann. R. 383. 
Devoto 224. 

Dickgans 124. 

Diepgen, P. 41. 

Dieterich, E. 718. 
Dieterich, K. 634. 
Dieterlen 595. 

Dietlen 261. 

Dietrich 140. 

Dietrich, A. 327. 

Dietrich, G. .T. 358. 
G : eudonne 13. 

Dieulafoy 435. 

Dikonieit 535. 563. 
Dimmer 69. 548. 
Diossziläs-gi, S. 668. 

Dirn er 108. 

Djakonow 194. 

Dmitrenko, L. Ph. 309. 
Dobrovits, M. 637. 
Dobrowolska. St. 389. 
Döderlein 163. 192. 376. 

389. 575. 587. 

Döderlein, A. 235. 531. 
Pölling, M. 170. 407. 433. 
Doellken. A. 13. 

Dönitz 330. 

Dornberger, E. 646. 

Doerr 416. 

Doevenspeck 467. 
Doevenspeck. W. 393. 
Polii 628. 

Dohm, R. 390. 

Do kl, II. 267. 

Poleris 95. 

Dollinger 66. 301. 

Donat 167. 

Donath, ,T. 304. 

Donati, M. 324. 

Douglas 194. 

Poutrelepont 41. 

Doyen 237. 249. 508. 606. 
Pragendorff, O. 632. 
Dresdner 129. 

Dreuw 363. 398. 437. 722. 
723. 

Dreyer 315. 

Dreyer, W. 513. 
Dreyfuss, R. 83. 
v. Drigalski 430. 431. 
Dubois, P. 604. 

Diihrssen 234. 245. 563. 
Dührssen, A. 547. 
v. Düring 291. 

Diitzmann 587. 

Dufour, M. 449. 592. 
Duhot 678. 

Duhot, R. 541. 

Dumont, F. L. 159. 442. 
Dunant, H. 647. 

Dünger, R. 612. 
v. Düngern, E. 281. 
Purig 194. 

E 

Ebeling, 31. 433. 

Eber, A. 185. 

Eberth, A. 689. 

Ebstein 313. 715. 

Ebstein, W. 62. 
Eckermann 254. 

Eckert 35. 300. 327. 685. 
Eddy {Baker-). M. 718. 
Edel. B. 344. 

Ed eien. Ch. A. 158. 


Edens 449. 

Edlefsen, G. 276. 

Ehler, F. 598. 612. 

Ehlers 678. 

Ehrlich 153. 274. 275. 276. 

414, 430, 495. 615. 
Ehrlich, P. 318. 419. 508. 
Ehrmann 36. 95. 134. 331. 

346, 399. 698. 

Ehrmann, O. 427. 

Eh rin ann, R. 288. 
Ehrmann. S. 27. 
Eichelberg, F. 184. 
Eichhorst, H. 666. 

Eichler, F. 101. 
v. Eicken 477. 673. 
v. Eiseisberg 66. 97. 632. 
674. 

v. Eisler, M. 578. 
Eisenberg, J. 3.34. 
Eisemeich, (). 368. 
Eisenstein,, J. 208. 

Ei tu er. E. 580. 

Eliasberg, J. 17. 

Ellis, H. 40. 96. 

Ellraer, A. 259. 

El sehnig 91. 102. 341. 
Elsner 76. 261. 302. 
Elsner, H. 203. 656, 698. 
Embden 289. 318. 

Emery 629. 647. 
Enderlen 248. 585. 

Engel 68. 

Engel. C. 8. 111. 670. 677. 
En^el. TT. 228. 490. 542. 
Engel, 8. 194. 

Engel. St. 547. 

Engelhorn 357. 
Engelhorn, E. 681. 
Engelmann. W. 428. 453. 
Engländer, M. 201. 
Engström 80. 

Eperon 592. 

Ephraim 9. 373. 
Eppinger 332. 

Epstein 236. 534. 

Erb 97. 152. 262. 375. 433. 

474. 548. 631 673. 

Erb, A. 244. 

Erben. F. 12. 153. 473. 
Erb. W. 689. 

Errlös, A. 366. 

Ernst 291. 

Esau 216. 355. 598. 


Escherich 

81. 

109. 

123. 

139. 

149. 

177. 

.191. 

206. 

^ 207. 





Eschle 

, F. 

C. R. 

505. 


Esser 

H98. 




Euler, 

II. 

591. 



Euziere, M. 322 



Evler 

314. 

315. 

'329. 


Ewald 

6. 

147. 

179. 

192. 

218. 

219. 

327. 

328. 

331. 

574. 

575. 

790. 

713. 

715. 

Ewald 

, K. 

3.3. 42fi. 674. 


Ewald, P. 441. 
Exner, A. 158. 
Exner, F. 660. 
Exner, 8. 633. 660. 


F 

Fabian, E. 229. 327. 457. 
489. 

Fabricius 51. 80. 121. 287. 
Fabry, J. 324. 

Falk 342. 

Falk. E. 144. 150. 163. 

176. 191. 234. 246. 575. 
Falkenheini 646. 

Falta 288. 304. 317. 

Falta, W. 130. 

Farabeuf, J. H. 521. 
Faulhaber 666. 

Favento 664. 

Federmann 136. 
Federmann, A. 119. 
Federow, 8. P. 242. 

Feer 81. 82. 139. 149. 178. 

190. 234. 435. 449. 
Feilchonfeld. W. 232. 345. 
Fein. J. 152. 438. 

Feis. O. 223. 386. 

Fejes. L. 581. 


Feldmann, H. 462. 

Feloki, 11. 291. 

Felke 14. 19. 

Fellinger 250. 

Fellner 149. 177. 179. 192. 

208. 314. 

Fellner, B. 345. 

Fellner, O. (). 83. 

Fellner jun. 179. 207. 
Fenyvessv. B. 125. 

Fette, H. 184. 201. 

Fetzer. M. 160. 

Fey, .1. 652. 

Fi bi gor 548. 

Fickler, A. 412. 

Fi obig 689. 

Fieweger. R. 527. 

Filehne 405. 

Le Filliatre 51. 

Finck. J. 202. 

Finder 136. 

Finder. G. 405. 

Finger 194. 346. 

Finger, E. 674. 

Fink 301. 

Finkelnburg 584. 

Fink eiste : n 79. 82. 92. 
106. 107. 109. 139. 178. 
290. 359. 

Finkler 430. 431. 

Fi nsen 548. 

Finsterer, TT. 173. 

Fisch. M. 192. 

Fischbeck 276. 

Fischei, W. 724. 

Fischer 431. 587. 713. 
Fischer. F. 498. 

Fischer, G. 4.35. 

Fischer, TT. 615. 646. 
Fischer. ,T. 364. 

Fischer. L. 654. 

Fischer. Ph. 497. 

Flachs 206. 

Fla tau. Th. 8. 138. 359. 
699. 

Flein er 262. 275. 288. 
Fleisch, P. 394. 

Fleischer 192. 

Fleischer. F. 597. 
Fleischmann 9. 
Fleischmann. K. 689. 
Flemming 430. 

Flemming, G. 460. 
Flemming. P. 621. 
Fletcher, 277. 

Flexner. 8. 156. 

Fliess. W. 519. 

Floercken 548. 

Flöreken, H. 468. 

Flu 378. 

Flügge 166. 347. 361. 416. 
Focke 694. 

Fodor, G. 393. 

Foederl, O. 27. 708. 
Foelsing 504. 

Foerster 236. 249. 
Foerster, 0. 174 . 326. 
Foges, A. 464. 

Forbat 637. 

Forconi, G. 158. 

Forest. W. 675. 
Forlanini, C. 173. 
Forschbach 373. 
Forschbach. J. 61. 
v. Förster. F. 486. 
Förster, J. 605. 

Fouveau de Courmelles 
80. 

Frankel 149.163. 274. 301. 
575. 

Frankel, A. 37. 134. 220. 

271. 343. 699. 710. 
Frankel B. 223. 361. 
Fraenckel. P. 600. 
Fraenkel, C. 526. 623. 673. 
Fraenkel, E. 323. 425. 
Fraenkel, L. 39. 247. 
Fraenkel, 8. 27. 
Frässdorf 534. 

Franck, O. 351. 

Francke, K. 276. 577. 
Frangenheim 588. 

Frank 78. 96, 331. 575. 
Frank, A. 344. 349. 
Frank. E. 331. 


Frank, E. R. W. 413. 
Frank. G. 693. 

Franke 236. 248. 

Franke, C. 426. 

Franke, F. 145. 

Franke, P. 412. 
Frankenhäuser 548. 
Frankenhäuser, F. 605, 
Frankeristein 546. 

Frank enstein, C. 428. 
Frankl 191. 

Frankl. O. 177. 
v. Frankl-Hoch wart. L. 
216. 

v. Frannue. ö. 530. 

Franz 13. 223.* 449. 605. 
Franz. T\. 72. 659. 

Franze, P. C. 290. 490. 
596. 

Freudenberg, A. 131. 38X 
Freudenberger 646. 
Freudenstein. F. 313. 
Freund 81. 223. 534. 548, 
644. 645. 

Freund, L. 442. 

Freund W. A. 97. 261. 
Frev 386. 

Frey, E. 265. 543. 
Friedberg 263. 416. 430. 

Friedberger 630. 631. 
Friede mann 346. 416. 
Friedemann. TT. 605. 

Fried hin der 629. 
Friedländer, A. 376. 
Friedländer, M. 8. 
Friedländer, R. 218. 
Friedmann 328. 

Friedrich 220. 273. 315. 
319. 

Frinp, A. D. 477. 
v. Frisch. O. 486. 

Fritsch, IT. 401. 

Fritsch, J. 724. 

Froehlich 200. 419. 
Froehlich, A. 263. 
Froehlich, F. 449. ■ 
Fröschels, E. 234. 
Frogyesi 80. 

Fromme 689. 

Fromme. F. 27. 577. 688. 
Frühwald, R. 89, 680. 
Fuchs 207. 222. 633. 
Fuchs, A. 583. 

Fuchs, E. 361. 389. 709. 
Fuchs, II. 27. 

Fuchs. R. 389. 449. 

Fuchs, R. F. 660. 
Fuchs-Wolfring, 8.^ 26. 
Fürbringer 6. 13. 36. 119. 

147. 342. 415. 

Füresz, ,T. 124. 

Fürst 513. 

Fürst M. 14. 

Fürstenau, R. 519. 
Fürstenberg 151. 
Fürstenberg. A. 310. 
v. Fürth, O. 419. 

Fiith 163. 235. 247. 576. 
Fuld 6. 134. 160. 219. 342. 

430. 670. 

Fuld. E. 429. 

Funck, C. 410. 425. 
Funke, A. 83. 

Fuster 534. 

G 

Gaffkv 659, 717. 

Gaffky, G. 491. 

Gager 578. 

Gager, C. 278. 

Galewsky 672. 

Gandini. Y. 547. 
Ganghof'ner 122. 123. 139. 
206. 207. 

Garre 220. 291. 587. 
Gasharrihi, A. 542. 

Gasis. D. 517. 

Gasters, 490. 

Gastpar 194. 

Gau pp, R. 490. 

Gau ss 80, 108. 

Gebbert 675. 

Geb eie 273. 

Gebele. H. 56. 





XXIV 


Geis 714, 715. 

Geis, F. 285. 

Geisler 28. 

Geissler, W. 340. 
Gemmel 61. 

Gemünd, W. 153. 
Gennerich 579. 

Gerber 567, 610, 642. 
Gerhardt 304, 332. 
Gerhardt, D. 302. 
Gerhartz 149. 

Gerhartz, H. 59. 
Gernsheim 178. 

Gerönne, A. 623. 

Gerson, K. 341. 

Gerster 24. 

Ghon, A. 578. 

Gierke 605. 

Gierke, E. 319. 

Gierlich, N. 584. 589. 
Gilbert, A. 435. 

Gilbert, W. 464. 

Girard 249. 

Giuffrö 23. 24. 

Glässner 10. 

Glaessner, P. 708. 
Glaser, H. 508. 

Glaser, R. 52. 

Gluck 41. 

Glück 629. 

Glück, A. 497. 

Glück, J. 82. 
Glücksmann 261. 

Gocht 302. 315. 

Gock, H. 521. 

Gockel, M. 519. 

Goebel, Tv. 249. 

Göbell 194. 331. 

Görges 569. 

Görner 483. 

Göschei 194. 

Goethe 361. 

Goldberg, B. 211. 225. 
239. 251. 

Goldberger, M. 362. 
Goldbladt, H. 47. 543. 
Goldman, H. 309. 
Goldmann, F. 187. 
Goldscheider 208. 319. 
548. 

Goldschmidt 53. 
Goldschmidt, A. 701. 
Goldschmidt, II. 689. 709. 
Goldschmidt, R. 639. 
Goldschmidt, S. 387. 
Golgi 633. 

Gordon 714. 

Goth, L. 464. 

Gottschalk 6. 80. 149. 176. 

192. 245. 455. 461. 
Gottstein, G. 19. 37. 51. 
Gourwitsch, M. 621. 
Grabley 370. 371. 
da. Gradi, A. 410. 
Graefenberg, E. 230. 282. 
572 

Graeser, K. 521. 

Graetz 631. 

Graf 249. 

Grafe 334. 

Grafe, E. 614. 

Grasser. O. 284. 

Grau 605. 

Grau, H. 378. 483. 
Graupner 245. 529. 659. 
Grawitz 300. 343. 344. 
Grawitz, E. 500. 

Grehant, V 237. 

Greil, A. 41. 

Greven, K. 664. 

Grimm 199. 

Grisson 700. 

Grober, J. 453. 

Gröber 416. 

Groedel, Fr. 345. 
Groedel, Th. 345. 
Groenoiuv 19. 

Gros, O. 654. 

Gross 332. 

Gross, M. 410.- 
Grosse, O. 490. 

Grosser 82. 190. 644. 645 
Grosser, P. 665. 

Grossich, A. 412. 
Grossmann 245. 659. 


v. Grosz, E. 594. 

Grouven 628. 672. 
Grouven. C. 526. 
Grouven. K. 194. 

Grube 681. 

Grube, K. 289. 
v. Gruber 152. 181. 262. 
433. 474. 548. 631. 646. 
673. 

v. Gruber, M. 689. 
Gruber, G. B. 513. 
Gruby, D. 474. 

Grünfeld. J. 319. 

Grund 290. 

Grunert 517. 

Grün mach 67. 

Gruss, A. 674. 

Gudzent 163. 317. 318. 
370. 

Günther, W. 424. 
Giinzburg 529. 

Gürber, A. 521. 
Guggenheim 534. 

Guleke 248. 

Guleke, N. 159. 

Gumpertz 534. 

Gunkel 287. 

Gussenbauer, K. 632. 
Guthmann, A. 335. 
Gutmanr. A. 459. 
Gutmann, G. 344. 345. 
Gutzmann 178. 657. 
v. Gyergyai, A. 323. 
v. Gyergyay 417. 


h 

Baase, II. 500. 
v. Haberer 331. 667. 
Habermann 417. 
v. Hacker 248. 

Hadda 50. 

Hadda, S. 696. 

Iladen, Fr. H. 346. 
Haebler 238. 
llaecker 647. 

Haedicke. G. 85. 

Ilaendel 416. 431. 

Hänlein 245. 246. 

Härtel, F. 582. 
Hagemann 329. 588. 
Hagen, Fr. 242. 

Hagen, W. 40. 
Hagen-Torn 122. 
t Hagenbach-Merian, E. 
406. 

Hahn 331. 533. 534. 
Hahn, O. 436. 

Haike 138. 659. 

Ilailer 416. 

Haim, E. 668. 

Ilalasz 24. 

Hai bau 150. 164. 

Hal'ban, J. 27. 176. 689. 
Halben 161. 

Halben, R. 716. 
Halberstaedter, L. 582. 
Halbey, K. 131. 

Haie, W. 354. 

Hailauer, B. 231. 

Halle 176. 659. 
Hamburger, G. 685. 
Hamburger, F. 16. 679. 
Hamed Wa-ly 491. 

Hamm 461. 

Hamm, A. 204. 

Hammers 232. 

Hammers ch lag 245. 446. 

684. 685. 

Hampeln 574. 

Hannes 38. 39. 

Hannes, W. 696. 

Hansberg 417. 
v. Hansemann 35. 97. 134. 
245. 273. 

v. Hansemann, I). 605. 
Hansen, A. 12. 97. 633. 
Happel, O. 56. 

Ilarnack 133. 

Ilarnack, E. 543. 

Harras 273. 

Harriman 111. 

Hart, C. 471. 481. 
Hartmann 235. 730. 


Hartmann, A. 193. 660. 
Hartmann, E. 367. 
Hartmann, G. 14. 194. 
450. 

Hasebroek 419. 

Hata 274. 495. 

Hauber, F. 516. 

Hauck, L. 143. 

Haudek 574. 700. 

Haudek, M. 542. 
Hauptmann, A. 512. 
Hauptmann, F. J. 411. 
Hauser, C. 047. 

Hauser, G. 425. 

Havas, A. 319. 

Havelock Ellis 673. 
Hayashi, M. 640. 
Haymann, H. 701. 

Hecht, A. F. 109. 

Hecht, H. 255. 

Hecker 139. 178: 190. 
Hecker, R. 207. 

Heddäus, A. 503. 
Hedinger 372. 

Hedinger, E. 158. 408. 
Heeger, E. F. 99. 387. 402. 

447. 462. 

Heeger, F. 222. 

Heerford t, G. F. 426. 
Ileermann, A. 339. 547. 
H° Mf er 164. 

Hegar, A. 56. 

Hegar, Iv. 191. 506. 
Hegener 385. 

Heiberg. II. 605. 
v. d. Heide. A. 697. 
Heidenhain 713. 

Heil, K. 231. 

Heilbrun- IC. 104. 

Heile 287. 

Heilig 481. 

Heilmeier, A. 312. 

Heim 416. 

Heimann, F. 222. 
Heimburg, W. 660. 

Hein, F. 405. 

Heine 124. 

Heinecke 167. 689. 
Heinicke. W. 257. 
v. Heinleth 67. 

Heinz, R. 506. 

Heinze 448. 

Heinzmann 133. 

Heisler, A. 365. 

Heisler, W. A. 547. 
Heitler, M. 458. 

Helbich, II. 79. 

Helbing, C. 4. 670. 

Heller 68. 136. 360. 671. 

699. 700. 

Heller, J. 464. 

Helly 591. 

Ilelwig 208. 461. 

Henius, L. 319. 

Henkel, M. 49. 153. 
Henoch 626, 633. 

Henocli, E. 419. 506. 
Henrich, F. 187. 

Hensehen 22. 23. 
Ilenschen. K. 334. 
Henssen 485. 

Herbst, O. 78. 
v. Herczel 52. 122. 
v. Herff 56. 63. 618. 
v. Herff. O. 117. 458. 697. 
Ilerhold 17. 

Hering 332. 

Hermann 180. 

Herrmann, L. 674. 
Hermes, O. 638. 

Hersfeld 138. 164. 

Hertel, E. 573. 

Hertz, II. 449. 
Herxheimer, G. 621. 
Herxheim er, K. 296. 496. 
579. 

Herz,’ M. 268. 304. 424. 
439. 706. 

Herz borg 277. 565. 
Iferzenberg, R. 18. 
Herzfeld 710. 

Herzfeld, E. 586. 

Herzfeld J. 699. 709-. 
Herzog 386. 417. 

Herzog, F. 131. 


Herzog, II. 444. 698. 
Herzog, J. 209. 

Herzog. W. 506. 

Hess, K. 346. 

Hess, O. 111. 

Hesse 161. 163. 221. 275. 
Hesse. E. 594. 615. 
Hessmann, A. 69. 
Ileubner 25. 67. 79. 81. 
106. 107. 123. 138. 149. 

160. 177. 178. 274. 275. 

304. 327. 328. 342. 344. 

643. 644. 685. 

Ileubner, W. 11. 390. 521. 
Heuser 422. 

Heusner 301. 

Heveroch, A. 224. 

Hevesi, J. 394. 

Hey 347. 

Heymann 167. 430. 506. 
685. 723. 

Heymann, F. 655. 

Heyn, II. 175. 
Heynemann, Th. 703. 
Hilbert. R. 485. 
Hildebrand, O. 221. 
Hildebrandt, Jf. 26.3. 543. 
Hilgenreiner, H. 355. 530. 
Hindenberg 490. 
Himichsen, O. 181. 
Hinsberg 385. 417. 

Hinz, R. 382. 

Hinze, V. 90. 

Hirsch 24. 208. 236. 706. 
Hirsch, G. 275. 528. 
Hirsch. J. 75. 253. 
Hirsch, K. 359. 

Hirsch, L. 176. 

Hirsch, M. 341. 584. 
Hirsch, P. 709. 
Hirschherg, M. 145. 224. 

376. 707. 

Hirsche! 300. 

Hirschei, G. 311. 
Hirschfeld 273. 626. 
Hirschfeld. F. 516. 665. 
685. 

Hirschfeld. II. 369. 
Hirschfelder 23. 

Hirth, G. 716. 

His 65. 150. 179. 314. 318. 
699. 

Hitschmann 191. 192. 
Hnatek, J. 381. 

Hoch 237. 

Hochhaus 27. 46. 
Hochsinger 138. 139. 191. 

644. 645. 672. 

Hockauf, J. 27. 

Iloeber, R. 237. 

Höfler, M. 83. 

Höhn. J. 625. 

Hoehne, O. 91. 259. 
Hönck, E. 62. 

Hoerder, C. 50. 

Ilörmann 235. 

Hössli, 11. 512. 

Van der Iloeven 95. 
Hofbauer 26. 316. 576. 

587. 

Hofbauer, J. 599. 
Ilofbauer, L. 379. 423. 
Hoffa, Th. 679. 

Hofmann, E. 497. 
Hofmann, M. 591. 598. 
Hoffmann 315. 423. 430. 
481. 502. 

Hoffmann, A. 332. 468. 
Hoffman, E. 41. 194. 529. 
Hoffmann, F. 18. 
Hoffmann, J. 209. 
Hoffmann, K. F. 652. 
Hoffmann, R. 262. 
Hofmeier 56. 80. 95. 
Hofmeier, M. 469. 
Hofstätter 520. 

Hohlweg 680. 

Hohlfeld 138. 

Ilohmeier 330. 

Holdheim, W. 451. 
Holitscher 306. 

Holländer 160. 176. 233. 
342. 

Holländer, II. 157. 
Holmgren, J. 581. 


Holzinger, F. 47. 
Holzknecht 62. 548. 
Homen 97. 

Hoppe 275. 446. 

Hoppe, J. 497. 

Horbaczewski 56. 
Horsley, V. 674. 
Hosemann 316. 
Hosemann, G. 703. 

Huber 303. 

Huber, A. 379. 

Hübner, O. 419. 425. 
Hübener 521. 

Hügel, G. 622. 

Huertas 24. 

Hügel 303. 

Hunt, R, 471. 
Huntemüller 430. 

Huxiey, Th. H. 402. 
Hwayama 342. 

i j 

Ibrahim 82. 123. 139. 
Ibrahim, J. 421. 
Igersheitner, .1. 632. 683. 
IIberg 250. 435. 
Immelmann 261. 

Isaac 316, 398. 

Isaac, H. 495. 

Isaac, J. 331. 

Isaak 723. 

Isemer 577. 

Isliida, K. 581. 

Israel 461. 

Israel, E. 259. 

Israel. J. 702. 

Isserlin, M. 361. 

Ttami, S. 187. 

Ivannovics, G. 27. 570. 
Ivänyi, E. 423. 

Ivanyi, M. 579. 

Ivcovic, L. 130. 

Tversen 627. 

Iversen. J. 294. 512. 

Izar 330. 

Jack 3. 

Jacob, L. 542. 

Jacobaeus, H. C. 666. 
Jacobi, A. 406. 

Jacobi. Ahr. 633. 
Jacobsohn 92. 259. 
Jacobsohn, L. 233. 
Jacobsthal 430. 

Jacoby 670. 

Jäger 431. 

Jaeger. W. 717. 

Jaffö, K. 79. 95. 120. 
v. Jagic, N. 466. 
v. Jaksch 261. 660. 673. 
v. Jaksch, R. 12. 

James, W. 535. 
Jankowski, J. 188. 
Janssen, P. 194. 

Jaquet, J. 282. 

Jaquet. M. 55. 69. 
Jaschke 587. 

Jehle, L. 181. 194. 
Jenckel 689. 

Jenckel, A. 419. 434. 
Jensen, P. 405. 419. 
Jenssen, Fr. 356. 
Jerusalem, M. 217. 
Jesionek 17. 

Jessen 261. 

Jessen, F. 438. 

Jessner 193. 254. 361. 631. 
Jetei, F. 223. 

Joachim, A. 321. 
Joachim, G. 13. 15. 183. 
Joachimsthal 588. 
Jochmann 35. 260. 299.. 
300. 

Jochmann, G. 74. 139. 
Johansen, J. C. 165. 
John, M. 61. 

Johnsen 119. 

Jolly 163. 177. 

Jolly, R. 76. 491. 
Jonnescu, Th. 103. 
Joseph 629. 

Joseph, K. 241. 
Josephsohn 58. 

Juba, A. 492. 

Jüngst 703. 











vr au, 
fein 629. 
fl. 

B. 6611. 

B. 654. 

’3. 287. 

104. 

S. 118. 

O. 498. 
F. 83. 


i>2. 


6. 

24. 



iv fii U,' U't , . 

Kurz. E. 

Kiisel 447. ’ vT.- - 

r. Kuester 127, 137- ! 

Ivüstei 431. 714. 

Küster, E. 1,161. 

Küster. II. 546. 

Köstnc.r 38. 

Köttner 249. 287. 331. 
Kiittner, B. 202. 235. 326. 
Rüffler, 0. 689. 
Kühlgmanü 695. 

Kuhn 66. 249. 304. 317. 

373. 430. 431. 
lvuhn, F. 615. 

Kuhn, Ph. 52. 

Kuniroatsu Talteda. 597. 
653. 

Kummer. E, 535. 

Kornau 111. 

Kupelwieser, K. 660. 
Kurelia 673. 

Kurz, E. 703. 

Kurz, K. 375. 

Kühner, R, 563. 

Kuttner 245. 656. 
Kuttner, L. 192. 548. 619. 
Kntu'her, K. H. 468. 
Kuzmik 66. 





Pa ppenhenn 31 
Porta veneh in. 1 
Partsch 20. 5f 
Pa sch en 277. 
Passet 717. 
Passow 138, 
Patella, V. : 
Patrizi, M. » 
Patsehkow 
Pa ul 5 *. L. 

Pa irm-z. 5 
Pa w low 
Payue. 

Payr 2' 

Payr. 


..-.enaner 287. 

Heumahn 417. 085. 
Neütaanu, H . 100. 123. 
Heu mann; R. O. 181. 
Neumark, K. B65. 
Neiimayer. L. 50. 

Hetrsta tter 125. 
Newburgh, L. II. 468. 
Nicolai 149. 220. 332. 
Nicolas 13 56. 

Nieivans 499. 

Niem an n 342. 343. 
v. Niessi-Mayendoi’f 411. 
Nightirigale. Fl. 492. 
Nikolaysen.. 4. 42. 
Nitzelnadel. E. 577. 
Noeht 167. 

Noeggerath 139. 222. 328. 

369. 643. 645. 
Noeggerath- C. T. 109. 
Noe-sske 300. 329. 
Noesske. II. 62. 

Noetzel 301. 449. 

Noetzel. W. 703. 

Nölten ins. B. 339. 

Nonne 167. 

Nonne, M. 613. 
v. Noorcleri 152. 262, Bf 
375. 433. 474. ,548./ 
631. 673. 

v. Noorden, C. 310/ 


■ ezewski W. 286. 

vawRz 303. 316. 


Morgenroth 626. 

Morian 418. 

' • Morn 109. 139. 644. 

Morn, E. 672. 

Morpurgo 97. 

Morris, M. 376. 

06. Moser, E. 117. 

449. Moskowiez 261. 

Mosko\riez. L. 570. 

Messe 50.■ 04. 147. 160. 
430. 472. 574. 

i. Mosso. A. 389. 674. 689. 

Moszkowicz. L. 297. 
Moynier, G. 507. 

217. MüMeas, P. 694. 

A. Mühsam 35. 206. 331. 626. 

Mühsam, II. 385. 

*S Mühsam, B. 427. 

r. Müller 587. 713. 

Müller 164. 191. 288. 291. 

301. 302. 330. 345. 575. 
Müller. A. 17. 288. 546. 
713. 

Müller, Chr. 487, 667. ' 
Müller, E. 59. 77. 78 . 79. 

105, 351. 643. 645, 
Müller, P. 314. 346. 
Müller. Fr. 139. 303. 

- Mülle., G. 381. 530. 
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MiMler, J. 224. 249, 




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* •OHBir’al ftfl’rn r T. 

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XXVII 


Eisei 644. 

Ri sei, H. 513. 

Rissling, P. 365. 

Ritchie 395. 

Ritoök, S. 477. 

Ritter 248, 329. 417. 722. 
Ritter, H. 705. 
Robitschek, M. 460. 
la Roche, H. 289. 
Rockefeiler 153. % 

Rodenwaldt E. 114. 
Roemer, H. 139. 

Römer 317. 430. 431. 673. 
Römer, P. H. 59. 241. 
v. Röntgen 633. 

Roepke 223. 302. 423. 
Roepke, F. 535. 

Roepke, W. 389. 426. 598. 
Rösler, K. 499. 

Rössle, R. 471. 
Roethlisberger, P. 241. 
Rohardt 478. 

Rolide. E. 660. 

Robleder. 63. 96. 
v. Rohr, M. 573. 

Roith, O. 27. 

Rolly, Fr. 352. 
y. Romberg 22. 260. 261. 
Rommeler 365. 

Rona, S. 139. 

Rose, C. 2. 

Rosenbach, F. 598. 
Rosenbach, F. J. 567. 
Rosenberg 67. 
Rosenberg, L. 346. 
Rosenberger 346. 
Rosenberger, F. 354. 
Rosenblat, St. 89. 
Rosenfeld 50. 51. 288. 
Rosenfeld, E. 313. 
Ro'Senfeld, F. 200. 
Rosenhauch. E. 708. 
Rosenheim 430. 656. 
Rosenhe.'m, Th. 505. 
~~Lus>-vArnTi7 233. 


Schloffer 24. 273. 696. 
Schloffer, II. 435. 
Schlomer 520. 

Schloss 643. 

Schloss, E. 78. 
Schlossmann 82. 84. 122. 
123. 139. 191. 206. 207. 
260. 

Schlossmann, A. 350. 
Schlüter, II. 447. 
Schmaltz 237. 

Schmid.'J. 632. 
Sclunidlechner 66. 
Schmidt 258. 422. 
Schmidt, A. 288. 303. 
Schmidt, II. 31. 296. 339. 
693. 

Schmidt, H. E. 130. 
Schmidt, P. 32. 

Schmidt, R. 668. 
Schmidt-Rimpler 659. 
Schmiedeberg. O. 506. 
Schmidtmann 97. 110. 

194. 237. 

Schmilicke 207. 208. 345. 
449. 

Schmincke. A. 346. 701. 
Schmiz 583. 

Schmuckert 201. 
Schnaudigel 390. 

Schnee 54. 713. 

Schnee. A. 323. 440. 484. 
Schneider 69. 471. 
Schneider, P. 679. 
Schneider, R. 97. 
Schnitter 386. 

Schnitzler 51. 287. 
Schnitzler, J. 297. 
Schober, H. 209. 
Schoemaker 249. 331. 
v. Schoen 180. 
Schönborn. S. 389. 
v. Schönborn-Wiesent- 
heid 74. 

Schönbrod 647. 
Schöndorff 209. 

Schöne 330. 406. 422. 
Schöne, Ch. 74. 
Schoeneraann 432. 
SiAönheimer 685. 

•fr S^.herfsA5ü?‘~ 


Raether, M. 283. 
Ramacci, A. 100. 

Ramon y Cajal 633. 
Ramsauer, C. 484. 
Ramsay, W. 620. 
Ranschburg, P. 13. 
Rapmund, E. 200. 
Raschkow 654. 

Ratner 304. 318. 
Ratzeburg, II. 281. 
Raubitschek, H. 408. 578. 
Rauchfass 643. 
Rautenberg 25. 26. 713. 
Rautenberg, E. 13. 660. 
Raymond, F. 578. 

Read, J. St. 473. 
y. Recklinghausen 69. 

319. 419. 629. 
v. Recklinghausen. F. D. 
506. 

Redlich, E. 90. 

Redlich, W. 504. 
Reenstjerna, J. 379. 
Reger, M. 605. 

Rehfisch 134. 148. 

Reim 167. 224. 287. 315. 
Rehn, E. 62. 588. 

Rehn jun. 301. 

Reich 435. 

Reich, A. 546. 

Reich, J. 573. 

Reichardt 346. 

Reiche, A. 79. 

Reiche, F. 60. 

Reichel 331 642. 

Reichel. H. 578. 
Reichenbach 189. 416. 

. 431. 

^Reicher 192. 272. 304. 
^30. 721. 

\K. 10 22. 25. 26. 
^2. 95. 272. 288. 


Schwalbe, J. 401. 
Schwann 717. 

Schwartz, W. 621. 
Schwartze 464. 
Schwartze, II. 506. 659. 
Schwarz 675. 

Schwarz, E. 17. 326. 
Schwarz, G. 117. 502. 
Schwarz, K. 199. 
Schweitzer. A. 304. 
Schwenkenbecher, A. 102. 
Schwetzinger 301. 
Schwiening 27. 

Scipiades 80. 

Scipiades, E. 477. 
Scripture, E. W. 74. 
Segel, J. 410. 

Segond 51. 

Sehlbach 222. 

Seidel 273. 301. 

Seidell, A. 471. 

Seifert 17. 672. 

Seitz 139. 

Seitz, L. 153. 246. 
Selander 600. 

Selbiger 502. 

Selig 207. 345. 

Seligmann 431. 

Seilei, J. 652. 

Sellheim 56. 95. 96. 80. 
108. 163. 191. 235. 247. 
575. 

Selter 178. 206. 430, 431. 

645. 672. 

Selter, H. 571. 

Semon, M. 599. 

Senator 50. 63. 76. 119. 
133. 146. 147. 160. 176. 

180. 205. 233. 244. 259. 

276. 286. 313. 319. 359. 

369. 414. 429. 430. 446. 

461. 472. 656. 698. 

Senator, H. 449. 633. 660. 
709. 

Senator, M. 284. 396. 
Sewa^tianoff 514. 

Sick, P. 269. 

Sichelt 178. 384. 
Siebenmann 262. 417. 
Siebert 360. 

Sichert, K. 263. — 

Siebke 411. 

Siebold, W. 377. 

Siefaxt 69. 137. 

''Siegel, E. 376.^ 

Sieger t 123. 139A3t7r-.. 
iegfried, M. 464. ; 

: eginund, A. 120. 197. 


Saalfeld 385. 626. 629. 
Saalfeld. E. 356. 428. 
v. Saar 248. 

Saathoff 5. 

Saathoff, L. 283. 
Sacconaghi, G. L. 532. 
Sacharjin 320. 

Sachs 250. 416. 

Sachs, J. 193. 

Sack, P. 521. 

Sadger, J. 115. 332. 
Sahli 260. 

Sahli, II. 456. 

Salinger, J. F. 131. 

Salmon 508. 629. 

Salomon 176. 

Salomon, O. 638. 
Salomonsen 633. 
Salomonsen, O. J. 548. 
Salomonsohn, A. 98. 
Salus, R. 429. 444. 632. 
Salzberger, L. 241. 
Salzer, F. 56. 

Salzwedel 259. 548. 
Sambon 320. 

Samson, K. 491. 

Samter 588. 

v. d. Sande, G. A. J. 84. 
Sandelowsky 515. 
Sarason, D. 152. 262. 375. 

433. 474. 548. 631. 
v. Sarbo, A. 144. 
Sauerbruch 247. 249. 591. 
Saul 64. 65. 

Savels, A. 639. 

Savill, Th. D. 84. 

Saxl, P. 288. 

Schaack 588. 

Schabad, J. A. 171. 
Schack, W. 696. 
Schaefer, H. 31. 

Schäfer, P. 441. 
Schaeffer-Stukkert 70. 
Schall 675. 

Schall. H. 547. 

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