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Full text of "Ueber die Wehrwölfe und Thierverwandlungen im Mittelalter: Ein Beitrag zur ..."

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250 



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Ueber die 



WebrwOIfe »od Thterverwandlungen 



im 



Mittelalter. 



Ein 



Beitrag zur Gesdiichte der Psychologie 



▼on 



PriTatdecenten ond praktisehem Arste in Berlin. 






Berlin. 

Druck und Verlag von G. Reimer. 

1850. 



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D.' • . ' ' . , '•.■'. • • ' . ' 

ie Beschäftigung mit Lykanthropie führte mich vor 

längerer Zeit zu dem Werke von Calmeil {de la folie etc.) ; 

eine Bearbettung desselben ist vor zwei Jahren ieröffent- 

licht worden. (Der Wahnsinn m den vier letzten Jahrhunderten. 

Halle 1848). Die folgenden Zeilen sollten ursprünglich 

unmktelbar nach jener gröfseren Arbeit erscheinen; sie 

stehen mit ihr anf demselben Orund und Boden. Ich 

gebe sie jetzt als monographischen Versuch und habe 

« 

auch die früher schon mitgetheilten Fälle der Vollstän- 
digkeit wegen hier einfiigen müssen; nur zwei indefs, die 
Schilderung aus Boguet's Discours des sarciers und den 
Prozefe von Garnier verdanke ich Calmeil; alle übrigen 
sind mir aus den Quellen selbst bekannt geworden. 

Möge man die Arbeit als einen kleinen Beitrag zur 
Geschichte der Psychologie nicht zurückweisen. Zwar 
ist es eine zertrümmerte Zeit, auf welche ich die Blicke 



IT 

ZU richten versuche, oimI em gespenstischer Gegrastand, 
deq ich in die lebendige Wirklichkeit* hineinftihre. Aber 
es ziemt dem Naturforscher, auch diese grauenvollen 
Nachtseiten der menschlichen Natur anzuschauen und zu 
durchwandern ; und die thierische Gier des Lykanthropen 
geh<)rt ebensogut zu dem vollen BQde des Menschen wie 
die aus einer begeisterten Stimmung hervorbrechende 
Hallucination eines Dichters. Auch die Sagen und My- 
then der Völker ,kal9(eiv:gTi)rst^ti)eil9 einen physiologi- 
schen Grund und Zusammenhang. Aber die Kräfte und 
Kenntnisse von Medicinem altein dürften^ wie ich wohl 
fühle, schwerlich hinreichen, diesen grofsen und weiten 
Gedanken zu bewältigen und zur lebendigen Ausc)i3Ciun^ 
zu bringen. 

Ende December 1849*. 

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I. Die . Wehnvolfssuclit (Lykanthropie). 

Historische Anfi[aben. 



Arie Wahnvorstellung, dafs sich Menschen in Thiere ver- 
wandeln könnten {insania zoanihropica), die zuweilen noch 
in unsern heutigen Irrenhäusehi auftaucht, läfst sich bis ins 
Alterlhum zurückverfolgen. Weil die Verwandlung vorzugs- 
weise in Wölfe und Hunde geschehen sollte, so erhielt die 
Krankheit den Namen Lykanthropie und Kynanlhropie 
{Xvyiav^qmnid u. xvvav&QCünia), Nach einem Fragment des Mar- 
cellus Sidetes (negi kvxav&Qconov) sollten die von diesem Wahn- 
sinn Befallenen, besonders bei der Annäherung des Frühlings, 
im Februar den Trieb in sich empfinden, es den Wölfen und 
Hunden gleich zu thun, und sich die Nacht über in einsamen 
Begräbnii'splätzen aufzuhalten. 

Die..äUeste Thierverwandlung, der überhaupt im AUerthum 
Erwähnung geschieht, ist die eines Königs von Arcadien Ly** 
caon, der von Jupiter w^gen seiner Verbrechen (er soll 
ihm bei einem Mahle Menschenfleisch vorgesetzt haben, um zu 
prüfen, ob der Gast wirkHch ein Gott sei) in einen Wolf ver- 
wandelt wurde ^). Die Lykanthropie schlägt im AUerthum 



Aelteste Spuren der Wolfswnth in der griech. Mythologie Ton 
Boettiger in Sprengel, Beiträge zar Gedchichte der Medicin 1 Bd. 2. 1795. 

1 



ihren Sitz hauptsächlich in Arkadien auf. Plinius ') erzählt 
aus dem Evanthes, dafs an dem Tag des Jupiter Lycaeus aus 
dem Geschlecht des Anthus Einer durch das Loos auservvählt 
werde. Diesen führt man an einen arkadischen See, er mufs 
seine Kleider an einen Baum hängen und den See durch- 
schwimmen, dessen Wasser ihn in einen Wolf verwandelt. 
Erst nach neun Jahren darf er, wenn er innerhalb der Zeit 
kein Menschenfleisch gegessen, durch den Se^ wieder zurück»- 
schwimmen, und erhält seine menschHche Gestalt wieder-; ist 
aber natürlich Um neun Jahre älter geworden. Nach Agriopas 
soll Demaenetus aus Parrhasia bei einem Opfer, bei dem die 
Arkadier dem Jupiter Lycaeus Menschenfleisch darbrachten, 
von dem Fleisch eines geopferten Knaben gegessen und sich 
in einen Wolf verwandelt haben, durfte nach zehn Jahren aber 
seine menschliche Gestalt wieder annehmen und *wur<le noch 
Sieger in einem olympischen Faustkampf. Boettiger glaubt den 
Ursprung dieser abergläubischen Vorstellung aus der Beschaf- 
fenheit des Landes herleiten zu dürfen. Ein rohes Hirten- und 
Jäger volk, wie es die alten Pelasger in Arkadien waren, un- 
ter einem rauhen Klima, mit kindischen Religionsbegriffen, die 
mit Vorstellungen von Zaubermitteln und Hexerei vielfach 
durchwebt waren, müfste für eine Art des Wahnsinns, wie die 
Lykanlhropie besonders empfänglich sein. Wölfe beunruhig- 
ten ihre Heerden, es lag nahe, dafs siq die Vorstellung von 
Thiepen, die ihrer Einbildung am schrecklichsten vorschweb- 



Friedreich Versirch einer Literargeschichte, — Wir erinnern an die l^e- 
kannten Yerse in Ovid Metamorph. 1: • 

Frustra loqui conntus: ab ipso 

Colligit OS rahiem soHlAeque atpidine caedis 

Utitur in pecudes et nunc quidem sanguine gaudet, 

Ifi viUos ahcunt vestcs: in crura Jttcerti, 

Pit Infus el.veteris servat tesUgin formae, 

Caniiies eadem est: endem violentia vuUus: 

Idem ocuU lucentf eadem feritatis imago. 

Hut. naU Hl. VUl, cap. %%. 



ien, in ihren Wahnsinn hineinzogen.' Die Unglücklichen, die 
von diesem Wahnsinn ergriffen wai^n, konnten nach der Vor- 
stellong des Älterthums nicht anders von diesen! Zorn der Göt* 
ter befreit werden, als durch Sühnopfer; Man gab also den 
in Arkadien einheimischen Nationalgottheiteh, Zeus und Pati 
eine besondere dahin zielende Benennung, man nannte sie 
^vxai^vg und opferte ihnen> ah das wirksamste Sühneopfer, 
einen unschuld^en Knaben. Ais den Stifter dieser Sühnungs- 
feier nannte 'man den Lykaon, den man sidh später, als man 
die Menschenopfer immer mehr verabscheuen lernle, als ab- 
schreckendes Beispiel selbst in einen Wolf verwandelt dachte, 
(cf. Boettigerl. a)*) Wir kennen aus dem Alterlhum ak ana- 
loge Erscheinungen, die Boanthropie (Verwandlung in Kühe) 
der argivischen Frauen, die -d'tjXeia vovaog derScythen, die in 
Weiber verwandelt zu sein glaubten, die Krankheit des Nebu» 
kadnezar *) etc. 

Ich verweise in Bezug auf das Weitere über die Sagen des 
Alterlhums auf die genannten Abhaftdiungen; mir scheinen die 
Untersuchungen über den Ursprung vielmehr der Philologie 
al» der Geschichte der Psychologie luid der Medicin anheim 
zu fallen. Die Aussagen bestehen viel zu sehr in einzelnen 
Andeutungen der alten Schriftsteller; die Schilderungen der 
krankhaften Erscheinungen sind viel zu sehr schematisch zu- 
sammen gefafst, so dafs man gezwungen wird, mehr nach Ana- 
logie der später bestimmt abgegrenzten Fälle die mögliche Ent- 
wickelung der Krankheit im Individuum zu construiren. Die 
Araber besehreiben die Krankheit ebenfalls, so Ayieenna, Ebn 



*) Ebenso findet sich die Erklärung in Bodin (De 1a demonomanie 
deg sorcierSy Lyon MliXCVlll) p. 224; Les' premiers quon voit avoir 
chnvfd^ ds f9rme iH Utnp, mangenient la cknir humaine en sacrifiant h 
Jupiter, qui s^appelhU pour nette cati$e Lycaeua^' 

Quttut h ceux, qui ehanffent en Ane», cefn leur advient, pour avoir 
vohIu srtvoir tcs secreis detesttihles des eorciers, 

*) Friedreich, loc, dt, dann Friedreich. Zur Bibel etc. 1848. 
Bd. 1, S« 308 sq. 

1* 



\ 



Siha. In gröfserer Ausdehnung, in einzelnen Gegenden, in fast 
epid^mi3cher Verbreitung tritt sie uns im Mittelalter entgegen* 
Wie das ganze Mittelalter erfüllt war von dem Glauben an 
t)ämonen, an die persönliche Einwirkung des Teufels, so tritt 
auch die Lykanthropie als eng verbunden mit der Dämonoma* 
nie auf; sie erscheint zwar auch als selbst$tändige Krankheit; 
es scheint bald von Anfang an, der Wahn sich blos auf die 
Verwandlung in einen Wolf zu richten, aber ^ann findet sie 
sich, wenn ich mich so ausdrücken darf, als. eine blofse Varie- 
tät der Dämonomanie überhaupt. 

Wir werden die einzelnen Fälle in fortwährender Bezie- 
hung mit dämenomanischen Vorstellungen behandeln müssen,, 
und namentlich bei den Erklärungen der einzelnen Schriitstel* 
1er, selbst aufgeklärter Aerzte, welche die Wolfsver Wandlung 
schon als eine reine Krankheit auffassen, den ungeheuren Ein- 
flufs von dem Glauben an die unmittelbare Einwirkung des 
Teufels kennen lernen. 

Der deutsche Name für Lykanthröp, Wehrwolf auch 
3ärwolf scheint aus dem französischen lonp^garou übertra-' 
gen zu sein, das Francois Phoebus, ein Graf von Foix in einem 
Buche über die Jagd erklärt, es komme von gardez^vous (über 
die Etymologie cf. Jacob Grimm, Mythologie 1844 S. 1048). — 
Auffallend ist bei dem Ueberblick über die Fälle der Lykan- 
thropie ihre weite Verbreitung. Sie kommt in Frankreich, in 
Deutschland, im Norden und Süden Europas vor, und ähnliche 
Sagen von Verwandlung einer ganzen Menschenklasse in Hyä- 
nen sind in Abyssinien heimisch. Die Gemeinsamkeit einer 
Sage unter verschiedenen Himmelsstrichen, bei verschiedenen 
Völkern deutet auf ein gemeinsames menschliches Gesetz, auf 
ihre Entstehung aus denselben Grundzuständen des menschli-* 
eben Organismus. Dieser Hinblick giebt uns eine Art Berech- 
tigung, der Verbreitung der Sage nachzuspüren. 

Der Norden Europas ist besonder^ reich an Vorstellungen 
von Gespenstern , von Thierverwandlungen. Es ist . eine weit , 
verbreitete Furcht, dafs die Todten aus ihnen Gräbern aufst^i^ 



geh, und den Lebendigen einen Schaden zufügen, woran sich 
die VorsteUung des Vampirismus knüpft, der im Mittelalter an 
vielen Orten, im Anfange des vorigen Jahrhunderts in Ungarn, 
Serbien um sich gegriffen hatte (cf. Leloyer, Des specires t, IL, 
ferner Dom Calmet, Traiie sur les apparitions^ des espriis i. II. 
Von dem letzteren ist die Lykanthropie nur beiläufig behan- 
delt) *). In Hybernien, Schottland und WaUis ging die Sage, 
dafs die alten Weiber in Hasen verwandelt werden, um als 
solche Milch iü saugen. — Von Frotho dem Dänenkönig wird 
erzählt, dafs er ausgezogen sei, um die Wohnung einer Zau* 
berin zu erobern. Da habe sich diese zuerst in ein Pferd ver- 
wandelt, dann bei Frothos Annäherung in eine Meerkuh, und 
ihre Kinder wurden zu Kälbern. Als der König aus dem Wa- 
gen stieg, stiefs sie ihn mit ihrem Home todt. Die Soldaten 
tödteten sie und die Kälber und sahen nun erst, dafs sie 
menschliche Körper mit Thierköpfen waren *). Olaus Magfhus •) 
erzählt, dafs in Preufsen, Livonien und Litthauen um Weih- 
nachten in der Nacht an einem bestimmten Orte Viele zu- 
flamnlen kämen, und dort in Wölfe verwandelt würden, dann 
in derselben Nacht mit der gröfsten Wildheit auf Thiere und 
Menschen losbrächen, in die Häuser hineinstürzten, Geräth^ 
sdhaften fortschleppten und Bier {austränken^}. Zwischen 
Litthauen, Livonien und Kurland soll sich die Mauer eines al- 
len Kastells befinden, wo jährlich mehre Tausende zusammen- 
kommen, und Jeder seine Geschicklichkeit im Springen erpro- 
ben mufs. Wer nicht springen kann, wird mit* Geifseln ge- 
schlagen. Die Wolfsverwandlung geschieht nach Olaus Zeug- 



^) Ich habe die darüber sprechenden Thatsachen zusammengestellt 
in: Der Wahnsinn etc. p. 270 ff. 

') Bei Schottas, Physica curiosa etc. HerhipoU MDCLXil cnp. XXVI 
Bach Cranaias, hisL ifaniae Hb, I, eap. XXXiL 

^) Olaus Magnus hUioria de genitbus septentrionnlibus etc, Romfte 
MDLV Hb, 18 cap, 45. 

^) Darin liegt Tielleicht .eine Andeutung ^er Sage Ton den Haus-* 
geiatern oder Kobolden (franz. lutins und foUets), 



nifs. dadurch, dafs mit bestimaitep Besct^wÖrupgsformeln du 
Becher ausgetrunken wii*d. — Cap. 47.« erzählt Olaus: Ein 
Edelmann machte eine Reise durch einen groisen Wald, in 
seinem Gefolge waren einige Bauern? die der Räuberei kundig. 
Sie fanden kein Haus in dem sie übernachten konnten,, und 
der Hunger quälte sie. Da machte einer der. Diener deij Vor- 
schlag, er wolle,. wenn sich Alle nur ruhig verhielten bei Al-r 
lern, was sich immer ereignete, ihn^n.ein Lpmm.vo^ einer in 
der Ferne weidenden Schafheerdc zur Speise zuführen. Dar^- 
auf zog er sich in d<is Dickicht des Waldes zurück, und verwand 
delte seine menschliche Form in eine Wolfsg^stalt^ stürat $ich 
auf die Heerde und bringt noch als Wolf ein Lamr^ ,zu seine» 
GeHihrter), die das Geschenk freudig in Empfang nahmen. 
Dann kehrte er aus dem Walde wieder als Mensch zurücL 

. « « « , - 

In Livonien ereignete es sich vor einigen Jahren, dafs die 
Gattb eines Edelmanns gegen einen ihrer . Skia ven den Zwei-n 
fei ausspracli, die Verwiindlung von Menschen, in Wölfe se;i 
doch nicht möghch. Jener aber .verspricht ihr, er wolle, so- 
bald sich nur eine passende Gelegenheit darböte, den Beweis 
liefern, geht darauf allein in sein Zimnoer, und bald läuft eia 
Wolf über das Feld hin. Hunde verfolgen ihn ,und reifsen ihoi 
trotz seiner hartnäckigen Yerthejdigung. ein Auge aus. ^ Am 
andern Tage erscheint der. Sklave einäugig vor ßeiaer Her- 
rin. Nach Majolus {dien canicuL iom*.2 colloq. 3) berichtet 
Schottus (loc. cit. p^ 121) ') von den Neuren, pwrs Livoniensnmß 
in exirema ora reglonis pr.oxime Roxolanos, qui vocanlur 
veier^ nomine Nervii^): Um dip, Weihnachtszeit geht 
ein Knabe umher, auf einem Fufse lahm, der die Anhänger 
des Teufels, deren Zahl eine ungeheure ist,,zusaminenfuft und 



^) Ausführlich ist ;die6elbc G«scliichte mitgetheilt ^on Caspar 
P«eiiceruB commentarius de f^aecipms diviualiomun . güneritMS etc. 
MDXCI, p. 169. 

') Es ist wahrscheinlich, dafs es dieselben: Volkenschaften «ind« Yon 
denen schon Herodot erzählt. 



ratn Folgen auffordert. Wer fturüekbleitt oder zögernd mit^ 
geht, "wird von einem andern Manne niit einer eisernen 6ei« 
fsei zum rascheii Fortschreiten Angetrieben^ deren blutige Spu- 
ren noch lange nachher sichtbar sein sollen. Diejenigen, 
welche folgen, verheren bald ihre menschliche Gestalt und 
scheinen ssu Wölfen zu werden. Es kommen einige Tausende 
zusammeQ. Voran geht der Führer mit der eisernen Geifsel^ 
dann folgt die Schaar derer, welche in ihrer Einbildung 
sich überreden, von einer Wolfsgestalt umgeben zu 
sein. Mit ihren Zähnen stürzen sie auf die Viehheerden und 
zerfleischen sie, aber Menschen anzufallen oder zu verletzen,- 
ist ihnen nicht gestattet. Wenn sie an Flüsse kommen, so 
spaltet der Führer mit einem Schlage der Geifsel das Wasser, 
so dab es aus einander zu treten scheint, und ein trockener 
Pfad zum Durchgehen sichtbar wird. Nach zwölf Tagen 
verschwindet der Haufe; Jeder nimmt seine menschliche Form 
wieder an und kehrt nach Hause zurück (MajoU epise* VuU 
iuroni^isis dier. eanicuh etc. Helenopvli MDCXll). — 

In einer Dissertion von Müller ^) wird (nach Cluverkis 
und Dannhaverus Acaiem. homilet. p» II) aus Moscovien von 
einem gewissen Albertus Pericofcius mitgetheilt, dafis er seine 
Unterthonen auf die grausamste Weise gequält, auch ihnen ihr 
Vieh geraubt habe. Als er in einer Nacht von seinem Hause 
entfernt ist, gebt die ganze, auf unrechtmäfsige Weise erwor'» 
bene Heerde, plötzlich zu Grunde. Als man ihm das Unglück 
bei seiner Rückkehr anzeigt, bricht der Ruchlose in die sehänd- 
liebsten Verwünschungen gegen Gott aus: „Wer es getödtet 
hat, mag es auch fressen; wenn Du willst, magst Du auch 
mich verzehren." Bei diesen scheufslichen Verwünschungen 
gegen Gott fielen Blutstropfen auf die Erde, und in einen ab-^ 
scheuKchen Hund verwandelt, stürzte er sich heulend auf das 
todte Vieh pnd fing an von ihm zu fressen und frifst vielleicht 



^y De Avxavd^^fnia sen IrtMsmuiaiione AomlfitMii in lwpo9, Lip'^ 
siae 1673. 



8t 

noch heute davon {äc forsan hodieque paseitur), Seioa 
schwangere Frau fitarb aus Schreck über dieses götütehe 
Strafgericht. -Es sollten für diese Begebenheit nicht blos Oh- 
ren- sondern auch Augenzeugen existirt haben. • (Non ab 
auriiU iantnmy scd ei occtdaiia accepi, qupd narro). Ver-« 
anlassung zu der ganzen Abhandlung war, wie in der Euilei-' 
tung mitgetheilt wird, ein vor Kurzem vorgekommener,^ dem 
vorigen ganz ähnlicher Fall. Ein Edler in« der Nähe 'von Prag 
hatte ebenfalls seine Unlerthanen grausam mit <einer Menge 
von Abgaben gequält und ihnen sobald sie nicht J)ezahlen' 
konnten, sogar auch ihr Vieh wegnehmen lassen. . Einer arr^ 
men Wittwe mit fünf Kindern nahm er,- taub gegen ihre fle« 
hetitlichen Bitten, ihre letzte Kuh; als Strafe fallen alle seine 
Kühe, während die der Wittwe ganz unversehrt bleibt* Er 
slöfst Lästerungen gegen Gott aus und wird dafür in einen 
Hund verwandelt. Der menschliche Kopf bleibt aber. — Einem 
Herzoge von Preufsen wurde nach d^r Erzählung von Mf^olus 
(loc, cit.) ein Gefangener von den Bauern zugeführt, weil er 
das Vieh zerfleischt hatte. Es war ein mißgestalteter Mensch, 
er hatte V/unden im Gesichte, welche er zur Zeit, als er 
VVolf war, durch Bisse von Hunden empfangen haben wollte. 
Er gestand, dafs er jährlich zweimal sieh in einen Wolf zu ' 
verwandeln pflege, das eine Mal um. die Zeit des Weihnachts* 
festes, dann um die Zeit des. Festes de3 Johannes des. 
Täufers. -Es machte ihm sehr viel Unruhe und Be- 
schwerde, wenn die Haare anfingen hervorzubrechen und 
sich seine Gestalt verwandelte. Er wurde lange Zeit im Ge- 
fängnisse behalten und genau beobachtet, ob vielleicht während 
der Zeit eine Wolfsverwandlung vorkäme/ ab^r man. wartete, 
vergebens % ;. . 



^) AbcIi Olans Magnus (/. c onp, 47) berichtet von einem Herzoge 
von Preufsen, der einen Menschen gefangen hielt, um seine Verwand- 
lung zn beobachten. Nach Olaus geschah Hie Yerwandlnng wirklich. 
Der Fall ist jedoch nipht In extenso mitgetheilt und es läfst sich des- 
halb nicht entscheiden, ob es dieselbe Geschichte sein soll. 



Ueber die Wölfe in Kurland findet sich in den Breslauer 
Sammlungen ^) eine Abhandlung von Rhanaeus (Von den be- 
rüchtigien W^brwölfen and übrigen Zauberwesen in Kurland). 
Er meint: „sie hätten, gewifs nicht blos aus Hörensagen, son«' 
d^ern aus untrüglicher Erfahrung zu viel Exempel, dafs wir 
Ton unserer Meinung nicht abgehen können: dafs der Satan 
(so wir gar nicht leugnen weilen, dafs einer sei, und in den 
Kindern des Unglaubens* seine Werke der Finsternifs habe) auf 
dreierlei Art die Lycanthropos in seinem Netze halte; 1) dafa 
sie selbst als Wölfe wirklich etwas verrichten, als ein Schaaf 
holen, das Vieh verletzen u. s. w., nicht, in einen Wolf ver* 
wandelt (so kein Litterarus in Kurland glaubt) sondern in ih- 
rem menschlichen Körper und Gliedern, doch aber in solcher 
Phantasie und Verblendung, nach welcher sie sich für Wölfe 
ansehen und von andern durch ebenmäfsige Verblendung als 
solche angesehen werden: Auch dergestalt unter . natürlichen 
ebenfalls in den Sinnen unrichtigen Wölfen laufen; 2) dafs sie 
in tiefen Schlaf und Traum, das- Vieh zu beschädigen sich be- 
dünken lassen^ indessen aber nicht von ihrer Schlafstelle kom-, 
men, sondern ihr Meister statt ihrer dasjenige vernichtet, was 
ihre Phantasie ihnen vorstellt und zueignet^ 3) dafs der leidige 
Satan natürliche Wölfe etwas zu verrichtefi antreibt und indefs 
denen schlafenden und .an ihrem Ort unbeweglich liegenden, 
sawohl im Traum, als bei ihrem Erwachen, einbildet, von ih- 
nen selbst verrichtet zu sein." 

Unter den mitgetheilten Zaubergeschichten sind drei von 
Wehrwölfen. Ein Herr kommt gerade dazu, wie ein Wolf 
^in Schaf aus seiner Heerde anfüllt und schiefst auf ihn, 
worauf sich der Wolf ins Gebüsch zurückzieht. Als der Herr 
von seiner Reise zurückkehrt, findet er das ganze Gebiet voll von 
derSage, dafs er in seinem eignen Kerl einen Wirlh, Wepster 
Mickel, am gemeldeten Tage und Tageszeit erschossen, wel* 



*) Suj}plement Hl, Cttrieuser nnd nutzbarer Anmerkungen yon Na- 
tar* sad Kanstgesohichtcn , gesammelt yon Kanold 1728. 



10 

ckes des Kerls eignes Weib, Namens Lebba, ausgebracht, auch 
beständig bejahet und zwar mit dieser Erzählung: Da ihrKert 
den Roggen besät gehabt, habe er mit den> Weibe consultiret, 
^i¥0 sid doch nun Fleisch hernehmen möchten, ehien guten 
Tag zu haben. Das Weib habe ihm gerathen, er solle sich 
j» nicht an der Herrschaft Heerde machen, weil dieselbe mit 
bösen Hunden versehen. Solcher Warnung ungeachtet, habe 
sich doch ihr Mickel an der Herrschaft Vieh gemacht, sei aber 
also empfangen, dafs er bald wieder nach HaiYse geliimpet 
und itn Zorn, dafs es ihm mifslnngen, sein eigen Pferd an 
eh)em Zaume angefallen und demselben die Gurgel ganz durch-* 
gebissen (1697). In der zweiten Erzählung (1684) hört Einer, 
als er auf einen Haufen Wölfe schiefsen will„ um ihn ausem"' 
ander zu jagen, eine Stimme aus dem Haufen : „Gevatter, Oe« 
vatter, schiefs nicht, es wird nicht gut werden." In der drit- 
ten Geschichte wird mitgetheilt: Es wurde ein Lykanthrop ver- 
haftet, und als nichts Erhebliches gegen ihn aufgebracht wer- 
den konnte, so bestellte der Richter einen von seinen Bauern 
zu ihm ins GefiingTiifs, um sich von ihm im Vertrauen dön 
Dienst zu erbitten, einem ändern Bauern, der ihn heftig belei'^ 
digt, eine Kuh zu zerreifsen, was doch ohne Verdacht zu er- 
regen, am besten in seiner Gestalt als Wolf geschehen kfhine. 
Nach anfanglicher langer Weigerung versprach es der Gefan- 
gene auf die folgende Nacht, und als er den Tag darauf we^ 
der ins Gefängnifs kam, gab ihm der Gefangene die Versiche- 
rung, dafs dies geschehen sei. Die Kuh wurde wirklich im 
Stalle zerrissen befunden, und an dem Gefangenen hatten dazu 
bestellte Wächter bemerkt, dafs er die Nacht in tiefem 
Schlafe gelegen und nur eine kleine Zeit mit dem Haupt, 
Händen und Füfsen einige Bewegungen gemacht habe. 

Eine andre, vielfach citirte Erzählung, die zuerst in Nie* 
rembergius (de mirabilibus Enropae lib.II^cap. ÄLII) vor- 
zukommen scheint (N. beruft sich indefs noch ^uf Silvestro 
Girardo) ist von einem Priester, der sich in einem Walde 
einem Feuer , nähert. Da kommt* ein Wolf . an ihn herani 



11 

spricht, ihm frei;^<}lich. sU, «r solle siel) nicht füi*chfen, und anU 
wortet ihm auf seine Frqge, wer er sei: „VVir sind aus dem 
Geschlecbte der Ossyrer, (wahrscheinlich eine litihauische Fa- 
milie), und in Rolge einer BescI^wörung mu£s zu einer he* 
stimmten Zeit, ^ein Mann und eine Frau die n>enschHche Ge- 
sUdt ablegen und Wolfsgestalt annehmen. Erst nach sieben 
Jahren dürfen wir, wenn wir so lange am Leb^n bleiben, in 
tinsre Heimaih zurückkehren und unsre frühere Gestalt wieder 
annehmen. Er erbat sich dann, dafs d^r Prrester seine kranke 
Frau, tröste und mit denä Labsal des Abendmahls erquicke» 
Der Pi^iesier enischlofs sich endlich dazu, nachdem er vorher 
gesehen, >vie der Wolf um jeden Zweifel zu entfernen, den 
Fufs w4e eine Hand brauchte, und der Wölfin die Haut vom 
Kopf b\s zum Nabel zurückschlug, wobei die Gestalt eines at- 
ten Weibes vam Vorschein kam. 

Ehe wir von. diesen nordischen Yorstelluhgen, zu den im 
mittleren Europa beobachteten Fällen übergehen, wollen wir, 
als den Endpunkt der Verbreitung der Sage im Süden, noch 
die Mittheijung aus Aby^sinien hier anreihen (nach Pe^ce). 

„Die Silber-, Gold- und Kupferarbeiter, .aitch Zimmerleute 
werden, als Personen von hohem Range, sehr geachtet Aber 
die Ei^enr und Thonarbeiter dürfen sich nicht einmal in ge-* 
w^nlicher Gesellschfift aufhalten, noch dürfen sie das Sakral 
ment als Christen empfang^en. Selbst ihre nächsten Nachbaren 
sqbrfibea ihnen das Vermögen zu, sieh in Hyänen verwan* 
^in zu können, oder in andre Thiere, und defshalb fürchtet 
£ie Jedermaijkn. Alle Convulsiopen und hysterischen Zufälle, 
die in Abyssinieji ebenso häufig, wie anderswo sind, werden 
ihrem bösep Blicke zugeschrieben. Die Amhara nennen sie» 
Buda, die Tigre, Tebbib. Es giebitauch mtihamedanlsche und 
jüdische Buda's« Woher dieser Glaube stamme, ist schwer 
anzugeben. Diese Buda's scheinen sich durch einen besondern 
goldenen Ohrring vor den übrigen Klassen auszuzeichnen, und 
Coffin jerklärt, er habe diese Art Ring oft bei Hyänen gefun- 
den, die er selbst geschossen oder mit iem Speer getödtet^ 



12 

aber wie der Ring dahia gekommen, hat Coffin auch bei der 
sorgsamsten Nachforschung nie herausbringen können. Aufser 
ihrer Fähigkeit, sich in Thiere zu verwandeln (Hyänen schei- 
nen ihnen noch die liebsten zu sein) werden ihnen noch eine 
Menge von andern Dingen zugeschrieben, und die Abyssinier 
sind so vollkommen überzeugt, dafs sie um Mitternacht ge* 
wohnlich die Gräber plündern, dafs kein Mensch wagen wird, 
in ihrem Hause getrocknetes Fleisch zu essen (tvkai is caileä 
ffuanter or dried meat) während man nicht das mindeste 
Bedenken trägt, ein frisches Mahl, wo das Thier vor den Au* 
gen des Gastes getödtet worden ist, bei ihnen einzunehmen. 
Coffin erzählt, als Augenzeuge, noch folgende Geschichte: Un* 
ter seinen Dienern hatte er einen Buda gemiethet, der an ei-^ 
Rem Abend, als es eben noch hell war, zu seinem Herrn kam, 
und ihn um Urlaub bis zum nächsten Margen bat. Er erhielt 
die Erlaubnifs und ging fort, aber kaum hatte Coffin seinen 
Kopf weggedreht, iils einer von seinen Dienern ausrief: „Sieh, 
er verwandelt sich in eine Hyäne", und nadi der Richtung 
wies, die der Buda genommen hatte. Coffin sah sich um, 
aber obwohl er nicht die Verwandlung selbst sehen konnte, 
war der junge Mann doch fort, und er sah ungefähr in einer 
Entfernung von 100 Schritt eine grofse Hyäne vorbeilaufen. 
Es war eine Ebene ohne Baum und Strauch, der die Aussicht 
hätte hemmen können. Am andern Morgen kehrt der junge 
Mann zurück, und wurde von seinen Gerährten wegen seiner 
Verwandlung geneckt, dfeereher zu gestehen, als zu leugnen 
schien, sich mit der Gewohnheit seines Standes entschuldigend^). 
.Es scheint, dafs die Buda's selbst diesen Glauben 
nähren; ihre Gewerbe sind die gewinnreichsten, und es ver-^ 
erbt sich stets von Vater auf Sohn. Vielleicht fangen sie junge 
Hyänen und legen ihnen Ohrringe an. Auch Coffin,' dem ich 



^) The life and adventures of Nathaniel Penret written hy 
himself durlng a residence in Abyssinia from 1810 — 19 edited bp Hall$ 
London 1831 f. \, p. 287. 



13 

(Halls) diese Ansipht miUheiUey hielt sie nicht für unwahr- 
scheinlieh. Bei d^i einzelnen angegebenen Fällen ist nicht die 
Zeit, in denen sie beobachtet worden, angeführt« Soweit Pcarce*, 

Guilelmns Brßhaniimis (bei Wier, bei Förestus) berich-* 
tet, daifs ein ganz verständiger Mann, durch die Kunst des 
Teufels, so verführt worden sei, dafs er zu manchen Zeiten 
des Jahres sich für einen reifsenden Wolf gehallen habe, dafs 
er sinnlos (amens) in den Wäldern umherirrte und besonders 
kleine Knaben verfolgte, dafs er aber endlich durch die Gnade 
Gottes wieder vernünftig wurde. 

Nach Job. Fincelius (de mirabilibus Uh. XI) versicherte 
1541 ein Bau^r aus Pavia, er sei ein Wolf, fiel auf freiem 
Felde viele Menschen an und tödtete sie. Als man ihn nach 
vieler Mühe endlich gefangen genommen hatte, behauptete er, 
der einzige Unterschied zwischen ihm und einem wirkh'chen 
Wolfe bestände nur darin, dafs bei einem Wolfe die Haare, 
nach aufsen, bei ihm aber nach innen gekehrt seien. Um die 
Wahrheit seiner Aussage zu erproben, schnitten ihm seine un- 
inenschUchen Richter, in Wahrheit reifsende Wölfe {lupi Iru^^. 
CCS voracesque), Arm und Beine ab; er starb an dieser Ver- 
stümmelung *). 



') So warde nach der Erzählqng yon Majolas dem Pomponatius 
ein Kranker mit Lykantbropie gebracht, den man unter dem Hea ge- 
funden nnd der gerufen hatte, man &olle fliehen, weil er sonst aUe9. 
s^rfleischen würde. Die Bauern wollten ihm die Haut abziehen, um. zu. 
aehen, ob er versipelHs sei, d. h. ob die Haare nach innen gekehrt 
^eien, wie man damals glaubte. Pomponatius aber heilte ihn binnen 
Knrzem durch geeignete Arzneien (bei Schottns /. c). Das Wort, versi- 
peUis kommt, in Bezug auf die Wolfsv.erwandlungen, schon vielfach bei 
den alten Schriftstellern vor, und wird als Schimpfwort gebraucht, so 
bei Petronius> bei Luciiius und Plautus. 

Aufserdem glaubte man aber durch Verstümmelung eines Wehrwol- 
fes seien Rüekverwandtungen in menschliche Qestalt zu erzwingen. Bei 
den Waldensern (/(» pays de Vaud) war die Anaicht, dafs wenn «ii^e 
verwandelte Hexe eine Wund« empfing, sie in demselben Augenblick, 
vfQ Blut flÖfse, ihre Gestalt wieder annehmen müsse. Zusammengestellt 
sind derartige Geschichten in Bodin (/• c.J. Der königliche Geneiral- 



14 

Forestus (in dem Kapitel de eerehri tmrbis QbsertK XXV) 
berichtet aus eigner Anschauung, aus der Mitte des sechszehn- 
ten Jahrhunderts, aus Alemaar in den Niederlanden von einem 
Bauer/ der alle Frühjahre Anfälle von Wahnsinn bekam. Bald 



procurator Bourdin hatte ihm einen Procefs mitgetheilt , wo ein Wolf 
Yon einem Pfeil in den Schenkel getroifen wurde, und wo man demsel- 
ben Pfeil bei einem Manne im Bette anszo^. In Vernon, um das Jahr 
1566 Tersammeln sich die Zauberer gewöhnlich unter der Gestalt toh 
Katzen in ungeheurer Zahl. Vier oder fünf Menscben blieben eine 
Nacht dort und wurden nun yon einer Masse Katzen angefallen. Einer 
Ton Ihnen wurde getödtet, aber auch mehre Katzen bedeutend verwun- 
det. Hernach fand man mehre verwundete Frauen. Weil aber die 
Skcbe za nnwahrscheinliph, diese Weiber auf diese Inilicien hin, als. 
Hexen zn yerurtheilen^ «o liefs man die.Untersuchung fallen, gegen den 
Willen der in solchen Dingen viel mehr erfahrnen fünf Inquisitoren 
(wie es in mnJleus tnaleficarum heifst), die zur Bestätigung noch eine 
Geschichte von einem Arbeitsmann in Strafsbarg erzählen, der von drei 
Katzen angefallen wurde und diese verwundete. Man fand diese Kat- 
zen als verwundete Frauen wieder vor, die dem Richter ^Zeit und Um- 
stände der Verwundung genau angaben. Bodin thut noch einiger 
Schriftsteller Erwähnung, die ich sonst nirgend citirt finde. Pierre' 
Mamor will in seinem Iraite des sorciers in Savoyen die Verwandlung 
in Wölfe gesehen haben. Vlki-U le meusnier (Ulrich Müller?) erzählt 
in einem kleinen dem Kaiser Siegmund gewidmeten Buche von der Hin- 
richtung eines Lykanthropen in Konstanz. InNynauld (de la lycnnihro^ 
nie etc. Paris MDCXV, p. 52) wird berichtet: In einem Dörfe in der 
Schweiz {pres Lucens) wird ein Bauer in einem Gehölze von einem 
Wolfe angefallen; er vertheidigt sich und hackt dem Wolfe ein Vorrfer- 
bfin ab. Als das Blut Üiefst verwandelt sich der Wolf sogleich in ein 
Weib, dem ein Arm fehlt. Das Weib wurde verbrannt. — Als Merksei«* 
chen dafs Thlere eigentlich verwandelte Hexen seien, wird angegeben, 
dafs solche Thiere keine Schwänze hätten; wenn aber der Teafel in Gestallt 
eines Menschen erseheint, so erkennt man ihn doch an seinen Fhfsen, die 
gewöhnliche Becksfufse sind, »n seinen langen und gekrümmten Nägeln. 
Uebrigens spricht Petronius schon im Gustmahle des Trimalchio in ähn- 
licher Weise von Lykanthropie.* Niceros erzählt da, wie ein Mensch, 
der mit ihm wanderte, die Kleider auszog, ein Wolf wurde und" in ^ie 
Wälder lief. Als Niceros nach Hanse kommt, erföhrt er, dafs ein Wolf 
das Vieh angefallen, «her von einem Knechte in den Hals gestochen 
worden sei, und er findet damuf seinen Gefährten als Mensch im Bette 
wieder, wo ein Arzt seinen verwundeten Hals behandelt, cq>. 61. 



15 

ftdiweifte er auf dem K^*chhofe umher, bald lief er in die 
Kirche und war keinen Augenblick ruhig, sprang 'über die 
Bank« ^) elc. Er trug einen langen Stock in dec Hand, ver** 
ktzle aber keinen damit, sondern wehrte nur die Hunde da-« 
mit von sich ab, von deren Bissen seine Schenkel mit Ge« 
sdiwüren- bedeckt waren. Das* Gesicht -^war bleich, die Augen 
tief in ihrfe Höhlen zurückgesunken. Nach diesem Sympto- 
mencomplex erklärt F. diesen Menschen für einen Lykanthro-> 
pen. Die specifische. Wahnvorstellung, ein Wolf zu sein, 
scheint bei diesem Menschen nicht stattgefunden zu haben* 
In der Scholie zu diesem Fall berichtet F. noch von eineni 
spanischen Edelmann, der ungefähr um dieselbe Zeit, in dem 
Wahnv^eui Bär zu sein, in den Wäldern umherschweifte* 

Donatu3 von Altomare aus Neapel (de medenel. human» 
eorp^ malis Hb. cap. 9) ebenfalls aus der Mitte des sechs^ 
zehnten Jahrhunderts, hat zwei Fälle dieser Krankheit gesehen; 
er begegnete dem Einen einmal, wie er « von einer grofs^en 
Volksmasse umringt, den ^ganzen Schenkel eines Leichnams auf 
seinen . Schultern forttrug. Er wurde später geheilt, und als' 
er Donatus wieder, begegnete, so fragte er ihn, ob er sich da- 
mals niehl vor ihm gefürchtet habe. Er hatte also, was Do- 
9(itus besonders hervorheben zu müssen glaubt, das Gedacht- 
nifs über die Vorfalle seines Wahnsinns nicht verloren. 
Ausführlich endlieh sind folgende Fälle mitgetheilt:^ 
Im Jahre 1521 fand vor dem Generalinquisitor Boin, der 
für die Diöcese von Besan^on eingesetzt' war, ein Verhör von 
Peter Bourgot genannt Peter Magnus und Michael Verdünge 
atatt, di^ wegen des Verbrechens der Zauberei eingezogen wa- 
ren, im Decbr. 1521. Peter gestand:. Vor ungefähr 19 Jah- 
ren, an dem Tage eines Jahrmarkts in Poligny, halte ein hef- 
tiges Unwetter die mir anvertraute Heerde auseinander gejagt. 
Vergeblich b/emühte ich mich mit anderen Bauern, sie wieder 



Q^* wpra seamnttf ut ip$i spectavimtts y saUnhni, furore ferscituSf 
modo «Mcendendo^ modo descendendo et nunqunm in eodem loco paieiuB, 



16 

zusammen zu finden. Suchend ging ich abseits. Da kamen 
drei schwarze Reiter ; und der Letzte sagte zu mir: „Wohin 
gehst Du? Du scheinst bekümmert zu sein^\ Ich erzählte ihm 
das Unglück von meiner Heerde. Er hiefs mich guten Mu- 
thes zu sein und versprach mir, wenn ich ihm Vertrauen 
schenken wolle, so würde sein Meister in Zukunft meine Heerd« 
beschirmen, sagte mir auch zu, dafs ich die jetzi verloreniB 
Heerde binnen Kurzem wiederfinden würde und verhiefs mir 
auch Geld. Wir wollten nach vier oder fünf Tagen wieder 
a^usammentreffen. Meine Heerde fand ich bald wieder zusam- 
men, und bei der zweiten Begegnung erfuhr ich von dem 
Fremden, dafs er ein Diener des Teufels sei. leh schwor 
Gott, die heilige Jungfrau, alle Heiligeil und Bewohner des 
Paradieses ab und das Christenthum, küfste ihm darauf die 
linke Hand, die schwarz war; wie die eines Todten und eisig 
kalL Dann fielen wir auf die Knie und brachten dem Teufel 
unsre Huldigung dar. Zwei Jahre stand ich im Dienste des 
Teufels und betrat die Kirche niemals eher, als am Ende der 
Messe, oder wenigstens nach Aussprengung des Weihwassers; 
denn so halte es mein Meister gewollt, dessen Name Moyset 
ich «erst später erfuhr. Die Sorge für meine Heerde und Ab- 
wehr der Wölfe halte der Teufel ausschliefslich übernommen; 
ich brauchte mich um gar Nichts zu bekümmern. Diese Sorg- 
losigkeit niachte mich aber im Dienste des Teufels wieder läs- 
sig; ich begann wieder die Kirche fleifsiger zu besuchen, bis 
ich von Michel Verdung von Neuem zum Gehorsam gegen 
den Teufel ermahnt, unter der Bedingung ihm wieder anzuge- 
hören, versprach, wenn man mir Geld gäbe. In einem Walde, 
bei Chastel Charnon, kamen wir mit vielen andern, die ich 
aber nicht kannte, zusammen; es wurden dort Tänze aufge- 
führt; ich sah in der Hand eines Jeden eine grüne Kerze mit 
einer blauen Flamme % Wieder unter der Vorspiegelung, ich 



*) Diese grünen Kerzen kommen in der Schilderung ton mehren 
Hexensabadieh vor. 



17 

solle Geld erhallen^, hat Michel vorgeschlagen, micb Mdgiii 
madieiH- Boich out der gröDsten Schnelligkeit fortoubewegen und 
iiach4em ich mich n^ckt ausgezogen ^ rieb er ffikick mit einer 
Salbe ein; ich gfeoiubte mich sofort in einen Wolf verwandelt, 
erschrak über die vier Wolfsfüfse und über die Haare, mft 
denen ich plöttUch bedeckt war, aber mit der Sehnelligkeit des 
Waides konnte ich forteilen; diefs konnte nur mit Hülfe unsers 
mächtigoi Meisters indefs geschehen, d^r bei imsern Ausflügen 
fortwährend zugegen war, obgleich ich ihn nicht eher erblickte, 
als bis ich wieder menschliche Form angenommen hatte. Mi^ 
chael machte es ehonso; wenn wir dann ein oder eine Paar 
Stunden in dieser Metamorphose zugebracht hatten, so rieb uns 
Michael wieder ein,' und schneller, als ein Gedanke ( epinione 
cUius) hatten wir unve frühere Gestalt. Die Salbe wurde uns 
yon unsem Afeis^rn geschenkt, mir von Moyset y. dem Michael 
yoxk seinem Meister Guillemin''. 

Müdigkeit wollte Peter nach solchen Excursionen nicht 
empfunden haben, obwohl der Richter besonders darnach fragte ^). 

Als Wolf will Peter i^as eine Mal einen Knaben von sechs 
odetr sieben Jahren mit seinen Zähnen ergriffen haben^ um ihn 
zu tödten; da aber der Knabe zu heftig schrie, mufste er zu 
seinen Kleidern zurückflüchten und sich einreiben, um wieder 
Mensch zu werden. Beide zusammen wollen eine Frau ge- 
tödtet haben,, die Schoten pflüekte ; ein Herr von Chusnee, der 
dazu kam^ wurde von ihnen vergeblich angefallen. Dann ge- 
standen sie, dafs sie als Lykanthropen ein Mädchen von unge- 
fähr vier Jahren getödtet, und bis auf einen Arm ganz aufge- 
bahrt hätten ; das Fleisch hätte besonders dem Michel sehr gut 
geschmeckt Ein anderes Mädchen wollen sie erdrosselt und 



M*«0*«rta^-^»« 



*), Es war nlsilkh gewöhnlich, dafs die Angesebuldigten über ihre 
frofse Müdiifkeit nach den Hexenfahrten klagten.' In manchen Fällen 
genügte diese Müdigkeit aUein, Menschen in Aaklageznstand wegen 
Hexerei zu versetzen. Neuere Schriftsteller betrachten die Müdigkeit 
ab Beweis fär die Anwendangen yöii narkotischen Hexen salbon. 

2 



18 

ihr Blut geichlürft haben» von einer dritten alken sie blos ein 
Stück des Magens; in einem Garten hatte Peter eineni Mäd» 
ehen von neun Jahren den Hals enttwei gebrechen, obwohl 
sie ihn vergeblieh um Erbarmen angefleht' hAte. Einer Ziege 
hatte er auf dem Felde des Meisters Peter Lerogen in den 
Hals gebissen, und sie hierauf mit einem Messer getddtet 
Michael wurde mit seinen Kleidern in einen Wolf venvandeit, 
Peter aber blos, wenn er nacl^t war; er begrilF selbst nicht; 
Wo die Haare hinkämen^ wenn er wieder mensdüiehe Gestalt 
annähme. Beide versichern öfters mit Wölfinnen den 
Beischlaf vollzogen und dabei eben so viel Ver- 
gnügen, wie mit menschlichen Weibern empfunden 
zu haben. 

Bei den Einzel -Verhören stimmen Beider Aussagen nicht 
ganz mit einander überein (ef. Joannis Wieti De praegtifU» 
daemonum et incantationibus ac venejßviia Bmsih \bll Uk. 
ri, cap. XI). 

Gegen Ende des Herbstes 1573 wardm durch einen Par- 
lamentseriafs die Bauern in der Umgegend von D61e (in der 
Franoho'ComtJ) autorisirt, auf Wehrwölfe Jagd zu machen 7- 



*) Dieser Brlafs lautet wörtlich: „Sur Vavertissement fait h la Court 
souvemine du parhmenfj h D6le\ que : ^s ierritoires d^Espngny^ Salvange, 
CDUrcftnpon, et viHaiges circi^nvoisines n tioVoif et tenwonttoii 8ow»imi^ 
fui» quelques jaurse» fn un loup garoux, .comme p» 4itf Uquel nvMÜ 
dejh prins et ravi quelques petUs enfans, snns que depuis il* ayent.ete 
veus, ni reoonnus et s'estoit efforce d'^assaillir aux ckamps et offenser ou- 
cuns ehevttuchiers qui, nvec peine et grand danger ds teure pirsonnes, lui 
flVQte»! resiste; iceUe Court desirant olvier h fAus grand inc^nvinient 
u pertf^it et permet oux mnuans ^t babitmis des dictt Ueux et amtfes 4^ 
nonoliStant les edictz concernant la chnsse, eux pouvoir assembler et 
avec epieux, halhardes, piques, harquebuzes, bastons, chasser et poursuivre 
le diet loupgaroux pur tous Ueux oh Uz le pourront irouver et le pren- 
4re, Her et ocojr, sans pouvoir enoourir aucune peine et amende . . . Fait 
tm eons^ de la dicte Court le treizihne jour du mois de aepiemh^ 1573**« 
<cf. Cnlmeil vol, I, p. 279) ^ der die Mittheilang des Atonaskriptf seilwt 
Brost von Fr^yULe za danken hat. * 

Ich selbst habe diesen FaU in den Qnellta miekt anfündeii Itöanea} 



19 

]^]ge Monate später veruriheilie das Parlament von Dole 
den GiUes Garnier^ genannt den Eremiten von St. Bonnol «um 
Feuertode, weil er als Wolf^ mehrere Kinder getödtet habe. 
Die einidnen Angaben sind: Der Angeklagte habe bald nach 
dem letzten Tage des Festes des heil Michael unter der Ge* 
9talt eines Webrwolfes, ungefähr eine Viertelstunde von der 
Stadt, entfernt, in dem Orte Gorge, einem Weinberge zu 
Chastenoy gehörig, nahe bei dem Gehölze de la Serre ein klei« 
nes Mädchen von 10 oder 12 Jahren mit seinen scheinbar in 
Tatzen verwandelten Händen und seinen Zähnen getödtet, habe 
sie dann bis zu dem Gehölze geschleppt, entkleidet, das Fleisch 
von ihren Schenkeln und ^i^ni^n abgenagt und damit nicht zu- 
frieden, aucb noch seiner Frau Apolline in seine Wohnung, 
die Eremitage von ^i. Bonnot, nahe bei Amenges E)twas mit* 
gebracht — er habe acht Tage nach dem AUerheiligenfeste 
ebenfalls als Webrwolf, nahe an der Wiese de la Pouppe, auf 
dem Territorium yon Athume und Chastenoy ein anderes Mäd-^ 
chen ergriffen und ihr, mit seinen Zähnen und Händen fünf 
Wnnden beigebracht^ mit der Absicht, sie zu verzehren, wbran^ 
er indefs durch das Hinzukommen von drei Personen verhin- 
dert wurde, was er mehrmals anerkannt und eingestanden hat — * 
er habe vierzehn Tage nach dem Allerheiligenfeste gleichfalls 
als Wolf, ungefähr eine. Meile von Dole zwischen Gredisans 
und Menote ein anderes männliches Kind von ungefähr zehn 
Jähren erdrosselt und getödtet, wie die. vorigen, und von dem 
Fleische der Schenkel, Beine und des Bauches gegessen, nach- 
d^em er noch ein Bein von dem Körper gänzlich losgetrennt — 
endlich habe er am Freitag vor dem letzten Bartholomäusfeste 
einen Knaben von 12 bis 13 Jahren unter einem grofsen Birn- 
baum nahe bei demGehöbse des Dorfes Perrouze ergriffen, in 



Bodin giebt in seiner demonomanie p. 96 nur die Grandzüge des Falles 
und verweist dabei auf ausführlichere Bearbeitungen, die in Orleans 
bei'Eloy^ Gibier, in Paris bei Pierre des Hayes und in Sens erschie« 
nfA seien. - ^ r 

2* 



ao 

flas Geh8lz geschleppt, erwürgt, um 'ihn ebenso, wie «ie an- 
dern Kinder zu verzehren, was er auch gethan hätte, wenn er 
nicht durch das Herannahen von Menschen daran verhki'dcrt 
woi*den wäre. Aber das Kind war schon todt, und der Ange- 
klagte erschien als Mensch und nicht mehr als Wolf. Trotz- 
dem es aber Freitag war, würde er unfehlbar von dem Fleisch 
gegessen haben, wenn nicht Leute gekommen wären, wie er 
mehrmals gestanden hat. * ^ . 

Auf Grund der freiwillig wiederholt abgelegten Geständ- 
nisse verurtheilte ihn der Gerichtshof, zum Richtplatz geschleift 
und dort lebendig verbrannt zu werden. — 

Es fehlt in diesem Prozesse die genauere Beschreibung 
des Garnier und» eine ausführliche Angabe über die Art seiHef 
Geständnisse, woraus möglicherweise ein deutlichercs'Bild sei- 
nes geistigen Züstandes zu gewinnen gewesen wäre. 

\ Nach Bogüets Schilderung {Discours de sörciers 1603 
bis 1610) herrschte um das Jahr 1598 im Juragebirge dieLy- 
kanthropie in einer Art* epidemischer Verbreitung. Es ist na- 
mentlieh die Krankheit einer Familie für patholo^sche Auffas- 
sung der Lykanthropie besonders Avichtig, wenn man auch den 
Erzählungen der Inquisitoren, dife, um nur recht viel* Verbre- 
cher zu bekommen , die Untersuchuhgdacten oR genug ver- 
fälscht haben mögen, immer nur mit einem gewissen Mifs- 
trauen nachgehen darf. ^ ' ' 

Pertielte Gandillon lief auf aUen Vieren auf dem Felde 
ümhier, da sie sich in eine Wölfih verwandelt glaubte; sie 
fällt ein kleines Mädchen an, das mit ihrem vierjährigen Bru- 
der Früchte abpflückt. Der Knabe vertheidigt seine Schwe-, 
ster,'a1)er Pernette entreifst ihm ein Messer, weiches er in der 
Hand tragt , und bringt ihm • eine tödtliche Wunde am Halse 
bei. Pernette wurde von dem wüthenden Volke in Stücke 
zerrissen. Bald darauf wurde der Bruder von Pernette, Pierre 
GandiUon der Zauberei angeklagt. Er sollte seine Kinder zum 
Sabbat geführt^ Hagel gemacht^ nuts Inkuben und Sukkuben 
verkehrt haben etc. Der Teufel hat ihm eine Salbe gegeb^% 



21 

diireh die er eines Abends in.eineQ Hasen verwandelt wurde ^ 
giswöhnlidh verwandelt er sich aber in einen Wolf, seine Hai^i 
wupde, zu ctinem .rauhen Felle j er. stceifte durch die Felder, 
fiel Thiere, und wenn er besondern Hunger halte, auch. Men- 
sehen an. Wollte * er wieder mensehliche Gestalt annehmen, 
90 rieb .er sich die Hamt mit rbethautem .Grase ,e^n. Seiq 
Sohn Georg gesteht, dals er sich auch die Haut mit Salbe ein- 
gerieben, dab er zum Sabbat gegangen etc. Als Wolf ist er 
auf allen Vieren in den -Bergen umhergeschweift und hat zwei 
Ziegen getSdtet. In der Nacht eines grünen Donnerstags blieb 
«r wie todt drei Stunden . in seinem Bette liegen, dann ßprang^ 
er plötzlich . aus diesem Torpor auf. Seine Schwester Antoi^ 
pette gesteht, sie habe Hagel auf- die Felder fallen lassen, und 
mit dem Teufel iil Gestalt eines schwarzen Bockes den Bei« 
sehl^ Volbogenv .Alle drei wurden, yom Henker erdrosselt 
und dann verbrannt : Zu bemerken ist noch, dafs die. von 
Perneite angefaUefien Kinder aussagten> sie hätten deutlich ge^ 
t^en, dafs kein Thier^ sondern Pernette sie mit. ihren unbe- 
waffft^ten Händen asigefalleu hätte. Boguet und der Schreibe^: 
Claude Meynier . wollen den Georg und Peter im, Gefängnisse 
ganz so, wiie e» Wölfe thun, auf aUen Vieren herumlaufen gOr 
aeben haben». Auch waren sie am Gerichte» an den Armen 
und Beinen ganz zerkratzt und verwundet, namentlich Peten 
In wirkliche. Wölfe» meinen sie, hätten sie sich djefshalb nich^t 
verwanden können» weil sie keine Salbe gehabt und sie auch 
im Gefängnisse 'keine Macht gehabt hätten. 

• Thievenne Paget, die mit dem Teufel vielfach verkehrt» 
dein Beischlaf mit ihm vollzogen haben wollte, Und ^ine ge^ 
naue Beschreibung seiner Geschlechtstheile giebt, war eben- 
falls nach ihrer • Erzählung öfters in eine Wölfin verwandelt 
gewesen, hatte als solche auf ihren nächtlichen vom Teufel 
geleiteten Exkursionen in den Bergen und Schluchten Vieh und 
Kinder getödtet. Ebenso haben mit Thievenne Paget, Ciauda 
Jean. Prost, eine lahme. Frau, Clailda Jean Guillaome im Vern- 
ein mit Jean Boquet mit Hülfe einer Salbe sich in Wölfen verr 



22 

wandelt und Kinder getödtet, von denen fünf sogar nament-» 
lieh aufgeführt werden. Sie alle klagen sich auch anderweiti- 
gen Umgangs niit dein Teufel und des Besuches des Sab- 
bats an. ' 

Ebenfalls im Jahre 1598 wurde in Angers der Prozcfs 
eines Lykanthropen verhandelt {cf. Uciancre* Vincreiulii^ 
ei mecrSance du soriiUge etc. Paris MD€XXiI , p. 785 
et sequ,). Man sieht, wie ansteckend diese Vorsteliangen waren. 

Man hatte in der Nähe von Caude an einem wilden ab*- 
geiegenen Ort« den zerfleischten Leichnam eines fün&ehnjäh* 
rigen Knaben gefunden. Als man, hinzukam, flüchteten zwei 
Wölfe, die noch von dem Körper gefressen hatten. Man ver- 
folgte sie, kam von der Spur ab, fand aber in der Nähe eineq 
feltsam verwilderten Menschen mit langem Haar und Bart und 
mit blutigen Händen, mit langen Nägeln, wie mit Krallen. 
Dieser Mensch hiefs Roulet. Nach einigen Zeugenaussagen 
sollte er ebenfalls erst bei der Annäherung von Menschen von 
dem Leichnam geflüchtet sein. Er war blutarm und erbetldle 
sich mit seinem Cousin Julien und seinem Bruder Jean' sei- 
nen Unterhalt in den benachbarten Ortschaften. Als die That 
geschah, war er schon acht Tage von Hause entfernt Im 
Verhör gab er an, dafs er sieh auf seiner Reise mit seinen 
Begleitern in Wt)lfe utnwandle, mit Hülfe einer Salbe, die er 
von seinen Eltern erhalten habe. Er gestand ein, dafs er das 
Kind überfallen und zuerst durch Ersticken' getödtet;* die bei- 
den andern Wölfe seien seine Verwandten gewesen; er er- 
kannte die Kleider wieder, die er an jenem Tage angiehabt, 
den Leichnam des Kindes, gdb die Stelle an, an der die That 
geschehen, erkannte den Vater des Kindes als denjenigen, der 
auf das Geschrei desselben zuerst zur Hülfe herbeigeeilt 

Roulet zeigte sich im Gefangnisse als Idiot Bei sräier 
Gefangennehmung war sein Bauch sehr gespannt^ aufgetrieben 
und hart; im Gefängnisse trank er an dem Abend einen ganzen 
Eimer mit Wasser aus und wollte seitdem nichts mehr 2u sich 
nehmen. 



Seine Eltern waren braye Leute, und es erwies sich, dab 
aein Bruder und sein Cousin sieh an demselben Tage ttiehi an 
demselben (>rte befunden hatten. Es ist wahrscheinlich*, dals 
wirkliche Wolle jtoen Knaben zerrissen haben; hätte ihn Rou- 
let getödteft, so begreift man nicht, wie Wölfe so plötslich auf 
den Leichnam hätten losstürzen können. Roulet mag sich ia 
der Nähe befunden haben, und um seinen Hunger zu. stillen, 
da -er schön acht Tage in den Wäldern umherirrte, mag er, 
während man. die Wölfe verfolgte, sich auf den Leidmam ge*- 
stürzt haben, wobei er sich mit' Blut besudelte. 

. Der Lieuienmit criminel verurtheilte Roulet zum Tode ^). 
Er apellirte jedoch an das Parlament zu Paris, und dieses er** 
kannte: es steckt mehr Tollheit in dem armen Idioten, als 
Bosheit und Zauberei und befahl, ihn aufvzwei Jahre in 
ein Irrenhaus zu stecken, damit er-unterrichtet und zur 
Erkenntnife Gottes zurüdcgefubrt werde, die er in seiner bitr- 
tem Armuth aufser Acht gelassen habe. 

. .EbenfaUs in demselben Jahre 1598 am 14. December 
wurde in Chalons gegen einen andern LykanMiropen das«Ur- 
theil des Feuertodes vom Parlamente in Paris ausgesprochen. — 
Ein Schnöder hatte^ gestanden, mehre Kinder geiödtet und sie 
gekoeht und gebraten, zu haben, als wenn es gewöhnlickes 



'^f Das FragenYerhör des Lientenant criminel Pierre, ^6rault lau- 
tete: Votre nom, votre Age, votre etat? J*nt nom Jacques Houlet age ie 
irente cinq ans^ je suis pauvre et mendiant. De quoi Stes-Vöus aceusef 
B*fire larronj d^avoiröffense Dieu, mesp^re et mire me donnaient nn o»« 
gueni^ figvore.commeni il u comfposait, En vou» frotlnnt de cei orgnent, 
deveniez voüs loup? Non, cependant fai tue et mange Venfant Cornier, 
j'efais loup, lorsqne je Vai devote, Etiezvous loup, lorsqu'on vous arrSte? 
J*etais loup, l^tiez vous hahiUe en loup ? Tetais hahilte comme H present ; 
j*itwria Ie visage et ie» maiM »anglmitei ntiendu, que je'vennie de manger 
d0 In ehahr du dit enfant* Les pieds et le$ mains vous venaigut ils patie^ 
de loup? — Ouu — La tdte vous venait eile töte de loup^ la bouche 
plus grand? Tignore commeni etnit ma täte au moment de Vattaque; je 
Me suis äervi de mes denfs; j^avais la tSte eomme aujourd^hui^ fai hlessd 
ef mange hien d^äutre$ petita enfws; j'allais tmssi au snkhat (I. c«). 



24 

FtMBcfi wäre. Man fand bei ihnt^etn Fäfeehen,*vöU von ab- 
g'enagten Kinderknochen. £r war' so ruchlos, da& er sogar 
die' Fleisdiiverdung unscrs Herrn Jesus- CbrisiiiA heugnete und 
war bewandert in allen Arten von Flüchen^ cKe man gar nicht 
wissen darf. Der Gerichtshof befahl , seinen 'Prozefs mit ihm 
au verbrenn eh, so viel Schmutz und Schlechtigkeit steckte 
darin {Delunwe he. eii, p. 790). 

Vor dem Parlamente von Bordeaux würden 1603 Jean 
Grenier, ein Knabe von 13 Jahren, der Lykantbropie angeklagte 

MargarethePoirier, eiil Madchen von 13 Jahren, hatte milden» 
Knaben zusammen das Vieh gehütet; sie will ihn öfter sagen 
gehört haben, dafs er Wolf werden könne, so oft er Volk^ 
dafs er schon oft Hunde getödtet, ihr Blut getrunken und ihr 
Fleisch gegessen habe; es schmeckte aber bei: weitem nicht 
so g^t, wie das Fleisch kleiner Mädchen; vor dnigerZeit erat 
b^d^e er ein Kind getödtet, einige Stücke davon selbst verzehrf^ 
und das Uebrige einem Wolf, der sich gerade in der Nähe be* 
fand, hingeworfen^ etwas später noch ein kleines Mädchen, die 
er bis auf die Arme und Schultern ganz und gar aufgeges» 
sen habe. Eines Tages, als sie das Vieh hütcAe, habe sich ein 
wildes Thi^ auf sie geworfen, sie an der Hüfte der rechten 
Seite am Kleide geCafet und dasselbe mit scharfen Zähnen zer- 
rissen; sie schlug dasThier mit einem Stocke auf den Rücken;^ 
es war dichter und kürzer als ein Wolf, das Fell war roth, 
der Schwanz kurz; nach den Schlägen entfernte sich dasThier 
einige Schritte» setzte sich wie ein Hund auf den Hintern un^ 
starrte sie mit wüthendem Bhcke an, so dafs .sie aus Angst 
entfloh; der Kopf dieses Thieres war kleiner ab der eines 
Wolfes. 

Ein anderes Mädchen Jeanne Gaboriant 18 Jahre alt, sagt 
ausr^ls sie eines Tages mit andern Mädchen das Vieh gehü- 
tet, sei Jean Grenier thit der Frage zu ihnen gekommen, 
welche von ihnen die schönste sei. Auf ihre Frage, weshalb? 
erwidert ihr Grenier, weil ich sie heirathen will« und. wenn Du 
es bist, so will ich Dich heirathen! Sie fragte ihn weiter, wer 



25 

sein Väter sei? „Er ist ein Priester*', war die Antwort, und auf 
die Fragen waröm er so schwarz aussehe, und ob dds vom Er- 
frieren oder Verbrennen herkäme, meinte er, das schwarze Aus- 
sehen, das käme vom Tragen einer Wolfshaut, die habe er 
¥•71 einem gewissen Pierre Labourant empfangen ; das sei ein 
Mensch mit einer eisernen Kette um den Hals, an der er fort- 
während hagte, und in seineiü Hause säfsen brennende Men- 
sehen auf Stühlen, Andre lägen auf glühenden Betten, einTheil 
röstete Menschen und legte sie über Feuerblöcke, wieder An- 
dere steckten in gl*ofsen Kesseln, das Haus aber und das Zim- 
mer wären sehr grotis und ganz finster. Dieser Labourant 
habe' ihm gesagt, dafs er sich mit seiner Wolfshaut in einen 
Wolf oder iÄ elin andreis Thier verwandle; er habe als Wolf 
Hunde getödtet und ihr Blut getrunken, aber das kleiner Mäd- 
chen schmeckte besser; und er streifte in dieser Absicht bei 
abnehmendem Monde mit neun andern Nachbarn, deren Namen 
er theilweise nannte, jeden Montag, Freitag und Sonnabend 
g^gen Abend und gegen Morgen, täglich eine Stunde umher. 
Jean Grenler ist der Sohn eines armen Arbeitsniannes in 
St. Antoine' de Pizon; seit drei Monaten hat er sich von sei- 
Aem Vater entfernt, um zu betteln, doch ist er innerhalb die- 
ser Zeit noch bei verschiedenen Herren als Viehhüter im 
Dienst gewesen» Er erzählt: Als ich zehn oder elf Jahr alt 
war; hat mich unser Nachbar Duthillaire in der Tiefe eines 
Waldes einem schwärzen Manne vorgestellt, der sich Herr vom 
Walde nannte (M. de la Forest) und der .mir mit einem Na- 
gel ein Zeichen auf den Hintern eindrückte und mir und 
DuthiHaire Salbe und eine Wolfshaut übergab. Seitdem bin 
ich als Wolf umhergelaufen. Die Aussage von Margarethe 
Poirier ist richtig; ich habe sie tödten und aufzehren wollen, 
und sie hak mich mit einem Stock geschlagen; doch will er nur 
einen wetben Hund getödtet, aber nicht von seinem Blute ge- 
trunken haben. — lieber die Kinder befragt, die er als Wolf 
getödtet'und verzehrt habe, giebt er an, er sei einmal auf dem 
W«ge von St. Coutras nach St. Anlaye in einem Dorfe, des- 



26 

sen Namen er nicht wkse, in ein menschenleeres Haus hinein-* 
gegangen,, habe ein Kind aus der Wiege gerisßen, und es hin- 
ter einem Zaun im Garten grofsentheils , verzehrt ; den Rest 
habe er einem Wolfe überlassen. — Bei dem Kirchspiele St* 
Antoine du Pizon habe er ein kleines Madeben in eineoi 
schwarzen Kleide, welches die Schaafe hütete, angefallen und 
es ebei£5o, wie bei dem vorigen Kinde gemacht. Yorr unge^ 
fähr sechs Wochen, habe er ein wdres Mädchen in der Nahe 
ei|)es Steinbruchs angefallen , in Eparon die Hündin eines ge-? 
wissen MiUon, die er aber nicht habe tödten können, weil Mil- 
ien niit dem Degen dazu gekommen sei. Er habe eine Wolfsr 
haut bei sich, welche ihm der Herr vom Walde bringe, wenn 
er ihn auf die Jagd ausschicken wolle; vorher aber müsse er 
sich, nachdem er sich nackt ausgezogen > mit einer Salbe ein- 
reiben, die er in. einem Topfe venvahrt hal|e, und seine Klei- 
der verberge er dann im Gesträuch. Er laufe gewöhnlieh b^ 
abnehmendem Monde eine oder zwei Stunden >am Tage, zu-* 
weilen auch in der Nacht, einmal sei er mit Dutbillaire um- 
hergelaufen, doch ohne zu tödten. Sein Vater habe ihn mehr- 
mals eingerieben, und sei ihm beim .Anziehen der Wolfshaut 
behülflich gewesen, auch er besitze eine Wolfshaut und habe 
mit ihm gemeinschaftlich bei dem Dorfe Grillaud ein Mädchen» 
das Gänse hütete, aufgezehrt. Seine Stiefmutter habe sich 
von seinem Vater deshalb getrennt, Weil sie einmal gesehef^ 
daüä er Füfse von Hunden und die Hände von kleinen Kin* 
dern ausgebrochen habe. — Er fügt hinzu, dals ihni der 
Herr .vom Walde streng verboten, an dem Nagel Jes Dau- 
mens seiner linken Hand zu nagen, der auch viel dicker sei, 
als die übrigen, dafs ihn dieser, sobald er sich in einen Woil 
verwandelt, niemals aus den Augen verliere, und er sogleich 
seine menschliche Form wieder annehmen müsse > sobald ihn 
dieser aus dem Gesichte verlöre. — Duthillaire und Grenier 
werden festgenommen, der Vater des Letztern stellt sich seihst 
zum Verhör. — Die Aussagen der Eltern sind ganz überein- 
stimmend in Bezug auf den angegebenen Ort, die Zeit> db 



2T 

Wunden der Kinder, die Art der Hülfe, welche sie selbst ih* 
ren Kindern geleistet, die dabei «gesprochenen Worte etc., man 
konfrontirt ihn, er. wird wieder erkannt, namentlich mit Mar- 
gdrethe Peirier, die er unter vier oder fünf Mädchen herauser- 
kennt, uild der er seine nicht geheilten Wunden zeigt und . mit 
einem Manne, welcher ihm seinen kleinen Neffen oait den 
Werten entrissen hatte: ich will Dich schon festhalten. — Bei 
der ersten Konfrontation mit seinem Vatet änderte er Manches 
in seinen Aussagen; man sah, dafs die lange Dauer des Ge- 
fängnisses und sein Elend ihn schwachsinnig gemacht hatten. 
Bei der sweiten Konfrontation bestätigte er seine frühere Aus- 
sage. Gegen die Führung d^s Vaters lag indefs nicht das Ge- 
ringste vor, und er wurde nach einer weitläufigen Untersu- 
chimg von der Anklage losgesprochen. 

Ehe das Parlameilt ein' Urtheil fällte, setzte der erste Präsi- 
dent d'Affis in einer giäns&endenRede, in welcher alle Fr^igen über 
Zauberei, über die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Verwand- 
tungki Thiere berührt wurden, die Gründe auseinander, weshalb 
Grenier nicht mit dem Tode zu bestrafen sei. Der Gerichts- 
hof; sagte er, hat auf das Alier und die ImbeciUität dieses Kin-» 
des Rücksicht genommen, welches so stupide und so 
sehr Idiot ist, dafs Kinder von 7—8 Jahren gewöhn- 
lich mehr Ueberlegung haben; verkümmert in jeder Be- 
nehung.ist erao wenig entwickelt, dafs man ihn für zehnjäh- 
rig halten würde. tJDas Gericht hofft noch auf seine Besserung. 
In^ler weiteren Ausführung wird Lykanthropie und KynanÜiropie 
direkt als eine Abart des Wahnsijons bezeichnet, der ala sol- 
ch«* vor Bestrafung nicht unterliegen könne. Grenier wird 
Terurtheilt, lebenslänglich in einem Kloster in Bordeaux ange- 
sdüofssen zu werden; seine Entweichung aber soU mit dem 
Tode bestraft werden* — 

In der ersten Zeit nach seiner EinspeiTung hef Grenier 
mit grofser Leichtigkeit auf allen Vieren umhe^, und ver- 
•chlang mehrmals die noch rohen., blutigen Eingeweide von 
Fischen. Delancre besuchte ihn sieben Jahre nach seiner Ver- 



28 

uriheilung ; ^r fand ihn klein, scheu> so dafs er PSemandeto i 
Gesicht zu sehen wagte; seine Augen warei^ tiefliegend upd 
unstät; seine Zähne lang, breit und nach aufsen het*vör8tefaeRd;s 
seine Nägel schwarz, lang und an eineelnen Stellen abgenultit» 
Sein Verstand schien^ ganz vertrocknet, er w«* nicht fähig, die 
gewöhnlichsten Dinge zu begreifen. Er erzählte Delancre, 
früher sei er als Wolf in den Feldern umhergelaufen und ge-^ 
stand, 'dafs er auch jetzt- noch Appetit nach fi;jschem Fläche 
habe, Namentlich nach dem ¥on jungen Mädchen» das beBon«« 
ders gut schmecke, und wenn man ihn nicht abhielte, würde 
er es sich schon zu verschaffeii wiesen. Zweimal wollte er in 
seinem GePangnisse den Besuch des Herrn voim Walde ept* 
pfangen, ihn aber mit dem Zeichen des Kreuzes verjagt ha- 
ben. Er bestätigte damals noch alle Angaben aus seinem Pro- 
zesse. Er starb m seinem zwanzigsten Liehensjahre. {Delan- 
cre lableaH de Tinconsiance etc. p. 306 u. a. O.). • • 

Grenier stellte einen ganz ausgebildeten Blödsinn -dar> 
ebenso \ne der vorige Fall, wie Roulet. Es sind namentlich 
diese beiden Fälle äufserst wichtig, weil sie vmi den Goichten 
fdr blödsinnig erkannt worden sind, und es kann hei ihnen 
nicht gut der Verdacht begründet werden, dafs der ganse 
Prozefs von bereitwiUigen Richtern imputirt worden iit Es 
ist dieser Verdacht für die ganzen Hexenprozesse geltend ge* 
macht worden, dafs die Schilderungen der Angeklagten nur 
erdichtet und den Angeklagten nur durch die Martern der Fol* 
ter nach einem bestimmten Schema ausgepre£st seien. Ich 
habe mich a. a. 0. (der Wahnsinn etc. Einleitung) weitläuftiger 
über die Unzulässigkeit ausgesprochen, dieser Annahme «ine 
so weitgreifende Bedeutung zu geben. Sie bleibt deshalb hier 
unberücksichtigt, wenn ich auch für die Lykanthropie nieht die 
gelegentlichen Zuthaten wegleugnen will, welche die Riditer 
und Ankläger nadi den grade herrschenden abergläubischen 
Ansichten gemacht haben. -^ Wiederholt wird das Weihqacläsr 
fest, der Tag Johannis des Täufers, der abnehmende Mond als die 
eigenthche Zeit der Lykanthropen bezeichnet, Zeiten, die überr 



29 

haupt in genauerer Verbindung mit dem Hexenwesen des Mit- 
telalters gedacht werden, und deshalb zur Lykanthropie nur 
eine nebensächliche Beziehung haben. — 

. Die mitg^theilten Fälle sind alle, die ich habe auffinden 
können; der Vampyrismus, der im 17. und Anfang des 18. Jahr- 
hunderts in verjüngter Gestalt auftritt, ist in gewissem Sinne 
die Fortsetzung der Lykanthropie. Der Wahn der Dämono- 
manie als Volksleidenschaft ist jetzt vernichtet und der Wahn der 
Thierverwandlung in die abgeschiedenen Mauern der IrrenhUu- 
aer zurüekgedr||ifigt, aber noch lebt die Sage in vielen Gegen* 
den Europas, im südUchen Frankreich, in den Ostseeprovinzen, 
in Ungarn, Mähren etc. und selbst in der Mitte Deutschlands, 
in der goldnen Aue ist der Name „Wehrwolf" noch als ein 
Schimpfwort für jeden gierigen und lüsternen Menschen übrig 
geblieben» 



n. Auffassung des Mittelalters. Hexensalben. 



Es ist nothwendig, dafs wir die Ansichten der Schrift^- 
1er des Mittelalters über Lykanthropie durchmustern, so wüst 
und unheimlich sie uns auch entgegentreten. Die allgemeine 
Volksüberzeugung, die sich in den litterarischen Erzeugnissen 
einer Zeit J&undgiebt, die üeberzeugung von der realen Ge- 
staltung einer Wahnvorstellung oder wenigstens von derMög- 
Uchkeii ihrer Verwirklichung trägt unendlich viel zu ihrer Wei- 
terverbreitung bei, und hindert, indem sie die Erklärung nach 
natürlichen Gesetzen zurückweist, ihr Absterben. Die Betrach- 
tung der vorwaltend herrschenden Ansichten wird uns auch 
die nothwendige Kombination der Lykanthropie mit der Dämo- 
nomanie nachweisen. 

Dafs eine vollständige Verwandlung in Thiere, in an- 
dere Gestalten stattfinden könnte, scheuen sich selbst, die aber- 
gläubischsten Schriftsteller zu versichern. Der Körper freilich 
kann verwandelt werden, aber die unsterbliche Seele bleibt. 
Auch dann wird noch der Unterschied zwischen einer .wirkli- 
chen und blos scheinbaren oder eingebildeten Verwandlung 
gemacht. Bodin, auch Fernelius {de abdit. verum causis) hält 
freiUch die Verwandlung des Körpers für wirklich und beruft 
sich dabei auf das Zeugnifs des Thomas von Aquino^ der im 



31 

suv^iten Buche seiner Sentenzen allen guten und bösen Eti« 
gdn äirer natürlichen Fähigkeit {ex virttäe nafurali) nach^ 
stuch das Vermögen zuspricht^ unsre Körper umzugestalten. 
Die essentielle Form des Menschen aber, seine Vernunft 
bleibt auch hier, und nur der Körper ist wandelbar ; denn, fährt 
Bedin, indeih er sich auf dasselbe Zeugnifs berufet, fört^ wenn 
die Menschen Rosen auf einen Kirschbaum verpflanzen , Eisen in 
Stahl verwandeln^ wenn sie künstUehe Steine machen können, 
ist es da befremdlich, dafs der Satan bei der grofsen Gewalt, 
die er auf die Elementarwelt ausübt, die Form eines Körpers 
in die eines andern verwandeln kann? (Dämonomanie etc. 
Mk. II, tap. 6). So fragt auch Emanuel de Ville (Questions 
nefiidfles skr le sortilSge avec deux ceUbres arr^t» du scnät 
de Savoye 1697 in 12. in Ldon Menabrea Memoire de la so- 
eUi^ Academiffue de Savoye 1846) ob nicht, wenn auch die 
wirkliche Verwandlung von Menschen in Thiere unmöglich ist, 
der Satan, von» den Körperchen, die in der Luft flottiren, eine 
Wolffthülle maehen, oder auch die Haut eines wirklichen WbU 
fe)t 'nehmen und die Lykanthropen darin einschliefsen könne? 
Für das Fortbestehen der vernünftigen Seele in solch umge- 
wandelten Körpern citiren die Schriftsteller eine Menge von 
Ge^ehiehtem Es soll in Italien sogenannte mulieres 9ta^ 
h^dariae gegeben haben, die den Wanderern einen giftigen 
Käse beibrachten, wodurch sie in Lastvieh verwandelt wurden. 
So «nählt ein gewisser Praestantius von seinem Vater, dafs 
dieser nach dem Genüsse von solchem Käse eingeschlafen, 
nach vielen Tagen erst erwacht und innerhalb dieser Zeit die 
Form iinea Pferdes gehabt, auch genau angegeben^ wohin und 
vrelche Lasten er getragen. Zu derselbeh Zeit soll auch wiric- 
lieh ein Pferd von der beschriebenen Form an den bezeichne- 
ten Orten gewesen sein. ^Vielfach modificirt, findet sich die 
Geschichte einer Eselsverwandlung. Es ist ein Engländer in 
Cyperh, den seine Gefährten, nachdem ihn eine Zauberin in 
einen Esel verwandelt» verstofsen, bis die Beobachtung, dals 
der Esel einmal in der Kirche die Knie beugt, auf die £nU 



82 

Deckung der Schandthat führt, welche die. Hexe mit.dam Le* 
)>eii büisen QiuTs, .nachdem sie ihm die (rühere Gestalt wieder 
»uriickgegebep. Eia Schauspieler, den zwei stiiAulanaa auf 
der Strafse nach Rom in einen Eael verwandelt hatten, sdU 
besonders ergötzlich gewesen sein, und seine Kunststücke sol- 
len viel Geld eingebracht haben, bis er sich zufaHi^ einmai 
ins Wasser tauchte und dadurch wieder Menech wurde ^). 

. Indefs widerspricht auch die Annahme einer wirkliehe^l 
Verwandlung, selbst des Körpers zu sehr den j>hiijosophischen 
und nainentUch den theologischen Ansichten des Mittelalter^, 
als dafs man dauernd dabei hätte verweilen 4önn^. Maii 
flacht, geltend: Alle Dinge streben nach VervoUkommiiuiig, 
die Pflanzen haben nur den esprit veggtaiif, sie streben naeh 
dem eaprit sen9iiif\ und werden ;von Thieren versdüungeis 
dje Thiere wieder von Menschen ; so gehen die niedern Fol*^ 
men in die höhern auf; auch die Menschen streben nach. höhe- 
ren Formen aber niebt nach niederen (Prieur de la lyk^nthro* 
pie etc. Louvain 1596). Aufserdem ist aber nur pott ioa 
Stande, den Körper v^rklich zu verwandeln, und es ist Söndei 
solche Macht dem Teufel oder ein^m andern Wesen zuzugeste- 
hen* In diesem Sinne spricht sich.schon^ifanius {deJtfkunibrop^ 
fign^Hto WUienherg. MDCLIV) aus, Hominum in lupoi 
fnmsmuiatio reßpeciu animae daemoni plane impossiüüä eH 
(fhes^ Z). Ebenso unmöglich ist diese Macht in Bezug auf d^A 
Körper, denn die bestimmte und abgegrenzte Form des measch^ 
liehen Körpers karni nicht mit der unbestimmten Wolhfonn 
verbunden warden. 

So vereinigen sich denn die meisten Erklärungen mit un«> 
wesentlichen Modificationen dahin., da(s die Thierverwasdfamg 



^) Schon in der Erzahlong des Plinias (s. oben) liegt die- ^aabeii«» 
9€^e Kraft deg Wassers. Die g^enaaeren und ursprüngliche h "Quel- 
len dieser Erzählungen, die sich bei vielen Schriftst'ellern mit unwesentr 
liehen Aenderangen Torfanden, yermag ich nicht anzugeben; cf, z. B. 
Delrio disquis, mag, It6. 3, quaest* 18, dann Schottns Phyiic, a$r. Üb, /, 
fv 2ft. « Bodiiiy Delencre etc« ) , • 



eki ZuttUer ein praMi^um sei. Pteiiige nach* Isidorüs Er-^ 
klärung n^eit auire ehose sindnqudqH'iAttä des sentimens et 
syecialemenf de tu vue, d^ou est nppeU prestige €]eH i^dire 
eihmssemeHfy parceqi£il eerre .et ^Uouii deäertesygue le» 
ehMee eemJbleni auireSß qu^Mes nesoni. Der malleüs mcdefi^ 
earum, dessen erste Ausgabe 1489 erschien, nachdem Inno-^ 
eenz Vin 1484 den Henricus hstitoris, und Sprenger mit der,be« 
rüohl?gtenHexeilibun& nach Deutschland gesandt hatte, jener* ed* 
d^s für alle Hexenprocesse, untersch^det fünf Arten von praestir 
Spen 1) eine grofse Kunstfertigkeit, die nur wenige Menschen 
besitzen, die defshalb Anderen, welche sie niclit besitzen, \vun-* 
derbar erscheint; 2) eine force speciale, die in manchen Kör- 
pi^n wohnt,- wie manche Steine und Pflanzen bestimmte £i- 
genthümlichkeiten haben; 3) ein andrer Zauber entsteht dit* 
dar^, • dob derv Teufel die Gestalt eines Körpers anniimnt; 
4) daEs er die Organe des Gesichts blendet und verwirrt; 5) isjs 
•r deEinbildungsloraft erregt und die Sinne . bezaubert Diese 
Grundsätze sind in den weiteren Diskussionen über die Zu- 
lässigkeit imd Möglichkeit der Wolüsverwandlung wieder her- 
aiQSzuerkenn^n. 

Mit gröfser Klarheit und VoUstäddigkeit natürlich nur nach 
dem damaligen Standpunkte der Ansichten setzt Casmannus 
(Psychologia anihropologiea sive mümae humanae doctrina 
MDXCIV p. Ih cup. VIII) die Unmöglichkeit einer Thier- 
Verwandlung auseinander :. Die Verwandlung k<(nnte entweder 
Uos in Bezug auf d^n Körper oder in Bezug auf Körper und 
Seele: stattfinden. Im ersteren, Falle müfste die Seele den 
Körper verlassen. Das ist nicht möglich/ denn 1) mufs dann 
der entseelte Körper zurückbleiben, 2) wissen wir^ dafs ein 
Scheiden der Seele Schmerzen verursacht, und die Thierver- 
wandlung soll im Gegentheil Wohlbehagen verursachen, 3) ist 
das Loslösen der Seele eigentlich gleichbedeutend mit Tod ;^ 
kein Mensch spricht aber bei der Tbäerverwandl^ng von Sler-* 
ben« 4) Es ist nicht einzusehen, .wa <fie fortgegangene Seele 
sogleich wieder einen Körper finden soll, und weder die guten, 

3 



u 

nocti die böiseii'&higel können ihr so^eicb einen attilem ver- 
schaffen^ auch isi die Seeienwunderung als Princip hkhk ansiier- 
k^nnen ; endlich 5) wenn die Seele einen andera Körper fände, 
dahn besäfse Ae zwei Körper, und dann eaißtßkt 4ie grofse 
nicht Bu lösende Froge, in und mt^ welchem Körper sie auf* 
erstehen sollte. Wenn aber die Seele wirklich in ein Thier 
iibergeht und «war iil eins der votlkommoeren, wie in einen 
/Wolf 9 wo soll die Thi^rseele* hin, da zwei SeekA in einem 
Körper nicht existiren können? • Assimiliren kann «eh die 
menschliche Seele mit dem thiemehen Leibe ebenfalls nicht, 
d«r>n die Seelen der höheren Thiere vferd^n aus der 
Kraft der Materie herausentwickelt {de materiae po^ 
i^itideducuniur) m(Ai\ aber, wie £e menschliche von ^aufsen. 
an die Materie herangeführt. Die scheinbar Verwandelten ha* 
ben auch kein thierisches^ Gelüst; die Katzen Ulen nicht 
Mäuse an, sondern Menschen (kleine Kinder). So kommt 
Cassftiann dazu, das Ganee für ein Blendwerk des Teufels 
zu erklären, welcher die Phantasie so umzufermen vermagy 
ni on^iino seHStt» ad iuum Judicium rapiuty und er bedmif- 
dazu nicht einmal des Mittelgliedes von Zauberei, nicht der 
Anwendung von Salben o'der von giftigem Kisey des Eintau- 
chens ins^ Wasser etc. » - m . 
Müller in seiner Dissertation (Upsiae 1673^ unterscheidet 
eine *mutatio sübsianiiaUs und accidetUßria-j gegen 4ie sich 
aber vielerlei Bedenken erhd^en- liefseh, und eine mutmii^ 
durch t;i praestigaioriu; Diese kann auf verschiedene Weise 
vermittelt werden. Sie kann eine objective und ^ne subjee- 
tive sein. So dringt schon Schottus (/öc. c£f. p* 123) darauf an-' 
zuerkennen: es sei doch ein grofser Unterschied, ob «udi an- 
dere Menschen, die in Wölfe, Hutideund Katzen verirVandel- 
ten, sähen, oder ob die Menschen sich selbst' nur so ^verkä- 
men. Ein Dämon kann zwar die Menschai einsdiläfiem^und 
den Schlafenden allerhand Gaukelbilder' vorspiegeln i und das 
gesdbieht auch sehr o'ft, ' aber wenn dies verkommt, so erschei«* 



36 
■Andern 



sich selbst •). • ' . 

IMe objective Verwandlung kann nadr der Memung Eini- 
gt aikch <ladurcb bewirkt werden : • 
' 1) Der Teufel nimmt heimlich den menschlichen Körper 
fett *) und subs&uirt einen thierischen dafär. 

, 2) Er «cfaläfert die, die er verwandebi will; ein, entruckt 
sie- den Augen Mer, und nimmt selbst die Form de» TWe- 
M8 an, entweder wirklich oder als Luftgebild. 

3> Er wirft tWcriscAe GHedmafs«! und Felle über den 
mcBschlichen Körper. Wir haben oben ein -solches Beispiel 
Ton der sterbenden Wölfin gehabt, wielcher ein Priester das 
Sakrament reichte, und die ihre Wolfshaut bis zum Nabel ab- 
streifte und dam» als altes Weib erschien. 



' 4) Er umgiebt den menschlichen Körper mit luftigfen Ge- 
hüden, Welche das Ansehen -von Thieren haben. Dafs bei Ver- 
wundungen- des thierischen Körpers auch der Mensch mft ver- 
wundet wird, erUärt sich daraus, dafs das luftige Gebilde nach 
^t und zurückweicht {ef, oben). 

Bei der Auseinandersetzung der' subjectiven Verwandlanff 
mü8«!tt die SdmftsteUer natürlich darauf kommen, irgend eine 
b-ankhaft« Veränderung im Oiganismus anzunehmen,' Welche 
Phaiit»Bmen er«ugt; demi, wie schon früher angeführt, enN 
schhefsen ach selbst die am meisten Befangenen aus theolo- 

' * . I » ' * 

. • . •" . . ... • . * ■ 

. .,») Po»«< datm»* 4opon,iPe .«rpor« hnnumn, p.fmwm'i, d^fmientOt., 
HC m,mma»tau, ob,Kere »imulncr» et vert etiAm.,atpe f,Ht-aiU 
stmper ommiiw, q»i te m be»lia« mutatos atterml, contigiue ntao om 
Htnn», qui hac raiione • Muduntnr sibi »oUs, non «lüs etiam besiiJ.Z 
demhH-. Br fährt fort: S^ni^t «-yo WUrH, out delirat, dum id J^ 
tUMdttt eolialvr. Es üt gana ricktig, daft er die Awicht von Wier tJZ 
wirft, der ganse Waho sei blo. durcli im Schlafe eraengte Phtotasm«! 
entstanden, und wir werden dies aosführlicher zu besprechen h«^ 
aber die Art und Weise, wie e» Schottus geth»n hat, ist natürlich nS 
hutbar. •• "*^"«' 

^ M'^entit •urripii fiotfu» hmnnum. 

3* 



36 

gischen Orüaclen^iäekty eine Völlige Umgttrtaltvn^y <^6 Vcrlhi«^ 
derung von Leib und Seele zuzugestehen. 

Für eine Krankheit, ohne sich weiter auf den Ursprung 
der bestimmten Wahnvorstellung duzulassen, eridären die al- 
ten Aer^te Aegmeta, Aetius, die Araber die Lykanthr«pie, sie 
ist ihnen eine speeiea der Melancholie,; auch Foreatu», dessen 
Beispide vnt oben angeführt haben^ ist derselben Ansicht (ef. 
^ueh van SmeitnCommefäar. in Boerhave f Am li/.§.. 1120). 

Wie aber im Mittelalter jede Erscheinung) die etwaa 
aufsergewöhnlich war, auf den EinfluTs eines bSsen Geistes ge-r 
schöbe^ wurde» so fallen selbst diejenigen Sohrififitelleri wekhe 
die Lykanthropie fila eine Art Exstase, als eine Blelancholiap 
betrachten, immer noch auf den Teufel, al$ den letiten Er-^ 
klämngsgrund. Wena si6 auch nach dem i Standpunkt der da** 
maligen Kenntnisse (gewöhnlich auf huttioralpathologische 
Weise) eine Erscheinung wissenschaftlich zerlegt babeü, e& 
8ch§int ihnen keine Befriedigung zu gewähren , dabei stehe» 
zu bleiben, isondem durch Einmischung ihres abei^länbisdien 
Unsinns bringen sie sich sofort wieder um jedes VerdieBst» 
was man ihnen sonst hätfe zu^ychreiben können. 

Caspar Peucer, der Schwiegersohn von Melanchthön, stellt, 
in seinem Buche Commeniar. de praecipuis divinasüamum ge» 
neribus eic. (Servestae MDXCA\ die verschiedenen Anaich-< 
tien über Exstase zuaaoimen (pw 166). 

„Ein Loslösen der Seele vom Körper findet nicht statt 
Aus sich aber hat der Geist jene wunderbaren und grausamen 
Gedanken nicht, sondern wird nur vom Teufel darin unter- 
richtet Denn ohne die Hülfe und das Mittel^ied des GehTrns 
und der spirltus animales kommen gar keine Gedanken. 
Kommen doch Gedanken, .so können sie nur vom Teofel sein. 
Die Aerzte rechnen Exstase zu den Formen der Melancholie. 
Der hfimdr melancholicus Verändert nämlich die Mischung des 
Gehirns und der Geister; darnach findet ein Zurücjkziehen und. 
'Versenken{sitpces9us und demersus) der Seele in sich selbst statin 
eine stärkere Richtung und ^ Hinneigen auf eine« Godaakeo. 



37 

So ^ntCMit 'sidi die Seele gleichsam von der Verwaltung des^ 
Körpers, die ist einzig und allein auf das Werk der Gedanken 
gerichtet; der Körper ist entseelt, verlassen von seinem Füh<* 
rtty unfähig seine Funktionen weiter auszuüben. Nur dasGe-» 
kirn wird von dem hnmer melancAolicus' gereizt und erzeugt 
Phantasien. Die gebildeten Gedanken aber entsprechen der 
Natur des humor melanekoUcus; wenn frischeres Blut die 
tdra biUs aus dem Gehirn wegspült, so sieht der Mensch 
freundliche Bilder, im Gegentheil hat er Bilder von Mord und 
Brand etc. Doch, meint er weiter, könnten gewifs nicht alle 
Exstasen, wo wunderbare, unbekannte Dinge zum Vorschein 
kämen, auf diese Weise gedeutet werden > und nachdem ei* 
noch viele Beispiele angeführt, selbst zugegeben hat , dafs bei 
manchen Völkern diese praesagi furores epidemisch seien^ 
komfmt er doch noch zu dem Ausspiiiche: Der eigentliche 
Grund aber ist nur der Teufel, der mit dem lieben Gott strei«' 
tet; blos die Kirche kann entscheiden^ ob die Visionen göttlich 
oder teuflisch seien"; 

Nynauld {De la lykanihrapie etc. Paris MDCXV)^) 
der übrigens die Lykanthropie für eine reine Krankheit er« 
klärt,' deutet bis auf den einen Punkte dafe er doch deh Teu« 
fei hmeinspielen läfst, die Visionen gana vernünftig: DerTeu-t 
i^ verwirrt blos die Sinne; ijuafid la eoncoction so faii, le$ 
vmpeurs grossiires monians au cerveau j iroublatrt la fa^ 
cuU^ imaginative. La varidie de ees visions est eaus^e se-* 
hn la di\)ersitä des vapeursj tiui ensuivc la nature de la 
viamte, ^^on mange; bei schwer verdaulichen Speisen (diä 



') Der Toliständige Titel lautet: De la hjJsanthropie, iransformaiion 
et emlme deg sorciers, o^ les astuces du dinble 9ont mises ieVemeni en 
evidente, quil .est preeque impösnbh, venire aux ftus ignorants^ de ce lais^ 
ser doresenttvant seduirß, ( Jv^c la refutation des argumens cöntrairee 
que Bodin alldgne au 6 chap, du second livre de sa demonomanie pour 
goustenir la tdalite de ceste pretendüe triinsformation d^homtnes en he$teB 
pmr KyaaiUdf Dt\ en med^- 



3S 

«(i0btra Hdxen «ind arme Leute und nähren sieh ddbkalb vor- 
xugB weise von Hülsenfiüdiien) und bei schwacber Verdauung 
an der alte Weiber gewöhnlich auch leiden, verwandet sich 
hat die gante Speise in vapet^rs yroisesj welche die InieUi* 
genz schwächen > und dadurch der Phantasie gröfsern Spiel* 
räum geben. Die Melancholischen sind am meistoi solchen 
Anfechtungen unterwerfen {eup* /). 

Der humct melanchoUcus und die vapeurs grosses M«> 
den in diesen Ansichten schon das vernünftige Mittelglied. Von 
gröfserer Bedeutung, als diese Erklärungen ist die Meinung, dafs 
die Phantasien vom Sabbat, die wunderbaren Aussage» der -wegen 
Hexerei Angeklagten dieErzeugnisiBe eines kataleptischenZustan'« 
des seien, die Erzeugnisse der Anwendung von narkotischen Mitteln« 
Man findet durch das . ganze Mittelalter hindurchgehend, An-» 
gaben über die Anw^endung von narkotischen Salbei^ Eis koiuile 
den Untersuchungsi*ichtern nicht entgehen, dafs die Angeklag-» 
ten %a der Zeit/ wo sie beim Hexensabbat gewesen sm soU« 
ten^i sich nicht von der Stelle gerührt, ihr Bett nicht verlas« 
sen hatten. Wie war es also möglich, dafs sie Von den Er- 
scheinungen des Sabbats genaue Erzählungeti machen konnten? 
üflan deiitete sich das so, dafs manche Hexen und Zauberer, 
gewöhnlich ,die von hoher Stellung und vornehmer Herkunft, 
nicht u\ Person «u den Versammlungen der Synagoge des 
Teufels zu gehen wagten, aus Furcht- erkannt su werden. 
Defshalb gestattet ihnen der Teufel geistig hinzugehen;' wenn 
sie «ch mit einer Salbe eingerieben haben,; so bleibt der Kör* 
per im Bette liegen und die Seele trennt jsich auf einige Stun- 
den von ihm« Man hat diese Erklärung auch für die Lykan- 
thropen geltend gemacht, und ich mufs defshalb, obgleich ich 
diesen Gegenstand bereits in meiner Bearbeitung des Calmeil 
berührt habe (S. .65) noch genauer, darauf zurückkommen. 

Wir finden im Mittelalter eine Menge von Beispielen von 
exstatischen Zuständen mit Katalepsie; nach dem Erwachen 
erzählen die Befallenen wunderbare Gesichte^ so in Barth. 
de Spitia {de strigibus gewöhnlich den Ausgaben d^s malUms 



mtdefieantm bcigedrucki; in Wient^hc. cU. in Delth dis- 
ffuü, magicae ete.)^ • > . • > 

• Pefieeru$ (loc. ciL p.J7l etsequ.) erzählt bei einem ro- 
hen ttiWl abergläubischen .Volke, welches denäufsersten Theii 
¥M Skandinavien bewohnt; vdn ^nein ähnlichen Orakeldienste^ 
wiö bei den alteh Völkern, wo jedoch ebenfs^ils durch eine Art 
wahrscheinlich künstlich erzeugter Elxstaae Prophezeihungen 
entgfanden. ,,Wenn irgend einPremdef wünscht, übet* die Sei^ 
nigen etwas «u erfahren, ao geschieht es» und wenn die&ie auch 
noch so weit entCornt wären, auf folgende Weise: Ifmaniator', 
p<o$t(f%mm wiialis ceremonus evocmtas deos suos compellain^. 
ifMto coUabiiur ei ejorniimtdur, quasi' €a:sii9u:ie iltoj re* 
f)era abscedat ex corpore atüma. • Neque enim auf spiriiui 
in eo reUquut esse «ml resiare cum viia scf^us aiiquis et 
modus pideiur. Sed ui adsint semper f^ui, oportet ^qui 
projeetum ei exänime corpus cusiodiofiU ^^od cum non fit, 
duemanes id abripiunU Boris viginti quaiuor elopsis 
reverentc spirifu, eeuyrofundo somno^ cum gemitu ejpper" 
gkdfur eärani$ne corpus, quasi revooeturin viiam ex morte, 
qua condderat Posiea sie restituius inierrogata respotidei 
et ut fidem faeiatß perconiatori reeensei aliquid, quod 
agnoseat (tte et eerto sdatß in aedibus suis aut cognator 
fuisse *)". 



').B6rt demselben Volke herrscht auch eine grofse Furcht vor.Go* 
fipenstftrn. Die ^Schatten ihrer eigenen Verwandten kommen, am bäa-> 
figsten wieder und beunruhigen sie^ Sie wissen dies, bles durch ein 
Mittel nnd' KwUr dadqrcli zn Terhnten^ dafs sie dereil Leichname unter 
ihrem eignen Heerde beerdigen. Aehnliche Beobachtungen sind in 
neuerer Zeit 4m nördlichen Asien von dem exstatischen Wahnsinn der 
Schamanen gemacht worden^ von. Matuschkin, welcher den Oberst 
Wrangel anf seiner Nordpolexpedition begleitete,, bat in Alar Sunt ein« 
Tageweise von Werchojansk \9%0 eilten solchen Fall beob^ohtet. 'Der 
Schamane yersetEt sioli nicht blos durch sehr gewaltsame heftige Be- 
if egnngen seines KÖrpers> durch wilden Tanz in eine unnatürliche Auf- 
regung, sondern er geniefst auch in den Zwischenangenblicken des 
RnhenSi noch ein »us Fliegensehwamm biereitetea Getränk odor starken 



40 

Dicf Fähigkeit wdhrEOsagen interessirt ans bei dielem 
Volke zunächst nicht; was wir hatiptsächlich herv<N*heb6ii wol- 
len, ist die Ansicht von der völligen Loslösung der Seele vom 
Körper. ,,Es müssen Andre über den entseelten Körper wa* 
chen, damit ihn die Dämonen nicht fortreifsen'".. So hat man 
auch bei den Hexen beobachtet, dafs wenn man .sie aus. ihrem 
exstastisehen Zustande weckt, oder genau züneld;, bis ^ie von 
selbst aufwachen, die fortgezogene Seele in Form einer goU 
denen Fliege wiederkehrt und dabei etwas Geräusch macht, 
Dann erst ^ wacht die Hexe auf. Man hat dadurch mehre 
Hexisn entdeckt und Gelegenheit gefunden, sie zu verbcenn^ 
Der Mund mufs defshalb bei solchen Exsta^en auch immer 
halb geöffnet bleiben und man behauptet, daCs wenn, man > den 
Mund zumacht oder den Körper timdreht, die Seele» die nun 
keinen Zugang mehr zum Körper . habe , wieder, loi^t-! 
Qiege« Nynauld {loe. cif^) hält dies für unmöglich und schiebt 
Alles auf den Teufel, der selbst unter der Form einer Flie^ 
(B^lze^uby Fliegengott) den ganz^en Spuk verübe. . ^ 

Die Sache läfst sich auf natürlichem Wege so erklären: 
Eä mögen die Thatsachen häufig genug beobachtet worden 
sein, d^is Weiber in exstastisch kataleptischem Zustonde ge$tor* 
hen sind, oder dals man ein^i Zustand von BewusfUosigkeiit 






Branntwein und a^fnet starken Tabak ein. Dann fallt er bewafst- 
los -ZH Beden, es folgen heftige Zuckungen, endlich ein dem. Starr- 
krampf ähnliGher Zustand. Zuweilen erwacht er toa seihst , <ider er 
wird durch das Klingen metallener Geräthscliaften aufgeweckt. Seine Au* 
gen sind starr, seine Glieder Ton andauerndem Zittern befallen, und nun 
antwortet et auf die Fragen der Herannahenden und prephezeiht. I^er 
Zastand endet gewöhnlich, dafs det Schamane abermals su JBoden 
st'drzt, in KonTulsionen verfällt, aus denen er aUmahlig zu sich kommt 
Bin bleiches gedunsenes Gesicht, rothe entzündete Augen, eia lüpfäir 
liger Körper Terratlien eine Disposition zum Sehamanischen ^Wahnsifta. 
icf. Schubert Geschichte der Seele. Seite 393 etc.) Ueber ähnliche 
krankhafte Krschemungen und besonders über den in vielen Beziehun- 
gen hierher gehörigen second- sight der Scbettländer und ^er Bewobaer 
der fernen Inseln ef, hauptsächlich Horst Deuteroskopia. • . . « . 



41 

ans Hegend welchen Ursachen entstanden, für eine £x8taae ge^ 
halten hat. Für einen Mensehen, bei dem die Respiration ohne* 
hbi sehr dGrftig von Statten geht, ist es ein noch gröfseres 
Hindernifs für das Fortleben, wenn man den Mund zumacht 
oder wenn man ihn gar .auf den Bauch legt und den Thorax 
dadurch zusammendrückt. . 

Die Zusammensetzung der Salben wird von den Hexen- 
schriftstellem ziemlich übereinstimmend angegeben (c/. bes« 
Bapt Porta mayia näiural. Üb. 11^ Nynauld loc» cit. Remi- 
gius dacmonolair. Üb. I, aap* Hl, endlich . Möhsen ia der 
Geschidbte der Mark Brandenburg, in denen sich die Angaben 
der übrigen Schriftsteller am vollständigsten zusammengetra^ 
gen finden). Es sind last alle Narkotika Aufgeführt, Solanum 
somfuferumy Akonit, Hyoscyamus,. Belladonna > Opium, MohU} 
meomm vulgare, Sium. Diese werden gemengt, gekocht und 
eingedickt mit Oel, oder mit dem Fett kleiner Kinder, die ge> 
schlachtet worden sind, wie dies besonders die Hebeammen 
am Rhein (cf. Bodin und Sprenger) gethan haben sollen, Blut 
von einer Flederms^us, von einem Wiedehopf, das .Oel und 
Fett nach einigen nar defshalb, jl^mit die Poren geöf&iet wer-» 
den sollen^ und die Substanzen besser .eindringen können, das 
Fett kleiner Kinder aber nur auf besondern Antrieb des Teur 
fels, damit er die Zauberer durch so unermefsliche Sünden 
ganz zu seinem £igenthum mache, endlich werden Pappelblät«» 
ier, RuGs, Bitumen ete. hinzugethan. Nach der verschiedenen 
Zusammensetzung werden Unterschiede der Salben, je na,ch 
ihrer Wirkungsweise gemacht. So trennt Nynauld (loc, cit.) 
drei Arten von Salben. Die erste läfst, wenn der ganze Kör«- 
per bis zum Rothwerden eingerieben worden ist, glauben, dafs 
der Körper iü die Lüfte gehoben worden sei; je nachdem die 
narkotischen Substanzen zum Gehirn in die Höhe steigen, 
drängen sich phantastische Figuren^ mit ins Bewußtsein, und 
das GeUm wird jnit verschiedenen Bildern angefüllt. Durch 
diö zweite Art der Salbe führt der Teufel die Menschetv grofse 
Strecken weit forty und durch die dritte erregt er den Wahn 



42 

der Umwandlung in Thiere. So sind in der ma^a nmtmr* 
(Hb, VIII) Fälle, wo ein Mensch nach einein Tränke eine 
Gans zu sein glaubt, \ind mit dem Schnabel auf dem Fufsbo-' 
den umherhacken will, ein andrer dich ein Fisch zu sein dönli 
und in der Luft Schwimmbewegungen macht. < Es scfaKebl 
sich hier die Ansicht an, die sich in der Therapie, des Mit.tel* 
alters als die Lehre Von den Signaturen geltend mächte^ dafs, 
wenn man die TheHe eines Thieres in einer bestimmten Mi- 
schung gäbe, der -Wahn entstehe, 4n dieses TMer vefwanileft 
zu sein, Träumereien, welche durch die Experimente mit Trans- 
fusionen sich ^vissenschaftlich zu begründen versuchten. Wir 
haben oben Jn den einzelnen Geständiiissen der wegen Lykan** 
thropie Angeklagten gesehen, dafe auch siq* Anwendung von 
Salben gemacht haben wollten. 

Dies sind die herrschenden Ansichten in der Litteratur 
des Mittelalters, welche auf die Verwandlung- in Wölfe üwe 
Anwendnng finden können. Ji)as Bewufstseifi ^iner «aohge* 
mäfsen Erklärung einer - natürlichen Deutung der patholo^ 
sehen Verhältnisse, das im Alterthume viel entschiedener sich 
herausgebildet hatte, wird durch die fortwährende Rücksicht 
auf dämonische Einwirkung verdüstert und verkümmert^ die 
Vei-suche, die Erscheinungen -durch Nareoiiea zu >erklären» 
bilden ge\yissermafsen die Zwischenstufe, den vermittelnden 
Uebergang der Ansicht, die sich von der sinnlos abergläubi- 
schen' Vorstellung der unmittelbaren, dämonischen Wirkung 
zwar losgerissen hat, die sich aber zu der reinen unverfälscht 
ten Ansicht des Thatbestandes noch nicht erheben konnte. 
Dafs in manchen Fällen Narkotika angewendet sein könnerl^ 
dafs Närcoiica seltsame Hallucinationen hervorzuruffen im 
Stande sind, will ich keinen Augenblick in Abrede stellen. 
Gerade die, in der neuesten Zeit mit dem Haschisch, einem Exv 
tract aus dem Saamen der cmmabis indka und einem ge* 
wöhnHchen Berauschungsmittel' im. Orient bei uns angestellten 
Experimente scheinen der Wahrscheinlichkeit Vorschub zu lei« 
fiten, dafs im Mittelalter Aehnliches stattgefund^ habe {of. Mo^ 



rtmk Du kasehisch Pari9 I8tö. Brierre deBoismont Des haU 
luemirtioHM). Ich will nur einen Fall hier ' citifen. Macario 
(#111*. tes hiMneiHalien» in den Amiokismedicö'psyehologiqiie» 
l#fiK6) ;9. 30>hiit selbst eine Dosis von diesem Extract genom-^ 
meh, obwohl er Jeider nicht' angiebt, wieviel. Nach einer Vier- 
iektunde fühlt er Ameisenkriechen in den Beinen; e^ kommt 
ihm vor, als ob seine Hände mumienartig vertrockneten. Er 
i^ringt >^thend in die Mitte d^s Zimmers, weil er in diesem 
Augenblick glaubt, ein RSoberhauptmann zu sein; seine Per- 
alhilifchkeit ist dabei nicht aufgehoben, • ei" weifs sehr wohl, dafs 
er kein Räuberhauptmann ist, aber eine un^widerstehHche Ge-^ 
wall Bwingt ihn, sich so zu benehmen. Nach einer halben 
Stunde sehr grofse Hinfälligkeit, dann wird er sehr heiter und 
im dritten Stadium ganz rasend und kann nur mit Mühe von 
Gewaltthätigkeiten zurückgehalten werden- Hallucinationen hat 
Macai90 ia keinem Stadium gehabt, wohl über andere Perso-» 
Den, welche ebenfalls von dem Mittel genotnmen. Einer sah 
Schmetterlinge, Einer die Sonne in der Mitte des Plafonds; 
Alle halten ein grobes Gefühl von Leichtigkeit, als ob sie in 
den Ltifleh davon fliegen sollten. * Aehnliche Beobachtungen 
haben v^r 1)ei Eitperimenten mit «Kesem Mittel an Geistes^ 
krankte in der Charite in Berlin zu machen' Gelegenheit ge^ 
habt, (Medicinische Reform No. 26). Trotz dieser, scheinbair 
ekieit sichern Anknüpfung^unkt darbietenden . Erfahrungen, 
fiihk ich mich doch keinen Augenblick der Nöthigung entho<» 
ben, für die Ljrkanthropie noch ändere wissenschaftliche Er* 
Uärungsgründe aufzusuchen; ^s scheint mir ein zu summari- 
sdie8 Verfahren, wenn man den ganzen Hexenprocefs und 
lOiob die ' Lykanthropie ^ det* Anwendung narkotischer Salben 
beimessoi wollte. Die in einer gewissen Reihefolge entwickelten 
Vorstellungen der Lykanthtopen zwingen uns, bei den Narcih 
fid# nicht stehen bu bleiben. Wenn "sie v<mi Einzdnen ange- 
wendet werden ehid, was allerdings möglich, aber nicht «er« 
vriesen worden ist, -so konnten sie nur eine grofse Exalta* 
Ü0lh «rseugeßy unter Umstihiden vielleicht, eiaeft kataleptiscHea 



u 

Zusltaiid, eine allgemdne phatutastisdie Aufregung nnd dadurch 
eine Disposition zu bestimmten Haiiucinatiotien und WiAn« 
Vorstellungen. Nach den gewöhnlichen raedicinischen Erfah- 
rungen verursachen Excitantia, ebenso wie Narkotika nur eine 
untergeordnete Folge von Sinnestäuschungen, und sie geben 
keinen Aufschlufs über die specifische Form der IlaUtieina-^ 
tion, der Wahnvorstellung. 

Nicht einmal im Mittelalter erschien die Wirkung ei-^ 
ner giftigen Salbe i^ein genügend» um den : Zaidrer her- 
vorzubringen. So sagt Remigius (Daemonolaii'. Colon, l&96y 
lib. 1, cap* HI): Die Hexen bestrichen mit ihrer magt- 
sehen Salbe die Hände und sich ganz und gar ohne Schaden; 
für Andre jedoch, welche nur den äufsersten Saum am Kleide 
der Hexe berühren , wird die Salbe aogleich tödtlich, wenn 
nämlich der animus laedendi damit verbunden ist; und 
Remigius glaubt daher, dafs die äufsere Einreibung nur ein 
Symbol für das Bewufatsein sd, welches die Unglücklichen 
zu ihrem verabsch^uungswürdigen Verbrechen unter Leitung 
und auf den Rath des Teufels mitbringen. Der Teufel' aisd, 
oder vielmehr der innerliche Vorgang, dela der Teufel vermii* 
telt, ist die Hauptsache und die stoffliche arzneiliche Wirkung 
nur ein beigeordnetes unterstützendes MitteL Noch entschie» 
dener äufsert sieh Casmannus darüber {loc. etV* p. Ily p. 64)« 
Es ist ganz falsch, dafs man den Einrdbungen oder Beschwor 
rungen oder dem Wasser oder gewissen Speisen und' Geträn-» 
ken die Kraft zuschreibt, die Menschenleiber 2u verwandeln* 
^fSed tranmuiaiioHes haefitmij dicet aliquis^ ubi vel cibÜM 
Bumiturj vel corpora unguniur^ aui aquis hominet imnvtr^ 
0untur^ aui verbU quibusdam incaniauiur. Sit Ha; fiant, 
vcrumiamen non fiunt, quia haee adlUbenturm Lavit qtä^ 
dam, cum esset eclipsis^ autnon quia la\)abat erat eeUpsism 
Non negamus Iransmuiaiiones fieri, dum hoH: adhibetiiurt 
neffornus idcirco fieri, quia haec udhibetUur^. Der Grtind 
dieser scheinbaren Verwandlung ist nur in zwd Dingen aui 
suchen, einmal in denjenigen^ welehe üeh aelbat verwandeU 



45 

vorkommen, dann in denjenigen , welche Andere in diesen 
fremdartigen Gestalien zu erblicken meinen. Wir haben 
nur tu fragen, was jene glauben läfst, verwandelt zu sein, 
und was die Sinne der Anderen so verblende. „(7ifro- 
biqucj operam diabali praedpuam censemus esse causam. 
Hie prioribus persuadei, quod in besiias convcrtuntur et 
posteriores faseinatj ut sub brutorum formis se conspicere 
arbitrentur^ eos, qui proprium humanamque rctinent*^^ — 
Auch die Annahme einer spontanen Exstase, eines blofsen Träu- 
men», vne es vorgekommen sein kann (cf. oben p. 10 den 
Fiill von Kanold) genügt keineswegs, um die vorhandenen That-« 
Sachen zu entkräften, md entliefot' an» nicht der Verpflichtung, 
eine weitere Erklärung für die eigenthümUche FornL der Wahn- 
vorstellung zu suchen. 



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\ • 



IIL Epikrise. Die Eatstohang des WahoA der 

Thienrerwandlung. 



Was wir aus dem Alterihume über die Thierverwandtimg 
wissen, ist in Sagen und Märchen gehüllt; erst im Mittelal«- 
ter formen sich die Personen und Verhältnisse und werden zu 
Krankengeschichten, aber es ist ein so grauses und spukhaftes 
Wesen darin, es liegt dem gewöhnlichen Leben so fern und 
scheint so sehr ohne innern organischen Ziusammenhang mit 
dem, was sonst der Mensch fühlt, denkt und will, dafs der 
oberflächliche Beschauer versucht wird, das Ganze als eine 
isolirte, räthselhafte und unzerlegbare Thatsache stehen zu las- 
sen. Ich werde in den folgenden Zeilen versuchen, den Wahn 
d^r Thierverwandlung an menschliche Zustände, Gefühle upd 
Vorstellungen gebunden darzustellen« Auch die Phantasie hat 
ihre Gesetze; nicht schrankenlos, sondern an organische Pro- 
zesse gefesselt, mufs sie in ihj-en kühnsten und freisten Kom^ 
binationen den gegebenen natürhchen Grund auffinden lassen. 
Es ist der Mythenkreis eines jeden Volkes aus einfachen wah- 
ren Begebenheiten hervorgewachsen, denn je weiter eine Ber 
gebenheit in die Vergangenheit a^irücktritt, desto mehr liebt 
und strebt der Mensch, auch in seinem eignen, kurzen Leben, 



47 

vA diebterischem Gewände fluuunkleiden. Der Historiker» 
der NaUirf(Nrscher mufs 9ua dieser UmhüUciDg das Wirkliche 
herauderkennen; ^r kann e$/ weil die Grundbedingungen des 
Bnenachlichen.Lebensi dt», leiblichen und des geistigen überall 
und EU allen Zeiten dieselben gewesen und geblieben sind. 
Halten wir diese Gedanken für die Lykanthropie, für den 
Wahn der Thierverysrandlung fest, so wird sich die wunder- 
bare, - iaolirte Thatsache bald in einen zusammenhängenden 
Procefs auflösen. 

Nur alloiählig löste sich das Bewufstsein der Menschen 
von der .ihn umgebenden Natur ab; ^r war ursprünglich eins 
mit den Bäumen, Quellen und Thieren. Im unmittelbaren 
Verkehr traten ihm die .Thiei*e am nächsten ^). 

„Es ist nicht blos die äufsere MenschähnUchkeit der Thiere^ 
audi die Wahrnehmung ihrer mannigfaltigen Triebe, Begeh- 
rangen, Kunfrtvermögen,, Leidenschaften und Schmerzen zwingt 
in äH'em Innern ein Analogoa von Seele anzuerkennegi, das 
bei dUem AJwtand von der Seele des Menschen ihn in ein so 
ompfitidjxK'es Yerhältnifs zu jenen bringt, dafs ohne gewaltsa« 
man Sprung Eigenschaften de^ menschlichen Gemüths auf das 
Tliier und thiörische AeuCserungen auf den Menschen übertra- 
gen werden dürfen.« — Die fiühern Zustände menschlicher 
Gesellschaft hatten dies Band noch fester gewunden. Alles 
«tfamete nodh ein viel frischere^, sinnliches Naturgefühl. Ja« 
ger und Hirte sahen sich zu ein^m vertrauten Umgang mit 
den Thieren bewogen, und tägUches Zusammensein üben sie 
im Erlauschen und Beobachten aller > ihrer Eigenschaften. Da- 
mals wurden eine Menge nachher verlorener oder geschwäch- 
ter BeziehungeQ zu den Thieren entwickelt. — Blieben nun 
zwar in der Wirklichkeit immer Schranken gesteckt und Gren-» 
zen abgezeichnet, so iiberschritt und verschmolz sie. doch die 
gan^ Uüsetiuld der phantasievollen Vorzeit allenthalben. Wie 
ein JKind, jene Kluft des Abstandes wenig fühlend, Thiere bei- 



' I I ■» ' H f 



').J«i«ob Grimai,. Eeidiart Fuoha, «ap. I. 



4ß 

nah für seines Gleichen ansieht titid ak solehe'behand^i 
fäfst aach dad Alterthuth ihren Unterschied von den Manchen 
ganz andei^, als die spätere Zeit. Sagen iiQd Mythologien 
glauben Verwandlungen von den Menschen in ThSeiie und hier«- 
auf gebaut ist die wunderbare Annahme der Seelenwanderung^. 
Wie ^ich dann später um diesen Zusamifienhang des thieri- 
sehen und menschlichen Lebens her die vidgeschäftige Sage 
und die' nährende Poesie ausbreitet und ihn dann wieder m 
den Duft einer entlegenen Vergangenheit zuFÜckschiebt? und* 
die Grundlage der Thierfabel abgiebt, berührt nicht mehr 
unsern Zweck; wir haben in /den oben ausgesprochenen SStzenr 
den in der Entwickelung des Menschengesehledits^ natfirliieh 
gegebenen Hintergrund für den Glauben an die Vorwamdkmgf 
in Thiiere gefunden. 

In den mythologischen Vorstellungen des 'Orients bildet 
die Thierverwandlurig einen integrirenden Theil^ selbst dieG&U 
ter Griechenlands lassen sjch h^rab und bedienen sich * eine» 
Thiergewands, um irdische Zwecke schneller, sichrer und un* 
entdeckt ausführen zu können, weil es ihnen in menschlicher 
JPorm wfeniger leicht geglückt wäre. Von- der Annahme einer 
menschenähnlichen Thierseele und der Annahmb des Ueber* 
gangs der Menschenseele ih das Tliier ( Metempsychose) imd 
umgekehrt ist nur ein kleiner Schritt. Die Lehre der Metea^' 
psychose ist zunächst auf das Bewußtsein der Stufenleiter Vota 
Thiere zum Menschen gegründet. Die Annahme einer be« 
seelteii Thierwelt war da/ aber für das refli^cürende Be« 
wufstsein war dies noch ein Räthsel, denn noch kann die Na- 
tur^^issenschaft nicht die Entwickelung der psychischen Thä- 
tigkeitsäufserung aus dein Organismus herleiten. Die menschfiche 
Seelie' mit ihrem Bewufstsein erscheint als ein fertig Gegebene»* 
und Präexistirendes ; psychologisch liegt in der Annahme der Mö-< 
tempsychose die erste Ahnung oder das Streben nach einer Oe« 
schichte des entwickelten Bewufstseins. Die NaturphUosopfane- 
hat in der neuern Zeit für die Bildung des Organismus den- 
selben Gedanken ausgesprochen , und in jiat . fiildttiig deg 



4f 

iDemcMicheii Fttui ek» Reibe» von Thierwandluiigeii su stittä 
geglaubt, «m ForlsöfareÜen y«i der medem Gattmig m der 
hohem. Nach dem Tode geht, die Entwicklung der Seele 
weitev; aie kann erst «kifenweisie wa üxcem Zurödiakiken in 
den^Aedier^ in den vmfs, in Brahma, in GoU gelangen. Das 
menseUiehe Leben ist nur ein Thal jener Entwiekkmg, und 
attf jeder Stufe kann sie stehen Ueiben und xurneksinkto in 
grefeere Ntedrigkrit; deshalb wird in religi&ser Hinsicht, in der 
Sefailderung des Lebjens * nädi dem Tode die Mete^ipsychose 
verwerthety ale Belohnung und Bestrafung. Ein wilder, grau* 
Mmer Mensch wird in den. Leib eine6 wilden Thieres hinm« 
gebannt,- mid frühseitig schon erscheint^ die Tbicrverwandlung 
ab Fluch der Gölter finr eine bSse That^) (cf. p^ \. Lycaan). 

' I t 

Wo sieh ferner mit der Vorstellung an das lebendige Eingret* 
fan böser, unheimlicher W^sen (Dämonen) in das mensohhche 
Geschick der Glaube an Zauberei ausbildet, da wird zur Be<* 
scidinang des nicht Menschlichen', des Widerhehen und M^i^ 
achenfeincBidien em sokh böser Geist und seine'Untergebenen^ 
St Zaidmpcrt Hexeil, ete. unter der Form einer acheuisliehen 



*) Cf. fLber die Seelenwancternns 1>bi den Indiern Windischmanir, die 
ntlöBophie Im Fortgänge der Weltgeschichte. I. Bd. 4. Abth. 1SS4« 
me Lo<i$a and Wandeiiinfen * dea. Leheadigen. S. 1S94 9ie^ Aaas&ge 
ania Mann und den Upanischaden. Bo kommt z. B. derjenige, der einen 
Brahma getödtet hat, in den Mutterleib . einer Gazelle hinein , in den 
eines Hnndes^ Schweins oder Kameeis; wer Fleisch gestohlen, wird ein 
G«ier, wer eine fcah, ein AUigator ete. ^. Stenfeler. YaJnaTalkjra*! 
Ckaetalmeb; Bentodi hera«#gegebea« Berli« 1849 p. 112. Vers ^7. 

^ Dia Begriffe ron.Metempsychose in der griechischen Philesophie 
bei den Pjthagoräern , in der weitem Ansbildang der Platonischen 
Lehre sind ofTenhat orientalischen Ursprungs^ denn aireh die Perser, die 
Thranier etc. kaitten diea^en VarsCellangei»» fts ist bekannt, wie die 
JiMien ans d^r Bab]flonischlin Gefangenschaft e^ auagebi)detes System 
yon Engeln nnd gefallenen Bngeln oder Teafeln mitbrachten, und daaa 
in ihre religiösen Yorstellnngen hineintrugen. Im Plato »ind die dar« 
iHier »prechenden Stellen naraentliefa im t^haedms tind Timaens, dann 
9kk CIcato in a^awal^ pttiiBgL ^ and IBHnmiimk Skifßkm, 

4 



<S0 

Thief geatait dargesleUl, tvÖTon dafi gonse AftertÜiUD, Wife iradi 
das MUtoklter wioitiieit Aös «fem Aüifteläber eHmMre ick »ur 
an Se Katzen , als weiche die Hexen,, um ^r Vampyrgelüsl 
zu befriedigen, «ich au den Ueinen Kindern sehlichüi, an die 
Boöksgeslah des vchrisfcficbeB Teufels, jetoi Auch in der indi" 
sehen Mjrthologie komnien Buhlgeister «nler der Forai von 
Hunden, Katzeh und Tigern und andern sebeufsQdien Thierge^ 
stalten zu den Frauen und einlrücken sie« So tKctiteten.sieh diese 
Vorskellangen indem Sachen nach Analpgieen, die aus einer 
natürlichen, sinnlichen Anaehaunng «ntnamn^eii sein s<»Uten$ 
zusammen; war aber eine-aolche Auffassung in /den Myfhenlcreia 
eines Volkes eingedrungen, so mufste bei der innigen, Verkel-^ 
tung der religiösen und mythischen Anschauungen der Qlaufae 
daran um so fe^er in den (lemüthern Wurzel fassen/ und ^ 
erklart sich auch^ dafe eine im Allgemeinen im Aber- und 
Wunderglauben befangene Zeit, wie das Mittelalter, diese VoU 
stelhing -auch von Neuem wieder dichteii und geilten konnte. 
JiVir haben oben in den Ansichten der SchriftsteUer das Bingen 
EiiBEelner gesehen, sich los zu reiben und frei 'z<^ -werden vm 
den überkommenen verzerrten Vorstellungen, aber auch ihr 
Zurücksinken in die allgemeine Befangenheit des Jahrhunderts. 
Das Zustandekomn^en ein^r Wahnvorstellung im Indivi- 
duum ^ die längere Zeit dauert, bedarf meist, auch wenn im 
Allgemeinen durch' Erörterung der ZeRvorstellungen die-Mö^ 
Hchkeit des Glaubens an ihre Realität nachgewiesen ist, doch 
nach besonderer individueller Verhältnisse. Wir haben durch 
den Nachweis einer Voiksvorstell^ng nur die forüigebendeii 
Elemente dtt Krankheit des Einzelnen gewonnen. Es körnten 
diese in der Zeit liegenden Elemente die Ursache der Krank- 
heit werden, indem sie in die Einzelnen hineinwirken« aber 
auch das Umgekehrte findet statt ' Die Krankheit beginiy; ina 
Einzelnen und findet ah den vorhandenen Ideen ihre Stütse 
und den Anstofs zur weitern Fortbildung. Wir haben uns 
somit nach den individueUen und zwar pathologischen Zust^n*- 
den umzusehen,' aus denen aadk im bidividuum eine dwarti^ 



WithiivoFilelkmg entwickcft. Es ist Mmer Nach wfsia nm so netlh- 
wendiger, als sich in iM^sern heutigen Irrenhäusern Analögieen 
dafüv dirbieleDy welche uns lugleich die Kenff oUe für dsk Ge- 
gdbene liefern*, und die in die Yergatigenbeit entrüekte^ Foi^ 
«ehung noeh iiHiiger an ^it Wirklichkeit anknüpfen« 

Es verdiento in dem Bilde der Ljkandiropie verschiedene 
firs^hetnangen einsein: unsere Au&nerksamkeit. Die äk^en 
Schriftsidtter^ welche sie im Allgemeinen anführen, stellen sie 
knrzweg als eine Ahart sur Melancholie, jd Einzelne halten die 
WahnTorstellang, in emen Wolf verwandelt tia seiiii scheinbar 
gttr nicht für nothwendig; der FaU von Faresius: (s. oben) 
ist 'nach seiner kurzen Skizze nur ein Fall von metmichoUa 
vaga *). ^ Offknbar waren aber Lykanthrepen selbst fest von 
der .Uinwandlung ihres Körpers überzeugt Wie viel dabei 
anf die iin Mitleklter oft angeregte Einwirkung der Salben, 
der Narkotika überhaupt zu geben sei, ist eben schon behänr* 
4elt worden. ' Nach unsern jetzigen Erfahrungen kann der 
Wahn der llmwandlong pathologisch auf folgende Art zu 



') Bi>6jiso willig kann kh elften von M^tk/py (Nouv flies rechercheM 
sur le$ nutlndieß de IV«prit ,1816^ !>. 96) als Lykanthropie angeführten 
l(i*aU als solchen anerkennen: Ein Maurer verfiel im Herbst des Jahres 
Ji\l o/hüe nachweiurbate Ursache'in* tiefe Melancholie.' In der Nacht 
■ehwebte» phantettisehe-Ersoheiniuigea vor seinen- Aagen, nnd am Tage 
ftuchte efr abgelegene Orte auf, iiiii sich zu verbergen. Am .zweiten Tage 
seiner Krankheit verweigerte er jede Nahrung, aber einige Tage spa* 
ter stürzte er sich mit ungeheurer GieV auf die ihm dargebotene Nah- 
rungsmittel und stiefs dabei ein Geheul aus, wieWMfe, madite auch, 
in ein^r Art tarn Wutbanliäll, mehrfach den Versach zu beifsen. Am vler^ 
zehnten Tage lief er in der einen Nacht heulend, auf den Feldern um 
her. Wiederholtes Begiefsen mit kaltem Wasser brachte ihn etwas zu 
sich. Am achtzehnten Tage Endete die Krankheit durch einen heftigen 
%k Standen daäernden* Fieberanfell. 

Idi gestehe, dafs mir 4ft9 ,i Scknapipen nach Speisßn** und das 
^,ä[ealen** doch nicht genügt, um einen Wehrwolf daraus zu man- 
chen, denn sonst müfsfen wir viele Fälle von >, Tobsucht**, in denen 
allerdings zeitweise solch thierisehes Gebehrden vorkommt, für Lykan« 
thropie erklänA« 

4* 



SfMde kcMB»€ii (cL Gnmdbögt zkr Pafliokigie \d^ lAiyoUfidben 
KFankheiien. Berfin 1848. p. 64 e# jef .)• 

In fieberiiaften Krankheiten wknd die Si^fiibililät oft in dc^r 
Weise verändert, dals die Kranken sick über den Rttimy dep 
ihre Glieder einnehmen, läiiseheh, ihr Korper konäni ifaaen an 
gro&y oder zu klein vor; oder einzelne Gliedmeafsen recken 
und dehnen; sich ins Unendbdie oder schrumpfen «t «dir Ueit 
pen Thealen zusammeD. Es ' ist hei Typtadurankkeäai «icil^ 
Seltenes^ iiberfaai^l bei vielen Zuständen^ wo das Nerven« 
System besonders angegriiten isl^ dafs sie sich vorübergeheisd 
tiichl zuähren Gliedmaafsen bekennen woUen, dafasiemeineBi 
es lägen zwm Personen inr Betfe und sick nur für die eine 
haUen^y oder dafe sie sich halbirt-TVorhonimeii. .Dieselben Er* 
seheinungen kommen in der Rekonveleecenz nach ersohifpfen- 
den Krankheilen vor, obwohl seitner. £s können diese Täo» 
sckongen sowohl von einer gesteigerten, idb auich vermioderleii 
Eoap&idlichk^ der peripherischen senäibeh Nerven iierrühten, 
doch i^cheint in einzelnen Fällen Keines voübrnden statt zu 
finden, sondern eine ganz eigenthümli<^e Affektion des Ge- 
meingefühls vorhanden zu sein. So habe ich eine Kranke 
beobachtet (L e.% welche von jeher sehr sensibel» reizliar und 
schwächlich, durch viele Geburten sehr ' heruntergekominen^ 
echon früher mehrmals geisteskraxüi» das eine Mal nach dem 
Wochenbette, in Folge eines Wortweehsels mit einer Nach- 
barin &o aufser sich gerathen war» dafs si^ sich mit. einem 
Hasirmesser einen tiefen,. aber ungefährlichen Schnitt in den 
Hals beigebracht hatte. Sie fieberte mehrere Wochen lebhjifti 
hatte heftige Delirien, die Wunde heilte langsam Und nach 3 Wo^ 
clien trat reichliche Abscefsbildung und Zellgewebsvereile- 
rung an den Händen Und. Vorderarmen ein. , Pas erste Zeichen 
ihres wiederkehrenden Bewufstseins waren Klagen über, den 
Verlust ihrer Glieder. Die Empfindlidikeit war nicht aofge- 
hoh^, sie klagte beim Verbinden jedesiQal lebhaft über den 
jSchmerz> aber ihr Arm war fort, ihr Hals und ihr Kopf. Mit 
wiederkehrender Kräftigung kehrte das Gefühl der Zugehöng- 



5a 

keil üwer OfieAn* aUmälig sarüdc, A^r ^tebi^ so iab rie 
•elbat flchon daräber lathie» dafs- sie den aitf dem Bette lie- 
genden Arm nicht als den .ihrigen .hatte anerkeimen .wolkn, 
aber -nficb besorgt war, wo« ihr Hals hingekommen sei. 

^ Eine andere Reihe von hierhergehöngen Eällai bilden die 
hei Hypochondrischen vorkommenden StSrttngen dea Gemein* 
gefühls, dafa einzekie Köipertbeile aus andern Stoffen besteh^ 
diif» die-Beine von Glas sind und ähnliche VorsteUimgen^ die 
steh dann aber den ganasen Körper erstrecken können, und den 
Wahn einer ganft und gor veränderten PeFSönlichkeiL-bedingen. 
Ein einiiges Mal habe ich bei einem Manne, emem Theolo* 
geir, d«r stark onanirl hatte, und sich- immerfort- mit seinea 
Geschieditstheilea «i thun machte, die £iid»ildung beobachtet^ 
da& er ein Weib sei oder ein Z^tter; ich giaube, dafa bei 
diea^ Wahnvorstellung jedesmal geschlechtliche Reizungen asa 
Grunde liegen. Es wird übrigens dieser Wahn meist nur von 
Männern erzählt Die ^Xsia vovaog der Scytbea . ist ob^n 
schon angeführt 

Die Entfremdung def eigenen Persönlichkeit kann noch 
üuf andere Weise 9u Stande kommen. Ein Monomaniakus, der 
sich aus irgend einem .wahnsinnigen Grunde für mn anderes 
Wesen zu .halten berechtigt glaubt, ^ucht allmälig sein ganzes. 
Denken, Fühlen und^oUen in diese fremde Persönlichkeit« hin- 
citizulegen; er findet darin einen. Beweis für die Richtigkeit 
semes Wirfiiis, wenn* diese neue, aus ihm herausgetretene und 
objectiv ihm gegenüberstehende Persönlichkeit sich auch nut 
seinem, eigenen Fleisch und Biut bekleidet Deshalb betmnmt 
ersieh.^ handelt so, wie es diesem eingebildeten Zustand zu« 
kommt umd bemüht sidt, dieselben Bedürfnisse, Begierden, und 
Empfindungen sich einzureden. Jemehr er dies versucht, desto 
lebmd^er und -fester wird ihm die innere Wahrheit. Je nach 
dem sonstigen Wesen der Kranken und der durch andere Ver- 
häknisfie 'begründeten Eigenthümlichkeit des Wahns bewegen 
sieh diese Metamorphosen in glänzenden oder düstem Bildern, 
so wie ach audi die Qualität der ' umgewandolten neuen Ge- 



54 

stall Zuweilen auf ^en urspFängiieh , ergriffenen Theil 
führen lafst* Nähert aieh der Kranke dem Blödsmn, d. h. oiinH 
dert sich die Energie seiner geistigen Kraft) so verschwindet 
auch die Zähigkeit, mit der er an einer Metamorphose festhicijlt 
und bei der Unfähigkeit, sich in einem phantastischen Zustande 
seharf emzuengen und abzugrenzen, wechseln die .RoUen und> 
die Personen, die er spielt, wechselt dia» GefM, .das ihn in 
die oder jene Verwatidlung hineintreibt Idi habe Aidhrmals 
in diesen Zuständen einen Uebergang in der Weise beobaehtet, 
dafs der Kranke zuletzt bei leblosen. Gegenständen anlangte, 
dafs er früher Prinz oder Christus etc., ilberjkaupt «in .einer 
Rolle, mit der nothwendig das GefÜM der Herrschaft, der 
Kraft verbunden seinmufste, allmählich versteinerte, sidi unend«- 
lieh alt voricam, zu einer Statue wurde, zu PorzeUän, zu .oinem 
hölzernen Dinge* Ein Mädchen, die an deinentia pahdfiiea 
zu Grunde ging, lag viele Monate im einem imgeheuem, jau- 
chenden decubitus; ehe sie starb; ihr Bewußtsein war eine 
vollkommene tabula rasa geworden ; wenn man sie bei ihrem 
Nanien anredete, so wollte sie Nichts von der Person wissen, 
weil die lange gestorben sei-, aber in den letzten Wochen war. 
fast die einzige geistige Aeuüsernng, da(s sie auf tlas abscheo- 
liehe Schwein schimpfte, das da im Bette läge und das man 
todt machen müsse. Es war offenbar das Gefühl' des Ekek 
vor äirem eigenen Schmutz und Unrath, das sich in diesen 
Schimpf Worten Luft machte \mi ihr die Vorst^Ung eines 
Schweins aufnöthigte. 

Dies sind, soweit ich übersehen. kann, dile pathelogisdien 
Zustände , welche häufig die Möglichkeit für den Wahn einer 
Umwandlung in ein anderes Objekt in sich schliefsen. Der 
Dualismus des ßewufstseins, als welcher uns dieser Wahn ent- 
gegentritt, ist auch im gesunden Leben voriianden; nicht blols 
im Traume, auch im Wachen können wir uns so lebendig in 
einen andern Zustand, in eine andere Persönlichkeit Mnein- 
phantasiren , dafs wir uns selbst verloren zu haben sdteineiik 
Wir kommen wieder zu un» selbst, der Kranke bleibt das. 



86 

was er geäadit Nur trorübergeheiid will^^sh, weil dies ta 
weit abfühi'en würde, an jenes Doppdieben erintiern, wie e^ 
in ExstMen^ in* somnan^ulen Zustanden vorkommt , wie es in 
der tiefen V^sonkenbeit in die Kontemplation des Göttlichen^ 
wovon uns der Orient,* und nantentUch Indien wunderbare Ge*^ 
heimnisse voDersählt, den Menschen fortmreifsen scheint in eine 
ti^rsiiinliche/ unfafsbare Welt, die tiur an d^ Hand des Glau- 
bens £u beschreiten ist; wir bedürfen für unsem vorliegenden 
Zweck der Erörterung dieser ; Zustände und Erscheinungenr 
mdit, di^ indefs dner natHrwisserlschaftlichen Betrachtung ^ehr 
wohl f^ig und bei der Menge Von Yorurtfaeilen, die sich an 
sie knüpfen, immer noch bedürftig sind. Ohne jenem in dem 
Streben 'nach Uebersintilichkeit veriichwfanmenden Doppelleben 
nachzugehen, bleiben wir vorläufig am Boden haften, zufrieden 
doa^it,^ wenn wir die Mjöglichkeit für den Gedanken einer Ver- 
wsndlung überhaupt gefunden hab^i* / 

Dafs bei manchen Lykanthropen eine perverse Sensation 
5er peripherischen Hautnerven da gewesen sei, also eine An- 
näherung an die bei Hypochondrischen, beobachteten Erschein 
mmgen, darauf scheinen mir die 'Angaben von dem Wachsen 
der Haare zu deuten, und jener mehrfach gebrauchte Ausdruck 
vernpellisj dals die borstige Haut' nach Innen gekehrt sei. 
Wie der Wahn an eine Thierverwandlung, und zwar in einep 
Wolf, sich gebildet habe, scheint zunächst darin seine Erklä- 
rung 2^ finden, dafs die meisten Lykanthropen Hirten waren, 
Menschen,, .die im Freien lebten, mit Thi^ren viel verkehrten, 
wochenlang von menschlichem Verkehr abgeschlossen, und der 
Wolf dasjenige Ranbthier, welches ihrer Einbildungskraft am 
öftersten vorschwebte, weil sie anl meisten damit zu kämpfen 
hatten. Es ist auch wahrscheinlich, daCs, wenn das Gespenst 
des Wehrwolfes .sich in Einzelnen als Krankheit erhob, die 
Gegend von Wölfen besonders beunruhigt worden war, und 
manche Mordthat, welche die Kranken sich' selbst zuschrieben, 
oder die ihneip von fanatischen- Richtern aufgebürdet würde, 
mir von Wölfea begangen worden war. Der Wahn, ein Wolf 



lu seih, ist feFiier nur der : Ausdruck def VerwiUicruiig die» 
Gemüthes', das sich m den eiilspre<^endeii Ausdmek eines 
ivildeu Tkieres hinekKÜchiely . ebenso bei der spontan entsieten* 
den Lykanthrepie, wie bei da*, «die nur ein Zweig der Däoio- 
noflianie. ist; der vom Teufel Besessene mufssidi für dais 
böse, unheimliche^ Wesen > das über ihn und in ihn Herr ,ger 
wcMrden ist^ einen Ausdruck suchen. Aus dieser VorateUm^ 
geht dann auch die Nothwendigkeit hervor, dem wilden. Tlier« 
nachsuahmen % in den Wäldern umherauschweifeo luld Thierci 
und Menschen anuifisllen und- zu sefffleisehen. und von ihrem 
Fleisdie su zehren^ Zuweilen scheint blob der Himgeir das 



tM~ 



Aus dem Krieis«. melBer Beol^achtangi^a f«&4ri A>lgen(l«r . Fatt 
hierher: £ia Bauer, ein liederlicher M.enaeh und Säafc^, wajr yon dem 
Hunde seines Narchbarn gebissen worden. Er fangt darauf einen Pro- 
zefs mit ihm an, und yerlangt Schadenersatz. Der Besitzer des Hun- 
des bietet ihm 8 Thlr. für Znrüoknakm« der-Ktaga, jener j^Mf ya^* 
««hmaht sie und verliert.. dann den Psozefs, Aas Aergeir .iifoer. di« ar- 
littene I^iederlage, und den Verlast Jener für seine Verhältnisse nicht 
unbedeutenden Summe wurde er tobsüchtig. Wenn ihm in der Irrenanstalt 
die Erinnerung an den Hund aufstieg, so fing er manchmal an za b>ei«» 
len and schnappte wie ein Hand nach den Speisen mit der AeuDierMig» 
^ sei selbst t^- einem Hunde geworden. J)ie Erflch^un^ wa^r indaik 
nur Torübergehend. Friedteich (Zur Bibel 3d. I, p. M5) stellt meh- 
rere hierher geherige Beispiele zusammen Cabanis Xrapporis du phy-^ 
ti^ue et du morttt de Vkümmt f. I, p. 57) erzählt, dafs hn Departe- 
ment la Correze. an 60 Person^fi von einem wothend^ : Wolfe und 
von den, yon diesem gebissenen Hunden, S^ühen und Schweinen ge- 
bissen worden seien, und die Meisten von diesen Menschen ahmten 
in ihren Paroxysmen die Bewegungen, Stimmen des Thieres, yon 
dem sie gebissen worden, nach. Weinreich (cammentni, de möneHtt 
Vratia, 1595 e/ip. 15) erzählt von einem Maddhen^ das, ,am Mt 
Epilepsie zn vertreiben, Katzenblat^ getrunken hatttj, aus Abaphe« 
dagegen jedoch in Wahnsinn terüel, in welchem es sich einbildete,' 
selbst eine Katze zu sein, und die Stimmen, die Geberde und das 
Mäusefangen als Katze nachahmte. -^ Ich erinnere ferner an die totr 
fi^raonomanie befallenen Nomien der helL Brigitte, weiche blökten, (in 
der Mitte des s^chszehnten Jahrhunderts), an die unter den Namen 
tnnl de laira aufgeführte Krankheit der Frauen in Amou, welche in der 
Kirche bellten (1613), cf. Der Wahnsinn etc. p. 163. 166.ee «e^., cf. fer- 
ner oben p. 41,' wo von der Anwendung narkotiseher Salinen <iie4lede ist* 



87 

ftreiteoda .Mofioent gtmsm «U s^; eaessUren Beispiele ge* 
m^, wo Uemehea dureh rihn ku dieser graiisenhaften . Eat*- 
äufserung ihrer Menschlichkeit gekommen sind, doch erscheint 
dies Beginnen diir^uft auch als die notliivendige Konsequenz 
d^ sich bis ins Eioselne verwirUichekiden Wahnvorstellung. 
£9 seigt luia die Gesclüchte der Psychologie ein^ Reihe von 
Dat^ wo der Trieh/Hafsh Blut instinktiv, zu sein scheint, ein^ 
Y^wilderung und Verthierung der Menschen ohne die Wabnr 
vorsteUwgi ein Thier va sein. Es ist eine^ bels^annte Thatsache^ 
dafs Grausamkeit bei wollüstigen Menscbeii gewöhnlich ist, .und 
{die die blutgierigen Tyrannen, von Nisro and Kaligula bis aitf 
Alexander Borgta, die im blofsi^ Morden und im AUscbauesEi 
des Mordens ihre Lust fanden» sohwalgten zugleich, im den 
r^finirtesten sbmliehen Genüssen. - . 

. . Unter den seltsamen Gelüsten der Schwangera wir4 auijb 
ihrer Gieg nach Menschenfleisch Erwähnung gethan. So er^äbU 
sehen Schenk {obi^erp. meJie. Üb. IV.degramdis) mehrere der? 
ftftige FStte. Eine Sditorangere sah einen Bäckergesellen, der auf 
iräer ontblöfeten Schulter Brod (orttrug. Sie wurde von. solcher 
Gi&t nach seiner Schulti^ ergriffen, dafs sie fortan jede Speise ver-* 
schmähte, bi^ ihr Mann dem Gesellen Geld gab, sich 4)eils0H 
tu l^sen« Aber er hielt nur tvfei Bisse aus. Die F^rau geb^ 
dreimal Zwillinge, zweimal lebend, das dritte Mal todt. Eine 
Anderß aus der Nähe von Andenuich am Rhein iödtcite ihren 
3onst heifsgeUebten Mann, verz^irte die eine Hälfte des Körpers 
und salzte die andere ein, dann aber kehrte ihr das Bewufst- 
sein ihrer That zurück und sie gestand sie selbst ihren Freun- 
den. Um das Jahr 1553 schnitt eine Frau ihren^ Mann mit 
einem Messfer den Hals ab und nagte dann mit ihren Zähnen 
von dem noch warmen Leichname den rechten Arm ab und 
verzehrte, die Luftröhre; den übrigen Theil des Kadavers salzte 
cne ein, nachdem sie die Eingeweide u£id den Kopf losgetrennt 
lind weggeworfen hatte. Kurz darauf gebar sie drei Kinder; 
aber dÜQ That gesteht sie erst dann, als .man dem Vater die 
Geburt der Kinder mittheilen will. Im Sommer 1845 erzählten 



die Zeitungen aus Griechenland von einer «ekuFarigeni FVa«; 
welche ihren' 'sonst gehebten Mann ermordet, um «eine gebra« 
tene Leber verzehren zu können. 

Prochaskä (adnofät. aead. fame. III.) behandelt «aetit die 
von Schenk erzählten Beispiele, dann berichtet er von einer gewi&** 
seti Elisabeth aus Mailand, welche kleine Knaben durch Lidbko«- 
sungen an sich' zu locken suchte , ' sie ^ann tödtete und «rige* 
«alzen verzehrte, und von einem anderen Menschenfresser,' wie 
«r sagt, aus der* neunten Zeit. Indefe giebt ier ^ dürftige No*- 
tizen, als dafs aus ihnen Etwas über die Natur der Fälle zu 6nt^ 
nehmen wäre. Marc (die Geisteskrankheiten in Besfehung zur 
Rechtspflege bearbeitet von Ideler. Berün 1844. Bd. IL 8.^4) 
berichtet nach Reisseisen von einem Falle im Unterelsafs, wo 
die eigene Mutter ihr fünfzehn Monate altes Kind, ats der Vatei^ 
ein ailner Tageldhner, sieh entfernt hatte, tödtet, ihm ^inen 
Schenkel abtrennt und in Weifskohl koeht, selbst einen Theil 
davon verzehrt und den Rest für ihren Mann zum E^sen äuf^ 
hebt. Die Leute waren zWar sehr arm und in groüserNoth, hatten 
aber als die Frau den Mord beging, noch Lebensmittel genug 
in ihrer Behausung. Die Frau zeigte zwar spätor im Gefiing^ 
nisse Zeichen einer geistigen Störung, aber selbst Poder^ war 
Anfangs zweifelhaft, ^vie er den Fall auffaasen und Unter welche 
Rubrik von Geisteskrankheit er ihn zu bringen habe '). Noch 
grausenhafter Wegen der langem Dauer der Gier nach McJki* 
bchenfleisch ist eine Thatsache, die von der- Vossischen Zei-^ 



»■.■■ »t u > I I 



Marc führt noch . weniger l^ekannte Literatur an : »na Bpeth^ 
Scotor, hist, Paris 1575 den Fall eines schottischen Räubers, dessen 
Tochter bei der Hinrichtung des Vaters erst ein Jahr alt wair, und 
dann in ihrem l!2ten Jahre dassislbe Verbrechen beging; aus ' Gmiier 
kliM, de anihropophago Bueittf Jtf^ 1792 Ton einem Hirtin Beake «• 
der Um. im Weimarschen, d^er zwei Menschen ermordete und dann :<rer- 
zehrte. Aus Hunger ist mehrfach in belagerten Städten der FaU Tor- 
gekommen, dafs Eltern ihre eignen Kinder getSdtet und aufgrizehrt 
haben. 



Wog Mü iäem w9sflioheR jSafiftim ¥#m Mai 1849 milgetheiH 
wird In dem • «ur H^rrBcbaft Parkost, Tamawer. Kreis gehö? ' 
kigen Dörfchen Poloeayja, das Bur aus 8 Hätten tiii4 ei^^eo» jüt* 
diaeheii Wirthahause bestehend, ^ in einer wiMe» Waldsehluehl 
verborgen |i^, lebte ein Häusler Naaiens Swiat^ nebst ^f 
nem ,Weibe und B\iQei Kindern, einem Knaben von 5 und Isineni 
iifadchi^ von^ 16 Jafai'en« Arbeitsscheu liefs er das Stück Feld^ 
daa er besafe, brach liegen, und lebte gr4i£|tentheHa von milit 
den Spenden d^r Umgegend, die er als Bettier mit lange«Q ebr«^ 
w&'digain Barte durchstreifte, stand aber auch allgemein ^ 
dem Yerda^htje, den Konununismus praktisch vi. üben« Dem 
GaaCwirthe ^wurden 2 finten^ entwendet; da sein Verdacbft dOr 
gltidi' 2L\ji S. fiel, so nähert er sich seiner Hütte und sehoo 
von Ferne, kommt ihm ein starker Bratengeruch entgegen, AI9 
er in jdie HüUe tritt, sieht er den eben beschäftigten S. sich 
bei seinem Anblicke sdmeil bücken und Etwas zwischen den 
Füfsen vetbergen. Dies. bestätigt ihn in. seinem Verdachte, er 
wirft ihm offen den Diebstahl vor und will ihm .die Enteo 
unter den Füümh hervorziehen. Aber statt dieser rollt ein vom 
Rusapfe getrennter Mädcbenkopf auf dem Boden iun. Man 
besetsidk. Hütte und durchsucht sie. Auber dem. verstüm-? 
noelten Rumple eines Mädchens von 12 bis 16 Jahten fand ma« 
noch in einem Fasse die Beine uhd Schenkel, theils frisch odev 
gebraten oder gekocht, in einem' Kasten das Hert, die Lebet 
und Eingeweide^ Alles wie von dem geschicktesten Fleischer 
BUgeriditet und zuletzt unter dem Ofen eine Schüssel, voll 
fischen Blutes. -^ Auf . dem Wege zürn Richter versuchte der 
Delinquent, indem er sich wiederholt zu Boden warf, sich durch 
yeracUuckeS) von Erdschollen zu ersticken, aber es gelang ihm 
ni<^ Vor dem Dominikalgerxeht zu Dabkow gab er zu Pro* 
tekott, das .vorgefundene C^fer wäre seit 1846 das sechste 
und er sei auf folgende Art dazu gekommen. Im Jahre 1846 
hiannte eine jüdische Dorfschenke in der Nähe ab, wobei auch 
der Wirth in • den Flammen umkam , dessen verstümmelter 
Kiirper.danB aus den Trümmern hervorsah. E^, der sich daT 



«0 

mats geraä« in der bkteMteii Noih hehaoA und 'Mtti grlfaliidii^ 
sten Hunger gequält «vurde, * sah <^ im Vorbcigehn^ und cimm i 
av^viderslehlichen Drange folgend^ löste er eki Stüek ron dem 
haibvertn^nnten Körper «b und alülte damit neinen HeifslMmger. 
Der GesehmAck, den «r daran fand.« w8re te gptrfs gewesen^ 
ttfid die Sucht, Hui wiecfer »i geniefiien; ae rniMderatefaüch m 
äiin geworden j dafs er bald darauf ein <»bdaehlosc8 Waisenkind 
an sich lockte, erwach und die lubereiteteit Glieder yeracUang; 
Zu sechs Sehlatfaloprern bekannte er sich «elbst, sein Sehn 
aber gestand, die Zahl wäre weit bedeotttider' gewesen, wm 
auch das Vorfinden von yieritehn verschiedenen Mütten, irie» 
ten Miedern* und sonstige» nsfinnlicfaen und weiblichen Kki* 
dungsstücken in seiner Wohnung am bestätigen scheint h der 
ersten Nacht schon erhängte er -sieh im Gefilognisse. I^ 
VolksjustiB machte sich dadnirch Luft, dafs «ie die Hütte Ter« 
brannten. ^^ Dies sind einige von den FäUen, wo Metiscbenfieisch 
▼ersehrt wird. Ein anderes, dem gans ähnhch^sCrdüst er-^ 
tßMi IVficha^ Wagener (Beiträge snr philo^pMscben Antfuro» 
pologie: Wien 1706. Bd. n.yS. 266) aus U^am. - 

Elisi^eth ..«* putite «ich ihrem Gemsdil z« GefaBon ih 
ungemeinem Grade und brachte hdbe Tage bei ihrer ToHetto 
sn« Emstflsals versah eines ihrer Kamibermädchen Btwias an 
dem Kopiputs and bekam für das Versehen eine so d^rbe 
Ohrfdge, dafs das Blut auf das Gesicht der Gebieterin sprdtflte* 
Als diese die Blutstropfen von ihrem Ciesichle abwisdite, schiai 
Sir- die Haut auf dieser Stelle viel «^finer, wab^ «nd fein» 
2tt sein. Sie fafste sogleich den £ntschhifs, ihr Gesiskl, ja 
ihren ganzen Leib in men^hlichem Blute zu * baden > ttm nk- 
durch ihre Schönheit zu erhöhen. Zwm alte Wdiber imd ein 
gewisser Fitzko unterstützten sie bei ^fiesem Vorhaben.- Dicmt 
Wäthrich tödtete gewöhidieh die üHglücklicheB Schlachtopfer 
mid die alten Weiber fefsten dann das Blut auf, in wefehenar 
steh dami Elisabeth in einem Troge um 4 Uhr Morgens bis 
baden pflegte* Nach dem Bade .kam sie sieb inuner «ehöner 
Yoir. 1^ set:^ daher dieses Handwerk awä nack 4em: Tod* 



61 

iteas Gemahb (1604) fort» um neue An1>eter und tiMiiähtt 
'%im gewinnen« Die unglöoklichen Maddien^ welche unter dem 
Verwände des Dienstes in das Haus der Elisabeth gerecht 
wurden, ledtte man m den Keller; Hier wurden sie so lange 
gescUagen^ Ins ihr Korper ansdiwoH Elisabeth peinigte die 
Unglücklichen nicht selten selbst, sehr oft wechselte sie ihre 
von Bkit triefenden Kleider um und fing dann ihre Grausam« 
lieit ailCi Neue an. Der aufgefichwoiiene Körper wurde dann 
mit Scheermessem aufgeschnitten. 'Nicht selten liefs sie die 
Mädchen brennt und dann schinden, die meisten jedocji 
wurden bis lum Tode geschlagen. Gegen Ende ging ihre 
Grausamkeit so weit, dafs sie ihre Leute, die mit ihr im Wa-» 
geo fuhren, zumal Mädchen, swickte und n&it Nadeln stach; 
Eines ,]hrer Dienstmädchen liefs sie nackend ausziehen und mil 
Honig beschmieren. Ab sie krank wurde und ihre gewOhn* 
Ikdien Grausamkeiten nicht ausüben konnte, liefs sie eine Per« 
son zu ihrem Krankenbette kommen und bifs dieselbe wie em 
wüdesThior« Sie brachte nach und nach gegen ^0 Mädohett 
ums: hebtUf iheüs in Tscheita (in der Neutraer Gespannschaft), 
WQ sie einen «gens dazu ungerichteten Keller hatte, theUs «m 
andern Orten, denn das Morden und Blutvergiefiien war ihr 
Bum Bedür&iifs geworden« — Als endlich die EUtem der yer* 
echwuttdenen Mädchen sich nicht länger belügen lieben, iSibet^' 
iü man das SeMob und fand die Spuren. Ihre Afitaehuldigeii 
worden hii]^erichtf', sie selbst lebenslän^eh eingesperrt 

., Ich selbst habe . einen Blödsinnigen gesehen, der schon als 
Kind a«ne gröbte Freude daran fand, kleine Thiwe zu tödlen 
vmi m ihrem Leibe herumzuwühlen; auch liebte er^ sich von 
den Därmen der Thiere Peitschen zis machen. Als er gr5£ier 
wurde, überfiel er. Mädchen, um sie zu nothzüchtigen, und ▼er-' 
sdiiedene andere GewaÜthätigkeiten wurden der Grund, ihn m 
«ine Inr^anstalt zu bringen. In späteren Jahren trat dieser 
blitfdursti^ Trieb allerdings' zurück. 

Kombiniüt mit: Wollust erscheint die Blutgier in dem FaU 
vM Audreaa Biehel (1809)i dem Mädchensehläditer, den 

5 



Qa^Dg im 4tei^ B4e* des aeuen Pitav«! lach Fcuevbaek »Ü^ 
t|^t Ptes«r Men3oh iookle Mädoheo^ .unter dem Vonvwdi^ 
itow in einem sauberitcfaen SjMegel aMerhand Geheimnisae^sii 
sieig^» in sein Hatu, ermordete ^ne dort, angeblsdi blolii ane 
V^laiigen» ihre Kleider tu beaitaenL Dann zeiiiadile e# die 
I^ichname und sohnitt sie auf| um zu erfebren,- wie ca inweiH 
d^; aussähe; die £iiie^ ehe sie noch tofiständjgtadfc. war» 
j^Icfa kapn sagen", gab er im VeriiSre an, ,»dafs' ich wäfarandf 
das Oeffni^na so begierig war, dafs iefa aüterte und nur yf96Skt 
^ 6(fick h^aiisgenommen und gegessen haben". ' <* 

Am lOien Juli 1849 kam vor einem Kriegsgeriehte in 
Pavis der Fall von Bertrand^ Unterofficier im Isten Ia£ainlerie» 
regHneDl zw Verhandltmg (cC Mi che a Union mcdicale No. 85) 
liff^u'ar S^mmena medieo legal Jt^n eas (ritt mo^omame In- 
siiHetive in d^n AnnaUs medka^psychoU^fffim JuK 1840. 
Bertrand gräbt am 23sten Febr. 1847 die Leieh» meiner Frau 
atta ütid aelilägt sie; am 26sten Aug. 1848 gräbt er ein Mäd- 
ohen von 7 Jahren aus und schneidet ihr den Unterleib a«f } 
einige Tage nachher die Ldche einer Fvau, die im Woehen* 
bette gestprlwB im4 ^3^ Tage vorher beerdigt worden warf am 
ISfien NovJbr. die Leiche emer Frau von £0 Jahren und xer«- 
fkiaeht sie imd am 12ten Decbr. verstämmeli er ebeniaUs ^dia 
Lfiehis affiner Frau. Erst mit Hülfe einer Ait Höliemnaaehine 
gelaüg esy B. xu fangen^ als ei: in der Nacht vom ^%^.Wkm 
über die M«tier des Kirchhelea StcParnasse kletterte^ -^ Er iai 
im. theoiogisclien Senunar zu Langres erzogen worden und in 
sumem SOsten Jähre freiwillig foeiBi Miiilär emgetreten. BIr 
Q\mm ttü^torlieher Seite aoU wahnsinnig gestorben seift; '«r 
s^fit bat .schon in seinem 7ten Jahre AnföDe von Mdbneholie 
üherstlsnden; er trenkite steh' dann von seinen Kameraden utt4 
sMeifta tagelwg einsam in d^ Gegend umhei!. Marebai tdo 
Qalvs . giebt nadb der eigenen Sdnlderun^ B. ' über die ExÄ- 
Wicklung der Krankheit folgenden Qeiieht: Auf eäien^Spasilai^ 
gl0ge nüt dinen^ Kameraden im Febr. 47 kam er bei einend 
^i{hh^ vorbei, Pie Thür stand oSen{ es Wtf dM Tag 



imrmBt Person^ beg^nben^ wardcti> aber die Gräbcür Wfiten, 
yoil bineinftegen tiberraftdii, dag Gt^h nicht TbUkmimen auiN 
g^iÜli und ihre WerksMige daneben UegBth las&en. ^^A eette vui 
desiääBs ntth^i mevmrentj^ feuM Mlrime^ ünpielmii WHil^d9 
fiitt^mon cBiBur iAtiaH av^ foreey je ne me p^isStlmi plu^.*^^ 
linUft «inemr Vorwande trtont ^ »ich Ton atinem Geföhrl^ii^ 
kehrt autä Kirchhofe fcurüdc uttd öffiiei mit einem Grabsehriitf 
i9i» ßtüik yiBpid hatte ieh die Leiche herausgelogen und be« 
gam aie itiitdein Orabsebeite xu scMageft^ ohne zo i^sseni^ 
wa9 ich that; £in Arb^er sah mich, ieh legte 'mieh pkil| 
attJF die E^de, bia er fort War und warf dann den Ldehnso^ 
wied^ in di^ Grabe. Ich ging dann, in kaltem Schweifte goi^ 
badist, 4h ein kldnes GehSis, wo* ich trotz eines kaften RegeiH 
sohauerii iil einom Zuatände •voHkomniener UnempfindlicM&eit 
mehrere Stunden verweilte. Ak ich mich erhob, waren Ateim 
Glieder wie «erschlagen und' mein Kopf adrarach geworden. 
A^nlidi erging es mir bei jedem neuen Anfalle. Zwei Tag« 
apä(fer kehrte ich sohon wieder tum Kirchhofe feurüdc uHd^Sfr 
ttele ilaa GMb wAi meinen Händen. - Meine HSndo bluteteli^ 
über ieh empfand es nichts ich rifs den Leichnam in Sttteke 
tmd \9M{ IMi ^ed^ tn die Grube«'^ Vier Monate kng lA*al 
kein* li^uer Anfall ein^ bis das RegiQi^t aus seiner ^amiaoft 
vrte^lernaeh Paris auHickkehrt. Wieder auf ^em Spaeiei»- 
gonge orwed&en die ^unkehi, schattigeh Alleen des Kirdihofe^ 
Pdr6 Lachaise die Sehnaucht nach der alten Lust £r klettert 
to dar ^achl übor die Mauop; Die Gefahr der Enldeckon^ 
^* ifaaa das eine Mal besonders nahJii tritt, vermag am Monate 
iaiig feiH' tu haS^y wd ai^on im Febr. 48 will. er aogar eine 
Zeit lang Widerwillen gegen ßeine föer «mpfuntei liabeh,. bia 
er iai Mäfz bei einem neuen Versudie voh einer Kugel ge- 
M^oim Würde. SeMdom ^ im Hospital war, hat «r das Be« 
Mitäb iMA wieiet empfanden und sagt im ViN'hlire selbsl» 
tit sei geheilt, denn j^tst^ aeitden» cfr ot^bon gesdien^ habe er 
Fükht vor ^em Anblidto einer Leieho (>^Jo hm j^i, oar 



'^ 



M 

fat Anfange gab er sich den Excesaen imr hin» wemr^cr 
•twaa Wdn getrunken hatte , ßpäier bedurfte, er einet aolchen 
Rdzes nidit mehr. Die. Art dier Yerstüfninlung wai^ verachier 
d«V ^ tUB den Mund bia au deq Ohren au^ wählte im Leiba 
und trennte die einsdnen Giiedmaben ab. ^ Obwohl er Mäanet 
SAer aufigegraben» aowiUer doch niemals vermocht haben, ei^ 
nen Mann au verstümmeln, während er Frauen mit dem grSb* 
tcD Vergnügen in Stücke zerrifa. Dreimal hiit er bei weiblichem 
licichen sdne g e s c hl e c h tl i c h e Lust gestillt ; der erste Gedanke 
paau kam ihm im Juli 48 beim Ausgraben der Leiche einer jun* 
gen Frau osae^ bien eonserv^e. Gegen Lebende War .er weich 
und aanftmüthig und wegen seiner Fröhlichkeit und OBesh- 
heit Überali beliebt. ^ Trotz der entgegenstehenden Aua* 
aage der Aerste, virdche ihn als Kranken betrachtet wiaaeB 
wollten, vwd er zu einem Jahr Gefangnifs verurtheUt 

Dies sind die exquisitesten Fälle von Mordmononanie, die 
vvt auCcttfinden geglückt ist; es kann kein Zweifel son^dab 
auch das wilde Begimien fiertrand's mit hierher gehört ich habe 
l^atchtlich nur solche ausgewählt, wo die Mordaucbt nidit von 
«äier anderen Leidenschaft abhangt, aondem mehr msUnctartig 
aowohl in ihrem Auftreten, wie in deriraffinirten Art der Gtauf 
gamkeit und nur mt Wollust kombinirt erscheint Diesa Zusam« 
mrastellung wird wenigstens die Möglichkeit der Tond^Lyk> 
a&thropen begangen» Mordthaten aufser Zweifel ateUen, wenn 
ich auch gern zugestehe, dafs bei ihnen Mancherlei hineinget 
9dioben und dazugediditet worden sein mag. Indels waila ich 
kern anderea Mittel, die Zweifel wepigatena theilwciae zu ent^ 
kraften, ab eben durch Au£zählong anialoger Thataaehen die 
IffglicULdt zu demonstriren. 

Die häufige Kombination^ der Mordaucht mit. woUüatigw 
Gi^ läfst una eine mehrfach bei Lykanflu'open vorkommende 
Aeuberung adiärfer ins Auge fassen, iiämhch ä» Aoaaage, 4fh 
me mit VVöIfimien den coiius vollzogen und dasselbe Vergn»* 
gen, wie bei xaenschlichen Weibern empiuiiden haben* — Däa 
Verbrechen der Sodomie lyar im MittebUar W^hig SeltettSM^ 



65 

und es ist vielfach die Vermuthung ausgesprochen worden, 
dals bei der Vorsietlung der Inkuben und Sujduben , die unter 
der Form Ton Thiergestalten den Beischlaf vollziehen und selbst 
]Q die Klöster dringen > Thiere gebraucht worden seien. Dafs 
die Sinnlichkeit einen grofsen Theil zu den Bildern der Hexen- 
8at>bate beigetragen habe, geht aus den mit der glühendsten 
Sinnlichkeit vorgebrachten Bekenntnissen junger Mädchen her- 
vor, wenn sie mit dem schmutzigsten Detail von den Umarmun- 
gen der Teufel sprechen. So er^regen j^uch jene Aeufserungen 
bei der Lykanthropie den Verdacht der Sodomie, wenn es auch 
nicht gerade Wölfinnen gewes^i «eiti mögend Aach bei Jenen^ 
wo sich dife directe Aeufserung nicht findet, sind geschlecht- 
liche Beziehungen leicht zu erkennen, so bei Thievenne P^get, 
Antoinette Gandillon (cf^.fobm.p. 20* 21), Grenier (;?. 25). 

Aui^dteod also von *deni< sinnlichen Naturgefühl der Völ- 
ker, als dessen Zweig sich ein inniges Verhältnifs zwischen 
Menschen und Thieren herausbildete, haben wir d^n Gedanken 
der Tlüerverwsmdlung in den frühesten mythologischen An- 
schauungen; auftreten und Theii der religiösen Vorstellungen 
werden sehn. Wir haben femer den pathologischen Entwick- 
lungsgang eines solchen Wahns verfolgt, von der lokalen Um-^ 
Stimmung der sensiblen Nerven in einzelnen Körpertheilen bis 
zur Objektivimng des ganzen Manschen. Der Wahn der Lyk- 
aathropie steUt sich> dur theils als Zweig der .Dämonomanie 
und theils als der Ausdruck eines mordsüchtigen Triebes. 



^ ^NIVERSITY-O 

'2 SEP 1960^ 

OF OXFORD . 



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Prttckfehlar. 



p« 1 JteiU 13 tott obfft lieg dsren tMMt 4er« 

-7 - 19- -r.^ Dittiertati»« aoaUU Dimitto«. ' 

^9 -12- - - Litteratüf apttatt Litterarnt. ., 

-9 »17- - - verrichtet anstatt yernichCet. 

-!I0 «^ 16 - " - dea aaitatt de^ ' 

- 44 « S - <^ * migeordaat aiiaMt ^»tar^M^Mi« 



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Inhalt. 



I, Die Wehnrol&iaclit ( Lykaittlifopi«) » hiaUrische Angaben. 

(I. Anffaiauig dea Mitteltlteri. Hexensalben p. 30. 

HI. Epikriae. Die ESntstehong ^ea Wabna der iThierTerwandlang p. 41^. 



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