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Full text of "Uhlands schriften zur geschichte der dichtung und sage"

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1. 







i . <• ') V 



••■ — * 



jur 



®e|(^ti4te kr Dit^titttg mtb Sage. 



fünfter 33anb. 



Stuttgart. 

aSerlag ber Q. ®. ßotta'fd^en Sud^^anbluttfl. 

1870. 



S3ud^bru<Keret ber 3. (B. Gotta'f(^en I6u(^^anbluit0 in Stuttgart. 



®ie aSebeutung, toeld^e Ul^Ianb« ©d^rift über SSaltl^er toon 
ber aSogeltüeibe für bie ©rforfd^ung ber altbcutf(|ctt 5ßocfte in bcn 
Ic|tcn S^^tjcl^enben in ©eulfd^Ionb gcl^abt l^at, liegt mir nid^t ob, 
l^ier ju erörtern. Sie Slu^gaben t)on SBoItl^er^ ©ebid^ten bur(i^ 
g. $. t)on ber ^agen, 2a(ä^mann, SEBadEernagel, Siieger, ^Pfeiffer 

90 tinb SBilmanng, fotoie bie jur @rläuterung bienenben ©d^riften 

^ geben bai)on fattfam 3^^9^i^- Slu(i^ lann e^ nid^t meine Slufs 

gäbe fein, bie neueren gorfd^ungen über ben ©egenftanb überl^au^jt 

o ober über einjelne ^ßnncte aufjnfül^ren. ®^ mag genügen, auf 

bie au^fül^rlid^e Slrbeit eine^ leiber frül^e bal^ingefd^iebenen tüd^= 
tigen SKanneg ju öertoeifen, ba0 2eben SBaltl^erg tjon ber SJoget 

^ toeibe üon S)r SRubolf 3RenjeI, Seigrer am öi^tl^umifd^en ©pmnafium 

in ©reiben; Seipjig hei S^eubner 1865. 3n feinem SSortoort l^at 
SUlenjel bie $au^)tfd^riften über ben ©egenftanb aufgefül^rt. SJon 
fipäteren nenne id^ bie jtoeite Stuögabe ^ßfeiffer^, £ei))jig 1866, 
ßucä^ 2eben nnb ©id^ten SBaltl^er^ in feinen ©runbjügen bar:» 
gejlellt, $aBe 1868, bie Sln^gabe )oon SBilmann^, JpaHe 1869, unb 
5ßfeiffer^ britte ausgäbe, beforgt bnrd^ Sartfd^, Sei^jig 1870. ®ine 
neue S^eftan^gabe foH ©imrodf ijorbereiten. 

%üx ben neuen Slbbrudf tjon Ul^IanbS Slbl^anblung lagen mir 
ate Hilfsmittel i)or bie Driginalmanufcripte unb baS ^anbejemplar 
beg SerfafferS; bie Driginalmanufcripte, benn jtoei mal l^at Ul^lanb 
baS ganje fauber unb rein in grofe golio auf ^Ib gebrod^enen 
Seiten gefd^rieben; babei liegen öiele ®fcerpte unb SRad^trfige auf 
einjelnen SSlfittem, au^ ein öon Ul^lanb angelegte^ SSerjeid^niS 



5^ 



I 



<d 



IV 



öott aSaltl^er^ Zbmn mit SKuffül^tung ber cinjclnen ju iebcm %on 
gcl^örigen SRuntcm. S)a^ Jpanbej emiplar ifl mit öuartblättem burd^= 
fd^offctt unb ctttl^ält öicic l^anbfd^riftlid^c Slad^ttfige, bie id^ in edRgc 
Älammeni gefaxt l^ier einfüge. 

®ie wrf^}rilngli(^e Slbfid^t, betl Zitaten ber aJlinnefanger bie 
3a^Ien ber tteueren StuSgaben beijuffigen, mufte aud^ l^ier, tt)ie in 
frfll^eren gätten, lieber aufgegeben tperben, ba jebe neue Slu^^ 
gäbe SBaltl^er^ lieber eine anbere S^^^ung einfül^rt ; unb mer fielet 
un^ bafür, bajs m(S)t bie näd^ften S^age eine neuefte SKuggabe aber^ 
mate mit neuer 3äI}Ii^"9 i^ 3Warfte bringen? ®ie neuen ^erauiS^ 
geber altbeutfd^er ©id^tungen, »eld^e il^ren €d^arffinn an ©rfinbung 
neuer SSeriSjäl^lungen »erfd^toenben, fd^einen fid^ nid^t ju t)ergegen5 
tt)ärtigen, ba^ fie baburd^ il^re Slu^gaben für baS ©tubium älterer 
©d^riften nid^t bequem braud^bar unb ebenbamit bie ausgaben 
il^rer SSorgänger, bie fie bod^ mit Siedet p überflügeln ftreben, 
bi^ auf einen gett)iffen ®rab unentbel^rlid^ mad^en. 

^,... 17 2Iug. 1869. 

X u. Heller. 



2(m Sd^Iujfe ber SBoirebe ju ber Sd^rift übet SBalt^cr bemerlt 
Ul^Ianb: ^^©egenträrtigcr SSerfud^ ift eine SSotarbeit ju einer größeren 
^arficHuttfl in biefem %a^e/' 3Jlit biefer lefetercn ifl ol^ne S^^U^ 
nid^tg anbereiS, ate bie litteratifd^e Untetnel^munfl, gemeint, über 
tpeld^e Ul^Ianb am 2 October 1823 an S^fepl^ ^eil^erm t)on ßafe^ 
berg f(^reibt: ,,3(ä^ l^abe Ql^nen tool^l fd^on frfll^er gefagt, ba§ id^ 
eine S)arileIIung ber beutfd^en 5ßoefie im 3^italter ber Jpol^enftaufen 
an^juarbeiten ijorl^abe. @ie toirb in mel^rere Slbfd^nitte jerfatten, 
beren jeber für fid^ ein Heinere^ ©anje bilben foH. 2Rit bem Slb^ 
fd^nitt über ben 3Rinnefang , ber mir einer ber fd^tt)ierigjlen fd^ien, 
l^ab' id^ bie Sln^arbeitnng begonnen." ^ 

$Rad^ einer 33emerfung im SRanufcri^te ber fraglid^en STb- 
l^anblnng über ben SKinnefang l^atte Ul^Ianb biefelbe ben 18 Slpril 
1823 angefangen; beenbigt l^at er fie ben 4 S^tiuar 1824. 3)afe 
bie, tt)ie .toir au^ Ul^Ianb^ fernerem 6riefli(^em SSerlel^re mit Safe- 
berg erfal^ren,' emftlid^ in äu^fid^t genommene SSeröffentlid^ung 
t}on einem Saläre jum anbern t)erf droben tourbe, ift junäd^fl burd^ 
mand^erlei äufeere ©tömngen, fo namentlid^ burd^ Ul^lanbS Se- 
tl^eiligung an lanbftänbifd^en Serl^anblungen, ]()am)tfäd^Iid^ j[ebo(^ 
ttjol^l baburd^ i}eranlafet toorben, bafe er fid^ felbft nie genug tl^un 
fonnte. @<?ät*er]^in aber tourbe, toa^ für ben S)rudf beftimmt toar, 
ju SSorlefungen t)ertt}enbet. ' 

Ul^Ianb, herausgegeben »on grang ?>fciffer. Sien 1870. 8. @. 36. 37. 

2 »ergl. ©riefwe^fel ©. 44. 67. 5)1. 103. 107. 151. 

3 »evgl. ?ubtt?ig U^Ianb, eine ®a6e für greimbe, @. 229. 230. 



VI 



gilt bie j|e|t toon mir tocranjialtetc Slu^gabe l^at mir ba^ 
toon Ul^Ianb cigenl^ftnbig mit beutfd^cn Säui^ftoben in golio ge* 
fd^riebene aJlanufcript unb eine, tool^I für bie 2)ru(ferei in Ul^IanbiJ 
Sluftragc angefertigte, Slbfd^rift vorgelegen, ^nt in bem Slnto« 
ffccüpi) befinbli(^e Sude l^abe iü^ naä) ehm biefer Sfteinfd^rift ergänjt. 

3n ben vielen Salären, feitbem Ul^Ianb feine Slbl^anblung Aber 
ben aJlinnefang niebergef daneben, ift bie Iprifd^e S)i(i^tung be^ bent= 
fd^en SWittelalter« ©egenftanb eifriger gorfd^ungen getoefen; iäi)U 
reiche ausgaben von S^ejten, fpra(^Ii(^e unb metrifd^e Erörterungen, 
Unterfud^ungen über bie Seben^verl^ältniffe ber ©Änger, über bie 
SSejiel^ungen beg beutfd^en SKinneliebe^ ju bem ber fjranjofen, ber 
^ßrobenjalen unb ber Staliäner 'S)abm bie fienntni^ be^ in Sftebe 
fte^ienben ©ebiete^ beträd^tlid^ geförbert. Slid^tS beflo weniger toirb 
Ul^lanbg ©arflettung ein eigentl^ümlii^er SEBertl^ gefid^ert bleiben. 
3Ran n)irb afebalb erfennen, bajs feine mit l^ingebenber Siebe a\i&^ 
gefül^rte ©d^ilberung auf bem fleifeigften , auf einem erf d^öpf enben 
©tubium ber bamate verfügbaren Hilfsmittel, inSbefonbere ber bob* 
merifd^en SluSgabe ber aJiinnefinger, berul^t. 9lirgenbS ijl meine« 
SBiffen« baS 6l^ara!teriftifd^e beS beutfd^en SDlinnefange« Harer l^erauS- 
geftellt, nirgenb« bie 2lbn}ed^Slung unb ba§ Sölanigfaltige unter ber 
fi^einbaren ©intönigfeit unb ©leid^förmigfeit beutlid^er aufgejeigt 
jvorben. Unb bie lange a3efd^äftigung mit feiner Slufgabe l^at ben 
SSerfaffer nid^t ju einfeitiger 93etounberung be§ ©egenflanbeg ber* 
falben verleitet; er l^at bie bie fraglid^en ®i(^tungen au^äeid^nenben 
SSorjüge mit voller Slnerlennung l^ervorgel^oben, ebenfo aber aud^ 
il^re SJlftngel rüdfl^altlo« nad^getoiefen. SBol^l mit Siecht l^at Sa^erg 
feinem greunbe gelegentlid^ einer Slufforberung iur SSoUenbung ber 
angefangenen SKrbeit über ^elbenfage unb SKinnefang, vorl^ergefagt, 
ba^ SKeifler unb ©efellen fid^ baran erfreuen toerben. ^ 

S)aj3 bie Slbl^anblung über ben 9Jlinnefang vielfad^ ju über^ 
aus anjiel^enben 3Sergleid^ungen jener älteren ©ebid^te mit Ul^lanb« 

1 Sergl. öriefiücc^fel @. 107. 



VII 



eigener 5ßoefie aSeranlaffung bietet, ba^ möge n)enigften§ mit einem 
aSBorte angebeutet tperben! 

S)ie Heine in Ul^Ianb^ ^anbfd^rift erl^altene ©rßttemng, toeld^er 
id^ felbft ben Xitd „Über bie Slufgabe einer ©efettfc^aft für beutf(^e 
@i)ra<^e" gegeben l^abe, rül^rt au^ bem ^^l^re 1817 l^er unb jnjar 
iji fie, toie e^ fd^eint, t)om 8 big 10 3^^^^^ niebergefd^rieben 
tt)orben, Sie toax toieHeid^t ber berlinifd^en ©efeHfd^aft für beutfd^e 
Qpxa^e bejiimmt, todäfe mm Slbbrud il^rer ®efe|urlnnbe, mit 
bem SBunfci^e, fold^en afe ©inlabnng jur SRitgliebfd^aft ju betrach- 
ten, unter bem 29 3Rerj 1816 an Ul^Ianb überfd^idt l^atte. 

S5er Sluffa^ „3ur ©efd^id^te ber ^eifd^iefeen" ijl belanntlid^ 
fd^on frül^er afe Einleitung ju „Sol^ann gifd^artg, genannt 3Ren|er, 
glüdfl^afteg ©d^iff tjon Süxi^^ in einem treuen 3lbbrudf l^erau^s 
gegeben unb erläutert burd^ Äarl ^atting. S^übingen, bei ®. %. 
Dpanber. 1828." erfd^ienen. Ul^Ianb fd^reibt barüber ben 20 3Kerj 
1828 an SaPerg^: „6in junger Geologe in Slübingen, ^amen^ 
^aUing, ber fxä) ben beutfd^en Sd^riftfteHern be^ 16 unb 17 
Qial^rl^unbertg mit (Sifer toibmet, l^at über bag auf l^iefiger Siblio^^ 
tl^el tiorl^anbene @f entplar i)on gifd^artg glüdß^aftem ©d^ifflein eine 
fold^e ^eube empfunben, bajs er t)on bem feltenen 93üd^Iein einen 
Slbbrudf, mit 5Roti}en über gifd^art, öeranftalten tt)iD. S)er aSer^ 
leger tt)oDte fid^ nur unter ber Sebingung jur Übemal^me toer? 
[teilen, tt)enn id^ eine Heine S^fl^^^ ^^J^ ftiftete, unb id^ l^abe 
leinen Slnftanb gefunben, barauf einjugel^en." S)ie gegentPärtige 
Slufgabe beS fraglid^en 2luffa|eg ift fein ganj .untjeränberter Slb^ 
brud ber erfien; fie l^at toielmel^r einige Sereid^erung burd^ Sluf^ 
nal^me toon S^f^fe^^ erfal^ren, bie Ul^Ianb in fein ^anbeyentplar 
eingetragen, nad^ toeld^em id^ aud^ einige gel^ler toerbeffert l^abe. 

S)ie Qnauguralrebe über ^erjog ®mji l^abe id^ nad^ Ul^Ianbi^ 
eigenl^änbigem SDianufcripte mitgetl^eilt. IXl^Ianb l^atte feine Sln^ 
tritti^rebe an ber Unitoerfität lange ijerfd^oben, ber enblid^e Vortrag 

1 »ergl. «ttefwcd^fel @. 97. 



VIII 



berfelbcn aber tft, eine eigene Sronie be^ B^Ms, bie Ie|te afabe= 
ittifd^e ^ätigfeit be^ SSerfaffer« gemefen. ^ 

S)ie Slbl^anblung über ben SDUnnefang unb bie thtn befprod^cne 
SCtttrittörebe l^atte ^Pfeiffer l^erauögebeti tooDen unb er l^atte in bem 
SRanufcripte ber erfteren bereite einige 33emer!ungen eingetragen, 
xotl6)e i^ benn aud^ aU toon if)m l^erräl^renbe bejeici^net l^abe. 
S)ie S^fäl^ öon ^rofeffor \}on Äetter unb meine eigenen finb, toie 
in ben frul^eren Säänben, fo aud^ in biefem mit ben Slnfang^s 
buci^fioben unferer Flamen terfel^en toorben. 

Tübingen 15 ^xit 1870. 

millielm ihtbnits Ijottanb. 

1 »crgL Sublüig U^Ianl), eine ®abe für greunbe, @. 238. 239. »rief- 
»ed^fel mit ?agberg @. 200. 208. 209. 215. 216. 



3n^alt 



eelte 

SBaftl^cr tjoti bct S5ogcttt)ctbc 1 

S)et SWtiincfaiig 111 

Über bic Stufgabc einer '©cfeÄfd^aft für bcutfc^e @^rad^e 283 

3ur (Bt\ä)xä)U ber gretfd^teßen 291 

über bte @age txmt ^ergog @m{l, Sfi^augurahebe, gel^atten am 22 9^0« 

toember 1832 323 



Salt^er m kx ^ngeltoeitie. 



ein altbeutfd^er SDid^tcr, 



gefd^ilbert 



\)on 



f itbtoig U\^imk 



^err SBalt^er üon ber äSogeltoeibe, 
98er be9 bergäfe, t^&t' mir (eibe. 

SDcr Kenner. 



[(Sebrudft Stuttgart unb 3:übingen. in ber d. ®. ^otta'ft^en 93u(^^anblung. 1822.] 



tt^lanb, ©c^riften. V. 



[III] S&otttht. 

3)er 2)i(l^ter, beffen £eBen unb S^araltev batjufteOen id^ unter« 
nommen l^abe, fd^ien mir t>or)Ü9lt(i^ geeignet, bieienige Süd^tung für 
bad Srforfd^en ber altbeutfd^en $oefte )tt Bejeid^nen, toeld^, nad^ meinem 
Safürl^alten, nod^ mit befonbrem @ifer }u (verfolgen ift, toenn ein 
lebenbiged unb t^oüftänbiged 9ilb t)on bem bid^terifd^en 2^reiBen ieneiS 
geitalterd l^erDortreten foQ. 

9{e6en ben grünblid^en Semül^ungen, toeld^e ber @))rad^Ienntnid, 
ate ber erflen Sebingung beiS SSerftänbniffe^, jugetoenbet toorben ftnb, 
^at üornel^mlid^ bie @rforfd^ung beiS ©emeinfamen, bed ))oetifd^en ®e« 
fammteigentl^umi^ in Sage, Silb unb SBort, bebeutenbe ^ortfd^ritte 
gemad^t. üRit Weniger Siebe unb @rfoIg ift bai^ Sefonbre bel^anbelt 
toorben, to)ie ed au$ ber Sigentl^ümlid^Ieit bon Seit unb Drt, audber 
))erfdnlid^en 9(nlage unb Steigung bed S)id^teri^, l^orge^t. 

[IV] S3eiberlei 9lid^tungen finb aber gleid^ notl^toenbig. @o toentg 
ber aOgemeine 3uf<i^ntenl^ang aEer $oefie ^u mi^Iennen ift, eben fo 
toenig lann bie @d^5))ferlraft, bie ftetd im @in}elnen 9leued toirlt, ge< 
I&ugnet toerben. ®d giebt eine Überlieferung bon ®efd^Ied^t )u ®e* 
fd^Ied^t; eg giebt eine freie SDid^tung begabter ©eifter. Seibe« mufe bie 
©efd^id^te ber $oefie }u iDürbigen toif[en. 

3)ie forgfältige 93ead^tung biefed Sefonbern barf am tpenigften 
berföumt toerben, toenn in iene reid^l^altigen Sieberfammlungen avL^ 
bem beutfd^en SRittelalter , toeld^e nod^ afö bertoorrene SRaffe bor ung 
liegen, ßid^t unb Drbnung fommen foB. ®iefe Sammlungen entl^alten, 
bei allem ©emeinfamen in gorm unb ©egenftanb ber SJtd^tung, gleid^« 
tpol^l eine gro^e ÜRanigfaltigteit bon ^idgfterd^aralteren , eigentl^üm« 
lid^en äSerl^ältniffen unb Stimmungen, t>erfdnlid^en unb gefd^id^tlid^en 
Sejiebungen. ©erabe biejjenigen Sieber, ioeld^e fid^ mel^r im älOge^ 
meinen galten unb barum aud^ am leid^teften berftanben toerben, fmb 



4 



üorjuö^toeife befannt gctoorben unb muften bcnn aud^ biefer flanjen 
Steberbid^tung ben aSortourf bct (Sintönigleit unb ©Aanfenarmutl^ jUs 
}iel^en. 2)iej|entgen bagegen, beten Sejiel^ungen eigentl^ümltd^ev unb 
tiefer ftnb, blieben fo jiemlid^ i^rem ©c^idffal übetlaffen. 

[V] S)abon toitt id& l^ier nid^t auefül^rlid^er fj^red^en, toie bie StiU 
gefc^id^te üUxf)aupt, ba« metftoürbige Sexialttx ber ^ol^enftaufeh, bag 
uns Sö^iftüd^er unb Urfunben nur in Jjolitifd^er ©tarrl^eit barfteffen, toie 
biefejJ erft bie redete garbe unb Seben^toärme getoinnt, toenn toir e3 in 
ber @inbilbungd!raft unb bem ©emütl^e ber 3)id^ter abgef)>iegelt feigen. 

SSom 3;i^unerfee bid )ur i^nfel Stfigen, Dom abriatifd^en ÜReere 
bid nad^ äärabant }iel^en ftd^ bie Strafen bed altbeutfd^en ©efange^. 
Überaß gürften^öfe unb Slitterburgen , ©täbte unb Älöfter, wo ©änger 
unb ©angedfreunbe l^aufen ober l^erbergen. @g lie^e ftd^ eine reid^e 
Sanblarte bed )}oetifd^en 3)eutfd^IanbiS im äRittelalter enttoerfen. SSon 
feinem aber a\i^ ber 3al^l biefer ©änger bürfte bie t^orfd^ung )toedfm&^iger 
audgel^en, als Don äBaltl^er Don ber äSogeltoeibe, ber auf feinen Dielfad^en 
Sßanberungen aUtoärtö Serül^rungen anlnit))ft unb beffen langet, lieber^ 
reid[^ed Seben einen fär bie ^oefte fo merftoürbigen 3^ii^Attm umfaßt. 

äSenn id^ ben SSertl^ biefed S)id^ter$ l^erDorl^ebe, fo berttl^re id^ 
nid^t ^ttoa^ 9leued unb bidl^er Unbead^teted. 93on Sobmer (groben 
ber alten fd^toäbifd^en 5ßoefte. gürid^ 1748. Sorberid^t ©. 33 ff.) bi« 
auf bie neuefte 3^it "f^ahm mand^e Sitteratoren bie bidj^terifd^e Araft 
unb bie SBielfei[Vl]tigIeit beSfetben, fo toie feine Sebeutung für bie 
3eitgefd^id^te, mit mel^r ober toeniger tiefem SSerftänbnig, erlannt unb 
angerü^mt K SSon ©leim (©ebid^te nad^ äBaltl^er Don ber iBogeltoeibe, 

1 2)aS £reffcnbfle, toa» mir befaunt i(l, l^at über il^n ein (Selel^rtcr 
gcjprod^en, bcm man fonfl bie Übctfd^äfeung ber SDic^terwerfc be» SWtttctalterS 
tiid^t vorwirft, Soutcrwef, in feiner ^t\^\6)tt ber ^ocftc unb S3crebfomfeit, 
SB. IX, ©. 107 ff.: „@iner ber üorjügUti^flen unter biefcn crflen unb unter 
atten beutfti^cn SKinncfingern ip Söoltl^cr öon ber Ißogelwcibe auÄ einer abc* 
Ugcn gamilie im S^l^urgau. Sluö feinen üotttönenbcn, Iräftigen unb lieblid^cn 
©cfängen fprid^t ein wajrl^aft Iijrifti^eiS @enic. ©elbfl rcligiöfc ©egcnjiänbc i)t* 
l^anbelt er glüdtid^cr, at« bie meiflcn feiner 3eitgenoffen. ^nö) toax er xtxä)tx 
an ©cbanfcn, al§ fte. 3^m fd^toebte, wie jebem großen 2)id^ter, au<if ol^ne 
pl|iIofo))^ifd^e ä)i{ebitation , bai» ©an^e beiS menfc^Iiti^en itbm& toor. ©etoöl^nlid^ 
l^abctt feine ©arjieüttngcn ettoaiJ SWal^tcrifd^c«. QKnige feiner ©efänge in longcn 
3eUen näl^cru fi(i^ bcm metttfc^cn (Sl^aralter M @onctt0. (ginige nel^men einen 



1779) big auf SCicdf (SRinnelteber. »erlitt 1803) unb Bpaim ift mand^eö 
feiner [VII] Sieber burd^ Searbeitung ober Übertragung in bie neuere 
©tjrad^e ben 3«it0^noffen nälj^^r gerütft toorben. Oleid^tool^I fel^It eS 
nod^ an einer untfaffenberen 3)arftettung feinet Seben^ unb 3Q8efen§. 

^an n^irb it^aupUn, burd^ eine Iritifd^e, mit ben t}erfd^iebenen 
Se^arten unb ben nötl^igen Srllärungen audgeftattete , ba$ Uned^teiDom 
@d^ten au^fd^eibenbe unb ben t)ielfad^ geftörten äll^^tl^mud in feiner Siein« 
l^eit l^erfteHenbe Sluggabe feiner Sieber toürbe baS Sefte für ben alten 
^id^ter gefd^el^en. 38eit entfernt, bag SSerbienftlid^e unb bie SBid^tigfeit 
eineg fold^en Untemel^nieng }u midlennen S bin id^ bod^ ber ÜReinung, 
ba^ nur bann jebeg ®injelne fein red^teg unb [VIII] Dotteg 2x6)1 erl^alten 
lönne , toenn erft ber Seift unb 3wf ammenl^ang be« ©anjen gel^örig er- 
fannt ift. %üx eine 2luggabe ber Sieber aber toürbe nid^t bie Suf^iwimen- 
fteßung nad^ ber S^^^^^Q^r toeld^e bei einem großen Xl^eile berfelben ol^ne« 
l^in nid^t beftimmbar ift , ober nad^ ber SSertoanbtfd^aft ber egenftänbe, 
fonbem toielmel^r bie Slnorbnung nad^ ben %'6ntn bie fd^idElid^fte fein. 

äBeil übrigeng ber ^id^ter bod^ nur an^ feinen Siebern )9oI[fiänbig 
begriffen toirb unb toeil SBaltl^erg Sieber gerabe bie ^au^jjtqueHe finb, 
tooraug mir über feine Sebengumftänbe äluffd^Iu^ erl^alten, fo l^abe id^ 
überall bie ©ebid^te felbft ober bod^ bejeid^nenbe ©teHen aug benfelben 
in bie S)arfteHung öertooben. 

S)ie gorm, in ber id^ biefe ©ebtd^te liefre, mufte burd^ benS^^df 
ber ganzen älrbeit beftimmt toerben. Sie mn^Un \>ox älUem ))erftänbs 
lid^ fein. @g toar l^ier nid^t f otool^I um bie f))rad^Iid^e ä3e}iel^ung ; alg 

^ol^cnfcictliii^cn^d^wung; anbcrc gelten ben leidsten, ra^en ©d^tttt bcg mun« 
tem ^oßi^UebeS; noci^ anbcrc ftnb mit einer fafl eptgrammatifd^cn gcinl^ett aug* 
gcfül^rt. SBcmctlid^c Älagc »ar ntd^t btefeg 2)td^terS @ad^c; aber im greife 
ber grauen i|l er unerfd^öpfUci^. 3)od^ bog poettfd^e Söerbienjl beg treffüd^en 
Sßaltl^erg öon ber ^ogelioetbe t|l einer auSfül^rlid^en Slnal^fe »ertl^, ju ber 
pd^ l^ier fein 0laum finbct. Sfloä) berbient fein SJaterlanbSgefül^I bemerft gu 
»erben. (Sinige feiner ©ebid^te l^aben bag öffentUd^c SBol^I 2)eutfd^Ianb« pm 
(SJegenftanbe. 3m SJolf^tone l^at tr baS 2ob beg beutfd^en S'iamenS gefangen." 
1 (Sine neue S(u8gabe fämmttid^er ©ebid^te SoUl^erg l^at MpU, ber 
^erauggeber öon ^artaam unb Sofapl^at, jugefagt. ©. ©üfd^ingg SBöd^entt 
9f?ad^rid^ten ©. IV, 1819, @. 12. IBorarbeiten l^at aud^ ?ad^monn in feiner 
Slugwal^J QU« ben ]^od^beutfd(>en a)id^tern beg ISten JJal^rl^unbertg, S3crUn 1820, 
©. 178 big 203 geliefert. 



um bie aiufflärung über ©d^idtfal unb (S^araftet be« S)i(|iterö ^u tl^un. 
Saturn mäl^lte id^ ben 98eg ber Übertragung au^ ber älteren SRunb- 
unb ©d^reibart in bte neuere. 

9lid^t unbelannt ift mir, h)ie toenifl biefe« SSerfol^ren bei grünblid^en 
Itennern bed beutfc^en äßtertJ^umS emp\of)Un ift. @d gelten babei mand^e 
geinbeiten ber alten @})rad^e Verloren unb nid^t geringere ©d^toierig« 
[IXJfeit, ate bie gänjlid^ Veralteten formen unb SBorte, bieten l^äuftg 
biejenigen bar, toeld^e, nod^ ie|t gangbar, il^re SJebeutung mel^r ober 
toeniger t)eränbert l^aben unb baburd^ ^uta bIoj$en ©d^ein)9erftänbniffe 
Verleiten !önnen, toie [old^eö bef onberg in Senedfed trefflid^em SBörterbud^e 
^um 38igaIoi$ gezeigt ift. 9luf ber anbern ©eite ift äRandj^en aud^ bie 
leid^tefte älbtoeid^ung \)om gegenwärtigen ©))rad^gebraud^e unerträglid^. 

©0 n>enig id^ nun l^offen burfte, jtoifd^en biefen jtli))t}en ol^ne 
3(nftoB l^inburd^ gu fd^iffen, fo !onnte id^ bod^ jene S3el^anblüng^it)eife 
nid^t umgel^en. S)ie Oebid^te felbft in bie S)arfteffung aufjunel^men, 
toar mir toefentlid^; mit ber alten ©d^reibart aufgenommen, toürben 
fie aber umftänblid^e, ben lebenbigen 3ufammenl^ang aüiu fel^r ftörenbe 
Erläuterungen erforbert l^aben. Um iebod^ überall bie SSergleid^ung ju 
erleid^tern, ift bei jjebem gang ober tl^^eitoeife audgel^obenen Siebe nac^- 
getoiefen, too ba^felbe in ber Urfd^rift gu lefen fei. 

ä3ei jener Übertragung toar ed aud^ leinedtoeg^ auf eine Um» 
arbeitung, am toenigften auf anma^lid^e SSerfd^önerung, angelegt. 
Überall l^abe id^ ba^ äUtertl^ümlid^e gu erl^alten gefud^t. Stur toenige, 
gang Veraltete t^ormen finb umgangen toorben. Veraltete 9Borte l^abe 
[X] id^ vorjüglid^ bann Vermieben, toenn fie ben ®inbrudf beg ©anjcn 
gu ftören brol^ten. Slnbre, befonberg fold^e, bie fid^ gur SBäiebereiu: 
fü^tung emj)f eitlen, l^abe id^ lieber erflärt, aU mit neueren Vertaufd^t. 
aJland^en Sefern mag nod^ je^t 50Jel^rereg gu frembartig lauten. 68 
gehört jebod^ leine fel^r gro^e ®ntäufeerung bagu, l^in unb toiber ein- 
mal ärebeit, ®elaube, ^jJabeft, unbe, fid^erlid^en, mel^, fad^ u. f. lo. 
ftatt ^ilrbeit, ©laube, 5ßabft, unb, fid^erlid^, melj^r, fal^ u. f. w. gu 
lefen ober aud^ einige unVoBftänbige 3ffeime gu bulben, g. S. fcfcöne 
auf Ärone, bie fid^ aber in ber alten ©J)rad^e VoÜfommen auSgleid^en. 

älbftd^tli^ tourben meift folc^e ©tüdfe auggel^oben, toeld&e an ftc^ 
leidster verftönblid^ finb, toaä glüdElid^er SSBeife gerobe bei ben beftcn 
gröftent^eiU ber %aU ift. 3Son anbern finb Stu^güge ober aud& nur eine 



fur^e älnbeutund il^red l^^Mtd gegeben, ^abei batf id^nid^t üerl^el^Ien, 
ba^ einige ©tüde, aud^ nad^ (Sinftd^t ber ))etfd^tebencn ^anbfd^riften, mir 
nod^ rätl^fell^aft geblieben finb. ®ie beigefügten ©ort« unb ©ad^erllä« 
rungen l^abe id^ meift nur auf ba$ 9l5tl^igfte befct^ränlt unb mein älugen« 
merl barauf gerid^tet, ba§ jebed (Sebid^t, fo Diel möglid^, fd^on burd^ 
ben 3"f ^^«»n^tt^öng , in ben eg geftellt ift, feine Erläuterung erl^alte. 

3m SSerlaufe meiner ^arfteUung mufte id^ auf [XI] SSerfd^iebened 
ftogen, toa^ nod^ fel^r einer genaueren Itnterfud^ung bebatf, tpie ). S3* 
ber jtrieg )u SBartburg, 9litl^rt u. f. tp. Slber eben tveil biefen (Segen« 
ftänben nod^ eigene, toeitgreifenbe t^orfd^ung getoibmet U^evben mu^, 
l^abe id^ mid^ auf biefelben nur fo toeit eingelaf[en, ald fte ben meinigen 
unmittelbar berül^ren. 3!Han toirb ftd^ il^nen nod^ Don mel^reren @eiten 
näl^em muffen, beDor man ftd^ i^rer DöQig bemäd^tigt. 

$au)>tquellen, bie id^ benü^t ^abe, finb: 

1) 3)ie manef[ifd^e Sammlung, nad^ S3obmerg ätuSgabe, toelc^e 
im erften 2ll^eil Don ®. 101 bi« 142 ben reid^ften Sd^a^ bon ©ebid^ten 
SQäaltl^erg entl^ält, ©ie ift im golgenben burd^ 5Kan. beieid^net unb, 
toeil fie am meiften }ugänglid^ ift, aud^ ba angeführt, n^o Sedarten 
aus anbem ^anbfd^riften geto&I^It tourben. 

2) a)ie aSeingartner ^anbfd^rift bon 3Winneffingetn (mit 35?. §bf, 
Don mir be^eid^net), toal^rfd^einlid^ ölter aö bie maneffifd^e, je^t in 
ber löniglid&en 5PriDatbibUotlS^eI ju Stuttgart befinblidj». '©ie ent^&lt 
Don ©. 140 bid 170 112 Qixopffm unfrei Sid^teriS. 

3) a)ie ^fäljer ©anbfd^rift «Rr. 357 ($f. $bf. 357), au« bem SBatifan 
nad^ ^eibelberg {urfidgebrad^t SSon 91. 5 b bid 13 b giebt fie unter 
aaSalt^er« Kamen 151 ©troj)l^ett. SBeiter^in, Don [XU] »L 40 an, folgt, 
Don anbrer $anb gef einrieben , nod^ mel^rere« biefem 3)id^ter Slngel^örige. 

4) ®ie ^fäljer ^anbfc^rift SRr. 350 (5ßf. $bf. 350), mit 18 etxopffen. 
aSermifgt \)aU id^ Dorjüglid^ bie SBürjburger Sieberl^anbfd^rift, je^t 

}u Sanbd^ut, unb bie (Derfc^oQene i?) jtolmarer, in toeld^en gleid^faHd 
(Sebid^te Don Sffialtl^er entl^alten ftnb. 

©egentoärtiger SBerfud^ ift eine Vorarbeit ju einer griJ^eren ^axt 
ftettung in bief em gad^e. Um f o ertoünf d^ter toirb mir fein , toa« ba ju 
beiträgt , ben ©egenftanb beöfelben DoHftänbiger aufguHären. 

* [3et}t in SWünc^cn. ©gl. ©artfd^ in ber ©Ibltot^et bc« littcrarifd^en 
»erein» in Stuttgart 68, 1. St.] 



[3] ^tfUv m\^n\it 

Einleitung. 2)e$ 2)id^ter8 ^erfunft. 2)ie @&nger bei» ^nrgaui^. f^nebrtd^ 

öon Öflcrrcid^. 2)cÄ 2)id^tcrg ^ugenb. 

aBaltl^er i>on bcr SSogcItoeibe ift einer öon ben 3roeiftertt beutfd^en 
®cfang^, bte einft, tote bie ©age melbet, auf ber SBartburg toett« 
gefungen. (Sbenfo ift er @iner ber Q^bl^e, üon benen fj)ät nod^ bte 
©ingfd^ule gefabelt, ba^ fte in ben klagen DttoS bed ®ro^en gleid^« 
zeitig unb bod^ Jteiner ^om 9(nbern toijfenb, gleid^fam burd^ gdttltd^e 
Bä^xinnQ, bte eble ©inglunft erfunben unb geftiftet l^aben. 

äSenn einige, bie auf ä^nKd^e äBeife mit \f)m genannt toerben, 
im $albbunlel fold^er Überlieferung juritdfgeblieben finb unb l^öd^ftend 
burd^ Sermutl^ung mit nod|i )9orl^anbenen 2)id^tertoer!en in äSerbinbung 
gefegt toerben lönnen, fo ift bagegen laum einer Don ben S)id^tem 
bcg SKit^elalteriJ fo mit feinem eigenften Seben in unfre geit l^erüber 
getreten, al8 eben biefer SJBalt^er toon ber SSogeltoeibe. 

[4] 3lid&t afö ob bie (Sefd^id^te feinen ©anbei auf ®rben in il^re 
3al^rbüd^er aufgenommen l^&tte ober aH ob alte Ur!unben t>on feinen 
^anblungen 3^U0>ii^ gäben, toie bie^ bei anbern feiner Jtunftgenof[en 
ber %afl ift; feine jalj^lreid^en Sieber finb ed, bie fein Slnbenlen unb, 
mel^r ald bieg, ein Ilared 93ilb feinet äugern unb innern Sebend auf 
und gebrad^t l^aben. 

@r l^at nid^t feine $erf önlid^Ieit in ber alten ^elbenfage bed beutfd^en 
aSolfed untergel^en laffen, nod^ l^at er feine Äunft ben Slitter« unb 
Saubermäl^ren Dom l^eiligen ®ral, Don ber 2Jafclrunbe u, f, to. ju* 
getoenbet, fonbern er l^at bie ©egentoart ergriffen. Unb l^iebei Ij^at er 
toieber nid^t blog ben 3Wai unb bie 3Ktnne gefungen, Diclmel^r ift er 
gerabe ber Dielfeitigpe unb umfaffenbfte unfrer älteren Sieberbid^ter, er 
bel^anbelt bie Derfd^iebenften 9lid^tungen unb S^f^änbe ber menfd^lid^en 



9 



©eele, er bcttad^tet bte SBelt, et fj)ie0elt in feinem befonbern Sebcn 
baS öffentlid^e, er InlH)ft feine eigenen Sd^idtfale, toenn ani) in fel^r 
untergeorbnetem SSer^ältniil; an bie tpid^tigften $erfonen unb @reignif[e 
feitier S^xt 

Diefe 3^^ ^^r eine bebeutenbe, öielfad^ unb ftürmifd^ betoegte. 
SDie 3Settoinung be2 Steid^S nad^ bem 3^obe ^einrid^g VI, ber üerberb« 
lid^e ©treit ber ®egenl5nige ^i)H\pp unb Dtto, t5«ebrid^3 II l^eran« 
toad^fenbe ©röfee, btffen Äämpfe gegen bie JJäbfilid^e SUImad^t, ber 
fireuj)üge toogenbed ©ebräng! 

Unfd^einbar aKerbingö ift baS Sluftreten unfteS ©td^terg auf ber 
Sül^ne biefer SBeltbegebenl^eiten. ©d^on [5] barüber fönnten h)ir Ijer« 
legen fein, toie toir il^n juerft in bie SBelt einf übten, benn fein Ut* 
fJJtung ift h\^ je^t nid^t mit ©id^erl^eit etl^obcn. 

!3m obetn S^l^utgau ftanb, nad^ ©tum^>f« ©d^toeiuetd^tonif, ein 
alte^ ©4)10^ 93ogeln>eibe. 3m benad^batten ©antt ©allen l^at ba$ 
J)atti?jifd^e ©efd^Ied^t bet SSogeltoeibet geblüht. SJlit biefem ©efd^Ied^t 
unb jenem ©d^Ioffe toitb SEBaltl^et öon bet SSogeltoeibe in Sejiel^ung 
gefegt K 

3n feinem beutft^en Sanbe finben toit aud^ bie tit[6]tetlid(ien 
©änger fo gebrängt beifammen, afö in jenen nad^barlid^en ©ebirgS« 
tl^älem, bie öon ber 2^l^ur, bet ©ittet, bet ©teinad^ butd^taufd^t 
toetben, unb bott, too bet Sll^ein bem Sobenfee jueilt. ®et Stud^fe^ 
Don ©ingenbetg , bet ©d^enf ßuntab )[>on Sanbegg , ® 5li , ®taf ßtaft 

1 ®tum:pf, ber gegen bie 9Hitte bc« 16ten ^al^rl^unbcrtS fd^rieb, cnoäl^nt 
im 5tcn SSud^e feiner (Sl^ronif eineg fanft*gaÄifci^en ©tirgcrS, ^anS ^ogel« 
»eiber, unb fügt ba« SBoppen biefer SBogelweiber bei. hierauf folgt in ber 
oierjig 3fal^rc nad^ be§ «erfaffer« 2:ob crfd^ienenen »uSgabe toon 1606 (SL 3736) 
nacj^pel^enber ©cifat?, tpeld^cr in ber erfien 3(uSgabe oon 1548 (II, ©I. 31 b) 
noä) ni(^t befinblici^ ift: „@onfl ifl SBogeltoeibe ein alt ©d^loj getoegt im 
oberen Surgo» gelegen: baoon berümpte ?eut fommcn, on ber ^ergogen in 
©c^toabcn §of befannt. SBaltl^er toon ber ^ogelweibe war ein frommer biberber, 
notl^affter SRitter, on ÄetjferiJ ^l^iU^Jpi $of: wie föId^iJ bezeuget fein felbfl eigen 
?ieb in einem uroUen S5u(^ [ft(^erlid(| bie maneffifd^e ^anbfd^rift], unber Äe^fer 
$einri(!^ unb ^önig (Eunraben bem jungen gefd^rieben: barinnen aiid^ fein 
SBapipen abgematet, l^at ober nid^t« mit biefem geleid^i?." ©iefeS ift oi^ne 
3tocifeI bie ^au^ptftette, nod^ weld^er 33obmcr unb nod^l^er oiele 3(nbre bcn 
Urfprung be« ©id^ter« in bo8 obere 2^^urgau fe^en. 



10 



Don ^oggenburg, ^einrid^ unb Sberl^atb i>on @a£, t^riebttcl» \>on 
^ufen, jtunrab t)on Slltft^tten, 3Balt^er t)on Jtlingfn, ^einrid^ t^on 
t^rauenberg, äBernl^et ^on Xü^en, ^rinrid^ Don Slugge, ber t>on äSengen, 
bet ^arbegger, ber %aUx, SRubolf bon ßm« u. 21. m., bon benen 
aQen nod^ Sieber borl^anben fmb, gel^ören tl^eild mit ©etoifdl^eit, tl^ei(^ 
mit größerer ober geringerer 3Sa\)x\^mlx6^Uit, jener ®egcnb an ^ 

[7] ÜRitten in imm fangreid^en ©auen lag bad @tift @anlt ®aUtn, 
bon bem ber 9lnbau ber ©egenb unb bie 93ilbung il^rer Setooi^ner au^^ 
gegangen. 3)ie bortigen ßlofterbrüber toaren im 9ten unb lOten ^iaf^x-- 
l^unbert ge))riefene 2:onfünftIer. ^f)ve geiftlid^en Sieber, too)u fte felbft 
bie Singtoeife festen, giengen in ben aSgemeinen ftirc^engefang über. 
(^b^n fo frü^e tourbe }u Bt ©allen in beutfd^er S))rad^e gebic^tet, unb 
l^intoieber ba$ beutfd^e ^elbenlieb (SBaltl^er unb ^i(tegunb) in (ateinifd^e 
SSerfe übertragen. 9iamentlid^ aber toaren biefe 9J25nd^e befd^äfttgt, 
bie Söl^ne bed benad^barten älbeld üUxf^aupt fotool^I, aH in^befonbre 
in ber a:onIunft, ju unterrid^ten \ Unb eben in bjiefen 3SerlS^ält[8]niffen 



1 33on ©Ingenberg, Janbcgg unb ®ö(i wirb weitcrl^in bie SRebc fein, 
^raft üon S^oggenburg tft in ber ü^efd^id^te bortiger Q^egenb l^inlänglid^ be« 
lannt 2)ie üon ©ajf, ein auÄgcftorbene« ®t\d)kd)i im 8fl^cint^al, nac^ »elc^em 
nod^ bie Sanbfc^aft genannt u^irb. Über bie @)e|(^le(^ter tjon $ufen unb toon 
X^al f. D. STrjc, ©cfd^td^te bc« Äantong @t ©allen (2 S3be. @t. hatten 1810. 
11.) 1, 493. 498. Unter ben 3)ien|lleuten be« ©otte^l^aufe» @t. hatten um 
1300 jäl^lt ein altei» l^er^eid^nid bie toon ^((tfletten, bon' ^arbegg, Don $ufen 
auf. @bb. I, 482. 2)er SWtnnefänger ^friebrid^ öon $ufen, ein Äreujfa^rer, 
be^eid^net ftd^ felbfl als um ben Sll^ein einl^eimifd^. 3Ran. I, 92 b. 94 a. 
(3m (Slfag fud^t il^n Dberlin, de poetis Alsatise eroticis @. 10.) @in 
SS^altl^er oon klingen fömmt um 1271 urfunblid^ Dor, ^xi^ I, 395 (nad^ 
2)ocenr ST^uf. I, 144 fd^on 1251), ein H. (Heinricns) milee de Frouunberch 
1257, ebb. I, 544, ein Cuno miles de Tüfin 1279, ebb. I, 506. 2)ie 
9iuggen erfd^einen nod^ um bie äJ^itte beS 15ten ^al^rl^unberti^ atö fanft^gallifd^e 
Runter. (Sbb. II, 296. 2)er bon äBengen rid^tet ein Sieb an bie S^urgduer. 
iD'^an. II , 99 a. ^njiel^enb unb anfd^auUd^ l^at D. Sagberg in ber gneignung 
bed Iten SBanbd feineiS l^üeberfaald (1820) an bie länger bortiger ©egenb 
erinnert. 

*^ SKed Obige l^at )>. ^r;: in feinem äugerft lel^rreid^en ©efc^id^tkoerle 
«mflänblic^ auSgefül^rt unb belegt. S3on bem SWönd^e Xutiro (fl. 912) fagt 
Ekkehard. jun. de casib. monast. St. Galli cap. III: „filios nobilium in 
loco ab abbate destinato fidibus edocuif 



11 



mod^ten 5leime liegen, toeld^e nad^l^er im rittevlid^en ®efang jur 99Iüt^e 
gelommen finb. 

S)er t)on SingenBerg ivar bed älbte^ fiu St. (SaKenS^tuci^feg, ber 
Don fianbegg beffen Seiten!, ®öli (ieboc^ nur ntutl^ma|Iid^) beffen 
jtämmeter, unb alfo feigen n>it biefen fürftlid^en 3lbt Don einem fingen- 
ben $of ftaat umgeben, älud^ bie anbern abelid^en ©efd^Ied^ter, auiS 
benen ^uDor eine Sleil^e bon ÜWinnefängern naml^aft gemad^t tt)urbe, 
finb gröftentl^eild aU Seilend' unb S)ienftleute be^ JtlofterS begannt K 
€elbft bad melbet $ugo t)on Xtimberg in feinem Slenner (um 1300), 
ba^ ein abt Don @t. ©allen fd^öne 2laglieber gefungen, b. 1^. Siebet, 
in it^eld^en ber SBäd^ter Derftol^lene SRinne marnt, ba^ fte nid^t Dom 
3;agedlid^t übetrafd^t toerbe. 

Unfern ©id^ter Don ba ausgeben gu laffen, too ber Oefang fo 
l^eimifd^ (Dar, tro DieÜeid^t ber eigentlid^e QueQ ber fd^loäbifd^en Sieber« 
fünft }u fud^en ift, l^at an fid^ ^ttoa^ ©efäUige^. "Sintis barf nid^t 
un[9]bead^tet bleiben, bag jener fanftsgaQifd[ie Xrud^fe| Don ©ingen^ 
berg fic^ befonberä Diel mit SBäalt^ern ju fd&affen mad^t. 6r rülSimt ben« 
felben alg Sangegmeifier, betrauert beffen lob, a^mt feine Sieber nad^, 
unb toir finben auf biefe Sßeife im Xl^urgau toenigftend einen äBiber- 
f^aü Don 3Baltl^erd ©efange. 

©(eic^tool^l bleibt ber Urf))rung Dcd 2)ic^terd in jener ©egenb noö) 
immer gtoeifell^aft. ®ag Dormalige SJafein einer Surg 3SogeItoeibe \d)^xnt 
lebiglid^ auf ber älngabe ber Dorgenannten (S^ronif ju berul^en, unb 
bie Urlunben bed Stiftet St. ©aUen, toeld^e nid^t leidet einen äSeiler, 
einen X^urm ber Umgegenb unberührt iaffen, entl^alten, fo Diel man 
bid je^t ioeijs,' leine Qpux Don bem fraglid^ien @tammfd^log ^. 3)ad 

1 Über bie fanft-gaUtf^en (Srbämter f. ^r( I, 320. ^onrab, ©^enl bon 
Sanbegg, tömmt )?on 1281 (ober f^on 1271, I, 528) btd 1304 in ben Uv« 
lunben dot. ®bb. I, 476. 2)ie Kämmerer l^iegen (Stiele. „Rudolf Gielo, 
noster camerarius/ ebb. I, 320. ©gl. 2Wuf. I, 162. S^er S>id^ter Oiöli 
(a»an. II, 57 a) fingt: 

8ei bem 9l^eitte grünen Serbe unb ^uen. 
Über bie anbem Q^efd^Iec^ter f. oben @. 10, Snm. 1. 

2 2)ie oftangefü^rte (ä(efd^i(i^te bed ^antond ®t. ©allen giebt eine um- 
|i&nbli(^e gefd^id^tlid^e Ortöbefd^reibung bovtiger ©egenb , auf bie reid^^altigen, 
in ^ol^ed 9[Hert^um l^inauf reid^enben Urtunbenfammlungen bed fanft/ gallifci^en 



12 



aug[10]geftotbene f anft s gaUifd^e (Sefd^Ied^t bet Sogeltoeibet fömmt erft 
im 15ten ^al^rl^unbett unter benientgen \)ox, toeld^e ali ®md)iif)txxn 
ben ^Untertitel fül^ren lonnten, unb ed mag feinen Stamen el^er t>on 
einer Sebienung, aU t>on einer Surg, entnommen l^aben^. SRül^m» 
lid^e [11] @rtoäl^nung be$ S)i(l^terd aber unb )>ertraute SSelanntfd^aft 
mit feinen Siebem finbet fid^ nid^t blo^ bei bem 2^rud^fe^ t>on Singen« 
berg, fonbern aud^ bei anbem gleid^jeitigen unb f})&tem Sängern, 
n)eld^e nid^t bem Xl^urgau angeboren. 

®in 3Reiffcergefang über bie 2h)5If Stifter ber fiunft nennt SBaltl^ern 

^rd^it)l$ gegtünbet. ^^irgenblS aber ermähnt fte einer 8urg SSogelkDcibe. Um 
beßo ft^rer ju gelten, l^abe xd^ an $ernt oon %i% fetbfl m\6) fc^riftltci^ ge« 
menbet unb k)on il^m bie ^eflätigung txffcAttUf bag i^m Don einem <8(J^Ioffe 
biefe« Sflamtn& nie eine iWelbung aufgeflogen fei. SWöglid^ wäre eine S5ers 
»ed^dlung mit ^ögelindbevg ober ^ögelided. 3n bem fanft^gaHifd^en ^al^rd« 
jeitenbuti^e (Goldast, Script. Rer. Alem. Tom. I), bo« 1272 gejd^rieben 
rourbe, fÖntmt ein Ruodolfas dispensator de Vögilliosberc t)or. iRotter UI^ 
35orfle]^er ber fanftsgattifti^en ^(oPerfd^uIen, geflorbcn 1022, l^atte bei ©peid^cr, 
tu ber ©egenb, wo iti^t bai& wettaui^fd^auenbe ^ögeliiSed fielet, ein ©el^ege 
(vivarium), worin er SBilb unb fcltene S5ögel, bie er am meiflcn liebte, Der« 
wal^ren unb füttern lieg. (S8 ip »ermutiget worben, baß l^ier bie $eimotl^ 
tit^ (§^efc^Ie(]^tei$ t)on ber J^ogelwetbe gu fud^en fei, weld^er 9}ame im 9Runbe 
bei» i^olfs in ^ögeliiSecf umgewanbelt worben fein möd^te. 3Ran überzeugt 
ftd^ leidet, wie fel^r ed l^iebei an einem ftci^em $alt gebred^e. 

1 Über bie fanft-gaHifd^cn SSogelweiber f. Slrj: II, 196. ?eu, MgemeineS 
^cloet. ?ej:icon, X^. 18, @. 676. @ic fommen juerfl 1430 toor. 2)ad 
©d^rciben be« $erm toon Slrjc befagt barübcr golgenbe«: „3d^ bezweifle eg 
fel^r, ob ^altl^er J^ogelweiber Don <St. fallen ^er fei. 2)enn nie fömmt 
biefe§ (SVefd^Ied^t in altern Seiten, fonbern erfl im löten Sal^rl^unbert ba bor, 
wo Don atten Orten ^er Seute ftd^ in @t. hatten aufiebelteu, ober wieber 
abgogcu. 2Wtr fd^eiut 35ogetwciber el^er eine ©cbteuuug auiJgebrüdtt ju l^abcn 
unb üon biefcr in einen ®efd^(ed^t§namen übergegangen ju fein. iRämtid^ fo 
wie Äud^imeifler einen ^robtantmeifler, unb gütter (impletor), @^ifer, anbre 
Serrid^tungen anzeigten, unb na(^^tn gu (fanlt^gallifd^en) ^Jamiliengefd^Iec^tern 
würben, fo war ^ogelweiber o^ne 3^etfel ein äftann, ber ftc^ mit bem 3<^ngen, 
füttern, ^brid^ten ber $ögel etned @rogen abzugeben ^atte, benn ^ogilweiba 
^teg eben bad, Xoa& Aviarium, Glossar, sec. 10 in. ab Ekhart, unb o^ne 
fold^ed ^ogelbel^ältnid unb einen härter bedfelben fonnte ber fjallenjiagb wegen 
unb beS §infenfang« lein fjürfl ober ®raf fein. ®& mufte barum aller Orte 
)IBogelweibcr geben." 3m SBürttembergifc^en ifl ber 9iame SSogelwaib ntd^t 
feiten. 



13 



einen Sanbl^etm an^ S30l^men K älnbertoärt^ toitb er bem fäd^ftfd^en 
ä&el^efd^led^te \>on bev ^eibe bet0e}&^lt ^. Seibed ol^e erftd^tlid^en [12] 
@runb. Sleuerlid^ ift feine @ebuTtöft&tte in äBüQbutg gefud^t toorben, 
too er begraben liegt unb too borntald ein ^of „)u ber SSogeltoeibe" 
genannt toar \ Unb nad^ älEent bleibt nod^ bie ^rage übrig , ob nid^t 
ber 3tam^ ein bid^terifd^ angenommener ober umgeioanbelter fei, h)ot)on 
man aud^ fonft in iener Qext S9eif))iele finbet. 

S)ie @))rad^e Don Sßaltl^erd ©ebid^ten leitet auf leine naivere @t>ur 
feiner ^erlunft, ba pe in ber toeit verbreiteten oberbentfd^en 5Kunbart 
t)erfa|t ftnb, in ioeld^er bie meiften 2)id^ter bed I3ten i^al^rl^unbertiS 
gefungen l^aben. 

S)er S)id^ter felbft, beffen 9luiSft>rud^ entfd^eiben toürbe, gebentt 
nur einmal bedSanbed, too er geboren ift, aber ol^ne ed )u benennen. 
@r l^at, aU er in f))äteren 3<i^^^>^ bortl^in )urüdge!ommen, ällled 
fremb gefunben, ioad il^m einft lunbig ioar, toie eine ^anb ber anbem, 
bad t^elb angebaut, ben Sßalb t>erl^auen unb nur bad 38af[er nod^ 
fliefeenb, toie e« toeilanb flofe (3Jlan. I, 141 f.). »ud^ fonft ift in 
feinen Siebem nirgenbd eine Sejiel^ung auf bie ©egenb bed 2^l^urgaud, 
' ob er gleid^ ))on ben Drten feinet ä(ufentl^altd unb \>on feinen 2Ban« 
berungen t)ielfältig Sled^enfd^aft giebt. 2)ie erfte beftimmtere Drtd« 
bejeid^nung ift ed, toenn er melbet: 

3u £)fierret(^ lernte ic^ fingen unb fagen. ((S6b. I, 132 a.) 

[13] 9(ud biefen SBorten ift übrigeniS nod^ leine^toegiS )u fd^lie^en, 
ba^ er aud^ in £)flareid^ geboren fei, el^er bad ©egent^eil; benn fte 
bejeid^nen gerabe nur bad Sanb feiner Silbung }ur fiunft. 3n Cfter» 
reid^, mo bie jtunft bed ©efangeS unter ben dürften aud babenbergi« 

1 ©ei SBagenfeU, 5Son ber 2Weiflerfänger ^olbfeUgen ^unfl u. f. xo. @. 506: 

2)er fjünft ^err SBoIter l^ieß, 
Sßar ein Sanbl^err auS ©öl^men gen)i6[?] 
l^on ber ©ogeltoeib u« f. ». 
3n einem anbern SJieljlerltebe (®örre«, SlUteutfd^c ^olU* unb Söietfler* 
Ucber, granffurt 1817, ©• 224) l^eigt er ^err SBaltl^er \)on ber Sötb, ber 
8iert)ogeL («gl.2«an. II, 2 b.) [®gL (Srimm, »ictnl^art gud^», @. 104, 18.] 

2 @. Äönig, ©enealogifcj^e Slbetö^iflorte Xff. II, e. 543. 

3 Obertl^ür, bie iD^inne« unb iO^etjlerfänger aud ^ranfen, Sürjburg 
1818, @. 30. 



14 



fdBem Btammt fo f<|5n get)flegt tourbe, lonnten bie Se^rlinge berfelben 
gute @d^ule ftnben. S(ud^ Steinmar toon S'^titx , bet um bie 3RiiU bed 
13ten Sal^tl^unbertd \>xd)Uie, betetet l^on ftd^: 

$on 9%]^eine fo Mn td^ geboren, 
3n fcflem^e ertoad^feiu (SÄan. II, 146 b.) 

9tac^ aDen älnjeigen tvar 3BaItl^er \>on abeltd^er Sblunft. 9Rit 
beut Sitel „ßerr", bem 3^^^« ritterbüttigen ©tanbe«, rebet er felbft 
ftd^ an , unb f o ta)trb er aud^ Don S^i^^^^off^^ benannt. Bp&ttxe nennen 
il^n Siittet ^ 3)a^ er ein Steid^^Iel^en erl^falten l^at , toerben toir nad^« 
f)tx feigen. 

^em ä3i(be, toeld^ed ftd^ in ber äBeingartner ^anbfd^rift Dor feinen 
Siebern befinbet, ift tpeber^elm [14] nod^ ®(^ilb beigegeben. Stur bad 
Sd^tDert ift feittoärtd angelel^nt. 3^ ber maneffifc^en $anbfd^rift finb 
^elm unb Sd^ilb J^injugefomnten; bad S3at>))en)ei(l^en auf beiben ift 
ein t^alfe ober anbrer 3agbboge( im it&ftg, alfo gän^lid^ berfd^ieben 
t>on bem bei @tum))f abgejeid^neten 2Ba})))en ber SSogettoeiber, toeld^ed 
brei @teme entl^att. 

älnfel^nlid^ mtt| bad abelid^e ®efd^led^t bed S)id^tefd in feinem 

t^aUe getoefen fein. @r fagt einmal: ,,SBie nieber id^ fei, fo bin id^ 

hoö) ber äSertl^en einer'' (Wan. I, 122 b). Über feine 9(rmutl^ Hagt 

er öftere, unb eben fie mag i^n betoogen l^aben, aud ber Runft bed 

©efanged, bie bon ätnbem au^ freier Suft geübt toarb, ein ©etoerbe 

)u mad^en. 

f/d" £)ßerrei(i^ lernte xd) fingen unb fogen.'' 

3Rit biefen äBorten bed 2)id^terd treten toir )uerft an^ bem ®ebiete 
ber ^abel unb ber äSermutl^ung auf einen fefteren Soben. S)od^ muffen 
tpir l^öuftg biefen toieber berlafjen unb und barauf befd^ränlen, einzelne 
fid^fere $unlte )u be)eid^nen, tpeld^en toir bann badienige, toad ben 
@tem))el bon Ort unb 3^it toeniger beftimmt an fid^ tragt, nad^ äSal^r« 

i @o toirb er genannt im Seben ber 1^. ©(tfabetl^ (iKendcn, Script. Rer. 
Germ. ©. II) unb in bem SWeiflerlicbc bei ®örrcd @. 224. 3n ber iRac^rid^t, 
meldte bie Sürjburger ^anbfd^rift oon feiner ©rabflätte gtebt, ^etgt er Miles. 
2)od^ ifl e8 jtoeifcD^aft, ob er bie 8'iittertt)ürbc felbjl erlangt l^abc, inbem er 
fid^ in einem fetner ©ebid^te mit bcn S'ltttern in ©egenfaft ju ftctten fd^etnt 
(man. I, 142 a: 

„2)aran gebenfet, 8flittcr! eS ift euer 2)ing.") 



15 



fd^einlid^Ieit unb nac^ äSertoanbtfd^aft bet ©egenftcinte anteil^en. 3Bo 
fid^ ber traben bet ©efd^td^te betttett; ba giebt bad innere Seben bed 
Sid^terd @toff genug, bie Sude audjufüDen. 

®g lafjen jtd^ jtoeietlei 3cittäunte befttmmt unterfd^etben , in toeld^en 
bev 2)id^ter am ^ofe ber f^ürften bon £)fterrei(l^ aud BaSenbergifd^em 
Stamme gelebt [15] l^at. @r befanb ftd^ bort unter f^ebrid^, t)on 
ben 6j)ätern ber Äatl^olifd^e genannt, ber \>on 1193 bi« 1198 am 
^crjcgtl^ume toar, unb lam bortl^in jutüd unter Seo))oIb VII, bem 
©lorreid^en, bor bem Raffte 1217. 

a)iefe beiben gürften toaren ©öl^ne SeotJoIb« VI, be§ Xugenb« 
reid^en, ^ergog« bon Öfierreid^ unb ©teier, ber gu Slnfang be« 3<i^reö 
1193 geftorben ioar. ^riebrid^, ber ältere @ol^n, lie^ ftd^ 1195 mit 
bem Jtreuge geid^nen, reifte 1197 nad^ ^aläftina ah unb ftarb 1198 
auf ber Rreujfal^rt ^ 

3Rit ü)\n mu| bem 2)id^ter SSieled gu ®rabe gegangen fein. 3n 
einem geraume 3^^ nad^l^er gebid^teten Siebe red^net er ben Anfang 
feineö unfteten unb muffeligen geben« eben bon bem J^obe tJtiebrid^« 
an. Sebenbig genug fd^ilbert er in bemfelben Siebe feine S^rauer um 
ben ffitftlid^en ®önner: „^a f^ebrid^ aud Öfterreid^ alfo toarb, ba^ 
er an ber ©eele gena« unb i^m ber Seib erftarb , ba brüdt* id^ meine 
Äranid^e (©d^nabelfd^ul^e) tief in bie @rbe\ ba gieng id^ fd^Ietd^enb, 
tote ein $fau ^, baiS ^au^t l^&ngt' id^ nieber bi« auf meine Jtniee." 

3toar fällt in SBJaltl^erd 3^tt nod^ ein anbrer griebrid^ bon Öfter« 
reid^, griebrid^ ber Streitbare, be« Dbigen Sleffe, ber 1230 feinem 
SSater, Seot)oIb VII, [16] nachfolgte unb 1246 in ber Ungarnfd^Mt 
an ber Seitta umlam. @d fmb aber l^inreid^enbe ®rünbe borl^anben, 
bag angefül^rte ©ebid^t nid^t auf ben SReffen, fonbern auf ben Dl^eim, 
}u begiel^en. 2)ad @enefen an ber ©eele bei bem Srfterben bed Setbed 
ift begeid^nenb für ben Xob auf ber Jtreu)fa^rt, toeld^en ber 2)id^ter 
aud^ fonft für einen fegenreid^en erllärt. Unb toenn toir aud^ an* 
nel^men tooUten, ba^ SBaltl^er, ber, toie fid^ geigen toirb, fd^on 1198 
in fel^r männlid^em ®eifte gebid^tet, nod^ um 1246 gelebt unb gefungen 

1 ChroD. Claustro-Neoburg. (bei Pez, Script. Rerum Anstriac. S?. I) 
ad ann. 1195, 1197, 1198. 

^ [SWan. II, 252: mit pfatten fcl^ritcn. Monam. Boic. ©. XXXni, 
@. 304: ^ainrid^en ben ^fatoentrittc] 



16 



l^abe, fo toirb bod^ a\x^ bem natürlid^en 3uf<imnten]^an0e, to>orin jjenei^ 
Sieb fj)ätetl^itt erfd^etnt, fid^ etflcben, ba^ fold^e^ in ben erfteren S^i^ten 
ber Stegierung Äaifer griebrid^g 11, alfo gar lange Dor bem 2^obe 
gtiebrid^g be« Streitbaren, entftanben fei. 

äBenn und gleid^ ber 2)id^ter, au^er bem SBenigen, tpad angefül^rt 
tourbe, bon ben ©d^idfalen feiner frül^eren Seben^jeit feine befiimmtere 
3?ad^rid^t giebt, fo ift un§ bod^, bebor toir il^m toeiter folgen, ein ber« 
toeilenber S3IiÄ in feine 3ugenb gefkattet ®r jeigt un^ ben 3«ttaum, 
toorein fold^e gefallen, im SBiberfd^eine feiner f})äteren Sieber. 

„Öietoor h)ar bie SBelt fo fd^ön/' ruft er Ilagenb au^* Qnniglid^ 
tl^ut e^ il^m toel^e, toenn er gebentt, toie man toeilanb in ber 3BeIt 
gelebt. D toel^! bafe er nid^t üergeffen lann, ioie red^t frol^ bie Seute 
h>aren. ®oU ba^ nimmermel^r gefd^el^en, fo tr&nlet i^n, ba| er*d Je 
gefeiten. Se^t trauern felbft bie Sangen, [17] bie bod^ öor fjreube 
foatcn in ben Süften f^Joeben. (I, 129 a. 140 b. 114 b ^) 

3)iefeg unfrol^e SBefen rügt er an melj^reren Steffen. @g gilt il^m, 
toie anbern 3)id&tern ber^^t, für ein fittlid^eS ©ebred^en, fo Joie um» 
geleiert bie tjteube für eine 2^ugenb. „Sliemanb, fagt er, tauQt ol^ne 
greube" (I, 110 b). Unb afferbing« ift e« nid^t feiten bie ftttlid^e 
Sefd^affenl^eit beg®emütl^g, l^ier bed tool^lgeorbneten, bort beg in fid^ 
jerfaffenen, tooraud ^ro^finn ober SJliiSmutl^ entft)ringen. 

Db SBaltl^er au^er bem UnterridBt in ber jtunft be^ @efanged 
irgenb einer %xt bon geleierter Sitbung genoffen, ift nid&t erfid^tlid^. 
©inige ©intoeifungen auf ©teffen ber ©d^rift unb jioei lateinifd^e 
©egengfjjrüd^e, bie er fd^erjieaft anbringt, fönnen nid^t« entfd^eiben. 
SBon ben gelben, toeld^e bajumalin romantifd^en ©ebidjiten berJ^errlid^t 
tourben, !ömmt bei il^m blofe Sllejanber bor 2, SRid^arb SöJoenl&erj unb 
©alabin, beren er ertoäl^nt, toaren burd^ nal^e Überlieferung nod^ in 
frifd^em 2lngebenlen. Slirgenb« eine fid^re @t)ur, ob er be« Sefenö 
unb ©d^reibeng lunbig toar. S)ag Seben l^at il^n erjogen, er l^at [18] 

1 [^Ql Sflubitt, man. I, 166 b, 1. 168 a, 1. b, 2. 169 b, 3. 170 a, 3. 
171a, 1. 172 a, 4.] 

2 2luf bie beutfd^e ^clbenfage finbct ftd^ nirgcnbiJ eine SSejtel^ung, man 
müfte t^ benn für eine ^nfpiclung auf SBaltl^cr unb §iltegunb onfel^cn, wenn 
aud^ er, ber ©änger ©altl^cr, feine ©cUcbtc $iltcgunb nennt. I, 136b. 



17 



flelernt, toaS er mit Slußen fal^; bagS^teiben bet SKenfd^en , bie ®retg* 
ttiffe ber S^ii toaten feine SBiffenfd^aft. 

Wand^e^Sieb, bad über feine Seben^oefd^id^te looUftänbigereS Sid^t 
ijerbreiten fönnte, mag verloren gegangen fein. 3^ benjenigen, bie 
auf uns gefomnien ftnb, erfd^eint er aU ein 9Kann toon gereiftem 
3llter, unb in mel^reren ^eigt er fid^ am 3^^^ f^ner Sage, ©eine ®e- 
bid^le tragen im Slttgemeinen baS ®e|)räge ber SBBelterfal^renl^ett, beg 
@rnfteS, ber Setrad^tung. S3iiS }ur eigenen Dual fül^lt er ftd^ gum 
Slad^benfen l^ingejogen unb er f})rid^t bag bebeutfame SDBort: 

Siegen mid^ ©cbanlen frei, 

©0 lüüftc x6) mä)i um Ungemad^. (I, 114 ai.) 

@r fteKt fid^ un3 in einem feiner ßieber bar, auf einem ©tetne 
pftenb, Sein über Sein gefd^Iagen, ben (Sllenbogen barauf geftü^t, 
Rinn unb SDäange in bie ßanb gefd^miegt, unb fo über bie SBBelt nad&s 
benlenb. 2)amit bejeid^net er treffenb baS StBefen feiner I)id^tung , unb 
fmnreid^ ift er in jtoei ^anbfd^riften bor feinen Siebern in biefer 
©teffung abgebilbet. 

^ [S3gl. 3Äan. I, 70 b, 3: '31k toaxi größer ungemad^, banne eS iji ber 
mit gebauten umbcgat. II, 46 a, 5. T, 146 b, 2.] 



U^I anb, ©*riften. V. 



18 



[19] ^miitt SlBfii^nitt 

®atCTlanb«bt(^tcr. 

2)ag3<^l^r 1198, in toelc^em berSDid^ter feinen fürftlid^en ®önner 
in £)ftertei(i^ Verlor, toar ani) ein äBenbe^unft in ber ©efd^id^te ber 
Seit. 3*^ biefem 3^^^^^ ^i^ i^^'^ griebe, ber in ben Testern 3<^l^^f^« 
Äaifer griebrid^g I unb toäl^renb ber Slegierunfl ^einrid^^ VI in 3)eutfd^5 
lanb gel^errf d^t l^atte, ben langtoierigen unb öerberblid^en Äämt)fen ber 
(Segenlönige. 

^einrid^ VI toar im $erbft 1197 ^u 3Keffina geftorben, feinbrci^ 
iäl^riger ©ol^n griebrid^ blieb, unter SSormunbfd^aft be« 5Pa6fteg, aU 
Rbni^ in ©icilien. S)ie beutfd^en Surften l^atten il^n nod^ bei Seb^ 
geiten feineg Saterg afö Slad^folger auf bem beutfd^en S^l^rone anerfannt. 
Slber 3»iw*^cenj III, ber lur^ nad^ be« Äaiferg Eintritt, im Iräftigften 
äUter, gum Dberl^au^t ber fiird^e getüä^lt Sorben, tooQte nid^t toieber 
bie SSereinigung ber beutfd^en ttrone mit ber ftcilifd^en bulben. @r 
[20] fanb biefe SSereinigung gefä^rlid^ für bie Äird^e, unb erllärte, ba 
^riebrid^ nod^ nid^t getauft getuefen, atö man il^n jum römifd^en ^5nig 
ertuäl^lt, fo braud^e man ftd^ hieran nid^t ju leieren. 3)en 3)eutfc^en 
toar nid^t mit einem Äinbe gel^olfen. 3« ^^« fed^^ten SWonat toar 
bad Steid^ i^ertüaifi 

5ßl^ilij)t) öon ©d^hjaben, beg berftorbenen ^einric^g ©ruber, l^atte 
anfangt berfud^t, feinem unmünbigen 5Reffen bie 2^^ronfolge )u erl^alten, 
balb rid^tete er felbft fein Slbfel^en auf bie Ärone. S(ud^ biefem ^oJ^en* 
ftaufen arbeitete ber 5Pabft entgegen. 5roit Sert^olb bon Sö^'^iwgen 
unb Sernl^arb bon ©ad^fen tourbe bon ben dürften um bag 3leid^ 
unterl^anbelt. 9^ad&(;er orbneten ber ©r^bifd^of bon Äöln unb anbre, 
melj^rent^eil« geiftlid^e dürften, bon JJÖbftUd^cm (Sinflufe geleitet, eine 



19 



(Sefanbtfd^aft an Dito \>on Sraunfd^toetg ai, um i^n jutn 2^l^rone ju 
berufen. S)ie 3fleid^gHeinobe, auf beren 8efi$ man bamal« großen 
^txti) legte, iDaren in $l^tlt))^^ ^änben. 

©d^on frül^er toar ein falfd^eg (Serfid^t t)on Äaifer $einrid^§ 2^obe 
bag 3^J<^^n ju affgemeiner 3luflöfung ber gefeHfd^aftlid^en Drbnung 
getoefen. Se^t, nad^ be« Äaiferg lüirllid^em Eintritt, erteid^te bie Set^ 
hjirrung ben f)'6i)^Un Orab. „Sllg id^ au8 Sl^ugcien nad& 2)eutfd^Ianb 
Surürfgef ommen , fd^reibt 5ßl^iIil)J) an S^nocenj III ^ , f anb id^ ba§ 
gan^e Sanb in nid^t ge[21]ringeret aSettoitrung , ate itgenb bag SWeer 
t>on atten SBinben jertoüi^It toetben lönnte." 

2)ie elften Sieber unfrei 3)id^terg, benen lüir ben 3^itj)unlt il^rer 
©ntftel^ung beftimmter nad^toeifen fönnen, bejiel^en ftd^ auf biefeSretg« 
niffe. ®rnfleg 9?ad^ben!en über bie S^^f^üttung beg SSaterlaubg, Sln^ 
flage beö 5ßabfteg, bef[en Umtriebe ben Stoief>)alt l^erbeigefül^rt, Sluf» 
ruf an ^^ili)))), ber SSertüirrung ein @nbe gu mad^en. 

3^ Jag auf einem ©tcinc^, 

3)a bedte iö) ©ein mit SBeine, 

2)arauf fe^tc xä) ben (Sttenbogcn, 

3^ ^atte in meine §anb3 gcfd^mogen 

2)a« Äinn unb eine Söange; 

^a badete ic^ mir t}iel bange, 

Sie man jur Söelte fottte leben. 

deinen "Siaxf) fonntc id^ mir geben, 

2öie man brei 2)ing* erwürbe, 

2)er feines ntd^t toerbürbe: 

2)ie gwei |inb (S^re unb fal^renb ®!it, 

2)er jebes bem anbern @(^aben tbut, 

2)a« britte ifl ®otte« §ulbe, 

1 Registr. Innocent. III. ep. 136. @. 147. 

2 2)iefe ©tro^l^e ijl nad^geal^mt üon ©op^o (3)ian. II, 235): Sjä) faß auf 
einer ®rüne w. f. to. [35gl. Sftuolanbegliet ©• 12, 33 f. »lotl^er 442. <^.] 

3 [3Jgt. SBigaloiS 3. 6022 big 6027. Chevalier au cygne I, 119, 2879: 
^sa main a son menton." Gui de Bourgogne <B. 29: „Sa main a sa 
maissele, comme voir dolans hon." [SluSgabe tjon ®ueffarb unb SWtd^etant. 
^arig 1858. @obann im Lay d'Aristote in mhn» Fabliaux 3, 108: Lez 
un vergier, lez une fontenelle Siet fille a roi, sa main a sa maisselle, 
£n souspirant 80n douz ami apele. ^.] 



20 



S)cr 8»cicn Übcrgulbc; 
2)ic lüotltc id^ gerne in einen ©djrein. 
3a (eiber! möci^tc t>aS nic^t {ein, 
3)a6 ®ut nnb xoMidi' S^rc 
Unb ®otte& ^nlb je met>re 
[22] 3ufammcn in ein ^crjc fcmmen. 

Steige unb SDBege fmb eingenommen, 

Untreue iji in ber ©aße, 

©eroalt fäl(>rt auf ber ©trage, 

triebe unb iRed^t ftnb beibe »unb, 

3)ic brei l^aben ®clcitc« nid^t, bic jwet werben benn eV ge|unb. 

gef*mogcn] gejd^miegt. - Übergulbe] m» mel&r M jene gilt. - 3« ^« 
©aße] leßljaft. [Ulridj« üon Sur^eim Sriftan 558. 3«t SWeiPer-^efangbud? 
@. 48, DCXII: fase. ©ud^ienwirt II, 41.] [©aße = $interl)alt. Ä.] - 2)ie 
brei] nemli« ®ut (9teid)tt>um), weTtlid^e (g^re unb ®ottc« 4>ulb, ^/aben fein 
fiebere« Geleit, um jufammcn ju fommen, beüor nid^t bie sroei, giiebe unb 
gie(^t, wieber genejen ftnb unb bie ©trage frei mad^en. 

3c^ fal^ mit meinen togen 
3)er 3Renfd^en ^l^un unb 2:augen. 
2)a i(^ nun I;örte, ba id^ fad^, 
Söa8 3ebed t^at, wa« 3ebe§ fprac^: 
3u iRome l^örte id^ lügen 
Unb äweene Äönige trügen. 
2)at}on ]^u6 pd(l ber meifte ©treit, 
2)cr tff warb ober immer feit. ' 
2)a pd^ begannen zweien 
S)ie ¥f offen unb bie Saien, 
2)a» war eine IRotl^ Dor aller iRot^, 
?eib unb ©eele tag ba tobt. 
2)ie Pfaffen jlritten feiere, 
2)od^ warb ber Saien meiere; 
2)a« ©d^wert legten fie ba nieber 
Unb griffen ju ber ©tolc wieber, 
©ie bannten, bie fic wottten, 
Unb nid^t ben pe foüten. 
2)a ftörte mau mand^ ©otteSl^au«, 
2)a l^örte id^ ferne in einer &lan^ 
[23] SJiel parfer Ungebäre; 



21 



2)a »einte ein ^faufcnere, 

@T ffagete ®ott fein bittre« ?eib: 

^O we^! ber ^abejl ift ju jung; l^ilf, ^erre, beiner ©l^riflenl^eit!" 
feit] feitbem, nad^l^er. — gweien] entgweien. — Pfaffen unb ?aicn] geifHid^e 
nnb »eftlic^e Surften, in ber jheitigen Äönig«tt)a^L — Ungebäre] ungebärbige 
SBel^Hage. — Äfaufenere] ber flagenbe ÄIou«ner, »eitler mel^rmafö Dorlömmt, 
bebeutet bie t)ormaIige jtrenge ^römmigfeit im ^egenfat^e gu ber nunmel^rigen 
STuSartung beS geiftlid^cn ©tanbe«. [33gT. über ben ÄkuSner Pfeiffer« 2te STu«- 
gobe @. 184. Ä.] 

34 ^Örte bie SBaffer biegen 
Unb fal^ bie fjifd^e fliegen, 
3(i^ \a\) »a« in ber Söelte »a«, 
SBatb, gelb, ?aub, mo\)x unb ®raS. 
S^aS Iried^et ober flieget ^ , 
Ober ©eine gur ®rbe bieget, 
2)a« \a\f id^ unb fage eud^ ba«: 
2)er feine« lebet ol^ne ^ag; 
2)a« Sßitb nub ba« (^etoürme, 
S)ie fireiten ftarfe ©türme, 
Sllfo tl^un bie 35ögel unter i^n'n, 
Sflnx öog fte ^aben einen ©inn^ 
(@te »ären anber« gu nid^te): 
@ie fd^affen gut ®erid^te, 
©ie fetjen Äönige unb SfJed^t 
Unb fd^offen Ferren unb Äned^t. 
£) »e^ bir, beutfd^e 3««9Cf 
9Bie ftel^t beine Orbenunge! 
2)ag nun bie mud' xffxtn tönig l^at 3 
Unb bag beine (S^re alfo gergat! 
[24] ©e!e§re bid^, befe^rel 

2)ie tird^en ftnb gu l^el^re, 

1 [®otfrteb« üon ©tragburg SBerfe II, @. 105. @tr. 14. ©. 107. 
etr. 28 f.] 

2 [©oltau« l^iftorifdfte ©o««Iieber @. 86: 2)ie fürften l^atten einen mutt.] 

3 2)te 9J2üdfen l^aben tönig unter il^nen, 
3)te ©icnen einen SBeiffel, bem fte folgen, 
tein' (Sreature lebet ol^ne SD^eifierfd^aft u. f. m. 

S)er 2Ä^«ncre (bei aWilller DXCIII.) 



22 



2)ic armen Äönigc brängen bi(f>. 

^l^tU^^el fet^e ben Sat|en auf unb l^eige fte treten l^inter jtd^! 

Pan. I, 102.) 

biegen] tofen, raufd^en. — fließen] fc^tüimmen. — xoa&] war. — • 2Ba§ 
fried^et] togt. Sßernl^eri^ SWaria ©. 28. 52. — unter il^^n^n] unter fid^. — bentfd^c 
Sunge] ?anb beutfd^er ©prad^e. — jergat] jergel^t. — bte Äird^en] bic ©eijlUd^feit. 
[S)ucangc 33. I, @. 996 [?ari0 1842. II, 362. Ä.] f.: „(Circulus) Circulus 
aureus, Coronee simplicioris species, quse Patriciatus insigne erat apud 
Romanos, sub Imperatoribus Occidentalibus. Leo Ost. Hb. 2, cap. 79 : Eidem 
Henrico IV, Patriciatus honorem Roman i contribuunt, eumque praeter im- 
perialem coronam aureo circulo uti decernunt Petrus Dlac. lib. 4 Chron. 
Casin. cap. 119 de Lotbario imp. : Ipse vero in civitate coronam circuli 
patricialis accepturus remansit. Acerbus Morena in Histor. Rerum Lauden- 
sium pag. 117 de Friderico I Imp. : Sequenti igitur proximo die Dominico 
preedictus Papa Paschalis cum suis Cardinalibus in ipsa Ecclesia S. Petri 
Missam honorifice et cum magno gaudio celebravit , ipsoque die in capite 
Imperatori circulum aureum tantummodo imposuit. Sequenti vero die 
Martis, in quo fuit festum S. Petri ad Vincula, preedictus Dom. Papa 
Paschalis Dom. Federicum Imperatorem et serenissimam Augustam Bea- 
tricem conjugem suam ez coronis auro purissimo, et multis pretio- 
sissimis gemmis decoratis coronavit in ipsa Ecclesia S. Petri. Cir- 
culum etiam, non coronam, Regibus tribuit Chronicon Montis - Sereni 
ann. 1134: Imperator celebrat Pascha Hai verstat, ubi quidam de Princi- 
pibns Danorum Magnus nomine, hominium ei faciens, regnum Daniee ab 
ipso suscepit, et postquam proestitit juramentum, Imperatori ad Ecclesiam 
procedenti, circulo decoratus aureo, gladium prseportavit. An. 1152 de 
Friderico Imp : Qui proximum Pentecoste Merseburg celebrans , Sueno 
Regi Daciee Circulum Regium concessit. Et an. 1158: Dux Bohemiee 
concesso sibi ab Imperatore Circulo nominatur. Circulis aureis Augustse 
apud Occidentales usse etiam leguntur, non coronis. Arnoldus Lubec. 
lib. 6, cap. 2 de uxore Philippi Suevi Imp.: Ibi quoqne Regina, regio 
diademate, non tamen coronata, sed circulata processit. Vide Corona 
Ducalis. Le Roman de Garin: El fu vestu d'un paille Alexandrin, Et 
en son chef un chapelet d'or fin. Alibi: Le cercle d'or li ert el chief 
asis." Xrijlan 10862. 10981. (El^rontl be§ granciScancr SefemetjlerS 2)etmar, 
na6) ber Urfd^rift unb mit ©rgänpngen auS anbern ©l^ronifen l^erauSgegeben 
toon 2)r %, $. ©rautoff. Iter Sl^eil. Hamburg 1829. @. 82. 3. 1204: 2)c 
tontngl^ $§t%:pu§ l^abbe o! enen groten l^of to SJiegbebbord^ , bar l^e gl^ecronet 
gl^in! mit fimc wiüe. SWagmannS ^racliug @. 213 b.] — gu l^cl^re] gu 



23 



gewaltig. [IBcncrfe« ©eitväge @. 255, 3.] — bic armen Äönigc] bie mittellofeu 
!^^ronbc»crbcr. — bcn SBaifcn] ba« SRetd^sHeinob, ben ©belfiein ber Äatfer- 
hoiie, n?el(i(;en ^erjog (Sritfl au« bem 'ijofjUn 33crge mitgenommen l^abcn fotl. 

3loi) im grüljfjal^r 1198 toarb bem 35i(i^tcr bie greube, ?ß^ilij)})en ge- 
frönt in feigen. ®ag l^od^fd^toebenbe Sieb, toorin er feinen Subel auef})ricl^t, 
lä^t '«w»w beiitoeifeln, bafe er felbft ber Ärönung ju SWainj antoo^nte. 

2)ic Ärone ift älter, benn ber Äönig $^ili^)pc fei; 

2)a möget il^r atle jd^auen xt)of)\ ein Simber bei, 

2Öic ftc il^mc ber ©d^mib fo eben red^t gcmad^et. 

@ein taiferlid^eiS §aupt gegiemet il^r a\]o mol^I, 

!S)ag fte gu ^t6)it niemanb fd^eiben foU; 

3ebtt?ebe8 nid^t beS anbern 2^ngenb fd^tvac^et. 

<Sie (ad^en beibe einanber an, 

3)a0 ebet ®c|leinc unb ber junge füge SKann; 

3)ie Slugenmeibe feigen bie gürfien gerne. 

2ßer nun beS 3?ei(!^eS irre gel^*, 
[25] 2)er fci^aue, »cm ber SBaife ob feinem 9?a(fen ftel/! 

3)cr ©tein ifl aller gürjlen Seitcf^erne. (I, 127 b.) 
ju SfJed^te] mit dicdjU — Stugenb] Söertl^. — fd^njad^et] fd^n?äd^et, tierringert. 
®ag angettelj^me Silb, bag SBalt^cr J)on feinem Äöntge giebt, be* 
[tätigen bie äBorte ic^ ©efd^id^tfc^reiber^. 3tai^ ber SBefd(;reibung ber 
urf))ergifd^en 3al^rbfid(fer toax $^ili)))3 ein 9Rann k)on fc^dner unb eb(er 
©efic^itgbilbung, blonbem $aar, mittlerer ®röfee , jartem, faft fd^toäd^-- 
lid^em ftdr))erbau ^. 

S)er 2)i(i^ter begnügt ftd^ nid^t, ^J^ilifJt'en jum Sl^rone berufen 
unb auf bemfelben begrübt )u l^aben. ®r giebt bem neuen 5tönige 
nod^ ba^ 3RxtUl an, feine ^errfd^aft )u befeftigen unb auszubreiten. 
3)iefei^ 5KitteI pnbet er in berSWilbe, ber banibaren ^reigebigleit gegen 
diejenigen, bie ftd^ bem Könige i^erföl^nt unb Der))flt(i^tet l^aben, ber 
rüdf^altlofen SluSf^enbung ))on ®aben unb ®l^re. 

^l^ilippe, ^önig ^e^rel 

@ie geben bir alle $eile§ SBort 

1 ChroD. Abb. Ursperg: „Erat autem Philippua animo lenis, mente 
mitis^ eloquio affabilis, erga homines benignus , largus satis et discretus, 
debilis quidem corpore, sed ^jsatis virilis, in quantum confidere poterat 
de viribus suorum, facie veuusta et decora, capillo flavo , statura mediocri, 
magjs tenui quam grossa.** 



24 



Unb ttjotttcn Sic6 nad^ Selbe. 
iRun l^afi bu Q^ut unb (Sl^re, 
[26] 2)a8 ifl tool^I ^toeter jlönige ^ort, 
3)ie gie6 ber aWilbc 6eibe! 
2)ie ä^ilbe tonnet, tote bte <Saat, 
i^on ber man mol^I juriid empfal^t, 
^arna(^ mau audgen^orfen l^at; 
SBtrf üon btr mtlbtgltd^e! 
SBcI(j^' Äontg ber SÄilbe geben !anu, 
@te giebt il^m, bai^ er nie gemann, 
Sie Sllejcanber fld^ üerfann: 
2)er gab unb gab, ba gab fte i^m aUt 92etd^e. (1, 113 a.) ^ 

2)ad ifl tt)o]^I u. f. ID.] (Sej^art ber $f. $bf. 357) 9{ei(^t]^um unb (S^re, 
iebed für ftd^ fd^on, ifl ber ^cxt, @d^a(, eined Königs, (^gtl, 135 b: ,,gtoei 
Äaiferg (Sflen" b. 1^. ©tärfe, Äraft) — ftd^ üerfann] inne »arb. 

Die ©efd^id^tc betoeift, ba^ $iS>tKj)t) toirflid^ in biefent ©innc ge» 
l^anbelt. 38ie er überl^au^t bte gelinben 28ege ben getoaltfamen i)ot< 
)og, fo fud^te er befonberd burd^ reiAe ©aben an ®elb unb Sänbereien 
t^einbe ju befeitigen unb älnl^änger }u getüinnen. Seinem gefa^rßd^ften 
50litbetoerbet um bte Ärone, bem ßerjog Sertl^olb üon 8ä^^"ß^"f ^«^^ 
er für beflen SRücf tritt 11000 3Rarf bejal^It. ©eine fjretgebtgleit toar 
fo grofe, bafe er bamit ntd^t, lüie Sdeianbet, atteSletd^e getoann, fon* 
bem felbft bie onererbten Sanbe nur nod^ bem Slamen nad^ bel^telt. 

„31U er, fo erjäl^Ien bie urfpergifd^en S^i^tbüd^er, fein (Selb 
l^atte, um feinen Ärieg^leuten ©olb ju bejal^len, peng erguerft an, bie 
Sönbereien ju öcräu^ern, bie fein SSater, Äaif er ^ttebrtd^, [27] toett umber 
in ©eutfd^lanb ertoorben ^atte, fo ba^ er jebem tJteil^errn ober 2)tenfts 
mann Dörfer ober angrenjenbe Äird^en öerfe^te. Unb alfo gefd^al^ eS, 
bafe il^m nid^t« übrig blieb , au^er bem leeren SWamen be« Sanbee^enn 
unb benjenigen ©täbten unb Dörfern , toorin SKärlte gel^alten toerben, 
nebft toenigen ©d^Iöffem be« Sanbe«." 

3)effen unerad^tet öermod^te er e« nid^t Slllen ju ®an!e ju mad^cn, 
unb felbft Sffialtl^er toirft il^m in einem anbern Siebe toor, ba^ er ftd^ 
nid^t fo red^t im @eben gefaUe. @r erinnert $^ilt^))en an ben milben 

1 [^gl. 9ia^ttouarb, Choix des poesies originales des Troubadours 
33. 5, @. 196. Anc non crec u, f. to. @. 320. Per dar conquis u. f. ».] 



25 



@a(abin \ toeld^ev eefagt, Jtdnioed $änbe foQten burd^Iöd^ert fein, unb 
an ben Jtönig t>on Sngellanb (Sttd^arb 2btomf)^xi), ben man feinet 
aRilbt^ätigfeit toegen fo tl^etier au^elöft (I, 127 b.) '. 

Slud^ l^atte $l^tli}))) mit aK feiner ^eigebigleit nid^t berl^inbem 
Idnncn, ba^ qM^) na^ feinet jttönung Otto [28] t)on Staunfd^iDeig 
ald ©egenlönig aufgefteEt h)urbe, mit bem et bid an feinen %o\> }tt 
Iamt)fen l^atte« aSie einft in ben äSätetn, ^tiebtic^ bem Sloti^batt unb 
^eintid^ bem Sötoen, fo ftonben ie|t in ben @öl^nen, $l^ili)>t) unb 
Otto, ®ibelinen unb 9Belfen ftd^ btol^enb gegenfibet. 

SBSit ISfaben jubot gefeiten, in loeld^ l^eitetem ßid^te unfrcm SJid^ter 
feine ftü^ete Setengjeit etfd^eint. 9Jlit ftetg büftetetn gatben malt et 
bie ©egentoatt. @t Ilagt um bie alte ®l^te, um bie alten getteuen 
©itten. 3:teue unb SJBal^tl&eit ftnb »iel gat befd^olten. Seet [teilen bie 
etül^le, too aSei^^eit, »bei unb 9((tet fa^en el^e. Siedet l^inlet, Sud^t 
ttauett unb @d^am fiedlet S)ie Sonne l^at il^ten Sd^ein betf eistet, 
Untteue il^ten Samen audgeftteut auf .allen äBegen, bet Sater finbet 
Untteue bei bem jtinbe, betStubet lügt bemStubet, geiftlid^et Dtben 
felbet ttfiget; bet und bod^ )um ^immel leiten foKte. S)et 2)id^tet 
etlennt l^ietin bie fd^teibaten S^^^^^ ^^^ nal^enben äßeltgerid^td 
(F, 121a. 107 b. 112 a. 128 a). 

9Kit tiefem Äummer l^ält er bem l)olitifd^en unb ftttlid^en Setfalle 
feineiS SBatetlanb« befjen ftti^eren ®lanj entgegen: „D toel^! loa« ®^ren 
ft^ frembet bon beutfd^en Sanben! 9Bi$ unb SRann^eit, baju Silber 
unb ®olb!" (I, 103 6.) „3^ f«^ l^iebor einmal ben ^lag, ba unfer 

1 [©ruber SBernl^ir, mt aWeiiler=®cfangbu<i^ @. 3. LXI: be« mUtcn 
(Salanned l^ant gefete um ere nt^e fo totten \ca^, ^ribevg, S^riflan $. 4515. 
2)occn, aWiiJc. I, 98. VII. SJgt. ^urnci tton S^antctj in ÜÄagmannS 2)cn!« 
mälern I, 138.] 

2 aitt^arb war ju (gnbc bc« Solare« 1192, al8 er auf ber mdUffr au« 
bem ^eiligen Sanbe burd^ ba« bebtet $!eopolb« VI toon £)flerrei(^, ben er in 
^aläjHna beteibigt^atte, t)erlletbet reifen xooViU, erfannt unb feflgefet^t loorben. 
Seo^^olb tiberlieg feinen befangenen um 60000 iD^ar! Silber« an ^aifer ^einrid^, 
ber 8fltd^arben »egen beffcn 55erbiubung mit Xanfreb t)on @idüen übet wollte. 
9^un tourbe ^{td^arb t)om ^aifer in l^arter ©efangetifd^aft gel^alten, unb erfl 
3U «nfang be« ^al^re« 1194 gegen ein Sßfcgelb öon 100000 2Äarf, ba« bie 
(Jnglänber mit groger «njlrengung jufammengebrad^t l^atten, in greil^eit 
gefegt. 



26 



£o6 \oax gemein aden S^^Q^^r ^^ ^^i^ ^^nb und na^e lag, ed 
begel^rte @ü^ne ober ed toax bejtoungen. Sietd^er ®ott! toie tptr nad^ 
e^ren ba runfien!" (I, 106 a.) 

[29] (Sr rügt l^iebei bie ®ntartiinfl unb Stt^^I^Pö^rit beö jüngeren 
(Sefdjledj^t^. SSomtafö viet^en bie 2Hten unb tl^aten bie jungen. 3e|t 
l^abcn bie Sangen bie SHten Derbrungen unb ft)Otten it^rer. 3unge 3llts 
l^erren ^ fielet ntan unb alte ^ungl^erren. Unb toenn gleid^ SBaUl^er ein« 
mal htf)a\xpUt, Slicmanb lönne mit (Serien Äinbedjud^t bel^ärten, ioen 
ntan ju @^ren bringen möge, bem fei ein SBort alö ein Sd^lag, fo 
tabelt er 'toi) anber^tvo bie SS&ter, bag fie Salomon^ 2(i\)xe bred^en, 
nad^ toeld^er ben Solj^n ijerfäume, hjer ben Sefen fjjare. (1, 106. 126 b. 
129 a.) 

Unred^t toürbe bem ©idf^ter gefd^el^en, toenn toir in feineni £obe 
ber SSergangeni^eit unb 5Eabel ber ©egentüart bie blo^e SJorliebe für toer* 
lebte :3ugenb)eit erblidfen tooKten. ^ie gleid^}eitigen ©efd^id^tfd^reiber 
finb in boDfommener fibereinftimmung mit feiner ©d^ilberung bed gu- 
ftanbed, in toeld^en 3)eutfd^lanb burd^ bie bot)J)elte ÄönigStoal^l toerfe^t 
tourbe. 

„Damafö, fagt ber Slbt toon Urfjjerg, fiengen bie Übel an, fid^ 
auf ber (Srbe ju öerDielfältigen. S)enn eS entftanb unter ben SKenfd^en 
geinbfd^aft, Xrug, Untreue, aSerratl(>, h)omit fie fid^ gegenfeitig in 3:ob 
unb Untergang bingeben. Staub, Pünberung, SSeil^eerung , Sanbeö^ 
toertrüftung , Sranb, Slufrul^r, Ärieg. Sebermann ift je^t meincibig 
unb in bie toorbefagten greljel öerftridt. 2Bie Da« SSolf, fo aud^ bie 
^riefterfd^aft. ®ie SBerfolgung ift fo grofe, baft [30] 5Riemanb mit 
Sid^erl^eit bon feinem SSJolinort auSgel^en fanw, aud^ nur in ben 
nä#en Drt." 

3n bem allgemeinen ^^iffi^fllt nal^men aud^ bie ©änger ijcrfd^iebene 
SBege. SBenn SBaltlj^er \>on ber aSogeltoeibe 5ßl^ilij3))« Ärönung feierte, 
fo geleitet SBolfram toon ßfc^enbad^ ben ©egenlönig Dtto gu feiner 
SBei^e 2. 

3u ben Slnl^ängern 5ß^iH})i)§ gel^örten ber $erjog Sernl^arb öon 
Sad^fen, frül^er felbft S3eh)erber um benS^l^ron, unb ber ®rjbifd^of üon 

1 [mt ü»ciper*®efangbudi @. 40. DLIX: alt l^erren.] 

2 Oranfe @. 176 b. »gl. Xiturel Q^ap. 27. @tr. 4096. 



27 



ÜWagbebutö K, 9?ad^ bem tJ^ütingifd^en S^^^i^Ö ^^ 3^'^^ 12^4' ber fid; 
mit ber Unteriuerfung be^ Sattbgtafcn ^ermann enbigte, ober afö im 
^af)x 1207 ^l^iliJ)J>, mit Dtto unter^anbelnb, fid^ in jener ©egenb ie- 
fanb^, mog e« gefd^el^en fein, bafe er bie SSei^nad^ten ju SKagbeburg 
feierte. SBaltl^er toar bei btefer geier antoef«nb; in einem farbenfceDen 
©em&lbe, ben altbeutfd^en auf ©olbgrunb äl^nlid^, jetgt er un^ bett Aird^- 
gang bc# Äönigg mit [31] feiner ©emal^Iin, ber gried^ifd;en i^rene, unb 
bem ©efolge ber 3:il^üringer unb ©ad&fen. 

@d gieng eins 21ageiS,.atö unfer ^erre marb geborn 

53on einer ÜRogb, bic er fid) gur SWutter ^at erforn, 

3u ä^agbeburg ber tönig $]^ttipf)e fd^öne* 

5)a gieng ciniJ Äaiferd 33rubcr unb ein« ÄatfcrS ttub 

3n einer SBat, toic aud) ber ^amtn gtoeenc Jtnb; 

@r trug be« SRcid^e« 3^^*^^ «"^ bie Ärone. 

@r trot öict leifc, il^m tt?ar ntd^t jad^; 

S\)m \ä)ixä) eine l^od^gebome töniginne nad^, 

a^lofc ol^ne 2)orn, eine Xanht fonber hatten. 

3)i'c 3u^t war nirgenb anbergtüo, 

2)ic 2:i^tiringer unb bie ©ad^fcn bientcn ba atfo, 

2)o6 e« ben Sßcifcn mufte »ol^t gcfatten. (I, 127 b.) 

iWagb] Sungfrau. — cinS taifcrS ©ruber] "^fjiüpp toax ©ruber Äaifer 
^einricj^g VI unb @o]^n taifcr ^ricbrid^S I. — Söat] (Syewanb. [Södtl^er 
SWan. I, 122 a, 3: grünbin unb frowen in einer »ete SBoIbc id^ an tu einer 
gerne feigen. $. ®eorg 1 bi« 4 — fd^Iid^] ©gl. Srip. 10894 f. 11013. 
11084.] ~ ^o\t ol^ne 3)orn, 2:aube fonber @at(e] ©einamen, bie fonft auc^ 
ber l^eiligeu Jungfrau gegeben tt)erbcn. — 3"d^*] §of§ud^t, ^ofbienfl. — ben 
Seijen] ben Äennem. 

Sem !öntglid^en $aare, bad und l^ier im ©lange ber ^ad^t unb 
bed ©lüdfeS erfdbeint, pnb pnftre ®efd(>itfe bereitet, fiurje ßrit nad^^er, 
1208, fättt 5p^ilij)j) burdf; SKörber^anb, unb Srene, bie SRofe olE)nc 5Dorn, 
Dertoelft am Äummer über feinen 2^ob. 

3D3ir l^aben bie fd^merglid^e Älage beg Did^ter« über ben SSerfall 

1 „De Saxonia quidem habuit [Philippus] dacem Bernhardum, mar- 
cliionem Moesiee et alios principes sseculares potentissimos , insuper nrcbie» 
piscopos magdeburgensem et bremensem et suffraganeos eorumdem." 
Chron. ürsp. 

2 2)icfe 3eit oermutl^et Äöpfe o. o. O. @. 16. 



28 



Don ^eutfd^lanb toeniommett. Sd f^ai und baraud eine feiner f^dnften 
Sigenfd^aften angef^tod^en, bie 93aterlanb$liebe. 3)tefed eble ©efül^I ift 
bie Seele etned bebeutenben 2l^ette feiner 3)id^tungen. [S2] überall 
erregt ed i^n )u ber lebl^afteften STI^eilnal^me an ben öffentlid^en Sin- 
gelegenl^eiten. ^m gebül^rt unter ben altbeutfd^en Sängern t^orjug^:: 
h)eifc ber 3lame bed t^aterl&nbifd^en. fieiner bat, ft)ie er, bie @igen« 
tl^ümlic^feit feined äSolIed ertannt unb em^funben. 9Bie bitter toir i^n 
Dorl(;in Ilagen unb tabeln l^förten, mit ftoljer Segeifterung fingt er 
anber^n^o ben $rei$ bed beutfd^en Sanbed, t>or allen anbem, beren er 
biele bur^toanbert : 

31^r foßt fpreti^en: miflefonimcn! 
2)er tnä) Tläf)xt bringet, bad Un ic^. 
HtteS, hai ifix f)ahtt toeritommen, 
S)aS ift gar ein Sinb, nun fraget mt'd^! 
3d^ Witt aber SWiet^e, 
Sirb mein Sol^n l^alb gut, 
3c^ mag tei(i^t{ic^ fag^n, bad tiid) fanfte tl^itt; 
©c^t, tt?aS man mir ©l^ren biete! 

3d^ »in beutfci^en grauen fagen 
eold^e aȊ(re, bag fte beflo f>a^ 
Motten aller Si^elt bel^agen; 
O^ne groge iD^ietl^e tl^if id^ bad. 
SBad tt7odt' id^ ju Seltne? 
@ie fmb mir )u ^e^r. 

2)riim bin id^ gefüge unb bitte fte teined mel^r, 
Sld bag fte mid^ grüben f(^öne. 

3d^ l^ab' ü!anbe t)tel gefe^en 
Unb ber beflen nal^m id^ gerne n^al^r. 
Übel miiffe mir gefd^el^en, 
^önnf id^ ie mein ^erje bringen bar, 
[33J 2)ag t^m tool^I gefallen 
SBoKte frembe ©itte! 

^ad benn l^ülfe mid^, ob id^ mit Unred^t firitte? 
^eutfc^e 3ud^t gel^t bod^ )>or allen. 

^on ber (SIbe bii» an ben 9{l^etn 
Unb ^ermiber bis in Ungerlanb, 



29 



2)a mögen »ol^I bie (eflen fein, 

2)te td^ trgenb in ber SBeU gefannt. 

^ann id^ redete {d^auen 

®ut &m unb (f4i)nen)^?eib 

@o mir ®ott! fo fd^toüre i(^ h70^(, bag ba bie SBeib 

©effer fmb, benn anbcrSwo bie grauen. 

^eutfd^e Wlaxm |inb »o^Igegogen , 
(S^Ieid^ ben (Sn%tln ftnb bie Si^eib getl^an; 
Set {ie fd^ilt, ber ifi betrogen, , 

^nberd fönnf id^ nimmer fein Deiflal^n. 
^^ugenb unb reine iD^inne, 
SBer bie fud^en n}i1I, 

2)er foll fommen in unfer !^anb, ba ifl ^onne Diel; 
Sänge muffe ic^ (eben barinne! (I, 119 b.) 

aWä^re] giJad^rid^t, »otfd^aft. — ein ©inb] ein «Rid^t». — SWiet^e] ©e- 
ja^lung, Sotenlo^n. — fanfte t^nt] mo^I tl^ut. — @ie ftnb mir u. f. ».] $gl. 
IRibeL 35. 2240. -- bar] bal^in. — Äann id^ redete f(^auen] bai» ©enel^men 
(^eläffe) unb bie ©c^önl^cit ber grauen aU Kenner gu beurtl^eilen, galt für eine 
f(^ä(sbare (Sigeufd^aft )Bgl. 92ibel 9$. 2385. Ulr. to. Sic^tenfl. gftauenb. e. 20. 
man, II, 24a. 36 o. — bie Söeib] bie Seiber, ebenfo SÄann, SWänner. — 
[Söeib, grauen] ©gl. 3Wan. I,49b, 5.] — getrau] befd^offeu. — betrogen] falf(^ 
berid^tet. 



30 



[34] 3)dtter m\i^nitt, 

SBaltl^cr« Söanbertcfccn. 5)er $of ju S^üringen. 2)ic $of|änger. 2)c« 2)i(i^terd 
Slnftd^tcn ton gürflen unb gtirflcnrätl^cn, ton Geburt, ^Jrcunbfd^aft, SWanncS- 

tDtxtf), ©lirfc in fein 3"«ßr^2» 

®te ©onger jener 3«it tDaren notJ^lDenbig toanbernbe. SRoc^ten 
aud^ bie Ferren, toeld^c ftd^ im Siebe jur ÄurglDeil übten, auf il^ren 
Surgen bal^eim bleiben, 2)iejemgen, iDeld^e ben ©efang ju il^rem S3e= 
rufe gemacht, muften fid^ auf ben 3Beg begeben. Um Unterl^alt unb 
Sol^n ju finben, muften fte ben §öfen unb geftlid^Ieiten gefangliebenber 
dürften nad^jiel;n. 2Bar bod^ ber $of be« Äaife.r§ felbft ein tüanbernber, 
balb in biefer, balb in jener ©tabt be^ 9leid()eg fid^ nieberlaffenb. 
Ärönunggtage , ^ürftenJjerfammlungen, $od^jeitfefte, ba« hjaren bie 2ln 
läffe, bei hjelc^en bie Äunft^ ober 5PrunIliebe ber ©ro^en fxd) am frei- 
gebigften äufierte. 9Bar ba^umal ba^ getvöl^nlid^e unb l()äue[35]Iid^e 
Seben einf ad^, fo h)aren bagegen feftlid^e unb öffentlid^e 3ufammenfünftc 
befto glanjtooKer. 

SKud^ toom äußern Sol^ne abgefel^en, mufte ber Did^ter toanbern, 
toenn er mit ben 3lngelegenl^eiten ber g^t belannt hjetben, toenn er, 
bei nod^ felj^r unboHIommenen SKitteln ber Verbreitung geiftiger ßrjeug* 
niffe, fid^ felbft Slnerfennung, feinem Siebe SBirffamleit berfd^affen iDoHte. 
3)arum ipar eS ben alten SWeiftern allerbing« ^u tl^un. Sleinbot bon 
3)orn, ber bie Segenbe bom 1^. Oeorg in ©ebid^t gebrad^t l^at, fjjrid^t 
bie Hoffnung auö (93. 56 big 63), bafe fein 2öal über alle beutfdjje 
Sanbe, t)on 2iirol big nad^ Sremen unb Don ^refeburg big nad^ 9Ke^, 
toerbe belannt toerben. 2luf ber anbern ©eite i»irb im Siturel (6aj). 4. 
©tr. 542) bie 95eforgnig geäußert, bafe ber ©d;reiber bag Siedete unrid;tig 
ma6)en möd^te. 2lm fid^erften aber U)urbc bie ^älfd;ung öermieben, 
ivenn ber ^id^ter felbft Dortrug. SäJoKte er toerfid^ert fein, bafe feine 



31 



Jonioeife tid^tig gcfungen h>erbe, hjotttc er feine eigene jjettiflieit im 
©efange geUenb ntad^en, fo \oax ol^nel^in fein ^erfönltd^e^ Srfci^einen 
erforberlid^. 

®o \oax benn aud^ äBaltl^er^ £eben ba$ eine^ fal^renben @änger^. 
6r reift ju 5ßferbe, toermutj^lid^ bie ©eige mit fid^ fül^renb ^ ^afe er 
feine Sieber felbft [36] borgetragen , ift au^ einigen berfelben nod^ l^ör« 
bor ^. 3w $of unb an ber ©tra^e lä^t er fie ertönen (1, 136 b). Qn 
einem SKorgengebet emjjfiel^lt er ftd^ unter ©otte« Db^ut, tüol^in be^ 
Sanbeö er ^eute reiten möge (1, 129 a). @r berulj^igt feine ©eliebte über 
feine 5(6toefenl^eit : 

9J( einer JJvauen barf nici^t werben (cib, 

2) aß i<f) rette unb frage in frembe ?anb' 

^aä) ben ^txbtn, bie mit Sürbigteit 

Uneben (ber ifl biel mand;e mir betannt) 

Unb bie fd^öne ftnb baju; 

2)od^ ift il^rer fvine, 

Sebcv groß nod^ Heine, 

2)er SSerfagen mir jemals mel^e il^if! (I, 118 6.) 

@r ^at ber Sanbe biel gefeiten, toie ipir juöor i(;n fingen l^örten. 
SSon ber 6Ibe bi^ an ben Sl^ein unb toiber big in Ungerlanb l^at er 
ftd; umgefe^en, bon ber ©eine big an bie 3Kur, toon bem 5Po hx^ an 
bie a)raue l^at er ber SWenfd^en SBeife erfannt (I, 131 b). 3tm §ofc 
t)on Süfterreic^ l^abcn h)ir i^n juerft getroffen, am $ofe Don 3:^üringen 
finben t»ir il^n je^t trieber. 

[37] ^ermann, Sanbgraf in 2;^üringen (öon 1195 big 1215), ben 
fid^ 5)il;ilij)j) in bem borerirä^nten gelbjuge pon 1204 unterhjorfen ^ 

1 „SBol^tauf! »er tanjen »otte nod^ ber ©eigen," (S. ^bf. ©, 170.) 
2)a6 Saltl^er fx6) ber $arfe bebtent, ip au« ber ©teile (I, 112) öermut^et 
loorben, too er toon ber alten l^el^re fprit^t, bag man ntd^t in ber TtiHjU 
^ar^fen foUe. 2)er 9[u«brud ifl aber, tote ber ^id^ter felbfl anbeutet, \}pn6i* 
»örtlid^ ju oerfiel^en. 

2 3n ben ^nreben: „3a, ^erre!" (1, 109 b. 124 b.) „Ferren unb 
greunbM* (I, 186 b.) [2)er SluSbrucf „ja, IJerrc" lommt im Xrijlan l^äufig 
al« bloßer SluSruf ))or, 3. fß. 10804. i^gl. 10107. ^ber aud^ afö ^n« 
rebe, 12092.] 

3 Da« JpQiiü\ä)t ®cbi(^t: „«Ru foÄ ber Äaifer ^el^re" u. f. ». (I, 136 a) 
ift auf biefe Gegebenheit belogen koorben. (SS ifl iebod^ ju bemerfen, baji 






32 



Uf^aupUt eine au^ejeid^nete ©teEe unter ben fürftlid^en gteunben ber 
Did^tlunft. @r fe^te fd^on ben 3Reifter §einrid^ öon Selbedfe in ben 
©tanb, feine ^neibe, bie il^m neun ^a^xe lang enttoenbet tüax, ju ©nbe 
ju führen (ßneit SB. 13268 ff.). 9luf feinen «nlafe bearbeitete SBoIfram 
t)on (gfd^enbaci^ ben SBSil^elm öon Dranfe ($. ©eorg 9J. 34 ff.) unb für 
i^n toerbeutfd^te SHbred^t öon ^alberftabt bie SSertoanblungen Döibö K 
38ornel^mlici^ aber ift er burd^ ben SBettftreit ber Sänger an feinem $ofe 
ju SBartburg berül^mt geworben. 

9lu(i^ in bem Seben unb ben Siebern unfreS ®i(i^[38]ter« f})ielt er 
eine bebeutenbe SloHe. SSor 1198 fanben toir biefen in öfterreid^. %U' 
bann folgen feine Sieber auf ^pi^ilij)^) toon ©d^toaben unb e^ ift nidf^t 
anjunel^men, bafe er fid^ an bem $ofe be3 Sanbgrafen toerbe aufgehalten 
l;aben ', fo lange biefer $l^ilij)!|>^ ©egner h?ar. Igm Sommer beg 3;al^re« 
1204 unterhjarf fid^ ber Sanbgraf. ®e ift ial^er ganj nid^t untual^r- 
fc^einlid;, ba§ SEBaltl^erg Stufentl^alt an bef[en ^ofe um ba^ ^al^r 1207 
ftattgefunben, in toeld^e« berÄrieg auf SBartburg, ioorin SBalt^er auf= 
tritt, i)on ben tl^üringifd^en ß^ronifen gefegt h)irb. 

3)iefer SJBettftreit, ben ba^ öielbefjjrod^ene ©ebid^t in ber maneffifd^en 
Sammlung (II, l big 16*-^) in SEBed^felgefang , mit untermengter (Srjäl^^ 
lung, barftellt, l^at junäd^ft bag Sob milbev dürften jum ©egenftanb. 
^einrid^ toon Dfterbingen erlj;ebt ben $erjog Don Öfterreid^l, i^m treten 
SBolfram toon ©fd^enbad^ unb Slnbre entgegen, bie ben Sanbgrafen Don 
2^l^üringen öerl^errlid^en. SBaltl^er toon ber SSogetoeibe jeigt fid^ anfangt 
ungel^alten auf Öfterreid^ unb giebt bem Äönige öon ^ranlreid^ üor allen 
dürften ben $ßreig. 9lad^^er bereut er, ba| er ftd^ t)on bem Öfteneid^er 
lo^gefagt, ben er je^t ber Sonne bergleid^t; allein über bie Sonne nod^ 

^l^ilipp tiiematö ^aifev war, bag SBaltl^er il^n fonfl überall ^önig nennt unb 
betbcrlet Stitel fel^r »ol^I untcrfd^eibet, j. 33. in bem ?iebc: 

^errc Äaifcrl il^r feib wtttefommen, 

S)eiS ^öntgei^ ^amt ifi eud^ benommen u. f. ». (I, 103 b.) 
ÜBei bem bamaligen SBed^fel ber ^artetung fann jenem (S^ebtd^te lei^t ein 
fpätered (Sretgnid ju (^runbe liegen. 

1 S. ben .^rolog ^Ibred^t» tjor SBidram« Umarbeitung feiner ^tt* 
bcutfd^nng. granffurt 1581. L^artW, Sllbred^t toon ^alberflabt, OuebUn* 
bürg 1861. S. CXXIX. CXXXII. Ä.] 

2 [Sgl. 3)er SSßartburgfrieg , l^erauSgegeben, georbnet, überfe<jt unb er* 
läutert oon Ä. Simrodf. «Stuttgart imb SlugSburg, ©otta, 1858. ÄJ 



33 



fteHt er ben 2^ag , ^ermann öon 2^]^tirmgcn. SBon ftd^ felbft tnelbet er, 
1i[>te er ju $arid gute ®ci^u(e gefunben, ju Jtonftantinot^el, gu 93albacl^, 
ju Säab^Ion Jtunft unb äBei^l^eit erlernt l^abe. ^ierau^ ift h>enigften$ 
erfKi^tlici^, bafe SBaltl^er bem Ser[39]faffer be« ©ebic^tö für einen toeit» 
gereiften unb in bie 3:iefen ber Äunft eingett>eil^ten SUleifter gegolten l^abe. 
® asJ ©ebidf^t , f tüie e« ijorliegt , l^at aber h)ol^I ntd^t ben SEBoIfram bon 
Sfd^enbac^, bem man eg gugef einrieben, fonbern einen fpätem mainjifd^en 
3Jleifter jum SSerf affer, h?enn gleid^ Überlieferung unb ältere ißieber ju 
(Srunbe liegen. 

SBenben h)ir uu^ ju SBBaltJ^er« eigenen ^ufeerungen über fein SSer« 
SSerl^ältnig ju bem $ofe öon 2:i^üringen, fo ift ba^jenige feiner Sieber 
juerft auöjul^eben, mit toeld^em er fui^ bem Sanbgrafen erft )u nähern 
fd^eint. 6r fobert 3eben auf, ber an be« ebeln Sanbgrafen Statine fei, 
®ienftmann ober greier , ben jungen gürften um Sineö ju mal^nen unb 
jvoar fo, ba^ er, ber Did^ter , ben®rfolg baöon fj?üre. 3)rei S^ugenben 
toerben an bem Sanbgrafen gerül^mt, er fei milbe, ftet unb too^lgegogen. 
Slber eine öierle nod^ toürbe il^m tool^l aufteilen, bie nemlid^, bafe er 
nid^t fäumig fei (1, 106 a). 3)er ®id;ler mod^te bamit ben SBunfd^ au§« 
brüden, balbmöglid^ t>on bem Sanbgrafen befc^enlt ober in beffen ^ienft 
aufgenommen ju toerben. 

3n einem toeiteren Siebe (1, 133 b) finben toir il^n biefe« SBunfd^e« 
geloä^rt. 6r freuet fid^, beg milben Sanbgrafen Qlngejinbe gu fein. ®g 
ift feine ©itte, bafe man i^n immer bei ben Sl^eureften finbe. ®ie 
anbern gürften aUe pnb anfangt milbe, aber fie bleiben e« nid^t fo 
ftetiglid^. 35er Sanbgraf loar e^ el^e unb ift e§ nod^, barum fann er 
beffer, benn pe, ber [40] SKilbe Jjflegen. 35ag Sieb fc^lie^t mit ben 
fd^önen SQäorten: 

SBer l^euer fd^attet unb ift l^tn gu ^a^re f>ö\t, a(S el^, 

2)ed Sob grünet unb falbet, »ie ber ^Ut, 

^er 2^^ürtnger ^lume f(i^einet burd^ ben ©d^nee, 

©ommer unb SBintcr blül^et fein ?ob, loic in ben erjlen ^ol^ren i. 

fd^aUct] ipod^et, pranget. — f)\n ju 3^i)xt] übcr'g ^al^r. — afö cl^] tric öorl^cr. 

^ 3m X^ituret, wo beS Sanbgrafen ^ermann mel^rmaW rül^mfidje ©t" 
wäl^nung gef(!^te^t, l^etgt ed t)on tl^m ((Sap. 7): 
^ermann Don Sl^ürtngen (S^re 
$f(ag toeilanb, bie mug immer $reifed »alten. 
UHanb, ec^riften. V. 3 



34 



äBünfd^ettdlDettl^ aEetbing^ mag bad Seben an bed Sanbgtafen $ofe 
öeh)efen fein. S)cr ©id^ter giebt eine fcl^r anfc^aulidf^e ©d^ilberung öon 
biefem ^ofl^alt, toorauiS ju entnel^men ift, bag man bort toenig t>on ber 
fc^Iimmen Seit öerfj)ärte: 

Set in ben Clären fied^, n7<r franf im Raupte fei, 

!S)aS iß mein ^{atl^r ber kffe ten $of gu Springen frei; 

^ommt er bal^in, fürwal^r er wirb ertl^öret. 

3^ \)af)t gebrungen, U& iä) ntc^t mel^r bringen mag; 

(Sine ®ä)aax fäl^rt an^, bie anbre ein, fo SRa6)t als Xa^, 

@rog Sunber ifi, bag S^emanb ba nod^ l^öret. 

^er Sanbgrafe ifi fo gemut^, 

2)aj3 er mit floljcn Reiben feine ^abe bertl^ut, 

2)er iegli(^er oiel »o^I ein ^äm^fe »äre. 

SWir ifl feine l^ol^e 21rt »ol^t !unb, 
[41] Unb gälte ein ^^uber guteiS Seines taufenb $funb, 

2)a flünbc bod^ nimmer SRittcr« «ed^er leere. ^SB. ^bf. @. 170 ) 

ertl^öret] betäubt. — Ääm^fe] Ääm|)c, ein ^oId;er, ber befonber« aufgefteüt 
if), eine ^aö^t im S^^i^^tn^f uu^jufec^ten, alfo ein auSermäl^tter, oorgügltd^er 
Streiter. 

3Wand^ unnü^en (SefeKen mufte bie (Saftfrei^eit biefe^ ^ofeS an« 
^ie^en. efc^enbad^ rügt biefe« in feinem 5ßarcifal S. 8856 ff. S mit 
SBejiel^ung auf ein nid^t mel^r toor^anbeneS Sieb unfrei S)id^ter§: 

)Bon 3:]^Uringen gürfie ^ermann! 

^i\\6) bein ^^ngeftube ic^ mag, 

!Da$ ^uiSgefinbe l^iege ha^, 

2)ir n}är' an6) eine$ ^aien notl^, 

(Seit n^al^re 972ilbe bir gebot 

<Bo manigfalten Slnel^ang, 

^ier ein f(^mä]^li(^ (S^ebrang 

Unb bort ein trertl^eS ©ringen. 

2)rum mug ^err SBaltl^er fingen; 

„©Uten Stag, Söfc unb ®ut!" 

2ßo man foId;cu Sang nun tl^ut, 

2)e« fmb bie galfd^en gee^ret. 

Ä'aie l^att'« il^n nid^t gelel^ret, 

9^od^ $err ^einrid^ oon JRifpad) u. f. tt). 

1 ^ud bemfelben (Sebid^te $. 19097 f. erl^eHt, bag bamali» 2:pringen 
anä) für baS ^aterlanb neuer 2:an3muftt galt. 



35 



Äate ifl be« Äönig* 3lttuS flrctigcr unb mürrifd^cr ©encfd^att, bcr fold^em 
Unwefcn, nad^ @|(i^enbad^S ^luSbrud, f(!^ärfer war, bmn ber ©tcnc ©tad^cl — 
©cbrang] ©cbrängc, äubraitg. — 2)ie galfc^cn] bic ©d^Icd^tcit. — [42] ^cinrid^ 
ton Sflifpad^] toicfidd^t bcr tugenbl^aftc ^d^xtihtx, bcr im SBartburgcr Äricgc auftritt 
unb beffcn ©cbid^tc SWan. II, 101 ff. aufbettjal^rt jtnb , bcr Henricus Notarius, 
H. Scriptor, locker in tl^üringifd^cn Urfunbcn üon 1208 big 1228 Dorfömutt. 
3»uf. I, 173. 

©in tDunberlid^er 5Kaun, mit Stauten Oerl^arb Sl^e S fd^eint ber 
freubigen OefeHfd^aft am ll^üringifd^en $ofe gur ^\d\d)AU il^reS SBi^e« 
gebient ju l^aben. S^m ^t SBaltl^er jhjei ©ebid^te getoibmet. S)a^ 
eine' (I, 105 a) ift burd^ ^jerfönlid^e Slnfjjielungen rät^fell?aft. S)ag anbre 
(1, 113 a) betrifft einen fd^ergl^aften SRed^tgflreit. 2)er merliüürbige gaU 
ift biefer: $err ©erl^arb Sl^e l^at bem 2)id^ter ju (Sifenad^ ein $ferb 
erfd^offen. SBaltl^er flagt auf ßntfd^äbigung : baS $ferb toax tool^I 
breier SWarle toertl^. (Serl^arb Sl^e toeid^t aber bamit aug, bafe er be- 
\)awpUt, ba^ getöbtete 5)5ferb fei bem SRoffe blut^Derhjanbt, baS einft i^m^ 
bem S9ef tagten, ben ^nger gu ©d^anben gebiffen. 3)agegen erbietet pd^ 
SGBaltl^er, mit beiben $änben ju befd^toören, bafe bie ^Pferbe einanbev 
nid^t befre^nbet toaren, unb er ruft auf, ioer il^^m ftaben, b. 1^. ben 
gib abnel^men tooKe. 

©in Äamtjfgenoffe beö Sanbgrafen ^ermann in beffen gelobe mit 
Äönig 5P(?iItt)J) h)ar Der ®raf toon Ka^eneHenbogen, SBill^elm II, ju* 
genannt ber Sleid^e^. Sierfelbe mag eg fein, t)on bem unfer S)id^ter 



1 [3>o^anneS ^oi)M Chronicon Tharingiee in Menckenii Scriptor. rer. 
german. X^* 11^ (E. 1736: Santgrafe ^enrid^ ber romifd^ir Sonnig ftarb bo 
ane libid crbin, algo man fd^reib nod^ drtflud gebort 1248 j[ar, unbe bart^ne 
fo cntfiunt groj obil in 2)oringin unbe in $cfgin taube, »an e^tid^c mit« 
wiltige erbartutl^c, bi^ tabin atjo b^ nad^t^unbc, bt^ en^unbin tocrbin, unbe 
»otbin nt^manbid frunbe f^n, bo fi^ nid^t l^errtn obir ftd^ l^attin, ^Igo t|ubin 
unbir cn an $erwig )}on ^orfttgo» unbe ^axi^ ^i^ct mit crin l^ctffcrn, S)^ 
ftugtn bag i^il^e an üor g){cnad^e tiox gcwcn torin unbe )}or attiu borffin, b^ 
barummc getegtn »arin, unbe trebin bag b)^ ^orftl uff. ^o tjotgetin bi^ )}on 
Sfenac^c unbe ton (Sruqcborg, unbe tabin botfd^aft bem Dogetc üon ^cnnc* 
bcrg, bcr fammcnte baj ootg Dor bem walbc, unbe bie üicnbc l^attin cn nax* 
l^albitt bt) bcme ^orfUbcrgc, unbe cg gcfd^ad^ ct^n grogc ucbirlagc, San ber 
toon ^fcnad^e^ wart oclc gcfangin mit cn ben k)o^t toon Scncbcrg.] 

2 SDilid^, ^effifd^c e^ronil. 1606, Z^, I, @. 33. 



36 



fingt. SBaltl^er ift bem Soßener l^olb, ganj ol^[43]ne ®abc unb ol^ne 
©olb (1, 127 a). 3)od^ bet ®raf öetftel^t, er befd^enft ben Sänger mit 
einem S)iamant. 35afür Jjreift il^n biefer aU ber fdj^önften Ülitter einen. 
3lxd)t nad^ bem ©d^eine lobt er bie ©d^önl^eit; milber 5Wann ift fd^ön 
unb tpol^lgejogen, man foQ bie innre 3^ugenb nad^ au^en leieren, bann 
ift ba« äu^re Sob nad^ ®l^ren, toie beö öon Äa^enettenbogen. (©bb.) 

©0 toirb getoö^nlidSf ber gürft, bem ber 2)id^ter ftd^ näl^ern toiH, 
juerft mit einem Siebe au^geforfd^t. 3ft ber @rfoIg entft)red^enb, bann 
ertönt aud^ baS t^oUere Sob. 

SSon einer großen, jarter ober unzarter fid^ äufeernben Segel^rKd^- 
leit lönnen bie ^offänger bamaliger QAt nid^t freigefjjrod^en toerben. 
©ie berf äumen leinen Slnlafe , ftd^ ju milber ®abe ju emjjf eitlen. ^f)xc 
gal^Ireid^en Sobgebic^te pnb überatt barauf bered^net. 2)ie SKilbe b. 1^. 
bie greigebigfcit ift i^nen ber dürften erfte 2^ugenb K SBo il^nen nid^t 
toiHfal^rt tt>irb , mad^en fte il^r Sieb gur SEBaffe beg 2^abete unb beg [44] 
©})otteg. ©ie toerfen bem unmilben $errn einen ©tein in ben ©arten 
unb eine Älette in ben Sart 2. 

3lod^ jiemlid^ gelinbe fd^erjt ber Unfrige über bie untoirtl^Iid^e Stuf* 
nal^me, bie er in ber bairifd^en Slbtei 3;egernfee gefunben. ®8loaril^m 
biel öon biefe^ $aufeg @^re gefagt toorben. 3)e^l^alb ritt er einft, \xm 

1 2)ai$ ©ebid^t üom Kriege auf Sartburg erl^ebt biefe fürflUd^e Sugenb 
3um tootgügltd^en ©egenflanbe bed S^ettgefangd. !S)er San^ufer, um bie 9^itte 
bc» 13tctt Sal^r^unbcrt«, mujicrt in einem befonbcrn ©ebid^te (iWan. II, 64) 
bie fjttrflen feiner unb ber näd^fl borl^ergegangenen Qtxt ruxä) eben biefer ^e-» 
gie^ung. 

2 ®amit brol^t ber 2«^«ner (DXCVI)» Wlit bem »crfatte ber Äunll ntuimt 
bie (Syemein'^eit gu. @te merben tro^iger unb niebertrad^tiger gugleitj^. 2)em 
Äargen, ber fxä) felbjl bebürfttg jlellt, »ünfd^t ber Unöergagte (III), baß feine 
$anb einei^ fremben Ttanm^ ^tetb auf feined Seibed )6ette ftnben möge. 
2)er Urcn^eimer (CG VI) fagt gerabe l^erau«: „alfo man ben SWeifler lol^nct, 
olfo »ifd^et er bad ©d^koert.'' aflumelant bon ©d^ioaben (CCCLXXXI) Der« 
l^e^U nic^t, bag er mit feinen Sobliebern gelogen l^abe. jS)o6) f^at ifjxa ein 
»eifer ^rebiger gefagt, baß ]^übf(^e Süge ni(^t große @ünbe fei 2)er Unber* 
gagte (XIZ) äußert nod^: „Wlan foll gnäbige ^eilige fem in fremben Sanben 
fud^en, fo fud^' id^ toertl^e Seute, bie t^r <9ut mit (Sl^ren ge^ren. SQSeld^er 
^err mir ®nabe tl^ut, ber foQmein Sob'l^innel^men. @ie jtnb l^eilig, bie mir 
geben um @^otted unb ber ®l^re willen. 2)ie lebenben ^eiligen muffen feiig 
feini" 



37 



ia^xn ju lommen, ntel^t bernt eine 9RftIe abfeitg bct Strafe. StBer toet* 
öeBIid^ toar feine Hoffnung auf einen ßuten ÄloftertrunI : 

3ä) nal^m ba SBaffcr, 

SWfo naffcr 

SRuff id^ üon beS a^önd^cg Xifd^c f^ctbcn. (I, 113 a.) 

[45] ®elb, Stuglöfung ber für Sel^rung berfe^ten ^Pfänber, 5ßferbe, 
Äleiber, hjaren ber Sol^n, ber ben ©fingern i)on il^ren (Sönnern ju ^Äl 
h)urbe. SBaltl^er fagt bon einer fd^önen fji^au, fie l^abe ein h)ertl^e3 
Äleib angezogen, il^ren reinen Seib. ©ie fei ein tool^Igelleibet SEBeib. 
®etragene Äleiber f)aV er nie genommen ^ , biefeS näl^m* er für fein 
Seben gerne. 3)er Äaifer toürbe biefer grau ©Jjielmann um fo reid^e 
®abe (I, 121 b). 

SDBenn übrigeng aud^ unfer ©id^ter in biefem SBerben um (Sunft 
unb ®abe ber fjürften bem ®ebraud^e ber S^t unb bem äußern Se^ 
bürfniffe gefolgt ift, fo mu^ bod^ auf ber anbern ©eite anerfanni 
toerben, nid^t blo^ ba| er jene 3^ugenb ber SWilbe auf tt>al^rl^aft bid^» 
terifd^e SBeife get)riefen, fonbem aud^, ba^ er barüber ba« ;&öl^ere nid^t 
aug ben äugen gefegt, toielmel^r mitten im ®etrieb ber $öfe fid^ einen 
freien [46] SBIidE unb einen loürbigen ©inn erl^alten. ®8 erfd^eint an- 
gemeffen, je^t aud^ biefe eblere ©eite J^erau^jul^eben. 

SRid^t bie blo|e fjteigebigleit ift eg, barum er bie gürften in 
S[nf^)rud^ nimmt, h)eit umfaffenber l^at er ben Ärei« il^rer ^ßpid^ten 
erfannt: 

3^r gttrjlen^ tugnet eure @inne mit reiner ®üte, 

@eib gegen ^Jreunbe fanfte, gegen Sfetnbe tröget ^oiä^gemätl^e, 

@tärfet ditä)t unb banfet @ott ber großen (Sl^ren, 

^ag mancher Tltn\ä) feinen Seib, fein @ut mug eu^ gu !Dtenfle tel^renl 

@eib milbe, friebebar, lagt eud^ in SBürbe fd^auen! 

@o loben eud^ bie reinen fügen grauen. 

^ @o fagt aud^ ber oon SBuwenburg (II, 181a): 

SBer getragener Äletber geirrt, 
2)er ifl ntc^t SWinnefangeiJ wertl^. 
^erm O^eltar bagegen (ober ©ebrut, $f. $bf. 357, Sßl 24 b) ift ed notl^ 
nad^ alter 2ßat (II, 119 b). ^nä) ber Sl^anjler jetgt ftd^ lüftem nad^ reid^er 
Ferren alter S35at (II, 246 b). 

2 [S3gt. ber Unoerjagte XVI bei SW^jUer, Hit 2Reifler-®efangbud^ ©. 35.] 



1 



38 



©d^arn, Streue, d^rebringctibc 3w<^t foöt t^r gerne tragen! 

SWinnet (SJott unb rietet, »a* bie %xmm ftagen! 

staubt nid^t, toa^ eud^ bte Sügenere fagen^ 

Unb folget gutem SRatl^er fo möget il^r im ^immelreicbe bauen! 

(I, 132 b.) 

lugnct] maci^ct tüd^tig, üereblet. — minnct] \iiUt SWinne ifi fiicbe in jebcr 
IBebeutung. — bauen] »ol^nen, bereinfl ©ürger beS ^immelreid^Ä »erben, 

3loi) in ankern Siebern toarnt^er bie dürften bot falfd^em Statine. 
®r toiH fte leieren, tote fte jeglid^en dtaif) tool^l mögen erlennen. S)er 
guten Slätl^e ftnb brei, brci böfe fielen jur linfen §anb babei. gfrommen, 
@otte$ $ulb unb toeltlid^e @l^re, ba§ finb bie guten. äBol^l il^m, ber 
fciefe leieret! ben möd&te ein Äaifer nel^men an feinen l^öd^ften SRatl^. 
3)ie brei böfen l^ei^en: ©d^abe, ©tinbe unb ©d^anbe (I, 105 b). 

[47] Sefonber« toirb SDerjenige, loe« ©tanbeg er fei, für einen 
©d^alf erllärt, ber feinen Ferren lel^re, ^u lügen ober baS Stngelobte 
nad^l^er ju )[)erfagen, unb ber fo bie S3iebem fd^amloS maä^: 

(&xiaf)mtn muffen il^m bie $etne, fo er ftd^ ^u bem Statine biege! 

©ei aber er fo l^el^r, bag er baju fii^t, 

©0 wttnfc^e id^ , bog fein ungetreue Sun^i muffe erlal^men K (1 , 130 b.) 

S)ie Ferren felbft, toeld^e fo burd^ glänjenbe aSerfJjredfiungen tSu^ 
fd^en, bergleid^t äBaltl^er ben @aullern, bie unter bem $ute j|e|t einen 
toilben fjalfen, jeftt einen ftoljen $fau, je^t gar ein SKeerlounber toor« 
ioeifen; am 6nbe aber ift eg toeiter nid^t«, afe eine Äräl^e. 2Bär id^ 
bir ftarf genug, ruft er fold^em ©auller ju, id^ fd^lüge bir bie falfc^e 
Oaufelbüd^fe an bein ^auj)t (I, 132 b). 

3)er Umgang mit ben SK&d^tigen l^at bag Urtl^eil beS ^id^ter« über 
bie toal^ren SSorjüge ber SKenfd^en leineStoegS getrübt. ®r fud^t biefe nid^t 
in ber ©eburt. kräftig fjjrid^t er fid^ über ben Urft)rung aller ©terblid^en 
au« gleid^em Sel^m unb über il^re (Sleid^l^eit bor bem l^öd^ften ^errn au« : 

Sföer ol^ne S^rd^t, o ^err ®ott, 

^\a ff)red^en beine ^el^n @ebot 

Unb brid^et bie, ba« ijl nid^t »al^re SU^inne. 

3)id^ l^eiget )Sater üJ^and^er t^iel, 

2>er mid^ jum ©ruber bod^ nid^t »itt*; 

1 [SBgL WlUtx 2^. II, ber Unourjagl^ctc , ©. 34. XI.] 

2 [©ert^olb« ^rebigten ©. 77. 155.] 



39 



[48] Dtx fpTtd^t bie flarlen Sort an^ fd^toacl^em ^tnne. 
^tr tpad^fen all' aud (\Ui6)tm 2)inge, 
©peifc frommet un«. fie n?irb ringe, 
@o fie burd^ ben SWunb \)\n fä^rt. 
SBer fann bcn $errcn üoii bcm Änec^tc fc^eiben i , 
2)er il^r Gebeine blogcS fünbe 
($atf er glcici^ ber Scbenben Äunbc), 
@o ©cnjürme ba« JJleifc^ öergel^ri? 
3^m bienen (5^rij!cn, gubcn unb Reiben, 
3)er aKe IcBenbe SBunbcr nä^rt. (I, 128 &.) 

2)er2^eufel, toenn crjtd^tbar ballet ffime, fagt SBaltl^er ein anber^ 
mal, toäre mir nid^t fo t)erh)ünf(i^t, als bee Sofen böfcr ©ol^n. SSou 
bcr ©eburt lommt unS toeber frommen nod^ ßl^te (I, 129 a). 

2)ic ertoorbencn; felbfti)erbientcn ^reunbe jiel^t er ben angebornen, 
ben 3Wageu, toor: 

SJ^omi, ^0(]^gemagt, an g-reunben fran!, 

2)ad ift ein fc^ivad^er ^abebant; 

33ag laufet greunbfci^aft o^ne &)fpt, 

Sag (Sinen fein geborn Don ^önigei^ ^xp\>t, 

(gr ^abc benn g^eunbe, waS ^ilfet ba«? 

i0lagf(^aft ifi felbflgen^aci^dne @^re, 

<So muß man greunbe oerbicnen fe^re, 

WiaQ^ l^ilfet mol^l, greunb üieleS baß. (I, 126 b.) 
f)od)^tmaQi] ber l^ol^e SKagen, SBIutSöerwanbte, \)aU — franl] fc^wat^, 
arm. — $abebant] ©ntgelt, (Srjafe. — <So] ben ©egenfa^j bejeid^nenb. — ücr* 
bienen] burc^ 3)ienfl, mii^fam erwerben. 

3)en toal^ren SEBertl^ beS 50lanneg begriinben i^m brci ©igenfd^aftcn : 
Äü^n^eit, SKilbe, befonberS [49] aber Streue. 2ln Sßeibeg Sobe, meint 
er, [teilet \t>of)l, bafe man fie fd^ön l^eige. SJlanne \Uf)et e« übel, eS 
ift ju toeid^ unb oft gum ^ol^ne. Äü^n unb milb unb bafe er ba^u 
ftete fei, fo ift er toiel gar gelobt. ^I^r miifjet in bie Seute feigen, tooUt 
il^r fie erfennen; 9liemanb foU au^en nad^ ber ?Jarbe loben (I, 134 a). 
®etoiffen greunb, toetfud^teS Sd^loert JoU man ju JRöt^en feigen 
(I, 131b)'< 

1 [SagbergÄ 2icberfaal 111, 574.] 

2 2)ie «Pf. ^bf. 357, «I. 20 l^ot ba« ?ieb, wetc^cÄ mit biefem ©otje 
(daliegt, unter benen bed 2:ru(^fegen toon ^t. (ä)a£[en. ,,<S)etreuer greunb, 






40 

^m graufct, toenn il^n bie Säd^Ict anlachen, bcnen btc 3un0^ 
l^oniflet unb bag ^crj (Satte f)at greunbeö Sad^eln foff fein ol^ne 9Hiffe- 
t^at, lautet toie ba§ aibenbrotl^, baS liebe 3Rä^re lünbet. SBeg 5D?unb 
mid^ trüflen toitt, ber l^abe fein Sad^en l^in! 3Son bem nä^me xä) ein 
tt>al^reg 9lein für jtoei gelogene 3^ (I^ 131 a). 

[50] ©Ott, ber ein red^ter SRid^ter l^ei^et in ber ©d^rift, foBte ba« 
gerul^en, ba§ er bie ©etreuen öon ben galfd^en fd^iebe; l^ienieben nod^, 
benn jenfeit« toerben fte tool^l gefonbert, ®erne fe^e id^ an il^rer ©tlid^em 
ein ©c^anbenmal, ber ftd^ bem SWanne ipinbet au§ ber ^anb, red^t h)ic 
ein äal. D h)el^! bafe ®ott nid^t jorniglid^ an benen tounbert! SBer 
mit mir fäl^rt Don ^aufe, ber fal^r' aud^ mit mir l^eim! S)e« 3Ranneg 
SWutl^ fott feft fein, atö ein ©tein, an SCreue grab i:nb eben, toie ber 
©tab am $ßfeile (SB. $bf. ©. 151). 

©0 ftreng ber 3)id^ter l^ier unb anbertoärtg gegen 3ltteg eifert, to>og 
er für fd^Ied^t erlannt l^at, fo fd^arf er aud^ gu spotten öerfte^t, fo er^^ 
fd^eint bennod^ fein 3""^^*P^^ ungemein toeid^ unb milbe. gn fittlid&er 
»ejiel^ung jeid^net il^n ba« S^^^Ö^fw^I/ i^ We ängftlid^Ieit aug, toomit 
er üorjubeugen fud^t, ba^ fein ©traflieb nid^t mit bem ©d^ulbigen p* 
gleid^ ben Unfd^ulbigen öerlefte (g. S. I, 107 b, 6. 120 B, 3). @r ift 
ben Söfen Derföl^nlid^, mnn fte fid^ beffern h)oHen (I, 115 B, 4). gr 
bulbet mand^e Unfuge, obtoo^l er fid^ rod^en lönnte (I, 121 b, 2). 
5Denen, bie im SDSinter il^m greube benommen, h)ünfd^t er bod^, bafe 
bie ©ommergeit il^nen toobi befommen möge. ®r fann nid^t flud^en, 
ate ba« üble SBort: unfelig! bag h)är* aber attjuöiel (I, 136 b, 3). 

©eine gebrütfte Sage, feine Slbl^angigleit öon ber ®unft ober Un- 
gunft Slnbrer, l^at il^n eingefd^üd^tert unb er lebt fein toal^rfteö Seben 
nur in ber ®infamleit [51] unb ^eimlid^feit be« ©emütl^g. ®r lautet 
fid^, bafe nid^t bie Seute fein toerbriefee, mit bea fjrol^en ift er frol^, 

oetfuil^tei^ ^(i^toert, bie jtoeene jtnb in 9lüt]^m gut!'' fagt and) ^^ruber Serner 
CLVni). S)ie «cbe ijl fprtd^toörtU^ , »ic jene« Sieb felbfl anbeutet SSalttcr 
lägt guweilen ein ©prid^toort (ein alt gef^rod^en Sort, kPte Ulrtd^ t}on Sinter* 
Itettcn fid^ au«brü(ft, ©enedcjJ (grgänj. @. 220. «gl. Fragm. de bell. Carol. 
M. contr. Sarac. 3. 1011) einfließen, ol«: „3n ber aWül^Ic l^arpfcn" (I, 122. 
«gl- greigebonf, ». 1559 f.). „®tttcr 2Konn ijt guter @eibcn wert^ (1, 115 0). 
„@tnb ic bod^ ©ebanlen frei" (I, 121b). «gl, 2)ietmar tJonSIfl: «®ebanfen, 
bie ftnb Icbtg frei" (I, 40 a). [^nberg» Sriflon », 2188 ff. 4847 ff.] 



41 



tinb lad^t ungerne, too man tDeinet (I, 117 a, 1). @r ift unfd^äbltd^ 
frol^f ba^ man il^m tool^I )u leben gönne. $eimltd^ fielet fein ^erje 
l^od^ (I, 114 a, 3). @r fd^eut ftd^ frol^ )U fein, to>£nn ed nid^t Slnbte 
mit il^m finb, bamit er nid^t il^r tJtnßerjeiöen leibe (I, 140 a, 1 t). u,). 
©0 üerl^el^It et aud^ fein Seib unb ftellt fx(fy freubenreid^ (1, 1406, 2 to. u.); 
bamit l^at er oft ftd^ felbft betrogen unb um ber SQ3e(t toiQen mand^e 
greube erlogen, bie^ 2ügen loar aber löblid^ (I, 139 6, 2). 

©einer felbft mädj^tig ju fein, gilt il^tn für eine öorjüglid^e 2!ugenb: 

Ser f dalägt ben Söwen? »er fd^Iftgt ben 9ltefen? 

93er übertoinbet jenen unb biefen? 

$ai» t^ut 3ener, ber fid^ felber gioinget i. (I, 127 a.) 

1 [1 ©am. 17, 34 bi« 37. @ir. 47, 3 f.] 



42 



[52] S&ttvitv m\i^niH, 

Otto IV unb griebrid^ II. SBdt^cr cnH)fängt ein ^nä^^Ufftn. 2)er S^rut^feß 

tjon ©ingcnbcrg. 

3la(S) bem Xobe $^iU)}))d ))on Sd^maben toutbe Dtto \>on S3raun' 
fd^tveif) aOgemein al^ fiönig anerfannt. Um fid^ ber 9(nl^&tiger be^ 
Ij^ol^enftaufifd^en $aufe« ju tocrfidjiern, bejd^lofe er, fid^ mit ^}l^iK})J)« 
bertoaifter Xod^tcr Seatrij ju berloben. Sluf ber gürftentoerfammlung 
ju Söürgburg, 1209, emj)fien0 Seatrij, öon ben «ö^^jogcn Seo^jolb öon 
Öftcrreid^ unb Subtoig t)on Saiem einßefül^rt, be« Slönig« Auf« unb 
Sling. ®ag ßtnbemig ber SSerhjanbtfd^aft l^atte ber $abft, auf ben 
l^ol^enftaufifd^en tjtiebrid^ in ©icilien argtoöl^nifd^, gerne gehoben. 2)od& 
blieb bie SSermcil^lung au^gefe^t Dtto trat ben Stömerjug an unb 
iDurbe im SBäeinmonb 1209 öon ^nnocenj III ate Äaifer gefrönt Sie 
ätnf^rüd^e ber ))äbftlid^en unb ber laiferlid^en ®etpalt, ber platte unb 
ber Ärone ^ h)aren pd^ aber ju [53] fel^r entgegengefe|t, ate ba^ je« 
mal« ein gute« äSernel^men in bie Sauer beftanben l^ätte. Sie \>on 
Dtto vorgenommene $erftellung ber 9leid^«red^te in Italien toar ber 
Slnla^ , ba| fein bi^l^erigc« ßinüerftänbni« mit Qnnocenj fid^ in l^eftige 
Stoifdgfeiten auflöfte. SBeil Dtto befürd^ten mufte, bafe ber gJabft il^m 
in bem jungen griebrid^ t)on ©icilien einen ©egenfönig auffteUen toürbe, 
brad^ er mit J^eere«mad[!t in 9l))u[ien ein. Sagegen toarf ignnocen) auf 
il^n ben S3annftral unb eriDedfte in Seutfd^Ianb burd^ ben (Srjbifd^of Don 
5Dlainj eine Partei für ben ficilifd^en griebrid^. Ser Äönig bon Söl^men, 
bie $er}öge t)on Öfterreid^ unb t)on 93aiern, ber Sanbgraf Don Xl^üringen 
unb Diele ä(nbre erllörten ben für ben redeten Jtönig, bem man einft 
Streue gefd^moren, al« er nod^ in ber 3Biege lag« @« tourben ä9oten 
abgefd^idft, um t^riebrid^en nad^ Seutfd^lanb einjulaben. 

1 @o beaeid^net 9letnmar ber alte (^ati. I, 80 b) bie geifllid^e unb bie 
toeItIi(^e maä^t 



43 



Dito, ber in 3lJ)uUen grolc gortfd^titte gemad^t ^attc, fal^ fid^ je^t 
geitötl^igt, nad^ ©eulfd^lanb jurüdjuf eieren. 6r befd^leunlgte feine SSer^ 
ntä^Iung mit Seatrij , aber biefe ftarb am bierten Xage nad^ ber ^od^- 
jeit, unb nun berlief^en and) bie fd^tvatifd^^en unb bairt(d^en SSafaKen 
fein ^eer. 

SBäl^renb er in X^üringen ben Sanbgrafen, feinen öormaligen 2ln- 
l^änger, belriegte, im ©ommer 1212, fam griebrid^, je^t fünfje^n 3^^*^^ 
alt, t)om @egen be$ ^abfte^ begleitet, nad^ Überftel^ung groger ©e^ 
fal^ren unb SRül^feligleiten , ü6er ia^ untoegfarnfte [54] 9l())gebirge ^u 
©if^ur in Sll^ätien an. S)er bortige SSifd^of unb ber Slbt t>on ©anit 
©a'Ien geleiteten il^n nad^ Jtonftan). Qu gleid^er Q^t erfd^ien am an^ 
bern Ufer be« ©ee§, ju Überlingen, Dito mit feinem $eer. Slber bon 
Sielen toerlaffen, fonnte biefer fid^ nidf^t mit feinem ®egner meffen. 
^riebrid^ begab fid^ nad^ 93afel, unter bem Seiftanb bed ©rafen Don 
Äiburg unb Slnbrer, benen er freigebig Selben ertl^eilte. SSon ba gog 
er mit ftetö load^fenbem änl^ang ben 9ll^ein l^inab. Dtto mufte nad^ 
@ad^fen eniti)eid^en unb ^riebrid^ em))fieng auf bem ^oftage gu ÜRain) 
bie ^ulbigung ber gürften. 3" granffuvt traf ber Sanbgraf ^ermann 
bon I^üringen ju il^m. griebrid^ ritt biefem dürften mit großem ®e* 
folg entgegen, umarmte i^n, nannte il^n feinen 3Sater unb führte il^n 
auf ba§ el^renboKfte in bie ©tabt. 

2luf tt>eld^em SBege SBaltl^er Don ber äJogeltt>eibe bem neuen Äönige 
nal^e gelommen fein mag, h)ir treffen il^n je|t, loie er in jtoeiSiebem 
jtoifd^en griebrid^ unb Dtto 3Sergleic^ung anfteHt. 

3n bem einen DcrpdSiert er fJ)otttoeife, §err £)tie iverbe il^n nod^ 
reid^ mad^en. Sin SSater l^at toeilanb feinem ©olj^ne bie Se^re gegeben, 
bem böfeften 3Kanne gu bienen, bamit ber befte il^m lol^ne. äBaltl^er 
ift ber ©o^n, Dtto ift ber böfefte 9Kann, benn fo red^t böfen ^erm 
l^at ber Sid^ter nie gehabt, jtönig f^riebrid^ aber ift ber befte, ber nun 
lohnen toirb (I, 130 a). [55] S« cr^eüt an^ biefem Siebe, bafe SBalt^er 
}Ubor aud^ Dtto^ 3)ienfte nad^gegogen. 

Dtto IV, ftolj unb Iriegerifd^ , babei aQgu fel^r Don ©elb entblößt, 
toar freilid^ nid^t ber 5IKann nadSi bem ©inne ber begel^rlid^en ©änger K 

1 %nf i^n unb feine @))arfamfett §te(t Dtedeid^t au<!^ bad »eitere @pott« 
flcbid^t ©altl^cr»: „®cr Äönig, mein $crrc" u, f. w. (I, 130 a.) 






u 



Xud^ ftnben n>it ü)n nir^enbd unter ben 93ef5tber^n bed ©efangeiS auf- 
gefül^rt. griebrid^ II, bcffen SSortl^eil e« mit fid^ brad^te, fleffiHtg unb 
freigebig aufzutreten; mufte unfrem Sid^ter um fo mel^r jufagen, aU 
fid^ biefer toorl^er fd^on ald einen f^eunb be$ l^ol^enftaufifd^en $aufeiS 
gezeigt l^atte. 

9lod^ anfd^aulid^er , afö in bem k)orertt)ä^nten Siebe, migt 3BaItl^er 
in bem nad^ftel^enben bie beiben ^dnige mit bem ÜRa^ftab ber SRilbe 
gegen einanber ab unb jeigt, h)ie ber junge fjriebric^ feinem ®egner 
über bag ^anpt getoad^fen fei. 3«^ SSerftänbni« biefeg ©ebid^t« mu| 
bemerlt h)erben , ba^ Otto burd^ ^ol^en äSud^d au^gejeid^net tvar. Ser 
abt \>on Urf))erg fül^rt fogar Dtto^ ©tärle unb l^ol^e ©eftalt aU einen 
®runb an, ber bie gtirften betrogen l^abe, i^n jum 21^rone ju berufen K 

[56] 3d^ tüoHte $errn Otten SWilbe mä) ber Sänge meffen, 
^a l^att* x6) mxäf an ber 9)^age ein Sl^eil toergeffen, 
SBär* er fo milb, al« lange, er ^Ätte ber Sugenb öiel befeffen, 
$te( fd^iere mag td^ ab ben !?etb nad^ fetner (Sffxt, 
!2)a iparb er biet gar )u furj, tote ein Derfd^roten SBerl, 
Wlxt^t^ Ttnifft^ minber biet, benn ein ®e§tt)erg, 
Unb ifi bod^ Don ben difl^^^^' bag er ntd^t load^fet meiere. 
2)a id^ bem Könige brad^te bad Wla^, tote er auffd^ogl 
©ein iunger Setb loarb betbed, fiart unb groß. 
9^un fel^t, toad er nod^ »ad^fe erfl j[e(o über i^n loo^I riefengrog! 

{I, 130 a.) 

fd^iere] balb, fc^teuntg. — oerfd^roten] oerl^auen. — Söerf] irgenb eine 
Äunjiarbett, eine SBaffe u. f. to. [2)er 2tu«brud „oerfd^roten »erc^ »trb er- 
läutert burd^ eine ©teile im ®ebid^te bed j^onrab bon ^ugeSbronnen: 2)ie 
[^ol^flüdCe] ba gefd^roten toaren 2)te fottent lenger ftn gelan n. f. xo, 2)ie 
ganje iErjäl^tung ipafdt l^iel^er. ^. o. b. ^agen iD^tnneftnger 3, 106, 12.] 

®iegmal aber ift eS bem 3)id^ter nid^t um bloge ^ofgunfl, ntd^t 
um ein ©efd^enl an (Selb ober Äleibem ju tl^un. ®r ift bei^ irren 
Sebend mübe, ein ^eimn^efen foQ il^m bie^ulb be^^dnigd begrünben. 
Sänge genug ift er ®aft getoefen, er fel^nt ftd^ barnad^, SBirtl^ ju l^eigen, 
(Sin Steid^iSlel^en , tDte \o\x balb feigen toerben, ift ed, toorauf er abhielt: 

1 „pro eo, quod snperbus et stultus, eed fortis videbatur viribus, et 
statura proceriis." Chron. ürsp. S)er iCerfaffer biefer (Sl^ronit ift ein eifri- 
ger Stnl^änger ber l^ol^enflatififd^en gartet. 



45 



,,®eib XDxUttommm, ^erre SBirtl^!'' bent i^ruge tnug x6) fd^toetgen. 

,,@eib totMommett, ^erre (S^afl!'' ba mug id^ ff^reci^en ober tteigen. 

„5öirt]§" unb „l^cim" jtnb jipcen tinfdj^ämclid^c 9'Jamcn. 

„®afl" unb ,,$crbcrge" muß man Jid^ ütcl oftc \6)amtn* 

iRo6) muffe id^ erleben, bag id^ ben ®a{l aud^ grüße, 

@o baß er mir, bem SBirtl^e, banfcn muffe I 
[57] „@eib l^eutnad^t l^ie, feib morgen bort!" wa« ®au!elful^re tjl ba«! 

„Sfd^ bin l^eim ober id^ »iK ^eim,'' baS tröflet baß. 

„®afi" unb „©d^ad^" fommt feiten o^ne $ag: 

$erre! büßet mir bed (^afleiS, baß eud^ ®ott bei^ ©d^ad^eiS büße! 

(I, 131 6.) 

Sßirtl^] ^auiJl^err, ©etoirtl^er. — ba muß id^ fpred^en u. f. ».] auf fold^cn 
©ruß muß ic^ antworten ober mid^ banfenb öerneigen. — unfd(>ämetid^e] beren 
man ftd^ nid^t gu fd^ämen l^at. — fd^amen] fd^dmen. ^ ©aulelful^re] (Stautet« 
toefen, ©autelei. — @d^ad^] baS ©d^ad^bteten. S>ai$ ©egenüberflel^n ber beiben 
Könige, griebrid^ unb Otto, tt)irb bem ©d^d^fpiele (morauf SBaltl^er aud^fonfi 
anfpielt, I, 137 a. 138 b) öerglid^en. 2)er 2)id^ter toünf(^t bem ©rflern, boß 
i^n ber ge(jtere nid^t in @d^ad^ fefee. [^gl. ^einrid^iJ üon fjriberg Striflan 
fd. 4158.] — fommt feiten ol^ne ^aß] toirb feiten gerne gel^ört. — büßet mir] 
erlöfet mid^. 

5Rocl^ btingenbet fj)ri(^t ber SHd^ter fein SCnlieflen mit tJolgen* 
bem axi^: 

)@on 9lome $ogt, bon ^uQe ^üntg! laßt eud^ erbarmen, 

S)aß man bei reid^er ^unfl mid^ läffet alfo armen i! 

®eme »ollte id^, möd^te eS fein, bei eigenem geuer erwärmen 2. 

S^i! mie id^ bann fange t}on ben ^ögeleinen, 

$on ber $eibe unb t}on ben ^iumm, n7ie id^ »eilanb fangt 

SS^eld^ fd^bnei^ Seib mir gäbe bann i^r ^abebanl, 

2)er ließe id^ Silien unb SRofen aud ben ^änglein fd^einen. 
[58] S'hin reite ic^ frül^ unb fomme nid^t l^eim; ®afl, toti) bir, »el^I 

@o u^ag ber SBirtl^ »ol^I fingen tjon bem grünen Älee. 

2)ie ^otif bebenfet, milber ^önig, baß eure S^iot]^ jergel^!" (I, 131a.) 

©on SRome ^Bogt] l^dufig tjorlommenbe Benennung ber römifd^en ^aifer 
ober Äönige. — ^utte] 24>ulien, ba« jcfeige Äönigreid^ ^tcoptl — ^eibe] Slue. 

1 „@ott i(^ fo bei reid^er ^nfl verarmen unb üerberben!" a)er iDh^Snere 
(DXCIV). 

2 [iRitl^art (©cncde @. 397, 4): SB^ wieg mir erbarmet, baj ir touo§ 
bi torembem tjiur erioarmetl] 



46 



2)ie Sifber rfil^ten be« Äöntge« J&etj, 2)er aBunfd^ ift erfüllt, ^bx^ 
toit be§ S)i(i^terg fjreubc! 

Sä) f)ah^ mein Selben, aü bie S3?e(t! t^ l^ab' mein Selben! 

Sflmt füTci^te t(i^ nici^t ben ^ornung an bie ^d^tn 

Unb Witt alle böfe Ferren bcflo minbcr Pelzen. 

^tx eble ^önigr ber milbe StöniQ, ffat mid) berat^en, 

^ag \d) ben kommet möge Suft, ben Sinter ^i(c l^^cn. 

9hm bünfe id^ meinen 9^ad^6am Mititi bag get^an, 

@ie feigen mic^ nid^t mcl^r an in Un^oIbS Seife, mie fte weilanb traten. 

3d^ bin gu lange arm gemefen ol^ne meinen 2)anf, 

Sd^ toax fo üoller ^c^eltenS, bag mein St^em ßanf, 

!^en ^at ber ^önig gemad^et rein unb baju meinen Sang. 

(I, 130 b.) 

ben ^ornung] bie Sinterfälte, bad (Erfrieren ber Qti)ttL — ha^ get^on] 
(SomiparatiD oon tool^I-get^an, mo]^Igemad;t, fd^ün. — o^ne meinen 2)an!] miber 
meinen SiQen. — S^ »ar fo u. f. xo.] 2)er !^id^ter brüdft aud, toie anl^altenbed 
Ungemad^ il^n menfd^enfeinblid^ gemad^t unb fein Sieb tjerbittert. S)ie jrol^ere 
Stimmung toirb jet^t aud^ feinen ©efang freunblid^er mad^en. 

3lo6} ein anbreS Sieb, bcffen h)ir früher fd^on gu etlüä^nen l^atten, 
feiert ben glütflid^en SEBed^fel beg [59] ©d^idfal«. 2Btr fc^en l^ter ben 
Sänger mit ber ®eige, eine 2^anjh)eife auff })ielenb : 

2)a ijriebvic^ au« öflerreic^e alfo »arb, 

2)a6 er an ter Seele genaö unb i^m ber ?eib erparb, 

25a fül^rt' er meiner ^ranid^e $:ritt in bie (grbe. 

2)a gicng id^ fd(>lei(^cnb u?ie ein $fau, »ol^in id^ gieng. 

2)a« ^aupt mir nieber bi* auf meine Äniee ^ieng: 

9?un ric^t id) i9 auf nad^ t)ottem Sertl^e. 

Sd) bin wol^I ju %tVLtx fommcn, 

^x(i) f)at bad 92eid^ unb aud^ bie ^ron an fx6) genommen. 

So^Iaufl xotx tangen tooUt naä) ber ©eigen! 

SÄir ip meiner Schwere ©ug, 

(Srp toxU x6) eben fe(^en meinen g^g 

Unb »ieber in ein ^ot^gemütl^e Peigen. (S. $bf. S. 170.) 

2)a fül^rt^ er] ba mad^t^ er, bag id^ meine ^ranid^e, Sd^nabelfd^ul^e, nadf* 
benllid^ in bie (Srbe brüdte. — nad^ toottem Sert^e] mit toottem 9Ied(;te* — 
meiner S^ttjere ©ug] meiner iRot^ Srleid^terung. — eben fe^en] baS ®egen* 
t^eil beS Dorigen in bie (Srbe fül^ren. 



47 



2)iefc Sieberret^c bürfen it)ir nid^t Derlaffen, ol^ne ein ®ebid;t be« 
fanlt^gallifd^cn 5Crud^fef|en öon ©ingcnbcrö * anjufül^ren, ba« einem bet 
toorftel^en[60]ben nad^gebilbct ift unb fid^ auf baSfelbe bejie^t. 2Bie bort 
aOBaltl^er ben SSoßt t>on Siom unb Sönig ijon Sl^JuHen anruft, fo l^iet 
ber S^rud^fe^ ben SSogt ber SDBelt unb Äönig be§ ^immete. 3)er 2rud^* 
fefe [teilt bent ntif^Iid^en Soofe SBBaltl^erg fein eigeneg beJ^aglic^e« unb 
unabl^ängigeg Seben gegenüber unb bittet ®ott, if^m biefcd gu erl^alten: 

^er SBelte ^ogt, be9 ^xmimH ^önig! id) lob eud^ gerne, 

!S;ag i^r ntid^ f)ahi erloffen, bag id^ iii(i)t lerne, 

SGßic S)iefer unb 2)er an frcmbcr ©tatt gu meinem ©efaiige fc^erne. 

SÄein SWeiPer flagct fo feiere t)on ber SBogeftoeibc, 

3^n gwinge^ bieg, i^n gminge ba9, baiS mid^ nod^ nie begmang; 

2)ad madf;et, bag id^ mi(^ fo faume bon bem Tltintn fd^eibe, 

SJ^ir geben benn l^o^e Ferren unb ein fd^önei& SS^eib il^r ^abebanf. 

<Bo reite iä) fpät unb fomme bod^ l^etm; mir ifl nic^t 3U mel^, 

[61] 2)a finge id^ t)on ber ^eibe unb t)on bem grünen ^(ee. 

2)ad fletet il^r mir, milber ®ott, bag ed mir nid^t gerge^! 

(2B. $bf. e. 149.) 3 
an frember Statt] an frembcm Orte. — fc^eme] blidfe, brein fc^aue, 

urtl^cile. — gwinge] quäle. — fo foume u. f. w.] nid^t leidet mein $eimtt?efen 

»erloffe. — fletct] erl^altct, fcfiigt. 

1 (Sin £ru(^feg Vilxxä) )}on (Singenberg erfd^eint in fanft-gaHifd^en Ur* 
funbcn t)on 1219 unb 1228 ö. 2[ry I, 458. 459. Ulrid^ l^ieß aud^, nad^ 
2:fd^ub^, ber l^e^te bed O^efd^Ied^ti» , ber um 1267 flarb. „Obitus Radolfi 
Dapiferi militis de Eggon inter Blidegge et SiDginberc^ lömmt in bem 
1272 gefd^riebencn Necrolog. Talfburg. (Qoldast, Script. Rer. Alam. ©. I, 
@. 100) toor. 3n bem fd^ergl^aften (^t\pxää)t gwtfd^en $ater unb ©ol^n, 
»eld^c« fid^ unter ben Siebern bej5 2:rud^feffcn »on @t. (Satten (¥f.*$bf. 
««r. 357, fdU 18 b) finbet, wirb ber ©ol^n „SRübelin" angerebet. 

2 tS5gt. ©ert^olb« ^rcbigten @. 10: ir cntoiffent nit, »aj bie lüte twinget.] 

3 3n ber mancffifd^en ©ammlung I, 154 a ift bic Sfleimftettung bc8 Sieb» 
auf bie ^orm bed ©ebid^td ))on SSßalt^er gurüdtgefül^rt, weld^em ienei» nad^« 
gebUbet ifl. 



48 



[62] Sftnfieir %h\i^tdü. 

^alt^tx^ äßimrcfang. 

SBaltl^er l^at ben Äönig toerfid^ert, tocnn er feine« SSBunfd^e« gelDäl^rt, 
iDann il^tn eine ^eimatl^ gefd^affen toürbe, bann toottte er fingen bon 
SBögelein, öon ber $eibe, t)on Slumen unb bon fd^önen fjrauen. ®r 
bejeid^net bamit bi^ Seftanbtl^eile be§ SKinnefang« unb giebt un8 Slnla^, 
nunmel^r feine eigentlid^en 3KinneIieber ju betrad^ten. 

SGBir finben benn aud^ bei il^m jene belannten ©attungen unb 
formen beg 9JlinneIiebg : fj)ielenbe SBonne unb fel^nenbe« Seib in 
©ontmer unb ffiinter, bienftlid^e« SBerben, ©efjjräd^ gtoifd^en Slitter 
unb %xa\x, 5DleIbung beg Soten, 2^rennung ber Siebenben, toenn ber 
2^ag burd^ bie SDSoIfen fd^eint, §ülfruf an grau 3Kinne, Älage über 
bie 3KerIer, ein Derl^a^te« ©efd^led^t, bag bie greuben ber Siebe belauert 
unb ftört. 

[63] ©erne jebod& würben toir felbft ben SJlerfer fj^ielen, toenn toir 
l^offen föijnten, aud^ l^ier ettoag ©efd^id^tlid^e« au« bem Seben be§ 
3)id^terg ju erfjjäl^en. 3lber er ifl bel^utfam, er fü^rt unS irre unb 
t)erfJ)ottet un«. 

^and^er fragt il^n, toer bie Siebe fei, ber er biene unb big bal^er 
gebient. Sßenn il^n biefe« öerbrie^t, fo f^jrid^t er: „il^rer pnb brei, 
benen id^ biene, unb nad^ ber vierten l^abe id^ SBunfd^." S)od& toeife 
e« fie aßeine tool^I, ber er bor il^nen aKen bienen fott (I, 110 b). 

6in anbermal fertigt er bie SReugierigen fo ab: 

@ie fragen unb fragen aber attguüiel 

SSon meiner grauen, wer jte fei. 

2)ad mül^et mx(i) fo, baß xä) fte il^nen nennen mitt, 

@o (äffen fte mid^ bodf; barnad^ frei. 

(^enabe unb Ungenabe, btefe ^toeene Flamen 



49 



$at meine %xant beibe, bte ftnb ungeleid^: 
3)er ehte ifl arm, ber anbte teid^. 

2)er mid^ U» reichen irre, ber tnüffe fid^ bei$ armen fd^amenl 

(I, 122 a.) 
(S^enabe] (Bnabe, Siebei&gunfl, (SrPrung. — ungeleid^] ungleid^. — irre] 
^inberlid^ fei. •— fd^amen] ju {d^äme^ l^abett. 

®ennod^ fd^etnen bie SRerfer auf eine ©J)ur flelommen )u fein. 
SDlan toirft il^m \>ox, bafe er feinen ©ang fo nieber toenbe. ®r mu^ 
fid^ unb bie ©eliebte üert^eibigen. ®ie, fagt er, traf bie SRinne nie, 
bie nad6 bem ®ute unb nad^ ber @d^5ne minnen. 3)od^ bu bift fd^ön 
unb l^aft genug. 9ßad fie reben, id^ [64] binbiri^olb unb n&l^mebein 
ßl&fen gingerlein * (Fingerring) lieber, afö einer Königin ®olb (1, 117 a). 

Sludff ein 9lame ^ toirb genannt : 

SReined ^erjend tiefe Sunbe, 

S)ie muß immer offen fielen, 

@tc »erbe benn l^eil öon ^iltegunbe 3. (I, 136 b.) 

SSon ftd^ felbften geftel^t 2Balt^er, ba| er nid^t atter SKänner 
fdSfönfter fei; fein ^aujjt fei nid^t allju tool^lgetl^an. 6« nimmt il^n 
SBunber, toa« einSBBeib an il^m erfe^en. ©ie l^at bod^ 3luflen; l^at il^r 
Semanb öon i^m gelogen, fo befd^aue pe il^n bafel SBo ftetool^nt, ba 
tool^nen tool^l taufenb SKänner, bie toiel fd^öner fmb, 9lur bafe er auf 
tjuge (©itte, aud^ Äunft) fid^ ein toenige« berftel^t. SBill pe aber guge 
für bie ©d^önl^eit nel^men, fo ift pe biel n)ol^Igemut]^ (1, 139 a). 

^m SUIgemeinen l^at er t>on ber 3Rinne aUerbingd einen l^ol^en 
Segriff. S)er verlieret feine 2^age, bem nie öon red^ter Siebe toarb 
tDeber tool^I nod^ toel^. SWinne ift ein ^ort aller 2^ugenben, ol^ne 3Rinne 
toirb nimmer ein $erj red^t frol^. Sa, ol^ne SDlinne lann Siiemanb 
©otted ^ulb ertDerben (I, 104 a. 127 a). 

[65] @r ermal^nt bie Swö«»^^/ «^d^f ^erjeliebe ju toerben (1, 108 a). 
9Ber SSSfirbe unb f^eube ertverben tDill, ber biene nm guted äßeibed 

1 (Sin gläfen f^ingerlein bejeid^net and^ im Srifian ((Krootei» Kudgabe 
$. 16883) eine ®adft bon fel^r geringem Sert^. [9)>la|mann9 2)enlmäler I, 
112, 220: ain glefein t)ingerlein.] 

2 [I, 121 b, 4: 2)er Sf^ame ®uote?] 

3 [ffialt^oriuiJ (ed. ®rtmm) 1408: veniens quse sauciä quaque ligavit.] 
[»gt. oben ®. 17. ?Jfeiffer» SBalt^er, 2te «uÄgabe, e. 69. St,] 

ttl^lanb, 6<^riften. V. 4 



50 



©rufe (I, 109 b)! 2Ber fluteg Weihet 3Kmne f)at, ber fd^ämt fid^ aUex 
SKiffetl^at. SBag l^at bie SBelt ju geben Siebereg, benn ein SBetb? 
(I, 108 b.) 3)en dürften l^filt er ate Sol^n il^rer ^^ußenben bor, Don 
ben reinen, füfeen grauen gelobt ju toerben (I, 133 a). ®r üertpal^rt 
ftd^ gegen bie Slnfd^ulbigung, ate l^ätte er in feinem ©ange guter tJrauen 
übel gebadet, unb er ruft männiglid^ gu S^vlqcm auf, ob beutfd^en SBeiben 
Sentanb je beffer gef|>roci^en. 2)a^ er bie ®uten Don ben S3öfen fd^eibe, 
ba§ nur erjeuge ben ^a§ (I, 120 b). ©ein begeifterte« 2ob beutfd^er 
grauen, toorauf er fxd) l^ier bejiel^en mag, ift juDor auggel^oben toorben. 
SKan foH alle SBeiber eieren, aber bod^ bie beften bafe, it^mpiH er 
anber^UJO (I, 110 b). 5Die Siegeln ber SBei^l^eit unb ®fyce, bie er in 
einem feiner Sieber giebt, fd^lie^t er mit ben SBorten: „SBillt bu baö 
aitteg übergülben, fo fj)rid^ tool^l ben SBeiben!" (I, 133 b.) SBon ber 
grau feineö §erjen§ fagt er, pe entfrembe i^m aße anbre, nur bafe er 
um iJ^rettoiHen alle eieren muffe (I, 124 a). ®er ©ebanfe an gute grauen 
ift il^m ein 2^roft in böfer 3rit: 

SQSer Der^o^Ine 6orge trage, 
2)er geben!e an gute Seib, er iDtrb erloft, 
Unb geben!e an lid^te S^agel 
2)ie ®cban!ett waren fiets mein beficr %xo% 
[66] (Segen ben finfiem Sagen f)ah' xä) iRotl^, 
92ur bag id^ mtd^ richte naä) ber ^etbe, 
^\t ftd^ fd^äntt Dor Seibe, 

<Bq jte ben ^alb ftel^t grünen, fo toirb fit immer rot^. 

(I) 114 b.) 
erloft] erlöft — gegen] öor. — l^ab' \ä} 9'Joty banget mir» 

(Sleid^tool^l ift eS nid^t bie tiefere unb anl^altenbe Seibenfd^aft, bie 
jÄrtlid^e gnnigleit, bag SSerfinlen in einem ©efül^le, toaS SBaltl^er« 
3Rinnelieber augjeid^net, jumal toenn fie in biefer Sejiel^ung mit ben 
Siebem anbrer Dorjüglid^en SKinnefänger, g. S. Sleinmar« be^ 2llten 
ober ^einrid^g Don SWorunge, Derglid^en toerben. @g ift fogar nid^t ju 
läugnen , ba| mel(^rere an einer getoiffen S^rodfen^eit leiben. S)a8 ©elbft= 
belouftfein, bie Überlegung ift in mand^en fel^r Dorl^errfd^enb. ©inige 
SWale gibt er ber Oeliebten ju Derftel^en, toenn fie il^m nid^t l^olb fein 
tooße, fo toerbe er fid^ anbertoärtg ju Reifen toiffen. ©ie möge aber 
bebenfen, bafe nid^t leidet 3^öwi> beffer, benn er, fie loben fönne 



51 



(I, 123 b). S)od^ btüdt er biefeg nod^ jfirtlid^ öenug auS, toenn et 
faßt: Sl^r Beben f)ai meine« Sebeng ®l^re; tobtet fie mid^, fD ift fte 
tobt (1, 124 b). @r öetmij^t ^ä) fogar, um bie fd^önen S^age ju Hagen, 
bie er an if)x »erfäumt l^abe. 5Rotl^ unb Ungenrndl um ber Siebe toitten 
ju leiben, toürbe il^n nid^t fo fel^r belümmern, afö verlorene Seit (1, 118 a). 
Sa er fagt einmal, SKinne l^abe öon il^m in ber SDSod^e je nur ben 
ftebenten a;ag (I, 120 a.) 

[67] Riebet barf nun aber nid^t überfeinen toerben, ba| er ben 
3Rinnefang bi^ in ein fcl^r iJorgerfidEte^ 3Wter fortgefe^t. _3ludn in ber 
SKinne loermifst er eine Derfd^hjunbene beffere QAi; l^iebeöor, ba man 
fo redfft minniglid^e toarb, ba h)aren meine @))rüdne aud^ f reubenreid^ ; 
feit bafe bie minniglid^c 3Rinne alf o ijerbarb , feit fang aud^ id^ ein ^^l^eil 
unminnigli^ (I, 116 b). 6r |lagt, ba| galfd^l^eit überl^anbgenommen. 
©eit man falfd^er SWinne mit fo füfeen SCBorten geirrt, lann ein SBeib 
nid^t toiffen, U)er fie meine. 35er bie SBeiber attererft betrog, ber l^at 
an SK&nnem unb SBeibern miffefal^ren (1, 104 a). Slber aud^ bie fjrauen 
erlennt ber ©id^ter fd^ulbig; ba| bie SKanner fo fibel tl^un, bag ift gar 
ber SBeiber ©d^ulb. ^etoor ftanb ber grauen SWutl^ auf ^l^re; jeftt 
jtel^t man iool^I, bafe man il^re SWinne mit Unfuge ertoerben fott (1, 107 b). 
2)ag tl^ut nn^ SKännem ben meiften ©d^aben, bafe toir ben SBeibem 
gleid^ lieb fmb, toir feien übel ober gut. tltiterfdj^ieben fie ung, loie 
toormal^, unb liefen aud^ fid^ unterf d^eiben , bad frommte und Dielet 
me^r, Scannern unb SBeibem beiben (I, 116 b). 

äBaltl^er bebauert ein fd^öned äBeib, bag i^r bie ©d^önl^eit nid^td 
nü^e, feit man nid^t mel^r getool^nt fei, innem SEBertl^ bei ©d^önl^eit 
iu pnben: 

Siä) toiU @iner l^elfen tkgen, 

2)er bod^ ^reube ^temte »ol^I, 

^ag in aI{o falfd^en £agen 

©d^iinl^ett ^ugenb t)eTUeren foll. 
[68] ^iebctjor tt)är* ein 2onb erfreuet über ein fo fd^öneS SSeib: 

Sa» fott 3)er nun fd^öncr Scib? (I, 140 a.) 

Slber nid^t blofe in biefem SRüdEblidt auf 4)erlebte Seiten jeigt ftd^ 
ung ber S)idS>ter ald einen bejal^rten 5IRann. ®r giebt e« nod^ nol^er. 
SKinne, fagt er, l^at einen Sraud^, bamit fte SKand^en befd^toert, ben 
pe nid^t befd^toeren foffte. 3^^ pnb öier unb jtoanjig gal^r öiel lieber. 



52 



benn i^r bietjiö ftnb; fte fteHct jtd^ t)id übel, fielet |te irgenb graue« 
^aax K SKtnne toat fo Qani bie 3Rme, ba^ id^ tool^l toufte au il^t 
©el^eitnnfe. 9lun ift mir fo gefd^el^en: lommt ein S^i^Ö^^ i^|o ^f fo 
tperbe xü) mit jtoerd^en 3lugen fd^ielenb angefel^ett. Slrmc« SDSeibI toc« 
mü^et fte ftd^? 9Bei^ ®ott! ob fte aud^ 2:^oren trüget, fte ift bod^ 
älter Diel, benn id^ (I, 120 a). 

3lod^ mel^rl SBaltl^er öerfid^ert, tool^l toierjig Qal^re unb brüber 
l^abe er üon 5Dlinne gefangen (I, 122 b). S)arum aud^ fein SEBunber, 
ioenn mand^e feiner Sieber nid^t mel^r bie tJtifd^e jugenblid^en Sebeni^ 
atl^menl 6r fagt fid^ am ©nbe feterlid^ bon ber 3Dlinne lo«; fein 
9Kinnefang möge nun 3lnbern bienen unb il^re ^ulb ioerbe bafür fein 
a:i^eil. ®r fcgnet ftd^, bafe [69] er auf ber 2BeIt fo 51Rand^e frol^ ^ ge« 
mad^t, 3Wann unb SBäeib. Slber toon ber bergänglid^en SWinne, bie 
nid^tg toeiter ift, ate öom ^Jifd^e ber ®rat *, toenbet er fid^ je^t gu ber 
fteten, etoigen ^ (I, 123 a). 

2Bir muffen jebod^ jurüdff eieren, um nun aud^ bie Sid^tfeite feine« 
SKinnefange« barjulegen, 2Benn biefer S)id^ter nid^t in berjjenigen ©at= 
tung bon SWinneliebern boranftel^t, beren ©eele bie innigfte @m|)finbung 
ift, fo ergreift er bagegen aud^ l^ier burd^ bie finnlid^e Äraft feiner 
S)arfteIIung, burd^ bie 3lnfd^aulid^leit unb ben garbenglanj feiner Seben«« 
btlber; Säorjüge, bie er \m^ fd^on anbertoärt« ben^äl^rt l^at. ®« ftnb in 
biefer Sejiel^ung einige ettoa« mutl^toiffige Sieber nid^t minber augju« 
lieben, al8 anbre t)on loürbiger unb l^o^er Slri 
3uerft eine ^^anjtoeife, ein Sieigen: 

„^t^mtt, graue, bicfen Äranj!" 

9lI[o \pxa6) id) gu einer tool^Igetl^anen 3)?agb. 

„@o gieret il^r ben Stang 

Wlit ben {d^önen 8(umen, fo il^r^d auf eud^ tragt. 

$ätt' id^ toiel ebet ®epcine, 

2)aj$ muff auf euer ^aupt, 

t „2)te SBetber Raffen graue« ^aar'', fül^rt fd^on $etnrt(!^ toon Selbedfe 
(SKan. 1 , 20 a) atö ein alte« ©prid^wort an. 

2 [SJgL 3«an. I, 170b, 5.] 

3 [®otfrib« toon ©trapurg 2öer!c II, 106, @tr. 22: !5)u bifl ein toifd^ 
«ng uf ben grat.] 

* [Ulrid^« öon Surl^eim 2:rifian 3* 250.] 



53 



06 il^r mir ed glaubt. 

@c]^t meine Streue, baß i(^ e« meine!" 

ir^toue, il^r feib fo »ol^Igetl^an, 
S)a6 id^ eud^ mein ©d^ajjct gerne geben wilf, 
^ad allerbe|le, bad id^ lann. 
SBeißer unb rotl^er ©lumen wcig id^ t)iel; 
[70] 2)ie jtel^n fo ferne in jener ^eibe, 
2)a jte fd^ön entf^rangen 
Unb bie !(einen ^iiget fangen, 
2)a fottn »ir fie brechen SBeibe." 

@ie nal^m, baiS id^ il^r bot, 

(Sinem ^inbe Diet geleic^, bem (S^r' gefd^iel^t 

Ql^re Söangen würben rotl^, 

2Bie bie SRofe, ba man fie bei Silien fielet; 

S)ei$ muften bie lid^ten ^ugen fx(S) fd^dmen. 

2)a neigte fte mir tiel fd^öne, 

SDai^ toarb mir 3U Seltne; 

Sßirb mir nod^ mel^r, bog ipitt id^ fd^weigenb nel^men. 

a, 125 aO 

fel^t meine Sreue] man beute ftd^ l^iebei bie Bewegung bed ©d^wörend ober 
beS ^anbfd^Iag»! — meine] ernflUd^ meine. — ^äfaptl] Ärang, Äo^jffd^mudt. — 
geleid^] gleid^. 

SEBie e« mit bem Slumcnbrcd^cn ^ gemeint fei, öerrätl^ ein hjeitere^ 
Sieb, an bem ber J^örbare SBol^lIaut ber ©ingtueife gu betuunbern ift: 

1 SCnber«wo fingt Söatt^er: 

SD'^üfte id^ nod^ erleben, bag id^ bie 9lofen 
ä^it ber 9}2inniglid^en fottte lefen, 
@o wollt* id^ mid^ fo mit il^r erlofen, 
S)a6 wir immer ^reunbe müften wefen. (I, 137 b.) 
(Sin anbrer ^ic^ter wenbet ftd^ fo an il^n: 
^ör' an, SS^altl^er, wie ed mir fial^t, 
SDtein traut ©efelle )}on ber ^ogelweibel 
^ttlfe fud^e i^ unb 9iat^, 
2)ie SBol^Igetl^ane tl^ut mir öiet ju Seibe. 
könnten wir erftngen beibe, 

2)ag td^ mit il^r müfte bred^en ^lumm an ber Ud^ten ^eibe! 

(I, 140 a.) 



54 



Unter ber Sinben, an ber ^etbe, 
2)a nnfer Qtotitx ®ette toai, 
2)a mÜget tl^r no(^ finben, fc^öne beibe, 
(S^ebrod^en ^iumtn nnbe (S^raS, 
[71] Cor bcm SQ3aIbc, in einem 2;^al, 
^anbarabai! 
®6)'6nt fang bte Üf^ad^tigoC. 

3d^ fam gegangen ^u bev Kue, 

2)a war mein grtebel tommen e^, 

2)a tt)arb id^ empfangen, l^el^re ^raue, 

2)ag id^ bin feiig immermel^. 

(Sr lüfiSte mid^ mol^t tauf enbfinnb , 

S^anbarabai! 

^el^t, toit rot^ mir ifl ber SD^unbt 

2)a l^att' er gemad^et, alfo reid^e, 

$on Blumen eine Setteflatt 

^t& »irb nod^ getad^et, inniglid^e, 

Äommt 3^J"fltt^ ^^ bcnfelben ?fab; 

©ei ben Siofen er wol^t mag 

^anbarabat 

SDlerlen, \do baiS ^aupi mir kg. 

[72] 2)a6 »ir ba lagen, wüff e8 3emanb, 
S)as pte ÖJottl fo fd^ämt» id^ mid^. 
2BeS toir ba pjlagcn, nimmer S^iiemanb 
©eftnbe bai$, benn er unb id^ 
Unb ein KeineiJ ^ögelein! 
Sanbarabai l 
2)a8 mag »ol^t getreue fein. (I, 113 6.) 

toa&] »ar. ~ fd^önebeibe] i6ein}ort bed nad^folgenben: ©(umen unb @rai». 
— ijriebel] Siebfler. — l^e^re ^Jrauc] »o^l nid^t 2(nrebe an eine SJertronte, 
fonbem Slu^ruf gu 3J?arien. — immermel^] immermel^r, immerfort. — taufenb* 
fiunb] taufenbmat. — getreue] berfd^tt)iegen. 

«gl. »leinmar I, 81 b. ^^itl^art II, 81 o. ^abloub II, 194b. 195 b. 
€d^ön fagt ^önig Sendet bon ©el^eim, I, 2b: 

3d^ brad^ ber fRofen ni(^t unb ^atf il^r bod^ Gewalt. 



55 



SBir lajfen nod^ eintge bet Heineren Siebe^liebet folgen: 

T^d) bäud^te, bag mir immer 

lieber tvttrbe, benne mir )u SRutl^e loaS. 

2)ie ©lumcn pelcn immer 

$on bem ^aume bei und nieber in bad @rai$. 

©el^t! ba mufte id^ bor ^reiiben lad^en. 

^a td^ {o inntglid^e 

Sar im Traume retd^e, 

2)a taget' ed utib muft* id^ h^ad^en. (I, 137 a.) 

SDag id^ bid^ fo feiten grüge, 

2)a0 tfl o^n' alle orge SWtffetl^at. 

^ö) min mol^I, bag ^ürnen miiffe 

Sieb mit Siebe, mo ed bon ^reimbed ^ergen gal^t. 

Xrauren unb tuerben frol^, 

©anftc jünien, feiere fül^nen i: 

SDad ifi ber 3)?inne 9{ed^t, bie ^ergeliebe mitt alfo. (I, 123 h.) 

[73] - 3n einem ^meifelid^en Sa^n 
SBar id^ gefeffen unb gebadete, 
^6) tooUtt non il^rem 2)ienfle gal^n, 
Ü^ur bag ein £ro{l mid^ miberbrad^te. 
ZxDft mag ej$ bod^ nid^t feigen, t& 
3fl Diel laum ein Srüßelein 2, 
@o (leine, tt7enn id^ eud^ bai^ fage, il^r f^ottet mein; 
2)od^ freuet ftd^ feiten ^emanb, ber nid^t miffe, vot». 

3Rid^ l^at ein ^atm gemad^et frcl^; 
Ott fagt, id^ foUe @nabe ftnben. 
3d^ mag baSfelbe üeine ©trol^, 
Sie id^ gut)or gefel^n bei ^nben* 
$örct unb merfet, ob fte^S benne tl^uM 

eie tl^ut nid^t, fie tl^ut; ftc tl^ut nid^t, fie tl^ut; fte tl^ut nid^t, fte t^ut ^ 
9Sie oft id^ alfo mag, mar ftetj^ bai^ @nbe gut 
1 2)a gehört aud^ (S^Iaube ivu (I, 142.) 

1 [55gt ÜRan. I, 168 b, 4 Sriflan .13047 ff.] 

2 [S3enede» Beiträge @. 246, 4: fröibclin. Söiener gal^rbüd^er ber 
Sitteratur «. 64 1833. «njeigcblatt @. 23. 3n einer tcjlamentarifd^en 
lUlunbe ^riebrid^d bed streitbaren: simul cum Trostelino.] 

3 [«gl 3Wt SWeifler^OJefongbud^ ©• 43. DLXXXVL] 



56 



(Sinen l^dl^erm SdEftDung nimmt bas nad^folgenbe SRailieb: 

@o bie SBfumen au^ bem (Strafe bringen, 

®lnd) a(d ladeten jte gegen ber f)}telnben Tonnen, 

9fn einem Wlaitn, an bem SD'^orgen fral^, 

Unb bie Keinen )^ögetein tüol^l fingen 

3n ber beflen SSßeife, bie fie lönnen, 

Sad Sonne (ann ftd^ ba bergleid^en 3U? 

@i$ ifl tool^t ^db ein $tmmetreid^e; 

9^nn fpred^et Wit, »ad ftd^ bem Dergleid^e! 

<So fage xä), toaS mir ofte bag 

3n meinen ^ugen l^at getl^an unb iffdit aud) nod^, erfäl^e id^ bad: 

[74] SBo eine ebele S^ane, fd^öne, reine, 
Sol^I beHetbt unb baju tpol^l gebunben, 
Um ^urgetoeile ^u t}iel Seuten gel^t, 
^üfeUd^en, l^od^gemutl^ , nid^t eine, 
Um ftd^ fe^enb ein kvenig unterflunben, ^ 

©letd^ toie bie ©onne gegen ben Sternen fle^t. 
jDer Wlaxt bringe uni^ aU fein Sunber! 
SS^ad ifl benn ba fo Sonniglid^ejS unter, 
119 il^r t)iel minniglid^er Setb? 
Sir laffen alle Blumen fielen unb gaffen an bad toertl^e Seib. 

9lttn »ol^lauf! »ottt i^r bie Söal^rl^eit fd^auen, 
©el^n tvir ^u bed iD^aien ^od^gegeitet 
2)er ifl mit aQer feiner Sonne fommen. 
@el^t an il^n unb fe^t an fd^öne t$rauen! 
Scld^c« l^ie ba« Stnbrc übcrjlreite? 
^ad beffre ^piti, ob id^ bad l^abe genommen? 
Ser mtd^ l^ie (SineiS toäl^Ien l^iege, 
^ag id^ bad @me um baiS Inbre liege, 
l^il n)ie fd^nell id^ banne löre! 

$err Wlax, xf)x müftet äJ^ärje fein, el^' id^ meine ^raue ba üerlöre. 

(I, 116 a.) 

»0^1 gcbunben] mit fd^önem ®ebänbe, ^o^jfbanb. — ju toiel Seuten] unter 
bie Scute, ju einer fcflUd^en ©erfammlung. — nid^t eine] nidjt allein, mit Be- 
gleitung. — unterfiunben] juioeilen. — ^od^gegeite] 2fefl. — före] »ä^lte. 

S)te Stetige ber 5IJlinnelteber fd^Uegen h)ir mit jh>ei ©efaften, 
toeld^e, ganj i^rem S^^l^alt gemäfe, in einer bon jenen tootttönenben 



67 



SBeifen gebid^tet fmb, loomit fonft bet 3)id^tcr bie Äönige ju beßtüfeen 

»)Pe9t: 

[75] 2)ttr(l^füget unb geblümet ftnb bie reinen t^raiten, 

(S0 warb nie ni(i^tö fo toonnigtid^ed anjufd^auen 

3n Süften, auf (Srben, nod^ in allen grünen ^uen. 

Silien, 9lofenbtumen, b70 bie leud^ten 

^m SD^aientl^aue burd^ bai& ®va9, unb Heiner iQögelein @ang, 

^aiS ifl gegen fold^er roonnereid^er |$reube franf. 

SBo man ein* fd^bne ^raue fte^t, bad fann trüben SRutl^ erfeud^ten 

Unb tdfd^et alled Srauren an berfelben @tunb\ 

@o liebltd^ lad^et in Siebe i^r füßer rotl^er SD'^unb, 

Unb @tra(e and f)}ielnben ^ugen fd^iegen in Wlanm^ ^erieni^ginnb. 

(I, 130 aO 

!ranf] fdjtoad^. — erfend^ten] crfrifd^en. — ©träte] Pfeile. 

!^iel füge ^raue, l^od^elobt mit reiner (S^üte, 
2)ein feufd^er Seib giebt fd^toellenb ^od^gemütl^e. 
S)ein aif^unb ifl rütl^er, benn bie lid^te 9lofe in Sl^aued »lullte, 
ä^ott l^at gel^öl^et unb gel^el^ret reine f^rauen, 
S)ag man il^nn tool^l foU f^ced^en unb bienen 3u aller Qtxt 
SDer SBelte ^ort mit n^onnigtid^en greuben leit 
S(n il^ncn. 3^^^ 2ob ifl lauter unb Kar. iWan fott fie fd^auen; 
^ür Srauren unb für Ungemütl^e ifl itid^td fo gut; 
%Id an^ufel^n ein* fc^öne ^raue, tooj^lgemutl^, 
Senn fte aus ^er^eni^grunb i^rem |$reunbe ein lieblid^ Sad^en t^ut. 

(I, 130 b.) 

too^I f|)redjen] ®uteiJ t)on il^nen fpred^en. — leit] liegt. — Ungemütl^e] 
Unmutig. 

[76] (Sin ÜberblidE über biefe SJlinnelieber giebt un« ben ©inbrud, 
ba| in benfelben ber S)id^ter nidS^t Don feinem (Segenftanbe bel^errfc^t fei, 
fonbem biefen mit greil^eit aufeet ftd^ ftette, 3wmal in ben auggel^obenen 
@ebid^ten l^öl^eren @til$ betrad^tet er bie Sd^önl^eit unb ben 38ertl^ ber 
tJrauen, faft ol^ne eigenen SlnftJrud^, atö eine glänjenbe ©rfd^einung, 
bie et in ba6 ®anje feiner SEBeltanfd^auung aufnitnmt. 



58 



[77] ®eil|3iet SKifiliiiUi 

2)cr ^of ju Sien, 2co})oIb VII. 2)er tärntl^ncr. 3)ct ^atriard^. Ulvid^ 

toon Std^tenflein. 

3n toeld^et (Scgenb ^ ba^ Selben flelegen , ba« griebtid^ II bcm 
2)id^ter ettl^rilte, barübcr ^kii biefcr leinen Sluffd^Iu^. Slud^ bie Seit 
ber S3elel^nung ift ungeh)if^. ©eraume QÄi nad^ ^riebtid^d Slnlunf t in 
3)eutfd^lanb I&fet SBaltl^er jtd^ toieber am $ofe Don ßftetreid^ treffen, 

6§ ntag fein, ba^ er am ^ofc £eoJ)oIbg VII, ber feinem Sruber 
griebtid^, bem ®önner be^ ©id^terg, im ^erjogtl^um nad^gefolgt toar, 
mel^rmate unb gu fcl^r üerfd^iebenen Seiten ftd^ aufl^ielt. gn ßrmanö' 
lung bepimmterer Slnjeiflen muffen h>ir un^ jebod^ beßnäßen, bie ©e* 
bid^te, toeld^e ben ^of gu SBien betreffen, um ben einen S^i^J^wnlt ju 
fammeln, ber mit einiger ©id^erl^eit angegeben toerben lann. SMejenigen, 
toeld^e ftd^ auf ben benad^Barten $of bon Äärn[78]tl^en bejiel^en, ftel^en 
mit erftern in genauem Swföw^tnenl^ang. 

Seojjolb VII (ber ©lorreid^e), ^erjog bon öfterreid^ unb ©teier, 
ift berjenige, ben im Äriege auf SEBartburg ^einrid^ bon Dfterbingen 
Dor allen gürften i)reift. ßr legt Seojjolbg 2:ugenb auf bie SEBage unb 
fobert bie anbem ©änger auf, fold^e mit breier dürften SKilbe aufgu- 
toägen. 2)er öon ßfterreid^ toünfd^e fid^ bier $anbe, bamit, toäl^renb 
er mit jtoeien gegen bie geinbe IämJ)fe, gloei anbre ben gel^renben Seuten 
®abe f})enben tonnen. Sil« er gegen ben Äönig bon Ungarn ben 
©d^ilb an ben 9lrm genommen, l^abe er jugleid^ ju feinem Äämmerer 
gefjjrod^en: SRun fd^affe, bafe ben ©el^renben il^re 5ßfänber gelöft loerben! 
(5IKan, U, i a. 4 a.) 

1 [3n bcm öflerreid^ifd^cn $ritji(egtum toom Sal^r 1156 ^eißt e«: „Im- 
perium qaoque nullum feodam habere debet Austriee in ducatu.^ ^iäf* 
^orn, ^eutf^e @taati»« unb 9le(^ti9gefd^i(^te, 2te ^btl^ettung, 6. 528.] 



59 



2)m Sorgen l^at unfer ©id^ter [xä) flenommen, breierlri S)infle 
tn&d5>^* er ßetoinnen. ®ag eine ift ©otte« ^ulb, bag anbrc feiner ^auen 
ÜJlinne, ba$ britte, bad ftd^ ntit Unredf^t mand^en %aQ feiner erU)el^rt, 
ift ber toonniflKd|e ^of ju SQSien. 6r h)itt nimmer raften , big er biefen 
t^erbient. S)ort fal^ man £ep))olbd ^anb geben, ol^ne ba^ fie beS er^ 
fd^radt (I, 105 b). 

Slal^er rfidEt er mit folgenbem £iebe: 

aj'^ir tfl t^erf^ertt bed $ei(eil £l^or, 
2)a f!eV id^ ald ein SBaife Dor, 
iD'Zid^ laufet ni(i^t, toail id^ baran oud^ !(o)}fe* 
[79] 2ßie möd^t* ein Sunber größer fein? 
(Sd regnet beibentl^alben mein, 
2)ag mir ht& alled nimmer mirb ein Sro^fe. « 
2)c« gürflcn SKilbc auÄ Öperrdd^ 
freuet, bem fügen biegen gletd^, 
$eibe, Seute unb anä) bai$ Sanb* 
(Sr ifi eine fd^öne n^o^fgejterte $etbe, 
^arab man Blumen brici^et »unber. 
Unb bräd^e mir ein ®Iatt ba l^ernnter 
@eme't}iel milbe, retd^e ^anb, 
@o müd^te id^ Io6en bie üiel füge ^ugentoetbe. 
^iemit fei er an mid^ gemannt! (I, 128a.) 

beibentl^olben mein] gu meinen beiben @eitcn. — ttjunbcr] touttberöict 

@g ift toal^rfd^einlid^ , ba^ SBaltl^er einmal bon Äärntl^en au§ gegen 
SBien angebrungen. 3" Äärntl^en toar Seml^arb , au^ bem ©efd^Ied^te 
ber ©rafen bon Sabanttl^al ^ bon 1202 bid 1256 am J^erjogtl^um ^ ^n 
\f)m finben toir ben Äärntl^ner unfrei 3)id^terg, ben fürftlidj^en greunb 
be« ©efangeg, auf toeld^en aud^ im S^iturel angefj)ielt toirb^. 3)er 
Stufentl^alt am ^ofe biefe« fjürften tourbe SBaltl^ern, [80] toie e^ fd^eint, 
burd^ ^ofränfe unb ^unftneib berleitet. @r l^at beS ^ärntl^nerg ©abe 
oft emj)fangen, aber einmal gefd^al^ e«, bafe il^m bie Äleiber nid^t 
gegeben lourben, bie il^m ber gürft beftimmt l^atte. 3)araug ent* 

1 t^^öUd^, Specimen Archontologiee Carinthise. Sien 1758. @. 4» 

2 „Ob mir ein gürfl ou» Äärntben gicbt bie 3«ictbc." 2:iturel dap. 15. 
^reiltd^ Tann ber ^tturel in feiner je^igen ©epatt nur mit ^^orftd^t gebraud^t 
»erben. 



60 



ftanben aWigi)etftänbmf[e, beten ©rjäl^Iuna ber ©id^tet mit ben SBorten 

WIte|t: 

S)tefer Qoxtt i|l ol^n* attc 6d^ufi)c, tociß ®ott, unfcr betber. 

(l, 132 a.) 

®in anbermal beflagt er fic^, bafe man am $ofe feinen ©ang Der- 
feiere ^, 6r eifert gegen folc^e ©d^älfc, geigt fi^ jum toeitern ®efed;te 
gerüftet, bittet iebod^ ben dürften, felbft bie ©ad^e ju unterfud^en: 

grage, roas it^ ^aht gefungen, imb erfal^r* uni8, tott^& üzxU^xtl 

((S&b.) 

®ie (Segner fd^einen aber gepegt gu l^aben unb l^iel^er lann e§ be= 
jogen toerben, toenn ber ©id^ter fid^ j|e|t an ben ^ergog bon öfterreid^ 
h)enbet : 

In nomine domini! id^ tvitt beginnen, fpred^et: Amen! 
2)a0 ijt gut für Ungclüde unb für bcS 2^eufcfö ©amen. 
2)a6 id^ nun jtngcn mttffc in biefer SQBeifc a(fo, 
[81] 2Bcr l^öfift^en @ang unb greubc flöre, bog ber njerbc unfvol^I 
SSd) l^abe n^ol^I unb l^ofelid^ ba^er gefungen, 
Tixt ber ^öpfd^^eit bin iä) nun öerbrungen, 
2)a6 bie Unl^öpfd^en nun gu $ofc »crtl^er jtnb, benn ic^. 
SDaiS mid^ elften \oVitt, baS unel^ret mid^. 
^eraog au3 Öjlerrcid^e, gürjlc, nun fprid^! 
2)u »enbejl c5 aKcinc, fonfl toerfel^rc id^ meine Sungen. 

(I, 131 b.) 
Derlel^re id^] b. 1^. finge anä) id^ unl^ofelid^. 

3n einem äl^nlid^en Siebe brol^t er, fid^ je^t and^ be^ fd^arfen 
©angeg befüeifeen ju tooHen: 

2)a ic^ fletli mit ^urd^ten Bat, ba min id^ nun gebieten, 
S^ fel^e »ol^I, bag man $errengut unb ^eibeSgrug 
©ewaltigtid^ unb ungejogenlid^ ertoerbcn mug. 

®r befd^toert fid^ tueiter, toenn er feinen l^öfifd^en ©ang ftnge, fo 
Ilagen fte e0 ©tollen , bermutl^Iid^ einem bon ben un^öfifd^en SBerlel^rern 

1 über ba» SJerf eieren beS @e{angeiJ, b. 1^. ba» iWiSbeuten, @ntfleKen, 
rs}f)i)l aud^ ^arobieren beSfelben, l^at aud^ ber ^arbegger p Ilagen: 
SBcr mir »erle^ret, ba0 id^ l^eure t)on bem Äaifer fang tu f, ». 

{Tian. II, 121b.) 
SJgL ü. ©ingenberg (I, 156 b, 3). 



61 



feine« ©efanßS* S)er ©d^lufe be« 2iebei5 ßel^t toieber auf ben ^etjog 
£^o)3oIb: 

3« £)fterrei(i^e lernte xä) ftngen unb fagen, 

^a totll id^ mid^ aUererfl beHagen. 

^inbe id^ an Su))0lb l^öftfd^en 2:toP, fo if! mir mein Wlnti) entfd^tDoIIen. 

(I, 131 f.) 

SKel^rete Siebet geigen un^ nun ben 2)id^ter toirllid^ an bem er« 
fel^nten ^ofe ju SQäien. Einige berfelben geftatten eine ungefäl^re SexU 
beftinintung, nament[82]li(iS> bejiel^en fid^ jh>ei babon auf ben Äreujjug 
be« $et)og«. 

Seojjolb VII liefe ftd^ fd^on 1208 mit mel^reren Sbeln be« 2anbe« 
JU SReuenburg mit bem Äreujc geid^nen. ^m ^al)x 1213 begab" er fid^ 
mit großem ©efolge nad^ ©jjanien , um bie 3Dlauren ju belriegen. ©o^ 
bann im 3al^r 1217 ful^r er mit bem Könige \>on Ungarn unb t)ielen 
Slnbern na^ bem l^eiligen Sanbe. 35ort betrieb er bie Belagerung bon 
3)amiata, leierte aber, bet)or nod^ biefe ©tabt eingenommen h>ar, im 
Sal^r 1219 nad^ Öfterreid^ jurfid K SBaltl^er feiert be« ^ergog« glüdf* 
Hd^e ©eimlel^r. ^f)x feib tool^l toertl^, fagt er, bafe imr bie ©lodfen 
gegen eud^ I&uten, bringen unb fd^auen, al« ob ein 3Bunbcr lommen 
fei; i^r lommet un« fünben« unb fd^anbenf rei , brum foUen loir SRänner 
eud^ loben unb bie ^^rauen foSen eud^ lofen. ^m Übrigen gel^t ba$ 
Sieb barauf l^inau«, bafe ber el^rentooUe @m))fang ben ^ergog für ben 
SSortourf entfd^&bigen foQe, ate l^&tte e« feiner @l^re angeftanben, nod^ 
länger über 9Keer ju bleiben (I, 135). 

9lad^ ber Slüdflel^r be8 $ergog8 ift ein Sieb gebid^itet, toorin bie 
Äargl^eit be« öfterreid^ifd^^en 2lbete gerügt loirb. Sil« Sebj^olb fjjart* auf 
bie ©otte^fal^rt, ba f))arten fte aQe, all toagten fte nid^t )u geben. 
[83] 2)al n>ar billig, bafe fie il^n an SRilbe nid^t überlS^ölSien toollten; 
man fott immer nad^ bem ^ofe leben. 35ie gelben au8 öjierreid^l^atten 
ftet« gel^ofeten 5IRut]^. ©ie bel^ielten il^m ju 6^ren, bag toar gut. 5Run 
gebet i^m }u @l^ren, toie er nun ti^ut, unb lebet nad^ bem $ofe! fo 
ift eure 3ud5>t unbefd^olten. (I, 132 b.) 

3n einem anbern ©ebid^te lel^nt SBaltl^er e« ai, ben $erjog nad^f 
bem SQBalbe gu begleiten. S« ?5^l*>^ folgt er il^m gern, ju SBalbe nid^t. 

^ Chron. Claustro-Neoburg. ad ann. 1208. 1219. 



62 



Su SOBalbc ft)ttt il^n ber $crjog, S93altl^et l^at ftetö bei Seuten gelebt, 
©eltg fei ber SDSalb unb bie $eibe, ba möge Seoj)oIb mit greuben leben! 
SW ^ balj^in, SBaltl^ern laf[* er bei Seuten! fo Ij^aben fte SBonne beibe 
(I, 132 b). 

Äu^erft tDol^I ergel^t eS bem S)id^ter um biefe 3rit. 6r benennt 
breier gförften ^öfe; fo lang er biefe toei^, braucht er nid^t um ^ft-- 
berge fern ju ftreid^en, fein SBein ift gelefen unb feine 5ßfanne f auf et. 
3)ie brei dürften pnb: ber biberbe 5ßatriard^; ju^ianb babei £eo})olb, 
ber %üx\t ju ©teier unb öfterreid^, bem SRiemanb lebenber ju bergleid^en; 
ber britte: beg vorigen SSetter, ber toie ber milbeSQBelf gemutl^ ift, be« 
Sob nad^ bem Xobe befleißt (I, 133 b). 

3)en $erjog Seojjolb lennen toir. ©ein SSetter ift h)ol^I niemonb 
anberg, alg feine« SBaterl einziger S3ruber, ^einrid^, ber bis in baS 
Sal^r 1223 [84] lebte K 2)er biberbe 5ßatriard^ aber ift un^ ber 5pa* 
triard^ t)on 9lqui(ej|a, S3ertl^oIb, au$ bem ©efd^led^te ber ®rafen bon 
Slnbed^g, ber öon 1218 an biefe geiftlid^e SSäürbe belleibete unb erft 
1251 ftarb 2. 

6in SBIidf in bag Seben eine« anbern S)id^ter8 lann biefe SBerl^SItnif[c 
erläutern. Ulrid^ bon Sid^tenftein, au« bem fteirifd^en ®efd^Ied^te, ba« 
je$t gefürftet ift, einer ber liebeneid^ften STOinnefänger, l^at befanntUd^ 
felbft fein ritterlid^e« 2Am in bem S3ud^e „fjrauenbienft" ^ befd^rieben. 
^iefe« S3ud^, bem gefd^id^tlid^e ©runblage nid^t ab)uft)red^en ift, giebt 
bie merfiüürbigften 9luffd^Hlf[e über bie ©itten bamaliger geit, über 
3Jlinnebienft unb SDlinnefang, befonber« über ba« Seben unb 2^reiben 
ber Surften unb be« Slbel« in ßfteneid^, ©teiermarl, Äärntl^en unb 
Sftrien. ®ben biefe (Segenben, too toir SDBaltl^em gule^t getroffen, l^at 
Ulrid^ öon Sid^tenftein, balb al« [85] Königin SBenu«, balb al« ber 



1 Ghron. cit. ad ann. 1223. SBer ber milbe SB^d\ fei, mit »eifern 
Seopotb« fetter X)txQlx6)tn iPtrb, getraue \6) mir m(i)t ju beflmnnen. Kuci^ 
ber Sanl^u|er (SWan. II, 64 a) gcbcnft eine« ©elf toon ^d^waben unter ben 
berjlorbenen dürften, totiä^t mand^em Wlann Diel reid^er Kleiber gaben. 

2 %xbli(i) 1. c. Tab. IV. 

3 i^rauenbienfl u. f. to. Sfla6) einer atten ^anbfd^rtft bearbeitet unb 
l^eraui^gegeben t)on Submig Sied. Stuttgart unb S^übingen 1811. (Sin 3(b« 
brud ber Urfd^rift biefe« toid^tigen !S)enfmaI« totrb nod^ immer t}ermif«t 
[^u«gabe Mon Sad^mann unb (S^. t). ^araian. SBerUn 1841. StJ] 



63 



au§ bem 5ßarabieg jurücföefommcnc ftöniß 2lvtu§ üerlleibet, auf SRttter^ 
fal^tt burd^joßcn. (Sben bie ^Jürftcn, an beren §ofe SBaltl^er gefungen, 
l^at aud^ Ulrid^ gclannt unb mit dntgen berfelBen fid^ im SRilterfjjtele 
getummelt. Ulrtd^ ift jünger, afö SBaltl^et, unb leiner gebenit oug« 
brüdlid^ beg anbern, aber fte fmb B^itgenoffen unb gerabe in bemB^it- 
abfd^nitte, bei bem toir ie|t Derhjetlen, begegnen fid^ i^re 33al[»nen ; aud^ 
möd^te fid^ aug Ulrid^S Siebern nadjihjeifen laffen, ba^ SBaltl^erg ©e- 
bid^te auf il^n ^ingetoirft l^aben. 

S)en $erjog Seo^jolb, SBaltl^erg »efd^ü^er, ftnben toir im S3ud^e 
Ulrid^« ^pn Sic^tenftein S toenn biefer (6aj). II) erjöl^It: 

,,3)arauf toarb id^ Flitter, ju 2Bien bei einer ^od^gejeit, bie id^ 
feitbem nimmer fo fd^ön gefeiten l^abe: ba toar grofee^ Ungemad^ ijon 
©ebrfinge» S)er gürft Seujjolb au« ßpcrreid^ gab feine minniglid^e 
Sod^ter einem dürften Don ©ad^fen jum Oemal^l. ®er eble gürft gab 
britll^alb l^unbert Änaj3[86]j)en ©d^lüert; ben ©rafen, freien, SJienft* 
mann, tool^l taufenb SRittern, gab ber eble ^ürft ©olb, ©ilber, SRofg 
unb Äleiber. günf taufenb SRitter afeen ba beg toertl^en dürften Srob, 
ba toar biel 33ul^urt (eine 2lrt beg Xurnierg) «nb S^anjeg unb mand^eg 
9litterf))iel, ba Ujaren bie reid^e §erjogin unb i^re minniglid^e S^od^ler 
unb mand^e gute %xavit." 

2)aS ^od^ieitfeft, toeld^e^ Ulrid^ befd^reibt, l^atte nad^ ben ©efd^id^t* 
fd[;reibern im 3al^r 1222 ftatt* (Sin ä^nlid^eg %c\i, toenn nid^t ba^^ 
felbe, l^at SBaltl^er öor Slugen, loenn er fo anftimmt: 

Ob 3emanb f^jredjc, ber nun lebe, 

2)a6 er gejel^n je größte ®cbc, 

TO »ir 3U Söien burd^ ©l^rc l^aben em^jfangen? 

Wlan \a^ ben jungen dürften geben, 

W(« »oflt' er nid^t mel^r -länger leben 3, 

1 ^ud^ ben )}orerU7äl^nten SBetter $eo)}o(bd mürben toir in bem äli^arlgrafen 
^einrid^ tjon £)flerreid^ erlennen, bei xozldiem Ulrid^ tjon Std^tenfiein Sel^rling 
wor unb toon bem er (o toiel ^6)'6xiti gu rül^men weig» 5Jrauenbienjl (Eap, 1, 
©. 3. 4. (gS t|l aber gteeifel^aft, ob l^ier nid^t Sflcrreid^ flatt Öperreid^ ju 
lefcn fei, benn fpäterl^in tritt ber SWarfgraf ^einrtd^ toon 3ftcrreid^ auf. 

2 „Solemnitas magna in Wienna fit duce aactore Liapoldo, cujas 
etiam filia duci Sazonum nupüali thalamo est copalata.^ Chron. Cl. 
Neobarg. ad ann. 1222. 

3 [SSgt. Sagbergd 2iebe\faa( III, 569, 79 ff.] 



64 



£)a toax'b mit (S^ute SBunberd t>tel begangen. 

^an ^ah ba ntd^t Bei breigig $funben, 

iReinl Silber, gleid^ dd »är'i» gefunben, 

&ah man l^in unb reid^e SBat 

9(ud^ l^ieg ber f$ür{!e burd^ bet ®e]^rnben $u(be 

2)ie SWatten toon ben ©teilen leeren. 

iftoi«, at» ob ci^ Lämmer wären, 

^iti SWand^er teeggefül^rct l^at 

(Sd galt ba iRiemanb feiner alten ©d^ulbe. 

2)ad »ar ein minniglid^er 9{at^. (I, 120 b.) 

[87] ®ebe] «u^fpenbung. - 2W« »ofif er] »gl ^^ibelungenfieb ». 171. — 
burc!^ ber ©e^rnben ^ulbe] gum ©ejien ber ^el^renben, ber ©änger unb anbrer 
bege^rlid^en 8eute, bie ftd^ bei fotci^en geflti^feiten jubrängten. — SWatlen] Äoffer. 
— @tetten] ®erüjle, iporauf bie SWaflcn panben. — galt] begal^tte; man ^)flegtc 
bei fotd^en ^nläffen ben ^el^renben bie ^fänber aui^aulüfen. 

3m SSerfolfl feiner (Sefd^id^te (6aj). VI) melbet Ulrid^ t)on Sid^ten- 
ftein i)on einer tJürftcnfjjrad^e , bie ju greifod^ ftattgefunben. a)er ^Raxh 
gtaf ^einrid^ t)on ^\itxxÄä) i trollte ben gürften öon Äärntl^en angreifen. 
Site aber Seojjolb bon fcftetreid^ biefe« Dernal^m, fl^rad^ er: ,,3)a« ge^ 
ftatte xä) nid^t , f onbern xä) toiH e§ öerfül^nen unb in lurjem einen 2^ag 
mad^en." 3)iefe (Selegenl^eit benü^ten Ulrid^ unb fein Sruber, auf 
einem 3lnger bei ber ©tabt Steif ad^ 9litterf^)iele ju beranftalten, tuotan 
bie fjürflen felbft 21^eil nahmen unb über toeld^en man mel^rere 2^aße 
lang nid^t jum ^au))tgefd^&fte lam. 9lm @nbe ivarb jebod^ bie S(uS« 
föl^nung vermittelt. Unter ben toeltlid^en fjürften, bie für biefe^ ©e* 
fd^äft üerfammelt toaren, erfd^einen Seo^jolb öon öfterreid^ unb Sern- 
l^arb t)on ^ämtl^enlanb, unter ben geiftlid^en ber ^atriard^ bon älquilej|a. 
[88] 3Bir feigen alfo l^ier brei öon ben Oönnem unfrei 2)id^terg ju 
Srnft unb ©Jjiel Vereinigt, ber Serlel^r jU)ifd^en il^ren $öfen ift eröffnet, 
eg finb belebte 5ßfabe, toorauf ber ©änger toanbelt. 

©0 melben aud^ bie ©efd^id^tbüd^er, bafe nod^ im ^a\)x 1229 ber 

1 2)iefer SD^arfgraf ^einrid^, aud bem ^aufe Slnbed^d, ein ^Bruber bei» 
^atriard^en »ertl^olb, toax bed SCntl^eitö an ber (Srmorbung $önig $^ili|))>d 
Derb&d^tig nnb xonxU bed^alb 1209 feiner SQSürben, Se^en unb (Stnittnfte »er« 
lufHg erllärt. S)a8 $aud 9(nbed^d be^au^tete aber feine %n\pxüäft auf bie 
SD^arfgraffd^aft. ^einrid^ flarb um 1228. 



65 



^atriard^ Don älquileja, SeoJ)oIb bon öfterreid^ imb ber ^erjog bon 
Sfterteid^ naä) Stalten l^inunter ritten, um ben Äatfer ^riebrid^ ntit 
bem 5ßabfte augjufbl^nen. £eot)oIb ftatb 1230 gu ©t. ©ermano in 
6am}3anien unb nur feine ®ebeine famen nad^ öfterreid^ gurütf *. 

SKie l^eimifd^ SQBaltl^er loon ber SSogetoeibe in jenen öftlid^en ©egenben 
\t>ax, giebt er beutlid^ ju erfennen. Sffienn er fagt, Don ber ©eine bi§ 
an bie 3Rur, öom Sßo bii^ an bie 2)rat)e l^ab' er ber SWenfd^en SBeife 
gemerlet (1, 131 b), fo l^atVr offenbar feinen ©tanbjjunlt in ber ©teier* 
marl, bie Don 9Rur unb S)raDe burd^ftrömt toirb. ' ©al^in jiel^t er feine 
Sinien Don ber ©eine au§, alg ber norbtoefllid^en , Dom 5|8o , alg ber füb^ 
lid^en ©ränje feiner SBanberungen. 3^ einem anbern Siebe (1, 105 h, 4) 
fd|ieint er bie dürften Don öfterreid^, im ©egenfa^e ju anbern Ferren, 
bie auf einem $oftage ju SRürnberg iuaren, bie l^eitnlid^en (l^eimifd^en) 
ju nennen. 

^intoieber jeigt eine ©tette im fjrauenbienft [89] ©. 119, toie gang» 

bar SBaltl^er^ ©efang eben in jenen ©egenben h?ar. %U Uhid^ Don 

Sid^tenftein auf ber 3litterfal^rt, bie er alö Sönigin S5enug unternommen, 

gen SBien reitet, begegnet il^m einer feiner ilned;te, ber il^m erfreulidfje 

93otfd5>aft Don ber grau feineg $erjen§ ju melben f)at 3)er SSote barf 

ben Derüeibeten $errn nid^t anreben, er reitet; bal^er blofe l^inter bem- 

felben l^er unb fingt ein Sieb, looburd^ er funb ^iebt, bafe er gute Sot^ 

fd^aft bringe. Diefe« Sieb ift bie erfte ©troJ)]^e eine^ ©ebid^tg Don 

SBaltl^er, toeld^eS oben geliefert toorben: 

gi^r foKt \pxt6)tn: tt?ittc!ommenI 

2)er tVLä) Wldi)xt bringet, bad bin ici^ u* f. h?. 

„S)a^ Sieb, fagt Ulrid^, Hang mir in mein §erjc unb tl^at mir innige 
li^ h)o^n." 

5Rod^ l^ören toir SBaltl^em ben SSerfaH beS ^ofeg sju 2Bien bellagen. 
^ie Urfad^e biefeg SQSed^fete aber giebt er nid^t an. Db fold^e in bem 
1230 erfolgten 2lobe SeoJ)olbg unb in bem Iriegerifd^en ©eifte feines 
Slad^folgcrg, griebrid^S beig Streitbaren, ju fud^en fei, laffen ioir bal^in^ 
geftellt fein. 2)afe griebrid^ bem ©efange nid^t abl^olb toar, ergiebt fid^ 

1 Chron. Ursp. ad anD. 1229. Chron. Cl. Neoburg. ad ann. 1230. 

2 [^VLÖ) in bem Siebe Dom ebeln SWöringer »trb eine $ofweife Söattl^erS 
gejungen. 3SgI. @rimm, bcutfd^c @agen II, 255.] 

UMflnb, Schriften. V. 5 



66 



aus bem, toa« SRitl^art, 3:an^ufcr, 5Pfeffel unb SSrubet SEBerner Don i&m 
fagen. ©ong er bod^ felbft ben grauen ben Steigen, unb ber Sanl^ufer 
mit (3Jlan. II, 59 b)! ©oöiel ntelbet übrigen« bie ©efd^id^te, bafe nad^ 
i8eoJ)oIbg 2;obe fafl alle feine 3)ienftleute jid^ gegen feinen ©ol^n griebrid^ 
öerf d^tooren , biefen beg ö&[90]terlid^en @rbei8 beraubten unb nad^^er 
beinal^e ganj Öfterreid^ mit dtaui unb Sranb Dertoüfteten K 

Sleinmar ber 9Qte giebt ein Xrauerlieb auf ben Xob Seo^olb«, ber 
barin ber ^gerr aUer ^^reuben genannt U)irb (I, 68 a) ; äBaltl^er l^inU)iber 
betrauert ben %oi Sletnmar« (I, lOÖ a) unb l^&tte l^iernad^, toenn in jenem 
Alageliebe h>ir!Iid^ £eo))oIb \>on £)fterreid^ gemeint ift, aUerbingd nod^ 
in ben 3^agen griebrid^S \)eg Streitbaren gelebt. 

S)a« ©ebid^t felbft, tDorin er ben äSed^fel ber ^nge am $ofe }u 
aOäien fd^ilbert, ift folgenbe«: 

3)cr ^of gu Sötenc f^rad^ ju mir: 

„SüUl^er, i(^ fottte \itUn bir, 

9^un leibe id^ bir, bad muffe ®ott erbarmen! 

SD'^eine ^Urbe, bte tvar weilanb grog, 

3)a lebte nirgcnb mein ®cno§, 

2)cnn ?lrtufc8 $of. ^\m \otf) mir armen! 

^0 nun 9{itter, too nun grauen, 

2)ic man bei mir foßtc fd^auen? 

@c]^t, wie j[ämmcrli(i^ idf/ flel^M 

aJiein 3)ad^ ip faut, e8 tro^)fcn meine SBänbe^, 

9J2i(^ minnet iRiemanb, leiber! 

®o(b, ©über, 9iof[' unb bagu Kleiber, 

j£)ie gab ic^ unb nod^ f^atV id) mtf), 

9^un l^ab* id^ meber 6d^af)e!, noc^ (S^ebänbe, 

9{od^ i^rauen gu einem j^ange, o mel^! (I, 129 b.) 

lieben, leiben] lieb, leib fein. — mein ©enogj meine« ©letd^en. — ®e« 
bänbe] Äopfbänbcr. 

1 Chron. Cl. Neoburg. ad ann. 1230. 

'^ [$gl. ©ubrun 5579: SubmigeiS egtflain mod^ten an» ber maure reifen.] 
[«ei «artjd^ @tr. 1394. Ä.] 



67 



[91] Siebenter SlBfil^ttiti 

Sßaltl^CTiJ tunfl uttb ÄunPgcTtoffcn. mtffaxt 2)cr aWctfSncr. 9?ctttmor. SBaltl^crg 
©tonbputift in bcr ©efd^td^tc bcr bcutf^cn 2)i(^tfunfl. 

SBie \e1)x SEBaltl^et Don bcr SSogetoeibe feinet Jtunft toegen Don 
ben Sritgenoffen gefd^ält toar, Betoeift nid^t blo| bie (Sunft, ber et ftd^ 
Don ben angefel^enften gütften, jumal bemiemgen, bet, anö) bem (Seifte 
nad^, Dot allen ßlänjtc, Don Äaifet ^Jtiebtid^ II, ju etfteuen l^atte; 
aud^ bie gleid^jeitigen SReiftet be^ ©efange^ joSen il^m l^ol^e Sichtung. 

S)em gejjtiefenen SBoIftam Don ßfd^enBad^ ift et tool^I Belannt, toie 
toit beteitS auS einet ©teile be« 5ßatcifal etfel^en l^aben, in toeld^et ein 
ie|t Detloteneö Sieb Don il^m angefül^tt ift. 3«^ SCitutel, toofelbft 
SKJaltl^et alg einet bet l^ol^en 3Keiftet genannt ioitb * , unb im SDSill^elm 
Don DtleanS [92] bed Stubolf Don @m^ ^ ift gleid^faO^ auf 3(u$f))¥itd^e 

1 3m 6ten ^itel beiS S^itutel toitb ber ^oenteure b. 1^. ber romantifd^en 
Überlieferung, toetd^e Don bem feligen Seben ber $üter bed l^eiligen (S^raleS 
^unbe giebt, entgegengel^alten, bag {te mit l^ol^en SP'^eißem in ^iber{))rud^ geratl^e: 

^di mein*, bag mein ^err Saliner fonnte fpred^en, 
^ulbe ®otm unb (S^ut unb totUüä)* (S^re 
SDhtfammt loär* 9{iemanb l^abenbe. 
^cA Sieb t)on Saltl^er, n^orin bie angebogene (Stelle Dortömmt (3)?an. I, 
102), i|l juDor, Slbfi^nitt 2, ouSgel^oben »orben. 

2 ^aäf D. b. .^agcng Slnfü^rung au« bcr Äaffelcr ^anbfd^rift (2«uf, I, 2, 

©. 563): 

9}un feib i^r bod^ einanber gram, 

fjfrau iD'^inne unb anä^ bie ^inbl^eit, 

^tö uni» SReißer Saltl^er feit 

)^on ber $ogeI»eibe, 

^er fang, bag il^r beibe 

SBäret gar einanber gram. 

Saltl^er» Söorte fmb biefc: 

äßinne unb ^nb^cit fmb einanber gram. (I, 112 a) 



68 



i)on il^m Sejug genommen. 2)er 3loIIe, bie er im Äriegc auf S3Sart= 
bürg frielt, l^aben h)ir ettpä^nt. 

SWeifter (Sottfrieb bon Stta^burg , bet felbft ate ein feiner ^auj)!* 
f d^mieb gülbene ® ebid^te toirlte ^ , l^at in ber ©teüe feine« S^riftan, 
toeld^c toon ben beutfd^en Did^tern l^anbelt, and) ben unfrigen i[)er-'L93] 
Ij^errlid^t. 3)ie Sieberbid^ter bergleid^t er mit SRad^tigaHen, bie il^re füfee 
©ommertoeife fingen. SBer ober, fragt er, foD biefer Sflad^tigallen 
^Panier je^t tragen, -feit bie toon ^agenau^ öerftummt ift? h)er foK 
bie lebenbe ©d^aar fül^ren unb toeifen? Sl^re 9Reifterin fann eg tool^l, 
bie ijon ber SBogetoeibe. $ei! h)ie bie über $eibe mit l^o^er ©timme 
fd^aUetl toa« SOäunber« fie fteflet! h)ie f^jäl^e (funftboH) pe organieret! 
toie fte il^ren ©ang toanbelieret! 3)ie fott ber anbern Seitevin fein, bie 
hjeife tool^I, n)0 man fud^en foK ber 9Binne SKelobie. (Sriftan, ö. ©rooteö 
2tu8g. aS. 4750 ff.) 

5lud^ bie ©^)äteren erfennen SBSalt^er« 9Reifterfd^aft an. ^nSbefonbere 
rül^mt nod^ ein 5IJleiftergefang be« 14ten SÄ^tl^wnbert« frine fd^iönen unb 
reinen 2^öne^ 

aSon einer ^anbfd^rift, toeld^e mit ben ©ingttjeifen feiwer Sieber 
auggeftattet toar, finb nur nod^ traurige Überreftc Dorl^anben ^. Slber 
ber innere 2ßol^I[94]laut feiner ©efänge, ber pd^ in fd^önen unb manig^ 
faltigen formen auSbrüdt, toeld^en man oft il^re ©ingfoeife anjul^örcn 
meint, giebt ben £obJ)reifungen (Sottfrieb« bon ©tra^burg unb bem 
Seugniffe be« aUeifterliebe« boffe ©(aubtoürbigfeit. 

S)a« ©ejjräge ber SKeifterfd^aft erfennen tpir an ben Siebern unfre« 
2)id^terg tjornel^mlid^ in bem ®inllange öon gnl^alt unb gorm. S)er 
©egenftanb ift burd^ bie gorm l^armonifd^ begrenzt unb bie gorm ift 
burd^ ben ©egenftanb loottftänbig auggtfüHt. %üx ba« blofee &p\d mit 

, 1 @o fprid^t Don il^m tonrab öon Sßüvjbuvg in feiner golbenen »Sd^micbc 
a 97 ff. ((SJrimm, Slltbeutfd^e Söälber ». II, ©. 219). 

2 3)occu (9)luf. I, 1, @. 167) Dermut^ct unter biefer S8ejei(i^nung fii^t 
untDal^rf(^einad; SRcinmarn ben ^Cltcn; ö. ®rootc (tom. gu SB. 4778) glaubt, 
baJ3 ^artmann öon %nt barunter toerfianbcn fei, waS mir, fd^on nac^ bem 
Sufammeul^aug ber ©tette, bcbenfüd^er fd^eint. 

3 2)ieten SWeiftergefaug be§ 2n)poU ^ornburg l^at jS)octn im 3W«f. II, 1, 
©. 18 ff.- am ber Sürjburger ^anbfd^rift geliefert. 

4 3)ocen a. a, £). e. 26. 



69 



fjorntcn ift Sßaltl^cr gu gebanlenretti^. ®ben barum ftnb anä) feine 
formen in ber SKonigfaltiöIeit etnfod^. 

Es tft eine anfei^nlid^e ©tufenleiter Don 3:önen, auf ber er ftd^ 
l»om einfad^ften SSolMiebe ix^ ju jenen grofearttgen ÄönigSttjetfen erl^ebt. 
3ta6) Slbjitg be^ienigen, toaS fic|) ber Uned^tl^eit ijerbäd^tig ntad^t, fann 
man in feinen ©ebid^ten nod^ immer etlid^e unb ad^t^ig tjerfd^iebene 
Tme i'a\)Un» ®r fül^rt uns burc^ ben l^ol^en, ben niebern unb ben 
mittlem ©ang (1, 105 b). @r fingt, toie ein 2lnbrer toon il^m melbet, 
njag er WxU, be« Äurjen unb be§ Sangen biel (1, 113 b). Slber ftets 
gel;t ber ^x\\)alt gleid^en ©d^ritteg mit ber ^Jorm unb fd^on ber äufere 
Sau feiner @ebid^te lö^t auf il^ren (Segenftanb fd^liefeen.. ®er fröl^« 
lid^en SBBeife beg SSoIISlieb^ entfiJiid^t bie SebenSfrifd^e beg ^nl^alts unb 
bie ioofleren, gezogenen %'6m pnb in Übereinftimmung mit ber SBürbe 
ber ^Petfon, an bie baS Sieb [95] gerid^tet ift, mit ber SBid^tigleit be^ 
©egenftanbeS, mit ber ^üße ber.©eban!en. 3)ie ©J)iele ber Steimfunft 
fmb il^m jhjar nid;t unbelannt, bod^ bebient er ftd^ il^rer mo^ig unb 
berftel^t fte fd^erg^ft anjuhjenben K ®r l^at ju getoiffen formen 3Sor= 
liebe unb feiert ^äufig ju il^nen jurüdE^ aber aud^ l^ierin Detfä^rt er 
nad^ rid^tigem (Srmeffen. S)ie Setrad^tung unb bie bilbnerifd^e 35ar= 
ftcHung lieben ©tetigfeit, bie Seibenfd^aft, bie ®mj)finbung ben äßed^fel 
ber tJormen. SBir l^aben eg bei feinen 9Rinneliebern fd^ön gefunben, 
toenn er bag ®rfd^einen einer l^errlid^en grau in berfelben SBeife bar* 
ftetlt, toorin er fonft bie Könige feiert. ^e\K ®ef finge öom elften Stuf- 
treten griebrid^g II big too ber 2)id;ter bag Selben emj)f fingt, finb äße 
in gleid^er ober t)ertoanbter gorm gebid^tet, pe treten baburd^ in näheren 
Sufammenl^ang unb bilben getoifferma^en ein ei>ifd^eg ©anjeg. ®hen 
bie ßinfa^l^l^eit ber formen mad^t fie geeignet, t)ielfad[;erem 3"^<^l^^ i^ 
bienen. ©elbft bie gio|artigften, unb gexabe biefe njieber^olt SBaltl^er 
am öfteften, ftnb nid^t öielf adfi toerfd^lungen ; faft lunftlog folgt fid^ in 
brei langl^ingejogenen geilen [96] ber breimalige Sleimfd^lag. @g ift 
ber tooKe SBetlenjug eineg anfd^toetlenben ©tromeg. 

^ 3- ©• iu bem iPiinberlid^en SBinterÜebe (I, 125), baS burd^ alle ©elbjl* 
lauter reimt. ®cr S^rud^Jcß t)on ©ingenberg (I, 157 6) unb 9?uboIf ber 
©d^rciber (II, 181 6) ^abcn eg nad^geal^mt. S^eimc am Slnfang unb ©cj^luffc 
ber 3cilen pnben fxä) in ber ©tro^l^c: „£)f> x6) m\ä) felben rül^men fott u. f. to. 
(I, 121b) unb ben brei folgenben. 



70 



SBaltl^erg ®ebic^te Bilben grolentl^eitö nur eine @tro^l^e. ^ex 93au 
eine« fold^en ®efä^e8 ift aUx gcnugfam in pd^ flegliebett, um für eine 
t)onftänbi0e ^orfteUung au^juteid^en. SJlan batf @ef&|e, bie in ber<: 
felben SBeife über benfetten (Seßenftanb gebid^tet ftnb, barum nod^ feines* 
toegg afö ^eile eines ® ebid^teS betrad^ten ; fte Idnnen fld^ auf einanber 
bejiel^en, eineS lann aus bem anbern entfi)runoen fein unb bodj jebeS 
babei feine @elbftftänbiglnt bel^au)>ten, h)ie ettoa bei einer SReil^e t>on 
©onetten über ben nemltd^en ©egenftanb, Unfer SWeiper fe^t feine 
(äebid^te nid^t jufammen, er fd^afft fie öon innen l^erauS. Qi^ biefe 
lebenbige @ntfa(tung beS ©ebanlenS, beS 93UbeS pd^ert bem ©ebid^te 
feine SelbppSnbigfeit unb bebingt feine Segrenjung. SP "^^^ Oebanle 
bargelegt, baS S3ilb l^ingepeUt, fo ip aud^ baS ©ebid^t abgefd^Ioffen. 
S3ebarf ja bod^ gerabe ber IraftigPe ©ebanle, ba§ Harpe Silb, ju feiner 
))oEpänbigen @rfd^einung am toenigpen ber SluSfül^rlid^Ieit 

3n einem Xl^eile )i>on äBaltl^erS ©ebid^ten pnbet pd^ bie ®runb> 
form, leineStoegS aber bie über!unpli4fe SBertotrflung beS ft)ätern meifter* 
fängerifd^en @tro))l^enbaueS. (Sbenfo ip bie ))runlenbe ©elel^rfamfeit 
unb ber überlabene Silberfd^mudf ber f})äteren S)id^ter il^m fremb. ®r 
ip mel^r gepaltenb, als bilberreid^. 

[97] SBJenn fjrauenlob (p. 1317) in feinem Sieberftreite mit Siegen» 
bog pd^ felbp als ben SReiper SQIer rül^mt, bie je gefungen unb nod^ 
pngen, als einen Äod^ ber Äunp unb einen SSergolber beS ©angeS ber 
alten SKeifter, SleinmarS, ©fd^ilbad^s unb beS üon ber SSogeltoeibe, bie 
neben lunpreid^er ©tra^e ben fd^malen ©teig gcfal^ren feien (3Jlan. II, 
214 fO, fo toirb uns biefeS nid^t abl^alten, ben unöergolbeten ©ang 
unb ben fd^malen 3latur))fab jener älteren 3)id^ter öorjujiel^en. SBir 
toerben auf SlegenbogS ©eite treten, ber, als erllärter Äämt>fe ber 
legieren, bel^aujJtet, bie ÄunP SBaltl^erS unb ber änbem Pel^e nod^ 
immer frifd^ belaubt unb betvol^re bie Äraft il^rer SBurjeln (ebb. 215 b) ; 
üb^reinpimmenb mit bem 3Karner, ber ebenfalls SQSaltl^ern öon ber 
SJogetoeibe an bie ©})t^e ber l^ingegangenen ©angeSmeiper fteUt, auS 
bereu ©arten er, untuillfülj^rlid^, Slumen lefen muffe (II, 173 a), 

aOBalti^er felbp ip fxä) feiner 3)leiperfd^aft betouft. @r fprid^t öon 
feinem toertl^en ©ange (I, 118 a). ®r Ilagt, bafe man i^n fo arm 
laffe bei reid^er Äunp (I, 131 a). Er fjjrid^t eS aus, bafe bie tJrau, 
l)on ber er pnge, burd^ feinen ©ang geeiert toerbe; bafe nid^t leidet 



71 



Semanb fte beffet loben fönnc; ba^, toenn er feinen ©ang laffe, 3ltte, 
bie fte je^t loben, bann fte f dielten toerben; ba^ fte tobt fei, toenn fte 
il^n tobte (I, 123 b. 124 b). ®in fd^öner [98] ©tolj aber ift e«, toenn 
er iuflleid^ ftd^ beffen rül^ntt, ba| fein ©efang taufenb §erjen frol^ 
gemad^t. 

aiül^renb ift folgenbe ^u^erung: 

Und l^at ber S^i^inter lalt unb anbre ^eii) 

S3iel Q€if)an gu Selbe. 

Sä) toäl^nte, bag id^ nimmer Blumen rotl^ 

^äift an grüner ^eibe. 

^oä) fd^abf es guten beuten, tt^äre id^ tobt, 

2)te naä) %xti\\>m ringen 

Unb bie gerne tanjen unb fpringen. (I, 138 b.) 

35ie Äunft ift SBaltl^ern eine l^ol^e ©ad^e. ®arum entrüftet er 
fid^ benn and) ioielfältig gegen bie SBerberber unb ®ntloürbiger berfelben. 
35ie %\XQe, bie ^öfifd^b^t, baö i&öfifdt;e, l^ofelid^e ©ingen fteHt er bem 
Unfuge, ber 2)örJ)er](;eit ^ , bem unl^ofdid^en^ ©ingen, bie 3Jleifter ben 
©d^narrenjern ^ gegenüber. 3)ie SBorte l^öfifd^, l(|öflid^ l^atten aber bajumal 
einen anbern unb l^öl^eren ©inn, aU toie fie l^eutjutage genommen 
toerben. ©ie bebeuteten bie eblere Silbung, bie feinere ©itte, toie fie 
an ben ^öfen gefangliebenber gürften billigte. 

Ungefüge Xöne, fo Ilagt er, l^aben bag l^ofelid^e ©ingen ju $ofe 
öerbrungen, feine SBürbe liegt bar[99]nieber, grau Unfuge l^at gefiegt. 
2)ie baS redete ©ingen ftören, beren ift je^t ungleid^ mel^r, benn bie 
eg gerne l^örett. S!Ber toitt nod^ l^arfen bei ber SDlü^le, too ber ©tein 
fo raufd^enb umgel^t unb bag 3iab fo mand^e Untoeife l^at? S)ie fo 
freöentlid^ fd^aUen, jie tl^un toie bie %x'6\iS)c in einem ©ee, benen il^r 
©d^reien fo tool^l bel^agt, bafe bie 5Rad^tigatt baioon öerjagt, fo fie gerne 
mel^r fange, ffier bod^ bie Unfuge bon ben Surgen ftiefee! Sei ben 
Sauern miJd^te fie n)ol|>I fein, t)on benen ift fie l^ergelommen (I, 112)4, 

1 man. I, 117 b. 3n ber <Pf. ©b^r. 357, m. 38 b fömmt bie ©tro^^e: 
„UniJ »itt fd^iere tool^I gelingen" u. f. ». fammt ben übrigen beg SWailiebS 
unter ben Siebern Sütolts üon <Set}en Dor. 

2 [I, 107 b, 3 unl^ofefd^eit] 

3 [«ertl^orbi^ «Prebtgten ©. 165: gefneren, fneren. 194. 289. 331.] 

4 [®gl. Sad^mann» SBalt^er @. 103 u.] 



72 



3)a§ Sc^tete beutet tnerllid^ barauf l^tn, toaS unter biefem un* 
gefügen @ange l^au^tf&d^Iici^ ju t)etfte]^en fei. ®^ fd^eint bamalS in 
ben ritterlid^en ©efang bie Oattung bon Siebern eingebrungen ju fein, 
hjeld^e man unter bem 5Ramen ber Slitl^arte begreift , 3)arftettungen auö 
bem ®orf leben, ©d^Ujänle mit ben SSauern, berb unb rüftig, aber aud^ 
mand^mal fel^r ungejjogen unb fd^mu^ig. ®en Eingang be^ Siebes mad^t 
l^äufig eine Sefd^reibung beS tJ^^^'^^ng«. SKit bem grül^Iing rül^ren fid^ 
greube unb SKutl^toitt, unb fo folgt nun im Siebe allerlei länblid^e 
Suftbarleit, 3:anj unb ©d;Iägerei. 

3Son ber angegebenen 2lrt finb nid^t blofe bie meiften Sieber; toeld^e 
unter bem SRamen beö ^errn SWitlj^art auf uns gefommen ftnb, aud^ 
üiele anbre, ritterlid^e ©änger l^aben in berfelben SEBeife gebid^tet. ®er 
©d^au^Ia^ t)on Siitl^artg ®arfteffungen ift bie Umgegenb üon SBien. 
Einige feiner Sieber betreffen ben fjürften grie[100]brid^ in Dfterlanb 
(^riebric^ ben Streitbaren) , toon beffen milber ®abe il&m ein filbertjoHer 
©darein geworben (3Kan. II, 72 a). 9)er 33ifdf;of (SberJ^arb, an ben er 
ftd^ gleid^fallg lüenbet (II, 79 a), ift ol^ne S^^f^'t i>^^ ®rjbifd^of toon 
©aljburg biefeg SlamenS, ber toon 1200 big 1246 auf bem erjbifd^öf- 
lid^en ©tul^le fafe K 2lud^ erjä^lt $Ritl^art üon einem Suge über 3Jleer, 
ben er mit Äaifer ^riebrid^ gemad^t unb auf bem ein l^eibnifd^er 5Pfeil 
il;n öertounbet^. 

©d^on burd^ biefe Slnjeigen, benen fid^ Weitere beifügen liefen, 
tpirb SRitbart ber 3^it wnb bem Drte nad^, toenn gleid^ ate jüngerer 
3eitgenoffe, unfrem 35id^ter nal^e gerüdt. ©g fmb aber aud^ ©Jjuren 
öorl^anben, bafe Siitl^art auf SEBalt^erS ©ebid^te in berjenigen SBeife an= 
gef!t)ielt, bie toir ^arobie nennen unb bie t>ietteid^t unter bem frül^er 
erbäl^nten SSerlel^ren beö ©efangeg begriffen ift. 

®ie mel^rf ad^e 2lnfJ)ielung ift in nad^ftel^enbem Siebe 5Ritl^artg, beffen 
3flame fd^on auf ©d^limmeS beutet, laum ju öerfennen: 

@ie fragen, mx fic Jet, bie @älbenrci(i^c, 
S)cr id) fo l)o^t\id)m ^df>t gefangen. 
@ie xoo^nt in beutfd^en Sanben jid^crlid^c, 



1 Chron. Salisb. ad ann. 1200. 1246. 

2 Seipjigcr 8Ueratur*3eitung 1812, S«r. 162. ^. ü. b. $agcn, «riefe in 
bie ^dmatH), 53. 1, SBrc§lau 1818, @. 65. 



73 



[101] 2)Qj5 fag' id^ ben Stttcn unb bcn jungen, 
@ic tfl in einem ^cifc, bcr id^ bicnc, 
IBon bem $o 6id auf ben (Sanb, 
$on (Slfage 6id Ungerlanb, 
3n bcr "Sugc xä) ftc fanb, 

@ic tfl nod^ jttjifd^cn ^artS unb SBienc. (II , 73 6.) 
©älbcnrcid^e] ^citöringenbc, SBonnereid^e. — @anb] S0?cerc«ufer. 
3Ratt erinnere ftd^ l^iebei berjentöen ©teilen, toortn SBaltl^er öon 
feiner Sänberlunbe frrid^t, unb feine« jubor (Slbfd^nitt V) auSö^^obenen 

(Sebid^teö : 

@ic fragen unb fragen aber aß ju tjtcl 

S3on meiner 5Jrauen, »er ftc fei. (I, 122 a.) 
(Sröß^lid^ ift auä) fonft ber ©J)ott, ben jene berberen 2)id^ter mit 
bem SKtnnefang unb beffen Überjartl^eit treiben. ®tn fold^er, ©ebrut, 
inad^t fid^ über ben SJlinnefänger SBad^^ntut öon ilünjingen luftig; 
§err SGBad^gntut ntinne feine §raue über taufenb aUeilen, bennod^ fei 
ite il^m gar ju nal^e; eg tl^ätc il^m fo fanft, h)enn er fie auf einem 
l^ol^en 3^l^urme fd^auen unb öon il^rer ^anb ein 3linglein emjjfangen 
foDte, bag füfst' er taufenbmol, lag' er aber bei ber SBol^Igetl^anen mit 
il^rem rotl^en 3Dlunbe, nimmer toürb* er fie berül^ren ($f. §bf. 357, 
331. 24 b). 3)erfelbei äufeert, toäv' eg benen (Srnft, bte [x6) alfo [102] 
um SRinne l^ärmen, in S^^re^frift lägen fie tobt; pe feien ju feift bei 
ber 3loti), öon ber fte f lagen (ebb.). 

3n SSegiel^ung auf SBaltl^ern toon ber SSogetoeibe hjirb, aufjerbem 
fd;on el^er genannten ©toHe, nod^ eine« §errn aSolInant (in ber 5ßf. 
$bf. 357 l^eifet er SDSicman) alö eine« fold^en gebadet, ber ben SKeiftern 
i^re meifterlid^en ©Jnrüc^e treten (?f. $bf. irren) h)olle. SBaltl^er unb 
Sollnant toerben berglid^en. gener ift bag Äorn, biefer bie ©J)reu; 
finget SSolfnant ein^, fo finget 3BaItl^er brei; fie gleid^en fid^ tote ber 
3Monb unb ein getoiffer runber S^l^eil be« menfd^lid^en Rbxptx^. §err 
SBaltl^er finget toag er toitt, beS Äurjen unb beg Sangen biel, fo meieret 
er ber SBelt i^r ©))iel ; 3Sol!nant jagt toie ein falfd^er Seitl^unb nad; 
SBal^ne (I, 113). 3)ag Sieb, todäjc^ biefe SSergleid^ungen aufteilt, in 
einer bon 2BaItl^r§ aOäetfen gebid^tet, ift gleid^ anbern, toeld^e nid^t il^m 
angel^ören, aber auf \f)n S3ejug l^aben, unter bie feinigen gelommen. 

^ ©ei 3Ron. II, 119 a ijl bas Sieb $crrn ®cUar jugcftä^ricben. 



74 



aSon bem SSerfaffe ber Äunft, ben fd^on unfer ^xä)Ux beflagt, 
jeußen anä), \>\ixi) eigene« Seifriel, bte ©ebid^te be« S^anl^ufer, ber, 
tüte SRitl^art, in fj^iebrid^g beg ©trettbaren ®ienfte \r>ax\ meift ^^anj^ 
teilten, jum 2^^eil in 5Ritl^art« ©efd^macfe, mit allerlei ©elel^rfamleit 
überlaben unb biird^ toiberlid^e ©Jjrad^mcngerei a\\^ bem ^ranjöjtfd^en 
berimftaltet^. 2ln[lO3]IIän0e au^ 3BaltlS;erg Siebern finb aud^ in biefen 
©ebid^ten untoerlennbar'''. 2:anl;ufer überlebte ben gütften griebrid^ 
\xn\> bellagt beffen %oi mit ber broHigen Su^erung, toer nun S^^oren 
(Hofnarren) fo gut l^alte, al« ®r getl^an (3Jlan. II, 69 a). 

greunblid^ finb bie SSerl^ältniffe ber Äunftgenoffenfd^aft, in toeld^en 
2BaItl^er mit bem 9Kiffener, SWeiföner, ftanb. 2)afe er unter biefer Se« 
nennung einen ber meif^nifd^en 3Dlarfgrafen öerftel^e, ift nid^t blo^ au« 
bem Siebe, toorin er ben SDleif^ner ju ben gürften jäl^lt, h)eld^e bie 
3urüdflunft be« Äaifer« nad^ beffen Krönung treulid^ ertoartet (1, 103 b), 
fonbern me^r nod^ aug bem äufeerlid^ untergeorbneten SSerl^ältniffe ju 
fd^lie^en, in toeld^e« SBaltl^er aud^ ba, too er t?on bem 3Reif«ner afö 
einem S)id^ter ft)rid^t, ftd^ ju bemfelben [teilt. 2)a§ fobann unter ben 
9Rarfgrafen öon 3Keiffen, toeld^e in SBaltJ^er« geit fallen, ^einrid^ ber 
ßrlaud^te gemeint fei, bafür ftimmt t^eil« ba« 3^wö"i^ Xanl^ufer«, 
toeld^er, unter offenbarer SSejiel^ung auf jene« Sieb unfre« 2)id^ter«, 
^eintid^ [104] ben 5Kiffener auffül^rt (JI, 64 f.)^ tl^eifö ber Umftanb, 

1 3- ®* ^<^i id^ ^Äre il^r bulj amx& u. f. to. 

@in' SRiuiere i(^ ba gcfad^ (fal^), 
^uxd) ben %oxt& gieng ein Sdaä) 
3ut^at «ber ein' ^lanüre. 
^ö) ]6)i\ö) i^r nad^, bid id^ fte fanb, 
2)te fti^öne (Sveatüre. 

S3ci bem gontonc faß bie ^lare, ©ügc üon @tatürc, (II, 61 a.) 
[ögr. a»an. II, 236a, 1: ©totitre.] 

2 3. «. 3d^ bin ®aji unb feiten Söirtl^, baS Scbcn i|l unflete. (II, 67 b.) 

3 2)ic Sorte 2:an]^u[erS: „$)er fein* Streue nie gerbrad^" u. f. ». cnt- 
fpved^en augenfd^einlid^ bem ©d^Iuffe t7on SBattl^erd Sieb: „^on Q^otte toürbe 
ein @ngel e^ tjerleitet." %ü6) bie »citeve Qtik öon S^anl^ufer: „@r fotttc be« 
Stcid^ed Ärone tragen" beutet auf bie €tettc in einem anbem Siebe SBalt^er»: 

mö6)V iä) il^n ^an gefrönet, 
S)ie Ärone »ärc l^eute fein. (I, 186 b.) 
^ie le^tern Sorte begeid^nen abermal« einen fürfKid^en ^reunb unfre« 
^id^ter«. ®o fingt Stan^ufer Don ^riebrtd^ t}on £)f)crreid^: 



75 



bafe ber 9Rarffltaf ^einrid^ bon SWetffcn fettji unter ben SWinnefängctn 
erfd^eint. ®r hjar öon mütterlid^er Seite (Snlelfol^n ^etmannS bon 
XJ^Üringen, befanb pd^ in feinet frül^eften S^ßenb am $ofe S)on Öftere 
reid^ unb toermäl^Ite fid^ 1234; fed^gjel^n S^i^re alt, mit Gonftantia ^ ber 
©d^toefter ^iebrid^« [105] beS Streitbaren. S)ie meifgnifd^e ß^ronil 
me!bet toon feiner 5Prad^tIiebe unb feinem ritterlid^en ^of^alt*. 

SBaltl^er l^at ben SBleif^ner im Siebe gelobt, er barf nun erwarten, 
bag berfelbe ilffm toanble, SBanbel« SRed^t biete, b. 1^. baS Sob erh)ibre. 
^r aDe^ Slnbre, toa^ er fonft bem 3Keiföner gebient, toill er biefem 
ben Sol^n erlaffen, nur auf ba^ Sob üerjid^tet [106] er nid^t. SBirb 
il^m ba« nid^t, fo toitt er aud^ feine« jurüdfne^men, ju $of unb an ber 
©tra^e (I, 136). S)er Äünftlertro^, tDomit er l^ier auf feinem ©änger* 
redete befielet, foll, toie e« fd^eint, nur betoeifen, toie ^od^ er eine ßr- 
n)iberung Don biefem ^firften anfdjilagen iDürbe. 



3n für Jen Seiten boÄ gefd^iel^t, 

2)ag man tool^t eine ^rone 

^äfünt auf {einem ^auiptt fielet (II, 59.) 

^bipU a. a. O. @. 13 Bejtel^t bie poUtifd^e ^tro^^e „$etr ^aifer, il^r feib 
ttjittefommen'' u. f. ». (I, 103 6) auf Otto IV unb ben SÄarfgrofen 2)ietri4, 
^cinrtd^S S5oter. iWit ber ^Uflt bei S^anl^ufer (II, 64 b), foferne man foId[;cr 
®emeid!raft beilegen toin, lägt ftd^ biefe ^nnal^me nid^t t^eretntgen. SDer ^t: 
jiel^ung auf griebrid^ II ifl e$ gmat nid^t günflig, bag biefer erfl üiergel^n 
^a^re, nad^bem er ^u 9{om gefrönt morben, nad^ 5Deutf(^lanb gurüdffam, unb 
fo fann aud^ gegen bie ^egie^nng auf ^etnrid^ ben (Srlauc^ten bie bebeutenbe 
Slteri^oerfd^tebenl^eit angeführt werben, n^elc^e not^menbig jn^tfd^en tl^m unb 
SBalt^ern fiattgefunben ; ^einrid^ ift im 3[a^r 1218 geboren. ^Uetn aud^ Otto IV 
blieb nad^ feiner i^rönung ^um römtfc^en ^aifer nod^ brittl^alb ^[a^re oon 
!S)eut{4Ianb abmefenb unb bie ^^erfd^iebenl^eit bed SUerd ifl fein entf(^eibenbed 
^inbemi«. 2)er junge SD'^arfgraf (jugenblic^ ift er and^ in ber maneffifd^en 
^anbfd^rift t)or feinen Siebern bargeflettt) mag oon bem alten Witx^n gelernt 
^;aben. 3)ie ^txopf^t „SWtr f)at ein Sieb oon granfen" u. f. ttj. (I, 111 a) 
beweift, bag ber ID'^eifiSner SGßaltl^ern mit $(d^tung bel^anbelte, unb in ben Siebern 
^einrid^iS toon SO^eiffen (I, 5. 6) fönnten einige ©puren Don Saltl^feri^ ©influffe 
bemerflid^ gemacht werben. Wlan fie^t, bag l^ier wettere Unterfud(;ungen nid^t 
überflüffig ftnb. (Sin Wuffa^ über ^einrid^ ben (Srlaud^ten a\& iD'^innefänger 
unb fjörberer beuift^en SWinnefang«, üon Ä. görfler, ifl neucrHd^ in Äinbg 
ä^ufe, 1821, II, 3 erfd^ienen. 

1 «rbinuÄ, 2«eif«nifd^c Sonb- unb «erg-C^ronita. ©reiben 1589. @. 195. 



76 



SBeffer jiifrieben jetgt et ftd^, ate il^m ber 5IReif«ner aug granfen 
ein Sieb tnitßebrad^t l^at: 

aWir l^ot ein ?tcb toon granfen 

2)cr floljc SWeiffcner Qt\3xa6)t, 

2)a8 fo^rt toon Jubctoige. 

^ä) fann eS i^nt nic^ft banfen 

@o tt)o]^l^ atö er mein ^at gebadet, 

^(d bag xä) tief i^m neige. 

Äönnt* \6), hja« ^crnanb ®ntcS fann, 

!J)aS tl^ciltc i(^ mit bem wertl^cn S0?ann, 

2)er mir jo l^ol^cr (Sl^ren gönn; 

®ctt müffc and) il^m bie feinen immer mehren! 

3u piegc il^m atteS ©egenS %\ni, 

9?ic!^t« SBilbcS meibc feinen ©(i^ug, 

©einiJ ^nnbe« Sauf, feinS $orne« 2)n6 

(Srl^oHe il^m unb erfd^attc il^m voolfl nad^ (S^ren! (I, 111 a.) 

?uben)ige] t& ifl nod^ unerratl^en, wer biefcr Subctüig fei. — gann] gönnt 
— !Dn6] ®etöfe, ©(J^aK. 

©afe SBaltl^er ben SEob SReinnmrg im Siebe betrauert, ift bereite 
ertpÄl^nt tüorben. SReinmar ber Sllte, ben SBaltl^er am $ofe ju SBien 
fennen gelernt l^aben mod^te, ift ein trefflid^er 3Rinnefänöer, berül^mt 
unter ben älteren 9Reiftern. ©eine jal^Ireid^en Sieber [107] finb einfad^ 
unb innig, fie atl^men eine fanfte ©c^n>ermutl^. ®r Ij^at, tnie er einmal 
fingt, bie 3Kinne nod^ ftet^ in bleid^er garbe gefeiten (3ilan. I, 66 a). 
3lud^ öufeert er, e§ toerbe SJland^er i^n nad^ feinem 2^obe Ilagen, ber 
je^t leidet feiner entbel(^rte (I, 71a). Unfer Siebter fd^eint nid^t in 
ööKig gutem Sßernel^men mit \\)m geftanben ju fein; bod^ bellagt er, 
f elbft fd^on am gi^ I^ feiner ^al^re , ben 2^ob begfelben auf eine toürbige 
SBeife. 

3tt)ei Oefä^e SEBaltJ^er« fmb biefet Klage getoibmet. 3n bem einen 
öerfid^ert er: \t>mn 3leinmar nid^tg gefungen l^ätte, als bie dne Siebe 
„©0 h)o]^l bir, SDBeib, toie rein beinSRame!", fo l^ätt' er Jjerbient, ba^ ^ 
alle tJ'^auen ftetg für feine ©eele bitten Ipürben^. 

1 S)iefe <Bixopf)t fielet in ber $f. ^anbfii^r. 357 , ©l. 41 b unmittelbar toor 
ber anbem auf SfieinmarS Sob. @ie ift Sßaltl^cr^ ni(i^t unnjcrt^r nur ift ber 
Xtp in jener ^onbfd^rift öerborben. 2)a0 ?ieb Sieinmor«, »orauf fic ftd^ 



77 



^aS anbre lautet fo: 

fJürtDol^r, Sficinmar, bu rcucfl mid^i 
[108] S5icleg l^ärter, benn \ä) bid^, 

Ob bu lebtejl unb id^ Ȋr' crflorben. 

3(i& tt)ift*d bei meinen Streuen fagen: 

^xd) felben kpoftf id^ n)enig Üagen, 

34 {^^9^ ^^i^^ <ble ^unft, bag fte iß üerborben. 

!S)u fonntefl aU ber Seite g^euben meieren , 

@o bu^iS gu guten 2)ingen »ottte|l feieren. 

Tt\6) reuet bein »ol^Ircbenber 3Wunb unb bein biel fitgcr @ang, 

2)ag bie toerborbcn jtnb bei meinen Seiten. 

2)a6 bu nicf|t eine Seile mod^tefl bellen! 

@o leijief \6) bir ©efettcfc^aft, mein fingen tft nid^t lang. 

2)eine @ee(e muffe »ol^t nun fal^ren, beine QimQt l^abe S)anfl 

(1, 105 a.) 

reuefl] jd^mergefi. — WS] bu fie, bie Äunfl. — bciten] njarten. — ip nid^t 
lang] toafjxt nid()t mel^r lange. 

33ie Sejiel^unöen , toorin U)ir unfern ^id^ter ju ben borgenannten 
Äunftgenoffeu gefunben, bie ad^tungg^joHen Sufeerungen, h)eld(^e toir bon 
ßleid^jeittgen unb fräteren 3Jleiftern üjier il^n Vernommen, fül^ren auf 
bie S^age, tueld^eS bie ©teile fei, bie berfelbe in ber ©efd^id^te ber 
beutfd^en SDid^tlunft überl(>au})t etnnel^me. 

3)er innere SBert^, bie ?0lenge unb SWanigfattigleit feiner Sieber, 
bie Sänge unb bie Jjoetifd^e SBid^tigleit be§ 3^itraumg, in toeld^em er 
gefungen, ntüffen il^m fd^on auf ben erften 3lnb(i(f eine bebeutenbe 
©teile fid^ern. ©ein bid^terifd^eö SBirlen umfaßt öoKfonimen bie glän* 
^enbfte 3^i* ^^^ altbeutfd;en Sieberlunft. 6r reid^t l^inauf in bie erfte 
S3Iüt^e be^ 5Kinnefang§ im legten Viertel be« gtüölften 3al;rl^unbertg; 
[109] er reid^t l^inunter in ben Übergang biefer 3)id^tung§hjeife jur 33e= 
trad^tung unb jum Sel^rl^aftcn gegen bie SWitte beg breijel^nten; ja er 



begiel^t, ifl nod^ toorl^anben (I, 67 a). (So finben fid^ aud^ unter Satt(|er$ 
ÜÜebcrn jtoei ©efätje (I, 137), toeld^e auf ©tro^^]^en öon SReinmor (I, 64 b. 
S5gl. 68 b , 7) in ber gleid^en Xontveifc wettjlreitenb antmorten, 
1 ^gl. 9iob^n (CLXIII): 

92einmar, mid^ reuet feiere 

2)ein @inn unb aud^ bein Zoh u. f. m. 



78 



felbft etfd^ctnt ate ©cricnige; bet juerft ba« jugcnblid^ frielenbc Sieb 
gut 5KännIi(i^Iett ßeltaftiflt. «u« bet »lütl^ ber Spi^antafte unb bet 
©m^jftnbung teift il^m bie gtud^t be« ©ebanfen«, bie tJotnten be^ 
5IBinneIteb3 bel^nt et au«, bantit fie toetmögcnb feien, bie ©ad^e be« 
aSatetlanbe«, bie Stnflelegenl^eiten be« SReid^eg unb bet fiitd^e gu f äffen* 
aSSenn et gleid^ übet ben Setfatt be8 SRinnefangeS Älage fül^tt, fo l^at 
bod^ getoifS et felbft, nut in anbtem ©inne, getftötenb auf benfelben 
gctoitit. 3e mel^t bie Söid^tigleit be^ ©toffeg fid^ geltenb ntad^te, um 
fo ntetllid^et müfte bag jattete ©J)iel bet 5ßoefie etliegen, unb h>enn 
in SBaltl^etg Siebetn nodS^ bet (Stnft be^ ©ebanfen« übetaH mit Sßoefie 
gettänit unb umlleibet ift, fo ttitt bagegen bei feinen Siad^folgetn 
immet mel^t bie Settad^tung in einfeitiget Xtodfenl^eit unb J^tofaifd^iet 
»tb^e l^etbot. 

©ott bie fjottbilbung bet S)id^tlunft nad^ ben bebeutenbften 3Weiftetn 
begeid^net n)etben, fo gtenjt äBaltl^et in auffteigenbet 9leil^e junäd^ft an 
Steinmat ben ällten, in abfteigenbet an 9{einmat \>on ^to^i^. S)et 
(Stftete lebt nod^ ganj in ben ®mj)finbungen unb bem Slöneteid^tl^um 
beS SRinnefangeg , bet Sefttete, faft nut nod^ in einem ftteng gemef[enen 
3^one bid^tenb , l^at fid^ i)öDig bet Settad^tung unb bet Seilte jugetoenbet ; 
unb in bemfelben SSetl^ältniS, [110] in toeld^em SEßaltl^et ben ©tftetn 
an Ätaft unb Sleid^tl^um bet (Sebanlen übetttifft, jeid^net et pd^ i)ot 
bem Se^fetn butd^ ^atbenglanj unb manigfaltige Slnmutl^ bet SeJ^anb- 
lung aug. 

3Bie l^&ufig äBaltl^et^ Siebet nad^geal^mt toutben, lann fd^on bie 
flüd^tigfte Slnfid^t bet alten Siebetfammlungen etgeben \ ®a| et öon 
bet ©ingfd^ule untet bie giüölf Slltmeiftet beg Oefangeg, bie ©tiftet bet 
Äunft, gejault tüutbe, ift gleid^ ®ingangg betid^tet hjotben. 

5IReiftet l^iefe ju aOSaltl^etS Seiten Sebet, bet ftd^ bet Slugübung 
itgenb einet Äunft mit SluSjeid^nung toibntete. 3Keiftet l^ie^en ballet 
aud^ untet ben 3)id^tetn i)orjugeh)eife biejenigen, hjeld^e bie ©angeg= 
fünft ju il^tet eigentlid^en S3efd^äftigung gemad^t l^atten. SJiejenigen 



1 SBeif^)tcte ftnb, bcfonberg tn ben SCnmetfungen, mand^e aui^gel^oben 
tpotben. Sa$ ali» ©ebtaud^ bid^terifd^en ©emeingutö unb atö toirfltd^e 9{ad^* 
al^mung angufel^en fei, bartt^er mögen freilid^ im eingelnen ^aUe bie $(nftd^ten 
öetfd^icben fein* 



79 



bagegen , toeld^e ben ®t\anQ toeniger audf d^Iie^Hd^ ttnb f rud^tbar treiben, 
beneti jugleid^ fd^on burd^ il^ren @tanb ein anbertDärtiger ^au^tberuf 
angelDtefen toax, ^tften unb Stitter, tourben mit il^ren fürftlid^en ober 
abeltd^en Flamen be^eid^net, obgleid^ il^re jtunft bem 3Befen nad^ bie« 
felbe ioar. @d ifl l^ienad^ leidet ju erad^ten, ba| äBaltl^er bon ®Ieid^« 
jeiti[lll]0en unb ©})&terert atefDleiftcr benannt toirb. SGBenn übrigen^ 
ber Sltud^fefe üon ©ingenberg il^n „unfrei ©angeö SDleiftet" nennt (5Pf. 
^bf. 357, 851. 20 b) unb toenn berfelbe SSid^ter (3Dlan. I, 154 a), fotoie 
ber SOlamer (I, 173 a) unb ein Ungenannter in ber $f. ^bf. 350 „mein 
3Reifter" k>on il^ f))red^en, fo fann l^ierau^, nad^ ber Bpxaä)e ber 3^it/ 
fein SSerl^ältni^ be^ ^erfönlid^en tlnterrid^td gefolgert n)erben. @d ^ei^t 
nid^t me^r, ate toenn im liturel (6a^. 6. ©tr. 632) gefagt toirb: 
„mein^err SBaltl^er." Stm toenigften aber barf aug bem aReifternamen 
über^au))t auf bamaliged 93efte^en einer fdrmlid^en 3)id^tergilbe ge^ 
f4^Iof[en toerben. 

3toar liegt ed in ber 9latur ber ©ad^e, ba^ eine fo audgebilbete 
3)i(^tlunft, toie bie beutfc^e in ber erften $älfte be§ breijel^nten ^a^x^ 
l^unbertg; eine 2)id^tfunft, bie mit h)irflid^em ®efang unb begleitenbem 
©aitenfj)icl innig i)erfd^toiftert toar, nid;t ioilb toad^fenb fid^ toecbreitete, 
fonbern burd^ Unterrid^it fortge))f[an||t tourbe. 2)at)on giebt unfer 3)id^ter 
Kared d^^di^i^* ^^nn er melbet, ba^ er in £)fterreid^ fingen unb fagen 
gelernt ^abe. Sh^^^ toeifen feine Sieber nid^t blo^ im allgemeinen 
burd^ i^ren ioo^l abgemef[enen Sau, fonbern aud^ burd^ einzelne n&l^ere 
älnbeutungen , auf ßunftregel unb Äunftgebraud^, j. SS. to^nn er \)on 
breierlei Slrt beS ©ange^ f J)rid;t , loenn er bie SWeifter ben ©d^narren jern 
gegenüberftettt, tümn er 5Banbete Siedet begel^rt. 3lirgenbg aber, loeber 
bei [112] i^m, nod^ bei ben anbern ®id^tern feiner Seit, finbet fx^ ber 
ä3e)oeii^, ba^ unter ben ©ange^meiftern be^ brei)el;nten 3<i^^^unbeit^ 
junftmä^ige ©enoffenfd^aften fid^i gebilbet l^atten, ioie fie unter ben 
3Reifterfängern ber f})Steren S^^if^wnberte beftanben. 

©leid^iool^l ift jtoifd^en beiben unläugbar ein gefd^id^tlid^er 3^' 
fammenl^ang K ®« finb öerfd^lebene ©tufen einer ftetigen SnttoidEIung 

1 3)tefen f)at S* ^tintm (Über ben altbeutfti^en SJ^ctfiergefang, Q^öttingen 
1811) über^eugenb na(!^gett7ie[en; ebenfo bie ^bentität ber Wld^tx bed bvet« 
sehnten ^al^tl^unberti^ mit fämmtti(^en ä)'2inneiängern, nid^t mtnber, bag bie 



80 



unb 9(u$6tlbung, Entartung unb (Srftartung bed beutfd^en ©efange^. 
2)te Siegel tourbe ftetd enger gebogen unb ber (Seift entfd^toanb. 3n 
bet ©tngfd^ule ber ^anbtoerler toax eä ber fjorm nad^ auf mül^fame 
Mnftlid^Ieit, bem Slnl^alt nad^ auf nü^Itd^e @r6auung angelegt. 9(ber 
aud^i in biefent gwftanbe Dergafe bie Äunp il^re« Urfjjrung^ nid^t. 3)ie 
SReifter biefer Singfd^ulen erl^ielten, toie billig, ba$ ®ebad^tnid il^er 
gefd^id^tlid^en SSerbinbung mit jenen alten ^eiftern. SSaltl^er toitb mit 
©fd^enbad^, Dfterbingen, ÄHnfor, Sleinmar u. 31. [113] ju benStiftem 
ber Aunft ge^äl^lt unb einige nad^ il^m benanjrtte 2^5ne (ber lange, ber 
übergülbte, ber Äreujton SBaltl^erä Don ber SBogetoeibe) laufen in ben 
2:öneberjeid^niffcn ber ©d^ule fort. ®a« Äolmarer 5Weiftergefangbud^ 
entl^ält ©ebid^te bon il^m nebft üReifterliebem bom @nbe bed fed^gel^nten 
gal^ri^unbertS. 

S3i$ ju biefem SBerJ^aUen feiner %ine finb toir bem tünftlerifd^^en 
SBäirlen be^ ®id^ter^ gefolgt. 2Benn aber feine SBirIf am!eit , fofern er 
fk burd^ ben gnl^alt ber Sieber ausübte, boHftänbiger getoürbigt toer« 
ben foQ, fo ift ed nötl^ig, auf ben @d^au))Ia4 ber ))o(itifd^en 93eh>e« 
gungen jurüd^jutel^ren. 

SKciflcrfängerfd^uIe ben ©lunbfa^ ber 3)rett^cilig!eit t)on ben ältcru SWciPeru 
ererbt. 9lux fd^eint ed mir, befonberiS in SBetrad^tung ber (^ebid^te ^alt^eri^, 
bag bie ^btl^eilung in ©tollen nnb ^bgefang bei ben älteren nid^t in bem 
SD^aage l^errfd^enb gett)efen, ald ®rimm annimmt. 



81 



[114] S(f^iev m\i^niü. 

5ttebtt(!^ n nnb bte ^äfcüe. (Srj6tf(!^of ®itgeI6ert »Ott «8fn. ®te «renjjllge. 

©att^et« «Ttujfal^rt. 

Stoeierlei Stngdcgcnl^eiten, unter ftd^ in genauer SSerbtnbung, -be^ 
toegten je^t bie SOBelt: gtiebrid^g II Ramp^ mit ben ^ßäbften unb bie 
SBiebcreroberung bc8 j^eiligen ®rabeS, 

afö jtoif d^en ^^iliJJjf) unb Dtto bie Äömg^toal^l ftreittg toar, l^atte 
Snnocenj III m nid^t gefd^eut, ben beutfd^en dürften ju etllären, bafe 
bie ©ntfd^eibung biefe« SBBal^lftreitg , tt)ie bie Sefe^ung^ be§ beutfd^cn 
33^rone« überl^auj)t, bem ^)äbfllid^ett ©tul^Ie ^uftel^e, toeil ba« 3leid^ 
burd^ bie $ßäbfte toon ben ©ried^en auf bie 3)eutfd^en gebrad^t fei unb 
ber neue Äönig bie Äaiferlrone öont 5ßabft attein erl^alte. S)er ernft« 
lid^e SEBiberf^jrud^ ber dürften betoirfte bie gu^üdEnal^me biefe? übereilten 
aOäorteS, aber ba^ S3enel(^men be^ römifd^en ^ofg fear gleid^tool^l bc« 
ftänbig öon ber Slbfid^t geleitet, eine J)äbftlid^e SBelt^enfc^aft ju be* 
grünben, ber ba$ Aaifer[ll5]t^um ate ein t)on i^r ab^ängige^ Selben 
untergeorbnet n>are. 

SBenn ba^ Sanner ber ^reil^eit nid^t auf griebrid^g ©eite h>el^t, 
too er bie aufftrebenbe Äraft ber oberitalifd^en greiftaaten beläm})ft 
ober ben toeltlid^en Slrm jur SSertilgung ber Äe^er l^erlei^t , f o gebül^rt 
Ü)m bagegen bie banfbare 9tnerlennung ber 9lad^toelt in feinem raft« 
lofen SRingen gegen jene Slnma^ungen ber ^Pricfter^errfd^aft. S)ag 9Rül^* 
feiige unb ©efal^rbotte feiner 2aufbal(^n ift in einem Siebe beg gleid^« 
jeitigcn ©id^terg, ©ruber SEBerner, burd^ ein fd^auerlid^ fd^öne« 8ilb 
bejeid^net, toenn griebrid^ einem SDlanne Jjerglid^en tüirb, ber imSBalbe 
gel^t, toäl^renb ein SBolf l^inter il^m Ij^er fd^leid^t, ftets begierig, toenn 
ber 5IBann ftraud^eln ober fallen toürbe, ftd^ über il^n l^er^uftür^en 
(ÜRan. n, 165 b). 

S)ie Äreujjüge, beren oberfte Seitung in ben ^Snben be« 5ßabfteg 

U^Ianb, «(^ritten. V. fi 



82 



lag; \oaxm biefem ein bebeutenbeS ÜRittel ju @rrrid^ung jjener großen 
3tt)C(fe. 6r toar l^ier baö Dberl^aujjt einet ßeijilid^stoeltlid^en SBereini« 
gung aQer d^tiftlid^en Könige unb SSölfer. 

Seit ber ®tobetung S^^fftl^"^^ '^^^^ ©alabin im gal^t 1188 
ioaren bie l^eiligen Dtte unter ber ©etoalt ber Ungläubigen. 3)ie Sttmi* 
i^rebigt toar unermübli(i^, ba$ ^enblanb }u enegen. SdiS ^iebrid^ 11 
int ^a})x 1215 ju Slad^en gelrönt lourbe, liefe er fxä), ben Slnfoberungen 
ber Seit entf jjred^enb , nebft bielen Sifdjiöfen, gfirften unb Slittem, mit 
bem Äreuje bejeid^nen. [116] SRad^ einem ad^tjäl^rigen äCufentJ^oIt in 
©eutfdSiIanb trat er im Sal^r 1220 feinen Slömerjug an. ©einen eilf« 
jäl^rigen @ol^n ^einrid^, ber bereite }um 92ad^f olger im äleid^e gdfrönt 
toar, liefe er unter SSormunbfd^aft juräd. gn bemfelben 3*^^^^^ toarb 
er ju 9lom öon §onoriug III ate fiaifer gefrönt unb bei biefem Kn* 
laffe öon bem fiarbinal»35ifci^of ^ugolin öon Dfiia, nad^l^etigem Jßabft 
©regor IX, abermate mit bem Äreuje Bejeid^net. Slber fo h)ie hx^f^ 
bie beutfd^en S(ngelegen]^eiten, fo fd^oben je^t bie frcilifd^en bie @vfüQung 
beil ©elübbeö l^inau«. 3e mei^r, toäl^enb gf^^iebrid^ än*»«fenl^eit in 
ben ftcilifd^en Srbtanben, gn^ifd^en ibm unb bem ^äbftUc^en $ofe @tfer« 
fud^t unb 9)lt§l^eUigIeit ftd^ erzeugte, um fo toünfd^endtoertl^ toax einer« 
feit« bem ^fJabfte bie ©ntfernung unb au^toärtige S3ffd^ftftigung beg ge- 
f äl^rlid^en ®egner$ , anberf eit$ bem ^aifer bie S3egrünbung feiner SRad^t 
auf l^eimifd^em S3oben. 9n$ im ^af)x 1221 3)amiata, laum erobert, 
burd^ bie Uneinig! ett ber Äreujf al^rer toieber Derloren gieng , toor ^eb* 
rid^ ben bittern SSortoürfen beS ^abfted unb ber S3ebrol^ung mit bem 
S3ann au^gefe^t. Qm gtofeen Snfxxä>enf)^t be« l^eiltgen SBoter« ge« 
reid^te l[^ingegen f^ebrid^S gtoeite SSermäl^Iung mit ^olantl^a, ber ®rbtn 
be^ ABnigreid^^ l^^^^f^^^^^« Unter (Ermahnungen unb SBebrol^ungen 
bon ber einen, @ntfd^u[bigungen unb SSertröftungen bon ber anb'em 
©eite berjog ftd^ bie Slbfal^rt bi« in baö ^af}x 1227. ^^t tooren bie 
grofeen 3«^pw«9^ beenbigt unb bie ©dawaren ber Äreujfal^rer [117] 
auf ber aj)uKfd^en Äüfte öerfammelt. ©d^on trar -eine grofee Qa^ öon 
S3rinbifi abgefegelt, ber jtaifer unb ber Sanbgraf \>i>n Sl^üringen l^atten 
ftd^ gleid^faßg eingefd^ifft, aber nad) brei S^agen liefen biefe toieber ju 
Dtranto ein, beibe bon anftedfenber Jtratttl^eit ergriffen, tooran ber £anb< 
graf einige 2^age nad^lj^er i)erfd^ieb. 3lud^ bie üorauSgefal^rene %Utt^ 
feierte nun jurüd unb bie gonje Unternel^ung ^erfd^Iug ftd^. 



83 



@tegAv IX l^iatte lurj )u)}or ben )>&bftl{(i^en Stul^I beftiegen« @r 
tpar oud einem i;)on ^ebrid^ beleibigten ©efd^fed^t entf^t;ojfen, et l^atte 
ben Aaifev bei ber Jlrönung mit bem j^teuje bejeid^net unb tl^n ^ule^t 
no^ bringenb )um «Qteu})U0e gemal^nt. 3e|t beitDatf er jjebe Sntf^ul- 
bigung, erll&rte ^riebrid^^ jtranll^eit fuv SSevfteUung, fd^Ieuberte wm^ 
iiiüiif auf i^n ben SBannfttal unb beriünbigte in S^eutfd^Ianb, fo toie 
in aKen al^blänbifd^en Sieid^en, be^ jtaiferi^ ungel^eure @d^u(b unb 
furc^tbave Sefirafung. 

^riebtid^ erlieg gleid^faSd 93riefe ju feiner SSerantiDortung. ®r 
flagte [ben (Sei) unb bie ^errfd^fuci^t ber jtird^e an, bie fid^ Aaifer, 
Könige unb dürften gin^bar ju mad^en ftrebe. 3^0^^^ ^^^ erneuerte 
et bie S(nftalten jum Areujjuge unb ful^r toirlKd^ im folgenben ^a^r, 
1^28, mit bem ^abfte unberföl^nt, nad^ ^al&ftina ab. älud^ bortl^in 
verfolgte il^n @regord $ag unb toar il^m in aQen Untemel^mungen l^in- 
berlid^. @(eid^ta)o^I betoirlte t^i^brid^ bie SurttdCgobe 3^<^I^tnd ^»^ 
ber l^eiligen Stätten, unb ba lein $riefter il^ toeil^en [118] tooSte, 
fe^te er felbft im Xem))el bie Jtrone bon S^^f^Iem fid^ auf bad 
$auj)t K 

Unfer ©id^ter ift eben fo fel^r ein erllärter ©egner ber Sßriefter« 
l^errfd^aft, atö ein begeifterter ^erolb ber Areu))üge. @r eifert gegen 
bie (Singriffe ber ftird^e in bie Siedete ber iueltlid^en ®ett)alt, gegen bie 
$abfud^t unb SSerfd^toenbung beS römifd^en ^ofe^, gegen ben Slblag« 
i^anbel, gegen bie tDiUIül^rlid^en ä3annf))räd^e , gegen bad unerbauUd^e 
Seben ber ©eiftlid^Ieit; ^ugleid^ aber ruft er toieberl^olt ben Aaifer }ur 
SSomal^me beiS AreujjugeS auf. @e tann un^ einen S3egriff geben, mit 
U)eld^en @d^toierig{eiten fjriebrid^ II }u täm))fen l^atte, toenn loir felbft 
feine aufgellärteren ^nl^&nger il^n ju einem @d^ritte br&ngen feigen, ju 
bem er fo ungeme fid^ entfd^Iog. 

3)amit foK iebod^ lein SBiberf^rud^ in ber ©efinnung bed ^id^ter^ 
bejeid^net toerben. QJerabe ber fromm begeifterte ©inn mu| am meiften 
älnftog nel^men , toenn er iai ^eilige burd|f SRi^braud^ )u f rembartigen 
Stoeden enttoeil^t fielet ^ie (Srfd^einung be^ ^eiligen ift )u Derfd^ie« 
benen Qntin eine berfd^iebene. SBad ber einen 3^^ Slnbad^t unb 

1 2)ad i^orflel^enbe meifi nad^ ber tteffUd^en (S^efd^id^te ^aifer grriebrid^ 
be» 3tpciten. Süüid^au unb greijt 1792. 



84 



Segeiftetung h>at, ift bet anbetn SOberglaube unb ©d^toärmerei. Slbet 
öon bem Urtl^etl übet ^Jonnen unb Sel^tfä|e unabJ^finßig ift bie Unter- 
fd^eibung [119] bejfen, toa« aud reiner Duette, auö ber Swbrwnfi be« 
^erjeniS, auiS ber ©el^nfud^t nad^ bem Sh^igen, auS ber SJ^rfurd^t i>ot 
bem UnenbUd^en entf^rungen ift, t)on bemjjenigen, h^a^, aud gfinjlid^ 
irbifd^en Xriebfebem l^ert)orgegangen, nur augerlid^ mit bem SRantel 
ber ^eiligleit fid^ belleibet. äBenn i^ened nod^ in f))äter ^olgejeit em« 
^ffinglid^e ©emfitl^er, bid^terifd^ h>enigfteng, anjuf^red^en Dermag, fo 
mu^2)iefe8 fd^on in ber3«t, h)o eö, burd^ Umft&nbe begünfttgt, feine 
gröfte ®eh)alt ausübt, ben S^ei^d an feiner inncm ©üöigleit er« 
toedfen. 

9Benn man ftd^ baffir begeifterte, bad Sanb, ivo (Sottet @ol^n 
menfd^Kd^ gehjanbelt, h)o er im Seben unb im 3;obe SBunber getoirft, 
ber ®nttoeil^ung burd^ Ungläubige ju entreißen , fo lann biefe aud^ eine 
golgejeit begreiflid^ finben, hjeld^e fid^ \>on bemfelben (Sifer nid^t ju ent« 
flammen i)ermöd^te. SHJenn aber ber l^eilige SJater nad^ SRüdfpd^ten ber 
©taat^flugl^eit l^eute fegnete unb morgen flud^te, toenn er Stoxetxa(i)i 
im Sleid^ ertoedfte unb näl^rte, tomn er ßibfd^ioüre naä) ©efatten lö^te, 
ben aibta^ ju einer ®rtoerb§quette mad&te, toenn bie (Seiftlid^Icit , ftatt 
in fingen unb ju beten, fxi) in geloben tummelte ober toeltlid^er Üj)j)tg» 
leit fröl^nte, fo mufte foldj^e« Ärgernis fd^on bie glaubigen 3ri*9^«>ff^ 
entrüften. 

9Ran f ann nid^t be]^au^)ten , ba^ SBaltl^er für ben 33eruf ber Seift* 
lid^Ieit leine äld^tung l^ege. @r em))fiel^lt , )u glauben , ioaiS bie Pfaffen 
©Ute« lefen (I, 133 b); er flagt, bafe grauen unb Pfaffen, jtoei fo 
ebleSRamen, [120] mit ben ©d^amlofen h^erben (I, 115 b). 3lber eben 
bie @ntartung ber ©eiftlid^Ieit, ba« heraustreten au« ben ©renken il^re« 
Serufg, bie t)fafflid^en SRitter unb ritterlid^en Pfaffen (I, 126 b), bie 
SSerborbenl^eit ber Äird^e an ^au})t unb ©Hebern greift er mit bem 
fd^arfen ©ange an. 

Sene SKnmafeungen ber lird^lid^en ©etoalt finb il^m unertröglid^. 
6r öertoünfd^t bie Segrünbung ber ^riefterl^errfd^aft mittelft ber ©djjen* 
lung Äonftanting be« ©rofeen, burd^ ioeld^e, nad^ ber Don ben ^JJäbften 
ijerbreiteten 3Dleinung, bie ©tabt SRom fammt mehreren Sanbereien 
gtalieng bem römifd^en Sifd^of übergeben unb bamit ber Äird^enftaat 
geftiftet toorben. 



85 



^önig ^onflantin, bet ga6 fo t)\t\, 

%\& x6) ei$ eud^ befd^eiben tPttt, 

2)em ©tul^I in 9{ome: @f>eer, ^reuje unb ^one* 

3ul^anb ber (Sttgel laute fd^rie: 

„fO ivel^I »el^I 3um britten: mel^! 

(S)^' fhtnb bte (El^riflenl^ett mit Sudeten fd^üne, 

2)cr iji ein ®ift nun gefallen i, 

Sl^r ^onig ifi werben 3U einer (Stallen, 

2)ai» tt7trb ber SBelt l^emad^ t)tel leib/' 

^He ^ürjlen leben nun mit (S^ren, 

Ü^ur ber l^öd^fle ift gefd^wad^et; 

2)ai$ l^at ber $faffen Sa^I gemocl^et. 

S)ad fei bir, füger ®ott, gesagt; 

2)ie $f äffen xootitn Saienredjt üerfe^ren; 

2)er (Sngel l^at uni» wa^r gefagt^« (I, 129 b.) 

1 [%L Pfeiffer, SDeutfd^e Tir^m^ I, 43 h. ©imrodf II, 145, 2.] 

2 Ol^ne 3^^if^^ ^<t* Ottofar üon ^orned baiS obige Sieb üor ^ugen ge* 
l^abt (mie aud^ ©d^ad^t in bem lebeniSDoHen ^ud^e: %u& unb über Ottofard 
\>on ^ornedE Steimfronü, Tiaixi^ 1821, <Bi 279 anbeutet), »enn er im Oap. 
448 feiner (£]^ronil (Pez, Script. Rer. Austr. «. lU, @, 446) ausruft: 

®i, ^atfer ^onftantin! 
Sßar tl^ät bu bein @inn, 
2)a bu ben Pfaffen geb 
2)en Q^ekoalt unb bai» Urleb, 
2)a| @täbt, )&urge unb Sanb 
Untertl^anig il^rr ^anb 
Unb il^rm (äetoalt fottt wefen? 
^(eifHIid^er 3ud^tebefen 
3jt nu ju fd^arf »orben. 
£)u foKtefi in bem Drben 
2)ie Pfaffen l^aben lau, 
$as fein @t. $eter begann, 
2)a& loär l^ol^er iDf^ietl^e toertl^* 
^ai XDoUUft bu bajl ©d^toert 
S)en Pfaffen ju ber @toI geben, 
S)ie bamit ni(^td lönnen leben, 
ißod^ 5U 9led^t fönnen malten? 
Saffen unb bel^alten, 
^tö man mit bem i^d^toert fott, 
£)aS fönnen fte nid^t mol^t. 



86 



[121] bcfd^eiben] htdä^tm, txfi&xexL — bet ^öii^jlc] b. t bcr Äaifcr. — 
^eW»ad^et] emicbrigt — bcr ißfoffert SBa^I] ücnitmi^ltic^ btc ®ttt?ä^lung ®rc* 

^OTi( IX« 

[122] änberötoo rÄtl^ aSaltl^er ben 5ßfaffen, bie Sinnen ju bebenfen, 
ju fingen unb ^tiem bad Seine )u laffen i. S)abet erinnert er fte 
ber @a6e, bie aud^ fte etnft Don Aönig fionftantin em))fan0en. ^atte 
biefer getDuft, bag barau^ lünfüg Übel entftel^en Mrbe, fo l^ätt* er 
ber 9totl^ be^ äietd^e^ borgebeugi, aber bcmtaliS toaren fte nod^ frei \>on 
Übermut]^ (I, 103 a). %u^ bie ®efcl^icl^te Dom Sxn^gC6]äim ioirb er* 
)&I^It unb h>ie Gl^riftu^ ben $l^rifäe)m getatl^en, ba| fie ben jtaifer 
liefen l^aben fein jtaiferdreti^t unb ©Ott; toolS @i>iM n)&re (I, 103 b). 

@ie l^abeti ed toergramajiert 

Unb bai» ffld(S) üerirrt 

ajlaniger (S^nt unb ^etoaU, 

S)ie il^m toor load bejal^It. 

Konflantin, nu ftel^ anl 

^ättefl bu ^u Ü!atran 

2)cn $abjl ben ißfattcr laffcn Icfcu 

Urtb ben Äatfcr gctualtig tüefen, 

füii cd oor bellten S^i^eit »aiS n. f. n>. 
1 [©ötttngifd^e geL Slnj. 1835, @t. 10. 11. »an. g.^urter, ©cfd^id^te 
^apjl Sunocenj III, ». IL .^ambttrg, ^ertl^e«, 1834, @. 97: „(58 toarb nie 
auf ben jtoetten, toetterfü^renben ^d)titt gebadet, tooburd^ ber @taat unter 
bie SeDormunbung ber ^rd^e fallen fo0te. SBte reimen ftd^ baju bie ^»ei 
Sid^ter unb bie ^roei ^d^koerter? Sie reimt ftd^ bagu ^nnocenjenS ganjed 
Streben, beti @taat in äffen feinen 8e|ie]^ungen ber fir^tt(!^en Seimng ^u unter» 
werfen?" S5gl. ffialt^er» fernen, STOan. I, 106 a, 2? ^ormatjr, Safdjenbud^ 
für üaterlänbifd^e ©cfd^id^te 1837, @. 164. (2)ie ^^cufd^redCen, ba8 große 
(grbbeben unb bie $efl.) 3m 3a^rc 1338. „^n blieb beg @aamenÄ üon 
benfelben ^eufd^redten ^u 8o|jen unb Mattem, unb tunrben mit bem geiftlid^en 
Sbaxat oon bannen oertrieben, alfo, bag fte äffe bei bem Gaffer abflogen t>on 
bem Sanb, unb lam ber Sann auf fit mit einem Urt^eil; benn ber Pfarrer 
oon kaltem fragte äffe, bie einen CHb gefd^woren l^atten, unb warb alfo ge« 
urtl^eilt, oon bem erften (Sibfd^wörer, ber um bad Urt^eil gefragt n^urbe: bie« 
»eil bemelbte ^eufd^recfen bem Sanb unb Seuten fd^äblic^ unb oerberblid^ 
fommen toaren, fo erlennt er gu S^lcd^t, baß fte ber Pfarrer auf offener Äangel 
mit brennenben Sid^tern tjcrf (Riegen foffte, in bem Sfiamcn ®otte« Später«, 
€o]^ne8 unb ®ottei» ^eiligen ®eifl$. tiefes Urt^eif »arb alfo befolgt, unb 
orbentli^ Doff^ogen.'' 9ütt ^anbf(^riftL tiroL (El^ronif. SBeber, bie Serflud^ungen 
e. 30. ScbeuÄ-SBefd^reibung ^erm Oßaeti» oon ©ertid^ingtn @. 124 f.] 



87 



heftiger noä) toerben beg SJid^tetÄ Angriffe. Set neue ^abft totrb 
mit ©^Ibeftet II, öorl^er ©eribert, Uxßli^n, be« toon 999 K« 1003 
auf bem t)äbftK(l^en Stul^le fo^ unb töegen feiner naturtoiffenfd^aftltd^en 
unb med^anifd^en Äenntniffe für einen ©d^toarjIünfHer galt SBenn 
biefer nur fic^ fettft, burc^ bie Söuberei, in« SBerberben gebrad^t, fo 
bringe ber je^ige $abft mit ftd^ bie ganje S^ffcenl^eit ju %atU: 

2)er @tul^I gu 9lome fielet nmt erfl befe^et redete, 
SCfömie l^iet^or mit einem Sauberer, l^ieg ©erbreci^te. 
[123] 2)erfelbe gab ju gaUc nur fein ctndJ ScBcn, 

9htn ^at fid^ biefer unb alle C^l^rißen^dt gu ^alle geben. 
Sine Saugen foSn ^u (^otte fd^reieu: toafenl 
Unb rufen il^me, loie lang er »olle fd^Iafen* 
<^ie »ibermirfen feine SBerf unb f&Ifd^en feine liBort', 
@etn j^ämmerere füe^lt il^m feinen ^immel^ort^ 
@etn @tt^ner morbet l^ie unb raubet bort, 
@ein ^irt ifl gu einem äBoIfe il^m »orben unter feinen ©d^afen. 

(1, 132 a.) 

fein eined Seben] fein, be9 (Sinaelnen Seben. -* toafen] toel^el — »iber« 
»irten] üereiteln entgegentoirfenb. *- ^immelbort] ^immlifd^er €$d^a^ 

2luf Jjäbftßc^en Sefel^I tourbe, nod^ unter Snnocenj III, in ben 
Äird^en ber ©totf (truncus) aufgeftettt, toorein bie frommen ®ct!ben 
fielen, bie Don SIRfinnern unb fjraueti jur Unterftüftung beS l^eiligen 
Sanbe« beftimmt tourben^i 3h>ei ©ebid^te SBaltl^er« l^anbeln öon 
biefem @toäe: 

H^il »te d^rifllid^ nun ber ^ahe^ rntfer lati^tt, 
Senn er feinen SBälfd^en fagt: „S^ ^ctb^d alfo gemadf^et/' 
[124] (^ai er ba fagt, er fottt* ed nimmer l^an gebadet.) 

(Sr \pxiö)t: „3^ f^ah^ jioeen ^UmanxC unter cftne i^rone brad^t, 
2)ag fte bad 9{eid^e follen flören unb toafien. 

1 „In illis autexn ecclesiis, in quibus convenit processio generalis, 
tmncas statuatnr ooncavus tribus davibns oonsignatus, una penea honestnm 
presbyternm, alia apad laicnm devotnm, tertia penes aliqaem regulärem 
fideliter conservandis , in quo viri et malleres eleemosynas ponant, in 
terr» SBBCt» subridiom convertsüdas, secandum diispositionem eorum, 
quibns fnerit heec soUicitudo commissa.'' Bulla Innocentii III ad Chrisüa- 
rxoB pro reparanda terra sancta in Cbron. Ur/sp» ad ann. 1212. 



88 



m bie SBeile fülle id^ bie tajlett. 

3d^ ^a6' jte an meinen @tod gemännetr tl^t ®ut tfl alles mein, 

^fjx beutfc^ed ©Über fäl^rt in meinen »älfd^en ^öfvtin. 

gi^r Pfaffen, cffet ^ül^ner unb ttinfct SBein, 

Unb laßt bie 2)eutf(^en faflen! (I, 132 a,)! 

maßen] \)ern>üflen. — gemännet] als SD'^annen, ^afaUen, ^fli^tig gemacht. 
[L. Sal. tit. 59: mannire. (Sid^l^omd beutfd^e ©taatS« nnb 9%ed^ti»gefd^id^te 
@. 184, 9totz e. @. 189, Sflott h. e. ü»an. 11, 170 b, 3: ©unber manne» 
f^elfebinlib ben gebar, 2)6n alle tünige mueffen mannen, ©d^meller, ba^ert« 
fd^eg Sörterbnd^ II, 590J [SieS gement b. 1^. getrieben. Ä.] 

@agct an, ^err @to(f! ^at mä) ber $abe|l l^er gefenbet, 

S)a6 il^r ibn reid^et unb nnS SDeutfd^e ärmet.unb fd^»enbet? 

SBenn il^m bie tofle SWaage lommet ju Sateran, 

©0 tl^ut er einen argen ?ip, »ic er e^* l^at getl^n, 

@r fagt nn« banne, »ic baS SReid^e fie^ öerworren, 

S3iS il^n erfüllen »ieber alle Pfarren. 

S^ tDäi)m, bed ©ilberd tt>enig fommet ^u ^ülfe in ®ottei$ Üanb. 

trogen $ort jeitl^eilet feiten ^faffen^anb. 

^err ©todt! i^r feib auf ©d^aben l^er gefanbt, 

S)a6 il^r aus beutfd^en Seuten fud^et 2:^i5rinnen unb S'Jarren. ((Sbenb.) 

reid^et, örmet] rcidft, arm mad^et. — fd^tpenbet] auSsel^ret» — 2i|l] Äunft* 
griff. — • bis i^n u. f. n?.] nemlid^ ben ©todf. — ®otte* 2anb] baS l^eiligc 
Sanb. — §ert^eilet] tl^eilet au8. — fud^etj auffmä^et 

[125] aSont aibla^l^anbel l^at aBaltl^er Slnfid^ten, bie man bei 
einem 2)ic^ter auS ber erften Hälfte beg breijel^nten 3al^rl[>unbertiS nid^t 
gefud^t l^aben möd^te: 

3^r »ifc^öf unb il^r eblen «Pfaffen, i^r feib öerleitet (toieMd^t öerfel^rct)^. 

©el^t, tt)ie eud^ ber ^abeji mit be« SeufelS ©tridfen feieret! 

©agt il^r uns, bag er ©anfte Meters ©d^lüfTel l^abe, 

©0 fagt, »arum er beffen ?ebrc öon ben ©üd^em fd^abe! 

2)a6 man ©otteS ®abt je faufe ober öerfaufc, 

S)aS warb unS »erboten bei ber Saufe. 

1 3n ber $f. ^bfd^r. 357, ©I. 9 a ifl biefe ^ixopfft burd^ berbe S^ariatio. 
neu erweitert. 

2 [$rälat ü. ©d^mib ücrmut^et: öerleret.] 



89 



9tün lel^ret'd ti^n fein \^toaxit& Sßud), ha» il^m ber ^öUt Tlof^x 

begeben l^at, unb au& il^m lefen fte nun tor* 

S^x ^arbinäri il^r bedet euren (Sl^or, 

Unfcr grol^ndtar Pel^t unter einer Ü6eln Xraufe. (I, 133b.) 

fc^ret] toerf eieret, befd^äbigt — [©ud^] 2)ucange (II, 278) u. b. 2Ö. 
Liber: „Libri nigri, de Necromantia, apad Eckehardum de Casib. S. Galli 
c 2: »Ke miremini, si diabolus a quo nigros libros noctibus discunt, 
fafidnatorum suorum calices, ne offenderentur , 000110011.^** — Sl^or] t)QL 
ißarrenbud^ ©. 280 ff. —] ber $öße SKol^r] ber Teufel. (S3gL I, 181 b). 
[SÄinnef. SWan. II, 200: bem l^ette morc] 

2)ie ©d^Iu^jeUen be« öorfte^enbm ©ebid^teg fd^ilbern bie Sercid^e* 
Tun0 Storni im ©egenfa^e )u bem S^^f^II ^^^ beutfd;en jtird^e. 9(ud^ 
ber gleid^ieitige ®ef(i^t(i!^tf<l^eiber, felbft ein @eiftUd^er, erl^ebt laute 
Äloge über bie ^abfud^t be^ römifd^en $ofeg unb bie baburd^ einge^ 
tiffenen 5Kigbraud^e. 

„Äaum blieb nod^, faßen bie urfjjergifd^en Sal^rbüd^er, irgenb ein 
S5igtl^um, ober eine lird^lid^e SBürbe, ober aud^ eine 5ßfarre übrig, bie 
nid^t ftreitig gemad^t unb bann bie @ad^ nad^ 9lom gebrad^t iourbe, 
iebod^ nx<i)i mit leerer ^anb. greue bid^, [126] unfre SKutter 9iom, bafe 
bie reid^en Sd^a^queUen auf ber (Srbe ftd^ öffnen, bamit Ströme ©elbed 
ju bir l^in pd^ ergießen im Überfluß! grol^lotfe über bie Ungered^tigleit 
ber SRenfd^enföl^ne, tocil bei SSergütung fo großer Übel baS @ünbengelb 
bir entrid^tet toirb! @tg5^e bid^ beiner ©el^ülfin, ber Sto\tixai)t, ba| 
fte aus ben 93runnen bed l^öQifd^en 9[bgrunbe$ l^erborbrad^ , bamit bir 
bie Oclber fid^ anl^äufcn! 35u l^aft, toonad^ bu immer gebürftet. ©timm* 
an ein gubellieb, bafe bu burd^ bie SSoSl^eit ber SKenfdj^en unb nid^t 
burd^ beine ^eiligteit ben @rb!reis überiounben l^aft! Qu bir jiel^t bie 
SWenfd^en nid^t i^re Slnbad^t ober il^r reines ©eloiffen, fonbern bie 3Ser« 
Übung bielfad^er SSerbred^en unb ber ©treitl^änbel @ntfd^eibung um 
©elbi." 

^ 3n gletd^em 6inne \pxxä)t aud^ ber ^retgebanf, ein ©prud^bid^ter beS 
13ten Sa^^^u^^^S: 

@ünbe 9liemanb mag i^ergeben, 

SOSann Q^oit einig, bar fetten xoxx fireben* 

(TOttcr» «umgäbe ». 3180 fO 



90 



[127] 28ie ba$ fd^ßmnte Seif^iel bev ©eipd^Ieit aud^ bie Saim 
irre tnad^en unb ^erberben mfiffe, fül^rt ber ^id^tev toeiter aud: 

SBeI(]^ ^er^e ftd^ bei btcfen Qtitta nid^t toerlel^ret, 
@cit baß ber ^abcjl felBcr bort ben Utigclauücn meieret, 
2)em mol^nt ein felger (Steift unb ®otted' WUnnt bei 
S^^un fel^t i^r, wa« ber Pfaffen SSBerf unb »a» i^r* Seigre fei. 
[128] ei^bef« war il^re Seigre bei ben Äöerfen reine, 
^nn ftnb fie aber anberg" fo gemeine, 
^af loir fte unred^t n^irf^ feigen, nnred^t Igoren fagen, 
2)te uni( guter Seigre ^orbilb foHten tragen; 



^lle ^d^a^eft f^Itiffe ge^n 

3u Sionte (nad^ üiom}, bis fte ba be^n (bleiben), 
Unb bod^ nimmer u^irb noVi, 
2)ad ifl ein unftnnig ^ol^L 
@o lommet alle @ünbe bar, 

35ie nimmt man ba ben ?euten gar u. f. ». (8. 3185 ff.) 
$>a« 9Zet3 fam gu-^flome nie, 
2)amtt @anft $eter ^fd^e fte (fleug), 
2)a9 9^e^ ifl il^m toerfd^mft^et. 
9iömifd^ 9^e^ fä^et 
©Über, (S^olb, i^urge unb Sanb; 
2)a8 war @anft Metern unbcfannt. 
^ @anft ?eter »or ju Siedet ein 2)egen, 

2)en l^tef (Sott feiner ©d^e )7flegen, 
(Sr l^teg il^n ntd^t Sd^afe befd^eeren, 
9{un toiti man ^d^eerenS nid^t entbel^ren. 
Unred^ ifl ju 9lome erl^aben, 
0led^t unb ©erid^t ifl ba abgefd^aben. (^. 3880 ff.) 

Meinmar toon 3*»«*« fing** 
2)er «Pabefl l^at öiel reid^e Ätnb (^tnber), 
S)ie minnet er, t»o fie gefcffen in ben Sanben flnb, 
Wlxt iffmn tl^eilt er feinen (Segen, fo tl^eilen fte mit il^ tl^r (S^olb« 
2)iefelben ^inb ftnb t(im fo traut, 
S)ag er ungeme läme mit ©dalägen auf t^rer etnei} $aut 
SoHte ©Ott, eiS wären i^m bie l^abelofen ^inb l^alb alfo l^olb (lieb)I 
(&V ^<^6 ^^ A^nte @ol^n fein 92ed^t be^ärte, 
®o ifl ber reid^e auf feiner thirberfäl^rte u. f. w. 

(¥f, <&anbfd^r. 350.) 

©gl. Odon. Ernest. L. I, @. 317, 



91 



$ed tnügen totr bumnte Saien mol^I t^er^agen. 
^ä^ tolüjftu wieber r mein guter ^(aufener flage fel^r uttb »eine. 

(I, 133 b.) 

gemeine] allgemein. -^ be9] barfi6er. — [^taufener] (öbell, (Tregor üon 
Zim9 e. 305 f.: Reclosi.] [Sgl oben ^. 23 [21]. ^.] 

1$>\t Ql^l^riflenl^ett, fte lebte nie fo gar nad^ SBa^ne^ 

^ie fle ba leieren fotttenr bte ftnb gnter ®inne ol^ne. 

(Sl» xoäx' iWoitif nnb tl^ät* ein bummer Saie bad. 

®ie fünben ol^ne %mäft, barum ifi i^nen ®ott ge^ag. 

®ie weifen uni( gum ^immel unb fal^ren felbfl )ur ^ölle. 

€He fpted^en, »er il^m fSotten folgen xoüKit, 

Uttb nid^t il^m SBerfen» ber fei ol^ne a&en 3^^^f^^ ^^^^ genefen. 

2)ie Pfaffen fottten feufd^er, benn bie SaieUr »efen; 

Wx »eld^en IBüd^em l^aben fle bad erlefen, 

^ed fid^ fo mand^er fleiget, »o er ein. fd^öned SBetb tierfälle? 

(®. ^bf. a 147.) 1 

bort genefen] jenfeitÄ gerettet. — »efen] fein. — erlefen] gelefcn, erlernt 
— üerfättel §u gatt bringe. 

[129] @^ ift eine alte t^erlieferung ber einflfd^ule, ba^ bie }tD0If 
©lifter be^ SReiftergefang^ al$ fte^er angettagt tt)orben feien unb batüber 
i>t>t bem ftotfer, bem :|)&bftli(i^en Segoten unb einer großen SSerfamm« 
Iun0 bow ®elel^rten fid^ l^aben Deranttpotten muffen, ©ebid^te, toie bie 
bvSfyet angeffll^vten, lonnten aUerbingd ju einer foI<l^n ®age SUiIa^ 
geben. 



. Ottotar oon ^otntd, dop. 821. (Pez 1. c. @. 332): 
(^tt ^erre, bnrd^ bein' O^üf 
2)ie (^rifienl^eit ba§ belauf 
Unb »eif un» auf beffre ^pur, 
2)enn unö bie Pfaffen gcl^n oor, 
2)ie ba ®e»alt l^ie tragen! 
flld und bie 8u(^ fagen, 
@o fottten fie un« 2e^r* geben 
9Rit Sorten unb mit gutem ^i^eben, 
2)e9 fie leiber tl^un nid^t; 
2Ber i^re ©erf anficht, 
2)ie fhtb Diel »al^rtetd^ 
^l^ren Sorten unge{ei(^. 



92 



3)a^ bie freimütl^igm ^ugerungen eine$ fo berül^mten ÜReifter^, 
aU ber unfrige tpar, nid^t toitlungdlod i^erJ^aKten, tft fd^on )um t^orauS 
an^unelj^tnen. @^ finb aber aud^ nod^ ft)ätl^in befttmmte @))uren ber 
fRad^t^irlung ))or^anben. Dttolor loon ^orned, ber fteirifd^e QXjxonxh 
fd^teiber am äCnfang beS ))ier)el^nten 3^^^'^^^^^^^/ ^^ tnand^f Ij^eSen 
Slidt in feine geit toirft, öetrStl^ beutlid^ feine SBertrautl^eit mit SBJaltl^erg 
9(ugfptüc^en über bie ®eiftlid^!eit unb i^r SSerl^altnid jur toeltlid^en 
©etoalt K 

[130] Sei ber »breife nad^ Stalien im Sal^r 1220 l^atte griebrid^ 
feinen jungen @o^n $einrid^ unter SSormunbfdjfaft ^urüdCgelaffen unb 
bie SSertoaltung be^ Steid^iS bem Srjbifd^of Engelbert i^on Mn, aud 
bem @efc^lec^te ber ©rafen bon Serg, übertragen. 3^ äBintermonb 
1225 tourbe biefer auf bem Slüdteege Don ©oeft nad^ Äöln bon feinem 
Snöerlüanbten, bem ®rafen griebrid^ öon S^^'^^^Ö/ ^^ ^^^ ^ird^en« 
j)ogt t)on ßffen mit bem ©rjbifd^of in ©treit geratl^en toar, überf aUen 
unb meuc^elmörberifd^ erfd(^Iagen. 35ie Älofterbrüber ju Serg, toeld^e 
bei bem Seic^nam toad^ten unb ^falmen fangen, bel^aujjteten, jtoifd^en 
bem Oefang Sngclftimmen gel^ört ju l^aben. Sinem berfelben erfd&ien 
Engelbert aliS SRärt^rer im Traume. Wn feinem ®rabe )u Röln ge^ 
fd^al^en Diele SBunber unb in ber ^olge toarb er unter bie ^eiligen Der^ 
f e^i 3)er SKörber l^atte pd^ nad^ 3lom begeben , too er M bom 5ßabfte 
^onimud UI ä3u^e auflegen Iie|. 3laäf feiner gu^d^nft aber t9urbe 
er aufgegriffen unb ein gal^r nad^ DoQbrad^ter S^l^at }u Adln mit bem 
SRabe l^ingeric^tet 2. 

Stoei ©ebid^te SOBaltJ^er« l^anbeln bon bem toert^en SBifd^of bon 
Äöln. 3n bem einen, nod^ bei Sebjeiten [131] biefe« gürften öerfafet 
unb an il^n gerid^tet, toerben beffen SSerbienfte um ba« Sleidjf gerühmt, 
er toirb al§ gütftenmeiftcr aufgefül^rt, ate ®l^rentroft eineiS ge^jriefenen 
Äaiferg, beffer benn je ein Äanjler eS tt?ar, unb jum ©d^luffe nod^, 
in äSegiel^ung auf bie ^eiligen bon jlöln, afö jtämmerer bon brei 

1 @. 2lnm. @. 85 unb 91. ®S tonnten aber nod^ weitere SRa<]^»etfungen 
ü6er Ottofari» 8efanntf(^aft mit SBaltl^erl» O^ebid^ten beigebracht werben. 2)ie 
älnftc^ten bes (Stflern Don $abfl unb ^lerud l^at 6d^ad^t a. a. O. Slbfd^nitt XI, 
befonberd @. 276. 278 bid 284 bargelegt. 

3 Godefrid. Colon. AnnaL (ap. Freher. Germ. rer. Script. T. I) ad 
ann. 1225. 1226. Chron. Salisb. cit. ad ann. 1226. 



93 



Röntgen unb eilftaufcnb Sungftauen (1, 106 a). 35aS anbre^.ein ©eiten* 
füid ju bem Dorigcn, ift nad^ ber ©rmorbung beg ©rjbtfd^ofs, aber 
noci^ t?ot belannt getporbener ^inrid^tung be$ Xi^äter^, abgefaßt unb 
lautet alfo: 

SBed Seben td^ To6e, bed ^ob ben voxU iä) immer flogen. 
*@o voiif il^m, ber ben toertl^en dürften l^abe erfd^Iogen 
^on ^ölnel o tDtf)\ bog tl^n bie Qh;be mag nod^ tragen! 
3c^ fann i^m nad^ feiner @d^ulbe feine iKartcr flnben; 
^i^m toäxt aü^u {anft ein eid^ner @trang um feinen ^agen, 
Sä) iviQ il^n aud^ nid^t brennen, nod^ jerglieben, nod^ fd^tnt)en, 
^oä) mit bem Siabe jerbred^en, nod^ aud^ barauf binben; 
^ä) »arte alle», ob bie pfiffe il^n lelbenb »ottc fd^liuben. (@6enb,) i 

1 @8 iji ju entfd^ciben, ob nid^t beibe ©ebid^te ironifd^ gemeint feien, ^n 
bciben fd^eint bie ©d^tußjeite bicfe SBenbung ju nehmen. 2)iefe ironifd^e SBeifc 
iß überl^aupt bem S)ld^ter nid^t fremb. @ie finbet ftd^ namentU(4 in feinen 
©ebid^ten auf Otto IV. SBaS il^n aber veranlagt l^afcen mod^te, fte gegen ben 
(Srjbifd^of, »on bem fonji ®uteS gcmclbet »irb, unb felbfl auf beffen @rmor- 
bung angntoenben, erl^ettt nid^t. 2)er Slbt bon Urft)erg fe^t biefe SSegebenl^eit 
in ^erbinbnng mit bamali^ neu aufgefommenen, bon einem $rebigermön(^ aud 
@trafburg, 3obanneS, berfünbigten Se^rfäfeen, bie, an ftd^ ni(^t ocrnjerfüd^, 
in ber ^(nioenbung burd^ aJiigöcrfianb bcrberbli^ geworben unb ju ben abfd^eu» 
lid^ften greöejtl^aten Slnlag gegeben, ^iebon finbet ftd^ jiebod^ feine 9WeIbung 
bei bem SKönd^c bon ÄoIUr ber r>tm (greigniS näl^er ftanb unb nad^ beffen 
gabrbüd^em bagfelbe oben crjäblt tt)urbc. übrigen« fd^eint ba« Urtl^eil ber 
3citgenoffen nid^t einlj^ettig gemefen gu fein, ^aä) bem ©erid^te eine« anbern 
®ef(^id^tfd^reiber« fam gu 9{ümberg bei ber ^ermöb^ung bed ^önig« ^einrid^ 
mit ber SDod^ter Seopolb« bon £)ßerreid^ bie (£rmorbung be« ^rjbifd^of« jur 
Älage unb e« er^ob ftd^ über biefen fjatt SBiberf|)rud^ jnjift^en bem ©rgbifd^of 
bon j£rier unb bem (SJrafen oon 2^rubenbingen. ^an griff ju ben SÖaffen 
unb es famen in biefem Sluflauf gegen fed^gjig SKenfc^en um. Excerpt. ex 
CataL Rom. Pontif. et Imp. (ap. Pez, T. II) ad ann. 1225. [ölätter für 
littcrarifc^c Untcrbattung, Sßr. 2. 2 Januar 1834. @. 8: Sabcinbe Slngeige 
üon g. (S. 0. SKering, ©efd^id^te berS5urgen, ^Rittergüter, Slbteien unb ^töper 
in ben SRbeinlanben unb ben ^robinjen 3ülid^, ^lebe, Serg unb SBeftfalen, 
^eft 1. ^öln, Strenb, 1833. „©. 111. «ei ©elegen^eit ber ©rmorbung be» 
(Srjbifd^ofS (gngetbert I burd^ ben trafen griebrid^ toon 3[f<^nburg am 7 Sflo* 
bcmber 1225 burfte nid^t unbemerft bleiben, baß bie »efifälifd^en unb märfi- 
fd^en ©d^riftfletter üon ben r^cinift^en bebeutenb abweid^en unb ben Orafen in 
@d^u<5 nehmen. " 14] @on|l mad^en einige @d^riftf!etter ben bci'^igen Engel- 
bert jum ©tifter ber ^cbmgcrid^tc» 3" »irffamercr SJerfotgung ber Äe^er fott 



94 

^ergUeben] jerreigen, k}tei;t]^eUen. — alled] gän^Iid^, lebig(t<!^. — fd^linben] 

[132] äßir l^a&en uniS bntt 3^i)>un^^ eenöl^ert, tpo ^^tiebrid^ ber 
ä(nmutl^ungen beg $aBfte§, ben längft gelobten Ateujjug toitllid^ t)or« 
junel^men, fid^ nid^t länger ertoeij^ren lonnU. Sd^on im 3<^^^ ^^^^ 
l^atte ^onoriud ben [133] ©laubigen betlünbtgt, bag fte ftd^ 4:üften 
foSten, nad^ jtoei Saluten mit bem ru^mveid^en ftaifer ^ebrid^ über 
5Dleer ju fal^ren. SBunberbare 5Raturerfd^einungen l^atten bon iel^er bie 
^jJrebiger be^ ÄreujeS unterftü^t. SorfteHungen bon bem nal^enben 
SBBeltenbe, bom taufenbiäl^rigen 9leidj>e, beffen §a\i}fi[xi^ ^exu^alem fein 
tüürbe, erregten bie ©eifter. 3lud^ unfer Did^ter l^at bie SBorboten be^ 
l^eranrüdfenben SBBeltgerid^teg erfannt, nid^t blofe in ben 3^^^^ ^^^ ^i»^' 
meto, toeit mel^r nod^ in ber SSerberbniö ber 5Kenfd^en. ®g ift l^öd^fte 
Seit, bafe bie ©l^riftenl^eit jtd^ aufraffe, bie aHju lang im ©d^lafe lag: 

9htn wati^tl und gel^t ^u ber Sag, 

Sßox bem tool^I flngft berfpüren mog 

(Sin S^glid^S, (S^riflen, :3nb€n nnb aud^ Reiben. 

Söir l^aben ber 3et(^en ötel gejcl^en, 

2)aran »ir feine Äunft wol^l ^pdi)m, 

Sic ans bie (Bd^rtft mit Söal^rl^ett !onn bcfd^eiben. 

S)ic @onnc fjat xffctn ©d^cin üerfcl^ret, 

Untreu' i^ren ©atnen audgeleeret 

^ttentl^alben an ben Segen. 

^er $ater bei bem ^inb Untreue finbet, 

2)cr ©ruber feinem ©ruber lüget, 

^eißlid^er Orben in Butten trüget, 

S)er und jum $immel foUte {legen. 

©etoalt ge^t aufreii^t, gut ©erid^te fd^totnbet. 

Sololauf! I^ter ifl ju üicl gelegen. (I, 128a.)i 

er btefe ^erid^te, nad^ bem ST^ufier ber bamaliS aufgelommenen uub befiätigten 
l^iligen 3nqutf!tton, gefliftet l^qben. 2)er gefd^td^tUd^e f&tton» für biefe Wlti^ 
nung mirb aber tjermifSt ©erd(, ^efd^id^te ber tpefip^ätifd^en ^Jel^mgerid^te. 
©remen 1815. @. 251. 

1 ^'6pU a. a. O. glaubt, bag biefei» (ä^ebid^t im ^al^r 1234, alfo geraume 
3eit uad^ bem ^reugjuge f^riebrid^i^ 11, abgefaßt fei. (Sr beutet nemlidft bie 
Untreue bed ^nbeiS gegen ben ©ater auf bie (Sm^^örung beS römifd^en Stöni^» 
^einrid^ »iber feinen ©ater, ben ^aifer, uub bie Sorte „2>cr ©ruber feinem 



95 



flegcti] ben löcg »cifen ober bal^nen. — ©o^Iauf!] bie ?f. ^f. 367 l^ct: 
tool l^inl toaS bie ®e§ie]^ung anf ben ^eu^^ug nod^ näl^er legt 

[134] (Seiooltiger nod^ ert&nt bie moi^nenbe Stimme in nad^Igen« 
bem Sttfruf: 

(Sd fommt ein SBinb, bad toiffet jtc^erlid^e, 

2)at)on toir ^eibed l^ören, fingen unb {agen. 

2)er foll mit ®rimm erfal^m atte ^cinigreid^e, 

2)ad l^öre id^ SaUer nnb ^ilgerime üagen. 

8äume, Stl^ürme liegen t)or il^m jerf dalagen, 

Starten Seuten rotfftt er bie ^äu|)ter a6e. 

9{un f ollen wir fliel^en l^in jn i&ottt» ®rabel (1 , 103 b.) 

erfol^rn] befal^ren, burd^fal^iren. 

@in feltfamed Sieb ift ed, toorin ber 2)icl^ter ben @n[135]geln ba$ 
£oJ& Derfagt, fo lange fte nid^t ir&ftiger gegen bie ^eibenfd^aft mitaxi'' 
Ump\m (I, 126 a). 

^inlüiber läfet er einen Soten (Sottet ouftreten, an beffen SBogt, 
ben ftaifer, gefenbet, um Alage )u fül^ren über bie ^eibenfd^aft, bie 
im Sanbe feinet ©ol^ne« fd^mäl^Iid^ l^aufe. 2)er Äaifer l^at bie ®rbe, 
®ott bag ^immelreid^. 3e^t fott ber Äaifer bem $erm Siedet fd^affen ; 
®ott b)irb c§ gegenseitig t^un, ba h)o er SSogt ift, unb Kagte ber 
jtaifer aud^ über ben Teufel in ber ^öDe (I, 135 6). 

@in anbreS ®efä^ mal^nt ben Jlaifer, S)eutfd^Ianb$ innern f^rieben 
3U bef eftigen unb bie ganje Sl^riftenl^eit ju f ül^nen ; bai^ t)erl^errlid^e il^n 
unb mül^e bie J^eiben fel^r. ®r l)aU jtoiefad^e Jtaifer^ftSrte, beiS 9(are§ 
2!ugenb, beg Seuen Äraft; bie feien barum $eerjei(^en an bem ©d^ilbe^ 

Jömber lüget^ auf bie ^feinbfd^aft ^wifd^en ^einrid^ unb feinem iüngem «ruber 
5^onrab* 2)iefe befonbre «egiel^ung ift mir nid^t toal^rfd^etnlid^. 3n bem Sieb 
eines f^ftteren 2)id^ter9 {WIMM Sammlung ®. 2, 1». CCCCXLYlll) fömmt 
bie ä^nlid^e (SteSe oor: 

ä^enfd^enünb, benfet barani 

(Es iß in ber ^elt »ol^I ©d^ein, bag (Jhtbed Xüq tpiU lommen. 
2)ad ^nb trauet nid^t bem «ater fein, 
^oö) fßattx feinem ^inbe nid^t, baS l^aben wir wo^I t^emommen* 
(«gt 9icinmar \mn 3meter 11, 134 a, 4.) S)ad ^anje beruht auf be- 
lomtten Stellen ber ©c^rift, wie unfer 2)id^ter felbfi %n erfennen giebt 

1 S)er Slbler ifi bad So^^^en bei» 9leid^, ber Süioe bod l^o^enflauflfd^e. 
2)iefer ifi ben attbeutfd^en 2)id^tem baiS ©innbilb bed Wintf^t», ber ^aft, jener 



96 



®tefe jtoeen §eetgef eilen , Sollten jie an bie ^eibenfd^aft, h)a§ toiber« 
ftänbe il^rer SKannl^eit unb iJ^ter SRilbe? ((Sbenb.) 

[136] 93ei aU btefem @ifet für bie @ad^e bei» jtteuje^ bleibt bod^ 
Sßaltl^er feinem laiferlid^en 3Bol^Itl^äter treu ergeben, aud^ nod^bem 
biefer toegen ber gef (^eiterten Unternel^mung im 3al^r 1227 öon ©re« 
gor IX mit bem furd^tbaren Sannftrale gejeid^net tft. S)en Äird^en* 
flud^, ber aud^ bie Sln^nger beS ©ebannten traf, toeift ber ©id^ter 
unerfd^rodfen öon ftd^ ab, inbem er bem^Pabji entgegenl^ält, toaS biefer 
bei ber Ärönung beS Jtaifer« ben SBöIfern geboten: 

^err '^abtft, iä) maQ tvol^I genefen, 

S)6ttn id^ mtH eud^ gel^orfam toefen; 

Sir ffüxttn tud) ber (El^rißenl^ett gebieten, 

Sie tovc tt» ^ax]M fottten pflegen, 

S)a il^r il^nt gäbet ben ©otteiSfegen, 

^ag tDtr il^n Ferren l^iegen unb üor il^m fnteten. 

^ud^ fottt i^r nid^t t^ergeffen, 

S^v fprad^ct: ,/Ser bid^ fcgne, baß ber gefegnet feil 

Ser bir flud^e, ber fei toerfKud^et 

Tili glud^e tiottgemcffcnl" 

2)urd^ ©Ott, bebenfet eud^ babei, 

Ob i^r ber Pfaffen (g^rc irgenb fud^ctl (I, 103 a.) 

genefen] an meinem ©eclenl^eil unbcfd^äbigt bleiben. — wefen] fein. -- 
burd^ ©Ott] um ©ottc§ mitten. 

aSon neuem lägt SBaltl^er ben alten Älaugner f lagen, bafe man bie 
©Uten banne unb ben Übeln ftnge (I, 103 a). 3)em Äaifer aber rStl^ 
er, unbelümmert um beg 5|3abfteg 3rrung, bennod^ abjufal^ren^ 

[137] S)ie aOSiaiül^r, toomit bie »annfjjrüd^e erlaf[en tourben, mufte 

ber Wlitttf ber greigebigfeit. ©o bei Sicinmar öon S^Jetcr II, 140 6. 146 b. 
©gl. ©nett ©. 12416 f. «eibe finb ^errfd^er im Sl^icrreid^. 2)cm Könige 
ber i^ögel ifi t^ t^ermutl^Iid^ ald ^reigebigfeit aufgelegt toorben, bog er, tote 
man beobad^tet l^at, gumetlen t)on feiner iiBeute nur bai^ ©efie tjergel^rt unb, 
n^ai^ il^m ntd^t gut genug tfi, ben geringem ©ögeln überlägt 

1 @o !ann bie ©tropl^e: „S3otc, fagc bem Äaifer" u. f. to. (I, 103 a) 
etngereil^t toerben. Sud^ baS ©ebid^t „S^x gürften, bie bcS Königes" u. f. m. 
(I, 131a) betrifft bie Äreugfal^rt. 3)a2felbc ifi mutl^maßlid^ fd&on um 1220 
t)erfa6t, wo griebridj, no^ nid^t al« Äaifer gefrönt, ober längfl mit bem 
^euje be^eid^net, 2)eutfd^Ianb oerlieg. 



97 



aUerbinflg tl^re SBirlung fd^hjad^en. SRctnmar öon S^cin, ber gleid^* 
fall« J)oKtifci^e (Sebid^te auf griebrid^ II unb ©reflor IX öerfafet f)ai, 
unterfd^eibet ben Sann, ber mit (Sott unb nad^ (Sott fei, toon bem« 
ienigen, toorin fleifd^tid^er ^oxn ftedfe (U, 143 b). ®er greigebani be^ 
j^aujjtet, ber Sann l^abe leine Äraft, ber burd^ geinbfd^aft gefd^el^e 
(35. 4117 f.); aud^ ereifert pd^ biefer 2)id^ter fel^r über bie ©d^lDieriß* 
leiten, toeld^e ben Unternel^munöen ^riebrid^g im l^eiligen Sanbe, be^ 
fonber« burd^ ben J)äbftlid^en Sann, in ben SOBeg gelegt toorben, unb 
ba| man ben ftaifer felbft bann nid^t t)om Sänne lo«gef))rod^en, nad^« 
bem er bie l^eiligen Stätten ben (S^riften toieber jugänglid^ gemad^t^ 
[138] SBenn toir SEBalt^erg Siebern glauben bürfen, fo ^at er felbft 
eine ^eerfal^rt nad^ bem l^eiligen Sanbe mitgemad^t. (Sntftel^t aber bie 
fjrage, toeld^em ber üerfd^iebenen Äreujjüge, bie in feine ^At fallen, 
er gefolgt fei, fo fj)rid^t bie meifte SßaJ^rfd^einlid^Ieit für ben \>on 2frieb- 
tid^ II im Sal^r 1228 unternommenen, i)on hjeld^em junäd^ft bie Siebe 
t9ar. ^ag er nid^t im befolge Seo))olb« Don Cfterreid^ in ^al&ftina 

1 S!öo gefu^r c^ Äatfer über SWeer 
3m ©ann unb ol^ne ^fürflenl^ccr? 
Unb tfl nun fommen in ein Sanb, 
SDa O^ott no(S) ^ann nie 2:reue fanb. ($. 4026 ff.) 
Sad mag ein ^aifer fd^affen, 
©cit ©l^riflcn, Reiben unb Pfaffen 
Streiten gnug n^iber il^n? 
^a Derbürbe ©alomonS i^inn. ($• 4046 ff.) 
2)er 8ann unb manche Sl^riflen 
iO^it t}iel mannen Siflen 
SBoUten fte ed ertoenbet (l^intertrieben) l^an. 
92un ffat (Sott fein (£^re getl^an, 
2)ag ©iinber foKen baS ®xab gefeiten. 
2)ajS mug il^m ol^n* il^ren 2)anl gefd^e^en« 
©Ott unb ber ^aifer l^aben erloft 
(&m ®xah, bad ift aller (Sl^riften Srofl. 
@eit er baS iiBefle l^at get^an, 
@o foS man il^n auger 93anne tan. 
^Qf^ »ollen 9li5mer leichte nid^t; 
SBad ol^n* il^ren Urlaub (S^utd befd^td^t, 
2)em mollen fte feiner @tete jel^en (feine 2)auer ^ugefle^en), 
9?un ift baj( o^n* i^ren 2)anf (gegen i^ren SiUen) gefd^e^en. 

(». 4068 ff!) 

«Mank, Ct^riften. V. 7 



98 



gctoefen, crgtcBt jtc^ au^ bem Siebe, tootnit er bie Slüilel^r btefe« gürften 
feiert. Slud^ ift bie ftreujfal^rt barum in eine f)pätere Seben^jeit ju 
feftcn, toeil er noä) in einem ©ebid^te^ ba« [139] offenbar ben Dor* 
ßerüÄtcn Salären ange]^i5rt, feine 6el^nfu(i^t nad^^ ^^ frommen Steife 
augfjjrid^t (I, 142 a). 

6in ÄrtegSgefang in fd^öner, bofftönenber. SBeife erl^ebt pd^ fd^on 
toie aus ben SReil^en be« Äreujjj^eereg, ba§ Befleiftert nad^ bem loogenben 
ÜJleere l^injiel^t (I, 125 b). ^[ber toirlHd^ auf l^eiligem SSoben ftel^enb 
jeigt fid^ unS ber S)id^ter in einem anbern Siebe, ge^t erft ift fein 
Seben il^m toertl^, feit fein fünbig 9luge baS reine £anb fielet unb bie 
Srbe, ber man fo toiel ßl^re juerlennt. ®g ift gefd^el^n, toai er ftet^ 
gebeten, er ift an bie ©tätte gelommen, ioo (Sott menfd^Kd^ toanbelte^» 
SBaS er nod^ bon S&nbern gefeiten, fd^önen, Ij^el^ren unb reid^en, bie 
©l^re alter ift biefeg, loo ber göttlid^en SKJunber fo \)iele gefd^el&en ftnb. 
3n biefe§ Sanb If^at aud^ ber $err ienen angftüoHen 3^ag gefJ)rod^en, 
too ber SBaife geräd^et toirb unb bie SBittloe Ilagen mag. ß^riften, 
Suben unb Reiben fagen, bafe bie^ i^r @rbe fei. (Sott mög' e« ju 
Siedet entfd^eiben, aDe SBelt ftreitet barum, aber red^t ift, ba^ er linS 
getoäl^re, (I, 104 f.) 

3)en ßl^riften tourbe ^bamate getoäl^rt urit) grofe mag SBaltl^er^ 
greube getoefen fein, toenn il^m vergönnt toar, feinen geliebten Äaifer 
griebrid^ im %mpel beS l^eiligen (Srabeö mit ber Ärone öon S^rufalem 
gelrönt ju feigen. 

1 [Äotocjaer (Sobej @. 62, SB. 259 f.: ©l waren öcrre öon ber jlat, 2)a 
got men|(i^Ii(l^en gienc] 



99 



[140] 9ltunitv SCBfii^ttlü. 

2)e8 2)i<i^tcrfi Stitct. Seine 9?cIigion«anpd§tcn. ©ein Kob. 

6§ tft eine 3?eil^e Don mel^r aK bteifetfl S^^'^'^^'^r burd^ bie totr 
unftem 2)id&ter fett ben erften Siebetn, benen ftd^ bie 3^* '^"f)^^ ®^^^ 
fleJ^ung nad^tueifen IS^t, b. 1^. Dom Qal^t 1198 an, unter bem tSinger« 
geig ber ©efd^id^te gefolgt finb, unb fd^on jene Sieber tragen ben Slug-- 
bruÄ männlid^er Steife. SBir l^aben tl^n fagen gel^ört, ba^ er öierjig 
Saläre unb brüber öon 3Rinne gefungen. ©onac^ ift nid^t ju gioeifeln, 
bafe er ein anfel^nlid^eg 3llter erreid^t l^abe. 

SBie toenig fein Seben burd^ äußere ©lüdfgumftänbe begünftigt toar, 
barüber läfet er fid^ balb fd^merjlid^ , balb launig Dernel^men. Sluf lefttere 
SSeife in fjolgenbem: 

grau ©älbc tl^eilet ringS um mid^ 

Unb fe^ret mir ben Sifidcn in, 

S)a fann jte ntd^t erbarmen ftd^; 
[141] 9?utt rotl^et, greunbe, »a3 id^ t^uM 

@ie fielet ungerue gegen mir; 

®eV id^ l^infür, id^ iin bod^ immer hinter i^r, 

Sie geruhet nid^t mid^ angufel^en; 

Sä) tooUtt, bog il^r Slug' an il^rem 9'^adfen flünbc, 

@o mü\V e8 ol^n' il^ren 2)an! gefd^el^en. (I, 119 a.) 
fjrou @älbe] ^Jrau ®(üdC, bie ©cgenSgöttin. — • gegen mir] mir jngeteenbet 
— ol^n* il^ren 3)anf] gegen il^ren SBitfen. 

3n fil^nlid^em 2:one l^at er feinen legten SDSiffen aufgefegt. Sr 
XoiU, el^' er l^inffi^rt, fein fal^renb ®ut unb ®igen aujgtl^eilen , bamit 
SJliemanb barum ftreite, bem er e« nid^t jugebad^t. SlII fein Unglütf 
befd^eibet er 3cnen , bie fxi) bem ^afe unb 9leib ergeben ; feinen Äummer 
ben Sügnern; feinen Unöerftanb benen, bie mit galfd^l^eit minnen; ben 
grauen: nad^ ^ergeKebe fel^nenbeö Seib. (I, 115 b). 

eben bie Ungunft beg ©efd^idfeg, loomit er Dielfältig ju Iamj)fen 



100 



l^atte, lonntc frül^jeittg feinen ©inn auf baS ^öl^ere lenfen, 3)ie ntanig- 
fad^en (Srfal^rungen einer langen Seben^bal^n toaren geeignet, il^m bie 
Slid^tigleit bet itbifd^en 2)inge aufjuberfen* SKit bem öorrücfenben 3fiter 
feigen h)ir x^n aud^ immer mel^r in baS (Sebiet ernfter unb frommer Se« 
trad^tung l^ingejogen. SBenn toir an einem S^l^eile feiner SKinnelieber 
bie SBärme ber Smjjfinbung Dermif^ten, fo pnben toir bie ^eimatl^ feiner 
tieferen Segeifterung ba, too eö öon ©ad^en beg SBaterlanbeg unb ber 
aieligion fid^ [142] l^anbelt. ©ein 3eitgenoffe 3leinmar ber Sllte ift fo 
fel^r 9Kinnefänger, bafe er aud^ nod^ afe 5ßilgrim feiner ©ebanlen nid^t 
ajleifter toirb; ben ©Ott, bem er bienen foH, l^elfen fie il^m nid^t fo 
loben, toie er t§ bebfirftc (I, 72a)K Unfer 2)id^ter bagcgen l^at mit 
bem ungetl^eilteften (Sifer bie ©ad^e be« Äreuje« ergriffen. 

Se^t, ba er ftd^ am Slbenb feine« Seben« befinbet, toirb e« an^ 
gemeffen fein, eben bie religiöfe ©eite feiner ©id^tungen böBig ^erüor* 
jul^eben. S)ag Qrbif d^e fd^toinbet i^m , f o toie beim ©inlen ber ©onne 
bie SCI^äler pd^ in ©d^atten J^üHen unb balb nur nod^ bie i^öd^ften ©i})fel 
beleud^tet ftel^en. 

3)en SSorjug ber toal^ren unb baurenben greuben bor ben eiteln 
unb flüd^tigen bejeid^nen nad^fte^enbe Sieber: 

Sjä) bin (Siner, ber nie ^al&en XaQ 
Wlit ganjen f^reuben f)at k}ertTieben. 
Sad id^ ie bal^er ber ^reuben :pflag, 
2)er bin id^ l^ier entblößt geblieben* 
Üfhcmanb fann l^ie greube pnbcn, fie gergcb', 
[143] ^ie ber lid^ten Blumen ©d^ein* 
2)arum \oU ha& ^erje mein 
2;radjten nadj fa(fd^cn greubcn nimmcrmel^. (I, 114 a.) 

ftc jergel^*] jte jergelje benn. 

D wel^I loir muffigen ?eutc, wie ftnb toir ücrfeffen 
3»if<ä^en 5»et greuben niebcr an bie jämmerlid^e @tattl 

1 ©0 gefielet aud^ griebridj toon ^ufen, fein Seib tooüt gerne fed^ten gegen 
bie Reiben, aber feinem ^erjen liege ein Sßcib nal^c &flan. I, 93,b); unb ber 
Don 3o^onn»borf bittet bie SWinne, il^n fo lange frei ju laffen, bi» er bie 
reine ©ottei^fal^rt Dottenbet l^abe, bann foH fte il^m toieber toittfommen fein 
I, 176 b). 






101 



Snicr SCrbeit Ratten ttJtr Ucrgcffcn, 

2)a «n« ber furgc (Sommer fein ®e|tnb' ju »erben 6at 

2)er brad^tc «nS fal^rcnbc 33Iumcn unb S3Iatt, 

2)a trog un« ber furgc S5ogelfang. 

SBol^l il^m, ber itur xiaä) jleten greuben rang! 

SBel^ gcft^cl^c ber SBeifc, bic toir mit ben griffen fangen! 

2)a toir unS foKtcn »amen gegen bes falten SBinterS geit. 

2)o6 toir t)iel Gummen mit ber Stmeifc nid^t rangen, 

2)ie nun oiel ȟrbiglid^ bei i^ren Slrebeiten (eit! 

35ag n?ar ftets ber SBelte ©treit: 

Xl^orcn fd^atten jict« ber SBeifen ^lall^. 

SWan fielet tool^I bort, »er l^ie gelogen tjat (I, 103 6.) 

tjerfeffcn] fal[d^ gefejfen. — 3»ei greuben] ber irbifd^en unb ber e»igen. — 
2)a ün& n. f. ».] 'äi& uns ber pd^tige ©ommer etniub, fein QJefoIgc gu fein, 
— fal^renbc S3Iumen] t)ergänglid^e, unflcte, gleid^ ben fal^renben Seuten (©gl. 
3Ran. I, 70a, 7. I, 170a, 7); baS «ilb entfpringt bem obigen ©eftnbc, — 
«latt] «lätter. — gegen] t)ov. — Icit] liegt. 

SBie ber 2)id^tet bem SKinnefang abfaßt, ben er fo lange ß^t geübt, 
toie er öon ber bergänglid^en 3Winne jtd^ ju ber etptgen toenbet, ift fd^on 
oben gegeigt iDorben. 

[144] 3n einem 3h>eigeft)räd^e mit grau SBelt (I, 111 b) nimmt 
er t)on biefer feiner bi^l^erigen SPftegerin feierlid^ Slbfci^ieb. ©ie fjjrtd^t 
il^m gu, bei il^r ju bleiben; er foH gebenfen, loaS fte il^m ®l^ren bot 
unb loie fic il^m feinen SEBiffen liefe, grau SßSelt, erhJtbert er, id^ l^abe 
gu üiel gefogen, id^ toitt entttjoi^nen, e« iftS^t. ®ott gebebir, grau, 
gute 5Rad^t! 3d^ h)ill jur Verberge fal^ren. 

SBelt, id^ l^abe beinen Sol^n erfel^en, fagt er in einem äl^nlid^en 
Oebidjite (I, 122 b), toa^ bu mir giebft, ba^ nimmft bu mir, SBir 
fd^eiben äße nadft unb blofe bon bir. ^6) l^atte Seib unb ©eele taufenb« 
mal getoagt um bid^, nun bin id^ alt unb l^aft mit mir bein SjJiel, 
unb jürn' id^ be^, fo lad^eft bu. £ad^* nn^ nod^ eine SBeile fo! bein 
Sammertag tpirb balb aud^ lommen. 

Sraum unb ©})iegelglag, l^eifet e« anberShJO, gelten bei ber©tete 
bem SBinbe gleid^. 2aub unb ®rag, ba« ftet^ tneine greube toar, bagu 
SJIumen thanigfalt, bie rotl^e $eibe, ber grüne SBalb, ber SBögelein 
@ang, ber Sinbe Süfeigleit l^aben ein traurig @nbe. S)en tl^5rid^ten 



102 



SBunfd^ jur SBelt, id^ fottt* xf)n lafjen, bamtt er nid^t meiner ©eelc 
grofee 3loÜ) bringe. S)er Sufee ttjäre l^ol^e S^t. SRun fürd^tc id^ fied^er 
9Rann ben grimmen lob, bafe er Iläglid^ über mid^ lomme. 9Sor ^urd^t 
bleichen mir bie SBangen. SBie foH ein 3ilann, ber nid^t« benn fün- 
bigen lann, l^oljen 5Kutl^ gehjinnen? ©eit ic^ an toeltlid^en S)in[145]gen 
Übel unb ®ut ju erfennen begann, griff id^, toie einSl^or, ^ur linlen 
§anb red^t in bie ®Iut nnb meierte ftet« bem Teufel feinen ©ieg. 3^ 
h)ar mit fel^enben Slugen blinb unb aller guten 3)inge ein Äinb, h)ie 
id^ aud^ meine $IRiffetl^at ber SBelt l^el^Ite. ^eiliger ßlf^rift, mad^e bu 
mid^ rein, el^* meine ©eele tocrfmfe in ba§ verlorne ^aV. (I, 141b.) 
SKit tieffc^merjlid^er ®m})finbung ift bie Slid^tigfeit be« S^bifd^en 
befonber^ in bem großen Älaßgefange bargelegt, ben ber 2)id^ter am 
ftimmt, nad^bcm er in f})äteren 3^^^^^^^ i^ k^« S^nb feiner ®eburt 
jurüdfgelommen ift. Sitten finbet er umgetoanbelt, er h)irb an ber 
SBirllic^Ieit irte, il^m ift je^t ba« geben ein Sraum. Saute« SBel^e 
erl^cbt er über bie SBerberbniS unb ben Unbeftanb ber SBelt. 6r h)UI 
ftd^ l^inüber retten in ba« ^eilige. 

£) xotf)l too^tn üerfd^ivanben alle meine 3<^^i^^? 
3fl mein Sebcn mir geträumet ober ifl ciJ »a^r? 
S)ai» iä) fletd mäl^nte, bag t& xo'dxt, war baj» id^t? 
2)amad^ l^ab' x(i) gefd^Iafen unb fo toeig xä)'& nid^t 
9lun bin id) erwad^et, unb ift mir unbefannt, 
SS^ad mir ^tet^or mar funbig, n)ie mein* anbre $anb. 
Seute unb Sanb, bannen id^ Don ^inbe bin geborn, v 
2)ie fmb mir frembe tvorben, red^t M oh ed fei Derlom. 
2)ie meine ©ef^ielen tvaren, bie ftnb träge unb alt, 
©creitet ijt ha» gelb, öerl^aucn ifl ber SBalb, 
92ur bag baS SQSaffer flieget, tvie t» meilanb flog, 
gürwal^r! ic^ toäl^nte, mein Ungelüde toürbe grog. 
Tlxä) griiget mand^er träge i, ber el^' mid^ fannte mol^l; 
2)te Seit ift allentl^alben Ungenaben tooll. 
[146] Senn id^ gebenfe an mand^en toonniglid^en ^ag, 

2)ie mir entfaKen ftnb, toie in bad STleer ein ©d^lag^: 
Sfmmermel^r o tot^l 

1 [8gl. ©arloom 121, 9: Sraclid^e gruojt er in.] 

2 [»gl. aÄciftcr (Scrtoel^n ©. 57, CXCVIII: eiiin waijer-floc] 



103 



£) toel^! tote jämmerltd^ bie jungen Seute tl^unt^ 
^mtn nun t)tet trauTiglid^e il^r ^emütl^e ftunbl 
2>ie lönnen ntd^ts, benn forgen; o »el^! toxt tl^un fte fo? 
So id^ jur Sßelt l^inlel^re, ba ifi 9{iemanb frol^. 
^an^en, ©ingen ^erge^t mit borgen gar. 
9^ie (£^rif!enmann nod^ \a^ fo iämmerlid^e 3a^v\ 
9{un uteifet, n^ie ben grauen il^t Q^eb&nbe ^at)tl 
^ie floljen fftiitn tr^igen börferlid^e ^at 
Und flnb unfanfte Briefe l^er oon iRome fommen, 
UniS tfl ertaubet 2^rauren unb ^reube gar benommen. 
^a8 mül^et mid^ inniglid^en fe^r, n^ir lebten fonfl oiel toof)l, 
^ag i^ nun, für mein Sad^en, Seinen tiefen foll, 
tDie toilben Söget Betrübet unfre Stla^t, 
Sai» Sunber tfl, n^enn id^ baoon oerjage? 
-^af^ f^red^e id^ bummer Wlann burd^ meinen böfen ßotn? 
Ser biefer Sonne folget, ber f^at jene bort verlorn 
3mmer mel^r, o wel^! 

£) mel^I »ie und mit fügen 3)ingen ift oergeben! 
3^ fel^e bie bittre ®aUt mitten in bem ^onige fd^toeben. 
^ie Seit ifl äugen fd^öne »eig, grüne unb rotl^ 
Unb innen fd^toarjer $arbe finfter, n^ie ber Xo'b, 
Sen fte nun oerleitet l^abe, ber fd^aue feinen XroftI 
dx to)irb mit fd^mad^er ®uge groger ©ünbe erloft. 
2)aran gebeutet, 9iitter! ed if! euer 2)ing. 
3]^r traget bie lid^ten feinte unb mand^en l^arten 92tng, 
^ain bie feflen 6d^in>e unb bad gekoei^te @d^»ert. 
Sollte ®ott, id^ »äre fold^ed ©ieged wertl^I 
@o tooüte iöf not^iger äßann oerbienen reid^en @oIb, 
3)od^ meine xäf nid^t bie ^uben, nod^ ber Ferren (S^olb: 
(147] 34 tooSte fetber ^one en^iglid^en tragen, 

2)ie möd^te ein ©ölbener mit feinem ©peer bejagen. 
^R^äftt xä) bie liebe ^tx\t fal^ren über @ee, 
@o wollte id^ banne fingen: toof^U unb nimmermel^r: o totf)l 

(I, 141 b f.) 

id^t] irgenb etwaig. — tunbig u. f. xo,] betannt, geläufig, »ie ber einen 
^anb bie onbre. -~ oon tinbe] bon ^inbl^eit auf. — Ungenaben] Ungunft, 
S)iidgefd^i(l — ^mmerme^r] immerfort. ~ tl^unt] t^im. — fJunb] geworben, 
Befd^affen ifl. — lüx Seit] auf ber Seit. — un|Snfte] unerfreuliche; bieiBann« 



104 



Briefe. — inül^ct] betrüget, quälet — Dcrgcbcn] ®tft gegeben. — f(i^njad^cr] ge- 
ringer. — euer 2)ing] eure ©o(i^e* — 8ling] ^anjerring. — ^uben] ©runb» 
P(fe, Sel^engüter. — möd^te] fönnte. — bejagen] erjagen, ertoerben. 

@$ lann mit äled^t gefragt toerben, toaS, nod^ ber SSerfd^mal^ung U^ 
Srbifd^cn, bcm ©id^ter ba« ©öttKd^e fei, ba« il^n entfd^&bige unb ergebe* 

S)ag juiejt auggel^obenc ©ebid^t benennt un« ben Äamt)f unter ber 
gal^ne be« Äreujcö. @g ift bemetlenötoertl^, tote ber ^id^ter, ber fonft 
um bag ®oIb ber fjürften getootben', je^t, btefeg öerfd^mäl^enb, felbft 
eine Ärone, bie l^immKfd^e, ertoerben möd^te. Dag l^eiKge Sanb ift 
il^m bie burd^ ©otteS irbifd^en SDBanbel berllarte @rbe, ber fiamipf 
um biefeij Sanb eine l^öl^ere SBeil^e, ein Übertritt Dom 3)ienfte ber 2BeIt 
in ben be« ^immefö; ber %oi in btefem Äamt)fe ber gerabeftc 5ßfab 
nad^ bem Sleid^e Sottet. 

©rofee aSerel^rung toibmet SBaltl^er ber Königin ber ßngel, beren 
leufd^er Seib ben umfieng, ben $ö^e, [148] Sreite, Siefe, Sänge nie 
umgreifen mod^te (I, 133 a) ^. 

@r t^eilt biefe befonbre 3Serel^rung ber l^eiligen S^ngfrau mit ben 
anbern ©intern feiner S^t. Sie l^ieng felbft mit bem 5Kinnefangc ju? 
fammen. ,,3)er SBelt ^ort, fagt 3leinmar bon gtoeter (11, 143 a) liegt 
gar an reinen SQBeiben, il^r Sob, ba« foK man l^öl^en unb treiben; toa* 
(Sott je erfd^uf, bag übergehen fic, eg toarb geboren fein felbe« Sei& 
bon einer 5!Wagb, ba« gab er il^nen ju Steuer." Unb e« gel^t tool^l 
aug biefer Slnfid^t öon ber l^öl^eren SBeil^e ber grauen l^erbor, toenn 
berfelbe 35id^ter meint: „flüd^tete ftd^ ein SOBoIf ju grauen, man foDte 
il^n um il^rettoitten leben laffen" (11, 152 b). 

Slud^ über ben Ärieg«l^eeren fd^toebte bie jl^eiligc 3w"öfr<*w. 3^ 
feinem Äreujgefange (1, 125 b) ruft äBaltl^er bie Äönigin ob allen grauen 
an 2. ,,©t. aJlarie, 5Kuttcr unb aJlagb, unfre SRotl^ fei bir gellagt!'* 
fangen bie ^eere, toenn fte in bie B6)la6)i jogen. (^ornedf, 6aJ). 440- 
682. 683.) 

1 @o aüd^ aWeifler griebrid^i öon ^unnenburg, CCCXCVIII: „3)en att 
bie Seit an SBreite, on Sänge ntci^t umgreifen ntöd^te, ben umgriff bie Steint 
affeine. " «gl. 8?umelant, CCCLXXV. »o^^jo U, 233 a, 3. 

^ ^er oon ^ol^anni^borf (I, 174 b) finbet einen ge»id^tigen ^cmeggmnb 
für bie ^reujfal^rt in ber 6(i^mä^ung ber Reiben, baß Q^oiM SD'Jutter nid^t 
eine Jungfrau fei. m 



105 



[149] ©in borjüglid&er'Srunb bc« 3Rarienbienfteg im SKittcIalter lag 
in bctn ©lauten, bafe (Sott leine gürbitte feiner 9Kulter unerl^ört lajfe. 
SBaltl^et fingt: „5Run loben toxx bie füfee3Wa0b, ber il^r 6ol^n nimmer 
nid^tö Derfagt! ©ie ift be« SDlutter, ber bon ^ölle un« löfte. Sag 
ift un3 ein 3^roft bor attetn 2^rofte, ba^ man ba ju ^immel il^'ren 
SBitten t^ut" (1, 126 a). 2lu« anbern ©id^tern lönnten ä^nlid^e ©tetten 
angefül^rt toerben. So toie aber ber Sol^n bie 5IRutter erl^ört , f o toirb 
l^intoiber bie SKutter bei bem 5Ramen be« ©ol^neg gemal^ni „§ilf mir 
burd^ beineg Äinbeg ßl^re, bafe id^ meine ©ünbe bü^e!" ruft SBaltl^er 
ju i^r (I, 133 a) K 

6« toar fonft fd^on änla§, feine ©ebid^tc mit ©emälben ju toer- 
gleid^en. SBie juöor ben fiird^enjug beä Könige ober ben 3lu?gang 
einer l^errlid^en grau, fo ftettt er ung jje^t geiftlid^e Silber auf an^ ber 
(Sefd^id^te iKarienö unb il^re^ göttlid^en ©ol^ne^. Sefonberg fc^ön fmb 
jtoei berfelben, bie Äreujigung unb ber 3^ob 3efu, rül^renb burd^ bie 
blofee S)arfteffung , ol^ne allen ßrgufe ber ®mj)finbung: 

[150] ©ünbcr, bu fotit an bie große Sßotl^ gcbmfcn, 

S)ie (äJott um ung litt, unb foflt bein ^erj in SRcuc fcnfen. 
©ein 2ci6 loar mit Jd^arfen Spornen gar öctfcl^ret, 
Unb nod^ toarb manigfaU fein* SWartcv an bem Ärcujc gemel^rct. 
üJ^an fd^Iug i^m brcie 92a'gel burd^ ^änbe unb aud^ burd^ güge. 
3ammerli(^cn weinte 9Raria, bie (güßc, 
2)a {te i^rem ^inbe bai$ ^(ut aus beiben ©eiten fliegen {ad^. 
2:raurigtid^e ^cfuiS t)on bem ^reuje fprad^: 
„^utttx, ift bo(^ euer Ungemad^ 

2Wein jweitcr XobI Sol^ann, bu fottt ber Sieben ©d^were büßen." 

(I, 133 a.) 
(ad^] fol^. — ©d^»ere büßen] Äummer fliüen» 

2)er ^ünbe \pxad) ^u feinem ^ned^te: „2)u foUt fe^en 
3)en ©^cer an fein $crge, fo »itt id^ bie äJiartcr letjen." 
2)er ©peer gegen aU ber SBette ^erren warb geneiget. 

1 ©d^ö'n fül^rt aWeiper ©totte (III) biefeS au«: ©er pe bpS mahnet, baß 
fie (E^riftum gebar, bem wirb gel^olfen. Tltf)x no(^ ift il^rer ©naben, wenn 
fte baran gemal^nt wirb, wie i^r we^e warb, atö fit il^n anbad ^reuj f dringen. 
SBer fte aber ber großen ^reube mal^nt, aliS il^r €o^n bom Sobe aufftanb, 
ber maäftt ftd^ t)on feinen ©ünben bloß. 



106 



SRarta loor bem jheuje trattinglic^en ^lage ergelget; 

©ie öcrlor xf)x' %axt>t, i^r' ^aft, in bitterlid^en ^löt^cn, 

2)a fte iämmerltd^ i^r liebed Jlinb fal^ tobten 

Unb fiongtnuÄ bcn ^pttx i^m in fein' reine €eite ftaö}. 

@ie fanf unmäd^tig nieber, baß fit ni(^t l^örte unb nid^t ]pxadf. 

3n b^m 3ammer S^rifle (ein ^erge brad^. 

2)ag ^teuj begunnte fid^ mit feinem fügen ©Inte rßtl^en. (@6cnb.) 

Icfeen] enbigen. — Songinug] ber 1^. SonginuS \\t, ixad) ber Jegenbe, ber 
ÄriegSfned^t, tot^tx bie Seite Sefu mit bem €peet öffnete. SJon bem niebev 
fltömenben iBIute fott ein S3linber gel^eilt »erben fein. 

[151] Sliemanb luirb ftd^ tounbem, ben S)i(i^ter in ben SSorftellungcn 
feiner 3^* befangen ju finben. 3lber aud^ in freier Setoegung jeigt 
pdji uns berfelbe. 

93on eigener ^(ufrid^tigteit ift nad^folgenbe S3eid^te: 

^iel l^od^gelobter ®ott, toie feiten id^ bid^ pxtx\t\ 
jS>a %6f toon bir bod^ betbed l^abe, Sort unb Seife, 
S^ie tt>ag' id^ fo gu fretjeln unter beinem 9leifel 
3d^ tl^u^ nid^t rechte ^txU, nod^ (ab' ic^ loa^re STlinne 
3u meinem S^ebent^riftcn, ^erre, nod^ ju bir. 
©0 l^olb nod^ warb id^ il^rer feinem je, aU mir. 
©Ott SSater unb (Sott ©ol^n, bein (Seifl berid^te meine ©inne! 
SBie follt* id^ ben wol^I minnen, ber mir übel tl^ut? 
SRir mug ber immer lieber fein, ber mir ifl gut. 
SJergieb mir anbre meine ©d^ulbl id^ will nod^ l^aben be'n SWut^. 

(I, 131 oO 

SBon SGBaltl^er« freimütl^igen Sufeerungen gegen bie ^ßriefterl^errfd^aft 
ift umftanblid^ ge^anbelt toorben. SBBenn er jum Äamt)fe für bie 6r* 
löfung be§ l^eiligen ©rabeS eifrig ermuntert/ fo ift er barum nid^t eben 
Don blinbem ^affe gegen nid^td^riftlid^e SKitntenfd^en bel^errfd^t. ^rSlSt^e, 
§err! betet er, bid^ unb beine SWutter an benen, bie eure« ©rblanbe« 
geinbe finb! Safe bir ben ©Triften gleid^ toenig gelten, afö ben Reiben! 
®u toeift h)ol^I, bafe nid^t bie Reiben allein bid^ irren, bie ftnb toiber 
bid^ bod^ öffentlid^ unrein; jeige bie in il^rer Unreine, bie e» mitieneu 
l^eimli^ gemein l^a[152]ben (I, 103 a)i!'' Site ben SSater atter 

1 2)iefe Äußerungen l^aben »ol^I biefelbe ©ejiel^ung tote bie in ber Änm. 1, 
©. 97 auiSge^obenen bed fjreigeban!. 



107 



SRcnfd^ctt erlennt et bcn ^erm, h)enn er aufruft: „^i)m btencn Sänften, 
Suben unb Reiben, ber alle lebenbe SBunber nä^rt" (I, 128 b). Um 
SSieleiS bulbfamer unb freibenlenber, aU bet t^reigebanl (SS. 481 bt$84), 
ben ed getoaltig ^erbrie^t, ba^ ©Ott Sl^riften, Suben unb Reiben gleid^ed 
SBctter ßiebt. 

S(m retnften aber unb über aQen SSal^n ber ^Ät ergaben erfd^eint 
feine Anbetung ba, h)0 er toor ®ott pd^ nieberhrirft, al8 bem Unbegreif« 
liefen, ben )u erforfd^en ade SRül^e bei 2:ag unb bei 9fiad^t verloren ift, 
ben leine ^rebigt unb !eine ©lauben^fa^ung erllärt: 

9Rä(^tiger ®ott, bu 6ifi fo lang unb btfl fo breit. 

©ebäd^ten tvir baran, bag toir unfre Srebeit 

^x^t uxlöxtnl S)tr ftnb beibe ungemeffen: Wlaä^t unb @n>tgfeit. 

3^ tDeig an mir »ol^I, »ad ein 3(nbrer au(^ btum trad^teti; 

2)0(1^ ifl ed, loie eS fletd mar, unfern binnen unbereit. 

2)u bifl 3U grog, bu bifi ju Hein; ed ift ungead^tet. 

/2)ummer ®aucb, ber baran betaget ober benad^tet! 

SBiH er nnffen, toa» nie »arb geprebiget nod^ ge^fad^tet? (I, 102 b.) 

unbereit] unjugänglid^. — ungead^tet] unermeffen, ungef(i^äfet. — baron 
betaget ober benad^tet] Sag ober ^^ad^t barauf »enbet, bamit Einbringt, (^gt. 
II, 112 a.) — gepfad^tet] in @a^ungen gefagt, t)on $fad^t, ©a^^ung, ®efe^. 

[153] Unfre »lue ftnb bem 3)id^ter in bad ©ebiet bed Unenblid^en 
gefolgt unb l^er mag er und t)erfd^n)inben. @d ift und feine 9lad^rid^t 
Don ben äußeren Umft&nben feiner legten 3^^ geblieben, gleid^ ald 
foUten toir il^n nid^t me^r mit ber Srbe befaßt feigen, Don ber er ftd^ 
lodgefagt, unb Don feinem 2^obe nid^td erlennen, ald bad aUmäl^lid^e 
^inüberfd^tveben bed ©eifted in baS 9leid^ ber ©eifter. 

Xabon iebod^ ift j{unbe Dorl^anben, n)o feine irbifd^e ^üQe beftattet 
toorben. 3^ ber SBürjburger Sieberl^anbfd^rift, an^ ber erften $älfte bcd 
Dierjel^nten :3(^^^^unbertd '^, finbet fxi) bie Stac^ric^t, ba^ $err äBaltl^er 
Don ber Sogelloeibe )u 9Bür}burg ju bem !Reuenmünfter in bem ©rafe^ 
l^ofe begraben liege. 3n einer l^anbfd^riftlic^en (Sl^ronil aber ift eine 
lieblid^e @age mit t^olgenbem auf betoal^rt : im ©ange bed ^Reuenmünfterd, 

1 [8ert^olb« ^rebigten @. 120: trauten. @. 160: betral^ten. @. 179: 
ertraljten. ©. 289.] 

2 Unb 3toar in ber alten Sorrebe gu bem @. 68, 9nm. 3 angeführten 
SReifierliebe bed Supolt ^omburg, Tlnl II, 1, 6. 22. 



108 



0etoöl^ttlt(i& Sotcnjgarten genannt, fei Sffialtl^er BegtaBcn unter einem 
SSaume. 2)iefer l^aBe in feinem S^eftament üetorbnet, bafe man auf 
feinem ©rabfteine ben SSögeln SBatjenförner unb Srinlen geBe; unb, 
toie nod^ ie^t ju feigen fei, l^ab' er in ben ©tein, unter bem er bc« 
graben liege, t)ier Söd^er mad^en loffen jum täglid^en güttem bcr 
SBögel. ®ag Rapitd beg SReuenmünfter« aber l^abe biefeg 3Sermäd^tni§ 
für bie [154] SSögel in ©emmeln bcrtoanbelt, toeld^e an Sßaltl^erg 
Sal^reStage ben ß^orl^errn gegeben toerben fottten, unb nid^t mel^r 
ben SSögeln. ^\n (Sänge be« borbefagten ©artend, getoöl^nlid^ im 
Äreujgang, fei bon biefem SBaltl^er nod^ golgenbe«, in lateinifd^en 
SSerfen, in ©tein gel^auen, ju lefen: „3)er bu bei Seben, o SBaltl^er, 
ber SBögel SBeibe getoefen bift, aSIumc ber SBol^lrebenl^eit, ÜJlunb ber 
5ßatta§, bu ftarbeft. 35amit nun beine grömmigfeit ben l^immlifd^en 
Äranj erlangen möge, fo fjjred^e, toer biefeg lieft: ©ei ®ott feiner 
©eele gnäbig ! " ^ 

1 Obertl^ür in bcr ©d^rift, »eld^c ©.13, STnin. 3 angcfül^rt luorben ifl, 
©. 30, gicbt bicfc ©fctfc mit ber SSemcrfung, baß Sg^^S ®xopp fold^e in 
einer gelt^riebctien ©l^ronif gefunben l^obc. 2)ic ©teile , worüber bie iRccenpon 
bcS obcrtl^ürifd^cn ©ud^cS in ben ©ottingifd^en ©elcl^rten Stnjetgen 1818, 
©. 2054 bis 2056 gu tocrglcid^en [Sluffeß« «ngciger 1833, ©^ 70] lautet Jo: 
In novi monasterii ambitn, vulgo Sorenggarten, sepultus est Waltherus 
sub arbore. Hie in vita saa constituit in suo teatamento, volncribus 
super lapide suo dari blanda (blada?) et potum; et quod adhuc die 
hodierna cernitur, fecit quatuor foraroina fieri in lapide, sub quo sepul- 
tus est, ad aves qnotidie pascendas. Capitulum vero N. M. hoc testa- 
mentum volucrum transtulit in semellas, dari canonicis in suo anniver- 
6ario,'et non amplius volucribus. In ambitu preefati horti, vulgo im 
Sreuggattg, de hoc Walthero adhuc ista carmina sazo incisa leguntur: 
Pascua qui volucrum vivus Walthere fuisti, 
Qui flos eloquii, qui Palladis oa oblivisti, 
Ergo quod aureolam probitas tua poscit habere, 
Qui legit, hie dicat: Dens istius misererei 

9laäi einer neueren äJ'^ittl^eitung im iD^orgenblatt 1821, 92r. 19 ftnb btefe 
toter gereimten ^e^ameter aud^ in bie SBürgburger ^anbfd^rift $L 212 b ein« 
gegetc^net. (@tatt oblivisti ^eißt eS ^ier beffev obiisti, flatt poscit {lel^t 
possit.) $oran flehen bie ^orte: De milite Walthero dicto von der Vogel* 
weide, sepulto in ambitu novi monasterii Herbip.; in aoo epitaphio 
scalptum erat: u. f. W. 



109 



[156] 9lame unb SSBaj)j)en be§ ©id^terS tnößen ju jener Sage 2ln* 
Ia| gegeben l^aben. 

Der ^^rud^fe^ t)on ©anit ©allen betrauert ben %o\> SBaItl^er§ auf 
äl^nlid^e SEBetfe, h)ie biefer ben %o\> SReinmarg beilagt l^at: tln§ ift 
unfreS ©angeg 3Ketfter, ben man e\)' tjon ber 38ogeIh>eibe nannte, auf 
bie tJal^rt, bie nad^ il^m un« SlHen unerlaffen bleibt. S5Ja§ frommet 
nun, toag et e^ ber SBelt erfannte? ©ein l^ol^er ©tnn ift toorben Iranl. 
5Run tDünfd^et il^m um feines toertl^en, l^ofeKd^en ©angeg bitten, bafe 
fein ber fü|e SBatet nad^ (Snaben Jjflege! ($ßf. §bf. 357, »L 20 b.)* 

öl^mcrS Fontes I, XXX VI.] 



2)er SJlinnefang. 



I. 
klieret STlintiefattg. 

2)te Siebe f)at tjon jel^et im ©efange öeft)rod^en* 8lber einjig in 
ber ©efd^id^te ift jene tauf enbftimmifle , unermüblic^e, unbegtenjte ^ulbi* 
0Utig, bie im jtoölften unb breijel^nten Sal^rl^unbert in ))roben3aIif(i^e¥, 
fran}5fif(^er, beutfd^er Qpxaä)e ben f^rauen gefunden toarb. 

S)a^ ein SSoII ben f^rauen eine toürbige Stellung in ber ®efell$ 
fd^aft einräumt, bebarf an ftd^ leiner @rllärung« @iner fold^en bebarf 
e$ e^er, h)ie gebilbete äSölIer beS Slltertl^um^ ba^ fd^tpäd^ere (Sefd^led^t 
im 3uft<ti^^^ ^^ Unterbrüdhtng feftl^alten lonnten. ^\i ober tveiblid^e 
älnmutl^ einmal frei gegeben, fo ift ni<i^t }u bered^nen, h>ie toeit biefe 
fanfte, bod^ fidlere ©etoalt il^re SBirlungen au^bel^ne; unb fo feigen 
toir ben eifernen Slitter, Inieenb bor i^r, bie $&nbe falten. 

3Ran l^at bemerft, ba^ fc^on bie alten ©ermanen, nad^ ^acituS, 
in ben %xavLm ettoad ^eiliges unb ^ro})l^ettf(^ed eierten. SBid^tiger ift, 
ba| bei il^nen, nad^ ben Sendeten be^felben ©efd^d^tfd^reiberd, bad 
SSerl^ältnid ber ©ef^led^ter burd^aud aU ein ftttlid^e^ erf^eint S)ie 
@l^e h>irb ftreng unb l^eilig gel^alten; felbft jtoeite @^e ift bei mand^en 
Stämmen unjuläf[ig; ber SKann für^tet bie ©efangenfd^aft toeniger 
für fid^, afö für bie ©attin; am ftd^erften gebunben ftnb biejjenigen 
Söllerfd^aften, t>on benen man eble ^lungfrauen }u ©eifeln genom« 
men l^t ^ 

SQB&re ben grauen nid^t jum borau« in ber beutfd^en ©emütl^^art 
ij^re SBürbe gcpd^crt getoefen, ba« ßl^riftentl^um mufte il^re gt^l^ffung 
üoHenben. ^er ©laube, ber bie 5!Kenfd^entoürbe fo feierlid^ augfj)rid^t, 
ertrug nid^t bie gurüdEfe^ung beg einen ©efd^led^ftd. S)er neue ©laube 
erfd^lo^ üicOfaapt bie liefen bed ©emütl^ed, aud^ im SSerl^altni^ ber 

1 2:adtud, Germania d. 8. 17. 18. 19. 



114 



©efd^led^ter mufte er bte geiftige Sejiel^ung förbern. @in)clne Sel^rfd^ 
unb älnftalten ber ^ird^e begegneten in nterlloütbiger 9Bed(ffeItoirIung 
ben Steigungen ber 3S5(!er. Sd^on gl&njten l^eilige ^auen unb ^ung« 
f rauen al^ SR&rterinnen ber göttUd^en Se^re. 9lud^ tpeiblic^e ©enoffen« 
f haften l^atten ftd^ , toeltlid^er Suft entf agenb , bem 3)ienfte be^ ^eiligen 
toer))fli^tet. SSor älQem aber erfd(;ien ba^ @efd^led^t Derl^errlid^t unb 
gett^ei^t in ber jjungfräulid^en SJtutter beö ^eilanb^^; bie SSerel^rung 
^ariend er^ob fid^ na^eju über j[eben anbern ©ottedbienft ^ unb toie 
bie $immlif d^e i^ren ©lan^ über bie f^rauen ber @rbe ^verbreitete , fo 
n?ar l^inmü^er bie freier il^red Sobed an ^^^ig^^i^ ^^^^ t^arbengebung 
bem toeltlid^en ÜRinnefange t)ern)anbt. ä(uf il^re @rtt)äl^lung burd^ ©Ott 
tmrb bag ^ol^elieb gebeutet, hveldj^e^ ein ©änger il^red ^reifed „ba^ 
Sud^ V)on ber SKinne" nannte ^, toä^renb eg anberötoo „unfer fjrauen 
Sieb" genannt toirb ^. 

1 IBruober (Sberl^art Don ^Oi%, äR. I, 29 a, 3: 2)u %Q\i ettiu tuip gepiifet, 
Sie uniS eine l^ab^ Dermifet, 2)o ft loiber got gefpifet SBart, na(!^ ir gelüfte 
franf u. f. w. «gl äßamer, II, 170 b, 3. «um8lant, II, 224 b, 2; ©ottfricb« 
üon ©tragburg SBerle, Sto. II, <S. 102, @tr. 3: 2)u minnetli(i^er bluome gtanj, 
:^u btüemeft aUer megbe Iran^; SBdt^er nun ber t^ogelmeibe, WL I, 125 b, ö: 
^ünigin ob allen oroumen. 

•^ @ic toar ol^ne «nfang pcW mit ®ott in ber ©ott^cit, 3W. II, 213 a, 3. 
S3gL II, 236 a, 2. 

3 ©rnobcr (gberl^art tion @aj, SR. I, 29 b, 3: 2(n bem buod^e oon ber 
minne 2)a bißu geprüeoet inne SBoI nad^ lobendem finnc. Hud^ ^rauenlob 
toenbet baS ^ol^elieb auf fle an, 9R. II, 213 b, 4 bii» 214 a, 3. 214 b, 2. 3. ^gL 
^olocgaer (Eobe^ @. 108, $. 431. ^erman 2)amen fagt (0. 60, $.56 ff.): 
„<^aIomon ber wifc wol gc |)rifc ir grojcn tugcnt l^at bcfaibcn." SBgl. oud^ 
^crbcrg Sieber ber l^icbc ©. 173: „^alomon mad^t ber minu buod^ be« crfien 
öon unfer fraion" u. f. tt?. »gl. nod^ SWt-iWeifler-®cfongbuti^ ©. 48, DCXVI. 
3l^r »er^ältniiS gu Q^ott, wie ba6 gu bem 0linber, wirb aud^ fonß gerne mit 
bem aWinnebienft oerglid^cu, 3W. U, 210 a, 2 (ogl. grauenlob, U, 214b, 3: 
min amiiS curtoid). 125 b, 3. 4. $ei SiQeram iß im l^o^en Siebe no(!^ 
(S^rißujS unb bie ^ird^e gemeint. 

4 ^Ibertud Slrgentinenftd fagt üon f$rauen(ob: Cantica canticorum 
dictavit (tilgten) teutonice, quce vujgariter dicuntur unjer grautoen Sieb. 
a);ufeum II, 165, iRote 27. [$g(. bie auSfül^rltd^e etette in oon ber ^agen 
a)ie. IV, 738. ^f. Sijriacu» @^)angenberg , öon ber SRußca unb ben 
iDieißerfängeriT, l^erauSgegeben burd^ SI. öou Äefier. (Stuttgart 1861. 8. 
e. 131. $1.] 



115 



®ic alte SEBelt f^ai biqcntöcn Äräfte, toeld^e ba« Seben reßeln, 
öerfd^önem, t)erebeln, t)orjU9«h)eifc in tociblid^er Oeftalt ftnnbilblid^ 
bargeftettt. J)ie Sleueten l^abm utnßelel^rt in ber ©rfd^einung l^errliAcr 
^auen bad ©eiftige o^^^n^t unb eine fittlid^e ^errf^aft anetlannt 
@d ift nid^t )u tvibetf^red^en , ba^ eben ber fittlid^e (Sinflu^ ber grauen 
bie toirffamfte ©efeftgebuna be« SWittelalter« toar unb ba« 5!Ran9eI^afte 
ber äußern Sinrid^tungen einigermaßen erfe^te. 

3)ie tDeiblid^e @inh)irlung auf baS gefeDige Seben fann jebod^ erft 
bann il^re ganje aJlad^t ausüben, h>enn fid^ bie ©efeDfd^aft fonft fd^on 
au^ beut Slol^eften l^erau^gearbeitet f)at S)iefe3 g^fd^ÄJ^ -uad^ ben 
Stürmen ber SBBIIertoanberung juerft in fold^en (Segenben , h)D bie 
frifd^e Äraft unb bie angeborne ©innc^art ber germanifd^en Eroberer 
mit ben tieften römifd^er Silbung glüdflid^ jufammentraf. €o finben 
tt)ir benn im füblid^en gftanfreid^ bereite am ©d^Iuffe be« Uten Sal^r* 
^unbertS bie SSercl^rung ber trauen, ba$ SBerben um il^re $ulb unb 
ben unerfd^&t>flid^en @ang ber 3Rinne im g(eid^en ®eifte feftgefteDt unb 
audgebilbet, toie aUe^ biefed f))&terl^in im ndrblid^en $ran!reid^ unb 
nad^ ber SRitte bed I2ten 3<t^^^u^^^^ ^ud^ in ^eutfd^lanb l^er))or' 
tritt. SDlit grenjenlofer Segeifterung , h>ie für eine neue ©laubenSlel^re, 
n)irb überaK ber S)ienft ber ÜRinne aufgenommen. ®nt}üdft unb er« 
ftaunt, al^ toar' i^nen eine 93inbe Don ben^Stugen gefaOen, feigen bie 
Sölter nun erft bie SreffUc^feit ber grauen in t^otter Entfaltung, in 
fiegreid^em ©lange tyox ftd^ ftel^en. 

SHe aSgemeine Säl^nlid^Ieit ber ))roDen}alif(^en, norbfrangöftfd^en 
unb beutfd^en SKinnelieber ift untoerfennbar, felbft einzelne ®ntlel^nungen 
laffen fid^ nad^toeifen, unb begreiflid^ mu| man baiS SSerbicnft berS(n« 
regung unb ®intvirlung SDenjenigen jugefte^en, bei loeldj^en fid^ biefe 
ärt bcg ©efangei^ früher auf au^gejeid^nete SQBeife enttoidfelt l^at. ©en* 
nodif U>ürbe man felj^r irren, toenn man ben beutfd^en 3Rinnefang atö 
bloße 9lad^al^mung bed ^ro^enjalifd^en ober franjdftfd^en betrad^ten 
iDoQte. 3)lan müfte benn bel^aufjten, baß aud bem ^ünftlid^en bas 
6infad^e ertvad^fen, baß bie frif(^ere SRatur ein 6rborgteg fei, baß au« 
ber 9lad^al^mung eine Steil^e lebenbiger 3)id;terd^araltere l^ert)orgel^en 
lonnte. ^ie t^ormen beS Seben«, bie Stid^tungen be« ©eifte« toaren 
im ÜRittelalter in bem grdften Sl^eile Don duxopa biefelben. ^iefe 
allgemeine Übereinftimmung mufte fid^ aud^ in ber 2)id^tlunft abf)>iegeln, 



116 



ol^ne bag man aud ber Sl^nlid^Iett auf bie Slad^mung fd^ßelen bürfte. 
^abei ^at j|ened allgemeine ©e^r&ge bie ßigentl^ümlid^feit ber einzelnen 
SSolföftämme leine^toegd ausgetilgt, unb biefeS @igent^ümlicl^e erfd^eint 
gleid^faQS tpteber in ben ®efängen ber t^erfd^iebenen Sungen. @o l^at 
aud^ ber beutfd^e SRinnefang ftd^ aud l^eimifc^er SBurjel enttoidelt unb 
ed lann mit )temlid^er @id^erl^ett nad^getoiefen tverben, Ido unb tt)ie 
tpeit baS 93eif))tel ber füblid^en unb tveftlid^en Slad^barn in feine ft&tige 
®nttpidflung eingegriffen K 

deines unfrer beutfd^en 3RinneIieber lann ertoeiiSlid^ über bie 3Ritte 
beS 12ten Slal^rl^unbertS j^inaufgerüdft toerben. 3)ennod^ l^at manS^ug« 
niS Don bem, h)aS aud^ ol^ne S^^d^^^ angunel^men h>äre, bag ^oifx* 
l^unberte frül^er fd^on Sieber ber Siebe in beutfd^er S^rad^e gefungen 
tpurben, toenn auc^ bie Sieber felbft t)erloren finb. S)ie ©eiftUd^teit, 
n>eldEfe ba$ 3Rittel fd^riftlid^er 9(ufjeid^nung audfd^UegUd^ in ^änben 
l^atte , burf te il^re t^eber nid^t enttoei^en ; l^ielmel^r trat bie ^ird^e f old^ 
@efange ftrafenb entgegen, ^n einem ber (Sa))itulare Siaxl^ be§ @rogen 
t)om ^ai)x 789 n)irb ben 9lonnen Verboten , äBinelieber auf)u{d^reiben 
ober Semanb ju fdj^idfen 2. SBineliebcr (öon ©ine , ® eliebter, ©eliebte) 
l;ie|en nod^ im 13ten ^al^rl^unbert Do[Idmä|ige SiebedUeber ^. Dtfrieb, 
ÜRönd^ JU 98ei|enburg , ber um 870 bie @))angelien in beutfd^en SSerfen 
bearbeitete, fagt in ber lateinifd^en S^^d^ung feinet SBerfö, er l^abe 
foId^eS auf 33itten einiger frommen SRänner, befonberS aber einer Mr- 
bigen SBittoe, unternommen, toeld^en bie tl))))igleit unb Seid^tfertig!eit 
toeltlid^er ©ef&nge gum Ärgernis gereid^t *. ©leid&lool^l fj>rid^t er felbft 

* [«gt. ?J. 2)tc3 , 2)ic ^ocftc ber XroufcabourÄ, 3»idatt 1826. 8. @. 255 
m 27L SB. Sadcrnagcl, SlltfrangöftWe Sicbcr unb Seidf^c. «ajel 1846. 8. 
@. 193 m 237. $.] 

2 Capit. III, A. 789, ©. 3, ©. 575 bei ^etnccriug (ügt. (gd^arb, de rebus 
Franciee Orientalis, L. 2ö, §. 33). ©d^tltcr, Thesaurus, ©. III, @. 871: 
SßiniUot, plebejos psalmos. Gloss. Mona. @. 375. Willerami Paraphr. 
Cant. cant. !ö. 7. 13. 14 bei ©d^ilter, ©. IV, ©. 5. 9: „®age mir, toine min, 
kod bu bme fcdf loeibened!'' Tita toine u. f. to., unb {0 burc^aui^. 

3 mtf)axt, m. II, 74b, 2: 

3n einer l^o^cn n?ife pntu trtncliebcr fang er. 
«gl. ®örre», »ot!»- unb 2Äeiper!ieber @. 169. 

4 „Dum rerum quondam bodub ioutilium pulsaret aures quonmdam 
probatissimorum virorum eorumque aaucütatem laicorum cantus inquie- 



117 



to>ie ein @ingeta>eil^tet bed ÜRinnefan^S, toenn ev bie ^reube unb ba9 
Srßaunen bet Singer bei (SSfxxfÜ Svfd^einung nttt ben @m))finbungen 
einei^ ÜRanneiS Dergleid^t, ber unertoavtet fein ,,ffi^eiS Sieb" erblicft unb 
fütd^tet, ba| eS S^äufd^ung fei^; ober foenn er mit lebenbigen 3^9^^ 
bie fd^merjlid^ Se^nfud^t bed Siebenben nad^ ber abtoefenben ®eIieBten 
befd^reibt, atö 9Ub bed frommen 93er(angend nad^ ber l^immlifcfen 
©elißleit ». 

3)ie Sieberfammlungen felbft, bie auf und gelommen finb, entj^alten 
beuilid^e Spuren früheren äRinnefangS. 9lid^t blo^, ba^ biefer @ang 
überall fd^on atö ettoad ©egebened unb ^ergebrad^ted angefel^en toirb. 
(Sd treten aud^ n)irllid^ meistere 2)id^ter eined filteren @tifö l^ertn)r , aU 
ber fonft in jjenen Sammlungen Dorl^errfd^enbe. Sal^in gei^ören ber 
Don Äürenberg 3 (2R, I, 38 f.), Dietmar toon äift (9R. I, 39 bi« 42), 
Stilon Don ©ebelingen (5W. I, 96 f.), ber öurggraf Don Äegendburg 
(3fl U, 117). 9ln ber (Srenje be« neueren Stil« fielet ^einrid^ Don 
Selbeie (3R. I, 18 bid 22), um 1180. SRag aud^ einer ober ber anbre 
ber Dorgenannten Sanger in f))&terer 3rit gelebt l^aben, fo l^at er bo^ 
in ber früheren SSeife gebid^tet, bie fid^ drtlid^ forterl^alten lonnte. 
tiefer filtere Stil be}eid^net fid^ ber ^orm nad^ burd^ einfädle, meift 
gezogene Serdart, ber SEBeife bed l^eimifd^en ^elbenliebi^ ftd^ annfil^emb, 
jutoeilen gan^ bamit jufammentreffenb; toenig Sleimf^iel, fe(bft unDoD» 
lommene Sleime. ^n ber ^arftedung toenig Sd^mud, aber iugenblid^e 
^fd^e, finnlid^e Jtraft, guter ^umor, rege ^anblung, Silber, bie mit 
ber Sad^e Derfd^meljen, ftarfe Qü^e, bie rafd^ unb tief in« ^erj greifen* 

taret obscoenns, a quibasdam memoriee dignis fratribns rogatus, maxime- 
qne cnjoadam venerandee matronse verbis nimmm flagitantis^ nomine 
Judith, partem evangelioram eis theotisce conscriberem , ut aliquantalum 
hujus caotas lectionis ladum secalarium vocum deleret, et in eTangeliornm 
propria linqoa occapati daicedine, sonnm inutilium rerum noverint dedi- 
nare^ n. f. tt). ^dfilttx, Thesaarus, 9. I. [Jletterd Ctfrieb 1, 7. StJ] 

1 V, 11, 57 6t» 60. ©dritter, Thesaurus «. II, @. 344. 

3 y, 23, 69 M 84, 1. c. @. 372. Suf betbe etetten f)at 3. ®Timm 
in ber »orrcbc jur erflcn toflage ber bcutfc^cn ©rammatit (1819) @. LVIII 
aufmerlfam gemod^t 

8 3n einer Uilunbe ^nebrid^d, Burggrafen Don 9{üm6erg, Juxta pontem 
Wikershonen 1269, erfc^eint M QtüQt ein 9litter Cunradus de Knrenberg. 
3aRen|!ein, Antiq. Nordg. lY, 68. 



118 



(Sinjelne Sieber biefer 9(ri, ober Srud^ftfide fold^er irren unter jloeifel' 
l^aften 9tamen in ben Sammlungen uml^er. 3Ran barf biefe Sieber )u 
bem Seften red^nen, \oa^ und bad beutfd^e Slltertl^um überliefert l^t, 
unb liegen ftd^ mel^irere fold^er 9lrt erlaufen, fo möd^te man Dielet 
@e^aItIofe bed ft)äteren SRinnefanged bafür l^ingeben. 

2)er k)on ^ürenberg lägt eine ^rau um ben treulofen ©eliebten 
alfo f lagen: „^^ jog mir einen ^^allen I&nger, benn ein ^aifx. 3)a 
id^ il)ti ge^äl^met, toie id^ il^n tooOte gar, unb id^ il^m fein @efieber 
mit ®oIbe \t>of)l betoanb, l^ub er ftd^ ^od^ in bie Süfte unb flog in 
anbre Sanb*. Seitbem fa^ id^ ben galten fd^ün unb ftol^ Verfliegen, 
er fü^rt' an feinem ^uge tl^eure feibne Siiemen, aud^ toar i^m fein 
@efieber aQed rotl^ t)on ®oIb. @ott fenbe fie )ufammen, bie ftdjji 
mit redeten 2reuen l^olb!" (SK. I, 38 b, 5. 6.) ^ 

Dietmar ))on 9(ift: „@$ ftunb eine gfrau aUeine unb f))&l^te über 
bie ^eibe unb n^artete i^red Siebet; ba fal^ fte {Ralfen fliegen. D 
h)o]^l bir, gälte, toie bu bift! 2)u fliegft, tool^in bir lieb ift, bu er- 
erlief eft bir in bem äBalbe einen 93aum, ber bir gefalle. 9llfo l^ab* 
aud^ id^ getl^an, id^ erlor mir felbft ben lieben 9Rann, il^n toäl^lten 
meine 3(ugen; bad neiben fd^dne grauen^. D toel^! fo laffen fie mir 
mein Sieb! id^ begehrte i^r Keiner Srauted nie" (3R. I, 39b, 1 1). u.). 

@in Ungenannter lägt gleid^faUd ein SRäbd^en f))red^en: „3Rid^ 
bünfet nid^td fo guted, nodji fo lobefam, afö bie lid^te 9lofe unb bie 
SRinne minnefam. ^ie äSöglein fmgen im SBalbe, bad ift mand^em 
$er)en lieb; mir lomme benn mein S^rauter, id^ f^ab^ ber ©ommer^ 
loonne nid^it" (3K. II, 110 a, 1 \>. \x.)\ 

ÜJlan fielet, biefe Sieber finb in ^anblung gefegt. @in @))red^er, 
eine @^red^erin in beftimmter Sage unb Umgebung. ^Reibung eined 

1 Soncr, 94, 83: 

3Ber ganjer trime Dergejjen loU, 

2)en gltd^en i(^ bem ))eberf))U. 

S)ie frouwen, atö id^ l^öre fagen, 

ä^ügent ir trimve n>oI getragen. 
$gL I, 39 a, 2 (^ürenberg): mb unbe DeberfpU bie toerbetit It^te jam. 
'i $gL m. I, la, 6. 97 b, 3. II, 117 b, 3. [Sac^mann, 3)ei» ä^inne- 
fang9 ^rtt^ling @. 37. ^.] 

3 2)iefe @trop^e rtt^rt jd^koerlid^ bott %Uam »on Q^reflen (er, beffen 2icbent 
jte in ber maneffijc^en Sammlung beigefd^rieben ifl. 



119 



Soten, SBcd^felrebc fd^cibenber Siebenben. »alb ftcl^t bie ©d^önc frät 
nod^ an bcr 3^^^^/ brunten l^ört {te ben SRitter fingen unb totrb t)on 
@el^nfud^t ergriffen; haVt> n>enn fte, abenb^ aUein in ber jtamntet; 
feiner gebenit, erblül^t il^re f^arbe, h)ie bie Stofe am ^orn erblül^t. 
(S)cr üon Äütenberg SR. I, 38B, 1. 3.) Merbinö« pnben \t>\x aud^ 
bei ben übrigen ÜRinnefängem 8ö>iegefJ)räci^, Sotfd^aft, SBSd^tertuf 
u. bergl. afö gegebene formen, aber geh)iS flammen biefe formen 
aud ber dlteften 3^* unb ben frül^eren ©id^tern finb fie am meiften 
natürlid^. ^iefelben Gattungen erf<i^einen in ben gleid^jeitigen Siebetn 
anbrer ®))ra(i^en unb aud^ i^ier i^orjüglid^ tvieber in ben altertJ^üm^ 
lid^em K 

S)er @efang eined lugenblid^en SBoIIe^ ^^ßegt nid^t ®eban!en h)ie 
aus leerer Suft l^erk)orf))ringen )u laf[en ober @efül^(e in allgemeinen 
unb farblofen SQSorten au|S)uf)^re(§en. @in ©id^tbareS, ein 9laturbUb, 
eine ^anblung, eine lebenbe ©eftalt, mu^ aU Präger ber ©ebanlen 
imb €Mi)ifa&ttii^& ga Sikigs treten. Si^rifd^ unb @^d^es fmb nod^ 
ungef d^ieben , e§ giebt j^ier nur @ine 9lrt beS Sid^tend, n^prin @r« 
)&l^lung, Sefd^reibung, bramatifd^ $anb(ung, @i^u| be$ ©efül^ls, 
93etrad^tung unb Seigre )ufammenflie^en. Sarum baS hinneigen jened 
älteren SJlinnefangeiS ju ber äBeife beS ^elbenliebS* könnten ipir auf 
beiben Seiten l^dl^er l^inanfteigen, fidler iDürbe bie Slnn&l^erung JU' 
nel^men. @elbft ein S^rud^bid^ter unfrei Qeittmm^, @))en9ogeI (M. II, 
226 bis 230), bejfen lieberartige ©ittenf|)rüd^e jugleid^ Sebengbilber 
finb, jeigt ienen urf)}rünglid^en Suf^^l^^^A^fl ^^^ ^^^ ^^^^ SSoIISr 
bid^tung beft&tigt.il^n. 

1 ^ bemerle l^ter. nur bai& fd^Sne ))ro))ett3aItf(!^e Xagelieb bei Sf^apnouarb, 
^anb II, @. 236, unb baiS fictlifd^e Rosa fresca u. f. m., (EreScimbem, 
©anb II, nhif), 2, @, 7. [^^orbfron^öftfd^c» f. «ftfranjöftfd^c Sflontaugcn unb 
^aftonrellen, l^erauSgegeben oon ^. SBartf<i. Sei))$tg 1870. ^.] 



120 



II. 

SOtitttiefang ittib gruslig. 

S« tjl nun 3rit; bafe foxx ton bem toid^tiöften $alt unb ®runbc 
unfreg 30littttefattfle8 au«fül^tKd^cr ^pxeäftn. ®iefc oBöcmrinpe unb frud^t» 
Barfte Otunblttflc ift bie ctoigc SRatur felBp. S>te toed^felnben SRcgungen 
be« 5Wettfd^cnl^crjcn«, Suft unb Litauer bcr liebcnben Seele, pnb überall 
mit ben SBanblungen ber 3«^re«jett jufammenflefteKt; ©lumen unb 
2:ötte beS grfil^ling« leil^en ftd^ üietaU bem ©Snger jum Sob unb 
©d^muAe ber ®eliebten. 3(ud^ bie $to))en)alen unb ^lotbfranjofen 
l^ulbißten biefer 9laturjH)ejte S aber getot« ift pe nirgenbö mit mel^r 
Steigung, gfrifd^l^eit unb ©ränblid^Ieit burd^geffll^rt, aU bei ben ^mU 
fc^en. SBon 92ac^al^mung lann l^ier am toenigften bie Siebe fein; uralt 
ift biefe 33erbinbung ber $oefie be$ f^rül^Iing^ unb ber Siebe, eben iDeil 
fle fo natürRdJ ift. SBenn e8 in ben brei ©Jjrad^en Sieber giebt, tveld^e 
blog l^erlömmlid^ unb ol^ne innere 9lotl^ti>enbigIeit mit einer Sefd^reibung 
bed lommenben ober fc^eibenben Sommerd anl^eben, fo )eigt biefed eben 
nur, toie unerl&lUd^ ber S^nl^alt an bie Siaturbilber bamafö erad^tet 
tourbe. 

3(ber aud^ biefe Staturbid^tung giebt nid^t blog rul^ige Silber ber 
S3efd^auung l^in. 9lud^ l^ier ift, )umal in ben k)pll$mägigem Siebem, 
iDeld^e mel^r bod Urft>rfinglid^e betoal^rt l^aben, ^anblung unb lebenbige 
Setoegung; eine @eite, bie gerabe im beutfd[|en ÜRinnefang am boO' 

i Sia^nouarb, Sd, V, @. 833: „Peire de Valeria si fo de Gasooigna . . . 
Jogiars fo el temps et en la sazon qae fo MarcabroB ; e fez yers tals oom 
hom fazia adoncs^ de paabra valor, de foillas e de flors, e de canB e 
de auseis. Sei cantar non aguen gran valor ni el.* (Sraf 2^i6aub üon 
(l^^anH>agne if&U fid^ ebenfalli» über biefeH fingen auf. 9loquefort, De l'^tat 
de la po^sie fran^ise dans les XUe et Xllle si^Ies. ^anü, 1815. 8. @. 212. 



121 



flftiAiflpen lerbottritt*. 9Ran toeif, mit \t>eldf ungcmcfleitcr Suft bte 
gfrit^ingi^feß« im äRütelaltet gefeiert ivutben. San) unb (Sefang, Sau« 
tDerfen unb anbted 6})iel, 3:age lang, in 9BaIb unb %lux. ®iefe 
9taientfin)e, bei benen bie Siebenben fid^ juf ammenftnben , sielten -il^ren 
Steigen burd^ unfre gan^e SRinnebid^tung ; unb toenn toxx bai$ S^^^^ 
im B^fAiinnenl^ang ergreifen, fo finben l»ir bie fJräl^Rng«« unb Siebe«« 
lujl ))om fd^fi^temen @d^Iage bei» erften 935geleind unb bom leifen 
Gctt^er bed einfam toanbeinben Siebenben biiS }um raufd^enben äSirbel 
be9 %Mit^ unter blfil^enber Sinbe unb )um lauteften ^\xM beglüd(ter 
Siebe in fortfd^reitenber ^anblung burd^gefül^. 

Sebor toir ben Siebem auf biefem ®ange folgen , ioerf en toir eineit 
93liä auf bie SebeniSta>eife Jener StxUn. Sie SKtterburg, auf fd^roffen 
gfel« genifiet, in ben 3^0 ^^ SSoRen unb äBinbe ^ineingefteDt, gegen 
Untoetter unb feinblid^en Slngriff mit bidCen 9Rauem ol^ne t^enfler ber« 
ioal^rt, oft nur t)om einzelnen Söller, bon ber 3inne be« Sü^urmd ober 
ber Stauer einen l^eDen 9(udbKd geftattenb, bie Setool^ner in engen, 
büftem Staum }uf ammenbr&ngenb , toar eben nid^t ber freunblid^fte 
älufentl^alt fflr bie langen äBintermonbe. 9htr größere unb reid^ere 
$enen flauen toeitere« ®ela|, nur fie tonnten fxif bie S3equemlid^Ieiten 
berfd^affen, toeld^e bad Ungemad^ ber 3<^l^re$3eit bergef[en laffen. €o 

1 ^e^dler, Antiq. septent et oelt. @. 87 fg.: ^CSoncorrebatur andiqae 
a maliercalis imprimis et levi plebe, qum otio ac ▼ernali tempore inducta 
dies noctesque eamque pr» ceeteris, quee adventum regis kalend« Maj* 
prfficedebat, saltationibus, conviviis ac pocolis snb dio et in silvis transi* 
gebaf* (Sr fteHt bajS iD^atfelb unter ben merot)mgif(j^en 4(üntgen mit ber @age 
Dom ^qrenfa^ren in ber S3al)}urgtdnad^ gufammen« 8om 9^orben, too atte 
(^thi^&aäft fld^ fönger erhielten, f. Olai Magni fiistor. de gent. Beptentr. 
condit (1555), Lib. XV , Cap. YIII hx» XL, e. 570 fg. Q^öxxt^, mtbeutfd^e 
Soltd* nnb a^ei^erlieber^ C^inleitung @« XII: „eo ber a)^onat ÜRai mit feinen 
Säften bringt, er^&l^It und ein alted @prud^6ud!^ unter ben ST^anufcrii^ten ber 
Sibltot^el in 2:rter, baß außer bttrrer (Erbe fpringt grfineiS ®xa» unb lid^te 
^Itttl^e, bag alled in frtfd^er Säte fle^t, bann »erben toon ben Slittern unb 
i]^en ^auen unb all t^rcm 3ng${inbe ^runnenfal^rten ^n XSalb gentad^t, fd^öne 
(^e^elte toerben au|en im Grünen bei ber fvifd^en CueHe aufgef dalagen, mand^er« 
lei ^rgtveile »trb DoHbrac^t toon 9littem, Ihtcd^ten unb ben grauen, mit 
fingen, Warfen, Steigen, springen, SIennen unb Sagen unb umtvanbeln ie 
fmti unb gioet, mit Firmen fd^ün umfangen; jieber finbet in ber 9ue, toonta(!^ 
er fid^ gefel^nt bis jum Sog ber 8runnenfal^rt.'' fB^L 92arrenbu<^ @. 305 u. 



122 



Ilagen benn aud^ bie ©finget ))ielfad^ aber bie Seiben be$ SSintet^. 
„Uni f)ai ber äSintev lalt unb anbre 3totff \nd getl^an )u Scibe; 
i^ \ml)nU, ba^ id^ nimmer Slum^n totl^ fäl^e an grüner $eibc'' 
(9BaItl(ier üon ber SSogetoeibe, 3Sl I, 138 b, 3). ^Jl5nnt' id^ li^erfd^Iafen 
beS aOBinter^Seitl'' (ßbb. 9». I, 113b, 3.) „Safet bie ffielt mein eigen 
fein! mir tl^ate bod^ ber SBtnter toel^" (^einrid^ öon SBcIbele, 3R. I, 
21 b, 3). 92id^t blog I5rt)erlid^eS 3Ri£befinben toar )u bellagen, aud^ 
bie gefeSige ^reube toar i^ödig unterbrod^en« Slitterfefte, S^umiere, 
%&nie, toai bie l>emn)elten Surgbetooi^ner v^erfammelte unb bie Sr^aucn 
in bie ©efeüfd^aft führte, ioar auf bie fd^dne 3^l^red)eit t>ern)iefen, 
benn nur bad offne §elb gab 9taitm für fold^e SSerfammlungen unb 
Vergnügungen. „SSHo nun Ueiner So^ein fü^ Jtofen? 3Bo Soub, 
@ra$? too Stlien, SSioIen, Stofen? ta)o ber SRägbleiit 9letsen unter 
Sinben?" (Äanjler, 3». II, 241b, 4.) SBJer ben ©ommer üb« fetii 
@lüdC ))crfäumt f}ai, ber mug nun fd^on ben äSinter fid^ gebulben. 
Sie 3agb im n)ilben SBalbgebtrg i[t )e|t bed Slitterd einjiged @rge|en, 
ba^ @d^5ne ift fern gerüdft unb nur ba$ fel^nenbe Sieb ift Sabfal in ben 
einfamen, büftem @tunben. 

Sie erften S^iä)^n be^ tDieberlel^renben ^^rül^Ungd toerben begictrig 
ex^)faf)t unb innig begrübt Wlan beule ftd^ ben <Sänger, n>ie er, über 
bie SxxiM gelel^nt, in bie h)albige Surgl^albe l^inunterlaufd^t: „^^ 
l^5rte gern ein S3i>gelein, bag l^übe tvonniglid^en ©ang" (Steinmar ber 
alte, 9R. I, 79 a, 2. »gl. I, lOOa, 3). „3d^ l^ört' ein ämfelein tool^I 
fingen, ba bäud^te midS>, ber Sommer toottf erfte^n'' (Ulrid^ öon 
©Utenburg, 3)1. I, 48 a, 4). „^d^ bin n)orben geioal^r neued Sauber 
an ber Sinbe" (^einric^ ^on Selbele, 3R. I, 21 a, 3). „2)a id^ bad 
grüne Saub erfa^, ba lieg id^ ioiel ber Sd^toere mein" (Steinmar^ber 
alte, aJl. I, 73 a, 2 \>. u. 3Sgl. gRi^cellaneen II, 199: „Se« grünen 
Sauber bin id^ toorben tt>ol^(gemutl^'0* n^^ ®ott! ad^, foQt* id^ bei 
i^r fein, fie ift fo fd^ön unb aud^ fo fein, ald bie SSioF imSRerjen" 
(aSaltl^er Don mingen, SR. I, 31b, 2). 

3)er Siebenbe mad^t nun förmlid^ feine @ntn>ürfe, ioie et bie tDonnig^ 
lid^e 3eit (3R. I, 140 b, 3. 165 a, 2. II, 54 a, 2), bie 3eit ber 
Sommertoonne (501. I, 166 b, 2. II, 22 b, 6. 53 a, 5. 56 a, 2. 
104 a, 2. 33ened(e 236, 1) ju feinem J^eil Dertoenben möge. „Sin 
neuer Sommer, eine neue 3^^^" (SBaltl^et Don bet SSogdtoeibe, SR. I, 



123 



108 a, 6.) @in toeited §elb ift fär iebe Hoffnung eröffnet. SRanc^ 
fenbet Sotfd^ft an bie &AuW unb lägt ftd^ il^r für btefen Sommer 
em))fol^en fein: „^if fal^ 33oten bed €onimerd, bad maren Slumen fo 
rotl^; tt>eift bu, fc^&ne ^raue, h)a$ bir einätitter entbot? ^t)m trauit 
fein $er)e, feit er ^um legten t)on bir fd^ieb . . . !Run l^bl^e il^m fein 
©emfitl^e gen biefer ©ummerjeit!" (3RiIon bpn ©eDelingen, 5W. I, 
97b, 4. gSflI. 3». I, 41 a, 3. 182a, 5. 78b, 1 \>. u. II, 25b, 4.) 

@in Slnbrer toanbelt einfam unb befud^t bie ®teDen , h)o il^m füge 
Erinnerungen blül^en: „9luf ber Sinbe oben ba fang ein Keinem äSöge« 
lein; k)or bem äSalbe toarb ed laut; ba l^ub ftd^ toieber ba$ $er}e 
mein an eine Statt, ba ed el^e \oax, xä) fa^ ba 9lofenb(umen ftal^n,. 
bie mahnen mid^ ber ©ebanlen Diel, bie id^ l^in }u einer f^rauen l^an. 
(S& bünlet mid^ tool^l taufenb Siai)x, feit id^ an Siebet älrme lag; 
fonber aSe meine @d^ulb frembet fie midff mand^en ^ag; feit id^ 
Slumen nid^t mel^r fal^, nod^ l^örte !leiner SSogel ®ang, feit xoax aü 
meine ^reube lur^ unb aud^ ber 3^^)^^^ ^^h^ i^^^S" (3)ietmaT üon 
3(ift, ^ I, 39 b, ö* 6). älud^ bie @4&ne freut ftd^, bag ber SBinter 
^ingefd^ieben unb mit il^m aE i^r Xrauem: „3Rein Sieb mag mic^ 
gerne )u ber Sinbe bringen, id^ toiU um ein neue^ ^ränjel mit il^m 
ringen" (SR. I, 22 a, 3 bi« 7)K 

3)ie frdl^lid^e 3eit ber ^aient&nje ift nun l^erangelommen unb bie 
3ugenb eilt l^inauS in ^elb unb $ol), um 93lumen ju bred^en unb 
ftrünje 2U fled^ten. S)enn ol^ne ftranj gel^t Sliemanb )um 7an)e. 
„9Bed $er) \>on 3Jlinne brennt, ber foK einen Aranj t)on 9tofen tragen'' 
(aJl II, 60 b, 2). Süngft nod& ^at ber Sicbenbe gellagt: „3;d& lann 
im 98albe nid^t ein grünet At&njel finben ; n>omit f oQ meiner t^^euben 
Xroft i^r lodRg^aar betoinben?" (fjriebrid^ berÄned^t, 2R. II, 115 b, 
3.) S^ftt reid^t er ber Siebften ben frifd&en Slumenfranj: 㤊tt' id& 
^xA eb^l ©efteine, bal müft' auf euer ^au))^ Unb lül^ner nod^ fagt 
er: „äBeiger unb rotier 93lumen toeig id^ t>iel, bie ftel^n fo ferne in 
iener $^be, ba fte fd^ön entf))rangen unb bie tleinen SSögel fangen, 
ba foU'n loir fte bred^en Seibe.'' @ie nimmt, U^ad er il^r beut, einem 
Ainbe gleid^, bem @^re gefd^iel^t, i^re äSangen toerben rotl^, toie bie 

1 ^ai» £ieb rü^rt, ber ^^rat^e mäf, fci^werltd^ )oon ^eiitrid^ Don SelbeYe 
^er, bem i» jugefd^ricben ift 



/ 



124 



Slofe, btc Bei Stfien fielet; be« fd^ämen fid^ tl^rc Kd^tm Sfugett, fte neigt 
il^m fd^ön, bad toitb il^m )um So^ne; toirb il^m nod^ tnel^r, bad nimmt 
er fd^toeigenb (aSaltl^er öon bet Sogeltoeibe, SR. I, 125, a). ©old^e« 
9Iumen6red^en , bor bcm SBJalbe tober auf ferner 2lue, gilt für bebenl« 
lid^ unb ber Slu^brud toitb nid^t bo))t)eIfinnig gebraucht (ÜR. I, 2 b, 2. 
81b, 5. 140 a, 6. II, 81a, 4. 119 b, 3. SDlufeum I, 395). Slofen 
lefen unb ein Äu| Don rotl^em ÜKunbe ftnb gleid^bebeutenb (Salt^er 
bon ber Sogelioeibe, SM- 1, 137b, 2). ©ieSKutter \oaxnt, fte fd^Refet 
felbp bie Seterlleiber ein, loenn bie 3^o(^ler in bie Slumen unb jum 
Xanje toitt. 㤟te bid^ toor ber SBiege!" (3R. I, 196 a, 2) ruft fie 
nad^. Unb nid^t überflüffig ift bie SBarnung. gm nftd^flen 3a^r, 
toenn toieber ber Steigen ertdnt, ^5rt man bajloifd^en ein anbred Sieb: 
„SEBiegen, toagen, gugen gagen! 3(mme, nimm bad jtinbelein, ba^ ed 
nid^t mel^r toeine!" (SKufeum I, 386. SBgl. ^einridj« Don griberg 
S^riflan 38. 5169: „gigen, garren.'O 

3)ie 3^&n)e toerben auf blumigem Singer, unter ber Sinbe gel^alten, 
bie mit f&ufeinben Slattern Dor ber Sonne fd^irmt (ÜR. II, 84 a, 2 
t>. u). Sie Sinbe ift unfern beutfd^en Sängern ber liebfte unb ge» 
feiertfte 93aum. Sffiad bie Stofe unter ben Slumen, ba$ ift bie Sinbe 
unter ben Säumen. SDarum loeife ber bon Xroflberg feine ©eliebte 
nichts eblerem ju bergleid^en, atö einer Sinbe, toeld^e 9{ofen trfige 
(SK. II, 51 b, 1 b. u.). (g« ift üomel^mlid^ bie ©üfee (ebb. unb 1, 141b, 2. 
10 b, 4), ber Slüt^enbuft, toad an biefem Saume gerühmt toirb. 2)ie 
Sinbe, in beren S^^Q^ i>5^ Slad^tigaD fmgt, ift aud^ bieSufl««^* k« 
Siebenben, bie baiS ©eräufd^ ber 3Renge fliel^en^ unb ein @&nger ber 
SRinne lann bie Sinbe nid^t nennen, ol^ne an bie fü|eften f^reuben be$ 
fJrfll^Kng« unb ber Siebe gu benfen ^. 

3u ber blül^enben Sinbe, im X^al Dor bem SBalbe, )iel^t nun bie 
frbl^Iic^e @d^aar, ioenn fie mit Slumenir&njen fid^ gefd^mütft l^at. @ine 
Jungfrau, in il^rem befien t^eiertag^tleibe (!ER. II, 83 a, 2 b. u.), trägt 
ben SRaien Dor, bon beffen BpH^e ein langer ©d^leier toel^t. Xu^ 
rotl^em ÜRunbe, gleid^ einer Slüfl^e, fingt bie Xrftgerin Dor, bie anbem 

1 3n einer alten Übertragung beiS $o^enItebd (^erber, Steber ber Siebe 
@. 154) l^et^t e9: „2)o pei flet ein (tnbe ^ait, bor unter füS totr fein gemeit." 
((Sop. 8, fß. 140 



125 



aOe fingen nad^. 9Cfö jte bei bet £inbe angelomnten , ba l^ebt ftd^ mit 
lautem @d^alle bev SRaientan). S)ie Jungfrau unb il^re ®eft)ielen 
fingen ben Steigen (Don @taml^eim, Sit II , 56 b, 4 bid 6). 3Bet e^ 
l^ört, ber eilt l^erbei: „^6^ l^öirt* auf ber ^eibe laute @timme unb fü^en 
Sang, nad^ bet mein ©ebanfe rang unb fd^toang, bie fanb id^ ju 
Sanje, ba fie fang; ol^ne Seib id^ ba^in ^pxan^" (^eintid^ t>on SOtotunge, 
üJt. I, 55 a, 1 b. u.). 3^bet trad^tet, mit ber an ben %ani ya treten, 
bie il^m in bie älugen leud^tet: „9Bo nun Sieb bei Siebe gal^t, ba giebt 
SWaie füften 9latl^" ($»1. I, 14 a, 2). 2)ort ftel^t ©ner, ber in ber 
^enge 2)ieienige fud^t, t>on ber il^m geträumt, tvie neben il^nen bie 
SSIütl^en t)om Saume nieber auf ba$ ®rad fielen; aber bie üt)))igen 
Slumcnir&nje, ©d^attenl^üte, »lumenl&üte (Tl. I, 14 a, 5- 3 b, 4. 
II, 81 a, 5) ))erbeden mand^ blül^enb ©efld^t: „3R\x ift i>on ü^x ge» 
fd^e^en, ba| id^ biefen Sommer aQen ÜJtaiben mug feft unter bie 
älugen feigem 98a$? ob fte gel^t an biefem %ani^l t^rauen, burd^ 
eure ®üte, rfidEet auf bie $üte! äBol^l mir, fal^* id^ fte unterm 
Äranje!" (311. 1, 136b, 6 f.) ©n Slnbrer fd^aut bel^aglid^ ju, toie feine 
©^öne am Steigen f))ringt unb fid^ toie eine äBeibengerte fd^toenlt 
(3)t. I, 159b, 1). S^ner fingt felbft ben Steigen: „ ©inen Umfang mit 
Slrmen blani, ben toünfd^et bem, ber ben Steigen fang!" (aW. II, 
48 a, 4.) 2)ort tanjen )toei, bie Mer SSlidfe auf ftd^ jie^en: „@lle 
unb @lfe tanken n)ol^l, bed man ben Seiben banlen foE" {Wl 1, 143 b, 
1 t). u.). 9(ud^ ber bunte SaQ toirb )ta)ifd^enl(^in getoorfen unb be« 
günftigt ift, UKm er aud lieber $anb aufliegt {3R. II, 56 b, 1 )>. u. 
59 b, 2. 75 b, 3. 79 a, 6 f.). Sung unb Sllt (3R. II, 244 a, 1), 
benn „ba ift 5Riemanb alt" (3R. I, 117 b, 7. SBgL SWigcettaneen II, 
168), Pfaffen unb Saien treten an ben SRing (Senedfc 167. 184), 
rafd^er U^irbelt ber ^an), Sltl^em unb %üj^e t)erfagen, ber Steigen Der« 
irrt ftd^, bie @aite n>irrt ftd^: „Sd^reiet Sllle l^eia! I^ei! nun ift bie 
©ait' entjUjeil" ^\nS&xÜi(f)ex ruft bajtoifd^en: „SRein^erje mui ent« 
iWei!" (»enedfe 159. 169. 184. 191. 3W. H, 63 a, 1. 61b, 1 u. 
64 a, 1.) „^reuben Diel l^atten fie", fagt ber Don Staml^eim, „il^nen 
toar bort lool^l, (Sott l^elfe un3 l^ie!" (Wt. U, 56 b, 1 D. u.) 

^iefed nun ift bie lurje ©efd^id^te bed t^rü^^ling^, bie unfrem 
^Jiinnefang )u ©runbe liegt. Slud^ bie l^öfifd^em Sänger toeifen Diel* 
fältig barauf jurfid unb Idnnen oj^ne iene ©runblage nic^t DöUig 



126 



l>evftanben toerbcn. SBatt^et \>on ber aSogeltoeibe, bem bie ßctlttflcre 
Seite be« 3Rmnefang« tool^I bclannt ift, l^at bod^ aui jenem Äreife 
mel^rere feiner frifd^eften SebenSbilber entnommen. SWur im obigen 3u- 
fammeni^ange loirb e« toöKig flar, toarum ein fo ßtofeer *!Ef)til ber 
3Rinneliebet aU ^rül^linö«* »i^^«^ SSäintetlieb erfd^nt. 3)er blumige 
aial^men ift bem fBlinnefang eigen geblieben. 2)ie S^ftfinbe beS lieben« 
ben §erjen« h^etben forth^äl^renb mit bem Seben ber 5Ratur in Se« 
jielSlung gefegt. 

33ie grofee änjal^I fold^er Sieber, toeld^e mit einem Meinen ®e« 
mälbe be« g^ül^lingg ober SBinter^ beginnen unb biefem enttoeber bic 
Hoffnungen unb fjreuben be« Siebenben, ober feine Älagen übet bie 
Ungunft ber ©eliebten anreiben, lä^t fid^ auf toenige burd^greifenbe 
Sichtungen jurüdEful^ren. a)a8 ©nfad^fte, h)aS mit jener altertl^nu 
lid^en ©runblage am nfid^flen jufammenl^fingt, ifi, toenn ber ©änger 
fid) freut unb gur greube aufforbcrt, bafe bie glüdtlid^e Seit be« gräJ^-- 
ling^ unb ber Siebe toieber angebrod^en, ober umgefel^rt, toenn er ba§ 
©d^eiben biefer fd^önen 2:age betrauert; überl^auj)t loenn bie ©timmung 
feines ®emütl)ö mit ber garbe ber Sal^reSjeit jufammentrifft. Slnflönge 
fold^er Sieber fmb: „S^eut eud^, ^vlxiq unb ältl man fielet toieber 
manigfalt lid^te »lüt^ entf))ringen" (SW. II, 92 a, 2). „SBJol^l ben 
Meinen SSögelein ! tool^I ber ßeibe ! too^I ben lid^ten Sagen ! ® ie f offen 
un« ju ^Jreuben fd^einen" (3K. II, 54 b, 2). „ÜRaienblütl^e unbg^re 
®üte bie finb tool^l einanber gleid^; lt)o bie Slofen fte^n in Slüt^e, 
bie ftnb nid^t fo minniglid^, ate mein Sieb, be« freu* id^ mid^" (3)?. I, 
31 a, 7). „Sn bem lüftef ü|en 5!Raien , toenn berSBalb gelleibet ftal^t, 
fo fie^t man fid^ fd^öne jtoeien Slffe«, toai ein Siebe« l^at; fie ftnb 
mit einanber frol^, ba« ift red^t, bie S^t toiff fo" (Ulrid^ Don Sid^ten^ 
ftein, aW. II, 33 b, 2). „^d^ bin öertounbet toon jtoiefad^em Seibe, 
e« falben lichte Slumen auf ber $eibe, fo leibe id^ 9lotl^ Don einem 
reinen SBeibe" (3R. I, 4 b, 2 D. u.). „SEBinter unb ein anber Seib bie 
geben mir oft fel^nenben 3Jlutl^" (501. II, 25 b, 3). „D toel^, liec^te 
2:age! o toel^, SSIumen rotl^! o n>el^, Vogelfang! o\x>t^, grüner SBalbl" 
(SMufeum I, 366.) „SBag l^at mid^ bie liebe S^it Derfangen, ba^ fo 
fd^ön ber ©ommer toaS? ®er ift ol^ne greube mir jergangen, o toe^ 
»lumen! o h)el^ ®ragl" (3R. I, 161a, 2 D. u.). ®ine jtoeite SBeife 
berul^t auf bem ®egenfa$, toenn ber Siebenbe in ber fd^Snen 3^*^ 



127 



trauetn tnug, ober in bet trüben ftd^ glfidltd^ fü^It. „D tod)\ ba^ 
mir bei lichten, toonniglid^en %CiQen nid^t ein @ommer an bem ^er^en 
hjirb!" (3W. I, 167 b, 5). „^d) l[^ab' ertofil^It mir felber füfeen Äummer, 
ben h)iH id^ l^aben für atter Slumen ei^tin" (3R. I, 15 b, 5). „@8 
mal^nen mid^ bie lid^ten Jtoge meiner alten fel^nenben Älage" (3R. I, 
34 b, 5). „Aalte Steifen unb ©c^nee jcrflel^^n, unjergangen ift meine 
5Rot^" (m I, 146 b, 3)- ,,®« tointert mir bie Sommergeit" (TO. I, 
32 b, 4). „3)er grüne Ätee ift mir ein ©d^nee, toie fd^ön bie Keinen 
SBögelein fingen, mir ift bod^ toel^" (3R. II, 48b, 7). „2)er5Wai l^at 
manigfalte »lütl^e, fo l^ab* id^ ©orge manigfaJt" (9Jl. I, 36 b, 5). 
„SSBa« tröpet ba«, ob id^ in Slofen toate bi« jum ©ürtel?'' (STO. I, 
162 a, 1 ö. u.) „Igd^ mnfi ol^ne SBel^r toerberben, in ben motten 
SBonnen fterben" (3)?. I, 36 a, 6. SKufeum I, 366). „ffiinter, bir 
fei imberfagt! id^ h^iU frö^Iid^ bleiben" (3». II, 91 a, 3). „®ieSög. 
lein fmgen un« nid^t mel^r, bod^ fing' id^ meiner grauen" (3R. I, 
193 a, 2). „SBol^l nä^m* id& eine lange S«a^t für taufenbfad^e SSlütl^e" 
(3R. I, 4 a, 1 b. u.). „3Jlir fd^abet Steife nid^t, nod^ ©c^nee, id^ 
h)ei| fo lad^enb einen aJlunb, ber toie bie neue SRof* entfpriefet" (Wl II, 
21a, 4). „%VLX ba$ grüne Saub [il^r golbne^ $aar totU id^ immer 
gerne greifen" (3K. II, 209 a, 5). 3)iefe lefetere SBeife gel^t enblid^ ba» 
l^in über, bafe ber ©anger, einjig in feiner Siebe befangen, fid^ über 
bie ^a^xt^ext gänglid^ l(;intoegfef}t: „^d^ l^abe mel^r }u tl^un, benn 
»lumen Ilagen" (3R. I, 68 b, 1). „$ätf id^ nid^t anbre^Seibe« mel^r, 
fo looDt* id& Ilagen ben grünen Älee" (SKufeum I, 401). „2Ba« Hag' 
id^ bummer SSöglein ©ang? loa« Hag' id^ nid^t bie fd^toere S^t, bie 
id& gebienet ol^ne S)anl?" (5!Kufeum I, 346.) „©ommer unb SSBinter 
beibe pnb gute« aWanne« Jroft, ber 2:roft begel^rt" (3W. I, 110 b, 5). 
„3d^ freue mid^ gegen bem 9Jlaien nid^t, nodj^ traur* id^ gegen be3 
aSinter« Seit" (3R. II, 16 a, 4). Ulrid^ öon Sid^tenftein tabelt bie 
SEBetterf orger, bie, ben SSögeln gleid^, im SBinter trauern unb nur im 
©ommer fjreube l^aben. ©ein $erg ift frol^, toie e« toittre (tJrauens 
bienft ©. 248. aR. II, 37 b, 8). 3Wan fielet übrigen«, bafe aud^ ber 
©leid^gültige nod^ ber 9laturbilber )um ©egenfa^e bebarf. 

©otoie bie Slnlage biefer Sieber auf Wenigen ©runbjügen berul^t, 
fo Ij^at aud^ bie SRaturfd^ilberung i^re ftel^enben Silber. 2)er ©ang ber 
3Sögelein, öorauS ber Siac^tigaU, ba« ©rgrünen be« SSBalbeS, bie 



128 



laubenbe Stnbe, ber frifd^e StUt, bte Slumen, bie au9 bem ®rafe 
bringen, bie lid^te, tl^auige 9Iofe; l^inU>iber bad SSerftuntmen ber 3la6)* 
liflatt, ba« ^^unbefungene" %f)al (9R. I, 30 B, 2. »gl. 1, 192 B, 2. 
II, 244 B, 2), bad ^alBen bed 2Balbed unb ber 9[ue, bie Sinbe, beren 
S3Iätter faQen, bie it>ellenben Slumen, Sleif unb ©d^nee, too man 
9(umen lad. 3(Ber Bei aU biefein äSieberlel^renben ta)irb ber aufmerf' 
fame ^reunb ber $oefie ftd^ manigfad^ angezogen unb Befd^&ftigt finben. 
92id^t BIo^ ba^ einjelne SHd^ter bie gemeinfd^ftlid^en ©runbfomten )u 
felbftanbigern ^arfteDungen audgeBilbet l^aBen, fonbem ed ifat auif ein 
großer %f)^l ber @&nger i&xem ©emeingut, in ftfirleren ober leiferen 
3ügen, ba§ @e))räge bed eigenen Sinnet unb (Semfitl^ed mitgetl^eilt, 
Befonberd aBer geigt fid^ eine freiere 9RanigfaItigfeit im ©eBraud^ ber 
StaturBilber ald ©leic^nid unb gur SSerfinnKd^ung. 2)enn aud^ barin 
ift ber Sllinnefang feinem Urf))rung treu geBIieBen , ba| er feinen meiften 
unb lieBften S3t(berfd^mud( auS ber Statur felBft entnimmt 

äBenn unfre altbeutfd^en ^id^ter bie @d^5nl^eiten ber !Ratur fd^ilbern 
ober Bilblid^ an)oenben, f o feigen toir bie Statur im (id^teften t^^Iingdglanj 
unb in ber j^etterften^^rifd^e bed SRorgeniS. 2Sir erfreuen un^ bed faftig« 
ften @ründ, ber l^eQften 93(ütl^enfarBen, bie Sonne bur(^[eud^tet SSlumen 
unb £lee (3)1. II, 244 B, 3), bie 93lumen tropfen t)om 3;l^au, ber il^nen 
eben erft in bie äugen gefatten (3». II, 34 B, 6. 78 a, 5). S)iefe S)id^ter 
t)erftel^en t^, h)ie bed ©ommerd firaft an ungejal^Iten SSlüt^n unb 
Slumen garB* in garBe mifd&et (SM. II, 243 B, 4. ®Bettb. a, 1. II, 53 B, 
2 ö. u.). w^Jiel mand^erl^anbe garBe l^at in feinem ßram ber 3Kaie; 
ftnb gelB, grün, rotl^, ftnb Blau, Braun, BfanI, ftnb toonniglid^ mU 
fjjrungen" (501. I, 59 a, 2). „3n fd^öner©rüne grünt ba« I^al, au3 
mt\)c gl&ftet 9lot^, l^ie gelBer ©elB, bort Blauer S3lau, bort toeiger 
Silien ©d^ein; ©Ott färbet garBe öiel ber SBelt" (3)1. II, 50B, 3). 
S)er 6inn für malerifd^ed garBenf))ieI eriveift ftd^ in mand^em lieBlid^en 
SBIumenftüdf. ä(ud bem jungen grünen ©rafe läd^eln bie lid^ten SBIumen 
\)Mox, ate tooHten fie einen ©ru^ nn^ aBIoien (3B. II, 180 a, 4). 
3lug grünen SÄften glänjen loeifee »lütl^en (3R. I, 44B, 3) unb bie 
Slofen ftel^en in il^rer Beften 9i5tl^e, toie ed grünem $age Beilagen foQ 
(3R. II, 54 B, 2. S3g(. II, 52 a, 6). @in l^eimlid^ed ps^d^en toirb 
und ausgemalt, eine bid^te ©xvippc vielfarbiger SBIumen, mit bem 93(atte 
bed jtleed untermifd^t, barüBer bie Breite £inbe, auf ber bie SSöglein 



129 



ftn0en, ^ ü^cei» grfinen Sauber x&f)mti (3S. I, 17ö a, i. S3gl. II, 
167 6, 5. I, 115 a, 2). 

3)ie lid^te ^rfil^Iingdjrit , bie glfinjenbe SlumeniDelt muffen beim 
auäf \f)x ^efted )um ^veife bev ©elie&ten l^erleil^n. „Sie ©onnenUid, 
fie aRoienfd^ein, fte Sogelfaiig!'' (3R. I, 184 b, 1 \>. u.) „®te Ipo^l 
geWü^te« aSaienrei«'' (3)1. I, 178 6, 4). „5Kein'« ^erjenö frielenbe 
2Raien{i0ttnel" (SR. U, 38a, 2 ». u. SSflI. 39a, 2 ». u.) ,r2)et 
@jd^ein, ber i^r t)on ä^ugen ge^t, ber mac^t mid^ fd^dn erUiü^en" 
(3Bufeum I, 435). „jtdnnten SSösel ted^t erfd^auen, {te eiiören fie 
j»r grauen ftatt ber Hd^ten ©omwerieit" (5W. I, 84 a, 6). §5or 
älQem aber ift bie Stofe ber beliebtefte Sd^mudE, unb (Voar bie Slofe im 
SRaientl^aUr f^ xtäft in il^rem fSftlid^ften S^genbfdj^immer. ^rft bient 
fte übttHjaupi )um IBilbe l^errlid^er t^rauen. „9Bad t^ergleid^et ftd^ ber 
SBonne, ba eine Stof im £^aue ftel^t? Sliemanb, benn ein fd^5ned 
äSeib, bie mit redetet SBeibe^güte tpol^l fann gieren i^ren £eib'' 
(3R. I, 194 a, 1). „Sie SRofe in SRaientl^aue ! " (3R. H, 99b, 3.) 
„9li>(e ob ^Qen SBeiben man fie nennen foQ'' (9R. I, 6la, 3, oud^ 
fflenedfe 229 f.)» „Sie ift meine blül^enbe SRi>fe, g^adSifen fonber S)om" 
(SR. I, 184 b, 1 D. u.). „®ine SRofe gegen Silben 2)orn ift fie bei 
anbettt grauen" (SfR. 1, 193 a, 3). „3d& bin frol& bon einer 3lofe, 
bie lann f»>red^en föfee aOSott'" (3K. II, 40 a, 5). „?IRir träumt* ein 
SCraum, n)ie ein Stofenbaum, l^od^ unb fd^lanl, mit }toei blfii^ienben 
tften umfienge mid&" (SR. II, 209 a, 6). Dft bejeid^net bie Stofe, in 
SufammenfteUung mit ber Silie, ber grauen blü^enbe ©eftd^tsfarbe, 
jumal n>enn bie Siebe mit biefer garbe f))ie(t. „3^^^ iDOl^lgefteSten 
SBängel fmb gefarb, toie eine tl^auige Slofe rotJ^" (501. I, 148 b, 4). 
„Slofen rotl^ geftrcut auf toeifeen ©dj^nee ftnb ber Sieben unter 3lugen" 
(5K. U, 209 a, 4). „Db fte mir toeber 2:roft nod) ^ülfe bot, bod^ 
toarb il^re garbe lilienloeig unb rofenrotl^" (SR. I, 54 a, 3). „a:i^auige 
Slofe gegen ber ©onne, bie ftd^ aug ber ^iille l^at jerf J)reitet , ftel&n 
i^r Silien nal^e bei: bie üiel Sofe f^at mit ®üte biefer jtoeier äSlumen 
©d&ein" (»enedte 194. 3». I, 59 b, 2). Silien unb 9tofen bebeuten 
«ber aud^ ber grauen ftttlid^e Sleije : „könnet i^r mit Sudeten fröi^Hd^ 
fein, fo ftel^n Silien h)o^I ben SHofen bei" (3)1. I, 115 a, 2). äud& 
ber rotl^e 3Runb unb fein fü|er Jtug nel^men, n>ie leidet ^u erad^ten, 
bie SRofe jum »übe. „3^r 3Jlunb fte^t in fü^er »lütl^e, tt)ie in 2:i^au 

ttl^Unb, (Sc^rifUn. V. 9 



n 



130 

eine Kd^te Slofe totl^" (3R- I, 197 a, 3). „^ein ÜRunb ift rötl^er, 
benn eine lid^tc SRofe'in 2:^aue« Slüt^e" (9R. I, 130b, 1). ,,3ted^t 
ate eine Slofe, bie ftd^ an^ bet Äno«})e Ififet, toenn fie beS %f)avie^ 
geirrt, fo bot fte mir ben fügen rotl^^en aRunb" (3R. I, 2 a, 4). „Äüffen 
ift ber SKinne Slofe" (aRigcettaneen I, 111). (Sinen biefet Sänger 
bringt ber rofenfarbe SKunb feiner ©cUebten auf ben ßinfall, ate 
l^abe fie eine rotl^e 3lofe ßegeffen (2R. I, 25 a, 5). SSefonber« aber ijl 
bad Sad^en ober S&d^eln fd^dner t^rauen rofig nnb rofenbringenb. ,,9Sa^ 
fann Xrauren ha^ öerf d^toad^en , benn i^r jarteg röfelid^te« Sad^en?" 
(5W. I, 200 a, 1 to. uO „SRofenrotl^ ift il^r ba^Sad^en, ber toiel lieben 
fjrauen mein" (3R. II, 52 b, 6). „9Benn bie^eibe baar ber SSlumen 
liegt, bennod^ fe^' id^ SRofen, toenn il^r rot^e« aRünbel lad^et" (SR. II, 
22 b, 2). „©0 oft id^ meine gfrau anfeile, ift mir, toie 9Hle8 SRofen 
trage" (3R. I, 3 a, 1 ^). u.). 3)iefe« l^ängt mit bem alten SWäl^rd^em 
glauben loom Slofenlad^en , loon rofenlac^enben £euten jufammen. @$ 
foQ begabte ^Renfd^en geben, i)on beren l^erjlid^em Sad^en S3erg unb 
3:i^al, Saub unb OraS toott Stofen toerben. 3)er greube blül^t ja bic 
äSelt 1. Unter ben SRinnef&ngern l^at ber ©raf t>on S^oggenburg in 
feinem gl&njenben Stofenliebe biefen lieblid^en ©lauben am tlarften unb 
)>ollft&nbigften bel^anbeli 93lumen, £aub, filee, 99erg unb ^^al unb 
all beg SRaien fommerfüge SBonne fmb il^m gegen bie Slofe fal^l, bie 
feine fjraue trägt. 3)ie 6onne erlöfd^t in feinen SCugen, toenn er bie 
9iofe ^d^axxt, bie au$ einem rotl^en ÜTlünbel blül^t, toie bie Slofen auS 
be$ 3Jlaien S^l^aue. SBer J^ier jjemate 9iofen bvad^, ber mag tool^l in 
^od^gemütl^e fd^tocben. SSBaS je ber ©änger Stofen fal^, nimmer fal^ 
er bod^ fo lofe Slofe. 



1 Über bag 9lo[cTtIad^cn f. 3* ®rimm, (Srläutcrutig einer ©teile a«8 SlpoKo* 
ntug Don X^rlanb , Stltbeutfd^c SBcilber «b, I , ®. 72 bi2 75. 3)af elbjl ifl anäf 
baS SJiinnelicb beS ©rafen üon 2:oggcnburg erläutert SRod^ finbet man in 
@(^waben bie (^efd^Ied^ti^namen Slofenläd^ler, SRofenläd^er. ((S:^rifllid^e ^nfl* 
f^mboftf unb 3fonogra<)]^ie, granlfurt 1839, @. 30: „®. SlngelB». 3n 
^armeliterüeibung; mit 9lofen unb Silien; ober 9lofen unb Stlien fallen i^m 
au& bem äJ^unbe. Slnf^ielung auf bie Segenbe, bag if^m etnfl kodl^renb ber 
^rcbtgt \fild)t 33Itit]^en au8 bem äRunbe gefallen feien, (gr l^atte ben Serg 
Marmel auf göttlid^en ©efel^I uerlaffen unb ^jrebigte in ©tctlien, teo er oon ben 
9lnbcv«glöubigen ben Sob beS aKärt^rct« erlitt") 



131 



9BaS man ber 9tofen brid^et in bem %f)al, ia fte bie fd^önen 
modlet, cHibali il^r rotl^er 3Runb eine anbre, taufenbntal fo fd^öne, 
lad^et (aJl. I, 10 b, l ü. u. f.)*. 

S)ie blül^enbe ^atbe biefet Slaturbilber ift unioerlennbate ^olge ber 
Streue unb iSnntgleit, toomit unfre Sfinger ba$ Seben ber Statut be» 
obad(fteten unb erfaßten. 3Rit toeld^er l^erjlic^en S^l^eilnal^me Hagen fte 
oft bie 3toti} ber Slumen unb ber SSögel bei einbred^enber 9EBinter$)eit ! 
„äSinter, toa^ f^at bir getl^an bie minntglid^e Slütl^e unb ber Ileinen 
aSöglein fü|e« ©ingen?" (SK. I, 4 a, l to. u.) ^@eit fo ungelaubet 
fte^t ber SBJalb, too nel^men bie SSögelein 35ad^?" (ßt, II, 109 b, 1. »gl. 
aR. I, 193 a, 1 i>. u. 197 b, 1.) 3)er traulid&e Serlel^r, lootein f«^ 
unfre ©id^ter mit ben geflügelten „aBalbpngern" (^R. I, 148a, 4. 
$. ®eorg SS. 5849) fe^en, jeigt uniS nod^ auf befonber^ anjie^enbe 
SBeife il^r gemfltl^lid^e^ Seben in unb mit ber 9latur. @ie merlen tool^l 
auf ber SSöglein t)erfd^iebene äBeife unb toie jeglid^ed feine ©timme fon- 
berg fingt (ÜB. D, 56 a, 1). „3)ie Serd^e lüftet il^r ®etöne,^bafe il^r 
©d^att auf burd^ bie SEolIen bringet" (3R. I, 12 b, 2 b. uj.' „©fi^e 
2uft burd^tdnet ber Serd^e ©ommergrul'' (3R. II, 244 b, 3. SBgl II, 
92 b, 3). „SKan i^ört Heine S^lein in ben Sluen überaß, ©roffeln, 
Serc^en unb bie S^fe tBnen toonniglid^er SBeife mit ber freien 5Rad^* 
tigatt'' (SR. I, 191 b, 1). „«u8 bem Saube fingt ber SBittetoal (bie 
@oIbamfel), 3)rojfel ^od^ auf SBalbe« SQSilbe, £erd^' ob bem ©efilbe, 
in ben Sluen tönt bie SWad^tigaC'' (W. I, 203 a, 2). „2)er SBalb ift 
neueg Sauber reid^, il^n freun ber 935glein £5ne, fie l^aben toonnig^ 
lid^en ©d^all, t)oraug bie liebe Slad^tigaU, ber ©ang id^ l^ol^e fröne'' 
(3R. I, 184 b, 2. aSgl. II, 182 a, 5). „$öretl toie bie freie ^tad^tigaH 
füfeen ©d^att burd^ SBfilber in äuen tönet!" (?IR. I, 13 b, 2.) „®a 
l^ört man bie 9lad^tigall auf bem blül^nben Steife fingen lobelid^en 
©d^aQ" (3R. I, 13 b, 1 b. u. Sgl. I, 14 b, 1. 4). „3n ber blü^nben 
»lüt^e ©d^ein tönet too^l bie 5Rad^ttgatt" (3K. I, 198 b, 4). „^od& 

1 tiefer Sßi^tl^ud Dom 9io\tx(ki6)tn finbet ftd^ and) in einem neugried^ifd^en 
^oÜStiebe Bei gauriel, Chants populaires de la Grkce moderDe n, f. m. 
S3b. II, @. 382: 'Oftov y«A5, xal niprovit rd poSa 'ö rjjv noSiavTr^qf 
Unb wenn jtc lac^t, fo fattcn i^r bie 8fJofen in bie ©d^ürje. [?5gl ©d^riften III, 
e. 420. 421. ^, ®rtmmd beutfd^e SR^tl/oIogie @. 1055. eimrods beutf(!^e 
SR^t^ologte @. 360. Siebred^td ^entamerone oon )93afl(e 2, 86. ^.1 



132 



unb leife finget bie Slad^tifloa" (5Dlufcum I, 382). „Bü toia!ommen, 
^rau 3taäfi\Qaü ! bein Xon ifl mand^ f ü^en Stimme reid^ am üRorgen'' 
(9Jl. II, 58 b, 5). ,,!3l^r ®etöne, feltfam unb toilbe, fang bie liebe 
Stad^tigaD" (St. II, 201 h, 2). *S>ie dtad^tigaO bie fang fo tDol^l, 
bafe man xfyc^ immer banfen fott" (SKufeum I, 386). „®ee^tet fei bie 
Sängerin, bie bed Qiioäqc^ ^üte! 3*wm^ ^"6 ®ic Wifl f^i^» We ba 
gu ben äSögelein fe$et mein (Semfit^e'' (3R. I, 189 a, 3). So innig 
ift bad ®emütl^ unfrer Sieberbic^ter )u ben Singb5geln gefegt, ba^ fie 
mit il^nen red^t in einen Sunb ber gfreunbfd^ft unb Aunftgenoffen^ 
fd^aft getreten ftnb. „5reit ben »»glein toiK id^ fingen'' (3R. I, 
31 a, 5. II, 220 h, 3. I, 170 a, 3). „SKt benen toitt ic^ freuen 
mid^ ber froren Seit" (2R. II, 92 a, 2. U, 168 b, 2). „gn^r Söget, 
finget euren Sang! fo fing' id^ mit" (TO- I, 166 b, 2). „Singen 
SSöglein, fo fing' id^ ber Süfeen" (gjl. I, 192 b, 2). 3)ie SSöglein 
em)>fal^en fingenb bie fd^öne Q^'ii (SR. I, 21a, 2. 3), fie loben mit 
Oefange ben 3Rai (TO. I, 23a, 2 t>. u. 167 b, 5), fie freuen fid^ ber 
f))ielenben Sonne, ioenn fie über bem ä3erg aufgellt (3R. I, 193 b, 
1 b. u.). 3^nen bergleid^t fid^ ber 3Rtnnef änger : „SSdglein fingen £ob 
bed SRaien Sd^eine, fo fing* ic^ bon guten SBeiben, )oad id^ aQerbefte^ 
lann" (SR. II, 34 b, 6. 7). „SJie 9lad^tigaB freut fid^, bafe §eibe unb 
äBalb fte^n in toonniglid^er Sd^aue, fo Jreu' id^ mid^, ba| meine 
graue ift alfo tool^Igeftalt" (SR. I, 193 b, 3). „(Segen S^rer füfeen 
®äte freut fid^ mein @emütl^e, toie bie Keinen 9S5geIein, fo fie 
feigen ben 3Rorgenfc^cin" (3R. H, 102 b, 3). »ud^ ju Oegenfa^en fü^rt 
ben 3)id^ter bie SSergleid^ung feinet Sebenil mit bem ber SBögel. @r 
lann fid^ nid^t mit il^nen ber Slütl^e freuen (3R. I, 7 a, 1 b. u.), ob 
fie l^od^ ober nieber fingen , er mu^ bei ®iner jllageioeife bleiben {Wl I, 
145 a, 5). Umgele^rt rü^mt er fid^, ba^ er beim Sleife Sleue« fingen 
lönne, loäl^renb bie 3RaienIuft ben SSögeln ftetö nur i^ren alten %on 
bringe (SR. I, 148 a, 4). (gr beneibet nid^t bie grü^ling^luft ber 
SSögel, fd^toeigen fie bodj^ att ben SBinter ftiße (9R. I, 20 a, 4. SBJeim 
gartener ^anbfd^rift S. 56). „SBenn il^re greub' ein ®nbc l^at, fo 
bin id^, toiU be ®ute, freubenreid^" (3R. H, 104 b, 2). SBar er im 
Sommer ber ®enof[e ber fmgenben SSögelein, fo ift er im SBinter il^r 
Stetttoertreter. Statt il^rer toiO er ber Sdjiönen fingen (SR. I, 13 b, 4). 
„34 ^^ ^^n Sßinter em)>fal^en mit ®efange, aSe fd^loeigen {itiSe bie 



133 



fleittcn Sögclein" (3». I, 6 b, 3). „aSögcI, btc J^eUften unb ktc bepetr^ 
aK beS SKaiett gcit jte toicgtcn mit ©efang il^re Ätnber; ba fd^Kef nid^t 
bie Slad^tigaS, nun tt)dd^' aber id^ unb fing* auf S3evge unb in bem 
a;i^ar' (3R. I, 148a, 5). ®a« SBöflIein ift tool^I aud^ ber ftd^rc SJer* 
traute l^eimlid^er Siebe^freuben unter ber Sinbe: ,,92intmer 9iiemanb 
befinbe bad, benn @r unb id^, unb ein Heiner S35gelein! baS mag 
tt>ol^l QHxem fein" (3R. I, 113b, 2 i>. u.). Ober e« toirb ate Siebes« 
böte ftbgefenbet: „Slad^tißatt, gut SSögelein, meiner grauen fottt bu 
ftnflen in tl^r Dl^r'' (3». I, 45 b, 3. SSßl. ÜKigcelTaneen II, 199 u.). 
Dber ber ©änger toirb ööttig ein« mit il^m: „3)icfe§ Sieb l^at eud^ 
gefungen toor bem SBalb ein SBögelein" (SDl. I, 194a, 1). 3n Siebern 
bief er Slrt Hingt benn aud^ ber 9lad^tigaDfd^Iag , ein „2:anbarabei" ober 
„3)eiliburei^, toieberlel^renb burd^ bie SBorte beg Siebe« (3R, I, 113 b/ 
4 bi« 7. 45 b, 3 bis 5). Überl^auj>t ift man ju glauben berfud^t, biefe 
3)id^ter l^&tten il^re manigfaltigen unb tDOJ^IIIingenben 38eifen ben be« 
freunbeten S8albt)&geln abgelaufd^t. ®otfrib Don ©tra^urg bejeid^net 
im 2:riftan SS. 4750 ff. bie Sieberbid^ter afö SRad^tigatten, bie il^re füfee 
©ommertoeife fingen. 38on einer berfelben (SGBalt^em bon ber 3Soget 
toeibe) fagt er: „$ei! toie bie über $eibe mit l^ol^er Stimme fd^aDet! 
toa« ®unber« fie ftettet! toie f|)&^e (funftt)oII) fie organieret! toie fie 
i^ren ©ang toanbelieret! S)ie foH ber anbern Seiterin fein, bie toeife 
n>ol^l, n>o man fud^en foU berSRinne ÜRelobie.'' Unb ta^irflid^ finb bie 
tiVnerei(^en ©onger be« grü^ingiS unb ber ?Winne mit ntd^t« fo treffenb 
ju k)ergleid^n, afö eben mit ber iRad^tigaU, bie, nad^ ber @d^ilberung 
unfrer Sieber, auf blül^bem S^^O^ ft^enb, il^ren unerfd^ö^flid^n 
®efang aueftrdmt. 

Stö S9eif))iele freierer, fiber bie l^rlömmlid^en äBenbungen ber 
Sfrü]^Iingd«$oefle ftd^ erl^ebenber ^atfteUung fül^ren n)ir an: ein Sieb 
Wali^m t>on ber SSogetmeibe, \ooxxn er )>erg(eid^t, n>ad bem 9(uge 
beffer tl^ue, bie äBonne eine« SJtaimorgen« ober bie (Srfd^einung einer 
l^errlid^en ^au: „^er 3Raie bringe und aQ fein SEßunber, toad ift benn 
ba fo SBonniglid^e« unter, ald i^r biel minniglid^er Seib? 9Bir laffen aKe 
»lumen ftel^n unb gaffen an ba« toertl^e SDBeib" (3K. 1, 116 a, l. 2. 5). 
Sann ft>a« ßriftan bon $amle fingt: „^ä} h)ollte, bag ber 9[nger 
f^r&^e, nne ber Sittich im @Ia«, unb er mir bann red^t fagen tooKtf, 
\»\t gar fanft il^m neulid^! toar, ba meine gfraue 93Iumen bon i^m ia« 



^ 



134 



unb x^xi minniglid^en ^ü^e vül^tten auf fein gvütied ®xa^. $err Finger, 
tt)a^ i^r fjreuben muftet erleben, ba pe il^re iDeiften $anbe naäf euem 
93lumen bot! erlaubt mir, ba^ xif meine ^ge fe^e, iDO Sie gegangen! 
^err 9(nger, bittet; ba^ mir Jtummer bü|e ein SBeib, nad^ ber mein 
$erje ftel^t ! fo toünfd^* id^, ba| ©ie mit bloßen %ix^m noi) l^euer muffe 
auf eud^ gel^n, bann fd^abet eud^ nimmer Sleif nod^ ©d^nee; toirb mir 
t>on ^l)x ein liebli4> ©rüfeen, fo grünet mein ^er^e, h>ie euer Älee" 
(3R. I, 46 b, 4 big 6). @nblid^ bag fd^5ne ©ebid^t ^erjogg ^einrid^ 
bon Sreelau, h)ie er bem SDlai, ber ©ommerlponne, ber lid^ten $eibe, 
bem glänjenben Älee, bem grünen SSBalbe, ber ©onne, ber ®öttin 
SSenuS felbft , bie ©trenge ber ©eliebten Kagt unb ^ülfe ijerlangt. 3)a 
toitt ber SKai feinen Slumen, Slofen unbSiKen, gebieten, ba^ fie bor 
il^r fxä) jufd^Iiefeen; bie ©ommertoonne toiH ber Keinen SSöglein fügen 
gleig gegen il^r berftummen laffen; bie $eibe toitt pe fallen, toenn pe 
nad^ lid^ten Slumen ge^t, unb pe bem ©änger fep l^alten; ber Klee 
tDiQ il^r in bie*9lugen leud^ten, ba§ pe fd^ielen mug; ber grüne 3BaIb 
iuill fein Saub abbred^en, pe gebe benn bem ©änger l^olben ©rufe; bie 
©onne toiß pe burd^l^i^en, bag fein ©d^attenl^ut il^r l^elfe; SSenu« toitt 
ibr ^Qe^ entleiben, h)ag minniglid^ gefd^affen ift. toel^! ruft ba ber 
©Änger, il^r jarter Seib ber möd^t' e^ nid^t erleiben; lagt mid^ e^ 
fterbcn, ©ie genefen! (3W. I, 3 b, l big 5.) 

3)ie Siireue, h)omit ber SKinnefang bie SRaturbilber ate feinen 
eigent^ümlid^en ©d^mudE unb 3lugbrudE betoal^rt l^at, mug ung befon* 
berg einleud^ten, \omn to\x bie er^&^lenben 9littergebid^te bamaliger ßeit 
)ur SSergleid^ung nel^men. äBäl^renb in biefen bie toeiblid^e ©c^onl^eit 
im reid^ften ©lanje feftlid^er ®eh)anbe unb ebler ©efteine aufgefül^rt 
toirb, fo erfd^eint pe in ben SKinneliebern nur mit bem einfad^en 
S3lumenlran)e gefd^müdCt @g ip merltoürbig, toie menig bon jenen 
glänjenben unb beliebten 93efd^reibungen ber jtleiber))rad^t auf ben 
^innefang übergegangen ip. 9iur feiten tritt ber Stubin an bie ©teile 
ber 3lofe, alg »ilb be« burd^leud^tig rotten 3»unbe« (3K. I, 47 b, 2» 
148 b, 5. 184 b, 5). 9lur Püd^tig einmal l^eigt eg; „^^ fal^ bie biel 
5iWinniglid^e bor mir ftel^n in reid^er 9Bat" (501. 1, 4 a , 3). SKe^^r nur 
allegorifd^, unb bei ©))äteren, bod^ fap immer mit 9laturbilbem unter» 
mifc^t, toirb ber Äfeibung ertoäl^nt: „5Run ^at ber 3Rai SDäalb, $eibc, 
^ue ioo^l belleibet mit mand^r toonmgKii^n , f Vollen S8at; alfo l^at 



135 



meinet ^erjen^ %xmc ftd^ befleibet: tpeiblid^e ®äte> Sd^öne unb.ßl^te, 
babei reinen SWutl^, bie| (Setvanb tragt bie t)iel ^el^re" (3Rufeum I, 
378. Sgl. Wl. II, 94 b, 5 ff. 106 a, L 126 b, 2. 230 b, 3). <Etatt 
bie ^laturbilber )u ))erbrSngen, mu| üielmel^r ber jtleiberfd^mud baju 
bienen, fte anfd^aulid^er l^erüorjul^eben. Wlan freut fid^ unb banft, ba^ 
ber 3Kaie SBalb unb Slue fo too^l bellcibet (3Jl. 1, 197 a, 1. 33ene<fe 227. 
253. 256); bie ^eibe jiert ftd^ gegen benSWaien in il^r befteij ®ch)anb 
(3K. II, 56 a, 2); in grüner Sffiat emt)fangt fie bie liebe ©ommerjeit 
(ÜR. I, 180b, 4); fie l^at 93Iumen auf il^rem fomnterlid^en 5tleibe, ber 
freut fte fx^ (aJl. I, 199a, 1 to. u.); Slofen ftnb i^r befte« Äleib 
(5Kufeum I, 368). ©o h)irb benn aud& ber SBalb bellagt, ba| er un« 
befleibet fei (aWufeum I, 371. Senede 225), unb ber SUlai, bafe i^m 
ber arge SSBinter feine toonniglid^en Äleiber jerfül^re (Senede 223. Sgl. 
3K. I, 195 b, 1). SWan benit ftd^ ben ©ommer gern afö einen milben 
Ferren, ber feinen $of unb bie ©e^renben mit fd^önen Äleibern be« 
f^enlt (3K. H, 103 b, 3. 244 a, 2). „SBBe« aRutl^ ju grcuben fei 
gefteUt, ber fd^aue an ben Diel grünen 9Balb, toxc tponniglid^ gelleibet 
ber 3Rai fein S^Ö^P»^^^ W ^^^ reid^er garbe in lid^te SBäat!" (3K. I, 
14 b, 4.) S)er ©ommer giebt bie Äleiber, ber Wfxxl l^at fie gemeffen unb 
ber SKai gefd^nitten, tt>ie ber toiftige ©d^ulmeifter üon ©pngen fagt. 
^afür lägt er benn aud^ bad £ob lened milben @eberd \>on ben SSögeln, 
toie öon fa^renben Seuten, noeit in ben Sanben \xm bie SEBette fingen 
unb J)feifen (501. II, 94b, 5. SSgl. Senede 236). 

2)ie 3Kinnefanger Ij^aben, aud^ toenn pe öon Slnbrem, afe ber 
3Kinne, fingen, bie 9laturbilber barauf übergetragen, ©o auf ba^ £ob 
gefangliebenber t^ütften, h)ot)on toir nod^ befionberd l^anbeln toerben. 
©elbft bie ®eifel beS ©trafliebS öertoanbelt fui& in il^rcn Rauben in 
einen SSlütJ^enntoeig. ©o flagt ein trefflid^er ©änger ^ im fjrü^ling, 
ba| bie 93lumen ^and^er trage, ber nic^t Sauber tt>Sre tpertl^. dx 
bellagt S31umen unb ber Ileinen SSöglein ©ang, bie er beibe ben 
©d^led^ten mißgönnt, S)en Söglein tpünfd^t er, bafe fie bie Seutc 
beffer unterfd^ieben. SBürbe ben Seuten gefungen, nad^bem i^r $er} 
ftel&e, fo möd(>te ^e\>n pd^ f elbft eriennen, toaS er 2^ugenb l^abe. 
9Bem bie JRad^tigall fange, ber möd^te fid^ freuen;, bagegen h)ürbe 

1 ^^vottVtä) ^alt^er oon Wlti^t, unter bcffen 9^amen bad Sieb fielet. 



136 



ein ^ngfrjetgen, ^nn dinem ber ftudhif fange ober ein ^'{lefftnl, 
ben erlennte man baran, afö einen Xugenblofen; tt>ie biel ntüfte fot 
^et fein! (3R. I, 166a, 3 bi« 6. »gl. SK. II, 202 a, 3. 203 b, 5. 
244 a, 2.)* 

9(u(i^ bie ©rfibet nod(f tt>erben mit bem B^fyxmät bed ^rrü^Iing^ 
belränjt. tUrid^, @d^enl )}i>n9Binterfletten, flagi ben Xob feinet 9ru« 
berS in einem ^|ling$Iiebe (Senedfe 262). Sleinmar bev alte Ifigt 
bie ©emal^lin Sfipolt^, mut|mapd^ be$ ^etjog^ i)on Cfteneid^, ben 
%d)> i^red (Satten beiladen: „@ie fagen, ber Sommer ber fei l^ie, 
bie SEBonne bie fei lommen. SSBa« bebarf i<i^ toonwigtid&er 3^*/ f«* 
atter greuben $erre, Sü^olt, in ber Srbe liegt?" (5W. I, 68 a, 20' 
SÄl^nlid^e 2^obtenIlage einer grau giebt ^artmann bon Dirtoe: „S)ie^ 
n)ären loonniglid^e 2^age, toer fie mit ^^reuben mßd^te leben, nun ^t 
mir ®ott eine fd^loere Älage ju biefer fd^önen S^it gegeben" (5K. I, 
183 a, 7). 

@o ioeit mag ei^ für jje^t genügen, bie Slaturfeite bed Sßinnefang^ 
bargelegt )u l^aben. ©ie toirb fic^ und ft>&ter ioieber in anbrer 9e« 
}iel^ung nad^brüdlic^ l^erauiSftellen. SSorerß toar ed barum ju tl^un, 
bod geben ber SRatur afö urfj)rüngli(^en unb forttoirlenben SSeJtanbtl^eil 
be« SKinnefange« au§ ben Siebem felbft ju enttoidfeln. 2)ie ©änger 
betätigen aber aud^ au^brüdlid^ biefe genaue äSerbinbung. @o ber 
foanbembe SQialtl^er bon ber SSogelloeibe : „®erne tooDte id^, m5d^t* ed 
fein, bei eignem fj^uer erWormen; al^i! toie i^ bann fange üon ben 
S39gelein, t)on ber ^ibe unb k)on benSlumen, ioie id^ toeilanb fang! 
9&eld^ fd^dneS äSeib mir g&be bann il^r ^abebanf, ber lie|' id^ Silien 
unb Slofen au^ ben SBfingeln fd^einen" (3W. I, 131 a, 2 t). u. Sgl. 
5W. I, 154 a, 3). SBeiterl^tn ber 3Karner, ton ben Siteren SKeijiem 
fl)red^enb: „a)ie fangen Don ber ^eibe, t)on ben SSögeln, tote bie Slumen 
ftnb gefarb" (3K. II, 173a, 3). Unb ^p&t nod^ aReijler griebrid^ 
bon ©uonenburg: ,,^6) f finge aud^ tool^l \>on SWinnen Sieb unb t>on 



1 ^uod^entoirt XXIII, 74 hx9 77: ^äf toolt, toer l^tet fo oalfd^en |tn, 
2)a3 neben ani^ bem munbe fein ^ie genbe tvüe^fen di) einem ftoein; !2)a mSd^t 
man in berd^nnen ptt^ u. f. to. [89I. St, I6artf(i^, 2)etttf<!^e Sieberbtd^ter beft 
ItoQl^ttn f>\» toter^el^nten ^al^r^unbertd, Seipaig 1864. 8. ©. 345. $.] 

3 Sad^mann, ^udwal^l e. 210, l^gt in biefem Siebe bie SSelt f^red^en. 



137 



bf« aHaten aj&aue^ (ÜK. II, 213 b, i. iBftl. I, 169 a, 3. II, 69 a, 2. 
117 a, 4. glote 819 K« 823. 945. 2302). (Bmen Sitbegriff unb 
SEBal^Ift^rud^ biefer 0an}en 3)td^tunglart aber geben und bte fd^dnen 
SBotte SteinmatS: „^d^ h^iO. grünen mit bev Baat, bte fo h^onntg« 
fidlen ^<i^t; id^ tariD mit ben Slumen blül^en unb mit ben S&glein 
fing^; id^ toiO lauben toie bet Sßalb, toie bie ^eibe fein geftalt; 
id^ toUl mxdf nid^t Iaf[en mül^en, mit ben 93Iumen aQ }u f))ringen; 
id^ tariS )u Siebe meiner lieben ^auen mit bed biel fügen SRaien 
2;i^aue t^uen; baiS i{l mir SDOfeS nid^t }u biet, toenn @ie mid^ tröften 
hnO" (9R. fl, 109 a, 1). 



138 



m. 



SQHttttefattg ttitb UiititvUfwn* 



•< 



Sie anbve Seite bed ÜRinnefangd, )u beten Setrad^tung toiv jje^t 
übergel^en, berul^l auf ben (Sinrid^tungen unb SSerl^altniffen bed gefeOi- 
gen £e6en$. 

Sie ](ieitre ^^tül^ling^Iuft, ba^ Slumenlefen unb bie SRaientanje 
treten ntel^v unb mel^t in ben ^intergninb. Sie ä3ilber bed t^l^Ungd 
bienen )um ©egenfaj^e ber trüben Stimmung bed Sid^terd, toie tpir 
bereite an S3eift)ielen gefeiten. Ser 2^on ber Alage toirb Dorl^errfc^enb, 
Sieb unb Seib ftnb innig l^erfd^molgen. 3Bol^l ift bie ®|)rad^e ber @el^n« 
fud^t unb Siebe t>on 3tat\xx elegifd^; aber l^ier ift Beftimmter, fort« 
tD&^renber 9(ulag ber filage: Trennung unb SSerfagen, Dergeblid^ Sitten, 
enblod Sterben, frud^tlofer Sienft. Sajtoifd^en f)>ielen bie Sid^ter ber 
Hoffnung unb ber ^eube ; bod^ ber fü^efte Sol^n , baS l^öd^fte 3^^^ t i{^ 
nid^t ein rul^iged unb bauembe^ ®IM, t)ielmel[fr ftreng t>erl^eimlid^te9 
@ink>erftänbnid , älugenblidCe t>erftol^lener SSonne, boK ©efal^r fürSeben 
unb (g^re (I, 95 b, 2 ö. u. 100 a, 1 ö. u.). Sie tieffte Untertoürfig- 
leit, ba$ jartefte Sob ber ^rauentugenb finben toxx mit bem lül^nften 
%nipxviö), ber unt)erl^aSten ä(bfid&t ber/ SSetoerbung feltfam gehaart 
Offenbar ift biefed nid^t ber ®ang freier 92aturenth)idEIung ; bie Steigung 
tämt)ft mit S3erl^&Itnif[en, bie Siebe fd^afft fid^ il^r eignet ®efe^, äußern 
@inrid^tungen }um S^roj^e. @ben biefe ®inrid^tungen unb 93erl^filtnif[e, 
U)ie fte gefd^id^tlid^ vorliegen, finb bal^er ein n>eitered Clement beiS 
tSlinnefang^, nur fte lönnen und über jjene rätl^fell^aften ®rfd^einungen 
9tuffd^lu| geben. 

@d ift helannt, h)ie fd^arf im Slittelalter bie @tfinbe gefd^ieben 
loaren. ^anigfad^ n>ar bie Slbgrenjung nad^ ben Siedeten ber ©eburt, 
nad^ ben Slangßufen bed ^eerfd^ilbed (t>gl. 91. 11, 239 a, 3), nac^ 



139 



ben äSerJ^ältniffen bev Seiend « unb Sienfimannfc^aft. Sold^e äSegriffe 
t)on ©eburtöred^t unb ®tanbe$el[|¥e mufteit mand^em ^eqen^bunbe un« 
crbittlid^ entgegenftel^cn. 3e befd^t&nfter überbem in jener geit bie 
allgemeinen Sürgfd^af ten ber Sid^erbeit tparen , um f o mel^r muf te ]ebeiS 
^us bei ^eivatl^^fftllen bavauf SSebad^t nel^men, ftdti burd^ mäd^tige 
SSeManbtfc^af t ; l^ülfreid^e 9lad^barfd^aft ober länftige Srbf^^aft ju Der« 
ftärfen. üRand^e Se^eniSerbin toar in ber 38al^l il^red ©emal^ld an bie 
@inn>illigung be$ Sel^ndl^errn gebunben (SBillen, ©efd^idjite ber Areu}« 
)tige I, 342, 3loU 91). Unb toie mand^er arme S)ienftmann, ^l^ei(> 
l^faber eineiS tieinen Sel^ettd ober nad^gebome @ol^n modele niemals 
ba)u gelangen, ftd^ einen eigenen $au^l^alt }u begrfinben! üßel^rere 
©änger ber 3Rinne gel^ören jtoar l^ol^en ©efd^Ied^tern an/ aber gerabe 
bie eigentlid^en ^eifter, toeld^e bie 9lid^tung ber 2)id^t!unft borgüglid^ 
beftimmten, toaren fold^e @tieftinber be^ ®IM^ unb b)anberten unftat 
uml^er. ^a^ l^erein}elte 2^Un auf ben S3urgen toäl^rte fort, aber bie 
freieren SSergnügungen , toeld^etoir fril^er gefd^ilbert, n)urben mel^rnod|^ 
ali @ad^e ber geringeren Staube betrad^tet; an i^re (Stelle traten 
)>räd^iige Hofhaltungen unb Slitterfefte, bei benen ber @änger l^ol^e 
grauen gl&njenb unb unerreid^bar t>orüberioanbeIn fal^. 

SSSir verfolgen nad^ biefen älnbeutungen bie Snttoidlung bed 
SKinnefang«. 

Sielf&Itig Ilagen bie ©änger, baj fie ben ©egenftanb il^rer Siebe 
fo feiten feigen (3». I, 5 a, 1. 33 b, 4. 5. 46 a, 5. 137 b, 4. 169 a, 7. 
181b, 7. 186 b, .1. II, 104 a, 3. 182 b, 2. SRufeum I, 401, 4). „greube 
unb alle ©eligleit l^ätt' id^ genug , n)er mid^ ©ie nic^t« benn liefee fe^en" 
(Sil I, 82 a, 1 t). u.). 2lud^ biefe« feltene ©el^en toar nod^ t>erlümmert 
burd^ bie „^wt/' „©Jjäj^e," „9Jlelbe" ber argtoö^nifdjf beobad^tenben 
Umgebung, Äein ©ort ber Siebe barf laut ioerben, jeber freunblid&e 
SBlitf ioirb jum »öfen gefeiert (SK. 1, 68 b, l \>. u. f. 194 a, 4. 
SRufeum I, 412, 1). ^ie ©eliebte allein )u finben, ift ein befonbref 
®lüdE, eine tl^eure Hoffnung (3R. I, llOb, 2. 176a, 5. 182b,^5. 
II, 115b, 4). @ine loid^ttge SHotle fl>ielen bal^er im SRinnefange bie 
„aKerler", auc^ „aJlelber" (SK. I, 24 a 1. 27 b, 2 ö. u. II, 91 b, 1 1>. u. 
258a, 3), „Hüter" (3». I, 52b, 3), „Slüger" (3Jl. I, 19 a, 1 b. u.), 
„Sleiber" (3Jlufeum I, 391) \l f. to. genannt, jene feinbfeligen greuben* 
ftörer, bie, loenn fie lönnten, bem 333albe fein Saub unb ber H^be 



140 



i^v Slfil^en betKeten iDfitben (3R. I, 6 6, 5). ÜRod^te nun aRidgunft, 
Sifetfud^t, stfimlid^e Streng«, @))ottfu(l^t, Rl&^ifitA, ober mfjl auc^ 
)>f[td^tntä^t9e 9(uf{tcl^t unb iool^Imetnenbe t^rforge ber äCntrieb fold^ei» 
!Dler!en8 unb äRelbend fein , in jebem f^aU ftMir ba^f elbe bem Siebenben 
l^inberlid^ unb Derl^a|i ^a^er benn aud^ bie bielen unb l^eftigen SSer« 
tofinfd^ungen , toeld^e gegen bie 3Retter auf^ge]ito|en toevben. „Ign ben 
3^ten, ba bieütofen erzeigen ntand^e^ fd^ihte Slatt, fo flu^t ntan ben 
gfreubelofen, bie ba Slüger finb an numd^r Statt'' (1R. 1, 19 a, 1 1>. u. 
aSgl. I, 166 b, 4). Salb toirb il^nen bad 91ei» gen^ünfd^t, baran bie 
2)iebe il^r Snbe nel^men (SR. I, 18 b, 1 t>. u. SRufeuml, 392), balb, 
ba^ fie in Steine i^ettoanbelt ober t)on SSeib unb jtinb l^inn>eg auf bad 
aReer »erf dalagen toerben (3W. I, 6 a, 2. 3), baj fle in ber See er^ 
trinten (3R. I, 43 a, u.), ober ba^ i^nen ber 9leib bad ^er^ jerfd^neibe 
(9R. I, 19 6, 4). Sor ben Jtird^en foQten fie Inieen muffen, ber 
Slumen Sd^ein unb ber 939glein Sang foHt' il^nen nid^t )u ftatten 
fommen (ÜRufeum I^ 391. SR. II, 63 a, 1. 93gl. nod^ 91. I, 94a, 4. 
114 a, 4. 160 b, 6. II, 90 a, 4). Selbft fjrauen rufen toel^e über bie 
aRerler, über bie taufenb ätugen, bie bed ®e(iebten n>al^rnel^en (3R. I, 
95 b, 5 bi« 7. 96 a, 2. 97 b, 2). Öfter« ergeben ftd^ auc^ bie Sänger 
in biefe« ttngentad^, benn ioer tann groge t^reube l^aben ol^ne Jtummer? 
(3R. I, 92 a, 2. 2Rufeum I, 409, 2.) Ober jte ergreifen ben @egenfa^ 
unb t)reifen fid^ glüdSid^, bag fie gel^a|t unb beneibet loerben, ober 
berlangen nid^t« fo fel^r, ate fold^n 9{eib n>irllid^ }u bcrbienen (3R. I, 
6 b, 4. 15 b, 2 t). u. 19 a, 4. 49 a, 3. 61b, 3. 4. 62 a, 4. 91b, 
2 t>. u. bis 92 a, 2. 122 a, 1. 2. 125 a, 1. 173 a, 3. 177b, 1. 
II, 158b, 4). f^ebrid^ \>on ^ufen meint, e« fei beffer, ba| man 
feiner Siebfiten l^üte, al« bag ^eiex i^or il^r )u feinem Sd^aben ft>red^en 
!5nnte (^R. I, 94 b, 5. 6). lUrid^ \>on Sid^tenftein, mit bem ^oppü* 
ftnne ft)ielenb, jiel^t ba« SRerten bem Überfeinen Dor, n>o e« ben SBert^ 
guter ^auen gu merfen gelte; er lobt ba« redete $üten, toenn grauen 
i^re Sl^re t)or böfer Sitte 3U bel^üten toiffen, unb an ber Seinigen 
mift er ba« @ine, ba^ fie feinen langen Jtummer unb getreuen 2)ienfi 
nic^t „merten" tooDe (SR. II, 30 a, 5 bi« 30 b, 2). ßt toünfd^, ba| 
fie il^n bor Sorgen unb Unmutig lauten möge; ^üten ift ben Sel^nenben 
leib, bod^ fo h^onniglid^e« ^üten toar' il^m eine Seligfeit (3R. II, 30b, 
5. 6). ^e Se^ren einer SRutter an il^re Slod^ter (bie 9Bin«be!in) ber« 



141 



breiten ftd^ gleid^faUd übet biefen (Segenftanb: „Sd^ieg toiiber Surfe 
ttid^t }u t)iel, h)o lofe 3Rer!er bei biv ftnb!'' ,,®d l^et|en ivilbe S3lide 
tool^l, toenn (Sine für ftd^ feigen foK unb Ifi^t bie Slugen fliegen l^in'' 
(!JR. II, 258 a, 1. 3). „3c^ ipiO bein, 3;o(l&ter, lauten ni<l&t, bein 
fteter 9Rutl^ bein l^fiten tnti^'' (259 b, 4). ^Sin reinem SBeib, in %n^ 
ßenb tottä), bie h^ol^l il^ver (Sl^re lauten lann unb nid^tS, benn fteter 
3:reti«, gel^tt, bie foll man felbet l^ten lan" (259 b, 5). 

Mand)mal toiffen aber aud^ bie Siebenben bie $ut ju täufd^en, hne 
ber ^aTe baö aöinbfj)iel (3R. I, 20b, 1. 73b, 3. 94 a, 5). 

SRilon t)on Set^elingen giebt )u biefem 3^^^ breierlei Siegeln. 
Sie eine ift, ju äQem )u fd^toeigen, ioad bie üßerler f)>red^en; bie 
Streite unb h^id^tigfte, toofjl gu l^e^len; bie britte, rafd^ l^orjufd^reiten, 
bet)or man ed inne toerbe (3R. I, 97 a, 2. 3). Strenge Setoal^rung 
bed ©el^eimniffed toirb ani) fonft t)Dr)üglid^ emi^foi^len (3R. 1, 31a, 
1 t>. u. SRufeum 1, 407). 2)er Sänger toiQ eg gern ertragen, ba| 
bie ®e(iebte, bie $ut )u trügen, ftd^ il^m fd^einbar entfrembe (SR. I, 
56 b, 4. 117b, 3. 4). 3tt bunfle SBolfen birgt ftd^ oft ber ©tern, 
f m5ge fie bie älugen k>on bem ^reunbe ab auf einen Slnbern ioenben, 
bamit 9liemanb nnf[e, toie e$ unter il^nen Seiben fte^e (3R. I, 38 b, 

1 t>. u.). Unb iule^t nod^ ift ed beS Siebenben Sroft, ba| !eine $ut 
il^m tüd)ven fönne, bie @rIorne im ^er^en ju tragen (3R. I, 94 b, 

2 \>. u. 109 a, 2)1. 

@in ftiUer, inniger ®enu^ ift e^ aud^, ioenn er bie Entfernte 
loben l^5rt: „D toel^, ba^ id^ ©ie fremben mu| unb foE! looSt tl^r, 
ba§ mein ^erje bad nid^t toeine? ©o man ber ®uten gebeutet alfo 
tool^l, fo tomm* id^ t)or ^reube in fo toel^ tl^u'nbe 9lot^, ba^ man 
mi(^ oftmal fiel^et bleid^ unb rotl^; ba bünlet mid^, fie fte^e mir Dor 
ben 2tugen unb l^eimlid^ feuf^' idj^ mit lad^enbem 3Bunbe^ (ÜR. 1, 17 b, 6). 
„äSol^ mir, tool^l mir, ba^ bie äBeifen muffen ©ie t)on Siedete i|)reifen! 
ba^ ©ie bad berbienet l^at, bai9on lommt mir mand^mal ^eimlid^ 
^eubentl^au auiS ju ben älugen, ber aud ^erjen^grunbe gel^f' (3R« U, 
37 a, 5. »gl. I, 33 b, 6. 49 b, 5. 78 a, 4. 146 a, 6. 146 b, 2). 

2)a§ notl^ioenbige ©el^eimnid ber SRinne bringt mit fid^, ba| bie 
©anger il^re ©d^önen nid^t bei 9lamen nennen, ©ie treiben mand^mal, 

1 ÜR. 1, 83 b, 5: @i (bie SRirnie) toel^fett^on l^uote* 



142 



audtoeid^eiib, mit ben fjftdflern il^ren Bpott: „^d^ nenne Sie. äSann? 
3e|t toirb Sie ßenannt; nein, e« füget toeber mit nod^ ^f^x** (9R. I, 
58 b, 3). Dbev: ,,®nabe unb Ungnabe, biefe )toeen Flamen f)at meine 
grau" (3St. I, 122 a, 7. SflI. I, llOb, 3). 5Benn SBaltl^er öon ber 
93i>getoeibe fingt: „SReineS ^erjenS tiefe 3Bunbe bie mu^ immer offen 
ftelj^n, fte toerbe benn l^eil t)on ^iltegunbc" (3R. I, I36b, 5), fo l^at 
er bod^ nur bie Sleugierigen ^um Sf'otte; äBalti^er, bed €&ngerS 92ame, 
unb $ilte0unbe finb aud bem $elbenlieb aU gufammen gel^örenb be^ 
lannt (Sad^mann, SBaltl^er toon ber äSogeltoeibe 6. 189). 92ur in ben 
Xan)Iiebem toerben lange Steigen l^on SR&bd^ennamen aufgerufen. (Sr- 
bid^tete Flamen Don mand^erlei 93ebeutung, tvie bie $roben)alen fie 
lieben, finb in unfrem äRinnefange nid^t geioöl^nlid^. griebrid^ bem 
fined^t l^at ftd^ jjebod^ bieSd^öne felbft, auf fein Sefragen, „3e länger 
je lieber" genannt, fd^abe nur, ba^ er il^r „3e länger je leiber" l^ei^t 
(3R. II, 115 b, 4. 5). älug ben 3Bortf))ielen beiS ©rafen t)on Joggen« 
bürg unb beS Sd^nlen t)on Sanbedt lä|t fld^ erratl^en , ba^ il^re @eliebten 
„®ute" gebeifeen (3R. I, 12b, 1 bi« 4, 203a, 3 f.), ein 3lame, ber 
aud^ in ben 7an}liebern öfterd borldmmt. 

SBie bie SWerler ber SRinne feinbfeKg, fo finb bie „öoten" il^r 
^ülfreid^. S)er Siebenbe barf nid^t felbft ber ©eliebten feinen Aummer 
Ilagen, er fud^t einen SBertrauten, ber ed ftatt feiner tl^ue. „9Benn id^ 
an ©ie fenbe ben lieben ;Soten mein, toolj^l toärb* \6^ gerne f eiber, 
toär' e« il^r ©d^abe nid^t" (TO. I, 39 a, 1). „0 tocl^l fott id^ bid an 
mein ®nbe bienen, bafe ^f)v^ Sliemanb fagt? SBer ift ber Sotc, ben 
id^ fenbe, ber mit Streuen all mein 2eib meiner grauen fönne fagen? 
9Bäre ber \>on beutfc^en Sanben, auf ben Rauben tooDt' id^ il^n tragen" 
(5DI. II, 53 b, 1 ü. u. I, 160b, 2) K ^kffcx gel^ören nun mand^erlei 
Sieber meift in ®ef))räd^3form. Salb ertl^eilt ber SRitter ober bie grau 
bem SSoten ben Sluftrag; ber SRitter l^eifet ber ©d^önen fagen, toa« er 
leibe; fte lä^t bem äiitter eine freunblid^e 3ufid^^vung ober aud^ il^ren 
Sloeifel an feiner Seftänbigleit augrid^ten (3DI. I, 39 a, 2 \>. u. ff. 
62a, 2 t). u. 78 b, 3). S3alb mad^t ber 9ote feine SRelbung unb 
em))fängt bie tr5ftlid^e ober audtoeid^enbe 9lnth>ort ber grau, toobei fid^ 
mand^e finnreid^e SBäe^felrebe entf|)innt (3K. I, 41a, 4. 5. 71. a, 2 

1 33gt. »lo^nouarb, ©anb V, @. 301: Dieus u. f. ». 



143 



t). «. Big 71 B, 1 t>, n. 96t, 2 b. u. f, 97 b, 4. 137b, 1 ö. u. bid 
188 a, 3. 182 a, 5. 6). 93alb freut ft(^ ber Siebenbe guter Sotfd^aft, 
bie il^m getoorben, ober l^arrt einer fold^en entgegen: „SSI^e id^ gegen 
Slbenb einen Keinen Soten, fo fange Sliemanb üon grauen ba^" (SR. I, 
70b, 2 t). u. 22b, 4. II, 46b, 2 b. u. ÜRufeum 412, 1). 

Sorne^mlid^ aber ift ben ^id^tern ein geiftiger Sote )u ^ienften S 
ber ®efang felbft. „!Run id^ feinen Soten ^abe, fo ioiU id^ il^r bie 
Sieber fenben'' (SR. I, 95 a, 4). ^artntann Don 9lue Derfui^rt, I5nnt' 
er ber ®d^5nen feinen SRutl^ nad^ 9BiUen fagen, fo Iie|' er feinen 
Sang, nun müf{' er il^r mit @ange jKagen; toie fem* er fei, bod^ 
tl^u' er il^r ben Soten bei, ben fie tool^fl l^5re unb nid^t fel^e unb ber 
il^n nid^t berrati^e (3R. 1 , 180 a, 4). ^artmann bon Starlenberg ift 
bergeUid^ ju einem ^eiligen getoaOfa^rtet, um il^n ju bitten, bag er 
feinen Aummer ber @eliebten lunb tl^ue; nun toei| er leinen anbem 
Soten, ber il^rer @^re forgfam fd^onte, brum toill er i^r bad irSieb" 
ju aSoten fenben, fte toirb e« fclber tool^I toerftel^n (9R. II, 53 b, 3 bi« 5). 

®ie Sotenlieber finb befonber^ bei bea filtern SfReifiem beliebt*. 
2)ie Se^nfud^t ber Siebe unb }ugleid^ bie toeiblid^e Sd^eue f^rid^t ftdj^ 
in il^nen toal^r unb lebenbig aud. S)od^ am fd^önften ift bie innige 9)e« 
fd^&ftigung beiS @&ngeri^ mit ber fernen ©eliebten in einem treffiid^en 
Siebe toon ungeioiffem SSerfaffer au^gebrüdCt: „!Dltr fagt' ein ^ilgrim 
ungefragt t)on meiner t^^auen, toie fd^ön fte tofire unb babei ta>ol^t 
gemutl^ ; bag ift mir eine ÜRai^re , bie mir an bem ^erjen f anfte tl^ut. 
(Sott gebe ber Sieben guten 3:ag, bie id^ anber^ nid^t begrüben mag! 
fo f))red6' id^ immer gegen ben ^Rorgen frul^ unb bergeffe nimmer 
gegen ben älbenb „gute 9lad^t!'' baju. !Dleiner Sinne id^ ba l^alb ber« 
ga|, ba id^ 9(bfd^ieb nal^m unb fte ba fa|, fte brannt' auf fd^öne 
nne ba$ 9(benbrotl^ ; toirb mir toa^ juSo^ne, ba$ ift untermengt mit 
fel^nenber 3loti), @ie bat mid^, ba id^ leitend bon il^r fd(|ieb, ba^ id^ 
il^r f enbe' aU mein f el[»nenb Sieb ; bie tooQt' id^ il^r fenben , toüft' id^ mit 
toeme, ber il^ren loei^en ^finben fie fi^öne bring* unb mir )u Soten 
2ieme. SBie, toenn @in Sote mid^ berfäumte gar? ^df toiE il^r mel^r, 

1 3lu(^ „grau SÄinne" »irb gum «oten erbeten, SR. I, 4b, 6. 

2 später totrb bal» IBerl^äftnid felbfl getftlid^ angetoenbet, SD'^etfler griebrid^ 
nun ©uonenburg Dergleid^t äRariend (Stkoä^Iung burd^ ®ott einer ^eimli^en 
SWimie: „unb »q8 bc« ® abriet bin bot" (2R. II, 210 a, 2). 



144 



benn taufenb, fenben bor; ioenn fte t|ft oSe bringen ben ))tel fil|en 
@an0 unb il^n i^v fd^öne fingen, fo toivb mir leidet Don i^ ein 
^bebanf" (3R. I, 33 b, 2 b. u. btd 34 a, 3). 

9)iefelben andern SSevpItniffe , toeld^e ben ®&ngev bon ber ®e« 
liebten ferne l^olten unb i^m felbft in i^rer (BeQtntoaxt I&ftigen 3^Ang 
anlegen, ,fmb aud^ bie Urfadj^e ber enblofen iUagen über unerl^&rte 
Sitte, langen, DergeblidS^en 3)ienft, banHofen ®efang. @o ^einrid^ 
bonüRorungen: „äBer lange ruft in einen tauben SBolb, ed antioortet' 
i^m baraud bod^ tool^l einmal; ein ©ittid^ ober ein @taar bie mSd^ten 
feitl^er gelernet l^aben, bo^ fie ft)räd^en: i,9Rinne''; einen S3aum ^&tt' 
xi) mögen mit meiner 93itte fonber äBaffen nieberneigen" (SR. I^ 51 a, 
6. 7. SSgL 52 b, 4). „3d^ l^abe fo t)iel gef))rod^en unb gefungen, ba|^ 
id^ bin müb* unb l^eifer bon ber Alage; f^&tt' ic^f nad^ ®ott je l^alb fo 
t)iel gerungen, er nä^me midji }u ftd^ bor meinen Sagen'' (I, 54 a, 5, 
Sgl I, 51 b, 6) 1. 311^ ®runb fo ftrengen Serfagend, ioeld^ed burd^ 
unt)erbrof[ene S3etoerbung befiegt toerben fol, Ibnnen toir ioeber ptx^ 
fbntid^e Slbneigung nod^ toibernatürlid^e llnem)>finblid^Ieit ber ^auen 
annel^men. ®old^e Soraudfe^^ungen mögen nur für ein}elne S&Qe (). S3. 
mi, 30B, 6) ober für bie ft)i(finbigece Sid&e^bid^tung f))&terer Seiten 
tauglid^ fein. „äBer mit Seibe toiE erjloingen Siebe, ber tljf&ret ftd^ biel 
gar'' (^. I, 88 b, 6). t^ür jene burd^greifenbe Stimmung unfrei 
ÜRinnefangd ift eine einfad^ere @rf l&rung )u f ud^en , unb ben ®runb f o 
ftrengen äSetfagen^ finben toir eben barin, bag bie @d^öne ben 8e« 
toerber nid^t erhören fonnte ol^ne geioagten @ntfd^lug, ol^ne lül^ned 
S)ur4ibred^en l^etlömmlid^er @d^ranlen, ol^ne entfd^iebenen @ieg ber 
Steigung über bie Stimme ber ^ftidjit, ber ©itte, bed Sorurtl^eilS. 
SSoDIommen flar toirb biefed nid^t foiool^l burd^ bie eigenen Alogen ber 
Sanger, aü burd^ bie $u|erungen, toeld^e fie ben grauen in ben 
äRunb legen. Sie l^aben nn^ nemlid^ bad Siebeleben ber gfrauen ali^ 
®egenbilb bed rigenen aufgefteUt unb erft baburd^ bie SSerJ^filtniffe ber 
^inne }u boUftanbiger S)arfteaung gebrad^t; fie l^aben und einen 93Ud( 

1 2)te ^fäfjer ^anbfd^rift 857, ^(att 18 b f^aii er neme mtd^ ^tn suojim 
I miner tage. ^latt 14 b: 2)er alfo ttil gerief e in einen tonben n)aU, es 
antttirte inte bavu) etedtoemte. ia, mo^te iä) ha^ einen bomn mit miner bete 
{unber »afen nibergeneigen. [^qU Site alte ^eibelberger 2teberl^anbf(^rift, 
l^erandgegeben oon ^ran^ Pfeiffer, etuttgart 1844. 8. @. 75. 80. ^.] 



145 



in bic inneren Äam|)fe be^ toriMid^en ^etjenS eröffnet, unb jtoar am 
«infad^fien baburd;, ba^ jie bie ^auen felbft i^re (Smt)finbungen au«» 
fjjred^en laffen. Za\)lxe\(S}e Steber biefer Slrt QAm befonber« Äürenberö, 
^Dietmar, WixUn, ^artmann, SReinmar, SEBaltl^er, eben bie Siteren 
SKeifier, bie toir aU bie ftd^erften gül^rer ju betrad^ten l^aben. Salb 
dnfame Setrad^tung unb Älage ber ©d^Bnen, balb ©efj)räd^ mit bem 
Soten, bergleid^en toir bereits lennen gelernt, balb SBed^felrebe mit bem 
Slitter felbft. gn fold^en Siebern feigen toir benn flar, h)ie oft baö 
Serfagen fo toenig öon ^erjen gel^t, toag aber bod^ baju nötl^igt, 
toeld^e ^inbemiffe unb ©efa^ren jid^ bem innern SBunfd^e entgegen^ 
fteßen, toie getoaltfam bie SBagniS ift, bie fid^ barüber ^intoegfe^t. 
„9Rir ift lieber, baj er bitte, benn ob er fein ©Jjred^en liefee" (5DI. I, 
74 b, 3). „®r ift mir lieb unb lieber öiel, benn id^ il^m biel lieben 
SRanne fage. ©off id^ il^n ju fjreunb' entbel^ren, ba« ift mir leib unb 
wufe bod^ fein; id^ h)iff lauten mein, id^ barf il^m nid^t getofil^ren" 
(3K. I, 95b, 2 ö. u. f. SBgl. I, 138a, 6. 140b, 2). „Ärumme 
SBege bie gel^n bei aüm ©trafen, baöor ®ott behüte mid^!" (3)1. I, 
138a, 2.) „^er mir ift t)on ßerjen l(|olb, ben toerreV id^ feiere, nid^t 
au« ungefügem $a6, nein, um meine« Seben« ©l^re" (aR. I, 74 b, 1). 
„9Rinne ift ein fo fd^toere« ©J)iel, ba| id^« nimmer barf beginnen" 
(ebb. 4). „er l^eifd^et* affju reid^en ©olb" (3R. I, 18 b, 5. Sgl. 
71 b, 4). „SBe« geirrt er mel^r, ba id^ il^m l^olber bin, benn in affer 
SBelt ein SBeib? «Run h)iff er, ba« ift mir eine 5Rotl^, ba| id& um i^n 
bte ei^re toag* unb aud^ ben Seib" (9R. I, 79 a, 1 to. u. Sgl. I, 95 b, 
2 10. u.). „®e« er geirrt, ba« ift bet 2:ob unb toerberbet mand^en 
2eib; bleid^ unb unterh)eilen rotl^, alfo färbet e« bic SBeib*; SKinne 
l^eiften e« bie SJlann', e« möd^te bafe Unminne fein, toel^' ilf^m, ber« 
juerfi begann!" (SR. I, 71b, 6. Sgl. I, 21b, 4. 81b, 2 bi« 4.) 
S)a« Ser^&Uni« ju mäd^tigen Sertoanbten tritt einmal ganj beftimmt 
i^eröor. ®er Siebenben ifl angelünbigt, bafe fte ber Slut«freunbe ftd^ 
begeben mufe, toenn fie bem $erjen folgen toiff; toär* e« aber ber 
greunbe 3latl^, bajj fte ben ©eliebten toä^lte, toeld^en S)anf fofft' er 
i^r bann ioiffen? er l^at e« tool^I loerbient, ba^ fte Seben unb ei^re um 
i^tt toage (9». I, 182 b, 1 to. u. f. Sgl. 3»- K, 117 b, 2. 4. I, 81b, 
7. 178 a, 3. ßolcjaer ßobej ©. 160). 

®ic ®ef})räd(>8lieber ober SBed^felgefänge jtoifd&en SRitter unb grau 

.U^Unb, ®(^riften. V. 10 



146 



Qcbett }u maiid^crlei SSeobad^tungen älnlag. jtüren(erg§ Siebet l^aben 
noä) bic freiere SSet^jegunfl be§ ^elbenliebS. 3)od^ .ift oud^ bei i^m 
überall Sd^eiben unb S^rcnnunö^Haße. Sonft bemerft man bei altern 
©ängem, h)ie bei 3)ietmar unb Sleinntar, ba^ ®igentl^üniKd^e, bafe 
jebe« ber beiben „SRebegef eilen" (fo l^eifeen bie jufammen ©}5red^enben, 
gjl. I, 106b, 4. II, 60b, 2. 111 b, 6. ©ottfriebg toon etta|burfl 
aOSerfe II, 6. 112, ©tr. 50. 3K. II, 102 a, 4: „frilflefeaen") einzeln 
unb gleid^fam ungel^ört bom 2lnbem feine Sm^jfinbungen borlegt. ®inc8 
fj)rid^t Dom Slnbern in britter ^erfon unb bie SBorte pnb mel^r gcßen 
bie Sw^örer, afe an ba« 3KitfJ)re(i&enbe, flerid^tet (ÜR. I, 41 b, 2 bi« 4. 
62a, 2. 3. 96a, 2. 3. I, 16b, 2. 3. II, 117b, 3. 4), felbft ba, 
tPD bie äflebe beS i^orl^erigen @t)red^erS unmittelbar aufgefaßt ober be« 
Iämt)ft toirb (3R. I, 42 a, 3 bis 5. 69 b, 2. 3. 82 b, 3. 4). 3)er 
Übergang }U einer anbern Steife jeigt ftd^ befonberd bei Sßalt^er. @rft 
nod^ unöerbunbene SBed^f elrebe , ^eic^ für pd^ freut pd^ ber i8iebe unb 
Xrefflid^Ieit beg Slnbem, i^r ift SEäeibeS, il^m 5Dlanneg $eil gefd^el^en 
(3R. I, 124 a, 5. 6. aSgl. I, 124a, 2 f,); anbertoärt« anmäl^Iid^c ^m 
näl^erung unb Slnrebe (501. 1, 123b, 4 big 7), enblid^ toUftänbige unb 
lebl^afte Serl^anblung Don fUlinnefragen , toobei bie @d^Itt^ftro}>l^e jtoi< 
fd^en beiben ©^jredj^enben geti^eilt ift (SW. I, 114 b, 6 bi« 115 a, 3. 
106 a, 7 bis 106 b, 5). Sei ©Jjäteren, bem 3;rud^fe| öon ©ingenberg 
unb'UIrid^ Don Sid^tenftein, Derlnü^ft f\ä^ nod^ rafd^er unb fd^lagenber 
3lebe unb ©egenrebe, anbringenb unb aui^toeid^enb, oft in berfelben 
©tro})l^e mel(^rmate toed^felnb ^ (SK, 1, 150 b, 4 big 6. 151 a, 4 big 151 b, 
2. 156 a, 7 big 156 b, 5. 157 b, 7 big 158 a, 5. II, 34 a, 5 big 34b, 
4. 35 b, 2 big 6. SSgl. II, 46 a, 6 big 46 b, 4. 103 a, ^4 big 6. 
111b, 6 big 112a, 6). 5Die ©etoanbtl^eit beg ®ef})räd^g, bieSeid^tig« 
feit beg gef eiligen 3Bi|eg l^at merllid^ jugenommen; bem l^öflid^en „i^r" 
ift meift bag Dertraulid^e „bu" geloid^en, beffen ©ebraud^ ber ©d^enl 
Don Simburg mit ber gnnigfeit feiner Siebe entfd^ulbigt (501. 1, 58 b,4) *; 

1 3)ic ®cft)räd(>gltcbcr werben öftcrg anä) burd^ ©rjäl^Iung eingeleitet ober 
fortgeführt (9W. I, 39 a, 3 f. 176 a, 5 big 176 6, 2. SBencdfe 208, XVIII. 
259, XLIII. II, 53 a, 5 big 53 6, 2. »gl, 3». I, 1 6, 1). @J?ät erft fällt bic 
iRebe ber grau ein, bei ^«g Don S33er6en»ag (II, 49a, 7 6ig 49 6, 6). 

2 ^ürenberg braud^t „bu", au(^ Äatfer ^cinrid^, wo pe ni^t in britter 
<Perfon fpred^en (äffen (I, 1 a, 5. 6. 7. f.); SBalt^er ^at „il^r^ «nb „bu'' 



147 



abet kic ^^rjUd^Ieit unb ba§ Mftigc ©cful^I ftnb ben filteren Sie» 
bettt eigen. SBenn in biefen bie 2Bed§feItebe faft in einjele ©elbft* 
gef^tfid^e verfällt, fo begegnet man ber ä^nlid^en Stfd^einung überaQ 
in ben älnffingen ber bramatifd^en ^nnft. SSud^ bie 9(rt beS SSor- 
tragg, bie Stellung ber iSänger gegen bie Qu^orex lonnte babei 
eintoirfen; befonberg aber mögen in jener SBereinjelung ber Siebe eben 
bie SSetl^filtniffe be^ Sebend felbft burd^fd^einen , toeld^e ben freieren 
SSerlel^r ber Siebenben nid^t geftatten unb fte auf ba^ einfame 3lu$« 
ati^men il^rer (Sefül^le befd^rfinfen. Einige fold^er SQäed^felgeffinge ^ei« 
gen.aud^ bie räumlid^e S^rennung offenbar, benn fie befte^en ge« 
rabe in ber gegenfeitigen Klage über biefe S^rennung (3DI. I, 56 b,. 
5 bis 8. 94 a, 4. 5); e« ift alfo l^ier nid&t ein toirflid^e« Unterreben, 
fonbern toerioanbte Stimmen I^Ken jufammen, ioie jh^ei ferne Slbenb« 
gloden. 

Sei aller Ungunft ber Ser^ältniffe lonnten bod^ aus^arrenbe Sreue, 
unt^eränberlid^ ebleS äSetragen, unermübUd^e^ SBerben mit SDienft unb 
®efang, mit ©d&ilb unb ©Jjeere^Irad^en (3«. II, 54 a, 2. 3. 3?gL 
grauenbienft ©. 29 u. 3R. II, 35 a, 1. 37 a, 6 biö 37 b, 6) bem 
älitter felbft auf bad SSerbotene einen 9lnf))rud^ t)erfd^affen unb ber 
Sd^önen eine jHed^tfertigung, toenn pe eS getoäl^rte. ®ar l^aufig tjer* 
fidj^ert uns ber ©finger, bafe er t>on Äinbl^eit i^er (SK. I, 149 b, 4* 
175 b, 2. 182b, 5. II, 48 a, 1 D, tt. 167 b, 3. »enedfe 246, 2), feit 
ber ©tunbe, ba er auf feinem ©tabe ritt (3R. I, 179 a, 3), ber ®%n^ 
gigen gebient l^abe. ©ieben ^al)xc lang l^at er gegen il^ren SBBiDen lein 
SBort gefjjrod^en (3K. I, 21 b, 2). gelten Saläre l^at M ber SBalb 
geneuet, ol^ne bafe ber ©änger je neue greube getoann (9R. II, 21 b, 1). 
©elbft bon jtvaniigifil^rigem unb nod^ längerem ^ienfte n)irb gef^rod^en 
(aßufeum I, 391, 1. 403, 4. 3Jl. I, 150 a, 2 ö. u.). ^o6f in dnet 
©tunbe toirb be0 Slatl^, toa« man jel^en 3^1^^^ gebienet i^at (9Di I, 
10 a, 4). SRand^eS an fold^en ^ugerungen mag uns für Übertreibung 

(Se^terei» äR. I, 123b, 4 hi& 7), Ulrid^ neu 2id^ten{lein nur am ©d^Iuffe be» 
®t]pxä(i)f^ über bie iD^inne (Tl. II, 34 b, 4). $ug Don äßerbenmag (II, 49 b, 
6) läßt bie grau „bu" fogcn; »on 2:roftberg (3J?. II, 53a, 5 bis 53 b, 2) 
toed^felt ob; ber tugenb^afte ^d^reiber (II, 108 a, 4bid6): bu; fo aud^ ^atoart 
(II, 111b, 6 ff.). $gL ^ie^er O^rtmm, beutfd^e O^rammati!, Ite ^ui$gabe, 
@. 341 f. 661 u, [4, 305, Ä,] 



148 



obct bloit SRebew^art gelten. ä6et bie ^icn^\pxaä}e fo \>ieUx Siebet^ 
bie innige Eingebung unb %xantXf toorein ber gange (Sefang mancher 
^\ä)Ux getaud^t ift, lägt laum begh^eifeln, bag ed toitlßd^ Sold^e ge^ 
geben, bie il^re beften Sa^re, faft l^offnung^Io^, @inem @ebanlen ber 
Siebe getoibmet. Unja^lig ftnb bie SSerjtd^erungen ber unbebingtefien 
(grgebenljfeit, be« fteten Äull^artcn«, ,,toie eiJergel^e"; einSluebrud, ber 
ben SKinnefängetn gäng unb gebe getoorben (5K. I, 166 b, 3). 9Ran 
f Cetebe e^er bie 3Rofel unb ben Sl^ein, ober feierte ben 9l^ein in ben 
$0, el^e ber ©etreue t>on 3^r fein ^erg entb&nbe (SRufeumI, 437 u. 
441, 4. Sgl- 3». I, 94 a, 5). „©türb* ic^ nad^ il^rer SRinne toerbenb," 
fingt 3Ri(on, „unb toüxV ic^ n>ieber lebenb, fo to&rb* id^ toieber um 
bo« aSeib" (3)1. I, 97 b, 1). ®erne toirb biefer grauenbienft mit ben 
SSerl^&ltniffen ber Selben«« unb 3)ienftmannfd^aft Derglld^en. S)ie l^err* 
f4ienben Segriffe üom Se^en^loefen tourben auf bag Sleidj^ ber ®e« 
banlen unb ©efül^le übergetragen; ed ifl ein ibealer Sel^eni^bienft. 
@elbft einen &ugern 9(nl^alt l^atte biefe Übertragung, ioenn bie ©e^ 
bieterin einem l^ö^em @tanbe, bem $aufe bei^ Sel^eniS« ober S)ienft« 
^erm felbft angel^drte, loenn ber Sänger gar a(^ @beltnabe ober 
S)ienftmann im ®efoIge ber ©ebietcrin aufgctoad^fen toar. ^al^er 
bie t)ielen Stellen, toorin ber 2)td^ter {td^ ald Eigenen ober Seilend- 
mann ber ©eliebten belennt (j. ». aJlufeum I, 364, 98. 419, 3. 427, 2. 
m. 1, 14 b, 3. 47 a, 5. 52 a, 6. 137 b, 4. 145 b, 3- 182 b^ 2. ü, 21 b, 2), 
toorin er berpdjfert, er fei il^r „jum ©ienfte geboren'' (9Bufeum I, 
398, 4), 3Botte, bie fonft ben 2)ienftmann (ministerialis) begeid^nen^. 
ein Äug ift ber 3Rinne Selben (3)1. I, 3 a, 2. SSgl. I, 13 a, 5). 
Unb toenn ioir in ben Siebern ben @änger, bor ber ©eliebten Inieenb, 
bie ^änbe falten fe^en (3)1. U, 28 a, 3. Stufeum I, 335. SSgl. U, 
18 a, 6), fo ift biefeiS eben bie Stellung, in toeld^er, nad^ ben gang 
entf))red^enben 3Borten unb Silbern ber Sled^tSbüd^er, ber Wlann um 
Sele^nung bittet. 9lm beutlid^ften geigt fic^ biefe S3e)ie^ung in einem 
Siebe Surlart« bon ^olj^enfete, ber fein eigen $erj toon ber ©eliebten 
gu Se^en nehmen möchte: „SßiQ fie, id^ t^u' il^r 3Jianned Siedet; 



1 ©d^toäbifc^ed Se^enred^t, %vU 115: „92ad^ ^ofred^t foa tegfli^ SD^tann 
geboren fein Snu^feg, ^ax\6^ait, Jtämmerer ober ^dj^ent" Sgl. ^a(^fenf{>iegel 
». 1, Slrt. 16. 



149 



meine i^änbe falt* id^ il^t unb foQ ed mit Aug em^fal^en, mit il^rem 
©cien fott fte felbft e« teilten mir" (3». I, 89 b, 1 bi§ 3) K 

1 ©rimrn, beutfd^e (S^rammatit ®, 843: ^txt, lacinia vestis. @« 681: g6re, 
Sinns vestis. Investire per osculum; Itl^en mit geödben ^cnben, mit gefuflem 
munbe, a\^ man Uf)m gu redete Itl^en fol. ©rimm, 9{ed^ti$altert^ümer 143. 
iWan öergteid^e mit beii Siebcm bic SBorte bea 8ficc^t«6ud^g: ,,2)cr iWann 
ge^t für feinen ^errn, ba er fle^t ober ft^et, fo Inie (er) für i^n, nnb neige 
pdd aller fein Sei6, fo neigen fid^ and) bie $änb, nnb ^egel^re feinei^ @utd mit 
gefalten $änben.'' ©d^mäbifd^e« Sel^enred^ Sap. 44. ©äd^ftfd^eS Scl^enred^t 
(Sop. 22. 2)eutfd^e 2)enfmäler I, Xa^ti V, 8ilb II. ^niS) ben proocnjalifd^en 
©ängern ftnb bie SluSbrürfe „mas juntas, de genolhos, hom Hges" n. f. to. 
gangbar (Sio^nouarb III, 164. 206. 284. 300. 353. V, 17) unb l^ier i|l be« 
fonberS fotgenbe ©teile beS (Saucelm gaibit (9iaijnouarb III, 290) erläntemb: 

AdoDcs Testei tan denan, 

Mas jontas, de bon coratge, 

De genolhos, en ploran, 

Tro m pres en son senbora tge; 

Mas al prim li fo salvatge, 

Quar m' auzei enhardir tan; 

Pueis vi mon humil semblan 

E receup mon homenatge, 

Quar mi conoc ses enjan. 
SJgl. 2)oceng aJiigcellaneen II, 279, IV. 



n 



150 



IV 



2luf bie SKi^ücrl^ältniffe burd^ SSerfd^icbenl^cit be§ Stanbe§ bejiel^en 
ftd^ befonberg bie ©teilen, iDeld^e \>on „i^ol^er" ober „niebrer 3Kmne" 
fj)red^en ; toietool^l biefe SBorte jutoeilcn aud^ bie ftttlid^e §öl^e ber $er* 
fönen, ber ©ejinnung unb ^Reigung, bejcid^nen (9DI. I, 116a, 4. II, 
25 a, 3. 4. 37 b, 1. aJlufeum I, 408, 7. SBgl. Üla^nouarb Sanb V, 
©. 234: S'ieu fos u. f. to. ©. 388: Ja ma dompna u. f. to.). ©e« 
i^riefen »oirb bie „SDlage", bie ben redeten 2Beg ergreifen leiert (3JI. I, 
115 a, .3. 116 a, 3. 62 a, 1). 3)er i)on Sud^ein l^filt ben grauen, 
bie fxä) niebrer SKinne jutoenben, ba§ Seift)iel eines fjeberf})iels ents 
gegen, ba§ man toertl^er l^alte, toenn eS Meine SSöglein üerfd^mä^e 
(5K. II, 71a, 3). 3n bem lel^r^aften (Sefjjräd^ einer SMutter mit i^rer 
^od^ter fagt bie le^tere: 㨤 toerben lid^teSlugen rotl^, loenn l^od^ be- 
{jel^rt ein niebrer 3Jlann, i)on bem lein' ß^re loerben !ann, unb loenn 
ber §ol^e nieber geirrt; bie §ol^en follten l^od^ begel^ren, bie ^liebem 
nieber, bas ftünbe ba^." dagegen meint bie 9Rutter, bie l^ol^e ebte 
9Kinne begel^re nur reiner §erjen, bie fie mit fid^ in bie §öl^e jiel^e; 
ba§ laffe fte nid(?t, ob aud& dürften brol&en (3R. II, 260 a, 4 bi§ 260 b, 
4. aSgl. 259 a, 2 b. u. II, 24 a, 1). ®a§ gtoeifel^afte fold^er ©tetten 
fd^eint eben öon bem ©d^toanfen ber SSegriffe jtoifd^en äußrem unb 
innerem 2lbel l^erjurül^ren. Seftimmter äußert ftd^ Hartman i)on Duloe, 
SWand^er f^rid^t ju il^m: „Hartman, gel^n loir fd^auen ritterlid^e grauen!" 
9)od^ Hartman toitt lieber mit „armen SBeiben" feine 3^^ bertreiben. 
2ßa§ taugt i^m ein ju J^ol^eS 3i^I? 3^^ Q^M^ i« friner 3:^orl^eit, 
baft er ju einergrau üon 3Kinne ^pxaä), ba toarb er queer angefel^en; 
brum n?itt er fid^ SBeiber in fold^em SWaJe f})äl^en, bie ilj^m ba3 



151 



itid&t gefd^el^en laffen (3St. I, 183 a, 4 big 6). SBBaltl^er öon ber 
aSogellüeibc mu^ ben S3orh)urf l^örcn, bafe er feinen ®anQ fo nie- 
ber toenbe. 6r t)ettl^eibigt jtd^ unb bie Oeliebte: „3>ie traf bie Siebe 
nie, bie nad^ bem ©ut unb nad^ ber ©d^öne minnen, 35u bift 
fd;ön unb l^aft genug; h)ag fte teben, id^ bin bir l^olb unb näl^me 
bein gläfen gingerlein (Fingerring) lieber, aU einer Königin Oolb" 
(3Jl. I, 117a, 3 bi« 117b, 2). ©in anbermal fagt er: „©bei unb 
reid^ ftnb3Rand^e, baju trogen fte l^ol^en 3Kutl^ ; leidet finb fie „beffer", 
bu bift „gut" (3R. I, 117 b, 6). SBBenn biefe ©änger ftd^ rühmen, 
in ber redeten SRafee geblieben ju fein, fo begegnen toxx l^inlDiber 
anbern, bie offenbar über il^ren ©tanb l^inauö iperben. ©o Hagt 
griebrid^ loon ^ufen: 㤊tt' id^ fo bol^er 5iRinne mid^ nie untertoun* 
ben, mein möd^te h)erben SRatl^; id^ tl^at e§ ol^ne ©inne, brum leib* 
xä) ju allen ©tunben 9totl^, bie mir nalf^e gel^t" (3R. I, 95 b, 2). 
2)0 biefe aSorte fid^ in einem felj^nfud^t^tjollen Sieb ouS ber gerne 
finben, fo ift eben bie „l^ol^e 3Kinne" ol^ Urfod^e ber S^rennung an- 
5unel^men. 

3)ie Sffiirfung jener SSerl^altniffe auf ba« (Semütl^ unb bie 6in- 
bilbung^Iroft ber ©änger jeigt ftd; tool^l nirgenb« fo Ilor unb fo bid^* 
terifd^, als in ben trefflid^en Siebem beig fd^on ertoä^nten ^einrid^g 
öon SBlorungen, ©eine ©eliebte erfd^eint ote eine gürftin, bie i^m in 
ben ©})ielcn ber Äinbl^eit nol^e toor, je^t aber, toie ein leud^tenbe^ 
Oeftirn, über il^m fd^ipebt. „68 tl^ut öiel ipel^, U)er l^erjiglid^ minnet 
an fo l^ol^er ©tott, bo fein SJienft loirb üerfd^mäl^t; id^ beborf Diel 
iool^l, bofe id^ ®nabe finbe, benn id^ l^ab' ein 9Q3eib ob ber ©onne mir 
erforen; bo8 ift eine SRotl^, bie id^ nimmer übertoinbe, ©ie frl^e 
mid^ benn an, toie ©ie tl^ot l^iebebor; ©ie ift mir lieb gen)efen bol^er 
t)on Äinbe (ögl. I, 54 a, 4), benn id^ toorb um ©ie unb um Sttnbreö 
nid^t geboren, l^ot fie befe ^oxn, ba§ toei^ ®ott, fo bin id^ berloren. 
5EBo ift nun l^in mein lid^ter SWorgenftern? toel^, too« l^ilfet mid^, bafe 
meine ©onne ift auf gegongen? fte ift mir ju l^od^ unb aud^ gu ferne 
gegen SKittog unb toiU ba lange fielen; id^ erlebte nod^ ben lieben 2lbenb 
gerne, ba fte ftd^ l^ernieber mir jum ^^rofte iDoBte laffen" (9R. I, 53b, 
4 bis 6). „3d^ mufe immer f^Jöl^en, toie ber 3Konb, ber feinen ©d&ein 
Don ber ©onne ©d^ein emj)fal^t" (I, 50 a, 6). „Sßenn il^re lid^ten 
Singen olfo bcrlel^ren pdjf, bafe fte mid^ an burd^ mein $erje fel^n 



1 



152 



(l)fll. I, 57 a, 2)*, toer bann bajtoifd^en fielet unb ittct mid^, bem 
muff aU feine ^reube }ergel^n! 3^ ftel^e bann unb toaxU meinet 
f^rauen, red^t tote bed Silage^ bie f leinen SBögelein: itKtnn foK mir 
toieber Siebet flefd^l^cn? (I, 51 a, 2. aSgl. I, 52 b, 1.) 6tel^* id^ \>t>x 
\f)x unb fd^aue bad 3Bunber, baS @ott mit ©d^önl^eit an il^tem Setl^ 
getl^an, fo ift bed fo wl, bag id^ ba gerne immer ftänbe. D n>el^! 
fo mu^ id^ traurig fd^eiben t)on bann, eine trübe SBolIe fommt ba- 
jtoifd^en, ba^ id^ beg ©d^einen« üon S'^'^ «^^^ ^^^'^ O^i 53 b, 2> 
aSßL 54 b, 1). „SBäel^ ber $ut, bie ba« öerfd^ulbet, bafe man ©ie 
nid^t, benn feiten, fielet, n^ie bie @onne, bie be« 3(benbi^ untergel^t. 
^^ mu^ forgen, tuann bie lange 9lad^t jergel^e, bag id; einmal fel^e 
meine t)iel liebe ©onne, bie mir fo toonniglid^ taget, bag mein älug' 
ob einer trüben 3Bolte toenig )}erllaget (oerfd^merjet)" (9R. I, 54 a, 6. 
54 b, 1). „©ie tool^nt mir }u allen 3^ten Oor ben 9lugen, mid^ 
bün!et, fte gel^* ju mir burd^ ganje dauern; toenn ©ietoiU, fo fülltet 
©ie mid; Oon Irinnen mit i^rer toeigen ^anb ^od^ über bie 3i)i>t^^ 
©ie gel^t bort l^er ju einem genfterlein unb ftel^t mid^ an red^t ate ber 
©onne ©d^ein; toenn id^ fte bann gerne toollte fd^auen, ad)l fo gel^t 
fie bort ju anbern grauen" (3R. I, 55 a, 3. 4). Unoerloanbt blidt 
ber fel^nfud^t«t)olle ©änger nad^ biefem Sid^te f eine« Seben« : „©al^ ^e* 
manb bie f^raue, bie man fann fd^auen in bem f^enfter fielen? ©ie 
leud^tet, loie bie ©onne ti)\xi gegen bem lid^ten 3Rorgen; el^* toar fte 
Oer borgen, ba muff id^ forgen, ba§ toiK id^ nun laffen. ^\i 3^ntanb 
l^ie inne, ber feine ©inne nod^ bel^alten l^at, ber gel^e nad^ ber ®ä)^nm, 
bie mit i^rer Jlrone gieng \>on Irinnen ab, bag ©ie mir ju Xrofte 
fomme, e^' ba^ id^ Derfd^eibe 1 Sieb unb £eib tooEenmid^ beibe förbern 
ju ®rabe, 3Ran foH fd^reiben auf bem ©teine, ber mein Orab befallt, 



1 $fä(3er ^anbfcj^rift 357: ©menne ir listen ougeit fo berterent jt^, baj 
ft mir al bur min l^erge fen, <@iper ba entjmifi^eu banne get unb irret 
mid^, bem muoje al fin tounne gar §ergen. ic^ muoj oor ir fien unb toarten 
ber oreuben min, reifte alfo bei( taged biu deinen Dogellin, »enne fol mir 
iemer üt^ gelegen. <Btotti xd) eine bin, fo fc^int mir oor ben ougen, fo bt* 
buntet mici^, U)ie ft ge bort l^er je mir al bur bie muoren* ir rebe unb ir trofi 
enlajent mi(i^ ni^t truren. ftoenne ft toxi, fo t)üeret ft mid^ Irinnen geinem 
oenfier l^o^ al über bie cinnen. [55gl. g. Pfeiffer, 2)ie alte ^eibelberger ?icber- 
^anbf(^rift @. 76. 80. $>. Sadjmann, 2)e« SWinnefang» grü^Ung e. 126, 138, Ä.] 



153 



toic ließ ©ie mir toar unb id^ ^i)x f o unlieb , toer bann übet mid^ gel^t, 
bafe er lefe biefe Slotl^ unb ^f)x gebe Äunbe ber großen ©ünbe, bie 
fic an il^rem greunbe begangen f)aV' (3K. I, 52 a, 2 bi§ 4). ,,©üfec 
fanfte 3:öbterin, toaf)nü il^r, toenn il^r mi(^ tobtet, ba| id^ eudji nimmer 
mel^r befd^aue? 5Rein, eure 3Dlinne l^at mid^ be§ ernötl^et, bafe eure 
©eele ift meiner ©eele §errin. ©ott mir ^ie nid^t tool^I gefd^el^en bon 
~ eurem Seibe, fo bienet meine ©eele ber euetn bort, ate einem reinen 
aaäeibe'' (3R. I, 57 a, 8. S8gl. Äolocjaer 6obe£ ©. 105, SS. 339 
bi« 345). 

3u ben ^inbemifjen unb 2^rennungen, bie ba« gehjöl^nlid^e 2^Un 
mit ftd^ brad^te, gefeilten ftd^ bie manigfad^en ^al^rten unb^eere^jüge, 
bie ben Slitter oft auf lange 3«it in ferne Sanbe fül^rten. 3)ag Sleid^, 
bie Äird^e, ber Sel^enSl^err erliegen il^re Aufgebote, „^d^ fel^e tool^l, 
bag bem Aaifer unb ben äBeiben mit einanber !Riemanb bienen mag" 
(ber Don Staute, 3DI. II, 47 a, 2). „a)em Äönigc fülf^r* id^, tool(^in er 
toitt, ben iBeib, nur nid^t mein $erje, ba§ bei 3^r mufe bleiben. 3)rum 
foEte fte bem Jtönige bod^ )u @l^ren ba$ il^re mir überlaffen l^aben'^ 
(SK. I, 144a, 5) (bamit er nemlid^ nid^t ol^ne §erj fei?). 2)erÄaifer 
gebot befonber? bie ^eerfal^rt nad^ Italien OPüIle), jur Ärönung ober 
}um j{am)}fe. 2)al^er einige ^fd^ieb§Iieber auf bie t^al^rt nad^ SQ3ftlfd^< 
lanb. 93ernger üon ^orl^eim Ilagt, bag ber j^önig i^m ju Seibe ge« 
ftorben, t)ermut]^lid^ toeil er al^ 9{eid^$t)afall bem neuen jtönig jur 
ftrönung folgen mug K ®r befiel^lt bie ©eliebte @ott unb allen feinen 
®ngeln. ©ie n>irb i^m in bem ^er^en bleiben 9lad^t unb %aQ. D ioel^ ! 
bafe 5ßüae fo ferne liegt! (311. I, 173 b, 2 big 4.) 3n einem Siebe 
beg Orafen t>on Seiningen erflel^t ber Slitter auf biefe leibe gfal^rt au^ 
bem rotl^en SRunbe ber ftrengen ©eliebten nur bie fünf 2Borte : ^r^al^r 
l&in ju guter ©tunbe!" 2>ie ©d^öne toirb ertoeid^t, fic fegnet feine 
t^a^rt unb geftel^t, bag er 2n>ei trauernbe $er)en l^infül^re (3R. I, 15 a, 
2. 3). 3(ud^ 2um $eil ber ©eele loarb mand^e Steife nad^ Stom ge- 
macht (IJrauenbienft ©. 63 f. SSgl. Wt. I, 23 b, 6. II, 172 a, 1 to. u.). 
S)er ©d^enl t)on Sanbegge fingt ein SBinterlieb in t^ranlreid^. S)er 
Sßlan l^at trüben ©d^ein , ber Steife tl^ut ben Seuten ioel^ bei ber ©eine 
unb bei bem 9Reer. SBonne unb Vogelfang ift in ©d^maben, bei bem 

1 »gl. ©äd^fifd^ce Sel^nred^t Slrt. 4. 



1 



154 



dif)m, um ben SSobenfee. Sal^in iammert xf)n, na^ ber minniglid^en 
©(gölten. SBag er ber Sanbe Befal^ren, il^m toarb nie fo Siebe« lunb, 
3)ie \>xd ©ü^e, Steine; SBanbelsfreic jieret ©d^toabenlanb. ^ennegau, 
Srabant, glanbern, ^xanlvAä), pcarbie l^abeu fo ©d^öneö md^t, nod^ 
fo lieWid^ SlngeMt (3K. I, 200b, 3. 4). ©n anbermal läfet berfelbe 
©önöer fid^ fo bernel^men: „2)er t>iel ©ü^en, bet id^ btene, png* id^ 
biefen Qan^ öor SBiene, ba ber Äönig liegt mit ©etoalt; ber bebenit 
beS Sleid^eg SRot^, fo gebenF id^ nad^ bem ®rufee, ben fo minniglid^ 
unb füfee giebt i^r 3JlünbeI rofenrotl^" (3». I, 197b, 2 ö. u.). «ud^ 
ber 5ßüller fagt in einem SBinterliebe, in Öfterreid^i fei tool^l gut fein, 
bod^ toär* er gerne toon 3QBien toiber an ben Sll^ein ju ber ©d^önen, 
b&ud^t' e« ben Jldnig gut äBiU Igemanb gen ®(fagenlanb, ber foS 
ber Sieben tbun belannt, toie er fid^ fel^ne. ^i^ret il^n gemanb an 
feiner grauen, ba ift ber Äönig fd^ulbig bran (3R. 11, 51 a, 6 bi« 8). 
SBBal^rfd^einlid^ ift in biefen Siebern bie Belagerung öon SBien burt^ 
3luboIf bon ^absburg im SBintermonb 1276 gemeint ©teinmar 
fd^eint gleid^faU« einen 3«3 ^^^ SBien mitgemad^t^ju l^aben (9R. II, 
106a, 3). 2)erfelbe folgt bem Äönig auf einer SBinterfal^rt nad^ 
SKeigen. @r befd^n)ert ftd^, bafe fie fo fj)ät unternommen loorben. 
©d^ilbn)ad^t in Mten 3t&6)tm, Steif unb ©d^nee; mu| er baju 99ier 
trinlen, ba U)Är' il^m befjer bei feiner SJröfterin, bie ber SRof* im fü|en 
^avL^ gleid^t (3R. II, 108 b, 4 big 7). ernfter fjjrid^t ber t)on dtauU 
auf einer f old^en gal^rt : \oie nal^* er ben ^ob bei ftd^ fal^ , ba mand^er 
SKann feine ©ünben befannte, ba toar bod^ ba« fein gröfter Äummer, 
bafe il^m nie ©nabe toon ^i)x gefc^al^ (3Jl. II, 46 b, 1 t). u.). 

SSon aKen Slitterjügen aber, toeld^e l^ier in SSctrad^t lommen, 
toaren bie bebeutenbften unb aUgemeinften bie Kreuzfahrten. 3)ie Sieber-- 
fammlungen entl^alten eine anfe^nlid^e 3cil^I ^on ftreuiliebem (Iriu^liet), 
n)eld^e in mel^rfad^er äSejiel^ung merftoürbig finb. ^ier l^anbeln toir 
)i>on benfelben nur, fo toeit fie ben 3Winnefang berül^ren. SBiele unfrer 
SOtinnefänger finb )ugleid^ Jtreu}fal^rer unb toa^ fie t)on ber ©ottedreife 
fingen, betoeift nid^t bloß, bafe biefer S^bfd^ieb ber fd^merjlid^fte toar, 
eS jeigt aud^ ben ^^rauenbienft iiberl^au)}t in neuem unb l^eUerem Sid^te. 
©iegreid^ fd^ritt bie $rebigt be« jtreujed t)on Sanb }u Sanbe, ber 
©laube, ber fromme ®ifer fam il^r überall entgegen. Slud^ bie ©änger 
liefen aufregenb il^re Sieber ertönen. Sin größerer. 3wg, an beffen 



155 



e))ifte bet Äaifcr ober fouft ein mäd^tigcr ^ürft jtc^ ftettte, na^m an^ 
ganjen ®auen bie Slütl^e ber 9lttterfd^aft ^tnta>eg; unb tote SSiele 
mod^ten nidS^t toiebcrlel^ren ! „3lun Serben toiel Stugen trüb unb rotl^, 
nod^ lieben tJreunben leiben fte 3loÜ), ber l^arren fie leidet nun in ©toigs 
feit; ia^ ift mand^er ^rau ein fd^toereS 2eib" (§iItboIt t)on ©d^toangau, 
SK. I, 143 b, 3). 3lud^ bem mutl^iöftcn SRitter lonnt* ein fold^er ab« 
fd^ieb bange mad^en; nid^t ilt>i bie UngetoiSl^eit ber Stüdlei^r (9R. I, 
176b, 2), aud^ bie SeforgniS, ob er bie (Seliebte gefunb unb unDer« 
änbert toieber finben toerbe. „SBie gern' id^ fal^r*, bod^ jammert mid^, 
toie ed bal^eim nun ftel^'; id^ ioei^ tool^I, eiS t)erlel^rt 3lIIe$ ftd^, bie 
©orge tl^ut mir toel^; bie td& laffe tool^I gefunb, ber finb' id^ SlHe nid^t*' 
(2R. I, 174a, 5). „SRun l^elfe mir ®ott, fott id^-l^ertoieber lommen^ 
ein 2Beib, bie großen Jtummer k)on mir l^at, ba§ id^ fte ftnbe mit 
il^ren 6^renl fott aber fte i^r Seben toerlel^ren, fo gebe ®ott, bafe id^ 
4 l^infa^r'!" (3)er i)on 3ol&ann«borf, 3R. I, 173 b, 5.) 3)od^ bie Auf* 
f orberung ju biefen 3wgen toar untoiberftel^Iid^ ; eS toar bie Segeifterung 
ber 3rit. „5!Kinne unb ^eunbe id^ um ®ott laffen toiff, baS bfinlet 
mid^ um ilj^n nimmer gu öiel, feit man nn^ bon il^me ©ienft gebot" 
(ebb.). 933ie man ben ^rauenbienft b^r Sel^en«J)flid^t Derglid^, fo galt 
aud^ bie Äreujfal^rt für einen Se^enöbienft, ben man ©Ott felbft, bem 
aSerlei^cr atter iBeben^güter, leiftete. „gd^ toeift nid^t, h)oju ein fjürft 
lebt," fagt ber ^ßrojjen^ale 5Dlarcabrun, „toenn er nid^t®ott fein Selben 
abberbient" (SRa^nouarb IV, 131). Slu« einem unfrer älteflen Äreuj« 
gefänge, be« 2)ienftmann« öon 3lugge, erfel^en toir, toie bie JJtauen 
felbft, ber attgemeinen ©timme folgenb, ben SRitter üerad^teten, ber 
gurüdfblieb. ©c^limme 3Wäl;ren finb gelommen toom S^obe Äaifer 
t^riebrid^d unb fo mand^er anbern pigrime (1190). SSiele Seute l^ürt 
man nun il^re ^reunbe tlagen ; bod^ ioer fie beweinet, ber ift ein jtinb; 
ba^ toir nid^t feien, ba fie nun finb, ba« fottten toir toeinen. SBer 
je^t ba^ Jtreuje nimmt, toie tool^l ba^ J^elben jiemt! S)a f))rid^t ^xü* 
leidet ein jager Ttann: „äSir fotten l^ie l^eim \>\d fanfte bleiben, bie 
Seit vertreiben mit fd^önen aSeibcn." ©o fjjrid^t bie §rau, um bie er 
loirbt, ju i^rer greunbin: „®ef})iele, er ift nid^t Safte« loertl^; toa« 
fott ber jur SDiinne? ®erne bin id^ feiner lo«." 2)ie greunbin antwortet: 
„2:raUte ®eft)iele, ba« rat^' id^ audji; p\\xx\ bafe er je toarb geboren!" 
©0 l^at biefer Qa^e auf beiben ©eiten verloren, bei ®ott unb bei ben 



156 



fjraucn (©d^eHinö, OTgemeinc Seitfd^rift »b. I, ^eft IV, 452 bi« 460). ' 
3n glcid^fem ©inne fprtd^t grtcbrid^ öon $ufcn, fd^on auf ber %af)xt 
fid^ befinbenb: „Sottt* irgenb rin 3Kann geblieben fein um Siebe unb 
nad) ber fKinne SRatl^, fo h)är' id^ nod^ all um ben Sl^ein. 3)a^ 
gönnt* id^ guten ^auen nic^t, bafe jemafe fäme ber 2^ag, ba fie ben 
l^fitten lieb , ber ton un§ fd^ieb. Sffiie I5nnt' il^nen ber baS minbfte 
bleuen, ber fo an ©otte« ^Jal^rt erfd^ral? ®rum fenb' id^ il^nen biefe^ 
Sieb unb grü^e pe, toie id^ beften« fann. ©iel^t fie mein 3luge nimmer- 
mcl^r, mir t^äte bod^ i^re ©d^anbe toel^" (SR. I, 94 a, 1. 2). 3n 
einem Siebe be« bon Sol^annSborf toünfd^t eine grau, ba| fie toürbig 
Mxe, mit über ©ee ju fal^ren. SBie fott pc fid^ benel^men, toenn 6r 
öon Irinnen fö^rt? SBBie foD fie ber 2BeIt jugleic^ unb il^rer Älage 
leben? SBie toel^e t^ut eS, bal^eim feiner SRotl^ ju gebenlen unb bei 
fid^ ju f))red^en: „Sebt mein ^erjelieb ober ift er tobt?" (3R. I, 
176b, 5. 6.) 

S)urd^ fold^e 2^rauer fd^immert mitunter bie %x^\x\>c beg SBieber* 
fel^en§: „9Bo greunbe^ ©d^eiben alfo red^t unfanfte tl^ut, ba tl^ut aud^ 
greunbeS Äommen inniglid;e iool^l, ba§ ift ein 3^roft, ber mid^ noc^ 
freuen unb tröften foU" (501. I, 171b, 6). 5Rad^ mand^em 3lbenb 
fel^nenber Älage ruft bie %xau bem lieben Ttmnc frol(^en SBiUIommen 
äu (3R. I, 15 b, 3. 4?) 2 

SSon ben ©ängem beg Äreujeö pnb einige ganj bem frommen 
©egenftanb i^re§ Oelübbe^ l^ingegeben; bie meiften aber, bon benen 
h)ir l^ier fpred^en, pnb mit bem Si^i^fl^^lt ii)xt^ ^erjenS befd^äftigt, 
bag jtoifd^en ®ott unb SKinne getl^eilt ift, SBer fid^ mit bem Äreuj 
l^atte bejeid^nen laffen, toar bamit nid^t in geiftlid^en Drben getreten, 
aber bod^ l^att* er eine SDSeil^e emj)fangen, bie il^n gu ernftem ©inn unb 
reinem Seben toerj^pid^tete. „S)em Äreuge jiemt tool^I reiner SKutl^ unb 
feufd^e ©itte" (311. I, 180 a, 6). 2)ie ©änger erörtern biefen SEBiber.- 
ftreit unb bemül^en fid^, i^n auöjugleid^en. 

aWand^em l^at bie Ungunft ber Oeliebten bie SEBelt entleibet, unter 
bem Äreujegjeid^en fud^t er ©d^u$ unb ®ntfd^abigung. „3)a ©ie mein 

1 [S3gt. 2)e8 Sl^inncfangg S^ü^Iing, ]^crau«gcgcben üon Ä. Sad^mann unb 
SR. $aupt, Scipsig 1857. 8. ©. 97 bi8 99. $.] 

2 Sieb üom SWoringer [«olföfiebcr II, Sßr 298. ^.]. 



157 



fo gat tKTga^, ba gebat^t' i(^ nai^ bnn So^ne in ffllen @tvig(ett, oB 
mit iigenb ^tmmeläfiiine iti £ähti Sdbnt vetbienen iBnnt' utn i^R, 
bn Aroiu ob aDenjtronen trfigt" (3R. I, 166a, ö). „^[Reiner ^auen 
tt« ic& untert^an, bie offne So^n meinen 3)ienp na^m .... nun WiH 
i^ bienen bem, ber lohnen lann" (9R. I, 95 fl, 1 B. u.). „3(^ toä^nte, 
frei }u fein von fol(^et @(^W»e, ba id^ baä jlteuj ju ®ottt9 @^ten 
natrni; e3 tcäT* auÖ) xtd)i, bag eö alfo Wäre" (3R. I, 93 E), 5). $i(t' 
bolt Don ®<!^K>angau freut ft<^, rooiühn er fonft dellagl, bafi 3^re 
^ulb i^ nie getvotben; lei^ter entbehrt er S^rer ebeln 3)linne, aU 
bafe er ©ie in beu ©crgen um i^n tvfifte, bie er nun, beim ®<i^eiben, 
um eie ^öt (OT. 1, 143 b, 5). 

^aS Jtreug auf ber S3ruft lann bie 3)linne nt<^t ertöblen, baS 
lehren unS fo uiele ©teUen. „^eö %agfi, ba t^ iai Areuje na^m, 
bo lautet' ii^ ber ©cbanlen mein; ba toä^nt' itb, fie gu ®ott fo ju 
beftäten, ba^ fie nimmer ^uj ttu8 feinem SJienfte träfen; nun tooHen 
fie tbren SÖiClen ^aben unb toiebet lebifl faxten, »ie e^'. Sen ®ott, 
bem ii) ba bienen foQ, ben b^Ifen fie mir nit^i fo loben, aU i^ br> 
bürfl' unb mir« gum ^eile toäre. 3>ie @oiQe brftdt mi^ @inen ntt^t, 
fie t^ut au^ onbetn Seuten toe^'" (3H. I, 73 a, 4. B). »2Wein $eije, 
mein Seib bie tvoDen fiiib fc^eiben , bie mit einanber ivaien nun manche 
Snt; ber Setb tpiQ gerne fe(^ien gegen bie Reiben, bem ^erjen ein 
aBfib bc^ immer na^e liegt" ' (511. I, 93b, 3. ÜBflI. m I, 24b, 4). 
„aBann i^ bor Oott eä »age, gebenf i^ S^r, ba« WdII' au^ er ber» 
geben mir! JDb ii) be8 @anbe follte ^an, tvarum boi^ fe^uf er fie fo 
mo^lget^n?" (3R. 1, 93 a, 5.) „Wit ©ftnbe lie|' ic^, aufier ber: ii^ 
minn* ein Sßeib uor aBer SBelt in meinem ©emftti&e" (aS. I, 174 6, 
ä V. u.). „@ie tofi^net, banim, ba| i^ fa^r', ic^ [a{fe@ieno^ frei; 
@Dtt bor ber^SSe nimmer mit!^ bewahr', ob ba« meinSiüe feil 9Sie 
fe^i ba« 3teer unb aue^ bie ftarten äBeUen toben, i^ tciH @ie mrnmet 
obgeloben; bie 2)Dnnerf(^läge mSi^ten aber lei^t erge^ 
mi(ö liefee" (SR. I, 174 o, 3. Sßergl. Srauenbienft S. : 

' Dit(tr ©ebanlt finbel lii!^ aut^ 6(i eintm alt fron jüfijt^o 
Se li cora vait servir noatre segnor, 
Tout U mieos cners remaiut eu sa bsilli«. 

Eitr&it de quelques poüiea du 12. 13 et 14 siMea, 
e. 66. 



158 



9Iuf Detfd^iebene Sßeife toirb bie SSermittlung ber toibetfiveitenben 
©efüi^le öctfuclj^t. SReinmar, berfelbe, ben tt>ir f lagen l^örten, bafe er 
feinet @ebanlen nic^t ÜReifter toerbe, erlaubt il^nen jule^t, mand^mal 
in il^re ßeimatl^ i^inübcr gu eilen; l^aben fie bort bie fjreunbe fleötüfet, 
fo foUen jte ttjieberf eieren unb il^m bie ©ünbe bü^en l^elfen (SW. I, 72 a, 
1 k). u.). 3)^t bon Soi^^nneborf fd^Iägt ber SRinnc t)or, ba| fie i^n 
frei laffe, bi$ er bie reine ©ottedfal^rt DoKenbet, bann foQ fte il^m 
tDieber n>iII!ontmen fein; tviU fte aber nid^t aud feinem ^ergen fd^eiben 
unb ntu| er fte mit ftd^ in ba^ l^eilige Sanb filieren, fo möge ®ott ber 
©eliebten ben l^alben £ol^n ber Steife »utl^eUen! (3R. I, 176b, 4.)^ 
S^nlid^eg Iä|t Slubin eine fjrau au«fj)red^en: „6r tl^ut ein Sd^eiben 
l)on mir l^in, ba^ mir nie <Bd^eiben leiber toarb, bem id^ ba^ ^erj unb 
aQ ben @inn }u Steuer geb' auf feine ^al^rt, unb auc^ t)on meiner 
greube gleid^en l&alben S^eil, bamit er \xn§ crloerbe S3eiben Sottet 
$eil; unb mög' il^m nid^t ber älugen 93lid( )u ftatten fielen, laff er baS 
^erje für bie 3lugen fe^n!" (aw. I, 172 a, 3.) änberö toieber $art* 
man öon Dutoe: „SBeld^* fjraue fenbet ben lieben SKann mit rcd^tem 
^utl^ auf biefe f^al^rt, bie laufet l^alben £ol^n baran, ob fie bal^eim 
ftd& tool^I betoa^rt; Sie UU für fte »eibe l^ie! fo fo^rt Sr für fte 
»eibe bort" (SW. I, 180 b, 3). 

^ie SRifd^ung ber frommen @m)>finbungen mit benen ber 3Rtnne 
erfd^eint in biefen Siebern }un>eUen f)'6i)\t fonberbar. ^iItebo(t tritt 
fein S^l^eil ber ^Rinne f eierlid^ bem ^erm ah : „^abei f oQt il^r , $ene, 
gebenlen mein, Ij^att' id^ toa^ Sieberi^, bad foKt' euer fein; fte l^at mir 
nid^tiS benn Seib get^an, beffer, benn mir, muff ed eud^ bamit er« 
gal^n!" (SR. I, 143 b, 4.) 3n einem Siebe be« ©rafen bon Sotenloube 
f))rid^t ber fd^etbenbe jtreujfal^rer : „3Bäre S^rifteS Sol^n nid^t alf o fü|e, 
fo lie^' id^ nid^t bie liebe f^raue mein, bie id^ in meinem ^ergen oft« 
mal grüfee, pe mag öiel Wo^ mein J&immelreid^e fein." 3)ie %xau er« 
toibert: „3tun er \pxxä)t, \6) fei fein ^immelreid^e, fo l^ab' id^ il^n )u 
®otte mir erlor'n.'' ©abei bittet fie (Sott, il^rer Siebe nidjt ju lüxnm, 
unb ber Slitter toitt fid^ unb il^r ®otte« ^ulb ertoerben (3R. I, 
16b, 2. 3), 

2)ie ©rllorung biefer ©rfd^einungen mag in bem SBorte be« üon 

1 [«crgl. ©d^riftcn V, @. 100. . $.] 



159 



Sol^annftborf Keflen: „3^ ^«0*' 3^^ ^^^* i^ fingen biefeg Sieb, toär* 
Sie biel reine nid^t unb äffe« SBanbel« frei" (5W. I, 175 b, 5). Wlan 
glaubte, baö ^eilige nid^t ju enttoeil^en, toenn man e« mit ben fjrauen, 
bie fo l^od^ berel^rt tourben, in SSerbinbung fe^te S unb eben bie 3^' 
fammenftcttungen ber ©ottegfal^rt mit bem ©ienft ber 5IJlinne, toenn 
felbft im @in)elnen anftögig, jeigen und bon einer neuen Seite, h)ie 
n?enig man ben le^tem für ein leid^ted unb flüd^tiged ®))iel anfal^, 
toic man il^n öielmel^r ju ben l^öd^ften unb ttjürbigften Slngelegenl^eitcn 
bed Sebend red^nete. 

1 Salf^ren, $clgc. 



160 



V. 

®te btöl^erige SBettad^tung ber gefeQfd^aftltd^en SSerl^ältmffe , ber 
fRtd^tungen beS 3^^<ili^^# toeld^e ber Sielte flörenb unb trennenb ent' 
flegcnftanben, ertlSrt un« nid^t blo^, toie in ben SWinneliebcm ber S^on 
ber StlüQe toorl^err[ci^enb toarb, fle mad^t nn^ nod^ toeiter begreiflidjf, 
tote ber SWinnefang fxif tnel^r unb mel^r betn S««^'^« ««b (Seiftigen ju« 
toenben mu[te. ©eiftige Sef d^auung , innerliche ^ergegento&rttgung gab 
einigen @rfa$ für baiS entbehrte ®lixi be$ 93e{t$eiS. @in SSerlel^r ber 
Seelen entf))innt fic^; unftd^tbare 93anbe tnü))fen ftd^ jtoifd^en ben ®t' 
trennten. Sa§ ^er) fd^eibet ftd^ i)om R'ötp^x unb (ebt fein eigeneiS 
£eben; bie 9tugen beiS ©emütl^ed fd^Iie|en fid^ auf; ber ©ebanle fd^toingt 
i)rüfenb feine gittid^e. 

,,^intoeg! la^ mid^ bie Suft antoel^en, bie lommt t)on meinet 
^erjcng Äönigin!" (SR. I, 6 b, 6) ruft ber fel^nfudjt^öotte ©8nger. 
„B&V iä) Sentanb, ber fagt', er tofire üon gl^r lommen, .to&r' idj bem 
feinb, id^ tooDt' i^n grüben; 9[IIeS, bad id^ je getoann, l^ätt' er mir 
bad genommen, bad möd^t' er mir mit feinen üR&l^ren bilden; toer @ie 
toor mir nennet, ber l^at ju greunbe mid^ ein gange« $iaf^x, l^ätt' er 
mir ßauS unb $of berbrennet" (SR. I, 175a, 8). „Stein Slbenbfegen, 
mein 3Rorgenfegen ba« ift aKed mit ber üRinniglid^en'' (^. I, 184 a, 
3. SBgl. SWufeum I, 354. 3DI. I, 175 b, 2. II, 36 a, 8). „3d^ trage 
bie »anbe, bie 5Riemanb fann befd^auen" (SK. 1, 16 a, 3). „9Rein 
©d^ein ift l^ier nod^, fo ift bei 3l^r ba« ^erje mein" (m. I, 110 a, 6). 
„D\)n* Urlaub fd^ieb ed \>on mir gu bir, liebe ^aue mein !" (9R. II, 52 b, 
5. 70 b, 6.) „S)ie Sefte, bie man finben lönnte, bon bem$o bid an 
ben Stl^ein, bie fud^t* id^ nun mand^e ©tunbe unb fanb {te in bem 
$erjen mein" (9R. I, 145 a, 4). „grembe id^ pe mit ben Slugen, pe 



161 



tninnet bod^ ftet« mein ^erjc j^eimlid^" (3R. I, 94 6 , 6). «3Rein Set6 
ift l^ie, fo tt)ol[^nt bei 3l^r mein ©inn. 98Ba§ laufet, tl^u' id^ bieaiugen 
ju? fo feigen fte burd^ mein ^erje l^in" (9R. I, 115 a, 4). „^^ h>ei| 
nid^t tool^I, tote e§ barum nun fei: ©ie fal^ mein SCuge lange nie, finb 
3l^r meinet ßerjen« Slugen bei, fo ba^ id^ ol^ne Slugen fel^e ©ie, ba ift 
ein SBunber mit gefd^el^en; toer gab il^m baS fonber Slugen, ba^ eS 
©ie ju aller Qext mag feigen? SSSoIIt il^r toiffen, toa« bie Slugen fei*n, 
bamit id^ ©ie f el^e buvd^ aHe Sanb* ? 6« pnb bie ® ebanlen be« ^erjen« 
mein, bamit fel^' id^ burd^ 9Rauer unb burd^ SBanb; nun lauten fie, 
ioie fte'« bünle gut! fo feigen ©ie bod^ mit üoKcn Slugen ^erje, aBiUe 
unb all ber SKutl^. SBBerb' id^ jemafe ein fo felger 5D?ann, baft ©ie 
mid^ ol^ne Slugen feigen foD? ©iel^t ©ie mid^ mit ©ebanlen an, fo 
öergilt ©ie mir bie meinen tool^l. SWeinen SBitten gelte ©ie mir, fenbe 
mir il^ren guten SDSiDen, meinen l^abe ©ie immer S^r!'' (5K. I, 110 b, 
7 biö lila, 3. SBgl. I, 172a, 2.) S)iefe8 ^ettfel^en ber Siebe, toet 
d^e« SSaltl^er l^ier fo t)oIIftänbig au^fül^rt, begeid^net SSolfram mit 
einem fonberbaren Silbe: „SBJie bin id^ fo öon ©ulen-Slrt! ©ie fielet 
mein^erj in finftrer Siad^t" (5W. I, 147 a, 1). ^einrid^ toon Störunge 
fagt: „©ie n?ol^nt mir )u aUen Seiten Dor ben Slugen; mid^ bünlet, 
fie gel^' ju mir burd^ ganje SWauern; toenn ©ie loiH, fo fül^ret fie mid^ 
t)on Irinnen mit i^rer toei^en ^anb l^od^ über bie Sinnen" {3R. I, 55 a). 
3)ie ©änger freuen fx6}, faft auf naiije SBeife, ber SJlad^t be« 
©ebanlen«, bie fie eben erft ju erlennen fd^einen: „3^ f'^^u^ ^i^f 
bafe id^ mag gebenlen, loann id^ toitt, ber l^ergelieben grauen" (3)1. I, 
5b, 8). „SDBie h>enig e« mid^ berfal^e, fo freu' id^ mid^ bod^ febre, 
ba^ mir 9liemanb ertoel^ren lann, id^ gebenle bod^ il^r nal^e, tool^in id^ 
Sanbe« lel^re" (3R. I, 95 b, 4). SBie gel^afe mir fei bie ®ute, bod^ 
bin id^ il^r mit ©ebanlen bei; bafür l^ilft il^r feine $ute, toie ungenäbig 
fie mir fei" (SK. I, 36 b, 2). „©ebanlen ^aben mir Siebe« öiel ge^ 
tl^n" (3R. II, 46 a, 5). „®« toiffen alle Seute nid^t, ba6 SBünfd^en 
alfo fanfte tl^ut" (3R. I, 165 a, 1. 33gl. II, 101b, 2). Sefonber« 
t)reift Ulrid^ öon Sid^tenftein ba« ©lütf be« SBfinfd^en«, ba« il^n aHe 
greuben ber ÜRinne borau« loften läfet (SK, H, 44 a, 9 bi« 44 b, 7. 
»gl. n, 38 a, 9 bi« 38 b, 7. I, 65b, 5. 86 a, 5). Slnbre bagegen 
\iü)kn auä) ba« Duälenbe ber ©ebanlen: „Sieben mid^ ©ebanlen frei, 
fo toüfte id^ nid^t umUngemad^" (3K. I, 114a, 5). „©ebanfen fügen 

n^Ianb, Schriften. V. H 



162 



too^I Ungemad^'' (ÜR. I, 158a, 1. »gl. I, 70b, 3. 145 b, i: 146 b, 
2). ÜJland^cn finben toir betgeftalt in ©ebanfeu vertieft, „mit ©ebanicn 
irrefal^renb," bafe er nur l^alb ift, too man il^n ganj ju feigen toäl^nt, 
ba^ er toeber 9lugen nod^ D^ren l^at', ben ©rüg unertvibert lä^t ober 
am äbenb guten 3Korgen beut (5DI. I, 114a, 6. 110a, 6. 123 a, 3. 
185 a, 2. 185 b, 4. 93 a, 4. SWufeum I, 442, 4). 

@eban!en ftnb frei, biefed Bpxxd^tooxi tömmt mel^rmatö in ben 
SWinneliebern t)or (SR. I, 40 a, 3. 88 b, 3. 121b, 3). ®alt e« l^icr 
nur, frei ber ©eliebten )U beuten, fo tourbe bie %xA\)dt bed ©ebanlend 
balb aud^ auf anbre ®egenft&nbe gerid^tet; unb getoi^ l^at ber SRinne- 
fang, inbem er ben SSlid nad^ innen rid^tete, an geiftige 93efd^äftigung 
getoöl^nte, ben innem Sinn übte unb fd^ärfte, ba§ ©einige ba^u bei« 
getragen, bem ®ebanten bie ^Ifigel ^u löfen, ber ob aUm klaren l^od^ 
in ben Süften fd^toebt (SR. U, 178 a, 3). 

®o treiben benn and) unfre 3Rinnef&nger eine verliebte @d^olaftit. 
©ie [teilen Setrad^tungen an über ben Segriff ber SWinne, über ben 
fittlid^en 3Bertl^ ber flauen unb anbre ©egenftfinbe eined feineren !Rad^« 
beulend. äln)iel^enb ift eS babei, }u beobad^ten, toie oft ber ©ebante 
nod^ ringen mu^, jtd^ aud ben Xönen, axi^ ber Unbeftimmtl^eit ber 
©efüi^le l^erborjuarbeiten ; unb toenn ed il^m nid^t immer gelingt, ;iu 
t^öUiger itlarl[ieit burc^)ubringen, fo ift er bod^ fo geioanbt, irgenb eine 
gef&Qige Xudl^ülfe )u finben. 

3)aiS 9Bort üRinne ift in jener S^^ )iemlid^ gleid^bebeutenb unb 
gleid^ umfafjenb mit bem l^eutigen Siebe. @d begeid^net bie Siebe }u 
®ott (©otteg 3Rinne, getoei^te 5IRinne, 51R. Ü, 183 b, 3bi« 184 b, 2), 
bie Siebe }u f^reunben unb äSertoanbten, befonberd aber bie grauenliebe 
in jeber geiftigen unb leiblid^en SSegiel^ung. S)agegen bebeutet Siebe ben 
alten 3)id^tern bie ^reube, bad SBol^lgefaSen , @rfreutfein, bie Suft bes 
^erjend. ^arum ber beftfinbige ®egen[a^ bon Siebe unb Seibe, Suft 
unb Trauer, Sieb unb Seib, @rfreulid^em unb ©d^mer^Iid^em. „Siebe 
mufe oft mit Seibe jergel^n" (SR. I, 143 b, 2). „3d^ tpeife ben SSBeg 
nun lange tool^l, ber bon ber Siebe gel^t bii^ an bad Seib; ber anbre, 
ber mid^ toeifen foU aud Seibe in Siebe, ber ift mir nod^ unbereit'' 
(3R. I) 65 b, 5). „Dh id) ben 2^roft ba fänbe, babon mein Seib ber« 
fd^toänbe, fo tooSt' id^ an^ ^erjeleibe in ^ergeliebe gel^n'' (SRufeum I, 
354, ©tr. 65). „Sieb ol^ne Seib mag nid^t fein** ÖR. I, 41b, 5). 



163 



„änberö fo geftunb ee nie, benn bafe beibeg, 2ieb unb Selb, ierflieng" 
(3K, I, 69 b, 6). „3d^ fud^te Sieb, ba fanb id^ Seib" (3R. I, 150 a, 3), 
„§erjelieb, \oa^ x6) beö nod^ je gefal^, ba toax §etjeleib mir bei" 
(3R. I, 114 a, 5. SSfll. I, 155 a, 1). ,Mxx ift mein Sieb eine l^erjiö» 
lid^e ©d^toere, fo ift babei ba§ Seib meine l^öd^fte greube gar" (3Jl. I, 
164 a, 7), „©eit man Seib nad^ Siebe l^at, fo fott aud^ Sieb nad^ 
Seibe erge^n" (ÜK. II , 25 b , 6). ^n SSejiel^unö auf bie SWinnc l^ei^t 
Siebe borjüglid^ ba$ älnmut^en , ba^ innige , l^er jerf reuenbe SBol^lgef aQen 
an bem geliebten ©egenftanbe K 3Jlinne giebt Sieb' unb greube (3R. II, 
242 b, 2). Segriffe, bie fxd) fo nal^e lagen, fonnten leidet gänjlid^ in 
einanber übergel^en, unb toir finben biefen Übergang fd^on bei ben 
SWinnefängern felbft: „©eit bie ^erjeliebe l^eifeet üJlinne, fo h)ei^ id^ 
nid^t, toie bie Seibe ^eifeen foD" (3K. I, 52 b, 6). „©tete Siebe ^eifeet 
aWinne ; Siebe , SKinne ift all ein ; bie lann ii) in meinem ©inn^ nimmer 
mad^en too^l ju jtoein, Siebe mu| mir 9Rinne fein immer in bem $ergcn 
mein" (501. II, 33b, 5). 

3n t)ielen Siebern toirb bie grage, ba« Sftätl^fel (9K. I, 123 a, 5) 
aufgetoorfen unb gu löfen üerfud^t, loa« benn bie SKinne fei, biefe« 
unfid^ibare äBef en , ba« bod^ fo getoaltig ift, ba| il^m* aEe Sanbe bienen 
(501. II, 34a, 7). „aSBa« mag ba« fein, ba« bie SBelt l^eifeet 3Rinne 
unb ba« mir t^ut fo toel^ gu aller ©tunbe unb ba« mir nimmt fo biet 
meiner ©inne? ^ä) toal^nte nid^t, bafe e« gemanb erfünbe. $Stt* id^ 
e« gefeiten, babon mir ift gefc^el^en alfo biel ^ergenf el^re , fo tooUt' id^ 
baran glauben immermel^re" (501. I, 95a, 5. SSgl. I, 157b, 7. II, 
145 a, 4). „$erre, fagt mir! toa« ift 50linne? ift e« SBeib ober ift 
e« 50lann?" (501. II, 34 a, 6.) „S)ie 50linne ift toeber 50lann, nod& 
SBBeib, pe l^at nid^t ©eele, nbd^ ben Seib, fie gleid^et feinem Silbe, il^r 
SRamc ift lunb, fte felbft ift aber loilbe" (501. I, 127 a, 6. SSgl. I, 
104 a, 3. 112a, 2). 3wm Segriff ber loal^ren SBlinne ioirb gered^net, 
bafe fte gegenfeitig fei: „50linne fonber SBiberminne (®egenliebe) jtoifd^en 
jtoein, ba« l^eift' i^ nid^t geminnet gar" (501. 1, 167 b, 4. Sgl. 1, 117 b, 
6). „50linne ift50linne, tl^ut fie tool^l; tl^utfie toel^, fo l^eifeet fie nid^t 
50linne. 50linne ift gtoeier SBonne; tl^eilen fie gleid^, fo ift bie 50linne 
ba; foU aber ungetl^eilet fein, fo tann @in ^er) allein fie nid^t bel^alten" 

1 ^enede« ^Beiträge @. 255: Wiimt, liebe« füegertnne. 



164 



(9R. I, 123a, 4. 5. Sfll. II, 112a, 4). 3n biefer »ejie^ung too^t 
faflt ber 2Karner: „SKinne ift ein ©r tinb ift ein ©ie" (9R. II, 177 b, 
1). änbre befaffen fid^ Weniger mit fj)i|finbt0en Unterfud^ungen unb 
erflären lieber auf bem SBege ber (Srfal^rung: „SBenn idj^ i^ret 9Kinnc 
gel^^te, fo fraget fie, \va^ 3Rinne fei. 9lun fann id^ i^ro befc^eiben 
nic^t, fie folge benn meiner Seigre unb fei mir eine äSeile bei, ba e§ 
ffliemanb fielet" (3Jl. I, 13 a, 6). 2)ie bünbigfte erllärung giebt ber 
tugenbl^afte ©c^reiber. 3Jlinne l^ei^t ibm: „9Ranneg 3Dlunb an SBeibeS 
aWunbe" (9R. II, 103 a, l). 

9Benn h)ir gleid^ gel^ört l^aben , ka& bie 3Kinne toeber 2Kann noc^ 
SaSeib fei, fo erfc^eint fie bod^ ii^äufig in 5ßerfon. SJielfad^ ioitb grau 
aRinne angerufen unb angellagt. Sluc^ in ©eftalt l^eibnifd^er ©ott^eiten, 
aU SBenu«, 3lmor, ßujjibo, tritt fie juioeilen auf (3R. I, 3b, l. 5. 
7b, 2. 8a, 6. 55a, 4. II, 19b, 3. a98a, 4. 198 b, 3. 260a, 4. 
gjlufeum I, 398, 7. SenedEe 221, 2). 2)od^ meint ©raf Äonrab t)on Sild^ 
berg, an feiner ;8iebe fei nid^t f otool^I SBenug , nod^ 3lmorö ^ei^egadfel 
fd^ulb, ald ber Siebften rofenblül^enbe SBangen unb il^re Srefflid^feit 
(3Jl. I, 13 a, 2). Slud^ SBolfram jie^t bie'lebenbe ©eliebte ber alten 
©öttin t)or: „SJenug, bie ©b^ttin, lebte fie nod^, fie müfte bei il^r er« 
blid^en fein" (9)1. I, 148b, 5. 3Rufeum I, 411, 3). 

®en ©ängern, bie fid^ felbft unb t^ren ©ang nad^ ber SRinne 
benennen (SJlinnefinger, 3M. 1, 183 b, 6, 3Binnefang, I, 7 a, 1. 122 b, 
3. 199 a, 6. aSgl. ©ottfrieb« bon ©trafeburg SBerlell, ©. 112, ©tr. 
62. SWinnelieb, II, 76 a, 6), ift benn aud; nic^t^ ju i}od), tomn e§ bie 
fIRinne ju J)reifen gilt. D^ne3Rinne ift 5Riemanb frol^, fie ift bie befte 
SBonne ber SDBelt, ba§ fagen uns fo mand^e ©teilen (3R. I, 6 a, 2. 
30 b, 4. 45 a, 2. 3. 90 a, 8. 104 a, 3). 5Rod? mel^r, ol^ne aRinne ift 
SRiemanb toertl^ (^R. I, 4 b, 2). ©ie ift ein §ort atter SCugenb (SR. I, 
104a, 3. aRufeum I, 409, 1. 501. I, 15 b, 7). ©ie leieret ©ünbe 
laffen, nie toarb fie bei ben ©ünben funben. Unminne ift ©ünbe, 
3Rinne ift aHer ©ünbe frei (^R. I, 4 b, 3. 4). D^ne fie fann 5Rie^ 
manb ©otte« ^ulb geh)innen, fie giebt jum Fimmel gut ©cleite 
(aR. I, 127 a, 6 f.). 

S)iefe3 Sob ber aRinne fällt jufammen mit bem ber tJrauen. ©ie 
finb bie greubegebenben (aR. I, 202 b, 6), an benen ber 2BeIt $eil 
unb aBonne liegt (3R. I, 80b, 6. II, 32 b, 8). „2Ba§ l^at bie SBelt 



165 



ju c^tUn £ic6ere§, bcnn ein SBeib?" (Tl. I, 108 b, 4. 203 a, 5. 6.) 
3lxd)i^ ift i^ncn ju öergleici^en, afe ba« ^immclreid^ (3Jl. I, 171 a, 2). 
Dl^ne il^rc $ülf e f ann TOemanb einen %aQ frol^ bleiben (9Jl. II , 32 b, 
8). 3ln fie gebenlen, ift ein SCroft in aCem Seibe (501. I, 114 b, 2. 
II, 23 a, 2). 3)iefen unb anbern 2oh\pxixä)m äJ^nlid^er 3lrt (j. 35. 
3R. I, 23 a, 3. 30 b, 4. 32 a, 4. 6. 7. 171 6, 5. II, 29 b, 9. 102 a, 6. 7. 
103 b, 6. 7. SWufeum I, 358, ©tr. 76. 363, ©tr. 93) gefetten fid; lieber 
eben fo öiele, tpoburd^ bie ^J^auen nid^t bIo§ aU ©J)enberinnen ber 
greube, fonbern aud^ ate bieienigen üerJ^errlid^t tperben, bie in ben 
$erjen ber SJlänner iebe« ®ute unb ®ble Jjflanjen unb beleben. 

Un^äJ^Uge Sieber Derlünbigen bad Sob ber f^rauen , tl^eilS allgemein 
im greife beS ®ef d^led^tg , ll^eifö in befonbrer Slntoenbung auf bie @r» 
fome beg ©ängerS, ber er l^ulbigt unb bient, unb, nad^ einem gang^ 
baren 2lu§brudP, um ber ©nen toillen äUen (SK. I, 9 a, 2. 34 a, 4. 
86 a, 7. 124 a, 4. 143 a, 2. 155 a, 8. 155 b, 2. 167 a, 1. 170 b, 
6. 177 a, 2. II, 28 b, 1. 40b, 8. 87 a, 3. 104 a, 1. 109 a, 2. 126 a, 
4. aSgl. I, 118b, 2. II, 105 b, 2). SSon ber ©d^ilberung ber äußern 
3leije fteigt biefe« Sob ber ^Jrauen auf jur SBürbigung i^rer innern 
aSorjüge unb il^re§ fittlid^en ®influffeg, jur begeiflerten ßrfenntnig 
üoHenbeter SBeiblid^feit. 

3)ie Sefc^reibungen ber ^rauenfd^önl^eit fennen U)ir fd^on großen« 
tl^eil^ au« ber Setrad^tung ber baju öerloenbeten 9iaturbilber. ©ie 
galten pd^ meift in allgemeinen Sögen unb ftnb fxd) ba^er im ©an jen 
ä^nlid^. ©^)iegel^eae, frö^lic^e 2lugen (I, 46 a, 2. 3Kufeum 340, 12. 
346, 37. 365, 99), leud^tenb rotl^er $IKunb, rofenblül^enbe SBangen, 
§afe unb ^änbe, meiner benn Qä)mc unb Silien (3R, II, 16 b, 3. 6. 
19 a, 6. 47 b, 8), lange, meift blonbe (fälble), golblodfige $aare (9K. I, 
23 a, 4. 24 b, 5. II, 62 b), fd^lanler aOBud^« (3K. I, 12 a, 6. 49 b, 3), 
ba§ finb bie Steige, bie ftetg toieberle^renb eifd^einen. 3lud& ber fd^önen 
Srauen (2R. I, 6a, 1. II, 40b, 3. 181b, 5. Senedfe 246, 4), ber 
tweifeen, gleid^en 3^1^«^^ We man fern erlennt (3R. I, 49 b, 4. 165 b, 1. 
II, 17 a, 6), ber ©rübd^en in Äinn unb SDBange toirb nid^t öergeffen 
(*3Ji. I, 11 a, 1. II, 18 a, 5. 23 b) K 2öie biefe ©änger bie 5Ratur im 

1 (gine auilfül^rUdjc ©ejd^reibung feiner (Sdjöncn gicbt 2ßatt](>cr, Wl. I, 
118b, 2 bis 6. SJgl. fon|l I, 12a, 6. 24b, 5. 178 a, 1. 2. 5. II, 23b. 
SWiScettaneen I, 110. Wl. I, 61a, 1. 67 a, 1. 



166 



l^cttften ^rül^Imö«nci^te barftellen, fo aud^bie tDeiWid^e ©d^önl^eit in ber 
tooHen Slütl^e ber Sugenb unb ber ©efunbl^eit. Dag Seben auf ben Ser^ 
gen, im freien Suftl^aud^, fd^eint bie garben frifd^ unb leud^tenb erj^aften 
}u l^aben. äluc^ l^ier betpäi^rt fid^ ber SRinnefang aU t^rül^Iing^bid^tung. 

®ie 3tuflen toerben gerne ben ©temen berglid^en (5IR. 1, 118 b, 3. 
II, 47 b, 3). ©er ©änger h)irb jum ©ternbeuter: „3^^^^^^ ©teme 
f)at ®ett>alt, bie mid^ ntad^et j[ung unb alt, bag fag' id^ ben Seuten; 
barin fann id^ feigen tool^l, h)a§ l^ernad^ gefd^el^en fott, unb aud^ fd^ön 
bebeuten" (501. 1, 189 b, 2). ©od^ nid^tg befd^äftigt bie ©änger mel^r, 
aU ber rot^e 9Kunb, ber tounb mad^t unb gefunb, bent ba^ tröftenbe 
Säd^eln unb ber begltidfenbe Äufe ju ®ebote fielen, „^^v burd^kud^tig 
rotl^er SKunb l^at mid^ auf ben %o\> bertounbt" (9W. I, 4 a, 6). „S)ei 
Äufe l^ilft mir unb anberg nid^tö gefunben" (3R. 1, 6b, 2). „Slotl^er 
9Kunb, nun lad^e, ba^ meine ©orge fd^toinbe!" (3Rufeum I, 342, 
©tr. 18.) „2^röfte meine ©inne, bafe id^ ben Äu| geh)inne, ipxii) 
\a\ rotier aWunbl" (SWufeum I, 361, ©tr. 87.) ©iefeg finb 2Ben 
bungen, bie in §unberten bon Siebern tpieberf eieren. S3iS jur 6rmü 
bung toieberl^olen fie ftd^ befonberg bei ©otfrib bon Slifen, ber eg reb 
lid^ berbient l^at, toenn il^n cnblid^ eine Ounft bom rotl^^en 9Runbe jum 
©d^h)eigen gebrad^t. Segeid^nenb fagtbon il^m ein2lnbrer: „2)er9lifer 
lobt bie graue fein unb i^r röfelid^tei 3Künbelein" (501. II, 100 b, 4). 

3)a§ (Einerlei fold^er SSBenbungen toirb gleid^tool^I üon mand^em 
blül^enben 33ilb unb treffenben 3"Ö^ belebt. 35ie SSergleid^ungen be« 
rotljl^n 3Runbeg, feine« Säd^eln« unb Äufie«, mit ber Slofe finb fd^on 
frül^er auSgel^oben toorben. 3lud^ ber leud^tenbe SRubin h)irb jum Silbe 
gebrandet (gR. I, 47 b, 2. 148b, 5. 184 b, 5); ba^er glaubt Äriftan 
Don §amle, hjenn bie Siebfte lad^e, fo muffe i^r rotl^er 3Wunb nad^tg 
a\x^ ber ginfterni« glonjen (3K. I, 47 a, 4). 3Balerifd^ jeid^net ber 
toon SBeifeenfee ba§ fd^alll^aft tro^ige 3RtinbIein feiner ©d^önen: „S)ag 
\U\)i, alg ob eg tooKe fjjred^en: ja tru^! toer barf füffen mid^?" ober: 
SDa§ ftettet fid^, ate ob e« fünfe f))red^e" (3Jt. II, 19 a, 5. 8 f.). 

©in fd^öner Stu^brudE finbet fid^ l^äufig bei unfern ©ängern : „©ie 
t^ut mir in ben Slugen Ujo^l" (3R. I, 47 b, 4. 59 a, 5. SBgl. II, 180 a, 
3. 237 b, 4. 260 a, 3)*; ober aud^: „lieb in bem ^er^en, biel fanft 

1 „^lugcnweibc" 3R. I, 2a, 3. 201 0, 2. 202b, 4. 



167 



in ben Slugen" (5IJI. II, 101 a, 6). ©inifle öerfid^etn, bafe jte bic 
SRinniflUc^e lieber anfeilen tpürben, afö einen Sngel, unb \o&x* e8 ber 
fc^önfte, ben (Sott je gewonnen (3R. I, 49 a, 7. [11, 70 b, 4.] U, 
40 b, 4). 

^oi) nid^t blo^ h)a$ ben 9(ugen tool^l tl^ut, toirb ge))riefen. S)er 
©d^önl^eit toitb bie Siebe botgejogen, eben bad 9lnf))red^enbe unb Wiof^U 
tl^uenbe für ba« $erj. „3!)ie Siebe ftel^t ber ©c^öne bei bafe, benn ©e- 
ftein bem Oolbe t^ut" (3R. I, 108 a, 6. 7). „SJie traf bie Siebe nie, 
bie nad^ bem ®ut unb naä) ber @(i^5ne ntinnen; \oefy\ loie minnen bie!'' 
„3u ber @cl^5ne 9{iemanb fei )U j|ad^ ! Siebe tl^ut bem ^erjen ba| , bie 
@cl^5ne gel^t ber Siebe nad^, Siebe mad^et fd^5n ein 9Beib, ba^ mag 
bie ©d;öne bod^ nid^t tl^un, fie mad^et nimmer lieben Seib" (9R. I, 117 a, 
4. 6). S)iefe Slu^f^jrüd^e SBaltl^erS l^at SReinmar. bon Srennenberg 
in einem eifrigen SBettftreit ber Siebe mit ber ©d^öne toeiter auSgefül^rt, 
beffen ßntfd^eibung gleid^fattg mit ben SEBorten fd^lie|5t: „3)ie ©d^öne 
giebt mir l^ol^en SJRutl^, bie Siebe tl^ut bem ^erjen bafe" (501. 1, 185 b, 
5 bi« 186 a, 3. gSgl. ©ud^entoirt LXVI). 

©d^önl^eit unb Siebe itnb aber nod^ nid^t ba« ^öd^fte, hjenn nid^t 
bie ®üte, bie 2!ugenb l^injutrittt, beibe« SBorte, bie l^ier ben pttlid^en 
SDBertl^ bejeid^fnen. „3d^ h)eife hjol^l, ba^ bie Siebe mag ein fd^öne« 
Sßeib mad^en h)ol^l, jjebod^' tveld^ SBeib ftet^ Siugenb )}flag, bad ift bie, 
fo man toünfdj^en fott" (m I, 108 a, 7). „$Rad^ f5rauen^©d^öne3lie* 
manb fott ju biete« fragen, fmb fte gut" (3R. I, 78 b, 4). „^I^re 
a:ugenb xä) immer fröne ob atter ©d^öne** (5W. I, 170 b, 4). „SBol^l 
i^r, bie bei ®üte ©d^öne i)at\" (3R. II, 42 a, 5.) „©d^ön bon i^rer 
®üte ift meine graue, fte ift bon il^rer ©d^öne gut" (3R. II, 37 b, 9). 
2Balt^er bellagt ein fd^öned äSeib, ba^ i^re ©d^önl^eit leinen äSertl^ 
melj^r ^abe, feit man nid[ft mel^r getool^nt fei, Sugenb bei ©d^önl^eit ju 
finben (9K. I, 140 a, 1). SBie e« überl^aujjt für eine fd^ä^bare Äenner^ 
fd^aft galt, „fjrauen fjjä^en" gulönnen (Slibelunge 2385. SK. I, 119 b, 
6. II, 24 a, 3. 36 a, 4. grauenbienft @. 20), fo rül^mt Utrid^ öon 
Sid^tenftein fid^ befonber«, ben grauen in ba« $erj ju feigen. 6r ift 
Äeiner bon ben SSielen, bie ber grauen ©d^önl^eit feigen, ol^ne il^rer 
®üte toal^r^unel^men. ^^m finb aU i^re ^ugenben boUiglid^ erlannt, 
barum l^ai er brei^ig ^al^re ritterlich in il^rem 2)ienfte berbrad^t. SBie 
er im ®runbe i^rer ^ergen jjebe 3^ugenb befonber« feigen möge, baö 



168 



mad^t er lunb. 9Rit ®eban!en betrad^tet er il^re @itte unb il^ren Wtuif^, 
bamit erf)}äl^t er aO il^re ^eimlid^Ieit: ,,9Bad eine %xane ^ugenb f)Cd, 
bie mni aud bed ^erjend ©runbe gal^n, tote ber @aft aus äBurjeln 
gal^t, in Diel mand^e Slume too^Igetl^an" (SM. II, 43 a, 6 ff.), ©o 
mit ©ebanlen baS 3^nre erfaffenb, fegnet fid^ berfelbe ©finger, ein 
^immelreid^ auf @rben gefunben )u l^aben, feiner t^:auen tugenbreid^ed 
§erj (3R. II, 43 b, 5 ff.). 

2)ie 2:ugenben, toeld^e bie tpetblid^e ®fite unb ßl^re (3K. 1, 199 a, 3) 
auSmad^en, tverben aud^ befonberS benannt: Xreue unb ©tetigleit, 
Äeufd^^eit, gröl^Iid^Ieit mit S^d^ten, fanfte, befd^eibene Siebe, ©d^am, 
bie h)ie ein reineS Äinb in fd^öner ^auen ©d^o^e ft)ielt (501. 1, 117 b, 
2, 49 b, 2. 168 b, 2. 169 b, 8. 197a, 4. 199 a, 5. »enedfe 202, 3. 
251, 2. II, 175b,. 2. grauenbienft ©. 80. 81). 

3(([e 2^reff(id^!eiten ber trauen umfaßt aber fd^on baS eine ^f)oä)^ 
gelobte" ©ort SBeib (3R. II, 182 b, 6). ©epriefen toirb, bie il^re SBeib* 
l^eit unbepedft erhalten l^at (3W. I, 200 b, 1. 5. 202 b, 5. II, 36 a, 3. 
43 b, 2), bie man mit SSJal^rl^eit nennet: toeiblid^ SBeib (2W. II, 43 b, 7); 
ein Oerfkfirfter StuSbrudf, ber l^äufig ioieberfcl^rt (j, 83. 3W. I, 50 a, 4. 
II, 36 b, 1. 40 b, 3. 42 b, 1. 43 b, 2. 3. 243 b, 5). SDaS bebeutfame 
äBurjeltoort burd^ ade f^ormen f))ielenb, fagt man oon bem, ioaS ben 
tJrauen tool^I anfielet: „baö toeibet tool^l" (9R. II, 42 a, 4); unb jur 
Sejeid^nung beS ©egenti^eife: „Untoeib, Untoeibl^eit , unioeiblid^" (3K. I, 
116 b, 5. II, 43 a, 2. 40 b, 9). 

3SieIbefungen ift in ben 5!RinneIiebern ber reine, fü^e 3Q3eibeg 5Rame, 
toomit nid^t bie blo^e äBortbenennung , f onbem l^auj)tf äd^lid^ toieber ber 
Segriff ber SBeiblid^Ieit felbft gemeint ift K 3" ben jal^Ireid^en Sob* 
^)reifungen biefe« SRameng 4 S. 3W. I, 13 b, 6. 200 b, 1. aJlufeuml, 
344, ©tr. 28. 363, ©tr. 93. 367, ©tr. 108. SW. II, 241 b, 6. 243 a, 

1 ^ud^ bie @tet[e: „^etb, bad l^od^gelo^te SBort, bad ijl beffer , benn irgenb 
anberiS in ber Seite fei'' (9R. II, 182 b, 6), meint bod^ too^I ntd^t ha& bloge 
Sort, f onbem beffen SBebeutung. ^t^xmat» ftnbetman bie 3uf<intmenfleIIung : 
„2öci6cS S«ame unb Sci6e« Scib" {Wl. I, 116 b, 5. 200b, 1, wo au6) nur 
„Scib unb ScibeÄ SRamcn". II, 182 b, 6. 183 a, 2. 241b, 6. 243 a, 3). 
®inb bicfc 2lu»brü(fc nic^t ^)Ieonaflifd^, fo mag ber erjlere mcl^r auf bie gcifKgc 
Sluffaffung, bcu ©cgriff,; ber Icjjtere auf bie (grfd^einung, bie «pcrfönlid^tcit fi(^ 
bejicl^en. 



169 



3. 243 b, 5. Sriftan 8303) f)at tool^l ein Sieb 3leinmar§ be§ alten ben 
SlnHanfl gegeben, toeld^e« mit ben SBSorten beginnt: „So tool^l bit, 
SBeib! ioie rein bein Slamel h)ie fanfte bu ju nennen unb ju erlennen 
Bift!" (5IK. I, 67 a, 3.) 5Diefe§ Sieb mx fo gefd^ä^t, bafe SBalt^er in 
feiner ^age über ben Xob Sieinmaä A)er{id^erl : J^öite iSeiumar nid^tg 
gelungen, afö bie eine SRebe: „So tooljil bir, SBBeib! toie rein bein 
5Rame!'' fo l^ätf er üerbient, bafe atte SBSeiber ftetö für feine ©eelc 
beten (^Pfäljer ^anbfd&rift 357, 331. 41 b) K 

a)er SRante Sffieib toirb felbft über ben SRamen grau gefteHt: 
„SBeib mufe immer fein ber SBeibe J^ödj^fter 3lame unb tl^euret ba% 
benn grauen" (3R. I, 116b, 5. SBgL 11, 43 a, 2). SDer ®runb be« 
aSorjugg el^rt unfre ©änger, er beruht barin, bafe in fold^em ®egen» 
fa^e ba^ SBort grau nur ben jufälligen SSorrang l^ö^erer ®eburt 
(ögl. m. I, 183a, 4 big 6. 119b, 6. 49b, 5), ber 5Rame Söeib ba= 
gegen bag innre SBefen ebler SQBeiblid^Ieit bebeutet, Älar ift biefeg in 
f olgenben ©teilen : „83on ®eburt eine graue ift fie unb öon Sugenben 
aOBeib" (3R. II, 41 a, l. 3SgI. II, 36 a, 3); „3Ran mn^ fie eine graue 
nennen öon il^rer l^ol^f^n 2lrt. ©ie ift üon Siugenben ein gut SBeib" 
(SRigcettaneen I, 110) 2. 

SBie für ben 5ßreig ber ©d^ön^eit bie blü^enbe grü^Iinggtoelt bie 
ipafjenbften S3ilber giebt, fo für bie SSerflSrung ber grauentugenb 
beS ^immete etoige ®eftirne, ©0 $einrid^ toon 5IRorunge: „31^re 
reine 2:ugenb ift ber ©onne gleid^, bie trübe SCBolfen mad^et Kd^t« 
gefarb, toenn in bem SWaien ift il^r ©d^ein fo Ilar" (3R. I, 49 b, 5). 
Äriftan öon ^amle aber läjjt feine ®ebieterin öon il^ren ^^ugenben 
umgeben fein, „toi^ ber lid^te SKonb unter ben ©ternen fc^toebet" (5DI. I, 
47 a, 3). 

1 ^gl. mtcS 3Kciflergc}angbiic^ @. 34, DXV. 

'-^ Umgcfel^rt l^cißt cS einmal: „Sic f)at il^rc Scibl^cit öicl wol^l bel^ütet 
üor imfraucli^cr Xf^at*" (Wl, II, 38a, 2. SBgl. II, 149 b, 3). 3n ber Stelle: 
„Sie ifl fürtüal^r ein iDeiblid^ SBeib unb eine graue mand^er 2:ugenb" (iW. II, 
36 b, 1) ijt graue foüicl aliJ ©ebieterin, Qnl^abenn. ^pättx jlritten grauen« 
lob unb aiegenbog über ben ^orgug »on grau unb äßeib (SW. II, 216 a, 2. 3), 
}u weld^em Streite öermut^lid^ ba« üorongefül^rtc Sieb Sßaltl^er« {Tl. 1, 116 b, 5) 
ber anlag war. «gl. auä) SllteS 3Weijiergefangbud^ S. 45, DCI. Wlx^» 
cellaneen II, 279, 111. 



170 



3)ie ftttlid^e äBürbigung ber grauen gtebt aud^ bem grauenbienft 
eine l^5l^ere Sebeutung. 2)erfelbe h>irb afö ein ))or2ügli(i^e^ 3Rittel ber 
©eftttung, afö eine S^ugenblel^te, eine ©d^u^tDel^r t)ot übeltl^at ange- 
feigen. @o bel^au))tet ^attmann Don Slue: „9Ba$ toir SRed^teS tüerbdn 
unb ba^ ivir ÜR&nner nid^t i^etberben, be$ foQen toir ben f^rauen 2)anl 
hJtjfen" (?Dfl I, 182 a, 2. SBgl. II, 97 b, 2). (gr freut ftd^, bafe er um 
ber @rIornen tviUen )u ©Ott unb ju ber 3BeIt ben SRutl^ befto beffer 
feiere (501. I, 182b, 3). ©elbft unbelol^nter 3)ienft ioirb auf biefe 
SBeife jum ®eh)inn. „©ie toerl^ie| mir öiel be^ ©uten," fagt Sleinmar, 
„bafe id^ falfd^en 2)ingen ioäre gram, nun toäl^net ©ie, id^ fei betro- 
gen; fo lol^n' il^r ©ott! id^ bin öon il^n ©naben M^l gebogen" 
{m. I, 73 a, 2). ^^nlid^e« frrid^t aSalt^er: „SBag fott einSKann, ber 
nid^t begel^rt ©etoerbeS um ein reine« SBBeib? ©ie laffe il^n immer un- 
gevoäl^rt, e« tl^euret bod^ tool^l feinen Seib; er tl^ut um @tner toiKen 
fo, ba| er ben 3(nbern tool^l bel^agt, fo madSft il^n aud^ bie @ine frol^, 
ob il^m bie älnbre gar k>erfagt; ioer gute« äBeibe« 3Rinne l^at, ber 
f^ämt fx6) aOer 3Rijfetl^at" (501. I, 108 b, 3. SBgl. I, 108 a, 3. 38 a, 
3. 190 b, 7. aJlufeum I, 426, 2). gin SSerfagen bon toeifen JHJeibe« 
5!Runbe toirb für erfreulid^er erllärt, ate bas ©etoäl^ren einer Unber» 
ftänbigen (501 I, 163 b, 5). 9ßeil nun ba« SBerben um bie ©unft ber 
iJrauen nid^t blofe freubebringenb, fonbem aud^ bem toal^ren SOSertl^e 
be« SWanne« förberlid^ ift, fo toirb überall jum Sob unb S)ienfte ber» 
felben aufgeforbert unb bie ^ugenb baju angetoiefen. „Seme gerne 
ttjol^lgefatten reinen SBeiben, junger 5iRannl (Sine meine öor il^n'n allen! 
fo fä^rft auf be« ©lüdfe« SSal^n. Unjjrei« ber ioirb bir hjilbe; gut 
SBeib in eine« jungen 5iRanne« SKutl^e bie enttoirft bem ©inne öiel 
tugenblid^er Silbe" (501. I, 88 b, 1. 3SgI. I, 108 a, 1 bi« 5. 169 b, 6. 
47 a, 7. 73 a, 4. 184 b, 3. 4). 3lu«fül^rlid^ finbet fid^ biefe Slnioeifung 
aud^ in ber Seigre be« SSater« an ben ©ol^n: „©ol^n, toittt bu jieren 
beinen Seib, fo bafe er fei Unfifge gram, fo minne unb el^re gute 
SBeib'! 2)e« 5!Jlanne« §erj ift ungefunb, ba« ftd^ nid^t innen reinen 
lann mit SBBeibe« Siebe ju aller ©tunb'. ©nabe ©ott an nn^ begieng, 
ba er pd^ ßngel bort erfd^uf, ba^ er fie (bie grauen) gab für ©ngel 
l^ie" (501. II, 252 a, 2 bi« 7. ßolocjaer ©obej ©. 98, SB. 47 bi« 50). 

©old; ^ol^e 50leinung Don ben grauen gebot im Umgang mit il^nen 
ein pttige«, ad^tung«öoKe» Senel^men. 5Kuv fd^üd^tern unb üerjagt 



171 



fonnte man in (Segenhjart fo iJoHfommencr SBefen auftreten unb felbft 
bie ©tunbe lodfenber ©elegenl^eit blieb au§ jarter ©d^eue unbenüftt. 
SSiele Sieber jinb 3^wgen fold^er SSerjagtl^eit unb järtlid^en SBerhjirrung. 
„2Bie mag ba« immer fo gefd^elj^en, bafe id^ fo feiere fürd^t* ein SBeib, 
baft id^ il^r nid^t toage ju geftel^en, toie fie bejtoinget mir ben Seib? 
©ie ift ^u gut, gering bin id^, id^ bünle mid^ nid^t il^r felben toertl^" 
(3Jl. I, 25 a, 4. SSgL I, 32 b, l. 2). „^a ©ie obne §ute Dor mir 
faß, toarum rebt* id^ ba nid^t mel^r? S)a toar id^ allju frol^ ber ©tunbe, 
bag id^ \}ox Siebe gar nic^t ^pxaä); e^ möd^te 3Rand^em nod^ gefd^el^en, 
ber ©ie fä^e, toie ic^ ©ie fa^" (3Jf. I, 66b, 4. aSgl. I, 23a, 2. 
62 b, 2)» „SSiele lönncn befto ha^ reben, h)enn fie bei Siebe finb; ioie 
oft td^ nod|> bei ^\)x gefafe, fo touft' id^ minber, benn ein Äinb, id^ 
toarb an allen meinen ©innen blinb" (3K. I, 141 a, 4. 3}gL I, 138 b, 7. 
SRa^nouarb S5» V, ©. 329: Bona domna u. f. h).). „3Senn id^ 
bei ber §od^gemutl^en bin, bie mir ol^n' il^r SBiffen nimmt bie ©inne 
gar, fo nel^men il^re fj)ielenben 2lugen l^in, h)ag id^ auf ®enabe foBte 
fj)red^en bar" (Wt. I, 32 b, 3). „3ßmn xi) f})red^en foll ju 3loi\), fo 
ioeife id^ attju toenig, bag mir fromme, Don ©d^ämen toerb' id^ rotl^; 
bamad^ loeife id^ SBunber, toenn id^ öon 3>l^r fomme" (ÜJI. II, 183 a, 3). 
„3^ toeife iool^I, bafe ©ie lad^et, hjenn id^ öor i^r ^U\f unb voei§ 
nid^t, toer id^ bin. S)a fc^toeig* id^ atö ein ©tummer, ber öon feiner 
3toif) nid^t f^jred^en fann, aU bajj er mit ber ^anb bie SBSorte beuten 
mufe: fo jeig* id^ 31^ mein tounbeg $erj unb faUe toor ©ie unb neig' 
auf i^ren gu|" (§einrid& t)on 9)lorunge, 3W. I, 53 b, 7 biö 54 a, 2. 
aSgl. I, 54, 3. 4. 165 a, 5). 

S)a^ leifefte S^x6^^n ber ©unft mufte fo befd^eibene SSerel^rer ent- 
jüdEen. ®e})riefen toirb bie erfreuende Äraft be§ ©ru^e^: „3ä/ reid^er 
®ott, h)ie fanft eS tl^ut, tuen grübet tool^I ein Keblid^ SBeib! ©ein 
3Rut^ ber flieget alfo l^od^, ate ioie ber ebel 3lbelar" (m. I, 7b, 6), 
„?Jon ber mir tl^ät* ein ©rufe nod^ fanfter an bem $erjen mein, benn 
ob id^ ju giome Äaifer fottte fein" (5IR. I, 78 b, 5. [100 a, L] »gl. I, 
4 a, 3. 4. 12 b, 6. 78 b, 5. 115 a, 2. 169 b, 4. II, 18 b, 6. 7. 92 b, 
4. 102 a, 7. SBlufeum I, 401, 2). greilid^ befagt biefe« 2Bort iebeg 
greunblid^e bom geh>öl^nlid5)ften ©rufee, ben bie ©d^öne mit alter SBelt 
t^eilen mufe (ÜJl. I, 50 a, 2. II, 87 b, 3), big jum bebeutungSboüften 
Sugeftänbnig. S).od^ „ein l^albe§ SBort" fd^on , looHte fie i^m bag jum 



172 



®ru§e fcnben, h)ürbe ben SieBenbcn teid^ mad^cn unb l^od^gcntwt^ 
(9R. I, 146 a, 1). ÜKa^t il^n ja fd^on i^r SlnbUtf toieber auf ein 
öoHeg Sal^t gefunb (3K. I, 57 a, l). a)em bon ®Ket§ ift bieOelieBtc 
ein Saum, ber in aßen S^ugenben h)äd^ft unb Wül^t; i^re SDlinnc toarc 
ber 3ll)fel, bod^ fo l^od^ barf ber Sänger nid^t üerlongen: „§d^ 
möd^te nur im Sd^atten fein, ber 3lJ)feI toirb bod^ nimmer mein" 
(m. I, 42 6, 2). 

S)ie ©önger l^aben ein Sbeal boffenbeter SBeiblid^feit aufgehellt 
unb bie %xau, hjeld^e biefem entfrrid^t, ift mit tounberbaren Äröften 
begabt. @ie mad^t jung unb alt, j|e nad^bem fie gnäbig ober ungnäbig 
ift (Tl. I, 9 b, 3. 109 a, 1. 154 a, 1. 189 b, 2. 11, 18b, 4, 60a. 
103 b, 4). 3lu« il^rem Slofenmunbe buftet ein berjüngcnber Salfam 
(3R. I, 184 b, 5); tper il^r fo red^t in bie Haren Slugen feigen bürfte, 
bem tpüd^fe nimmer graueg ^aar (3Bufeum I, 346, Str. 37). 2Ber 
Sie be^ 9Rorgen^ anfielet, ben 2^ag gefd^iel^t il^m nimmer Seib; ber 
Äranfe, bem Sic bie Slbern befül^Ien hJoBte, bebürfte feinet SlrgteS 
mel^r (501. II, 23 b). 2Ber Sie be§ ^al)xe^ einmal fal^, ber ift Dor 
aUem gel^l bel^ütet (5K. I, 43 b, 5). Son riner fd^önen unb trepd^en 
grau h)irb ein ganje^ Sanb erfreuet unb gefc^önet (9Jl. I, 6 b, 3. 140a, 

1. 184b, 6. 189b, 7. II, 105 B, 2. 3Rufeum I, 411, 4); öon il^rer 
Ungunft lönnt' ein Sanb berberben (3R. I, 190 b, l. SBgl. II, 181 b, 4). 
SBo Sie toeilt, barf man ol^ne. Sorge fein, ba^ ber Steif ben Säumen 
ober ben »lütten fc^abe (3K. II, 23 b). 

Sine religiöfe SBeil^e ber grauen ^ toirb jtoar erft bei ben fj^äteren, 
le^rl^aften S)id^tern au^gef})rod^en, bie überaß Segiel^ungen auf bie 
©lauben^Iel^re fud^en. 9iid^t blofe toirb ate ®runb ber SSerel^rung get 
tenb gemad^t, toa^ aud^ früher fd^on borlömmt, ba^ toir Sitte öon ben 
grauen ge!ommen (3Ji. I, 22 a, 2. [II, 207 b, 4.] II, 216 a, 3. 252 a, 

2. ßolocjaec (Sobeg S. 98, 33. 39. SRa^nouarb S3. V, S. 379 : E ja 
nuls hom u. f. to.), ober bafe bie grauen @otte§ tooUfommenfte^ ©e« 
fd^ö})f feien (3M. I, 188 a, 4. II, 142 b, 4. 5. 183 a, 2); cg ioirb au«* 
brüdflid^ gefagt, ba^ ®ott fie nad^ feiner 3Jlutter gebilbet^; ba^ fie 

1 SBgr. oben 3. 113. 

2 aWeifter @totte, a^iSceßaiieen I, 99: 

3a »igjent! ftoer ift oroutocn l^olt unbe in tool cren gon, 

S)a3 ber got unbc ber muoter fm uf erben nimmer baj gcbicnct })at 



173 



fcefonberg erforcn feien, bie J^immlifd^c ©d^aar ju meieren (3Jl. I, 188 a/ 
3. 4). ©Ott felbft toarb öon einer Jungfrau geboren, ba§ gab er i^nen 
gu ©teuer (3R. II, UBa^^l). ^a er l^at nad^ einem abenteuerlid^en 
Siebe SReinmarS Don 3*^^*^^ in^ S)ienfte ber tJ^auen fein Slut am 
Ärewje öergoffen (5PfaIjer ^anbfd^rift 350, ©. 211). Slber aud^ öl^ne 
biefe befonbern Sejie^ungen ftnb bie eigentlid^en SKinnefänger toon bem 
burd^brungen , toa^ ein aBaltl^ern juge[d^riebene« Sieb augfj)rid^t: „©Ott 
i^at gel^öljiet unb gel^el^ret reine ^Jrauen , bafe man i^nen tool^l fott ^pxe-- 
d^en unb bienen ju aHer S^t" (3K. I, 130 b, 1). 3)arum [teilen fie, 
tüie toir mel^rfad^ gefeiten, bie grauen unb ben grauenbienft überall 
mit ben l^eiligften fingen jufammen, unb Ulrid^ öon ©utenburg fagt 
t>on ber ©eüebten, fie muffe ftet^ nädjift ©Ott feine Slnbetung fein 
(SWufeum 1, 444, 4) *. 

2Bir 2 finben 9Jlarien al§ bie ^eilige eineg befonbern Segenbenfreifeg. 
$ier treffen toir auf eine il^r getoeil^te Sieberbid^tung 3. 3)ie Sieber 
ju if)xem greife finb in ben alten Sammlungen ben 9Kinneliebern 
gugefeHt; unb ioirllid^ fd^liefeen fie fid^ aud^ im innern ä^f^w^^^w^ 
l^ang ber jule^t betrad^teten geiftigen Slid^tung beö SKinnefangeg an. 
3n il^r ift bie 3l})otl^eofe be^ t)ielgej)riefenen SBeibeönamen^: „fiönis 
gin ob atten grauen!" (3K. I, 125b, 5.) „5Du ^t ^Ke SBeib ge^ 
greifet" (3B. I, 29 a, 3). „35u minniglidj^er S3lumenglanj , bu bitimfft 
atter 3Rägbe Äranj" (©ottfrieb« \)dn ©trafeburg SBerfe II, ©. 102, 
©tr. 3). 

35ie Dielen il^r getoibmeten ©efänge fd^Iie^en fid^ nad^ ^n^alt unb 
3;on au bie lateinifd^e ^^imnenbid^tung. 3lud^ in il^nen l^enfd^t eine 
©emeinfd^aft toieberf el^renber Silber unb SSergleid^ungen ; SWarie ift bie 
Slofe ol^ne ®orn, bie Saube fonber ©atte u. f. tt>*, befonbern aber 
tüerben Silber unb ©efid^te aug ben 5ProJ)l^eten, au8 ber Offenbarung 
unb anbern biblifd^en ©d&riften auf fte angetoanbt. 

©ineg ber bilber - unb tonreid^ften Sieber auf fte ift ba§ beS Sru* 
berg ßberl^arb Don ©aj (501. I, 28 ff.), ©röfeere ©efänge l^aben il^r 

1 a^ia^nouarb «. V, @. 380: E s' ieu u. f. tt. 

^ [3)aS golgcnbe biiJ jum ©d^Iuffc bc8 Slbfd^nitteg ift ein fpätercr 3u* 
fafe. ^.] 

3 [mm tjerglcid^e: Otto mä)itx, 3)ie rcligiöfc S^rif in ber Stütl^eacit beS 
beut[d^cn 9Winncgefang8. Ojtcr^rogramm ber 8fledfd^ule ju ©örli^ 1868. ^.] 



174 



VJOtjüfllid^ ©ottfrieb üon ©trafeburg * (ßebrudft in 33. II feiner aCBerfe, 
l^evau^gegeben burd^ Don ber ^agen, 93re$Iau 1823) unb ber f))&tere 
fjrauenlob, ber eben bat)on ben SRamen jj^ l^aben fd^eint, in feiner 
Searbeitung be« l^ol^en Siebe« , gehjibmet. ^er jüngere 2^iturel entl^filt 
einen fd^houngboKen ^)i)mn\x^ auf fie. 

Äonrab« toon SEBürjburg „golbene ©d^miebe" ift ein $ßreiggebid&t 
auf ÜRarieen, jtoar nid^t I^^fd^, in ftrol)l^ifd^er ^orm, fonbern in ben 
geh)8l^nlid^en SleirnJ^aaren (gegen 2000 SSerfe ftarl), aber mit aller 
^tte ber Silber unb ®leidSfnif[e (t)erbffentlid^t im (Solocjaer ßobej 
altbeutfd^er @ebid^te, l^erau^gegeben t)on SRailatl^ unb ^öffinger, ^efitl^ 
1817, unb in ben oltbeutfd^en SQäälbern ber »rüber Stimm, S. II, 
1815, toofelbft in ben aSorbemerfungen bie in ben SKariengebid^tcn ej)ifd^ 
tt)ieberlel^renben Silber gufammengefteHt pnb). ^ 

1 [2)ag d^ottfrieb t)on ©tragburg ben i^m betbelegten Sobgefang ouf Q^^ri« 
flud unb Ttavia nid^t t^erfagt ^at, bag jened @tüdf t)telme]^r Don einem ale* 
mannifd^en 3)td^ter an^ bem (Snbe beS 13ten ^al^rl^unberti» l^errül^rt, f^at 
fj, Pfeiffer im britteti »anbe feiner ©ermanio, ©tuttgart 1858, ©. 59 bt» 80 
bargetl^an. ^.] 

3 [man oergletd^e nun bie %vt»^Qbt t}on Sl^. ®rtmm, iCerUn 1840. 8. ^] 



175 



VI. 

3)ie geiftige Slid^tung bcö SWtnnefangcg, toeld^e h)ir bi^l^er gefdS^ilf 
bett, lonnte ben Verfolg be^felBen naä) entgegengefe^ter ©eite nid^t 
unterbrücfen. S5ei aUex tiefen 3Sere^rung/ bie ben grauen gejoBt hjurbe, 
toar ber Slnfjjrud^ auf ben öoHeflen Sol^n ber SWinne feine^toeg^ auf« 
gegeben, unb toenn gleid^ @intge borbeugen, ba| fie nid^tö begel^ren, 
toobon bie ©eliebte erröt^en müfte (3K. I, 32 a, 3. 4. 43 a. aSgl, glorc 
6073 ff.), fo tüerben anbettofirt« biel lül^nete SBBünfci^e ol^ne fRMf)aU 
auggefrrod^en (j. S. 3K. I, 68 a, L 74 b, 7. 167 a, 3. 180 b, 7. II, 
34 a, 4. SJli^ceHaneen I, 111, ©tr. 6. 7 *). „S)ie mir in bem^erjen 
Hegt, ad^, l^ätt* id^ fie an meinem Slrme!" fagt ber ©d^enl bon SanbedE 
(3R. I, 198 a, 3, S8gl. I, 48 a, 1). ©elbft jene Sieber, in toeld^en 
ber SJienft ber ^Jrauen afe ber SBeg gur pttlid^en SSerboHlommnung 
emj)f ol^Ien toirb , geigen am QkU nod^ ^euben anbrer 3lrt (3JI. 1, 108 a, 
4), SEBenn ber SSater bem ©ol^ne rül^mt, tote fd^ön bem ritterlid^en 
®iener ber grauen ber ©d^ilb ju §alfe flel^e, fo fügt er l^ingu: „3^m 
lommt ju Sol^n ein blanler 2(rm, ba il^m ber Jlieme liegen foH" 
(?IK. n, 252 b, 1). 

SSir l^aben frül^er bie manigfad^en $inbernif[e bargelegt, toeld^e 
ber S^ft'^k k^ ©efeUfd^aft unb bie 9Reinungen ber S«t ben SEBünfd^en 
ber Siebenben entgegenfe^ten, unb chm au$ fold^em äSerfagen l^aben 
toir bie geiftige SRid^tung be$ SRinnefang^ enttoidelt. QvifjiÄd) aber ift 
bort angebeutet toorben, tote ein unermüblid^er 3)ienft gule^t bod^ ein 
Siedet auf ba$ SSerfagte geben, toie ein lül^ner @ntfd^lu| alle ©d^toierig« 

1 itugerungen, bag fold^ed bem 6änger nod^ nt(!^t geworben f, 9R* I, 
51b, 4. 96b, 4. 97a, 1. 108 o, 5. 139 b, 8. 151b, 6 bi» 8. 161a, 3. 
II, 24b, 6. 25b, 5. 



176 



leiten befielen lonnte. @^ bleibt und übrig, bei biefen 9(nbeutungen 
noieber an!nü))fenb, nun aud^ bie ©egenfeite ber ibeolen SUd^tung DoU- 
ftänbiger ju entfalten. Äräftig unb lebenSfrifd^, gu jebem ^pxd unb 
6rnft beö ÄamJ)feg getoö^nt, muften bie Slitter jener ß^t gerab in ber 
äBagnid unb bem S(benteuer Steig unb 3(ufforberung finben. „33^^^ 
botne« SBaffer ift oft beffer, benn 333ein; h)aS vxan gar ol^ne gurc^t 
l^at, öerleibet f^; ijerftol^lne ÜJlinne l&öl^t ben 3Rutl^" (3R. I, 24a, 2. 
SSgl ääeneäe 244, l). Unb fo bietet fid^ nn^ eine eigene, gal^lreic^e 
©attung \>t>n Siebern bar, in benen h)ir bie Siebenben, mitten unter 
©efal^r unb Sd^reden, am S^d il^rer SBünfd^e feigen. @d finb biefed 
bie Sagelieber; ein SBort, baS gunäd^ft ben @ang bed SBäd^terd, ioenn 
eg tagt (3Jl. 1, 107 a, 9. 107 b, 2. U, 167 a, 3, aud^ SCagetoeife, SR. I, 
147 a, 6), bann aber bie 5KinneUeber bejeid^net, h)eld^e ben SBäd^temif 
gum Slnl^alt net^men. 

35ie Orunbform ber 2^agelieber, h)ie fie axi^ ber SKel^rjal^I ber« 
felben entnommen toerben fann, ift biefe: ber SEBäd^ter auf ber 33urg* 
ginne fielet ben ällorgenftern aufglängen , er !ünbet mit @ange ben 3;ag 
unb ioarnt äffe, bie bei üerftol^Iner Siebe toeilen; bie ©d^öne erfd^ridft 
an ber @eite bed entfd^Iummerten ©eliebten, bie @efal^r brangt fie, 
il^n gu toeden, unb eS ergel^t ein 3lbfd^ieb, fü^ unb fd^merglid^ gugleid^. 

3)er SBäd^ter auf ber ginne ber SKauer fpielt überl^aujjt in ben 
2)id^tungen bed Mittelalter^ eine nid^t unbebeutenbe Stoffe. 3ltö ä3ilb 
einer toiff!ommenen @ad^e toirb angefül^rt, toie ben äBäd^ter nad^ langer 
lalter Slad^t b?r aufgel^enbe Sagftem erfreut (S^iturel SL .10 b, 5. 
Slöil^elm ö, Dr. IH, Sßfälger ^anbfd^rift 404, »t. 243 b). S)urd^ bie 
@tiffe ber 9iad^t \)btt man i^n baS UnglüdC beiS $aufed unb fein eigene^ 
{lagen; mand^erlei Unterl^anblung unb näd^tlid^e 33ef))red^ung toirb mit 
i^m gej)fIogen. ©eine ©infülj^rung in ben SKinnefong lag fel^r na^e, 
benn näd^tlid^e S^f^^ntmenlünfte fonnten t)on il^m nid^t tool^l unbe« 
merft bleiben. SKud^ bie Sßrobengalen l^aben bad SBäd^ter- ober Sage« 
lieb (alba, Sla^nouarb 83. V, ©. 171). ©d^on feine 3lnlage, ^anb- 
lung unb ®ef))räd^, beutet auf l^öl^ered älltertl^um. @leid^tool^l erfd^eint 
e§ bei unfern älteften SKinnefängem nod^ nid^t in ber oben angegebenen 
^orm. S3ei Dietmar Don älift noedt nod^ ein SSögelein ))om S^^^S ber 
Sinbe (3K. I, 41 b, 5. 6). $einrid^ öon SSelbele, ber lieberrcic^e 
Sleinmar, ^artmann, 3Kilon, ber S3urggraf toon Siegendburg l^aben 



177 



leine JBJäd^tetliebet, fo mand^e S[nf})ielun8en auf öertrauUd^e« Sttf««^«^^«' 
fein ßerabe bei biefen ©ängeni Dorlommen. Slud^ Äaifer $einrid^ fliebt 
einen äSed^felgefang beglttdter Siebenben, fobann einen äObf^ieb nad^ 
traulid^et 3uf<i^tnen!unft, ol^ne ba| irgenb ein SEBäd^temtf vernommen 
toütbe (3R. I, l a, 5 bi« 1 b, 2). aRöglid^, bafe bie Saaelieber urf^tüng^ 
Ixif mit bet ^J^Iing^bid^tung )ufammenl^iengen, h)ie ba^ angeffil^rte 
Sieb 2)ietmarg anjubeuten fd^eint (t)gl. SWufeum I, 394, 1. 395, 1. 
®rimm, Slltbänifd^e ^elbenlieber 163, 36. 173, 39, Slefrain), unb bafe fie 
erft f))äter in ben SSurgen einl^eimifd^ tDurben. 3n einem ))tot)en2alifd^en 
Sagelieb )oon altettl[^ümlid^ einfad^em ®et)räge befinben fld^ bie Sieben- 
ben, tDeld^e ber f^vül^ruf bed äBäd^terd auffd^tetft, in einem Saum« 
garten, barin bie SSiJgel ftngen (SRa^nouarb 33. II, ©. 236 0. 3t&ä)t'' 
lid&em Stufentl^att im greien toar aUerbing« ber beutfd^e §immel toeni- 
ger günftig unb barum blidK in unfern äB&d^terliebem ber unem>finfd^te 
%aQ inxif ))erfd^Iof[ene ©la^fenfter in ba^ ®emad^ 0DlidceIIaneen I, 
100, 4, 102, 2. 110 u.). ®od^ erlennt man an mel^reren ©teilen 
bie to>albige Umgebung ber SBurg , barau§ ber SSögel SRorgenlieb ertönt 
(j. 8. 501. I, 27 b, 5. n, 167 a, 1). @rft bei SBSaltl^er (3K. I, 107 a, 
5 big 107 b, 2) unb 3lubin (501. 1, 171 a, 4 bi« 171 b, 2) tritt toirllid^ 
ber äBäd^ter l^inju. äSenn nun gleid^ bie melen Sieber biefer 9lrt auf 
gleid^er ©runblage berul^en, fo ift bennod^ bie S^u^fül^rung manigfad^ 
abtDed^ffelnb; nid^t bIo| in ber 93ergn?eife, im ©til unb ©d^mud bed 
@ebid^td, fonbem in ber^ganblung felbft, inbembalb biefer balb jener 
Xl^eil berfelben, balb bie eine balb bie anbre ber t^eilnel^menben $ers 
fönen l^ert)orge^oben ober mit neuen SEBenbungen bargefteUt \oxxi. 

Sßie üicxifanpi im SRinnefang innrer S^f^^^^^^^^^d unb fort« 
fd^reitenbe ^anblung unberlennbar ift, fo ftel^en aud^ bie Sagelieber 
nid^t i)erein2elt ba. ©ie finb vorbereitet burd^ bie fd^on erioäl^nten 
älnft)ielungen auf biefen Ie|ten Sol^n ber 3Rinne^ burd^ S3otenlieber, in 
toeld^en fold^e SBSerbung gefd^iel^t (SW. I, 97 b, 4), burd^ Sieber, in 
benen bie ©d^öne nod^ jebed lül^nere SBegel^ren Don ftd^ ioeift (50i. I, 
18 b, 4 big 6), burd^ anbre, toeld^e ben fd^toad^en SBiberftanb beg lie^ 

1 Weitere prot}en}aUfd^e Sagelieber finbm {td^ bei Sta^nouarb iB. III, 
®. 251. 313. 342. 461. «. IV, @. 399. «. V, e. 68: „Sus levatz, drutz 
c'amatz" u. f. xo, ©. 74 {auä) Parnasse occitanien @. 110. Journal des 
sayants, Tlai 1820, @. 298). 

U^Unb, ©d^rifteti. V. 12 



178 



benben ^etjens, ober gar ben gefaxten Sntfd^lu^ i^ertatl^cn {3R. I, 
63 b, 3. 81 b, 2 h\€ 7. 97 a, 5. 97 b, 2. 182 b, 6 ff,). 3Son anbtcr 
®eite fd^lie^en ftd^ i^nen fold^e Sugerungen an, toorin ber vEanger 
flagt, ba^ il^n ber äSäd^ter an ber 3inne nid^t^ angelte unb er ru^ig bi$ 
an ben SWorgen fd&Iafen fönne (3R. I, 5 a, 7. 151 b, 5 biß 3. 161 a, 3. 
[II, 207 b, 5]). Sn ben Safleliebem felbft entfj)innt fid^ juerft Untere 
l^anblung mit bem äSadSfter , beff en @inberftänbntö unb Db^ut ben Sie« 
benben ni^tl^ig i{l. ^a hernimmt ber äB&d^ter au$ ber Sun!ell^eit eine 
Stimme, bie il^n anrebet. Salb er!ennt er ben längft ©rtvarteten. 
ÜJlit ben freunblid^ften SEBorten bittet i^n ber SRitter, feine älnlunft ber 
©eliebten ju melben (SR. I, 16 a, 5). ^intoiber l^ören toir bie einfam 
^arrenbe Hagen. Äömmt @r , ber il^r bei bem l^öd^ften (Sibe ju f ommen 
gelobt, bann entbel^rt fte leidet ber Slumen unb ber grünen ^eibe. 
Sie bertoünfd^t ba^ arge ^fiten, ba« treuer Siebe fo t)iel Seibeg giebt. 
3Rübe be^ langen ©eignend f obert fte ben SB&d^ter auf , ben Sag an^u« 
fingen. 9(uf einmal lömmt ber®eliebte; ba f))rid^t fte: „äSad^ter, nun 
la^ bein ©ingen! e« ift nod^ nirgenb 2:ag" (ÜW. I, 17 a, 2. 3). ®« 
tritt too^l a\x6) eine SJienerin jum SB&d^ter an bie Si"«^ «"^ unter* 
h)eift il^n, Sol^n berl^ei^enb, ioie er ben Äommenben leife anf})red^en 
unb i^m , toenn er bie redete 9lntn>ort giebt , an bad ^enfterlein h)inf en 
foll; ber Slitter erfdjfeint, h)irb eingelaffen unb emjjfiel^lt bem SBäd^ter, 
gut ju lauten (SIL I, 90 b, 3 f.). älnber^too J^at bie ^rau felbft ben 
3Bäd^ter burd^ Sieb!ofungen getDonnen (SRi^ceQaneen I, 100, 4), ober 
fte ermal^nt i^n, bie @tunbe tool^I ju merten, ba bie SSolIen fid^ f&r« 
ben, ben 3Rorgenftern unb ben @ang ber SSöglein forgfältig )u bead^ten, 
bamit ber 9titter ungefäl^rbet tvieber t>on Irinnen lomme (3R. n, 167 a, 
2). 3luf einem Silbe ber maneffifd^en Sieberl^anbfd^rift toirb ber 3litter, 
in einem Q\ei)6mex fi^enb, bon ber ^au ben 2^l^urm l^inaufgetounben. 
aiuf einem anbern fteigt er eine Seiter \)\nan unb em^jfängt bon ber 
@d^5nen, bie an ber Sinne ftel^t, einen Slumenlranj, afö Sinnbilb 
be§ '3Kinnefolbe§ (ögl. 3Jl> I, 143a, 5). SBenn nun ber 3:ag burd^ 
bie SJBolfen brid^t, fo läfet ber SBBäd^ter feinen „SBJarnfang" (»enedfe 
241, XXXI V) ertönen. ®r h)amt balb im ättgemeinen l>erborgne 
Siebenbe, balb biejenigen befonber«, bie fid^ feiner Dbl^ut bertraut l^aben. 
STOand^er einfädle SRuf mod^te bem Seben felbft entnommen fein: „^i) 
fwge, id& fage, eg ift an bem Sage" (ÜR. I, 18 a, 3); „@« nal^et 



J 



179 



*em 2^agc, h?o ftd^ jtoei Siebe fd^etben, bie l^aben l^erjeleibe Älage" 
(3K. II, 113 b; 2 ff.). 2)ie j)roüenjalif(l^en ^^aßeliebcr l^aben faft atte 
ben Äel^neim (SRefrain). ebenfo mel^rete beutfd^e (3K. I, 17 b, 7 ff. 
[aSfll. I, 15 b, 1. n,98a, 1.] 56 b, 5 ff . II, 110 b, 1 ff. 113 b, 2 ff.). 
35ei anbem !ann et im Sluffd^teiben tüeflgefaUen fein ober ift er nur 
nod^ anßcbeutet (3W. II, 23 a, 5: „Unb ift eg SCag"). Urfj)ränölid& 
finb iDol^l eben jene bolKma|iöen SBäd^terrufe ber Äel^rreim geiuefen, 
h)ie fie aud^ nod^ ate fold^er t)orIommen. 5Dlit bem eigentlid^en "laQ- 
rufe üerbinben fid^ bid^terifd^e Sefd^reibungen beg aufgel^enben SRorgeng, 
0efüf^lt>olle Su^erungen forgfamer äBäd^tertreue, ober aud^ aSgemeinere 
3Ka^nungen: „SDlofee ift ju atten 5Dingen gut" (3R. 1, 16 b, 4); „SBo^l 
il^m, ber bei Siebe Seibe« fid^ bel^üten lann!" (3». I, 48 a, 2. Sgl. 1, 
.153 a, 7. II, 88 a, 5. 96 b, 3. 115a, 4.) ©^jätere fallen ^iebei nur 
ju fel^r in ben Sel^rton. 92id^t gering ift beiS SBäd^terS SSerlegenl^eit, 
toenn fein SRuf nid^t vernommen ober nid^t bead^tet toirb, ober toenn 
er ben Unh)iKen ber @rh)ad^enben fürd^tet. 2)ann fobert er bie SSögel 
auf, ftatt feiner ju fingen, fie nimmt er ju S^mo^"/ i^^fe ^^ f^^^ 5PfIid^t 
getl^an; ober er fteQt bie Siebenben gönjlid^ in (Sottet Pflege (^. I, 
15 a, 6 ff. aSgl. I, 16 b, 4. II, 96 a, 4 ff. 166 b, 3). gilrforgenb 
erfd^int toieber bie treue Wienerin, bie bed SBäd^ter^ @ingen gil^ört 
Ij^at unb ber grau bie SKäl^re bringt (Senede 244, 2). S3e!lagt toirb 
nun bie Äürje ber pd^tigen 3?ad^t (3Jl. I, 16 b, 6. 147 b, 4. 153 b, 
4), geftud^t h)irb bem grauen Sage (3K. I, 147b, 4. II, 49a, 2. 
166 b, 4), ber bie Siebenben fd^eibet (3R. 1, 147 b, 5). „SBel^ gefd^e^e bir, 
^Tag, bafe bu mid^ läft bei Siebe länger bleiben nid^t!" (3K. 1, 107 a, 5.) 
„2Bel[l bir, 2^ag, o ioel^! ba^ bu einen 3Kann toillt t)on mir fd^eiben, 
ba| in S^riftenlanben nod^ bei Reiben 3Beib fo lieben nie getoannl'' 
(3R. II, 97 b, 6.) „D toel^ SCag! SBilb unb 3al^m, ba« freut ftd^ bein 
unb fieljit bid^f gerne, aufeer id^ @ine" (3BiSceCancen I, 100, 3). 3)a 
toirb benn felbfk öerfud^t , bem SBäd^ter ben 2^ag abjuläugnen : „aSBäd^ter, 
erlennft bu be« 5IKonbe« ©d^ein für Sage^jeit?" (SW. I, 48 a, 1.) 
„Sage mir mit fanftem aSBorte! I^örft bu bie SBöglein in bem ^age? 
S)u l^ap mein ^erj au« fü^em ©d^Iaf ertoedfet" (SR. I, 27 b, 5). 
„aSer SQSäd^ter fagt, er fel^e be« SKorgen« ©d^ein, ba« toäl^n* id^ nid^t; 
ben Meinen SBögelein träumet auf Sften; ber ©teme ®läften trüget, 
ber SQBäd^ter lüget" (3K. II, 166 b, 4. 3Jgl. SR.1, 171 b, 1. 5IRiöcelIaneen 



180 



I, 102, 1). ^n einem fd^dnen Slageliebe bed SRatlgrafen \>on ^oJ^en- 
bürg beläm))fen {td^, toieberlel^tenb, bie SRal^nung bed äBäd^terd: 
„SBetf* i^n, graue!" unb ba8 SBott ber ©d^önen: „©d^Iaf, ©efette!" 
^ret Seben ftel^en auf ber @t>i^e, ba entfd^eibet ber SBäd^ter: „3lun 
toetf' if)nl benn i^n toedet bod^ mein $om" (aw, I, 17 6, 7 ff. SB9I. 

II, 98 a, 3). 3Rttunter fingt aud^ toirUid^ ein fd^Iauer äS&d^ter }u 
frül^e, benn er toitt mit „SRietl^e begonnen fein." Die grau bietet i^m 
©ilber, ®oIb unb ebel @eftein, ba l>erf))rid^t er, f))&ter ju toamen 
(3K. I, 2 b ff. Sgl. I, 37 a, 3 bi« 5. üKigcettaneen I, 101, 3). 6« 
giebt ^agelieber, toorin ber 9B&d^ter gar nid^t t)oriömmt ober feinet 
©ange« nur beiläufig erto&l^nt toirb (ÜR. I, 41 b, 5 f. 147 b, 3 ff. 
107 a, 5 ff.l71 a, 4 ff. aWigceOaneen 1, 100, XI). ^ier ift bann bie Dar* 
fteQung ganj ben Siebenben felbft unb il^rem }ärtlid^en ©d^eiben gemibmet. 
„SBenn bu, mein Xraut, nun ^on mir fd^eibeft, tt>em läft bu bann 
ein fcl^nenbe« SBeib?" (3Jt. II, 23 a, 5. Sgl. I, 148 a, 1.) „SBaä 
l^elfen 93lumen rotb^ feit id^ nun Irinnen foQ, t)iel liebe greunbin? 
bie ftnb mir uerl^a^t, red^t toie ben SSögeln bie hotnterlalten Sage^ 
(3R. I, 107 b, 1). Der XJ^frÄnen t)iel toirb ba bergoffen (»enedfe 245, 
1. 201, 3. ?K. I, 56 b, 7. II, 96 b, 2). Da« fd^merjlid^ ©ü^e folc^er 
3(bfd^iebe bejeid^nen äBolframd äBorte: „9Beinenbe Slugen, ffiger greuben- 
fu^" (aWigceCaneen I, 100, 5. aSgl. 9». I, 147 b, 4: „©c^imj)f bei 
Älage"). Älage, ba^ Sieb nid^t ol^ne Seib fein möge (W. I, 41 b, 5. 
SBgl. I, 91 a, 2. II, 96 b, 5. 167 a, 1); Iroft be« SBiebcrfel^en« 
(9R. I, 28 a, 1. 147, b, 3 ff. II, 88 b, 3); ^eilige aSerfid^erung untoanbel»' 
barer 2:reue unb fteten Dienfte« (3K. 1, 171 b, 2. 107 b, 2. II, 49 a, 3. 
Senede 201, 3): „©oll id^ nun t)on bir fd^eiben, fo mu| bod^ unge« 
fd^ieben fein getreue« ^erjen« Streue" (3R. I, 153b, 3. 4). 3lu«taufd& 
ber ^erjen: „^i^r $erj il^m burd^ ba« feine brad^" (ÜR. I, 91 a, 1. 2. 
Sgl. Senedfe 243, 3). „Der ^erjen SBäed^fel toarb ba nid^t geft)art" 
(m. II, 96 b, 5). „Der SBec^fel ba mit Äufe ergieng" (»enedfe 243, 3. 
aSgl. nod^ I, 152 a, 2. 171a, 4 bi« 6 0- „gül^r' mid^ in beinern 

1 3n einem ^rooen^alifd^en £agetiebe (Parnasse occitanien @. 110) fagt 

ber 92ttter: 

Per dieu, no m^oblidetz mia! 

Qu'el cor del cors reman sai, 

Ni de VO8 mais no m partraii 



181 



$erjcn l^imien!" 351. II, 37 a, 2.) @r nimmt il^re greubc l^in (ÜJl. I,, 
41 b, 6) unb läfet i^r btc f einige jum 5ßfanbc (Senedfe 214, 3). Orpfe 
ift il^re ©orge, bafe ber (Seliebte glücflid^ toieber öon Irinnen lomme: 
„©id^ l^ub fltofe SQSeinen üon ilS?r l^ie, bo^ fte nid^t mochte toifjen, toie 
er läme l^in" (5K. I, 171 b, 1). „®en id^ in meinen äugen gerne 
bärge, o mf) be«, toie lommt er l^in?" (501, I, 147 b, 3. SSgl. 501. II, 
38 a, 3.) „SBäd^ter, nimm mein ®oIb unb l^ilf il^m l^in, toie^ mir 
erge^'l" (50?. I, 48 a, 3.) ®infam trauemb bleibt fte jurürf (50J. 1, 107 b, 
2) unb ofS 5Rad^I(ang finben toir ein fel(|nenb Sieb , barin bie (Setrennten 
fid^ ber JJreuben unb ©d^merjen jener 5Rad^t erinnern, in ber beg SlitterS 
getäufc^teg 2luge bie leud^tenbe ©d^önl^eit ber ©eliebten für ben ©d^ein 
be^ 50lonbeg nal^m (3DI. I, 56 b, 5 bi« 8. aSgl. I, 1 a, 5. 6. 41 b, 8). 
Diefeg nun ftnb bie S^agelieber, bie ju il^rer 3eit fo beliebt unb 
toiel gefungen hjaren. 3)a^ Urtl^eil über bag 2lnftöfeige bicfer Sieber-- 
gattung h)irb fid^ milbem, toenn man ben %on unb bie Sebeu* 
tung berfelben red^t erfaßt. 2)ie ®rfinbungefraft beS S)id^ter^ ift im 
(Sangen feineötoeg^ auf lüfterne ©d^ilberung, fonbern auf bie ©ar« 
fteßung ber (Sefal^r unb be^ Srennungöfd^merje^ nad^ furgem (Slüde 
gerid^tet. „3Bie fd^hjer fid^i Sieb bon Siebe fd^ieb , ein greunb \>on feiner 
fjrauen" (501. II, 213 b, 1. SSgl. 501. I, 161 a, 3. [II, 207b, ^5]). 
2)afe Sieb nid^t ol^ne Seib fein fönne, ift ber auggef})rod^ene ©inn blefer 
(Sebid^te. 3)arum ift ber 2^on be§ ®rnfteS unb ber 2^rauer in i^nen 
öorl^errfd^enb. 2lud^ fmb fie nid^t mit bem flüd^tigen (Senuffe be§ 
aiugenblitf« abgefd^Ioffen. 2)er glüdtlid^e 3lugenblidE ift ba§ ©iegel ber 
Streue, bie in aKen ^Prüfungen ber Trennung auSl^arren foH. Unb fo 
ift aud^ biefe (Sunft nid^t leidet ertoorben, pe ift, toie toir früher ent- 
iuidfelt, ber Sol^n eine« langen unermübeten ©ienge« unb mu^ nod^ 
im Slugenblidfe felbft gefal^röoH errungen toerben. 35ie 5Reigung fiegt 
über tüibernatürlidjie ®inrid^tungen, aber fte brid^t ©efe^ unb ^erlommen, 
barum lann ba« SSerl^ältnig fein l^eitere« fein. 6« erl^ebt ftd^ jebod^ 
über bie (Semeinl^eit , inbem e« bie fittlid^en SBeftanbtl^eile etoiger Streue 
unb einer auf erjjrobten SSertl^ gegrünbeten Siebe in fxä) aufnimmt, 
©c^ön fagt bie ^rau in einem 3^ageliebe \>on SBinli: „2)eine Qnä^i 
beine 50lannbeit unb beine 50lilbe l^at mid^ mit Bä)tüext unb aud^ mit, 
©^)cer erf ödsten unter $elm unb unter ©d^ilbe, mit ^elbeg $anb, in 
©tal^Igetoanb" (501, II, 23 a, 5). 



182 



©änger öon ernftcv Sinnesart, ipic SBalt^er unb Slubin, öer* 
fd^mä^en benn biefe SBeifc nic^t. SQäoIfram allein l^at fünf lunftreic^e 
2aflclieber ö«fw«fl«« (SR, I, 147 a, 4 bi« 148 a, 2. SKigceKaneen I, 
100 bi« 102), toietool&I er bie 3R\nne einet offenen ^an^frau x^mi, 
bei ber man l^or 2RerIern untjer^ol^Ien ben ^ag ettoarten fönne, o^ne 
mit ®efalS>r be« Seben« auggelcitet toerben ju muffen (3W. 1, 147 a, 4 f.). 
Sluci^ l^o^e Ferren l^ielten e« nid^t für untoürbig, bergleid^en ©efängc 
gu bid^ten, h)ie Äönig SBenjel bon Sö^eim, ber fid^ bod^ einmal rü^mt, 
ba^ er bie Slofen nid^t gebrochen, beren er ©etoalt gel^abt (2K. I, 
2 a, 5 f. aSgl. jebod^ I, 2 b, 4 0. 2)e« Äoiferl $einrid^ ift fd^on gc^ 
bad^t tporben. ©elbft ein geiftlid^er gürft fotl fid^ in biefer (Sattung 
toerfud^t l^aben: „SQBem foHte ba« nid^t tool^l gefallen/' fagt berSRenner, 
,,ba6 ein 3lbte üon ©anct ©allen 2laglieb machte fo redete fd^öne?" 
SSon Späteren tourben bie 3!agelieber auf ©ittenlebre unb geiftlid^e 
®rmal^nung angetoenbet. ßineg biefer GJebid^te l^at ju feinem Äel^rreim 
ol^ne S^rif^l ^^^^ ^l*^»^ SJBäd^terruf benü^t: „©d^au* für^in, fd^au' 
unb toaxt' all um bid^! 3d^ fel^e ben 2^agftem, alfo bünfet mid^, tuet 
um gl^re hjolle toerben, ber foH nid^t fäumen fid^" (3R. II, 110 h, 
1 bi« 4. Sgl. II, 107 a, 4 ff.). (Sin anbre« ruft bie 3Rinner ber 
2Belt auf, ftd^ biefer falfd^en ©eliebten ju entreißen, bebor ber 2^ag be§ 
QJeric^te« bur^ bie genfter l^ereinblidfe (^fäljer ^anbfd^rift 350, ©. 235. 
»gl. m. I, 128 a, 4. II, 152 a, 2)\ 

3Rit ben S^ageliebern fd^liejt pd^ un^ ber Ärei^ beg eigentlid^en 
9Kinnefangg. (Sin alte« ©d^ni^toerl, bie Siebei^gefd^id^te eine« ÜRinne- 

1 2)icfc ©teile ^ SBobmer (5«eue frttifd^e SBriefe, Sürtd^ 1768, @. 379 
bis 883) mit einigen anbern jufammengel^altenr n7e(d^e äl^nliii^e groben ber 
©nti^altfamfeit beweijen foHcm Mein bad Sieb be« trafen öon ©otenlauben {WL I, 
15 a, 4. 5) !ann fvS) allgemein auf baiS Ungenügenbe bed Mögen Snfc^auend 
ber (beliebten begiel^en unb bag ülieb öc« 2)ietmar öon %\\i (2)?. I, 42 a, 4. 5) 
beiveift nic^t eben eine abftc^tlid^e (Sntl^altung. $gL übrigen^ l^iel^er no(^ Tl. I, 
18 b, 3. 38 b, 2. 68 a, 1. 8fia^uouarb 35. V, ©. 314: Peironet u. f. ».? 
@. 437 : Rofin u. f. xo. $utten, Opera V, 843. iWurnerS ©eud^mat, ©afel 
1519. 40. @ III a: (£§ ift in bem S^iberlanbt oud^ ber brud^, fo ber Wirt ein 
lieben gafl l^at, baj er im f^n fron? juo legt uff guotcn gtoubeu. 

'i (Sin geifl(i(^ed ^agelieb eines Sroubabourd f. bei S^al^uouarb $. IV, 
@. 899, IL S)iea, Seben unb SBcrfe ber 2:roubabourg @. 67, Änmerfung 1. 
ginn aWagnufen, Edda IV, 57, 8. @bert, Überlieferungen II, 211, 42. 



183 



jängerd batfieUenb, Detfolgt biefe t)on ber erften t)ei:f(i^mä^ten S3itte 
bi« eben ju bcm gnl^alt ber S^ageKcbet ^. 95on ber l^eiterit gcier be^ 
f^täl^Iingd audgel^enb, f)at unfre S)arfteIIung ben ÜRinnefang butd^ bie 
Sefd^t&nlungen ber gefeUfd^aftlt^en S3etl^&Itntf[e begleitet unb enbigt 
nun \>a, n>o bie üKinne ftd^ il^ren jlranj Don ber ftarren Burgmauer 
l^erabl^olt unb über Slumen unb SSogelfang bie lange äBinternad^t ge« 
l>riefen toirb (501. I, 41 b, 7 f. 182 b, 6. U, 112 b, 1. 201 b, 3. SSgl. 
I, 17 a, 2. 24 a, 1. U, 24 b, 6. 25 b, 5. 33 b, 9. 101 b, 1). 

1 «Ott ber ^agcn, «riefe in bie $ctmat u. f. ». «.I, ®. 109 f- 



184 



VII. 

Sie f^ovmrtt^ 

^ie %oxmen, in toeld^en biefe gefatntnte ÜRinnebid^tung ftd^ aud« 
f))n(^t, ftnb t)on ber gröften SRanigfoItigleit. 3Bir l^anbeln i^iex t>on 
il^nm t)or}ügIi(^ in ber Sejiel^ung, atö fte aud bem SBefen biefer 2)i(l^« 
tung felbft fid^ fo reic^ entfaltet l^aben. 

3n S^itm , n)0 bie S>i(i^ttunft lebenbig b>anbelt , erf c^eint, fte über« 
f)aupt nid^t o^ne bad ®e(eite ber Xontunft. @d ift ein BariQ ber 
SRinne, toa^ jene Sid^ter fo eifrig geübt. 2)arum ^eigt bie %oxm be^ 
£iebed fein %on, feine äBeife. SBort unb äBeife tperben l^&ufig iufammen 
genannt; beibe l^aben gleid^e SBid^tigleit. älud^ getankt tperben t)iele 
Sieber, unb bie l^ieju beftimmt fmb, j^eifeen SReil^en (5K. II, 74 b, 4, 
Senedfe 157), Sanj (ÜK. ü, 199 b, 4. Senede 182 u. 5IRufeum I, 423), 
grauentang (SK. II, 40 a, 8). SIBenn jebe Äunft für M fc^&on i^re« 
SJlageil bebarf , n)obur(i^ fte eben )ur Jtunft loirb, fo fann bie Flegel am 
n)enigften entbel^rt n)erben, too Derfd^iebene Jtünfte )ufammentmr!en. 
^ie SRanigfaltigteit bed üRinnefang^ befte^t nid^t in einem toiQIürlid^en 
unb fd^rantenlofen @rgu^ t)on Sßorten unb 3^5nen, ber äBec^fel f^ielt 
über ber Siegel, er ift bie unenblic^e ®eftaltung berfelben ©runbform. 
^ie ^innelieber beftel^en bolb nur an^ einem, meift auS mel^reren 
@efä|en, aber bie mehreren, toeld^e gufammengel^ören, ftnb, mit 9(ud< 
nal^me Siner nad^l^er gu befd^reibenben Gattung, unter fid^ gleid^fdrmig 
unb iebe einzelne Btxoplfe („Siet'O ift in fid^ nad^ einer l^errfd^enben 
Siegel gegliebert. Sie l^ebt an unb Inü))ft fic^ mit gtoei gleid^en ober 
bod^ pd^ entfj)red^enben S^l^eilen (bei ben 5Dleifterfängem ©totten ober 
älufgefang), fie tönt an^ unb löft ftd^ mit einem britten 2;i^eile üon 
freierer Silbung (Slbgefang) K S)iefer ©runbfaft ber 3)reitl^eiligleit, ber 

1 3. ®rimm, Ü6cr ben altbeutfd^cn SWeiflcrgefang, ©öttingcn 1811. 



185 



ung nod^ i^eutjutag in ÜRuftI unb %ani begegti^t , tft m\)l aud^ bamal^ 
t>on ber 2^onIunft ausgegangen; auS bem Innern beS ©ebid^ts l^at er 
fd^merltd^ ftd^ enttotdelt, benn bec ^x(f)alt fd^toebt unabl^ängig burd^ 
bie brei ©Iteberungen bet %oxxtL ^ie Xl^eibtng ber f^orm lann tpol^I 
borouf füllten, }ebem @Iiebe b^rfelben au^"" für ben ^vi^t eine i^ 
fonbre Seflimmung unb SSebeutung angutoeifen, etn>a aU %xaQe, @r« 
örterung, 29fung, ober als @a^, ©egenfa^, SSermittlung ; eine fold^e 
äSergeiftigung ber %oxm gel^ört ober mel^r benjenigen QAim an, in 
toeld^en bie SHd^tlunft fUfy bom ®efange getrennt l^at unb nun, beS finn- 
lid^en SludbrudS ber ÜRuft! entbel^renb, ben jurüdgebliebenen fd^to&d^eren 
jilängen ber Bpxaäfc unb beS Steimd burd^ entft)red^enbe 9lnorbnung 
beg ^nl^altd aufjul^elfen fud^t; n>ie }. S3. ber innere 93au beS @onettd 
im SSerlauf e ber Qdt f o beftimntte ©eftalt gewonnen l^at , ba^ eS nal^eju 
möglid^ toäre, ein Sonett in ungebunbener 9iebe ju berfaf[en. 

3)ie 93ebeutung bed ©runbfa^ed ber S)reitl^eUigIeit n>irb fonad^ erft 
burd^ eine boUftänbigere Sinftd^t in bie ^onlunft ber 3Rinnefänger ^ 
gan) }u 2^age treten; und befd^&ftigt l^ier nid^t fotool^I bie ®r!Iärung 
ber Sflegel, bie afö S^l^atfad^e beftel^t, fonbem borjüglid^ bie S^arlegung 
bed üRanigfaltigen , beffen üt)))igeS SBad^iStl^um toir auS bem SBefen ber 
SRinnebid^tung felbft erllären. 

2)er SKinnefang ift ein Sl^eil be« grauenbienfte« (2Jl. I, 54 a, !• 
161 a, 4. 169 a, 4. 170 b, 3. 176 6, 2. II, 49 h, 2), er ift ein SBer^ 
ben um bie ©unft ber @d^önen. S)arum tlagt ber Sänger fo oft, bag 
fein langet unb biele« Singen nidjts berfange (3Jl. I, 171 a, 3), 
,,®efd^iel^et mir, afö bemSd^loan, ber ba finget, fo erfterben foH, fo 
verlier' xi) ju biel baran" (3R. I, 21 a, 5. Sgl. 55 a, 6. ÜKufeum I, 
427, 2). aJland^er fobert auf, in fein Sieb einjuftimmen, bamit eS 
red^t boU ertöne, mit ©efange foQ, toie im $eereS}ug, geftürmt toerben: 
„Reifet fingen aHe, meine greunb*, unb jiel^t ^^x ju mit ©d^aHe, bafe 

1 Wlittil ber (Srforfd^ung |mb: iRefle bon SBaltl^eri» Siebem mit ©ingtoeifen 
(iS^ufeum II, 1, <S. 27); bie Steberbüci^er bei» (Strafen $ugo non 3)^ontfort unb 
\it& Di^ivalb oon SBoIfenflein mit i^ren ©ingnoten; bie äJ^uftfnoten bei» jenaifd^en 
iKciflergcfangbud^« (SBiebcburg §• 5. aWufcum 1, 118, i«ote 22); fräterc Bamm- 
lungen btefer 3(rt, tot\(i)t bte Seifen älterer äl^eifler überliefern, iebenfalljS bie 
alte Siegel fort^^flan^en; bie t7ielen ^ottn prooen^difd^er unb norbfrangöftfd^er 
2ieberl^anb{($nftm; bie ^entmale bei» alten ^ird^engefang^. 



186 



©ie mir ®enabe tl^uM ©d^teiet, bafe mein ©d(^mergc meiner fjrauen 
$er)e bred^' unb ^^x }u Citren ge^V! ©ie tl^ut mir ju lange to^'*" 
(3W, I, 57 a, 5. 6. Sgl. I, 44 a, 5. II, 42 i, 2. 47 b, 5, 48 a, 4. 106 a, 
1 big 3. 106 b, 3. 107 b, 6. 5Kufeum I, 419, 4 ü. u.) K SSBer fo eifrig 
mit ©ange ivirbt, lann nid^t bei @inem 2^one ftel^en bleiben. 3Ranig- 
faltigleit unb ©d^mud liegt in ber Statur fold^eg SEBerben^. S)er SJUnne- 
fang \p\dt, loeil er gefallen toiH; er ift lodenber, einfd^meid^elnber 
Skd^tigaUenfd^Iag. Sitte unb jtlage finb ftetd bie alten, aber bie 
SBeife mu^ immer eine neue fein. 3)aiS gleid^e Slnliegen anberg unb 
toieber anber^S )u fingen, müf[en aQe äBenbungen ber jtunftform t>er' 
fud^t toerben. Unb fo l^ören totr ftet^ toon neuem ©ange, neuem Siebe, 
neuem S^one reben (3)1. I, 50 a/ 2. 59 b, 4. 159 a, 8. 161 a, 4. 
170 b, 3. U, 47 a, 4. 55 a, 2. 33gl. iWigceaaneen I, 99, Vü. 
StaVnouarb S3. V, ©. 219 [298] : En est son faz u. f. h).). SBoIfram 
erl^ebt, toie ioir frül^er gel^ört, feinen ©ang über ben ber SBögel, ioeil 
er im SQiinter 9leue$ finge, toäi^renb jenen ber SRai nur il^ren alten 
%on bringe (aJl. I, 148 a, 4). 2)od^ nid^t bIo| einen neuen %on 
fud^en bie ©änger, aud^ ein erlefener unter fo mand^en, ein „au§- 
erlorner", fott eg fein (501. I, 32 a, 5. 3Rufeum I, 444, 3). S)ie 
Sieberfammlungen jeigen un^ toirllid^, ba^ nid^t leidet ßiner ben 2^on 
eineg Slnbern gebrandet (ein foId|>er toirb 3^önebieb gefd^olten) unb ba§ 
aud^ bei bemfelben 3!)id^ter, }umal in eigentlid^en SRinneliebern, bie 
SBieberi^oIung ber Tom öiel feltencr ift, al« bie ftet« gefd^äftige ßrfim 
bung neuer SSBeifen. 3Rerfioürbig ift, bafe gebanfenreid^ere ©Snger, 
toie SReinmar ber alte, fid^ h)eniger f dienen, ju bemfelben, toenn aud^ 
einfad^en 2^one toieberjulel^ren, h)ä^renb Slnbre, toie ©ottfrieb toon 
Steifen, bie ©ürftigleit be^ pd^ etoig toieberl^olenben 3nl^aH§ burd^ un* 
erfd^öj)flid^en 3Bed^fel unb funftreid^eS ©})iel ber 2^öne ju erfeften fud^en. 
äSegreiflid^ lonnte aud^ bei bem einen ©cinger bie ®abe ber ^id^tfunft, 
bei bem antern bie ber 3IonIunft tjormiegen. 

Sie 9)lanigfaltig!eit ber formen l^at ber beutfd^e SRinnefang mit 
bem ^)rot)enjalifd^en unb bem franjöfifd^en gemein , aber in ganj anbrer 
Siid^tung enttoidfelt fid^ ba^ SKanigfaltige bei jenem aU bei biefen. 2)ie 

1 3Jgl 9iat?nouarb 33. V, <S. III, Slnm. a. e. 354. @. 434, 1. (SJrimm, 
, S(Wcipergc[ang ®. 95 f. 



187 



toälfc^en Sänger toenben i^ten Stlbung^trieb nac^ au^cn , fte jiel^en in 
lunftreid^er SerfTed^tung bie Sleimc ber erften ©trojjl^e burd^ ntel^rete, 
oft burd^ fämmtlid^e ©efäftc be« Siebe« fort; fie lafjen einzelne S^Un 
ber ©tro))l^e in biefer felbft ungebunben , aber f old^e öereinjelten ^eXLen 
binbet burd^ aQe ®tro))l^en ber gleid^e Steint unb iai gleid^e 3Rai, 
unb e6en baburd^, ba^ jebe ®tro))l^e nid^t in ftd^ gefd^loffen ift (Sia^' 
nouarb S. V, ©. 396) unb ben anllingenben Sleim in ben anbern ju 
fud^en l^at, toerben aQe unter fid^ fefter gelnü^ft; bie äßälfd^en lieben 
aud^ eine bebeutenbe ^di)l \>on @tro))l^en, benn mit ber größeren 3<i^I 
berfelben h)irb bie ©urd^ftil^rung ber gleid^en Sleime um fo lünftlid^er; 
bie 3lbt^eilung in @tro))l^en f&Qt n^ol^l aud^ gänjlid^ meg, aber gerabe 
baburd^, ba^ toenige Sleime burd^ eine anfel^nlid^e S&nge fortgef))onnen 
toerben K 2)ie beutfd^en ©änger bagegen arbeiten nadjf innen, nur feiten 
reimen jte bon einem ®efä^ in ba$ anbre l^infiber, fie trad^ten bielmel^r 
bie @trot)l^e in fid^ )u begrünben, }u gliebern, mit S\ox\i)ttixe\mm }u 
burd^bred^en; bie meiften ÜRinnelieber befte^en nur aud toenigen @trO' 
^l^en, oiele nur auiS einer, man jiel^t ed \>ox, bie eine @tro))l^e nad^ 
bem Sebürf ni« beg ^ni^alt« augjubel^nen , afö bief en in mel^rere ju jer» 
fj)littern; too l^ingegen einem längeren ®ebid^te ber ftroj)l^ifd^e Sau gu 
fel^len fc^eint, befielt fold^e« bod^ bei näherem Slnblidt au« einer 3«- 
fammenfteQung Oerfd^iebenartiger, in fid^ gerunbeter ®efä|e. 

S)iefe abtoeid^enben SRid^tungen erllären pd^ au« ber oerfc^iebenen 
Sleimfä^igfeit ber ©Jjrad^en. Qn ber beutfd^en ©))rad^e reimen bie 
SBurjeln, in ben romanifd^en auc^ bie Docalreid^en Siegungen für fid^ 
allein. Se^tere« giebt eine unenblid^e Sermel^rung be« SReimtoorratl^«; 
man nel^me nur ba« @tne, bag l^ier aQe ju berfelben Drbnung gel^öri« 
gen 3rittoorte burd^ aQe Slbtoanblungen jufammenreimen ! ®in f o großer 
Sleid^^um oon SReimen lodft über bie engen ©renjen einer ©troJ)^e 
l^inau«. 2lud^ finb jene blofeen Siegung^reime, toenn fd^on fool)U 
flingenb, bod^ nidf^t getoid^tig, fte getoinnen aber an Araft, toenn man 
burc^ eine längere g^^P^^^w^^Ö berfelben, ftatt ber Sebeutung, ben 
iilang geltenb mad^t. 3)er S)eutfd^e bagegen lonnte nid^t oerfül^rt fein, 
bie geringere 3leimjal^l burd^ einen größeren SRaum ju oertl^eilen, in 

1 e« giebt ein proücnjalifd^e« Scl^rgcbid^t oon 840 ©crfcn auf ben gleichen 
«eim. ?Ra^nouarb «. V, @. 310. SJgl. ö. V, ®. 424 m 428. 



188 



ÜJlaffe !onntc er nid^t mit SReimcn auftreten, einzelne änllänge aber, 
burd^ eine Sleil^e i>on Bixopf^en jerftreut, tpürben fid^ unl^örbar ber* 
loren l^abcn. SSoIIeren Älang getoann er nur baburd^, bafe er bic 
toenißeten SReime enger jufantmenrfidEte , innerl^alb ber Bixopf^e f eftl^ielt, 
ba^ er, jiatt benfelben Steint mfil^fam gu verfolgen, meliere Steinte in 
tttanigfad^er SBerf d^Iingung , im SBed^fel längerer unb fürjerer geilen, 
burd^ einanber fielen liefe. 3e mel^r fic^ il^m auf biefe Slrt bie ©troj)l^e 
fußte unb toerflod^t, um fo nötl^iger toar e« il^m, burd^ geregelte 3lb- 
tl^eilung berfelben Überfid^t unb Drbnung ju erl^alten, unb bal^er mag 
es lommen, bafe bie beutfd^e 3)id^tlunft bem ©runbfa^e ber ©reitl^eilig« 
leit fo bel^arrlid^ anl^ieng, toSl^renb bie toälfd^e jiDar biele SBeifen bon 
breitl^eiligem ©troJ)l^enbau barbietet , im (Sanken aber jene Siegel leinet« 
toegg öorl^errfd^en läfet. 

2)er SReim ift in unfern SJlinneliebem älteren ©tifö nod^ laum aU 
eine gierrat ju betrad^ten. Sr l^at ben Seruf, bie ^aujjtfä^e ber 
©troJ)l^e gu bejeid^nen unb abjugränjen. hierin befd^ränft er fid^ auf 
bag SRotl^toenbigfte. öfters erfd^eint er nod^ unboDIommen, benn nur 
bie ©elbftlauter braud^en genau ju ftimmen (5K. I, 38 f. 39 b, 7 f. 
42 a, 3. 97 a, 3. [SSgl. I, 173 a, 7.] II, 110 a, 7. 117 b, 2 bi« 5), 
bei biefen aber finbet in ber altbeutfd^en ©id^tlunft ein UnterfdS>ieb ber 
Sängen unb Äürjen, flingenber unb ftum^)fer SReime, ftatt, loeld^en bie 
l^eutige ®pxaä)e nid^t mel^r lennt ^. 5Rod^ reimen je nur jtoei beifammen 
ftel^enbe SexUn auf einanber, ber (Sinfd^nitt ber et)ifd^en Sangjeile, 
toeld^er bie SReimberfd^lingung fo nal^e giebt, toirb reimlos gelaffen. 
(Sl^er toirb, ol^ne SBirlung auf ben Sleim, ein SBed^fel am Sau ber 
e^Jifd^en ©troJ)l^e angebrad^t, fei eS burd^ SSerfürjung beS SlbgefangS, 
jumal in ber britten geile (2R. I, 72 b, 3 bis 7. II, 117 b, 1. 2. 

1 Über flum^fc unb flingcnbc Stetmc f. (Srimm, bcut(<ä^c ©ramraatif @. 16 
bi« 18. 360. 369 big 371. 373. 375 f. 384 f. 444 bi« 452. 959 f. 1067. 
1072, (gin |himt)fcS Sleim^aar fd^cint mit einem flingenbcn gleid^e 2)aucr gu 
cxf)alttn unb bal^er eines tiuxd) baS anbrc crfe^t »erben ju fönnen, loenn ber 
ftumpfe »leim um jwei ©Ubeii öorgcflogcn, ober ber fttngcnbc um eben fo t)tri 
cingejogen wirb &fl. I, 38 a, 7. 38 b, 1. 2. 6. 7. 39 b, 7. [«gl. I, 41 b, 5 f.] 
63 b, 4. 102 a, 2 bi« 102 b, 3. S«ibelungc «. 53 f. S^gl. m. I, 49 a, 4 f. 183 a, 
4 bis 6; bann in ben erjä^tenben ®ebid^ten. ^ud^ auf bie (£inf(^nitte in 
2)ietmar8 toon Slifl Siebcrn, g. SB. I, 41 a, 2 bi« 4, fd^cint biefcS anjuioen- 
bcn fein). 



189 



»gl, I, 169 a, 7 ff. 22 a, 3 bte 7. 23 b, 6 f. II, 30 i, 6 ff,?), ober 
burd^ ©teigerung bed ®i\a^ei auf fed^d £ang3etlen (mit SSetlängerung 
in ber jtoeiten ^älftc ber S^^^^)f fo i>«6 ber Stufgefang, toetd^cn ur* 
f))rünglid^ bie jtoei erften 3^i(^ti tnit biet ©liebetn bilbeten, nunntel^r 
aud ^toei fRÄxtipaaxcn unb ad^t ©liebern befielet (ÜR. I, 96 b, 3 bid 
97 i, 4). 93ei fo einfad^en Anbetungen lonnte man begreifUd^ nid^t 
ftel^en bleiben, nad|ibem einmal ber S3ilbungdtrieb ftd^ auf bie §orm 
geworfen l^atte; aud^ ftanb bad 9eif))iel ber tunftreid^en 9lad^bam Dor 
älugen. S)ietmar t>on 9lift giebt und nod^ bad @d^auf))iel ber @nt« 
^u:)>t)ung auef ben e:t)ifd^en t^ormen; melgfrere feiner Sieber finb nod^ ganj 
barin befangen (3R. I, 39 b, 2 bi« 6. »gl. 39 b, 7 f. 41 b, 5. 6), 
ober l^aben faum erft ^ie @infd^nitte gu 9leimen audgebilbet (3R. I, 

40 a, 6 bid 40 b, 2), anbre l^ängen nod^ im Slufgefang feft, h>&]^renb ber 
Slbgefang fd^on freier bie glügel regt (3)1. 1, 39 a, 3 bi« 5. 6 bis 39 b, 1. 

41 a, 3 big 6. 41 b, 2 bi« 4 0, l&inh)iber faKen fold^e, 'bie fid^ ganj 
geldft )u l^aben fdf^ienen, am @d^luf[e nod^ in ben alten %on jurüd 
(3K. I, 40 a, 3. 40 b, 3. 4. 6 f. 41 a, 2. 42 a, 3 bi« 7). 2)ie »er* 
fd^r&niung ber Steimjeilen ift einfad^ (am lünftlid^ften I, 40 b, 6) unb 
niemals f)aUn mtf)x als jtoei S^Un ben gleid^en Steim. 9luS bem 
et)ifd^en ©leid^mag ent))u!t)t't ftd^ aQmäl^lid^ nun baS l^rifd^e ^ormen- 
fpiel. Sleid^ere 9leim!unft enttoidelt fd^on ^einrid^ bon SSelbele, jtoar 
nod^ gan^ bem jtoölften 3^^^^^^^^^^ angel^örenb, aber angeregt burd^ 
norbfranjöfifd^e ÜRufter; er lennt bie 3Serh)ebung mel^rfad^er Sleime 
(501. I, 20 a, 4. 3. 5. , 18 b; 7 f.), toie bie flangöoHe SBieberlel^r ber 
gleid^en @nblaute; befonberS liebt er ®tro))l^en, barin nur gtoeierlei 
9leime f})ielen, aber in brei« bis fünfmaligem 9ln!lange {Tl. I, 18 a, 
6 bis 18 b, 6. 19 a, 4 biS 7. 19 b, 7 f. 20 a, 6. 20 b, 4 bis 7. 21 a, 4 f. 
22 a, 1. »gl. Äriftan bon ^amle, 3R. I, 46 b, 4 bis 6, 47 b, 6 ff. ^ein» 
rid^ bon SRorunge, 9R. I, 50 b, 3 bis 6. 53 a, 3 bis 53 h, 6. 54 a, 3 bis 5. 
54 b, 4 bis 7. 55 a, 7 biS 55 b, 2. 56 a, 4 biS 6. 56 b, 2 bis 4. 57 a, 4. 
f^riebrid^ bon $ufen, 3)1. 1, 92 b, 3 bis 5. 93 b, 3 bis 6. 94 a, 5 
bis 94 b, 2. 94 b, 3 f. »ernger Don ßorl^eim, aJl. I, 172 b, 4 bis 6. 
173 a, 5 bis 173 b, 4. Ulrid^ öon Sid^tenftein, aJl. II, 42 b, 2 bis 6). 

S)ie Adnftlid^Ieit ift fortan ftets im ^^nel^men. 9tud^ bie erften 



1 äl^nltd^ bem S^one @)}en}oge(S. 



190 



SKciftcr, toie SÄeinmar unb SSJaltl^er, fibcn ntand^eTlei SteimfJJtel, aber 
fic ipiffcn SKa^ unb gtel ju jj^alten. (ScfäHig ift ein 2ieb SBaltJ^er«, 
barin er fid^ nad^ ber Seit fel^nt, in ber bie 5IRäbd^en ben ©att toetfcn; 
bie gtoei fd^toebenben ®tn>))l^en l^aben jje @inen Steint, ber aSe fünf 
Seilen fd^Iie|t, äl^nlid^ bent 93alle, n)enn er bon ^anb )u $anb fliegt 
Slbgefd^madEt erfd^eint bageßen eine SSSeife beö Äan^ler^, bie ßinen 9teim 
burc^ biefelbe Stro^l^e ^manjigmal umtreibt (SR. I, 243 b, 6 bid 244 a, 3). 
aSiermalige SBieberfel^r beefelben Steint« f. j. S3. SK. I, 7 a, 2 ff. 
63 a, 4 big 6. 63 b, 3. 140 a, 2 ff, 143 b, 2 bi« 5. 189 b, 3 big 5. 
U, 55 b, 4 big 6. @tar! I^&ufen fid^ oft in ben Seid^en bie Stetme an, 
g. 93. 3Rufeunt I, 436. 441 f. ac^tfad^. ^ag lange Slugl^anen auf 
bemfelben Steinte jiel^t unbermeiblid^ fonberbare SBenbungen, fremb* 
artige 3Borte unb ä3ilber l^erbei, took)on felbft )>rot)en}alifd^e Sieber bie 
®))ur tragen, befonberg toenn bie Steinte jugleid^ bebeutfam fein foQen« 
aSalt^er fingt ein SBinterlieb, in beffen fünf ®efa|en bie fünf ©elbft* 
lauter ber Steil^e nad^ j|e ftebenmal auglautenb reimen, aber er l^ält 
biefeg Sieb, beffen Aünftlid^teit aud^ unmiEfürlic^ )um ^mifd^en ge- 
fül^rt l^aben toürbe, in einem Iläglid^ launigen 2:one (}. 93. „el^' benn 
id^ lange lebt' alfo, ef)' mollt* id^ effen Ärebfe xof)**), bem bie feltfame 
gorm n^o^l }ufagt (W. I, 125 a, 6 ff.); auc^ l^at eg biefer SSeife nid^t 
an Stad^a^mern gefel^lt (3». I, 157 b, 2 ff. II, 181 b, 5 ff.), ©ine 
anbere ÄunftJ)robe finb bie reid^en Steime, toeld^e barin beftel^en, bafe 
böüiger @leid^laut in t)erfd^iebener 93ebeutung begfelben 9Borteg tpieber* 
feiert, ©olc^e Steime l^at befonberg bie franjöfifd^e S)id^t!unft t)on jel^er 
gehegt 1. 3n ben beutfc^en 3Rinneliebem finbet man l^in unb toieber 
einzelne (aJl. I, 77 b, 4. [98 a, 4.] 199 b, 4. II, 17 b, 6. 37 a, 4. 
35enede 177, 3. 311. 11, 183 a, 4). SBalt^er gebrandet fte in einem 
felj^r ernften Siebe in freier SRifd^ung mit getoö^nlic^en (3R. I, 141 b, 
2 big 5) 2; ©ottfrieb Don Steifen bilbet mit öieler Seid^tigfeit ein aitinne« 
lieb öon fünf ®ixop\)cn aug lauter reichen Steinten (SKufeum I, 358, 
XVIII); in einem anbem, jeboc^ fd^erjl^aften, treibt er bie ©d^toierig» 
feit big auf fec^g fol^er ©leic^laute für iebeg ©efäft (501. I, 



1 Sta^nouarb ©. V, 438: Ma dona u. f. to. 

'^ 3* ^* rt^^^ $ög(ein @ang ein traurig (Snbe f^at, baju ber lOinbe @üge 
unb Sinbe.'' 



191 



23 a, 6 ff.) ^ SWand^mal lüctben SEBorte, bic in ber SBurjel reimen, 
burd} mel^rer« Säiegungen fortgereimt unb aud^ biefe^ ©))icl h)irb burd^ 
ganje ßieber toerfolgt. Sd^on Steinmar giebt l^iefür ein ü)Jufter (9K. I, 
82 b, 3. 4); ©ottfrieb toon 5Reifen ftel^t aud^ l^ier mit an (3Hufeum I, 
344, VL 368, XXVI'^) unb Ulric^ bon Sid^tenftein öerfid^ert von 
einem Siebe, baö er in biefer 2lrt gebid^tet: „3)ie Sieb (Btxopl^en) 
toaren meifterlid^ unb finnreid^ i^re 9teime, barum fang fie mand^er 
gern" (grauenbienft ©. 274. 3». II, 42 i, 2 bi« 6. SSgl. no(^ 3K. I, 
86 a, 6 biio 8) ^ S)ie getpanbte J^anbl^abung ber Bpxa6)t äußert fid^ 
lE^äufig aud^ baburd^ , ba^ bie ^orte beef elben 9letm$ @d^Iag auf @d^lag 
einanber folgen (3Rufeum 1, 355, XVI. 372, XXXII, too gugleic^ ie 
am 2lnf ang ber StoUen reiche Sleime. 3K. 1 , 44 a, 3 bi« 5. 83 b, 7 ff. 
88 a, 5 ff. 1 16 b, 2. 189 b, 3 bi^ 5. 192 b, 2 bi« 4. II, 17 a, 7 bi« 17 b, 3, 
50 b, 4 bi« 6. 51 a, 6 bi« 8. 55 b, 4 bi« 6. 99 b, 5. 100 a, 1. 103 b, 
3 bi« 5. 110 a, 3. 168 b, 2 big 5. 191 b, 4 bi« 6. Senedfe 164 bi« 
166. 174 ff.). 2)ie 2lufgabe toirb fc^imertger, h)enn biefer Sleimtoorte 
mel^rere ftnb, h>enn fie gan} o^ne 3^if(i^^fa4 jufammenfte^en ober gar 
nod^ eine toeitere ^ünftelei l^injulömmt. @o l^at ber Düring nid^t ge« 
nug, je in brei S^xUn einer (Btxopf)^ brei SEBorte unmittelbar auf ein« 
anber )u reimen; bie beiben 9leimtoorte, bie ein britted in bie 3Ritte 
nehmen, muffen nod^ unter fid^ einen reid^en 9leim bilben (). 93. be* 
fonnen, SBonnen, ©onnen. SR. U, 20 a, 6 bi« 20 b, 3). 

3)er äleim, ber anfänglich nur bie 3^1^^ abgränjen unb ba^ 

1 3* ®* bie erfle @tro^^e: „S^df »ottte nid^t ern^inben (unter(affeu), id^ 
ritte aus mit SBinben (Sinb{^elen), l^euer in füllen ^tnben, gegen ber (Statt 
gu Sinben (Ortj^name), xäf tt)oIIf übertvinben (überfd^iffen?), eine Sl^agb fal^ 
i4 tt)inben, »ol^I fte ®axn toaut." $gl. 9((tei» 9Reifler-®efangbud^ @. 43, 
DLXXXI. 

3 „9lun xft bie ^etbe mo^I belteibet, mit fo toonniglid^en bleiben, 9lofen 
ftnb tl^r befleiß ^(eib'' u. f. w. ©old^e @))ieie in prot^en^aUfd^er @)}ra(!^e f. bei 
9la)^nouarb fd, V, @. 219: £n est son u. f. to. @. 221: No m platz u. f. ». 
©. 298. 

3 SBentger fd^koierig iß ei^, ol^ne 92üdfftd^t auf ben iReim, bie SSorte in 
Surgel unb Biegung gu tiüpptin (Tl. U, 50 b, 8. $gl. I, 178 b, S bid 5. 
U, 109 a, 4. 5). e)>iel mit bem SBort Sl^nne: SD>^. I, 77 b, 4 [I, 98 a, 4J, 
mit Siebe: 3^. I, 196 a, 2. 196 b, 3. U, 244 b, 4. $gl. 9ta^nouarb 8. V, 
@. 29: E 8i mi dons u. f. m. @. 392. 



192 



3t&df^e betbtnben foDte, gveift mel^r unb mel^r über biefe Seftimmuitg 
l^inau^. Sd^Dtt bie größere So!fjl unb Sertoidlung ber Q^Un, bie ein 
®efa| bilben, to>eift il^m ein neued ©efd^fift an. @r l^at ben t)ers 
fd^lungenen Steigen )u fül^ven, bie ®xM\fpm }u orbnen; er bejeid^net 
aui) bad ©ettennte oX^ fid^ entft)re(l^enb i. @d genügt il^m aber über- 
l^au))t nid^t ffirber, nur am ©d^Iu^ ber 3^^^ }u toad^, er {leQt ftd^ 
an ben-älnfang unb an baS @nbe, er brid^t aud ber SDtitte l^or. 
@o reimen 9(nfang unb 6^Iu^ berfelben geile (9R. I, 121 b, 2 bid 5 
in ber erften unb legten bed 9(bgefangd; II, 38 b, 8 bi$ 39 a, 4. 
41 b, 1 bid 6 in ber legten; II, 43 a, 6 ff. in ber fünften), ober ba$ 
le^te 9Bort einer S^^ uiit bem erften einer Dorl^erge^enben, mand^mal 
iiemlid^ entfernten (3R. I, 122 b, 3 bid 123 a, 2, öte unb 6te, 7te 
unb Ste; 11, 17 a, 4 bid 6, le^te unb brittle^te, ober aud^ ))orIe|te, 
j|e nad^bem man einen Siay\\6^xmi annimmt, I, 83, b, 7 ff . U, 32 a, 
6 ff. le^te unb borle^te, 11, 38 a, 2 bi^ 8, lejjte unb brittle^te; 3Rü^ 
feum I, 366, XXV leftte unb lOte; aJlufeum I, 378, XXVm leftte 
unb öte, 3»ufeum I, 380, XLUI leftte unb 3te; »enedfe 222, XXIV 
Ie|te unb 8te), fogar bie le^te ©Übe bed Sbgefangg mit ber erften 
(unb jtoar ber gleid^e SReim burd& 3 StroJ)l&en, SW. II, 37 a, 3 bi« 5 ^ 
ober mit reid^en Sleimen, SRufeum I, 343, V, ober neben bem Sleim 
t>on 98ur)el unb Siegung, SRufeum I, 344, V), gtoeiten (9R. ü, 55 a, 
2 m 4), britten (501. H, 47 a, 6 ff. SKufeum I, 340, X), vierten 
(SKufeum I, 381, XLV, toobei nod^ anbreÄflnpUd^Ieit), fünften (TOu^ 
feum I, 338, I. 372, XXXII) be« Slufgefang«, ober bie leftte ©Übe 
ber erften QdU, über toeiten Staum l^inüber, mit ber erften @ilbe ber 
legten ^eile (9K. I, 121 a, 7). «ud^ Anfänge unter ftd^ fxn\> burd^ 
ben Sleim gebunben. S)ie regfte üRanigfaltigleit l^errfd^t jebod^ in ben 
ätoifd^enreimen; im 3nnem ber QdUn f})ielenb. Hingen fte balb nn* 
mittelbar jufammen (SDl. I, 88 a, 5 ff. 116 b, 2. 189 b, 3 bi« 5. 
192 b, 2 big 4. II, 17 a, 7 bi« 17 b, 3. 99 b, 5. 100 a, 1. 103 b, 3 bi« 5), 

1 iBemerfenStvertl^e 9letmfleIIung finbet fiä) g. 8. SD^ufeimt 381, XLV. 
2». I, 45 6, 6 ff. 143 6, 2 m 5. 198 b, 4 ff. 199 a, 7 ff. 201 6, 6 ff. 203 a, 
2 bi« 6. 203 6, 2 btd 6. II, 21 b, 5 bi« 7. 22 a, 5 ff. 51 b, 2 bi« 4. 91 a, 
6 btd 91 b, 1. 159 b, 3 f. 8ene(fe 226, XXXII. 

3 ^auatt {Wl. II, 111 a, 2 bi« 4) binbet bie erßen @i(ben ber betben 
©tollen mit bet legten beiS SlbgefangiS. 



193 



balb fittb ftc burd^ anbte Stoifd^enteitne ober reimlofe SBorte (501, I, 
191 b, 4 big 6. n, 101 B, 3 big 7. »enede 228, XXVm?) ßetrennt, 
balb finben fte il^ren Slnllang in bet SKitte anbtcr QMm (3Jl. II, 
50 b, 4 big 6?), balb finb fte mit bem ©d^Iu^ ober Slnfang ber eißenen 
(5W. n, 96 b, 6 ff.) ober anbrer (3R. I, 83 b, 7 ff. 198 a, 6 ff. H, 
52 h, 7 ff. 97 b, 4 big 6. Äein 3h)ifd^enreim fd^eint I, 199 b, 5 ff.) 
Seilen ßebunben, balb Inüj)fen fie auf me^rfad^e SBBeife iÜQlÄäf SBer* 
binbung an (aJl. I, 45 b, 6 ff ? 172 b, 3); fte fj^ringen toon einem 
Stollen ium anbern, Dom älufgefang in ben älbgefang (Wl* II, 22 b, 
6 big 8. 51 b, 2 big 4); balb treffen fte regelmäßig ein, balb bleiben fie 
aug, too man fie erloartet, balb lommen fie toerftärft, ober an neuer 
Stelle iVLvx SSorfd^ein. 

Offenbar l^at ber Sfteim feine S)ienftbarfeit abgeworfen; iool^l l^ilft 
er nod^ bie ©troj)l^e bauen, aber mitten l^inburd^ jiel^t er fein eigneg 
luftigeg (Setoebe. Sagegen nimmt bie ©tro})l^e, ungeftört Don ben 
burd^Ringenben S^^\^^^^^VMn , xf)xm gemeffencn ®ang. SSiele SBeifen 
beftel^en aUerbingg aug lurjen Sleimjeilen, bie fid^ rafd^ jufammenreil^en 
ober terfd^ränlen (j. SB. SW. I, 203 b, 7 ff.); in anbem toed^feln fürjere 
Steimjeilen mit l&ngeren; aber Don beiben g&llen lann man beutlid^ 
benjenigen unterf d^eiben , too nid^t jjeber^teim eine9lul^e mad^t, fonbem 
bie Seile, ben Qtox^d^enxAm mit fic^ nel^menb, ju bem Slbfd^nitte fort- 
eilt, toeld^er für ben ^an ber @tro)}l^e beftimmenb ift. 9Bie moKte 
man aud^ fo Dielen Al&ngen @etoid^t unb älugbrudC geben? unb ioenn 
biefeg möglid^ tofire, toeli^e Qet\i&ilnnQ mfifte baraug entftel^en! ®afe 
fold^e 3teime ioirflid^f ben ©d^ritt ber S^le nid^t unterbred^en , baß fte 
fd^toebenb gel^alten toerben muffen, erl^eUtaud^ au^ anbern 3Rer!malen ; 
fie ertönen mitten im ©trom ber Siebe, fie l^aften auf ben untren^ 
barfien SRebetl^eilen (SK. I, 83 b, 7 ff. 198 b, 1. II, 47 a, 6 big 47 b, 4. 
55 a, 4. 97 b, 4. SKufeum I, 355, XVI. 372, XXXII. 381, XLV. 
S3gl. n, 17 a, 4 big 6. 168 b, 2 big 5), ia felbft auf ber einjelnen 
©ilbe eineg mel^rftlbigen SBortg (3K. I, 122 b, 4. SKufeum I, 378, 
©tr. 150), unb mand^mal finben fie fxä) gerabe in fold^en ©ilben, 
töorauf nad^ bem SSergmaße ber %on nid^t liegt, ober too ol^ne 3er- 
ftörung beg SSergmaßeg fein Slbfd^nitt fein fann (j. ». 3Kufeum I, 
381. 355, XVI). SBenn biefeg bei gtoifd^enreimen Dorlömmt, bie auf 
©d^lujjtoorte anllingen, in benen bod& ftärlerer SRad^brudt ertoartet toirb, 

Urlaub, ©(Triften. V. 13 



194 



fo jetgt ed eben toiebet, ba^ ber üieim l^ter nid^t foh>ol^I jur Segeid^nung 
bed 9(bfci^mttd, ald be^ eigenen Alange^ toegen t)orl^anben x% älnbrer« 
feitd toei^ bie @tro))l^e il^ten S3au )u t)oIlenben, aud^ too fte Dom Steinte 
ijetlaffen ift; mitten unter ben Sleimen (3R. I, 14 b, 4 big 15 a, 3. 6. 
II, 50 b, 4 bi« 6), felbft am ©d^Iuffe Ilangreid^er (Sefö^e (3Rufeum I, 
355, XVI) treten reimlofe Qtilm, SBaifen, ein. Slufmerlfam mu^ 
man biefe ftet« betrad^ten , toeil bod^ oft ein öerftedfter 3h>ifd^enreim bie 
S9inbung l^erfteUt. 3Rand^e mögen aud^ nur aU @infd^nitt l&ngerer 
3eilen anjufel^en fein, bergleid^en befonberg am ©c^Iuffe ber ©trot)l^en 
l^äufig finb; aEein aud^ l^ier bleibt e$ bead^ten^toertl^, ba^ ber äleim 
fid^ nid^t ber gelegenen ©teile bemäd^tigt l^at K 

:3m ©anjen ergiebt fid^, ba§ Sleim unb SSerSbau balb innigft Der- 
bunben pnb, balb jebe^ ben eignen SEBeg Uf^anpim; in^befonbre aber 
arbeitet ber Sleim bal^in, bie ©J)radj^e ju eigenem unb felbftftänbigem 
Älange, toie ein ®r^ ober einen Är^ftaU, }u läutern. 6r raftet nidjit, 
big er bie ©trojj^e gänjlid^ in Älang aufgelöft l^at. 2Bag fd^on ältere 
SWeifter vorbereitet l^aben unb toag fortan mit fteigenber Äünftlid^Ieit 
öerfolgt toorben (3R. I, 116 h, 2. 172 b, 3. 189 i, 3 big 5. 192 b, 2 
big 4. II, 22 a, 2 big 4. 50 b, 4 big 6. 103 b, 3 big 5. 110 a, 3 f.), 
bag bringen ©J)ätere, ber S)üring unb Äonrab bon SQäürjburg, gur 
reid^lid^ften ©rfüttung; nic^t ettoa nur, bafe Sleime t)on öier ©ilben unb 
anbre bergleid^en SunftftüdPe (9DI. II, 20 a, 3 big 20 b, 6) jum SSorfd^ein- 
lommen, ganje ©tro})l^en finben fid^ l^ier, barin jebeg SBort ein 9leim" 
ift, g. S3. in einem SBinterliebe Äonrabg öon SBürgburg: 

®ar bar Iit »tt »alt; falt \ni »^ tuot; 
(fo ftammelt eg burd^ 2 ©trot)l^en l^inburd^; SR. II, 203 a, 4 f. [§agen 2, 
326 b. 5ßf .]) , ja f ogar einzelne ©ilben mel^rfilbiger SEBorte Serben in ber 
lünftlid^ften SSertoidlung unb UmfteBung befonberg gebunben (3K. II, 
19 b, 3). ©old^e ©troJ)l^en foHten bem golbnen Slebengetoinb im Siturel' 
(81. 20 b, 5) gleiten, befien »lätter aHe, toenn ein 2Binb fid^ erl^ob, 
ju fü^em 2:one jufammenllangen , red^t alg ob taufenb galfen mit 
©lödEIein öon ®oIbe fid^ auffd^toängen. 

aiber ^Un biefeg äufeerfte beg 9leimf!|)ielg vermögen toir leinegloegg 

1 (Sine fd^micrigc Slufgabc \\t Solframg ^agelicb 3». I, 147 b, 3 ff. 
«cfonberg tongc Seilen 3». I, 154 b, 2 big 4. II, 28 b, 3 big 29 a, 2. 



195 



für ben S^riumjjl^ ber Äunft anjuetfennen; Sinn unb Sebeutung ftnb 
im ©JJiele böHig auf gegangen , bag Bpxd f elbft aber l^at feine ^reil^eit toer^ 
loren unb ift ju mül^feHger Slrbeit erftartt. ^em Säutetung beg SBorteg 
jum Älang ift in ftrenger 3lugfül^rung ein Unerreid^bareS , fte toirb 
blo^ annäl^etnb am beften ergielt, toie eg in fo toielen ßiebern ttefflid^er 
©önger gefd^el^en ift (j. S« 1, 113 b, 4 big 7. II, 28 a, 1 big 5), bie ben 
teinften SQBo^IIIang mit ber lebenbigften SSetpegung ju tjerbinben toiffen, 
SBenn toir im SBorl^ergel^enben bie SRid^tung ber beutfd^en Äunft, 
im ©egenfafte ber toälfd^en, bejeid^net l^aben, fo fonnte bamit nur ber 
größere unb allgemeinere 3^0 gemeint fein. Slugnal^men unb Über? 
gänge finb bei bem regen Äunfttriebe ber geit unb bei ben manigfad^en 
Serül^rungen ber SSölIer fo natürlid^, bafe toielme^r bag ©egentl^eil um 
begreiflid^ erfd^einen müfte. ©o giebt eö beutfd^e Sieber, in benen bie 
breitl^eilige 2lnlage nid^t nad^jutoeifen ift ^ toietool^l aud^ bier ber erfte 
änblid täufd^en fann. Äürjere ©trojjj^en entl^alten oft ben Slufgefang 
fd^on in ben gtoei erften S^^^^t ^i^ P^ 9'^'^ fiJ^i> wnb jufammen« 
reimen (3K. I, 22 a, 3 big 7, 23 b, 6 f. [einfd^nittj I, 49 a, 4 f. 
146 b, 3 big 4. II, 30 b, 8 ff.? 32 b, 6 ff. 90 a, 2 big 4. 113 a, 7 ff. 
119a, 4 ff. 2), toä^rcnb in toieljeiligen ©efä^en jeber ^au^Jttl^eil in 
größeren unb erlennbaren ®ru})J)en l^eröortritt. 3lud^ bie ©leid^l^eit ber 
©tollen ift nid^t bud^ftäblid^ ju öerftel^en, man l^ielt eg für gureid^enb, 
toenn fie alg ©eitenftüdfe ftd^ entfj)red^en; bal^er fönnen fie fid^ in um« 
geleierter Drbnung ber 3^il^n jugeloenbet fein, h)ie redete unb linle 
§anb (9K. I, 8 b, 2 big 4? 177 a, 5 f. II, 84 b, 7 ff.), ober fie 
nel^men ben Slbgefang in bie SRitte (3)1. I, 102 b, 4 ff.? 105 b, 4 ff.? 
®rimm ©. 50 f.) 3. ® a toir öorl^in gefeiten , toie ber Sleim i^äufig 

1 Senedc 232, XXX. 3«. I, 20 b, 2. 3. 72 a, 1 big 3. 91 b, 2 big 5. 
93 a, 4 big 93 b, 2? 169 a, 3 f. 178 b, 3 big 5. II, 47 a, 3 big 5? 81 a, 2 
bij5 4. 84 a, 3 big 5. 84 b, 1 big 6. 109 a, 4 big 6. 111 b, 6 big 112 a, 6. 
J63 a, 4 ff. ®ar !ein Slbgefang ÜJ?. I, 106 b, 6 ff.? 166 o, 3 big 5. II, 
26 b, 7 ff.? 30 b, 8 f.? (Salt^crS Stagelicb I, 107 a, 5 ff., ba bie Sleime nid^t 
in «ctrad^t fommen? S5gl. ®rimm, ©. 53.) S>rei glcid^c Xl^eilc m. 11, 94 b, 
5 ff. 100 b, 3 big 5. 

. 2 ©d^ttjicrig ftnb 2«. I, 93 a, 4 big 93 b, 2. 106 b, 6 ff.? 126 a, 3 big 
127 b, 1. 183 a, 4 big 6. 

3 Tlanä)mal wiebcrl^oft fxä) am ©d^luffe regelmäßiger ©ttopl^cn ber 2luf- 
gcfang gur $älftc (3R. II, 85 b, 8 big 86 a, 3. 88 b, 4 big 89 a, 2. 89 b. 



196 



o^ne ©nflufe auf bcn ^au ber Btxop^t feine ©tettung nimmt, fo fann 
es nid^t befremben, h?enn bie beiben ©tollen in ber Sieil^enfolge ber 
»leime Derfc^ieben ftnb (ÜKufeum I, 366, XXV. Senetfe 236, XXXH. 
m. I, 167 a, 4 ff. II, 21 b, 5 bi« 7. 26 b, 7 ff.? 99 a, 5 bi« 99 b, 3. 
165 a, 2. 210 a, 1 ff. 221 a, 2. 3. 225 b, 5 bi« 226 o, 2). @g lag 
im 33erufe biefer funftreid^en ©änger, baS Sufeerfte gu öerfud^en, h>ag 
innerl^alb ber Siegel möglid^ toäre, unb fie gefielen ftd^ barin, ben 
©d^ein ber Überfd^reitung ju geben, h)&l^renb bod^, auf i>erftedtere SDBeife, 
bie Siegel beobad^tet t9ar. ©ie toax beobad^tet, toenn überl^au))t ^tt^ei, 
in meld^er Drbnung e« immer fein mod^te, fid^ entfj)red^enbe S^^eile unb 
ein britter freierer borl^anben tvaren. 3)er äluSnal^men felbft finb im 
aSer^ältniö ju ber großen S^f^l regelmäßiger Sieber überaus toenige. 

3Cudnal^m§n)eife berfud^en eS tot>\)l aud^ beutfd^e ©änger, mel^rere 
©tro^l^en ju berbinben, toa^ toxx aU ber toälfd^en ^id^t!unft eigen« 
tl^ümlid^ bemerlt l^aben. ^od^ gefd^iel^t eS tl^eiliS auf fel^r befd^eibene 
9Beife, inbem nur ettoa burd^ jtoei bis brei ®efä$e ^ bie gleid^en 9leime 
burd^gefül^rt ober eingelne geilen gebunben (üRuf eum I, 362, XXI. 
[3R. I, 23 a, 5.] 3)1. I, 23 b, 1 big 4. 63 b, 4 bi« 6. 135 a, 2. 3, 
Slefrain [Sgl. 194 b, 2 big 4]) , ober ol^ne SfltidETtd^t auf ben 9leim bie 
©d^lußtoorte einer ©tro))l^e am älnfang ber n&d^ftfolgenben aufgefaßt 
loerben (SR. I, 8 b, 5 big 9 a, 2. 34 a, 4 big 7) ^, toag aud^ bei ben 
5Probenjalen felbft borlömmt (SRa^nouarb 33. V, ©, 287: Be m 
cujava u. f. to. ©. 392); tl^eilg l^ält man für nötl^ig, burd^ befonbre 

4 bi» 6. 90 a, 5 bi« 90 b, 2. 90 b, 6 biÄ 91 a, 2. 91 b, 5 big 92 a, 1 [l^eil- 
toeife im 9ieim]. 159 o, 1 big 3 [gteid^er 9leim ber erflen unb legten 3^14* 
182 a, 5 big 182 b, 3. 183 b, 3 ff.) 

1 3n einem Siebe beg tugenb^aften ©d^reiberg (9W. II, 101 a, 4 big 
101b, 2 [^agen 2, 141. $f.]) gel^t ber iReim-ere burd^ fünf <Bttop^m in 
abioeci^fetnbcr Stellung, »enn anberg f»äre: »äre, bonn f)ht: mSre u. f. ». 
al9 jufammenreimenb anpfeifen |lnb. ©gl. (Srimm, ©. 144, 9iote 144. ®g 
fd^eint nid^t eine SBieberfe^r berSReime, fonbem ber SBorteju fein, fonflioär'eg 
aud^ unlünfKerifd^, baß in ber t^ierten ^ixopf^t ber SReim ^d^ in ben ^Ibgefong 
verlöre unb baß bie Sorte nid^t immer, toie bei reid^en 9leimen, in t)erfd^ie< 
bener ©ebeutung loieberfel^rcn. 

2 t^nlid^ bem fjalle, n?o in ber @tro|jl^e felbfl mit bem @d^Iu߻ort einer 
3eile bie folgenbc 3eUe lotcber anl^ebt (3R. I, 153 a, 2 big 6. »gl. JRa^nouarb 
53. V, @. 298: En est son u. f. W.) 



197 



SWittel bie Slufmerffamleit ju tüecfen unb ju ^fjjannen: fo öerfnüjjft 
Äriftan öon£m)in, auffaHenb genug, brei ®efä|e butd^ bie üerftärften 
JHeime: ,, rotier bennrotl^: nötiger benn notl^: tobtet benn tobt" (3Jl. II, 
16 i, 2 bis 4); ein Sieb ©otfrib« bon Steifen l^ebt mit einer ©troJ)]^e 
l[>on fieben Sangjeilen an, hjorin fein eineiiger SReim öetnommen ti^irb, 
man erhjartet bie SSinbung in ber näd^ften ©troi)l^e , allein aud^ bief e läuft 
reimlog aug, erft in ber britten toerben fämmtlid^c Seilen ber erften, unb 
in ber Dierten bie ber jtDeiten burd& ben SReim gebunben (3Rufeum I, 
345, VII); bod^ bag fmnreid^fte ©J^iel biefer Slrt ift ein ®efj)räd^glieb 
Ulrid^g öon Sid&tenftein : bie jtoei bem SKtter angel^örenben ® ef ä|e l(|aben 
je burd^ il^re jteben Seilen ben gleid^en SHeim, bie unterbred^enben ber 
%xa\x finb in fid^ reimlog, aber reimen 3^il^ fü^ 3^'^ ^wf einanber, 
bag le^te ift jtoifd^en SRitter unb fjrau getl^eilt, unb jtoar Hingen bie 
üier bem Slitter jugefd^iebenen 3^il^ toieber unter fid^, bie brei übri^ 
gen, toeld^e ber §rau befiimmt finb, binben ftd^ mit bem ©d^lufe ber 
beiben frül^er öon il^r gef})rod^enen ©trojjl^en, ganj bem ^n})oli an- 
gemeffen, in tüeld^em gleid^faUg jtoifd^en bem lieberfüllten Slitter unb 
ber toiberf})enftigen .©d^önen lein 3wfÄtnmenIIang ju ©tanbe lömmt 
(501. II, 35 b, 2 big 6). 

(Sin 3RxtUl, bie ©trot^l^en ju Derbinben, t^eld^eg aSe ©^rad^en 
gemeinfam l^aben, ftnb bie Äel^rjeilen, ber SRefrain. SBeld^en Flamen 
bie ©änger felbft einer ©ad^e gaben, bie bei il^nen fo l^äufig öorlömmt, 
ift unbelannt. Siefe SEBieberlel^r gefd&iel^t auf fel^r manigfaltige SBeife. 
Salb in eigenen ©äften, bie nad^ jeber, in fid^ gefd^Ioffenen ©troj)l&c 
eintreffen, balb in ber ©tro))l^e felbft, afö ©d^Iufejeile (3K. 1, 175 a, 2 f. 
202 a, 6 big 202 b, 2), alg tl^eiltoeifer (3». I, 135 a, 2 f. 150 b, 4 big 6. 
194 b, 2 big 4. II, 19 a, 8 ff. 106 a, 4 ff. 106 b, 7 ff, Senedte 193, IX), 
ober t)oaftänbiger (3K. H, 113 a, 7 ff. 159 b, 3 f. 168 i, 7 ff. 
öenedfe 238, XXXDI) älbgefang. ©elbft im »ufgefang finben toir 
bie bepänbige SBieberlel^r berfelben SReimjeilen (SR. II, 219 b, 2 ff.) 
unb Ulrid^ bon Sid^tenftein l^at ein ©ebid^t, beffen ®tro)}l^en aQe mit 
ben gleid^en SBorten anl^eben (501. 11, 34b, 9 ff.); er fagt babon: „bafe 
ieglid^ Sieb \pxaä): ;,^ol^er 50lutl^ !'' barüber läd^elte fie, benn fte l^atte 
eg toor nod& nie gel&ört'' (grauenbienft ©. 219) i. 3» Slageliebem l&afft 

1 2)erferbe 2)id^ter l^at eine eigene ^rt, am @d^Iug eineg Siebg nod^ eine 
ober einige SReimseilen anpl^&ngen. t!frauenbtenfi @. 224, 233. 254. 



198 



ber grül^ruf burd^ ©toaen unb abgefang (SR. I, 17 b, 7 ff. »gL ü, 
23 a, 5). Slud^ too ber Slcfrain fein ergänjenber %l)Äl ber ©tro})l^ett 
ift, l^angt et bodj^ öfters burd^ ben SReim mit il^nen gufammen (j. 35. 
in meisteren Siebern S^l^ann« öon S3rabant, ÜJl. I, 7 f., ber über* 
\)a\ipt burd^toeg ben Slefrain ^at). SWitunter finbet bie SBiebertel^r nur 
in einzelnen ©efä^en be« Siebe« ftatt (ÜJl. I, 202 a, 6. 202 i, 2. ü, 55 b, 
4c bis 6). Strenge ©leid^l^eit ber h)ieberlel^renben ©ä^e ift mä)t eben 
erfoberlid^. 6S genügt, bafe getoiffe ©tid^hjorte fid^ toieberl^olen. S3e* 
fonberS in ®efj)räd^Sliebern fül^rt ber SBed^fel ber Siebe fel^r natürlid^ 
auf abänberungen (3K. I, 150 b, 4 bis 6. 33enerfe 208, XVIII). 3n 
einem Siageliebe, beffen toir fd^on ertoä^nt, ift eS ganj i)affenb, tomn 
ber Söäd^ter unb bie grau, bie mit il^m redetet, jebeS toerfd^iebenen 
giefrain gebraud^en; Qx: „SSSedE* il^n, graue!" ©ie: „©d^Iaf, ©efettel" 
(3JI. I, 17 b, 7 ff.) freiere Setoegung gicbt eS aud^, hjenn baS SEBieber« 
lel^renbe mit bem SBed^felnben gefällig toerbunben ift, h>enn geneS mit 
liefern reimt (3W. II, 19 a, 8 f. 106 a, 4 ff.), h>enn ber 9lefrain fid^ 
an öeränberlid^e Sleimjeilen anlnüjjft ober in fold^e übergel^t (3Jlufeum I, 
371, XXXI. 3R. I, 135 a, 2 f. 194 b, 2 bis 4. II, 55 b, 5. 6. 109 a, 
4 bis 6). 2SaS bie innere S3ebeutung beS SRefrainS betrifft, fo be« 
jeid^net er furj ben (Segenftanb beS Siebs, giebt baS Si^ema, toeld^eS 
ju gloffieren ift, hjieberl^olt fonft irgenb ein lieblid^eS 35ilb, hjol^in be* 
fonberS ber lad^enbe 5Kunb ju red^nen (3Jl. I, 7 a, 2 ff. 135 a, 2 f. 
194 a, 2 bis 4. II, 19 a, 8 f.), einen Reitern ober ernften ©innfl)rud^, 
j. S5. „©ie ift mein ©ommer unb mein ajlai" (?K. II, 119 a, 4 f.), 
„greube unb ©ommer ift nod^ aUeS l^in" (3Jl. I, 175 a, 2 f.), „greube 
unb fjreii^eit!" (in einem ^^angliebe 3Jl. I, 87 a, 4 ff.), „©d^eiben baS 
tl^ut h)el^ unb mu| bod^ fein" (3Jl. II, 22 a, 1 ff.), ^SBo bein $erje 
tool^nt, ba liegt bein $ort" (Senedfe 220, XXIII). ©iefeS leftte ©J)ri^^ 
h>ort, einer SibelfteUe entnommen S gloffiert Ulrid^ öon SBinterftetten. 
©erfelbe fül^rt baS 2i^ema auS: „^d) bin breierl^anbe ©d^aben fafte 
überlaben." 3)ie brei ©d^äben finb: ber Sob feines SSruberS, bie ai- 
nel^menbe Suft am ®efange, bie Ungunft ber Oeliebten (SenedEe 262, 
XLV). SDlel^rmalS finben h)ir aud^ ben Slefrain, nad^ Slrt ber ©loffen, 
bem Siebe öorgefefet C3R. I, 7 b, 7. [SSgl. SRufeum I, 328.] 8 a, 2. 9. U, 

1 ®otfrib »on ©traßburg, m. II, 185 a, 4: „3öo bein ^ort ift, ba fmb 
beine ©iune, fprad^ ®ott fdbf!." 



199 



22 a; 1, 90 a, 2) unb öfter mag e^ nur beim Sluffd^reiben unter* 
blieben fein. Qn ben S^ageliebern mag ber burd^tönenbe SBäd^terruf 
(3R. I, 17 b, 7 ff.) oft einer altem 38olföh)eife angel^ören, toie aud^ 
fonft ber Slefrain Slnllänge aug SSolfgliebern toernel^men läfet (?!K. II, 
117 a, 5: „$ei! grauer Dtte" u. f. to. II, 22 a, l). S3efonberg lieben 
il^n aud^ bie ^anjlieber, in benen er feine eigenll^ümlici^e 93eftimmung 
l^aben modj^te (3K. I, 13 b, 7 ff. 85 b, 4 ff. 87 a, 4 ff. 143 b, 6 ff. 
II, 80 b, 5. 6. 8. 81 a, 2 bi« 4. 243 a, 4 ff. SKufeum I, 386, L). 
SRid^t feiten ift et blofe ein Slu^ruf ber greube ober ber 2^rauer, ein 
$ei! ober D toel^! ba^ jur beftimmten ©teHe h)ieber!el(|rt (9R. I, 41 b, 
2 big 4. 51 b, 1 bi« 5. [SSgl. I, 55 i, 3 f.] 141 i, 6 bi« 143 a, 3. 
3Kufeum I, 399 f.), irgenb ein ißaut, ber bie Sehjegung beg Spange« 
(301. II, 80 b, 5: „tenberl, lenberl, lenberlin!" aKufeum I, 386, L: 
^lüigen hjagen gugen gagen!")f ober ben ®efang ber SSögel nad^al^mt 
(3K. I, 45 b, 3 bi« 5. 113 b, 4 big 7. Sgl. II, 81 a, 2 big 4). 

©ine merllüürbige 6rf4)einung im ©ebiete ber alten Äunftformen 
finb bieSeid^e', ©ebid^te größeren Umfangg, in benen mand^erlei 3^öne 
in buntem SBed^fel }u einem toeitl^in gezogenen ©anjen Derbunben 
ftnb'-^. 35od^ ift aud^ l^ier bie melj^rbejeid^nete SRid^tung ber beutfd^en 
£iebertunft nid^t t)etläugnet, inbem nid^t ettva burd^ bag älugl^alten 
ober SBieberauffaffen gleid^er SReime bie manigfaltigen Sl^eile gufammen« 
gehalten tt)erben, fonbern ber ^ufcimmenl^ang nur im S5au biefer %i)t\U 
berul^en fann. ©o toenig man bered^tigt ift, biefe ®ebid;te für SBerle 
regellofer SBittfür ju erflären, fo fd^toierig ift eg gleid^tDolj;!, il^re Siegel 
unb ©runbf orm ju erfaffen. Serfd^iebene %'6ne , hjißlürlid^ gufammen' 
gereift, tpürben lieber alg ©injelneg augeinanber fallen; irgenb ein 
®efe^ ber 3Serbinbung, toenn aud^ tiefer Itegenb, tooburd^ bie einzelnen 
Sl^eile ^um ©anjen Serben, ift bal^er fünftlerifd^ notl^h)enbig. ©id^ 

1 Über bie ?eid&c f. ©rimm, 3Wetflergcfang @. 63 big 70. 181 f. 191. SDocen, 
afieccnfion öon ©encde in ben ©rgänjung^blättcrn ber Senaer Sitteroturjeitung 
1811, ^x, 41. 42. ebb. in ©c^eningg Stttgemeincr Seitfd^rift «. I, $eft 4, 
@. 452 ff. S5on ber ^agcn , 2»ufcum II , 165. [Ä. Sad^mann, Über bie Seici^e 
ber beutfd^en 2)i(^ter beg ^molften unb bretgel^nten ^^al^rl^unbertg, im S^l^eini* 
fc^en mu\cnm für ^^ilologic, III, 1829, ©..419 big 434. %. Söolf, Über 
bie ?aig, ©cquengen unb Seid^e. ^eibetbcrg 1841. 8. $.J 

2 3)er WrgeftcScid^ »äre bei Ulrid^ üon Sßintcrpetten, «cncdc 264, XLVI ; 
aßetn c« ift »ol^l nur @trop]^c mit Otefrain. 



202 



Steigeng, in bem rafd^cn SReimfd^Iag ben 2luftritt ber SCanjenben 
(»enetfe 183: JpxxtiQct l^übfd^e SCritte!"). Sebenbtge ^anblung ift he-- 
.fonber« in fold^en "Zartilex^m, bie.bcr ©änger mit £iebe0llagc anhiebt 
unb bann, baS innre Seib nieberbrücfenb, ftd^ in bic SEBirbel beg %ani^ 
tt)irft: „3&a^ x6) fmgc, bag freut mid^ im $erjen nid^t, id^ tan je, id^ 
ft)ringe, el^' bafe'mir Sieb öon Ql^r gefd^id^t" (§einrid^ toon ©aj, STOu- 
feum I, 418 ff. Ulrid^ Don SJBinterftetten , SenedEe 159, III). 2)iefer 
fid^tbaren SSerbinbung be§ Seid^e^ mit bem Spange tl^ut e^ feinen ©in« 
trag, ba^ er fid^, frü^e fd^on, aud^ anberartigen ©egenftänben juge* 
hjenbet. 2Bir finben nid^t nur Seid^e, bie gänjlid^ bcr SiebeSllage ge^ 
toibmet finb, fonbern aud^ mel^rere geiftlid^e, unb am Sd^Iuffe ftatt be« 
luftigen §eia l^ei! ein frommes 2lmen; ^rauenlob l^at ba§ l^ol^e Sieb ju 
einem Seid^e bearbeitet; aud^ gegen bie Qlwben ift einer gefungen toor* 
ben (Orimm, ©. 66) u. bgl. m. 3Jlan l^at aud^ fold^e frembartige 
3)inge bod^ mit bem 2^anje gu berbinben gefud^t. ^n ben tounberlid^en 
Seid^en ^^anl^uferS hjirb balb ber §erjog tJtiebrid^ öon Öfterreid^ ge* 
Hjriefen, balb bag Sob aller milben dürften gefungen, balb ein Siebet- 
abenteuer erjäl^lt, balb allerlei ©elel^rfamleit in ®rblunbe, ^abellel^re 
unb Slittergebid^ten |)offen^aft auSgelramt, jum ©d^lu^ aber folgt ge- 
hjöl^nlid^ nod^ ber Slufruf gum 2^anje unb bie 35arftellung beS le^tern 
in rafd^em ©djitounge ber S^Un. ©lüdlid^ ift ber Übergang bon ber 
Slufjäl^lung fabell(iafter grauen jum Sobe ber eigenen, toie fie unterm 
Slofenlrange am Steigen gel^t (3Jl. II, 62). (Sin anbermal ift bie ©r^ 
gäl^lung feltfam mit bem %ani^ berhjoben (3R. II, 63 b). 3Jtan fielet 
in biefen Seid^en ben SSorfinger ober ©Jjred^er l^erauStreten, er plt 
feinen Vortrag, ben bie ©efeUfd^aft rul^ig anl^ört, fotoie er aber bei 
ben rafd^eren Sängen angefommen, lüirb 3llleg lebenbig unb totrbelnb 
f d^lingt fid^ ber Steigen. ®in Seid^ Äonrabg toon SBür jburg , luorin 
geflagt h)irb, bafe ber (Sott beS Streite« ben ber SWinne üerbrängt 
^ai^, enbigt gteid^faH« mit ber Slufforberung jum 3:;anje (9W. II, 198 f.). 
Öfter nennen fid^ bie ©änger am SluSgang ber Seid^e. 

©0 biel l^ier bon ben gormen. 3)aS Äunftreid^e berfelben erfd^eint 
im Slffgemeinen unb in ber eigentlid^en Slütl^ejeit be« 3Kinnefangg 
leineöttjegS mül^fam unb gejtoungen, ^hen toeil eg au^ unerfd^ö})flid^er 
Siebe jur ©ad^e unb im gortfd^ritt ftätiger ©nttoidlung l^erborgegangen. 



203 



VIII. 

Sie hänget. 

2)te fämmtltd^en Sieber ber aWinne mad^en , naä) ^r(^alt unb fjorm, 
ein (Sanjeg aug. 3^^^^ einzelne ©änger ftimmt in biefeö, hjie in einen 
grofeen SBalbgefang, ein. 2Ber nur in fj^arfamen 2^önen ftd^ berfud^t, 
gel^ört biefem Sieberreid^e nid^t minber an, aU ber frud^tbarfte 3Meifter, 
aber neben ben öerfd^iebenen ©tufen ber ©nttoidlung, toeld^e fid^ ber 
3eit nad^ ergeben, finb in jenem Oanjen unb ©efammten nid^t blofe 
gehjiffe größere Serjtoeigungen ju unterfd^eiben, fonbern e3 treten aud^ 
t>iele einzelne S)id^ter in beftimmter unb au^gejeid^neter (Sigentl^ümlid^* 
feit l^ertjor. 

SBag bie größeren Sßerjtoeigungen betrifft, fo lönnen fie nid^t Voo\)l 
©d^ulen genannt hjerben, ba fic^ im breijel^nten göl^^^l^wnbert förmlid^e 
unb geregelte Äunftgenoffenfd^aften nod^ nid^t gebilbet l^atten. ®ö ift 
eine freiere ^ortjjflanjung burd^ Seigre im (Sinjelnen, burd^ Seifjjiel unb 
Umgang, Steigung unb SBal^L Slber tomn auf ber einen ©eite 3)ietmar 
i>on 2lift, 9JliIon \>on ©eüelingen, §artmann i)on 2lue, Sleinmar ber 
alte, SQBaltl^er bon ber SBogetoeibe, ^iltbolt öon ©d^hjangau, SRubin, 
ber S^rud^fefe t>on ©ingenberg, ber ©d^enf t)on Sanbegge, Ulrid^ öon 
Sid^tenftein, auf ber anbern §einrid^ bon SBelbele, SBoIfram öon (Sfd^en* 
bad^, ®raf Dtto öon Sotenlauben, ^einrid^ bon 9Rorungen, Äriftan 
öon $amle, Äriftan bon Su^jin, §epolb öon SBeifeenfee, ber S^l^üring, 
SJBinli, Sleinmann bon Srennenberg genannt toerben, fo finb bamit 
jugleid^ ^toei öerfd^iebene Slid^tungen unb färben ber Sieberlunft ange^ 
jeigt. ^aßt man auf jener unb biefer ©eite juerft bie älteren SWeifter 
in^ 2luge unb gel^t bann beobad^tenb auf bie jüngeren ©änger über, 
fo toirb man bort bie Xiefe ber ®mj)finbung, ba^ ftiffe, innige Stades 
beulen, bie ©infad^l^eit be^ l^erjlid^en Slu^brudfö unb ber fjormen, l^ier 
bie rege ®inbilbung«!raft, ben finnreid^en (Seift, ben ®Ianj ber Silber 



204 



unb ba« üj)t)i0erc iSj)ieI bcr %bne borl^enfd^enb finben, Seßreifltd^ fönnen 
biefc Seirid^nungcn nur im ©röteren gelten ; ber allgemeine Qu^ammm- 
l^ang be§ SWinnefang«, bie Sinnesart ber einzelnen ©änger, bie2Ban» 
berungen berfelben, muften toielfad^e Übergänge vermitteln unb mad^en 
eine fd^arfe Slbgrenjung unmöglid^. 5Rad^ ungefäl^rer Seftimmung aber 
h)ar bie erftere SBeife öorjüglid^ in ©d^toaben unb ben öftlid^en SWarlen 
einl^eimifd^ , bie le^tere in granlen unb 2^l^üringen, h)0 §einrid^ öon 
SSelbele unb fein größerer 5Rad^f olger, Söolfram üon (Sfd^enbad^, im 
Slittergebid^t eine neue SBelt be^ ©lanje^ eröffneten, ber balb awd) im 
SWinnefang toiberfd^ien. 2)ie erftere SEBeife erfd&eint l^iernad^ aud^ mel^r 
nur atö bie ru^ig ftd^ fortbetoegenbe ©nttoidflung be^ urfjjrünglid^en 
5Kinnefangg, bie lefttere ate eine Stufregung beefelben burd^ neue 35e* 
ftanbt^eile unb entfc^iebene ^erfönlid^feiten. 

„2)er md^tigatten ber ift öiel/' fagt aWeifter ©ottfrieb im 2:riftan 
(SB. 4749 ff.), t>on ben Sieberbid^tern fj)red^enb. 3)arum fragt er aud^ 
nur nad^ benen, toeld^e, baS S3anner )oortragenb, bie ©d^aar leiten 
mögen, unb er nennt unter ben SKitlebenben SEBaltl^em üon ber SSogel- 
toeibe. 3tllerbingg finb unter ber großen Sau)! einzelner ©änger bie« 
ienigen auSjujeid^nen, toeld^e bie Äunft ju il^rem Serufe gemad&t, ben 
Slnbern jum aJlufter gebient unb bal^er al« bie eigentlid^en ©ange^meifter 
(bgl. Xriftan 38. 4798) an ber ©J)ifte ftel^en. ©old&e ftnb, aufeer bem fd^on 
genannten Sßaltl^er, t)or)üglid^ ^einrid^ r>oti SSelbele unb Steinmar ber alte. 

§einrid^ üon SSelbele, toie h)ir toiffen, ein 5Rieberbeutfd^er S fd^on 
ber ©^jrad^e nad^, \oa1)x^ä)mlx6) am Slieberrl^ein ober ber 5Waag ju 
^aufe, bod^ am ^ofe tjon 2:i^üringen tool^l belannt, fang im legten 
SBiertel be« jtoölften ^al^rl^unberts. SSon feinen Seiftungen unb feinem 
@influ^ ate erjäl^lenber 2)id^ter ift l^ier nid^t .jiu l^anbeln. älber aud^ 
afö SDlinnef Anger l^at er getoid bebeutenb eingetoirlt, toie fd^on bie aD» 
gemeine SSerbreitung feiner Sieber betoeift. ®r ift nid^t ettoa ate ©tifter 
be§ beutfd^en SJlinnefang^ ju betrad^ten, tlagt bod^ er felbft fd^on um 
eine ))erfd^n)unbene QAt, ba man ber SJlinne beffer gebient unb bie 
grauen nid&t loie jeftt gefd^olten (311. I, 19 b, 3. 5 f. 20 b, 8. »gl. 
21 a, 7); ober in ber Sieberbid^tung, toie in ber erj&l^lenben, l^at er 
bie SintDirlungen, n>eld^e bie norbfranjöfifd^e ^id^tlunfi auf il^n felbft 

J^ aber ^einric!^ oon ^^tütU f. ^rimnt, beutfd^e ©ramntatil @. 453 f. 



205 



geübt, nad^ bem inn^rn 3)eutfd^Ianb übergetragen. Seine 93elanntfcl^aft 
mit berfelben jetgt er in ben Siebern nid^t blog burd^ ben @ebraud^ 
franjbfifd^er SBorte (3R. I, 19 a, 2: })0^fun; I, 20 a, 1: ami^) unb 
bie Sejie^ung auf toälfd^e gabel (SW. I, 19 a, 2; SCriftan), fonbern 
mel^r nod^ burd^ bie borl^errfd^enbe Silbung ber ®efä|e aud jtoei öfter 
toieberlel^renben Steinten, ©ottfrieb bon (Strasburg fagt bon il^m, 
ba^ er bad erfte 9{eid in beutfd^er S^^Q^ g^itn))ft, toobei )lt)ar )u^ 
n&d^ft, bod^ nid^t au^fd^lie^lid^, bie 9littergebid^te gemeint finb; „n?ie 
tt>o^;l fang er öon aJlinnenl" rü^mt ©ottfrieb namentlid^ (2^riftan 
aS. 4721 ff.). a)ie SBead^tung frember SKufter l^at jebod^ bem eigen»= 
tl^ümlid^en SSSertl^e bon $einrid^^ ©efängen leinen Eintrag getl^an; bie 
ftnnlid^e Sluffaffung, ba« rege 5Raturgefül^l berlünben bei il^m bie 
frifd^e ^MQmi ber Äunfi. ©er gtül^Kng ift i^ttt ftet« eine Hebe neue 
SUlä^re (SR. I, 18 a, 5. 19 a, 1. 5). ®ut fd^ilbert er ba« reid^e, aber 
lurje greubeleben ber SSögel, toenn bie Sinben lauben unb bie 33ud^en 
grünen, unb t)affenb fteHt ilj^n bie filtefte Sieberi^anbfd^rift bar, toie er, 
einen Aran) in ben paaren, unter einem bid^tbelaubten Saume ge^ 
lagert ift, tporauf SSögel l^eruml^üt)fen unb ftd^ fd^näbeln. Eigenen 
SWeij giebt feinen Siebern ein 3^8 bon Saune, bie balb unbefangen 
\pxdt, balb bem ®rnfte jur golie bient: „Sieber l^ätt' id^ mit ^f)x ge* 
mein taufenb SWarl, too id^ toottte, unb einen ©darein bon ®oIbe, benn 
ba| x6f toeilen foHte fern bon il^r, fted^, arm, attein" (3B. I, 20 b, 2). 
ein SKeifter ganj anberer SCrt ift Sleinmar ber alte, ber am $ofe 
bon Öfterreic^ gelebt ju l^aben fd^eint (3K. I, 68 a, 2: Siut)oIt). ®r 
l&at „mel^r gu tl^un, benn »lumen Ilagen" (5W. I, 68 b, l). ©r bor 
älllen fteigt nieber in bad innerfte ©emütl^, er „ftreitet mit ©ebanlen 
in feinem ^erjen" (ajl. I, 67 a, 4). ©eine Sieber fmb faft blumenlo«, 
aber reid^ ber fmnigften ^erjenStoorte. SBie lein Slnbrer l^at er ben 
älu^brud ber lautern Siebe, ber aui^bauernben 2^reue, ber )&rtlid^en 
Alage, be^ ergebenen S)ulbeniS: „®d gieng bon ^erjen gar, toad mein 
aJlunb je JU Sl^r fj>rad^" (SK. I, 66 a, 2). „©ie ift mein ofterlid^er 
a^ag unb l^ab' ©ie in meinem ^erjen lieb, ba« ttjeift ßr tool^l, bem id^ 
nid^t lügen mag" (SW. I, 68 b, 7. SSgl. 70 a, 5). „SRäl^er, benn in bem 
^erjen mein" (SK. I, 62 b, 6). „3d^ mag tool^l forgen um ^f}x Seben, 
ftirbet ©ie, fo bin ic^ tobt" (SW. I, 64 b, 2), „©ie l^at Xugenben, benen 
id^ immer folgen toiH, länger nid^t, benn fo lang id^ lebe" (9DI. 1, 64 a, 3). 



206 



„^xt^alfxc, bie id^ nod^ ^u leben l^abe, toie^iel ber h>äte, 3^rtoürbe 
nimmer %aQ genommen" (9K. I, 65 a, 3). „SKeine Qal^re muffen mit 
Sl^r ßnbe nel^men, toie mit greuben, fo mit Älage" (2R. I, 83 a, 2). „3<^ 
Hage immer meinen alten Äummer, ber mir bod^ ftetS ein neuer ift" 
(3R, 1, 76 i, 2. SJßl. 1, 76 a, 3). „©ie h)ei^ tool^I, toie lange ©ie mid^ bitten 
Iä|t, bafe id^ bod^ ftet« ber »ittenbe bin" (9». I, 70 a, 4). „aWir mad^et 
Kiemanb ©d^aben, benn meine ©tetigleit" (ajl. I, 69 a, 7. SSfll. 76 b, 5). 
„®ie Siebe l^at il^r fal^renb ®nt alfo getl^eilet, ba^ id^ ben ©d^aben 
l^abe" (aJl. I, 63 a, 6). „SBie ift i^m ju aWutl^e, tounbert mid^, bem 
l^erjlid^ lieb gefd^iel^t; er felger 3Rann, ba freut er pd^, toie id^ tool^I 
tt)&l^ne, id^ toeife e^ nid^t; (Sott gebe, bafe id^ erlenne nod^, toie fold^em 
2tim fei!" (3K. I, 64 b, 7.) „Sl^m ift iool^I, ber möge fagen, bafe er 
fein Sieb- in fel^nenben ©orgen Iie|, nun mufe aber id^ ein Slnbre3 
Hagen : id^ fal^ ein SBeib nad^ mir nod^ trauren nie" (3K. I, 63 a, 5). 
„©0 felger aJlann toarb id^ nod^ nie, ba^ gl^r mein Äommen tl^atc 
too^I unb aud^ barnad^ bag ©d^eiben toel^'" (3B. I, 77 b, 3). ,„3d^ 
toeife ben 2ßeg nun lange tool^I, ber öon ber Siebe gel^t bis an baS 
Seib, ber anbre, ber mid^ loeifen foH au8 Seib in Siebe, ber ift mir 
nod^ unbereit; giebt SDlinne nid^tS, benn Ungemad^, fo muffe 5IRinne 
unfelig fein! ©iefelbe id^ nod& ftet« in bleid^er garbe fal^" (301. 1, 65 6, 
5). „aSenn 3lnbre pd^ beS Sieben freuen, fo ift mir mit Seibe toofjl" 
(3K. I, 67 b, 4). „aOSag xi) um ©ie leiben foH, bag ift ein Äummcr, 
ben id^ gerne bulbe" (3W. I, 68 b, 4). „2)e« ®inen unb fonji Äeine« 
mel^r toiU id^ ein 5IReifter fein, fo lang id^ lebe: bafe SWiemanb fein Seib 
fo fd^ön fann tragen" (9R. I, 67 a, 5. Sgl- 66 b, 1. 79 b, 2). „3Ratt 
foH f orgen, ©org* ift gut, ol^ne ©org* ift SRiemanb toertl^" (SK. I, 
82 b , 6). 3)em fd^mudEIofen ©til bief eg aJleifterg gemäft , pnb aud^ bic 
gormen einf ad& unb ftreng ; toenig 3leimft)iel (3R. I, 78 a, 6 big 78 b, 3. 
79 a, 3 big 6. SSgL 77 b, 4) unb öftere SEBieberfel^r begfelben 2:oneg, 
3DlanigfaItig finb bie 3Kinnelieber aOBaltl^erg öon ber SBogeltoeibe, 
Salb giebt er S3Uber aug bem ©ebiete ber äJlaientänje unb beg Slumen» 
bred^eng; balb pngt er bag Sob ber fjtauen in l^ol^er, öoHtönenber 
SSBeife, mit ber er fonft bie Äönige begrübt; balb ft)ielt er in leidstem 
Siebem unb mifet, toie bie Äinber, einen ^alm: „©ie tl^ut nid^t, ©ic 
tl^ut;" balb fenit er pd^ in bag ^nnex^, naä) Steinmarg SSorbilb, beffen 
Äunft er in jtoei Siebern auf ben 3^ob beg ©ängerg fel^r Ij^od^ fteUt. 



207 



SEBaltl^er« Sieber fmb nur nod^ mel^r betrad^tenb unb/ fj^rud^artig , felbft 
ftraf enb gegen SKänner unb grauen ; er ifl nid^t f o , tote Sleinmar, ganj 
ber einen, innigften ®m))finbung l^ingegeBen, feine befonbern SBorgüge 
ftnb ber toeitgreifenbe Oebanfe unb bie lebenbige ©eftaltung. Übexl^avipi 
h>ar biefent üielfeitigften ber altbeutfd^en Sieberbid^ter ber ÄreiS beg 
9Rinnefange§ ju enge, er füllte ba8 Sebürfni« einer umfaffenbem SBelt« 
onfd^auung, er rid^tete bag Sieb auf bie toid^tigften 3lngelegen]^eiten beg 
aSaterlanbeg unb ber Äird^e; bei biefen ift er mit tooller ©eele unb bort« 
l^in gel^ört aud^ bie 3)arfteIIung feinet SBäefen^ unb SBirlen«. ©ein 
rege^ S3ater(anbdgefül^l toenbet ftd^ felbft auf baiS Sob ber t^^auen ju« 
rildf; mit SRed^t ruft er jum 3^wgnig auf, „ob beutfd^en SBeiben 3e^ 
manb je gefJ)rod^en ba^" (SK. 1, 120 b, 3); benn in einem floljen Siebe 
}um Sobe be$ beutfd^en Sanbed fagt ber toielgereifte ©änger: „SSon 
ber @(be bid an ben Sll^ein unb toiber bi^ in Ungerlanb ba mögen 
h)ol^I bie beften fein, bie id^ in ber SBelt gelaunt; fann id^ red^t er* 
fd^auen gut ©eläfe (Senel^men) unb fd^önen Seib, fo mir ®ott! fo 
fd^tpür* id^ too^I, ba^ ba ein Sffieib beffer ift, benn anber^too bie grauen. 
3)eutfd^e STOänner ftnb h)ol[;Igejogen, al«®ngelfinb bie grauen get^^an. 
2)ugenb unb reine 5IKinne, toer bie fud^en toiD, ber foH lommen in 
unfer Sanb, ba ift SEBonne toiel; lange müf|' id^ leben barinne!" (51K. I, 
119 b, 2 ff.) aBalt](^er berftd^ert einmal, tool^l bierjig gal^r* unb brüber 
l^ab* er toon SKinne gefungen (5IR. I, 122 b, 3); h>ar bal^er feine Äunft 
aud^ nid^t augfd^Iiefelid^ ber SKinne getoibmet, fo toav er bod^ burd^ biefe' 
lange Übung berfelben, burd^ feine bielfad^en SQBanberungen unb feine 
»elanntfd^aft an atten gürftenl^öfen, burd^ ben SBertl^ feiner Sieber unb ben 
SRul^m feiner ?IReifterfd^aft toorjüglid^ geeignet, bag SReid^ besJ aWinnefang« 
ju meieren , unb toirllid^ toirb man öon ben Siebern leineS anbern SKei« 
fterg fo gal^Ireid^e unb befttmmte Sflad^IIonge finben , afe öon ben feinigen: 

$artmann öon 3luc unb SBoIfram bon ©fd^enbad^, bie SKeifter 
be« Slittergebid^tg , erfd^einen gleid^faüö in ber Steige ber SKinneffinger, 
erfterer aud^ l^ier einfad^ unb befd^eiben, bieber unb fromm, le^terer, 
felbft in bem SBenigen, lunftreid^ unb mit ben tounberfamen Silbern 
feiner lül^nen ©inbilbungglraft. SSon beiben aber ift in anbrem 3«' 
fammenl^ange gu fjjred^en. 

3(uf biefe einflu|reid^eren SReifter toar jjebod^ bie Sid^tergabe nid^t 
befc^r&nlt; fie h>ar überall aufgeregt burd^ bie allgemeine Suft am 



208 



©cfangc. Um üon ben Sielen nur ©tntße ju rül^men, fo ftnb ^Utbolt 
öon ©d^tDangau unb Stubin auggejeid^net in ebler ©nfad^l^eit; §einrid& 
toon aJlorunge \ Don deinem übertroffen, fagt mit fjug öon fid^, er fei 
um ©ange^ toiHen ju ber SBelt geboren (3W. I, 53 a, 5), unb bie 
toenigen Sieber ÄriftanS öon $amle finb leud^tenbe Äleinobe ber ©amm* 
lung. aWand^e äußern il^r (Sigentl^ümlid^eg nur in einzelnen unb jar« 
teren SH^^t Slnbre enttoirfeln i^re Äunft öomel^mlid^ in ben 2^önen, 
älQe aber finb ©timmen be^ einen, t)oKen @l^ore$. 

S)ie ©d^ilberung eine« tooHlommenen SRitter« befd^lie^t ^artmann, 
in einem feiner erj&^lenben ©ebic^te, mit benSBBorten: „unb fang toiel 
tt}of)l üon 3Kinnen" (Slrmer ^einrid^ SB. 71). ®er SRinnefang toar, 
toie toxi gezeigt, ein ^^l^eil be« graucnbienft«. 2Bie in jeber ritter* 
lid^en Äunft, in jeber ebeln Soffitte, burften aud^ l^ier bie gürften 
nid^t jurüdbleiben, bie an ber ©Jji^e ber Slitterfd^aft unb beö §ofeg 
ftanben. Äaifer $einrid^ VI felbft^, im 3:one ber beften 3^^^ 0^6* 
mit ©efange bie ©üfee: „SKir ftnb bie Sleid^' unb bie Sanb* untertl^an, 
tomn \6) bei ber 3WinnigIid^en bin, unb toenn id^ fd^eibe üon bann, fo 
ift mir att meine ©eloalt unb mein Sleid^tl^um bal^in. 61^* id^ mid^ 
$if)x begab', ic^ begäbe mid^ elf ber Ärone. ®r fünbet, toer mir baS 
nid^t glaubt, ba§ id^ möd^te leben mand^en lieben S:ag, ob aud& nimmer 
Ärone fäme auf mein $auj)t, beS id^ ol^ne ©ie mid^ nid^t toermcffen 
mag; tjerlör' id^ ©ie, mag l^ätt' id^ bann? ba taugt* id^ ju greu- 
ben loeber SBBeib nod^ SDlann unb toär* mein befter 2^roft, beibe« gu 
Sld^t unb gu Sann" (3K. I, 1 a). 3lu^ Äönig Äonrab ber junge 
(Äonrabin), obgleid^ „ber Saläre nod^ einÄinb," üerfud^t fid^ im Siebe; 
er fürd^tet, bor SiebeSleib ju fterben, bod^ x^m ift ein anbrer S^ob be* 
fd^ieben (3R. I, 2 a, 1). S^nen fd^lieften fid^ bie gürften unb Orafen 
be« Sleid^eS an: ^5nig SBiengel Don Söl^eim, bie ^ergoge ^einrid^ t)on 
Sre^lau, gol^ann bon Srabant, ber tjon Slnl^alt; bie 5IRarIgrafen 
Dtto bon Sranbenburg, mit bem $ßfeile, ^einrid^ bon SKei^en, bon 
^ol^enburg; bie ®rafen SRubolf bon SReuenburg, Äraft öon S^oggcn« 
bürg, ^onrab bon Jtild^berg, griebrid^ iDon Seiningen, Dtto t)onS3oten< 
laube, ällbred^t bon ^eigerlod^, äSemer bon ^ol^nberg. 3(ud^ unter 

1 (Srimm, bcutfd^c ©rammotif @. 455. 

* [»gl. 3. ®rimm in «Pfeiffers ©crmonia II, (Stuttgart, 1857. 8. @. 477 
bis 480. ^.] 



209 



biefen finb ril^mengh)ertl^c ©angct, namentli(i& ber ©raf öon Soten* 
laubc unb ber ^erjog bon SSreSlau. ^ergog S^^nn ijon Srabant 
fingt leidste 2ieber, alle mit bem Slunbmm, feine Bpxaä^e bejeid^net 
ben SRiebetbeutfd^en Cjh^ifd^en 9Kaa« unb SRl^eine" ift feine fd^öner, 
afö bie ©eine. 501. 1 , 8 a, 5) unb ben Slad^bar ber Siotbfranjof en, 
toäl^renb ber ®taf toon SReuenburg (Sleufd^atel) ftd^ ben S^rubabur, 
golquet i)on aWarfeiHe, jum 5Dlufter nimmt (ögl. Tl. I, 8 b, 2. 3 mit 
Sta^nouarb S. III, ©. 153, 3. ©. 157, 2). 

®^ ift fein ®runb, anjunel^men, baß jene l^ol^en ^enen nid^t 
felbft gefungen, fonbern ftd^ bie ßieber üon 2lnbern fertigen lafjen, 
SBarum foll man il^nen ah\pxeä)en, toag jur Silbung für bie SEBelt 
gel^örte? 3^^^^ ©ängerfd^aft ift in ber ©itte ber S^xt begrünbet, ber 
©efang fteigt, öon ©tufe ju ©tufe, öom 2)ienftmann big ^um Äaifer 
auf, unb in ben anbern ©})rad^en jeigt ftd^ bie gleid^e (Srfd^einung. 
©elbft bie SBerf&umniffe ber Sleimfunft bei Kaifer $einrid^ finb aU 
S3eti?eig geltenb gemad^t hjorben, bafe er fid^ feiner fremben $ülfe be« 
bient (®rimm, beutfd^e ©rammatif ©. 361). 

Über bie Seben^umftänbe ber einzelnen ©änger laffen fid^ mand^e 
SRad^rid^ten jufammentragen. 5Kel^rere berfelben finb fonft gefd^id^tlid^ 
befannt, in il^ren ^Jürftenämtern , Äreujjügen, geloben; Slnbre fommen 
in Urfunben öor, ate 3^wgen ober mit frommen ©tiftungen; bie Sieber 
felbft beuten mand^e^ Sebenöberpltni^ an. 2lud^ bie ©age l^at ftd^ 
angel^eftet, toie bei bem Sremberger (SReinmann bon 35rennenberg) ; 
il^n ermorbet ber eiferfüd^tige ©emal^I ber] befungenen ^rau unb giebt 
il^r bag ^erj beS ©ängerg gu f^jeifen K 3)iefelbe ©age, ioeld^e bie 
5ßrobenjalen (t)on ©uittem be ßabeftaing, SRa^nouarb 33. V, ©. 187 ff.), 
bie SBorbfranjofen toon 3)id^tern il^reg Sanbeg (öom ßafteUan toon ßouclj) 
erjäl^Ien unb bie aud^ öon Konrab t)on SBür^burg, ioieiool^I ol^ne SSe^* 
jiel^ung auf einen ©änger, berid^tet toirb (SKüHerg ©ammlung I, 
l^inter bem 2lrmen §einrid^, ©. 208: SSon ber SKinnen). 

1 (Sin SÄciflcrgcfang l^at biefe ©age überliefert. SBunberl^orn II, 229 ff. 
[«Jgl. edjjriften II, ©. 325. 326. 344. IV, ©. 66 big 72. Vü, @. 410. 
granj ^üffer, 3)er Srobobor ®müem bc ©abcflan^. @ein geben unb feine 
Söerfe. «erlin 1869. 8. ^.] 



Ui^lanb, 6(^rifteti. V. 14 



210 



IX. 

Xtivl^ tion Sidjtettf^eitt. 

Qn ben J)rot)enjaKfd^en Sieberfammlunöcn finb If^auftö bte Seben 
ber Sänger, bte ©efd^id^ten il^ret Siebe, bie Sflamen bcr (Seliebten, bie 
befonbern Umflanbe, unter benen einzelne Sieber entftanben finb, toer- 
jeid^net. Sold^e Sebengabriffe fel^Ien gänjKd^ in ben beutfd^en ^anb- 
fd^riften unb h>ir lönnen bagjenige, toa^ bie SKinncfänger afö fold^e 
betrifft, faft nur au§ jerftreuten ©teilen il^rer ©ebid^te bürftig ju- 
fammenlefen. SBaö Wxx aber bei 9Bel^reren entbel^ren, bag ift un^ bei 
©inent um fo reid^Ud^er gegeben. SBir befi^en bie augfül^rlid^e Sebeng^ 
unb Siebeggefd^id^te eineg trefflid^en ÜKinnefängerg, bon il^m felbft be^ 
fd^rieben. S)ie (Sefänge fmb in bie ©rgä^Iung toertpoben, ober bielmel^r 
h)ir feigen fie auS bem ©runbe ber ©efd^id^te, an^ bem innern unb 
äufeern Seben beg S)id^ter«, l^eröorgel^n. 3)iefer 2)id^ter ift Ulrid^ t>on 
Sid^tenftein, au« bem fteirifd^m Oefd^led^te, ba« je^t gefürftet ift; fein 
Sud& l^at er felbft grauenbienft benannt, (grauenbienft, ober: ©efd^id^te 
unb Siebe beg SRitter« unb SängeriS Ulrid^ toon Sid^tenftein, öon il^m 
felbft befd^rieben. 5Rad^ einer alten ^anbfd^rift bearbeitet unb l^eraug« 
gegeben bon Subtoig 2iedf. Stuttgart 1811 K ©ine anbre Did^tung 
Ulrid^ö bon Sid^tenftein, „Stioi^" (SBortourf , SHüge), ober „ber grauen 
35ud^", in 2112 SBerfen, bag Äamj)fgef|)räd^ eines SlitterS mit einer 
ijrau über bie ©ittenlauigleit ber Seit entl^altenb, ift nur l^anbfd^rift^ 
lid^, ju SBien, borl^anben^. ©d^ottllj in ben SBiener SaJ^rbüd^ern 
35. IV, anjeigeblatt ©. 40.) S)agfelbe ift um 1255 öottenbet toorben, 

1 [Uhid^ x>on Sid^tenflein, mit ^nmerfungen t)on S^eobor Don ^araian 
l^eraui^gegeben bon ^arl Sac^manu. Berlin 1841. 8. $.] 

3 [„^tx üromoen buod^'' ift nun gebrudt in ber eben genannten ^udgabe 
e. 594 big 660. ^.] 



211 



ote Ulrtd^ toenißfteng 53 gal^re alt toar. ©r ift frül^cften« im itoan- 
jiflften Sa^re Slitter gemorbcn S bei einem ^od^geitf efte , ba« im Qal^r 
1222 flef eiert tourbe , unb er toar, nad^ feiner eigenen Slngabe (grauem 
bienft ©. 233), brei unb breifeig ^a^x^ Slitter getoefen, afe er ba§ 
SSud^ öoH bid^tete. 2Bir fönnen nid^t uml^in, au^ biefer $aiH)turIunbe 
be^ 3Jlinnebienft^ einen umftänblid^en %u^^xQ ju geben, tpobei nur 
ba^ienige Üir^er angebeutet tverben foQ, toa$ nid^t ben ÜJlinnebienft ju« 
näd^ft betrifft. ^Rand^e^, h)a^ tpir bid bal^er aud ben Siebern felbft 
enttoidelt, tpirb baburd^ looQered £id^t getoinnen; aber aud^ neue, be- 
frembUdjie ßtfd^einungen werben l^ert)ortreten, tocld^e felbft toieber'jur 
@r!lärung aufforbern. 

2)a^ 35ud^ beginnt mit bem Sßreife ber grauen, an benen aUe 
2:ugenb unb ba§ $eil ber SBelt Hegt. SSBer fagen lann, too ber ©onne 
Sd^ein enbet, lennt aud^ ba« ©nbe il^re^Sob«. 5Wad^ biefemSobe toitt 
Ulrid^ eine 5!Jlä^re anl^eben, bie nur SBal^rl^eit f^jred^en foH. 2)a er 
nod^ ein Äirtb toar unb auf ©erten ritt, l^örte er bie SQäeifen fagen, 
bafe Sliemanb SBürbigleit unb greube ertoerben möge, bei nid^t o|>ne 
aSanf ''guten SEBeiben 2)ienfte« bereit fei. S)a fd^on gebadet' er, i^nen 
immer ju bienen mit Seib, @ut, ajlutl^ unb äthm, 3« feinem jtoölf^ 
ten 3^^^^ ^^8*' ^^ ^^^ ^^ ©d^önljieit unb 6itte aller grauen im 
Sanbe unb bie bor aüm gelobt tourbe, ber bient' er in ®eban!en bi§ 
in« fünfte ^a^x. 35a rietlj^ fein ^erj il^m , il^r um ©olb ju bienen, ben 
man bon grauen l^olt, fd^iene fie aud^ ju ^od^ geboren, lein SEBeib 
toar bod^ ie fo l^od^ unb reid^, bafe einem ebeln. Slitter, ber i^r mit 
^er) unb Seib bient, n)ie er foQ, nid^t enblid^ gelingen mod^te. 3lun 
gieng er bor fie ftel^en unb, ate er fie anfal^, gebadet' er: „SBo^l mir, 
f oU ba« meine f üfee graue fein ? toie f oU id^ il^r aber f o red^t gejientenb 
bienen, befjer atö fo mand^e« eble Ainb in il^ren 2)ienften? SSieQeid^t 
bient il^r @iner mel^r, bem fein ^erj bod^ nid^t fo )u il^r ftel^t, atö 
bad meinige; aber in meiner Siebe )u il^r toiU id^ ii^nen aQen borgel^n.'' 
SBenn er too be« ©ommer« fd^öne Slumen brad^, fo trug er fie feiner 
grauen l^in; loenn biefe fie in il^re toei|e ^anb nal^m, fo bad^t' er in 

1 3m jioölften Sal^r erlor ftc^ Ulrid^ bie grau, ber er bienen wollte, biefer 
grauen ^ed^t toax er beinal^e M in» fünfte 3a^r (grauenbienfl @. 2), brei 
Sa^re ful^r er afö ^nap)}e tumieren (@. 4); fo lommen gtoangig Sfal^re ^eraud, 
o^ne bie 3^t }u red^nen, bie er bei'bem äl'tarlgrafen ^einrid^ ^ugebrad^t 



212 



feinet greubc: ,,2SBo bu fie angteifeft, f)aV id^ il^nen eben fo getl^an.^ 
SSSenn er j^infam, too mon ibr 2Baf[er über bie h)ei6en $änblein 90^, 
fo nal^m er ba^SÖäaffer, baö fie angerül^rt l^atte, J^eimlid^ mit pcljf unb 
Iranl e^ aug toor Siebe. ©0 bient* er i^r, fo biel ein Äinb toermog, 
biö fein SSater il^n öon i^r na\)m, an loeld^em Sag if^m l^er^Kd^e^ 
a^rauren unb ber SKinne Äraft befannt toarb. ©ein Seib fd^ieb tool^l 
toon bannen, aber fein §erj blieb bort; too er gieng ober ritt, toar e^ 
immer bei xf)x, unb toie fern er t>on if)x toar, fd^^ien il^r lid^ter' ©d^ein 
be§ 3laä)t^ in fein ^erj. 3Ran gab i^n einem §errn, ber l^ol^er 
S^ugenben reid^ loar, bem SWarfgrafen ^einrid^ öon Öfterreidjf (3fter= 
reid^?). 2lud^ biefer fagt' i^m, toer loürbiglid^ leben iDoKe, muffe fid^ 
einer grau gu eigen geben. (Sr leierte ben Jüngling, über bie grauen 
f^)red^en, auf Stoffen reiten unb in Briefen füfee SBorte bid^ten, bor ©dj^mei» 
d^eln unb Sügen aber loarnt* er il^n. „^ätt* id^ 2tlleg mit SBerfen er- 
füllt, toag er mir fagte, fo toär' id^ toertl^er gett>orben, ate id^ bin." 
Snbeffen lag Ulrid^g SSater tobt. ®a muft* er beim, toie fo Söland^er, 
bem feine Sorbern ®ut lafjen. SKit feinet Ferren Urlaub ritt er l^eim, 
gen ßid^tenftein, in ba^ ©teierlanb. $ier fanb er toiel Surnierenö \>on 
Jlned^ten (Rnat)j)en), bie baburd^ bie Slitterfd^aft lernten. ®r unter» 
toanb fid^ beffen aud^ um feiner grau bitten: „toenn id^ il^r toiH gu 
S)ienften fein , f mufe e§ burd^ SRitterf d^af t gef d^elj^en , unter §elme muft 
id^ ^jJreiö erjagen." ©0 ful^r er turnieren in %ec^teS 2Beife, nm e^ 
in erlernen, brei ^a\)x^. darauf loarb er Stitter, gu SBien, bei einer 
^od^gejeit (geftlid^Ieit) , h>ie er feitbem leine fo fd^ön gefeben. ©er 
gürft £eu|)olb auS Öfterreid^ gab feine minniglid^e 2;od^ter einem gür« 
ften toon ©ad^fen gu ©emal^l (1222). 2)er eble gürft gab britt^alb 
l^unbert Knaj)))en ©d^toert; ben ©rafen, greien, 2)ienftmannen, too^l 
laufenb Slittem, gab er ®olb, ©ilber, Slof« unb Äleib. günf taufenb 
Slitter ai^n ba fein 35rot ; ba mar öiel a:an^e§ unb SRitterf J)iel^. Siele 
grauen toaren ba , aud^ Utrid^S greubenf c^ein , bod^ ^pxa6) er fein SEBort 
mit i^r, toorüber er lange traurig h)ar; er liefe e^, um ber 5lRerIer 
böfeg ©})ä^en ju i^ermeiben. Site fte i^n unter ©d;ilbe f al^ , fjjrad^ bie 
©Ute gegen einen feiner greunbe: „gd^ bin h>al;rli(^ frol^, bafe $err 
Ulrid^ l^ie ift SRitter loorben, id^ loeife noc^, toie x6) ben öon Sid^tenftein 
üon mir gab, bamafö toar er nodi^ ^i^^ Hein.'' SIU ber greunb Ulrichen 
fagte, bafe i^r feine SBitterfd^aft lieb fei, fieut* er fid(| t)on ^erjen unb 



213 



öebad^t* in t^örid^tem SBal^ne: ,,2Bie? toenn fte tnid^ ju il^rcm SRitter 
l^aben toitt?" S^ölfmal turnierte Ulrid^ nod^ in bicfem ©ommet, fein 
furnier hjollt* er öerfäumen, um il^rettüillen, unb bafe eö if)m nid^t 
mißlang, muft' er i^r banfen. 9llg ber falte SBinter fam, nxuft* er 
tjom S^oftieren (©})eerebred^en) abfielen, barum toar er traurig, ©eine 
Urau h)ar fo behütet, bafe er jte niemals feigen, aud^ feinen S3oten 
l^aben fonnte, ber il^r red^t fagte, tt)ie fo l^erjelieb fie il^m fei. 3)a 
ritt er auf eine Surg, Ujo bie ^auSfrau feine 9liftel toar unb jugleid^ 
feiner ©ebieterin vertraut, ^n gel^eimem ®efj)räd^e fagt i^m bie 9liftel, 
h)ie ilf^re grau ju erfal^ren toünfd^e, toer biejenige fei, ber Ulrich fo 
tool^l fjjred^e unb fo ritterlid^ biene? Ulrid^ entbedft i^r, nad^bem fte 
ju fd^toeigen befd^h>oren, bafe eö biefelbe fei, bie fie fragen l^ie^. (Sr 
bringt in bie SRiftel, toenn fte il^n öom S^obe retten tooUe, feinen 
3)ienft unb feine Siebe ber grau funb ju tl^un; aud^ bittet er fte, ein 
neue^ SKinnelieb, ba§ er gefungen, xf^x ju Dl^ren ju bringen unb i^m 
bann toieber ju fagen, toie eö i^r gefallen. 3)ie Jliftel meint jtoar, 
Scne fei il^m ju l^od^ geboren unb toerbe jürnen , bod^ berf^)rid^t fte, 
bie Sotfd^aft au^^urid^ten. 3)a« SDlinnelieb befagt: „^ä) biene bir 
immer o^ne S93anf, nun ft)rid^, bafe e« bein SQBiHe fei!" günf SBod^en 
reitet Ulrid^ uml^er unb fielet grauen, bann erfäl^rt er burd^ bie Siiftel 
ben Sefd^eib ber ©eliebten: ba« Sieb fei gut, aber fie tooHe fid^ beffen 
nid^t annel^men; loerbe Ulrid^ ein biebrer 9Jlann, ba§ gönne fte il^m 
mit Siedet, ba er fonft i^r Sned^t getoefen, aber fold^e 3lebe foH er 
laffen, feinen S)ienft toerbe fie nie annel^men, eS toöre il^m ju öiel. 
3toar l^at bie Jliftel eingetoenbet , e3 gefd^e^e oft, bafe -ein junger 
3Rann fo l^od^ begel^re, toenn eg il^m aud^ nimmer gelinge, fie toerben 
nur um l^ol^en 9Rut^. 2)od^ Qiene ertoibert, fein SKann l^abe nodb 
fo l^ol^e« Sob getragen, ber nid&t nod^ baburd^ getl^euert toürbe, loenn 
fte feinen 3)ienft annäl^me, toa^ bod^ nie gefd^el^en toütbe, barum foU 
er eg ftd^ aud^ berfagen; toär* er aber aud^ in aller SiBürbigfeit ganj; 
boUfommeh, h)ie fte t)on il^m nod^ nid^t gel^ört, fo müfte einem SSBeibe 
bod^ immer fein übel ftel^enber 9Kunb leib fein. Sll^balb entfd^liefet ftd^ 
Ulrid^, üon ben Sefjen, beren er brei l^at, eine abfd^neiben ^u laffen, 
fein 3Dlunb mu^ il^r beffer gefallen ober nod^ taufenbfalt fd^limmer. 
3)ie 9liftel rätl^ il^m, pd^ nid^t fo ju öerberben unb ju leben, h)ie il^n 
©Ott gefd^affen. SSergeblid^, er reitet nad^ ®täft in .Steierlanb unb 



äi4 



t^ut bem bcften SKeifter feinen SQSÜIen lunb. S)er fJJrid^t; \>t>x beut 
IKaien fd^neib' er nid^t. Site nun ber füfee ©ommer lömmt unb bie 
^bgletn fingen, rettet Ultid^ ivieber gen ®r&^; untertDeg^ Begegnet i^m 
ein Äned^t feiner fjrau, ben er ate S^^ß^^ mitnimmt. S)er SWeifter 
ipiH il^n binben, benn rül^rt ftc^ Ulrid^ um ein ^aat, fo nimmt er 
©d^aben. 23oci^ ber Slitter, obfd^on tl^m bang ift, fe^t fid^ frei auf 
eine Sani, ber SWeifter nimmt ein 3Jleffer unb fd^neibct i^m ben 9Jlunb 
ob ben 3&^«^w burd^; er l^at meifterlid^ gefd^nitten unb Ulrid^ metfter« 
lid^ auggel^alten. 3)urd^ ben rüdflel^renben 2)iener * lä^t er ber grau 
fagen: „SBenn fie fagte, meine redete $anb gefiel' i^r nid^t, fo fd^Iüg* 
xä) fie ab." ©ed^gtl^alb SEBod^en liegt er barnicber, i^m ift tool^l unb 
toel^; toel^, benn fein Seib ift tounb, tool^l, benn fein $erj ift frol^. 
3Son junger unb 3)urfi leibet er grofe Ungemadj^. 3)od^ bid^tet er ein 
3Jlinnelieb, barin er ben 2^ag lobt, beffen ©d^ein bem 3'^ren gleid^t; 
gerne möd^t* er einft aud^ bie 9lad^t loben. 9lad^ ber ©enefung fenbet 
er ^f}X ba3 Sieb burd^ bie Sliftel. 3)ie tjtau fd^reibt ber 9liftel jurüdf, 
fte hjerbe näd^ften 5!Jlontag auf ber Steife in bem ?IJlarIt über 5Rad^t 
fein, ber bei ber SBol^nung ber SJliftel liege, ba^in foH biefe ju i^r 
fommen. „2BiIl aud^ bein SJleffe bal^in fommen, ben fel^* id^ gerne, um 
feinen 5!Jlunb , lüie i^m ber ftel^', unb um 2lnbre3 nid^t. " Slfe il^m ber 
Srief gelefen toorben, ben bie Sliftel il^m gefenbet, l^ebt Ulrid^ ftd^ auf 
bie ga^rt, aber bie %xavL ift fo beljiütet, ba^ er fte ben Slbenb nid^t 
fielet. ®r fd^Iäft bie SRad^t nic^t bor Äummer, frül^morgeng aber fte^t 
er fte in ber SWeffe. gurd^tfam nal^t er il^r, bie i^n mit einer Slei« 
gung emj)fängt, mit SBorten aber il^m leinen (Sru^ fagt. 3)ie 3Reffe 
ift il^m gar j^u furj; toaS man fingt ober lieft, baDon toernimmt er 
nid^tg, er fielet nur immer ba« reine füfee SBeib an. Slfö bie grau 
toon bannen reitet, fagt il^m bie SRiftel, S^ne l^abe il^m erlaubt, ^eut 
auf bem SBege ju xS)x ju reiten unb mit il^r ju reben, toa« er tooHe, 
]ebod^ nid^t ju biel. @r reitet gleid^ nad^, iro er fte unbel^ütet ^or ftc^ 
reiten fielet. Site pe i^n bei ftc^ getoal^r toirb, lelj^rt fie ftd^i toon il^m 
um, ba toerftummt il^m bie Svin^e unb fein §auj)t ftnft nieber. ©in 
anbrer Stitter jagt ju i^r unb furd^tfam bleibt Ulrid^ l^inter il^nen. 
©ein J^erj [traft il^n ber 3^9^^^*/ ^^ ermannt fxö) unb reitet lieber 

1 (gr öerrÄt^ bem 3)tencr nici^t, bag beffen ©c&tetenu feine ©eliebtc fei. 



215 



ju tl^r; bie ©ü^e ftel^t t^n an unb öon il^rcm 3lnfel^n erfd^ricft er fo, 
bafe er toieber jd^toeigen tnufe, bie Äraft ber 5!Kinne binbet il^m beii 
3Kunb. ®a§ ^erj ermuntert xf)n, ^r reitet hjieber ju il^r, aber er fül^It, 
bafe er bleid^ toor gurd^t ift. 35a§ §erj fjjringt il^m in ber Sruft, eg 
fagt: „5Run fj)rid^! nun frrid^! nun fj)rid^, ba bid^ 9iiemanb l^inbertl'' 
SBol^I gel^nmal tl^ut er ben SWunb auf, gu il^r ju f|)red^en, aber bie 
^ungc liegt nieber, ©o fd^eibet er t)on il^r, toie erft, ol^ne ein SBort 
ju fageu; ba§ gefd^iel^t i^m biefeg 3^ageg hjol^l fünfmal. 2)ie 2:agreife 
nimmt ein 6nbe, man l^eifet bie ^Jrauen toon ben 5ßf erben lieben, Ulrid^ 
nimmt ba§ ^ebeifen unb l^ebt mand^e Kare grau ab. ®ie galfd^e^freie 
pit nod^ immer auf il^rem 5Pferbe unb öiel SRitter unb Änaj)J)en [teilen 
um fie, mit benen fie il^ren ©d^er^ l^at. S)a er mit bem ^ebeifen ju 
il^r lommt, ft>rid^t fie: „^f)x feib nid^t ftarf genug, ba^ il^r mid^ ab- 
lieben möget." ®e« ©d^erjeS ttjirb gelad^t unb fte tritt auf bag §eb« 
eifen; afö fte aug bem ©attel fteigt, ergreift fte il^n beim $aar, unb 
ol^ne ba^ e« S^manb fielet, brid^t il^m bie Oute l^eimlid^ eineSodfe aug: 
„2)ag l^abt bafür, bafe S^r öerjagt feib! SKan l^at mir üon ®\iä) nid^t 
toal^r gefJ)rod^en." ©o gel^t fie ju il^ren grauen unb läjt il^n in tiefen 
©ebanlen gurüdf. 3n feiner Verberge angelommen, bittet er ©ott, il^m 
ba« Seben gu nel^men. ®r fül^It fid^ frani unb jammert laut, toie hjar 
e« möglid^, ba^ er gu il^r fein eingig SBort fj^rec^en fonnte? ®r toer= 
toünfc^t feine S^nge unb feinen 3Dlunb, nimmer toirb er hjieber frol^ 
Serben, toeit er fo burd^ eigene Sogl^eit feine grau toerloren. ©o bringt 
er bie 9lad^t in Älage l^in, balb fi^t er, balb liegt er, je^t ftel^t er, je^t 
gel^t er, nun toinbet er fid^ bort, nun l^ie, oft ringt er feine ^änbe. (Siner 
feiner SBerlüanbten lömmt am 3Jlorgen unb fragt i^n, ttya^ xl)m fel^le. 
„5Kir tl^ut baS «gerg fo toel^, afe ob eS mir bred^en lüoHe." Igener 
gel^t nad^ einem 3lrgt in bie ©tabt, Ulrid^ aber lägt fid^ ein 5ßferb 
öorfül^ren unb rennt red^t ate ein rafenber SKann nad^ ber ©teile, lüo 
er geftern bie ®ute gelaffen. Sil« er fid& bem Drte nal^ert, fte^t er, 
tt)ie fie i^m öon bort in grauentoeife in einem SWantel entgegen reitet; 
afö fie il^n fielet, neigt fie il^m unb nun fd^loeigt er aud^ nid^t länger. 
6r fagt il^r, tok er i^r feit ben frül^eften Salären gebient, laffe fie il^n 
barum il^ren Slitter fein, um fie lüiH er fein Seben toagen in ritterlid^er 
Slrbcit unb il^r big gu feinem 3:obe bienen. „©d^loeigetl benn Ql^r 
feib einÄinb," anttoortet fie, „unbfo l^ol^er®inge unijerftänbig, reitet 



216 



gleid^ fort iion mir, fo Ue6 cud^ meine ^ulb iftl" (Sr fleflel^t, ba^ er nod^ 
2U unIlug, um gan} avi^u^pxed)m , toa^ fein @inn meine, fonft fei er 
toeif e genug , um in il^rem 3)ienfte ben 5ßreig eine^ Slitterg ju gewinnen. 
„Safet euergflüftem!" fä^rt fte fort, „benn 3^r toifet hjo^l, bafe man 
mein lautet; f)at 3^manb @ure9iebe gel^ött, fo mag ed ®n6) ^n @d§a» 
ben lommen; la^t mid^! toal^rlid^, 3^^ f^i^ ^i^ üerbriefelid^er SMann." 
Snbem fielet fie fid^ um unb fj)rici^t ju einem Slitter: „Gleitet bod^ l^er 
ju mir! benn e« jiemt fxi) nid^t, bafe nur ein einziger SRitter neben 
mir reite, feilet, ba§ bag nid^t loieber gefd^el^e!" Ulrid^ ftimmt mit ein. 
Sa lommen il^rer fed^^ l^erju, bie nad^ ätitterfitten mit il^r reiten. @r 
nimmt Urlaub unb ift öon ^erjen frol^, ba^ er feiner grau nun bod^ 
einen %f)nl feiner ©ebanlen gefagt. 6r fäl^rt nun h)ieber ate ein guter 
grauenritter um^er, bod^ fagt er toenig toon feinen %\^aUn, bamit 
Sliemanb f>)red^e, er tooffe pd^ fclber rül^men. ^m SEBinter bid^tet er 
lüieber Sieb unb 33otfd^aft unb fd^idt e« ber 9iiftel, bie eö ber ©eliebten 
fenbet. 2)ie ®ute lennt ben Soten unb l^eifet il^n loiHIommen. 6r 
giebt bor, bafe er il^r ein SSüd^lein bringe, bag pe ju 9lad^t lefen foH, 
benn barin ftel^' ein guteg ®ebet. ©ie nimmt baS 33üdiilein unb toäl^nt, 
bafe ein ®ebet barin ftel^e, fie fd^aut eS an l^ie unb bort unb finbet 
nur füfee Siebe barin gefd^rieben. 9)iefe fd^riftlid^e Sotfd^aft, in lurjen 
Sleimjeilen, looöon je jtoei, unb am ©d^Iufe eine« Slbfd^nittS brei, 
unmittelbar auf einanber reimen (Dgl. Sla^nouarb S. V, ©. 226), be^ 
ginnt mit einem jierlid^en ®ef})räd^e jloifd^en bem 35id^ter unb bem 
Süd^Iein felbft, aU feinem Soten. Qener emjjfiel^lt biefem, ftd^ ju 
betragen, loie eg ju §ofe jiemt, unb bie järtUd^e Sotfdj^aft tool^I ^u 
ioerben. 35ag SBüd^lein fürd^tet, öor grau SDlelbe, bie ju $ofe \pä\)en\> 
gel^t, afö unl^ofebar ju@})otte ju Serben, e^toagtnid^t, fo redj^t reine 
SQ3eibe«]^anb anjurül^ren, ja eö l^at Slngft, öon [ber jürnenben grau 
ba^ Seben ju verlieren, auf einem SRofte öerbrannt ober mel^r ate ge» 
üiertl^eilt ju toerben. Seifet fie eg aber aud^ ju Siebe lommen, bon 
bemfelben 3^age loirb e« in einen finftern Äerler, l^eife' er Sabe ober 
©darein, toerfd^loffen. 2)er S)id^ter fj)rid^t bem Süd^Iein 5£roft ein, toer 
foHt' aud^ feinen lieben S3oten gerne in ben 2^ob fenben? (Sr beneibet 
bag Süc^lein, ba§ i^re h)eifeen $änbe umloenben toerben, bem pc il^re 
l^eimlic^ f))ielenben Slidfe unb ben rotl^en SKunb jufel^^ren toirb. 3^^ 
begiebt fxd) bag S3üd^lein auf bie gal^rt unb bittet für feinen $erm 



217 



um bie ©nabe berSd^önen: ,,3Bad fd^abet ber blutnenrdc^m 0eibe an 
il^rer älugeniveibe unb an il^rem Ud^ten ©(anje, ivenn man ju einem 
Äranje ein S^J^eili^rer S3tumcn brid^t? Stud^ toal^n' id^, SRiemanb SSäeifer 
ft)rid^t, bafe eg ©d^abe möge fein, h)enn einem geuer ein geuerlein nur 
um Sendeten )t)itb genommen; e$ fd^abet nimmer unb mag frommen. 
Ütun erzeiget i^m, reine ^raue gut, n)ie aud^ bie Sonne bem 3Ronbe 
tl^ut! ben entjünbet fte, n^ie ein Sid^t, unb fd^abet bod^ i^rem ©d^eine 
nid^t." äud^ ein S3rief lüirb übergeben, barin ein SRinnelieb: „Sliebre 
SWinne, an greuben tobt ift ber, bem fie angepeget; giebt bie l^ol^e 
fel^nenbe SRotl^, bod^ tool^l il^m, ber berfelben t>fliget! ©ie giebt ©orge, 
bodjf ift bie ©orge feliglid^." 3)er S3ote bleibt jlüeen 2^age, bann be« 
fd^eibet fie il^n: „9timm l^in baiS S3üd(;Iein unb bring e$ beiner grauen 
toieber! id^ l^ab' e^ oft gelefen; n)ol^l ftel^t ein gut ©ebet barin, 
aber id^ toxU bod^ nid^t behalten/' %l^ nun bie 9liftel ba^ S3üd^Icin 
lüieber auftl^ut, finbet fie mel^r barin gefd^rieben, afö erft barin ftanb. 
©ie fenbet ed fogleid^ an Ulrid^, ber barüber l^od^erfreut fft unb ftd^ 
günftigen Qni^alt toerfjjrid^t. SRur ift fein ©d^reiber nidjit bei il^m, ber 
il^m ](ieimlid^e 93riefe lieft unb aud^ bie feinigen fd^reibt; barum bleibt 
ba8 ©üdSilein jel^n Sage ungelefen, aber e« lömmt biefe ganje ^ext 
nid^t aud feinem 93ufen unb nad^t^, ivenn er fc^läft, liegt ed nal^e bei 
il^m. ©nblid^ lömmt ber ©d^reiber, er lüirb in ein l^eimlid^e^ ^iw^wier 
genommen, um ba^ l^in^u ©efd^riebene )u lefen. @^ ftel^t aber biefed 
gefd^rieben, unb jhjar breimal: „SBer lüünfd^et, \t>ai er nid^t foH, ber 
l^at ftd^ felbft t)erfaget mol^l/' Xa ivirb bem Siitter tod) unb nid^t 
tool^l, bod^ mug il^m älUed gut bünlen, toad xf^ttt bie ©ü^e tl^ut, für 
älSed mu| er il^r banlen. ^m folgenben Staimonb finbet eine t^rften^ 
f)}rad^e .ju t^reifad^ ftatt. £eu))olb \>on £)fterreid^ n^ill bort ben ^axh 
grafen öon Sfterreid^ mit bem gürften bon Äärntl^en berföl^nen. Siele 
t^ürften unb Ferren !ommen bort jufammen. Ulrid^ unb fein Sruber 
Dietmar benü|en biefen älnla^, i^re Slitterfd^aft im 2)ienfte ber grauen 
)u jeigen. ©ie lagern ftd^ im ^elbe unb laben ^cUn }um ©))eereds 
brechen. 3)iefe8 9litterfJ)iel finbet fold^en Seif all, ba| man jel^n Xaqe 
barüber nid^t jum ©efd^äfte lommt. Um ein 6nbe ju mad^en, »er* 
anftalten bie dürften ein groged Surnei, an bem fie felbft X^eil 
nel^men. 9(udfü^rlid^ befd^reibt Ulrid^ biefe^ äCHed, bon feinen Xl^aten 
fagt er befc^eiben nur fo t)iel, ba| er nid^t ber S9efte unb aud^ nid^t 



218 



ber Softe gctoefen. ©od^ melbet bie SRtftel feiner fjrauen, ba^ er ju 
greifad^ ba« Sefte getl^an unb um ü^rettoiDen me^r benn l^unbert 
©j)eere berftod^en; aud^ fenbet fte ein 3JlinneIieb mit, baran mand^er 
Slitter, ber e« gu ^reifad^ vernommen, bie SBeife neu, bie SBäorte füfe 
unb toal^r gefunben l^at: fein l^ol^er 3Rutl^ blü^t mit ©ebanfen gegen 
i^rer ®üte, hjie bie Slumen ber ^eibe gegen be^ 9Kaien ©d^ein; Sie 
mad^t ilj^n reid^, toie ber 2^raum ben Slrmen, mög* er nid^t enttäufd^t 
ertoad^en! S)iegmal fd^reibt bie grau ber 9liftel jurüdf: bafe biefe fo 
fel^r il^ren Steffen lobe, ba« möge Don toegen ber Bippe fein, bie ^em« 
ben loben il^n nid^t Ulrid^ er^It biefen Srief gu Äibenj, h)o er auf 
bem Surnei ift ®r fc^ämt fid^ ber Sotfd^aft unb benft: „©ie mufe 
mir toegen Siitterfd^aft nod^ l^ol^e^ Sob f})red^en, ober Seib, ®ut, ©innc 
unb Seben lüirb t)erIoren/' S)a fä^rt er toeit in bie Sanbe, too Se« 
manb nur SRittert^at übt ju ©d^im})f ober ju 6rnft, er öerjel^rt fein 
®ut unb toagt toillig feinen Seib. 2lfe ber SBinter gefommen, reitet 
er lüieber ^n ber 9iif tel unb Ilagt il^r fein 2eib. Slber biefe f J)rid^t , fie 
lönne i^ren Soten nid^t mel^r l^infenben, benn bie grau fürd^te, ba^ 
man eö merle unb barum l^abe fie eö unterfagt; fie fei il^m nid^t ge^^ 
l^a^, aber ber S5ote reite ju oft ju il^r, aud^ tool^ne fie ju ferne unb 
fei fo fe^r bel^ütet, barum foH er einen anbern S9oten fudben. 2)er 
trauernbe Slitter bid^tet ein Sieb, barin er um ben ©ommer Ilagt, 
toäl^renb beffen man ben grauen beffer bienen fönne; toa^ foH il^m be« 
SBinter« ^cxt unb feine lange SRad^t? i^m ift bod^ nid^t« Siebe« be« 
fd^ert. ®r reitet mm ben SBSinter uml^er, um grauen ju feigen unb 
einen SBoten ju finben ju ber $olben, ber fein §erj getreu ift. SStr« 
geblid^, fd^on lömmt h)ieber ber ©ommer l^eran unb fü^rt i^n auf 
Slitterfd^aft nad^ Äärntl^en unb Ärain, bann gen Qfterreid^ nad^ S^rieft 
unb toon ba gum 2^urnei nad^ SBrijen. §ier lüirb i^m ein ginger au«* 
geftod^en, fo ba^ er nur nod^i an ber ^anb ^ängi SHIeSlitter bellagen 
feinen ©c^aben, er felbft jeigt fid^ beffen frol^, toeil e« i^m um ein 
S33eib gefd^el^en, bie feinen S)ienft baran erlennen mufe. 3)er ginger 
toirb erft fd^Ied^t berbunben unb am fed^gten 2^agc finbet man bie 
SBunbe ganj fd^toarj; ba reitet Ulrid^ ju einem beffern 5Keifter gen 
SSo^en, untertoeg« fingt er ein Sieb öon feiner grauen, ©ieben Sage 
liegt er nun ^u 33o$en, lüo i^m bie SKunbe neu berbunben toorben. 
9)a fd^irft* i^m eine grau il^ren Soten, ber il^m fagt, ba| fte fein Seib 



219 



beflage, jte l^abc gcl^ött, er fei ber grauen ©ienftmann, barum muffe 
jebe« toert^e SBeib um feinen Äummer ©orge l^aben. 3w0leid^ fenbet 
fie i^m toier Süd^lein, ba fott er fid^ bieSQBeile mit lürjen, e^ fei gute 
SRttterfttte, gerne lefen unb ®efang ju J^ijren, toaS fd^on jut)or biebre 
SKänner um toertl^e grauen 'getl^an l^aben. SKm anbern 2^ag, afe 
Utrici^ eben ?!Rittaggrul^e l^alten toiü , f ömmt ber Sote lieber , um il^m 
eine ©ingmeife gu bringen, bie im beutfd^en Sanbe nod^ unbefannt fei 
unb bie ber Slitter beutfd^ ju fingeij gebeten tt)irb. ®r lernt fie fogleid^ 
unb fingt barin bie SOBürbigfeit ber grauen unb feine Siebe: „Äalter 
©d^nee müfte üon ber $i$e brennen, bie mir an bem ^er^en liegt." 
3ll§ man bag Sieb aufgefd^rieben, nimmt e« ber 33ote mit. 3^^ Sol^ne 
bringt er bem 3)id^ter ein tounberfd^öne« ^ünblein. 3lvin lömmt i^m 
SRad^rid^t, bafe am jtoölften 2^ag ein a^urnei ^u greifad^ fein toerbe. 
2)er ÜJleifter geftattet il^m, bal^in ju reiten, um eg anjufel^en, unb er 
felbft begleitet il^n. 3" greif ad^ angefommen, toirb Ulrid^ neibifd^, bafe 
er nid^t aud^ für feine grau Slittert^aten ijerrid^ten fönne. ®r finnt 
barauf, ben 2iurnei ju l^inbern. 3"^^^^ ^^ i>orgiebt, öon einer grau 
gefenbet ju fein, bie bag ^ünblein unb anbre Äleinobe aU 5Preig aug« 
fe^e, toeife er unter bie SRitter fold^e ßiferfud^t gu bringen, bafe fie fid^ 
nid^t mel^r über bie fd^on Derabrebete ©inrid^tung be^ Surnei« Der« 
einigen lönnen, unb fo jergcl^t ber2^urnei, gu ipeld^em hjoi^l brittl^alb» 
l^unbert Slitter loerfammelt hjaren. Ulrid^ fd^eibet bon bannen in ba« 
reine fü^e Sanb, hjorin feine graue tool^nt. ©ein ginger fd^mer^t il^n, 
am meiften aber Ilagt er, ba^ er nod^ immer feinen Soten ^u Üjx 
finben lann. ©nblid) reitet ju tl^m ein treuer Kned^t, ber il^m einft 
ioon ber 3liftel S3otfd^aft gebrad^t. S)iefer beilagt Ulrid}« ginger , a\i^ 
geftel^t er, gu njiffen, toer feine ©eliebte fei unb bafe fte il^n nid^t l^affe. 
Site ber Äna})J)e fie nennt, gefd[|iel^t ^emm ein 3Rinnetounber : fein ^au^t 
ftnit nieber, fein ^er^ feuf^t, fein SKunb fd^toeigt; aUeg auö ©d^reden, 
ba6 S^wiÄub il^ren Flamen toiffe; ift e« burd^ feine ©d^ulb gefc^el^en, 
fo muß er fid^ be« immer fd^ämen unb fie foU il|>m bann fünftig immer 
frembe fein. 3)er Äi!a})j)e berul^igt il^n unb übernimmt bie SBotfd^aft: 
SSerfid^erung unh)anbelbarer Streue, SRad^rid^t, ba^ Ulrid^ um fie einen 
ginger Verloren, ber i^r ju 35ienfte geboren toar, Sitte um tröftenbe 
ainttüort ; aud^ ein neue« Sieb ioirb mitgefd^idtt. S)ie grau erhjibert 
bem Soten, ber auf eine l^eimlid^e 3wfammenlunft beutet: fie tooUe 



220 



alt iüerben, ol^nc ba^ il^r je befannt tocrbe, toa« fie l^eimlid^e 5DKnne 
nennen, e^ toetbe nie gcfd^el^en, bafe fie feinen 3)ienft annel^me unb 
xi)tc Sl^te Itonfe. 3)er Änajjjje fe^t feine gürbitte fort unb fingt ba« 
Sieb, barin gefagt ift, bafe fie, fo toenig fie« emjjfinbe, mitten in 
Ulrid^« ^erjen in $aft unb Sanben liege; fie möge -nun mit il^m 
bingen, bod^ nid^t um ©ilber ober ®olb, einjig um ben 6oIb ber 
3Dlinne. a)ie ©d^öne finbet ba« Sieb minniglic^, aber ber SKtter foH 
fte alle« Oeioerbe« frei laffen , f onft loirb fie il^m« fügen , bafe er immer 
©d^aben baöon l^at; er ift ein tl^örid^ter 3Jiann, bafe er i^r auf folc^en 
SBunfc^ bient, ber einem Könige tool^l ju biel ioäre; nie ioarb ein 
9Jlann fo l^od^ geboren, öon bem foId^eSRebe fie nid^t erzürnte, unb jte 
^erlounbert fid^, )oie tllrid^ ben 3RUÜ) ba^u geloann. 9llS tUrid^ biefe 
Slnttoort erfäl^rt, tjerjagt er barum bod^ nid^t: „3fl fie mir l^eute ge- 
l^a^, fo toill id^ befjer bienen, bafe fie mir loerbe l^olb; foHte mic^ 
benn ein SBörtlein loerjagen bon meiner l^ol^en Hoffnung?" 3)a nun 
ber ©ommer l^in ift, fo h)itt er nad^ 3lom fal^ren. 2)er knappe , ber 
il^n begleiten loill, finbet e§ iool^lgetl^an, bafe man aud^ bem ettoa« 
biene, bon bem man 2lIIe« l^at, ®ut, ©eele, Seib, SBeib, Äinb unb 
liebe g^^eunbe. ©ed^ggig Sage finb fie ju 9lom, nad^ Dftern fd&eiben 
fie öon bannen unb Ulridii fingt auf bem ^eimloeg, im ©lanje be« 
3Maien, ein neue« Sieb Don feiner grauen: ..,3)er 5Kaie tröftet aü, ba« 
lebt, nur nid^t mic^ minneped^en SWann, ba« ^erge mein ift minne^ 
tt)unb, be§ mu^ id^ fonber ^reube fein; toenn fid^ mein Seib ju fjreu« 
ben l^ebt, ba« igerge fielet mid^ loeinenb an unb f})ric^t, e« fei biel un^ 
gefunb; fo laff* id^ bann bie greube mein. Sie fj)red^en, id^ foHt* auf 
®otte« SBege beinSob nid^t fingen, graue mein! 9)a e« il^nen an mir 
miöbel^agt, fo \r>xü id^ fj)red^en mein ®ebet: 3)ein' ®^re l^abe ®ott in 
Pflege ! f o mu| bein Seib emj)f ol^len fein SKarien , ber öiel beirren 3Dlagb, 
bie nie an S^tnanb miffetl^ät." 3n ©teierlanb ift bamate biel 2^ur* 
nieren«, ba binbet Ulrid^ um feine liebe grau ben $elm oft ju $auj)t. 
©0 ift ber ©ommer mit greuben l^ingegangen unb nun loirb ber Sote 
hjieber abgefenbet mit SBerbung unb Sieb. Se^tete« ift ein ®t'fj)rod^ 
be« 2)id^ter« mit ber üRinne, loorin biefe il^n mel^r l^offen lä|t, al« 
big je^t bie ©d^öne jugeftel^t. ^enn nid^t beffer gemutl^ ift fie, al§ 
ba« le|te 3Kal. ©ie toiH bem Slitter immer gram bleiben unb befon* 
ber« nod^ jürnt fie barüber, ba^ man i^r gelogen, er l^ab' einen ginger 



221 



in tl^rem ®ienfte t)erIorcn, ben er bod^ nod^ l^abe. „S^^au, er l^at ben 
ginöet \t>o\)l, aber er ift tl^m ganj erlrummt; fo ba^ er if}n toentg 
braud^en fann, bod^ l^ebt er hjol^l nod^ in eurem ®ienft mand^eS grofee 
®})eer bamit." „3^ ßönn' il^m tool^l feinen ^fii^ger, nur foH er mir 
nid^t toorlügen, unb toeil bu bag getl^an, toiH id^ mit bir nid^t mel^r 
iMsben.'' 5Der »ote melbet biefeg SWe« jurütf, ba benft Ulric^: „SBitt 
mir meine grau um meinen ginger gel^afe fein , bann f ann tool^I Statin 
tperben, ba er mir bod^ ^itoa^ gelrümmt ift; id^ fd^Iag* il^n ah unb 
fenb' i^n ii^r, fo mu^ fie e§ bod^ tool^l glauben, ba^ er toerloren fei, 
n>enn fxe il^n felbft fielj^t." @r gel^t nun gu einem biebern 3Kanne, 
Ulrid^ öon ^afenborf , ber il^m ftetö ju ©ienften bereit toar; ben bittet 
er um feiner Xreue toiHen, ba^ er il^m ben ginger abfd^Iage. gener 
toeigert fid^ ber SWiffetl^at, ber S)id^ter aber beftel^t auf ber Seiftung 
beg greunbe^bienft« , big ber 3lnbre einwilligt* Ulrid^ nimmt fein 
^Keffer, fe|t e« auf feinen ginger unb \pxx(^i: „3li\n fd^Iag ju, biebrer 
3Rann\" Sener fd^lägt unb ber ginger fi)ringt ab; bie SQSunbe blutet 
Iräftig. 9lun beginnt Ulrid^ ein Sud^Iein ju bid^ten, toeld^e« in gra8= 
grünen ©ammt gebunben Wirb; barüber lä^t er Don einem ©olbfd^mieb 
jh)ei golbne SBrettlein toirlen, ftatt ber ©J)erre finb gh)ei Heine $änbe 
gar löblid^ gemad^t unb barein toirb ber ginger gefügt K SWit biefem 
©efd^enfe reitet ber SBote ju ber ©d^önen. S)a fie ben ginger erfiel^t, 
fj)rid^t fie: „D toel^! bie 2:]^orl^eit l^ätt' id^ il^m nid^t jugetraut, bafe je 
ein i)erftänbiger 3Rann fo toag tl^un toürbe." ©ie lieft baS Süd^lein, 
toeld^eS ftd^ bem frül^em, t)on il^r gurütfgefenbeten, anfd^liefet ®er 
2)id5>ter lüirft fcarin ber SKinne bor, bafe fte jenen Keinen Solen, ben 
er bod^ il^rem ©eleit emjjfol^len, jum ©})otte toerben liefe. $ätte ber* 
felbe nid^t lurg jui)or bie ^anb ber ©d^önen berül^rt, er l^&tte feine 
untrdftlid^e SKä^re mit bem geuer gebüfet ober Ware jerfül^rt hjorben, 
loie bie loeKen Slätter öom SQäinbe. Qe^t bittet ber 2)id^ter bie SKinne, 
bem neuen S3oten l^ülfreid^er ju fein, bem ginger auiS feiner redeten 
§anb, ber big an jein @nbe ber Sieben treulid^ gebient unb ben er 
ate 5ßfanb feiner untoanbelbaren Streue l^infenbe. (9lod^ fagt er, bafe 
fein $erj nad^ il^ren §ulben toeine, ioie ein öerioaifteg' Äinb nad^ 

1 2)er 2:rubabur SBill^elm üon ©alaun läßt fiä), naä) bem SJerlangcn ber 
beicibigtcn ©eltebten, ben SRagcl beS ticinen ginger§ abnel^mcn unb übcrrcid^t 
i^r il^n fnieenb, aud^ fingt er i^r cinilieb barüber. Sfla^nouarb ©. V, @. 183. 



222 



3:rofteO „URit t^ut bag ©terbcn bc« ginget^ tocl^," fj)rid^t bie %xau 
ju betn Än<H3j)en; „boc^ nid^t an^ Siebe ju betnetn ^etrn, fonbern nur 
toeil er fj)rid^t, er ^ab* il^n burd; meine ©d^ulb t>erIorett. ©ag' \f)m, 
er tnöd^te ben grauen nur nod^ bef{er bienen, ate ba er ben ginger 
nod^ i)aite, ben toiQ id[^ l^ier in meiner Sabe beJ^^alten, ba^ id^ il^n aEe 
2^age fel^e, bod^ nidj^t atö toenn il^m fein Sienft gegen mir aud^ nur 
um ein §aar Ij^elfen foBte; benn toenn er mir taufenb ^a^x biente, fo 
toäre fein 2)ienft bod^ toerloren. " 9Kit bief er Siebe lömmt ber Sotc ju 
Ulrid^, ber barüber üon ^erjen frol^ tft, benn toenn bie ®ute ben 
ginger fielet, fo mu^ fie bodfi an H)n gebenlen. ®r befd^lie^t je^t ju 
il^rem 3)ienft eine ntix^ grojje 9litterfal|^rt, unb jtoar ate Königin Senug, 
gu unternel^men, 3^ ^i^f^^ gal^tt l^olt er ben Urlaub feiner grau ein, 
bie il^m fagen la|t, toenn e^ il^m aud^ nid^t gegen fie fromme, fo fei 
eS il^m bod; löblid^. Um unerlannt gu bleiben, nimmt Ulrid^ öon 
einem 5ßriefter ©tab unb S^afd^e, ate tooüt* er nad^ 3lom J)ilgern. 
©tatt beffen begiebt er fid^ nad^ SSenebig, too er ben SDäinter über bie 
gal^rt vorbereitet ©in SSrief ergel(|t in bie Sanbe, toorin bie Königin 
SSenu^, Oöttin über bie ÜRinne, aUen SRittern gu Samjjarten, grioul, 
Äämtl^en, ©teier, Öfterreic^ unb Säöbeim funb tl^ut, ba| fie il^nen gu 
Siebe fal^ren unb fie leieren tooHe, toie fie toertl^er grauen 9Kinne öer^ 
bienen foUen. S)eg näd^ften S^ageg nad^ ©t. ©eorgen toerbe fte ju 
3Jteifter^ (3)teftre) fid^ au^ bem 3Reere lieben unb t)on ba bi$ l^in gu 
Söl^eim fal^ren. SBäeld^er Glittet gegen fie fomme unb einen ©J)eer 
toiber fie entjtoei fted^e, bem gebe fie ju Sol^n ein golben gingerlein, 
baS foll er bem SBeibe fenben, bie il^m bie liebfte fei; fold^ gingerlein 
l^abe bie Kraft, ba^ bie grau, ber man e« fenbe, immer befto fdSw^ner 
fei unb ol^ne galfd^ ben minnen muffe , ber eö il^r gefanbt. ©tec^e bie 
Königin einen Slitter nieber, ber foH* an bier ®nben in bie SBelt neigen 
einem SBBeibe gu (g^ren; toeld^er Stitter aber fie nieberfted^, ber foll' 
alle bie Stoffe l^aben, bie fie mit ftd^ fül^re. @enau toerben bie Drte 
beftimmt, an benen fie in ben neununbgtoangig S^agen il^rer gal^rt ieben 
Xagg eintreffen toirb. 3lm ad^ten Sage nad^ 99eenbigung il^rer Steife 
foB nod^ überbie^ ein 2urnei ju Sleuenburg fein, SBeldj^er Slitter i^re 
gal^rt öemimmt unb gegen fie nic^t lommt, ben tl^ut fie in bie Sldjit 
berSWinne. SBol^in bief er SSrief lömmt, finb bieStitter fröl^lid^, „benn," 
fagt Ulrid^, „bie beutfd^en Sanbe ftunben fo, ba^ Stiemanb el^renreic^ 



223 



)n)ax, ber nid^t rittetlid^ ful^v unb burd^ flauen f)i>ä)Qem\xti) ivutbe; 
bag tt)ar bamate ©itte unb iüäre gut, e« toäre nod^." 3lm feftgcfc^ten 
2^00* unb Drte nun erl^ebt fid^ ber Slittct, in f oftbarer grauentrad^t, 
mit großem ^\xq^, mit 5Pofaunem unb gieblern; Äleibung, Sanner 
unb ©d^ilb, ^ferbejeug, alle^ \)on hjeifeer garbe. 2)ie ^rjäl^Iung biefer 
gal[irt madjit einen beträd;tlid(^en Sl^eil be« Sud^e« au«. SQSeld^c Slitter 
überall mit ber Königin geftod^en unb toie e^ jebe^mal ergangen, n>irb 
umftänblid^ berid^tet. 2)rei l^unbert unb fieben Bpetxt Derftid^t bie 
jlönigin auf ber ganjen ^al^rt; einft an einem .Xage breiunbbierjig, 
nod^ in bie 9tad^t l^inein, beim Sd^eine großer Std^ter, ivirb ba^ BpxA 
fortgetrieben (®. 131); jtoei l^unbert ein unb ftebenjig gingerlein giebt 
fie l^in unb fo üiele ©^)eere pnb auf il^r üerftod^en, fein einzige© 3MaI 
\)at fie fid^ nur geneigt, ob fie gleid^ einmal bertounbet h)orben (©. 112), 
fie l(;at aber \>'m älitter auf bad Sanb geftod^en. Sarum ruft SRand^er 
aus: „Sil toie bie Äönigin SSenuS bie SRitter l^ie nieberftid^t ! id^ l^abe 
bei meinen 3^W^ «i^ g^f^l^n, ba| grauen alfo bie 5JRänner fällen 
lönnen" (©. 127). SeblS^aften 2lntl^eil nel^men aHtoärtS bie grauen, 
gal^lreid^ erfd^einen fie an ben genftern, freunblid^ grüfeenb (©. 94. 
126). Q\x 2Bien befonber« jeigen fie fid^ in löftlid^en Äleibern. „3^8* 
lidSfe," fagtUlrid^, „l^atte ben SReib, ba| fie ftd^ beffer, als bie anbern, 
Ileiben looDte, benn grauen mögen jung ober alt fein, fo l^aben pe 
gern t)iel ©etoanbeS, toxü eS aud^ mand^e nid^t gern tragen, fo freut 
fie bod^ ber Sefi^, ba^ fte nur fagen lann: „SBenn id) tooüu, id; 
lönnte mid^ tool^l t)iel befjer Ileiben, afe biefe unb jene" ©. 123). 
9Bo man bas 9litterf))iel nid^t bulben toid , legen bie grauen gürf))rad^e 
ein (© 89). ©ie begleiten ben ©d(>eibenben mit frommen ©egenStoünfd^en, 
unb batoon l^at er feitbem t)iel ®lüd gewonnen, „benn ®ott lann guten 
grauen nid^t toerfagen" (©. 93). 3Kand^erlei geid^en ber (äunft erfährt 
ber t^ertleibete Slitter, toorüber erjebod^, ber Sinnigen ergeben, ftd^ ent« 
ruftet anläßt. ®inmal finbet er unter feinen Kleibern ein frembeS Stödel, 
nebft einigen jtleinoben unb einem freunblid^en S3riefe, toorin ber Königin 
äSenuS im Slamen aller grauen gebanit toirb , bag fie um i^rer loillen 
grauenlleib an fid^ gelegt (®. 97. 100 f.). @in anbermal, als er 
allein im ä3abe fi^t , bringt il^m ein unbelannter ßnaf)))e f oftbare ^lei< 
ber unb jlleinobe, fammt fü^em S3riefe, unb ftatt ber Slnttoort auf 
feine gragen toirb er mit frifd^ geblätterten älofen, aKeS ©träubenS 



224 



unerad^tet, fo bid^t überftteut, ba^ man xf)n nid^t mel^r jtcl^t unb nod^ 
ber gufebobcn toonntgltd^ gefärbt ift. 3)ie ®öttin SSenug gel^t fldfetg mit 
ben grauen jur 5Keffe. 3« 3^ert)t« (2;ret)ifo) trägt il^r auf bcm (Sang 
jur Ätrd^c eine (Sräfin ben SKantel (@. 92). ©eim ^ace unterläßt bie 
Äönigin nid^t, ben tJrauen ben Äufe ju bieten. S3efonberg merlMrbig ift 
eine SJleffe ju gelsberg (fjelb^berg, univeit ber mäl^rifd^en ©renje), beren 
©d^ilberung, ein l^eitre« ©ittengemälbe, l^ier mit Ulrid^^ eigenen SDSorten 
ftel^cn möge: „^d) legte fd^öne Äleib an unb ritt in l^ol^em SKutl^c auf 
bie S5urg, \oo man mid^ toittig emjjfieng; ber SBäirtlji unb feine $au§frau 
giengen mir entgegen unb toiele grauen folgten il^nen eine ©tiege l^erab, 
beren Äleiber fielen mand^en gall ab ber ©tiege nad^ bem 3^ritt; il^re 
gute Oeberbe, i^re fanften ©itten, i^r minniglid^er ©d^ein tl^aten 
meinem ^erjen tool^L 2)a fie gegen mid^ lamen, toollte id^ burd^ 3wd^t 
aud^ nid;t länger [teilen, id^ gieng i^nen entgegen, beffen läd^elten alle 
grauen, ba^ id^ e« fo frei anpeng unb SBeibe^fleiber trug unb fo 
fd^öne S'6p^^f barüber hjarb ba Diel gelad^t. 35er ^augtoirtl^ f^jrad^: 
„grau Königin, feib mir toiCüommen!" 3<^ neigte i^m mit Sü6)Un\ 
bie grauen grüßten mid^ aud^ unb il^rer einer bot id^ meinen Äu^, 
barüber tourbe fie rofenrot^, bann gieng idf> ju einer anbern, bie aud^ 
t)or ©d^am rotl^ iourbe, ®ie jgau^frau nal^m mid^ bei ber $anb unb 
fül^rte mid^ in eine fd^öne Äird^e, eine SWeffe fang man ®ott ju ®l^ren 
unb bei mir ftanben Diele grauen ; id^ mu^ geftel^n , bafe ®ott ba nid^t 
Diel gebient toarb. gaft l^ätte mic^ ba baS SRe^ ber 9Jlinne unb man* 
d^er fü^eSIidf gefangen, ber Don lid^ten äugen gieng, unb nur meine 
Streue toanbt' e§ ab, bag id^ ba nid^t Don berüJlinne gefangen iDurbe; 
faft l^ätt* eg eine Don ben grauen getl^an, i^re gute ©eberbe unb i^r 
lid^ter ©d^ein brac^ burd^ meine STugen bi« in ben ®runb meinet 
^erjeng, unb il^r rofenf arber rotl^er SKunb, ben td^ gegen mid^ lad^en 
f al^ unb ber f o fü^ ju mir fjjrad^ ; ei ! toäre mir ba nid^t meine Streue 
ju ^ülfe gefommen, fo l^ätte fie meine ©inne bejtoungen. ®a id^ fte 
aber fo Don $erjen anfal^, ft)rad^ meine Streue ju mir: „9Bie nun? 
h)ie nun? toai foff benn ba« fein? loem toillft bu benn beine graue 
laffen, an ber bod^ nad^ ®ott bein Seben ftel[|t? Sänbre beinen 9Jlutl^! 
benn id^ geftatte bir folc^e 3)inge nid^t." 95a mid^ meine Streue fo be* 
ftrafte, tourbe mein $erj gar unfrol^, ba^ mir biefer SßJanl gefd^el^en 
loar, id^ badete: „3d^ toiH biefe^ loonniglid^e SBeib nid^t mel^r anfeilen, 



225 



fte ift fo minntgUd^, ba| td^ tool^I ©d^aben leiben möchte, toeun xtS) fie 
länger fcetrad^tete." ©o ftanbtd^ in ©ebanfen, h)ie bie tool^I t^un, bie 
ftd^ an ®eib berbenlen, id^i toufte nid^t mel^r, hjo id^ toar, bis man 
ba« ^öangelium Ia8; ba ba« ein anbrer ?ßfaffe anl^ub, ba befann id^ 
mid^ juetft tpieber. 2)a man jum Dt)fer 'ö^^^« toottte, bat id^ bie 
^aughau, t)oran ju gel^n, bie frrad^: „S)effen fottt il^r mid^ criaffen, 
loie litte bod^ meine gwd^t, bafe id^ t)or einer Äönigin öi^wfl^?" ®ä 
gieng ii) jum Dj)fer, unb nad^ mir mand^e fd^öne %xavLe; man ladete 
felS^r batüber, ba| id^ fo ganj in grauenfitte gieng unb mid^ betoegte, 
mein 2^titt toar laum l^finbebteit; toie langfam unb fanft id^ gieng, fo 
lam id^ bod^ toieber an bie SteQe, n>o id^ erft geftanben l^atte; ba trug 
man ba« 5Pace l^er in einem Sud^e, bag nal^m id^ fo, toic bie grauen 
tl^un; ba id^ ba« $ace em))fangen, bot id^ e« bort unb l^ie, aber leine 
graue iooKt' e« emj)fangen, id^ bot e« ber ©d^önen, aber bie S^ugenb« 
reid^e ^pxai): „gl^r foHt be« 5ßace« mid^ erlaffen, ba man eudSf für 
einen SWann pit." 35a enbete ftd^ bie 5Dleffe unb id^ nal^m Urlaub" 
(©• 133 bi« 135). Slid^t toenig überrafd^enb ift e«, ioenn toir l^ören, 
ba^ Ulrid^ am neunjel^nten 2^age feiner gal^rt, bei ©lolenij, fid^ mit 
einem ^ned^te Don bannen ftiel^lt, ju feinem lieben ©emal^l, bie il^n 
freunblid^ empfängt unb fid^ freut, bafe er ju il^r gefommen* $ier l^at 
er mit greuben gute« ©emad^ bi« an ben britten 2^ag, loo er nad^ 
ber 3Reffe minniglid^ loieber Urlaub nimmt (©. 111). 2(ud^ ft)äter, 
balb nad^ tooKenbeter gal^rt, al« er eben Dor SKinneleib ju öeritoeifcln 
fd^ien, reitet er nad^ einem Drte, n>o il^m jel^n £age lang mel ©emad^e« 
gefd^iel^t: „ju meinem lieben ©emal^l, bie mir nidjit lieber fein fonnte, 
toenn id^ mir aud^ ein anber SBeib ju meiner grauen ertoäl^lt l^atte" 
(©• 148). aSon leftterer fömmt il^m nod^ auf ber gal^rt 9lad^rid^t ju. 
3[uf ber legten 2^agreife öor SBäien lömmt ber too^lbelannte Sote gegen 
il^n geritten, Ulrid^, um fid^ nid^t ^u öerrat^en, jiel^t öorüber, ber Rnaißp^ 
aber reitet il^m nad^ unb pngt ein Sieb, loomit er lunb tl^ut, bafe er 
gute Sotfd^aft bringe. 6« ift ber Anfang toon SQSaltl^er« Siebe jum 
^rei« ber beutf d^en grauen. „3)a« Sieb," fagt Ulrid^, „Hang mir in 
mein $erje unb t^at mir inniglid^ tool^l." SBal^e bei ber ©trafee liegt 
eine fd^^öne 3lue , bort fteigt Ulrid^ öom 5Pferbe unb em)3fängt ben S3oten, 
ol&ne ba| e« Semanb geioal^r toirb. 2)er S3ote begnügt ftd^ nid^t mit 
bem SBiafommen be« SHitter«: ,,2)er ©rufe ift mir für fold^e »otfd^aft 

Ul^Unb, ©c^riften. V. I5 



226 



)u geringe; Iniet il^t nid^t \>ox mir nieber, fo lel^t' id^ mit meiner S3ot^ 
fd^aft gleid^ toieber iuxüi,*' @d^on fniet Ulrid^ )}or ben %ix^m bed 
Soten, al$ ob er fein ®ebet f)>red^e. tiefer l^ei^t il^n auffielen unb 
fagt feine 9R&^re: ,,@ud^ giebt SBiUIommen eureS ^erjen^ äRaienfd^ein, 
bie l^ei^t eud^ minniglid^ grüben unb f^rid^t, fie feil^er}Iid^ frol^, toenn 
il^r fteubenreid^ feib; fte entbietet eud^, ba^ fie f)t>^e^ ©emütl^e burd^ 
eure 3BüTbigfeit trage, fie nel^me S^l^eil an eurer @^re unb red^ne e$ 
fid^ gum eigenen ^eil, toad eud^ Sl^re gefd^iel^t, benn i^r l^abt um fie 
biefe t^al^rt getl^an. ®ie l^at bieiS t^ngerlein eud^ }u Siebe l^ergefanbt, 
bad l^at fie mel^r, aU jel^n ^affx, an \f)xex h>ei^en $anb getragen.'' 
Ulrid^, im Übermaß ber ^eube, !niet abermals nieber unb Iü|t ben 
9ling tool^I l^unbertmal. Site er toieber ju feinen 5ßf erben ge^t, f})rid^t 
einer toon ben Äned^ten : „SBBo feib il^r benn . getoefen , ^anc ? 3^^ 
!5nnt lange SSIumen lefen." ^^entx antwortet: „^i) f)aV ein S3Iümlein 
gebrod^en, ba| mein $erj immer frol^ fein mu|/ 3Son SQäien au^ 
fenbet Ulrid^ ben S3oten }u feiner ^rau unb lägt fie \xm if)x Aleinob 
ju bem 3^urnei bitten, ba^ er )u il^rem 2)tenfte nad^ boQbrad^ter ^^al^rt 
ju 92euenburg Italien b)ill. 3)er S3ote !ommt )urüd, afö Ulrid^ fid^ 
eben ju biefem Xurnei toappn^t Übel lautet bie S3otfd^aft: bie t^rau 
l^at t^emommen, ba| Ulrid^ einer Slnbern }u 2)ienfte bereit fei, barum 
lüitt fie il^m nimmer l^olb toerben unb fobert il^ren SRing jurüdt. 3)er 
Stitter brid^t in bie bitterften SSSel^ellagen au^. SBoju foU il^m nun fein 
®ut, fein Seben, feine Sa)iferteit? @r toiH ju ^u| t)om Sanbe ge^n, 
n^ie ein armer äJtann, ba|9liemanb n)if(en foQ, too er geblieben. 2)a 
fiftt er unb iüeint toie ein Äinb, er ringt bie ^änbe, t>ox ^ö^mer 
erlrad^en feine ©lieber, toie toenn man ©J)äl^ne jerbrid^t, 3)er ©om- 
öogt üon Slegen^burg, Ulrid^g greunb-, lömmt l^inju. äud^ er toirb 
ijon ber Älage beg Slitterg ergriffen, bag er tDeint, aU toenn il^m fein 
SSater geftorben tüfire, ol^ne }u toiffen, lüarum Ulrid^ toeint. SBiie fie 
fo im Sammer Wetteifern, tritt $einrid5> öon SBafferberg, Ulrid^^ 
©d^toager, ein. gürnenb fj)rid^t er: „Slitter, il^^r toeint ja ioie bie 
armen unb öertoaiften Äinber unb toie Iranle, blöbe SSeiber. ©ollen 
SRitter alfo toeinen? SRein, il^r mögt eud^i beibe bef[en fd^ämen." SJfe 
ber 3)ombogt toeggegangen, erllärt ber Don 3Baf[erberg, er toiffe, toa^ 
gefd^el^en, bag bie grau, ber Ulrid^ feine 2^age gebient, il^m jeftt i^re 
^ulb berfagt l^abe. Qnbem er biefe« rebet, brid^t Ulrid^en ba« 83lut 



227 



aus ÜRunb unb Slafe. 3)a ft)rid^t gener: „SBiel füfeer ®ott, bir fei 
gebanft, bafe bu tnid^ nod^ bot meinem 2^obe ben 9Rann l^aft feigen 
lafjen, toon bem id^ mit 5B3al^rl^eit frred^en mag, ba| er ein SBeib fo 
red^t ol^ne SDSanlen liebt!" ®a Iniet er nieber unb l^ebt banlenb bie 
$änbe auf. 3)ann umfängt er Ulrid^en unb fjjrtd^t il^m S^roft ju: bie 
grau tooKe nur feine 2:reue J)rüfen, in Äurjem toerbe pe il^n in il^re 
Slrme legen; baS 2^rauem foH er laffen, 2^rauern nel^men bie grauen 
für leinen S)ienft, fjreube bel^ag* il^nen, (Segen Ulrid^S SEBitten toappnü 
il^n ber ©d^toager, binbet il^m ben ^elm auf, fül^rt il^n jum SRoffe unb 
giebt il^m ben ©d^ilb. ©o fömmt Ulrid^ trauernb jum 3)umei geritten. 
SJBicber begiebt f\i) ber ®ote ju ber ©d^önen unb melbet il^r Ulrid^S 
SSerjtoeiflung. ©ie äußert, ba^ il^r eigener Sote, ben fie l^eimlid^ l^in- 
gefenbet, SlHeS burd^ eine Sütfe ber SSSanb angefel&en, SKit fj)ielenben 
Slugen lieft fie baS Sieb, toorin Ulrid^ il^r feine nie toanfenbe Streue 
betl^euert. ßnblid^ geftattet fie, bafe Ulrid^ am nad^ften ©onntagjrül^e, 
in ©eftalt eines 9[uSfä$igen, l^eimlid^ gu xl)x lomme, jiebod^ nur, bamit 
fie il^n freunblid^ bitte, pe 35ienfteS frei ju Iaf[en. Slm greitag 9lbenb 
ift Ulrid^, in ber Ungebulb beS $erjenS, öon Sid^tenftein au^ ju gelbe 
geritten, als er ben Soten fommen fielet, ©iefer fagt feine greuben- 
botfd^aft toieber nid^t, beDor Ulrid^ bom SRof[e geftiegen unb nieber^ 
gefniet Slber ber SBote ,l^at fid^ öerf^jätet, toeil er ben Slitter erft 
anberhjärtS aufgefud^t, toierjig SKeilen tool^nt fie Don ba. Äömmt aber 
Ulrid^ nid^t jur redeten Seit, fo fürd^tet ber Sote, fie toerb* il^m toieber 
gel^a^: „benn bie grauen pnb lounberlid^, pe tooHen, ba^ man immer 
il^ren SBiffen tl^u'/' ©od^ »erjagt Ülrid^ nid^t, mit bem Soten unb 
einem anbern vertrauten Äned^te mad^t er ©amftagS frül^ pd^ auf, pe 
nel^men fed^S 5ßferbe mit; an biefem 2^age reiten pe fed^S unb breifeig 
SWeilen, jioei 5ßferbe liegen auf ber ©trafee tobt. S)ie 5Rad^t ipUIrid^ 
in einer ©tabt, too er pd^ 9'lät)fe bereiten läfet, toie pe bie SluSfä^igen 
l^aben, unb geringe Kleiber. 5Diefe legt er am $IRorgen an unb ber« 
gleid^en aud^ fein 33ote; lange SKefter nel^men pe ju pd&, ioenn il^r 
Seben in ®e\a\)x läme. 5Rad^bem pe jtoei SDleilen toeit geritten, laften 
pe ben Rne6)t mit ben 5ßf erben verborgen Pel^n- unb gelten toieber jtoei 
SDleilen \>ox eine toonniglid^e Surg, toorauf bie I^ugenbreid^e iool^nt. 
©ie pnben ba tool^l breifeig SluSfä|ige, benen, toeil bie ^auSfrau je^t 
frani liege, morgens unb abenbS SQBein unb ©Jjeife auS ber Surg 



228 



gebtad^t tvivb. 3^ i^nen fe^en ftd^ bic }h)ei neuen ®&fte. UlruJ^ f)at 
fid^ ein Iranle« äu^fel^en mittelft einer SButjel gegeben r^on bet man, 
toenn fte in ben ÜRunb genommen toirb , fd^toifft unb bleid^e ^Jarbe be- 
lommt. 3[ud^ \)at er feine $aare grau gef&rbt: „toad id^/' fe|t et 
l^inju, ,,ie(t nic^t mel^r bürfte, toeil id^ ie^tfaft grau bin t)on meinen 
©orgen, benn üor Sllter foDt' id^ e« noc^ nid^t fein, fo ^at SKinne 
unb anber Seib mein $aar jum jtoeiten 3Ral gelleibet.* S)ie Sw^öfrö«/ 
bie ba^ 9(Imofen bringt, tvet^ um baS ©e^eimni^; il^r entbedt fid^ 
Ulrid^, bod^ meint pe, er fel^e einem fold^en ungleich, ber um grauen^ 
gunft Bptcxe Derftod^en. 9id gum Slbenb bed folgenben 2^aged müf[en 
bie Seiben fid^ in ber Übeln Sage gebulben. 3"^^ 3^i* ^^^ ©tJeifung 
erfd^einen fie jebegmal mit ben Sluefa^igen, in ber 3h)if<^^njeit betteln 
fte ^ur Äurjtoeil im naiven 2)orfe. ®ie ?Wad^t bringen fie im l^ol^en 
^orne )u , leiben aber grog Ungemad^ , aU fx6} ein fiarter äSinb erl^ebt 
unb ber Siegen getoaltig l^erabgiefet gn einem SB3albe, h)0 öiele SUögel 
fingen, fe^t ftd^ Ulric^ nadt^l^er in bie @onne unb k>ergigt bed t^^ofte^, 
h)ä^renb fein ©efede fid^ mit SSogelfteUen unterl^ält. 9lm )tt>eiten älbenb 
enblid^, aU eS finfter getoorben, eilen bie Seiben, nad^ erl^altener 
SBeifung, in ben ©raben ber Surg, tpo fie fid^ mit Steinen t>ermauem. 
35er ^auSfd^affer (^au^üogt) mad^t felb ftebent bie SHunbe, o^ne fie ju 
bemerlen. 2)ann h)irb au3 einem l^o^en ^enfter ein Sid^t gehalten, 
bag toerabrebete S^iä^m. ©ogleid^ jiel^t Ulric^ fein Dbergetuanb ab, 
baS er al« ©ied^er trug, unb fd^Ieid^t unter baö tJ^nfter, öon bem 
Seilad^e, jufammen gebunben, l^erab^&ngen. 3)arein tritt er tpillig, fein 
©efeUe fd^iebt naä), unb )arte ^änblein ^iel^en il^n eth^a^ em))or. 9(fö 
er fo l^oc^ ift, ba| ber ©efeUe nic^t mel^r l^elfen fann, bringen fie il^n 
nid^t hjeiter unb laffen il)n fd(^nell loieber l^erab; breimal toirb ed loer^ 
geblid^ Derfud^t. S)a l^ei^t Ulrid^ feinen ©efellen, ber leidster ift, ein« 
treten. (Sr felbft fdjiiebt nadj^ unb 3ener loirb fd^ueH Ij^inaufgejogen; 
oben toirb er mit einem Äu§ emt)fangen, benn eine toon Ulrid^ö 
SRifteln füfet i^n für biefen, be8 fie fu^ nad^^er oft gefd^ämt. 3)er 
Änai)l)e jie^t nun ben SRitter l^inauf. Ulrid^ fteigt in ba^ genfter unb 
bie 5Riftel brüdft gleid^ il^ren rotten SKunb auf ben feinen, pe legt i^m 
ein ©etoanb öon ©olb unb ©eibe an, barin er ju feiner tJrciuen ge^t. 
3)ie Steine ft^t auf einem J)räd(^tigen S3ette, ba« mit ©ammt unb ©eibe 
gebedt ift; fie felbft ift in©c^arlac^ unb Hermelin gef leibet, ein grüner 



229 



SJlantcI umlpallt fte. Sld^t fjrauen, Ibftlid^ beficibet, ftel^cn Bei il^r.. 
Su ben tJüfeen am Settc brennen jtoei gro^e Std^ter auf Seud^tern unb- 
an ben SBänben l^ängen tool^I Ij^unbett Steintet, ©o fd^ön bie umftel^en*^ 
ben grauen jtnb, fo bäud^t bod^ bem Slitter, e« tp&ren ber grauen ju 
t>iel; er fie^t pe t)on ^erjen ungern. ®te SQBertl^e fagt tl^m jüd^ttgltd^ 
SBilllomnten , er fniet t)or t^r nieber unb fielet fte um (Setoäl^rung feines 
lül^nften ®unfd^e8. ©ie entgegnet, beffen bleib* er immer ungetoä^rt; 
nur um il^n für feine Siienfte ju eieren , fei eS gefd^el^en , unb für 6^re 
foH er« nel^men, ba^ pe il^n l^eimlid^ in il^r ®emad^ l^abe lommen 
laffen , toa§ nod^ leinem Slitter geworben ; il^r ® emal^l unb ^err f önne 
be« immer ol^ne Slngft fein, ba^ pe je einen 3lnbern minne; liefee fie 
eS aud^ nid^t um ®ott unb um il^re ßl^re, fo Mrbe bod^ ^ener fie 
tool^l bel^üten, aber il^re ß^re fei bie ftärifte SQäad^t; toürbe 3^w^<J*^^ 
Ulrid^g Ij^ie inne, fo loär* il^re (Sl^re berloren, barum fott er il^r biefe 
SOBagniS banlen. SSergeblid^ pnb aud^ beg SlitterS Weitere Semül^ungen, 
fie fül^rt il^n in ein fd^öneS ©J)eifegemad^ unb f})rid^t freunblid^e SBorte 
mit i^m, aber bie tl^öric^te Sitte fott er laffen, toenn er il^re $ulb 
bel^alten toitt. 2lud^ an bie SRiftel loenbet fid^ Ulrid^, fie öerftd^ert aber, 
bafe bieSmal nid^tS ju l^offen fei, bod^ \oenn erimS)ienfte nid^t toanle, 
toerb' il^m in lurjen S^tm nod^ Siebe gefd^el^en. Ulrid^ erflärt, bafe 
er nid^t fo öon Irinnen gel(>e; er loiffe, ba^ er verloren fei, )[oenn er 
biiS morgen bleibe, aber bann fei aud^ bie @^re ber grau Verloren. 
9lfe biefe foId^eS l^ört, mad^t fie einen SSorfd^Iag. ©ie toitt il^n jum 
©d^ein im Seilad^ ein toenig nieberlaffen unb bann toieber l^erauf^iel^n 
unb il^n minniglid^ grüben, toenn fte i^n fo emjjfangen, fo toitt fie il^m 
gänjlid^ untert^an fein. Ulrid^ befürd^tet, bafe fie il^n tool^I nieberlajfe, 
aber nid^t toieber l^eraufjiel^e; fie erlaubt il^m aber, jum 5ßfanbe il^re 
$anb feft ju l^alten, toorauf er eintoittigt. Site er nun fo toeit f^indb- 
gelaffen ift, ba§ er toieber Ijfinauf gebogen toerben fottte, ba fjjrid^t pe 
mitSiften: „®ott toeig, ba| id^ nie fo lieben Stitter fa^, als ber mid^ 
l^ie bei ber^anb Ij^at, barum fei mir toittlommen!" ©ie nimmt il^n bei 
bem Rinn unb fagt: »greunb, nun lüffe mid^l" ©aüon toirb er fo 
f rol^ , bafe er il^re ^anb fal^ren läjst , unb in bemfelben 3lugenblidEe f äl^rt 
er fo fd^nett l^inab, ba^ er pd^ tool^l ju Sob gefatten l^ätte, toenn nid^t 
©Ott il^n befd^fl^t. ällS er unten toeg ip, jiel^t man bie Seilad^en }urüdt. 
3)a p$t er nun tief betrübt, üor Seibe toerliert er fap bie ©inne, laut 



230 



fd^reit et: ,,0 toel^l otoel^l mf^, ba^ id^ geboten to>arb!" Dann f))ttngt 
et auf unb lauft fmnlo« einen fteilen SBeg jutl^al, einem tiefen SBafJet 
ju, motin et fid^ etttänten n)ill. 3)et Stnappt, ben man gleid^ nad^ 
il^m l^etuntetgelaffen, ift i^m nad^geeilt unb etgteift il^n, afö et ben 
%aU in bag SJBaffet tl^un toitt. „3luf unb feib ein ÜKann!" fj)tid&t bet 
Stnappc, „^f^x mögt nod^ getne leben, benn meine f^tau fd^idEt eud^ 
il^t SSangenliffen, batauf fie mand^e 9iad^t gelegen ifi'' 911^ Ultid^ 
baS jtiffen ftel^t; lömmt et h^iebet eüoa^ }ut 93eftnnung; ttautig ft|t 
et auf bem Soben, fielet ben ©efeKen mit toeinenben Slugen an unb 
^pxxä)t: ,fD toä)\ mit ift fibel gefd^el^en, bad teine, füge 3Bei6 l^ot 
mid^ bettogen." ©ie fud^en ben Äned^t mit ben 5|Sfetben, bet fd^on 
befütd^tet l^at, bie SSeiben to&ten tobt. 9lod^ lügt bet Stnappt bem 
ttauetnben Glittet )um S^tofte, bie f^tau entbiet' il^m, bag fie i^n )oon 
l^eut übet ^toanjig S^age beffet emj^fangen unb bann )el^n %aQC ba 
bel^alten tooKe; ungetn l^abe fte il^n jje^t ))on ftd^ gelaffen, nut bag 
eine t^tau bei il^t getoefen, bot bet fte fid^ betoal^ten muffen, bie abet 
nun fottteife. Ultid^ teitet nad^ Sid^tenftein unb bann auf ein 2^utnei 
nad^ ®anlt gölten. S)et 93ote abet toitb toiebet ju bet t$tau gefenbet, 
um ju etfa^ten , ob pe Ultid^en f einb obet nod^ l^olb fei unb auf toeld^e 
äSeife et beimlid^ ju il^t lommen foQe. SDet Stnaippe etj&l^lt il^t, toaS 
et bem 9iittet gelogen, um il^n \)ün gen)altfamem Xobe ab)ul^alten« 
@ie tabelt e^, bag Ultid^ fie etttauten tooUe; aU et in )enet 9lad^t 
fo laut toel^e gefd^tieen, fei bet 3B&d^tet \>on bet Qinne gegangen unb 
l^ab* in bet S3utg gefagt, et l^5te ben S35fen, bet ben fteilen äSeg ju» 
tl^al gefalzten, bag il^m bie Steine nad^getoEt unb bet äBäd^tet ftd^ 
gefegnet. @ie k)etlangt nun, bag Ultid^ i^t )u 3)ienft eine t^al^tt übet 
5Dleet tl&ue, bann toetbe fie il^m lol^nen, bag att feinSeib öetfd^toinbe, 
5Det Glittet, al^ et il^ten Sßillen l^ött, ift fogleid^ beteit, benn il^m 
lann nid^td Siebeted gefd^el^en, ald loenn fie Dienfte k>on il^m begel^tt 
S)em 35oten jtoat gefällt bie fjal^tt nid^t: „^f)x mögt too^l tobt liegen,** 
fagt et, „^enn x\)x übet @ee fal^tt, unb )>etliett i^t fo um ein 993eib 
ben Seib, fo l^abt il^t aud^ bie ©eele öetloten." S)a fjjtid^t Ultid^: 
„t^teunb, @ott ift fo gut unb etbannenb, bag ed il^m nid^t leib ift, 
toenn ein ÜRann einem äSeibe l^etjlid^ bient; ed ift fein SQiiQe, bag man 
ben Stauen mit Dienft beteit fein foU, unb @ott toitb mid^ befd^ü^en.** 
@t bid^tet loon bleuem ein 93üd^lein. S)atin entbietet et alle feine 



231 



(Sebanlen ju einem Statine, toic er il^t für bie ©eligleit banle, fie ße* 
feigen ju l^aten. 5Rur leiber toax au« bem Stinge feine« ©lud« ber 
Slubin aUer ^reube mitten l^erauSgenommen ; aU er )u Sanbe tommen 
fottte, toie ber ftiel auf toilber ©ee, ba fernt' er bem Sanbe immer 
mel^r. 2)em SRarterer gleid^, ben man ba nennet ^antalu«, l^att' er 
l^eibe«, ^öSe unb ^immelreid^. JDod^ banft er il^r, ba^ fie il^n, al« 
il^ren Slitter, bie l|>el^re ®otte«fal^rt fal^ren l^ei|e, toomit er il^re $ulb 
jugleid^ unb @otte« Sol^n eqagen möge, f^reilid^ fragt il^n fein tl^örid^t 
^erj, tDarum fie benn biefe %a\)Tt t)erlange. @oIl er eine @d^ulb für 
fie Bü^en, bie bod^ aUe« %ef)l^ lauter unb baar ift? 9tein, fte toill ge« 
toi«, ba| er bü^e, toa« er gegen {te unb gegen ©Ott an 3)ienfte fid^ 
t>erfäumi @o (af[e fie i^n benn il^ren $ilgrim fein unb befd^eib' il^n, 
toann unb tote er fal^ren foHe. SSon il^rer $anb müf[' er ba« l^el^re 
3eid^en nel^men. @oII er um iJ^rettoiHen fahren, fo 3iemt ftd^, bajj er 
i^r jtreu) trage. ®r näl^m' e« nid^t fo gerne t)on be« $abfte« i^anb, 
al« bon il^r. @l^er tooUt' er ol^ne ^reu} fal^ren. ä(ud^ @tab unb ^afd^e 
toitt er üon il^ren $änben emj)fal^en , unb bon i^rem rof enrotl^en SKunbe 
ben @egen mit ®rug unb Rvi% 993irb i^m ba« Setbe«, toie ftarl bann 
bie 2)onnerfd^Iäge feien, toie getoaltig ^lutl^en unb 3Binbe (bgl. 3R. I) 
174 a, 3), toie tobenb bie Reiben, er bebarf leiner anbem SBel^r; in 
aUcm Ungemad^ toiU er« baju bringen, ba| il^m ^reunb unb ^Sfeinb 
fingen l^elf e bon ber ©d^dnen , ber Klaren. 211« bie %xavi biefe« Süd^« 
lein gelefen, fammt bem too^IIlingenben Siebe, toorin er auf i^ren %\x^ 
bie $änbe faltet, bafe fie il^n tröfte, toie 2:riftanben $i^(d\>e, ba ent* 
bietet fie bem ©änger, bafe er fid^ ju ber gal^rt bereite, bod^ toerbe fie 
i^n gubor nodjf feigen. S)en ©ommer fäl^rt Ulrid^ loieber nad^ Slitter» 
fj)iel uml^er, aud^ fingt er neue SBlinnelieber. 2)a beult enblid^ bie 
Steine: „gd^ toill il^m $od^gemütl^e geben, benn er l^at mir fo biet ge« 
bient.'' ©ie läfet feinen S3oten rufen, ber il^m bann all il^ren SBitten 
lunb tl^ut. „?Ke^r toitt id& nid^t fagen," bemerft Ulrid^, „unb au« 
Sud^t biet berfd^toeigen." ®amad^ erläßt fie il^n ber gal^rt, benn fie 
fielet il^n gern im Sanbe, babon all jfein SCrauern ein 6nbe nimmt 
Stoei ©ommer unb jtoei SBinter, barin Ulrid^ aud& bei trüben S^agen 
fro^ ift, t)ergel^en toieber mit 3litterfj)iel unb SWinnefang, ber gleid^itjol^l 
ben ©änger nod^ immer nid^t am 3i«I feiner SBünfd^e jeigt Unter 
ben Siebern finbet ftd^ eine 2lu«reife , mit ber mand^er Slitter turnieren 



232 



f ul^r , ein mut^igev ®efang Don ber (Sf)xt be$ rittevltd^en @d^Ube9, unter 
bem man ben f^rauen bient. 3m britten Sommer tl^ut i^m feine gfrau 
ein Setb, bürft' er aa^ Quäft ha^ melben, fo loüvben i^m bie Siebem 
bellagen l^elfen, ba| ein fo toert^ed 3Bei6 i^ren ^reunb fo befd^loeren 
lonnte. 311^ nun ber ^erbft mit Steifen ben grünen äBoIb t)erberbt, 
ba fingt Ulrid^ tiagenbe Sieber. @ein @efang U\U\)t fortan au$ Sor^ 
toürfen gegen diejenige, bie il^n, toie eine 9R5rberin, aOer ^eube 
beraubt, beren Saune toittert, toie SlpriHentoetter ^ ber er breigel^n 
^al^re ol^ne 9BanI unb ol^ne Sol^n gebient. 3^^^^ bernimmt fie bie 
Sieber, bod^ bel^ant fie bei i^rem Senel^men. @ine anbre f^i^au, 
Don ber man Diel ^ugenb rfll^mt, bittet i^n um a&er guten SBeibe 
mitten, fein 3ürnen gegen bie ju laffen, bie er fonft feine gfrau ge* 
nannt, benn e^ ftel^^e i^m übel an. Vim bie ®ute mu^ erd nun laffen, 
er fd^ilt fie nid^t mel^r, bient il^r aber aud^ nid^t mel^r; benn ber ift 
ein untoeifer SRann, ber auf bie Sänge bient, too man feinen ^ienft 
nid^t belol^nen (ann. @o n)irb er in feinem «gerjen ein frauenfreier 
ÜRann, bod^ fd^eibet er Don SBeibed Sobe nid^t. ^röl^lid^ ertönt balb 
toieber fein Sieb. Sinmal fi^t er in 3^^^^^ ^^i ^^^ SBerti^en, ber er 
in^ bie Jganb gelobt, feine Dorige %xa\x nid^t mel^r }u f dielten. @in 
®(ft)r&d^dlieb giebt bie Unterl^altung n)ieber, bie ba§ SBefen ber SRinne 
betraf. Ulrid^ erllärt i^r bief e« juleftt mit benS33orten: „©ei bu mein! 
fo bin id^ bein.'' @ie antta>ortet: „$erre, nein, baS mag nid^t fein; 
feib i^r euer! \ä) bin mein." üRcl^r unb mel^r finbet e« Ulrid^ unritter* 
lid^, feiner ^rau )u bienen: „mer feine i^al^re fo Derfd^toenbet, ba^ er 
nid^t mit Sirenen gute SSBeib minnt, bem n)irb bie redete SSSürbigleit 
Derfagt/' @r beult über aEe Sanbe, toad er Don f^tauen lennt, unb 
bie SEBertl^efte nimmt er in fein ^er) )u feiner f^rauen. älföbalb reitet 
er l^in, too er fie finbet, unb tl^ut il^r feinen Sßillen lunb. 9Bad fie 

1 aiö aprittcnwcttcr följrt il&r SBidc, 
2)a| nie SBtnbedbraut fo ^eftig »arb; 
Unterteilen füg in fanfter @tiüe, 
$Iö^U(^ »ieber an bie ^Irrefal^rt, 
!S)arna(^ fd^einet iD^atenfc^ein , 
Sldgu^anb fo ^ will t^ wieber Sinter fein, 
Slfo wittert mir bie ^J^raue mein. 
9R. II, 31 b, 7. Srauenbienfl @. 200. 



233 



ba \pxaäf, fagt et nid^t, aber l^od^oemutl^ ift er t)on il^r gurätföefornmen. 
^f)x jutn ©ienfte fingt er toieber mand^ freubige^ SDlinnelieb. SB5a§ er 
fonft tl^r gebtent unb h>a§ jte il^m ®\xte^ getl^an, ijerfd^toeigt er. Sie 
Sieber fagen 6alb, tDte il^m ba^ $erj öor fjreube fj)ringenb an bie 
Srufl fto^e; toie i^tn fjteubenjugenb blül^e, toenn er in il^re Äugen 
fd^aue; tpie il^m oft, toenn fie gej)riefen toirb, l^eimlid^ greubentl^au 
au$ ^erjendgrunb in bie 9lugen !omme; tt)ie er fd^on im SBünfd^en 
feiig fei; tt)te il^r lid^ter ©d^ein feine 5Dlinnen)unben l^eile, u. 31. m. 
9lad^ einer Siidfe ber einzigen ^anbfd^rift, toon toenigften^ fed^S ober 
ad^t Sl&ttem, finben toir ben Slitter mitten auf einer toeitem tJ^l^tt, 
bie er jum Dienfte ber neuen %xan auSgefd^rieben. S)iegmal erfd^eint 
er afö Äönig Slrtug, ber bom $arabiefe jurildEgefel^rt, um bie 2^afefc 
runbe J^erjufteHen. SBer, ol^ne ju f eitlen, brei ©Jjeere mit il^m öer* 
ftid^t , ber f ott ba§ Siedet l^aben , jur S^af elrunbe ju fi^en. Ulrid^ bid^tet 
auf biefem 3^0^ toieber ein rittertid^e^ Sieb t)om grauenbtenft unter 
$elm unb ©d^ilbe. Seim Ärad^en ber ©J>eere toirb biefe^ Sieb Diel 
gefungen. griebrid^ toon öfterreid^ felbft ioill pd^ eine ©teile an ber 
3;afelrunbe ertoerben, toirb aber burd^ toibrige <greignif[e toon ber %f)e\U 
nal^me am Slitterf^jiel abgel^alten. Unfrem Slitter rätl^ fein ©inn, 
toieber ju fingen, afö: gegen bie S33etterf orger; i)on ber Siebften jtoie« 
fad^em Säd^eln, mit SKunb unb Slugen; öon einem fü|en SBorte, ba« 
fie einft gef^jrod^en, afö er in il^re fj)ielenbert Slugen fal^. Slber bem 
l^eitem ©ange folgen ernfte Oefd^id^ten. Ulrid^ ift mit in ber ©d^Iad^t 
gegen bie Ungarn an ber Seitta, barin ber ftreitbare ^riebrid^ toon 
öfteneid^ erfd^Iagen loirb (1246). 9lad^ be« ^rften 3:obe erl^ebt fid& 
gro^e 3toti), SRaub unb SSertoüftung , in ©teier unb öfterreid^. 2)ie 
Sieid^en nel^men ben Slrmen il^r ®ut, loomit fie ilf^re SÖBürbigleit \>ex* 
Hexen, „^a, toenn fid^ ber reid^eSKann fo großer Untugenb annimmt, 
bafe er ein Släuber loirb, fo t>erliert er ®otte« $ulb unb ber grauen 
®unft." 3«^«^^ unfrol^ ftnb bie Slauber, Ulri^ aber fingt forttoä^renb 
frol^e Sieber jum S)ienfte ber Steinen, bie il^m 3Irauern aug bem $erjen 
nimmt, toie bie Sien'- il^re ©üfee aug ben Slumen jiel^t. a^rauern ift 
9tiemanb gut, afö bem ®inen, ber feine ©ünben Ilagt. 2)od^ aud^ 
über il^n fömmt bie Unbill ber geit. 3Son gtoeen Slittem, bie er ju 
feinen greunben gä^It, toirb er im eignen ^aufe, ju fjrauenburg, meud^» 
lingg überfaKen unb gefangen. 35ie ©einigen toerben au« bem ^aufe 



234 



fletrieben, bie ^au^ftau mit ben Äinbern mufe toeincnb au« bem 2:i^ore 
gel^n; einen @ol^n bel^alten fte mit bem SSater ^urüd ®in gal^r unb 
brei SQiod^en liegt Ulrid^ gefangen, in eine jtette gefd^miebet unb oft 
mit bem Sobe bebrol^t. Slod^ mit f old^en Slötl^en tingenb , ftngt er ein 
minnifllid^e« Sieb, barübet aHand^er fid^ Dertounbert. ©nblid^ burd^ bie 
Stoifd^enlunft beg ©rafen SKeinl^arb Don ®örj, ben ber Äaifer aK 
^errn in bag ©teierlanb gefenbet (1248), toirb Ulrid^ erlebigt SBie 
er feine 5Bfänber auSgelöft, loill er öerfd^toeigen unb nur öon fjrauett 
fagen. @tarfeiS ®ut l^at er t)erIoren, nun toa« barum? I^at er bod^ 
feinen l^ol^en SKutl^ bel^alten. Sr fielet, toie feine %xavL il^n anlad^t, 
baöon »ergibt er alle feine Slotl^. 3)ie SReid^en J)flegen be« Staube«, 
ber ^rauenbienft liegt barnieber, bie^^ungen ftnb ungemutl^; toa« aber 
aSe tl^un mögen, toie übel bie 9BeIt ftel^t, tllrid^ ift frol^ unb fingt 
feiner grauen Sieber. @r J)reift fid^ glütflid^, bafe er auf ®rben ein 
$immelreid^ gefunben, il^r tugenbreid^e« $erj; in lein« ber beiben fott ein 
fünbl^after 3Jlann lommen. SBie ber Raufen an ber S)onau ©riwbe 
Don be« Slol^re« @ü|e lebt , fo lebt er Don ber Suft au« i^rem 3Runbe. 
S^reifeig S^i^re, fagt er un«, Ij^ab* er im S)ienfte ber grauen ritterlid^ 
Derbrad^t (3R. II, 43 a, 8). 

Ulrid^ enbigt fein S3ud& mit Slatl^fd^lägen unb Seigren für SWanner 
unb grauen. ®r toarnt biefe Dor übereilter Siebe, Dbr jä^em ©eloäl^ren; 
fie fotten fid^ jefet mel^r Dor ungetreuen SDlännem pten, al« fonft; 
mand^er 3ßann toei^ bie äBeiber ju betrügen, unb i^^&lt ba« für jtunft. 
günf S)inge erfreuen ben SKann: juerft bie reinen grauen; bann gute 
Seibnal^rung ; fd^öne Stoffe; gut ©etoanb; fd^öner ^elmfd^mudf. 9tad^ 
Dier S)ingen ftel^t ber aJlutl^ aller Sebenbigen, biefe Diere ftnb: ®otte« 
$ulb; ®^re; ©emad^ (@emäd^lid^Ieit); @ut (dteid^tl^um). Mt Diere 
l^at nod^ deiner gel^abt, S^orl^eit ift e«, um alle jugleid^ )u h)erben, 
benn iebe« tl^ut bem anbern @d^aben; toer bie Diere alle l^aben toiK, 
ber mufe fie alle Diere laffen. SJerfelben ift IXlrid^ einer, er »erlebte 
feine S^l^re fo, bafe er nie um eine« Don i^nen bie anbern brei Derliefe; 
er toäl^nte, fte alle Diere ju l^aben, unb berfelbe äBal^n äffet il^n nod^. 
Sin bem einen 2^age loiH er ©ott bienen, am anbern ®§re ertoerben, 
bann toieber @ut, am Dierten toiU er ©emad^ l^aben. S)od^ fo gan) 
tl^örid^t ift er nid^t, er bient einem ffläeibe, in beren S)ienft er nod^ 
ferner feine Seele toagen ioiU, benn er ^at ben ©lauben, bag ©ott 



235 



il^m bic Streue gcbcntcn tocrbe, bie er ber ©uten trage, SRod^ möd^t* 
er ben grauen ertoünfd^en fönnen, bafe jebcr fo gebient toerbc, tote er 
ber feinigen bient unb immer bienen toill» ®r toünfd^t i^nen, ba^ fte 
lange mit ^reuben leben unb ba^ il^nen ®ott bort fein Sieid^ Derleil^e; 
bagegen foUen fte il^m mit lautrem ^erjen toäufd^en, ba| feine f^rau 
i^m gn&big fei, fie foUen aud^ nid^t bergeffen, ba| er i^nen ftetd mit 
SBort unb ©efang nad^ beften Äräften gebient. SBoHte ®ott, alle 
tUlänner toären i^nen mitfreuen l^olb, toie er, fo toäre^Jreube in ber 
SBelt. ®r bittet fte, ©Ott für il^n )u bitten, ba^ er ftd^ il^rettoegen 
fein erbarme. 3)rei unb brei^ig 3*^^^ ip VLlxii) Stitter getoefen, ate 
man bied S3ud^ juerft lefen gel^5rt unb er e^ boQgebid^tet. S)ie grauen 
lönnen nun feigen, ob er bon il^rer SBürbigfeit gefungen unb gefj)rod^en; 
ad^t unb fünfjiig %'6ne l^at er gefungen, bie l^ie brinne ftel^n, unb nod^ 
h)ill er bag t^rauenlob nid^t Iaf[en; toer bann toiU, ba§ e$ aud^ l^ie 
fte^e, ber fd^reib* e« l^inju, toennUlrid^ e« gefungen-! SRur barum l^at 
er bie^ 93ud^ gebid^tet, toeil feine ^rau ed il^m geboten unb er il^r 
bamit gebient; bürft' er« il^r bertoeigert l^aben, fo ^ätt' er« nid^t ge= 
tl^an, benn er toei| tool^l, toie e« ftd^ nid^t ge;|iemt, ba| er bon fid^ 
felber fo biel ritterlid&e 3:i^at gebid^tet. „®uten Sßeiben gel^öre bie« 
SSud^l" fo fd^liefet ber ©änger, „mand^e« fü^e SBort l^ab* id^ il^nen 
barinne gefjjrod^en unb grauenbienft fei e« genannt!" 

3)ie S3egeben^eiten, toeld^e biefe§ merttoürbige S3ud^ erjä^lt, toie 
feltfam fie gro^entl^eil« erfd^einen, finb bod^ feine^toeg« unglaublid^. 
Ulrid^ f elbft berfid^ert im (Eingang , ba^ feine M&^xe nur äSal^rl^eit unb 
feine Siige fj)red^en foH. Slber mel^r, ate biefe SJerftd^erung, bie aud^ 
bor einer ganj erbid^teten ©efd^id^te [teilen fönnte, gilt un« bie an-^ 
f d^aulid^e ©enauigteit , mit ber bie geringsten Umft&nbe toieber gegeben, 
bie ä^iten unb ßrtlid^Ieiten beftimmt, bie 2^^eilnel^mer unb S^^gen ber 
^anblung benannt unb gefd^ilbert finb, fobann bie ttbereinftimmung 
beffen, toaS t>on ber S^itgefd^idj^te borlömmt, mit anbertoeiter Seurfun« 
bung unb bie ungejtoungene SSerbinbung , toorin ba« 9lbenteuerlid^e mit 
bem gefd^idjftlid^ Setoäl^rten ^U^t SBa« biefer Siebe«gefd^id^te ben 
©c^ein ber (Srbid^tung giebt , ift ber @tnflu^ , toeld^en bamal« bie $oefie 
auf ba« 2ä>tn f elbft übte, ein Sinßu^ iebod^, ber nid^t mel^r natur» 
{räftig toirlte, fonbem fd^on in l^o^em ©rabe l^erlömmlid^ getoorben 
toar. ^ie SBelt toirb fid^ niemal« gänjlid^ \>on $oefie burd^bringen 



236 



laffen; toiH biefe ju tocit in bic SBirllid^Ieit cinbrittgett; fo toirb fte 
Balb pd^ in irbifd^c ^formen cingefangcn finben, barin fte mit bcr 
grei^eit i^re urfjjrünölici^c Äraft unb Sauterfrit öctliett. Unb fo ift 
un^ nid^t tUrid^d Srj&I^Iung un\oai)x, aber bad Sekn felbft, ba^ er 
getreulid(f fdjiilbett, toar nid^t mel^r t)öBige SGBal^rl^eit. SQäir öerfud^en, 
biefeg beutlic^er au^}ufül^ren. 

UWd^ t)Ott Sidjitenftein ift unftreitig einer ber anmutl^igften ©änger 
ber 9Jlinne. ©eine finblid^e ^eiterfeit, fein fröl^lid^er Slittermutl^ jtnb 
überaus anf^jredjienb. Äeiner toietteid^t toei^ bie ©J)rad^e mit fold^er 
Seid^tigleit ju l^anbl^aben. Aunftreid^ere (formen, beren er mand^e l^at, 
h)erben i^m nid^t jur Äünfielei, er übt pe fj)ielenb. 5Riematö ift er 
gejtoungen ober gefd^macflo^. 3l(Ied ip i^m lid^t unb tlar; felbp 
f})i§ige SDlinnefragen , S^pänbe unb (Sreigniffe be^ innern Seben« , toeij 
er getoanbt unb gefädig bar^ulegen. Sieblid^e unb trepenbe Silber 
prent er ungefud^t ein, fein ©efü^l ift entjünblid^ unb rege; toir er« 
innern an bie eine ©teile, ioie fein $erj i^n h>einenb anpeilt (9W. 11, 
26 b, 8). 3)ag jebod^ toerläugnet pd^ nid^t, böfe ju ber ^At, ba Ulrid^ 
gcfungen, bie frifd^epe Slütl^e be^ SWinnefange« fd[|on vorüber toar. 
2)aS erpe Sieb, ba« er in feinem 33ud^e giebt, ip um 1222 gebidjftet. 
3)amaU lebten unb fangen mol^l nod^ ältere 3Reiper, Sleinmar, äBaltl^er 
u. ä. , toon benen Ulrid^ gelernt. Slber fd^on entloidfelt pd^ eine ge^ 
peigerte SEBeife, fd^on toirb an ben SBleipcm felbp gemeipert. ©o toirb 
bie alte Älage über bie 3WerIer unb ba« ^üten bei tllrid^ ju einem 
Sobe umgeloenbet; er fd^ilt e« tl^örid^t, ben SWerfern gel^aft ju fein, 
befler fei Sölerlen, benn Überfe^en, too e§ ben SBert^ guter grauen ju 
merfen gelte; er lobt bae redete ^üten, loenn grauen i^re @^re üor 
übler ©itte ju behüten toiPen, unb an ber ©einigen öermift er ba« 
(Sine, ba| pe feinen langen Äummer unb getreuen 3)ienp nic^t merlen 
toolle (SDl. II, 30 a, 5 bi^ 30 b, 2. grauenbienp ©. 192 f.); er toünfdjft, 
baft pe il^n Dor ©orgen unb Unmut^ lauten möge, $üten ip ben ©el^ 
nenben leib, bod^ fo toonniglid^e« ^üten \o&x* if)m eine ©eligleit 
(5DI. II, 30 b, 5. 6. gtauenbienp ©, 194). gn ben 2:ageliebem ip 
il^m ber^SBäd^ter nid^tmel^r gut genug, eine eble 3w"#ftu mu^ toedEen; 
Ijfören toir i^n felbp barüber: „SKeine SKeifter ^aben gefungen, baft 
il^nen bie 2Bäd^ter mit bem SBedten toel^ getrau l^aben, loa« id^ bod^ 
nid^t glauben f ann , benn ein ^od^geborn toi^ig SBeib h>irb tool^l leinen 



237 



SSauetn um iJ^r (Sel^eimntö h>i{{en laffen; man l^at {eine eblen SB&d^ter ; 
93auem fann man nid^td t>ertrauen, benn fie Detfd^iDcigen nid^t; eble 
%xt !ann fd^toeigen, brum foQ fie ©el^eimniffe tviffen; bad mug eine 
anne t^raue fein, bie ben SRorgen fürd^tet unb nid^t eine SRagb ge« 
n)innen lann, bie e$ l^inbert, ba| il^t ^reunb gefeiten toetbe; aud^ ift 
e^ tool^^l gefd^ei^en, bag ein ebleg SEBeib Bei il^rem greunbe betagt ift 
unb et ift bod^ öetborgen toorben" (grauenbienft ©. 250. 3SgI. SK. 11, 
36 h, 6). 3)ie Äreujfal^^rt, bie über^au))t nid^t }ur äluiSfül^rung lommt 
nimmt Ulrid^ ettt>ad (eid^tfertig, ein Jtu| t>on rofenrotl^em üRunbe foU 
i^n ba}u einfegnen. Ulrid^^ Sieber l^aben i^re eigentl^ümlid^en 93ot}üge, 
aber ber Srnft, bad tiefe ®emütl^, bie einfad^en ^erjen^tvorte ber 
älteren @änger ftnb nid^t mel^r an ber 3^t* 

3e l&nger ber SRinnefang getrieben tourbe, je aSgemeiner er ftd^ 
verbreitete, \xm fo mel^r mufte er fid^ innerlid^ abfd^n)äd^en ; tpad nur 
im einfamen ®emütl^ entf))ringen tonnte, toax @ad^e bed gef elligen 
SSerle^rd, ber tvi|igen Unterl^altung gen)orben. @d^on Steinmar fagt, 
man jeil^e il^n, er minne nid^t fo fel^r, aU er fid^ anläge (M, I, 67 a, 2. 
ajgl. II, 188 a, 4. I, 8 a, 4. 53 a, 6). „SWand^er fud^et burd^ ba« 
Sal^r, beg er bod^ nid^t finben tooHte/' fingt SRubolf öon ^Rotenburg 
(SRufeum I, 403, 2. Sgl. 3B, n, 118 a). Ulrid^S a)id&tergabe läfct 
un$ in ben Siebern felbft ben @influ| be^ ßon^entionellen toenig fül^len, 
aber in ber @r}&l^lung feiner Siebe^gefd^id^te lägt \xn^ eine lünftlid^e 
@))annung nid^t ju red^ter Xl^eilnal^e gelangen. äSol^l ift ed fd^toierig, 
fid^ gan) in bie Sinnesart fo ferner 3^^ 2U t^erfef^en, aber bie einfädle 
Klage älterer SReifter t)ermögen toir j[a innig mit^ufül^len, h>äl^renb toir 
gerabe t)on ben l^eftigften Slu^brüd^en bed 6dSimer}ed in Ulrid^ ^auen« 
bienfte Ieinedb>eg$ ergriffen finb. @^ ift und unm5glid^, mit ^einrid^ 
i[)on äBafferberg, feinem ©d^n)ager, auf beiben Anieen bem ^immel }u 
banfen, bag^tuir ben t^oQIommenften Siebenben gefeiten. 3)ad ®efül^l 
bed 6ont)entioneIlen brängt fid^ un§ befonberd aud^ bei Ulrid^d bot)^et 
feitigem SSerl^ältnid auf, ju einer freunblid^en ^audfrau, bie i^m, nad^ 
feiner SSetfid^erung (®. 148. Sgl. ©. 111), nid^t Heber fein fonnte, 
unb ju einer grau bed bergend , ber er feinen ® efang unb feine SRitter« 
bienfte hJibmet. Sei ber erftern öerlebt er bel^aglid^e 3^age, nad^bem 
er faum über bie Ungunft ber le^tem, bie ald bie ©emal^lin eined l^ol^en 
$erm begeid^net ift, in Serjtoeiflung toar. 



238 



^auenbienft unb SRtnnefang l^atten im füblid^en f^antretd^, unb 
Don ba im nörblid^en, ftül^e fd^on gefeQfd^aftlid^en ß^fc^nitt erl^alten. 
über bie Streitfragen ber SSnger unb bie 3toiftiöleiten. ber Siebenben 
\pxai)m 3Rinne^5fe, ))on beren Siegel nnb Stt^f^rüd^en SRand^eiS auf 
nn^ gelommen ift \ 3n ber SHegel ber SKinne ift baiJ erfte ®ebot, bafe 
bie @l^e leine red^tm&lige Sntfd^ulbigung gegen ÜRinne fei (Sta^nouarb 
8. n, ©, CV, «nmerlung 1 2). »rf bem STOinnel^of ber ©räfin öon 
(S^avKpaQM n)irb im Sai^r 1174 bie ^age, ob n>al^re SRinne unter 
Sl^eleuten ftattfinbe, toemeinenb entfd^ieben (ebenb. ®. CVU). ®ine 
anbre t^age, ob unter Siebenben ober unter @l^eleuten größere 3uneigung 
fei, n)irb burd^ Srmengarbe Don Ütarbonne bal^in abgeurtl^eilt, ba^ 
itoifd^en fo Derfd^iebenartigen fingen gar leine SSergleid^ung gefd^el^en 
lönne (ebenb. ©. CVIII). S)iefelbe S)ame ^pxxäfi, in einem il^r Dor« 
gelegten ^alle , ba| bie SSerel^lid^ung nid^t bered^tige, ben frül^eren Sieb* 
^aber )urfid(}Uta)eifen, tocnn nid^t anberd bie nun äierel^Iid^te g&njlid^ 
ber aRinne entfagen tooHe (ebenb. ©. CIX). 2)ie ?Ra(^;rid^ten über fo 
Diele ^roDenjalifd^e @&nger fogen un^ aud^, toie btefe, felbft Derel^lid^t, 
ben (Sl^efrauen Slnbrer l^ulbigten. Seben unb Sieber ber 3:rubabure 
jeugen überl^au))t Don großer ©ittenberberbni^. @d fd^eint, bie Siegeln 
unb ©erid^te ber 3Rinne foSten bie Unfttte jügeln, inbem fte fold^ 
anerlannten, aber in bef darauf enbe gormen brad^ten. Stnbre Sorfd^rif* 
ten unb @ntfd^eibungen ftnb aKerbingS Don eblerer 9(rt; fte gebieten 
toürbtgeg Setragen ber Siebenben, unDerbrüd^lid^e 2Jreue, jUjeiifi^rige 
SBitn)entrauer um ba^ Derftorbene ©eliebte; fie mi^ratl^en leid^ted ®e« 
tofil^ren, bad bie Siebe Der&d^tlid^ mad^e; 9(nna^me Don ®efd^en!en, bie 
nid^t 5um ©ebäd^tnig ober jum bloßen ©d^mudfe bienen, loirb für ent« 
el^renb erllärt (SRa^nouarb S. V, ®. CV. CVI. Slretin ©. 108 f. Sgl. 
ÜJleon 8. II, ©. 191 fg.). SP&er aud^ jene Setoerbungen ber ©änger 
m5gen nid^t burd^aud fo bebenllid^ getoefen fein, afö fte auf ben erften 
SlnbKdE erfc^einen. S38ie ba« Sob freigebiger Ferren, fo toarb ber 5ßrei3 
i^ol^er tJrauen gefungen. 9Jlan Derl^errlid^te biefe am beften, toenn man 

^ [Sgt. %. ^itif Seiträge gur Kenntnis ber romantifd^en $oefte. <£rflei& 
$eft, «erltn 1825. 8. ^J 

3 9)'{erfn)ürbig milbert ber beutfd^e 2). ^artlieb in feiner Ü6erfe^ung biefen 
@a<$ bal^in: „9{iemanb mag fl(^ bat)on audnel^men unb t}on ber Siebe re(!^tli(^ 
fd^eiben.« «retin ©. 76. 



239 



^ä) k)on il^ten Steigen unb il^rev S^refflid^Ieit begaubett geigte. 9Ber ben 
SRinnefang ergriff, tnufte {td^ einen toirKid^en ober eingebilbeten ©egen^ 
ftanb feiner ^ulbigung erliefen; am liebften h)äl^Ite man grauen bon 
. I^ol^er ©eburt, bon berül^mter ©d^ön^eit unb ® eifteebilbung , bie bem 
Siebe ©lang unb Sebeutung gaben. S)ie grauen il^rerfeitö gefielen fid^ 
in bem Sobe Igead^teter @&nger; eine t^rau, bie burd^ ©eburt unb 
@igenfd^aften in ber ©efeUfd^aft J^od^fgefteDt ioar, burfte be^ begeifterten 
€ängeriS nid^t ermangeln; befingen unb befungen gu toerben, gel^örte 
fiberad )um guten Xone. Stid^arb SötoenJ^erg , bamald ©raf ))on $oitou, 
glaubte, ba^ e$ feiner fd^önen ©d^toefter, nad^l^erigen ©emal^lin ^em-- 
rid^^ bed S5ta>en unb Sßutter Jtaifer Dttod IV, gu befonbrer @^re ge- 
reid^en müfte, toenn fie Don bem ritterlid^en 3^rubabur, Sertran be 
S3om, gefeiert toürbe. @r em^fal^l il^r, fid^ bemfelben freunbiid^ itnb 
el^renb ju ertoeifen, unb fie unterliefe biefe« nid^t, toeil fie toufte, toie 
fel^r ber get)riefene ©Snger il^ren SRul^m erl^öl^en lonnte. 3^^ Setragen 
entgünbete ben S^rubabur unb er pm^ fie, afö bie ^errlid^fte, bie Srb' 
unb SReer umfd^liefeen K 2)er Sau^l^in k)on 9lu))ergne begitnftigte auf 
äl^nlid^e äBeife bei feiner )?erl^eiratl^eten ©d^toefter ben trepd^en @&nger 
^e^roT unb freute fid^ fel^r ber Sieber , bie biefer auf fie bid^tete. Salb 
ober fdjiien il^m bad Serpltnid ernftl^aft gu toerben unb er entfernte 
ben 2:rubabur (SRa^nouarb S. V, ©, 281). Son ©aucelm gaibit, 
einem tool^^lgenäi^rten S&nger mit einer ehm fo bel^aglid^en Sl^e- 
l^&lfte, finb und Derfd^iebene ©efd^id^ten aufbel^alten, toie fid^ t^or- 
nel^me f^^auen gtoar fein Sob gefallen liefen, aber bod^ nur il^ren 
©d^erj mit i^m trieben^. S)er ©änger, ber um ben SWinnefolb be« 
trogen toirb, ift überl^au))t in jjenen Sebendabriffen eine ftel^enbe 



1 ^lal^nouarb ^6. V, @. 81: „En Richartz qa'era adonc8 coms de Fei- 
tiens, si s'aissis Tonor sa serror, e si '1 comandet qn'ella ill dieses e il 
fezes plazer e gran honor; et ella per Ja gran ToluDtat qa'ella avia de 
pretz e d'onor aver, e per qu'ella sabia qu' En Bertrans era tan fort 
prezatz hom e valens, e qu'el Ja podia fort enansar^ bV\ fetz tan d'onor 
qa'el s*en tenc fort per pagatz, et enamoret se fort de leis, si qu'el la 
comenset lanzar e grazir.^ fß%U fd* III, @. 137, U. 

3 iRat^nouarb ÜB. V, @. 158 ff.: „Et ela lo sufria, per lo pretz que li 
donava.** „Et ela, per so qu'el.la mezes en pretz et en valor, si receup 
808 precs^ u. f. tx>. 



240 



SioSe K 9(uf ber anb^tn <5eite toirb erjäl^It, ba| $ugo bon @t. 6Vv, 
o^ne bcriiebt )u fein , ftd^ bod^ in feinen Siebetn fcl^r gut Derliebt )U 
ftetten getouft l^abe (SRa^nouarb ». V, S. 223). ©old^e »eif))iele 
geigen, toie SWanc^e« bei jenem 3Rinnebienfi ber 2;rubabure ate S^on ber 
Oefettfdjfaft, atö Ij^etlömmKd^e«, h>enn aud^ gefä^rlid^eö ©^Jiel ju be« 
trad^ten fei, 

3n a)eutfd^Ianb finben h)it jtoar leine fo lünftUd^e, auf bie ©))i^e 
getriebene äludbilbung unb SSerbilbung ber gefeiligen formen. 93on 
ÜJiinnel^öfen ift leine Bpnx borl^anben; benn für eine fold^e lann ed 
nid^t gelten, toenn in ätittetgebid^ten, bie nad^ h^filfd^en ^id^tungen 
gearbeitet finb, rid^terlid^er Urtl^eilfjjrüd&e in aWinnefad^en ertoäl^nt 
toirb ^, ober toenn in ben Siebern eine SRinnef rage gur (Sntfd^eibung 
bon SRännern ober finnereid^en grauen vorgelegt toirb (5DI, 1, 168 a, 6. 
174 b, 3. »gl, »enedfe 151, 2). häufig ift blofe büblid^ ober im ©d^erj 
oon Älage unb (Serid^t bie Siebe (501. 1, 14 b, 2. 3. 43 a: SBil beg n. f. to. 
60 a, 6. 69 b, 2, 3. 114 a, 1. 115 b, 3. 136 b, 5. 164 b, 3 bi« 5. 173 b, 1. 
II, 30 b, 8 ff. 52 a, 3); befonber« anmutl^ig in einem Siebe §ugg bon 
SOBerbentoag, ber gegen bie ©d^öne, bie feinen 2)ienft angenommen, 
aber nid^t belol^nt, bor Aönig, Jlaifer unb $abft Hagen toiQ, babei 
fürd^tet er nur, toenn pe läugne, mit il^r fed^ten ju muffen, attju un-- 
gern f d^lüg' er i^re 3Bänglein unb il^ren rotl^en SRunb , unb bod^ loär' 
eg ©d^anbe, fd^lüg* einSBeib il^n ioel^rlo« tobt; bie©d^öne befd^loid^tigt 
il^n, fte meint, SKinne fei il^m beffer, benn Siedet (SR. II, 49 a, 7 ff.)* 
Slud^ SSBinli toill mit ber l^artl^erjigen (Seliebten bor bem Sleid^e IanH)fen 
{3R. II, 21 b, 4. aSgl. II, 22 b, 5). ©erabe bafe bei folc^en Slnläifen 
nid^tS öon (Sendeten ber SDlinne borfömmt, borjüglid^ aber ba^ in 
Utrid^g grauenbienft nid^t bie leifefte 2lnbeutung babon ju finben x% 
jeugt für ba^ Slid^tbeftel^en fold^er ©erid^t^l^öfe in 3)eutfd^Ianb. dagegen 

1 @te^ @. 258: ®ui8 b^Uifcl». (S. 334 ff.: ^drc «ibatö. (g. 383: 
9{aitnond be i{)>^iraoaI. @. 433: Stid^ar^ be )6erbefteu: „Et ella ab douz 
semblanz amoros^ retenc sos precs, e los receup e los auzi, com domna 
que avia voluntat d'un trobador qae trobes d'ella. Mout longamen cantet 
d'ella, mas anc non fo crezut qu'ella li fezes amor de la persona.*' 
@. 439 ff.: ^anaxx be WianUoxL 

2 «ßarcioal 35. 2840 big 2849. 2889. 2905. 3m SBil^elm Don £)rlcan8 
\oU tf)nü6)t» tiovtommttu Tli^cttlanttn 11, 292. 



241 



ift in biefem 93ud^e bie äßetbung bed Derl^eiratl^eten 9litter^ um eine 
t>erel^lid^te ©d^öne auf eine 9Beife bargefteUt, bie und f^lie^en l&^t, 
ba^ ein fold^ed. äSerl^ältnid ani) in beutfd^en Sanben nid^t füT ungetDol^nt 
unb auffaKenb gegolten. Unter jjenen grauen, bie ein Sanb jieren unb 
erfreuen, mag bal^er and) in mand^em beutfd^en Siebe baiS @]^gemal^I 
irgenb eined l^ol^en $enen gemeint fein. Urf))ri{nglid^ lag biefed tt>ol^l 
nid^t im äßefen bed beutfd^en ^Rinnefangd unb SRinnebienfted. Unfer 
ältefter SWinnefSnger, Äürenberg, fagt auSbrürflid^, bafe feine ©eliebte 
nod^ jungfräulid^ gel^e (ÜR. I, 39 a, 1). 3loä) SCnbre benennen il^re 
©d^önen SWagb unb Jungfrau (3W. I, 5 a, 7. 125 a, 3. 153 b, 6. 
II, 53 a, 6. S3gl. I, 84 b, 3. 125 a, 2. 200 b, 2. SSenedfe 230, 2), 
unb bie 3Borte t^rau unb 3Beib bejeid^nen belanntUd^ , ta>o fie nid^t im 
®egenfa|e gebrandet toerben, leine^i^egd ben t^erel^lid^ten @tanb aud« 
fd(>lie^lid^ K 3« unfern tJrül^IingSreigen fd^toingen fid^ überall jugenb» 
lid^e ÜKäbd^engeftalten. 2)ie beutfd^en §elbenlieber, biefe ed^teften 3)enf' 
male einl^eimifd^er ©itte, jeigen ung burd^aud bie ^eiligl^altung d^e^ 
lid^er ^VLä)t unb 3^reue. Stud^ bie lel^rl^aften Sieber ft)red^en l^ierüber 
ftrenge älnfid^ten au«. „SSäeld^' SWann ein gut 5B3eib l^at," fagt &p^' 
öogel, „unb ju einer 3lnbem gel^t, ber bejeid^net baö ©d^h)ein; tt)ie 
möd^t* e« immer ärger fein! e« W^t ben lautern S5runnen unb legt ftd^ 
in ben trüben 5ßful[|I, bie ©itte l^at üiel mand^er 3Dlann gewonnen" 
(5DI. 11, 229 b, 6). äud^ in ben Seigren unter bem Slamen Äönig 
2^irote t>on ©d^otten em})fiel^lt ber SSater bem ©ol^ne ob a&m Slugen^ 
ben, fein el^lid^ SBeib lieb gu l^aben, toie ben eignen Seib; bie redete 
@|^e tl^ät und ©Ott lunb. 93efonber« toirb ber ©ol^n getoarnt, gegen 
bie grauen unb bie fd^önen 2^öd^ter feiner 5JKannen lein el^rentoibrig 
©elüfte unter ber Sruft auffommen ju laffen. 3^^i ®efd^Ied^te toür* 
ben i^m fonft $a^ tragen unb bie eigene @^efrau, ob fie aud^ au« 
gurd^t fd^toeigen muff , badete bod^: 3)u falfd^er Seib ! ©ie loürbe tbun, 

1 @. tcfonber« bie ongejogcncn ©teilen: 
SD^. 1 , 39 a, 1 : Witx mibe tounne biu get nod^ megetin. 

I, 125 a, 3: 9^emet, frouioe, btfen fiang! 

Sllfo fpra(^ tc^ jeiner tool getaner maget. 

II, 53 a, 6: ^^routoe, getörjle ic^ nu genenben u. f. tu. 

Sfuncfroutoe, ir tötent minen iip; 

2)aüür fo biute \ä) min unftl^ulbc, fprad^ baj ntinneffi(^c tri|)." 
tt^Ianb, Schriften. V. 16 



242 



tote ein Ainb, bad feine ätugen )>etbedt unb bann tpal^nt, t)on 9liemanb 
gefeiten }u loerben. „®ouot/' fo fd(fliefet ber Sater, „foBt bu bi^ be- 
toal^ren, fo fül^rft bu ;^elben löiEig mit \>xx gegen ber ^einbe Sd^oaren/ 
(m. U, 250 a, 4 big 6). 3n ben Seigren SSin^beleg an feinen ©ol^n, 
n^eld^e toxx ben Sienft ber SRinne em)^f eitlen l^örten, U>irb gleid^faüg 
el^elid^e Siebe unb ©intrad^t ^od^ g^^^^efen (9W. II, 251 h, 5). Scfon^ 
berg nterltoürbiö ift ein SBort Sleinmorg i>on 3h>eter ; üerfd^iebene Slrten 
t>t>n 2:i^orl^eiten auf^äl^Ienb, fagt er: ,,S)ie SRinne l^ot il^re S^l^oren aud^; 
er ift tool^l ber SRinne Xf^ox, n>er tool^l getoeibet ift unb auf eine 3(nbre 
ivenbet feinen SRutl^; toer aud^ 2iumieren ntinnet alfo fel^r, ba^ er 
babei üergiffet ber $au«el^re, ber l^at bie 5IRafee nid^t beljalten" (SK. II, 
124 h, 1. aSgl. II, 209 h, 4). SEBar im @inne biefe^ Xablerd nid^t 
Ulrid^ t)on Sid^tenftein ber leibl^afte %f)ox ber ÜRinne? 

@el^r glaublid^ l^at bie n&l^ere 99e{anntfd^aft mit ber 3)id^t!unft 
unb ber Seben^nmfe bed ©übend aud^ auf bie beutfd^e Sitte eingen>irft 
unb befonberd lonnte biefed in ben ©egenben gefd^el^en, n>o Ulrid^ ge^ 
lebt unb gefungen l^at. 2)ie ^rot)en}alifd^e 3)id^tfunft l^atte fid^ aud^ 
in ber Sombarbei eingebürgert. Sefannte Xrubabure toaxtn Don bort 
gebürtig unb l^aben pd^ bort umgetrieBen (Sla^nouarb 35. V, ©. 147. 
211. 339. 416. 444). ©in fold^er ©finger, tJerrari öon gerrara, lam 
l^äufig nad^ 2:ret)ifo (Sta^nouarb S. V, ©, 148), too aud^ Ulrid^ auf 
feiner Sitterfal^rt eintrifft. ^ SBäöIfd^e SRitter reiten in Ulrid^d Oefolge 
(grauenbienft ©. 98). 3^ SJofeen toirb il^m einft eine ©ingtoeife ju^ 
gefd^id^t, bie im beutfd^en Sanbe nod^ unbelannt ift, bamit er fte beutfc^ 
finge. SSon ben öerfül^rerifd^en ©efd^id^ten 2^riftan«, Sancelot« u. f. tt>., 
bie öon anbrer ©eite eingebrungen , finb bie Äöjjfe ber ganjen Slitter* 
fd^aft erfüllt. SEBenn toir aber k)on ben Siebfdj^aften ber 2^rubabure be* 
merft, ba| SRand^eS bod^ nur ald ©{»iel unb ©d^ein )u betrad^ten fei, 
fo finbet biefeiS aud^ auf Ulrid^d £iebegk)erl^ältnid älntoenbung. ÜRögen 
toxx bei bem ®id^ter felbft ben DoKen Srnft öoraudf e^en , ba« Senel^men 
feiner erften ©ebieterin ift bod^ überaus jtoeifell^aft. Über bie ^JJerfon 
berf elben ift nod^ leine glütflid^e SKutl^mafeung uorl^anben ^ ; nur f o i>iel 
ift Ilar, ba^ eS bie ©emal^Iin eines i^ol^en ^exxn getoefen, bie ben 

1 ^orma^rS ^ertnutl^ung, bag t9 9gned )}on ätteran, f$riebrid^d bed 
(Streitbaren britte ©ema^Iin, getoefen fei, l^at Tt. Don (Sottin (Siener Sa^rbü^er 
«b XVI, ©. 170 f.) lüibcriegt. 



243 



3)tenft be$ au^ejeid^neten Stittetig unb SSngerd nid^t Derfd^m&l^te, aBer 
il^n t>otfid^tt0 in Bä)xanltn l^ielt. @ie toeift il^n ab unb ermuntert il^n, 
fte beobad^tet il^n immer, unb atxi) jene ©efd^enle bon unbenannter 
^anb rül^ren bon il^r l^er; aber tvenn er bem QxA am nfid^ften fd^eint, 
to>eit fte fteti^ to)ieber auiSjutveid^en. ^n jener näd^tlid^en Qu^ccmmm^ 
lunft, tDobei bie ^errin im Ier}eni^eQen ^runlgemad^, in fürftlidjier 
Jtleibung unb in ber Umgebung il^rer ^auen, fo feierlid^ ben Stitter 
em^f fingt, feigen mir nid^t eine ttml^re Siebe^gef d^id^te , fonbem nur ba$ 
burd^gef))ielte ©d^auf^nel einer fold^en. beutet lUrid^ aud^ an, ba| fte 
il^m nad^l^er gnfibiger getvefen, fo toiffen hnr ]a, nrie er fd^on über bie 
geringfte ©unftbejeugung ent)fidt ift. 9lad^ Ime bor aber Hagt er, ba| 
fte feinen 2)ienft nid^t ertenne; unb aud^ bie gtoeite @eliebte, bie er 
bod^ im ®an)en als l^ulbreid^er fd^ilbert, I&|t il^m ftets )u tofinfd^en 
übrig. S)a$ gro^e Seib, bad i^m bie erftere getl^an, beftanb bermutl^« 
lid^ barin, ba| fte beiS ioeit getriebenen ®p\dt^ fatt ioar, 3t^id^ 
leidet gel^t aud^ Ulrid^ \>i>xi ber einen Siebe {ur anbem über, unb bei 
aSer ftkge iffc er boc^ immer frol^gemutl^ K 

1 über U(ri4 &on Sid^tenflein f. fonfl.nod^ ^^afd^enbud^ für bie üaterl&nbif^e 
(&t]6)x6)tt t}on ^omta^r unb iE^ebn^aniSlp, 8ter Sal^rgang 1822. i^üf^ingj» 
^öc^entltd^e Ü^a^ri^ten xl f. xo., 1816, 8b I, e. 47. 49. 8b II, e. 231 
(md^t bebeutenb, l^auptfäd^tid^ nur bie ©raubünbener Sinie ber Sid^tenfieine be- 
treffenb). (Sftoe«, ^ngeige beS t$rauenbienfled in ben ^eibelberger ^al^r^üd^ern 
1813, e. 582 ff. [3. Saac, ©efd^id^te be« fürfHid^enl^anfed Sied^tenßein. I. 
SBien 1868. & @. 57 bii» 124. $.] 



244 



X. 

2)a« $o]^e unb ^eilige felbft ift gu feiner geit unöerl^öl^nt gefeite* 
ben; um fo getoiffer unb unfd^ulbiget übt pd^ ber fd^aül^afte SBi^ an 
attem görmlic^cn, ©ejierten unb Übertriebenen, mag eS aud^ noc^ fo 
ernftl^aft unb toom ^erfommen begünftigt auftreten. 3)afe ber SKinne« 
fang bem ©})otte nid^t entgelffen fonnte, lüirb unfre 3^^ ^i«I leidster 
begreifen, alg ba^ er fo lange mit fold[>cm (Smfte getrieben tourbe. 
S)ie jarten ©mjjfinbungen, bic jtd^ in bcmfelben au8ft)red^en, pnb über* 
l^aujjt nid^t Qebermann« ^a^t; bie ©d^toärmerei ber Siebe burfte bie 
©renken ber SRatur nic^t ungeftraft überf d^reiten ; je mel^r enblid^ SQSal^r* 
l^eit unb ©cl^alt einem ^erfömmlid^en gormcnfjjiele ttjid^en, um fo ge- 
fd^äftiger ioar ber ©Jjott, bie l^ol^Ien formen mit berberem ©toffe aug* 
jufüHen; unb fo bilbete fid^ ein entfd^iebener ©cgenfartg, ber infomifd^ 
entfteBenbem ©^jiegel bie fd^mad{>tenbe 5Dliene beg SWinneliebeg toiebergiebt 

S)ie öberjartl^eit be§ SKinnefangS toerf^jottet ®ebrut in einem Siebe 
gegen ben 5Dlinnefänger SBad^gmut öon Äünjingen: „$err SBad^gmut/ 
fagt er, „minnet feine grau über taufenb SWeilen, bennod^ ift fte i^m 
gar ^u nal^e; fo fanft tl^ät* eö il^m, foBt' er fie auf einem l^o^en 
2;i^urme fd^auen unb bann toon il^rer $anb ein ^Jingerlein (SRinglein) 
emj)fa^en, bag lü^t' er taufenbmal; lag' er bei ber SBol^Igetl^anen mit 
il^rem rotl^en 5Kunbe, nimmer berül^rt* er fie, er lie^ e« öor greube. 
SQBär* aber id^ fo feiig, bafe id^ bie Siebe l^ott' alleine, toer toeife, toa^ 
id^ il^r t^te? tool^I lüfet' id^ nid^t baö gingerlein, id^ lüfete fte an ben 
rotl^en 3Runb" u. f. h). (5ßf&Ijer ^anbfd^rift 357, Slatt 24 b. [3)ie 
alte ^eibelberger Sieberl^anbfd^rift, l^erau^g. öon $Pfeiff er. ©tuttgart 1844. 
©. 137. Ä.]). ©d^on bei frül^erem 2lnla| l^aben ioir Sugerungen ange« 
fül^rt, loeld^e ba« SKiStrauen gegen bie Sauterleit be^ SWinnefange« lunb 
geben, ©in Leiter e« Sieb öon (äebrut (3W. II, 119 a, 2, unter (Seltar) 



245 



\pxiäfi ben Unglauben fel^r beutlid^ au^ unb beftätigt , toa^ to)ir über bie 
Unfd^äblicl^leit biefe« SieberbienfteS bemetft: „$ätt' id^ einen Äned^t, bcr 
Sieber fange öon feiner grauen , er müfte fte befd^eibenlid^ (beftimmt) mir 
nennen, ba^ 5Riemanb ttjäl^nte, e« toare mein SBeib. Sllram, ^trxpui^i, 
grieberidjf, ttjer foHt' eud^ ba« jutrauen, ba^ il^x fo bie Ferren äffet! 
SEBäre Oerid^t, eg gieng' eud^ an ben Seib. ^^x feib ju feift bei Älag* 
unb 9lot]^; toäre 3emanb ®rn(t, ber fid^ fo um SKinnc l^ärmet, in 
Sol^regfrift lag' er tobt" OPfäljer ^anbfd^rift 357, »latt 24 b). 

®in auggejeid^neter ©egenfänger ift ©teinmar, ber neben ber SBer« 
l^öl^nung jeigt, bag er felbft lieblid^e ÜRinnelieber }u fingen t)erftanben. 
@r tritt bem ÜJlinnefange mit einem ^irinl« unb Xifd^Iieb entgegen, ftatt 
bei8 minntglid^en grül^ling« J)reift er ben tüd^tigen ^erbft: „9lun ©ie 
mir nid^t lol^nen toxü, ber id^ t)iel gefungen, fo loiD id^ ben ))reifen, 
ber mir für ©orgen l^ilft, ben ^erbft, ber beg SKaienÄleib füllet toon 
ben Steifem. ®in armeS SKinnerlein ift red^t ein SDlärterer. ©el^t ! gu 
benen loar id^ gejod^t, bie toiH id^ laffen unb h)iU in luftig Seben treten, 
^erbft, nimm bid^ meiner an! benn id^ toiH bein Reifer fein, gegen 
x>m glanjen SKaien ; um bid^ meib* id^ f el^nenbe Slot , feit bir ©ebetoin 
(bejeid^nenber Slame eine« filteren §erbftf fingert) ift tobt, nimm mid^ 
bummen Saien für i^n, ju einem fteten S^Ö^P^^^^ „„©teinmar, ftel^! 
ba« toitt id^ tl^un, befinb' id^, bafe bu mid^ tool^I ju fd^ö^en loeift."" 
$erbft, nun l^ör* an mein Seben! SQBirtl^, bu foHt un« gifd^c geben, 
mel^r benn jel^nerlei, ®änfe, $üner, SBögel, ©d^toeine, 3)ermeli (?), 
Pfauen, Sßein bon loelfd^em £anbe. @in traurig ^erje tröftet ä&ein. 
SBirt^, loag bu und giebft, bad toürje loo^I, ba| in und eine $i|e 
toerbe, bag gegen bem ^^runle gel^' ein 3)unft, toie 9laud^ bon einer 
Srunft! ©d;affe, baft ber SKunb toie ein Sljjotl^ef und fd^medfe! ®r* 
ftumm' id^ t)on bed SBeined Araft, fo geu^ in mid^! SBirtl^, burd^ mid^ 
gel^t eine ©tra^e, barauf fd^afP und allen S3ebarf , ©))eife mand^erl^anb, 
SBein, ber ein Slab tool^l triebe! SKeinen ©d^Iunb J)reif id^, mid^ 
toürget nid^t eine gro^e ®and, fo id^ pe fd^Iinge. $erbft, trauter ®e« 
fette, nimm mid^ ju Sngeftnbe!" (3R. II, 105 a, 3 bid 105 b, 3.) «ud^ 
ber öon Sutoenburg ift ein großer SBerel^rer bed §erbfled: „SBünfd^et, 
iai und nad^ fo lichtem 3Raien reid^e ^erbftedtoonne lomme! Aann 

1 [^ermel, (S^ebärme, !!)ann»urfl. ^.] 



246 



bod^ in bie Sänge 9liemanb frol^ fein ol^ne @))eife, Pfaffen nod^ Saien!" 
(3R. U, 179 a, 3.) liefern ©Snger ift ber na^rl^afte ^erbft ein @tfoft 
für SBlumen unb Vogelfang, eine ,,®runbfefte'' menfd^lid^er f^reube; 
gegen bie tointerlid^e £uft foQen toxv ben Stirem mit ,, einet ftarfen 
Sanbtoel^t'' an 3Bein unb @))eife betätigen: „\>a\>on n)itb aud^ 3!rauren 
geleftet" (9». n, 179 a, 6. 180 a, 4. 180 6, 4. SBgl. aWütter H, Sßt 
aJleiftergefangbud^ ©, 31, CCCCXCIII. 311. n, 36 a, 5 ff.). 

9luf anbre SEßeife hoirb ber üRinnefang t>erf^ottet, toenn in ©ebid^ten, 
toeld^e gan) bie 9{n(age eigentlid^er 3JlinneIieber l^aben, fonberbare unb 
uneble SSergleid^ungen gebrandet ober äBenbungen, bie ben SRinne« 
fängern gangbar finb, burd^ Übertreibung läd^erlid^ gemad^t toerben. 
hierin ftel^t toieber ©teinmar öoran. ^n järtlid^ Hagenben grül^Iingg' 
liebem, in ber ©tro))l^e felbft ober im Slefrain, ftö|t man bei il^m auf 
93ilber, toie folgenbe: „3S&x' x^x ^erje ein älmbo^, fo ift meine Jllage 
boc^ fp gro6, bafe id^ tool^l Onabe fottte finben" (311 n, 107 b, 7. »gl. 
äSutoenl&urg, 9R. 11, 179 i, 4: ,,®rifent l^erl min l^erje toU ftd^ nad^ ir 
jerftojen" u. f. to.). „SSor 3Kinnefd^redEen taud^' id^ mid^, h)ie eine 
@nte taud^et fi(^, bie fd^neHe Ralfen jagen in einem Sad^e" (3R. U, 108 a, 
1. 2). „2Bie ein ©d^toein in einem ©ade, f&l^rt mein ^erge l^in unb 
I5>er" (3Jl. II, 106 b, 2). 3n milbernber Slad^al^mung biefer SEBeife pngt 
SRoft, Jtird^l^err ju ©amen: „^ad ^erje mein l^ü))fet in bem Seibe, 
gleid^ afö ^ab* ^ funben ein 5Reft öotter SBögelein" (3K. H, 91 a, 5) K 
Berber unb ungelenfer fmb bie ©d^erje ^ieberid^S bed jlned^t^ unb bed 
fd^on erto&l^nten bon Sutoenburg. @rfterer fagt: „3Rand^en @ib l^ab* 
id^ t)er(oren, fie glaubt mir nid^td, bmn @ine^: toenn id^ i^ienge, bag 
id^ auf ber ®rbe lieber lebig gienge. 9lad^ ^f)x ift mir fo red^t toel^, 
ba| id^ fd^lafe nimmer nid^t, fo idjf toad^e; baju toerb* id^ feiten frol^, 
afö \omn id^ t)on ^erjen lad^e, meine ^age fd^toinben fo mit JUage" 
(9)1 U, 116 b, 4. 5. ^Pfäljer ^anbfd^rift 357, Slatt 38 a unter Siutolt 
Don ©eben) '. ®in fd^öneg Sieb SReinmar« be0 alten erjSl^lt un«, toie 

1 ^nä) btc ©teile: „3Rtrfl atter frötben fc^iu ^frcmbcr ^iurc, banne i>ert'' 
(ÜR. U, 91 b, 5) ift Stberl^all Don ©teinmard Stefrain: „Wlix^ min lougen ber oil 
füescn $mrc unnal^er, banne öcm" (Wl. H, 106 a, 3 ff. »gU 1, 166 a, 3. 158 a, 3). 
S3gt. aud^: „baj id^ ir lob muoa fiete fd^ricn" (Slofl, 2Ä. II, 92 a, 1). 

2 (Sinem SDlinneliebe l^dngt i^rieberic^ ber ^ned^t ben 9{efram an: „$et! 
grauer Otte!" u. f. n?. (2Ä. U, 116 a, 5.) 



247 



er bie ®eltebte jum erften SRale fal^: ,,®in minnigßd^ 9Bunber ba 
gefd^al^, {te gieng mit alfo fanft burd^ meine Sugen, ba| fie fid^ in 
ber (Snge nirgenb ftie^; in meinem ^er)en fte {td^ nieberlie|, ba tvag' 
id& tool^I bie SSertl^e l^eimlid^ inne" (3R. I, 80 b, 3 f.). liefen ®e^ 
banlen fül^rt Sutoenburg auf feine SBeife aud: al^ er bie Siebe mit 
ben älugen }um ^erjen l^ineingetDorf en , ba to)Sre feine jtel^r an tl^r 
ertoorgt, feine 9(ugen l^&tten ftd^ t>errenlt, fein ^er} ta>&re }er))Iaft, 
l^&tte nid^t bie SRinne il^ren bummen 2)iener gerettet (3Jl. 11, 180 b, 5). 
3u fd^erjl^aften Steigerungen geben bie manigfa^^en 3)ienfte 9(nla§, 
toeld^e bie Saune ber @d^önen bon getreuen SBerel^rern erl^eifd^t, toobon 
n>ir im t^rauenbienft Seift)iele gefunben K 9(n ber ®ren)e be$ (Srnfted 
fielet ba$ frül^er au^el^obene treffKd^e Sieb Steinmar^, toie er mit ber 
Saat grüntn, mit ben Slumen blül^, mit ben SBöglein pngen, mit 
^em äBalbe (auben, mit bem SRaientl^aue- tl^auen toxU. „%a^ ift mir 
M^ nid^t )u biel, toenn fte mid^ trdflen tciH" (3R. II, 109 a, 1 bi$ 3). 
3)er 2^aler Ilagt nid^t 93lumen nod^ Alee, bie !ommen in SRaien toieber 
to)ie e^\ er Hagt, ba| eine f^au il^ aufgelegt, ein 3^^^ ^^^9 ^^ 
Sratl^emb (curftt?) ^ auf bloßer $aut }u tragen, aud^ ol^ne (Sffen )u 
fein unb 3Bein unb äßajfer ju meiben; er l^ab* il^r ®ebot geleiftet, nod^ 
fei er aber il^r ©J)ott (5W. II, 100 b, 3. 4). S)er 3;anl^ufer l^at guten 
2iroft bon feiner Sieben; fie begel^rt nid^tg h>eiter, atö ba| er il^r ben 
Wf^d bed $ari$, ben l^eiligen ®ral, bie ätrd^e 3to& bringe, baju ben 
lid^ten ^ßolarftem, ben SKonb unb bie ©onne, nebft anbem $errlid^- 
leiten; bie Sll^one foQ er gen Slümberg fd^idCen unb bie ^onau über 
ben 9ll^ein, ben Stl^ein foE er ivenben, bag er nid^t an Aoblen} t>or« 
beiflie^e, fliegen foU er toie ein Staar, l^od^ fd^toeben to)ie ein Slbler, 
taufenb @))eere auf einmal bred^en, toie ®amuret, bem SRonbe feinen 
Sd^ein, ber ®Ibe il^ren t^lu^, ber Sonau il^r Slaufd^en benel^men 
u. bgl. m.; toenn ber SKäufeberg toie ©d^nee jergel^t, toirb i^m bie 
Steine lol^nen^; toaS fte il^m t^ut, ba$ foE ü^n 9(lle^ bünlen gut 
(SSerf^ottung biefed bem SRinnefang gel&ufigen SluSbrudd) ; fie ftimmen 
trefflid^ überein: fJJrid^t er ja, fo fj)ric^t fte nein (SR. II, 65 b, 4 bi^ 

1 %L (9otfrü) toon ^tragburg, 9R. II, 183 a, 4: 3e lOabilone ^adf ir 
lone SBoIt ic^ gerne t)aTn. 

2 3», II, 72 b. 6: curfit unb plattm. 

3 [»gl. ©d^riften IV, @. 213 bi« 216. ©.] 



248 



66 i, 3). 9(ud^ S3b))))o mu| bie ®unft fetner f^tauen fauet berbienen : 
brei 5ßl^önije auf einmal mu^ er tl^r bringen; mit ©d^nedfen fott er 
@inl^ome unb ^rad^en fallen, mit ©reifen foS er Beiden; @lia$ unb 
®noc^, bie nod^ beibe leben f offen, toiff pe jeben befonber« feigen; fte 
toiff feigen unb l^ören, h>ie ber ©traufe feine 3"«Ö^ wiit ben Slugen 
brütet, toie bie Sötoin mit brei ©d^reien il^re Äinber lebenbig mad^t \ 
toie bie ©irenen ftnßfn u. f. f. ©efd^iel^t ba§ äffe«, fo toirb il^m leidet 
t>on il^r ein aRorgenerufe (3Jl. II, 236 b, 3 bi« 237 a, 2). 

Sebeutenber, afe biefe einzelnen ©^jottgebid^te, ift baS größere 
(Segenbilb be« ritterlid^en 3RinnefangS, ba« ftd^ in einer SReil^c fd^erj« 
l^aft'länblid^er 3)id^tungen aufgeftefft l^at. 

3« öerfd^iebenen 3«ten ift ber ^oefie in il^rem lünftUd^en Suftanbc 
bie ©el^nfud^t ertoad^t, fid^ an ber Slatur ju crfrifd^en. äti« ber $of* 
bürg finb oft bie ©änger l^inauiSgetoanbelt, l^aben bad I&nblid^e 2^b^ 
belaufd^t unb in ib^Difd^en ©ebid^ten aufgefaßt. S33a3 aber bie Sb^ffe 
ju geben ^jftegt, ift nid^t bie Statur au« erfter^anb, fonbem eö ift bie 
3)arfteffung be« Sänblid^en im betouften Oegenfafte ju ber fünftlid^en 
Silbung ber 3rit. S)ie lauteren $RaturI(änge öernel^men toir faft nur nod^ 
in ben Siebern unb Sieigen abgefd^iebener ©ebirg« « unb ^irtenöölf er \ 

9lud^ ben ©t)rad^en be« 3RitteIaIter3 ](>at bie 3b^ffe nid&t gefehlt. 
S)ie 5ßrobenjalen unb granjofen l^atten il^re 5ßaftoreffen ^ Sieber, toorin 
ber ritterlid^e ©finger auf feinen tJtül^Iing^gängen einer artigen §irtin 
bie ßl^re ertoeift, fie jur Vertrauten ober aud^ gur SJröfterin feiner 
Siebedllage ju beftimmen; im le^tern %aUe toerben feine Sieblofungen 
unb ©efd^enle mand^mal fd^nöbe )urüd(getoiefen, er muß tool^l gar t>ox 
ben l^erbeigeruf enen Sanbleuten bie glud^t ergreifen ; öfter jebod^ erreid^t 
er feine SBünfd^e, loa« ju öerffinglid^en SSefd^reibungen älnlaß giebt 
(Sla^nouarb S3. II, ©. 229. SRoquefort ©. 223). 3m ©anjen ftnb biefe 

1 [$gl. ^rtbanled Sefd^eiben^eit t>on Sß^. (S^rimm. (S^öttingen 1834. 8. 
@. LXXXm hx» LXXXV. ^J 

2 [2)a» golgenbe bi« ©• 258, 3e«e 6 oon o6en, lag nur in ber Slbfdjrift 
üor. 3n bcm toon U^Ianb felbp gcfd^riebenen SWanufcrtpte fcl^Ien bie betreffen* 
ben ©lätter. ^.] 

3 [S- 2)te3, 2)ie ?5ocfic ber Xroubabour». Swidau 1826. 8. @. 114. 
g. S)iej, geben unb Serie ber Sroubabour». 3tt?i(f au 1829. 8. @. 6ia 
^(tfran^öftfd^e Slomansen unb ^aftourellen, l^erauiSgegeben oon ^arl I8artf(i^. 
Sei^)}tg 1870. 8. ^.] 



249 



Sieber einf örmtg unb ba« S&nbKd^e tritt toenig l^erbor. Umfaffenber, berber, 
aber ani) geftalt^ unb farbenreid^er jtnb bic länblid^en ©ebid^tc ber alt- 
beutfd^en ©änger; an güd^ttgleit l^aben jtc t)or bcn toälfd^en nid^t« borau«. 

3)te ©nttoitflung biefer ajtd^tung^art fül^rt ung auf fjrül^cre« ju- 
rüd. 3S3ir l^aben ben ^ül^ling, ba§ SSIumenbrec^en unb ben 3^anj 
unter ber Sinbe, a(g ©runblage beS SKinnefang« bargeftefft; totr l^aben 
bemerft , toie biefc ©runblage felbft nod^ in ben Siebem ber Ij^öfifd^ern 
©änger burd^fd^eine. ^mc gräl^Iing«Iuft ift niemals gänjKd^ aus bem 
5Winnefange getoid^en, aber merflid^ abgefd^toäd^t tourbe fie burd^ ben 
junel^menben ®Ianj ber Stitterfefte unb bie SluSbilbung gcfeHigen $of* 
tonS. ^ol^e grauen unb §errn mod^ten an jenen einfad^en 3Sergnü» 
gungen nid^t melj^r mit red^tcr $erjenSfreube 2^l^eil nel^men, jte über* 
liefen biefelben ben nieberern Älafjen unb traten als blofee Sufd^auer 
jurtidf. S)ie ©d^ilberung ber länblid^en ^Jefte ift fortan nid^t mel^r ber 
SluSbrudf eigener Suft , fie l^at ben 3^^* erge^lid^er 2)arftellung beffen, 
ttjoruber man erl^aben ftel^t ober gu bem man l^erabftetgt ; fie tr&gt 
mel^r unb mel^r ben 3^0 ^^^ Seläd^elnS unb toirb jüle^t jur 33er« 
fJ)ottung bäurifd^en SBefenS unb 3JreibenS. Slber bie üerbrSngte SRatur 
räd^t jtd^; ber SWinnefang, bom frifd^en Seben gefonbert, toirb l^ol^I unb 
ermübenb; regere ©änger ergreifen bie öerfd^mäl^ten ©toffe unb feieren 
fie gegen bie öornel^me 3lnma|ung; baS fd^erjl^afte ©emälbe töljjifd^en 
Unfti^idS ift jugleid^ ein ©J)ottbUb l^öfifd^er ©e^iertl^eit 

Sitte biefe Slbftufungen laffen fid^ bei naml^aften ©ängern nad^* 
toeifen. SBaltl^er, bem errötl^enben SKäbd^en ben Äranj bietenb, ober 
ben 3^anjenben unter bie SSlumenl^üte fd^auenb, ob er bie nid^t finbe, 
bie er im 2^raum gefeiten (3R. I, 125 a, 3 bis 5. 136 b, 6), ober t)om 
Slumenbett unter ber Sinbe fmgenb (9». I, 113 b, 4 ff.); ^iltbolt, bie 
©üfee |)reifenb , bei ber er fo fd^ön am S^anje gieng (2B. 1, 143 b, 6 ff.) ; 
^einrid^ bon 3J{orunge, jur älue eilenb, loo laute ©tirnme fd^attt unb 
bie ©d^öne jum 3;anie pngt (9R. I, 55 a, 7); Äonrab öon Slltftetten, 
}um Xan} auf toeitem älnger labenb , einen Umfang bon blanlen älrmen 
für ben ©änger beS SReigenS l^eifd^enb (9R. II, 47 a, 5. 48 a, 4); 
^einrid^ \>on ©aj, mit fd^mcrjerfülltem ^erjen unter grünet Sinbe 
fj)ringenb (9Jlufeum I, 420); lauter eble unb emfte ©änger, ber erfte 
befonberS erllärter ®egner beS „unl^ofelid^en" ©angeS, benen toir gleid^- 
tool^l mitten in ber grül^lingSfreube begegnen. 3)ann bei Aonrab bon 



250 



Sanbed u. 9(. nnx nod^ aQsemeine Sluftufe )um ÜRaienreigen (3R. I, 
196 a, 3. 196 i, 2. 200 a, 4. 202 b, 3. »öl. I, 44 a, 3 bi« 5); bei 
bem Uebetreid^en tUrid^ Don Sid^tenftetn, ber fo mand^ Xan^tDeife ge^ 
fungen, oud^ nid^t eine blül^enbe Sinbe mel^r. Sluf ber anbern ©eite 
Oottfrieb ioon9leifen, Ulrid^ Don SBinterftetten , bon ©ad&fcnborf , ®raf 
Aonrab t)on JtUd^berg, bon ©tam^eim, Surlatb \>on $ol^ent)ete, Don 
©d^ar))f enberg , ®5ß, in manigfad^en Übergängen bie 2Beife Dorbereitenb 
unb anlKngenb , bie in 9litl^art8 3)orfliebem jur Dotteften Steife gelom* 
tnen ift. SRid^t afe ob bie ©änger ber 3^*foIge nad^ fid^ gerabe fo 
reiften, toie toir fie aufgejäl^It; ber Sinjelne ift uniS nur SSertreter 
einer ©tufe ber innern ©nttoidtlung; oft fd^ISgt ein ©J)aterer ältere 
^öne an, toäl^renb ein t^^l^erer Dorangeeilt ift. 9leigung unb Um« 
gebung j|ebeg einzelnen S)id^ter«, bie 3ta\}t unb ber ©efd^madf einflufe* 
reid^er gürftenl^öfe, mod^ten l^ier mel^r ben urf})rünglid^en grül^ing^ 
fang betoal^ren, bort bie l^öfifd^e ober fd^erjl^afte Stid^tung begünftigen. 
Ütitl^art felbft ift frül^er, aU 3Rand^e, bie toir Dor i^m genannt, ober 
bei il^m pnbet fid^ bie du^erfte ©teigerung unb bie brcitefte Sluöfü^rung 
be$ länblid^en ©^ottgefang^, ben toir nun junäd^ft au^ ben Siebem 
biefeS ©ängerg fd^ilbern K 

3)er ©d^auj)la^ Don SBitl^art« ©d^toanfen ift bie ©egenb um SBien, 
ber 3eit nad^ fallen fte l^au))tfäd^Iid^ )n>ifd^en bie ^al^re 1230 unb 1236. 
93iefe geitbeftimmung ergiebt fid^ baburd^, bafe ^J^ebrid^ ber ©treitbare 
Don Öfterreid^ barin eine Slotte f))ielt. ^m ^affx 1230 folgte ber neun« 
jel^ni&l^rige f^riebrid^ feinem SSater im ^erjogtl^um, 1232 toorb er 
älitter (Chron. Claustr. Neoburg. ad annum 1232), 1246 fiel er in 
ber ©d^lad^t gegen bie Ungarn; aber bie unrul^igen unb Derl^eerenben 
Saläre Don 1236 an, lo&l^renb toeld^ tS'^^^ri^ i« "^^ %ä)U mit bem 
^aifer au$ ber $au))tftabt Derbr&ngt, bann fein Sanb Don ben S^a- 
taren l^eimgefud^t toar, mod^ten bem l^eitern @))iele loenig Siaum geben. 
Slud^ ift 9litl^art$ SSIütl^ejeit el^er l^inauf, afö l^inab, )u rüdCen, ba 
fd^on in 3Bolframd SBill^elm Don Dranfe, ber nad^ 1215, bod^ fd^)i>er« 
(id^ lange nad^l^er, beenbigt toorben (91. 101 a), auf ein Sieb 3liti)Cfxti 
angefi|)ielt ift (931. 87 a). äBeniger betoeifenb ift eine äl^nlid^e ©teKe 

1 [$gl. nun: ^^eibl^art Don ^tumtfjai, ^eraui^gegeben Don SDIori} ^ou^t. 
Sei)}aig 1858. 8. Wlan fel^e auä^ ©id^riften III, e. 385 ff. $.] 



251 



im 2:iturel (851. 58 b , 4). SBcnn aber Slitl^art aud^ fd^on geraume 
Seit bor ^cbrid^« Stegierunggantritt gefungen, fo treten bod^ unter 
kiefem dürften feine fd^erjl^aften Umtriebe am meipcn ju 2^age. 

fjriebrid^ ber Streitbare, beffen ©efd^id^te feinen Seinamen red^t* 
fertigt, erfd^eint in Ulrid^^ fjrauenbienft afe ein greunb ritterlid^er 
(BpkU, in ben Siebern SRitl^artg, 2:anl^uferg u. 31. afö ein ^eunb üon 
(Sefang, 3;anj unb ©d^erj. Sr fang felbft ben grauen ben Steigen 
(S^anl^ufer, SK. II, 59 b, 1) unb fd{>etnt aWinnelieber gebid^tet ju l^aben 
(SRitl^art, 3R. H, 76 a, 6. [§auj)t 85, a3 ff. 5ßf.]). »ber iugenblid^ unge^ 
fKIm, ftol) unb feiegerifd^ , in mel^rmaliger @l^e niemals glütflid^ , mod^ten 
tl^m rüftige @d^tt)&nfe beffer jufagen, aU minniglid^ed fttagefingen. 
^anl^ufer be!lagt nod^ f^riebrid^d Xoi mit bem älu^ruf : „9Ber l^alt nun 
2:^oren, h)ie @r t^at?" (3R. II, 69 a, 4.) ©oId(^e a:i^oren, beftettte 
Suftigmad^er, toaren 9litl[^art unb ber f))ätere Sanl^ufer. (Srfterer, t>on 
bem toir ]e^t l^anbeln, toax naä) mel^reren 9(n)eigen t)on ritterlid^er 
^erlunft, ein armer ©bellned^t, Änat)j)e K ®r jog biel uml^er, lüftete 
jebod^ bei bem dürften griebrid^, ben er feinen ^ofl^errn nennt (9R. 11, 
76 a. aSgl. II, 105 a, 2), grol^mutl^ (bie gröl^lid^Ieit) , fagt er in einem 
feiner Sieber , Ij^ab* atte beutfd^e Sanbe burd^toattt, ob fiegemanb finbe, 
ber in ganzen greuben fei, aud^ in ba^ Dfterlanb l^abe fie il^re Bp&f)tx 
gefenbet: „h)er ift jeftt fo freubenreid^, bem fte pd^ gefinbe, ate ber 
gürfk grieberid^? 3iun lomme fte, ba fie il^n finbe!'' (SW. H, 76 a, 4 ff. 
[$au^)t 85, 25. 5ßf.]) Qn einem anbem Siebe bittet SRitl^rt ben 
^rften um ein Heiner ^fiudlein, barin ber ftIbert)oIIe @d^rein betoal^rt 
tofire, ber i^m bon griebric^d milber @))enbe getoorben; er l^ab' in 
beffen ©au mand^e 3)rol^ung ju befai^ren; berbienen tooS' er ed, fo 
lang er lebe, mit feiner ^anb, unb bor @ott einft mit feiner ^^^9^ 
burd^ ein Soblieb im l^eilgen S^ore, babon griebrid^ im ^arabiefe h)rit 
belannt toerbe (3R. ü, 72 a, 4). gtoeifell^aft ift, ob ber 5«ame 5Rit« 
l^rt (92eibl^arb) ein n>irflid^er, ober, in Se^iel^ung auf ben @))ottgefang, 
ein angenommener fei. ®erfelbe toieber^olt pd^ an einem gtoriten 9lit^ 
l^art, ber ein ^a^r^unbert f^)äter am ^ofe Dtto8 be« grö^lid^en afö 
©})a^mad^er erfdjirint. 3)er toeitere 3Jame bon Sleuentl^al, ben fid^ 

1 3um ^ewetfe bie fammtUd^en Sieber, toorin baS ^'ähäftn leinen $auer, 
fonbern einen fUxtttx ober (Sbelhted^t begel^rt. ^ 



252 



unfer 92tt]^art, aU \>o\x feinem Selben unb (Sigen, fo l^äufig Beigiebt, 
legt gletd^faUd aSegorifd^e Sejiel^ung ttal^e, eben auf bte traurige 93e« 
ft^Iofigfeit, bie er in obigem Siebe üorftettt, öietteid^t aud^ auf Der« 
lorenen Sep^. $aMoub, um 1300, gebrandet ba€ SEBort Stcuentl^al 
beftimmt allegorifd^ im 3wfflwtmenl^ange mit ©eufjenl^eim unb ©orgen^ 
rein (9R. II, 188 b, 6), fo aud^ ber öon ©lier«: „id^ mufe gen a:rübem 
l^aufen fal^ren" (5!Jlufeum I, 431), unb im 2:iturel: ^J^eubentl^al unb 
SReuent^al (81. 186 a, 5. 6) K 

SSom $ofe ju SSäien au« mad^t nun Slitl^art feine SCugflüge nad^ 
bem gefälj^iflid^en ®au, bcffen bag Sieb erto&l^nt unb toorunter bie ®orf* 
fd^aften be« frud^tbaren 3^ulnerfelbe« ju öerftel^en pnb. 8Ba« er babei 
crfal^ren, beobad^tet, erfonnen., ba« fingt er ^ur Seluftigung feine« 
fürftlid^en ^ofl^errn. 3n biefen Siebern erfd^eint SRitl^art ate eifriger 
SSerel^rer unb Verfolger ber 3)orffd^önen, looburd^ bann mand^erlei 
(Siferfud^t unb ^aber jioifd^en- il^m unb ben länblid^en Siebl^abem er« 
h)&d^ft, bie er unter ben Flamen S)ör})er, S)orffnaben, 3)orffJ)rengeI, 
©orfrüd^el (3R. II, 82 b, 9), ©etelinge aufführt. SSBenn ber grü^Iing auf 
grünen S^^Ö g^f#« ift (3K. II ? 75 a, 7), toenn ber 5Kai ben neu'- 
belaubten SBalb an ber $anb fü^rt (501. II,' 81 b, 7), toenn bie $ribe 
bem aSinter ju Seibe grünt (9R. II, 78 a, 7. 78 b, 4. 83 b, 2) , toenn ber 
%\)a\x ben SBiefenblumen in bie 2lugen fättt (3Jl. II, 78 a, ß), ba l^ört 
ba« 5Käbd^en SRitl^art« lotfenbe« ©ingen. „Un« toitt ein ©ommer 
lommen, too^I l^ab' id^ ben \>on Sleuentl^al öemommen; ben toitt id^ 
loben, mein §erje fj)ringt \>ox ^reuben, red^t afö toott' e8 toben; id^ 
l^ört' il^n reigen mit ben Äinben, ic^ f^Jring' an feiner $anb l^in ^u ber 
Sinben" (501. II, 85 a, 6. »gl. 84 b, 2). ®ie ÜKutter toarnt, fte Der« 
fagt bie geierlleiber, e« erl^ebt fx6) SBortloed^fel unb ©treit, unb jule^t 
f!|)ringt bie leid^tfinnige S^od^ter bod^ l^in. SRitl^art l^at gegen itoanjig 
Sieber Don biefer 2lnlage, bie boIf^mSfeig unb uralt ift, aud^ bei fo 
mand^en anbem ©ängern toieberfel^rt. ©ie gel^ört ju jenem Greife ur« 
fj)rünglid^er ©id^tung, ben toir frül^er barjufteHen öerfud^t^. ©igen« 
tl^ümlid^ ift bei Slitl^art bie Sejiel^ung auf feine ?ßerfon unb Umgebung,. 

1 ®raf $ugo öon aWontfort, ^fäfjer ^anbfd^rtft 329, ©(ott2: ©encnbcrg. 

2 ©d^on 2)ietmar t)on ^ifl gebraud^t bie @ad^e btMd^, »enn er Don 
{einem bergen fagt, ei» tl^ue ber Xoä^ttx gletd^, bie liebe SD^^ntter betrogen 
(ÜR. I, 42 b, 1). «gl. ©rimrn, «Itbänifd^c ^elbcnlieber 193. 46. 



253 



übcr]^am)t bte 9lrt ber 3lugfül^rung. ©o bid^tetifd^ biefe Siebet anl^eben, 
fo unjart labten fie getobl^ntid^ auf. @r[t ber aUbelebenbe t^üJ^ling^^ 
l^aud^, bie unbejipmglid^e Sugenbluft, bte mütteriid^e ©orge, in fd^önen 
«nb Iräftigen QixQcn; toeiterl^in aber toirb bie Sarftettung rol^ unb 
übertrieben. SWutter unb S^od^ter fd^elten einanber, f erlagen fid^ gar 
mit Äunlel unb 3led^en (SW. II, 75 a, 4. 84 b, 11 f. 85 b, 5 f.); baS 
3Räbd^en erbrid^t ben Äleiberfd^rein (3Jl. II, 75 b, 2) ; bänbe man xf)x ben 
%\x^ mit einem ©eile, fie bliebe nidjit (SK. II, 85 b, 4), l^in fj)ringt fte, 
mel^r benn eine Älaf ter long (5DI. II , 84 b, 6). SRod^ getoaltfamer ift 
t^, toenn bie äRutter felbft, bie mel^r benn taufenb SRunjeln l^at, loon 
^^an^Iuft ergriffen toirb, toie ein SBogel fd^mingt fte fid^ auf (SK. 11, 82 a, 
6 ff.); ber SBinter mu^ toeid^en, bie S3äume, bie grau ftunben, l^aben 
tteue« SRei^, bie Sttte, bie mit bem S^obe fod^t, lebt auf, toie ein 
SBibber f})ringt fte unb ftdfet bie jungen atte nieber (3K. II, 82 b, 4 bi« 6). 
fiberall jeigen fd^on biefe Sieber, toie pe jur S3eluftigung be« $ofeS 
unb ber SHitterfd^aft beftimmt finb. ©inen (SbeKned^t, einen ftoljen 
9iitter n^iU ba$3Räbd^en, leinen ®02)}red^t, nid^t @ngelber , ben jjungen 
3Keier: „toirb mir ein ©belfned^t, ober ein Stitter ju 2;i^eile, einem 
Sauren bin id^ bann nod^ red^t." ©ie t)erfd^mäl^t bie SBarnung ber 
Butter, nid^t mit jungen Seuten fic^ abzugeben, bie il^r nid^t „ju 
9Kafee" finb (3R. II, 74 b, 6. 7. 75 a, 2. 7. 84 a, 4. 5); ber t>on SReuen^ 
tl^al l^at il^r einen lid^jten äiofenlran^ auf baS $au))t gefegt unb i^r 
dn paax farbige ©d^ul^e („gemalte laljen", »gl. 501. II, 74 b, 2) über 
Sll^ein gebrad^t (SK. II, 85 a f . *) ; um feinettoiBen gürtet fie fid^ in fd^öne 
Sorten (3K. II, 84 b, 4) unb betoinbet ii^r $aar jum Sieigen mit ©eibe 
(501. n, 78 b, 2). SEBie in biefen Siebern bie ^offart ber 3Ääb(^en, fo 
toirb in anbern ber Übermutlj^ ber S)örfer l^erauSgefteHt. 2)ie ©iferfud^t 
ber Slitter gegen ben aufftrebenben Sauernftanb ift l^iebei unöerfennbar ; 
le^terer tritt jebod^ fo Ir&ftig unb freubig auf, ba^ ber Qpoü be^ 
^öf lingg öon il^m abfaßt ; Siit^artö ©ebid^te pnb in biefen Segiel^ungen 
dn S^6)^n ber 3^*. SBir geben au« il^nen eine toeitere Silbeneil^^^. 
®enug ber ®örj)er finb il^m gram, unb lann er^ fügen, fo ftört 
aud^ er il^ren Steigen (aW. II, 74 a, 3). ©er gürft au8 Öfterreid^ felbft 
l^at einft ben Aamt)f gefd^lid^tet , ben Slitl^art mit ben S)orfft)ren)eln 

1 %uäi in ben toelfd^en ^aßoretten werben ber ^irtin ®efd^en!e gemad^t. 



254 



gelabt, üt im ®an 93ortän)er toaren. @te tragen aDe @ifengett)anb 
in bie $eetf al^tt , lool^in bet %i\xft QAtnt ^te \>af)tm %eliiau^ pfli-- 
0en foEten mit bem $p[uge, bie fielet man )u 2Bien „QMxfiX unb platten" 
(Biüät ber Siüftung) laufen, baju bide Seber für bie Sd^enbeine 
(5K. n, 72 b, 5. 6). 3n großer ©d&aar fommen fie bal^er (3R. II, 73 a, 6), 
fte toeid^en bon einanber nid^t, aKe ftnb @ine Bxpp^djaft. @ie tanjen 
ftebentlid^ mit ben 3)tagben im ®au, bem SlitJ^art tooSen fte bad 
S^anjen tüel^fren, fteiner toeid^t il^m einen %\ii t)on ber Strafe. @iner 
))i)r aKen f))ringt ftol) bal^er, in l^ol^er 9Beife feine SBSinelieber (ÜRinne^ 
lieber ber alten 9lrt) fingenb. @r iffc Slitl^arten auff agig , ft)eil tl^m bie 
@d|dne neulid^ il^re ^anb ium Xan^e loerfagt; feinen ^rettnben l^t 
erd geHagt, 3^ner fei fd^ulb: ^äSad gebadete berXI^or, ba^ er bei il^ 
tanken tooUte? nid^t geziemt ed ii^m, nod^ bem SReier Sngelbolb^ an 
il^re toei^e $anb )u greifen" (HR. II, 74 a, 6 bid 74 b, 3). %luä) bem 
i^renber, ber bon Sotenbrunnen l^er gel^t! £ang ifl il^m fein ^iar, am 
Jtragen trägt er gro^ @e))olfter, ba liegt Sifen inne, aud^ im Sßamd 
überall, baruber eine ^irfd^i^aut, an ber @eite feinet 99aterg Sd^toert, 
ein gräulid^ @ifen; )u Su^egelb ftnb il^m alle Dermonbt, er bünit fid^ 
in feinem ®d^c))fe tool^l eilf Sol^nen toertl^. ^er l^at ber ©d^dnen ge- 
fagt, toa^ il^ren Dl^ren tvol^l bel^agt; je n&l^er er il^r fi^et, je femer 
mxL% SRitl^art rüden (ÜJl, U, 71 a, 4 bi« 72 a, 2). SSeife Semanb, iDol^in 
bie S)ör^)er öerfd^tounben pnb? SP W«^^ wel^r im Sanbe blieben? 
9Ran fanb fonft mand^en auf bem 3;ulnerf elbe ; to&ren fie bod^ t>er' 
trieben! 9lur in bie @tube ^at fie ber äSinter Derfd^eud^^t. älber fel^t 
ben $ilbemarl S)ie langen Soden l^&ngen il^m toeit über bad jtinn l^erab, 
nad^td liegen fie gebrangt unb gefd^nfirt in ber ^aube, toie Arämer^ 
feibe finb fie fal^l, MSig eine @Qe breit, toenn fie l^erDorftrauben; feine 
©d^ul^e finb gelafd^t mit rotl^em Seber, Jtränje finb aufgen&^t, Silb- 
iDert bid über bie ^niee, bad fd^aut er an unb ftreid^t feine jtleiber, 
ba^ lein ^eberlein an il^m bleibt. @el^tl nod^ @iner ift l^ie, ber befd^ut 
oft fein ® en)anb unb ftreid^t e$ nad^ beiben Seiten , ba^ il^m bie SlddEe 
toeiter; df ba^ er beim %ani ol^n' einen ©lodengürtel to&re, er lie^e 
fid^ el^' ))om Sanbe jagen, ben tr&gt er l^od^ toie ein ftoljer 9)le|ner; 
bad toill 9titl^art mit (üefange ben ^ofleuten Ragen, @ined mu| ge« 
fd^el^^en, too fie 3^nen beim Pfluge feigen, ba| fie il^n nadt au^jiel^n. 
Sin dritter gel^t l^erfür, er ift gel^ei^en Ungenannt, Stitl^artd befonberer 



255 



^einb; er fd^reitet an %xau ®€ppm ^anb, gat grimmig biinit er ftd^, 
fe^t, toad er @ifend freffe! 3(u(i^ 93rune tömmt, ber trägt eine ^aube, 
bie ift innerl^alb gefd^nürt, au^en ftnb mit @eibe S35gel aufgenäl^t, 
bagu man<i^ ^finbletn bie t^inger gerül^rt: „@r mu^ bulben meinen 
glttd^, ber bed it gebadete, ba^ er 6eibe ober %viäf f)€X Don äßälfd^« 
lanb brad^te." S)er 3)orf!nabe toiU ftd^ toertl^em i^iigefinbe gleid^fteQen, 
baS bei $ofIeuten ertoad^fen unb erlogen ift. Srtoifd^en {te il^n, fo 
jerren fie il^m bie ;^aube fo gefd^toinb l^erab, ti)* er pd^3 toerpel^t, pnb 
il^m bie SSögelein entflogen (SR. II, 75 i, 4 big 76 a, 3. 8 f.). S^nem 
gel^t baiS $aar auf bie Sld^fel, fein Sd^toert ift tool^I gefd^liffen, einen 
ÜRauIfd^Iog g&b' il^m Stiemanb ungeftraft; er tr&gt einen ^ttbelfad( 
(mulcar, loermutl^lid^ fo t)iel atö mufe^cor, toa^ fid^ jtoar nid^t finbet, 
ober mit comemufe [muse, musette] jufammentrifft); jtoeen {pfeifen 
Dor il^m, ber >ritte fd^Iagt ben ©umber (S^amburin). 3« ber ©tube 
j^ebt ftd^ @d^all bon ben @etelingen, ber @umber ertoft, bie SRäbd^en 
tanjen, ba judCt 3^^^ ^^^ ^^^ ^^^^ ^ine auf feinen @d^oo^, er toiU 
Hft ben Sting Dom f^nger giel^en unb Derrenit il^r bie $anb, il^r SSru- 
ber fdj^idt nad^ $ülfe, ber lange dteJ^toin unb bed Steierl Sruber lom- 
men, fte tragen ftarle ©d^toerter unb liegen alten ^aft; 3^^ ^^^^^ P^ 
an eine 9Banb, ed I^Uft il^m toenig, er toirb in bie S^n^ gef dalagen, 
ba^ il^n bas 93Iut begießt (SR. n, 81 a, 5 big 8). SRegentoart l^at ber 
toeiten ©tuben eine, bort foQ ber ©obenan} (3Binten>erfammIung) am 
geiertage fein, eg ift feiner S^od^ter SBiUe. SineS foH bcmSlnbem ben 
%ani anfagen; ba| leing ber SRäbd^en Dergeffen toerbe! 2)en SladEen 
foQen fie tool^l bebedten, aber too)u ben $alg betoal^rt (neue grauem 
trad^t)? beg ^au^teg finb bie äSeiber ftetg fidler getoefen« ©treit über 
©treit: äRegentoart unb Sngelmar, 3^^^ ^iQ nad^ ®5ttelin gelten; 
to&re nid^t @berl^arb, ber ÜReier, ing SRittel getreten, fie l^&tten bie 
$&nbe in ben paaren, ^toeen ^fil^nen gleid^ gelten fie ben ganjen %aQ 
gegen einanber; bort ift ^aber um ein @i, bag dt\xpxtä)i gefunben, er 
})&Ü eg in ber ^anb unb brfiut l^in unb l^er, gomig tro^t il^^m ber lal^le 
^ppt, ba toirft 9tu))red^t biefem bag @i an bie ®Ia|e, ba| eg nieber« 
rinnt (SDl. 11, 77 a, 6 big 77 b, 5). „fraget aug bie ©dj^emel unb bie 
©tül^le! I^ei^t bie ©d^ragen fürber tragen! I^eute foQ'n toir S^anjeg 
toerben mfibe. 2l^ut ung auf bie ©tube! fo ift ung lül^le, baB ber 
SSSinb an mein Ainb toel^' ein toenig fttr bie Übermübe!" %U bie 



256 



Sorftnger fd^h)etgen, h)irb nod^ ein älbenbt&njel ju ber ©eige getreten. 
S)a tanjen ®o)))Ted^t, @um))red^t, (St>))e, 9ßit[e))Ted^t, bed ÜJleier^ 
^ned^t, SBetenbolt unb ber tunge Stuoje; SRegenbolt, beS 3Reiet$ @ol^n, 
unb9le))^e, S^enbart, äSrod^fel^art, barnad^ ft>ringt ber tt>Ube Stunde. 
3)er gel^t freien burd^ ba8 3al^r unb ift bod^ ben SKaiben gar jutoiber, 
Stoei St>annen breit ift feine ©d^toertfeffel, ftolj ift er auf fein neu 
@eh)anb \>on bier unb )ti)anjig ^iüci^ern. @ngelbolbi$ Xod^ter möd^t' er 
l^aben, ein SBeib, bie einem ©rafen ju iUlinne giemte. ©el^* er anber« 
toärtg l^in! fo berberbt er ftd^ bie Slugen nid^t. 3)iefen Sommer l^at 
er fie für SSrot getaut; fd^amrotl^ toax Stitl^art, ba jene bei einanber 
fa^en, er felbft bient il^r gerne (Senede 290 ff.). 33itfelfj)iel, aud^ be« 
SBBeiter« in ber Stube; $err Äunge foff be« ©J>ieleg SKeifter fein, er 
verbietet lad^en, f})red^en, toinlelfel^en; toen er barüber tttappi, toirb 
auf bie ^nger gefd^(agen; ba läd^elt 3^te(in, ad^l ad^l ber iDirb an 
il^rer ^anb gar h)el^ gefc^el^en, fie toarb an einem ginger tounb, ba fte 
il^rer SWul^mc ®erfte fd^nitt; trauter ^err Äunje, f dalagt fte befto lim 
ber! (3)1. II, 76 b, 3 bi« 5.) Bpxd um ^afelnüffe, toenn Slitl^art am 
fjeiertage bie 3Käbd^en beifammen finbet; fie Ilagen, ba^ er fo feiten 
fomme; er trifft aud^ tool^l @ine allein, fie bittet il^n, feinen ©ang ju 
fingen, unb ate er im $alfe nidjit bereit ift, fdjienft fie i^m Sirnmoft 
ein, big il^m bie Äel^le Ij^eiter unb l^eH toirb; fo bringen fie ben 2^ag 
mit greuben ju unb beiden mit einanber bie braunen SRüffe (9R. II, 80 a, 
3 big 5. 82 a, 1 big 5). SaHtoerfen auf ber ©trafee, beg ©ommerg 
erfteg <Bp\d; gefäl^rlid^ iftg in biefem Oebränge; gliel^en unb 3|agen, 
mit bem SBurfe trügen, ^afd^en unb ^ü^fen, toie un jeitige Rranid^- 
pge; ioie bie SWäbd^en glül^en, toie fie toben, toie fte bie $änbe ftredfen, 
toenn ber Sali geioorfen toirb! toeld^e ben 33all fann erjagen, bie fott 
£ob iuöorbcrft tragen. Ärumt)olg bon Slumjjol^ läuft unb ruft: „SEBirf 
mir l^er! id^ toirf bir toiber." 3Kand^e S)ime ftöfet er nieber. ®rIenbolb 
ftöfet ein ^irnlein, bag nad^ bem »aO läuft, er ftöfet fte über (&ppm 
»ein, ba^ im gall il^r Änie erfd^eint (SW. n, 79 a, 5 big 79 b, 2). 
Seiner mül[|t fid^ in ber grauen 2)ienfte, toie ber 3)örl)er Si^d^lin, 
toenn er ju SBeil^nad^ten (t>gl. SR. II, 66 b, 4) ben Steigen fü^rt; er 
nimmt pd^ eine Jungfrau an bie $anb unb f})ringt, ba| 2ung* unb 
Seber, $erj unb 3Kagen in il^m pd^ umfd^toingt; il^m bünft, alg to&ren 
fieben ©onnen am Fimmel, er läuft um, toie ein gebrel^ter %o)f\, 



257 



il^m fd&lDtnbett, er fällt jur ©rbe, ÜRunb unb Slafe toaXicti ftoon Slut 
über, fein $erj Ilo})ft fic^tbar ju beiben ©eiten (®örre8, 5IWeifterKeber 
©. 166 f.). 

äOle biefe Silber unb nod^ anbre, gänjUd^ jud^tlofe, l^at 9litl^art 
in ben !Ral^men be$ ritterlid^en SRinnefangS gefaxt. 3Ran glaubt, ein 
emfteS SRinnelieb k)or fid^ gu l^aben , toenn man im Singange bie male^ 
rifd^en Säefd^reibungen be^ ^ül^ling^ ober äBinter^, bie ^ärtlid^e ^lage 
über bie Ungunft ber ©eliebten lieft, aber auf einmal f^ringen biefe 
„fel^nelid^en Älageliebel" (SW. H, 78 b, 8) in ben „üjjjjigen Sang'' 
(3«. II, 82 b, 7) über, g. 35.: „D toel^, liebe ©ommerjeit! o h)el^, »lumen 
unb Äleel o h)el^ mancher SQBunne, ber h)ir lebig muffen fein! Unfrer 
greuben SBiberftreit (ber SBinter) bringet SReifen unb ©d^nee, ba« l^at 
aBeg rotl^er 9tof en ungteid^en ©d^ein , alf o ift ungleid^ mein* unb Slme- 
lunge« ©d^toere, meinet Ungelingen« freut er fid^'* u. f. to. (^ßfälger 
^anbfd^rift 357, 831. 26 b). 3)od^ nid^t blofe in biefer allgemeinen 
Slnlage bepelzt bie fj)ottenbe SRad^al^mung be« 3Kinnefang^. Slud^ ein- 
zelne SBen^ungen unb Sludbrüdfe be^ le|tern h)erben in baiS ^offenl^afte 
gefj)ielt. ©d^on iene« toieberl^olte „D h>el^!" beim ©inbrud^ be« SBinter« 
erinnert an ben Slnfang mand^er üRinnelieber. Oft flagen bie ritter^ 
lid^en ©änger, bafe il^r t>ergeblid^eg SEBerben fie t)or ben Qal^ren grau 
mad^e; 9lit^art flagt, t)on ber Sör)>er Übermütige fei er loom im 
©d^o})fe grau (^Pfäljer §anbfd^rift 357, 891. 24 b. SSgl. m U, 199 b, 5). 
$erlömmlid^ ift im 3Kinnefang, bafe eine fd^öne grau ein Sanb jicre 
unb erfreue; Slitl^art fingt öon ben tanjenben 3)orff d^önen : „©ie l^at 
gefd^ür^et il^r @etoanb mit ber $anb, ba^ ein Sanb i>on il^rer ©d^5ne 
h)irb belannt" (SR. 11, 86 a, 2). „3^r aWägbe, tool^lgetl^an unb minnig^ 
lid^, i^r gieret eud^, bafe eud^l bie S3aier banfen, bie ©d^ioaben unb 
bie fjranfen'' (SU. n, 78 a, 3). SBaltl^er t)on ber Sogetoeibe Ilagt: 
„©ie fragen unb fragen aber allju öiel t)on meiner grauen, toer fie fei" 
(3R. I, 122 a, 7). Slud^ Slitl^art h)irb auggeforfd^t, jiDölf ^anbfefte 
S)ör|)er lommen angeftiegen unb fragen, njer fie fei, bie SBBonne« 
reid^e, ber er fo l^ofelid^ gefungen. ®r anttt)ortet, lieber mit ain- 
fj)ielung auf bie SWinnelieber: ^©ie tool^nt in beutfd^en Sanben fidler* 
lid^, fte ift in meinem Äreife, ber id^ biene, t)on bem Sßo bi« 
auf ben ©anb (3Reere«ufer), Don ßlfafe bi« in Ungerlanb, in ber 
@nge id& fte fanb, fte ift nod^ jtoifd&en 5ßari8 unb SBiene" (9». II, 

ttj^ranb, ©d^Hfte«. V. 17 



258 



73 a, 6 f. aSgl. 3R. I, 119 h, 6, 131 i, 2. 145 a, 4. 1,8 a, 5. 
II, 105 h, 5) K 

©0 tjergnügte Slttl^att ben $of ju SEBien auf jtoiefad^e SBcife, in* 
bem er S3äutif(^e^ unb ^dftfd^e^ jugletd^, @ineg burd^ ba$ Slnbre, in 
fd^erjl^after Sufammenflettung läd^etlid^ mad^tc. Unter feinem Slawen 
finb nod^ toeitere Bä^tvänU Dorl^anben, toeld^e, fot)ieI toxx in @rmang« 
lung t)oOßjlnbi0er Duellen Uermutl^en, mcf)x bie erftere Sitd^tung, ben 
©d^ mit ben S3auern , verfolgen unb einer f J)ätem ^ext angel^ören \ 
über 9litl^art« SBanberungen ergiebt fid^ SBerfd^iebene« au§ feinen £ie^ 
bern, toaö toir l^ier übergel^en. ©ein« 35id^tergabe ift fd^on nad^ bem- 
ienigen, toa« toir au^gel^oben, unberfennbar. ©ein (Sefang toar be« 
rü^mt unb fein 5Rame nod^ in ben ©d^ulen ber 9Heifterfänger gefd^oftt ^, 
Seiber finb fo biele feiner Sieber burd^ bie fd^mu^igffen ©^)äffe entfteHt. 
®inmal ftimmt er ernfteren %cn an, in einer bitteren Klage über bie 
tPönbelbare SBelt, barau^ gu entnel^men, ba^ jener l^eitere ©ang il^n 
toeber gegen innern Äummer, nod^ äu^erlid^ gegen 3RangeI gepd^ert: 
,,aBer einen SSogel l^ätte, ber mit ©ange burd^ ba^ ^aÜ^x feinen SSBillen 
tl^äte; bem foKte man unterh)eilen nad^ bem SBogell^aufe fel(|en. ©ang* 
er feinen ©ang immer gegen ben ÜJlaien , fo f ollte man il^n ben ©om« 
mer unb ben SBinter liegen; guter ^Pflege toiffen aud^ bie S8ögel SJanl" 
(2R. II, 72 a, 5 bi« 72 h, 4. 73 a, 1. 2), 

1 SBciterejJ, »aS 6cl S^iitl^art mel^r ober minber ^jorobifd^ fd^eint: üerttjan* 
belot Zweimal Tt. II, 71 a, 4. 73 h, 3), ötetteid^t in «cjie^ung auf SieinmarS 
oltcrt^ümlic^en @til (Wl. I, 78 b, 2. «gl I, 41 o, 3. SWigcettaneen II, 202, 68)* 
@i ifi »irfer, banne guot (2Ä. II, 72 a, 5). %\)itn eg bie SBard^c nil^t, fo wol bir 
tiltfd^iu junge (SW. II, 73 b, 4. «gL I, 102 h, 3), S)e8 tufcnt l^ergcn »urben gc« 
(2W. II, 73 h, 7). 53aa gcfungen nie bie i>ogcI toebcr c noä) fit (3R. II, 75 a, 6). 
^iure tumber, banne oert (iW. II, 75 h, 5). @ibcn boten (3K. II, 81 b, 5). 2)a 
biu fc^önc öor mir fag SWfam ein öottcr monc (9W, II, 83 a, 3. SSgL I, 54 a, 3). 
Mc ir fuorc ifi öon ber gugcl^ett (Tt, II, 82 a, 3). SDaj id^ mid^ fd^ampt; 
©d^üd^ternl^eit ber SRinnefängcr, burd^ ©immop öcrtriebcn (SR. II, 82 a, 4). ©i 
ift oon bem roten golbe unb nil^t t)on fla^ele (^fäl^er ^anbfd^rift 357, $1. 26 a). 

2 SBunber^orn I, 103. SWi«cettancen I, 95. 

3 ©einer erwäl^nen nod^ iWamcr (3». II, 173 a, 3), Slubtn (SKütter U, «It 
3)fteiflergefangbw(^ ©. 5, CLXIII); ^erman 2)amen: JReimar, SBaltcr, fftubin, 
'üHiti^axt, 3Sribcrid^ ber ©unncnburgärc 2)ife ofie fmt in tobeg oart u. f. m. 
(iWütter II, nad^ 3wcin ©, 62, XI); mpt>lt ^ornburg (SRufeum II, 22. 26). 
©d^ilter, Glossarium 8, v. Bardus ©. 89. ©örreg, SJ^eiperlieber ©. 225. 



259 



Unter ben ©ängcrn bct ISnblid^en SKcifc, beten toir )ot>xi)xn eine 
SReil^e genannt, ftel^t ®öli bent Sittl^art am näd^ften. (Sr giebt em 
S3ilb beS Dfterf^Jtete, eine« ^rül^KnflgfefteS, in bent toir bag fortleben 
uralter ©ebräud^e erlennen ; e« ift ein altbeutf d^er SBaff entanj ^ ; ber 
SSortänjer fül^rt ba« Dfterfad^g, aud^ bie ©enoffen tragen lange ^\t>tu 
fd^neibige ©d^tperter unb fo fud^en .pe ben Steigen eine« jtoeiten fjül^rerg 
fed^tenb ju burd^bred^en, il^n t)on ber Sinbe }u iDerbr&ngen; jeber Steigen 
l^at begeijiernbe ©d^önen in feiner 2Ritte; biefe rül^men pngenb i^ren 
gül^rer unb toerl^öl^nen feinen ©egner: „®r ift unter fjallen nid^t ein 
Slar, laum eine S5h)enIIau' unter anbern 2^l^ieren. SSBer toittern lönnte, 
h)ie er tt>iff, ben fd^lüge ber §agel feiten" (ögl. 2:iturel 185 b, 5). 
Slber bie ©d^toerter f dalagen fd^aHenb auf l^arten ©tal^I; ein rüftig 
@pxd, bei bem ntan jur redeten ^anb beS S)aumeng tpol^l bebarf 
(m. II, 57 a, 1 bi« 5. 58 b, 4)». »efd^reibung einiger 35örJ)eI, bie, 
ben Sieigen bei ber Sinbe ju ftören, mit Äolben unb ©d^h)ertern ben 
Sergabl^iang nieberfteigen (5DI. II, 58 a, 3. 4 , öon l^otjen liten) ; fobann, 
f})ottn)eife, ©iferfud^t auf einen l^ialbfranjöfifd^en Bi^'^'&^'Ib, ber Iraug« 
lodRg , toie ein £öh)enl^auj)t , mit h)ol^lgef altetem Slodte jum 3^anje gel^t ; 
5Riemanb rül^r* il^n mit ungetoafd^enen ^änben an ! (5IR. II, 58 a, 6 bis 
58 b, 2.) (Sbm biefe ©eftalt, ber öftere ©ebraud^ frember SEBorte, bie 
®rh)ä^nung ber Äolmarer §üte ($elme) (9DI. II, 57 a, 3), fotoie beS 
Sll^eineg, an bem SBerte unb 2luen grünen (SW. II, 57 a, 1. SSgL 57 b, 3. 
[$au»)tg 5Rit^art ©. XXV. §ßf.]), läfet ung bie Heimat beg ©Snger« 
im ©Ifafe finben. 

35er t)on ©taml^eim malt ben 3lu«jug ber SWäbd&en jum tJrül^Iinggs 
reigen in einer fel^r au^gefül^rten S)arfteIIung. 2lud^ IJ^ier ift 5Bort« 
toed^fel jtoifd^en SlRutter unb S^od^ter unb 3Sorentl^aIten ber Äleiber. 

1 Sacitud, Germania. OL SO^agnuö, De gentium septentrionalium variis 
conditionibus, Lib. XY, Cap. XXIII bil^ XXV, be|onberi$ im lel^tertüä^ttten 
(£a)}itel: „Saltationem, seu choream similem a vetosUssimo instituto ser- 
vamnt seryandarnque docuernnt antiqui: in qua adolescens ductor erat 
armatus, militarem exercens peritiam, qua postea in invadendis hostibus 
uti posset. Sequebatur virgo modestia qnadam insignis, quee foemineum 
saltum deoenter agebat.^ Oftertoein f. SBunber^orn I, 105 f. 

2 2)ic SÄinnefänger nennen oft btc (SJeliebtc il^re« ^crjen« D|lertag; ber 
»Ott Srofiberg jtngt: „@ic i|l mein» ^ctacn» Ofierfpiel'' (SW. II, 52 b, 6). 



260 



^ie Butter fagt, )u il^ret 3^^ f^ ^<t^ ntd^t geivefen, ba^ SRäbd^en, 
gleid^ ben Anaben, in$ $oI) )um Xanje gelaufen, fte l^abe man nie 
beim Steigen gefeiten. 3)ie S^od^ter meint, bag feien bie ©d^Iimmften, 
bie 3(Qed gum Söfen leisten, mand^e fei nie jum Steigen gelommen 
unb bod^ bal^eim nidj?t um fo Diel beffer getoefen K Salb giebt bie 
$IKutter nad^ unb l&ilft felbft ba« liebe fiinb fd^müdfen (3R. II, 55 b, 7 ff.). 
2)a^ ®an}e ift t>on blü^enber f^arbe unb tpeit flttiger, aU ffliti^avt^ 
Silber, bal^er n>ir e« fd^on. frül^er bei ber ©d^ilberung ber SKaientänje 
benü^ten. 2)er ©änger felbft etfd^eint l^ier toieber aU ein fold^er, ber 
fein eigen Seib in ber allgemeinen ^eube l^ergi^t. 3lm n&d^ften aber 
{nü))ft ein Sleigenlieb be$ ®rafen Jtonrab )?on Aild^berg bie lanblid^e 
SBJeife an ben ebeln ©ang; e« l^at toon jener faft nur nod^ ben Slufruf 
öieler 3Räbd^ennamen (t)gl. Stitl^art, 501. II, 85 a, 5), unter benen pd^, 
neben ben gemeinf d^aftlid^en , aud^ \)d\)exe unb au^gefud^tere ju befinben 
fd^einen ; toon Sßarobie ift leine Bpnx mel^r ; ber j&rtlid^e ©änger h)ünfd^t 
bie ©eliebte l^erbei, um i^r in be« SKaten Slütl^e einen ©c^atten^ut 
gu bred^en. 2)er Slefrain ift: „greut md), i^x jungen! bie Slumen 
finb entfl^rungen. ©inget ben Sleil^en, feib frölj^lid^ frol^ be^.lid^ten 
a)Jaien!" (3W. I, 13 b, 7 bi« 14 a, 5.) 

©in frud^tbarer unb fröl^lid^er ©änger ift ber ©d^enl Ulrid^ öon 
SBinterftetten. Sei ber l^eitem garbengebung beg Oanjen erfd^eint aud^ 
bie Klage nid^t fel^r ernft^aft; n>enig innerer Steid^tl^um, aber fd^öne 
3Wanigfaltig!eit ber formen; burd^ alle ergießt fid^ ber ©trom ber 
2Borte leidet unb tool^llautenb. ©ein 3Butl^ ift „ju ©ange fd^neU", toie 
er felbft bon ber SRad^tigatt fagt (SenedEe 159, 2). SDie 2:analeid^e 
f))ringen in rafd^en, furjen Steim^eilen, oft ©ilbe auf ©ilbe; pe lieben 
järtlid^ unb flagenb an, bann h)irb jum 3^anje gerufen, bie SKäbd^en 
bei Flamen (Senetfe 168. 183. 184), unb nun toirbelt ber Steigen, bi« 
bie ©aite fj)ringt; auggelaffene, bod^ fd^ulblofe S^genbluft. 35ennod^ 
erfd^eint er anberh)ärtg ate gefäl^rlid^er SfKäbd^enfänger. 6r laufd^t am 
^aufe, h)ie3Kutter unb 2:od^ter iioorttoed^feln. 3^"^ \pxx6)t: „3P benn 



1 «ruber Scrnl^cr, m 3«cificr«®cfangl?ud^ @. 3, LXVIII; 
®in toih, bie mijferaten l^at, bie nc gan irer tod^tcr ntd^t, 
baj fte ane öar mit »iüen n?ol geuar; 
ft feit ir m( ber märe bür, tvie fte in ir jugenbe l^abe geDarn. 



261 



ntd^tg mel^t ©d^öne^, benn ba^ ber ©d^enfc ftnßet? StBel^ mir, be« 
©etöne« , ba^ mir burd^ Seib unb Dl^ren bringet ! ©ie . gdf en feinen 
©ang Xaq unb 5Raci^t in biefer ©äffen, unb ift bod^ niti^tg ^übfd^e« 
bran, man fofft* il^n l^affen." 2)ie 2^od^ter: „Sieb SKütterlein, toenn 
er noaö ®uteg pnget, toen befd^toeret ba«? Sr ll^t ja 3liemanb Seibc«, 
er toxU nur fröl^Iid^ fein." 2)ie 5Kutter: „®a toottt' er fernb Don 
meinem Seite toeg bid^ rauben." ®ie3^od^ter: „@r ift unfd^ulbig bran, 
fein »ruber tl^t«, il^m toar e« au« ber STOa^e leib." 3Rutter: „^f)x 
Äeiner l^at S3ef d^eibenl^eit , ftel^ nur ben Seuten in i^rer 2^l^orl^eit bei! 
Unfelig Äinb, bu minneft Sliemanb guten; tüäl^nft bu, bafe bir ber 
©dj^enle gebe feinen ©ang, ben er ba fmget? S)u bift nid^t bie ©d^önfte, 
bie il^n je bejtoang, ober nod^ bejtoinget." 3)a ftimmt ba« SKäbd^en 
au^ rofenrotl^em SWunbe ein freubig Sieb an. „D toel^!" ruft bie 
SDlutter, „toa« l^aft bu gebadet! bu ioittft Don Irinnen, be« ©d^enlen 
Sieber l^aben bid^ öon ©innen brad^t, bu toiUft entrinnen." „ÜJlutter, 
ja, id^ toill in bie Srnte ober anbertodrt«." S)er ©dnger, ber Sitte« 
mit anl^ört, begleitet ftet« bie feinblid^en Sieben ber SRutter mit l^eim- 
lid^er SBertoünfd^ung, bie ben !Refrain be« Siebe« mad^t {3fl. 11^ 59 b, 
3 bi« 60 a, 1). 3Bir erlennen l^ier, in neuer äBenbung, biefelbe 9ln« 
läge , bie 9titl^art auf feine SBeife manigf ad^ bearbeitet l^at. ®in anber^ 
mal geigt pd^ ber ©d^enf im 3toiegef})räd^ mit einer ©d^önen, bie il^m 
öorloirft, biefelbe Siebe l^ab* er tool^l taufenb fjrauen el^' gelünbet; fie 
fd^ilt il^n einen Sügner, ber fd^on mand^e« 98eib betrogen (93enedfe 208, 
XVIII. Sgl. 3R. I, 123 b, 4 bi« 7). a)iefer ©c^enl Ulrich unb fein 
Sruber, beffen älbenteuer obige« Sieb berührt unb beffen Xob ein anbre« 
beilagt (Senedte 262, XLV), ftnb aud^ fonft nid^t unbelannt. 3^r 
©efd^led^t blül^te in Dberfd^toaben (ögl. Senedte 206, 1: 3r ©toaben 
u. f. io.}. $err Ulrid^ bon äBinterftetten unb Aonrab, fein Sruber, 
tamren, nad^ ber @r)&^lung eine« Sl^ronilfd^reiber« bon ©anft ©atten, 
bei ben Seiten be« älbt« »ertl^olb \>on ^allenftein (1244 bi« 1272, 
©olbaft, Scriptores rerum Alamannicarum S3. I, ©. 93} mäd(^tige 
Seute unb l^atten atttoeg Itrieg unb ©töge mit bem Sifd^of bon Aon- 
ftan}; fie toaxm 2)iener unb gute ^reunbe jene« 9lbt«, ber felbft mel^r 
9litter, al«9Rdnd^, toar. ©ie l^atten melS^r, benn taufenb üRar! ©elb«, 
aber, fei e« burd^ f$el^ben ober burd^ luftig Seben, ber eine Sruber 
toarb iuUi^i fo arm, bag er unb fein Itned^t )u f$u|e giengen bon 



262 



einem $erru )um anbem unb bettelten K Ulrid^ felbft giebt ben Flamen 
feinet Sruberd nid^t an, ba if^n aber bie ©efd^td^te ftet^ mit ilontab 
}ufammen nennt unb leinet h>eitern Srubetd @rn)ä^nung gefd^iel^t, fo 
ift in jenen Siebem ol^ne 3h)eifel eben biefer Äonrab gemeint, gn bem 
Unglüdlid^en aber, ber fein 93rot betteln mufte, \>exmntS)en \o\v nid^t 
i^n, fonbern ben ©änger Ulrid^; biefer mar ber Überlebenbe unb in 
feiner 2)obtenIlage um ben Sruber beutet er nirgenb^ auf ein fo trau« 
rigeg SooS bed SSerftorbenen; ebenfo toenig Ulrid^ ))on Xürbeim, ber 
in feinen gortfe^ungen be2 S^riftan unb beg aSill^elm öon Dranfe 
be^ ©dienten Aonrab gebeult, ^ie erftere älrbeit untemal^m er auf 
Sitten Jtonrabi^, beffen ^reigebigleit er rüi^mt unb ben er gugleid^ als 
eifrigen grauenbiener bejeid^net (33. 25 bi« 39. 3660 bi« 3668); in bem 
le^tem äSerfe betrauert er jtonrab^ %o\>, unb jtvar in SSerbinbung 
mit bem be« König« ^einrid^ (^einrid^ VII, abgefegt 1235, geftorben 
1242) unb anbrer ebeln unb milben Ferren *. Seibe S3rüber, fd^eint 

1 ©obmcr im ^orbcrtd^t §u ben groben ©. XXX f.; ^crr Uofrid^ üon 
^tnterfletten unb (Suonrab, ftn bruober, toaren bt ben jtten abt SBert^oIbS t}on 
^allenflain med^tig lüte unb l^attenb attwegen !rteg unb flog mit bem bifd^of 
uon (^oßen^ unb »arent btener unb guot frünt allmegen bei^ o^tei^. 9((fo wolt 
ft ber btfci^of an rtten, atö er ouä) tet !S)o mant ber bifd^of ben abt ftneS 
aibeiS, wan er ou(b^atn atbgenog toad; ber bracht ain mid^el bi^f nnb fuor {etb 
ba mit unb laitent ftd^ für ^tnterftetten; baS »arbbajemal balb berichtet, n^an 
ber dpi toai guot tebinger. ^üd^emetfler in ben Gestis monasterii sancti 
Galli (t)gl ©tumpff 1 , 26 a). ^a» etäbtd^en Sinterfletten mar im obem 
S^^urgau gelegen, unb liegt fo tooOtg ^erflört, bag man ben Ort, n^o ed geflan« 
ben n^ar, nid^t me^r fennet. 2)erfelb @d^enl Q^uonrab unb ftn bruober, fagt 
Mcbemeifler, b<tttenb me, benn tufent mar! geltjS, ber marb f^ber atö arm, bad 
er unb ftn Ined^t ge fuoj» giengen t>on ainem l^erren je bem anbren unb 
bettletenb. 

2 «Pfalser ^anbfd^rift 404, «latt 223 a. Utrid^g üon Sürbeim felbfl er- 
toäbnt 9{ubolf t)on @md (1220 bti» 1254. 2)ocen im iOlufeum I, 200 f.) an 
jtoei ©teilen feined Silbelmd t)on Oranfe a(j$ feined ß^i^d^^^ff^^ ^"b ^reunbei» 
(^^iScellaneen II, 154. 304. ^qI ebb. @. 296). . (Sin @d^ent ^onrob toon 
Sinterfletten, Stifter bei» ^(ofleriS SBainbt, tommt fd^on 1227 bor (mit feinem 
8ruber (Sber^arb), er flarb 1243. (SruftuiB, ed^w&bifd^e Q^^ronif I, 737 b. 
738 b. 764 b. 765 a. l^iettad^t ber IBaitt ber 8rttber Jtonrab unb Ulrtd^. 
Sen meint Ulrid^ t>on Sttr^eim? 3n einer Urfunbe $einrid^d VII t>on 1225, 
)u 9^ürnberg ausgefertigt, ifi Ck>nrada8, Pinoema de Winterstetten, 3^^^^ 
^fienftein, Antiquitates Nordg^avienaes id. IV, ^. 47. 3n eiüer anbem 



263 



ed, ad^leteten nid^t fel^t bed ©elbed, unb Ulrid^ fingt nod^ in ftol^en 
Ziagen: ,,9liemanb toäge mir mit ®ute (Stdd^tl^um) ^reub* unb freubem 
reid^eft 9Rutl^! gfteub* in ebeln SRannei^ SOtutl^e bie tl^ut ba^, benn 
aU fein ®ut. äBenn bie Stein', in SBeibe^ ®üte, ft)rä(i^e: Sieb, id^ 
bin bir l^olb; bad erfreute mein ©emütl^e, mel^r, benn aller ©ried^en 
(aRorgenlänber) ©olb" (Senedfe 238 , XXXIII. SSgl. 208, 2. SRefrain). 

Surlart bon ^o\)tn\>el^, ein frud^tbarer unb eigentl^fimlid^er ©fin« 
ger, reid^ an S3ilbem, bie er am liebften bon 9Baibn)erI unb galten« 
jjagb entnimmt, gefäQt ftcff aud^ in l&nblid^en XSnjen; balb äSinterd 
in ber ©tube (SW. I, 83 b, 2 bi« 6); balb in ber ©d^euer, toenn SRe* 
gen unter Dad^ jjagt, mit bem fd^önen Stefrain: e^reube unb t^rei^eit! 
(3St. I) 87 a, 4 bi^ 87 b, 2), balb in ber @rnte, h>ol^in aud^ bei bem 
©d^enlen Don SBinterftetten bad 3Räbd^en enteilt. 9urtartd @rntelieb 
ift ein ibi^Uifd^er äBed^felgefang jiDifd^en ^tpei ®ef)rielen. 2)ie @ine freut 
ftd^, ba^ il^r 2)ienftial^r ein @nbe l^at; im SJlaien toar il^r alle Suft 
t)erfagt, jje^t, in ber Srnte, h>ill fie fröl^lid^ reigen. ^ie Slnbre Ilagt, 
ba| ®otte^ $anb {te reid^ gefd^affen; ad^t to&re fie arm, fo tDoKte fie 
mit ber ®eft)ielin gu fjreuben f al^ren ; i^r lid^t ©etoanb l^at bie SWul^me 
befd^loffen, ob fte traure ober fid^ freue, fie ioirb gefd^olten, toeil e« 
bie SKinne t^ue. „Safe bein Sorgen!" ertoibert bie ®rfte, „bu foHt 
mit mir morgen. 3^ ^UI bic^ lü)xen fd^neiben, fei freubenüolll tl^ut 
ba« h)ey, h)ir meiben e«, un8 toirb anber« tool^l." Qme toiHigt ein, 
mitjuge^n; foQ fie nid^t lad^en gegen 3Bürbige, fo toiQ fte einen ®e« 
ringen nel^men, ber äRui^me gu leib. S)er ))af[enbe Slefrain ift biefer: 
„SKir ift öon ©trol^ ein ©d^aj)el unb mein freier SKut^ lieber, benn 
ein Stofenlranj bei ftrenger ^ut'' (SW. I, 85 b, 4 bi« 86 a, 3). 

©ottfrieb öon SReifen, ber eifrige üRinnef finger , l^at gleid^tool^l 
SSolföm&feige« unb Sänblid^e« (5IR. I, 23 a, 6 ff. 23 b, 6 f. 8 ff. 3Ku* 
feum I, 378. 163 ff. 386. 188 ff.). Unter Slnbrem eine Siebfd^aft am 
Srunnen, mit ber, bie bad 9Baffer in Arügen tr&gt. 2)er ©änger 
fd^lfigt i^r bor, mit il^m t)on Irinnen )u giel^en, fie tt&gt aber 93eben{en, 
toeil i^re ^rau i^r nod^ einen ©d^illing unb ein ^emb fd^ulbig fei 
(SWufeum I, 370, 125 ff.). 

^onrabS IV, SRiirnberg 1240, gieid^faUi» Conradus, Piocema de Winter- 
stetten, ebb. @. 52. 



264 



®o in manigfad^en %axbm unb tlberg&ngen enttoidfelt ftd^ biefe 
3Beife; nad^ ber Steigung febed @ängfr0 ifl häü> bod tttf))rünglid^e 
Statutgefül^I, balb bie Suft an ibi^Uifd^er Sd^ilberung, balb bie »bftd^t 
be$ S3erft)ottend unb SSerlel^rend l>orl^errfd^enb. Se|tere befonberd no^ 
in fold^en Siebem, tootin befHmmte (Sebid^tatten fd^et^aft nod^gebilbet 
{tnb. @teinmar untettoirft bad 2^ageGeb einer befonbem Seurt^eilung, 
toorin er ed unnatütlid^ finbet, ba^ man ftd^ einem äS&d^ter t>erttaue, 
ber feinen eignen ^ertn \>etxätf) unb ben ®aft auf Sd^aben einlädt, 
ober ba^ in fo gef&^rlid^er Sage 3^ntanb entfd^Iafe (3R. 11, 106 i, 
4 bis 6). @r n>enbet aber aud^ in jtoei unfeinen £iebem biefe ^orm 
^arobifd^ an, inbem er ). S3. einen jtned^t unb eine 3)ienerin am Stufe 
be« Wirten ertoad^en Iä|t (aR. n, 107 a, 4 bi« 8. 107 B, 2 bi« 4) i. 
SaS Sotenlieb t>erlel^rt ber Xa(er: ftün)elin foU mit Srief unb ©ang 
)u ber minniglid^en fjfrauen eilen; bod^ er meint, ioarum ber $err nid^t 
beit ^einjelin fenbe; ber finge fo fü^ unb l^ab* aud^ n>o^I bie 3Ru|e: 
,,toiS erS nid^t tl^un, fo folget mir unb fallet il^m )u %\xit\" (3R. ü, 
100b, 6 bis 101a, 3). ©erabe.toie Ulrid^ t)on Sid^tenftein feinem 
Soten au Süfeen ffittt. 

1 9[ud^ baS ®ef))rä(i^dlieb f^eint er }u ))arobter6n (9R. II, 108 a, 3 ff.). 



265 



XI. 

9taf^f (äuge beS SyiinnefangS. 

©^on SEBdtl^et öon ber SSogeltoeibe flagt üBer ben S^^^^ ^^ 
ebleren ©efanged. Ungefüge Xöne, fo Ilagt ev, f)ahen ba$ l^ofelid^e 
Singen }u $of e k)erbrttngen , feine äBürbe liegt barnieber , %xau tlnf uge 
})ai gefiegt. ®ie ba8 redjfte ©ingen ftören , beten ift jje^t ungleid^ me^r, 
benn bie e« gerne l^ftren. 3Bet tüiH nod^ l^arfen bei bet ÜJlül^Ie, h>o 
ber ©tein fo raufd^enb umgel^t unb bag Stab fo mand^e Untoeife l^at? 
2)ie fo frebentlid^ fd^atten, pe tl^un tote fjröfci^e in einem ©ee, benen 
il^r ©d^reien fo tool^I bel^agt, ba^ bie Sfad^tigall babon berjagt, fo fie 
gerne mel^r fange. Süßer bod^ bie Unfuge bon ben SSurgen ftiefee! Sei 
ben Säuern möd^te fie tool^l fein, bon benen ift fie l^ergelommen (5W. I, 
112 a, 4 ff. aSgl I, 118 a, 2). 

Seid^t erfennen ioir in biefer Unfuge ben fd^erjl^aften ©orfgefang, 
in toeld^em SBaltl^er felbft berf^)ottet toirb. Sejetd^nenb fagt berfelbe 
©Snger in einem SWaienlicbe: „SBir fottn tanjen, lad^en, fingen, ol^ne 
3)ör»)er^eit" (3K. I, 117 b, 8). 

älud^ Ulrid^ bon SSSinterftetten , toietoo^I felbft ber länblid^en SOSeife 
zugeneigt, bellagt bad SSerftummen bed l^öfelid^en ©ange^ in beutfd^em 
Sanbe (Sened(e 263, 2. 264, 1. SSgl. Senede 156: min l^obelid^e^ 
fingen). ®tn 3R&bd§en lä^t er Ilagen: „SBer ÜRinne fud^et, ift je^t 
betfludjet. Slrme« SBlinnerlein ! fj)red^en nun bie Qungen, SDie l^iebor 
fangen, nad^ (Sl^re rangen, bie finb üerbrungen" (Senedfe 262, 2)* 
3)er „armen 5IKinnerlein" l^örten toir ftül^er ©teinmarn f^jotten (3R. U, 
105 a, 3). 

S)od^ nid^t bie ©egenf&nger berbrangen ben ÜJlinnefang. @ie 
f)}otteten fd^on, aü er am ü))t)igften blüi^te. ®a| biefer ©efang bon 
ioenigen ®runbtönen ein boUeg 3<^^^^unbert raftlod fortgeHungen, ift 



266 



aDein fd^on genügenbe, innere Urfad^e feinet enblid^en äSerfaSen^. 
^a)u I5mmt; ba| bad Seben felbft, aud bem er I^ert)orge0an9en , bie 
Slittertoelt, ftd^ )um SCbenb neigte. 9(nbre Jträfte, ein neued ©efd^led^t, 
ftreben iugenblid^ auf unb ergreifen ba$ $eft ber SSilbung. Unnü$ 
unb überläftig biefer erfte^enben 3^*/ iwi Derjtoeifelten Äamjjfe mit il^r 
begriffen, öertoilbert bag SHittertl^um ^ 

SBir toieberl^olen nid^t, toa^ Itlrid^ toon Sid^tenftein nod^ am 
®d^luf[e feinet S3ud^d t)on ber SSerlvUbentng bed 9lbel$ in @teier unb 
Öfterreid^ unb bom 3^atle bed ^auenbienfte^ melbet. Steinmar t)on 
3it>eter bebauert, ba^ grauen nid^t bie ©elvalt l^aben, mit Kd^ten 
S(ugen fred^e Slitter ju bejmingen; n>o je^t flauen über f^elb fal^ren, 
bie fange man auf, um @d^a(ed, nid^t um äJlinne h>illen; ein foU^ 
9litter t5bte feine @l^re; pc^te ftd^ ein SSoIf }u grauen, man foOt' 
i^n ij^retlvegen Iaf[en leben (3R. ü, 152 b, 3). 2)erfelbe ^id^ter rügt 
bitter einen befonbem %aü gebrod^nen Sanbfriebend : „2)er neugefd^liffne 
triebe ift fo fd^arf, ba| Ungerid[|te (3Rangel ber Sled^tiSl^ülfe) 9liemanb 
fürd^ten barf; h>er einen ltlum))en ©olbed trüge über gelb, ber toär' 
unlange fein. S)ad mag bie jtdnigin Don Ungerlanb bezeugen, bie l^at 
bad n>ol^l gel^öret unb gefeiten an fid^ unb i^rem Stoffe. 3ltan \oax ben ' 
grauen toeilanb fo gefäl^r, tüär* fie bal^ergefal^ren fo minnefam, ein 
hülfen Doni^rem rotl^en SRunbe l^&tt' mani^rgemer abgeftol^len , benn 
alle il^re ungarifd^en go^len; ba$ toar, ba nod^ bie üRinne )h>ingen 
lonnte'' (SW. II, 152 b, 3). Äonrab öon aaäürjburg fc^^ilbert bieSBilb^ 
l^eit ber S^i in einem Xanjleic^: SBenu^ ift entfd^lafen, bie n>eilanb 
l^ol^er SRinne gehaltet; mand^e grau fd^reit toe^e barob. @d^ürf unb 
fd^inb' @d^af unb Slinb! bad ift bie Stinne, nad^ ber fie je^t trad^ten. 
$err 3Rax^ reid^fet in bem Sanbe, ber l^at ben ioert^en ®ott älmur 
Deriagt mit Staub unb Sranb. @r ift ber leibe Streitet «®ott; ber 
greuben 2::^or ift jugetl^an auf fein getoaltiglic^ ®ebot. ^err unb 
93auer übt Staub unb Sranb biel lieber, benn bie füfte SRinne. ^er 
grauen %ani ift l^ingelegt, bie Bifoppm bie finb toorben ta>ertl^, für 
einen jtranj man gerne trägt bie äSidtel^aube ober bad (Sd^toert. SSiel 
Unbill toirb begangen an armen jlül^en unb an ®ei|en unb an ben 
Seuten, bie man f&^t. ®eh>alt ift mäd^tig auf ber @trage, Sted^t ftel^t 

1 [«gl. ©c^riftctt II, @/206 ff. ^.] - ^ ^ • 



267 



Irummer, benn eine ©id^cl. 3tun toel^rc bid^, öicl hjcrtl^er %ixx\i Stmur, 
el^' ba^ man gar t)etbränge bid^! la^ fd^auen, ^ert; ob bu getDaltig 
feift! ©d^iefe ben 5ßfeil, bcr 9Rand^en fd^on bertounbet! SSenug, Äöni* 
gilt, lüad^' auf! ®« ift an ber 3^^ t>ciw ®ol^n 3lmur bcr l^arret bctn, 
fal^rt jufammcn in ben ©treit! SBirf bein geuer unb beinen 3^^^^^^ 
in bic $erjen ber ©treiter! (3Jl. 11, 198 a, 4 Bis 199 b, 4), grü^e 
fd^on rügt $einrid^ bon SSelbele, ba^ SDlanner bie grauen fd^elten 
(3R. I, 19 b, 5. 6); jeftt berftd^ert 3Reißer tJnebrid^ )Don ©uonenburg, 
gerne fang* er 3KinneIieber, aber er laff* eS barum, tt>eiI3u^t unb J^üb- 
fd^er ©ang ben jungen @beln toel^ tl^ue unb, äBeiber beim äBeine ju 
fd^elten, il^nen beffer bel&age (3K. II, 213 a, 4. SSgl. 2R. I, 129 ai 3). 
9(ud^ Ulrid^ bon Sürl^eim , in ber f^ortfe^ung beS Sffiill^elm bon Dranf e, 
!Iagt toieberl^olt, baj bie Slitter ben SBein eifriger (l^arter) minnen, 
benn ein fd^öneS SBeib, ba| ben grauen Siiemanb mel^r ritterlid^ biene, 
ja bafe er SQBeiber fenne, bie felbft ftd^ lieber an SBäein, afö an toertl^e 
^inne leieren unb bem @afte tpeiblid^ )utrin!en ($fä(}er ^anbfd^rift 494, 
»1. 129 a. 212 b. aSgl. SKeön 8. H, ©. 194). SRod^ fj)ater, um 1340, 
ftngt Sleinl&arb bon ©efterburg, ein ri^einifdfier SRitter, auf ber grauen 
®nabe ad^t' er Keine ©ad^e; n)er räd^t' auif feinen ©d^aben, totnn er 
um pe ben ^afö jerbr&d^e? ®em Äaifer, Subh)ig bem Saier, in beffen 
©efolge ber SRitter fic^ bepnbet, misfattt biefe«. ©a ftimmt SRein^arb 
ein anbreS Sieb an: „^n 3öntmer«nötl^en id^ berbrenn* um ein SCBeib 
gar minniglid^/' SBorauf ber Äaifer fprid^t: „SBefterburg ^at eS nun 
tool^I gebelfert." ^ 

2)er SKinnefang, fonft bie Slütl^c ritterlid^er Silbung, jeftt bem 
Stitterftanbe berleibet unb berlernt / f anl mel^r unb mel^r jur @emeinl^eit 
l^erab. 93ettel^afte ^anbe f dalagen baS abgegriffene ©aitenf^iel, baS 
einft Jtaifer unb Jtönige gerül^rt. ,3inne flagt, man )T)oKe fie bon 
beutfd^en Sanben treiben mit bem ©efange, ben fie nid^t l^5ren loiS 
aus fo unioertl^em 3Jlunbe; toer getragener Aleiber geirrt, ber ift nid^t 
aJlinnefangeS toertl^; i^r SBlinnefang ift SBeibe« ©(^anbe" (SB. H, 
181 a, 2). ©0 ber bon Sutoenburg, felbft teiner ber geinften mel^r; 
aufrid^tig gefte^t ©eltar C^Sfaljer ^anbfd^rift 357: ©ebrut): ;,aWir ift 

1 ^outerwe{, O^efd^id^te ber ^oefte unb i^erebfamtett iBb IX, e. 293. 
^o(^ II, 69, ani ber Stmburger C^^ronif. 



268 



fo riotl^ nad^ altet 9Bat, ba^ id^ ntd^t \>on grauen finge; mir h>ären 
toicr Äa})j)en (Überlleibct) Reber, benn ein Äranjelein" (SW. 11, 119 a, 3). 
2)arna(i^ ift benn aud^ bie 93el^anb(uns ber @änger , über bie ein 9lnbrer 
ttagt: ,,@d^nell I5mmt @iner, ber ntid^ beim ©etpanbe l^inh)edrei^i 
^inaud, il^r Aned^t! f^rid^t er. t^reube unb %xaum, bed lad^et fein 
gjlunb" (SReimar ber junge, $fäljer ^anbfd^rift 357). 

3)od^ nid^t fo ganj ol^ne eblere SBad^tt)ir!ung öerl^allte ber 51Rinnes 
fang. SBa^ man fonft gefangen, toarb je^t l^äufig gefd^rieben; ben 
SKinneliebern folgen Siebei^briefe. ©d^on bie Süd^lein, bie Ulrid^ üon 
Sic^tenftein ber ©eliebten fenbet, pnb ©d^reiben ber SKinne. „D toej^e," 
ruft ber Äangler, „bafe id^ nid^t finben lann auSeriDäl^lte SBorte, baburd^ 
id& reinen SEBeiben mit3Kunb unb ^anb \pxed)en möd^t' unb fd^reiben!" . 
(3R. II, 240 a, 3. SBgl. I, 27 a, 2. 181 b, 5. II, 222 b, 2. 3. 157 a, 5* 
SRütter II, ©. 34, IX: a)er Unberjagete.) 3)ie ©d^reiblunft t>er« 
breitete pd^ immer mel^r unter bem Sürgerftanbe. Äunbige ©d^reiber, 
©d^üler ber freien Äünfte, festen fid^ im einfamen ©tüblein nieber unb 
fd^rieben in tool^Igemeffenen Sieimjeilen an il^r feine« Sieb. Da« t)ier« 
jel^nte 3<^^^'^un^^^ if^ ^^^ ^^ fold^en järtlid^en ©enbfd^reiben, barin, 
neben neu ertoorbener ®ele^rfamfeit, nod^ mand^e Slume be« SKinne* 
lieb«, iDie in jierlid^er geberjeid^nung , erfd^eint. 2lud^ bie SKeifterfänger 
faflen in il^re toeitfd^id^tigen 9ieimgeftelle SRand^e« au^ bem alten SRinne^ 
fang; fie ftimmen 2^agett>eifen an unb Jjreifen ber Siebfien rotl^eS 9Bünb- 
lein. ©0 ertennt man bei ÜRu^catblut ben (Sinflu^ ber guten 93or« 
bilber, jugleid^ aber jeigt fic^ bie äSerfd^iebenl^eit bed Seben« unb ber 
Umgebung, toenn er j. 83. fingt: „©ie ift mein« ^erjen« ©aitenft)iel; 
läm* id^ in il^ren ©arten , barin tooßt* id^ nun freuen mid^ , gar lieblid^ 
mit il^r fofen, fie toiefe mid^ in bie Slofen" (SWufeum I, 123) K 



1 »Sud^cntoirt @. 27: 

(S^egieret fd^ön mit ebelm (^raut 
@te^t man Dil manil gärtel, 
2)ann fo gen bie ^äxitl, 
2)a3 rote münbe ftnt genant, 
Unb ^red^ent mit ir ureigen l^ant 
S)ie ipleter oon bem pengel, 
Regieret ald bie engel 
3n ))re]^enber Darbe fci^au. 



269 



. Sei ben Slittcrn felbft ertönen nod^ lange l^tn SRad^IIänfle be« 
iUlinnefang«. . Slm eingang beg fünf jel^nten Qa^rl^unbertg ftel&en jh)een 
rittetlid^e SKinnefänger, ®raf ^ugo toon SKontfort unb D^toalb öon 
aSJolIenftein K 

S)od^ toir feieren au^ biefer f^jäten 3^it gurüdf, um bie 3)ar- 
fteHung be« SWinnefang^ mit bem fiä^önften unb reinften 5Rad^mi 
begfelben ju fd^Iie^en, ber nod^ eben am ©d^Iuffe be« breijel^nten ^a^x-- 
l^unbertg ftd^ ju ^üxxüf öernelj^men liefe, in metitoürbigem 3wfömmen= 
l^ang mit ber reid^l^altigften unb forgföltigften Slufjeid^nung ber alten 
Sieber. 

SRübger SWaneffe, Slitter unb Slatl^el^err ju gürid^, bon 1280 big 
1325 in Urlunben torlommenb, unb fein älterer ©ol^n gleid^eg 5Rameng, 
ß^orl^err am großen SfKünfter, erft ßuftog, bann ©d^olafter, ebenfott« 
urlunblid^ öon 1296 bis 1328, fafeten ben tül^mlid^en ©ntfdlflufe, ben 
3Kinnefang, als er eben jur SReige gieng, burd^ eine möglid^ öoUftän- 
bige ©ammlung ber jerftreuten Sieber ber SSergeffenl^cit ju entreißen. 
3)iefeS melbet ber 9Reifter gol^ann ^abloub in einem Siebe, baS ef 
eigens bem greife beS Unternel^menS getoibmet: „SQ8o fänbe man bei« 
fammen fo manigSieb? 3flan fänbe ber nid^tin bem Äönigreid^e, fobiel 
in Süxxi) ju aSud^e ftel^t ; brum finget (J)rüöet) man oft ba 3Keifterfang. 
Der 5IKaneffe rang bamad^ fo lange, bafe er bas Sieberbud^ nun \)at 
(Segen feinen §of möd^ten pd^ neigen bie ©änger, fein Sob l^ier an^ 
ftimmen unb anberStoo, benn ©ang l^at 93aum unb äSurjel ba. Unb 
toüft* er, h>o guter ©ang nod^ ioär', er liefee nid^t ab, barnad^ )u 
ioerben. ©ein ©o^n, ber Äüfter, triebS aud^ bal^in, fo bafe fie gar 
biel ebeln ©angeS, bie guten Ferren, jufammen gebrad^t; iljfre ®l^rc 
merlet man baran. SBer fie ju fold^em Slnfang loieS, ber l^at il^rer 
(gieren too^I gebadet. 95aS tl^at il^r ©inn, ber rid^tet fte nad^ ßl^ren, 
fo ift es i^nen angeboren, ©ang, bamit man ben tool^Igetl^anen 
grauen i|>r Sob iool^l melj^ren fann, ben tooHten fie nid^t laffen jergel^n. 
2öem mit eblem ©ang ift tool^l, beS ^erj ift öott gar ebler ©inne. 
©ang ift ein fo gar ebleS ®ut, er lommt öon eblem ©inne l^er. 3Son 

1 [^te nun folgenbe SCuSfü^rung ü6er bie genannten beiben S)t(i^ter l^at 
fd^on in bem sroeitcn ©anb ber ^d^riften ©. 210 bis 219 Slufnal^mc ge- 
futiben unb bleibt beSl^alb l^ier »eg. $.] 



270 



flaten f^rauen unb ebler äRinne, t)on ben betben lommt fo l^ol^er 3Rutl^. 
aaSa« toäre bie SBelt, toärcn a33eiber nid^t fo fd^ön. 2)urc^ ftc Wirb fo 
t)tel ©üfetgfeit, um fie man tooi^l jtngct unb fagt fo gut ©ebid^t unb 
füfe ©ctön', il^rc 2ßonne ©ang unb ^erjcn trägt" (?0l. II, 187 a, 
5 bi« 187 b, 1). 

So entftanb bie große maneflifd^eSieberl^anbfc^rift; ol^ne bie toirf« 
lid^ ein bebeutenber 2^l^eil be§ alten, ebeln ©angeö berloren ioäre. 
(Segen l^unbert unb biergig ©ängemamen erfd^einen l^ier, batunler biele 
fonft t)öUig unbelannte. SQäa« aud^ bie Äritif unfrer 2^age im ®ingelnen 
bermiffen mag, im ©anjen ift bie Sluefül^rung forgfältig, bie Slnorb» 
nung toerflänbig. 3Soran fteben jtoar, bem Stange nad^, Äaifcr, Äönige, 
tJürften unb Orafen, bod^ toar ba« ja eben bie gifingenbfte ^tit be^ 
SKinnefang«, afe aud^ biefe i^m l^ulbigien; bann folgen bie Sieber ber 
alten 3Keifter unb il^rer ritterlid^n Sel^rlinge, enblid^ reil^en pd^ bie 
©änger auö ber jtoeiten $älfte beö brei jel^nten Sal^rl^unbertS an , beren 
(Sebidjfte burd^ ben ^an ber ©tro})^e folDol^l, ate burd^ ben lel^rl^af ten 
Snl^alt, ben Übergang ju ber eigentlid^en ©d^ule beg SKeiftergefang« 
bejeid^nen. 9MandS>e§ 2ieb l^at fid^ aud^ in biefer ©ammlung unter ben 
unred^ten 9?amen öerirrt, aber bie große Sieberjal^l, mit ber bie meiften 
bebeutenbern ©änger l^ier auftreten, l^ilft un^ eben fold^e S^i^^^^^wer 
erlennen, inbem fie un^ ein öottftänbige^ Silb bon ber 3trt unb Äunft 
jebeS einzelnen öerfd^afft. 

©0 reid^ nun ber SH^^^^l^^ f^ ^>räd^tig, nad^ bem Vermögen ber 
Seit, ift bie äußere älu^ftattung. ®in SSanb in mittlerem golio mit 
429 35Iättern bon ftarfem, fd^önem $ßergament, 3)ie ©d^rift fd^ön, 
gerabe, beutlid^. ^eicv 3)id^ter l^at feine eigne, nid^t immer ganj an« 
gefüllte 8a\)l t)on blättern, aud& ganje Slätter finb jtoifd^enl^in leer 
geblieben, benn nod^ immer l^offte ber gleiß ber ©ammler 5IMe]^rere« auf* 
jubringen. S)ie 3lnfang«bud^ftaben ber @txop^m unb Sieber jtnb gemalt 
unb lünftlid^ berjiert; ben meiften ©ängem ftel^t ein S5ilb boran/jc 
bie ganje ©eite einnel^menb , fonft burd^ feibene SBor^nge gefd^ü|t unb 
nod^ ie|t in ®olb unb l^ol^en fjarben fd^immernb, fo baß fd^on ba« 
erfte äuffd^lagen be^ Sud^eö eine lid^te Silberloelt üerlünbet. 2)iefe 
^arfteUungen bringen jebe^mal ben S)id^ter in ^anblung, balb mit 
befonbrem ainf})ielen auf feine 5ßerfönlid^feit unb ben Qnl^alt feine« 
Oefang«, balb fonft in mand^erlei SBerl^ältnifJen be§ 5IRtnnefangS unb 



271 



gtauenbienfig, bc§ SRittet^ unb ©ängerieficnS. Sei ben SJleiften jtnb 
^eltn unb @d^tlb tpa))))entunbtg ausgemalt. ^^^^^^9 ^^^ äluSfül^rung 
bet Silber benatl^en überaß bie Äinbl^eit ber Äunft , aber bie Oebanlen 
fmb oft bid^terifd^, bie ©runbjüge Iräftig unb bie ©egenftänbe für bie 
Kenntnis ber Q^xi belel^renb. SSBir führen l^ier einige S3eifj)iele an, 
aufeer ben fd^on bei ben S^ogeliebern auSgel^obenen *. g^borberft tl^rpnt 
Äaifer ^einrid^ im 51Sur})urmanteI, mit Bcepkx unb Ärone, afö $err« 
fd^er biefeS ©fingerreic^S ; ber blonbl^aarige Äonrabin fjjrengt iugenblid; 
fein SRof g an , mit jn>ei bettenben ^unben , bie §anb nad^ feinem fallen 
aufgej^oben, ber, einen Ileinern SSogel öerfolgenb, fid^ auf)d^h)ingt. 
§erjog $einrid^ bon SreSlau, mit Äna^)J)en unb ©Jjielleuten bal^er« 
reitenb, geiDajjJjnet, bod^ iaaxf)ax\pt, ftredft bie SRed^te nad^ bem Slumen-- 
!ranj, ben eine grau i)om ©öUer il^m reid^t; 5Utarfgraf Dtto Don 
Sranbenburg fi|t beim ©d^ad^fjjiel mit einer ©d^önen, inbeS 50lufifans 
ten auff^)ielen; ber ©d^enf ijon Simburg Iniet, getoa^)^)net, bor einer 
grau, bie il^m ben $elm auffegt, fein SRofS ift an einen Saum gebun- 
ben , üon beffen 2lfte ber ©d^ilb nieberl^öngt unb in beffen SG3i|)f ein ein 
5ßfau unb anbreg ©eflügel ju feigen ift; SBJaltl^er öon ber SSogelttjeibe 
fi|t pnnenb auf einem ©teine, in ber ©tettung, bie fein Sieb angiebt; 
ßeinrid^ bon SBelbefe rul^t unter Slumen unb Sögeln, ein ®id^l^orn 
fjjielt auf feinem Slüdfen; ^atoh bon SEBarte fi^t in einem SRofenbab; 
SBaltl^er bon Älingen n>irft feinen ®egner im Sanjenbred^en , inbe« 
tl^eilnel^menbe ©d^önen bon ber Sinne nieberfd^auen ; auf fil^nlid^e SEBeife 
ber 3Rarfd^aIl bon 9la))red^tsn)il ; Steinmar ber alte fi|t im ®ef!|)räd^e 
mit einer grau, bie ein ^ünblein auf bem Slrme l^at; ber Äird^l^err ju 
©arne Iniet bor ®iner, bie eine Sorte toebt; griebrid^ bon $ufen, atö 
Äreujfal^rer ju ©d^iffe; §iltboIt bon ©d^toangau fül^rt an jeber ©eite 
eine befränjte S^ngfrau, inbeS ein ©t)ielmann fiebelnb borantritt, 
bieUeid^t mit Se}ug auf bie Siebe, „bei ber id^ alfo fd^öne an einem Xanje 
gieng" (9R. I, 143 b, 6); Sleinmar bon S^beter in äl^nlid^er ©teffung, 
tbie SBaltl^er , n)ä^renb jtoei ©d^reiber (baS erftere fd^eint eine n)eibUd^e 

1 [3^1. SRiuneJängcr au8 ber geit ber ^ol^cnflaufcn , im 14ten S^'f^xf^nm 
bcrt gejammett Don JRtibigcr aWoncfg bon SWancd, gacjimilc ber ißorifcr ^anb- 
fd^rift bon i^ernl^arb (E. Tlatf^kn (mit einer ®e|(i^i(^te ber manef[if(i^en $anb« 
fd^rift »on g. ^. bon ber ^ageti). goL «ßaril 1850. SWit 27 ©tcintafeln. 
g. ^. bon ber ^agen, SÄinnejxnger, IV, S3crlin 1856, 4. $.] 



272 



gigur), bcr eine mit ber ^eber auf einen langen 3^^^^ i*^ ^nbre 
mit bem ®riffel in bie offene SBad^^tafel fd^teiben; Dietmar öon 2lift 
l^at, aU Kaufmann ))erlleibet, einen ^ram au^gel^ängt unb bietet bet 
©d^önen einen (Sbelftein ; ber ©d^enl toon Sanbegge reid^t feinem $emi, 
bem %bU t)on ©anit ©allen, tnieenb ba$ ^rintgefä^; Ulrid^ t)on 
fiid^tenftein in boKer Sittftung )u Stoffe, l^at jum ^elmfd^muä bie 
Königin SSenuiS mit $feil unb ^^adPel, unter il^m bag üReer, bem 
bie ©öttin bei SKefire cntftiegen, bon ^ifd^en unb fämj)fenben Unge* 
l^euern toimmelnb, toal^rfd^einlid^ nad^ einer ^anbfd^rift be$ ^auen« 
bienft«, bie ber ©ammler bor fid^ l^atte; 3Dleifter grouenlob, nod^ nid^t 
bon grauen )u @rabe getragen, fi^t einer mufifalifd^en SSerfamm- 
tung bor ^ ; Sruber ®berl^arb üon ©aj Iniet in fd^toarjem Wlbnäß- 
getoanbe bor bem 2lltar, loorauf bie 3Rutter ©otte^ mit bem Äinbe ft|t 
(ÜRufeum I, 387). 

35er Slnlage biefeg großen Sieberbud^g l^at ol^ne 3h)eifel eine ältere, 
Heinere ©ammlung jum 5IKufter gebient, früher ^u Äonftanj, bann im 
äSefi^e be^ Alofter^ SBeingarten , je^t }u ©tuttgart ; fte entl^ält in il^rem 
urfj)rünglid^en Seftanbe, gleid^faUö mit Äaifer ^einrid^ beginnenb, nur 
fünf unb jtoanjig genannte 5Dlinnefänger ber guten S^'t; bei mel^reren 
berfelben befinben fid^ Silber, bie in ber grofeen ©ammlung nur h)eiter 
unb Jjrcid^tiger auggefül^rt pnb; aud^ fügt le^tere, offenbar auS eigener 
©rfinbung, bie Quappen bei, too fie in ber Älteren f eitlen; unboHIom* 
meneSleime, bieg^id^«« p^eren 3llterg , öertaufd^t fie mit fold^en, toie 
fte f))ätere Sleimlunft berlangt (Dgl. SBaltl^er bon ber Sßogetoeibe, SEBeim 
gartener ^anbfd^rift ©tr. 109 mit Tl. I, 127 b, 4); aud^ fonft l^ilft 
fte nad^, too ©tro^jl^enbau, SleimfteHung, Slu^brurf eine SSerbefferung 
ju erf Obern fd^ien (bgl. $einrid^ bon SSelbele, SBeingartener ^anb- 
f^rift ©tr. 15. 17. 18 mit SWaneffe I, 19 b, 1. 3. 4. ©ingenberg, 
SBeingartener §anbfd^rift unter aOBaltl^er bon ber SBogeltoeibe ©tr. 30 

1 anbete, g. ^. ^artmann t)on ^ue, erfd^einen in ganzer ^a))))nung 
gu ^ferbe, toobei ©iegel ju ©runbe liegen mod^ten, meldte bamäld in fol« 
d^en SBitbern beflanben. ^k 2)tenpieutc gebraud^ten bie ©iegcl i^rer 2)icrijl* 
l^errn. %I. (Sid^l^bm, beutfd^e 6taatiS« unb Sled^ti^gefd^tci^te, 2te ^bt^et* 
lung, §. 341, Slnmcrfung f., @. 891 ff. ^et ^artmanH, bcr ©tenjimattn ju 
^ue mar, ifl ol^ine Stoeifel bai^ ©iegel eineiS freil^errUd^en ©efd^led^tiS oon S(ue 
benül^t. 



273 



mit 9Maneffe I, 154 a, 3. SBaltl^er öon ber SSogetoeibe, aSeingartener 
^anbfd^rift ©tr. 107. 108 mit 3Ranef[e I, 127 b, 2. 3)i, 

3)a| nun aber bie grofee Sieberl^anbfd^tif t , toeld^e unter bem Flamen 
ber manejfifd^en belannt ift, tüirllid^ bie, nad^ $abloubg S^^Ö^i^r '^^^ 
ben SKaneffen beranftaltete Sammlung fei, h)irb jtoar burd^ feine m^-- 
brücflid^e 9lngabe ber $anbfd^rift felbft beriefen, aud^ ift biejelbe nid^t 
in 3^^^^ V^^^ toieber aufgefunben toorben, l^ingegen Wfet ba« ^m-- 
fammentreffen mel^rfad^er Slnjetgen leinen gegrünbeten 3^^if^l übrig. 
3)ie SReid^l^aUigleit ber ^anbfd^rift ftimmt ganj ju ^abloubg äufeerun= 
gen toon bem unermübeten unb erfolgreid^en ©ammlerflei|e ber SUlaneffeit ; 
bie ©änger, beren Sieber aufgenommen finb, reid^en gerabe big an bie 
3eit, in ber bie 5IRaneffen fammelten; toie bie §anbfd^rift überl^auj)t 
an S)id^tem bortiger ®egenb reid^ ift, fo pnb befonber« §abloubg Sie* 
ber für il^re $eimatl^ bejeid^nenb; gleid^jeitig, am gletd^en Drte unb in 
genauerem Umgang mit ben SKaneffen lebenb, fd^ilbert er bag S^reiben 
unb bie Umgebung biefer 3Känner, unb toä^renb toon feinen Oebid^ten 
fonft nirgenb^ eine ©})ur erfd^eint, fmb fie gerabe in biefe ©ammlung 
in großer 3^*'^'' eingetragen; and) fonft ftreitet toeber ^n\)ali md) 
äufeereg ber ^anbfd^rift gegen obige 3lnna]^me unb bag freil^errlid^e 
§auS üon §ol^enfa£ im SRI^eintl^ale, bei toeld^em biefelbe juerft toieber 
jum aSorfd^dn fam, ioar lang l^er mit ber ©tabt 3ürid^ im Surg- 
redete geftanben^. 

Sltterbing« toar bie 2lugftil^rung eineg fold^en ^ßrad^ttoerl« fd^toierig 
unb foftfJ)ieIig, aber ber Slatl^gl^err SKaneffe h>ar aud^ ein angefel(|ener 
unb begüterter SWann. 6r ftanb, toie toir feigen toerben, mit ben 
ßrften beg Sanbe« in freunbfd^aftlid^em SSerfel^r, er laufte im Sal^r 



1 (Sine ©ejci^vcibung ber SBeingartencr ^anbfd^rift (öon SBetf^erün) fielet in 
ben Utterort{d()cn ©eilagen 2llx, S. 4 ju gbuna unb ^erntobc toon 1816. [9Kan 
öergleiti^e nun: 2)ie Söcingartncr 8icber]^anbf(i^rift, herausgegeben öon fjrang 
Pfeiffer unb %. gcttner. Stuttgart 1843. 8. SKbttotl^cf beg Utterarifd^cn S5cr* 
ein« in Stuttgart, ©anb V. ^.] 

2 über ©d^idfal unb S3cfd^affen^eit ber moncffif(i^en ^anbfd^rift f. ben 
SSorberic^t gu ben groben u. f. »., @. III biiS XVI. S)ie ©efd^id^te bcrfclben 
toor ber ©ammlung u. J. w., 1 2;^eil, @. XII ff. SÄufeum I, ©. 313 ff. 
SJgL nod^ Söf^ufcum I, 387: ©ruber (Sberl^arb üon ©ajr. [g. ^. tion ber 
§agcn, iWinncjtngcr , IV, ÜJeipjig 1838. 4. @. 895. 896. $.] 

UlftUnt), 6(9riften. V. 18 



274 



1304 bie 35urg 9Ranctf am W>\^eUxQe, Bei bereu S^tfimmem il^m je^t 
ein f leinet S)enlmal geftiftet ift, bann im ^(ä)x 1325 bie Sogt ei 
SaSiningen. Segünftigenb erfd^einen nid^t minber bie SSetl^altniffe feinet 
@ol^ne§, bem afö euftoiS bed großen SRünfter^ bie äCufftd^ft über bie 
93üd^er ber Äird^e julam, afö ©d^olafter fd^reibferttge §änbe ju ®e- 
bot ftanben^. 5IRögKdSf, bafe ber ^Jf^fe, ber auf bie tJ^^Ö^ng unb 
Sluefd^mütfung neuer SKef^büd^er l^fitte bertoenbet toerben foKen, ben 
Siebem ber SKinne getoibmet toarb. Sefrembenb h)äre biefe« nid^t an 
einem ©eiftlid^en, ber bon brei „5Rad^tfrauen" bier unel^ßd^e 2^öd^ter 
l^interliefe; aud^ in ber ©trenge ber geiftlid^en Dbem lonnte tein 
^inbemi« liegen, inbem toir ben Sifd^of \>i>n Äonftang felbft, $einrid[i 
bon filingenberg, ju beffen ©Jjrengel ba« (Sl^orl^ennftift gel^örte, in 
©emeinfd^aft mit SKaneffe unb anbern 5ßerfonen bon ber ©eiftKdjffeit 
unb bem Slbel, an ber SBieberbelebung beg 3Minnefang« tl^&tigen an- 
tl^eil nel^men feigen. 

e« fügte fid^ nemlid^, bafe in berfelben 3^i^ ^^^ i^ 3ürid^ bie 
Sieber gefammelt tourben, jtd^ bafelbft ein SKann befanb, ber faltig 
fd[|ien, ben Saum beg ebeln ©ange« ju neuer Slütl^e ju bringen, 
2)iefer SKann ift eben ber mel^rertüäl^nte SlKeifter 3«>^Ä»^wei^ ^abloub, 
ber in einer Urlunbe bom 3«^^^ 1302 ate ÄSufer eineg ^aufe« am 
9?eumarlte ju gürid^ borlömmt^. 3ßa§ bie SKanefJen, bieKeid^t mit 
feiner Seil^ülfe, jufammengebrad^t, blieb nid^t im ^Pergament begraben. 
§abIoub« ent|)fänglid^e ®id^terfeele toar ergriffen bon all ber $errlid^= 
feit, bie fid^ l^ier aufgetl^an, ®r fül^lte pd^ angeregt, bie alten Sie- 
ber nad^^ufingen. Eine fd^öne grau, bomel^men ©tanbe«, erlor er 
jum (Segenftanbe feinet ?Kinnefang«. 3)ie greunbe ber ©id^tfunft 
freuten fid^ beg begabten ©ängerg, pe munterten il^n auf, ba« SBerben 
boriger Seit bor il^ren Slugen ju erneuen, fie benü^ten il^n, fid^ felbjl 
ein l^eitereg ©^)iel, ber fd^önen grau eine fd^alf^afte ^ulbigung ju 
bereiten. 

1 über ben ©cruf bc« ©d^olaflcrg . unb bc« (SufloS bei (S^orl^errnfliftem f. 
@Ieg, Sanbed* unb (S:ulturgefd^id^te üon Sürtenberg, II Stl^eild 2te Slbt^eilung, 
@, 234 6i» 236. «gl. ebb. ©. 726. «gl. $. ®eorg «. 3326. 

'^ 3o]^anncjJ ^abloub, ein iWinne|tnger t)on gürid^, bon 3» ^omer (mit 
einem Äuipfer nad^ bem manefftfd^en ©obeör in ben 5(Ipenrofen 1813, @. 252 ff. 
Obige iRottj fielet ©. 254. 



275 



^abloub« Sieber * geben mel^reve Slufttitte biefer SiebeötDerbunö. 
&x\i, iDie et fxä) entfd^Iie|t, fein lang fletraßene« SBel^e ber Siebften 
lunb }u tl^un. ^m (Setoanb eine^ plgrim^ nal^t er il^r l^eimlid^, aU 
pe frfi]^ i)or %aQ au8 ber ?Kette gel^t, mit einem Slngel l^ängt er einen 
Srief il^r an. ©ie fürd^tet jtd^ fel^r, alg ber 3Mann in ber SRad^t fte 
anrül^rt, bod^ fd^lveigt pe um il^rer ©l^re toillen unb entrinnt eilig mit 
bem ©riefe, Sffiie pe il^m ba tl^at, ob pe il^n l^intoarf ober bel^ielt, 
ba« loarb bem ©id^ter nid^t gefaßt: „Sag pe il^n mit ©inne, fo fanb 
pe ©elißfeit, tiefe Siebe bon ber 5Kinne, toa« 5Rotl^ mein ^erje trägt." 
2)od[i tl^at pe nad^fl^er nie bem gleid^,v ate ob il^r biefe 9lotl^ ye red^t 
lunb getoorben (501. II, 185 b, 3 big 5). ©eine ©önner erbarmt eg, 
ba| pe, ber er üon Äinbl^eit bient, feinen 3)ienP fo leidet toiegt. ©ie 
l^ören, ba^ er il^r nie mit SWebe beigetoefen, gur ©tunbe bringen pe 
il^n 2u il^r. 2Bie er aber aud^ mit l^ol^en Ferren gelommen, bod^ ip 
pe gar l^art toiber il^n; pe Iel|>rt pd^ toon il^m, ba pe il^n pel^t. Sllg- 
balb toirb il^m ol^nmad^tig t)orSeibe, er fällt l^in, toie ein3^obter. 3)ie 
Ferren bringen il^n bal^in, h)0 pe p^t, unb geben ii^m il^re ^anb, ba 
toirb il^m bef|er. SRiemanb möd&te pe erbeten l^aben, l^&tte pe nid^t 
gefürdjtet, an feinem 2lobe fd^ulbig ju ioerben. Sieblid^ pel^t pe il^n 
an unb rebet mit il^m, er lann fo red^t il^re ©d^ön^ieit anfd^auen, in- 
beg feine Slrme auf il||rem ©d^oo^e liegen]; ad^ , loie fü^ ü^m ba« burd^ 
fein $erje gel^t! ®od^ allju fep l^ält er \>ox Siebe il^re $anb, ba beifet 
pe il^n in bie feinige. ©ie toäl^nt, ba| eg il^m toel^ tl^ue, bod^ il^n 
freut eg. $SH)X Seiten ip fo jart toeiblid^ fein, il^m tl^ut nur toel^e, 
bafe eg fo fd^nell gergangen ip. 3)ie Ferren bitten pe, il^m etloag 
JU geben , bag pe lange an pd^ getragen, ©a loirft pe il^m il^r SRabcl- 
bein l^in, in fü^er®ierbe ninxmt er eg; aber pe nel^meng il^m, gebeng 
il^r ioieber unb erbitten pe, ba| pe eg il^m freunblid^ bietet. 3)anlbar 
nennt $abloub bie „l^ol^en Seute", bie babei gel^olfen ober geratl^en: 
ber Sifd^of bon Äonpang unb fein Sruber Sllbred^t, bie gürftin bon 
3ürid^, b. 1^. bie Sbtiffin beg g^auenmünfterg , ber fjürpabt üon ©in- 
pebeln, ®raf griebrid^ bon 2^oggenburg , ber fromme SRegengberger, ber 
Slbt bon 5ßetergl&aufen, SRitter Slubolf bon Sanbenberg, $err Stübger 

^ Ool^ann ^aMonbed Q^ebid^te, l^erauggegeben bon S. (Sttmiillet. QMäf 
1840. 16. $.] 



276 



Slaneffe unb fonfi nod^ eble gfrauen, l^o^e $f äffen unb gute 9Ktter; 
toem bie Seften Ij^elfen, bad toerfal^t (9R. II, 186 a, 5 ff.). @inft gel^t 
ber eble Stegen^betger bov bie Sd^öne unb bittet fte, bem Sänger 
gn&big )U fein unb )u i^m gu \pxti^n: ,,®ott gtü^e meinen 2)ienet!'' 
@ie toiOigt ein unb gelobt ed mit i^rer ta>ei^en ^nb in bie $anb be^ 
Stitterd. @ble ^auen unb $evm finb babei, aU fte biefed gelobt: ber 
t)on Sfd^enbacj^, ber bon 2^roft6erg, ber Don XeOiton; man l^atte glauben 
foKen, ba^ fte ed ft&t lie^e. ©ogleid^ befenbet ber Siegen^berger ben 
©ftnger, mit il^m gel^t ^abloub; er toä^nt, Seibe^frei ju it>erben, bod^ 
er tuirb freubenlod. Sie Derfd^lie^t ftd^ in eine @tube unb ti>a$ aud^ 
t^rauen unb ^enen bitten, fte it>ill nid^t el^er l^eraudgel^n, bid $abIoub 
toon bannen ift. ^©ie ift unfd^ulbig/' fagt ber gebulbige ©änger, 
„mein Unglüd l^at ed gefügt; id^ foK i^r flud^en nid^t, toad mir ge« 
fd^iel^t, $eil muffe fte ^aben!'' C^. U^ 196 b, 4 bid 197 a, 3.) Sin 
anbemtal ergel^t fid^ ^abloub Dor >er ©tabt, an ©ie gebenfenb, ba 
fie^t er fte ferne mit fd^ftnen trauen fi^en. 9(ber fie gönnt il^m feine 
$reube toon fid^, fte gel^t, ate fte ü^n tommen fte^t. Siebe 3Rä^re fagt 
i^m jlebod^ ein guter 9titter, i^r 9Runb l^abe freunblid^ Don il^m ge« 
fj)ro4ien, „2So ift mein ®efelle?'' I^abe pe gefagt. 3)afe fie fo Don i^m 
reben tDoUte, bad fd^abet i^r toenig unb ^ilftil^m iDol^l (3R. U, 197 a, 
4. 5). äßieber begegnet er il^r, aU fie aQein gel^t, bod^ Dor @d^red(en 
f))rid^t er lein äBort }U il^r, er lann nid^t Don ber ©te&e unb fid^t 
fte nur an; fie aber ge^t Dorüber, ol^ne i^n )u grüben (3R. II, 
197 a, 6). 

3toei biefer 3lbenteuer, ioie ber ^ßilgrim ben ©rief mit ber ängel 
anlief tet, bann h)ie fie bem ^ingefunlenen bie ^anb geben mu|, finb 
in ber maneffifd^en ^anbfd^rift bargefteUt. S)ie S^xi ber 6reigniffe toirb 
befonber^ burd^ bie 9tennung bed äSifd^of^ Don jtonftan), ^einrid^ Don 
JUingenberg, näl^er beftimmt. @r toar früher bed Jtaifer^ 9tubolf 
jtan}ler unb iDutbe nad^ bem Xobe feinet $errn, im 3^^ 1294, in 
jtoief faltiger äBa^l, }um Sifd^of Don Jtonftan) erhoben, äßd fold^er 
ftarb er im ^a^x 1306 *. Jgene Segebenl^eiten fallen atfo jtoifd^en 1294 

1 Über ^etnrid^ Don ^lingenberg f. ©tum^fd ©c^ioetjetd^tomf II, 64. 
(Srufiud, ©d^ioäbifd^e (S^ronit I, 866 b. ^ftflerd ^efd^id^te t>on ^d^toaben 
®b I, $(bt^et(ung II, @. 71. 118. 129. 2)er ©ingfd^ule t{l ber ^ot^Ier ein 



277 



unb 1306, Sine ©teile in ^ablouB« 2iebetn, h)Otin er bte aOBeigl^ett 
berjenißen rül^mt, bie ben ÄHngenbetöet jum dürften gehjäl^It, tft mut^« 
maftlid^ tväl^tenb beS Dieriäl^rt0en SBal^Iftteitg gebid^tet. 93on bent S3i- 
fd^of felbft fagt §abIoub, er fönne SBBeife unb SBort, ber ©inne ^ort 
\oo^tC il^m bei, feine ^ülfe, fein Slatl^, feine Äunft feien öoHIommen 
(enbeli<i^, 9K. II, 187 a, 4). ^ierauiJ ergiebt .fid^, baf; ^einrid^ toon 
ÄCingenberg felbji ©id^ter toar, unb e^ tft Dermutl^et loorben, baft er 
ber Äanjler fei, mit beffen 'jal^lreid^en ©ebid^ten, tl^eife SJlinneliebem, 
tl^eilg ernftern ^rif^alt^, bie ntanef|ifd^e ©amntlung fc^Iieftt (9Rufeum I, 
©. 453). Diefer SBermutJ^ung toiberftreitet, ba| ber Äanjier fid^ afö 
einen armen fjal^renben fd^ilbert, ber über bie Äargl^cit ber ^cnen ju 
Hagen l^at (3Jl. II, 245 6, 3. aSgl. 238 a, 3. 240 a, 2. 245 a, 3. 
246 6; 2) ; man mUfte benn annel^men , biefe ^u^erungen rfll^ren aud 
einer frül^em Seit l^er, gu toeld^er beg 35id^terg 2oo§ nod^ weniger 
glänjenb getoefen K SSon ben Übrigen , toeld^e ßabloub ate feine %ÜX' 
fj)red^er nennt, ftammen ^riebrid^ öon Xoggenburg unb ber t>on S^roft- 
berg aug Käufern l^er, in benen el^er fd^on ber SJlinnefang erllungen \ 
3)er eble SRegen^berger ift fel|>r glaublid^ Sütolb öon Slegenöberg, ber 
1297 mit ber ©tabt S^^^ ^^^ Sünbniö mad^te, nad^ bem feine SSefte 
ber bon 3önd^ offen $au^ fein follte ju atten Stöt^en (©tumjjf, ©d^tDeijcp 
d^ronif II, 154 a). f^frül^er fd^on l^atte biefeiS nad^barlid^e älbel^gefd^Ied^t 
ju Sürid^f ein ^aug befeffen. 3^ bem SlegenSberger fd^feint aud^ SWeifter 
^abloub in naiverem SSerl^altnig geftanben ju fein, ijieHeid^t ate fein 
©d^reiber^; er nennt benfelben feinen Ferren (3R. II, 196 b, 4), l^at 

P(^er am ©teiemar!; \>itMä)t burd^ iDlidtoer^e^en ber ©teile Wt. U, 246 6, 
2: \)i\6^tx, fd^erer, tnurer u. f. to. 

1 i^änbe fxd) in ber maneffifd^en ^anbfd^rift bei» ^angleriS SOßap^en, fo 
fönnte biefed bie jjvaqt am ^Sleflen entfd^eiben. 3^ bem 9lufe ber ©d^toar^funß, 
tporin ^etnrtd^ t}on ^Itngenberg geflanben, tpürbe ber geleierte ^nl^alt einiger 
fetner ®ebtd^te paffen, fokvie feine „^unfl", bie ^abtoub rü^mt. 

3 ^ie iD'^inneüeber bei» üon £rof}6erg, Tl, 11, 51 bti» 53, l^aben ben £on 
einer früheren 3eit, atö bag jte bem bei ßabloub Dorlommenben iRitter biefed 
iRontend jugefd^rieben tverben fiinnten. 

3 ^abloubi» SSappen in ber maneffifd^en ^anbfd^rift ifl ein fd^marged (&iä)* 
l^orn (l^eißt Dieüeid^t ^abloub bieg?) im n^eigen ^titt] Um ^elm ifl über bem 
©d^ilbe. lOobmer (l^orberid^t p ben groben ©. XXX VII) fagt, $ab(oub fei 
t)on einem guten bürgerlid^en (i^efd^Ied^te in 3^d^ gen^efen, aud^ ^ol^. SJ^Eer 



278 



beffen Oeöenttmrt hex bet erften S^fÄmmenlunft mit ber ©d^Bnen he- 
fottberö Ö^^flwf^* 0>^ frume SRegen^betflcr 9lad^ miner get Dud^ toaS 
ba bi, 9Jl. II, 186 b, 5) unb toirb ju bet fj)fiter betfud^ten bon il^m 
eingefüljfrt (SBl. II, 196 6, 4. 6). 3)ie fd^öne grau felbft, ber $abIoub 
))on jtinbl^eit auf gebient )u l^aben borgtebt, ol^ne fte \e gef))rod^en pi 
^aben (9K. II, 186 a, 5. »gl. 192 a, 6), unb bie fid^ fo „ungrü^Iic^" 
gegen il^n erjeigt (Tt. II, 187 a, l), ftanb il^m, nad^ feinem eigenen 
3eugni§; ju i)o6f (5DI. n, 189 b, 1. 195 a, 6. 197 a, 7); fte gel^örte 
njol^l ju einem ber genannten ebeln ®efd^Ied&ter (t)gl. 9W. II, 186 b, 7: 
min eblen t)roh)en Rar), aber gerabe iljren Flamen mufe er, nad^ ber 
©itte bed SJlinnefang^ , berfd^j^eigen. 

3)afe biefeS ganje Abenteuer ein Bpxd ift, ju bem ^abloub fxi) 
bieOeid^t gerne l^ergab, beft&tigt bie 9(ntoefenl^eit unb ^^l^eilnal^me fo 
t)ieler ^ßerfonen, ju benen er im 3Serl^äItni3 ber Unterorbnung unb 
3(bl^ängigleit ftanb. ®hm barauf beutet aud^ fein Sieb bon ber ^au^^ 
forge, \oenn er gleid^ am €d^luffe beiSfelben in bie StoQe be$ SRinne- 
f fingert {urüdEfäQt: „®x mu^ ein tool^l beratl^ner @l^emann fein, ber 
§aug ol^ne ©orgen l^aben fott. ©in armer Sebiger ^pxx^i: „3^ "^^Ö 
allein leidet burd^Iommen" (midjf einen fanft began). 9ld^! bürftiger 
^ann , !ommft bu jur @l^e unb magfi laum 3Ru^ unb ä3rot geu>innen, 
ba lommft bu in 9lotl^; $au3forgc tl^ut fo loel^. SEBenn bir Äinber 
juf allen, fo gebenleft bu: „SQSol^in foH id^ nun? 3Dleine 3totif toar ju- 
bor fd^on grofe.'' ©ie fragen oft, too Srot unb Äfife fei. ®abei ft^t 
bie 3Rutter ratl^lo«. „aReijier," fjjrid^tfte, „gieb un« 3latl^!" ©o giebft 
bu il^nen bann Sleuentl^al unb ©eufjenl^eim unb ©orgenrein, aK ber 
nid^tg anberS l^at. 2)a ft)rid^t fte: „2ld^! bafe id^ je !am ju bir! I^aben 
loir bod^ nid^t Sutter (toitte?) nod^ ©d^malj, nid^t tJleift^ nod^ tS^W^ 
^Pfeffer nod^ SBein, felbft nid^t ©alj." 2)a ift greube au«, ba 
greifen t?toft unb S)urft bem junger in ba^ §aar unb giel^en il^n all 
burd^ ba$ ^auiS. ^id^ bünlet, ba| ^au^forge toel^ tl^ue, bod^ Ilage 
id& mel(fr, loa« mir meine graue tl^ut: \oenn id^ bor fie ge^e, ba^ pe 
mid^ grfifee, fo lel^rt fte fid^ bon mir'' (3R. H, 188 b, 6 ff.). 

Qene ®arftellung be« ©rfd^reden«, ber Slngft unb SBonne, beim 

nennt il^n i^ürger t)on3ürt(i^; Belege ftnb nid^t gegeben, ^abtoub fd^etnt aud^ 
gereift ju fem (SÄ. H, 189 a, 4. 6). 



279 



änfd^auen ber Oeliebten , tDorauf ^abloub nod^ öfter« in ber ©rinnerunfl 
guvücffömmt (3Jl. II, 190 a, 5 W« 7. 191 a, 3 bi« 9),.ifl aud^ nid&t 
ganj toon erffer $anb, fonbcrn bern SKuftet ^einrid^g bon SWorungen 
nod^igebilbct (3R. I, 53 b, 7 big 54 a, 3. 4), bejfen Sieber übetl^aiH)t 
auf ü)n otogen Sinbrud Qcmad)i l^aben. SiBen erinnert e« j. 35. nid^t 
an ben filtern €anger, toenn ^abloub fagt, tper il^m bie Sruft auf- 
bräd^e, ber Mrbe ©ie in feinem $erjen feigen? (SIR. II, 186 a, 2. 3. 
a3öl. I, 51 a, 4. 5. 35flL aud^ 3R. II, 192 b, 2 mit I, 54 a, 6.) Slber 
anä) anbre trefflid^e üKeifter ber maneffifd^en ©ammlung Ijiat er pd^tlid^, 
felbft in ganzen Siebern, nad^geal^mt; fo in )h>eierlei 93earbeitungen 
2BaItl^erg Sflofenbett unter berSinbe, er fd^miidtt e« nurioeiter au^i bie 
Äiffen finb Don S3Iütl^e, bie ^olfter t)on S3enbilten, bie Seilad^en Don 
Stofen (3W. H, 194 b, 6 bi« 195 a, 3. 195 b, 3 bi« 5. aSgl. I, 113 b, 
4 big 7); bann Äriftang Don $amle Sieb Don ber grau, bie im filee 
toanbelt (SBl. II, 196 a, 6. SSfll. I, 46 b, 4 bi« 6) K äud^ ©teinmarg 
c^erbftlieb l^at nad^gellungen unb Don biefem (Segenfänger ift felbft bie 
SSergleid^ung beg unrul^igen ^erjeng mit bem ©d^Voeiu im ©adte ent- 
lel^nt (3Jl. II, 191b, 4. Sgl. 11, 106 b, 2). Sebod^ nimmt ^abloub 
in feinen ^erbftliebern bie 5ßartei ber SWaienluft gegen bag ^erbftgelag, 
ber SRinner gegen bie @ffcr unb urinier. S^üd^tig lägt er aber biefen 
(Segnern in ber l^eigen ©tube auftragen: feifte ©d^toeinebraten, Ram- 
men, äBürfte, $irn, (Selröfe, ©rieben, bag i^nen bie ©tirne gloftet, 
aud^ aU^ loolSll gefallen, bafe fie bürfte; toeigeSrote aug bemloatten- 
ben ^afer, mit gett begoffen, ©ntenfüge, blinbe (Sänfe, gefüllte ^ül^ner, 
gefottenc Äaj)aunen, Stauben, gafane, bag nehmen fte für be« SRaien 
33lütl^e; ba)u trinten fte neuen 3Bein, ber bag ^irn rül^rt unb il^ren 
3Rutl^ l^od^ fül^rt. Ungleid^ ift bie SSelt. gnbeg ben ^ejfern tool^l ift, 
trauern bie SJlinner jugleid^ mit ben SSögeln, benen ber Sffiinter leib 
t^ut (3». n, 191b, 5 big 192 a, 4. 192 b, 3 big 6, fjragmcnt). 
ßmtelieber giebt ^abloub gleidj^faKg mel^rerc Don ettoag"" freier Slrt 
(3R. n, 193 a, 4 big 193 b, 1. 193 b, 2, gragment. 195 b, 6 big 
196 a, 2). ©elbft 2U Slitl^artg äBeife neigt er fid^, iebod^ mit eigen« 

^ SJgt. ferner 2». II, 188 a, 4 mit I, 67 a, 2 (Sfieinmar); II, 195 b, 2 
mit altem ©otenlicbem; II, 195 b, 5 mit II, 49 b, 4 ($ug Don SBcrbentoac); 
II, 197 a, 7 f. mit I (SBaltl^er). 



1 



280 



tl^ütnlid^ fd^toeijerifd^cr.fjarbenflefcung: gtoeen junge S)örJ)er greifen an 
bie ©d^toertct; Slubolf jütnt,.ba^ Äunje tl^m ©Uen abn^enbig mad^e. 
2lm Sonntag, auf bem SBerte, \>ox ber ©d^önen, fott ber Äami)f er^ 
gel^n. ©ie fd^teien, bafe man^ ferne l^ört. Siele 3)ör^)er lommen 
^eran mit großem ©dralle. SRubolf milft feine Äul^ unb l^eifet feine 
greunbe trinlen, um fid^ il^rer ßülfe ju berfid^em. S)er ?IReier unb 
^hjeen 2lnbre tooHen ben ©treit fd^lid^ten, bod^ Äunje toiH nid^t toon 
©Hen laffen ; l^at er i^r bod^ eine. ®ei| unb l^unbert @ier gef d^fenft unb 
ift i^r olS>n^ 3R(iitn l^olb! ©ie \)erft)red^en, Slubolf foll il^n fd^ablo« 
l^alten. ,,9lun lafet l^ören! \oa^ \ox\l er mir bieten?" „Qtoo ©ei^en 
unb ein $ul^n." „©o toitt id^g gerne tl&un, id^ tl^at nod^ ftetd, U>a§ 
Sieberleute mir rietlj^en" (Tt, U, 190 b, 5 bi« 191 b, 2). 2Bir feigen, 
bafe Sürid^ fd^on um 1300 feinen gbijUenbid^ter l^atte. 

ätud^ Seid^e unb ^agelieber l^at ^abloub gefungen. @r f(ud^t ben 
3KerIern, bie, l^el^Ien ©ang§, toie bie Äa^e nad^ ber SKau« umfel^ 
(501. II, 187 b, 6). aSieleg üon feinen ©ebid^ten aber l^at ber untooll- 
ftänbige Slbbrud ber maneffifd^en ^anbfd^rift gar nid^t ober nur in 
Srud^ftüdfen belannt gemad^t unb e« fmb bal^er nod^ Weitere Sluffd^Iüffe 
über il^n ju ertoarten. 

©0 eng pd^ biefer SWeifter an bie älteren ©Snger anfd^miegt, fo 
mad^t ftd^ bod^ bie öeränberte QÄt auf geboi)J)eIte Sßeife bemerflid^. 
©})rad^e unb Sergfunft l^aben nid^t mel^r bie 3Ranigfaltigfeit, Setoeg^ 
lid^Ieit unb ben SBol^IIlang be« früheren ÜRinnefang«; ber ©troJ)l^enbau 
ift ettoag einförmig unb ber SHeim fällt oft, meifterfängerifd^, auf 3lu«« 
l^ülf^h)orte unb ^toifd^en ben ©inn K ©obann jeigt fid^ aud^ in ben 
SDlinneliebern bie ftäbtifd^e unb bürgerlidt^e Umgebung \ 

3)iefe SWinnelieber finb burd^ garte Haltung unb blül^enbe garbe 
auggejeid^net; in ben meiften erfd^eint ber 3)id^ter überaus fd^üd^tem, 
obgleid^ anbertoärtS ber ©d^all l^erDorblidEt. 3)a§ ftitte, toonnige Slm 
fd^aun ber grauenfd^önl^eit ift il^m borjüglid^ eigen. „3d^ lonnte mid^ 
ertpel^ren nie," fagt er, „toenn id^ je fal^ fd^öne grauen, ba| e« nid^t 

1 8. S5. gar, bo, ir munt u. f. xo. Wl. II, 188 a, 1 big 3. 188 b, 4. 
197 0, 5. 

2 @o ber ®ang Dor ber @tabt (SK. II, 197 a, 4), ber ©aumgartcn 
(II, 193 a, 3), bie ^auÄforgc (II, 188 b, 5 ff. S5gl. (Solocaaer Globey @. 91 
m 94), bie näd^tUd^e 3ufammenfunft (II, 196 b, 1 f.). 



281 



fltenge in meine« ^erjen« ®runb" (3W. II, 189 a, 5 f.. SBßl. 196 6, 3). 
6r getraud^t j^iefüt nod^ ein außbru(f«t)otte« SBort: „jtd^ il^ret SBBonne 
innem" (Wt. II, 189 i, 5 f.). Sft bte ©eliebte nid^t mef)v ba, h)o er 
jte fd;auen fann, fo ift il^m, h)ie toenn bie ©onne l^inunter gel^t 
(3K. II, 192 b, 2). 2)en fd^eibenben ©ommer beflagt §ablouB befon= 
ber« barum, tveil bie SDBinterlleibunfl bie ©d^önl^eit ber %xamn Der* 
l^üffe; eine SBenbung, bie, bem ftül^eten ÜKinnefang unbelannt, bei il^m 
flet« tDiebetfel^rt. SBBenn ber SBintet feine Soten auSgefenbet, bie Sife 
(^iorboft), bie 3Wand^en gitterhjeife (SCremuIant) lel^rt, unb ben %\t>ev 
(©eitentoinb) S ber bie Ilaren 2!age trübt, ba umtDinben fd^öne grauen 
ba« Slntlil unb ben Slatfen; Stofentoangen ftnb ba verborgen unb 
Äel^Ien, blani h)ie ©d^nee; bie tveifeen $änbe finb Derftedft, benn lalte 
SBinbe tl^un an linben Rauten \oe\), ^n bie ©tuben jiel^en fid^ bie 
©d^önen, bafe man jte feiten jtel^t. Sid^ter ©d^ein ift tl^euer ben SBJinter 
entlang. 2Bie anber«, tvenn fte im Haren ©ommer ftd^ ergel^n! I^in- 
gelegt fmb bie fd^toeren Äleiber, man fielet, n)ie tpeiblid^ tool^I fie ge^ 
ftaltet ftnb; fd^ön ftel^t il^nen ber leidste ßein, burd^ feine ärmel leud^- 
ten toeifee 3lrmc (3K. II, 187 b, 2. 3. 192 a, 3. 4. 193 b, 5. 6. 
196 a, 3. 4). SBenn fo mand^ jarter Seib in lid^tem Äleibe burd^ ba8 
®rag gel^t, ba leud^tet ber fjrauen ©d^önl^eit unb ber ®Ianj ber 
Slumen jufammen (3K. II, 195 b, 1. 196 a, 6. Sgl. 195 a, 4. 5). 
SiBig eifert benn aud^ ^abloub gegen eine fjrauentrad^t, barüber nod^ 
bie neuefte g^t ju flagen l^at: „3)ie ©itte ift in Öfterreid^ unminnig* 
lid^, bafe fd^Bne grauen breite $üte tragen ;,öor benen fielet man ibre 
SBänglein nid^t, nod^ il^rer lid^ten 2lugen ©d^ein; fd^toammen bie^üte 
bod^ S)onau ab!'' (Tl. II, 189 b, 3.) 

Sieblid^e grül^ling§bilber finb e« aud^, h)ie fd^öne fjrauen unter 
bltil^enben Säumen tanjen ober jufammen in ben SSaumgärten gel^n: 
„ba l^ört man il^re fanften SBorte, hjie fie ftd^ fo toeiblid^ fd^ämen, 
mm junge SKänner il^rer ad^ten" (3W. II, 193 b, 2. 3). 

®od^ ^abloubS jartefte Did^tung ift lool^I biefe: „Sld^I id^ fal^ fie 
l^erjen ein Jtinblein, fie umfieng e« unb brüdft* e§ nal^* an ftd^, fte 
nal^m fein Slntli^ in il^re toeifeen $änbe unb brüdft' eg an il^ren 5!Jlunb, 
an il^re Haren SBangen, o loel^! fie lüft* eS gar. @g tl^at aud^, toie 

1 e. etafi)er« ^biotifon I, 173. 334. 



282 



td^ l^ätte getl^an , xi) fal^ e« fie umfallen , c§ tl^at red^t , afö berftänb* e§ 
biefc SBonne Qarii, eg toar fo frol^. 3)a mod^t' idji e§ ntd^t o^ne 3leit> 
laffen, id^ gebadete: D \0€f), h)är' id^ ba^ Äinblein, fo lange jte e§ 
l^erjen ipiH! ©obalb bag flinbletn toon tl^r fant, nal^m td^§ ju mir, eö 
bünfte ttiid^ fo h)ertl^, toeil ftc« an ftd^ gebrüdEt. 3^ umpeng eg, Ido 
fte c« el^' umfangen, id^ lüft* e« an bie ©tatt, h)o e^ bon il^r ge^ 
lüffet tDat; h)a§ mir bod^ baö ju $erjen gieng!" (3R. II, 187 b, 7 
bi« 188 a, 3.) 

©0 l^at in ber Haren ©eele biefe^ ®id^ter§ ber fd^eibenbe ?Winne= 
fang nod^ einmal fein freunbUd^e^ ßidfit gefjjiegelt. 



Ül6er bic Aufgabe 



einer ©efeKfi^aft für kutfi^^e S^iraii^e. ' 



1 [^gt. anä) UJ^Ionbd (S^ebtd^t ,,SDte beutfd^e <Sprad^ge[ettfi^aft'' Dom 
gal^re 1817, ®cbid^lc, 54 Auflage, Stuttgart 1869. a ©. 75. 76. ^.] 



3)te betlinifd^e ©efeUfd^aft für beutfd^e @f)rad^e befttmmt fid^ in 
il^rer ©efc^utfunbe ju tl^rcm auöfc^Iie^Iidj^en 3^^* We toiffenfd^aftUcl^e 
@rfotfcl{fung bet beutfc^en @))racl^e nad^ i^rem ganjen Umfang. S^fol^d^ 
bicfe« 3tt)edt« feftt ftc fid^ für i^re SQBerltl^&tiflfeil brei $auj)taufgaben: 

1) ßrforfd^ung beS gegennjärtigcn Suftanbeö ber beutfc^ien St)rad^e 
nad^ fämmtlid^en Wunbarten, in 9lebe, @d^rift unb 3)rud(; 

2) SBürbigung ber l^euttgen beutfd^en @t)rad^e nad^ il^rem etgem 
tl^ümlid^en ÜRufterbilbe, toie ed aud il^r felbft an^ufd^auen unb }u er« 
lennen ; 

3) älu^mittelung aQed beffen, toai im ©eifte ber gefd^id^tlid^ ge« 
gebenen @)>rad^e felbft getl^an toerben tann, um bte l^eutige beutfd^e 
@))rad^e h)eiter au^jubilben unb ben aU ^n)edmä§ig erlannten ®pxad)' 
t)erbeffemngen bei bem beutfd^en SSoUe @ingang )u t)erf (Raffen; 

enblid^ old Srgebnid biefer breifad^en älrbeit ftrebt bie ©efeUfc^aft, 
SSorarbeiten für ein 3B5rterbud^, für eine @))rad^Iel^re unb eine ©e^ 
fd^id^te ber betttfd^en &pxa6)e ju liefern. 

3Rit Siedet loerlangt bie ©efeUfd^aft eine fold^e f^orfd^ung, iDeld^e 
belebenb, für bie weitere äuSbilbung ber ©J)rad^e förberlid^ fei. 

9Bie nun gerabe bie gefd^id^tlid^e Setrad^tung unb Bearbeitung 
ber beutfd^en @)>rad^e fid^ aU Dorjüglid^e^ unb tpefentlid^ed ÜIKttel ber 
SSelebung unb t^örberung barfteUe, foU in bem ^olgenben nfil^er an« 
gebeutet toerben. 

3)ie ®efe|urlunbe, U>eld^e ben Q^td unb bie $au)>tauf gaben ber 
©efeUfc^aft nur im Mgemeinften angeben lonnte, um jjeber befonbem 
älnfic^t unb 93erfal(;rung$art freien Staum ju laf\tn, fd^Iie^t aud^ jene 
gefd^id^tlid^e Snftd^t leineiSioegd aui, Umtat bielmel^r berfelben offenbar 
entgegen, it>enn gleid^ t)ielleid^t berjjenige, ber )unäd^ftt»on bem @tanb« 
pnntt ber ©efd^id^te auiSgel^t, l^ierin eine fd^&rfere SSejeid^nung toünfd^en 
nüM^te. 



286 



3ft ncmlid^ ber au§öefj)rod^ene Stt)e(f bet ©efcUfd^aft ©rforfd^ung 
ber beutfd^en Bpxa6)e nai) tl^rem ganjen Umfange, fo gel^ört in biefen 
Umfang unjtoeifel^aft aud^ bte ©rforfd^ung ber frülj^eren S^ftänbc un« 
ferer ©Jjrad^e, fo toeit bie 3)enfmfiler berfelben l^tnaufreid^en. ©oKtcn 
nun biefem 3^^*^ gemSfe bie $auj)taufgaben ber gefeUfd^aftlid^en SBerl« 
tl^ätigfeit beftimmt toerben, fo l^ätte al« erfte §au})taufgaBc bie ©r- 
forfd^ung nid^t blo^, ioie gefd^el^en ift, be§ gegenwärtigen, fonbem be« 
vormaligen unb gegenwärtigen 3wftanbe« ber beutfd^en ©Jjrad^c fefi* 
gefegt Werben mögen; unb jwar biefe« um fo mel^r, oi^ bie jWeite 
$aut)taafgabe, äBürbigung ber l^ieutigen beutfd^en @))rad^e nad^ il^rem 
eigentl^ümlid^en iUluflerbilbe, bod^ tool^I bollftänbiger gefeftt unb geföft 
Werben möd^te, Wenn ba^ 3roufterbilb nid^t einjig aug ber Setrac^^ 
tung bc^ l^euttgen S^P^nbe« entnommen würbe; afö femer bie britte 
aufgäbe, Weitere 9lugbilbung im ©eifte ber gefd^id^tlid^ gegebenen 
®pxaä)^, bie gefd^id^tlid^e ^orfd^ung auSbrüdflid^ DorauSfe^t, unb afö 
enblid^. Wenn blo^ ber gegenwärtige guftanb bead^tet würbe, unter ben 
®rgebnif[en ber gefeUfd^afllid^en 3;i^ättgleit nid^t SBoiarbeiten für eine 
©efd^id^te ber beutfd^en ©J)rad^e überl^auj)t, fonbern junäd^ft blo^ für 
eine SDarfteKung il^reg l^eutigen S^ft^J^k^ erfd^einen fönnten. 

®g Würbe bem Sisl^erigen gemäfe aud^ nid^t un}>affenb geWefen 
fein, Wenn unter ben Oegenftänben, für Weld^e pd^ Vorarbeiten ergeben 
fotten, bie ©efd^id&te ber ©Iprad^e toor bem 8Q3örterbud^ unb ber ®pxa^' 
lel^re benannt Worben wäre. 9iad^ biefen borläufigen S3emerlungen jur 
©ad|e felbft! 

33ie ©Jjrad^e ift eine Überlieferung, ein gefd^id^tlid^ ©egebene«. 
@^ lann jWar jeber an^ ]x^ felbft burd^ Slad^benfen über baS SBefen 
unb ben gWedf menfd^lic^er Siebe allgemeine ©})rad^grunbfä|e entwideln. 
3)a§ befonbere ber einzelnen ©})rad^e aber, ba^jenige, Woburd^ pe gur 
eigentl^ümlid^fen ©J)rad^e Wirb, il^ren SBortftoff, ben ©ebraud^, nad^ 
Welchem biefer ©toff bel^anbelt wirb, unb bie aug biefem ©ebraud^ ent^ 
nommenen Siegeln emj)fängt jeber bon aufeen unb wenn er fid^ im 
Seben toerftänbigen Witt, fo mu| er pd^ barnad^ ad^ten. 

©0 bererbt pd^ bie ©Jjrad^e t)on ©efd^led^t gu ©efd^led^t. SBenn 
aber ba« aufwad^fenbe ©efd^led^t mittelp ber 4iberlieferten ©J)rad^e in« 
Seben eingetreten ip unb barin gufe gefaxt l^at , f o fül^lt eö ba« Weitere 
Sebürfni^, nad^ ber im Saufe ber 3rit öeränberten 5Denf - unb ®mj)fin» 



287 



bunfl^toeife an ber emt)fanflenen Bpxa^e fortjubilbcn. Sleue SBegriffc 
crl^cifd^en neue ober neuangetDenbete Sejeid^nung, anbere Slid^tung be^ 
Seifte« fud^t anbete Sffienbung be« Slu^btud«. 

9(ber nid^t burd^ 3BiIl!ür be« ©injelnen, aud^ nid^t burd^ beliebige 
Übeteinlunft SBieler flel^t biefe ©rtoeilerung bet ®J)rad^e üon BtaiUn, 
©d^on bie SlotJ^toenbigleit ber aUgemeineu SSerftänbigung verbietet foId^e^S 
3Serfal^ren. 3t\d)i burd^ ba§ 3lufJ)froJ)fen frembarliger Steifer, toielmel^r 
burc^ ba« Sluftreiben neuer Sd^ö^Iinge au« bem alten ©tamm bilbet 
fid^ bie ©^)rad^e lebenbig fort, ga, man möd^te fagen, e« l^aben 
beim Slnbrud^e ber neuen ^üi berftänbige SKonner borgejogen, il^re 
ber Silbung ber 2anbe«ft)rad^e toorgeeilte ®eifte«bilbung einer fremben, 
^iefür fd^on auggebilbeten ©Jjrac^e anjutoertrauen , al« ba« SBad^gtl^um 
ber 3)lutterf^rad^e lünftlid^ ^u übertreiben. 38iQ nun bie ©))rad^Iel^re 
nid^t blo^ ben bermaligen ©^rad^gebraud^ in Siegeln faffen unb mit 
biefen bie Bpxai^e fd^Iiefeen, toitt unb foQ fte öielme^r bie ®efe^e auf= 
finben, nad^ toeld^en bie ©t)rad^e ol^ne ß^^pö^^ung il^rer felbft auf ilj^rer 
gefd^id^tlid^en ©runblage fid^ fcrt^ubilben faltig ift, fo toirb l^ieju nid^t« 
jo bienlid^ fein, atö eben bie genauefte Äenntni« il^rer ©efd^idjite felbft, 
bie möglid^ft flare älnftd^t ber t)erfd^iebenen B^ftänbe, toeld^e bie 
©))rad^e, fotoeit il^re 3)enlmäler reid^en, burd^gemad^t l^at unb in benen 
fie, bei attem 2Bed[ifeI ber ©eftaltungen, bod^ immer eine unb biefelbe 
®^)rac^e geblieben ift. SQ3a« in bem SD3ed^fel ber S^ftänbe ftd^ gleid) 
geblieben ift, ba« toirb al« unberle^bare äBurjel ber ©))rad^e erfannt 
hjerben unb au« bem, toa« bie ©J)rad^e ^u berfd^iebenen QAtm öer^ 
mod^t l?at, h)irb pd^ am fid^erften entnel^men laf[en, toa« fie femerl[|in 
t)ermöge. 

SBenben h>ir biefe« fogleid^ auf bie beutfd^e ©})rad^e an! ^ier 
öffnet fid^ eine» tauf enbiäl^rige ©efd^id^te. SBir feigen unfre 3Kutterf})ra4^e 
im 3wpÄnbe rol^er Äraft, in fteigenber unb toieber finlenber Silbung, 
in toed^felnber ^errfd^aft il^rer öerfd^iebenen SKunbarten. Slamentlid^ 
jeigt un« bie alemannifd^e SWunbart unter ben l^o^enftaufifd^en fiaifern 
eine 2lu«bilbung für bie 2)id^tfunft, einen Sleid^tl^um, einen SBol^ls 
ftang, eine ®etoanbt|feit, eine fd&ö})ferifd^c greil^eit, barum fie uon 
neueren ®id^tem mit Siedet beneibet toirb. 

Sitte« biefe« ift beutfd^e ©))rad&e, überatt ber l^eimifd^e 2aat 3)ie 
SBerfd^iebenl^eit bon ie|iger ©d^riftfj)rad^e oft mel^r in ber SWunbart, 



288 



aU in bet S^i^ctne, begrfinbet. Oft nur ein fd^arfeS ätnbliden, ein 
lebenbiget 93orttag, unb baS alte 2Bort fte^t mitten im Seben. 

SBenn in ber neueren beutfd^en 3)ic|ftlunft bie äSorliebe für bad 
alte SBort ftd^tbar toirb, fo ))erbient bie^ nur bei benen Xabel, bie 
blo^ ben @d^ein ber 9lltertl^ümlicl^Ieit fud^en ober nur auf ber Dber^ 
fläd^e bed älltertl^umiS f(i^&))fen, nid^t aber bei benienigen, toeld^e bie 
ettoaiS abgeftanbene S^rad^e jje^iger ^Ät in bem alten lebenbigen S^rad^- 
queQ grünblid^ )u erfrifd^en gemeint ftnb. 

2)er 3)id^ter ^at ein t)ielbege^renbed @))rad^bebürfnid. @r foD ba^ 
Seben in feinen manigfaltigften @eftalten unb S3eh)egungen ergreifen, 
bad Xieffte bed ©emütl^ed audf))red^en , t)on i^m ertoartet man bad 
9teue, f d^öt)f erif d^ $ert>orgeruf ene ; unb aOe$ biefedin gemeffener ftunft« 
form, bie f\ä^ bem ©egenftanb anfd^miege unb bem Dl^re tool^ltöne. 
3^m t)or älSen mu^ alfo baran gelegen fein, ba| er bie Bpxaä)^ offen 
l^alte. 3f^ ^i^ 3)id^tlunft red^t lebenbig, fo toirb aud^ bie @t>rad^e, 
ft>ie ein ftarl betoegter Strom, nid^t fo leidet zufrieren. 3{1 ^^^ ^^' 
mal bie @t)rad^e gefd^loffen, fo erftarrt mit i^r baS bid^terifd^e £eben. 

3)er ®id^ter toirb bal^er immer ber erfte fein, ber mit ber Bpxai^ 
leiere, bie il^re Siegeln lebiglid^ aud bem neueften ©ebraud^e entnimmt, 
feinbfelig jufammentrtfft, unb e$ lann i^m nid^t genfigen, toenn bie 
@|)rad^lel^re blo^ unter ben Sludnal^men bon il^ren Siegeln getoiffe 
3)id^terfrei^eiten aufffil^rt, bie fie nad^ft^tig geftattet. @r ))erlangt leine 
Sa$nad^tfreU;eit, er ))erlangt bad Slnerlenntnid eined ftet^ lebenbigen 
®))rad^toad^i$tl^umd unb nur biejjenige ®efe|gebung h)irb i^n binben, 
toeld^e bie S3ebingungen unb ©efe^e biefer gortbilbung felbft in fid^ 
aufnimmt. 

ffienn nun ber ®id^ter, toenn jeber SKnbre, ber für fein ©Jjrad^« 
bebürfnid in bem gegento&rtigen @tanb ber @))rad^e leine Sefriebigung 
finbet, ju bem SSorrat^ frül^erer 3^*^" f^ne 3wflwd^t nimmt, in toeld^en 
bie@))rad^e für getoifje S^Dede, toie namentlid^ für bie ^id^tlunft, güm 
ftiger gebilbet fein mod^te, ate pe eS jeftt ift, fo liegt l^ierin an fid^ 
nid^tg SSertoerflid^eg. 2)iefe SBieberertoedfung be!§ Sllten ift lein Slüdt' 
fd^ritt in ber 33ilbung, fonbern eine ®rtoeiterung ber ©J)rad^c, bie ftd^ 
in getoiffer SBejieljiung gegen il^ren vorigen Swftanb ju i^rem 5Rad^t^eile 
verengt l^at, unb im SSergleid^ mit ben übrigen SBegen, auf toeld^en 
bie ©J^rad^e erweitert unb^bereid^ert toerben lann, emjjfieljflt pd^ biefer 



289 



infofetnc, ofö fca§ Sffiort, toeld^eS f(i^on einmal im Scben geivanbelt, bic 
(St)rad;form, lücld^e fd^on einmal oetoiffen S^^^^^ gcbient, il^re %auQ* 
lid^feit bereite ert)robt ](;aben, unb afö cS ber neueren S^t ertpünfd^t 
fein mufe , aud^ burd^ ©JJtad^annftl^eruno fid^ bemjenigen ju befreunben, 
njaS bie SBorjeit Irefflid^eg «nb für alle 3^*^^^ ©ültigeg in i^rer 
©})rad^e niebergeleßt f)at 

®iefe unb anbere Seftrebungen, bie S^rad^e ju erlueitern, fott ber 
(Sj^rad^Iel^rer nid^t unterbrüdfen, er foH fte leiten, bor Untauglid^em 
iparnenb, ba3 S^auglid^e förbemb. 35urd; gefd^id^Kid^e ©rforfd^ung ber 
©J)rad^e felbft UWi^xt, foD er l^intoieber leieren, tra« bic ©))rad^e toon 
bem SSerlorenen jum ®eit)inn trieber in fid^ aufnel(^men, h)ie fie biefe^ 
btm neueren 3^P^^t> aneignen, burd^ tpeld^e SKiilel fie nad^ i^rer ge- 
fd^id^tlid^ er][|obenen (SigentJ^ümlid^Ieit fid^ natuvgemäf; fortbilben lönne; 
er foH in biefe gorlbilbung unb ©rneuerung ®efe^, ßufammenl^ang, 
goIgerfdS;tigfeit bringen. 

äDerbing^ l^at er ein jenem bid;terifc^en entgegengefe^teg Se^ 
bürfnig ju bead^ten, er l^at tafür ju forgen, bafe bie Bpxaä)e allgemein 
berftänblid^, im ©efd^äftäberfel^re beftimmt unb gleichförmig, für ben 
3ugenbunterrid^t Jjafelid^, bem gremben erlernbar fei. SWan verlangt Don 
il^m £e]^r= unb SBörterbüd^er, für ben näd^ften ®ebraud^ bered^net, bie 
baS Sangbare batbieten, ba^ UngeiDöl^nlid^e unb 3?eraltete ol^ fold^ed 
bejeid^nen. S)a| er aber über biefem näd^ften 33ebürfni3 jenes l^ö^ere 
nid^t bergefje, babor toirb il^n nid^tS grünblid^er belval^ren, alg ber 
S3Iid in bie ©efd^id^te. SBenn er l^ier fid^ überzeugt, ba^ bie beutfd^e 
Sjjrad^e fd^on in frül^eren geiträumen Silbungeftufen burd^Iaufen l^at, 
für bie f\i) eben fo loo^l befonbere ©J)rad^Ie]^ren unb SBörterbüd^cr 
enttoerfen liefen, h)ie für il^ren gegentoärtigen 3wftanb, ba^ fte in 
biefem Swp^*'^*^^ ä^^^ ^^ Seftimmll^eit geiDonnen, an Sleid^tl^um unb 
Setoeglid^feit aber berloren l^at, fo it)irb ftd^ ii&m bie 3lnfid^t feftfteKen, 
bafe aud^ biefer gegentpärtige S^ftanb felbft nur als eine SBilbungS* 
ftufe, ate ein ©tüdf jener taufenbjäl^rigen ©efd^id^te ju betrad^ten fei. 

Unb biefem nad^ l^ätlen toir bon einer umfaffenben ®rforfd^ung 
ber beutfd^en ©J)rad^e, neben ben für baS näd^fte S5ebürfniS bered^neten 
arbeiten, aHerbingS ein breifad^eS ©rgebniS ju ettparten: 

1) (Sine ©efd^id^te ber beutfd^en ©t)radS>e, h?ovin il^re äußeren ©d^idf« 
fale unb il^r innere« SSBadS^Stl^um, baS Steigen unb ©inlen il^rer 

tt^lanb, ©(^riften. V. 19 



290 



Silbung, bie toed^felnbe ^enfc^aft ber 3Runbarten, baS etgentl^ümlid^e 
i^rer ien^eiligen 3uf^^nbe/ unb fo aud^ be^ gegentoartigen, in einem 
lebenbigen ®emalbe bargefteOt toaren. 

2) Sin SBörterbud^, iDorin ba§j|enige, toa^ bie @efd^id^te in größeren 
3ügen gegeben, an jjebem einzelnen äBorte burd^gefül^rt, jebed t>on ber 
SBurjel an burd^ bie berfd^iebenen SilbungSftufen bi$ bal^in, tDO eS im 
©ebraud^e }U fein aufgehört, ober, tpenn e^ nod^ im @ange ift, bid 
in feine gegenträriigen eigentlid^en ober uneigentlid^en 93ebeutungen t)er« 
folgt toürbe. 

3) 6ine ©Jjrad^Ielj^re, loeld^e ba§ SEBefen ber beutfd^en ©t)rad^e, toie 
ed ftc^ aud einer umfaffenben gefd^id^tlid^en Setrad^tung berfelben ergiebt, 
in allgemeinen ®runb}ügen tinb mit 3(ntoenbung auf bie ^unbarten 
baricgte, ben (Sebrauc^ berfelben, toie er ftd^ in il^rem gegentoartigen 
guftanbe befd^ränlt unb geregelt l^at, au^fül^rte, unb bie ®efe|e, nad^ 
loeld^en fie il^rer gefd^id^tlid^ erl^obenen 5Ralur gemäfe ber gortbilbung 
fällig ift, auffteDte unb entioidfelte. 



Sn ®ef(l|i(|tc kr grcif^ie^cm 



3m ©ommer beg Sal^reg 1576 l^attc bie 9leid^gftabt ©trafebutg 
ein Qxoi^^ B6}kim mit Slrmbnift unb Süd^fe, fammt 3lugf})ielung 
eine§ @lM^top\e^, l>cranflaltet. 2)ie geftlid^Ieiten bauerten faft jhjccn 
5Dlonate ](|inbutd^. SSon ben befreunbcten ©täbten am dü)txn, in 
©d^toaben unb in bcr ©d^tocij, namentlid^ t)on bem atoerbünbetcn 
3üridj>, iparcn bereit« bie ©d^ü^en angelangt. 3)a fd^ifften ftd^ in ber 
grü^e beS 20 S^ni nod^ toeitere 54 3lrmbruftfd^ü^en ju 3öri<^ <*wf 
ber Simmat ein unb lanbeten abenb« gegen 9 U^r gu ©trafeburg, 
einen ^irfebrei in eisernem %op^c nod^ toarm jur 3^afel be« Slmmeifterg 
liefernb. 2)amit jeigten fie, baft fie auS 4 2^agreifen eine mad^en unb 
in SRotl^f alten ben greunben ^ülfe bringen lönnen, bebor ein Srei 
lalt h>erbe. 

geneg große SSoIföfeft unb biefeg 3toifd&enfj)iel beefelBen, SBieber« 
l^olung eineg äl^nlid^en Unternel^men« ber S^^^^^ ^^^ 1456, toarb in 
gebunbener unb ungebunbener Siebe, in bfutfd^en unb latetnifd^en Serfen, 
burd^ Steininfd^rift, SWauergemälbe, 3ei<^uungcn aller Slrt, burd^ 2)enf* 
münjen unb foftbareS S^rinfgefdjfirr, enblid^ audj> burd^ bie nod^ öor» 
l^anbenen ftöbtifd^en Sled^nungen, gum ©ebäd^tnig ber 3lad^lt)elt feft* 
gel^alten. S^i^'&efonbre l^at [XX] Sol^ann gifd^art in beutfd^em ®e» 
bid^te ba« glüd(^afte ©d^iff Don ßürid^ befungen, nid^t etloa, ioie man 
Don bem erften ©atiriler ber Seit ertoarten möd^te, ben günftigen ©toff 
jum ©d^erje benü^enb, fonbem in ööHig ernfter ©ejtnnung. ^a, ate ein 
©J35tter mit feinem ©d^mad^fjjrud^e bie ©ad^e gu toerunglimj)fen toagte, toar 
gifd^art ungeffiumt mit einem fel^r l^eftigen unb l^anbgreiflid^en Äel^rab * 

1 SScrgt. SÖienenlorb, 1588, ©(. 4: „Objurgatorium Clericorum, bcr 
@eif}It(^en ^el^rab.'' ^uf ben ©d^mad^f^rud^ er[(i^ienen mel^rere Slntioorten, 
f. SRing, Über bie fReife bc» Sürit^er ©rcitopf« nad) ©trapurg 1576. ©aircut^ 
1787. 8. ©. 138 ff. 



294 



üBer il^^tt l^er. Sn ft)äterer 3^it fxnb bcm ©d^ü^cnfeftc bon 1576 unb 
ber gal^rt beg 33reito|)f« gcfd^id^tlic^e, litterarifd^e unb äft^etifd^e ®rs 
örtetungen ge)t)ibmet tvorben. @in ^au))tgegenftanb berfelBen aber, 
t^fd^art^ Sobf))rud^, l^at ftd^ überaus feiten gemad^t. @d fd^ten ballet 
nidj^t überflüfltg, biefe« Denfmal beutfd^er ©ittengefdj^id^c unb ber 
Sinnesart feine« bebeutenben 3Serfafferg burd^ einen forgfältigen SBieber* 
abbrudC )u erneuen. 

äufgeforbert, biefen neuen Slbbrudfi beffen übrige Slugftattung 
gän)Iid^ bem ^errn Herausgeber angel^ört, mit einem SSortoorte ju be- 
gleiten, be2n>ed(te id^ anfangt, baiS ®ebid^t unb bef[en ernfte ^^altung 
im 3uf^^^^n'^^>i0 ini^ ^^^^ ^i^ befonber« anjiel^enben Seite \>on 
^fd^artS 6^ara!ter barjufteSen, id^ meine bie t)oKdt]^ümIid^e, üater« 
länbifd^e [XXI] ®e{tnnung biefed @d^riftfteller«, feine rege äSorliebe für 
SUTeS, \oa^ bie Sd^toeijer SanbShaft nennen K 3tx6)t bIo|, ba^ er t)on 
beutfd^er 2^üd^tig!eit unb Streue, öom Stbel ber beutfd^en ©^3rad^e n. f. to. 
mit ftoljem S3et9uftfein f))rid^t; er bel^äl^rt bie üRad^t biefer @)>rad^e, 
inbem er, ein Srunnen mit - jal^Uof en Slöl^ren, il^ren überftrömenben 
Steid^t^um ausgießt, inbem er für fid^ aUein eine ®etoa(t ber ®^rad^^ 
bilbung ausübt, it^e^e fonft nur ber aUmäl^Iid^en @nttt>idnung beS 
©))rad^geifteS burd^ bie ©efammtl^eit eine« SBoIIe« Dorbel^alten fd^eint; 
er betoä^rt bie treue ä(nl^&nglid^feit an baS SSaterlSnbifd^e burd^ feine 
umfaffenbe 93efanntfd^aft mit aSen ^ugerungen beiS beutfd^en Seben«. 
3Bie man auf bem @d^ie^en }u (Strasburg jtoeierlei äBaffen gebraud^te, 
bie neuere Sü^fe unb bie altertpmlid^e 9(rmbruft, fo beft^t ^ifd^art 
neben ber ©d^ulgelel^rfamleit feiner 3^ «^ ki^ ^^^^ flenntniS l^ei« 
mifdjier Überlieferung. ®r ift tool^l belannt mit ben (Seftalten be« 
^elbenbud^S, mit ben fd^er)l(iaften unb romantifd^en @r)&l^lungen, ti)ot)Dn 
ein X^eil nod^ in unfern SSolföbüd^em fortlebt, unb er felbft l^at @inige§ 
biefer 9(rt bearbeitet, er tennt bie @d^ule ber 3Reifterfänger unb paxo- 
biert fie, er lennt bie ganje güKe beg SSolfögefang«, bie ©Jjiele, ^ptü)- 
todrter, SSolföfagen, fiunlelmärlein, aSen ^inberglauben. @r tennt 
bie ©itten unb ©ebräud^e, bie 3Runbarten, bie Srad^ten ber beutfd^en 
SSolISftämme, aud^ \t>a^ ber eine bem anbem gum @))otte [XXII] nac^« 
fagt, er lennt bie 3DlerIh)ürbigIeiten, bie Ileinften ®igenl^eiten ber ein« 

1 [©crgL ©d^riften n, @. 570 bi» 572. ^.]\ 



295 



jelnen Sanbfd^aften unb ©täbte K ©n groser %f)Al ber SGBerfe biefe« 
frtad^getoalltöften ©eutfd^en beftel^t in Searbcitungen aug frcntber Sj)rad^e, 
alg tooHt* er eben nur jeigen, toaS ein.fold^cr Bearbeiter toermag; feine 
üppxQC Äraft ergreift bag frembe ©erüft, it)ie bie traubenfd^toere Siebe 

1 9fJc]^mcn wir g. ©. bcn 2)ru(!ort Dorlicgcnben S3ttd^Iein». Sif^a^^t fennt 
baiJ große JJaß auf bcm ©d^Iog gu Sü&ingen (©argantua ©ap. 4) unb ba» 
große «ud^ bofctbj! ((Sbb. (Eo^ 42 [Siencnlorb, 11 «uSg., ©I. 215 a]), bie 
»Raupen üon Tübingen (^raft [1593 (S 8 b, ©d^eibreS Äloficr VIII, @. 602]), 
ben Sd^manf )}om tttbingtfd^en iD^önd^ im Ofen ((S^argantua (Eap. 1); er weiß loon 
,,^otenburg bei Tübingen, bal^in bie ©tubenten toöd^Ud^ umb guten Sein toaU 
f alerten, ^ßopir gu Idolen, ioeld^cS ftc gleid^ fo »olfeil an!om^)t, als »ann bie 
nörnbergifdjie SSierbretoer jä^rlid^S ^efen in S^üringen Idolen, ober, eS flattlic^cr 
%u toergleid^en, al§ loann man bo« Pallium gu SRom l^olet." ((Sbb. 6ap. 27.) 
fjemer: „3u S^übingen, fagt ^enrid^man, wirb wenig ®elts balb tjcrjel^rt 
fein/' ^ie Stelle ifi an^ Jac. Henrichmanni Prognostica Cap. 20: „Tubingse 
modicum pecaniae cito consumetur." ^ebeld Facetise, woüon ^enrid^mand 
Prognostica, aj;<8 @d^wärjlod& 1508 batiert, einen Slnl^ang aujJmad^en, fmb 
üon Sif^^öi^t mel^rfad^ benüj^t. 9fiabclai§ felbfl fennt „ces fols Astrologaes 
xle Tabinge" (P«ntagrueline Prognostication Ch. 1) imb bie feltfamen S3üd^cr 
gu @t. Victor läßt er jum 2)rudfe förbern „en ceste noble ville de Tubinge.** 
(Pantagruel L. II, Ch. 7.) [2ßil^clm SBadfemaget, 3ol^ann gifd^art öon ©traß* 
bürg unb «afel« SCntl^eil an il^m. ©afel 1870. 8. ©. 16, 2lnm. 40: „Sßic 
fjif^art mel^rfad^ Tübingens unb beS ©tubcntenlebeniJ bort erwäl^nt, ift mir 
nic^t unwal^rfd^cinlid^ , baß er felbfi aud^ einige Seit ba ©tubent gewefen." (Sin 
beftimmter 9Md^weig bafür, baß gifd^art, wie 2Ö. SBadfernagel üermut^et, in * 
Tübingen ftubiert fjoht, läßt ftd^ auS ben bieten ber Uniberfttät nid^t liefern* 
SBenigf!enj$ l^at UniüerfttätiSbibUotl^efar S)r ^ermann ^rg nac^ bem 9^amen 
3o]^ann fSif^^i"^* (SDienfeer) in ber iWatrifel üergeblid^ gefud(>t. 2)er 9fJamc 
„Joannes Piscator, Argentinensis", ber 1566 bi§ 1571 in ber Unioerfitätg« 
matrifeJ, im SÄagiflerbud^e ber SlrtiftenfacuUät unb in ben Slufjeid^nungen beS 
CrufiuS mel^rfad^ begegnet, gel^ört bem (nad^mals) reformierten, gu feiner Seit 
fel^r belannten S^eologen ^iiJcator Don ©traßburg an. 2)ie nemlid^e Sinjeid^nung 
„Johannes Piscator Argentinensis** entl^ält, wie SB. SBadEernagel a. a. £). 
@. 3. 4 berid^tet, aud^ bie ^afeler SJ^attifel 1574 unb nad^ )9Q3adEemageI wäre 
ed nic^t nur wal^rfd^einlid^^ fonbem t& f)ättt feine DoUe ©ewii^l^eit, baß unter 
biefer ©afeler Eintragung 3ol^ann gifd^art gemeint fei; aber e« bürftc fic^ mit 
biefer ©inseid^nung wo^l anber« üerl^aUen. (S3 mag aud^ nod^ baran erinnert 
werben, baß ^. t). fetter auf ber Tübinger UnioerfttätSbibliotl^ef ein breibänbigei^ 
franjöTifd^eg ®efd^id^tiJwerf aufgcfunben, worin gifd^art feinen SiZamcn in brei 
Derf(^iebenen gaffungen mit ber ^al^rSja^I 1567 (facpmiliert in ©d^eiblejJ 
Älofler X, @. 403) eingefd^rieben l^at. S5ergl. Heller in 9laumann» ©crojjeum, 
ficipgig 1847. 8. @. 202 f. 2B. Sßadfernagel a. a. O. ©. 5, ^(nmerfung 6. $.] 



2% 



fid^ Stab unb ©elanber fud^t. SSom fü^nftcn ber franjöfifti^ett ^umo^ 
tiften angeregt, tinflt er mit biefem, nid^t fteglog, um ben ^JJreiS ber 
Aül^nl^eit. 

[XXUI] 2)ie brei tüeltflefd^i^tlid^en 6rf Meinungen, toeld^e am 6in- 
tritt ber neuen S^t, ben ß^arafter berfelben hoefentlid^ beftimmenb, 
toon ^eutfd^Ianb ausgegangen: bic (Srfinbung beS Sd^ie^ufoer^, bie 
ber 33rudE!unft unb bie Sieformation, nal^men, jebe auf il^re SSäeife, 
^ifd^artS S^^ätigleit unb !RationaIgefül^l in 9(nft}rud^. @d(fiegputoer 
unb ^euergetoel^r, obgleid^ bamald längft im ©ebraud^e, i^aittn boc^ 
baS @rf(^ütternbe beS erften @inbrudE$ nod^ nid^t ))erIoren. £)aüon }eugt, 
tvaS im ©argantua &ap, 26 gefagt n>irb, ba^ feit @rfinbung ber bert- 
l^olbifd^^en S3üd^fen. bie !^eute nid^t mel^r beS 2)onner^ unb @rbbebend 
ad^ten, j|a fd^ier ben jjüngften ^ag i^erac^en, bietoeil er ini ^euer 
lommen folle. ®er aufftrebenbe Sürgerftanb öornel^mlid^ l^attc fid^ ber 
neuerfunbenen geuertoaffe bemäd^tigt, unb bie Übungen in berfelben, 
bei ftabtif d^en ^eftfpielen, loaren jugleic^ ber 9CnIag, äSerbinbungen 
unb greunbfd^aften t)on bebeutenber golge ju ftiften unb gu befeftigen. 
Sebenlen toir, toie genau gifd^art, im angefül^rten 6ajj. 26, mit ben 
^anbgriffen unb Äunftauebrüdfen ber ©d^iefeftätte pd^ vertraut jcigt, 
h)ie treffenb er bie Ij^unbert Slugflüd^te ber Sd^ü^en, bie gefel^It l^aben, 
auf2U}ä](^Ien n>ei^, fo mögen toir leidet annel^men, ba^ er felbft fold^e 
Übungen mitgemad^t unb bei ber Sürgerluft toon 1576 mit feiner 83üd^fe 
auf bem 5pia^ getoefen. SKit Segeifterung fprid^t tJifd^art öon bem großen 
gunbe ©utenbergS ju Strasburg unb ber ©d^äffer toon [XXIVJ 3Jlainj *. 

1 ^argantua (Eap. 55 (^nrebe an bie ^üd)tx unb 9(utoren): 
Q^elobet fei ber löblich ^mtb 

2" er eblcn S^rudfcrei, 
!Der euci^ und nod^ erl^ält jur (^tunb! 

©elobet fei bic S^reu 
2)cr beib (Srfinber, ©uttenberf 

Unb ©d^efferd, fampt fein Q^ftpten, 
^ie gmeinem 92u^ gu gut fold^ SBer! 

3u etragburg, Wlznti erfi übten! 
Xtx (Sin brad^t un<^ mel SBerg unb &vit, 

Sa ^ergtverf gutec Mnft, 
^er ©d^äffer an» eim 3^\om STiUt 

^raci^tiS gutben %l\t)^ ertoünfd^t, 



297 



(5r felbft ftaub in einem genauen unb einflu^reid^en SBerl^öItniffe 
ju ber ebeln 2)rucf!unft. S3etn{;arb ^oiin, Sud^brucfer gu ©traft- 
bürg, war fein ©d&tvacjer, unb fotote biefer i^n ju mand^en SBCr« 
beiten öeranlaftte , f o toar anbevf eit« ein mäd^tige^ SEcrIjeug litterarifd^» 
J)olemif(i^er SBirffamleit baburc^ in gifd^artS §anb gegeben, baft i^m 
treffe unb ©cfd^äfteberbinbungen eine^ unterne^menben J^roteftantifc^en 
©rudfer^errn ju ©ebote ftanben. [XXV] Denn eben ber ÄamJ)f für 
bie neuerrungene ©laubenSfrei^eit toar e« , h)a§ feine raftlof efte Jl^ätig- 
leit aufregte K ©eine toieltoerbreiteten ©treitfc^riften unb ©Jjottgebid^te 
in beutfd^er ©J)rad^e fonnten nic^t o^ne bebeutenbe SBirfung im Solle 
bleiben; ^o\). SBalentin 3lnbrea nennt i^n mit Siedet ben ©(^riftfül(;rer 
ber beutfd^en Station (Germanicee nationis a libellis). 

Unter fold^en ®efid^t«j)unlten toirb e3 nid^t me^r befremblid^ fein, 
bafe gifc^art jene beutfc^e ©d^ü^enluft gn ©traftburg al« etit)a« @rnfte« 
unb SBürbige^ betrad^tete, baft i^m ber nad^barlid^e greunbfd^aft^betveig 
ber in ©laubenefrei^eit toerlüanbten ©tabt 3wrid& toertl^ unb bebeutenb 
n>ar unb baft er nid^t mit ta(tem Salute gufe^en tonnte, tpenn bag« 
jenige, toaS er in feinem 6l(;rengebid^te gefeiert l^atte, burd& fd^nöben 
5!Rißbraud5> ber ebeln 35rudfunft, t)on einem 3ln^änger beg 5{Jabfttl^um^ 

^er weift bail gulbcn ©d^aaffeS red^t, 

S)ie Sott, fo red^t iß gulben. 
O bag ber ewig fei oerfc^mäc^t, 

2)er bic ^unfl nid^t mag bulbcn u. f. w. 
^ett Sßeljc^lanb biefen ^unb ergrünbt, 

©ein« SRü^menS xoäx fein (Snb; 
9Zun \)ai^ tuä) £eutfc^en ü^ott gegünbt, 

^t^^alh i^n wol anwenb u. f. n?. 
3^r [bic ©ü^er] prafft bie gürflen, ben fonfl wenig 

©inrebcn börfen, frei; 
^a bon eud^ ^aben Reifer, ^öntg, 

3u tl^un was Unrechts ©(^cu u. f. w. (5Sergl, (lap, 17.) 

1 So^Igef&IIig überfc^aut ^ifd^art in feinem fd^er^l^aften ^alenber bie ®e« 
biete \>t& beutfd^en ^aterlanbeS, in welt^en ber ^ampf ftegretc^ beftanben if!: 
w3n©ac^fen, Sommern, auc^ gen ©rämen, (Smbben, QJenf, ©tragburg, Ulm, 
9leutltngen, (SgUngen, d^ürnberg, S^^^f ^eibelberg werben nit btl ^blag« 
Irämer noc^ Segaten de Latere antommen. 2)ie äJ^arter unb Sirtenberger 
werben nid^t Diet gen 9lom walfal^rten, nod^ bie $reußen t^iel Snnaten bafelbfi 
löfen.'' (^ergl. »labelaiä, Progn. Ch. 6.) 



298 



toerl^öl^nt unb e6m baburd^ ein ©amen ber ß^i^t'^Äd^^ auSgelhreut 
tourbe *. 

[XXVI] ©n Serfud^, bic öorftel^cnben anbeutungen übet gifc^art^ 
Sejiel^ung )um beutfc^en SSoH^leben xni Sinjelne au§)ufül^ren, ettt>a$ 
muffelig für eine S^gabe jum glüdf^aften ©d^ifflein, toürbe gleid^tüol^I 
nur einen abgefonberten 2^^eil ber umfaffenben 6l^a^[XXVIIJrafteriftiI 
berühren, bie h)ir Don einem lünftigen Bearbeiter ber pfd^artifd^en 2Berfe 
)u ertoarten l^aben \ 

1 ©. Sttf)X(ä>, ». 475 ff. 549 f. 805 f. 821 f. a)a6 @pottworte Dorn fü^- 
koarmen $ret unb üiel gröbere, wie fle ber ©d^mac^fprud^ entl^dlt unb ber 
^el^rab unermüblic^ jurücfmirft, eben fold^e, lüomit man bie (^c^ioei^er, ald 
$irten))oII, auc^ fonft ju necfen pflegte, gar leidet ^u emfiltd^er (Sntgiueiung 
fül^ren tonnten (lüie benn, laut ©c^mad^fprud^ 9. 119, ein befonbred SO'lanbat 
gegen bad ^e^cieren ber @d^»eijer ergangen fein fott, ogL 9ling @. 131), be« 
kpeift bie ^J^l^be über ben ausplappert, u^elci^e @tumpff in ber (^(^»ei^erd^ronit 
(^ui^gabe bon 1548, II, 94 b) erjä^It: „Anno domini 1458 auf eim ©d^iegen 
)u (Eoflen^ {am ein ^Bürger Don Sucern unb einer üon Sofien^ in 3^rh)ürfnud 
Don toegen eines alten ^ernerplappartd [eine ©d^eibemün^e] , ben berfefbig Don 
C^ofleu} fpöttlid^ ein ^plappart nennet* ^araug oolget fo t)i( Unrabtd, bag 
gemeine (Sibgenoffen, auf beten bon Sucern iDi^anung, wiber bie Don (Sofien} 
lu l^elb jugenb, unb rudttenb l^inaug gen ^^nfelben. !S)ad felbig ©d^Ioß unb 
^errlid^Ieit »ad bamald einem Bürger Don (Sofien^ gugeljförig. S)aS Sc^log 
warb überrumplet, bod^ nit gebrod^en. S)ifer ^rieg warb geriet burd^ ^ifc^off 
^einric^en unb ^errn Sttbret^ten Don ©aj grei](;erren u. f. »." 35gL 3Raurer, 2)cr 
warme ^irgbrei Don gürid^ auf bem greif d^iegen ju ©tragburg. Qürid^ 1792. 
4. @. 43. ©talber, ©d^weiaerifd^e« ^biotifon II, 142. gifd^art felbfl entl^ätt 
ftd^ anberwärts fold^er Snfpielungen feinet wegiS, g. ^. ©argantua (£ap. 12: 
„ein @au für ein ®aier, ein 9htg für ein ©c^waben, ein ä^ault^ier für ein 
grauten, ein fc^Ieftfd^en (Sfel für aüer ^afen (S^rogmutter, ein iu^ für ein 
©d^weiger u. f. w. anfe^en." [SJet^l. 2Ö. Sßadfemagel, go^ann gift^art ©. 35. 
36. ^.] S)ie alten unb manigfad^en Serbinbungen jwifd^en ©tragburg unb 
güric^ l^at iD^aurer aui^fül^rüc^ nac^gewiefen. 

2 gnbem id^ Don ben 3Jerbienflen gifd^art« fprad^, war eiJ feinedwegS 
meine ^bftc^t, feinen (S^nidmud ju biefen gu red^nen. Xoä) ifl berfelbe nur 
unfc^ön unb ungefd^lac^t, nid^t Derfül^rerifc^ unb lüfiern, ein Unterfc^ieb, wor« 
auf gifc^art felbfl Ij^inweift, wenn er gu bcbenfen giebt, baß bot^ „ba« ol^rcn* 
gart grawengimmer wol etliche Sotten Dertragcn fönne", weld^c in oerfc^iebenen 
bamatö beliebten Unterl^altungdbüc^ern, bergleid^en aud^ unferegeit aufsugeigen 
^at, entl^alten feien, il^id^t minber Derfpottet er bie (Smpftnbfamen, bie „^mabid« 
lefer, bie über bem Derlo^renen ^inb ^eiferd OctaDtanud weinen". 3m ®ar« 
gantua, bem ^auptwerle gifc^artd, ifl baiS Seben eined riefenl^aften, in finn* 



299 



Sd^ fanb ballet Jjaffcnber, mid^ toom 2)ici^ter auf ben Oegcnftanb 
bc3 ©ebid^tg gurüijuiicl^en unb bem ©d^üftenfefte ju ©trafeburg ein 
©eitenftüi aug bem Sanbe, in toeld^em ber neue SlbbrudE etfd^eint, auf« 
jufteßen , tooburd^ jtoar bag SReid^ ber 5ßoefie ftd^ toenig erh)eitern , h)o^l 
aber bie ©efd^id^te ber greifd^iefeen einen nid^t berU)erfIid^en Seitrag 
erl^alten unb auf ben §of^alt eineg ber auggejeid^netften dürften be« 
16 Sal^rl^unbert« ein l^eitere« 2\d)t [XXVIII] fatten bürfte. Die l^anb« 
fd^riftlid^e Duette beS ^olgenben ift giüar aud^ ein Sleimgebidjft, eitl 
£obfj)rud^ , bagfelbe f ann jebod^ nid^t auf SSergleid^ung mit bem fifd^arti« 
fd^en 3lnfJ)rud^ mad^cn, obgIeid&, nad^ meiner Slnfid^t, ber bid^terifd^e 
SBertl^ bc§ le^tern jumeift in ber lernl^aften ©ebrungenl^eit ber Sinn« 
fjjrüd^e liegt, gifd^artS eigentl^ümlid^fte ^oefte aber in feiner 5Profa ju 
fud^en ift; nur in biefer fül^lt er, fid^ t)öllig frei, l^ier fjjielt er bie 
S))rad^e mit unerl(|örter SEBagni^ burd^ alle Siegungen unb Tone, Ijkx 
nimmt er ben bitl^^rambiid^en ©d^toung, gegen toeld^en ber gemeffene 
©d^ritt feinet Slttemanb b'ämour etit)a§ fteif ftd^ aufnimmt. 

35er ©d^riftfteller, \)on bem id^ je^t ju reben l^abe, ift Sienl^arb 
fjlejel, toeilanb S3ürger unb ^ritfd^enmeifter ju Sluggburg K ©eine 
SBerle fmb, meinet Sffiiffen«, nie jum ®rudfe gelangt, bafür aber in 
ben ^anbfc^riften mit l^eralbifc^em ©d^mudfe Ido^I au^geftattet. S3e« 
fonberg teic^ an fold^en ift bie $eibelberger SSibliot^el; e« fmb gereimte 
Sefd^reibungen üerfd^iebener ^auiptfd^ielen : be^ Süd^fenfd^ie^enö ju 
$Paffau 1555 (6ob. 5Rr 686, SEilfen, ©efd^ic^te ber ^eibelbergifd^en Sudler« 
fammlungen ©. 520), beffen gu SBormS 1575 (9lr 405, (Sbb. ©. 469), 
beg ©ta^l« ober airmbruftfc^iefeen« f|u ©tuttgart 1560, bol)t)elt (Sir 325* 
836, ebb. ©. 409. 542)'^. 2Son lefttgenanntem ©tüdte finbet ftd^ audj^ 

lid^er Überfülle (Iro^enben ®efd^Icd^te8 bargefleüt, ein rcid^er (Stoff für bie Saune 
eines ©ci^rtftftetterd, ber felbfi Don giganttfci^er ^atux ift; barum ftnbet ftd^ 
aud^ in biefem )Bud^e bie rüd^altlofefte ©d^ilberung natürlid^er unb finnlid^er 
2)inge. S)ennod^ treffen irir eben l^ier, mitten unter bem Stoßen, auf baiS 
(Sbelfle unb iReinfte, g. ®. SO^el^rered, »ad t)om e]^(i(^en Seben, t)on ber ^eilig« 
feit ber ®l^e, gefprod^en tt?irb. 

1 [Sergl. ©d^rifteti JI, @. 573 bi« 578. ^.] 

3 Sien^arb ^(e^etö gereimte iBefd^reibung beS ©d^ießend gu 9loth)eil 1558 
^anbfd^riftli^ auf ber Q^^mnaftumd-^ibliotl^ef in 9lotn7eiI. [^m ^er^eid^ntd ber 
fläbenifd^en ^ibliotl^ef, beutfd^e Sitteratur unb ältere S)ru(f e, ^Berlin 1868. 8. ftnbet 



300 



ju 2ßien eine ^anbfd^rift, tDorau« ?Jfifter ($erjog 6^riftot)l^, II, 158 
bx^ 160) ßebrangte 5Rotij öegeben i^at 2lber gu [XXIX] ©tuttflart 
felbft liegt eine fold^e, mit glängenber SBa))^enniaIerei unb ^Suftger 
©olbfd^rift (Cod. Histor. ?Rr 165 ber öffentlichen »iMiot^el, ?ßaj)ier, 
grp^golio), o^ne S^^fel baS ^auptcitniplax , ba e« bem SSeranftalter 
be§ ©c^iefeen«, $erjog ß^riftot))^, jugeeignet ift. 

®ic S^urriiere unb mit i^nen ba« ^erolbamt haaren im 16 Sa^P 
l^unbert mertlid^ in ä(bgang gelommen *. Um fo freubiger erhoben ftd^ 
bie ©d^iefeen mit bem ^ritfd^enmeifter '-'. 3)iefer, bon feinem SBerljeug, 
einem llatfd^enben Äolben ober Sd^toerte Don ßolj ober 3Keffing, fo 
benannt, al^nbete mit ben ©dalägen ber $ritfc(|e bie Ungebül^r unb 
Ungefd^idflid^Ieit einzelner ©d^ü^en unb l^ielt bie gufc^auer in Drb« 
nung. 2)er ^rö^lid^teit folc^er ^efte n>ar ed angemeffen, ba^ and) bie 
3u(^t« [XXXJ unb ©trafgewalt fo toeit ate möglid^ nur eine fd^er^« 
bafte fei. Dex ^ritfd^enmeifter toar fomit jugleid^ ber Suftigmad^er ber 
©efeüfd^aft. 5ßrieg ber $erolb bie Orofet^aten ber 3Bett!äm»)fer, fo 
l>erf))ottete ber ^ritfd^er i^re SRiiSgriffe; ber le^te ©eloinnft l^icg nad^ 

ftd^®. 18 unter 9ir 416: „Jicnl^art gicjrct (^ritfd^meifler), bie orbcftd&c befd^rei* 
bung bed grogen i;evrn*fc^iegen, bad gehalten werben tfitn ber ]^oc^berüm6ten 
flau Ulm. 4. SWanufcvipt au« bem 3a^re 1558, 20 ©lätter Sejt, 66 «lätter 
Wappen unb ^al^nen. !S)er Xe^rt ifl aH ©ebid^t bemäntelt. S)te Wappen, 
f^iguren unb ^a^uen fmb prä(!^tig ausgefttl/rt Utib gemalt. Sllter Seberbanb.'' 
%iti^tl ^at, mie mir $err ^Director Don Stalin nad^ioeift, augerbem auc^ ©prüc^e 
ouf bie ec^ü^eufefte Don ^eiDelberg 1554, SBien 1563, 3nn«bru(f 1569, üWünt^en 
1577 Derfagt. 35ergl. ©^mel, ^anb[c^riften ber f. f. ^ofbibliotl^ef in SBicn 
I) 720. Weitere Utterarifd^e ^^ad^meifungen ^faht \(i) im g»etten )Banbe ber 
©d^riften @. 573. 575, Slnmerfung 2, gegeben. $.] 

1 Q^argantua (Sap. 11: „<Seii^cr aber bie furnier, baiS ifl bie ^eld $ro« 
bier, ftnD abgangen, b^^^n ^ie ^u^rleut il;ren ®äu(en bie ©c^eßen [fonfl ein 
©d^mucf ber Sappenröcfe] angehängt.'' Sgl. CEap. 53 am @nbe. 

•-J Über ben $ritfd^cnmeifler f. ^rifd^S Deutfc^ * lateinifd^e« Sörterbud^ 1741, 
©. 140, 190 berfelbe fo befiniert wirb: prceco, morionis versicolore babitu, 
quo ii utuntur, qui se in areis publicis sa^ittis vel globos plumbeos ex- 
plödendo ezercent, ut eis locum mon&tret quem tetigerunt globo vel 
sagitta^ ut certos errores feruia sua puniat et rbytbmos eztemporales 
proQunciet. f^erner flöget, (^t]6)\6)te ber fomifd^en Sitteratur I, 328. ©d^meller, 
ißa^erifd^ed ^örterbuc^ I, 272 f. "iflad) Se^terem gab ed in Sien: ,,taifer!. 
SRajeflat ^ritfc^eumaifler unb ^ofpoeteu." 



301 



il^m ber ^prttfd^enfci^ufe. Sdbe berfertigten Sjjrud&gebid^te auf bie %^\U 
lid)U\Un, bei bcnen fie 2)tenfte gcteifiet. Soh?ie aber ber $erolb tnel^r 
uub mel^r l?om Sj)a|tnad^er angenommen l^atte ^ , fo gieng umgele^rt 
toon ber geterlid^feit be^ ^erolb« ©nigeä auf ben 5ßritfc^enmeifter über. 
3n fold^er Haltung erfd^eint unf«r Sienl^arb 5'^^lj ^^^ ^i" erfahrener 
SKeifter befud^t er, eingelaben ober felbft feine 2)ienfte anbietenb, bie 
bebeutenbflen ©d^ie^en, toirb bei fold^en angefteHt unb befd^rcibt fie 
bann, mit mäßigem ^umor, in Sleimfjprüd^en , bie er, ausgemalt mit 
ben 2BaJ)})cn ber angefel^enern ^erfonen, ben Oebern ber gefte unb 
bcn t)ornel(^mften 2l^eilnel^mem überreid^t, tool^l aud^ fonft an fürftlid^en 
$öfen, ft)o man gerne bon berlei geftIid^fei'[XXXl]ten Äunbe nimmt, 
in berbielfad^ten (S|emt)laren abfegt 

3Son biefer Slrt ift ba^jenige feiner SBerle, toobon id^ l^ier einen * 
Sluöjug gebe. 

^ergog ß^riftoj))^ ju SBürtemberg fd^rieb auf ben 23 ©ej)tember 
1560 ein grofeeg ©tal^lfd^ie^en au«. 2)ie ©d^ü^enbriefe ergiengen toeit- 
l^in in beutfd^e £anbe, aud^ in bie (Sibgenoffenfd^aft. @inS)ufaten foQ 
eingelegt iverben, l(|unbert 3)ulaten fe^t ber^erjog aU baS Sefte au«. 
3immerleute toerben befd^idft, um bie 3i^Ip^tte ju bauen. 33ier Ferren 
beS 9{atl^d ju Stuttgart (fionrab@gen, 93urgermeifter, S^riacu« $orn, 
fürftlid^en £eibaj)0tl^eler, SBäill^elm ©d^Iaginl^auffen , $ofrid^ter, Sartl^o^ 
lome 3Wef[eter, alten SSurgermeifter) ertoä^It ber %üx^i, bafe fxe ättteS 
einrichten unb orbnen. Sienl^arb %leid, 5ßritfd^enmeifter bon 2lugS« 
bürg, befinbet ftd^ eben auf bem 28ege gen ^olmar, tool^in man i^n 
auf ein Süd^fenfd^iefjen eingelaben ^. ©a begegnet il^m ein alter SWann, 

1 S)er @^ren^oIb ^ol^ann ^olanb, um 1424, eröffnet feinen 9teimf)}ruci^ 
Dom turnierfä^igen tlbel in ©dem (Duellii Excerpt. @. 255 f\,), »eld^er 
überhaupt l^iel^er gu )}ergleid^en, mit ä^nlid^en ^paffen über feine (Eg- unb 
j^rinlluft, n^ie n^ir fte na(^l^er bei ^^le^el ftnben iverben. aber Sappenämter 
unb bamit terbunbene ^id^tung im 14 ^abrl^. ifl neuerlid^ burd^ ^rimifferiS 
Sludgabe bed ©u(^entoirt mel^rerei^ Sid^t verbreitet »orben. %üx bad 13 ^al^r^. 
mögen einige Stellen an& bem ©ebid^te von 2)ietleib angemerft n^erben: ^. 
9569 f. 11883 bii» 11886. [Sill^elm Don Öflerrei^ m 2 a. ®öa, $and ©ad^S 
II, 5 f. ©d^meöer, «a^erifd^e« SBörterbud^ II, 715.] 

3 2)ed ^reifd^iegeni^ gu ^olmar oon 1560 eru^äl^nt ^talber, S^agm. über 
dniUluä) II, 262. 2)ie in biefen ©anb aufgenommenen ^Beiträge jur ®e« 
id^te ber (S^^mnafiil ber (^dEiwei^er ftnb in^altreid^ für bie gefc^id^tlid^e 



302 



ber il^m einen ©d^ü^enbrief öon ©tuttgart jeigt unb tl^m bortl^in ju 
jiel^en rStl^. glejel befolgt ben Sflatl^, fantmt feinem Sol^ne aSa-'[XXXII] 
lentin, unb eS f)at \f)n nid^t gereut. Er JJteift bie ©tabt unb ba« 
Sanb: 

2)tefcI6 ©tabt tfl mir tüol Bcfannt, 

®ann Stuttgart ifl btefclb genannt^ 
Unb i(l ein fürfllid^c ft^öne ©tabt, 

SBonn jtc alfo bcn ^amm ^at, 
3)!C SBurgcr fcinb brin weit crfannt 

3n beutfd^en unb in »elfd^en Sanb. 
^ie ©tabt liegt in eint tiefen Zf^al, 

©roß SBerg feinb brumb »oI überall, 
darauf ba »äd^ft ein ebler ©aft, 

®ar guter Sein, gibt große ^raft. 
SBann (Siner bei^felben ju toiel t^ut trinfen, 

SBoI auf ben $anf ba muß er {tnfen, 
^a& tl^ät oft manigem ©d^ü^en anb. 

@d ift ein mol erbau teiS Sanb 
SJon ©täbt, ©d^löffern, 2)örfern, ftberaff, 

3m 2anb ifl gar oiel SBerg unb Xl^al, 
2)ag man nit finbt balb fein geteid^. 

$(n )9Q3ein unb ^raib ifi ed faft rei(^, 
i$ifd^ unb Silbret ^at ei& gar oiel, 

^a& muß man l^aben ju folc^em ©pie( i. 

^enntnii» bei» ©d^ü^enwefeni^ unb geben aud^, ©. 270 ff., über baS ©traß« 
burger ©(gießen oon 1576 einigei» ^^ad^träglid^e gu ben ©d^riften oon STlaurer 
unb Siing. 

1 3)ie ©d^reibweife ber auSgel^obenen ©tcßcn ifl ber je^igen nö^er ge* 
brad^t, befonberi^ fc^ien ed untl^unlid^, bie läftige i^ud^ftabenl^äufung wiebergu« 
geben, 3* $. ftndt^enn, Sanubt, ftnfen, lüanb. !^agegen bemerfe id^ ^ier bie 
]^au))tfäd)Iid^fien ©prod^eigenl^eiten, oon benen freilid^ meift nid^t ju befHmmen 
ift, ob ftc bem SScrfaffer beS ©prüdes ober bem ©d(;reiber au* ^offau ange- 
l^örcn: 1) greulad^, ^luemladji, SBerlac^, Peblad^, gräulein, SBlümlein, ^erlein, 
©lättlein, in ber ÜWel^rgal^L 2) S3am (9Jeim auf gan), ©amb, ©amenn (8fieim 
auf Sf^amenn), ©aum, ©äume, ©äumen. 3) ©id^ öfter« für fie, üRel^rjal^L 
4) einzig, auffig, l^inein, ^;inauf, üor unmittelbar folgenbem g. 5) gcfd^roingt 
(9leim auf Saberinbt), gwingen, gioang, gefd^winb, gewinnen, gewann. 6) ftainbt, 
Panb. 7) flainbant, plueffant, werbanS, ftanben, bliefen, werben fte. 8) wo«, 
waffent (biefe« nur einmal), war, waren. 



303 



[XXXIIl] Su ©tuttgart fielet ein futftHd^ $aug, überaus tool^I erbaut, 
mit toelfd^en (äan^en unb tueiten ©d^nedEen K 3)iefe gel^t %ltid f)xn* 
auf unb lommt in einen lixngen, großen ®ang. 3h)ccn bergleic^en 
finb auf einanber gebaut, burd^fid^tiö, mit fd^önen fteinernen Säulen: 
aus il^nen lann man in aUe giJ^'ww Ö^i^n. (Sr lommt in ben SRitter« 
faal, barin ftel^en 2:ifd^e, mit fd^tt>arjem ©ammt unb gutem 2^ud^ be* 
bedft. $ier finbet er einen ^errn, bcn er gefud^t, einen ber Drbner 
beS gefteS. 3^^ 2^l^üren l^at ber ©aal, aud^ einen öieredften (Sang 
mit 6if engittern , toorin ber Ärebenjtifd^ ftel^t: 

S5on gulbcn ©d^curcn (^olalen) flanb er toll. 
2)arju bie grogcn Jtlbcrnen JJIafd^en, 
[XXXIV] S)ie gftelen mir gum aller baflen, 
@ie klaren Doli mit gutem Sein, 

(Bah mir gu trinfen unb fd^enft mir ein; 
S)er ptbereu ©ed^er waren fo üiel, 
S)ag id^ ber 3<i^^ nit ((^reiben toill. 
Slud^ gal^llofe filberne ©d^üffeln, toiel taufenb ®ulben toertl^, finb üor« 
l(ianben; benn in lauter ©über trägt man gu ef|en. (Sine treite ©d^nedfc 
l^inab, toorin S^^^^ neben einanber reiten lönnen, toirb glejel in bie 
S)ürK| 2 gefül^rt, einen ©aal mit großem S^l^ore, toorin bei neunzig (?) 
bebedftc Sifd^e ftel^en. Sflie l^at er eine größere 2)ürli| gefeiten, mit 
SRofS unb aSBagen lönnte man l^inein fal^ren. §ier h)irb baS ^ofgefinbe 

gereift: 

Unb tote man warb 3u %\\6) gefeffen, 

^er @almeifler tl^ät baS'nit üergeffen, 
6o gieng er nauf tool in ben @al, 

2)a muft man fd^weigen überaß, 
3)aun er »ar weif unb borju ftug, 

SJJit einem ©tedfen er ba fd^Iug 
S3oI auf ein ^tifd^, fo fd^wieg man füll, 

2)ai$ war meinS gnäbigen f^ürjlen Sill. 

1 2)iefeiS fürfllid^e $auS, je^t ta& alte ^d^Iog, ^ergog (Sl^rifiop^S @rün« 

bung, ftanb eben bamalj» frifd^ aus ber Arbeit, noc^ nid^t gan) tooKenbet, ba. 

giejel fagt: 

Ttit bem O^ebäu tl^ät man fafi eilen. 

S)aS nad^l^er befd^riebene Suft^auS ifi nid^t gu )}erwed^feln mit bem bon ^ergog 

Subwig 1581 angelegten neuen Sufll^auiS, bem heutigen ^oftl^eater. 

2 SRid^tiger: 2)ürmt}. Über biefe« SÖBort f. €dt|mefier, I, 398 f. 



304 



^0 t^ät ein ^nah bann für^er flan, 

S)cr pcng gar jüd^tig gu fccten on 
Unb [pget @(ott gar fleigig S)anf 

Umb fein 8pei« unb umb fein S^ranf. 

[XXXV] 3)arna(^ ^at man f«^ balb bebaut 

Unb ffat bem ^ofgfinb jeffen brad^t. 
(&eit i(^ bie Söor^/eit rebcn foH, 
SRan l^at fte gfpeift fürfilid^ unb ivoL 

3)ie SBifebeoierbe treibt bcn ©aft Leiter. 

^aä) bcm Äcßer ^t i(^; «erlangen, 
$cn @tunb an n^arb \^ barein gfü(irt, 
^enfetben l^ab i^ ki^ot probiert 

® rötere gaffcir l^at er nie gefeiten, bcn Soben lann et toeit nid^t er« 
reid^en *. Sont Äeller gcl^t er in bie Äud^cL 6« ftnb gtoo Äüc^en, 
ivoöon bie eine bcm fjürften befonberg nugcl^^ört, 2)en $au§^alt ber 
anbern befd^reibt %l^d nid^t ol^ne Süfternl^cit: 

£arin ba t^ät man fieben unb braten 
SScn ©ilbret, ^opauncn, $üner unb Rennen, 

[XXXVI] ®ut 9.^ögd unb Sicb^üner tl^u id^ nennen, 
gifdj unb ^ebS foc^t man barneben, 

(Sutd fc^meined ^ilbret t^ät man geben 
3u fc^wargcm Pfeffer, ber »ar gut, 

Tlan briet biel &än^, \)äi man in $ut, 
2)ad gftel mir n^ol unb marb mir eben; 

®ut 6pänfäu briet man anäf barneben, 

1 ®ined äl^nlic^en ^eQerbefud^g gebcnft ^ifd^art, ©arganfua (Sap. 4: „gd^ 
toeig ttjol, ttjie eg bem ^oeten gicng auf ber ^od^i^xi ju ©fubgarten, im Heller» 
ftüblein, ba il^n bad neu? ^og anlad}t, n^elc^eiS l^ielt ber ^^uber gn^angig fteben, 
weld^e i^m red^t bie 9?eif antrieben." Unb weiterl^in: „3a, bo toar mehrerlei 
^ein, bann ju ©tutgart auf ber $od^geit befc^rieben Sorben, aIjS n^ürtenbergi« 
fd^er, SBeibenberger , ber Don ülaufen, fo etman bie ferbinanbifd^en ^ned^t machet 
laufen unb bie Sanbgräoifd^en nad^Iaufen. QUm ber (Slfinger, fo bie Ringer 
unb ^tin elenlang ma6)t, ber «eutelfpad^er, fo ^Beutet mad^et frac^en, ber 
^ebbad^er gieng glatt in 92ad^en, rote gelbac^er, SJ^önd^berger, ®einfleimer, »dB 
unb rot^ Sangl^eimer, bie oft gut SSerf* l^elfen erbeuten" u. f. ». {Ttan »itt 
bem SBeine bon Sangen biefe @igenfc^aft nid^t tnel^r gugefle^n.) 2>tefe ^od^ 
geit ju Stuttgart i|l o^ne S^J^if^^ ^^^ ^on 3acob fjrifc^lin befungene «ermälj- 
lunggfeier be« ^erjog« Ulrit^, 1511. [53crgl ©öbefe, ©runbrif ©. 257. 
294. $.] 



305 



Sie t& bann gl^ört p folci^en ©o^en, 

S93elf(i^en ©dat Heg man üiel machen r 
!S)er fettfamen ^iä)t toaren fo t)tel, 

2)ag t(^d nit aUl$ bef(4rei6en »ttt. 

©ifevnc $äfen, Äejfel, 5ßfanncn, bie fd^önftcn Söffet attcg |\tel^t bie 
Slicfe bcS ©afteg an. igm $ofe fielet er einen fd^önen Slol^rfaften unb 
in ber Äüd^e läuft frifd^ S3runnh)affer au« einet ©äule. 3)ie Äöd^e 
l^eifeen il^n gottttjilllomm fein, fie pnb alle bel[^enb unb leiner fauL 
^itfd^e, Stelle; toilbe Sd^n^einc liegen im §of uml^er: 

3u ^of ba »arcu fie cingfül^rt, 
S)afeI6iS \)at maxt^ getrauen unb gfd^nitten 
ma6) fürftli^er (if)x, Sürb unb eitlen. 

^a« ©d^lofe l^at jtt>ei2l^ore mit Slufjiel^brücfen; um ba^felbe ein tiefer, 
fefter ©raben, lüorin fd^öne §irfc^e unb ©tudElpilb gel^n, für bie man 
fd^öne ©toße gebaut l^at: 

@ie tttod^tcn gan brin aus unb ein, 
(Sin fürpUd^er Jufl funt boS gefein. 

hierauf begiebt glejel fid^ in ben fürftlid^en Suftgarten, hjofelbft ba^ 
©d^iefeen gel^alten lüerben [XXXVll] foH. SSor beffen 3:l^ore ftel^en 
5)iel Sratüanben (S^rabanten) mit ©))ie^en unb ^eUebarten. ®leic^ am 
(Singang ift eine lünftlid^e SJlül^le, man fielet fein Sßaffer unb l^ört fein 
Sflab, fie ift unter ber Srbe gebaut; erft tt>enn man ganj nal^e tritt, 
öemimmt man fie. 5Rid^t toeit baioon ein Sloij^rfaften toon ÄuJ)fer. gerner 
fielet er: 

2)aiS aller njolerbautep ^aujS, 

®ar luftig gmac^t ganj überaus, 
2)ann ed toax mir auc^ unbefannt, 

S)aS fürfilid^ lüuß^aud mar ed gnannt; 
9{tt luftiger funt eS mal^rltd^ fein, 

2)ie gürftin gieng brin aus unb ein 
Unb and) ber l^od^geboren gürfl, 
S)en aKegeit nac^ (S^reu bürfl, 
Unb 'S t^rauengimmer gar mdgeboren 
Wlxt ben )}om ^bet auSerforen. 

Sm Suftl^auS ein fd^öner ©aal mit Dier runben (Srfern unb toelfd^en 
Kaminen; \)on x\)m tann man überall ](^inauefel^n: 

n^ Unb, Schriften. V. 20 



306 



2>in ®aaf l^t man ttt gutcY ^t, 
9^ietnanbf toorft gan brin <md nod^ ein, 
Xatm er muft t>9n bem übet (^offtbel) fem. 

9tu(^ tier finb btc S^ifd^e mit fd^arjem Samtnt unb gutem 3:ucl^e be- 
bedt S(ii ben ©aal fto^ jtoei d^mm^r; ba ftel^t eiu 9}o§riaftai bon 
«ftaB, bwretn aui fc^önen äScIbem frifc^e^ SSafiet läuft. Siel tafeln 
((SemSlbe) ftnb im @aal auf gef dalagen, k)on [XXXVIIl] alten 6(j^laii(|ten 
unb fdtfamen (Sefd^id^ten. 3^ ^^^^ ©d^neden fteigt gfleiel in JtrOer 
unb fiud^el nieber, too er fid^ bte fd^önen Stuben unb (SetDölbe be^ 
fd^aut. 3)ad $aud ftel^t frei, ring^tüeiä lann man brum gel^n unb 
feigen. 93on ba ft)irb er in ein Sab^rintl^, einen 3^^0A^^'^r gefül^rt. 
2)iefet l^at fd^öne @&nge unb getpölbte Sogen, aQe übem>ad^fen unb 
belogen mit Xrauben unb tDelfd^en Säumen, beten feltfame SRomen 
ber @r)äl^Ier nid^t anzugeben tDei^. ^n ber ^itte ein Sogell^aud mit 
eif emen ®ittem, barin Sdgel ein« unb ausfliegen. ^r6a| jeigt man 
il^m ein fd^öneS StenbiU, eine @ted^6al^n, gleid^ bor bem Sufti^aud, fo 
ba| bie ^ürfHn barauf l^inauefel^en fann. 3txi)t toeit babon ein tool^I- 
gejjflegter SBintergarten: 

2)aTumb ^at man ein SO^ouer gebaut, 

34 J)ah gun ^enfiern einl^ig (l^inetn) gfd^aut, 
®ad fag id^ tnäf (ei meinen ^flid^t: 

2)te 9änm bie trugen toelfc^e S^tld^t, 
(Ein f^öner Sufl mod^t bad gefein, 
3fm ^Sinter funt man l^eigen ein, 
9Bie t& bann gl^ört ju feieren @a(j^en, 

!S)en Räumen funt man loarm mad^en, 
2)ad l^ab id^ t}on bem Partner gl^ört; 

S)arneben flanb ein SBogell^erb, 
2)er mar gar fd^ön unb lufHg gebaut, 
2)urd^ bie ^edfe fyih \ä) ](^inein gf^aut. 

SBJeiter l^inein toirb Sflejel, benn ju 'feinem Serbtuffe muft er eilenbs 
gel^n, ju ben brei Sd^ie^^ [XXXIX }bergan gefüllt, bie man für bad 
geft erbaut l^at. @ie finb fd^ön bemalt, mit ben fürftlid^en 9Ba))))en 
gefd^müdt unb mit golbnen Jtnd))fen, h)orauf bie gfal^nen ftetfen^ auc^ 
mit @d^ranlen, Siel^ufern, barl^inber bie 3i^I^^ f^^ bergen fönnen, 
unb anbvetc S^gel^i^r tool^l berfel^en. Sefonberd bet mt^iffete olet^t 
einem ®d^lof[e; man lann il^n umtreiben, er ifit mit Hu^^f^r lebtA, 



307 



"ta %^xm burd^ft^tig unb @h>im fyinQtn batht, oud^ eine W)t ift 
cmgebvo^t Sofoxt toitb bad @d^ietl^au^ mit feinen @&Ien f&r ^rften 
mtb ^erm bef^^^^^^r ^^^^ ^^1^ i>i^ ffttftltd^e StüfUonnner; toexm bie 
etäl^Ie l^angen. S)ie Stül^Ie für ^rflen unb ©tafen finb mit (Btttmi 
fiberjogen, bie mibern mit fd^ipar^em 2;ud^. hinter bem Sd^ie^l^ui^ 
ein Irrgarten mit einem @ommev|aud, unier biefem ein getoi^Ibtet 
®anQ mit einer langen ^afel, barauf man mit Steinen fd^ie^en !ann, 
3h>een ftranid^e gelten im ©arten um. 

aSor bem einen ber brei 3^ore be^ ringsummauerten ©artend [teilen 
)u beiben Seiten üiel fd^dner Jtramen, Jtrambuben, unter benen gSeiel 
faft Verirrt. @ammet, @eibe, golbne Sorten, golbne Sd^ren unb 
Sitbergefd^irr finbet man l^er gu taufen. 3lu^ biele Jtüd^en finb imf« 
gefd^en, foioie jtoei fd^&ne 3^lte, bod eine für bie ^robofaner ^ 
toeld^e bie 5Rad^t über toad^en, ba« [XL] anbrc für bie SOBürfelbrette 
(jum ^Prenben^), too man feinet ©elbeS lo« toetben lann. S5aneben 
ber ftegel^Ia^, tooju au^ ©etoinnfte gegeben finb; bann ber ^al^n 
(^(d^nenf^rung?), IDO eS oft läd^erlid^ )ugel^t, bie ©etoinnfte pngen 
babei, SBSeiter nod^ jtoeen ©d^iefeberge mit einer langen ©d^efel^ütte, 
@in burd^fid^tig Sleigerl^auS mit mannSl^ol^er SRauer unb burd^flie|enbem 
SBafJer, 

SSieber lel^ ^le^el in ben ©arten unb befd^reibt ^ri^enbanl unb 
}h)ei ©ekelte mit ^ifd^en unb S&nfen, barunter man nad^l^er ben Un^ 
barntrunf (S5ef})ertrunl) giebt, aud^ bie fürftlid&e ©d&enle genannt. 

3lm beftimmten Xa^t, SKimtag ben 23 ©e^tember, finb bie ©d^üften 
mit 3Bb«i^t eingebogen. Ttan füi^rt fie in il^re Verbergen unb erbietet 
il^nen aSe Qui)t unb @l^re: 

. 2)09 lommt ber @tabt $u gutem kommen. 

SbenbS reiten bie dürften ein: ber jturfürft; $fal)gr(^ f^rtebrid^, 
fammi feinem ©el^iie 3<>i^<sitn Safimir; mit ü^nen Soi^ami SBill^elm^ ^< 
^00 ^on ©ad^fen, $er}og Steid^rt, $fal}graf am fSSfdn, unb $l^ilibert, 
üKarlgraf )u 93abat. S^^^ Surften iommen erft auf bad 92ad^fd^ie|en : 
^er}og Rad, oud^ 3Rar%raf ju ^hm, unb mit il^ ber iunge ^aljgraf 
Sol&ann ©eorg. $erjog 6lS;riftot)l^ reitet [XLI] ben gürften entgegen 

1 ^btooärti»: ^ootf^oimv ^ßr9)7ofoitey u. f. w. Hubtx btefe Sthl^e bon 
^^iett^ieutcn f, W^M ^^§ (^>ii9^P, l, 583. ©d^ffer, I, 346. 

i ©argantua dap, 4: „»urf in bie «ßtenten." S5gl. griW unter r ©rätttf. 



308 



mit feinem Slbel unb ben reiftöen Äned^ten ; aud^ nimmt er feinen lieben 
©ol^n, ß^^i^g ßberl^arb, mit. ®r fü^rt fie in^ ©d;lo6, ipo jeber 
gürft ein eigenes S^w^wer etl^ält. 3)er Stbel bringt il^nen SBaffer auf 
bie §änbe, bann fiftt man jum 9lad;te{fen, nad^ toeld^em il^nen bie 
ebeln Knaben mit SBinblid^tern auf bie 3i"^wer leud^ten. 2lm SKorgen 
läfet man umfd^lagen , ba^ bie Sd^ü^en jur SBal^l ber 5Reuner ftd^ öer- 
fammeln. 5Rad^ ber 5!Korgenj)rebigt jiel^t man auS bem ©d^lo^ in ben 
Suftgarten. 2^rabanten bienen babei, bie Dier S^romJ^eter be^ ^erjogö 
blafen öor, brei Sj)iele öon 2^rommeln unb 5f5feifen jiel^en mit. 2)er 
®m})fang im ©arten gefd^iel^t burd^ ben fürftlid^en Statin, ®r S^^ä«« 
Ärau|. 33iefer toerlieft aud^ bieSlrtilel unb toerfünbet ben Surgfrieben. 
Sann fd^reitet man gut SBa^l ber Sleuner; ben erften toäl^Ien bie 
gürften, ben glüeiten 3litterfd^aft unb äbel, ben britten bie Sleid^g* 
ftäbte, ben vierten bie gürftenftäbte, ber fünfte ift auS ber ©ibgenoffen^ 
fd^aft, bie bier übrigen n?ä^It ber §erjog, unb jlüar bie vorgenannten 
toier Slatb^i^errn öon Stuttgart. 2)iefe l^aben aud^ bie ©ienerfd^aft 
anjunel^men: Schreiber, S^^^^^ w«i> 5Pritfd^er. 3Son le^ter Slrt befteHt 
man anfangt nur brei, auSertoä^lte 3Reifter, barunter unfer 3)id^ter 
mit feinem ©ol^n: 

3(^ bani tl^m fajt ber großen (Sl^rcn. 
9lad^l^er finben pd^ nod^ biele ^ritfd^er ein, bie feine ©iferfud^t erregen: 
[XLII] 2)ie ttjoßten att fein in bem ©piel, 
2)er ^rigcr lüarcn fd^icr gu mel, 
2)er nie feim ©(Riegen tuar nac^gogen, 

S)er ^erjog lä^t ben 5Reunern 5jon ©tuttgart fd^öne, neue ^oflleiber 
fd^enlen: 

ß^ut Sljnbifd^ (Icibnifd^, nieberlänbitd^ i '^uä)), ^üd, SöamcS unb $ofen» 
Slud^ bie SDiener unb ©Jjielleute toerben in Sünbifd^ gelleibet, 29 Äleiber 
liefe man mad^en. 2)er §ofmarf(^al! unb ber §auS^ofmeifter beS ^er« 
gog§ nel^men bie ©iener in 5Pflid^t. hierauf treten bie SReuner gufam* 
men, um ba$ ©d^iefeen gu orbnen. @S loerben 6 SSiertel gemad^t, 
iebeS erl^ält feine ga^ne, nad^ fjarben öerf trieben. SBegen beS än^ 

1 [(Sg. i|l üiclmc^r Sonboner Zü6f. SJergl. ©d^riftcn IV , ©. 180, wo fid^ 
bereits bie rid^tige (Srflärung nad; ^d^metter, ^a^erifc^ed Sörterbud^ II, ©. 480 
finl)et ^.] 



309 



fd^ic^cn« h)irb gefooft. 2lm SJonnerftag beginnt ba« ©d^te^en; bic 
tjürften unter ber rotten ^al^ne fd^ie^en an: 

^ergog ^^riflo))^ fjat pax\onl\ä) (perföntid^) gfd^offen. 
3tt)et fd^^öne Slabt, ©d^eiben, finb aufgeftedft, 24 ©d&üffe ntu^ je 
6iner tl^un. ®ie Solje tt>erben au^gefd^rieen unb eingefd[irieBen, in 
Seifein ber?Weunet, tüeld^e grofeen gUife onf eieren, ba| Äeinem Unted^t 
gefd^el^e. 

SBäl^renb beg ganjen gefte« übt ber ^gerjog bie boHefte (Saftfrei* 
[;eit. S"^^ '^^^ Viertel tt>erben jeben S^ag, ju 5Worgen unb Slbenb, 
ins ©d^lofe gelabeU; in bie Srunnenftube, lüo fie mit 13 SRid^ten ge- 
ft)eift toerben. 3Kit ben 5Reunern tüirb ange*[XLIII]fangen, jtt>ei grei» 
tafeln tüerben i^nen gehalten, jebe 50la^ljeit giebt man i^nen 16 Sudeten. 
3|n golbnen ©d^euren fd^enlt man i^nen ein, leine Äurgtüeil lüirb ba 
gefjjart, ber Äud^elmeifter, S3ur!^art SRettelin, trägt felbft auf, mit 
S^rommeln unb pfeifen toerben fie j^ineingefül^rt« 

2lm ©onntag l^ält ber gürft ein Saufen. 6in tünbifd^ ?ßaar ^ofen 
ift ber erfte 5ßreig, ber jtveite ein SEBamS, ber britte ein fd(^öner $ut 
mit einer ^eber: 

^ä) gtüann it)x fein«, ba§ tl^ät mir 3orn. 
®amad^ fängt ein ^ed^ten im Suftgarten an, 3)ie gürftin fäl^rt mit 
4 aOBagen au«i)em ©c^Iofe. 3m öorbern fi^t fie felbft, mit fünf jungen 
gräulein, i^ren Söd^tern*: 

üWit ©amat roax ber Söagen bcbcdft, 

S^ramauben l^ant *S $oIf oft erfc^recft. 
^a& $oIf bad lief unb mollt ntt beiten (matten), 
jCrawanben giengcn gu beiben ©eiten u. f. w. 
SSier Söwen feinb auf bcm Sagen gfeffen, 
3njeu fagen üorne unb g»en bal^inben, 
®ax ]d)ön t}ergu(bt, t^u id^ t}er!ünben, 

©ie waren gemad^t iiaci^ funjllic^em ©inu, 
S)e8 gürten 2Ba^)en l^icUen« üor i^nn. 

[XLIV] 3)rei SBagen fal^ren ber gürftin nad^, toorin >ie Dom 3lbel 
mit bem grauenjimmer fiften. SSon i^rem gnäbigen ^erm unb bem 

1 2)ie vierte berfelben, ämtite, bamalÄ 10 ^al^re alt, »urbc fpäter bie 
®enia%Iin be« ^f^tggrafen a^Jid^arb, ber bem ©(Riegen angetool^nt. 2)ie ^er- 
jogin felbft rü^mt glejel a\& eine ©ol^It^äterin ber SIrmen, 



310 



Stmflbfteii IDO^I em))fdimeit, fielet fte mit i^n ^rätilciit «m^ bai ^tn- 
fktm bed Suft^aufed ber f^ed^tfd^uk ftt dm SBom« Mx lotttrr Soft 
gidbt b^ $et)O0 )ttm beften: 

34 fa(^ tiit bnmtb, baS mar mir eben. 
Xiu^ Ui|t CT gu ieglüi^er fBM/t bem, bct baiS Sefte getJ^an, )i»em 

Slad^ bem ^ed^ten gel^t man n>teber ind Sd^ieg^aud unb fe|t ba^ 

Qpi^^cpcii fon: 

3Kni Unbanutnmf ba femb (te gangen. 
€^»-merfet weiter, ioa0 üf fag! 

2>enfel6fn gab man atte Sag 
(S^ut ^äd unb iOrvt unb bar^u SBetn, 

2)en ^d^ttfeen fd^onft man hap^tx ein, 
@te t^ätend einanber »atblid^ bringen, 

Sl^ir toax gar »ol mit biefen !S)tngen, 
J^e^rten ben 9e(i^em bad Unter ttberfic^r 

2)a8 »ar fttnpol^ ein ^el fftr mt<!^. 
<!tot £)))fe( unb SBieren tag bameben, 

(&ax gut frtfcj^ 9^ug t^ät man audf geben, 
S)arattf ba fd^dt Sim ein Xruiil gor »ol, 

eett i4 bie SBa^r^eit reben foH, 
Dann »eld^er gn>ann, ber lebt im @auf. 

hierauf finbet ein Umjug ftatt; unter SSortriti ber ^ritfd^, bec %wm^ 
peiex unb )ioeier BpkU, unb im befolge ber 92eunet, tragen 110 n>ei§* 
gelleibete Rnaien, mit galbnen Letten unb fdjfj^nen @d^nüren [XLV] 
gejiert, fd^toosg unb gelbe, nrit 9&appm gefd^müAe f^al^nen, bantnter 
bie 9lttterfa^nen, bie nfid^en nad^ bem ^u^tf^retfe. 3^^^ tragen 
bie Seutel mit ben ®eta)innften an einer Stange. Der 3^0 g^i^t nad) 
ber @d^ranle, barauf ^ie fjfal^nen aufgeftetft t^erben. 2)ie @d^ü(en 
ftnb t>oU @rta>artung, n>a9 lieber gett)innen toerbe. Um bad SBefte, 
eine gro^e feibene t^al^ne, t)on einem (Sbeltnaben getragen, an ber bie 
100 ungarifdjfe ©ulaten fte^en, muffen jtüeen 5DlSnner nod^ befonberd 
fted^en (f(^ie^en). SSenbel ©tettner aud ber berül^mten Stabt 9lärn« 
berg getoinnt biefen $reid: 

2)er ^ürfl ber fd^anlt i^m ond^ bar^ 
igin fameten ^edCel, bad na|m ii^ %4^t, 

SDe^fllb iimr gefb mib MtDocj gemod^t. 



311 



IDen flDfiten $rei«, nne» @etfd[ mit 50 Bulben, fvl^U ^tAäfx^t &taiiA 
\>im 5Don|fborf. 3(u<lf^ ben 9lnbem giebt man il^e %(i\}mt, Hi (BiVb 
liegt )e iaxndbttL BtA^t %a^nm pfle^U man, ti^ ^h)eiiS tt\f%tH€t 
Rmi^txü^üt, in bic ^t\m$if) mitittnfl^men unb (ur @4iät|eitgilbe ober 
auf ba§ 9iatl^au$ einzuliefern. 3ule$t erfd^eint, unter Sor^tl bed 
^larfd^aQd unb biet Uafenber Xxompttet, )9on fiocw ®rafen gefül^rt, 
:3ungfrau J^ebtoig , be^^ev)og§ filtefte 2:od^tev (botnald 13 ^a^xe alt): 

@ie gteng ballet gar süd^üg unb ffug 

Unb in ^ ^anb bie gürtHn tmg 
(Sin f<!^nen, wolgemck^en Strang, 

$ou ®olb unb $er(etn war er gan^ 

[XLVl] gebermann ift begierig, toem fric^ ju %ffvl loetben f^fte. 

2)te ^ürfHn if^lkt fxäf baU> bebenfen, 

S)em ^urfürpen ouffe^jcn unb fc^enfen, 
¥fal|gtaf ^riberid^ an bem 92l^etn, 

®in ^er^og in iQ3airn, aH iä) mein, 
3)en fd^nen, molgemad^ten £ran}, 

iDtit einer fd^'nen 9{eb unb ©ubflanj; 
2)iefelbig f^at ber iD^arfd^al! getl^an. 

^er j^urfüvft nal^m i^n in (S^naben an 
Unb fagt bem ^SrUrflen groß 2oh unb 2)an!. 

@o nimmt biefe§ ©d^iegen ein @nbe, auf h^eld^em, laut ber SBüd^er, 
öOö Qä^ü^tn getDefen. 

3loä) ift aber ein ^lad^fd^ie^en im ätu^f (^reiben angefagt, tuobei 
ein Od^^ bad S3efte fein foQ: 

S)erfeI6ig toax breigig Bulben mert^, 

3(^ \)aH t)om SV^e^ger felbert g^ört. 
!S)er 0(^d n^ar f(^5n beftetbt unb giert 

3n lauter Reiben, man ^at r^n gfü^rt 
gür bie gürpen, ®raoen unb Ferren. 

Sl^an l^at il^n gfiil^rt mit grogen dJ^ren 
SRingweid wol auf ber 3ielfiatt rumb; 

Xatmit iä) an bie Srumeter fumb, 
S)ie Miefen flebig bor t^m \)et, 

S)ad tl^ät man ben ^d^fi^en gu großen (S(r. 

&m ®ulben i(t bad Seggelb auf 15 @#^. 5Der $er)og erzeigt bie« 
felbe ®aftfrei|eit, t^ie beim ^au)>tf^ie6en. ^ev grifft l»on Stauen« 



312 



ftabt an bcr §arbt öetoinnt bcn Dd^fen mit 19 ©d^üffen. ©rittl^alb- 
[XLVn]l^unbeTt fmb bcr ©d^ü^en. 3)cr ^crgog läfet i^nen burd^ 3)r 
Sodann Äraufe mit grofecn ß^ren abbanfen. ®ann gelten bic SReuner 
t)or ben gürften unb fagen il^m grofe £ob unb 2)anl um feine ©l^eife 
unb feinen %xani: 

^fjx 06rig!eit mottten fted geigen an, 
!Die groge @^r, bie man i^nn l^ät tl^an, 

Unb n^otttenil and) t^ren ^inbern fagen, 
2)ag fte bei atten i^ren ^agen 

^ein tti\t\id)n» ^c^iegen l^ant gfe(i^en. 

2lud& bie Änaben, toeld^e bie gal^nen getragen, toerben gen $of gefül^rt, 
ber ^rft njill pd^ ein ©ebäd^tni« mad^en: 

3Kit (Sffen unb Sprinten l^iett manS gar »o( 
Unb Ratten gar ein froUd^d Seben, 

(Sim jegUti^en l^at man fein ^{olbung geben, 
2)er ^ttrft tf)dt& il^nn aui^ Knaben fd^enfen, 

Über ^nbert 3a]^r »erbeng fein gebenfen. 

SDer Bpxnä) fd^Iie^t mit einer ©ntfd^utbigung gegen §erjog ßi^riftoj)^, 
bem er ju Sl^ren gemad^t ift, ipenn ber ^ad^e ju hjenig gefd^el^en. ^ie 
gal^l ber 3Serfe ift gu 1640 angegeben. 

3luf bag ©ebid^t folgen bie Silber unb SBapj^en. S^^x\t bie ^al^nen 
ber 6 Viertel, mit 3Serjeid^nung, lüie SSiele jebeg ©tanbeg unb Drteö 
barunter gefd^offen. (S^ erfd^ienen l^iebei 6 gürften, 14 ß5rafen unb 
§errn, 40 öon Slitterfd^aft unb Slbel. ©rötere unb Heinere Sleid^ö- 
ftabte l^aben il^re ©d^ü^en gefenbet: Strasburg 14, 2lug§burg 17, 
[XLVIII] SBormg 4, SRürnberg 24, 9legen§burg, granffurt, ©t)eier, 
$agenau, Sinbau u. f. \r>. 2)ie nä^ergelegenen feilten ol^nel^in nid^t. 3Son 
cibgenöffifd^en ©täbten: S^tid^ 5, ^ Safel 1, ©d^afl^aufen 6, ©t. 

1 3)ie 5 öon 3<i^id^ P^b: 3:un!cr $an§ 3Jictor öon ©d^öiiau, Äonrab 
SCman, 3ube gering, Ulrid^ 3i"^mermann, SWid^el SWa^er. S)icfe 9lemlid^en,. 
auger bem ^orletjten, erfc^einen anä) auf bem ©tragburger ^rmbruflfc^iegeu 
)oon 1576, aud^ l^ier ße^t ^and Victor üon ©c^önau an ber ^p'i^t ber ©ta^(^ 
fd^üfeen. (SWaurcr © 49. 52. ©talber, gragm. If, 271.) SJon ben gürflcn, 
bie gu ©tuttgart einritten, ifi bcr ^fatjgraf ©afimir nad^l^er ju ©traßburg 
anttjcfenb (iWaurer ©. 86); ein ©d^iegregifler beSfelben: »a« er 1585 6i5 1587 
mit eigener $anb gefd^offen, ^eibelberger $bf(^r. 769 (SBcrgeic^niS ©. 531),. 



313 



@aüm 4, 5!Kü^I^aufen 1. Unter ben prftenftäbten: 3)lünd&en, ^n^oU 
ftabt, Sanb^l^ut, greifinoen, 5ßaffau, Qn^, ©d^tua^, 2lnfj)ac^, ^eibelberg, 
greiburg, ßoflnift, einige ©täbte im 6lfa^ u. f. lü. S)ann bie tütirtcm* 
bergifd^en ©täbte unb glerfen, barunter Stuttgart 27, 3^übingen 10 u.f.h>. 
3lad) ber Drbnung be^ 9lufjug§ ftnb Si^I^^/ 5Pritf4>meifter, ©Jjielleute, 
Sol^träger, Sleuner, gal^nenträger, 9Jleffer, 2^rom^)eter in il^ren 3lmt§^ 
trad^ten unb mit il^ren ®etätl(;fc^aften abgebilbet. ®ie braunen $pf? 
fleiber mit bunUn Sorten u. f. \t>. nel^men ftd^ gan^ tool^I au^. -Slud^ bie 
^ritfd^er tragen folc^e, fie führen eineärt bon Äolben, oben gerunbet, 
mit bem ^er§og'[XLIX]lid^en SBaJ)J)en. 3Jlit Strommlern unb ^Pfeifern 
toav, toie eg fd^eint, ber §erjog für getoöl^nlic^ nid^t i>erfel^en, eine 
golge ber bamaligen ©inrid^tung be^ Sanbauf geböte ; bie brei ©Jjiele 
finb t)on Seonberg, ^ßfor^i^eim unb ®öt)})ingen, fie tüerben befonber^ 
ju bem ^efte beftellt unb gefleibet. ©a^er h)irb im ©ebid^te ber 4 
^erjoglid^en %xt>m\>eUx ftet« mit befonberm SWad^brudE gebad(;t: 

3[a, mar baS nit ein fürfilid^e (£^r! 
2)eS gürflen üicr S^rumctcr bltcfen üorl^er. 

hierauf bie 92 ©etüinnftfal^nen , je mit bem SRamen beg ©d^ü^en, fotoie 
mit 2lngabe beiS ®ett>innfte§ unb ber ©d^üffegal^I. ®ie erfte ift bie- 
jenige, tüorauf bie 100 3)ulaten ftanben; fie l^at auf ber redeten ©eite 
bag 2Ba})pen beS^erjogö, auf ber linlen ba^ ber ^erjogin, bag bran- 
benburgifd^e. ®ie tpeitefte ga^ne mit 1 fl. 40 fr. erl^ielt ber ijon 6n^ 
gelommene ©d^ü|e; bie le^te ift bie ^ritfd^enfal^ne, aud^ mit 1 fl. 40 fr. 
3lai) biefem bie J)räd^tig gemalten aBaj)j3en ber ^rften unb gürfiinnen, 
^uerft baö furt)fäl5ifd^e; bann ba^ njürtembergifd^e; ber ®rafen uni^ 
^rei^errn; ber Slitterfd^aft unb be^ 9lbel§; ber öorne^mften \oa\>pcn^ 
mäßigen §errn au^ SReid;^' unb ^ürftenftäbten, tpobei ber Äudj^el* 
meifter Surf^art 3Rettelin nid^t bergeffen ift; ber SReid^eftäbte; ber ©täbte 
aug ber lurfürftlid^en alten unb jungen Sßfal^; auö Dber^ unb Slieber- 
baiern, ber SSogteien unb ©täbte beö ^ürftentl^umS SBürtemberg, ber 
©täbte au^ ben 3MarIgraffd^aften Sran^LJbenburg unb 33aben, ber 
gräflid^en unb freil^errlid^en, ber eibgenöffifc^en ©täbte, berjenigen au^ 

geugt nod^ t}on feinem (Sifer für bie löblici^e @d^üt^en!unfl. @tn armer SBilb» 
fd^ü^ bon ^anfiabt getpann gu ©tragburg ben erpen $reii$ mit ber !6ü(i^fe» 
(ÜÄaurer @. 59. 9«ng ©. 33.) 



314 



bm S9iiSt]^aniem unb $iPolfjt«teit. Set jjebatt Drie fiEb bie Don ba ge- 
lommeneii @d^ü|eit namentUd^ aufgefül^rt. Siü^lid^ bie SMlmter mib 
55 gfal^nett be§ ^lad^fd^ie^enS. Z)a6et fel^lt 'aud^ ba$ ffoftüd^e Sefle, 
ber Ibebedte D^d, nid^t; bie fofitbare SBa^t^enbecfe bed^uHt i^ Md }ttin 
Sobe», «ud^ ber ftof^f ift in bie ^offarben getleibet, bi« ^6rnev Der^ 
golbet; er ift bon beiben Seiten bargefbeSt, bamit h>eber bem SSiftM)en 
bed ^erjog^ auf ber tedS^en, nod^ bem ber ^erjogin auf ber Unten, 
feine Qfyct entfiel^; fein äSertl^, oi^ne bie Z)e({e, 30 ®ulben, fammt fütft« 
lid^ev t^ol^ne. S)en Sefd^u^ mad^en bie Wappm be$ ätmbtofiud 3tm* 
malet twn ^f|au, bet bad Sud^ gefd^eben, beS Sieti^acb Siegel, ber 
ben @l^renf))rud^ gebid^tet, unb feinet ©ol^ne^, enbli(^ be^ 93ud^binber^ 
)u SUigdburg, ber biefed f&rftlid^e S9ud^ gebunben. Einige ^Siap^n-' 
fd(fUbe fmb leer geblieben, bermutl^lid^ ta>eil ^le^el bie äBa^))en nid^t 
oufträben fonnte. @r entfd^ulbigt in ber t^rofaifc^en 3^^i9>i^^ ^^^ 
ben $er}og, uom 21 ^erj 1562, ben äSerjug be$ SSerfe^ mit bev gtn^ 
glaubhaften ©d^toierigfeit, fo biele 3Bat)))en l^in unb toieber )u n>egen 
3u bringen. 3Ber fte gemalt, ift nid^t au^brüdlid^ befagt. 

tiefer gan)e 3Ba))))en)}runI ift offenbar eine mt$t>erftanbene Sin- 
loenbung ber ^eralbil t)om 2^urnier auf ba^ @d^ie|en. 2)a§ Xurnier 
tpar ein S5or'[LI]red^t be§ SJbete ; bie aJurnierfä^igfeit ju erfennen, toar 
bal^er eine ftrenge 9Ba))))enfc^au erforberlid^. älrmbruft unb $ü(^fe, 
SJBaffen be« gfufeüotfö, rourben toorjüglid^ in bürgerlid^cn ©enoffen^ 
fd^aften, ftäbtifd^en ©dS>ü|ent)ereinen gejjflegt. 3"^ SElj^^ilnal^mc an ben 
©d^ü^yenfeften befSl^igte alfo nid^t bie loat)t>enmo6ige 2lblunft, fonbern 
bie 3Ritgliebfc^aft in einer @d^ü|engilbe. ätderbingg ift auf fold^e ^eft- 
fjjiele 3Kand^e« üon ber (Sinrid^tung ber 2^urniere übergegangen, toie 
fid^ im ©ingelncn nad^toeifen liefee. Sefonbere too ^Jürften unb 2lbet 
an ©d^iegen Xl^eil nal^men, ober felbft folc^e t>eranftalteten, mod^n 
bie ^Pritfd^meifter aud^ bie ^ralbif ju il^rem Berufe red^nen, Sienl^arb 
glcjel, bietteid^t au« einem ^erolb^gefd^led^te ftammenb, nun aber, toie 
er befd^eiben in ber S^^W^^Q föß*/ rr«in ringberftänbiger 2ai unb «n« 
faltiger Sßritfd^enmcifter", rül^mt bodji bon fidji: 

2)ie Dom ^el tl^unt i^n lool erfennen, 

unb rid^tet aud^ fein Slbfel^en burd(}au« barauf, fein 9Berf ben $err« 
fd^aften, benen e« geioibmet ift unb bon benen er ben Sol^n bafür er« 
Haartet, munbgered^t ju mad^en. ^n biefem ©inne beginnt er, angeblich 



315 



na4f etnfm alten Stielte, mit bev Svdrtevung, 19^11 ioem ha» ®d^f|eii 
l^ereelommen. Siiltg ^ebt er bei bev @(i^5)»fting ^immeä unb ber 
@rben, bei ben etften @(teni usb beten SSevtrdbung ou^ Um $afa« 
bie^garten an. S(te bie SRfnfd^en ein gYo^e^ ©efd^Ied^t tooKben, mad^t 
®ott unter tl^en $ür'[LII]ften unb j^d^tborne trafen, benen ®e« 
^orfam angelobt ftrirb. 3)er erfte @(i^^ aber ift £amed^, ber, nid^ 
eben )it gutem älnfang , in feiner Sltnbl^eit Don einem ftnaben geführt, 
ben uml^erirrmbesi jtain, feinen Wpt, ber ftd^ m Safere betoegt, ^fM 
eines äSilbe^ etfd^t @fau, ber ^toeite 6(|füt}e, gd^t in ben grünen 
SSalb, tpo bie äS^gel manigfalt jtngen, um ftd^ buet^ ein 9Bilbbr&t 
feinei^ Saterd ©egen )u ertoerben. 2)iefe l^aben ben ^anbbogen ge« 
fül^rt, Btafjl'' ober älrmbruft tourbe ju^tft k)0n ben ®ried^n t)or Xrojj« 
unb in bem ftriege bed ftdnigd $riamud toiber Surfen ttnb Reiben ^ 
hxauä)t Srdefii tarn bie Sielb&d^fe mf, nadj^bem ein SRönd^ im 3^1^^^ 
1380 bad $utoer erbad^t. 9ln biefe m^^ifd^e ©efd^id^e ber @<^ie|< 
fttsill toirb ein äSerfud^ gefn^ft, bad @d^ie|ett al^ ein 9tilterf)|HfI bar« 
guftdien, benn bie erften 6d^ü|en felbft; 

Dag xäf bte ®a(^ gor red^t bebeut, 

Die jmeen kvaren au4 SbeUeut, 
Ded toar igfon unb <m6f Samed^« 

Die toam geboren «on eMem ^d^Ie^, 
Dann ^ott l^ott ^[fac auj^rforen, 

Unb koar ein gfir^ gar n>o((0eboren 
Unter ben ^nbern oon ^drael u. f. w. 

S)er äkrfaffer ftreid^ benn au<l^ bei jjeber (Sklegenl^eit bie SSer^ttge bed 
Xbete l^eraud, ben ®Ian) bed ^fed unb felbft koie bie Xratoonben 
bad Soll erfd^edCen. aSeil er aber bod^ getreulid^ er}ä^U, [LUI] fo 
erlennt man leidet, bag ^erjog Gl^rifto))!^ ben ®eift bed @d^ie^nd bejfer 
aufgefaßt, olS fein ^ritfd^meifter. S)er ^of bebau^tet aQerbingd feine 
Sttfette; ber 9(be( (b. 1^. I^er überaQ ber ^ofabel, im ®egenfa|e ber 
freien Stitterfd^aft) j^at ba$ SSorred^t, ben dürften ^anbtoaffer )u bringen, 
SESinblid^ i^orjutragen, mit bem Frauenzimmer in ba$ £uft||aud ^ 
fal^ren, ioeld^, nad^ %lei^ü^ ^u^ung, nur bom älbel beixeien n>erben 
barf ; j^een ^erm t>on Xbel führen bie $rin||effin mit bem ftranj unb 
ber ablid^ aRarfd^I W^ an i^rer Stelle bie fd^^ne Sieb' unb eubftat«. 
%Ut bei QU SbUim ftel^ ber 3(bel, ol^ fold^er, meift ai^er^alb bed 



316 



©d^ie^en« unb l^at lebiglid^ bic SSorredSite be^ §ofbienfte§. Ser ©d^ü^cn- 
ftaat befte^t unab^ängto ^^ P«^/ w"t^^ feinen felbfigehjä^lten 9leunem. 
Son biefen ftnb nur jtüeen au« giirften unb SRittetfd^aft getoäl^It unb 
bie t)ter öom §erjog befteHten ftnb SRat^öl^errn t)on Stuttgart. 2)r 3o^. 
Äraufe, fürftlid^er SRat^, l^at im 9iamen beS $crgog§ ba§ Ehrenamt 
beim ©c^iefeen. Slud^ bie 3Siertel finb nid^t fo fc^arf abgetl^eilt, aU e§ 
beim erften Slnblidt fd^eint. ®ie rot^e gal^ne, barunter dürften unb 
§erren ftel^en, mag giüar nid^t burd^ Mögen 3wf<iß ^^^^ S^oö be« 3ln= 
fc^iefeenö Stellen, aber unter i^ren 92 ©d^ü^en befinben fid^ 32 öon ben 
©täbten. 2lu^ biefen ift überl^auJJt bei toeitem ber gröfte S^l^eil ber 
Slntoefenben. 2)er Äranj, bem (Seremoniet angel^örenb, tpirb bem SSor- 
ne^mften ber ©efeUfc^aft, bem [LIV] Äurfürften öon ber ^Pfal^, auf^ 
gefegt, über bie ©d()ie6j)reife aber entfd^eibet einzig bie Äunft ber 
Sd)\xiicn , nad) bem Urtl^eil ber Sleuner. (Snblid^ bie l^erglid^e (Saft- 
frei^eit beS fürftlic^en SBirt^cS verbreitet fid^ gleid^mäfeig über Sitte. 
SBer SSergleid^ungen anftetten tpottte , bem lüürbe bie gröfte Überein* 
ftimmung biefe« gürftenfd^iefeenS mit ber ©inrid^tung ber ftäbtifd^en, 
namentlid^ be^ Slrmbruftfc^iegen« ju ©tragburg von 1576, bemerllid^ 
trerben. 

giejel f})rid^t in ber 3"^i9«wng bie SSermut^ung au«, ba§ biefer 
©egenftanb „t)ietteid(;t juüor burc^ Slnbere aud^ begriffen unb 6. gürft* 
lid^en ©naben t)refentirt fein möd^te." SBirflid^ finb unter ben beutfd^en 
§anbfd^riften ber ^eibelberger Sibliotl^e! (9ir 77. 78, 3Serjeid^ni§ 
©. 335) jn^ei @£emj)lare einer Sefd^reibung be§ ©tuttgarter ©d^iefeen« 
i)on 1560 burd^ Ulridj; (Srt^el toon 2lugeburg, bag eine, mit auggemalten 
Sffiajjpen, bem ^f aljgraf en Slid^arb , bag anbre bem 5ßf aljgraf en ^riebrid^ 
getüibmet. 3luf ber öffentlichen Sibliot^ef ju ©tuttgart fanb fidf> 
feine« toor. 

3toä) fann id^ Don brei Slrmbruftfc^iegen 3laä)x\d)t geben, n^eld^e, 
ber 3^1* ^^^^) ^^"^ ^au^tfd^iegen ju ©trafeburg nod^ nol^er, am 16, 
25 unb 29 QuU 1571, gleid^fatt« ju ©tuttgart, im S^^iergarten, ge- 
l^alten lourben unb aud^ in einem ©J)rud^gebid^te befdj^rieben pnb. S)a« 
erfte gab SWarfgraf ®eorg griebrid^ öon Sranbenburg, Dl^eim beg^er- 
jog« Subloig, ba« jiDeite biefer felbft, ba« brttte [LV] ber Sanbl^of* 
meifter 3««!^^^'' S^^^b t)on $o^enedf. 2)er SJerfaffer be« ©J)rud^«, felbft 
au« ber gal^l ber ©d^ü^fen, ift Qan^ ©on, be« ©pital« ^u @|Iingen 



317 



^ofmeifter gu Äanftabt K 3)a iebod^ biefe ©d^iegen toeber in Stnfel^unö 
ber 5!Ken0e ber ^^l^eilnel^mer, h>orunter feine auen^ärtige genannt fmb, 
nod^ beg feftlic^en (Slanje^ unb be« Setrag« ber ^Preife, fid^ mit bem= 
jjcnigen bon 1560 bergleid;en laffen, aud^ ber trodfene, mit ber trüb* 
feligen Sefd^reibung eine« 3Jli«ial^rg fd^liefeenbe Serid^t be« $an« ©on, 
ber [elbft bie Seforgni« äußert, bafe il^m, ber nur ein SBeingärtner 
unb eine« Sauren äibfömmling fei, bie Äunft entlpifd^t fein möd^te, 
ftd^ nid^t mit ber aufgeführten ©arftettung beg Sieni^arb glejel meffen 
barf, fo genügt e«, etnjet[LVl]ne bead^ten«h>ertl^erc güge l^ier auSju- 
l;eben, toeld^e jugleid^ ju bem fifd^drtifd^en Sobfjjruc^ unb beffen äln- 
l(;ängen einige Segiel^ung barbieten. 

6ine befonbre ©rge^lid^Ieit jener brei ©d^ie^en fc^einen bie ©})äffe 
be« Starren $an« $e$ au^gemad^t }u l^aben: 

(£r ma(i)tt mand^en guten ©offen, 
@r tl^ät mand^cm bie Srütfd^en fci^tagen, 

Umfonfl tpt er ©im b'Sarl^eit fagen. 

3)er 3lan erl^ält auf bem jlüeiten ©d^iefeen brei ©d^ilbe, ben einen 
t>om $erjog Subtpig/ ber jenen mitgebrad^t, ben gtoeiten toom ©rafen 
griebrid^ toon aRöm})eIgart, ben britten üon §errn 5Pi^iIiJ)t> i)on ©em* 
mingen. illeine, ftiberne ©d^ilbe, mit ben S!Ba)3})en ber ®eber, tourben 
bei fold^en Slnläffen an $JJritf4ier, ©))rud^bid^ter, ©))ieUeute u. f. to. au«= 
getl^eilt unb öon biefen nad) 2lrt einer' ^afefette umgel^ängt, tt>ie aud^ 
in %kieU SBud^e bie 5ßritfd^meifter gemalt ftnb. $an« ©on ift mit 
biefer greigebigfeit nid^t ganj einberftanben: 

1 @§ bepnbcn fid^ baüon unter ben ^anbjd^riften ber ©tuttgarter 53ibUot]^e! 
2 ©jremjjlare, ba« eine (Histor. 297) bem ^erjcg SuDlüig, ba« aiibrc (152) 
bem ©rafen griebric^ Don SJiÖmpelgart geniibmet, beibe mit einigen Sßappen 
unb ©ilbern, ^a^ier, Hein SoJio. 2)em ©^ruti^c öom ©gießen ift ein wei- 
terer Dom Sanbe Sürtemberg unb beffen Ferren, i^rem Urfprung unb Sluf* 
fommen angel^ängt. ®er ©erfaffer fagt nenilic^ in ber S^eignuiig an ben 
d^rafen f$riebri(i^, er l^abe gu fetner ©efd^reibung 3 ©üd^er binden laffen (bad 
britte ©jemplar toermutl^lldi für ben 2anb^>of meiflcr) , tia er ober in jeglit^iem 
,,unbef^ribened $apeir« ein gutten St^ail uberig gel^abt, bamit e« nit lel^r 
fte^'^, \)ah^ er noc^ ben ^nl^ang bon ben ^errfd^aften Sürtemberg unb SJ^ömpel« 
gart ju berfaffen pc^ unterfianben. ®r giebt barin auc^ üon ben ©auaerten 
^erjog (El^nßopl^d ^a(i)xiä)t unb ^at nac^ allen Umflänben {^learetö Ttufttx bor 
^ugen gel^abt. 



318 



QNmttnt tfiner fd^ be» Ufktu Bfo^noi, 
60 tr&gt ber Q^aad^ trrel me^ oon bamtm» 

(ix tonn otttocg ba« 8efi evf(i^na)>)>ett, 
2)ad gtoinnt er mit feiner ißarrenla))|)en. 

2)reifa((, in 6ranben&urgifd^en, toürtemfeetdifd^en unb l^ol^enedKfd^en 
t^arbm, ifl bcr 3taxt mit ^ßritfd^fd^ert unb BöjtU^aüfJfe , bie ^ne 
mit bcm Jlran^e fd^tmitgcnb^ albgebtlbet, unb )ule|t no((, tote er feObft, 
über ber Sd^ronne Itegenb, bmi bem [LYU] ©yrud^bid^ter abge))ritf((t 
toirb, Vorüber biefer mit Sbtfbietung fetneiS 0An}en 9Bi$ed ftd^ lu^g 
mad^t; eine S^ättiganQ^ toeld^e bäron erinnert, toie ber Serfaffer bei 
Jtel^rabiS ben beiS 6d^mad^f))rud^i mit bem $I&ueI bebient: 

itel^rftb fß. 3: ©oll man eim iRarren bann ^nl^ifren, 

Unb in nid^t tme ein Starren baren? (bnrd^^rügefn.) 

ebenbafelbft, SB. 763 ff., ift erfid^tfid^, bafe aui) auf bem ©traftBurger 
@(i^ie|en ber 92arr mit Sd^eKen unb 9leimf))rfid^en nid^t ^ermift tourbe. 
(3Sgl. 3ling ©. 139. 142. SKaurer ©. 43 jf.) 

SBie ^erjog Sl^rifto))]^ beim 9tad^fd^ie^en einen Dd^fen, fo giebt 
ber Sanbl^ofmeifter bon ^o^tned einen ^ammel, mit bier Römern, gum 
Seften, bebedCt mit 6 @Ilen rotl^en Xaffti, barauf bai l^ol^enedRf(|e 

Seim erften @d^ie|en berel^rt ber Starlgraf bem ^ergog Subtoig 
ben Ärang, beim jtoeiten ber ^ergog bem. Sanbl^ofmeifter, beim britten 
biefer bem ^errn $I^Kt>)) bon @emmingen. 5Die SBerleil^ung bei ftrangei 
ift eine 3lufforberung an ben ®mj)f änger, nun feinerfeiti auHf ein ©d^iefeen 
}u beranftalten. Sarum l^ei^t ei bom ^erjog Subtoig: 

9^a^m il^n mit großen (&)xtn an. 

Sollt ben ^ranj nit t)erborren kn. 
^Ib trat $err 2)QCtor $eter @ing 

^ür $errn unb ©d^üf^eu in bm Sting, 
(&x banfet i|nen fteigig ab, 
[LYllI} d^nen )u verfielen mteber ^h, 

SBie ba| ^l^r ^üxfOxä) (Bnah tpt b^d^liegcn, 

Sunt »iebev geben g» toer^tc|en 
3e^n Tfi<äa m jmeien Sagen. 

$^iU))|} bon (Semmiagenr ber gule^t ben jtrang em^^fongen unb bai 
@d(iie|en Leiter )u meieren berf))rod^en, ftarb nod^ bor äUbfaffung bei 



319 



Spxui)^. 2)er SBarfaffev H)finfd^ il^in ixe efmge Seliglett, giebt abet 
ben 9(nft)tud^ auf bte Erfüllung ber S^f^d^ i^ic^t auf: 

Sir l^offen, bag bev ^mt) borbet 

9}tt barutn au^ terborrct fei; 
2>ev @9l^ ifl bannoil^ nod^ in Se6m, 

@r toirbft DonS ^atetd wegot ^«l^ett, 
(Sr tt)irb baS @d^ie|(n koetteT m«^vn, 

Einern ^errn SßaUx §'Sob unb (Sl^vn, 
2)amit eiS ein Q^ebä^tnud fei 

Unb fein in freuen benl batbei. 

§icmit erlt&rt p^ Wc iStette bcg Äel^tabg SB. 612 ff.: 
9^ad^ bem eUid^ mal gefii^el^en, 
^ag inen (ben @traPurgetn) etlid^ @tätt unb ®tänb 
$an, n)ie ^räud^Iici^, ^rän$ gugefenb, 
finä) neutid^ auf bem tourmftfd^ ©d^ießen, 
2)ie fic bau nid^t oertoelfen i ließen, 
[LIX] ^onbex fte ipvaä^tm an ben Sog, 

Sie ir 9[u6f(i^rei6en fold^d Dennag (Bef<tgt). 

Sad l^ier etto&l^nte Sd^iegen gu 98ormiS l^atte am 7 Stuguft 1575 feinen 
Slnfang genommen unb ift ba^felbe, über toeld^eS Sienl^atb glejel gleW^ 
faff8 einen SReimberid^t öerfa^t l^at. 

SDxl^tn ift angebeutet loorben, ba| fjifd^att« unb feinet S^^Ö^^^h 
lebl^ofte Sl^eilnal^me an bem ©d^ü^enfefte }u @trapurg unb ber 6d|iffa]^t 
ber S^xi)ex nid^t einjig ber uribt^anQmm Suft an fold^en SSolIdfeften, 
fonbem aBerbing« aud^ ber Sebeutung berfelben für ))oIittfd^ unb lird^« 
lid^e SSerbinbungen jugefd^tieben toetben muffe. @§ fragt fid^, ob aud^ 
für bte )tt Stuttgart abgel^altenen @tal^lf<§ie^en fold^e SSegiel^ngen 
aui^jumitteln feien. I)ie äntoefenl^eit be« 5IRarfgrafen bon Sranben* 
bürg im Raffte 1571 toar nid^ ol^ne beftimmten S^^f ^i^f^^? i?ö^ 
toor SOlitbomtunb be$ jungen ^ersogd Subtmg, aber bie bei biefem 

1 ®o Mi^ bei @tuni))ff, II, ^l 458 b: ,,^6er n«d^ bifem Rieten [^u 
3itni| 1504] iß bie ©od^ wü^er erf&ffen itnb ber äTZe^en t)erboi:ben" (©tolber, 
9ragm. U, 293). Sei ben S^umieren loaren bie grauenbänfe befHmmtit f^ben 
nädtißen STumier ^u legen." (^fifd^itig, atitterjeit I, 351. 355 f.) 3(ud 
bem ®^ru^e bed $and @on ertlärt |td^ and^ ber <Stid^fd^ug in bie @an, 
eifmudifptntif 9, 12B, ^fftah iS. 845, als ein ftafttnd ber ed^ft^nf)nrai|e 
im 9tinkK|lfd^i»S!in fftr ben Ie||ten %t9^. 



320 



2lnlaft flcl^altcnen ©d^iefeen finb bod^ ate Mo^e gcierüd^fett anjufcl^n, 
J^and @on fagt barüber: 

[LX] ^err SKarggraf @eorg JJriberic^ 

3ß auf ben Xag gen Stuttgart fommen, 

^fd^äft ^alb SI^T ®nab tfat fürgenommen; 
Sad badfeI6ig mar gu ber $rift, 
äßir unnöt^ig p toiffen ifl. 

^oc^ ergä^It er nad^l^er, ba^ am 21 ^^^i ^^^ St&tl^e in ber hanglet 
jufammengefommen, inbent ber SWarfgraf, ber nid^t länger bleiben 
tootten, 2anb unb 2mU in ^erjog Subtoigg ©ctoalt übergeben l^abe, 
unter ber ©tattl^alterfd^aft be^ ©rafen ^einrid^ Don ßaftell. 

Sebeutenber erfd^eint unter obigem ©eftd^t§})unft baö groje ©d^te^en 
beg §erjogg ßl^riftoj)^, toenn gleid^ Sienl^arb %l^d anä) nid^tö ber= 
gleichen ju bermelben toeift. SKel^reie ber angefel^enften l}roteftantifd^en 
gürften ftnb ^ier öerfammelt. Slud^ ©efd^äftömänner finben toir in 
ben Steigen ber ©d^ü^en, namentlid^ ben 3Ragifter ^bx^ SBeifebrot, für- 
fürftlid^er ^jjfalg ©ecretari, ber bon ben gürftenftäbten ^um 3fieuner 
getoä^lt toirb, unb ben 2)octor goi^ann gacob SSarembüIer, marfgräfifd^ 
ba.bifd^en Äanjier. 

SBeit bie gröfte 3«^I i>^^ übrigen ©4)ü|en gel^ört ebangelifd^en 
Sleid^ßftäbten, fjürftenftäbten unb ©tönben ber (Sibgenoffenfc^aft an. 
3)ag ©d^iefeen faßt in bie 3^i^ i" lx>eld^er ßl^rifto})]^ eifrigft mit bem 
öon il^m ausgegangenen 5ßlane befd^äftigt toar, bie ebangelifd^en dürften 
unb ©tänbe ju einer neuen [^^^ Unterfc^rift beö augeburgifd&en Se^ 
fenntniffe« unb einer fefteren SSerbrüberung in foId(|ent, jugleid^ jur 
Slbtioeifung aUer 3:]^eilnal^me am ßoncilium ju SCrient, gu öerfammeln. 
Sei einer g^fammenfunft mit bem Äurfürften fjriebrid^ bon .ber 5ßfalj 
unb bem §erjog ^ol^ann griebrid^ t)on ©ac^fen, gu ©J)eier im Wpxil 
1560, l^atte er biefe beiben gürften für feinen 5ßlan gewonnen. 2lm 
8 gebruar 1561 !am biefer tüirflid^ mittelft ber gürftenöerfammlung 
in 3laumburg ju ©tanbe. ©erabe in ber furjen Q\t>\^d)in^dt , toäl^renb 
toelc^er ß^rifto)))^ aud^ burd^ SrieftoedS>feI ben SSerein tl^&tigft betrieb, 
im ©ej)tember 1560, gab er baS gro^e ©d^iefeen ju ©tuttgart, unb 
faft alle bie gürften, toeld^e l^ier beifammen toaren, namentlW^ $erjog 
ß^tiftoj)]^ felbft mit feinem ©ol^ne ßberl^arb, ^ßfaljgraf griebrid^, $erjog 
Jgol^ann SBBil^elm öon ©ad^fen, 3Rarfgraf Äarl Don Sabenunb $erjog 



321 



©eorg aug bcr 5ßfalj, erfd^etncn bann auä), bcr le^tgenannte butd^ ®e« 
fanbtfd^aft, bie übrigen J)crfönKd^, auf bemS^age ju Slaumbutg ^ @g 
ifl fd^toer ju begreifen, bafe eine Slngelegenl^eit, [LXII] tocld^e beg ^erjog« 
ganje Seele befd^äftigte, bei ber ©egentoart jener fjürften an feinem 
§ofe nid^t in Setoegung foHte gebrad^t toorben fein; unb n?enn nun 
toeiter gefd^id^tlid^ ift, ba§ beabpd^tigt tourbe, bie Berufung nad^ 9?aum- 
burg toor bem Äaifer unb bem $abfte fo öiel möglid^ gel^eim ju Italien 
(gattlerg ^erjoge, IV, 152. ^pfter, I, 374), fo begrünbet fid^ atter* 
bing^ bie SSermutl^ung, ba^ bie @d^ü^enluft ju Stuttgart ber l^eitere 
SSorloanb ernfterer SSerl^anblungen getoefen fei. 

1 $er)og (El^rtfiop^d ©d^üt^enbrtefe iparen, naci^ %Ui^tl, andf ,,tn ba§ ^an^ 
t)on Öpcrrci^" (jebod^ crfoIgloiS) ergangen, fei e« nun bc§ SlnjianbeS unb bcr 
fd^einbaren Unbefangenheit uiegen, ober »eil man iIRapmtItan<$ Q^egentoart 
ttJünfd^te. @o oiel ifi fonfl belannt, baß biefer anfang« aud^ nad^ ÜfJaumburg 
eingelabcn »erben fottte. (WP^^^» ^i 437.) 2)er Jobfprud^ rül^mt oon $erjog 
(S^riflop^ nur im StÖgemeinen: 

2)ag göttlid^ SBort tat (lägt) er toerüinben. 



Urlaub, ©(^riften. V. 21 



1Xkx We ©agc um ^erjog ©ruft 



Snauguralrebe, 

gehalten am 22 Sf^oöember 1832. 



SBenn e^ im ^\t)ei einer ^n^uguralrebe liegt, SKrt unb Slid^tung 
ber SSorträge be§ einttetenben £el^rer§ ber afabetnifd^en (Semeinbe an« 
fd^aulid^ ju mad^en, fo glaube id^, bei zufälliger 3Serfj)älung meiner 
SlntrittSrebe , bem 3^^^ ^^ heften bamit ju entfjjred^en, bafe id^ ben 
Oegenftanb berfelben bem Greife meiner fd^on gel^altenen SSorlefungen 
enint\)me. 

Die beutfd^e Jlationallitteratur, hjie biejenige anbrer SSöIfer, ift 
nid^t mit ber SWaffe t)orl^anbener unb toottenbeter ©d^rifttüerfe abge^ 
fd^Ioffen. Qenfeitg ber Sitteratur im bud^ftäblid^en Sinne liegen, für 
bie ältere 3^it, gerabe bie nationalften ®rjeugniffe beg geiftigen Sebeng: 
3Jli^tl^ug, Sage, SSoIfögefang. 2lIIerbing^ muffen toir aud^ l^iebei ju« 
näc^ft bon fd^riftlid^en 3luffafjungen unb 2lnbeutungen auggel^n. Mein 
ba« Sluffaffen im ©d^rifttoerle bejeid^net oft nur bie Huf^ör be« leben^ 
bigen SBad^gtl^umg, bag SEBerben erftant im (Setüorbenen unb um bag 
aSBefen beg bid^terifd^ fd^affenben unb bilbenben aSoIKgeifteö lennen ju 
lernen, müfjen toir il^n, bie jjenjeilige ^orm jerbred^enb, feinem freien, 
beU)egIid^en Elemente jurüdfgeben. 

3)iefen au^erlitterarifd^en 2^1^eil ber SRationallitteratur unfrei unb 
ber ftammtjertoanbten SBölIer jur Darftettung ^u bringen, toar ein bor= 
jüglidj^eg Slugenmerl meiner bi^l^erigen Sel^röorträge, ehm tpeil l^ier 
nid^t auf bie- fertige ©d^rifturlunbe öertoiefen n?erben fann, fonbern 
ba§ ®rgebnig in ber forttoäl^renben ®nth>idlung felbft befielen mufe. 

3)ag tüeitefte unb frud^tbarfte (Sebiet für biefe Seite ber gefd^id^t« 
lid^en %ox^6)unQ öffnet fid^, toa^ S)eutfd^Ianb betrifft, in bem um« 
faffenben unb öielgeglieberten G^Iluö einl^eimifd^er ^elbenfage. 35ag 
Slibelungenlieb , beffen 5Rame fo l^äufig jum Sofung^loorte ber ober« 
fläd^Iid^ften unb üerlel^rteften 3lnftd^ten bienen mufe, mad^t nur ben 
äibfd^Iufe ber manigf altigen ßnttoidflungen beg großen m^t]^ifc^«ej)ifd^en 
Jtreife«. Sluler biefem c^Hifd^en SSerbanbe giebt e« aber nod^ anbrc 



326 



beutfd^e Sagcnbilbungen geringeren Umfangt, beren eine id^ l^ier au^-- 
\t)Sf)U, um bie angebeutete SWid^tung an einem SSeifriele barjulegen, 
bag n?eniger geit crforberte unb ate ein unfd^einbare^ nur um fo 
beffer bem S^tie bienen möd^te. 

@^ ift bie Sage Dom ^er^og @mft, bie nod^ jje^t im SSoII^bud^e 
gangbar ift , ba^ auf unfern 3KärIten öerlauf t toirb *. SSon älteren Se« 
arbeitungen berf elben nenne id^ : jtoei größere mittell^od^beutfd^e ® ebid^te 
aug'bem 13ten Sal^rl^unbert, Don benen bi^ je^t nur eine« DoDftänbig 
belannt gemad^t ift, ein lateinifd^eg Dom 2lnfang begfelben ^^i^rl^unbertS 
unb bie S3rud^ftüd(e eine^ beutfd^en, bad nod^ im 12ten l^al^rl^unbert 
abgefaßt toar. S)ie frü^efte nad^loeigUd^c Srloal^nung einer beutfd^en S5e* 
l^anblung beg ®egenftanbe§ finbet pd^ beim 3^1^^^ 1188 in einem Sriefe 
be« SWarlgrafen Sertl^olb Don 3lnbed^^ an ben 2lbt Don 2^egernfee^ 
toorin erfterer fid^ bad beutfd^e S3üd^lein Dom ^erjog @mft jur älb» 
fd^rift erbittet. 

Sie äußeren ©puren ber Jjoetifd^ bearbeiteten ©age reid^en fomit 
nid^t über bie ^ext ber ^ol^enftaufen i^inauS. 3)agegen toerben toir im 
Qnl^alt ber SJid^tung eine Slei^e Don 5ßerfonen unb ©reigniffe au« ben 
Seiten ber frül^eren ÄönigSgefd^led^ter, be^ fäd^fifd^en unb beg frSnli* 
fd^en, gefammelt unb jur ßinl^eit Derbunben jtnben. SJiefe toar nur 
baburd^ mdglid^, ba^ lene ganje $eriobe über in ber @efd^id^te felbfl 
gleid^artige 33eftrebungen ipalteten, bie id^ in ben $au))t2Ügen jum 
Dorau^ bejeid^ne. 

^ie beutfd^en Könige tDaren, um bie SRad^t il^re^ ^aufed unb bie 
Äraft il^rer §errfd^aft ju lieben, unabläffig barauf bebad^t, pd^ iugleid^ 
ber @etoalt, toeld^e bie großen 9teid^^ämter barboten, ju Derfid^em. 
3Jlittel 3u biefem S^eäc fud^ten pe Domel^mlid^ barin, ba^ pe bie 
^erjogtl^ümer unb anbre bebeutenbe SEBürben auf ©Heber il^re^ $aufed 
übertrugen ober burd^ SSerm&^Iungen an biefeS !nü))ften. hierin lag 
aber aud^ ber jteim ber (Siferfud^t unb S^^^^^^^^ ^^^er ben näd^Pen 
SBerloanbten felbp, bie pd^ auf fold^e S33eife in Derfd^iebenem 2^rad^tcn, 
nad^ gefammelter ^errfd^ermad^t Don ©eiten be$ Jlönigd, nad^ Unab« 
l^ängigleit unb Sigengetoalt Don ©eiten ber ^ürpen, gegenübertraten. 

1 [Wlan t)txQl nun: SO'^on) $aupt in fetner 3^tf(i^nft für beutf^ed füttx» 
t^um VII, @. 293 bi* 303 unb (grnfi 2)ümmler ebcnbaf. XIV, «crlin 1869. 
e. 265 bid 271. ^axl üBartfci^, $eraog d^rn^ SBien 1869. 8. $.] 



327 



©tatt bafe t)te 5ßroöinjcn bem Äönige enger DerBunben tourben, inbem 
fein 6ol^n ober ©ibam, fein Sruber ober ©d^hjager üBer fte gefegt 
ioar, tourben bielmel^r btefe feine SÄngel^örigen \i)m burd^ il^re (Stellung 
nid^t minber entfrembet, atö e« frül^ere, berbrSngte ^ürftengefd^led^ter 
getoefen toaren. (Sine toeitere Oueffe beg gamiKenjtoifle^ ergab ftd^ in 
ber Unbeftimmtl^eit beS (Srbfolgereti^teg, ba§ l^ier mit bem SBal&lred^te, 
bort mjt ber jejeitigen Wla^t beS ©tärlern in SBage ftanb. 2)ie ger» 
toürfniffe, bie aug fold^en Urfad^en unter l^od^gefteHten unb nal^e öer* 
toanbten 5ßerfonen erioud^fen, toaren an ftd^ fd^on geeignet, Slufmerf« 
famleit unb S^i^eilnal^me ju ertoedEen. gn pe toaren aber aud^ bie 
SSölIer felbft, tl^ätig unb leibenb, öerflod^ten. .Sang unb ©age, bie 
Organe ber 3SoIföftimmung , muften bon biefen manigfad^en Setoegungen 
unb SSertoidEIungen um fo lebl^after angeregt n?erben, afö eg überall 
aud^ mäd^tige 5ßerfönlid^Ieiten toaren, bie auf biefer tragifd^en SDSelt* 
bül^ne auftraten. 3)ie l^errfd^enbe ©eloalt ift, ju toerfd^iebenen S^^^^^r 
balb mel^r in bie 3^ee , balb mel^r in bie 5Perfon gelegt, gm beutfd^en 
SKittelalter loar Se|tere§ ber %aU. ®iefe 3^it betlangte einen Äönig 
toon 3Rarf unb Sein, Don fid^tbarer, l^ol^er ©eftalt, bem ber (Seift au^ 
ben Slugen leud^tete. 2)arum toar 3)eutfd^Ianb ein SBal^Ireid^; jloar 
vererbte fid^ bie oberfte ©eloatt meift langel^in in bemfelben Stamme, 
aber ein fold^e« Äönig^gefd^led^t toar felbft eine 5ßerfönlid^feit; lonnte 
biefe nid^t mel^r genügen, fo trat, öermögebeg SQSal^Ired^tg, ein anbreS 
an feine ©teile, ©o lam c^ benn, ba^ toir in ben Äaiferl&äufern be3 
SKittelalterg überall auf l^erüorfted^enbe, im Outen unb im Söfen Iräf« 
tige 5ßerfönlid^eiten treffen, auf fold^e, bie lool^I aud^ befäl^igt n?aren, 
^ßl^antafie unb ©emütl^ ber geitgenoffen für Sieb unb ©age anju« 
f))red^en. 

©el^en toir nun, ioie ber angegebene ßl^arafter ber S^t fid^ in 
unfrer ©age auggejjrägt l^at! S)er gnl^^alt berfelben ift, nad^ ber 33ar» 
fteUung be^ boUftänbig l^eraudgegebenen, mittell^od^beutfd^en @ebid^te§, 
im SBefentlid^en folgenber: 

Äaifer Dtto bermäl^lt ftd^ jum jtoeiten 5IKale mit Slbel^eib, ber 
fd^önen unb tugenbreid^en SEBitioe beS ^erjog« öon Saiem. Ql^r ©ol^n 
erfter ®l^e, ber junge $erj|og ßrnft, ftel^t anfangt bei feinem laifer« 
lid^en ©tieföater in großer ©unft unb loirb öon biefem fogar jum 
SBad^f olger im Sleid^e beftimmt; er ift bei allen fjürften beliebt, 2lrme 



328 



unb ateid^c iDünfd^en i^m (SuteS. 2)arum neibet \f)n ber ^Bfalggraf 
^einric^, Dtto5 ©d^hjcfterf ol^n , unb öetläumbct il^n bei bent Äaifer, 
als ob er biefem nad^ 6^t* unb Seben Irad^te. 3)er Äaifer lafet ftd^ 
Überreben unb mit feiner änftii^mung fäHt ^cinrid^ mit SRaub unb 
ä3ranb in @rnft$ £anb Dftfranten, baS ju S9aiern gejault n>irb. @rnfi 
fommt mit jtoeitaufenb ©d^ilben l^erbei, entfeftt SRürnberg, ba« ber 
^ßfalggraf belagert l^at, unb f dalägt nod^ in einem ©treite bei SBürj- 
bürg, tDo er unb fein ^reunb, ®raf SSBerner, ftd^ aU gelben ertoeifen, 
ben (Segner in bie ^lud^t. 5Rad^bem Slbell^eib öergeblid^ Derfud^t l^at, 
ben (Semal^l ju befänftigen, giebt fie il^rem ©ol^ne Siad^rid^t, toer bie 
tJeinbfd^aft angeftiftet l^abe. ®rnft Äftet fid^ nun ju Weiterer ®egen- 
toe^r. '3!)ann fommt er, nur felbbritte, mit bem (Srafen SBerner unb 
einem anbern 3)ienftmanne, ju ©peier, loo ber Äaifer fid^ aufl^ält, auf 
ben §of gefj)rengt Sener 3)ritte mufe bie SRoffe l^alten, ©ruft un\> 
ber ©raf gelten l^inauf in bie ffaiferburg. '®g ift an einem Slbenb, 
bie Ferren finb meift jur Stulpe, nur ber Äaifer felbft unb 5PfaIjgraf 
§einrid^ finb nod^ in gel^eimer Serat^ung beifammen. ©ruft lommt 
t)or bie offne Äammertl[^ür unb bringt ein. 2)er Äaifer entft)ringt in 
eine Äaj)ette .unb fd^lie^t bie S^üre l^inter fid^. Sem ^faljgrafen aber 
f dalägt ßrnft baS §auj)t ab, gel^^t unerfd^rodfen ioieber l^inunter unb 
reitet mit feinen ©efäl^rten üon bannen, gür biefe getoaltfame 2l^at 
toirb er in bie SReid^gad^t erflärt unb eine ^eerfal^rt nai^ 33aiern auf* 
geboten. SlegenSburg toirb belagert unb täglid^ baüor geftritten. 3"- 
le^t mufe fid^ biefe ad^tbarfte ©tabt ergeben. 2ln ber 2)onau nicber 
unb ben Sed^ l^inauf giel^en bie ^eere. (grnft räd^t bie 5Rot]^ feinet 
£anbe§ burd^ ßinfäUe in baS 3leic^. ©o ge^en fünf ÄriegSjal^re öor» 
über.' 21I§ nun aber ber Äaifer eine neue ^eerfal^rt aufruft, ba finbet 
(Srnft fid^ nid^t mel^r ftarf genug gu nad&l^altigem SEBiberftanb, er be- 
fd^Iiefet, jur ©d^onung feinet SSoIfeg, ju tüeid^en unb eine ^al^rt nad^ 
bem l^eiligen ®rabe ju t^un. tJünfgig ber ©einigen nel^men mit il^m ba» 
Äreu} unb öiele Sflnbre au« beutfd^en Sanben fd^Iiefeen fid^ an; er l^at 
tool^l taufenb in feiner ©d^aar, JRitter unb Äned^te. ©ie jiel^en burd^ 
Ungarn unb bie Sulgarei nad^ Äonftantinojjel, too fie fid^ einfd^iffen. 
3Son ba an beginnt eine Slei^e ber tounberbarften Slbenteuer. (Sin 
©türm Derfenft einen großen Jl^eil ber ©d^iffe, bie übrigen toerben jer- 
ftreut. S)a«ienige, toorauf ßrnft unb SBSerner fid^ bepnben, toirb nad^ 



329 



bem Sanbe Äijjvia getrieben, tüo bie Ärcujfal^ter ein SBoII mitÄranid^' 
l^ölfen unb Schnäbeln finben, bem fie eine entfül^rte Äöniggtod^ter au« 
Ignbien ab!äm^)fen. Sie fegeln bann ft)eiter, leiben ©d^ipruti^ am 
^Ragnetberge, ber bem ©d^iffe alleä (SifentoetI auSjiel^t, lajfen fid^, 
i^rer fed^fe, fo öiel bor junger unb Äranfl^eit nod^ übrig finb, in 
Dd^fenl^äute genäht, bon ben ©reifen in il^r 9left burd^ bie Süfte j^im 
tragen; fal^ren auf einem glofee burd^ ben Äarfunlelberg, gelangen ju 
ben 2lrimafJ)en, Seuten mit Sinem Sluge, be!ämj)fen bort bie SRiefen unb 
5piattfü^e, gelten nad^ Snbien, bepegen l^ier für bie $ß^gmäen bie Ära- 
nid^e, bann ben^önig i[)on ä3ab^lon unb erreid^en, t)on biefem geleitet, 
Qerufalem, too pe ben S^emjjlern ba« l^eilige ®rab öertl^eibigen Reifen. 
@nbUd^, nad^bem @rnft« 9lul^m aud^ nad^ ^eutfd^Ianb gebrungen unb 
beg Äaiferg 3orn fid^ gelegt, begeben bie Reiben fid^ auf bie $eimfal^rt. 
©ie fommen am ßl^riftabenb toor Samberg an, too ber Äaifer über 
SEBei^nad^ten einen $of l^ält. ®rnft lä^t bie ©einen im naiven SDSalbe 
l^alten unb gel^t, al« e« !Rad^t getoorben, in $i(gertrad^t in bie ©tabt 
unb nad^ bem 3Wünfter, lool^in feine SKutter i^n l^eimlid^ befd^ieben. 
©ie fommt gur grül^mette, begrübt mit bielen 2^^ränen ben lang- 
entbel^rten ©ol^n unb belel^rt il^n, h)ie er fid^ öerl^alten foU. 35ann 
tritt fie toieber an ü)xm ©tul^l unb ruft mit naffen 2lugen bie SKutter 
be« $errn an, bei aü ber ^reube unb @l^re, bie il^r an biefem 2^age 
t)on bem göttlid^en ©ol^ne getoorben. 211« l^ernad^ bie feftlid^e ÜKefle 
gefungen ift unb burd^ bie ^rebigt be§ S3ifd^ofS aSe ^erjen anbäd^tig 
betoegt finb, ba bringt @rnft, nad^ ber ÜRutter Statine, toor ben ©i§ 
be« Äaifer«, toirft fid^ biefem ju gü^en unb fielet um SSergebung feiner 
©d^ulb. Ser ^aifer fagt i^m SSerjei^ung gu unb erl^ebt il^n mit eigener 
§anb. Site er aber ben Wlann in 5ßilgertrad^t beffer anfielet unb il^n 
erlennt, ba loec^felt fein Slntli^ bie garbe. ®ie dürften jebod^, jut)or 
\>on Slbel^eib für il^ren ©ol^n geftimmt, treten toor ben Äaifer unb 
mal^nen il^n, ba^ er nod^ ftet« fein SBBort gel^alten. 3)a beftätigt er 
bie SBerföl^nung, jum Subel atteS 3SoIIe«. (Srnft erl^alt fein Sanb toieber 
unb SBemer feine §errfd^aft 2)er SKutter aber ift ber toiebergeioonnenc 
©ol^n, tpie ba« ©ebid^t fagt, i^r flarer ©onnenfd^ein unb il^re« ^er- 
Jen« tJ'^^wbe. 

6« finb ol^ne S^^fel borjüglid^ bie SEBunber ber abenteuertooKen 
Äreujfa^rt , ioeld^e bief er (grjäl^Iung eine f o grofee Verbreitung in mel^r* 



330 



fad^en ScarBcitungcn unb fclbft nod^ bie gortbauer in unfern Xagcn, 
ntittelft be« SBolfebud^«, tocrfc^afft ^abcn. ^ier befd^äftigt un§ bie 
beutfd^e ©age, in toeld^e jene SReifeabenteuer unb ba« auf geleiertem 
SlSege, mittelbar h>enigften« au8 ^piiniuS, ©olinug, au« ben fabelhaften 
©efd^id^ten Sllejanberg be« ©rofeen, -l^injugelommene SBunberbare ein« 
gelegt lourben. SBa^ im S^it^^rf^wf'^ i^^ SRal^men getoorben, l^aben 
toir afö $au))tbilb l^eYjuftellen. 

a)en ©runbbeftanb ber ©age bilbet eine ®ru})J)e bon fünf ^ßer* 
fönen: ber mäd^tige Äaifer Dtto; beffen jtoeite (Semai^lin, bie trefflid^e 
aibell^eib, SJBittoe be« §erjog« bon Saietn; Slbell^eib« ©ol^n erfter ®^e, 
ber junge §erjog @rnft, ber erft beim Äaifer, feinem ©tiefüater, in 
l^öd^fter Ounft ftei^t, bann aber, ate ftd^ 5Beib unb SSerläumbung jtoi- 
fd^eneingebrängt, toom Äaifer geäd^tet, belriegt unb öom Sanbe ju ipeid^en 
genöt^igt toirb ; bet^faljgraf ^einrid^, beS Äaifer« ©d^toefterfol^n, eUn 
ber SSerläumber unb ©tifter be« Unl^eifö, ber aber bon ®rnft« ©d^toerte 
ben Sol^n em))fangt; ber ®raf aBBerner, SrnftS treuer Äam))fgcnoffe 
unb unjerttennlid^er Segleiter auf feinen Srrfal^rten. 3)ie ^anblung, 
ju toeld^er biefe fünf ^au^jtj^erfonen berflod^ten finb, beftel^t in ben 
Störungen beö freunblid^en SSerl^ältniffeg jtpifd^en bem Äaifer unb feinem 
©tieffol^n, in ben fl&mjjfen unb Oetoalttljiaten, n^eld^c barau« l^erbors 
gel^n , in ben 2)rangfalen unb ^elbentoerten ber geäd^teten ^^reunbe unb 
in ber enblid^en äBieberaufna^the bed SSettriebenen in bie $ulb be^ 
©tiefbater^ burd^ SSermittlung ber ÜRutter. 

^agen h^ir aber nad^ ber gefd^id^ftlid^en Unterlage, fo toeifen fd^on 
bie Flamen auf eine für bie ©infid^t in ben ©ang ber ©agenbilbung 
merlh)ürbige SSermifd^ung berfd^iebener SSeftanbtl^eile l^in , in toeld^e ftd^ 
bem f^orfd^enben jene ®xupp^ ber l^anbelnben ^erfonen unb bie @ine 
^anblung felbft h^ieber auflöft. 2)ie ytamm Dtto, älbell^eib, ^einrid^ 
gel^ören ber fäd^fifd^en Jtaifergefd^id^te unb aud^ lieber berfd^iebenen 
SKomenten biefer an, bie SRamen ßrnft unb SBerner ber falifd^sfräm 
lifd^en. Unb f o bereit e« fid^ aud^ in ber ©ad^e f efbft ; eine golge — 
ber 3rit unb ben 5Perfonen nad& getrennter, aber in ®eift unb SEBefen 
gleid^artiger ©efd^id^ten aud ber ^eriobe bed fäd^fifd^en unb bed fr&n- 
lifd^en ^aiferl^aufed l^at fid^ burd^ bie binbenbe Kraft ber ©agenbic^tung 
gur einzigen, fd^einbar ©leid^^eitiged umfaffenben ^anblung Derfd^moljen. 

Sd^ berfud^e, biefen Hergang flar )u mad^en, tnbem id^ bie J^iflO' 



331 



rtfd^en ©d^id^ten, aug toeld^en fid^ ba^ fagenl^afte ®anje angcfe^t, naiver 
be^eid^ne. 
®ie erfte: 

®tto I unb fein ißrnber i^einrittj. 

Dtto I, au« bem $aufc ©ad^fen, burd^ einftimmige SBJal^I ber 
dürften jum bcutfd^en S^l^ronc berufen, enHjfieng am 8ten Sluguft 936, 
im S)ome ju Slad^en, unter lautem 3w^wfe be« SBoHeß, bie feierlid^e 
Äömgötoeil^e. 5Rad^ ber fird^Kd^en %tUx fe|te ftd^ ber neue Äönig im 
^alaft jum ÄrönungSmal^le nieber. 3)iej5erjoge beg Sleid^g, jeber in 
feinem ®rjamte, ijerfal^en babei ben 35ienft. SKit löniglid^er freigebig* 
feit tourben fie öon Dtto begabt unb man fd^ieb in lauterfter greube. 
2lber bie Ij^eitre ®intrad^t, bie bei biefem ^efte ben König unb bie ^rften 
öerbunben l^atte, toar bon lurjer 35auer» Unter ben toier Sleid^^beamten, 
bie i^m beim firönungömal^le gebient, n?ar nid^t einer, ber nid^t felbft 
ober beffen 9lad^fommen nid&t, friil^er ober f^äter, ba« ©d^toert gegen 
ben König Dtto crl^oben l^ätten. 2lud^ feine Srüber, ©animar unb 
§einrid^, liefen fid^, nadj^ einanber, in biefe @m^)örungen l^injiel^n. 
33er le^tere, .öeinridj;, ift unS l^ier öon befonbrer Sebeutung. Dtto unb 
^einrid^ toaren ©öl^ne aug ber gtoeiten @^e ^einrid^g I, be§ SSoget 
fteßerg, mit SDlatl^ilben, einer 2:od^ter beg fäd^fifd^en (Srafen Sietrid^g, 
t)om ©tamme SBäittelinb«. 2)ad Seben biefer auögejeid^neten grau, toie 
c« auf Säefelj^I il^re« Urenlete, be« überfrommen jtoeiten $einrid^g, be- 
fd^rieben tourbe, ftellt fie, bem (Seifte ber 3rit gemäj, .im Sid^t einer 
^eiligen bar, Derl^e^lt aber bod^ aud^ nid^t bie menfd^Iid^en güge mütter-- 
lieber ©d^toäd^e. 3^^ jtoeiter ©ol^n ^einrid^ loar üon borgüglid^er 
©d^önl^eit, er trug ben 5Ramen be« SSater«, i^n liebte bie SKutter öor 
i^ren übrigen ©öl^nen unb i^n toünfd^te fie, nad^ bem 2obe be« SSater«, 
auf bem 2:^rone ju feigen. Q^rer Hoffnung fd^meid^elte ber Umftanb, 
bag ber altere Dtto ^ox ber (Srl^öl^ung be« äSaterd, il^r Siebling ^einrid^ 
ober, tomn gleid^ ber jüngere, in ber Königd))fal3 geboren toar. SlQein 
j|e mel^r i^n bie 3Jlutter t)er}ärtelte, um fo l^ärter traf il^n ba« @efd^id^. 
Über ber Seid^e be« ©emal^U ermal^nte }h>ar bie Königin il^re ©öl^ne, 
fid^ nid^t um toeltlid^e ^errlid^teit ju entjtoeien, beren $infälligleit fie 
Ij^ier Dor Slugen l^atten. Slber ber ©ame ber ©iferfud^t loar au^geftreut 



332 



unb olg Dtto bcn Sce|)ter cnHjficng, trug ^rinrid^ ben Qiaäjd im 
^er^en. 

Söenige S^i^^e nad^l^er tocrfd^tooren ftd^ bic ^erjoge ©berl^arb in 
granfcn unb ©ifdbert bon Sotl^ringen, ©d^toager be« Äönigg, gegen 
biefen. ^einrid^, im el^rgeijigen ®elüfte nad^ ber Äronc, nal^m ^Al 
an bem äufftanb. Slbcr bic 35etfd^toorcnen tourben, aU fie il^t ^eer 
über ben SRl^ein festen, bon ben fjreunben beS Äönigö überfallen; beibe 
§erjoge lamen um unb ^einrid^, beffen l^od^fa^renbe Hoffnungen mit 
Gtnem ©c^lage bernid^tet toaren, entflol^ nad^ granfreid^. ®od^ balb 
bemütl^igte er pd^ bor feinem löniglid^en Sruber, gelobte fortan Streue 
unb erl^ielt bon il^m SSergebung unb fogar bie SSelel^nung mit bem er* 
lebigten ^erjogtl^ume Sot^ringen, 2)iefeg gefd^al^ im ^a\)x 939. Slber 
fd^on im folgenben Qal^re tourbe §einrid^ bon feinen neuen Unter* 
gebenen berbrängt unb ber Äönig fal^ fid& beranla^t, bag ^erjogtl^um 
anbertoärt« ju berleil^en. §einri(^ ftiftete eine neue SSerfd^toörung an 
unb jtoar eine fel^r gefäl^rlid^e, gegen baS Seben be« Äönigg gerid^tete. 
3)iefer jebod^ tourbe nod^ gur redeten Qcxt getoarnt, bie SSerbunbenen 
fielen in feine ®etoalt unb bie meiften berfelben büßten il^r SSerbred^en 
mit bem Sobe. 9lur $einrid^, ber Url^eber beg änfd^lag«, rettete fid^ 
abermals burd^ bie glud^t. 5Rad^bem er eine 3«it lang unftät in feinem 
berlorenen ^erjogll^ume Sotl^ringen uml^ergeirrt, fud^te er, ber bielen 
2)rangfal mübe, bon neuem bie Onabe beg fc^toerbeleibigten Sruberg. 
3n Segleitung einiger Sifd^öfe, bie er um il^re SSem^enbung angefi)rod^en 
l^atte, fam er eine« 3^ag§ unerh^artet, mit bloßen fjü^en, aH ein 
Süfeenber, bor ben König unb toarf fid^ bor i^m nieber. 3)iefer tooHte 
jtüar bem (Sebemüt^igten lein Seibe^ tl^un, liefe il^n jebod^ nac^ ber 
$ßfalj Sngell^eim bringen unb bort, biö.auf n^eitere ©ntfd^liefeung, be« 
toad^en. 33ig jum ©nbe beg ^al^rg 941 (an Dfiern berfelben l^atte bie 
SSerfd^tüörung au^bred^en foHen) fafe $einrid^ bort gefangen. 3)er Äönig 
aber fam nad^ granffurt am 5Dlain, um l^ier ba^ SBei^nad^tefeft ju 
begel^en. 2)a gelang eg ^emm , gur SRad^tjeit feiner $aft ju entfliel^en. 
3n bergrül^e beg ß^riftfefte«, bor 2:ageganbrud^, toar Äönig Dtto im 
35ome ju granlf urt beim ® otteSbienfte gegennjfirtig , er l^atte aH feinen 
foftbaren Bd^xnnd abgelegt unb toar mit einfad^em ©etbanbc belleibet, 
um i^n ertönten bif feierlid^en $^mnen biefer l^eiligen Slad^t. 3ia trat 
mit uadEten ©o^len, beS SBinterfrofteS unerad^tet, ber unglüdflid&e §einrid^ 



333 



in bic Äitd^c unb toarf ftd^ öor bem 3lltarc mit bem Stngefidbt auf bic 
6rbe. fjromme ©efül^le famen übet ben Äönig, « toax eingeben! be§ 
gefteg, an toeld&em bie ©ngel ber SCBelt ben ^eben fangen, i^n er- 
barmte feinet reumüt^igen Sruberg unb er getoäl^rte bemfelben botte 
SSerjeil^ung. ©inige 3rit nad^l^er Derliel^ er i^m bag §erjogt]^um 95aiern 
unb fortan beftanb unter ben Srübern bie ungeftörtefte ©intrad^t. Slug-- 
brücHid^ W\x\> nod^ öerftd^ert, bafe Dttoö milbe ©efinnungen gegen feinen 
ftraffäHigen 33ruber l>urd; (Srmal^nung unb Vermittlung i^rer l^eiligen 
3Wutter 2Jlatl(|iIbe angeregt toorben feien. 

3iel^en toxx nun aug biefen Sendeten ber ©efd^id^tbüd^er ben ßr* 

funb für unfre ©age, fo jeigt ftd^ ber l^iftorifd^e Dtto I l^ier in bem= 

felben SSerlj^ältniffe ju feinem Jüngern 95ruber §einrid^, in toeld^em nad^ 

bem ©ebid^te ber gleid^namige fiaifer ju feinem ©tieffol^ne @rnft fte^t. 

Seibe, ßeinrid^ unb @rnft, muffen, nad^ vereitelter Unternel^mung, 

I Dom Sanbe tüeid^en. 3luf feiner jtoeimaligen 2anbegflud&t tourbe §eim 

I rid^, toie ber Slnnalift fagt, bon melen SKül^falen ermattet, ©d^on 

i l^ier boten fid^ Slnläffe bar, bie ©d^idffale be« l^eimatl^Iog uml^erirrenben 

I gürftenfol^ne^ mit lounberbaren Slbenteuern augjumalen, toie e€ beim 

I ^erjog ©ruft gefd^el^en ift, ®ie Slueföl^nung toirb burd^ bie gürf))rad^e 

einer ben beiben ©egnern gleid^ na^c gefteHten löniglid^en ^Jtau Der« 

mittelt; |>ier ift e« bie Äönig^toitn^e ^DJatJ^ilbe, bie 3Kutter ber ent« 

jtoeiten Srüber, bort Slbell^eib, bie 5Wutter ©rnft« unb ©emal^Iin 

Dtto^. ^einrid^ erl^ielt bon feinem toerföl^nten SSruber ba« §erjogtl^um 

S3aiern. äte $erjog öon SSaiern ift aud^ ®rnft bargefteHt unb er 

emj)fängt nad^ ber Segnabigung biefeg ^erjogtl^um jurüdf. 

Slm ft&riften aber tritt bie ^^nlid^feit in ben befonbem Umftönben 
ber SSerföljlJ^ung^fcene l^eröor. SEBie im (Sebid^te $ergog ©rnft bei ber 
SEBeil^nad^t^feier im 3Künfter ju ^Bamberg, tool^in er toor Sage^anbrud^ 
in ^pUgertrad^t l^eimlid^ gelommen, fid^ bor bem Äaifer niebern?irft, 
ebenfo ^einrid^, ate 35ü|enber, bei ber gleid^en geier im 35ome ju 
I granffurt. 

S)ie 3lonne SRogtoitl^a ju (Sanberö^eim, toeld^e biefen SSorgang in 

il^rem lateinifd^en @ebid^te t)on ben 2^l^aten ber Dttone am auSfüJ^r- 

lid^ften befd^reibt, l^at jtoar, nad^ il^rer SSerpd^erung, felbft feine fd^rift^ 

lid^e Sendete bor fid^ gel^abt unb ed ift barum m5glid^, ba^ fte biefe^ 

I @reigni^ bereite burd^ münblid^e Überlieferung einigermaa^en für bie 



334 



}3oetifd^c S)arflcIIung jugcbilbet fanb. 3lBer immerl^in ftanb fte bcn 
Segebniffen noi) jiemltci^ nal^e, fic fd^tieb für ben ©ol^n, Dtto II, 
bic ©efd^td^ten beg SSater«, Dtto§ I, unb tüibmcte ba^ SQäerl il^rer 
Sbtifjin ©erberg, ber %t>ä)Ux be§ begnabigten $einrtd^§. Sei il^r nun 
finben h)ir fd^on jene ©cene feftgcfteHt, bie ftd^ lange nad^l^er, in ben 
S)id^tungen t)om §erjog @rnft, ben §au})tj|ügen nad) unt)errücft etl^alten 
^t. Diefelbe ift l^ier Dorjüglici^ nur barin erweitert, bafe bte öemtits 
telnbe SMutter Jjerfönlid^ in fie eingetreten ift. Qeneg: „auf ©rmal^nung 
unb SSermittlung il^rer l^eiligen SDlutter/' tüie t)on Dtto unb ^einrid^ 
gefagt tüar, ift in ber ©agenbid^tung bom §erjog ®rnft jur lebenbigen 
Oeftalt geworben; bie milbe ^tfj)red^erin burfte nid^t f eitlen im Silbe 
ber feierlid^en 3Serföl^nung. 

©0 l^at fid^ un§ auf biefer erften ©tufe Don ben §au})tj3'erfonen 
ber ©age Äaifer Dtto, bem 5Ramen unb ber ©ad^e nad^, gefd^id^tUd^ 
begrünbet. 2lud^ ba§ SSerl^ältniö be« Äaifer^, l^ier ju §einrid^, bort 
ju @rnft, bie ©teHung ber beiben grauen, 9Katl^iIbe unb Slbell^eib, 
ift fid^ in aHgemeinen S^gen äl^nlid^ unb befonberg auffaHenb ift bie 
äufammenftimmung in ber ÄataftroJ)]^e. 

Slber nod^ fmb un§ bie Sflamen Slbeli^eib ftatt SKatl^ilbe, ©ruft 
ftatt §einrid^ nid^t gered^tfertigt unb anbre 5Perfonen feilten nod^ gänjlid^. 

©d^reiten toir bal^er toeiter in ber ©efd^id^te! 

gtoeiten« : 

Otto I nnü fein Soi)rt ^intolf. 

3el^n S^J'^^c ^^^ ^Beilegung be§ Sruberjtoifteg toar ber ©rtoerb 
neuer 3Kad^t unb erl^öl^ten ©lange« für ben Äönig Dtto jugleid^ ber 
Slnfang neuen unb toeitgreifenben 3h)ieft)altg, ber toieber i)on feinem 
§aufe au^gieng. Slbell^eib, bie junge SBittoe beg ÄönigS Sot^ar toon 
Stauen, l^atte, bon il^ren Verfolgern gebrängt, bie §älfe Dtto« an- 
gerufen unb il^m, ber bamatö SBittoer toar, il^re ^anb jugleid^ mit 
ber ^errfd^aft über gtalien anbieten laffen. Dtto folgte biefem SRufc, 
toarb ber Sefreier 2lbell^eib3, nal^m bon bem lombarbifd^en 3leid^e S3efift 
unb lam im grül^jal^r 952 mit feiner neuen ©emol^lin nad^ S)eutfd^* 
lanb gurüdf. SDie Königin Slbell^eib, eine 3^od^ter be« burgunbifd^en 
Äönigg Slubolf« 11, mufte burd^ glänjenbe ©d^önl^eit, eble ©igenfd^aften 
unb bie tounberbaren ©efd^ide, burd^ bie fte frü^e fd^on gegangen toar. 



335 



Silier Singen auf fid^ ^iel^en. Slud^ um il^r $au|)t toob fid^ in ber 
golge ber ^eiHgenfd^ein. 

2lr0h)5^nifc^ fal^ aber ju biefer neuen SSerbinbung Siutolf, ^erjog 
t)on Sd^tüaben, ber ©o^n Dttog au§ erfter ßl^e mit ©bitl^a, einer eng- 
lif d^en Äöniggtod^ter. ©ein Sater l^atte il^n bereit«, mit 3wftiwmung 
ber SReid^^fürften , gum SWit^errfc^er unb 5Rad^foIger aufrufen laffen* 
S)urd^ bie järtlid^e Slelgung, tüeld^e Dtto feiner jtoeiten ©emal^lin gu^ 
iüanbte, glaubte fid^ ber bamafö ittjanjigjäl^rige Siutolf au§ ber Siebe 
beS 3Saterg öerbrängt, bie er fonft im boHften SIKaa^e genofjen l^atte. 
@r mod^te felbft beforgen, ba^ er, afe bor ber Sl^ronbefteigung Dtto§ 
geboren, in ber 9leid^§nad^foIgc jurüdfte^en muffe, toenn biefem in 
^toeiter (Sl^e ©öl^ne geboren ioürben. S^näd^ft jebod^ toarf fid^ fein 
bitterfter ©roH auf feinen SSateröbruber §einrid^, benfelben, ber fid^ 
früher tüieber^olt emj)ört, feit feiner legten Segnabigung aber DttO!^ 
unbefd^ränlteö Vertrauen unb nun aud^ ba« ber Königin ertoorben 
l^atte. Qu\>ox fd^on toaren Siutolf unb §einrid^ über bie (Srenjen il^rer 
§erjogtl^ümer, ©d^lvaben unb 8aiern, in ©treit geratl^en. ^el^t, nad)- 
bem bie ®iferfud^t immer l^eftiger entbrannt toar, öerbanb fid^ Siutolf 
mit bem gleid^faUg unjufriebenen ®ibam be§ Äönig«, §erjog Äonrab 
t)on Sotiferingen, unb bem ©rjbifd^ofe griebrid^ öon SWainj, um gegen 
^einrid^ logjubred^en unb, toenn ber Äönig fid^ beö le^tern annäl^me, 
aud^ il^m bie Bpx^t gu bieten. SSor ben König nad^ 9Jlainj befd^ieben, 
gaben jtoar Siutolf unb Äonrab bor, ba§ il^re Slüftung nid(;t gegen il^n 
gerid^tet fei, äußerten jebod^ ol^ne SRüdfl^alt il^r SSorl^aben, ben §erjog 
§einrid^ ju greifen, toenn er jum Dfterfeft am löniglid^en ^oflager ju 
Sngel^eim fid^ einfinbe. SRad^bem fte, in ^olge il^rer SOBeigerung, auf 
bem Sleid^gtage ju gri^lar ju erfd^einen, in bie ateid^^ad^t unb il^rer 
^erjogt^ümer öerluftig erllärt ioorben ioaren, brad^ im ©ommer 953 
bie offene gelobe aug. gm SSerlaufe berfelben bemäd^tigte fid^ Siutolf 
ber f eften ©täbte beg Saieml^erjogg , namentlid^ ber §auj)tftabt SRegeng« 
bürg, toeld^e fortan ber 9WittelJ)unIt beg Äam))fe« tourbc unb breimal 
öon ©eiten be« Äönigö ;l^ajte Selagerung erful^r, 35ie ©majorer fd^euten 
fid^ nid^t, felbft bie toilben ©d^aaren ber Ungarn ju il^rer $ülfe nad^ 
Sieutfd^lanb ju rufen, gule^t jebod^ mufte Siegengburg fid^ ergeben 
unb als bie ^eere fid^ an ber 3^^^ i^ ^^^ neuen, entfd^eibenben 
©d^lad^t gegenäberftanben, tourbe ein ©tiUftanb bal^in vermittelt, ba^ 



336 



Siutolf auf einem Steid^^tage ju ^i^Iar fid^ [teilen folle, um beS lönig- 
lid^en 9lu»ft)rucl^g gu getoarten, SIU nun in ber 3h)ifci&enjeit, im ^erbft 
954, Dtto ju 6onneni>eIb, in 2:i^ürinflen, ber S^Ö^ oblag, erfd^ieii 
Siutolf, ber i^m nad^gejogen , baarfuft unb toarf pd^ öor il^m nieber. 
3)er Sater guerft unb bann aQe ä(ntoefenbe tourben, toie ber 9(nnaHft 
fagt, öom gleiten be^ reuigen ©ol^ne« gu 3:^ränen gerührt, Siutolf 
touvbe begnabigt, bai^ ^ergogtl^um Sd^toaben jjebod^ erl^ielt er nid^t 
jurüdC. 

auf gleid^e SBeife, toie in ber früheren Sertoidflung feinem meute* 
rifd^en ©ruber ßeinrid^, ftel^t Äaifer Dtto in biefer jn^eiten feinem 
h)iberfj)enftigen ©o^ne Siutolf gegenüber. Sin feiner ©eite erfd^eint 
nun aud^, h)ie im ©ebid^te, feine jtoeite ©emal^lin Slbeli^eib, beren 
Stamen loir bi^^er nod^ bermiften. älber bie gefd^id^tlid^e älbel^eib ift 
Siutolf^ ©tiefmutter unb, hjenn aud^ unberfd^ulbet, Oegenftanb feincg 
©rolle«. 3)ie Königin 2lbel^eib ben ©age bagegen ift gürbitterin beS 
©o^ne« beim ©tiefüater. 3" tiefer fagenl^aften Slbell^eib lebt offenbar 
bie l^iftorifd^e SWatl^ilbe fort, beren 2:^&tigfeit in aSermittlung unb gür* 
fj)rad^e un§ befannt ift; ein f))äterer, glänjenber grauenname l^at bie 
©teile eine« frül^eren eingenommen. Siutolf ift t)on feinem SBater jum 
Steidji^nad^f olger beftimmt unb bie Seforgni«, in biefer 5Radj)folge be^ 
einträd^tigt gu Serben, reijt il^n auf; ®rnft ^atte öon feinem ©tief« 
toater, alö er gleid^faH« nod^ in beffen t)oller Siebe ftanb, biefelbe Se« 
ftimmung erl^alten, toag nur in feiner Qbentität mit Siutolf einen 
redjiten Slnl^alt finbet. SSorgüglid^ aber toeift unS bie (Sefd^id^te nun» 
mel^r aud^ ben SSerläumber unb S^k^xa6)t\ti^tcx ^einrid^, Voie er im 
Siebe lebt unb mit ^hcn biefem 3lamen nad^. S)ort. l^eifet er $falj=^ 
graf, f)m ift er ^erjog öon Saiern, bort beö König« 5Reffe, l^ier fein 
jüngerer Sruber. 95erfelbe ^einrid^, ber in ber erften ©efd^id^te ber 
älufrübrifc^e unb ©eäd^tete toar, alfo in ber nemlic^en ©teQung, tote 
nad^^er Siutolf unb im ©ebid^te ßrnft, fid^ befanb, nimmt nun einen 
©tanbjjunft ein, auf toeld^em ©age unb ©efd^id^te in feinem 5Ramen 
gufammentreffen. SDer Saieml^erjog ^einrid^ toirb jhjar nid^t toon bem 
gelränften Siutolf erf dalagen, toie ber ^ßfaljgraf ^einrtd^ be« ©ebid^tS 
toom §erjog ßmft bei beffen lü^nem ©inbringen in bie Saiferburg gu 
©JJeier. 2lber ba« melben bie 2lnnalen, ba^ Siutolf unb Äontab offen 
gebrol^t, ben $erjog §einrid^ ju greifen, Voenn er pd^ jur Djlerfeier 



337 



5U Sttgell^eim, auä) einer rl^einifd^en Äöttifl«J)faIj, einfinden hjürbc. 
Sefonberg nod^ ftimmen be« l^iftorifd^en Siutolfg unb be« fagenl^aften 
ßmftg Sriege flegen ben Äaifer barin übetetn, bafe beibemal bie be* 
lagerte ©tabt Stegengburg ber SWitteH)unIt be« Äanjtjfe« ift. Siutolf« 
enblid^e Segnabigung gel^t nic^t fo feierlid^ in ber ^trd^e bor, toie bei 
^einrid^ unb @rnft, aber bod^ toirft aud^ er fid^ atö 93ü^enber, mit 
bloßen fjüfeen, b'or bem beleibigten SSater unb Äönige nieber. 

9Sir l^aben l^iemad^ in biefem jtoeiten l^iftorifd^en älnfa^e ben 
Flamen älbell^eib, einer Weitem $au))t))erfon bed @ebid^t$, bann Stamen 
unb boHe @eftalt be^ 3^>i^f^fi^^ ^einrid^, nebft ber ^Belagerung 
älegendburgd , urlunblid^ aufgefunben. Haifer Dtto ftel^t fortip&l^renb 
an feiner ©teile unb ber ©ol^n Siutolf entf))rid^t bem ©tieffol^ne @mft. 

®« liefee fidji, auf einer toeitem ©i)roffe ber fäd^fifd^en Äaifer« 
gefd^id^te, in Dtto II, bem @ol^n unb Stad^f olger Dttod l, unb in 
^einrid^ t^on S9aiem, bem gleid^namigen ©ol^ne bed biSl^er bef))rod^enen 
äSaiemJ^erjogS, äl^nlid^e S^^ürfni^ unb SSerfßl^nung nad^toeifen, toie 
fie jtoifd^en ben SSatern ftattgefunben. 3)od^ mag l^ier bie Semertung 
genügen, ba^ SSegebenl^eiten unb SSerpitniffe, bie fid^ fo bon ©efd^Ied^t 
2U ©efd^led^t, felbft unter gleid^en Flamen, gefd^id^tlid^ toieberl^olten, 
aud^ in ber Sage ba^felbe @e))räge )u erl^alten unb anjufrifd^en ge« 
eignet toaren. 

fRotl^toenbig aber )ur (Srgänjung bee l^iftorifd^en ©agenboben^, auf 
tDeld^em un^ bi^l^er nod^ bie 9iamen be$ ^au^ti^elben @rnft unb feinet 
^eunbeg 2Berner fel^lten, ift bie folgenbe, britte ©efd^id^tftuf e : 

jRnttrab II unb fein «Stieflotin (Ernfl. 

@in anbred ©efd^led^t beutfd^er Könige ftieg l^erauf , bad frSnlifd^e 
ober falifd^e. äln ber ©))i4e bedfelben ftanb Aonrab IL ^eft unb 
raftlo^ toirlte aud^ er barauf l^in, bie ÜRad^t feinet ^aufeiS unb bamit 
feine ^errfd^ergetoalt }u meieren unb ju ftärlen. @r loar loermfil^It mit 
©ifela, ber äBitloe be^ ^erjogd @rnft bon ©d^loaben, bie ald bie auS- 
ge^eid^netfte ^rau il^rer Seit get)riefen toirb. @ie l^atte au$ erfter @l^e 
einen ©ol^n, ber gleid^ feinem SSater @mft l^ie| unb beffen 9{ad^f olger 
im ^erjogtl^ume ©d^ipaben h)ar. Um bie @rbfoIge im Jt&nigreid^ Sur« 
gunb entjtoeite pd^ ber junge gfürft mit feinem mäd^tigen ©tiefüater. 
®^ 6^ff )u ^^n äSaffen, aber balb in biefem ungleid^en Ramp^e Don 

Ul^Ianb, ©(Triften. V. 22 



338 



feinen S^afaOen Detlaffen, muff er ftd^ unbebingt bem ßatfer ergeben 
unb tourbe t)on biefehi auf bem gri^f^loffe ©ibid^enftein eingeferlert. 
6injig ®raf SßJerner toon Ätburg toar ü)m treu ßeblieben, öertl^etbigtc 
brei !Dlonate lang feine SSefte Kiburg gegen ben ^aifer unb irrte, aU 
foId(;e nid^t länger ju l^alten toar, ge&d^tet uml^er* äluf §ürf))racl^e 
feiner Butter @ifela iDurbe @rnft, nad^ jtDeij&^riger ©efangenfc^aft, 
ivieber freigelaffen. @r foQte juerft ba$ ^ergogtl^um *93aiern erhalten, 
nad^l^er aber in fein ^erjogtl^um Sc^maben toieber eingefe^t tüerben, 
jebod^ unter ber ä3ebingung, bag er fd^toöre, SBemern, ben Slnftifter 
ber Unrul^en, toenn biefer ftd^ in feinem (Sebiete betreten liefec, feftgu- 
ne^men unb auszuliefern. @rnft aber tooQte lieber auf bad ^erjog- 
tl^um t>erji(i^ten , aU ben ^reunb berratl^en. ^f)n fd^reäte nid^t, ba^ 
Steid^Sad^t unb jtird^enbann über il^n auSgefprod^^en tourbe. 3ftit SSer- 
nern unb einigen Slpbern begab er ftd^ juerft nad^ t^^anlreid^, um bei 
bem (Srafen Dbo t>on 6^amJ)agne, feinem SSertoanbten, S3eiftanb iu 
finben. 31U aber biefer SSerfud^ üergeblid^ toar, fe^te er ftd^ mit feinen 
©efä^rten, in ber SBilbni« be« ©d^hjarjtoalb«, auf bie S3urg gallen- 
ftein, beren Xrümmer nod^ in ber ©egenb loon äBolfad^ ju feigen ftnb. 
^ort aufgefud^t unb gebrängt, fiel er in üeritoeiflungSbollem Stampf 
gegen bie Übermad^t jugleic^ mit Sßernem unb SSielen ber ©einigen, 
3)ie^ ereignete f\ö) im Qal^r 1030. 

S)ie ©djfidffale beg $erjog« ©rnft, bie toed^felfeitig aufoJ)fernbe 
3:reue ber beiben greunbe unb i^r gemeinfamer %o\>, toie bie (Sefd^id^te 
fie beurlunbet, bieten bem @emütl^e fo ))iel @rgreifenbe$ bar, ba| man 
il^ren f rül^jeitigen Übergang in Sieb unb ©age pd^ tool^l erllären lann. 
@S ift aud^ nid^t ju ^toeifeln, ba| biefe @efd^id^ten uif))rünglid^ felb- 
ftänbig gefagt unb gefungen tpurben. Slber berfelbe SilbungStrieb, \>et: 
mdge beffen ftd^ in unfrem grö|ern e))ifd^en Q^tj/tlu^ fo manigfad^e ©agen 
unb ©agenireife jum umfaffenbern ©anjen ))erbunben l^aben, äußerte 
Ott^ l^ier nod^ feine SSirlfamleit unb f^ielte bie fränlifd^«alemannifd^e 
©age mit ber ottonifd^en, beren ftufenn)eife S9ilbung bisl^er verfolgt 
iDurbe, jufammen. S)er älnla^ unb $eft))un{t biefer S3erfnüt>fung lag 
barin, bag bie ©teUung @rnfti$ gu feinem ©tiefüater Stonrab unb feiner 
SKutter ©ifela in ber Qawpt^ad^e bie nemlid^e toar, toie fd^on auf jener 
erften ©tufe bie ©teHung be« fäd^ftfd^en ^einrid^« ju feinem löniglid^en 
»ruber Dtto unb feiner SUlutter SPlatl^ilbe. Slber bie SSerfniH^fung gieng 



339 



nic^t o^nc Bebeutenbe ©inbufee Don f rfinlifd^ ■ alemannifti^et Seite Don 
flatten, 5Die toal^rl^afte Oefdjiid^te bc« ^erjog« (grnft fielet offenbar 
größer ba, al« bte nunmel^rige Sagenbid^tung. 2)ie ©cfd^id^te bot gloei 
lebenbige §au^)tmomente bar , toeld^e getoid aud^ bon 9lnf ang im Solfe- 
gefang aufgefaßt toaren: bie hjetteifernbe Xreue ber beibert S^eunbe unb 
bie (SteDung ®ifela$ jtDifd^en bem ®emal(;l unb bem unglüdltd^en @Dl^ne. 
®a« erftcre SWoment, bag großartige Seif))iel ber greunbe^treue bi§ 
in ben S^ob , ift unDerf ennbar ba^ bid^terifd^ bebeutenbere \ 3lber e^ 
ift ber ©ageni[)erlnüj)fung jum Dj)fer gebrad^t tüorben unb nur nod^ 
bie Bpux, toie e^ einft lebenbiger in ber ©age gehaltet, fyit fid^ nöd^ 
barin erl^alten, baß im (Sebid^te $ergog 6rnft unb ®raf SB&erner ol^ 
unjertrennlid^e ©efä^rten im ÄamJ)f unb auf ber S^^^f^^^t erfdjiein^n, 
^er altere, ottonifd^e @agengrunb blieb unbertilgt unb UfyinpUte bag 
Übergeh)id^t über ben f))äteren älnu^ud^d. ^em iiltere @age fd^Ioß mit 
ber 3Serföl^nung unb fo fiel bie tragifd^e Äataftro})l^e ber ßrnft^fage 
l^intoeg. ®ag ©emeinfame ber beiben ©agen fd^lug in i^rer Serbin« 
bung bor unb biefe^ lag für bie (Srnftifage in bem )toeiten ^aupU 
momente, in ber ©teUung ®ifela« jtoifd[>en ®emal^I unb ©ol^n, beren 
®ntf|)red^enbeS in ber ottonifd^en ©age un^ genügenb belannt ift. 3n 
ben 5Ramen Slbell^eib, ber im ®«bid^te feftftel^t, trat, toie frül^er 
SWatl^ilbe, fo nun ®ifela ein. 3)ie 3Rutterliebe, toie fie unermüblid^ 
toad^ unb tl^ätig ift, bem bebrängten ©ol^ne fein i^arteg ©d^idEfal gu 
linbem unb bie SBerföl^nung beS unfeligen 3*DiefJ)aItS i^erbeijufül^ren, 
unb toie fie juleftt, nad^ mand^em bittern Saläre, freubig gerül^rt, il^r 
fjrieben^toerl gum giele gebrad^t fief;t, biefe fromme SBlutterliebe ift 
aud^ ioirllidSi im ®ebid^te bom ^erjog ßrnft mit Dieler ^nnigleit auf^ 
gefaßt unb burd^gef ül^rt , unb eben i^ierein fe^e id^ l^auj)tfäd^lid^ beffen 
^oetifd^en ®el^alt. 31x6)1 bloß ber ©türm ber Seibenfd^aften, ba« Stoben 
ber ÄämJ)fe, ift au« jenen Qal^rl^unberten gu un^ burd^gebrungen, fon« 
bem, in ber liebenben 3Jlutter, aud^ bag milbe ®emüt^, ber fanfte 
fjrieben«l[iaud^. Qnbem bie urfj)rünglid;e ßrnftefage fid^ nunmel^r auf 
ba« jtoeite SKoment bef darauf te, bridjft fie, mit ben Sendeten ber Slnna« 

1 [2)iefe ^reunbcgtreue f)at befannttic^ Urlaub fdbfl in feinem „(Sriifl. $erjog 
üon ©c^njabcn, 2:raucrfpici in fünf Slufgügcn, 1817" gefeiert. 'Man üergt. 
auä) in ben ©ebid^ten: ^rolog ju bem Srauerfpiel „®rnfl, ^eqog )}on <^ma« 
ben/' tjom 3a^re 1819. $>.] 



340 



liften Derglid^en, fd^on IMm ^ol^re 1024, fed^i^ ^al^re t)ot @rnft$ ^obe, 
ab, ba nemlid^, tote er, nad^ feiner erften 9(uf (el^nung , gebemütl^tgt, 
bem @tieft)ater nad^ Slug^burg folgt unb ^ier, burd^ bie Stoifd^enfunft 
ber ÜRutter, mit i^m au^geföl^nt toirb. S)ie^, glaube td^, ift aud^ ber 
$unlt, auf toeld^em bie ©rnftsfage mit ber ottonifd^en, mit ben affm 
lid^en S3erf5l^nungdfcenen in biefer, fxd) berul^rte unb jufammenfd^mol), 
babei aber il^ren tragifd^en @d^lu| l^inter fid^ Iie|. 

©el^en toir toon bem ab, toa« auf fold^c SBeife verloren gieng, fo 
ift gleid^tool^I nidjft ju mi§!ennen, bafe in jener ®vxpp^, toon ber h>ir 
au^giengen unb bie toir nun aud fo manigfad^en (SnttoidEIungen J^eran- 
gebilbet fonben, nod^ immer ein tüd^tiged beutfd^e^ ©efd^id^tbilb t)or 
un8 ftel;t. 3n ben Raffen beg alten S)omeg, too bie Jßriefterfd^aft 
SBeilj^nad^tl^ljmnen anftimmt, ragt, in einfad^em ©eloanbe, be« emften, 
ftrengen Äaifer« l^ol^e ©eftalt, öor i^m, am Altäre, wirft ftd^ ein 3Rann 
in 5pilgertrad^t nieber, in ÄänU^fen unb SKül^en frül^ gealtert unb faft 
unlenntlid^ getoorben, an beffen ©eite ftel^t, bie $anb am ©d^toerte, 
ber treue ©enoffe feiner S)rangfale, aud^ ie|t bereit, jebe SBenbung ber 
S>inge mit il^m ju tragen unb burdSiiufäm))fen, bie SKutter aber beugt 
fid^ l^erein, bie fürbittenben igänbe gefaltet. Slud^ bie fjürften be« 
Steid^S, im ^alblreid uml^er, geigen x\)x^ t)ermittelnbe Sll^eilnal^me unb 
erioartung^öoll brängt [xd) bie SBolfögemeinbe, bie einft bon biefer ®e* 
fd^id^te fagen toirb. S)en SSerrStl^er aber, ben Slnftifter beg Unl^eilö^ 
unb feinen blutigen 3^ob bedEt längft ber breite ©rabftein am Soben 
ber Äird^e. 

®erabe, bafe ber Äaifer gugleid^ Dtto unb Äonrab, 5ll^n unb Ur- 
enfel ift, ber Inieenbe ^ilger §einrid^, Siutolf unb ®mft, bie für« 
bittenbe ^rau SJtatl^ilbe, älbell^eib, ®ifela, bag in ben [teilen ge« 
bliebenen Flamen berfd^iebene gefd^id^tlid^e 6))od^en fid^ Ireujen, ba| 
ber SBerrätl^er §einrid^ ber fäd^fifd^en, ber treue SBerner ber fränfifc^en 
^aifergefd^id^te angel^ört, ^im bamit ift bad ©efd^id^tbilb ein ibealei^, 
e$ fteUt ben ®eift unb @^ara!ter einer langen, ))ielbeh>egten 3^i^' 
Jjeriobe bar. 

S)er gefd^id^tlid^e unb frül^er im SSolfggefange gefeierte (Srnft l^at 
allerbingg in berSage, in toeld^er fid^ fo öiele ßritereigniffe aufgerollt, 
an feiner fittlid^ »tragif d^en ©rfd&einung toerloren, aber bod^ h>ar bie 
5Rad5HoirIung berfelben fo mäd^tig, bafe er ber ottonifd&en ©age, inbem 



341 



fie il^n unb feinen t^^eunb in ftd^ aufnal^m, feinen Flamen aufbrühte, 
ba| fold^e nun al$ bte @age t)om ^ergog @rnft fortlebt. 

®rnft öere^rt am 3i^I^ f^ine« S'^rfate bem Äaifer ben leud^tenben 
@belftein, ben er bei ber f^al^rt burd^ ben l^ol^Ien SBerg au^ bem %M 
gef dalagen unb ber, fortan einftleinob in ber Sieid^dlrone, afö ber ein« 
jige feiner Slrt, ber SDäaife genannt loirb. liefern Steine legt bag 
lateinifd^e ®ebid^t bte tounberbare @igenfd^aft bei, ba^ er, auf ber 
redeten ©d^eitel ft^enb, ba^ 9tlb bed römifd^en 9leid^ed }urfitftoerfe. ©o 
befeftigt bod^ am @nbe nod^ @mft in ber alten 9leid^d!rone ben toelt« 
f^iegelnben ftr);ftall ber $oefie, in toeld^em aK jene tpeiten 9täume beut« 
fd^er @efd^id^te ftd^ abftral^Ien. 

@iS ift Derfud^t ioorben, bie l^iftorifd^e Segrünbung ber Smft^fage 
nod^ in ein britteS Jtaifergefd^Ied^t, ba$ fd^ipabifd^e, fortjufe^en. 3Ran 
f)at in ©rnftig öertoegener (Setoalttl^at, h>ie er feinen bo^l^aften SReiber, 
ben 5ßfaljgrafen $einrid^, ju ©t)eier in ber Äammer be« ÄaiferS auf« 
fud[|t unb erfd^I&gt, lote ber jtaifer felbft nur burd^ fd^neSe ^lud^t bem 
©d^toerte bed 3^^^nben entrinnt, eine ))oetifd^e ?tad^bilbung bed RbnxQ^* 
morbe^ gemutl^ma^t, toeld^en ber ^faljgraf Otto t)on äBittel^bad^ an 
bem ^ol^enftaufen $l^ili)>t} ))erübte, inbem er auf äl^nlid^e äBeife in 
$l^ili^)>^ ©emad^ auf ber Slltenburg bei S9amberg einbrang. 3)ie 93er« 
gleid^ung beffen, toa^ l^iet)on bie g^^^büd^er melben, mit ben Umftänben 
ber 2^l^at in ber ©age jeigt toirllid^ auffaltenbe Übereinftimmung, \vä\)* 
tenbin fad^jtfd^er unb fränlifd^er ^aifergefd^id^te, auger ben 2)rol^ungen 
Siutolfd gegen ^einrid^, nid^td berg(eid^en )?orIommt. SlQein ba ber 
SSorgang ju @))eier bereite in ben ttberreften einer )>oetifd^en ^aX' 
fteSung ber (SrnftSfage erjäl^lt ift, toeld^e naä) SSerd unb ©!|)rad^e un« 
2h)eifell^aft nod) bem 12ten gal^rl^unbert angel^ört, bie @rmorbung ^l^ili^)}^ 
aber in bad ^af)x 1208 f&Qt, fo mug jene SSe^iel^ung notl^toenbig auf« 
gegeben ioevben. S)agegen bieten fid^ in farolingifd^en ©agen, bie il^re 
Slugbilbung im norbfranjöfifd^en dpo^ erl^ielten, entfjjred^enbe 3üge 
t)on S3afaEenfre))el bar unb gefd^id^tlid^ finben loir fd^on unter Subtoig 
bem 2)eutfd^en ^toeier ©rogen* be^ fränlifd^en Steid^e^, eined ®rafen 
@rnft unb eine^ ©rafen äBemer, gebadet, loeld^e aU Meuterer, ber 
erftere im ^a!f)x 861, ber anbre im $ia\)x 866, il^ver SQBürben entfe^t 
toutben. hierin liegen jtoar 3(nbeutungen, nac^ toeld^en bie @rnft^fage 
gegen eine f rfil^ere S^it , ate bie berDttone, bei ber h>ir begonnen, fid^ 



342 



erfcl^Iöffc. %i\x eine beftimmtere Slad^hjeifung aber fmb bie 3Jlelbungcn 
ber ännalen bon ben ®rafen (Smft unb SBBerner be§ neunten ^a\)x: 
^unbertd aUju fummarifd^ abgefaßt. 

Sen bemtutl^eten (Sinflu^ ber 3:l^at Dtto^ t)on äBittel^bad^ auf 
bie ©eftaltung unfrer ©a^e muften h>ir au« c^fronologtfd^em ©runbe 
«Wel^nen. 3wl&ffi0^'^ fdj^eint e§, umgele^rt, einen ©nflufe ber ©age 
auf bie 2:^at anjunel^men. ^emx ®raf Sertl^olb bon Slnbed^ö, ber 
fid^ im ^af^x 1188 ba« beutfc^e Süd^Iein Dom ^erjog @mft )ur 9(6' 
fd^rift erbat, toar ber SBater be« 3Rar!grafen ^einrid^ \>on l^f^^i^^f 
ber ate Stnftifter ber öom ffiittefebadjier üerübten gret>eltl^at betrad^tet 
unb be^l^alb geSd^tet tourbe, fotoie bed gleichfalls in biefe ©ad^e t^er- 
ividelten Sifc^of« @gbert \)on SBamberg. SBar nun baS ©ebid^t, in 
ber i^ugenb biefer Srüber, im ^ufe 9(nbed^S t>Drl^anben, fo ift auc^ 
bie 3Röglid^f eit gegeben , bag eine , bamafö f o beliebte $abel bem Wtaxh 
grafen ^einrid^ unb feinem äJlitDerfd^iDorenen, Dtto t)on SBittelSbac^, 
)um aufregenben SSorbilb biente, nad^ toeld^em fie ben eigenen fedfen 
9nfd^lag faxten. 2)ie| angenommen, ptte terjenige S3eftanbtl^eil ber 
©age, ber in ber fernften SBergangenl^eit ju tourgeln fd^eint, aud^ am 
iDeiteften i^inau« nod^ baS fd^toäbifd^e ^aifer^auS ergriffen, aber 
nid^t ju })oetifd^er ©eftaltung, fonbem rüdtoirfenb auf bie ©efd^ic^te. 
J)er ©agenl^elb ©ruft erfd^lägt ben leibl^aften Äaifer W^^P^- 

S)ie 3^it ber ^ol^enftaufen ift unftreitig biejenige ^eriobe beS beut- 
fd^en SJlittelatter«, toeld^e bie reid^fte unb manigfaltigfte f^ülle bid^te- 
rifd^er 3)enlmäler aufjuhjeifen l^ai Überaus bürftig unb farblos er- 
fd&eint ^iegegcn , toa« bie Sitterargefd^id;te aug ben S^^^^ ^^^ f &d^ftfc^en 
unb fränlifd^en Äaifer ju Derjeidjinen toeife. SlnberS jebod^ ftellt ftd^i bie 
©ad^e, h)enn toxx im Sleid^t^um ber fi)äteren 3^it ^"^ ^^^ ®^^^ "^^^ 
frül^eren ju erlennen, toenn toir aud^ ben leiferen ©t)uren unb Älängen 
be« nid^tlitterarifd^en älltertl^um« nad^juge^en bemül^t ftnb. Sann toirb 
fxä) jeigen, bafe bem ritterlichen SKinnefang, ber fid^ toom ®nbe be§ 
12ten ^Ä^^t^wnbert« an fo iH)J)ig unb lunftretd^ entfaltete, ein einfad^erer, 
aber frifd^erer 3Solf«gefang t)Otau«gegangen fein mufe, ba^ bie beutfd^e 
^elbenfage, bie unter ben ^^ol^enftaufen in größere 3)id^ttoerfe aufgefaßt 
lüurbe , notl^loenbig erft burd^ bie borl^erigen ^erioben l^inburd^gefd^ritten 
ift unb in biefen il^rem urfjjrünglidjien SBefen nod^ nä^er lam. ©o 
trägt benn aud^ unfre ßrnftgfage in fid^ bie &etv&\)x, bafe fte, h)enn 



343 



gleid^ bie t)orItegenben Searbeitungm laum nod^ in^ 12te SAl^ri^unbert 
l^inaufgel^n, bod^ il^rem inneren SBad^^t^um nad^ au^ \>xd filteren 3^ten 
l^erftammt. 3^ P^ S^^^^ ^^*^ Setoei«, ba^ in biefer Siteren 5ßeriobe 
nte^r no(|^, al^ in ber l^ol^enftaufifd^en, bie bilbnerifd^e 2^rieblraft im 
beutfd^en SSoIIe t^ätig \oax, toeld^e bie ©efd^id^ten ber eigenen 3^t ium 
Qpoi geftaltet. 9Ber ed ttnternftl^me, ber Sage t)om ^erjog @mft bie 
fonftigen S))uren fagenl^after Überlieferung, befonber^ an9 ben Xagen 
Dttod I, an)ureil^en, bem mod^t' ed gelingen, jjene fd^einbar 5ben 
@tredfen ber beutfd^en Sitterargefd^id^te in poei\\d^tm 3(nbau ergrfinen 
)u laflen. ©erabe biefe bunlleren unb anfd^einenb unbanibaren 3^^ 
räume gen)äl^ren ber gefd^id^tlid^en f^orfd^ung einen l^i^l^eren 9tei), aU 
biejenigen, h>eld^e fd^on lid^t unb frud^tbar )u Xage liegen; benn bei 
ben erftem mu^ fte felbfttl^fitiger, auf eine bem bid^terifd^en @d^affen 
tjertoanble SSäeife, in aSirlfamleit treten.