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Wildermuth (V. L.) & Gates (F. H.) Clover Stem-
Borer as an Alfalfa Pest. pp. 25: I pl., text illust. See
UNITED STATES or AMERICA.—DEPARTMENT OF AGRI-
CULTURE. Bulletin No. 889.
8°. 1920.
WILDMAN (W. B.) A short history of Sherborne
from 705 A. D.. . Third edition. pp. li,] 167 4 pls.,
2 plans.
80. Sherborne, 1911.
Wilhelm (GorTrTLıEB ToB1As) Unterhaltungen aus der
Naturgeschichte .. Der Würmer erster Theil. 1 Vol.
80. Wien, 1832.
Wanting the second volume, Theil 2.
Wilhelm (G. T.) Unterhaltungen aus der Natur-
geschichte. [Von G. J. Wilhelm.] Der Fische erster
(Zweyter) Theil. Neue Ausgabe, &c. 2 Vol. ust.
8°. Augsburg, 1834.
Forms Vol. no. 9 and 10 of the whole series ofthe “ Neue Ausgabe ”
which appeared in 27 volumes.
Wilhelm (G. T.) Unterhaltungen aus der Natur-
geschichte. [Von G. J. Wilhelm.] Des Mineralreichs Iter
(ter) Band. Neue Ausgabe, &c. 2 Vol. Must.
80. Augsburg, 1834.
Forms Vol. 26 & 27 of the complete series of the “ Neue Ausgabe.”
Wilhelm (G. T.) Unterhaltungen aus der Natur-
geschichte. [Von G. T. Wilhelm.] Der Vögel erster
(-zweyter Theil). Neue Ausgabe, &c. 2 Vol. ill ust.
8°, Augsburg, 1834.
Kantine the first volume, Theil 1.
orms Vol. no. 4 & 5 of the whole series of the.“ Neue Ausgabe.”
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Der IIS itrmer- Swenfer Theil
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Hugsburg 1834.
In J. H. Schloßers Burch irnd Kunſthandlung.
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Vorerinnerung.
Di umerzeichnete Kunſthandlung konnte ſich
nicht entſchließen, dieſen zwoͤlften und letzten Band
der Unterhaltungen aus der Raturgeſchichte des
Thierreichs einem verehrten Publicum vollendet zu
uͤbergeben, ohne zu gleicher Zeit, ihres Verſpre⸗
chens gegen zu fpät eingelaufne Subftribenten ein⸗
gedenk, dieſe als einen Rachtrag zu den vorigen
Ltſten hinzuzufuͤgen. Außerdem hat fie, den Win:
ſchen einiger gemäß „ eine Ueberſicht der zwolf
Baͤnde des ganzen Werkes beydrucken laſſen. Auch
fie freut ſich, dieſen Ruhepunct erreicht zu haben,
dankt ihren ſchaͤtzbaren Abnehmern für die Auf⸗
nahme, die dieſes Werk fand, und für die Rachſcht,
die ſie ihm ſchenkten.
M. Engelbrecht 'ſche 8
| in Augsburg,
wuͤrmer II. Th. * ö Nach⸗
— Nachtrag
5 zu den
im fuͤnften und zehnten Bande enthaltenen
Subſcribenten-Liſten.
Hr. Buchhaͤndler Anich, in St. Gallen.
— Landrath Behr, in Zelle.
— Pfarrvicar Beißel, in Leutkirch.
— Muſic. Benz, in Augsburg.
— Muüſie. Bosch, in Augsburg.
— Myeofeſſ. Crauer, in Lucern. I:
— Kfm. Scheuermann, in Augsburg.
— Bierbr Schlumberger, in Augsburg.
— Per. Schnitzlein, in Moͤnchsroth.
— Muſic. Unger, in Augsburg.
— Afm Will, in Augsburg.
. Muſic. Wohlmuth, in Augsburg.
der zwoͤlf Bände Unterhaltungen aus dee
Naturgeſchichte des Thierreichs.
I. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte. Der
Saͤugethiere J. Theil, mit XXX. illuminirten
Kupfertafeln, 246 S. Text, XXXH. S. Ein⸗
leitung, und geſtochnem Titelkapfer.
II. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte. Der
Saͤugethiere 11. Theil. mit XX XIV. illumin.
Kupfertafeln, 288 S. Text, Regiſter und ge⸗
ſtochnem Titulkupfet. Ser 9
III. unterhaltungen aus der Naturgeſchichte der Arte
pPhibien. Mit XL. illuminirten Kupfertafeln,
2328 S. Text, XVI. S. Einleitung, Vorrede und
Regiſter, und geſtochnem Titulkupfer.
IV. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte, Der
Vogel J. Theil, mit XLIV. illumin. Kupfer⸗
tafeln, 367 S. Text, XXXII. S. Einleitung
und geſtochnem Titulkupfer. wan
V. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte. Der
Voͤgel II. Theil. mit XL VI. illumin. Kupferta⸗
feln, 384 S. Text, und Bogen Subſcribenten⸗
lliſte und Regiſter, und geſtochnem Titulkupfer.
VI. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte. Der
Inſecten l. Theil, mit XL VI illumin. Kuofer⸗
tafeln, 376 S. Text und XLVIII. S. Einleitung,
geſtochnem Titulkupfer und Inſtructionstafel.
VII. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte. Der
Inſecten IL. Theil, mit Lil. illumin. Kupferta⸗
feln, 424 S. Text, und geſtochnem Titulkupfer.
VIII. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte. Der
Inſecten III. Theil, mit III. illumin. Kupfer⸗
tafeln, 424. S. Tert, und dem Reaifter über die 3
Theile der Inſeeten und geſtochnem e
2
IX. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte. Der
Jiaiſche J. Theil mit XLIV. illum. Kupfertafeln,
2352S. Text XLVIII. S. Einleitung und Sub⸗
ſexib. Nachtrag und geſtochnem Titulkupfer.
X. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte. Der
Siſche II. Theil mit LIT, illum. Kupfert. 416
S. Text, und Regiſter über die II. Theile der
Fiſche und geſtochnem Titulkupfer. |
XI. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte. 2
Würmer J. Th. mit L, kum. Aupferta e
204 S. Text und XXVIII. S. Einleitung und
orrede und geſtochnem Titulkupfer.
XII. Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte. Der
Würmer II. Th. mit LVI. illum. Kupfertafeln
468 S. Text nebſt Regiſter uͤber die 11. Theile der
Wuͤrmer, einer Vorerinnerung und Ueberſicht
des ganzen Werks und noch einem Nachtrage der
Subſcribentenliſte. |
Im Ganzen enthält alſo das hiemit geſchloßne
Thierreich, außer 12 geſtochnen Titulblaͤttern nnd ei⸗
ner Inſtructiont tabelle, 548 fleißig illuminirte Ku⸗
pfer, auf denen durch eine gewiſſenhafte Oekonomie
zum Beſten der Leſer mehr als 3400 Gegenſtaͤnde der
Natur abgebildet find, und uͤber 4700 Seiten oder
faſt 13 Alphabethe Text, in deſſen Druck die größte
Sparſamkeit beobachtet worden iſt. Beſſer als durch
dieſe Sorgfalt und durch den billigſten Preis konnte
ihre Achtung vor dem Publicum und ihre Dankbar⸗
keit fuͤr die Aufnahme, die dieſes Werk fand, nicht
beweiſen die ;
Martin Engelbrecht ſche Kunſthandl.
in Augsburg.
*
Tab. . IV.
Schalwürmer, Conchylien,
ET en,
1. Vielſchalige ’ Multivahvia.
Kaͤfermuſchel. Chiton:
Conchylieneyer (1. 2). Die Schuppenvolle
(35). Die Marmorirte (6.7). Die Weiße
650. Der Meer⸗Kellerwurm (9). Die
Negerinn (10).
Meereichel. Lepas.
| Die Erhabne di 144213). Die aufblühende
Seetulpe (14). Die dornige Meereichel 50.
Die Wallfiſchlaus (16, 17). Die Entenmu⸗
. (18. 10). Die Seemüge (20). Da
Fuß zehen ar *
Bohrmuſchel. Pholas. |
DerSteindohrer: (22. 23). Die Gerippte (24).
* Die Zwergoholade (25).
Nur noch drey Ordnungen der Wuͤrmerclaſſe find
uns fiir den letzten Band unfrer Unterhaltungen aus
der Naturgeſchichte uͤbrig geblieben. Begleiten uns
Wuͤrmer II. Th. A unfre
2 Schalwuͤrmer.
unſre Leſer mit ihrer ruhmwuͤrdigen Beharrlichkeit
auch noch durch dieſe Provinz des unermeßlichen
Gebiethes der Natur; ſo koͤnnen ſie ſich ruͤhmen,
das ganze Thierreich durchwandert, und wenn auch
gleich keine gelehrte Kenntniß, worauf dieſe Blaͤtter
keinen Anſpruch machen, erlangt zu haben, doch
mit den dankwuͤrdigen Anſtalten der Natur, und
manchen Geſchoͤpfen, deren Daſeyn ſie zuvor kaum
ahndeten, bekannter geworden zu ſeyn. Zwar wer⸗
den ſie bey den Ordnungen, die uns noch uͤbrig ſind, |
| fich gefallen laſſen muͤßen, daß wir ihnen zuweilen
von der Hütte mehr, als von ihrem Bewohner erzaͤh⸗
len, und daß wir ihnen die kunſtreichſten Gehaͤuſe
beſchreiben, ohne ihre geſchickten Erbauer bekannt
machen zu koͤnnen; indeſſen hat doch auch dieſer
Theil der Naturgeſchichte ungemein viel Anziehendes,
ind wenn ihn hie und da einer für unbedeutend hielte,
dem duͤrften wir nur eine Handvoll Sand, der tau⸗
ſend treffliche, aber unſichtbare Schnecken und Mu⸗
ſcheln dem Vergroͤßerungsglaſe zeigt, vorlegen;
duͤrften ihn nur an ein aus Millionen Conchylien
aufgeſchichtetes Gebirge, oder an die von Corallen
aufgethuͤrmten Felſen und Riefe erinnern, oder ihm
von den Wundern der Infuſionen einige Winke
en.
en
=
Schalmwürmer. 3
geben, um ihn im Voraus zu überzeugen, daß hier
von einem unendlich wichtigen Theil der Natur die
Rede ſey, der die größte Aufmerkſamkeit jedes Den⸗
kenden verdient.
In unſrer Einleitung in die Naturgeſchichte der
Wuͤrmer uͤberhaupt verſprachen wir, ehe wir die
Conchylien oder Schalwuͤrmer, die eine Ordnung
jener Thierclaſſe ausmachen, ſelbſt beſchreiben wuͤr⸗
den, eine allgemeinere Einleitung in die Kenntniß
derſelben vorauszuſenden, um nicht bey der Beſchrei⸗
bung der Gattungen und Arten das, was ſie gemein
haben, immer wiederhohlen zu muͤßen. Zwey
Haupttheile fallen bey den Schalwuͤrmern in die
Augen: der Wurm und die Schale. Von beyden
wollen wir jetzt das nothwendigſte beruͤhren.
Sehr vieles haben die Bewohner der Schalge⸗
haͤuſe mit den uͤbrigen Wuͤrmern gemein, ſo daß
man nicht leicht in Verſuchung kommen konnte, ſie
in eine andre Thierclaſſe, als unter die Wuͤrmer, zu
verweiſen. Auch ſie haben einen weichen, gallert⸗
artigen, meiſt mit Fuͤhlern verſehenen Koͤrper, den
man, haͤtte er nicht die merkwuͤrdige Schale, ſicher
zu den Schleimthieren rechnen wuͤrde. Soll von
ihnen ein allgemeiner Charakter angegeben werden,
| A2 de
4 Scchalwuͤrmer.
ſo konnte man ihn darein ſetzen, daß man ſie fuͤr
einfache weiche Würmer erklaͤrte, die in einer eignen,
ſelbſt verfertigten Schale wohnen, die ſie immer
mit ſich herumfuͤhren, und aus der ſie ſich zwar her⸗
aus begeben, jedoch ohne fie gar nicht, oder nur kurzs
Zeit, leben konnen. Der Schöpfer fand zwar nicht
fuͤr gut, dieſen Thieren Knochen zu geben, dafuͤr
aber gab er ihnen äußerlich etwas Aehnliches, naͤhm⸗
lich eine ſteinharte Buͤchſe, in die ſie ſich verſchließen
Tonnen, Lange befümmerte man ſich um fie ſelbſt
weit weniger als um die Schale, und es ſchien, als
ob dieſe die Hauptſache waͤre, ihr Bewohner aber
weniger Aufmerkſamkeit verdiente. Der kunſtreiche
Bau jener Gehaͤuſe, ihre reizenden Zeichnungen und
Farben, ihr porcellanartiger Schmelz beſchaͤftigten
den Beobachter ſo ſehr, daß er das Thier ſelbſt ganz
aus der Acht ließ. Man war davon ſo bezaubert,
daß man mit einem Aufwande, der an Verſchwen⸗
dung graͤnzte, bloß die Schalen ſammelte, unbeſorgt
um das Thier, dem ſie angehört haben mochten.
Eben daher ordnete man auch in Syſtemen und
Naturaliencabinetten dieſe Geſchoͤpfe durchaus nur
nach den Schalen, was freylich ſo rathſam als noͤ⸗
tig war, da dieſe nicht nur dauerhaft und keiner
Ya, 1 E Zer⸗
Ochalwuͤrmer. 5
Zerſtörung leicht unterworfen find; ſondern auch die
Thiere ſelbſt unter den Haͤnden gleichſam zerinnen,
und wenn ſie trocknen, faſt keine Spur von ihrer
ehemaligen Geſtalt behalten.
Die Schalwuͤrmer ſcheinen großen Theils wahre
Zwitter zu ſeyn, ſo daß jeder beyde Geſchlechter in
ſich vereiniget; ob aber bey allen zur Fortpflanzung
des Geſchlechts zwey Individuen udthig ſeyen, die
ſich wechſelſeitig befruchten und befruchtet werden,
das laͤßt ſich nicht entſcheiden. Doch will man bey
einigen Schnecken, z. B. bey den Blaſen⸗ und Pur⸗
purſchnecken die Bemerkung gemacht haben, daß die
mit engern Schalen und weniger Hoͤckern Weibchen
ſeyen. Ziemlich willkuͤrlich verfuhr man dabey in den
Cabinetten, und gab bey Conchylien von offenbar
einer Art, die aber entweder dicke Schalen und ſtarke
Zacken und Hoͤcker, oder duͤnne Schalen und nur
wenig oder keine Zacken und Hoder hatten, die ers
ſtern fuͤr maͤnnlich, die letztern fuͤr weiblich geradezu
aus. Bey den zweyſchaligen oder Muſcheln, moͤchte
es ſo ziemlich ausgemacht ſeyn, daß alle .
Zwitter ſeyen.
Einige Schalwuͤrmer geben lebendige FOR -
andre aber und zwar die meiften legen Eper, die eine
A 3 bald
6 Schalwuͤrmer.
bald harte, bald weiche Schale haben. Mit den
lebendig gebaͤrenden verhält es ſich ſo, daß ihre Eyer
| innerhalb der Muttter ausgebruͤtet werden, indeß
die andern dieſe Gabe nicht haben, ſondern ihre Nach⸗
kommen noch in der Eyhuͤlle von ſich geben, und ihr
Ausbruͤten der Natur und dem Gluͤcke uͤberlaſſen.
Von einigen gehen die Eyer faſt wie Froſchlaich, von
andern in einem haͤutigen Gewebe, das aus mehrern
tauſend von einander abgeſonderten Zellen beſteht.
Die Form iſt aber ſehr verſchieden; denn bald gleicht
ein ſolcher Eyervorrath einem Schwamme, bald einer
Frucht, bald einer Schnur, an der Bläschen, Bes
cher, Teller u. d. angereiht ſind. Faſt muß man
bey iehr ſtark bevoͤlkerten Eyerneſtern vermuthen, daß
ſie das Werk mehrerer Schalwuͤrmer und nicht eines
einzelnen ſeyen. Denn man will wirklich von den
Bezoarſchnecken die Erfahrung haben, daß ſie ſich
zu gewiſſen Zeiten verſammeln, und ihre Eyer auf
einen Klumpen legen, der ſich zuſammen kittet.
Wir ſehen bey 1. und 2. unſrer Abbildung zwey
Gegenſtaͤnde, bey denen wir wohl auf alles eher,
als auf Conchylieneyer gerathen haben wuͤrden.
Und doch ſtellen ſie nichts andres vor. An einem
dieſer Eyervorraͤthe ſehen wir Bläschen (1), am ans
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Schalwuͤrmer. 7
dern Zellen (2). Aus beyden bohrt ſich der junge
Schalwurm, ſobald das Gefuͤhl der Reife in ihm
erwacht, heraus. Dieß iſt der Grund, warum man
an den Exemplaren ſolcher Eyerneſter, die in Cabi⸗
netten aufbewahrt werden, die Zellen wie die Blaͤs⸗
chen durchbohrt ſieht. Von der Fruchtbarkeit der
Conchylienbewohner kann man ſich daraus einen
Begriff machen, daß in Einen Muſchelrogen 1728000
Eyer gezaͤhlt wurden. ö
Aber eben dieſe ungeheure Fruchtbarkeit macht
es uns begreifllich, woher die ſchlechterdings unaus⸗
ſprechliche Menge von Conchylien in der Welt komme.
Tauſend Millionen von Schalthieren, die den Boden
der Meere bedeckten, und Jahrhunderte ſich uͤber
einander ſchichteten, haben einen Theil jener Maſſen
hervorgebracht, die wir Berge und Felſen nennen,
und die faſt ganz nur aus ihnen zuſammengeſetzt ſind.
Sie, das Werk huͤlf⸗ und wehrlos ſcheinender Thiere,
ſtehen feſt gewurzelt da, das Meer hat ſich von ih⸗
nen zuruͤckgezogen und ſie dem feſten Lande geſchenkt.
Wie viel die Polypen dabey thaten, werden wir an
einem andern Orte hoͤren. Der Verſtand verliert
% ſich in endloſen Zahlen, wenn er an die Menge der
Eonchplien denkt; wenn er bönt, daß in drey Loth
ö Sand
8 Schalwürmer.
Sand gegen 7000 Ammonshoͤrnchen gezählt worden
ſeyen, daß tauſend und aber tauſend Schalthlere
ſich auf andern Geſchoͤpfen anſiedeln, und daß ein
Schiff, das eine Zeitlang in der See gegangen iſt,
endlich ſelbſt in ſeinem Laufe dadurch gehindert
werde, weil zahlloſe Schnecken und Muſcheln ſich
anſetzen und den Kiel gleichſam incruſtiren. Dieſe
Bemerkung entgieng dem beruͤchtigten Seeraͤuber
Angria nicht, und nur darin, daß er alle vier Wo⸗
chen die untere Flaͤche ſeines Schiffes, mit geſpalt⸗
nen Cocusnuͤſſen, abſchaben und ihr Oehl eindringen
ließ, beſtund das Geheimniß ſeines unglaublich
ſchnellen Seegelns, das ihn ſo vielen Nachſtellungen
glaͤcklich entriß. Aber bey dieſer Menge von Con⸗
chylien muͤßen wir billig erſtaunen uͤber die außer⸗
ordentliche Maſſe von Materie, die die raſtloſe Thaͤs
tigkeit dieſer Seegefchöpfe, verbunden mit den Pflan⸗
zenthieren, zu ihren Gehaͤuſen verwendet, beſonders
wenn man mit Buͤffon annimmt, daß aller Mars
mor, Mergel und Kalkſtein in der Welt verwitterte
Conchylien ſeyen. Sie bilden demnach einen be⸗
traͤchtlichen Theil unfrer Erdkugel. Sie bedecken an
vielen Orten die Oberflaͤche derſelben, und ſind nicht
minder in ihrem Schooße; die Ebnen, wie die Thaͤ⸗
en ler,
Schalwuͤrmer. 9
ler, zeigen uns ihre Truͤmmer; fie pflaſtern den Fuß⸗
boden des Weltmeeres und erfuͤllen ſeine Kuͤſten; ſie
ſtrömen mit der Lava aus den Vulcanen, bevölkern
Fluͤſſe und Suͤmpfe, und ſelbſt auf den hoͤchſten,
beynahe unerſteiglichen Gebuͤrgen findet ſie der ſtau⸗
nende Wandrer. Wie viel bedarf die Natur Stoff
sfür fo zahlloſe Gehaͤuſe! Chemiker wollen entdeckt
haben, daß mehr als die Haͤlfte des Gewichts jener
Polypen und Couchylienwohnungen aus Waſſer
zund Luft beſtehe. Taͤglich muͤßen alſo dieſe Ele⸗
mente für die Millionen Seegeſchoͤpfe einen großen
Vorrath abgeben, der nun ſeine fluͤßige Form ver⸗
liert und zu feſten Körpern wird. Weil nun das hie⸗
durch, wie es ſcheint, geſtoͤrte Gleichgewicht in den
Elementen und im Verhaͤltniß der feſten ud fluͤßi⸗
gen Körper gegen einander, wieder hergeſtellt und
der zu großen Abnahme von Luft und Waſſer, und
der zu ſtarken Anhaͤufung feſter Körper gewehret
werden mußte, fo war es unumgänglich noͤthig, daß
die Natur eine Anſtalt traͤfe, dieſe wieder aufzuldſen
und in ihre Urſtoffe zu decomponiren. Da dieß aber
nur durch Feuer geſchehen kann, ſo ſchuf der Urheber
der Welt in den feuerſpeyenden Bergen ungeheure
Ofen, in denen jener ſo noͤthige chemiſche Proceß
= Würmer II. Th. B vor
10 Schalwuͤrmer.
vor ſich geht. Dieſen Blick Saußuͤres in die Hefte
nomie der Natur konnten wir hier nicht verſchweigen.
Er iſt groß und ehrwuͤrdig und laͤßt uns eins der
fuͤrchterlichſten Phaͤnomene von einer ..
Seite anſehen.
Der junge Schalwurm bringt alſo, wie wir ge⸗
hoͤrt haben, ſchon ſeine Schale aus dem Ey auf die
Welt, ja er hat ſie bereits in Mutterleibe. Noch aber
ſind die Windungen nicht vollzaͤhlig, die man bey
den erwachsnen bemerkt; erſt mit zunehmendem
Wachsthume werden dieſe allmaͤhlich erzeugt, und
an dem Muͤndungsſaume abgeſetzt. Nicht alſo, daß
ſich die größere Schale aus der kleinen, jugendlichen,
wie aus einem Keime, entwickelte, fondern fie ver⸗
groͤßert ſich durch Anſetzen eines neuen Stoffes.
Dieß ſiebt man zumal an den Muſcheln ſehr deutlich.
Ziemlich ſchnell geht aber das Wachsthum des Schal⸗ |
thiers von Statten. Denn nach einem halben Jahre
iſt es ſchon zur Fortpflanzung geſchickt.
Von jeher waren die Meinungen uͤber die Ent⸗
ſtebung der Schale getheilt. Daß fie aus einem
klebrigen Saft und Kalkerde gebildet ſey, iſt eben ſo
wenig eine Frage, als daß ihre Grundlage knorpelig
oder hornig ſey. Einige glauben, der klebrige mit
Kalk⸗
Schalwuͤrmer. 11
Kalkerde angefüllte Saft, der fie bilde, werde in den
dazu beſtimmten Gefaͤßen bis zur Oberhaut des
Thieres gefuͤhrt; hier dufte er aus, das Fluͤßige ver⸗
fliege, das uͤbrige verhaͤrte ſich und bilde die Grund⸗
lage, indeß nur das Aeußere durch Anſetzung neuer,
kalkartiger Theile wachſe. Andre halten die ganze
Schale fuͤr wirklich organiſch, und glauben 1 daß ſie
mit dem Koͤrper des Thieres durch feine Gefaͤße in
Verbindung ſtehe, und durch dieſe von innen heraus
ihre Nahrung und ihr Wachsthum erhalte, ſo wie
die Zähne und Knochen andrer Thiere, oder auch die
Schalen der Krebſe. Wenn man aber nach der Be⸗
merkung eines ſcharfſinnigen Naturforſchers wahr⸗
nimmt, daß denn doch zwiſchen dem Thier und der
Schale eine gewiſſe Trennung ſtatt finde, indem die
Gartenſchnecke das mit Vorſicht ausgebrochne Stuͤck⸗
chen ſogleich wieder mit Huͤlfe ihres Kalkſtoffes er⸗
gaͤnzt, und wie die Winterdeckel der Schneckenhaͤuſer
nicht mit innern, organiſchen Theilen zuſammenhaͤn⸗
gen, ſondern von der Schnecke ſelbſt aus ihrem kalk⸗
artigen Speichelſafte verfertigt werden: ſo moͤchte
man geneigt ſeyn, der erſten Meinung den Vorzug
zu geben, und die Schale für keinen organiſchen
* e zu halten. Sie ſcheint alſo theils durch In⸗
2 B 2 cru⸗
1
12 Schalwuͤrmer.
eruſtation, in bein fich der kalkartige Stoff in Blaͤt⸗
terform ſchichtenweiſe anſetzt, gebildet zu werden,
wozu denn die Form des Körpers natuͤrlich das ih⸗
rige beytraͤgt; theils, wo dieſe nicht hinreichen wuͤr⸗
de, das kunſtreiche Gehaͤuſe hervorzubringen, durch
einen dem Thiere eignen Kunſttrieb ihre Geſtalt und
Form zu erhalten. Das zellichte, adernvolle Gewebe,
das mit den ſkeletirten Blättern Aehnlichkeit hat,
erinnert dem ungeachtet faſt unwillkuͤrlich an die
Knochen der Thiere. Die verſchiednen Zeichnungen
der Schalen aber moͤgen auch von der Verſchieden⸗
heit der Hautöffnungen des Schalthiers, aus wel⸗
chen der ſie bildende Stoff hervortritt, abhängen,
Uebrigens läßt ſich darüber durchaus nicht entſchel⸗
dend ſprechen. Denn auch die Meinung, daß ſie
wirklich organiſch ſeyen, hat manches fuͤr ſich: z. B.
daß ſie ihren Glanz verlieren, wenn der Bewohner
in Faͤulniß uͤbergeht, hingegen die Conchylien, aus
denen man den Bewohner lebend herausgenommen
hat, am ſchoͤnſten bleiben. Hat Poli richtig beob⸗
achtet, ſo tritt die Materie des Gehaͤuſes nach Cir⸗
culationsgeſetzen aus dem Körper in die Membranen
des Mantels und bildet ſo allmaͤhlich die Lagen.
Der Vorrath jener Materie liegt jenſeits des Her⸗
9
Schalwürmer. 13
zens in einem Beutel. Nie kann das Thier dieſe
ſeine Schale ganz verlaſſen. Es iſt an ihr, jedoch
nicht durchaus auf eine gleiche Art befeſtiget. Das
Muſchelthier haͤngt gemeiniglich in der Mitte durch
eine ſtarke Sehne mit ihr zuſammen; die Schnecke
aber mehr nach hinten zu, ja oft mit der aͤußerſten
Spitze. aer
Immer aber, die Entſtehung ſey welche ſie
wolle, bleiben dieſe Schalen ein Naturproduct, uͤber
das man nie genug erſtaunen kann. Die Mannig⸗
faltigkeit ihrer Formen, die Regelmaͤßigkeit der Zeich⸗
nung, die Symmetrie der Stockwerke und des innern
Baues, die koſtbaren Farben, die zum Theil nicht
bloß auf der Oberflaͤche ſich befinden, ſondern durch⸗
ausgehen, die herrliche Politur, die ſie annehmen,
und zumal der unausſprechlich ſchoͤne Gold⸗ und
Silberglanz, der vorzuͤglich die Suͤdſeemuſcheln aus⸗
zeichnet, wie die Perlenſchnuͤren und Juwelen, mit
denen einige beſetzt ſcheinen, alles vereinigt ſich, ſie
zu einem Gegenſtande der gerechteſten Bewunderung
zu machen. Doch faͤllt ihre Schoͤnheit nicht bey
allen ſogleich ins Geſicht. Wie der Geizige ſeine
Schaͤtze unter einer aͤrmlichen Hülle verſteckt, fo ver⸗
bergen ſehr viele Conchylien ihren Gold: und Sllber⸗
B 3 glauz
4 Schalwürmer.
glanz unter einer unſcheinbaren Haut. Erſt wenn
dieſe abgezogen iſt, wenn ſie gereiniget und polirt
ſind, zeigt ſich ihre Farbenpracht recht deutlich.
Auch im Junern haben dieſe Gehaͤuſe viel Sehens⸗
wuͤrdiges. Denn nicht nur, daß ſich regelmaͤßige
Stockwerke und Kammern in ihnen befinden; ſo ſind
die Waͤnde bald glaͤnzend weiß, wie kein Elfenbein,
kein Gips ſeyn kaun, bald ſilbern, bald wie polirter
| Stahl, bald mit andern fanften und lieblichen Far⸗
ben bezogen, die mit dem Blau des Himmels, dem
angenehmen Roth der Roſe, der Glut eines Feuers
ofens, oder auch wohl mit andern Gegenſtaͤnden von
großer Farbenpracht wetteifern. Sie zu reinigen und
zu poliren, ohne daß etwas von ihrer Schönheit vers
loren gehe, iſt ein ſehr muͤhſames Geſchaͤfte, beſon⸗
ders bey denen, deren Farben nicht tief hineingehen,
oder die eine zerbrechliche Schale und feine Stacheln
und Auswuͤchſe haben. Ein wohlgeordnetes Con⸗
chyliencabinett von gut erhaltuen und vorzuͤglichen
Exemplaren iſt daher immer eine Sammlung, die
dem Kenner ſo viel und mehr Freude, als das praͤch⸗
tigſte Blumenbett gewaͤhrt, beſonders da er bey ihr
kein Verbluͤhen, kein Ausarten zu beſorgen hat.
Van weiß kaum, worauf man ſeine Aufmerkſamkeit
| zuerſt
*
Schalwirmen 15
zuerſt richten ſoll, ob auf die gefaͤlligen Formen,
oder auf die reizenden Farbenmiſchungen und die
trefflichen Zeichnungen, die ſich auf ihrer ſpiegel⸗
glatten Oberflaͤche zeigen. Iſt außer dem noch eine
Sammlung von entzweygeſchnittnen oder halb weg⸗
geichliffnen Conchylien dabey, wozu bald die Säge,
bald die Feile, bald der Schleifftein gehört, um auch
den herrlichen, innern Bau und die Waͤnde, die die
Natur im Waſſer emaillirt hat, da wir ſonſt dazu
immer das ſtaͤrkſte Feuer brauchen, bewundern zu
koͤnnen; und kommt zu dem allem noch eine ausge⸗
ſuchte und zahlreiche Bibliothek und ein humaner
Eigenthuͤmer, der feine Schaͤtze gern gemeinnuͤtzig
werden läßt, („) fo gleicht gewiß nichts dem Ver⸗
gnuͤgen,
( Dieſes alles findet ſich in einem gewiß ſeltnen
Grade vereinigt in dem Cabinette des H. Rit⸗
ters und K. K. Raths don Cobres, in Augsburg.
Auch bey dieſem letzten Bande der Unterhaltuns
gen aus der N. G. wuͤrde der Verfaſſer eine
heilige Pflicht zu verletzen glauben, wenn er nicht
als einen ſchwachen Tribut ſeiner Dankbarkeit
oͤffentlich das Geſtaͤndniß ablegte: daß bey wei⸗
tem der groͤßte Theil des Guten, was guͤtige
Richter von dieſem Werke ruͤhmen, auf Rechnung
| V. jenes
1
16 Schalwͤrmer.
gnuͤgen, das der Aufenthalt in einem ſolchen Cabi⸗
ie gewaͤhren Tann!
Außerordentlich groß iſt die .
der Conchylien. Man kennt bereits 2433 beſtimmte,
verſchiedne Arten, die man in ſechs und dreyßig
Gattungen vertheilt hat. Unzaͤhlich waren die Ver⸗
ſuche, die Conchylien bald nach den Schalen, bald
nach dem Schloſſe, bald nach dem Thiere ſelbſt zu
claffifieiren. Da einige von ihnen mehr als zwey
Schalen, andre nur zwey, wieder andre bloß eine
Schale beſitzen, unter den letztern aber ein Theil
beſtimmte Windungen, der andre aber keine hat;
ſo gab dieſe Bemerkung Veranlaſſung, die Schals
thiere uͤberhaupt in vier Familien zu theilen.
1. Vielſchalige Conchylien (Multivalvia), His
fermuſcheln, Meereicheln ꝛc.
U. Zweyfchalige (Bivalvia), oder die eigent⸗
chen Muſcheln (Conche), Klaffmuſcheln,
| Venusmuſcheln ꝛc. III.
jenes edelmuͤthigen Menſchenfreundes zu ſchrei⸗
ben ſey, der dem Verfaſſer mit beyſpielloſer Wils
ligkeit ſein Cabinett und ſeine Bibliothek oͤffnete,
ſo daß es gewiß die Schuld jenes Kenners und
Freundes der Naturgeſchichte nicht iſt, wenn
dieſe Blaͤtter die Vorzuͤge nicht haben, die ihnen
nach dem Gefuͤhl ihres Verfaſſers noch mangeln.
1 hr
a Schalwürmer. 17
III. Einſchalige (Univalvia) oder die eigent⸗
lichen Schnecken ( Cochleae) mit beſtimmten
Windungen: Walzenſchnecken, Kraͤuſelſchne⸗
* cken ꝛc.
VIV. Einſchalige ohne beſtimmte Windungen:
( Univalvia fine ſpira) Napfichneden , ROM,
renſchnecken, Bohrwuͤrmer.
Der gemeine Sprachgebrauch begreift die zwey
* erſten Familien unter dem Worte Muſcheln, die
4 beyden andern unter dem Worte Schnecken, obaleich,
} ſtreng genommen, der erſte Nahme nur der zweyten,
und der andre nur der dritten zukaͤme.
Ziemlich verſchieden ſind die Bewohner dieser
Gehaͤuſe, je nachdem dasſelbe ein Muſchel- oder
Schnecken⸗ oder Roͤhrengehaͤuſe iſt. So viel Aehne
lichkeit die Thiere, die in den letztern ſich aufhalten,
mit den im eigentlichen Verſtande ſogenannten Würs
mern haben; ſo erinnern dagegen die in Schnecken⸗
phaͤuſern lebenden an die nackten Schnecken. Wie
dieſe haben ſie Fuͤhler am Kopfe, die eine verſchiedne
Geſtalt haben. Bey einigen gleichen fie einem Sees
rohr, bey andern Trommelſtaͤben; bey einigen find
fie aſtig und baumaͤhnlich, bey andern pyramiden⸗
artig. Das Thier kann fie aus- und einziehen.
W
wuͤrmer II. Th. C In
E ns
»
18 Schalwürmer.
Im letztern Falle ſchieben ſie ſich in einander, oder
kehren ſich gewißer Maßen um, wie man einen
Strumpf umwendet. Einige thun das außerordent⸗
lich geſchwind. Seltſam iſts, daß die, die baum⸗
artige, aſtige Fuͤhler haben, auch von den ein⸗
zelnen Zweigen willkuͤrlich die einziehen konnen,
#
3
welche fie wollen, indeß die andern außen bleiben.
Die ſchwarzen Kuͤgelchen, die man an dieſen Fuͤhl⸗
hoͤrnern ſieht, ſind die Augen; unter ihnen liegt der
wie ein Korkzieher gewundne Sehnerve, der vermit⸗
telſt dieſer herrlichen Structur ſich zuſammenlegen
kann. Die ganze Einrichtung dieſes Auges iſt eins
der größten Meiſterſtuͤcke im Reiche der Natur, und
der unſterbliche Swammerdamm fand in ihm die
drey Feuchtigkeiten des menſchlichen Auges ſehr be⸗
ſtimmt. Ueberhaupt werden ſich die, die ſich in den
Schalwuͤrmern unvollkommne Thiere denken, nicht
wenig wundern, wenn wir ihnen ſagen, daß ſie voll⸗
kommner organiſirt ſeyen und dem Menſchen naͤher
kommen, als die Inſecten. Schon die Augen gaben
davon einen Wink. Aber ſie haben auch andre ſol⸗
che Organe, z. B. ein Herz mit einem Herzbeutel.
Durch die halb durchſichtigen Haͤute, die es umge⸗
ben, kann man die Schlaͤge desſelben wahrnehmen.
Etwas
*
*
. Schalwürmnr. 19
a Etwas Sonderbares hat das Gehirn der Schne⸗
cken. Sie können es in den Leib hineinziehen und
wieder herausſchieben. Aus ihm entſpringt eine Art
von Ruͤckenmark. An ihrem Maule bemerkt man
fſzheils Kinnladen, theils einen Ruͤßel; am Körper
ſelbſt aber einen zur Bewegung dienlichen Fuß.
Drey Haͤute bilden den Hals. Die mittlere und
dickſte davon heißt die Halshaut (collare), die in⸗
4 nere das Haͤutchen (tunica), und die aͤußere der
* Mantel (pallium). Den letztern bemerkt man nur
bey einigen Flußſchnecken, wo er, wenn fie herums
kriechen, die Schale entweder ganz, oder nur zum
Theil bedeckt. Die Halshaut, in der ſich das Luft⸗
loch und der After befindet, erfuͤllt die Oeffnung der
Schale und die Schnecke zieht ſich in dieſelbe zuruͤck.
Das Haͤutchen umgibt die Windungen von innen.
Mit Unrecht hat man den Schnecken die Zaͤhne ab⸗
geſprochen. Sie haben eine Art von dunkelblauem
Horn, das gezaͤhnt iſt und an Blaͤttern und Kno⸗
ſpen oft nur zu deutliche Spuren hinterlaͤßt.
Weeriger beſtimmt als bey den Schnecken iſt der
* Kopf der Muſchelthiere, und wenn man nicht eine
* kleine „ runde Erhabenheit über dem Maule dafuͤr
1 holten will, ſo kann man weder ſagen, ob ſie einen
9 Ca Kopf
*
20 Schalwuͤrmer.
Kopf haben, noch wo er ſey. Vier hautige Lippen
ohne Kinnladen und ohne Zaͤhne hat der Mund.
Ein cylindriſcher, zuſammengedruͤckter, ſichelformi⸗
ger Fuß dient zur Bewegung des Körpers. Auf
jeder Seite desſelben ſind zwey Kiemen, die den
Kiemen der Fiſche aͤhnlich find. Der Mantel ums
gibt den ganzen Körper, Durch ihn kann das Thier
den Aus⸗ und Zufluß des Waſſers verhindern oder
bewuͤrken. Zum öftern entdeckt man darin zwey
Rohren, deren eine zum Schoͤpfen, die andre zum
Ablaſſen des Waſſers dient. Aber ſehr verſchieden
ſind die Muſchelthiere untereinander. Die breitern
erinnern an die Seehaſen, die ſchmaͤlern an die
Meerſcheiden. Beyde, die Schnecken⸗ wie die Mus
ſchelbewohner koͤnnen ſich ganz in ihre Schale ver⸗
bergen, indem dieſe ſie ganz zuſchließen, jene aber
meiſtens einen Deckel haben, den ſie wie eine Haus⸗
thuͤre auf⸗ und zumachen konnen. Aber nicht alle
beſitzen ſolche Deckel. So konnte die Erdſchnecke
desſelben, wenigftend im Sommer, entbehren; denn
weil ſie ihr Gehaͤuſe auf dem Ruͤcken traͤgt, ſo daß
die Muͤndung ganz nach unten zu ſteht, ſo kann ſie,
wenn ſie ſich ganz hineingezogen hat, bey Annaͤhe⸗
rung einer Gefahr, an dem Ort, wo ſie ſitzt, ſich
ver⸗
| Schalwuͤrmer. 21
vermittelſt ihres natürlichen Kleiſters feſt ankleben,
| ſo daß fie nun wie mit einem Deckel verwahrt iſt.
Im Winter aber ſpannt ſie uͤber die Oeffnung ein
dünnes Haͤutchen nach dem andern, bis der Deckel 3
dick genug iſt. Andre haben für beſtaͤndig Deckel,
die auch wohl angewachſen find, und trefflich ſchlie⸗
ßen. So oft nun die Schnecke an dem Muͤndungs⸗
ſaume ihres Hauſes etwas auſetzt, fo vergroͤßert fie
um eben ſo viel den Deckel, der demnach immer aufs
genaueſte paßt. Eben daher koͤnnen auch dieſe De⸗
ckel nicht von einerley Form ſeyn, weil ſie ſich nach
den verſchiednen Muͤndungen richten. Die ſoge⸗
nannten Meernaͤbel, Meerbohnen, Mondaugen,
Augenſteinlein, ſind nichts anders als ſolche Deckel.
Verdienen aber dieſe bey den Schnecken Bewunde⸗
rung, ſo iſt ihrer das Schloß der Muſcheln nicht we⸗
niger werth. So feſt und genau ſchließt es, daß
nicht das mindeſte durch kann. Ueberhaupt iſt die
Muskelkraft der Muſcheln ſo außerordentlich, daß
es den größern unter ihnen nicht ſchwer fällt, Ans
kertaue abzukneipen, und daß ſelbſt der Menſch,
wenn er ein Glied zwiſchen ihre Schalen bringt, in
Geefahr iſt, es einzubuͤßen. Man hat, um dieſe bey
kinem ſo weichen Thiere doppelt bewunderungswuͤr⸗
C 3 dige
22 Schalwuͤrmer.
dige Kraft zu pruͤfen, eine eigne Mafchine erfunden.
Ein und funfzig Pfunde vertheilte man ganz gleich
auf beyden Schalen, und nun ſtunden fie einen Zoll
von einander. Dem ungeachtet vermochte ſie das
Thier zu ſchließen, ſobald man den Mantel oder den
Anziehungsmuskel mit Nadelſſichen reizte. Auch
ſoll nach Anderſons Erzählung ein Matroſe unbefons
nen genug geweſen ſeyn, in eine auf dem Prinzen—
eylande liegende Auſter, die ſiehen Ellen im Umkreis
hatte, hineinzulangen, aber auch, indem ſie ihre
Hausthuͤre ſchloß, die Hand verloren haben. Uebri⸗
gens iſt es kaum möglich, die treffende Aehnlich—
keit, die zwiſchen unſern Haͤuſern und den Schne⸗
cken⸗ und Muſchelſchalen ſtatt findet, zu verkennen.
Denn auch bey dieſen erwaͤhnen wir ja einer Kalk⸗
maſſe, aus der ſie beſtehen, der Stockwerke und
Kammern, die in ihrem Innern find, und der Thuͤ⸗
ren und Schloͤſſer, die fie verſchließen, und auch in
ihnen ſucht der Bewohner Schutz vor Wind und
Wetter, und verzehrt unbemerkt das Stuͤck Brod,
das ihm die guͤtige Natur zufuͤhrte. Daß aber
dieſe Schalthiere zuweilen ihre Schalen ablegen,
und eine aͤhnliche Veraͤnderung, wie die ihre Schale
erneuernden Krebſe, die ſich haarenden Saͤugthiere,
| die
Schalwuͤrmer. ’ 23
die ſich mauſernden Vögel, und die ſich haͤutenden
Raupen erfahren, iſt unerweislich. Findet man
auch unbewohnte Schnecken und Muſcheln, ſo iſt
das Thier entweder nach ſeinem natuͤrlichen Tode
vertrocknet, oder etwa von einem Vogel herausge⸗
hohlt worden. Daß alſo zuweilen Schnecken ihre.
Haͤuſer verlaſſen, um lauernde Voͤgel zu hintergehen,
iſt eine Fabel des Alterthums. Denn truͤge auch
der getaͤuſchte Vogel nur das leere Haus davon, ſo
wuͤrde das doch die Schnecke ihr Leben koſten, da ſie
ihrer Wohnung durchaus nicht lange entbehren kann,
Ueber die Sinnenwerkzeuge der Schalwuͤrmer
und ihre uͤbrigen Organe iſt dem Unterſuchungsgeiſte
kuͤnftiger Zeiten noch viel uͤbrig geblieben. So wie
ſie ohne Haͤnde faſſen und greifen, ohne Fuͤße gehen,
ohne Floſſen ſchwimmen koͤnnen, ſo ſcheinen ſie auch
gewiſſe ſinnliche Eindruͤcke von dem, was außer ih⸗
nen iſt, zu erhalten, ohne daß man die Werkzeuge
wahrnaͤhme, durch welche es geſchaͤhe. Zwar moͤgen
die in Muſcheln wohnenden des Geſichts ganz ent⸗
behren; dafuͤr aber erſetzt ihnen den Mangel desſel⸗
ben das aͤußerſt feine Gefuͤhl, das dieſe Thiere in
einem hohen Grade beſitzen. Daß ſie den Sinn des
Geruchs und des Geſchmacks beſitzen, dieß beweist
5 | die
24 Schalwürmer.
die forafältige Wahl ihrer Nahrung und die Bemer⸗
kung, daß manchem Schalwurm das, was uns ſtin⸗
kend vorkommt, Wohlgeruch zu ſeyn duͤnkt, der ihn
herbeyruft. Das Gehoͤr ſcheint ihnen zu fehlen.
Denn alles, was etwa beweiſen moͤchte, daß der
Schall Eindrücke auf fie mache, konnte ſich eben fo
gut aus der Erſchuͤtterung der Luft bey ihrem feinen
Gefuͤhl erklaͤren laſſen. Eine Stimme kann man
ihnen nicht wohl zuſchreiben. Man hört zwar einen
Laut, wenn ſich die Schnecke ziſchend in ibr Haus
zuruͤckzieht, und bey gutem Appetit tapfer ſchmatzt,
das Schiffsboth ſauſend auf dem Meere gegen den
Wind ſegelt, der Quacker quackt und die Gienmuſchel
klatſcht, wenn ſie ihre Schale ſchnell zuſchließen;
aber dieß moͤchte nicht wohl eine Stimme zu nennen
ſeyn. 3 |
An Inſtinct zu ihrer Erhaltung fehlt es den
Conchylien nicht. Schon ihr pldtzliches Zuruͤckzie⸗
hen in ihre Haͤuſer und das Verſchließen derſelben,
wenn ſich eine Gefahr nähert, ſpricht dafuͤr; und
wie klug wiſſen fie nicht zu rechter Zeit auf den
Grund zu ſinken, oder empor zukommen. Wollen ſie
das letztere, ſo ziehen ſie ſich aus den Windungen
ihrer Schale heraus. Dadurch gewinnen ſie mehr
Um⸗
Schalwuͤrmer. 25
Umfang; ihre hohle Schale vertritt die Stelle einer
Blaſe und ſteigt in die Höhe, Jetzt werfen fie ſich
geſchickt herum, und dle Schale bildet nun ein na⸗
tuͤrliches Boot, in dem ſie einherfahren, indeß der
Fuß zum Ruder dient. Ja der Nautilus weiß ſo⸗
gar ein Segel auszuſpannen. Sobald ſie wieder
unterſinken wollen, ſo begeben ſie ſich in ihr Haus,
um ſchwer genug zu ſeyn. Und wie geſchickt legen
ſich nicht einige bey ſtuͤrmiſchem Wetter vor Anker!
Wie vorſichtig waͤhlen nicht andre im Sommer einen
kuͤhlern, im Winter einen waͤrmern Aufenthalt! Wie
fein ſpinnen die Einen, und wie ſicher bauen ſich
nicht andre Röhren. Auch hat es ihnen die muͤtter⸗
liche Natur an Waffen gegen ihre Feinde nicht fehlen
laſſen, und außer der feſten Huͤlle, den Einen Sta⸗
cheln, den Andern eine Art von Gebiß gegeben, wo⸗
mit ſie den Kuͤhnen, der die Hand nach ihrem Flei⸗
ſche aus ſtreckt „ oft empfindlich ſtrafen. Einige
ſpruͤtzen nach ihrem Feinde Waſſer, andre beſchaͤdi⸗
gen mit ihrem Gift, und wieder andere blenden viel⸗
leicht durch die Gabe im Finſtern zu leuchten, oder
retten ſich durch das feine Vorgefuͤhl von der Ver⸗
aͤnderung des Wetters, wodurch he als Wetterpro⸗
ꝓheten dienen. „ Anden den
woͤrmer II. Th. l Die
26 Schalwuͤrmer.
Die Nahrung der Schnecken und Muſcheln be⸗
ſteht in Kräutern und Seemoos; doch freſſen fie auch
kleine Fiſche, Infuſionsthiere und die zarte Brut von
Wuͤrmern und Inſecten. Im Nothfalle nehmen ſie
auch wohl mit Papier und Kalk vorlieb. Manche
ſcheinen im Thau, andre im Fluß⸗ und Meerwaſſer
genug nahrhafte Theile zu finden, um davon zu leben.
In ihrem Innern geht dann der große chemiſche
Scheidungsproceß vor ſich. Wirklich ſcheinen einige
Zeitlebens feſt an Felſen angewachsne nichts als Waf-
ſer zu ihrer Nahrung zu beduͤrfen, indeſſen andre
durch Windungen in ihren Felſenlagern mit ihrer fei⸗
lenartigen Schale etwas Erde abſchaben moͤgen, die
ihnen zum Futter dient. Die Fleiſchfreſſenden Schal⸗
wuͤrmer leben mit den Fruͤchte und Erde genießenden
im beſtaͤndigen Kriege, in dem Muth, Gewandheit,
Liſt entſcheiden. Der duͤmmere unterliegt dem liſti⸗
gern, dieſer dem ſtaͤrkern — ganz wie bey uns.
Lange, ja wohl ein ganzes Jahr koͤnnen fie hungern,
Dieß gilt vorzuͤglich von den kleinern. Wenn man
aber von Kleinheit oder Größe der Conchylien hört,
ſo muß man nicht die Rieſen der Erde und des Mee⸗
res, den Elephanten und den Wallfiſch, zum Maaß⸗
ſtab nehmen. Doch werden unfre Lefer erſtaunen,
9 wenn
Schalwürmer 27
wenn wir ihnen ſagen, daß in einem Luſtſchloſſe,
nahe bey Haag, eine Auſterſchale zum Baſſin einer
Fontaine diene, daß bey Goa einmal eine Auſter ge⸗
fangen wurde, deren Fleiſch hundert Pfund hatte,
und daß in der koͤniglichen Kunſtkammer zu Copen⸗
hagen eine Auſterſchale ſey, deren beyde Haͤlften faſt
fuͤnftehalbhundert Pfund haben. Dagegen gibt es
aber auch ſo kleine Conchylien, daß man das Mi⸗
kroſkop zu Huͤlfe nehmen muß.
Nicht uͤber zehn Jahre ſollen die Conchylien ihr
Leben bringen. Oft verkuͤrzen es ihnen ihre Feinde,
die weder der Haͤrte noch der Dicke ihrer Schalen
achten. Dieſe bohren in der Gegend, wo die nahr⸗
haftern Theile liegen, ein cirkelrundes Loch in die
Schale. Auch das Muſchelthier kraͤnkelt und altert;
dann verliert es ſeine jugendlichen Reize. Was ih⸗
ren Aufenthalt anbetrifft, ſo iſt einigen das Waſſer,
einigen das Land dazu angewieſen. Einige leben in
Suͤmpfen, andre in harten Felſen. So ſehr iſt ihr
Koͤrper dem ihnen beſtimmten Elemente angemeſſen,
daß die Flußſchnecke im Meerwaſſer, die Seeſchnecke
im ſuͤßen Waſſer, und die Landſchnecke im Waſſer
uͤberhaupt ſogleich ſtirbt. Die Muſcheln habe alle
nur ein Element, das Waſſer, und zwar groͤßten⸗
D 2 theils
28 Schalwüͤrmer.
theils das Meer. Viele von ihnen graben ſich in
den Sand, wie der Maulwurf in die Erde; mit ei⸗
ner Fertigkeit, die man bey ihrer Gliederloſigkeit gar
nicht vermuthen ſollte, wiſſen ſie ſich in Sand und
Stelnen ein bequemes Lager zu machen, ſtrecken auf
Beute lauernd ihren Ruͤßel hervor, arbeiten ſich tie⸗
fer hinein, ſobald ſie Gefahr merken, und ſpruͤtzen
auch wohl aus ihrem Hinterhalte Waſſer von ſich.
Merkwuͤrdig iſts, wie ſo manche Muſcheln ganz in
Steinen eingeſchloſſen ſind. Einige bohren ſich in
Holz, andre arbeiten ſich in Schwaͤmme hinein, um
einen ſichern Aufenthalt zu haben; auch pflegen ſich
manche, wie Schmarozerpflanzen an andern Thieren
feſtzuſetzen und da noch zu wachſen. So findet man
oft in und auf der Haut der Wallfiſche eine Menge
Schalthiere; und auf wie vielen Auſtern, Mießmu⸗
ſcheln u. a. Conchylien ſiehet man bald Meereicheln,
185 eine Menge Wurmroͤhren. 2 2
So manche unter den Schalwuͤrmern ſind, des
nen man, das Oeffnen und Schließen ihres Wohn⸗
hauſes ausgenommen, keine eigentliche Bewegung
zuſchreiben kann, und die Zeitlebens da bleiben, wo
| fie ihre Mutter als Ey hinlegte: fo gibt es dagegen
andre, die bey allem ſcheinbaren Mangel an Bewe⸗
1205 gungs⸗
Schalwuͤrmer. 29
gungswerkzeugen geſchickt genug ſind, ihre Stelle zu
veraͤndern. Die Einen kriechen, und ihr Gang hat
eine Aehnlichkeit mit dem Gange der geometriſchen
Raupen; die Andern ziehen ſich vermittelſt ihres
Ruͤßels fort; die Einen ſpringen mit ziemlicher Fer—
tigkeit, und ſchleudern ſich aus dem Waſſer empor;
die Andern ſchwimmen, indem ſie ihr Haus unter ſich
haͤngen, und mit ihrem Koͤrper die Geſtalt eines
Kahns annehmen, und wieder andre ſegeln vortreff—
lich, und geben das ſchoͤne Schauſpiel, von dem
wir beym Nautilus mehr hoͤren werden. |
Der Nutzen der Conchylien iſt nicht unbeträcht-
lich, und ob wir gleich bey der Einleitung in die
Natur⸗Geſchichte der Wuͤrmer ſchon Einiges davon
erwaͤhnt haben, ſo wird doch eine Ueberſicht des
| mannigfaltigen Gebrauches hier nicht am unrechten
—
Orte ſtehen. Außerdem daß einige Schnecken und
viele Muſcheln gegeſſen werden, und zuweilen fuͤr
huͤlfloſe Schiffbruͤchige oder ſonſt durch Stürme vom
Ziele ihrer Reife an ode Eilande verfchlagne, ein
hoͤchſt willkommnes Nahrungsmittel, ja für man⸗
ches Volk an der oft: und weſtindiſchen Kuͤſte, und
im Suͤdmeere wahres, taͤgliches Beduͤrfniß ſind:
ſo 3 der Fang und Handel mit ihnen mancher
D 3 Nation
30 Schalwuͤrmer.
Nation anſehnliche Vortheile. Welche Summen
bringen nicht die Perlen in Umlauf! Welchen Stoff |
zu mannigfaltiger Verarbeitung liefert nicht die
Perlenmuſchel und der [yon geformte Nautilus dem
Kuͤnſtler! Wie geſchaͤtzt war nicht beſonders ſonſt
die Seide und der Purpur, die zwey Schalwuͤrmer
lieferten, ehe zwey unſcheinbare, anſpruchloſe Inſe⸗
teten fie verdraͤngten! Um aber den aͤußerſt mannig⸗
Faltigen Gebrauch der Conchylien gleichſam mit Eis
nem Male kennen zu lernen, duͤrfen uns nur unſere
Leſer in das Haus eines Wilden begleiten, und ſie
werden erſtaunen, wie vielfach er dieſe Geſchoͤpfe
und ihre Schalen zu benuͤtzen wußte. Ich unterſuche
vor allem die Waͤnde des Hauſes und den vortreff⸗
lichen Kalk, der die Steine zuſammenhaͤlt, und hoͤre,
daß dieſer aus Conchylien gebrannt ſey; ich trete an
die kleinen Fenſter, durch die das Tageslicht ins
Zimmer faͤllt, und ſehe ganz deutlich, daß eine durch⸗
ſichtige Muſchel die Stelle des Glaſes vertrete, und
mein auf das Dach des benachbarten Hauſes fallens
der Blick belehrt mich, daß die groͤßern Muſcheln
ſehr gute Dachziegel abgeben. Jetzt beobachte ich
die wilden Eingebornen um mich her, unmdͤglich
Tann mir entgehen, welch einen ſchoͤnen, dauerhaften
Putz
5 Schalwuͤrmer. 31
Putz die Damen unter den Conchylien, die fie bald
als Ohrgehaͤnge, bald an Schnuren gereiht um den
Hals tragen, zu finden wußten, und wie ſchicklich
die Schamhaftigkeit eine Muſchel als Feigenblatt
benuͤtzt. Ruft mich die Gaſtfreundlichkeit des Wil⸗
den zu ſeinem frugalen Mahle, ſo finde ich auch da
Veranlaſſung, über den mannigfaltigen Gebrauch
der Schalgehaͤuſe zu erſtaunen. Hier ſteht ein Salz⸗
faß, das ganz deutlich ein Meerohr iſt; der ſilbern
ſpielende Löffel, den ich in die Hand nehme, kann
die Perlenmuſchel nicht verlaͤugnen, und der Becher,
der die Runde macht, iſt ein Nautilus. Treibt mich
die Neugierde in die Kuͤche, wo das Mahl bereitet
ward, ſo entdecke ich nicht nur die Reſte der Schal⸗
wuͤrmer, die auf die Tafel getragen wurden, ſondern
auch in dem Kochgeſchirre wahre Muſcheln. Jetzt
fuͤhrt mich mein zutraulicher Wirth zu ſelnem Waf⸗
fenvorrath; hier finde ich Lanzen, an deren Spitze
eine geſchliffne Schnecke iſt, und Kriegstrompeten,
die nichts anders als Kinkhoͤrner ſind. Ich ſchließe
einen Handel mit ihm, und feine Geldrollen find an⸗
gereihte Schnuren von kleinen Schnecken, ſeine
Scheidemuͤnzen einzelne Muſcheln; Muͤnzen, denen
die Natur ein Gepraͤge aufdruͤckte, das kein Falſch⸗
muͤnzer
+
/
32 Schalwürmer.
muͤnzer nachmachen kann; und wenn ich, um der
bey uns keinen Cours habenden Muͤnze los zu ſeyn,
mir ein Paar Handſchuhe bey meinem Wilden kaufe,
fo finde ich mich ſchon wieder bey den Schalwuͤr⸗
mern, denn ſie ſind aus den Faͤden der Steckmuſchel
trefflich gemacht. Die Noth zwingt mich, ihn um
ein Raſiermeſſer zu bitten, und er reicht mir eine
ſcharfe Muſchel, deren er ſich dazu bedient; ich
wuͤnſchte zu wiſſen, womit er ſeine Zeuge glaͤttet,
und er zeigt mir eine Schnecke, die ſein Werkzeug zu
dieſem Gebrauche iſt. Begleite ich ihn auf ſein Feld,
unterſuche ich das Grabſcheid, womit er in Ermang⸗
lung des Pflugs ſein Feld bearbeitet, ſo muß ich auch
darin eine Muſchel erkennen, und wuͤnſche ich bey
ſeiner kleinen Viehzucht zu erfahren, womit der
Acker urbar gemacht und beduͤngt worden, ſo ver⸗
ſichert er mich, daß der an der Luft verwitterte und
zu Kalk gewordne Muſchelauswurf des Meeres ihm
dieſen Dienſt erwieſen habe. Erſtaunt uͤber den
mannigfaltigen Nutzen, den mein Wilder aus den
Conchylien zu ziehen weiß, kehre ich nun mit ihm
vom Felde zuruͤck; wir treten im Vorbeygehen bey
einem Goͤtzenbilde ein, oder wir wohnen einem Re⸗
ligionsfeſte bey, und Lampen, in Schnecken und
Muſchel⸗
—
—
Schalwüuͤrmer. 33
Muſchelgehaͤuſen angezuͤndet, erhellen etwas das
Dunkel des Goͤtzentempels. Finde ich nun auch in
dieſer Gegend keine Illuminiſten, die die Malermu⸗
ſchel noͤthig hätten, keine Kuͤnſtler, die aus Perlen⸗
mutter ſchoͤne Basreliefs, aus Porcellanſchnecken
artige Doſen und aus andern Muſcheln niedliche
Cameen verfertigten, keine Porcellanfabriken, denen,
wie den Chineſiſchen, Conchylien nuͤtzlich waͤren, keine
Wachsbleichen, bey denen man, wie in einigen fran⸗
zoͤſiſchen, des Saftes der Schnecken nicht entbehren
konnte; ſo ſehe ich dagegen auf dem Schiffswerft
meines Wilden, wie unentbehrlich ihm die Muſcheln
zur Erbauung ſeiner Kaͤhne ſeyen. Am Abende un⸗
terhaͤlt mich mein guter Wilder mit dem Fischfang,
wobey Angeln und Netze aus Perleumutter und wei⸗
ßen Muſcheln kunſtreich gearbeitet ſind, oder er gibt
mir Concert, und eine Muſchelſchale iſt die Leyer,
die, unter Begleitung blaſender Inſtrumente, der
Trompetenſchnecken, in mir mehr Erſtaunen als Ver⸗
gnuͤgen erregt; und endlich begleitet er mich in mein
Schlafgemach, das eine Lampe, oder vielmehr eine
Schnecke, die den Nahmen Oehlkrug fuͤhrt, erleuchtet.
Erſtaunen nicht unſere Leſer, die uns bey unſerm
Beſuche im Haufe eines Wilden begleitet haben, über
Würmer II. Th. E den
34 Schalwuͤrmer.
den ſo vielfachen Gebrauch der Conchylien? Und
wie manches koͤnnten wir noch hinzufuͤgen, zum
Beyſpiel: wie viel tauſend Thiere ſich von Conchy⸗
lien naͤhren, wie oft ein fo zartes, wehrloſes Ger
ſchoͤpf, als der bekannte Diogenes, in ihnen Dach
und Fach finde, und wie in allen Ruͤckſichten auch
die Schalthiere zum Ruhm ihres großen Schoͤpfers
gereichen: allein es iſt bald Zeit, unſre Ueberſicht
dieſer Ordnung von Thieren zu endigen. Freylich
konnen wir, trotz des vielen Guten, das wir von ih⸗
nen geſagt haben, auch nicht laͤugnen, daß einige
unter ihnen ſchaͤdlich ſeyen; daß die Erdſchnecken
zuweilen Spuren der Verwuͤſtung wie ein feindliches
Heer hinter ſich zuruͤcklaſſen; daß der Menſch ſich
an ſcharfen Muſcheln ſchneiden, an ſtachelnvollen
verletzen, ja wohl durch einige Rieſenmuſcheln um
ein Glied kommen koͤnne; daß der Einwohner der
Schiffskuttel den Perlenfiſcher umklammre und ihm
das Blut ausſauge; daß einige giftig ſeyen, und
duß der Pfahlwurm die Exiſtenz eines ganzen fleißi⸗
gen Freyſtaats mit gaͤnzlicher Aufloͤſung bedroht
habe; allein alle dieſe Nachtheile, die durch Conchy⸗
lien angerichtet werden koͤnnen, verlieren viel von
ihrem Furchtbaren, da ſie der Menſch durch Verſtand
und Vorſicht einzuſchraͤnken vermag. |
| Viel⸗
Schalwuͤrmer. 35
Vielleicht iſt kein Zweig der Naturgeſchichte,
der dem Luxus, was jeder Aufwand uͤber die Graͤn⸗
zen der Beduͤrfniſſe hinaus heißen kann, mehr zu ver⸗
danken haͤtte, als gerade der, von dem wir reden.
Lange mochten tauſend und aber tauſend Conchylien
ruhig am Meeresgrunde gelegen haben, bis die Wols
luſt, um den Gaumen mit neuen Genuͤſſen zu kuͤtzeln,
und die Prachtliebe, um ſich mit Purpur und Seide
und Perlen zu ſchmuͤcken, auch jene Abgruͤnde durch⸗
ſtreifte. Jetzt fieng man an, in den Meeren zu
wuͤhlen; noch aber warf man die Schalen als etwas
Uunuͤtzes weg. Allmaͤhlich reizte aber doch ihre
Mannigfaltigkeit das Auge; man ſchmuͤckte Gaͤrten
und Grotten damit aus; Kuͤnſtler fiengen an ſie zu
poliren und ihre Farben, ihren Glanz, ihre Bauart
ſichtbarer zu machen. Nun wurde der Sammlungs⸗
geiſt rege. Ein Schrank, mit Schnecken und Mu⸗
ſcheln fieng an, zur geſchmackvollen Einrichtung ei⸗
nes Hauſes zu gehoͤren. Man legte ſie auf weiche
Betten von Wolle, Atlaß, Sammt, und zeigte im
Triumph die bunten Reihen und die niedlichen Herz⸗
Blumen- Harfen: Kraͤuſel⸗ Figuren; man fragte bey
allen Seefahrern, ſobald ſie einliefen, nach, ob ſie
Conchylien mitgebracht haͤtten, both fuͤr Seltenheiten
E 2 unge⸗
36 Schalwuͤrmer. |
ungeheure Preiſe, belebte dadurch die Thaͤtigkeit und
Sorgfalt ſie aufzuſuchen, und fo arbeitete eine an:
fangs bloß kindiſche Eitelkeit der Wiſſenſchaft ſelbſt
gluͤcklich vor, und lieferte den Maͤnnern, die lieber
denken als ſpielen wollten, Stoff genug zu den wuͤr⸗
digſten Betrachtungen. Dieſe ordneten nun die
Schalen nach ihren aͤußerlichen Kennzeichen, und fo
entſtand aus dem bunten Spielzeug jener eitlen
Sammler ein ſchoͤnes Gebäude, und man fieng an
mit Einſicht zu ſammeln. Die beſte Zeit hiezu iſt
der Fruͤhling. Wie dieſer uͤberhaupt alles erweckt,
ſo ſcheint er auch die Conchylien aus ihrem Sand⸗
lager und ihren Felſenhoͤhlen hervorzurufen. Man
ſieht fie nun truppweiſe an der Oberfläche des Mee⸗
res, wie ſie miteinander ſpielen, ſich bald naͤher kom⸗
men, bald fliehen, und ſich dann ihrer Fruchtbarkeit
entledigen. Dieß iſt die Zeit der Ernte. Man fängt
ſie mit Hacken, Netzen und Angeln. Die letztern
laͤßt man mit Koͤder in die See auf die von ihnen
bewohnten Felſen. Der Schalwurm kommt aus ſei⸗
ner Hoͤhle und greift nach dem Köder, Schon hängt
ſich das treuloſe Eiſen in ſeinen Mantel. Er will
ſich losmachen, fliehen; umſonſt. Jede Bewegung
druͤckt es tiefer hinein, bis er zu den Fuͤßen des alles
bezwin⸗
Kaͤfermuſcheln. 37
bezwingenden Menſchen zappelt, vor dem kein Adler
in den Luͤften, kein Wallfiſch in feiner Tiefe, und
kein Elephant in ſeinen Waͤldern ſicher iſt.
Doch wir eilen nun zu der nahern Beſchreibung
der vorzuͤglichſten Gattungen und Arten. Freylich
werden wir hiebey uns ſehr einſchraͤnken, und nur
diejenigen waͤhlen muͤßen, die ſich durch Schoͤnheit,
Seltenheit, Brauchbarkeit vorzuͤglich auszeichnen;
aber gewiß wird das wenige, was wir anführen koͤn⸗
nen, hinreichend ſeyn, uns mit Erſtaunen und Freude
uͤber die Werke der Natur und ihren weiſen und guͤ⸗
tigen Urheber zu erfuͤllen.
** * *
Der auszeichnende Charakter der vielſchaligen
Conchpylien ergibt ſich ſchon aus ihrem Nahmen.
Ihr Gehaͤuſe iſt aus mehrern Schalen zufammen;
geſetzt. Nur drey Gattungen von dieſer Familie
haben wir unſern Leſern bekannt zu machen; aber
auch fie enthalten ſchon ſehr viel, das unfrer Auf⸗
merkſamkeit werth iſt.
Die erſte derſelben faßt die Rafermüſcheln t in
fi (Chiton , Oſcabrion), deren 28 verſchiedne Ar⸗
ten entdeckt ſind. Sie zeichnen ſich dadurch aus, daß
gewöhnlich acht, zuweilen ſechs oder ſieben Schalen
E 3 dach⸗
38 Kaͤfermuſcheln.
dachziegelfoͤrmig uͤber dem Ruͤcken des unter ihnen
lebenden Schalwurms liegen, und ihn wie mit einem
Panzerhemde bekleiden. Die Schalen find gewoͤlbt
und an den Seiten mit ſtarken Muskeln befeſtiget.
Ihre Oberflaͤche iſt ſehr verſchieden, koͤrnig, punctirt,
geſtreift, polirt, mit Zaͤpfchen verſehen. Doch ſind
die Bewohner der Kaͤfermuſcheln, fo verſchieden auch
ihr Kleid iſt, alle einander gleich und ſichtbar von
einer Art. Man hat ſie mit dem unter unſern
Schleimthieren angefuͤhrten Thiere, das Doris heißt,
verglichen und ſelbſt dafuͤr erklaͤrt. Allein die Ein⸗
wobnee der Kaͤfermuſcheln haben weder gefranste
Hintertheile noch Fuͤhlfaden, ſondern einen großen
Kamm. Dieſer ſteht auf dem Kopfe, der an einem
kurzen Halſe befindlich iſt. Von Fuͤhlern und Augen
iſt keine Spur zu ſehen, wohl aber von einem runz⸗
ligen Maul in der Mitte des Kopfs. Aus dem
Maul geht eine Art von Roͤhre, die ſich beym Athem⸗
hohlen aus- und einzieht. Die Kiemen befinden ſich
außerhalb und der After hinten. Der eyfürmige
Fuß beſteht aus Fibern und Nerven.
Immer muͤßen die Kaͤfermuſcheln etwas zum
Anhaͤngen haben. So feſt kleben ſie an Felſen,
Pflanzenthieren, Steinen, Fiſchen u. d. daß es ſchwer
iſt.
Kaͤfermuſcheln. 39
iſt, ſie loszumachen, ohne ſie zu beſchaͤdigen. Man
muß ſie ſchnell wegſtoßen; ſonſt wenn ſie Gefahr
merken, klammern ſie ſich ſo feſt an, daß ſie ſich eher
in Stuͤcken zerreißen, als losmachen laſſen. Hiezu
dient ihnen der Saum ihres Koͤrpers. Dieſer iſt bey
einigen mit Schuppen, bey andern mit Stacheln
beſetzt, immer aber iſts ein lederartiger Wulſt.
Ziemlich ſchnell kriechen ſie. Wie die Kelleraſſeln
kruͤmmen fie ſich zuweilen in ſich ſelbſt zuſammen,
und das mit einer Staͤrke und Muskelkraft, daß
man vergeblich verſucht, ſie gerade zu ſtrecken. Sie
ſollen ſich, vermittelſt eines aͤſenden Saftes, Höhe
lungen in den Felſen bereiten; allein vermuthlich
ſuchen ſie nur ſolche Hoͤhlen zu ihrem Lager. Ihre
Menge iſt ſehr groß. Oft findet man ſie truppweiſe
beyſammen. Man kann ſie nicht eſſen. Von ihrer
Fortpflanzung wie von ihrer Nahrung weiß man bis
jetzt noch wenig. Doch gelang es ſchon, in einem vers
trockneten Thiere Eyer zu entdecken, ſo ſchwer das ſchon
um deßwillen ſcheinen mag, weil es ſich im Waſſer
nur gar zu leicht aufloͤst. Deutlich ſah Schröter
zwiſchen den feinen Haͤuten am Ruͤcken des Thieres |
den Eyerſtock mit gelblichen Eyern, der fo in der
Haut ein weiches Lager und an der Schale eine
ſchuͤ⸗
49 Kaͤfermuſcheln.
ſchuͤtzende Decke hat. Zwey Monate ſoll ſich die
Kaͤfermuſchel neben ihrer Brut anheften, bis dieſe
ſtark genug iſt, fuͤr ſich ſelbſt zu ſorgen.
Es ſollte uns leicht ſeyn, von den Kaͤfermuſcheln
uͤberhaupt ſo viel Gattungsnahmen anzufuͤhren, als
es Arten gibt. Man nannte ſie: Klapperſchlangen⸗
ſchwaͤnze, Krebsſchwaͤnze, gegliederte Napfmuſcheln,
Grillenmuſcheln, Elephanten⸗ Waſſer⸗Wallfiſch⸗
laͤuſe, Waſſerwanzen, Nachen, Chaloupen, See⸗
kellerwuͤrmer ꝛc. Wirklich haben ſie mit den Keller⸗
wuͤrmern oder Aſſeln, viele Aehnlichkeit. Die Fran⸗
zoſen nennen das ganze Geſchlecht Oſcabrion.
Vielleicht erinnern ſich unſre Leſer noch, daß
wir unter den Aſſeln ihnen ein Inſect bekannt mach⸗
ten, das den Nahmen Oſcabiörn oder Wunfchbär
fuͤhrt, und von dem die Islaͤnder tauſend wunder⸗
liche Dinge erzaͤhlen. Von der Aehnlichkeit der
Geſtalt borgte zuerſt Petiver dieſen in Oſcabrion
veraͤnderten Nahmen, der nun der ganzen Gattung
zu Theil wurde. Dieß gab zu einer großen Ver⸗
wirrung Veranlaſſung. Jetzt erzaͤhlte man alles,
was die Islaͤnder von ihrem Wunſchbaͤren ſagen,
auch von den Kaͤfermuſcheln, beſchrieb Augen,
Fuͤße u. d. m. mit großem Wortaufwand, und ſelbſt
in
Schuppenvolle Kaͤfermuſchel. 41
Rin die neueſten und beſten Werke ſchlich ſich dieſe
5 auffallende Vermiſchung eines Inſects mit einer
Conchylie. Am laͤcherlichſten iſt die Aeußerung,
die man in einem ſonſt verdienten Werke findet:
„man habe ſich nicht entbloͤdet, die Chitone oder
„Kaͤfermuſcheln unter die Conchylien zu rechnen, da
fie doch ſichtbar nichts anders, als die Kronen weſt⸗
„indiſcher Schlangen waͤren.“ |
| Wenn wir jetzt unſern Leſern die cbuppen⸗
volle Baͤfermuſchel (Ch. Squamoſus, “ Oſca-
hrion carolinum 3) bekannt machen, fo muͤßen wir
ſie bitten, die Schuppen ja nicht auf dem achtglie⸗
drigen Schalenkleide zu ſuchen. Nein; alle die Be⸗
nennungen, die ſchuppige, ſtachlige, roͤhrige, haa⸗
rige ꝛc. beziehen ſich auf den lederartigen Saum des
Thieres, der die Schalen umgibt und unter ihnen
hervorgeht. Zahlloſe, treffliche Steinſchuppen, die
wie bey Fiſchen uͤber einander liegen, uͤberdecken den
Saum unſrer Kaͤfermuſchel. Da die von gleicher
Farbe beyſammenſtehen, ſo bilden ſie niedliche Bin⸗
den, die die Kunſt des größten Kuͤnſtlers nachzuah⸗
men umſonſt verſuchen wuͤrde. Welche Einrich⸗
tung! Welche Hand, die die faſt unſichtbaren
Schuͤppchen ſo ordnet! Welch ein Leim, der ſie zu⸗
Würmer II. Th. 5 ſam⸗
42 Schuppenvolle Käfermuſchel.
ſammenhaͤlt! Ziemlich groß wird dieſe Kaͤfermuſchel.
Man hat ſie ſchon mehr als drey Zoll lang gefunden.
Die ſchoͤn ſchließenden acht Schalen gleichen von
vben einem Dache, von unten einem ausgehöhlten,
ovalen Nachen. Das erſte und letzte Glied iſt etwas
abgerundet. Die mittlern haben auf jeder Seite
einen etwas erhoͤhten, ſpitzwinkligen Abſatz voller
Flecken auf hellerm Grunde. Der uͤbrige dunklere
Raum der Schalen iſt rauh mit einer Menge Quer⸗
ſtreifen. Am Rande haben die Schalen viele Ein⸗
ſchnitte und Zaͤhne, die in die Franſen des Wulſtes
eingreifen. Und fo kann der Bewohner ſein geglie⸗
dertes Gehaͤuſe regieren, es zur Kugel zuſammen⸗
ziehen, oder zur Flädye ausdehnen. Erſt wenn man
dieſe Kaͤfermuſchel umwendet (4), ſieht man die Ker⸗
ben und Zaͤhne, die am vordern und hintern Gliede
am zahlreichſten ſind. An den Seiten find die Scha⸗
len geſchweift, und am innern Rande ſo ſcharf wie
ein Scheermeſſer. Ihre Farbe iſt weißgrau und
Meergruͤn. Man findet ſie mit Ponceau, Purpur
und Violett Flecken.
Zuverlaͤßig iſt die Kaͤfermuſchel, di wir in unſe⸗
rer Abbildung vor uns ſehen, eine von den vorzuͤg⸗
lich ſchonen. Ihr grünes Knochenkleid mit den er⸗
hoͤhten
Marmorirte, Weiße Kaͤfermuſchel. 43
hoͤhten Baͤndern, und dem wie mit Perlen beſetzten
Sanme thun eine ſehr gute Wirkung. Weſtindien
iſt ihre Heimath, doch hat man auch an denitaliaͤni⸗
ſchen Kuͤſten viele ſehr ſchoͤne von derſelben Art
gefunden. |
Da eine Kaͤfermuſchel mit ſieben Schalen faſt
eben ſo ſelten, als eine links gewundne Schnecke iſt,
ſo wollen wir doch unſern Leſern eine bekannt ma⸗
chen (5), die zwar auch eine ſchuppenvolle iſt, bey
der aber jener nicht gemeine Umſtand ſtatt findet.
Sie iſt bey St. Thomas in Weſtindien gefunden
worden. An ihr ſieht man die dreyeckige Erhöhung
der Schalen, und die ſchoͤne Schuppenhaut des
Wulſtes noch beſtimmter als an der Vorigen.
Woher die marmorirte Kaͤfermuſchel (Ch.
marmoratus 6) ihren Nahmen habe, das wird wohl
der erſte Anblick zeigen. Sie hat nicht nur Striche,
Baͤnder und Flecken, dergleichen den Marmor auszeich⸗
nen, ſondern auch den Glanz, den ihm die Politur gibt.
Auch der mit zahlloſen Schuͤppchen wie mit Perlen
beſetzte Saum des Koͤrpers hat weißliche, ſtahlblaue
und ſchwaͤrzliche Felder abwechſelnd. Das Fleiſch
des eingetrockneten Bewohners ſieht aus wie Tiſch⸗
lerleim. Dieſen aber wird man nur dann gewahr,
79 + J 2 wenn
44 Meerkellerwurm.
wenn man dieſe Kaͤfermuſchel umwendet (7). Dann
ſieht man auch Franſen, die zum Anhalten dienen
mögen, und ein Stuͤck von dem oben erwaͤhnten
Ruͤßel, mit dem das Thier wahrſcheinlich frißt und
Athem hohlt. Vorzuͤglich am Strande der weſtin—
diſchen Zuckerinſuln findet man dieſe Kaͤfermuſchel |
häufig. Ueberhaupt aber iſt der ganze americanifche
Ocean ihre Heimath. Ihre Verſchiedenheit in Ab—
ſicht auf Größe, Farbe, mehr oder weniger Wölbung
iſt ſehr groß.
Schneeweiß und glatt iſt die Grote Schale der
weißen Räfermufchel (Ch. albus 8). Am Ruͤ⸗
cken bemerkt man eine ganz ſchwache Erhoͤhung.
Nicht viel größer als Puncte find die Schuͤppchen,
die den Saum beſetzen. Um Island und Grönland
wird ſie gefunden.
An den Norwegiſchen Kuͤſten haͤlt ſich eine andre
kleine Art von Kaͤfermuſcheln auf, die man den
Meerkellerwurm (Ch. Afellus 9) nannte. Ihre
acht glatten Schilder ſind kohlſchwarz. Auf der
Woͤlbung eines jeden befindet ſich ein gelber Fleck.
Von den dreyſeitigen Erhoͤhungen auf den Schalen
iſt bey der vorigen wie bey dieſer Kaͤfermuſchel keine
Spur zu finden.
Eben
—
Negerinn. Meereicheln. 45
Eben das ift auch der Fall bey der Negerinn
(Ch. Minimus 10), die unter die kleinſten Chitone
gehört, Ihre Grundfarbe iſt ſchwarz; doch ſieht
man an manchen Stellen einen weißen Ueberzug.
So klein fie auch iſt, fo find doch die charakteriſti⸗
ſchen Kennzeichen aller Kaͤfermuſcheln an ihr nicht
zu verkennen. Ohnweit Bergen in Norwegen iſt ſie
gefunden worden.
Eine andre merkwuͤrdige Gattung der vielſcha⸗
ligen Conchylien faßt die Meereicheln (Lepas,
Balanus, Glands de mer, Lepaden) in ſich. Sie
zeichnen ſich dadurch von den Kaͤfermuſcheln aus,
daß ſie aus ungleichen Schalen zuſammengeſetzt
ſind, die mit ihrer Grundflaͤche immer an etwas feſt⸗
ſitzen und einem Geſchoͤpf zur Wohnung dienen, das
getheilte Fuͤhler und einen Ruͤßel hat. Man koͤnnte
dieſe Gattung wieder in zwey Familien theilen, und
in die erfte die Balanen (Balanus, le Balane, Meer⸗
tulpen) rechnen, deren Schalen kreisfoͤrmig ver⸗
bunden ſind, und gleichſam einen oben geoͤffneten,
doch mit einem kapuzenartigen Deckel verſehenen
Kegel bilden, und einer Eichel oder auch einer Tulpe
ähnlich ſehen; in die andere Familie aber die Entens
muſcheln (conchæ anatiferæ, pollicipedes, pauce-
8 3 pieds
46 Meereicheln.
nieds, Fußzehen ) verweiſen, deren ungleiche Scha⸗
len paarweiſe vertheilt und durch eine Membrane
verbunden ſind. Sie gleichen zum Theil einer Man⸗
del, mit einer Seitenritze und ſitzen auf einem leder⸗
artigen Stiele. Fuͤr den erſten Augenblick koͤnnte
man zwar glauben, dieſe zwey Familien ſeyen zu
unaͤhnlich, um eine Gattung auszumachen. Allein
waͤren ſie auch noch verſchiedner, ſo entſcheidet der
Untſtand, daß eine und dieſelbe Thiergattung, der
man den Nahmen Triton gibt, diefe verſchiednen
Schalen bewohnt. Schon unter den Schleimwuͤr—
mern haͤtten wir eines Tritons erwaͤhnen können,
der bis jetzt noch in den Syſtemen, als der einzige
ſeiner Gattung angefuͤhrt wird. Aber eben um die⸗
ſer Armuth des Geſchlechts, und der Unbeſtimmtheit |
der Angaben von ihm willen, wollten wir lieber ihn
übergehen, beſonders da wir voraus ſahen, daß wir
bey den Meereicheln unſre Leſer mit den Tritonen
hinlaͤnglich bekannt machen könnten. Dieſe ſonder⸗
baren Thiere haben ſechs auch mehrere Paare Fühler,
deren innere Seite haarig oder faſerig iſt. Die drey
hinterſten Paare haben ſcherenfoͤrmige Spitzen. Die
Thiere, die die Meereicheln bewohnen, haͤngen ſich
haufenweiſe und ſehr feſt an Schiffskiele, Felſen,
Mur
u u
Meereicheln, 47
Muſcheln, Netze, Ankertaue, und an hundert andre
Körper. Die eine Art hat dieſe, eine andre wieder
eine andre Lieblingsſtelle. Selbſt auf Krebſen und
Fiſchen wiſſen ſie ſich anzuſiedeln. Zeitlebens blei⸗
ben ſie da feſt geheftet, wo der Zufall ihrer Geburt
ſie hinfuͤhrte. Wenn der Bewohner der Kaͤfermu⸗
ſchel gleichſam unter dem Dachſtuhl ſeines Hauſes
ſich aufhaͤlt, ſo haust dagegen der Triton in feiner
Meereichel im obern Stockwerke, und ſieht faſt im⸗
mer zum Dachloche hinaus. Da er alſo ſeiner Nah⸗
rung nicht willkuͤrlich nachgehen kann, ſondern wars
ten muß, was ihm das Meer zufuͤhrt, ſo mußte die
Natur beſondere Anſtalten fuͤr ſeine Erhaltung treffen.
Sie gab den Tritonen daher die vielen Fuͤhler und eine
Leichtigkeit, Kraft und Beharrlichkeit, ſie unaufhoͤr⸗
lich auszubreiten, und ſchnell in Bogen zu bewegen,
ſo daß ſie ihnen wie Fangnetze dienen. So oft das
auch vergeblich iſt, ſo gelingt es doch durch das un⸗
ausgeſetzte dieſer Bewegung, daß auch etwas in ihre
Arme faͤllt. Dieſe iſt ſo ſehr bey ihnen Naturtrieb,
daß fie auch ſchon halbtodt noch dieſes Manoeuvre
machen. Im Anfange des Sommers entledigen ſie
fich ihrer Eyer. Tauſende führt das Meer fort, und
ſchwemmt fie an Felſen, Muſcheln, Schiffsklele ꝛc.
wo
43. Erhabne Meereichel.
wo ſie wie ein Same im Erdreich aufgehen, und
ſich entwickeln. Sie machen dann mit Schiffen und
Fiſchen die weiteſten und ſchnelleſten Reiſen, ohne
ſelbſt Fuͤße zu haben. Viele bleiben auch an ihrer
Mutter haͤngen und uͤberdecken ſie zuweilen ſo, daß
ſie die Oeffnung ihres Gehaͤuſes verſchließen, und
ihre arme Mutter lebendig einmauern. Ihre Frucht⸗
barkeit iſt unermeßlich. Noch enthaͤlt aber die Ge⸗
ſchichte der Lepaden viele Dunkelheiten. Gern
moͤchte man fragen: wie ſie ſich begatten, da ſie doch
ihre Stelle nie veraͤndern? Wie die Jungen an Wall⸗
fiſchen und Schiffen ſich anhaͤngen, und trotz des
Schnellſegelns der letztern und des Anſpuͤhlens der
Wellen feſt haͤngen bleiben und wachſen? Wie es
moͤglich ſey, daß ſie im Suͤdmeere wie im Eismeere
ausdauern — und warum man ſogar ſelten verſtei⸗
nerte finde? Doch wir wollen jetzt unter den 28
Meereichelnarten einige der merkwuͤrdigſten Nane
ben und beſchreiben.
Ziemlich einfach iſt das Anſehen der erhabnen
meereichel (L. Balanus, Gland de mer eleve 11 ).
Schnecken, Muſcheln, Krebſe, Hummer ſind oft
von ganzen Haufen dieſer Schmarozer uͤberdeckt.
9 iſt ihre Farbe nur ſimpel weißgrau.
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Erhabne Meerelchel. 2
In der Form gleicht dieſe Meereichel einem abge⸗
fiunnpften Kegel. Die Wände. befiehen gewöhnlich
aus ſechs, zuweilen aus weniger Schalen. Die
rippenartigen Erhoͤhungen laufen oben in eine Spitze
zuſammen. Sie ſind hohl. Das Dach dieſer Huͤtte,
das der Bewohner oͤffnen und verſchließen kann, be⸗
ſteht aus vier kleinen aber ungleichen Schalen, vol⸗
ler Querrunzeln. Ueberhaupt iſt Symmetrie und
Schoͤnheit nicht die Sache des Eigenthuͤmers dieſer
Meereichel. Doch wir wollen vielleicht ihn ſelbſt,
der ſeine raͤuberiſchen Arme herausſtreckt (12), kennen
lernen. Ziehen wir ihn aus ſeiner Huͤtte, und ſehen
wir ihn vergroͤßert (13), ſo ſehen wir einen wahren
Triton mit ſeinen vielen gegliederten Armen oder
Fuͤhlern. Zwoͤlf davon ſteigen mit ihren haarigen
Gelenken paarweiſe in die Hoͤhe; ſie ſind gelb und
durchſichtig wie Horn. Auf beyden Seiten ſtehen
ſechs kleinere von eben ſolcher Structur. An der
Wurzel dieſer zahlreichen Arme, die ihre Beute wie
ein Netz umſchließen, ſteht der Ruͤßel, der aus lau⸗
ter ſich nach und nach verengenden Querringen be⸗
ſteht, und durch den die kunſtreiche fpiralfürmig ges
‚wundne Zunge hinlauft. Das Maul ſieht einem
ziunſammengezognen Beutel aͤhnlich, und hat kleine
Würmer Il. Th. 8 Zaͤhn⸗
50 Aufbluͤhende Seetulpe.
Zaͤhnchen und Buͤſchelchen, um die Beute feſtzuhalten.
Nicht mit Unrecht nennt man die kleinen Meerei⸗
cheln Seepocken, denn ſie uͤberdecken faſt alles, was
in der See iſt und lebt. Die europaͤiſchen We
ſind voll davon.
Nicht ganz ohne Grund iſt der Nahme aufbluͤ⸗
hende Seetulpe (L. Tintinnabulum, le gland de
mer tulipe, turban, kuhſchellenfoͤrmige Meereichel
14), den man einer andern Lepade gab. Diefe iſts
vorzuͤglich, die ſich zu Tauſenden an Schiffe, ohne
daß wir wuͤßten, wie? anhaͤngt, und bey aller ihrer
ſcheinbaren Zerbrechlichkeit und Schwachheit den
tobenden Wellen und der Gewalt der Meereöftrome
Widerſtand leiſtet. Um ſie herum ſtehen die Menge
Kinder und Kindskinder, was freylich fehr leicht ges
ſchehen kann, weil ihre Jungen in vier Monaten reif
und Fortpflanzungs⸗faͤhig find. Oft noͤthigt die
Menge ſolcher Seetulpen, die die Schiffe gleichſam
incruſtirt, beyzulegen und dieſe Anſiedlungen zu zer—
ſtören. Ganze Klumpen, von der Größe eines
Kopfs, haͤngen an den Schiffen. Gern ſammeln
die Chineſer ſolche zu einem gottesdienſtlichen Ge⸗
brauche. In jeder einzelnen Seetulpe eines ſolchen
Klumpen bringen ſie ein Licht an, und ſetzen dieſen
ſelt⸗
7
Dornige Meereichel. 51
feltfamen Leuchter vor ihre Goͤtzen hin. Von vers
ſchiedner Groͤße, Form und Farbe ſind die ſechs
Schalen der aufbluͤhenden Seetulpe; immer aber
gleicht ſie im Ganzen der Blume, an die ihr Nah⸗
men erinnert. Ihr Bewohner, auch ein Triton,
leckt mit feinen ſchon bekannten Fuͤhlern den Schlamm,
der ſich rund um ſeine Wohnung anzuſetzen pflegt,
und findet darin ſeinen Unterhalt. Welche Vorſorge
der Gottheit, daß ſich fuͤr dieſes Thier, das ſich nicht
von der Stelle bewegen kann, Schlamm in der Naͤhe
ſammeln und ihm zur Nahrung dienen muß. Die
oſt⸗ und weſtindiſchen Gewaͤſſer, fo wie das Nordmeer
enthalten dieſes Geſchoͤpf ſehr häufig,
Sehr rar und merkwuͤrdig iſt die dornige
Meereichel (L. Spinoſa, le Gland de mer epi-
neuæ 15), und lange bemühte ſich ein um die Com;
chylien ſehr verdienter Naturforſcher um eine, bis ein
daͤniſches Schiff aus Oſtindien einlief, deſſen Boden
ganz damit gleichſam beſaͤt war. Das Exemplar,
das wir vor uns ſehen, iſt trefflich Purpurroth.
Eine Menge roͤhriger Stacheln, unter denen einige
zwey Spitzen haben, ſtehen darauf. Die hellen Zwi⸗
ſchenfelder ſind ſtachellos. Der Boden dieſer Meer⸗
eichel hat die Weiße und Duͤnne des Poſtpapiers.
G 2 Er
| | %
52 Wallfiſchlaus.
Er bleibt gewoͤhnlich kleben, wenn man ſie ſelbſt da
wegnimmt, wo ſie ſich angeſetzt hat. Innen iſt ſie
voller Roͤhren und Zellen. Die vier Deckel, die, um
beſſer zu ſchließen, Lamellen haben, find mit ſchlau⸗
genfoͤrmigen Querſtreifen bezeichnet. Die Kuͤſte von
Helena, jenes durch engliſche Induſtrie in ein Para-
dies umgeſchaffnen Felſenblocks, ſcheint ſeine Hei⸗
math zu ſeyn. Wenigſtens hatte jenes obengedachte
Schiff da gelandet, und hier nur ſcheinen ſich dieſe
Seetulpen angeſetzt zu haben, da ſonſt die daͤniſchen
aus Oſtindien zuruͤckkehrenden vo. nie derglei⸗
chen mitbringen,
So ein furchtbares Thier auch der Wallfiſch,
und ſo leicht es ihm iſt, mit einem Schlage ſeines
Schwanzes ein Both ſamt der Mannſchaft zu ver⸗
ſenken; ſo vermag er doch mit aller ſeiner Staͤrke
nichts gegen die Wallfiſchlaus (L. Diadema, le
Pou de baleine, Diademe, Wallfiſchpocke, vielkam⸗
merige Seetulpe 16), eine Meereichelart, die feiner
Ohnmacht ſpottet, ſich in ſeinem Speck anſiedelt,
und feſt wie ein Schroͤpfkopf auf ihm ſitzen bleibt.
Hiezu traͤgt ihr ſchoͤner, vielkammeriger Bau bey.
Von außen ſieht man ſechs Felder, die durch erhöhte
Querrippen abgetheilt ſind, deren Zahl nicht immer
gleich
Wallfſchlaus. 53
gleich iſt, und von vier bis auf eben ſteigt. Nach
oben laufen jene Rippen enger zuſammen. Tiefer
als ſie liegen die ungleichen Zwiſchenfelder. Die
obere Oeffnung dieſer Wallfiſchlaus iſt etwas eckig,
die untere (17) eirkelrund. Hier iſt fie voll feiner
Zaͤhne und Einſchnitte, vermittelſt deren ſich dieſes
Geſchoͤpf fo in die dicke Speckbaut des Wallfiſches
hineinarbeitet, daß alle noch ſo wuͤthenden Verſuche
des Ungeheuers, die fo laͤſtigen Gaͤſte an Felſen ab:
zuſtreifen, fruchtlos ſind. Schleift man die aͤußerſte
Haut dieſer Meereichel weg, ſo findet man, daß das
Ganze aus einem mit der hoͤchſten Kunſt in einander
geſchlungenen Fadengewebe beſtehe. Uebrigens hat
dieſe Schale die Feſtigkeit und Haͤrte eines ſtarken
Knochen. Aber erſt das Innere zeigt uns neue,
uͤberraſchende Wunder ihres Baues. Hier ſind 18
Haupt⸗ und eine Menge Nebenkammern. Wozu
ſie dienen, ob ſie vielleicht gar die Wiege der Nach⸗
kommenſchaft ſeyen, iſt ungewiß. Das Schwarze,
das man in ihnen liegen ſieht, ſind Ueberbleibſel der
Wallfiſchhaut. Auch der Bewohner dieſer Meerei⸗
chel hat den Federbuſch von Fuͤhlern, den die uͤbrigen
Bewohner der Meereicheln beſitzen. Um die Straße
Davis, um Grönland und Spitzbergen iſt dieſe
G 3 Wall⸗
54 Entenmuſchel.
Wallfiſchlaus zu Haufe, weil fie da am Beſten ihre
Rechnung findet.
Merkwuͤrdig iſts, daß nur der ſogenannte Butz⸗
Fopfwallfifch ( Balaena boops, Linn.) mit dieſer
Meereichel geplagt iſt. Was fuͤr ein Inſtinct, denn
auf Zufall duͤrfen wir hier wohl nicht rathen, dabey
im Spiele ſey, ob feine Haut weicher, fein Fleiſch
ſchmackhafter ſey, oder ob ſie wiſſe, daß ſie hier einen
ſicherern Aufenthalt habe, weil dieſer Wallfiſch we⸗
niger verfolgt wird, iſt ungewiß. Der Nordcaper
beherbergt andere Meereicheln, die weit flaͤcher ſind,
und ihm wie ein Schoͤnpflaſter, oder wie eine Menge
weißer Warzen auf der Stirne ſitzen. N
Selten aber findet man die Meereicheln einzeln,
ſondern faſt immer in Gruppen. Wir ſehen zwey
ſolche, deren eine (A) Meereicheln mit enger
Muͤndung (L. ore anguftiore ) find, die an der
Guineiſchen Kuͤſte angetroffen worden ſind, die andre
(B) aber eine Gruppe der kleinern Meereichelnaͤrt
(L. Balanoides, /a Clochette) vorſtellt.
Daß von der Baumgans die Fabel erzaͤhlt und
allgemein verbreitet worden ſey, ſie wachſe aus Mu⸗
ſcheln, das haben wir unſern Leſern ſchon bekannt
gemacht. In der Entenmuſchel (L. Anatifera,
\ fa
Entenmuſchel. 53
la Conque anatifere, Langhals, Entenbrut 19), ſe⸗
hen ſie nun die vielſchalige Muſchel ſelbſt, die zu die⸗
ſer abgeſchmackten Fabel, ſo wie zu dem beruͤhmten
Entenbaum Veranlaſſung gegeben hat. Sie hat
fünf Schalen, zwey größere und drey kleinere und
eine gekruͤmmte Seitenſchale, die die andern zuſam⸗
menzuhalten ſcheint. Auf der dieſer entgegenſtehen⸗
den Seite offnet ſich die Entenmufchel, und ihr Bes
wohner ſtreckt ſeinen Fuͤhlerbuſch, den er als Fangnetz
braucht, hervor. Auch er iſt ein Triton, nur iſt ſein
Körper mehr abwärts gedruͤckt; er hat an den Glie⸗
dern mehr Fuͤhler, und dickere und laͤngere Borſten;
auch beſitzt er zwey pfriemenfoͤrmige Stacheln neben
dem Ruͤßel. Dieſer Bewohner iſt die Urſoche, warum
die Entenmuſchel unter die Meereicheln geſetzt wurde.
Statt aber daß dieſe mit ihrer Grundflaͤche an frem⸗
den Körpern feſtſitzen; fo hat jene einen lederartigen
Darm. Dieſen kann die Entenmuſchel verlaͤngern
und verkuͤrzen, ja bis auf ſechs Zoll aus dehnen.
Duͤnn und ſpiegelglatt ſind ihre Schalen, und zuwei⸗
len mit einer Reihe Puncte bezeichnet. Ihre Farbe
iſt gemeiniglich blaulich, auch gelblich weiß. Eine
ſafranfarbige Membrane verbindet ſie. An die aus
Oſt⸗ und Weſtindien zuruͤckkehrenden Schiffe ſetzen
ſich
56 Seemuͤtze. :
ſich viele tauſend Entenmufcheln an. Doch ſind die
aus Oſtindien kommenden größer und ſtaͤrker. In
unſrer Abbildung ſehen wir aus einer (18) den Be⸗
wohner ſeine Arme herausſtrecken; die andre (19)
zeigt uns eine Punctenreihe auf ihrer Schale. So
gewiß die Entenmuſcheln wahre Thiere ſind, ſo haben
ſie doch mit Pflanzen große Aehnlichkeit. Wie dieſe
ſtehen ſie gleichſam eingewurzelt auf einem Stengel,
öffnen ihre Schalen wie einen Blumenkelch, erinnern
durch ihre Fuͤhler an Staubfaͤden, und Haken da, wo
ſie geboren waren.
Eine treffliche, ſehr ſeltne Meerechel ift die
Seemütze (L. Mitella, la Couronne de Serpens,
Cacadukamm 20). Nicht genug kann man uͤber
den Bau, die Verbindung und den Schmuck der we⸗
nigſtens 25 ſehr ungleichen Schalen, aus denen fie
beſteht, erſtaunen. Selten aber ſieht man in Cabi⸗
netten ein vollſtaͤndiges Exemplar, weil die Schalen
leicht abfallen. Dieſe bilden eine Muͤtze oder Krone.
Wie Fallthuͤren öffnen ſle ſich, wenn der Bewohner
ſein ſchon bekanntes Fangnetz ausbreiten will. Ihre
Farbe iſt weiß mit einem gelblichen Ueberzug. Die
Krone ſitzt auf einer lederartigen, chagrinirten Rohre
von brauner Farbe. Wie Zweige einer Pflanze ſtehen
| die
=
Fußzehen. 57
die Seemuͤtzen auf Klippen und Felſen, die die hoͤchſte
Fluth beſpuͤhlt, und leben alſo immer im Waſſer.
Die Bewohner der Molukken ſuchen ſie ſorgfaͤltig auf,
um ihre Bruͤhen damit zu wuͤrzen. Von ihrem Auf⸗
enthalte im oſtindiſchen Meere nennen ſie die Fran⸗
zoſen die oſtindiſchen Fußzehen, zum Unterſchied der
Fuß zehen unfrer Meere, von denen wir unſern Leſern
einen bekannt machen wollen. Mehrere Meereichels
arten tragen dieſen Nahmen. Am beſten paßt er auf
den eigentlichen Fußzehen (L. Pollicipes, le pouce
pied, pouſſe pied 21 a. b.), in dem man eine auffal⸗
lende Aehnlichkeit mit den menſchlichen Zehen, oder
auch, wie andere annehmen, mit Vogelklauen zu
entdecken glaubte. Die Zahl der weißen Schalen iſt
unbeſtimmt. Sie thun auf dem dunkeln Stiele eine
artige Wirkung. Dieſer iſt dicker, haͤrter und zier⸗
licher geſchuppt, als bey den Entenmuſcheln. Auch
dieſe vielſchalige Conchylie bewohnt ein Triton.
Zahlreiche Gruppen ſieht man oft in den Ritzen der
Seeklippen beyſammen ſtehen. Man kann ſie in
Waſſer gekocht eſſen. In ihrem Stiel iſt ein ſchmack⸗
hafter Saft, und das Fleiſch ſchmeckt, in Weineſſig
getaucht, wie Krebſe. Es ſoll ungemein ſtaͤrkend
ſeyn.
Wuͤrmer II. Th. H Doch
| /
58 Bohrmuſcheln.
Doch wir muͤßen die Meereicheln verlaſſen, ſo
manches intereſſante Geſchöͤpf noch unter ihnen
wäre, das unſre Aufmerkſamkeit verdiente, wenn
nicht ſo viele andre noch einen Anſpruch auf eine
Stelle in unſern Unterhaltungen haͤtten.
Daß eine Muſchel ſich in harte Steine as |
bohre, und da ein ſichres Lager ſuche, wo ihre zar⸗
ten Schalen außer Gefahr zu zerbrechen ſind, und
wo der neugeborne Schalwurm ſeine Wiege, der
erwachsne ſeine Wohnung, und der alternde und
verſtorbene ſein Grab, in einem ſelbſt gemachten
Sarkophag findet; ſcheint fuͤr den erſten Augenblick
unglaublich zu ſeyn, und doch iſt nichts gewiſſers als
dieſes, indem wir jetzt unter den vielſchaligen Con⸗
chylien eine Gattung von zwoͤlf Arten kennen ler⸗
nen werden, von denen es ſicher iſt, daß ſie ſich in
die haͤrteſten Maſſen hineinbohren können, Dleß
find die Pholaden oder Bohrmuſcheln (Pholas,
dai!, pitaut), die zwar oft in weichen Thonufern, aber
auch in den harten Schalen andrer Conchylien, in
Madreporen und im Marmor angetroffen werden.
Fluͤchtig betrachtet ſcheinen fie zweyſchalige Conchy⸗
lien zu ſeyn, denn ſie haben zwey große, klaffende
Hauptſchalen; allein um das Schloß herum ſtehen
zwey,
Bohrmuſcheln. 59
zwey, drey, auch vier Schalenaͤhnliche Anſaͤtze. An
der Angel des Schloſſes iſt ein ruͤckwaͤrts gebogner
Zahn, und ein Knochen verbindet die beyden Scha⸗
len. In alles, z. B. in Holz, Felſen, Corallen, be⸗
ſonders aber in die kalkartigen Uferſteine, arbeitet
ſich der Steinbohrer hinein; ja man fand ſchon in
den Saͤulen eines alten Tempels ſolche ungebethne
Antiquare. Noch bis dieſe Stunde ſieht man in
Pozzuolo unter den Ruinen des Serapistempels
Marmorſaͤulen von Pholaden durchbort. Gewiß
nahm man zu einem ſolchen Kunſtwerk keine bereits
von ihnen angeborten Marmorbloͤcke, ſondern erſt
nachher muͤßen die Pholaden hineingekommen ſeyn.
Das Meer muß alſo dort einmal hoͤher geſtanden,
und die Pholaden hingefuͤhrt haben. Hieraus er⸗
hellt aber auch, daß ſie nicht bloß weiche, allmaͤh⸗
lich ſich verhaͤrtende Maſſen anbohren koͤnnen.
Merkwuͤrdig iſts immer, daß jene ehrwuͤrdigen Reſte
des Alterthums wohl dem Zahne der Zeit, nur aber
dem Zahn eines ſo zerbrechlichen Schalwurms
nicht widerſtehen konnten. Daß er aber lieber
Kreide als Marmor, lieber Thon als Granit an⸗
bohre, wollen wir hiemit nicht beſtreiten. Genug,
daß man ihn auch in dieſen findet. |
R 9 a Der
60 | Bohrwurm.
Der Bohrwurm arbeitet ſich in Steine hinein,
wenn er nicht groͤßer als ein Senfkorn iſt. Statt
der Brechwerkzeuge gab ihm die guͤtige Natur theils
eine Schale, die wie eine Feile oder Raſpel, wenn
er ſich umwendet, den Stein abreibt, theils, wie ei-
nige wollen, einen äzenden Saft, der ihn zu Mehl
aufloͤst. So graͤbt er ſich tiefer in den Felſen hinein,
bleibt da, wo er ein ſchickliches Lager gefunden hat
und vermehrt ſich zu tauſenden. Man kann zuwei⸗
len Felsſtuͤcke zerſchlagen, an denen man nur mit
Muͤhe eine ganz kleine Oeffnung, ſo groß wie einen
Stecknadelknopf, findet ‚im Innern aber mit Er⸗
ſtaunen zahlreiche Pholadenhaushaltungen ſieht.
Nothwendig muͤßen ihre Mitglieder, oder wenigſtens
die Stifter dieſer Familien ganz klein hinein gekom⸗
men ſeyn und ihre Wohnung erweitert haben, je
nachdem es das Wachsthum der Familie an Größe
und Anzahl erforderte. Immer aber arbeiten ſie ſo,
daß das Meer hineindringen, ihre Wohnungen aus⸗
ſpuͤhlen und ihnen Futter zuführen kann. Die Oeff⸗
nungen find trichterförmig, das engere Ende dem
Meere zugekehrt. Faͤllt dieſes und zieht ſich zuruͤck,
ſo daß die Pholade im Trockenen bleibt und der Son⸗
nenhitze, die den Stein durchgluͤht, ausgeſetzt iſt; ſo
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Steinbohrer. 61
muß ſie ſterben. Ihr Anzug iſt eigentlich einfach,
wie er ſich fir einen Einfiedler ziemt; doch leuchtet fie
im Finſtern. Ob das aber von allen Arten gelte, iſt
ungewiß. Linns nannte den Bewohner eine Meer⸗
ſcheide, die wir ſchon unter den Schleimwuͤrmern
kennen lernten. Er ift ein wurmartiges Geſchoͤpf,
das ſich fingerslang aus feiner Schale hervorſtrecken
kann und vorn zwey Oeffnungen hat. Mit feinen
Ruͤßel, den er am ſchuabelfoͤrmigen Ende feiner
Schalen herausſtreckt, ſpruͤtzt er Waſſer gegen
den zudringlichen Gaſt, der in ſeine Zelle will.
Und doch kriecht der Scolopender hinein und mordet
ihn. Auch dient ihm jener Ruͤßel, um Waſſer hinein
zu pumpen. Friſch und gekocht iſt das Fleiſch der
Pholaden wohlſchmeckend.
Unter ihnen zeigen wir unſern Leſern zuerſt den
Steinbohrer (Ph. Dactylus, le Pitaut, le Dail
a fix pieces, Dattelmuſchel, Meerdattel), und zwar
theils bloß die Muſchel (22), theils den aus ihr her⸗
vorſchauenden Bewohner (23). Jene lauft, wenn
der Bewohner ſich in ihr verborgen haͤlt, vorn in eine
flache Schaͤrfe zuſammen; hinten iſt ſie bauchiger
und gewoͤlbter. Hier find auch die Stacheln und
Zacken, die durch erhoͤhte Querſtreifen gebildet wer⸗
23 den,
62 Steinbohrer.
den, ſchaͤrfer und ſtaͤrker; nach vorn zu nehmen ſie
ab und verlieren ſich endlich ganz. Am dickern
Theile klaffen die Schalen und ſtehen weit ausein⸗
ander. Daher waren noch vier kleinere Nebenſcha⸗
len zur Bedeckung des Ruͤckens und des Schloſſes
nöthig, die aber aͤußerſt duͤnn und zerbrechlich find,
Das Letztere hat an jeder Schale einen langen
Zahn, der in die andre hineingeht. Was die klei⸗
nen Löcher zwiſchen den Lippen am Schloſſe bedeu⸗
ten, iſt unbekannt. Da wo die Schalen ausgeſchweift
ſind, ſchließen ſie nie ganz, ſondern klaffen immer
etwas. Eine andre Art hat hinten einen Deckel,
den man lange fuͤr eine Patellen⸗ oder Napfſchne⸗
ckenart hielt, bis man erfuhr, daß es ein Pholaden⸗
deckel ſey. Außen haben die Schalen des Stein⸗
bohrers eine weißgelbe Farbe; innen m ſie
ſchneeweiß.
In den Klippen und Felſen der europäischen
Meere hat er feine Wohnung, die er nach Beduͤrf⸗
niß vergrößert, An der duͤnnern Seite ſtreckt der
Bewohner ſeinen Cylinder, an dem man deutlich
zwey Oeffnungen und mehrere Federbuſchaͤhnliche
Fuͤhler bemerkt, heraus. Indem er ſich mit demſel⸗
ben anſtemmt, kann er die Muſchel wie um eine
Achſe
Gerippte Bohrmuſchel. 63
Achſe drehen, und dann thut ihre rauhe Seite die
Dienſte einer Feile, und erweitert die Wohnung.
Eben dieſe ruͤßelartige Röhre ſtreckt er aus dem
Loch ſeines Felſenlagers hervor, und wartet ſo, was
ihm die See zufuͤhrt. Eine Oeffnung oben an der-
ſelben dient zum Freſſen; die andre zum Wegſchaffen
des Unraths. Auch die Ener ſoll auf dieſem Wege
ans Tageslicht kommen und von dem Meere zum
Theil an Steine und Kuͤſten hingeſpuͤhlt wer⸗
den. Sehr wohlſchmeckend iſt der Steinbohrer.
Im Finſtern leuchtet er fo ſtark, daß der, der ihn
genießt, Feuer zu verſchlingen ſcheint, und daß die
Tropfen, die von ſeinem Munde herabfallen, Funken
gleichen. So darf dieſer Eremite nicht in ewigem
Dunkel leben. Er iſt ſich ſelbſt ſein Licht, verraͤth
ſich aber eben dadurch auch ſeinen Feinden. Im
Fruͤhlinge ſind die Pholadenfaͤnger (pitoquiers) am
meiſten beſchaͤftigt, dieſe 1 aus den dae |
herauszuhzuen.
Eine vorzüglich ſchoͤne Bohrmuſchel ift die ge⸗
rippte (Ph. Coſtatus, la Navette tnilde 24), die
an der weſtindiſchen Meereskkuͤſte zu Haufe it. Sie
zeichnet ſich durch ihre Größe, ihre hervorſtehenden
Rippen und ihre ſchoͤne Weiße ſehr aus. Dornige
Schup⸗
64 Zwergpholade.
Schuppen befinden ſich auf den Rippen und in den
Furchen zwiſchen ihnen eine Menge Runzeln. Hin⸗
ten ſind die Schalen ſehr bauchig und gewoͤlbt. An
ihrem Wirbel ſieht man geſtreifte Lippen. Weder
die Zahl der Nebenſchalen noch ihre Lage iſt n
beſtimmt. |
Aber nicht bloß im Steine, fondern auch im Han
findet man Bohrmuſcheln. Wir reden hier nicht
von dem berüchtigten Schiffswurm (Teredo nava-
lis), ſonderu von der Zwergpholade (Ph. Puſillus,
la Pholade des Indes d cing pieces 25). Ihre
wahre Größe iſt das aͤußerſte Glied eines Fingers,
und eben daher muß man fie vergrößern, um fie recht
kenntlich zu machen. Hinten iſt ſie faſt kugelrund
und hat da ein ſehr rauhes zum Feilen des Holzes
gegittertes Feld; dann kommt ein glattes, das ſchoͤn
weiß iſt, aber nur auf der andern Seite dieſer Pholade
ſichtbar wird. Vorn hat die Schale die Duͤnne einer
Haut und iſt ſehr zerbrechlich. Die innern Waͤnde
find milchweiß. Deutlich ſehen wir die Neben:
ſchale, die das Schloß bedeckt und durch einen
Zahn der Hauptſchalen feſtgehalten wird. Duͤrf⸗
ten wir uns länger hiebey verweilen, fo konnten
wir die Structur des Deckels, wie der Hauptſchalen,
mit
Zweyſchalige Conchylien. 65
mit den jenen feſthaltenden Zaͤhnen ausfuͤhrlicher
beſchreiben, was eine ſchoͤne Anſtalt der Natur iſt,
um das Ganze auch ohne eigentliche Baͤnder zuſam⸗
menzuhalten. Unter der Platte, die den Deckel vor⸗
ſtellt, iſt eine laͤngliche Schale und noch eine Aehn⸗
liche liegt weiter vorwaͤrts. Demungeachtet klaffen
die Hauptſchalen ziemlich von einander. In den
oſt⸗ und weſtindiſchen Meeren iſt dieſe Zwergpholade
zu Hauſe. Auch ſie mag ſich noch ganz klein in das
Holz hineinarbeiten und erſt da wachſen. Denn als
einmal ein aus Weſtindien nach Spanien zuruͤckkom⸗
mendes Schiff calfatert wurde, fand man im Kiel
eine zahlloſe Menge ſolcher Holzpholaden. Die Lüs
cherchen aber waren ſo klein, daß man nicht begrei⸗
1 en wie ſie re wären,
— m on
:
5
ee
1. Zweyſchalige Conchylien.
Teſtacea Bivalvia.
Klaffmuſchel. Mya.
Waſermuſchel (26. 27). Perlenmuſchel (28).
Sandkriecher (29).
Wir kommen nun zu der ann ie der Conchylien,
Ve Würmer II. Th. 2 die
66 Zweyſchalige Conchylien.
die Muſcheln im eigentlichen Verſtande heißen. Sie
haben nicht mehr als zwey Schalen. Dieſer einfache
Charakter reicht hin, ſie von andern zu unterſcheiden.
In den Schloͤſſern und Angeln dieſer Muſcheln, das
heißt da, wo ſie verbunden bleiben, wenn auch das
in ihnen wohnende Thier gleichſam ſeine Hausthuͤre
offnet, wie das ja bey jeder ſich offnenden Thuͤre in
Abſicht auf die Angel der Fall iſt, herrſcht eine ſo
auffallende Verſchiedenheit, daß ſcharfſinnige Natur⸗
forſcher die Gattungscharaktere nach der Structur
dieſer Schloͤſſer zu beſtimmen fuͤr gut fanden. Im
Grunde zerfallen ſie in zwey Ordnungen in Ruͤckſicht
dieſer Schloͤſſer; indem die Einen kein Charnier
am Schloſſe, ſondern ſtatt desſelben bloß eine hau⸗
tige, knorpelige Befeſtigung haben, die Andern aber
ein gezahntes Charnier mit ſtarken, feſten Zaͤhnen,
die in die gegenuͤberſtehenden Vertiefungen eingrei⸗
fen, beſitzen. Wenn demnach unter den jetzt zu be⸗
ſchreibenden Gattungen Conchylien vorkommen, die
dem aͤußerlichen nach ſo verſchieden ſind, daß ſie un⸗
möglich für Arten Einer und derſelben Gattung ges
halten werden konnen, fo dürfen unſre Leſer nur den⸗
ken, daß ſie wenigſtens in Abſicht auf das Schloß
einander gleichen. |
Daß
Bi 1
ee
Klaffmuſcheln. 67
Daß die Klaffmuſcheln (Coquillages beantes)
nicht vollkommen ſchließen, das kann man ſchon aus
ihrem Nahmen abnehmen, obgleich dieſes eben nicht
von allen gilt. Ihre Schale beſteht aus zwey Klap⸗
pen, die an einem Ende etwas von einander ſtehen,
oder klaffen. Ein ſtarker, ausgehoͤhlter Zahn ſteht
am Schloſſe; er ſchließt aber nicht iu die andre
Schale ein. Das in dieſer Muſchel wohnende Thier
kommt den Seeſcheiden nahe. Eigentlich ſind die
Kiaffmuſcheln Flußmuſcheln. Hier leben fie im
Sande und Schlamme, in den fie fich hineinwuͤhlen.
Bisher kennt man 21 Arten.
Nichts kann gemeiner ſeyn, als die Muſchel,
die wir jetzt unſern Leſern, wir duͤrfen nicht ſagen,
bekannt machen, ſondern nur ins Gedaͤchtniß rufen.
Fehlen laſſen durften wir ſie aber nicht; denn eben
um dieſer Gemeinheit willen muͤßen wir mehr von
ihr wiſſen, als daß ſie in allen Farbenkaͤſtchen zu
finden ſey. Wir errathen ſchon, daß hier von der
Malermuſchel (M. Pictorum, la moule des rivie-
res, nacrde) die Rede ſey, die man in allen ſuͤßen
Gewaͤſſern von Europa und auch in Aſien und Africa
in ungeheurer Menge findet. Ihre Groͤße, Dicke
und Farbe iſt ſehr verſchieden. Gewoͤhnlich faͤllt
unn J 2 das
68 Malermuſchel.
das Aeußere der Schalen ins Gruͤnliche, RT ins
Braͤunliche oder auch ins Schwarze. Die Uaſſigs
(26) iſt artig geſtrahlt. Innen iſt ſie weiß mit ei⸗
nem Perlenmutter⸗Schiller, auch e |
lem Der Form nach iſt die Schale eyrund.
ee ein eu ee ein en ge | BER
ziemlich flache Form und eine etwas duͤnne Schale.
Jedoch wird der Nahme Malermuſchel auch audern
Klaffmuſcheln gegeben, bey deuen das nicht ſo ganz
ſtatt findet, wie das gleich bey der kleinen der Fall
iſt, die einen andern Bau hat (27). Auch ſchließen
bey dieſen die Schalen recht gut und klaffen nicht im
mindeſten, was freylich für den ſtrengen Syſtemati⸗
ker etwas bedenklich iſt, zumal da ſie nicht bloß ei⸗
nen Hauptzahn haben. Beweis genug, daß man
bey dieſer Gattung noch nicht ganz im Reinen iſt.
Gewöhnlich ſind die Malermuſcheln an der außern
Seite der Schloßgegend etwas verwittert, ſo daß
— — en iſt. Leser
Muſcheln —— sen fie ſich
dabey faſt immer auf das Schloß, deſſen Oberhaut
dadurch abgenuͤtzt wird. ns mögen hier Maflera
800 . 83 inſecten
2
Al/
7
7
4
2
N
0
Perlenmuſchel. 69
inſecten fie annagen. Zuweilen findet man im In⸗
nern grießartige Perlen, was uͤberhaupt bey gar vie⸗
len Muſcheln der Fall iſt, nur bey einigen mehr,
bey andern weniger. Doch kommen dieſe Perlen in
keinen Betracht gegen die zum Theil ganz vortreff⸗
lichen Perlen, die in einer andern Klaffmuſchelnart,
naͤhmlich der Perlenmuſchel (M. Margaritifera,
la Tenille ftuviatilo, mere des porles 28) angetrof⸗
fen werden. Faſt allenthalben in Europaͤiſchen
Fluͤſſen und Baͤchen, die reines, kaltes Waſſer und
einen Sand: oder Thongrund haben, vorzüglich aber
in Thaͤlern, in die ein Fluß oder Bach, bald nach
ſeinem Urſprunge, von Bergen herabſtuͤrzt, iſt fie zu
Haufe. Sie wird größer; dicker und hartſchaliger
als die Malermuſchel, hat aber im Baue viel Aehn⸗
lichkeit mit ihr. Nur laufen die Schalen nach vorn
zu etwas enger zuſammen, und haben hinten, d. h.
in der Gegend der Angel, einen dickern Bauch. Hier
iſt der kegelfbrmige Hauptzahn ſehr ſtark und mehr⸗
mals gekerbt. Der aͤußern Rinde dieſer Schalen
ſieht man nicht an, welche Schaͤtze oft unter ihr ver⸗
borgen liegen. Sie iſt grob, rauh, ſchiefrig und von
gemeiner braͤunlicher oder auch ſchwaͤrzlicher Farbe.
Am Wirbel findet man ſie faſt immer abgeſchliffen
wm 33 und
20 Perlenmuſchel. N
und von Wuͤrmern verletzt. Tiefe Narben und Ein⸗
druͤcke der Muskelflecken zeigen ſich im Innern der
Schalen, da wo das Thier an ihnen befeſtiget iſt.
Je verwitterter und unſcheinbarer die Schalen von
außen ſind, um deſto eher kann man Hoffnung ha⸗
ben, im Innern Perlen zu finden. Sie ſowohl als
die oft treffliche Perlenmutterſchale verbirgt der fo:
beſcheidne Ueberzug. Von der muthmaßlichen Ent⸗
ſtehung aber der Perlen ſelbſt, von den Verſuchen,
ſie durch kuͤnſtliche Mittel in den Muſcheln hervor⸗
zubringen, den Anſtalten, ſie aus den Abgruͤnden des
Meeres heraufzuhohlen u. d. m. werden wir erſt dann
reden, wenn wir zu den Muſcheln kommen, in denen
die orientaliſchen Perlen gefunden werden. Nur das
wollen wir hier bey der Flußperlenmuſchel noch hin⸗
zufuͤgen, daß man ſie in nordlichen Laͤndern ſchon
eine Viertelelle lang und eine Mannshand breit an⸗
getroffen, und daß man in Schweden, Daͤnnemark,
ja auch in Deutſchland, zumal in der Elſter, aus die⸗
ſer Muſchel Perlen bekommen habe, die den orien⸗
taliſchen an Schoͤnheit ziemlich gleich kamen, und N
Königinnen und Fuͤrſtinnen zum Schmucke dienten.
Bey Chriſtiansſand, in Norwegen, wird fuͤr Rechnung
der Koͤniginn eine ſehr ergiebige Fluß⸗Perlenfiſcheren
betrie⸗
betrieben, und in der Englifchen Krone prangt eine
einheimiſ che Flußperle von ausnehmender Schönheit
und Grdße. Uuter den deutſchen Flaͤſſen liefert die
Elſter die ſchoͤnſten und beruͤhmteſten Fluß perlen.
Unſre Abbildung zeigt uns eine ſolche Perlenmuſchel
aus der Elſter; freylich iſt ſie ziemlich verkleinert, was
wir überhaupt, um auf unfern Kupfertafeln Raum
für mehrere intereſſante Gegenſtaͤnde zu gewinnen,.
faſt immer thun muͤßen. In ihr ſaß eine noch unreife
Perle, da hingegen die ſogenannten reifen frey lagen.
Schon in den aͤlteſten Zeiten ſchaͤtzte man die Perlen
aus der Elſter. Man hat welche gefunden, die die
Vergleichung mit den orientaliſchen vollkommen aus⸗
hielten, und deren einziger, in Deutſchland freylich
ſehr bedeutender, Fehler darin beſtand, daß fie eins
heimiſch waren. Eine Koͤniginn von Pohlen trug ein
Halsband von Elſter⸗Perlen, und König Auguſt hielt
Strandreuter, die den ungebethenen Perlenfiſchern
ihr Handwerk legen mußten. Auch im Fraͤnkiſchen
und in Bayern werden viele Perlenmuſcheln gefunden,
die zuweilen ſehr ſchoͤne, zuweilen aber auch etwas
braune und graue Perlen haben.
Bey dem Sandkriecher (M. Arenaria, le
Patagau 29), einer andern Klaffmuſchelart, ſehen
wir
72 Sandkriecher.
wir den Bewohner mit dem wichtigen Werkzeuge,
das ihm ſo nothwendig iſt, um ſich fortzubewegen
und in Sand und Schlamm zu graben. Wir ſagen,
ſich fortzubewegen. Denn gar vlele Muſcheln haben
nicht bloß die Gabe, ihre Schalen auf- und zuzuma⸗
chen, fondern fie konnen auch gewiſſer Maßen gehen.
Je unbegreiflicher dieß iſt, um deſto begieriger wer⸗
den unſre Leſer ſeyn, zu erfahren, wie ſie ſich dabey
benehmen. Belauſchen wir unſre auf dem Sands
grunde eines Flußes liegende Muſchel, wenn ſie noch
ganz horizontal auf der Seite liegt, wie ſie es angehe,
um, ohne ſich bloß unthaͤtig durch das Waſſer an
einen andern Ort hinſchwemmen zu laſſen, willkuͤr⸗
lich ſich zu einem gewiſſen Ziele hinzubegeben: ſo
werden wir ſehen, wie ſie vor allen Dingen die Schale
offne und eine Art Zunge herausſtrecke. Vermittelſt
ihrer raͤumt ſie uun rings um ſich her den Sand weg,
ſo daß gleichſam ein Graben entſteht. In dieſen
gleitet das Schalgehaͤuſe, indem die Zunge gegen
uͤber in den Sand greift, ſo hinab, daß es auf die
ſcharfe Seite zu ſtehen kommt. Jetzt iſt die Muſchel
gleichſam von ihrem Lager aufgeſtanden. Doch ſie
will auch vorwaͤrts. Zu dieſem Ende macht die
nuͤtzliche Zunge eine Furche oder Rinne in den Sand,
* a greift
*
*
Sandkriecher. Ber?
greift feft in denſelben, und zieht in der Furche die
Schale immer nach ſich, die ſo in der Rinne fort⸗
glitſcht und auf der ſcharfen Seite erhalten wird.
Auf bieſe Art bahnt fie ſich ſelbſt ihren Weg, und
kommt, wenn auch langſam, doch ſicher an Ort und
Stelle. Sie gibt dabey ihrem Fuße willkuͤrlich al⸗
lerley Formen, je nachdem es das Beduͤrfniß erfor⸗
dert, und weiß ihn bald ſpitzig, bald ſtumpf, bald
weich, bald hart zu machen. Doch wir muͤßen unſre
Abbildung des Sandkriechers näher beſchreiben.
An der hinten angebrachten Schalenhälfte ſehen wir
den Haupt: und Schloßzahn, deſſen Breite der Mus
ſchel den Nahmen Breitzahn erwarb, und der in die
Hoͤhlung der andern Haͤlfte eingreift und da mit.
Baͤndern verbunden iſt. In dieſer erblicken wir das
Thier mit ſeinem Ruͤßel, den es auf eine Elle aus⸗
ſtrecken kann. Um die gedoppelte Oeffnung desſel⸗
ben ſtehen Fuͤhler. Durch die eine dieſer Oeffnun⸗
gen kann es wohl ſechs Fuß weit Meerwaſſer ſpruͤ⸗
tzen, womit es die bewillkommt, die es aus ſeinem
Sandlager herausgraben. In dieſem verrathen ſeine
Gegenwart zwey Löcher. Die andre Oeffnung dient
als Ausleerungscanal. Der eigentliche Körper (a)
liegt zwiſchen den Kiemen. Hinter ihm ſehen wir
"Würmer 11. Th. K vier
74 Scheidenmuſchel.
vier laͤngliche Theile, deren Gebrauch unbekannt iſt,
und unter ihnen bey b einen flachen, weißen Theil,
der eigentlich der Fuß oder die Hand iſt, womit ſich
der Sandkriecher fo geſchickt fortzuhelfen weiß.
Was die Schale betrifft, fo iſt fie enfdrmig und
gewoͤlbt. Sie klafft auf beyden Seiten. Gemeinig⸗
lich hat ſie eine gelbliche, kalkartige und runzlige
aͤußere Hauͤt. Innen iſt ſie weiß und glatt mit ei⸗ |
nem Perlenmutterſchiller. g
112 —K—ññ̃ñññʒññ.—.
Tab. VI.
Scheidenmuſchel. Solen.
Das Meſſerheft (30. 31). Die Rinne
(32-34). Die Saubohne (35). Der vio⸗
lettblaue Sonnenſtrahl (36).
Nicht ganz uͤbel gewaͤhlt, wenigſtens fuͤr die mei⸗
ſten der 23 Scheidenmuſchelnarten, iſt ihr Gattungs⸗
nahme. Ihre Schalen ſind wirklich ſcheidenfoͤrmig
und ſtehen an beyden Seiten offen. Um ihrer Form
willen nannte man ſie auch Orgelpfeifen, Schoten,
Huͤlſen u. d. m. Die Angel ihres Schloſſes hat eis-
nen zuruͤckgeboguen oft doppelten Zahn. Dieſer legt
A aueh
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1
2 | 4
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Meſſerheft. 75
ſich genau an den Zahn der andern Schale. Ein
ſtarkes lederartiges Band macht die Verbindung
deſto fichrer. Der Bewohner ähnelt einer Meer⸗
ſcheide. Sein Mantel gleicht einem an beyden Ens
den offnen Sack, am vordern ſtehen zwey Luftröh⸗
ren, am hintern aber befindet ſich der eylindriſche
Fuß. Dieſer iſt ſehr merkwuͤrdig und thut den Schei⸗
denmuſcheln herrliche Dienſte. Gehen Fönnen fie
zwar nicht; aber ſich in den Sand zu graben und
eine Zelle zu machen, in der fie auf⸗ und niederſtei⸗
gen können, das verſtehen fie vortrefflich. Wir wer⸗
den bald davon noch mehr hoͤren. Im —
leuchten einige dieſer Schalwuͤrmer.
Gleichſam abgeſtumpft und zugerundet find die
etwas gekruͤmmten Schalen des Meſſerheftes (S.
Siliqua, la Manche de coutean 30). Am Schloſſe
hat eine derſelben zwey ſehr ſpitzige nahe beyſammen
ſtehende Zähne, Zwiſchen dieſe fügt ſich der unge⸗
mein duͤnne Zahn der andern Schale. Seine Fein⸗
heit macht, daß man ihn gar oft abgebrochen findet.
Dieſe Zaͤhne wuͤrden ohne das ſtarke, ſchwarze Band
nicht hinreichen, die Schalen zuſammen zu halten.
Innen findfie, wie ihr Bewohner, ſchneeweiß. Eine
8 hornartige, durchſichtige Haut, die leicht
K 2 ab⸗
26, Meflerheft.
abſpringt, bedeckt die Schale außen. Im Europaͤi⸗
ſchen Ocean findet man ſie in Menge. Die größs
ten wohnen um die Ferrdiſchen Eylande. Bey Zr
ſehen wir dieſe Muſchel mit ihrem ausgeſtreckten
Bewohner, der eben im Begriffe iſt, ſich zuruͤckzu⸗
ziehen, daher ein Theil desſelben etwas aufgeſchwol⸗
len iſt. Vorn hat er zwey Oeffnungen. Wir ha⸗
ben ſchon oben einen Wink davon gegeben, daß die⸗
ſes Thier zwar nicht eigentlich gehen, aber doch ſich
auf eine geſchickte Art forthelfen konne. Aus ſei⸗
nem langen fleiſchigen Werkzeuge macht dieſer Be⸗
wohner des Meſſerhefts alles, was er will; bald
eine Schaufel, um zu graben und den Sand weg⸗
zuſchaffen; bald einen Hacken, um emporzuklettern;
bald eine Stuͤtze, um ſich anzuſtemmen und fortzu⸗
ruͤcken, und bald gibt er ihm die Form eines ganz
runden Balles. Dieß thut er alles mit großer Ge⸗
ſchwindigkeit. Obgleich er immer im Salzwaſſer
lebt, fo verabſcheut er dennoch das Salz fo ſehr,
daß er, ſobald man Salz in ſein Loch ſtreut, ſeine
Wohnung ungeſaͤumt verlaͤßt. Greift man ihn
einmal mit der Hand an, ſo zieht er ſich in ſeine
Scheide zuruͤck, ohne daß man ihn mit allem Salz
in der Welt je wieder heraustreiben könnte. Er
N 5. ſcheint
Rinne. A
ſcheint es alfo zu merken, daß er ſchon einmal ges
fangen war. Vermeidet man aber das Einzige,
und ruͤhrt ihn nur nie an, ſo laͤßt er ſich, ſo oft man
nur will, durch gedachtes Mittel aus ſeiner Scheide
heraustreiben. Mit dem Darm eines Schafes kann
man dieſe Muſchel auch bekommen. Gierig ver⸗
ſchluckt ihr Bewohner das eine Ende desſelben.
Jetzt bläct man am andern hinein. Nun ſchwillt
er auf, iſt ſeiner nicht mehr maͤchtig, und laͤßt
ſich leicht mit dem Darm ſelbſt heraufziehen, der
fo als Angel, als Angelſchnur und als Köder ges
dient hat.
Nur Einen Zahn hat das Schloß der Rinne
(S. Vagina 32), und dieß iſts, was fie hauptſaͤchlich
vom Meſſerheft unterſcheidet. Im Grunde bilden
die Schalen einen hohlen, in der Mitte getheilten
Cylinder, der vorn und hinten offen iſt. Dieſe Mu⸗
ſcheln liegen nicht, wie man etwa denken möchte,
im Sandgrunde des Meeresſtrandes, den ſie zum
Aufenthalte haben, der Laͤnge nach, ſondern ſie
ſtehen aufrecht, wie Orgelpfeifen. Ein Loch im
Sande verraͤth ihre Gegenwart. Man muß ſie mit
größter Geſchwindigkeit ausgraben, ſonſt ziehen fie
ſich eiligſt tiefer in den Sand hinein. Gern ſpruͤ⸗
en K 3 tzen
778, Saubohne.
tzen ſie durch ihre Roͤhre Waſſer von ſich. Ihr
Fleiſch iſt hart und unverdaulich. Demungeachtet
ſalzen es die Chineſer ein und eſſen es ganz gern.
Die Rinnen im mittellaͤndiſchen Meere ſollen zaͤrter
ſeyn. Auf ihren Schalen bildet die Oberhaut zwey
artige Triangel an jeder Seite, deren einer nach
der Laͤnge, der andere aber quer bogenfoͤrmig ge⸗
ſtreift iſt. In den Farben ſind die Rinnen ſehr ver⸗
ſchieden. Die Unſrige, die aus Weſtindien kommt,
ſieht angenehm aus. Um ſowohl von den zweyfach,
als auch den einfach gezaͤhnten uns eine deutliche
Vorſtellung machen zu koͤnnen, ſehen wir ein Stuͤck
vom Meſſerheft (33) und von der Rinne (34) ge⸗
rade da, wo ſich das Schloß befindet.
Die Bauart, wie die Zeichnung berechtiget,
die Saubohne (S. Legumen, le Molan 35) den
rinnenartigen Scheidenmuſcheln beyzuzaͤhlen. Sie
und mehrere ihrer Gattung ſehen Huͤlſenfruͤchten ſo
aͤhnlich, daß man eine Familie huͤlſenartiger Schei⸗
denmuſcheln annahm. Bey der Saubohne iſt das
Schloß ziemlich in der Mitte; bey andern aber
bald mehr nach vorn, bald mehr nach hinten zu.
Jede Schale hat zwey kleine, ſehr ſpitzige Zaͤhne.
Ein Triangel des aͤußerſt zarten Schalenkleides
hat
Violettblauer Sonnenſtrahl. 79
hat ſchwache, blauliche Bogen, der andere iſt gelb⸗
lich. Höchft felten iſt dieſe Conchylie, die am Aus⸗
fluſſe des Nigers auf der Africaniſchen Kuͤſte gefun⸗
den worden iſt.
Etwas weniger den Scheidenmuſcheln abnüch
iſt der violettblaue Sonnenſtrahl (8. Radiatus,
le Soleil levant 36), wenigſtens graͤnzt dieſe Con⸗
chylie näher an die Tellmuſcheln. Die vier ſchö⸗
nen, weißen Strahlen, die vom Wirbel ausgehen,
und die das angenehme Violett, das auch innen
die Hauptfarbe iſt, durchſchneiden, erinnern an
die Pracht der aufgehenden Sonne, und eben dar⸗
um gaben ihr die franzoͤſiſchen Conchyliologen von
ihr den Nahmen. Die laͤnglich eyformigen Sta⸗
cheln ſtehen an beyden Seiten offen. Sie ſind etwas
durchſichtig, glatt und ſehr zerbrechlich. Das
Schloß liegt gar nicht in der Mitte. Jede Schale
hat zwey ſpitzige Zähnchen und am Rande einen
kleinen Wulſt. Von der tranquebariſchen Kuͤſte
kommt dieſe Muſchel. Auch ſie ſteht aufrecht im
Sande, und nur ein kleines Loch, ungefaͤhr wie
ein Schluͤſſelloch, verraͤth ihre Gegenwart in dem⸗
ſelben.
.
Tab.
80 „
Tab. VII.
Tellmuſchel. Tellina.
Der Rothſtrahl (37). Die Bacaſſanmu⸗
ſchel (38). Die Sumpftellmuſchel (39.40).
Die Katzenzunge (41). Die Goldzunge (42).
5 Der Blutflecken (43. 44).
Woher die Tellmuſcheln ihren Nahmen führen, ift
noch durchaus unentſchieden. Statt unfre Leſer mit
den verſchiednen Meinungen daruͤber zu unterhalten,
wollen wir lieber offenherzig geſtehen, daß wir es
nicht wiſſen. Die Muſcheln, die zu dieſer Gattung
gerechnet werden, find vorn etwas gektruͤmmt, eckig
und umgebogen. Das Schloß hat gemeiniglich drey
Zähne, deren mittelſter bey den meiſten getheilt und
geſpalten iſt. Fuͤr die Seitenzähne find weder in der
untern Schale Gruͤbchen, in die fie eingreifen, noch
Gegenzaͤhne, an die fie ſich ſchließen konnten. Nicht
bey allen Tellinen oder Tellmuſcheln, deren bereits
or Arten bekannt find, bemerkt man dieſe Kennzet:
chen zugleich; die Eine beſitzt dieſes, die Andre jenes.
In ihrer aͤußerlichen Geſtalt herrſcht eine große
Verſchiedenheit. Einige unter ihnen find epfoörmig
und etwas gewoͤlbt; andre flaͤcher, und wieder andre
faſt
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Rothſtrahl. 81
faſt ganz rund. Der Bewohner iſt ein Thier, das
den Seehaſen gleicht, von denen wir unter den
Schleimwuͤrmern einige kennen lernten. Gern haͤlt
er ſich in naſſem Sande auf, wo er ſich durch die
Köcher, die man im Sande wahrnimmt, verraͤth.
Aus feiner Schale ſtreckt er zwey Röhren hervor, die
ihm bald als Haͤnde, bald als Fuͤße dienen. Selbſt
ſpringen kann er, indem er ſich durch ſie, wie durch
eine Feder, eine gewiſſe Schnellkraft gibt.
Eine ſehr ſchoͤne, glänzend glatte Tellmuſchel,
iſt der Rothſtrahl (T. Radiata, la Telline rayde
couleur de chair, purpurfarbiger Sonnenſtrahl 37)
Roſenrothe, gelbliche und weiße Strahlen, von zahl⸗
loſen feinen Linien durchſchnitten, verbreiten ſich
vom roſenrothen Wirbel nach dem Umkreiſe hin, und
werden von weißen Querbinden unterbrochen. Die
etwas gekruͤmmte Schale iſt nur wenig umgebogen
und ſchließt nicht ganz genau. Ihr aͤußerer Rand
iſt ſehr ſcharf. Am After, d. i. hinter der Wölbung
des Schloſſes, befindet ſich ein tiefer, laͤgglicher Ein⸗
druck; die Nymphen, oder das braune, lederartige
Band am Schloſſe, ſtehen hervor. Weſtindiens
Kuͤſten ſind das Vaterland, wenn man bey Seege⸗
ſchöpfen von einem Vaterlande reden darf, diefer
Wuͤrmer II. Th. L Mu⸗
82 Bacaſſanmuſchel.
Muſchel. Obgleich fie ſehr ſchoͤn iſt, fo kann man
fie doch keine Seltenheit nennen. Am Strande der
Zuckerinſuln, liegen ſie zu tauſenden. Man findet
ſie auf viertehalb Zoll breit und anderthalb lang.
Wir muͤßen aber nicht vergeſſen, daß die Conchylio⸗
logen das Wort lang und breit, nicht wie etwa der
gemeine Sprachgebrauch ſi ch hier ausdrücken würde,
nehmen. Bey ihnen bezeichnet Länge die Entfer⸗
nung des Schloſſes von dem gegen uͤberſtehenden
Rande a- b; die Breite aber die Entfernung von der
Border: bis zur Hinterſeite am aͤußern Rande c- d.
Z3u den ſeltenſten und ſchoͤnſten Tellmuſcheln
gehört die Bacaſſanmuſchel (T. Gari 38). Dieß
gilt aber vorzuͤglich von der praͤchtigen, amethyſt⸗
farbigen und geſtrahlten, bey der auch die innern
Waͤnde dem ſchoͤnſten Amethyſt gleichen. Denn ſie
wird auch von andern gemeinen Farben gefunden.
Ihrer Bildung nach iſt fie laͤnglich eyformig, etwas
eckig und ziemlich flach. Die linke Schale hat am
Schloſſe einen geſpaltnen Mittelzahn, die rechte
zwey. Das Vergroͤßerungsglas zeigt erſt die Rich⸗
tung und Mannigfaltigkeit der Laͤngs⸗ und Quer⸗
linien, womit dieſe Muſchel bezeichnet iſt. Am
Strande von Nicobar ward das Original unfrer
Abbil⸗
Sumpftellmufchel. 83
Abbildung gefunden. Ob von ihr das Fleiſch auch
ſo ſchmackhaft ſey, als von andern, wiſſen wir nicht;
wohl aber daß einige Bacaſſanmuſcheln, beſonders
aber eine andre Tellinenart, die die oftindifche uns
ächte heißt, den Bacaſſan oder das Garum gebe,
was eine ſchmackhafte, den Appetit reizende Wuͤrze
oder auch Sauce der Speiſen iſt. Man ißt den
Bacaſſan zum Braten. Es gibt weißen und ſchwar⸗
zen. Um jenen zu bekommen, nimmt man das
Fleiſch aus den Muſcheln, legt es in Eſſig und thut
noch manche Gewuͤrze hinzu. Schwarzen aber
macht man, indem man die ganze Schale mit dem
Thiere einpoͤckelt; wenn man davon etwas brauchen
will, fo öffnet man die Schalen und nimmt vom
Fleiſche heraus. Dieß wird ganz braunſchwarz. In
Oſtindien iſt dieſer Genuß ſehr gemein, in Weſtin⸗
dien hingegen, wo doch die Muſchel aͤußerſt haͤufig
iſt, gar nicht, vielleicht bloß weil die Mode daſelbſt
noch nicht den Ton angegeben hat. Denn es iſt ſelt⸗
ſam genug, daß ſie auch in dem, was bloß fuͤr den
Richterſtuhl des Geſchmacks gehört, ihre tyranniſche
Herrſchaft ausuͤbt.
N Zwar hat die Sumpftellmuſchel (T. Cornea,
ia Came des ruiſſeuus, Horntelline 39. 40) ein
L 2 ziem⸗
84 Katzenzunge.
ziemlich gemeines Ausſehen, doch wollen wir ſie
darum nicht uͤbergehen, weil ſie bey uns einheimiſch
Hi, und in den Fluͤſſen, nicht aber, wie man aus
dem Nahmen ſchließen moͤchte, in den Suͤmpfen
Deutſchlands, ja Europas uͤberhaupt gefunden wird.
Denn es waͤre doch ziemlich unſchicklich, wenn wir
über den ſchoͤnen Farben der oſtindiſchen Producte
unſerer einfachern deutſchen Landsleute ganz vergeſ⸗
ſen wollten. Man findet die Sumpftellmuſchel von
der Größe einer Erbſe bis zur Größe einer Haſelnuß.
Sie iſt ſehr bauchig, faſt kugelrund und hat eine
aͤußerſt duͤnne, zerbrechliche, hornfarbige und durch⸗
ſichtige Schale. Gemeiniglich iſt ſie braͤunlich.
Doch ſah man fie auch ſchon gelb, aſchgrau, geſtreift,
rothgefleckt, blaulich, ja wohl auch perlenmutterfar⸗
big. Unter dem bunten Ueberzuge iſt die Schale
weiß, ins Blauliche ſpielend. Da, wo ſich die neuen
Anſaͤtze beym Wachsthume derſelben bilden, zeigt
ſich immer ein ſchwaͤrzlicher Ring. Ä
Ihrer ungemeinen Rauhigkeit verdankt die Bas
tzenzunge (T. Lingua felis, la Langue de chat,
la Telline clagrinbe 41) ihren Nahmen. Sie iſt
ziemlich flach und eyfoͤrmig, mit einer merklichen
Kruͤmmung an der Vorderſeite. Die zahlloſen
| | Puncte,
Goldzunge. 88
\ Puncte, Körner und Schuppen, mit denen ihre
Oberflaͤche wie überfät iſt, und die fie rauh anzu⸗
fuͤhlen machen, ſtehen nicht unordentlich durchein⸗
ander, ſondern bilden lauter “. Dadurch hat dieſe
Muſchel zwar eine Aehnlichkeit mit der a
einer andern Tellmuſchelart, allein dieſe iſt weit ruͤn⸗
der und ſtaͤrker, da hingegen die Katzenzunge ziem⸗
lich zerbrechlich iſt. Die blaßrothen Strahlen, die
auf weißem Grunde vom Wirbel aus nach dem Rande
| zu laufen, thun eine angenehme Wirkung. Die Wirs
belſpitzen find rofenroth, Ein Exemplar, worauf
der roſenrothe Anſtrich ſichtbar iſt, bleibt immer eine
vorzuͤgliche Zierde eines Cabinetts. Oſtindien ſcheint
die Heimath dieſer Muſchel zu ſeyn. |
Diurrch ein praͤchtiges, goldgelbes Farbenkleid
zeichnet ſich die Goldzunge (T. Foliacea, la Lan-
gue dor, Telline feuille 42) unter ihren Schweſtern
aus. Sie gehoͤrt zu den ſeltenſten und ſchoͤnſten
Tellinen. Zart, durchſichtig und glaͤnzend iſt ihre
Schale von etwas zuſammengepreßter, eyfoͤrmiger
Geſtalt. Auf der Seite des Winkels, wo ſie ſich
etwas umlegt, fuͤhlt ſie ſich rauh an. Hier laufen
vom Wirbel aus Strahlen, die von Querlinien durch⸗
ſchnitten werden. Dadurch entſtehen netzartige
L 3 Kno⸗
Knoten. Die Spalte hinter dem Wirbel iſt mit
netzartigen Knoten ziemlich verpalliſadirt. Gemei⸗
niglich findet man dieſe Zaͤhne beſchaͤdigt und abge⸗
ſtoßen. Das Schloß hat einen geſpaltnen Haupt⸗
zahn und einen ſehr verlaͤngerten Seitenzahn. Das
Innere der Schale iſt bleicher gelb, mit einer violet⸗
ten Spielung. Aus Indien kommt dieſe ſchoͤne
Tellmuſchel. |
Zwey laͤngliche Blutflecken, die diichae gehen
und alſo innen und außen ſichtbar ſind, haben einer
niedlichen Tellmuſchelart den Nahmen Blutflecken
(T. Bimaculata 43. 44) verſchafft. Der Form nach
iſt dieſe Muſchel ziemlich flach und dreyſeitig. Ihre
Grundfarbe iſt bald weiß, bald gelblich. Einen
Zahn hat das Schloß, der ſehr genau in den geſpalt⸗
nen Zahn der gegenſeitigen Schale paßt. Die Kuͤ⸗
ſten des europaͤiſchen Oceans liefern uns dieſe Te
mufchel,
Unfre Leſer koͤnnen fich leicht vorſtellen, daß
unter den 85 Tellmuſcheln, die wir mit Stillſchwei⸗
gen übergehen muͤßen, noch manche ſchoͤne, ihrer
Aufmerkſamkeit wuͤrdige ſey; allein die Nothwen⸗
digkeit, mit unſerm Raum haus zuhalten, befiehlt
uns weiter zu gehen.
Tab.
Tab. VIII.
Herzmuſchel. Cardium.
Das Stachelherz (45-47). Das blutige
Menſchenherz (48. 40). Die dreyſeitige Herz⸗
muſchel (50). Das Sperrmaul (51). Die
hochgerippte Herzmuſchel (52). Das
Bauvernherz (83
Wan unſre Leſer bey dem Nahmen Herzmuſchel
ſich eine Form derſelben denken, die mit derjenigen,
die man in Abbildungen dem menſchlichen Herzen
gemeiniglich gibt, einige Aehnlichkeit hat, ſo irren
fie zwar nicht. Doch find unter den 51. Arten, die
man zu dieſer Gattung zaͤhlt, einige, die bald mehr
den Kammmuſcheln, bald mehr den Gienmuſcheln,
nur nicht in Abſicht auf das Schloß, gleichen. Hin⸗
gegen befinden ſich unter andern Gattungen auch
ſolche, die man um ihrer Herzform willen gar
wohl den Herzmuſcheln beyzaͤhlen mochte, wenn fie
nicht um ihres ganz anders gebildeten Schloſſes
willen ausgeſchloſſen bleiben muͤßten. Eben daher
hat die Eintheilung der Muſcheln nach der Structur
ihrer Schloͤſſer ſolche Vorzuͤge, weil dieß ein weit
beſtaͤndigerer Charakter iſt, als die Form der Schar
len.
+
/
—
38 Saachelher.
len. Alle Herzmuſcheln. 12 85 am Schloſſe in jeder
Schale zwey Mittelzaͤhne, die gegenſeitig genau in
einander greifen. Der eine von dieſen Zähnen iſt
meiſt etwas kruͤmmt. In einiger Entfernung da⸗
von befindet ich an jeder Muſchelhälfte ein Seiten⸗
zahn und eine Höhlung. in die der Seitenzahn der
gegenüberfiehenden Mufchel eingreift. Die Schalen
der meiſten Herzmuſcheln ſind ziemlich gewoͤlbt und
haben ſenkrechte Rippen und Furchen. Die Wirbel
neigen ſich gegen einander, ja liegen wohl gar bey
einigen einer auf dem andern. Den Bewohner wer⸗
den wir jetzt gleich naͤher kennen lernen, und wir
freuen uns, daß wir unſern Leſern ein ſolches Thier
in verſchiednen Lagen zeigen konnen, fo daß fie im
Stande ſind, ſich eine recht deutliche Vorſtellung
von einem fo ſeltſamen Gefchöpfe zu machen. Dazu
wird uns das Stachelherz (C. Echinatum, la Bbu-
carde epineuſe, knotenreiche Herzmuſchel) die beſte
Gelegenheit geben. So wie wir es bey 45 vor uns
ſehen, ſo hat das Thier ſeine Schalen nur etwas zu
offnen angefangen. Betrachten wir dieſe letztern
zuerſt, fo bemerken wir rippenfoͤrmige Erhöhungen,
die mit ſtumpfen, zum Theil in der Mitte gekerbten
Ben beſetzt find, und eben daher nur uneigentlich
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Stachelherz. 89
Siudeln be beißen. Die Furchen haben eine Menge
Runzeln und Querſtreifen. Außen ſind die Schalen
rothbraun, innen aber ſind ſie weiß. Hier iſt
das, was außen eine Rippe war, Furche, und
die Furche Rippe, was aus der Bauart ſehr begreife
lich iſt. Die Wirbel, die in unſrer Abbildung unten
ſind, ſtoßen ſo nahe zuſammen, daß ſie ſich an ein⸗
ander reiben und abnuͤtzen. Sehen wir nun auf
das Thier ſelbſt, ſo bemerken wir da, wo ſich die
Schalen etwas geoͤffnet haben, einen rothen, flei⸗
ſchigen Körper und zwey mit Fuͤhlern, wie mit Fran⸗
ſen, umgebne Oeffnungen, die vermuthlich als Mund
und After dienen. Begierig werden ſie ſeyn, was
nun eigentlich das Thier herausſtrecken wird, wenn
es ſeine Schalen noch weiter dffnet. Dieß ſehen wir
bey 46. Unſre Herzmuſchel ift hier in vollem Gange.
Denn der ſenſenfoͤrmige, fleiſchige Körper iſt nichts
anders, als ein Fuß. Man kdͤnnte das ganze Thier
ſenſenformig, ja wohl gar einen bloßen Fuß nennen,
da faſt der ganze Körper die Dienſte des Fußes thut.
Doch ſo wahr das gewiſſer Maßen iſt, ſo gibt das
doch noch keinen ganz deutlichen Begriff von dem
Thiere und ſeiner Haushaltung im Innern. Neh⸗
men wir eine Muſchelhaͤlfte ganz weg und blicken
Wuͤrmer II. Tg. M ins
90 Blutiges Menſchenherz.
ins Innere (47), ſo werden wir uns unmöglich des
Erſtaunens uͤber eine fo fonderbare Art von Thier
enthalten koͤnnen. Der Haupttheil bleibt immer der
ſeltſame, fleiſchige, mennigrothe Fuß, der innen eine
Furche und außen einen ſcharfen Kiel hat. Da wo
dieſer Körper an der Muſchel ſitzt, umgeben ihn blau⸗ |
liche Muskeln und braun geftreifte Haͤute, auch bes
finden ſich nahe dabey zugeſpitzte, gelbe Lappen.
Wer ſollte das fuͤr ein Thier halten, an dem beynahe
alles Fuß iſt. Und doch hat es gewiß alles, was
es zu ſeinem Wohl bedarf. Im Gehen ſetzt es den
Fuß nicht ſo, wle man etwa denken moͤchte daß
es ſich wie auf eine Fußſohle ſtuͤtzte, ſondern es ſetzt
die Ferſen voraus und der : n des me.
bei nach. |
Im arenen wet, alt ch in der Nor:
je itt dieſe Herzmuſchel gar nicht felten.
Eine hoͤchſt ſeltene, aber ſchoͤne Conchylie iſt,
das mit Blutflecken beſpruͤtzte, oder das blutige
Menſchenherz ( C. Cardiſſa, le Cbeur de Venus).
Sie hat einige Aehnlichkeft mit der Venus muſchel,
die man das Menſchenherz ſchlechtweg nennt; allein
da dieſe am Rüden und Umriſſe der Schalen Zacken
und Dornen hat, jene aber glatt und eben iſt, ſo
laſſen
Dreyſeitige Herzmuſchel. er
laſſen ſie ſich leicht unterſcheiden. Auch zeichnen die
letztere, von der wir jetzt reden, ſehr ſchone roſenrothe
Flecken auf dem Rande der Vorderſeite (48) aus. Die⸗
ſe iſt faſt ganz weiß und etwas flach. Zarte Linien
laufen alle in ſolchen Richtungen, daß ſie ein Herz
vorſtellen. Weit gewoͤlbter iſt die Hinterſeite (49),
zumal um die Gegend des Schloſſes. Hier zeigen
ſich ſtarke Streifen und Furchen, die etwas gerieft
ſind, und eine Menge von Blutflecken. Dieſe ſchei⸗
nen an der andern Seite der Muſchel durch. Aus
Oſtindien, vorzuͤglich aus der Gegend der Molukken
kommt dieſe ſchoͤne Herzmuſchel, deren Schale aber
ſehr duͤnn und zerbrechlich iſt. Man hat ihrer ſchon
auf drey Zoll lange geſehen.
In der ganzen Form und Bauart der dreyſei⸗
tigen Herzmuſchel (C. Hemicardium, le double
coeur de Venus, le coeur en ſouſſiet 50) zeigt ſich
etwas dreyſeitiges. Nicht uͤbel heißt ſie auch das
doppelte Herz, denn auf der Vorder- und auf der
Hinterſeite erblickt man eine Herzgeſtalt. Im Fran⸗
zoͤſiſchen hat man ihr den Nahmen Blasbalg⸗Herz⸗
muſchel gegeben, weil man eine Aehnlichkeit mit
einem Blasbalg wahrzunehmen glaubte. Ihre Vor⸗
derſeite gleicht vollig der Menſchenherzmuſchel.
| M 2 Nicht
92 Sperrmaul.
Nicht gar tief ſind die Furchen, und voller wie mit
Nadeln hineingeſtochner Puncte. Die hintere Seite
ſtellt ein kleines Herz vor, hat aber ſtaͤrkere Rippen
und tiefere Furchen. Da wo die Muſchelraͤnder ſich
beruͤhren, ſind ſaͤgefoͤrmige, vollkommen in einander
greifende Einſchnitte. Die aͤußere Schale iſt weiß⸗
gelb, die innere ſchneeweiß. Auch dieſe ſo treffliche,
aber ſehr theure Herzmuſchel wird an den ern der
Molukken gefunden.
Noch ſeltner iſt in den Cabinetten ein dn |
diges Exemplar des Sperrmauls (C. Ringens,
4 Mofat 51). Dieſe Herzmuſchel iſt faſt vollkom⸗
men rund. Ihre Schalen haben am Rande der
Vorderſeite ſaͤgefoͤrmige Einſchnitte, die aber nicht
genau in einander greifen und ſchließen, ſo daß ſie
BE De Ee % WE. en
gleichſam das Maul auffperren. Die bauchigen,
hochgewoͤlbten Schalen haben gemeiniglich 26 Rip⸗
pen und Furchen. Die Grundfarbe iſt weiß, gegen
die Zacken der Raͤnder zu roth. Die runde Form
nebſt der rothen Farbe haben dieſer Muſchel den
Nahmen rother Apfel erworben. Aus Guinea be⸗
kommt man einzelne Haͤlften in Menge, aber
gute vollſtaͤndige nm (Doubletten ö
ſelten.
Von
Hochgerippte Herzmuſchel. 93
Von eben daher kommt auch die praͤchtige hoch⸗
gerippte Herzmuſchel (C. Coſtatum, la Conque
exotigue 52). Allein auch bey ihr gilt die Klage
uͤber die Seltenheit wahrer Doppelſchalen. Gelang
es doch einem Naturforſcher, der ſich geraume Zeit
an ihrer heimathlichen Kuͤſte aufhielt, nie, die zwey
Schalen zu finden, die Einer Muſchel angehören,
Wahrſcheinlich reißen ſie die daſelbſt ſtarken Bran⸗
dungen, die ſie an den Strand ſchwemmen, aus ein⸗
ander, ſo daß die Eine Schale da, die Andre dort⸗
hin getrieben wird. Man hat daher ein ſchones
vollſtaͤndiges Exemplar dieſer Muſchel bereits mit
100 Fl. bezahlt. Sehr hoch ſind die Rippen dieſer
Conchylie und dreykantig. Die tiefen Furchen zwi⸗
ſchen ihnen ſind gelblich und ſehr duͤnne und durch⸗
ſichtig. Der aͤußere Rand iſt wie ausgezackt.
Man hat ſie ſchon vier Zoll breit gefunden.
Noch eine recht fchöne , bunte Herzmuſchel
fuͤgen wir hinzu. Wir meinen das Bauernhers
(C. Ruſticum 53). Es iſt viel breiter als lang.
Die Furchen ſind ziemlich tief und glatt. Auf der
weißen Grundfarbe thun die zierlichen Querbinden,
die roͤthlich, blau, auch gelblich ſind, eine ange⸗
nehme Wirkung. Saͤgefoͤrmige Einſchnitte hat der
M 3 aͤußere
94 Korbmuſchel.
aͤußere Rand. Ihre innere Seite iſt braͤunlich; ihr
Aufenthalt das mittellaͤndiſche Meer.
Tab. IX.
Korbmuſchel. Mactra.
Die Strandmuſchel (34). Der Falten⸗
korb (55). Der Strahlkorb (50). Die
Kothmuſchel (57).
Od fuͤr die Gattung zweyſchaliger Conchylien „ zu
der wir jetzt kommen, der Nahme Korbmuſchel oder
Backtrogmuſchel ſchicklicher gewaͤhlt ſey, das wollen
wir nicht unterſuchen. Genug, daß beyde ſich auf
die weite und tiefe Baͤuchung, die ſie haben, beziehen.
Das, was aber ihren vorzuͤglichſten Charakter aus⸗
macht, iſt der zuſammengelegte, dreyeckige Mittel⸗
zahn, neben dem ſich ein Gruͤbchen befindet. Einige
unter den 21 Arten, die man zu dieſer Gattung
rechnet, haben pergamentartige Seitenzaͤhne, die
ſich wie Schieber in die gleichfalls mit pergament⸗
artigen Seitenwaͤnden beſetzten Hoͤhlen der andern
Schale hineinfuͤgen. Man koͤnnte zwey Familien
— —̃— — —
KRorbmuſcheln en von denen die Eine ſich
durch
7
7
1
4
*
Strandmuſchel. Faltenkorb. 95
durch eine dreyeckige, die Andre durch eine eyfor
mige Geſtalt unterſcheidet.
Die gemeinſte Korbmuſchelart, außer der alle
uͤbrigen ſelten zu nennen ſeyn möchten , iſt die
Strandmuſchel (M. Solida, vulgaris, gemeiner
Backtrog 54). Faſt an jedem europäifchen Strande
wird fie gefunden. In Holland werden ganze
Schiffsladungen ſolcher Muſcheln zum Kalkbrennen
zuſammengebracht. Die faſt dreyeckige Schale iſt
dick und glatt; breite Brangebinden ſtehen auf
dunkelm Grunde. Man ſieht bogenförmige An⸗
wuͤchſe, die von der allmaͤhlichen Vergrößerung der
| Muſchel zeugen. Die Seitenzähne und Seitengrüb⸗
chen ſind voll feiner Kerben, und das iſts, was ſie
unter allen Korbmuſcheln auszeichnet.
Eigentlich ſchneeweiß, doch mit einer gelblichen
Oberhaut bekleidet und durchſi ichtig, wie das feinſte
Papier, aber auch aͤußerſt zerbrechlich iſt der Falten
korb (M. Plicataria 35). Er hat eine Menge
Querfalten und Furchen, die nach vorn zu breiter
werden. Man findet ihn mehr als noch einmal ſo
groß, als unſer abgebildeter iſt. An ihm kann man
recht deutlich den umgelegten Mittelzahn und die
pergamentartigen Seitenzaͤhne ſehen. Seine Schale
WERTE. hat
% Strahlkorb.
hat der Maſſe nuch viele uebnlichket mit dem Pae
piernautilus. Oſtindien iſt ſeine Heimath.
Weit bunter und ſchoͤner iſt der Strahlkorb
M. Stultorum, 1a cume radiee bombte, le LiJor 36),
Warum ihn Linn⸗ den Narrenbacktrog nannte,
möchte ſchwer zu errathen ſeyn. Dieſe in den euros
paͤiſchen, africaniſchen und weſtindiſchen Meeren ſich
aufhaltende Muſchel hat eine dreyſeitige, an bey⸗
den Seiten etwas abgeſtumpfte For m. Beyde Scha⸗
len ſind ziemlich gewölbt, glatt und zerbrechlich, auch
etwas durchſichtig. Sie klaffen einiger Maßen.
Auf ihrer weißgrauen auch blaulichen Grundfarbe
ſieht man vom Wirbel aus ſehr ſchöͤne gelbe Strah⸗
len nach den meſſerſcharfen Rändern zu laufen, und
blaue Querbinden tragen zur Verſchonerung dieſer
Muſchel bey. Daß dieſe bald breiter, bald ſchmaͤ⸗
ler ſeyen, und daß in den Farben ſelbſt faſt bey allen
Muſcheln nach dem Alter, der Nahrung, dem La⸗
ger u. d. große Verſchiedenheiten bey einer und
derſelben Art ſtatt finden, das duͤrfen wir wohl kaum
erſt erinnern. Innen iſt der Strahlkorb ſchoͤn violett:
blau und eben diefe, Farbe haben auch die Wirbelſpitzen.
Die bisher angeführten Backtrog⸗ oder Korb⸗
muſcheln hatten eine etwas dreyeckige Form. Wir
wollen
Kothmuſchel. 07
wollen doch unſern Leſern auch eine bekannt machen,
die mehr eyfdrmig iſt. Hiezu wählen wir die Koth⸗
muſchel (M. Lutraria 87), die unter die größter
Korbmuſcheln gehdrt. Man hat ſie ſchon fuͤnf Zoll
breit gefunden. Sie iſt ſehr laͤnglich eyformig und
flach gedrückt, ihre dicken Schalen klaffen auf bey⸗
den Seiten. Eine ſchmutzige Oberhaut uͤberzieht
die weißliche Grundfarbe, und unordentliche Quer⸗
ſtriche laufen uͤber ſie hin. Jede hat den, den Korb⸗
muſcheln eigenthuͤmlichen, gefalteten Mittelzahn,
nebſt der Grube daneben. Statt der Seitenzaͤhne
aber ſieht m Rinne, in die ie die Rand⸗
erhoͤhung — ao fügt. m nb H.
Dia wo ſich die europaͤiſchen Stidntie ind Meer
ergießen, ſoll die np gar ae e ſeyn.
x
RR Tab. 0 0 *
„Dreyeckſtumpfmuſchel. N fi
Die Letterſchulpe (58. 50). Die dreyeckige
Stumpfmuſchel (bo. 61). Die runzlige
Dreyeckſtumpfmuſchel (6 2. 03) Die Dor⸗
nige (64). Die Bettlermuſchel (6% 6).
Nicht nur durch ihre etwas dreyeckige Form, ſon⸗
wWuͤrmer II. Th. N dern
98 ALeetterſchulpe.
dern beſonders auch dadurch, daß ihr Vorderrand
vollig wie ſtumpf abgeſchnitten iſt, ſo daß fie ein keil⸗
foͤrmiges Anſehen bekommen, zeichnen ſich die Drey⸗
eckſtumpfmuſcheln aus. Ihr Schloß hat zwey zu⸗
ſammengedruͤckte Zaͤhne; ein dritter iſt von ihnen
durch eine Vertiefung abgeſondert. Inzwiſchen duͤr⸗
fen wir nicht verſchweigen, daß ſich das nicht bey
allen 19 Arten dieſer Gattung finde, und daß es
alſo rathſamer ſey, ſich bey ihr an die abgeſtumpfte
Vorderſeite als Charakter zu halten. Den 5
ner werden wir noch kennen lernen. |
Es gibt mehrere Muſcheln und Schnecken, in
deren Zeichnungen man etwas wahrnimmt, das
bald mit Buchſtaben, bald mit Noten, bald mit
Zelten eine Aehnlichkeit hat. Unter den Dreyeck⸗
ſtumpfmuſcheln finden wir eine ſolche Buchſtaben⸗
muſchel in der Letterſchulpe (D. Scripta, le Sunet),
die auf ihren Schalen buchſtabenaͤhnliche Charaktere
hat, die wohl unentziffert bleiben werden. Man
heißt fie die Eulaneifche Buchſtabenmuſchel, weil ſie
bey den Kulaneifchen Eylanden, ohnweit den Mo⸗
lukken, gefunden worden. Ihre Verſchiedenheit iſt
in Abſicht auf ihre Zeichnung ſehr groß, ſo beſtaͤndig
80 die flache, zuſammengedruͤckte Form und die
Geſtalt
Dreyeckige. 99
| Geſtalt der innern Narben und Muskelflecken iſt.
Bald ſehen wir ſie auf feinem weißen Grunde mit
roͤthlichen Zickzackſtreifen bezeichnet (58) bald lau⸗
fen ſchoͤne, dunkelroͤthliche Wellenlinien etwas zick⸗
zackartig auf gelblich weißem Grunde hin (59).
Bald aber ſieht man wieder andre Zeichnungen und
Farben. Die innern Waͤnde N ie vios
lett blau. sig
Weit mehr als bey dieser faut die dreyeckige
Form, wie die Abſtumpfung, an der dreyeckigen
Stumpfmuſchel (D. Scortum, la Came coupbe
en bec de flute 60) ins Auge. Starke Querſtrei⸗
fen, die ſich am Vorderrande zu ſchuppigen Zacken
erheben, am Hinterrande blaͤtterfoͤrmig werden, und
unterwaͤrts Kerben haben, gehen uͤber die Ober⸗
flaͤche hin. Aber nicht alle laufen ganz durch.
Feine Linien, die vom Wirbel aus ihre Richtung
nach den Raͤndern nehmen, durchkreuzen jene, und
bilden mit ihnen einen netzfoͤrmigen Ueberzug. Die
etwas flache, abgeſtumpfte Vorderſeite hat eine
Menge Runzeln. Nach ihr zu kehren ſich die Wir⸗
belſpitzen. An der innern Seite (61), die wir zur
Erſparung des Raumes ſehr verkleinern laſſen muß⸗
ten, on: wir die feinen Kerben des aͤußern Randes.
4 N 2 Hier
100 Runzlige. a
Hier iſt die Farbe gegen die Vertiefung zu praͤch⸗
tiges Violett, nach dem aͤußern Rande hin ſchnee⸗
weißes Email. Dieſe Muſchel verbirgt beſcheiden
ihre Schoͤnheiten in ihrem Innern; denn aͤußerlich
hat ſie einen ziemlich gemeinen Oberrock an. Die
pſtindiſchen Gewaͤſſer ſind ihr Aufenthalt.
Sowohl ganz geſchloſſen, und ohne Spur von
einem Bewohner (62), als auch dieſen ſelbſt hervorge⸗
ſtreckt und einherkriechend (63), ſehen wir die runz⸗
lige Dreyeckſtumpfmuſchel (D. Rugoſa, a
Came radiee, die kleine Säge). Auf ihrer ſehr
abgeſtumpften Vorderſeite durchkreuzen ſich eine
Menge Streifen, und bilden ein rauhes, runzliges,
netzfoöͤrmiges Gewebe. Eine ſcharfe Kante ſondert
die Vorderſeite von den Seitenraͤndern ab. Dieſe
ſind ſpiegelglatt und bilden die Form eines Keils,
dergleichen fi) die Holzhauer bedienen. Höͤchſt
mannigfaltig iſt das Farbenkleid dieſer Muſcheln, ſo
daß eine Menge Abbildungen kaum hinreichten, alle
die Verſchiedenheiten anſchaulich zu machen. Sehr
feine Linien durchſchneiden die artigen Querbaͤnder,
die bald gelb, bald blaulich, bald roͤthlich find,
Die innern Waͤnde findet man violett und weiß.
Der aͤußere Rand iſt voll feiner Zaͤhne und Kerben.
755 Das
Dornige. 101
Das Schloß hat an einer Schale zwey, an der an⸗
dern Schale Einen gefpaltnen Mittelzahn. Im mit⸗
tellaͤndiſchen Meere, am Strande von Guinea und
der weſtindiſchen Zuckerinſuln findet man ſie. Hier
ſuchen ſie die Neger, die ihr Fleiſch ungemein lieben,
während der Ebbe, im Sande. Sobald die Mus
ſcheln das merken, ſo ſuchen ſie eilig das Meer zu
gewinnen. Hiezu dient ihrem Bewohner der Pflug⸗
ſchar Ähnliche Fuß (63), den man auch mit einem
Gaͤrtnermeſſer verglichen hat. Einiger Maßen erin⸗
nert dieſer Fuß an die ſonderbare Senſe der Herz⸗
muſcheln. Recht gut kann unſer Schalthier damit
ſpringen. Es gibt ſich durch ſeine elaſtiſche Kraft
einen Schwung, der es eine Strecke weiter bringt.
Es muß ein ganz eigner Anblick ſeyn, ein ſolches
Thier ſpringen zu ſehen. Außer dieſem Fuße ſehen
wir von dem Bewohner zwey Roͤhren hervorragen,
die mit Fuͤhlern beſetzt ſcheinen. Sie ſind ziemlich
kurz und nicht ganz gleich. |
Eine der feltenften Dreyeckſtumpfmuſcheln iſt
die dornige (D. Spinoſa 64). Ihre vollkommen
abgeſtumpfte Vorderſeite wird durch die ſich netzartig
durchkreuzenden Streifen ganz rauh gemacht. Die
Kante, die dieſe Vorderſeite von den Wirbeln und
N 3 Seh
102 Bettlermuſchel.
Seitenwaͤnden abſondert, iſt etwas dornig und za⸗
ckig. Eben dergleichen Dornen bemerkt man auch |
auf den nach vorn zu gehenden Querftreifen der
Seitenwaͤnde. Die Zwiſchenraͤume, die ſie laſſen,
ſind voll feiner Runzeln. Auch die uͤbrigens ſpie⸗
gelglatte Hinterſeite iſt mit feinen Linien bezeichnet.
Beyde Schalen haben einen gezähnten Außenrand.
Die glaͤnzend weiße Grundfarbe wird durch orange⸗
farbige Querbinden unterbrochen. In voller Schoͤn⸗
heit erſcheint dieſe Muſchel erſt unter dem Vergroͤße⸗
rungsglaſe. Dann erſt zeigen ſich die Zacken, Dor⸗
nen, Kerben, Querlinien und alles das, was ſelbſt
eine etwas vergroͤßerte Abbildung, wie die unſrige,
nicht ganz deutlich machen kann. In den oſtindi⸗
ſchen Meeren wohnt dieſe Mufchel, die nur aa.
zu defigen fo glüdlich find. -
Was die Bettlermuſchel (D. Irus) fo arm⸗
ſeliges an ſich habe, daß ihr Linne den Nahmen eis
nes Bettlers aus Ithaca gab, der eine Celebritaͤt
erlangt hat, wie wohl ſelten einem Bettler zu Theil
geworden iſt, konnen wir nicht errathen. Denn ihr
Anzug iſt ſo ſchlecht nicht. Wenigſtens gilt das bey
der unfrigen, wir mögen ſie außen (65) oder innen
(66) betrachten. Vielleicht daß die Runzeln und
blaͤtt⸗
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Venusmuſcheln. 403
blaͤttrigen Querſtreifen, die man zumal an der Vor⸗
derſeite bemerkt, dazu Veranlaſſung gaben. Weni⸗
ger der Structur des Schloſſes als ihrer Form nach
gehdrt fie zu den Dreyeckſtumpfmuſcheln. Die Unf
rige ift von der maroccaniſchen Kuͤſte.
| hi —
Venusmuſchel. Venus.“
Die Aechte (7). Die Breitblaͤttrige (68).
Die Granulirte (69). Die Warzenvolle
(20. 71). Die Henne (22). Das tuͤrki⸗
ſche Lager (73-76). Die Tiegerzunge (77).
Das Scherbchen (28). Die runde Buch⸗
ſtabenmuſchel (29. 80). Die aͤchte Strick⸗
muſche (8 1). Die Handelsmuſchel (8 2.83).
Die Weberin (84). „Die a
iz ſchwere (85. 80). lage
| Eine z delle, „ weitverbreitete 1
iſt die, zu der wir jetzt kommen. Wir meinen die
Venus muſcheln, deren man bereits 145 Arten kennt,
unter denen ſich eine Menge ſo ſchoͤner und vorzuͤg⸗
licher Conchylien befindet, daß die Verlegenheit des
18 Ver⸗
104 Venusmuſcheln.
Verfaſſers dieser naturhiſtoriſchen Unterbaltunget,
nur einige wenige aus zuwaͤhlen und zu beſchreiben,
peinigend genug iſt. Inzwiſchen iſt das nun ein⸗
mal nicht abzuaͤndern, und wir muͤßen unſre Leſer
bitten, mit dem Wenigen, was wir e ihnen geben
Tonnen, vorlieb zu nehmen. nn Non
In Abſicht auf die aͤußerliche Form benſcht un⸗
ter den Venusmuſcheln eine ziemliche Verſchieden⸗
heit; denn einige ſind herzfoörmig, und haben einen
lackigen und dornigen Vorderrand; andre gleichen
ihnen zwar in der Herzform, allein die Dornen und
Zacken am Vorderrande fehlen; wieder andre ſind
faſt ganz rund und ſcheibenformig, und. endlich bas
ben einige eine laͤngliche Eyform. | Diele Bemers
kung veranlaßte die Syſtematiker, die Venus mu⸗
ſcheln in vier Familien zu theilen, um ein fo zabl⸗
reiches Geſchlecht beſſer überfehen zu können. Bey
allen ſind die beyden Schalen einander vollkommen
gleich. Ihre Lippen liegen mit dem vordern Rande
uͤbereinander. Im Schloſſe ſtehen drey Mittelzaͤ hne,
dicht und nahe beyſammen, aber nicht in gerader
Richtung, ſondern etwas von einander weggekehrt.
Zuweilen find ihrer mehr als drey; zuweilen find fie
gekerbt, und einige Venus muſcheln haben auch ſtarke
Sei
Aechte Venusmuſchel. 105
Seitenzaͤhne. Hatten die Herzmuſcheln ſenkrecht
laufende Streifen und Rippen, ſo gehen dieſe bey den
Venus muſcheln weit haͤufiger in die Quere, und es
iſt ſelten hievon eine Ausnahme zu ſehen. Die
zwey deutlichen, zugeſpitzt gehenden Flaͤchen vor und
hinter dem Schloſſe hat man den Vorder⸗ und den
Hinterzwickel genaunt. Von dem Bewohner dieſer
Muſcheln, der ſich gern im naſſen Meerſande auf⸗
haͤlt, und mit feinen Röhren bald Waſſer pumpt,
bald von ſich ſpruͤtzt, reden wir, wenn wir die war⸗
zenvolle Venus beſchreiben. Jetzt wollen wir aus
jeder Familie einige der vorzüglächſten! Arten kennen
lernen. i s |
Ein vollkommen leur vl dan allen Stas
cheln und Dornen verſehenes Exemplar der aͤchten
Venusmuſchel (V. Dione, Venus avec des poin-
tes 67) gehort immer unter die Zierden eines Con⸗
chyliencabinettes. Ihre Bildung iſt dreyſeitig herz⸗
foͤrmig und blaͤtterartige Rippen, deren Zwiſchen⸗
raͤume glatt ſind, umgeben ſie. Da die letztern
blaßroth, die erhobnen Rippen aber weiß find, fo
erſcheint dieſe Muſchel, je nachdem man ſie von
oben oder von unten betrachtet, roth oder weiß.
Der vordere Zwickel wird durch Dornen und Spis
‚Würmer Il. Th. Dr gen,
105 Breitblaͤttrige Venus muſchel.
gen, wie durch Palliſaden, von den Seitenwaͤnden
abgeſondert. Je zahlreicher dieſe Stacheln, und je
länger und unverſehrter fie ſind, um deſto höher
wird ein ſolches Exemplar geſchaͤtzt. Ein ganz tan
delloſes iſt hoͤchſt ſelten. Die etwas erhabne Vor⸗
derſeite iſt herzfoͤrmig und fein geſtreift. Hier iſt
der Vorderzwickel roth, auch violett. Der Hinter⸗
zwickel hot einen tiefen, herzfoͤrmigen Eindruck.
Schneeweiß ſind die innern Waͤnde. Gegen das
Schloß zu werden ſie fleiſchfarbig. Des letztern
mittelſter Zahn gleicht einem duͤnnen Blaͤttchen.
Auf jeder Seite befindet ſich ein ſtaͤrkerer und dicke⸗
rer Zahn. Jener duͤnnere greift in die e zwey feinen
Mittelzaͤhne der andern Schale ein.
Die Kuͤſte von Braſilien ſcheint die wahre Hels
math der aͤchten Venus muſchel zu ſeyn, ob man fie |
gleich auch an andern americanifehen Kultes um
nicht fo haufig, findet. eee eech
Noch ſeltner als die ächte ſieht man die * —
blättrige Venusmuſchel (V. Orientalis, (Dy-
fera), la Levantine, Venus orientale rider, gerun⸗
zeltes, altes Weib 68). Eigentlich hat ſie keine
Stacheln. Indeſſen berechtigen doch die faſt durch⸗
ſichtigen, zuttigebognen Querrunzeln, die gegen
den
«
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—
Granulirte. 107
den Vorderzwickel hin in Endſpitzen ausgehen, fie in
die erſte Familie aufzunehmen. Ihre Farbe iſt weiß⸗
grau; ihr Vorder⸗ und Hinterzwickel braͤunlich.
Vom blaßrothen Wirbel, der gegen den Hinterzwi⸗
ckel zu gebogen iſt, laufen einige Strahlen nach den
Seitenraͤndern, die einer verwelkten Roſe gleichen.
Innen iſt dieſe Muſchel weiß. Ihr Schloß hat
drey neben einander ſtehende Zaͤhne, unter denen der
mittelſte am größeften iſt. 11
Ein ſehr zierliches Ausſehen hat die e
Venusmuſchel (V. Marica 69). Die ſich durch⸗
kreuzenden Laͤngs⸗ und Querſtreifen machen die
Schale rauh und koͤrnig. Den laͤnglich eyfoͤrmigen
Vorderzwickel ſcheiden von den Seitenwaͤnden blaͤtt⸗
rige Schuppen, die ſchief in die Hoͤhe ſtehen. Fein
gekerbt find rings herum die aͤußern Ränder, Der
gelblich weißen Grundfarbe geben die braunroͤthli⸗
chen Strahlen und Flecken ein buntes Ausſehen.
So feſt ſchließen die Schalen, weil auch die gekerb⸗
ten Ränder rings umher vortrefflich in einander grei⸗
fen, daß man fie nur mit Muͤhe öffnen kann. Sie
kommt aus dem americaniſchen Ocean.
Unter den Mitgliedern der zweyten Familie der
aua die zwar auch eine Herzform, aber
| O 2 | ohne
108 Warzenvolle.
ohne Dornen und Stacheln haben, nennen wir zu.
erſt die warzen volle Venus (V. Rugoſa, la Clo-
niffe), bey der wir Gelegenheit finden werden, vom
Bewohner etwas zu ſagen. Wir ſehen ſie zuerſt
mit geſchloßner Schale in Ruhe liegend (70). Der
Grund ihrer Benennung kann uns nicht zweifelhaft
ſeyn, da ihre dicken Schalen eine Menge knoten⸗
und warzenvoller Querſtreife haben. Einige von
ihnen ragen etwas uͤber den vertieften, artig braun⸗
gefleckten Vorderzwickel vor, und geben ihr faſt
Anſpruͤche auf eine Stelle unter der vorigen Famille.
Ziemlich ſtark neigen ſich die Wirbel nach dem
Hinterzwickel zu. Die Hauptfarbe dieſer Muſchel
iſt braͤunlich mit Flecken. Das Schloß iſt ein wah⸗
res Venusmuſchelſchloß. Die aͤußern Muſchelraͤn⸗
der ſind fein gekerbt. An den europaͤiſchen und
weſtindiſchen Kuͤſten findet man dieſe Muſchel und
zwar zuweilen ziemlich groß, ſo daß ſie auf drey
Zoll Breite hat. Beobachten wir ſie, wenn ihr Be⸗
wohner (71) in Thaͤtigkeit und im Gange iſt, fo fal⸗
len uns ſogleich die zwey Röhren mit den Saug⸗
und Sprüglöchern ins Auge. Mit einer derſelben
pumpt das Thier Waſſer, mit der andern ſpruͤtzt es
dasſelbe wieder von ſich und entledigt ſich ſeiner
- Excre⸗
Henne. 109
Excremente. Ganz kurze Fühler. umgeben jene
Oeffnungen. Um dieſe Organe hervorzuſtrecken,
dffnet dieſes Geſchoͤpf feine Schalen hoͤchſtens drey
Linien weit. Ohne das Ligament zu beſchaͤdigen,
konnte es dieſelben unmoͤglich weiter oͤffnen. Merk⸗
wuͤrdig iſt der Fuß. Ihm kann ſein Eigenthuͤmer
die Form geben, die er gerade noͤthig findet. Iſt er
in Ruhe, ſo hat der Fuß einen halbmondfdrmigen
Ausſchnitt, und iſt faſt ſo breit als die Muſchel.
Vermittelſt desſelben kriecht er und ſchiebt gleichſam
den Körper und die Schale vorwaͤrts. Das Fleiſch
iſt ſchneeweiß, geſund und ungemein ſchmackhaft.
Die Neger pflegen es in heißer Aſche zu kochen.
Andere behaupten aber, es haͤtte einen ſo ſcharfen
Geſchmack, daß die Italiaͤner dieſe Muſchel die ge⸗
pfefferte zu nennen gewohnt waͤren.
Leicht konnte der, der die Henne (V. Gallina
72) nur fo obenhin betrachtet, ihre dicht beyſam⸗
men ſtehenden Querſtreifen fuͤr gekerbt halten. Sie
ſind aber vollkommen glatt, und nur die feinen Zwi⸗
ſchenſtriche geben ihr dieſes taͤuſchende Anſehen.
Die Farbe dieſer Muſchel iſt weißgrau ins Braͤunliche
fallend. Drey Strahlen, von etwas dunklerer Farbe,
laufen nach dem aͤußern Rande hin, daher dieſe Mu⸗
n O 3 ſchel
110 Turkiſches Lager.
ſchel auch die Strahlenvenus heißt. Der breite,
glatte Vorderzwickel hat einige niedliche violette
Streifen. Die innern Waͤnde ſind weiß, haben
aber gegen den Rand zu einen ſtarken blauen Fle⸗
cken. An den Küften der Zuckerinſuln, in Oſtindien,
wird fie ſehr haufig, zuweilen aber auch an einigen
europaͤiſchen Meeren gefunden.
Daß das tuͤrkiſche Cager (V. Caſtrenſis, la
Came a carafleres a points d Hongrie, Lagermu⸗
ſchel, griechiſche A Muſchel, Perſpectivmuſchel, Las
gervenus), unter die fchonften Venusmuſcheln ges
hoͤre, und daß in ihren Zeichnungen eine große Ver⸗
ſchiedenheit ſtatt finde, werden wir ſchon aus den
wenigen abnehmen koͤnnen, die wir bey dem bes
ſchraͤnkten Raume unſrer Blaͤtter abbilden zu laſſen
im Stande waren. Leicht waͤre es uns geweſen,
noch viele andre eben ſo ſchoͤne und niedliche hinzu
zu fuͤgen, die man wegen ihrer eckigen Zickzacklinien
und den Zeltaͤhnlichen Figuren Lagermuſcheln nennt,
und die bey aller Verſchiedenheit ihres Schalenklei⸗
des dennoch in den Hauptcharakteren uͤbereinkom⸗
men, die ſie zu Mitgliedern der zweyten Familie
der Venusmuſcheln machen. Alle haben eine etwas
runde Form, die ſich gegen das Dreyſeitige neigt,
an und
Turkiſches Lager. 111
und eine ſtarke glänzend weiße Schale, deren Glaͤtte
durch die mannigfaltigen Zeichnungen der Oberfläche
nicht das Mindeſte verliert. Ohne alle Kerben und
vollkommen glatt iſt der aͤußere Rand. Das Schloß
hat an jeder Schale vier Zaͤhne. Bey ue m
ai kommen aus Oſtindien. |
Von vorzuͤglicher Schönheit unter den gapeih
muſcheln iſt die, die wir bey 73 vor uns ſehen.
Auf glänzend weißem Grunde ſtehen braunrdth⸗
liche Winkel, die den aufgeſchlagnen Zelten eines
Lagers gleichen. Sie haben unterwaͤrts eine Menge
Franſen und Zacken, die den Anblick etwas mannig⸗
faltiger machen. Die feinen Querlinjen, die man
in der Grundfarbe der Schalen bemerkt, thun ihrer
Glaͤtte nicht im geringſten Abbruch. Noch glaͤtter
und weißer und mit feinern Charaktern bezeichnet
iſt eine andre ſolche Muſchel, die wir bey 74 wahr⸗
nehmen. Sie hat zwar etwas mehr Aehnlichkeit mit
der vorigen, als andre Lagermuſcheln zu haben pfle⸗
gen; aber alles an ihr iſt ſubtiler, zaͤrter, auch find
die weißen Zwiſchenraͤume größer, Beyde werden
in der Naͤhe der Molukkiſchen Inſuln gefunden,
gehdren aber unter die Seltenheiten. War bey dies
ſen der Bm) die Zeichnung aber mit dunklerer
550 ö Farbe
1
112 Tiegerzunge⸗
Farbe aufgetragen, ſo ſcheint dagegen ein andres
tuͤrkiſches Lager (75) einen gelblichen Grund und
weiße Charaktere zu haben, wenigſtens nimmt das
Gelb eine weit großere Stelle ein, ſo daß man es f
dem Sprachgebrauche nach als Grundfarbe betrach⸗
ten muß. Jene weißen Stellen haben zum Theil
eine zeltenfdrmige Geſtalt. Aber ein ziemlich bunt
und verwirrt durcheinander ſtehendes Lager zeigt uns
die bey 76 abgebildete Muſchel. Ihr Grund iſt
dem ſchoͤnſten Elfenbein ahnlich. Wild durchein⸗
ander laufen die braunen Charaktere, die ſich frey⸗
lich an den Originalen beſſer als in den gemahlten
Nachbildungen erkennen laſſen, in denen die Kunſt
immer unendlich weit hinter der Natur zuruͤckbleibt.
Von der dritten Familie der Venusmuſcheln,
die ſich durch eine faſt zirkelrunde Scheibenform
auszeichnen, und die am Vorderrande, wie die Mits
glieder der zweyten, weder Dornen noch Zacken ha⸗
ben, machen wir unſern Leſern zuerſt die Tiegers
zunge (V. Tigerina, le Rezeau blanc, la Langue
de Nigre 77) bekannt. Vermuthlich hat dieſe faſt
ganz runde Muſchel ihren Nahmen der rauhen
Oberflaͤche zu verdanken. Dieſe entſteht durch die
Menge von Laͤngs⸗ und Querſtreifen, die ſich auf
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Scherbchen. 18 113
der Oberflaͤche durchkreuzen, und eine Menge Ker⸗
ben machen; eben dergleichen hat auch der aͤußere
Rand, obgleich er im Innern der Schalen vollkom⸗
men glatt iſt. Ihre Farbe iſt weißgelb. Im In⸗
nern zeigt ſich rings herum eine purpurrothe Einfaſ⸗
fung. An den oft und weſtindiſchen Kuͤſten findet
man dieſe Muſchel in großer Menge und auf drey
Zoll lang und breit. |
Weil man in den einzelnen Schalen einer Ve⸗
nusmuſchelart eine Aehnlichkeit mit den Scherben
einer zerbrochnen Schuͤſſel wahrzunehmen glaubte,
ſo gab man ihr den Nahmen Scherbchen (V.
Pectinata, la Came feuille, l Amaude 78), indeß
andre fie bald wegen den getheilten Streifen, die
den Adern eines Baumes gleichen, das Blatt, andre
aber Mandel nannten. Auf ihrer dicken ſchweren
| Schale befinden ſich viele tiefe Furchen und geförnte
Streifen, die an der Vorderſeite eine andre Richtung
nehmen. Dadurch wird die ganze Schale ungemein
rauh. Bey einigen iſt dieſe ganz weiß; bey andern
iſt, zumal die Gegend um den Vorder- und Hin—
2 blaulich, auch violett. Der aͤußere
Rand hat ſtarke Kerben. Innen iſt dieſe Mu⸗
ſchel weiß und hat einen blauen Flecken. Sie
Wuͤrmer II. Th. Pr: wird
114 Runde Büuchſtabenmuſchel.
wird an den Ufern der nicobariſchen Eylande
gefunden.
Auch unter den runden Venusmuſcheln gibt es
einige, die wie mit Buchſtaben bezeichnet ſind, da⸗
her eine derſelben den Nahmen der runden Buchs
ſtabenmuſchel (V. Scripta, Baſtardſtrickmuſchel)
fuͤhrt. Ihre Schalen ſind ſehr flach, gleichſam zu⸗
ſammengepreßt, faſt zirkelrund und einander ſehr
gleich. Die mit den plattgedruͤckten Wirbeln paral⸗
lellaufenden, concentriſchen Querlinien machen ſie
rauh anzufuͤhlen. Der ſcharfe aͤußere Rand iſt
glatt und ohne Kerben. Außer ſeinen drey Mittel⸗
zaͤhnen hat das Schloß unter dem After einen Sei⸗
tenzahn. Ihr Farbenkleid iſt ſehr verſchieden. Wir
ſehen dieß an den zwey abgebildeten runden Buch⸗
ſtabenmuſcheln. Die eine 20) iſt von vorzuͤglicher
Schoͤnheit. Auf dem weißen Grunde ſind ſchoͤne
blaue Zickzacklinien in ziemlich gleicher Entfernung
von einander. Ihrer ſind nicht gar viele; da hin-
gegen die Menge braͤunlicher und gelblicher Linien
und Binden der andern (80) faſt in einander fließen
und ihr ein braungelbliches Anſehen geben. Wer
in dieſen Zeichnungen lauter Mund A finden will,
wie einige thaten, mit dem wollen wir nicht ſtreiten,
und
Aechte Strickmuſchel. 115
und iet nur noch einige von der Familie der längs
lich eyfoͤrmigen Venusmuſcheln hinzufuͤgen. Unter
ihnen werden wir ſogleich wieder eine kennen lernen,
deren Zeichnungen mit verſchiednen Gegenſtaͤnden
verglichen wurde, und die, je nachdem einer in ihr
eine Aehnlichkeit mit ſpaniſchen geflochtnen Matten,
ein andrer mit chineſiſchen Buchſtaben, und wieder
einer mit den Muſtern der Strickerinnen fand, auch
verſchiedne Nahmen erhielt. Wir behalten ihren
gewoͤhnlichen Nahmen, die aͤchte Strickmuſchel
(V. Literata, Ecriture arahique o Chinoife, la
Natte de HJonc 81). Ihrer Bauart nach iſt fie
breit, eyfoͤrmig und ziemlich gewoͤlbt; vorn etwas
umgebogen und verlaͤngert, hinten aber verkuͤrzt und
verengt. Auf der bald weißen, bald gelblichen
Grundfarbe befinden ſich eine Menge dunkler Zick⸗
zacklinien, die man bald mit M oder W bald mit
den ſchon vorgedachten Charakteren und Gegenſtaͤn⸗
den vergleicht. Von den drey nahe beyſammenſte⸗
henden Schloßzaͤhnen iſt der mittelſte geſpalten.
Innen iſt dieſe Muſchel ganz weiß; nur ſind einige
ganz zarte Strichelchen in der Wirbelhoͤhle ſichtbar.
Als Heimath dieſer ſchoͤnen und ſeltnen Conchylie
kann man Oſtindien anſehen. Unter dieſer Art Mus
5 P 2 ſcheln
=
116 Handelsmuſchel.
ſcheln ſind in Abſicht auf die Zeichnung faſt eben fo
viele Abaͤnderungen, als unter den ann
wahrzunehmen.
Lange war man uͤber die Handelsmuſchel
(V. Mercenaria, le Saphir violet 82) nicht im
Reinen, und vermengte ſie mit der Islaͤndiſchen
Venusmuſchel. Wirklich iſt ſie mit dieſer auch ziem⸗
lich nahe verwandt; inzwiſchen zeigt eine genauere
Unterſuchung, daß bey aller aͤußerlichen Aehnlich⸗
keit dieſe leichter und duͤnner ſey, einen glatten,
ſcharfſchneidenden Rand, und nach Abzug der Ober-
haut eine glatte Schale habe, und innen ganz weiß
ſey; da hingegen die Handelsmuſchel ſchwerer und
dicker iſt, und einen tief eingekerbten Rand, eine
durch die vielen Laͤngs- und Querſtreifen rauhe
Oberflaͤche und innen ein ſchoͤnes Blau hat. Sie
iſt ziemlich eyformig und nur maͤßig gewoͤlbt. Ihre
ſchmalen Wirbel laufen wie ein runder Schnabel
nahe zuſammen, beruͤhren ſich aber nicht. Der
Hinterzwickel iſt herzfoͤrmig mit Laͤngsſtreifen. Die
über die Oberfläche nach der Breite laufenden Zirkel⸗
bogen find etwas erhoben, die der Länge nach ges
zogne Linien aber fein gefurcht, woraus eine Un⸗
ebenheit der Schale entſteht. Wenn die Muſchel
aus
2 *
Handelsmuſchel. 117
aus der See kommt, fo iſt fie mit einer unſcheim
baren, dunkelbraunen Haut bedeckt. Erſt, wenn
dieſe abgeſtreift wird, ſo ſieht man das angenehme
Strohgelb, das das von der innern Seite durchſchei⸗
nende Violettblau nicht wenig verfchönert, Von
innen (83) iſt überhaupt die Handelsmuſchel noch
merkwuͤrdiger, als von außen. Das Schloß hat
zwar eine ziemlich einfache Einrichtung, und beſteht
bloß aus zwey abgerundeten, in der Mitte getheil⸗
ten, ſchraͤgliegenden Zähnen und den Gruͤbchen,
worein die gegen uͤber ſtehenden Zaͤhnchen paſſen,
allein, theils die in den ſchneeweißen, glaͤnzenden
Grund eingedruͤckten gelblichen Muskelflecken, theils
die uͤber allen Ausdruck prächtige, violettblaue Farbe
am Umkreiſe, theils die ſtumpfen, abgerundeten
Zaͤhnchen, die faſt rings herum am Rande laufen,
und das Schließen der Schalen befoͤrdern mögen,
weil das Schloß einfacher als bey andern iſt, und
alſo wohl einer Verſtaͤrkung bedarf, machen ſie merk⸗
wuͤrdig genug. Jene ſtumpfen Randzaͤhnchen hören
nur da auf, wo ſich das Thier herauszuſtrecken ge⸗
wohnt iſt, und ſie ihm alſo beſchwerlich fallen wuͤr⸗
den. Man kennt Exemplare, die faſt vier Zoll
Breite haben.
P3 Der
‚#
/
„ Handelsmuſchel.
Der Bewohner dieſer in America einheimiſchen
Muſchel ſoll ſehr fleiſchig ſeyn, und wird auf man⸗
cherley Art zubereitet gegeſſen. Die Indianer ſollen
auf ihren weiten Fußreiſen dieſes Thier im Munde
fuͤhren und verkauen. Eben dieſe treiben mit dieſer
Conchylie einen ſtarken Handel. Aus dem violetten
Theil derſelben machen fie Geld und Frauenzimmer—
putz, dem fie den Nahmen Wampum geben. Dieß
koſtete ſonſt die armen Wilden, beym Mangel auter.
Inſtrumente, unſaͤgliche Muͤhe. Jetzt aber erwei⸗
ſen ihnen die Europaͤer die Gefaͤlligkeit und machen
ihnen Wampum, ſo viel ſie wollen, wofuͤr ſie weiter
nichts als ihr Gold ſich ausbitten, was ſie ihnen,
beſonders ehe ſie die Europaͤer recht kannten, gern
gaben. Ohnehin ſchien ja dieſes ihnen von der
Natur zu ihrem Ungluͤck gegeben zu ſeyn. Unfaͤhig,
feinen Werth zu ſchaͤtzen, und es im Handel zur Erz
langung deſſen, was ihnen wirklich von großem Nu⸗
tzen geweſen ſeyn wuͤrde, anzuwenden, ſahen ſie ſich
um ihres Goldes willen den grauſamſten Verfolgun⸗
gen ausgeſetzt. Ach, kein Jahrhundert noch Jahr⸗
tauſend wird von Europa den Schandfleck abwa⸗
ſchen, daß ſo viele ſeiner ſogenannten civiliſirten Be⸗
wohner, wie eine unbekannte, wilde Thierart z die
armen
Weberinn. 119
armen Indianer überfiel, und um ihr Gold zu ha:
ben, weit grauſamer und unmenſchlicher als eine
Raͤuberhande unter ihnen wuͤthete. Ohne zu ſchau⸗
dern kann man kaum daran gedenken, wie die lieb⸗
reichſte Aufnahme nicht nur mit Mord und Raub,
ſondern auch mit Geſchenken, die ganze Generatio⸗
nen verheeren muͤßen, wir meinen den Brantwein
und die Luſtſeuche, belohnt war; und ſo hoch auch
jeder Menſchenfreund die Erweiterung unſrer Kennt⸗
niß der Erde und ihrer Bewohner in Anſchlag brin⸗
gen wird, fo möchte er. doch über manche Entde⸗
ckungsreiſen in fremden Meeren feufzen, wenn ihn
nicht der humanere Geiſt, der in unſern Zeiten da⸗
bey herrſcht, damit ausſoͤhnte, und ihn die unver⸗ |
geßliche Vorſchrift in des bedauerungswuͤrdigen La
Perouſens Inſtruction, wo moͤglich keinen Tropfen
Menſchenblut zu vergießen, () für die Zukunft über
das
(*) Wenn es wahr iſt, wie man vorgibt, daß dieſe
Inſtruction, die La Perouſe, da er feine Ents
deckungsreiſe antrat, empfieng, von der Hand des
ungluͤcklichen Ludwigs des XVI. war, ſo gereicht
fie feinen geographiſchen Kenntniſſen nicht nur
zur Ehre, ſondern er hat auch durch die Aeuße—
rung: „Der Koͤnig würde es für das gluͤcklichſte
, Ereig⸗
126 Bleyſchwere Venus.
das Schickſal fremder Voͤlker etwas beruhigte. Doch
wir kehren zu unſern Venus muſcheln zuruͤck.
Wie mit einem niedlichen Gewebe uͤberzogen iſt
die Weberin (V. Texttix 84). Der Grund der
Schalen iſt Iſabellfarbig. Artige blauliche Adern
und Linien laufen daruͤber hin; innen iſt ſie ganz
weiß. Sie wohnt an der malabariſchen Kuͤſte.
Noch eine Merkwuͤrdigkeit aus dieſer Conchy⸗
liengattung muͤßen wir hinzufuͤgen. Wir meinen die
Bleyſchwere Venus (V. Plumbea 85), eine Eis
genſchaft, die freylich bey einer Venus eben ſo wenig
Reizendes hat, als wenn eine andre die runzelvolle,
die eingeſchrumpfte, die zahnloſe, die veraltete heißt.
Dieſe Muſchel hat eine ſolche Schwere, daß man
im Anfange geneigt iſt, fie für eine Verfieinerung zu
halten. Sie iſt eine Frucht von Cooks Entdeckungs⸗
reifen und eine Suͤdſeemuſchel. Eigentlich gehöre
ſie zu der Familie der herzfoͤrmigen, unbewaffneten
eee cheln. Was ſie ſehr merkwuͤr dig macht, ſind
die
Ereigniß halten, wenn dieſe Entdeckungsreiſe
keinen Tropfen Menſchenblut keſtete“ ſeinem
Herzen ſelbſt das unvergaͤnglichſte Deukmal er»
richtet, um das ihn kein Terrorismus und kein
Vandalismus bey der Nachwelt bringen kann.
e
Verſchloßne. 121
die aͤußerſt dicken Schalen, die in ihrem Innern (86)
mehr als bey irgend einer Muſchel ſichtbaren, glaͤn⸗
zenden Muskelflecken, die dichten Zaͤhne mit den
dabey liegenden Hoͤhlen, die fein gekerbten Raͤnder
und die zarten Kreiſe am Wirbel.
Wir koͤnnten hier nun noch manche, gewiß
merkwuͤrdige Venus muſchel anführen und beſchreiben,
3. B. die Verſchloßne (V. Reclufa, Venus verte
de la Guinee), eine Flußmuſchel, aus Guinea, de⸗
ren Schalen man gar nicht öffnen kann, ohne den
Knorpel oder das Band zu beſchaͤdigen; die Unver⸗
gleichliche (V. Cedo nulli, Ericyna, la Sanspa-
reille), deren ausnehmende Farbenpracht ihr den Nah⸗
men der Sonnenſtrahl erwarb; die chineſiſche
Spielmuſchel (V. Luſoria, la Came d jouer dis
Hapon), die die Chineſen und Japaneſen theils
als Spielmarkenbehaͤltuiſſe, theils aber auch zu einer
ganz eignen Art von Spiel brauchen, indem ſie auf
die innere Seite allerley Figuren malen, die man er—
kathen muß; die blaͤttrige faltenvolle (V. Folia-
cea lamelloſa, la Levantine de la grande espece)
voll blättriger Gürtel, die ſchon mit 50-70 Thalern
bezahlt worden iſt; den Schmetterlingsfluͤgel
(V. Ala papilionis, Alle de papillon), die in der
Wuͤrmer II. Th. Q That
122 ä Klappmuſcheln.
That durch die reizendſten Farben dieſen Nahmen
verdient; die monſtroͤſe Venus (V. Monſtroſa *
die nicht etwa bloß durch einen ungluͤcklichen Zufall,
durch eine Krankheit, die ungleichen Schalen und
haͤßlichen Auswuͤchſe bekam, fondern die immer das
mit behaftet gefunden wird, und dieſe Reize mit auf
die Welt bringt — Doch wir glauben von dieſem
Geſchlechte fuͤr den Zweck dieſer Blätter genug: ges |
fagt zu haben.
—— —— nn
— nn
Tab. XIII.
Klappmuſchel. Spondylus.
Die ſtachlige Lazarusklappe (87). Der
Eſelshuf (38). Die Safrangelbe (89). Der
Elephantenruͤſſel (90). Das Peterſilienblatt
(91). Der weiße Igel (92).
Von einem fehr unfoͤrmlichen Aus ſehen, aber doch
merkwuͤrdig genug ſi ſind die Klappmuſcheln, die man
faͤlſchlich mit den Auſtern vermengte. Allein ihr
kunſtreiches Schloß unterſcheidet ſie hinlaͤnglich von
ihnen. Denn die Auſtern haben kein eigentliches
Charnier, keine Schloßzaͤhne, da hingegen bey den
Klapp⸗
|
|
|
|
|
Kap
—
—— — — GQ. ͤ —́üĩ!GJ— — —
Klappmuſcheln. 124 |
Klappmuſcheln zwey etwas gekruͤmmte Zaͤhne in die
Höhle der Gegenſchale eingreifen. Ein ſchwarzes
knorpelartiges Band haͤlt die Schalen ſehr gut zu⸗
ſammen. Dieſes liegt zwiſchen den Zaͤhnen, die ei⸗
gentlich ziemlich dicke Knöpfe find, Nur Ein Mus⸗
kelfleck iſt in jeder Schale. Dieſe gleichen einander
nicht ganz, indem die Eine gemeiniglich viel flacher,
als die Andre iſt. Nie veraͤndern die Klappmuſcheln
ihr Stelle. Ihre ganze Lebenszeit hindurch bleiben
fie mit der Unterſchale an Felſen, Corallen u. d. ana
gewachſen. Auch bewegt ſich, wenn ſie ihre Schale
öffnen, nur die obere. Die untere bleibt immer
unbeweglich. An dieſer ſieht man faſt bey allen
Klappmuſcheln hinter dem Schloſſe eine ſchnabel⸗
foͤrmige Verlaͤngerung, die bey einigen rechts, bey
andern links hinausſteht. Die hoͤchſte Mannigfal⸗
tigkeit herrſcht, ſo wie in den Klappmuſcheln und
ihrer Geſtalt überhaupt, alſo auch insbeſondere in
dieſem Schnabel. Bald iſt er glatt, bald rauh;
bald hat er zu beyden Seiten, wie die Kammuſcheln,
Ohren, bald keine; bald iſt er klein, ſtumpf und
kurz, bald aber lang und breit; bey einigen hat er
eine offne Rinne, worin das ſchon gedachte ſchwarze
end liegt, bey andern eine verſchloßne; bey einigen
Q 2 wendet
124 Klappmuſcheln.
wendet er ſich rechts, bey andern links. Es gibt daher,
fo wie man Linksſchnecken, das heißt links gewundne,
hat, auch Linksklappmuſcheln. Aber faſt noch mehr
Verſchiedenheit entdeckt man in der aͤußern Beklei⸗
dung der Klappmuſcheln. Die Zacken, Stacheln
und Dornen, die wie Palliſaden die Schalen vers
wahren, koͤnnten nicht mannigfaltiger gebildet ſeyn,
als ſie es wirklich ſind, und viel mag dazu der
Ort, wo fie ſich angeſiedelt haben, und die größere, |
oder geringere Einſchraͤnkung, die fie in ihrem Wachs⸗
thume erfahren, beytragen. Hier ſehe ich welche, 4
Die ſo fein wie Nadelſpitzen ſind, indeß andre wie
Blaͤtter und Schuppen aus ſehen; dort finde ich
Klappmuſcheln, deren Auswuͤchſe bald Rinnen, bald
Schaufeln, bald Knoten gleichen. Die Einen ſind
oben, die Andern ünten geſpalten; die Einen hohl,
die Andern verſchloſſen. Wozu die Klappmuſcheln
eine ſo drohende Bekleidung brauchen, iſt nicht ganz
ausgemacht. Vielleicht ſollte dieſe furchtbare Ober⸗
flaͤche, an der ſich Thiere leicht verletzen konnen,
gewiſſe Schmarozerthiere abhalten, ſich auf dieſen
Muſcheln anzuſiedeln. Da ſie immer feſt an einem
Orte bleiben, ſo wuͤrden die Meereicheln und andre
dergleichen Geſchoͤpfe fie bald fo uͤberfuͤllen, daß ſie
unter
Klappmuſcheln. 125
unter der Laſt zu Grunde gehen muͤßten, wenn der
Zugang nicht ſo erſchwert waͤre. Dem ungeachtet
findet man auf mancher Klappmuſchel Gienmur
ſcheln fo feſt fisen, daß man, um fie loszumachen,
fie zerbrechen müßte. Gern moͤchte man wiſſen, wie
ein Geſchoͤpf, das Zeitlebens fo feſt angefeſſelt iſt,
daß man es ohne gute Brechinſtrumente nicht los⸗
machen kann, ſich anklebe, wie es ſich begatte, ſeine
Jungen zur Welt bringe und wie es Nahrung zu
ſich nehme. /
Das Fleiſch des Bewohners der Klappmuſcheln
ſoll große Aehnlichkeit mit den Auſtern haben und
ſo wohlſchmeckend ſeyn, daß es dieſen noch vorgezo⸗
gen wird. Damit ſtreitet nun freylich nichts mehr,
als das Vorgeben, es ſey giftig, und beſonders die
orientaliſchen konnten Schwindel und Erbrechen
erregen. Allein kann nicht die Meeresgegend, wo
ſie gefangen werden, die Nahrung, die ſie genoſſen
hatten, vielleicht auch wohl ein ſchon fruͤher ver⸗
dorbener Magen deſſen, der ſie aß, hie und da den
Genuß mit gefaͤhrlich ſcheinenden Folgen begleiten,
ohne daß die Muſchelgattung ſelbſt deßwegen einen
uͤblen Ruf verdiente? Wir wollen jetzt von dieſem
zwar nur aus vier Arten, aber aus einer unendlichen
um | Q3 Menge
126 Lagzarusklappe.
Menge von Spielarten beſtehenden Geſchlecht einige
der merkwuͤrdigſten näher beſchreiben.
Ob die Klappmuſchel, die man die ſtachlige
Cazarusklappe (S. Gaederopus, le Claquet de
Lazare, Palettes des Lepreux, Huitre ou Spon-
dyle d talon 87) nennt, von den Klappern ihren
Nahmen fuͤhre, womit in Holland die Bettler,
und an einigen Orten die Aus ſaͤtzigen die Aufmerk⸗
ſamkeit der Voruͤbergehenden auf manchen armen
Lazarus zu lenken ſuchen, wollen wir nicht entſchei⸗
den. Wahrſcheinlich iſt es immer, obgleich man
dann weit beſſer Lazarusklapper ſagen wuͤrde. Wirk⸗
lich hängen die Schalen dieſer Muſchel fo zuſammen,
daß man laut damit klappern kann. Auch glaubt
man auf dem Ruͤcken der groͤßern Schale eine Aehn⸗
lichkeit mit einem Eſelshuf zu entdecken, was jedoch
bey einer andern Spielart, die wir hernach ſehen
werden, etwas deutlicher der Fall iſt. Nichts kann
ungleicher ſeyn, als wenn man die beyden Schalen
miteinander vergleicht, ſo daß man kaum glauben
ſollte, daß ſie einem und demſelben Geſchoͤpfe ange⸗
hören, Die obere iſt zum dftern blutroth, auch
purpurroth, die untere weiß; jene merklich kleiner,
als dieſe; jene flacher, dieſe ausgehoͤhlter; und
| * wenn
*
in Bu
Eſelshuf. 127
4 1
wenn die letztere einen ziemlich langen Schnabel
hat, mit dem ſie ſich ſo feſte an Felſen haͤngt, daß
man ſie nur mit Muͤhe und Gewalt losreißen kann,
ſo hat die andere Schalenhaͤlfte keine Spur davon.
Beyde find mit einer Menge ſtachliger Spitzen und
blaͤttriger, erhobner Querrunzeln auf ihrer Oberflaͤche
bedeckt, hingegen am Schnabel, der bey dieſer La⸗
zarusklappe keine Spur von einer Rinne oder Furche
trägt, iſt nichts von ſolchen Aus wuͤchſen zu ſehen.
Die Stacheln, deren die obere Schale bey allen Klapp⸗
muſcheln immer mehrere und laͤngere hat, ſtehen nach
vorn hingerichtet. Sie ſind unterwaͤrts ausgehoͤhlt
und rinnenartig. An dem ziemlich unmerklichen
Wirbel der Oberſchale befindet ſich ein Anſatz, der
den Ohren der Kammuſcheln gleicht. Der aͤußere
Rand hat eine Menge Kerben. An den Felſen der
mittellaͤndiſchen Meeres kuͤſte, fo wie auch an der
guineiſchen findet man dieſe Lazarusklappen ſehr
haͤufig. Sehr wohlſchmeckend iſt ihr Fleiſch.
Deutlicher traͤgt eine kleinere Art der ſtachligen
Lazarusklappe, die wir bey 88 abgebildet ſehen, die
Form eines Eſelhufs, daher ſie der wahre Eſels⸗
huf (C. Gaederopus, le Pied d Ane) heißt. Ihre
Oberſchale iſt vom Wirbel bis zur Mitte weiß und
voller
128 / Safrangelbe Klappmuſchel.
voller Querrunzeln und Falten; von da bis zum Aus
Bern Rande bemerkt man, daß ihre erhabne laͤng⸗
liche Streifen mit lauter roͤthlichen ausgekehlten
Stacheln beſetzt ſind. Der Schnabel am Schloſſe
hat in der Mitte einen Einſchnitt. Oſtindien iſt die
Heimath dieſer Klappmuſchel.
Wohl auch von der Art der ſtachligen Klapp⸗
muſcheln, aber durch ihr praͤchtiges Farbenkleid aus⸗
gezeichnet genug, iſt die ſafrangelbe Alappmu⸗
ſchel (S. Croceus 89). Sie hat ganz das brens
nende Gelbroth der Ringelblume. Auf thren wul—
ſtigen vom Wirbel nach dem aͤußern Rande zu lau⸗
fenden Streifen ſtehen zum Theil ziemlich lange
Stacheln, die hinterwaͤrts eine Rinne haben. Doch
tritt bey dieſer Klappmuſchel der ſeltne Fall ein, daß
die Stacheln der Unterſchale die der obern an Laͤnge
uͤbertreffen. Der Schnabel iſt weiß, u und traͤgt noch
die Spur von einer ehemaligen Rinne, die etwas
verwachſen zu ſeyn ſcheint. Auch von innen gewaͤhrt
dieſe Muſchel einen ſchoͤnen Anblick. Denn außer
dem praͤchtigen, mit dem Elfenbein um den Vorzug
ſtreitenden Weiß, bemerkt man am Rande eine nied⸗
liche gelbrothe Einfaſſung und die feinſten Zähne und |
Kerben. Die Schloßzaͤhne haben eine Weiße und
einen
Elephantenrüfel. 129
ae Glanz, die ihnen jede Dame beneiden möchte,
Oſtindien, die unerſchoͤpfliche Schatzkammer ſo vie⸗
ler naturhiſtoriſchen Seltenheiten, beſitzt auch dieſe
praͤchtige Klappmuſchel. „ Sid na
Wenn unſere Lefer ihre Einbildungehraft, zu
Huͤlfe nehmen wollen, fo werden fie den, Grund,
warum die Klappmuſchel, die wir ihnen bey 90 zei⸗
gen der Elephantenruͤßel CS. ‚Probofeis ele-
phanti) heißt, in dem ungemein verlaͤngerten Schna⸗
bel der Unterſchale finden. Mag ſie auch gleich nur
eine Abaͤnderung der gezackten Klappmuſchel und
keine eigne Art ſeyn, ſo macht ſie doch die ruͤßelaͤhn⸗
liche Verlängerung. it der ſichtbaren Rinne merk⸗
würdig genug. Ihre Grundfarbe gleicht einiger
Maßen der Pfirſichbluͤthe. Voll kleiner und großen
Dornen, Spitzen und Zacken iſt die Oberſchale.
Die kleinern unter dieſen find roͤthlich, die groͤßern
weiß. Statt jener Dornen und Zacken hat die Un⸗
terſchale blaßrothe, blaͤttrige Auswuͤchſe und Schup⸗
pen, vielleicht weil die Lage, in der ſie an den Felſen
gefeſſelt war, ihr vollkommnes Wachsthum gehindert
hat. Forskaͤl fand dieſe Muſchel im rothen Meere.
| Hatten die Klappmuſcheln, die wir bisher ſahen,
Stacheln, ſo beſitzt dagegen eine andre wie Kohl⸗
Wuͤrmer II. Th. R blaͤtter
130 Parteterſilienkraut.
dlaͤtter gekraͤuſelte Fortſaͤtze, um derentwillen fie das
Peterſilienblatt (S. Foliaceus, / Huitre d feuilles
du Perſil 91) genannt wurde. Ihre aͤußerſt rauhen
Schalen, die gleichgewoͤlbt ſind, haben wulſtige
Rippen. Unter dieſen ſind mehrere mit unregel⸗
maͤßigen Auswuͤchſen, die ſich am vordern Ende
blattfoͤrmig ausbreiten, gegen die Wurzel aber eine
rinnenartige Aushoͤhlung haben. Einige vergleichen
ſie mit einem Peterſilienblatt, andre mit einer Thier⸗
pfote. Ihre Richtung iſt ſehr verſchieden. Einige
ſtehen gerade und aufrecht in die Hoͤhe, andere lie⸗
gen am Grunde; einige beugen ſich vor⸗ andere hin⸗
terwaͤrts. Auf dem ſchneeweißen, elfenbeinartigen
Grunde thun die blaßrothen Furchen eine angenehme
Wirkung. Am Schnabel iſt der Einſchnitt und am
Wirbel der Oberſchale der bey den Kammmuſcheln g
gewoͤhnliche Anſatz ſichtbar. Das ſchoͤne, glaͤnzende
Weiß der innern Waͤnde wird durch die weiß und
roth geſtreifte Einfaſſung, am kerbenvollen aͤußern
Rande nicht wenig gehoben. Aus Oſtindien erhaͤlt
man dieſe Klappmuſchel. Sobald aber von einem
ſchoͤnen, vollſtaͤndigen Exemplare, etwa zweymal
ſo groß als unſre Abbildung, die Rede iſt, ſo ſpricht
man von 4—8 Ducaten.
J
|
|
Noch
/
Weißer Igel. 131
Noch eine Klappmuſchel muͤßen wir unſern Leſern
zeigen, und zwar eine Linksklappmuſchel. Sie were
den an allen den bisher betrachteten bemerken, daß
das, was wir Schnabel nannten, das heißt die ſchna⸗
belfoͤrmige Verlängerung des hintern Theils der
Unterſchale, nach der rechten Seite hingekehrt war.
An derjenigen aber, die ſie bey 92 ſehen, und die
der weiße Igel (S. Albus aculeatus, la Huitre
epineuſe) heißt, wendet ſich jener Schnabel nach der
linken Seite zu. Kein Igel kann ſtachelnvoller ſeyn,
als dieſe Klappmuſchel. In regelmaͤßigen Reihen
ſtehen die Stacheln. Waͤren nicht die aͤußerſten
Spitzen ihrer Stacheln blaßroth, und die blaͤttrigen
Schichten der Unterſchale bleichviolett, ſo wuͤrde man
| dieſe Muſchel, deren Heimat hbis jetzt noch Niemand
weiß, ganz alabaſterweiß nennen koͤnnen.
7 Doch genug von den Klappmuſcheln! Das,
was wir von ihnen, mit der groͤßten Schonung des
Raums, eingedenk wie viel uns noch zu betrachten
übrig ſey, angeführt haben, wird hinreichen, unſern
Leſern dieſe merkwuͤrdige Muſchelgattung, wenn ſie
ihnen in Cabinetten vorkommt, kenntlich zu machen,
und ihren Blick auf das zu leiten, was ihre Aufmerkſam⸗
keit es verdient; wenn wir auch gleich manche
R 2 andre
—
5 1
132 Gienmuſcheln.
andre übergehen mißen, 3. B. die wahrhaft Roͤnig⸗
liche (S. Regius), die die Größe eines Kindskopfs
hat; die vorzuͤglich ſchoͤne Chineſiſche (S. Chinen-
ſis), die, fo hoch fie der Kenner ſchaͤtzt, von den Chi⸗
neſen, wie bey uns die Auſterſchalen, zu Tauſenden
weggeworfen wird; die ſchone herzogliche (S. Duea-
lis), deren ſchneeweiße Rippen mit Lappen, die wie
Hohlziegel uͤber einander liegen, beſetzt ſind. Die
beliebten Ringſteine, die, nach der Erzaͤhlung eini⸗
ger Schriftſteller, aus dem ſchwarzen Knorpel der
Klappmuſcheln gemacht werden ſollen, find wahr⸗
ſcheinlich ſogenannte Pfauenſteine, von denen wir
bey dem Schloßbande der ee, mehr
vu e
RT a e *
einn 2 c j 7.
+
Tab. XIV.
Gienmuſchel. Chama. .
Das Ochſenherz (93). Die Hohlziegelmu⸗
ſchel (94. 05). Die Felſenmuſchel (9. 07).
Die Gehoͤrnte (98 - 100). Das Kohlblatt
(101), Die Muſcatblüthe (102).
Ueber den Gattungsnahmen Gienmuſcheln weiß
man ſo wenig n. daß wir ein ganzes Blatt
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Gienmuſcheln. 133
unſrer Unterhaltungen damit anfuͤllen konnten.
Denn es iſt nun ſchon einmal ſo in der Welt, daß
man gemeiniglich über das Ungewiſſe viel wortreicher
und gelehrter ſeyn kann, als uͤber das Gewiſſe, und
daß die reine, unſtreitige Wahrheit nur wenige Zei⸗
len koſten wuͤrde, wo ſchwankende Hypotheſen einen
großen Aufwand von Worten fodern. So iſt man
zum Beyſpiel ziemlich eins, daß die Gienmuſcheln,
der Orthographie zum Trotz, vom Gaͤhnen oder Auf⸗
ſperren ihrer Schalen den Nahmen haben: allein,
wann fie eigentlich gähnen, ob, wie einige, die alles
was ſelbſt am Grunde des Meeres vorgeht, wiſſen
| wollen, behaupten, in der Tiefe des Waſſers, oder
ob fie, wie andre annehmen, erſt dann ihre Schalen
aufſperren, wenn ſie todt am Ufer liegen und ihre
Schloßbaͤnder vertrocknet und zuſammen gezogen
ſind, daruͤber find die Melnungen fehr verſchieden.
Die Wahl zwiſchen beyden wird um deſto ſchwerer,
weil ſich aus manchen Gruͤnden zeigen laͤßt, daß
das Gaͤhnen der Muſcheln nach dem Tode etwas
ſehr gewöhnliches, und daß der Scharfblick derer
Ziemlich verdaͤchtig ſey, die im Abgrunde des Meeres
Muſcheln gaͤhnen ſehen wollen. Auch uͤber die Gat⸗
kenden der Gienmuſcheln ließe ſich viel
R 3 fagen,
|
134 Ochſenherz.
ſagen, beſonders da man ſonſt eine Menge Muſcheln
zu dieſer Gattung gerechnet hat, die nicht in ſie ge⸗
hören, und einige wahre Gienmuſcheln wirklich ſehr
nahe an die Tellmuſcheln, andre an die Herzmuſcheln,
und wieder andre an die Auſtern graͤnzen. Doch
werden hieruͤber die von Linns feſtgeſetzten Charak⸗
tere bald entſcheiden. Dieſe ſind zwey ſtarke, dicke,
ziemlich maſſive Schalen. Das Schloß hat einen
hoͤckerigen Wulſt; denn fo nannte Linn den bald
einfachen, bald doppelten und dreyfachen Zahn,
der ſich ſchief in das gleichfalls ſchief ausgehöhlte
Gruͤbchen der Gegenſchale fuͤgt. Bis jetzt hat man
25 Conchylienarten gefunden, auf die dieſe Kennzei⸗
chen paſſen. In der Form, wie in ihrer Oberflaͤche
ſind ſie ſehr untereinander verſchieden; die Erſtere
iſt bald rund, bald nierenfoͤrmig ꝛc. und die Letztere
hat bald Furchen, bald Falten, bald ſonderbare Aus⸗
wuͤchſe. Sie haͤngen ſich, wie die Auſtern, an Fel⸗
fen, Corallen, Steine und andre fremde Körper, und
muͤßen da warten, was ihnen die guͤtige Natur zur
Nahrung zufuͤhrt. Von dem Bewohner dieſer Mu⸗
ſcheln werden wir ſchon noch hören.
Wollte man die Conchylien bloß ihrer Form
nach ordnen, ſo muͤßte man das Ochſenherz (Ch.
Cor,
5 Ochſenherz. 135
Cor, le Coeur de boeuf, Boucarde, Bonnet de
Jou, Narrenkappe 93) unter die Herzmuſcheln ver⸗
ſetzen. Allein das Schloß dieſer Conchylie, mit den
ſchief in die Hoͤhlungen der Gegenſchale eingreifen⸗
den Wulſten, die zwey breite Mittelzaͤhne bilden,
laͤßt keinen Zweifel, daß ſie eine wahre Gienmuſchel
fen. Die ſonderbar wie Widderhörner einwaͤrts ges
kruͤmmten Wirbel erinnerten an die Zipfel einer Nar⸗
renkappe, und erwarben ihr diefen Nahmen. Sehr
gewoͤlbt find die glatten Schalen. Sie ſchließen
vortrefflich. Unter ihrem ſchwaͤrzlichen, gemeinen
Ueberrock, liegt die angenehme gelbbraune Farbe,
die unſre Abbildung zeigt; nur bey friſchen Stuͤcken
find die Wirbel olivengruͤn. An den ziemlich unglei⸗
chen Querringen ſieht man deutlich, wie die Schale
nach und nach einen Zuwachs bekommen habe.
Ganz in der Tiefe des mittelländifchen Meeres,
vorzuͤglich aber im adriatiſchen und an der Kuͤſte von
Dalmatien wohnt dieſe Muſchel, die man ſchon auf
viertehalb Zoll lang gefunden hat. Sonſt muͤßen
gute Exemplare etwas ſehr ſeltnes geweſen ſeyn, da
eins für hundert hollaͤndiſche Gulden verkauft worden,
Jetzt iſt ihr Preis geſunken. Doch bezahlt man fü ie
immer ene. mit zwey bis drey Ducaten.
Was
136 Sohtiegeimufgrt, |
Was der Wallfiſch unter den Saͤugethieren il.
das ſcheint die Hohlziegelmuſchel (Ch. Gigas, la
Faitiere, le Grand Benitier, Nagelmuſchel, Vater⸗
noahsmuſchel, Weihkeſſel, Rieſenmuſchel ꝛc.) un⸗
ter den Conchylien zu ſeyn, ſo klein wir ſie auch, des
Raums willen, in unſrer Abbildung von außen (940
und von innen (95) vor uns ſehen. Hat man doch
bey Goa an einem Anker eine ſolche Muſchel aus dem
Meere gezogen, die 120 Perſonen vollkommen ſaͤt⸗
tigte und von deren Schalen jede Haͤlfte eine bequeme
Wiege fuͤr vier kleine Kinder abgegeben haͤtte. In
der Tiefe des Meeres wohnt dieſe ungeheure Muſchel,
die auf 5—6 Centner im Gewicht, und eben ſo viel
Fuß Länge haben kann. Hier naͤhrt fie. ſich von
Seepflanzen, die um ſie herwachſen, und dem See⸗
ſchlamme, in dem ſie liegt. Nichts ſcheint ihren fried?
lichen Aufenthalt zu unterbrechen, und waͤhrend es
uͤber ihr ſtuͤrmt und tobt, ſo herrſcht um ſie herum
Windſtille. Auch haben andre Geſchoͤpfe von ihr
wenig zu beſorgen, indem ihr ſchwerfaͤlliger Körper
kein Nachſetzen erlaubt. Von außerordentlicher
Dicke ſind ihre Schalen, außen wie mit Hohlziegeln,
oder hohlen Schuppen bekleidet, die nach vorn zu
immer größer werden, und die man auch mit den
8 Naͤgeln
Hohlziegelmuſchel. 137
Nägeln der menfchlichen Hand vergleicht ; innen ift
fie ſchneeweiß und fo glatt und feſt wie Marmor und
Elfenbein. Als daher einft die Republik Venedig
dem Könige von Frankreich Franz eine ſolche Mus
ſchel, als eine große Seltenheit, zum Geſchenke machte,
fo wurde fie als Weihkeſſel in der Pfarre St. Süls
pice aufgeſtellt, und ſeit dieſer Zeit fuͤhrt dieſe Con⸗
chylie auch den Nahmen Weihkeſſel. Warum fie
aber Vaternoahs muſchel heißt, das hat feinen Grund
darin, daß man annahm, eine ſolche Muſchel konne
mit ihren Tauſend Schichten und Lagen mehrere
Tauſend Jahre gebraucht haben, bis ſie zu der
Größe gelangte, fo daß ihr Bewohner ſchon zu Va⸗
ter Noahs Zeiten gelebt haben konnte. Sie iſt ziem⸗
| lic) unregelmäßig gebildet, Zwiſchen den ſogenann⸗
ten Hohlziegeln ſind tiefe Furchen voller Querſtreifen.
Alles geht von den gegen einander gekehrten Wir⸗
beln aus, und nimmt eine ſchiefe Richtung. Zwey
dicke Wulſte an einer und drey an der andern Schale
bilden die Schloßzaͤhne, und paſſen in die ſchiefen
Gruben der gegenſeitigen Schalen. Von unendli⸗
cher Verſchiedenheit, in Abſicht auf Große, Farbe,
Furchen, Flaͤche oder Erhabenheit der Hohlziegel, fin⸗
det man dieſe Muſcheln, und man wollte darin einen
Würmer II. Th. S Ge⸗
138 Hohlziegelmuſchel.
Geſchlechtsunterſchied e . as aber uner⸗
weislich iſt.
Der Bewohner dieſer Muschel iſt in hohem
Grade haͤßlich. Blickt man in die gerade aufge⸗
ſperrten Schalen hinein, ſo ſieht man eine Haut
ausgeſpannt, voll ſchwarzer, gelber, bleyfarbiger
Adern und Flecken, die ſie einer Schlangenhaut aͤhn⸗
lich machen. Eine armsdicke Sehne ſitzt an beyden
Schalen feſt, und dient zum Oeffnen und Schließen
derſelben. Mit einer ſolchen Feſtigkeit vermoͤgen ſie
das Letztere, daß keine Gewalt fie zu öffnen vermag.
Die Schaͤrfe des aͤußern Randes und die Rieſenkraft
des Thieres macht die groͤßte Vorſicht noͤthig. An⸗
kertaue, ja ſelbſt Glieder, kneipt es ſo rein ab, als
waͤren ſie mit einem Beile abgehauen. Und doch,
was waͤre dem kuͤhnen Menſchen unmoͤglich? Weder
der Grund des Meeres, noch die ungeheure Schwere
dieſer Muſchel, noch ihr furchtbares Gebiß, wenn
wir hier dieſen Ausdruck brauchen duͤrfen, halten
ihn zuruͤck, auch fie zur Beute zu machen. Ein
Taucher ſteigt in die Tiefe hinab, und legt einen
Strick um ſich herum. Jetzt ziehen die uͤbrigen die
Muſchel in die Hoͤhe ans Land oder in ein Schiff,
worauf man mit einem langen Meſſer zwiſchen die
*
Heohlziegekmuſchel. 139
Schalen zu kommen und die Sehnen entzwey zu
ſchneiden ſucht. Dieß laͤhmt die ganze Kraft des
Thieres. Die Schalen geben ſich nun von ſelbſt
auseinander, und man kann ganz gemaͤchlich den
Bewohner herausnehmen. Dieſen raͤuchert man,
wie einen Schinken. Gute Zaͤhne und eine ſtarke
Verdauungskraft find aber hiebey unumgaͤnglich nd>
thig. Man hat eine Menge Fabeln von dieſer Mu⸗
ſchel verbreitet. So ſoll auch ſie, wie man das von
der Steckmuſchel vorgab, eine kleine Krabbenart zum
unzertrennlichen Begleiter haben, der ihr durch ein
ſanftes Kneipen von der Annaͤherung eines Feindes,
wie eines ſchicklichen Nahrungsmittels Nachricht ge⸗
ben ſoll, um im erſten Falle ihre Thore zu ſchließen,
im andern fie zu öffnen, ja man wollte in ihrem
Innern Chamiten, das heißt, alabaſterartige Steine
gefunden haben, von denen man im Ernſt Nye e
ſie bringen Junge hervor. N
Auf den Bergen der molukkiſchen Inſuln ſieht
man verſteinerte Hohlziegelmuſcheln, die von der
Stelle zu bringen, wohl ſechs Mann erfordert wuͤr⸗
den. Welche furchtbare Ereigniſſe muͤßen fi ie da
> a haben?
S 2 Man⸗
. 1
140 Felſenmuſchel.
Manche Aehnlichkeit mit der Lazarusklappe hat
die Felſenmuſchel (C b. Gryphoides, le ataron).
Wie dieſe heftet auch fie fich fo feſt an Felſen, daß
man ſie ohne Gewalt nicht losmachen kann. Sie
liebt die Felſen, die dem Anſpuͤhlen des Meeres ſehr
ausgeſetzt ſind, und wird da in zahlreichen und man⸗
nigfaltigen Gruppen gefunden. Wo ſie ſich einmal
angeſiedelt hat, da bleibt fie Zeitlebens. Ihre Form
iſt ſo verſchieden, daß man ſie kaum fuͤr Muſcheln
Einer Art halten ſollte, und auch unter ihnen ſieht
man ſolche, deren Wirbel nach der linken Seite hin⸗
ſehen. Die Oberſchale iſt gemeiniglich rund, und
ſteht wie ein Deckel auf der weit größern Unterſchale.
Die innere Seite gleicht voͤllig einem menſchlichen Ohre.
Viel Aehnlichkeit hat das Schloß der Oberſchale mit
dem, das wir an der Lazarus klappe bemerken. Der
ſtarke Zahn ſchiebt ſich in die gekerbte Vertiefung der
Unterſchale ſchief hinein. Die große Felſenmuſchel,
die wir bey 96 ſehen, iſt bleyſchwer. Sie hat eine
Menge Schichten und Lagen, die ein hohes Alter
vermuthen laſſen. Die Menge hohler, ſtachliger,
fleiſchfarbiger Schuppen, womit ſie bedeckt iſt, ma⸗
chen ſie rauh anzufuͤhlen. Sie iſt aus Tranquebar.
Roch deutlicher ſehen wir das Deckelaͤhnliche der
flachen
|
|
Gehoͤrnte Gienmuſchel. 141°
flachen Oberſchale bey einer andern von jener zlem⸗
lich verſchiednen Felſenmuſchel (97). Beyde haben
einen grauen Grund mit roͤthlichen Stellen.
Ungemein merkwuͤrdig iſt die gehoͤrnte Gien⸗
muſchel (Ch. Cornuta, Bicornis, la Huitre feuil-
leide graphite) aus Weſtindien. Sie hat an ihrer
Unterſchale einen ſehr verlaͤngerten gewundnen Wir⸗
bel, der einem Horn gleicht und oft weit laͤnger iſt,
als der uͤbrige Theil der Schale. Der Spalt mit
dem lederartigen Ligamente, lauft in eben der Rich⸗
tung dem Wirbel nach bis zur aͤußerſten Spitze des⸗
ſelben. Dieſe kruͤmmt ſich gemeiniglich zur linken
Seite hinuͤber. Der kleine Wirbel aber der flachen
Oberſchale neigt ſich hingegen mehr zur rechten Seite
hin. Von einer Art dieſer gehörnten Gienmuſcheln
ſehen wir, leider! nur eine, doch aber die größere oder
eigentlich die Unterſchale mit dem gewundnen
Horn (98). Ihre ſonderbare Form verdient alle
Aufmerkſamkeit. Der Spalt wendet ſich bis zur
Wirbelſpitze hinauf. Sie iſt aͤußerlich gelblich, in⸗
nen aber dunkelroth (99). Im Gelenke befindet ſich
ein breiter, wulſtartiger Zahn, und ein Gruͤbchen
daneben, das ſicher zur Aufnahme des Zahnes der
noch nie gefundnen Gegenſchale beſtimmt iſt.
S 3 Abet
142 Kohlblatt.
Aber ein treffliches, wohl erhaltenes Eremplar
der gehörnten Gienmuſchel fehen wir bey 1oo. Sie
hat eine blaͤttrige Oberflaͤche und eine angenehme
roͤthliche Farbe; nur geht ihr Wirbel in einen weißen
Schnabel aus. Deutlich bemerken wir, wie dieſer
nach der linken, der Wirbel der kleinern deckelartigen
Oberſchale aber nach der rechten Seite gewunden iſt;
und wie an jenem hin das braune Ligament mit dem
Spalt fortlaͤuft. Der Umriß iſt fein gekerbt.
Eine von andern Gienmuſcheln ziemlich ver⸗
ſchiedne Bildung hat das Rohlblaͤtt (Ch. Folium
braflice, la Feuille de chouæ 101). Die Einen
wollten in ihr eine große Aehnlichkeit mit einem Pfer⸗
defuß oder Huf entdecken; die Andern ſahen in ihrer
Bauart etwas Perſpectiviſches; daher ſie dieſe Per⸗
ſpectivſchnecke, jene Pferdehuf nannten. Auch über
die Gattung, zu der man ſie rechnen wollte, war
man uneins, indem einige fie für eine Herz- andre
fuͤr eine Tellmuſchel erklaͤrten. Allein die Form des
Schloſſes entſcheidet für die Gienmuſcheln. Sie iſt
ſehr bauchig. Ihre bogenförmigen, ſehr ungleichen
Falten laufen vom Wirbel aus nach dem Rande und
werden nach vorn zu breiter. Eine Menge Schup⸗
pen und Dornen, ohne Ordnung vertheilt, machen
1 d ie
2 0 Muſcatbluͤthe. 243
die Oberfläche, dieſer dicken und ſchweren Schalen
ziemlich rauh. Ihre bald ſchneeweiße, bald etwas
N geibliche Grundfarbe wird durch viele Blut⸗ und
Purpurflecken ſchon gehoben. Innen gleichen fie
dem ſchdͤnſten Elfenbein. Der flachgedruͤckte After
iſt ziemlich groß. Seine vielen gegen einander ge⸗
kehrten rippenformigen Streifen bilden lauter Her⸗
zen, die nach dem Wirbel zu immer kleiner werden.
Der Rand derſelben hat Kerben und Zaͤhne, die vor⸗
trefflich in einander ſchließen. Und doch ſoll der
mit einer bunten Schlangenhaut bedeckte Bewohner
hier einen Bart heraus laſſen, mit dem er ſich an
Klippen befeſtiget. Man findet dieſe fchöne Muſchel
vorzuͤglich am Strande von Java, und nicht ſelten
außerordentlich groß. Die in Europa bis jetzt be⸗
kannten haben etwas uͤber ſechs Zoll Laͤnge. Der
beruͤhmte hellgelbe, auch violette Muſchelſtein, den
man in der Sehne dieſes Schalwurms gefunden ha⸗
ben will, iſt ſicher eine Fabel.
Bald roth, bald gelb ſieht man die Gienmuſchel⸗
art, die man wegen ihrer blaͤttrigen Oberfläche die
Muſcatbluthe (Ch. N cerophylla „ la Fleur de
Mujcade, le Gatau feuilletd 102) nannte, Sie
hat viel Aehnlichkeit mit der Felſenmuſchel und wie
u 7 ſie
144 Ä Archen. „ 4 *
ſie ehe zfemlich runde Form. Ueberall ſetzt fie ſich
feſt, und wird immer an fremden Gegenſtaͤnden,
Steinen, Corallen, Muſcheln u. d. m. angetroffen.
Ihre Unterſchale iſt etwas groͤßer. Die blaͤttrige *
Bekleidung der Oberſchale iſt ungleich, und hat bald
die ſchoͤnſte kirſchrothe, bald eine angenehme citro⸗
nengelbe Farbe. Bey einigen findet man ein noch
ſchoͤneres Farbenſpiel. An den weſtindiſchen Ufern
halten ſie ſich auf. Je mannigfaltiger ihre Blaͤtter
und je friſcher ihre Farben ſind, um deſto mehr
Freude gewaͤhren ſie den Conchylienfreunden.
Tab. XV. XVI.
Arche. Arca 5
Die Noahsarche (103). Der Haſpel (104.
105). Die Bartarche (106). Die Breit⸗
rippe (102). Die Sammetmuſchel (108.
109). Das Halbohr (110). Der |
Winkelhacken (1 f). 5
Eine merkwuͤrdige Muſchelgattung machen die Ar⸗
chen aus. Die Form, in der man ſich die Arche
dachte, und uͤberhaupt ihre Aehnlichkeit mit Bothen
oder
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Archen. 145
oder auch Schiffen ohne Maſt hat zu ihrer Benen⸗
nung Veranlaſſung gegeben. Die meiſten unter ih⸗
nen haben eine flache, laͤngliche Geſtalt. Am Schloſſe
ſind ſie ſehr breit und vielfach gezahnt und gekerbt.
Ihre Wirbel ſind zwar gegen einander geneigt, ſte⸗
hen aber weiter von einander, als dieß bey andern
der Fall iſt. Nicht ohne Abſichten hat der weiſe und
guͤtige Schöpfer diefe Anſtalt getroffen. Denn da
fie ihrer Lebensweiſe nach ihre Wohnhaͤuſer weit oͤff⸗
nen ſollten, ſo mußte zwiſchen ihren Wirbelſchnaͤbeln
auch ein größerer Raum als bey andern ſeyn, damit
dieſe bey der Oeffnung der Schalen nicht au einan⸗
| der ſtoßen und dieſe hindern moͤchten. Weil nun
aber, je weiter ein Schalenwurm ſein Wohnhaus
offnet, um deſto eher das Schloßgelenke auseinander
gehen kdunte, ſo erhielten die Archen ein Schloß mit
vielen Zaͤhnen und Kerben, damit die Verbindung
deſto ſichrer erhalten wuͤrde. Allein auch dieſes kunſt⸗
reiche Schloß koͤnnte Schaden leiden, wenn kleine
Steine und Sandkdͤrner hineinfielen. Dieß verhuͤtet
ein lederartiges Band, das die Schloßflaͤche, wie
das Augenlied die Augen, beſchuͤtzt. In den tiefen
Einſchnitten und Furchen zwiſchen den Wirbeln iſt
jene lederartige Schloßbedeckung wie eingewurzelt,
Wuͤrmer II. Th. T ſo
146 Noahsarche.
ſo daß ſie ſich nicht leicht abreiben kann. Und, als
waͤre die Natur auch mit dieſer Vorſorge fuͤr die Ar⸗
chenmuſcheln noch nicht zufrieden geweſen, ſo gab ſie
mehrern unter den 42 Arten baſtartige Flocken, um
die aͤußere Randoͤffnung, und einen rauhen haarigen
Oberrock, den die Seewuͤrmer ſcheuven.
Recht deutlich ſehen wir an der Noahsarche
(A. Noæ, Archie de Noe, Schiffchen 103) die
ziemlich breite Flaͤche zwiſchen den gegen einander
gekehrten Wirbelſpitzen. Auf ihr bilden eine Menge
Zuͤge regelmaͤßige Rhomben oder verſchobne Vierecke.
Von den Wirbeln aus laufen gegen die aͤußern Raͤn⸗
der hin eine Menge Streifen, die braun und weiß
gefleckte Furchen bilden, und immer breiter werden.
Nicht ganz ſchließen die Schalen am aͤußern Rande.
Sie laſſen vielmehr in der Mitte eine Oeffnung,
durch die der Bewohner einen Bart, oder eine knor⸗
pelige Sehne hervorſtreckt, womit er ſich wie mit ei⸗
nem Ankertaue an Felſen, Corallen u. d. befeſtiget.
Ja zuweilen haͤngen ſich ganze Familien, Eltern,
Kinder, Enkel, Urenkel, durch Huͤlfe dieſer Sehnen
aneinander. Wenn dieſe Arche aus dem Meere
| kommt, ſo ſieht ſie bey weitem nicht ſo artig braun
und gelb gefleckt aus, wie ſie unſre Abbildung zeigt.
Sie
Noahsarche. 147
Sie hat dann einen Moosartigen Ueberzug, der
ziemlich feſt an ihr klebt. Statt daß bey vielen
Muſcheln das Schloß der Schalen nur auf einen
kleinen Raum eingeſchraͤnkt iſt, ſo lauft dagegen bey
dieſer Arche die Schloßlinie faſt nach der ganzen
Breite der Schalen hin. Sie iſt voller Kerben und
Zaͤhne, die genau in einander paſſen und gleicht faſt
einer rauhen Feile, wenn man fie anfühlt. Die ins
nern Schalenwaͤnde ſind ſchmutzig grauweiß, auch
braunroth. Ein braunrother Saum umgibt ſie.
Faſt in allen Meeren findet man kleine Noahsarchen.
Unſre abgebildete iſt von der guineiſchen Kuͤſte. Zahl⸗
los ſind die Verſchiedenheiten in Abſicht auf Groͤße,
Zeichnung, Form. Von der Fruchtbarkeit des Be⸗
wohners kann man ſich daraus einen Begriff machen,
daß ein Forſcher, der ſchon bey mehrern Schalwuͤr⸗
mern die Eyeranzahl unterſucht und entdeckt hatte,
dieſen Verſuch bey einer Noahsarche, um der un⸗
glaublichen Eyermenge willen, aufgeben mußte, und
ſich begnuͤgte überhaupt zwey Millionen anzunehmen.
Sonſt weiß man weiter nichts von dieſem Thiere, als
daß ſein wohlſchmeckendes Fleiſch roh und gebraten,
wie die Auſter gegeſſen wird; eine Entdeckung, die ge⸗
meiniglich allen naturhiſtoriſchen Unterſuchungen
vorauszugehen pflegt.
—
T 2 Ganz
1438 Haſpel.
Ganz eiue andre Form hat der Haſpel (A Tor-
tuofa, le Devidoir, la Biſtournbe, Weife, gedrehte
krumme Noahsarche 104), eine ſeltne, wahrhaft
verdrehte Arche, die einige den Auſtern beyzaͤylen.
An ihr ſieht man drey ſehr ungleiche Seiten, deren jede
ein Dreyeck bildet, und auch die Schalen ſelbſt ſind
ungleich, indem die, an der eine hohe Kaute und eine
ſcharfe Ecke hervortritt, weit großer als die andre iſt.
Die von dem Wirbel aus laufenden Streifen durch⸗
ſchneiden zarte Querlinien ſo, daß ſie ein feines Gitter
bilden. Doch ſind ſie auf einer Seite mehr als auf
der andern ſichtbar. Gemeiniglich findet man dieſe
Muſchel weiß, zuweilen aber auch etwas Gelbes beys
gemiſcht. Das Schloß ſehen wir bey 105 recht
deutlich, wie es nach der Laͤnge hinlauft, und voller
Kerben iſt. Der innere Schalenrand ſitzt voller
Kerben. Merklich ragt die größere Schale über die g
kleinere am Rande hervor. Fuͤr dieſe ſeltnere Mu⸗
ſchel wurde in hollaͤndiſchen Auctionen ſchon über 660
Fl. bezahlt. Sie kommt aus den oſtindiſchen Ge⸗
waͤſſern.
Wir haben ſchon erinnert, daß mehrere Archen,
zum Schutze gegen Seewuͤrmer und die ſich uͤberall
anſiedelnden Meereicheln, mit einem haarigen Ueber⸗
zug
Bartarche. 140
zug verſehen ſeyen. Dieß ſehen wir deutlich an der
Bartarche (A. Barbata, / Amaude d cils 106), die
mit zahlloſen Faſern und beſonders nach dem Rande
zu wie mit einem Barte umgeben iſt. Am Wirbel
ſieht man am wenigſten von dieſem moosartigen Ue⸗
berzug, auch ift er da dünner und weicher als vorn.
Schwer laͤßt ſich das Vorgeben glauben, dieſe Faſern
ſeyen, um ſich damit an Klippen anzuhaͤngen. Rei⸗
nigt man die Schalen von dieſer Decke, ſo findet
man, daß fie braunrdͤthlich und durch eine Menge
von Querſtreifen etwas rauh und netzartig gegittert
find. Die Wirbel gehen nahe zuſammen. Der Zwi⸗
ſchenraum bildet ein unregelmaͤßig geſchobnes Viereck.
In der Reihe von Zaͤhnen, mit denen die Schloßlinie
beſetzt iſt, ſtehen in der Mitte kleinere und auf bey⸗
den Seiten größere Zähne, Die bey uns abgebil⸗
dete ſtammt aus Tranquebar her.
Der Weiße und Haͤrte nach koͤnnte man die
Breitrippe (A. Senilis, le Fagan 107) für Mars
mor halten. Aber ihre fchöne Weiße kommt erſt
dann zum Vorſchein, wenn man die caſtanienbraune,
an einigen Stellen olivengruͤne Oberhaut abſtreift.
Bey ganz alten iſt dieſe kohlſchwarz, und hat hie und
da Riſſe und Altersrunzeln, zwiſchen denen die weiße
T 3 Schale
259. Breitrippe.
Schale durchſieht. Der Structur nach iſt dieſe Arche
herzfͤrmig. Mehrere breitere und ſchmaͤlere Rippen
laufen von den ſtark gekruͤmmten, gemeiniglich wei⸗
ßen Wirbeln nach den Raͤndern hin. Zwiſchen den
Wirbeln befindet ſich ein Raum, der ein geſchobnes
Viereck bildet. Dieſen bedeckt die ſchwarze Haut,
die das Schloß ſo gut verwahrt. Waͤre ſie nicht, ſo
wuͤrden gar leicht fremde Körper zwifchen das Char⸗
nier kommen und es beſchaͤdigen. Trefflich iſt die⸗
ſes eingerichtet. Jede Schale hat uͤber vierzig Zaͤhne
und Kerben, in die die Zaͤhne und Kerben der Ge⸗
genſchale genau eingreifen. Auch hier hat die Nas
tur die kleinern Zähne in der Mitte, die größern an
den Seiten angebracht. Am Strande von Jamaica
und uͤberhaupt von Weſtindien findet man dieſe Ar⸗
chen; größer aber und ſchoͤner noch an der Weſtkuͤſte
von Africa, wo ſie uͤber vier Zoll breit, drey lang
und zwey Pfund ſchwer angetroffen werden. Der
Bewohner wird wegen ſeinem Wohlgeſchmack von
den Negern ſehr geſucht. 1
Aber noch viel größer, dicker und ſchwerer als
die Breitrippe iſt die ſchone Sammetmuſchel (A.
Piloſa, la Furie, grande Came flamboyante, haa⸗
rige Seenuß 108). Ihr wolliger, mobsartiger
= Ueber⸗
Sammetmuſchel. 151
Ueberzug fühlt fich wie Sammet an. Da, wo er abs
gerieben iſt, ſieht man eine Menge deutlicher Spu⸗
ren, daß die Bohrwuͤrmer in die Schale einzudringen
verſucht, ja wohl ſie ganz durchbohrt haben. Man
muß erſtaunen uͤber die Kraft und Beharrlichkeit
dieſer Wuͤrmen wenn man die Härte und Dicke dies
ſer Schalen betrachtet. Aber noch mehr erſtaunt
man, wenn man an der innern Seite jedes Loch,
das der Bohrwurm hineinbohrte, mit einer Perle
verſtopft findet. So ſchuͤtzte die muͤtterliche Natur
den Bewohner dieſer Schalen, den ſein wohlſchme⸗
ckendes Fleiſch allzuvielen Nachſtellungen ausſetzte,
von außen und von innen; von außen durch den
ſammetnen Ueberrock, den ſeine Feinde ſcheuen; von
innen aber, im Fall dieſer abgenutzt und ſchadhaft
geworden, durch den Perlenſtoff, mit dem er die för
cher ſeiner Gegner zumauert. Die Schalen ſelbſt
haben eine einfache, braunrothe Farbe mit einer
Menge laͤnglicher, von Querlinien durchſchnittenen
Streifen. Sie laſſen ſich wie Marmor poliren. Ein
dickes, lederartiges Band bedeckt den Raum zwiſchen
den Wirbeln. Das etwas bogenfoͤrmige Schloß
hat an einer Schale ſechs bis acht, an der andern
acht bis eilf Zaͤhne und Kerben. Die innern
in Waͤnde
133 Sammetmuſchel. i
Waͤnde (109) haben rothbraune Flecken und
ungewöhnlich ſtarke Muskelnarben. Im mits
tellaͤndiſchen Meere, auch in den weſtindiſchen
Meeren, jedoch hier etwas bunter, findet man dieſe
Muſchel. .
Vielleicht hat die Wahrnehmung, die man
an ihr und an andern Muſcheln zu machen Ges
legenheit hatte, daß die Seewuͤrmer den haarigen
Ueberzug vermeiden, zu der fuͤr die Schiffarth
hoͤchſt wichtigen Entdeckung gefuͤhrt, die Schiffe
auf eine aͤhnliche Art zu bekleiden. Sonſt konn⸗
ten die Oſtindien⸗ und Chinafahrer mit ihren
Schiffen nur zwey, hoͤchſtens drey Reifen machen,
und dann waren dieſe von dem furchtbaren Bohr⸗
wurm ſo durchloͤchert, daß an keine weitere Reiſe
zu gedenken war. Jetzt aber verhaͤudert man
die Schiffe, d. h. man umgibt zuerſt den gan⸗
zen Kiel des Schiffes bis zur halben Hoͤhe mit
recht dickem hollaͤndiſchen Papier; dann wird es
mit Kuhhaaren ſo dick, als man einen Stuhl zu
polſtern pflegt, belegt, und endlich mit wohlge⸗
theerten Tannenbrettern ganz herum bedeckt. So
wie nun der Bohrwurm die letztern durchloͤchert
hat, fo ſtoͤßt er auf die Kuhhaare. Da er ſich
aber
Halbohr. 153
aber in ihnen ohne Rettung verwickeln wuͤrde,
ſo kehrt er lieber ſogleich wieder um, und ſchraͤnkt
ſeine Verwuͤſtungen auf die Tannenbretter ein,
die er nun freylich in ein Sieb verwandelt.
Allein der Schade iſt ſo groß nicht. Denn wenn
auch die Verhauderung uͤber tauſend Thaler ko—
ſtet, ſo wird doch durch ſie das Schiff ſelbſt, das
mehr als hundert tauſend werth iſt, geſchont.
Und ſo ſcheint auch hierin die Natur des Menſchen
Lehrerinn geworden zu ſeyn.
Aeußerſt ſonderbar ſieht das Halbohr (A.
Semiaurita 1Io) aus. Man nennt dieſe Arche auch,
wiewohl ohne Grund, den buckligen Winkelhacken.
Ihr Wirbel bildet ein halbes Ohr. Unterhalb
desſelben iſt eine Einbeugung, aus der ein Bor⸗
ſtenbuͤſchel hervorgeht, durch den ſich der Bewoh—⸗
ner vielleicht Speiſe verſchafft, vielleicht aber auch
an einen Felſen vor Anker legt. Schmal, ſchief—
rig, zerbrechlich und ſchmal ſind die Schalen.
Fuͤnf bis ſieben blaßrothe Strahlen, die nach
vorn zu breiter werden, laufen auf hellem Grunde
vom Wirbel nach dem Vorderrande hin. Die in—
nern Waͤnde ſpielen bunt und perlenmutterartig.
Fuͤnf Furchen hat die Schloßflaͤche an beyden
wuͤrmer II. Th. u Scha⸗
154 Winkelhacken.
Schalen, daher nur das lederartige Band die
Verbindung der beyden Schalen erhaͤlt. Die Hei⸗
math des Halbohrs iſt die Gegend von Tranque⸗
bar, doch findet man auch in andern N
aͤhnliche.
Recht ſchoͤn fallt die gekerbte Schloßlinie am
winkelhacken (A. Norma, Gnomon, Iſogno-
mon, la Jambe, la Cuiſſe 111) ins Auge, und
ſehr tief ſind die Furchen, die das lederartige Band
ausfuͤllt. Ohne dieſes gekerbte Schloß konnte
man dieſe ſeltſame Muſchel fuͤr einen unvollſtaͤndi⸗
gen Pohlniſchen Hammer, den wir bald kennen lernen
werden, halten, und dann zu den Auſtern rechnen,
was viele Conchyliologen thun. Er iſt glaͤtter, flaͤcher
und breiter, auch weit ſeltner als der Hammer.
Eine ſchwarz violette Oberhaut bedeckt außen ſeine
perlenmutterartigen Schalen. Innen aber ſieht man
die Perlenmutterfarbe mit einem prächtigen, violet⸗
ten Schiller. Am Ende des Winkelhackens befindet
ſich ein Ausſchnitt, wo der Bewohner feinen Bora
ſtenbuͤſchel herausſtrecken kann. Um die oſtindi⸗
ſchen Inſuln findet man dieſe mehr ſeltſame als
ſchone Muſchel, die in einem hohen Preiſe ſteht.
T ab.
ar
DIN
—
LOSE 155
Tab. XVI. — XIX
Kamm muſchel. Oftrea.
Die Compaßmuſchel (112). Die größte Ja⸗
cobsmuſchel (113. 114). Die Zichjacffamms
muſchel (115). Der Herzogsmantel (116)
Die Corallenmuſchel (117). Die Raſpel
(118 4). Die wahre Eismuſchel (118 b).
Der Pohlniſche Hammer (119). Das Lor⸗
berblatt (120. 121). Der einfache Hahnen⸗
kamm (122. 123). Der doppelte (124).
Das Kammblatt (125). Die gemeine
Auſter (126).
Unter die ſehr wichtigen und ſtark bevoͤlkerten C on⸗
chyliengattungen gehoͤren gewiß die Rammmu⸗
ſcheln. Man zaͤhlt ihrer nicht weniger als 142
Arten. Um der gleichen Structur des Schloſſes
willen hat man auch alle Auſtern in dieſe Gattung
verwieſen, was freylich wegen der gar zu auffallend
verſchiednen Form viele ganz verwerfen, und aus
dieſer zahlreichen Gattung zwey machen: die Kamm⸗
muſcheln (Pe&en, Peigne, Petoncle) und die Au⸗
ſtern (Oſtrea, Huitrę). Wir laſſen fie ungetrennt,
weil nun doch einmal das, worauf die Eintheilung
* u 2 beruht,
156 Compaßmuſchel.
beruht, naͤhmlich das Schloß, ſie zu Verwandten
macht. Uebrigens iſt dasſelbe ziemlich einfach.
Ein Gruͤbchen, an deſſen Seite ſich Querſtriche bez
finden, die gegenſeitig auf einander paſſen, und ein
zaͤhes, lederartiges Ligament im Gruͤbchen, das iſt
alles. Die ungleichen Schalen ſind von aͤußerſt
mannigfaltiger Form. Die meiſten haben am Wir⸗
bel einen Anſatz, den man Ohren nennt. Da dieſe
bald auf beyden Seiten vollkommen gleich, bald un⸗
gleich ſind, ſo hat man davon Veranlaſſung genom⸗
men, die Kammmuſcheln in Familien einzutheilen.
Unter ihnen nennen wir zuerſt die Compaß⸗
muſchel (O Pleuronectes, la Sole, P’Eventail,
Sonnenweiſer 112). Die zarten Striche, die vom
Wirbel aus nach den Raͤndern hinlaufen, verglich
man mit den Linien eines Compaſſes oder auch mit
einer Sonnenuhr; daher ihr Nahme. Sie hat viel
Merkwürdiges an ſich. Völlig gleich und von ans
genehmer Rundung ſind beyde Schalen in Abſicht
ihrer Form g aber hoͤchſt verſchieden in ihrer Farbe,
daß, haͤtte man nicht mehrere gefunden, die noch 0
ihr lederartiges Band zuſammenhielt, man es für
unmdͤglich gehalten hätte, daß die zwey Schalen Eis
ner Muſchel angehören, Denn die Oberſchale iſt
blaß⸗
Compaßmuſchel. 157
blaßroth leberfarb, die Unterſchale aber ſchneeweiß.
Eben dieſe Verſchiedenheit der beyden Schalen vere
anlaßte ihren lateiniſchen und franzoͤſiſchen Nah⸗
men, indem die Schollen, jene uns bereits bekann-
ten Plattfiſche, gleichfalls oben ganz anders, als un⸗
ten ausſehen. Nichts gleicht der Spiegelglaͤtte der
duͤnnen und etwas durchſichtigen Schalen; nicht die
| mindeſte Runzel laͤßt ſich entdecken; denn die Striche
ſind ſo zart wie die Faͤden eines Spinnengewebes.
An den innern, blendend weißen Waͤnden hingegen
bemerkt man auf jeder Schale uͤber zwanzig etwas
erhobne Streifen, die dem feinſten Silberdraht glei⸗
chen; aber weder den meſſerſcharfen innern Rand,
noch die Schloßgegend berühren. Unter den gleich⸗
ſeitigen Ohren hat jede Schale auf beyden Seiten
einen erhabnen Knoten, deſſen Zweck unbekannt iſt.
Die Indianer nennen dieſe in den oſtindiſchen Mee⸗
ren wohnende Muſchel die fliegende, weil ihr Bee
wohner die Kunſt verſteht, plotzlich, wie ein Pfeil,
aus dem Waſſer zu ſpringen, oder in die Tiefe hinab⸗
zufahren. Dieß geſchieht, indem er die ſtarken Sechs
nen, mit denen er an die Schalen befeſtiget iſt,
ſchnell anzieht, dadurch ſie ſchließt und ihnen ei⸗
nen elaſtiſchen Stoß gibt, vermoͤge deſſen fie bald
— u 3 a an
/
158 Compaßmuſchel. 5
an den Strand, bald von dieſem ius Meer geſchleu⸗
dert werden.
Unſrer Compaßmuſchel in manchen Stuͤcken
aͤhnlich ſieht die große japaniſche und die magella⸗
niſche Compaßmuſchel; nur find fie weit größer und
etwas gewolbter, Auch haben fie viel kleinere Oh⸗
ren, als man nach ihrer Größe vermuthen ſollte.
Es iſt kaum möglich, eine reizendere Varietaͤt der
Compaßmuſchel zu ſehen, als im Cabinette des
Herrn v. Cobres liegt. Die eine Schale gleicht der
fchönften Morgenrdthe, indeß die andre ei weiß wie
friſch gefallner Schnee ift,
Gern ſchmuͤcken die von heiligen Oertern zuruͤck⸗
kehrenden Pilgrimme bald ihren Hut, bald ihr Kleid,
bald ihren Pilgermantel mit Kammmuſcheln. Dieß
konnte man beſonders in vorigen Zeiten oft ſe⸗
hen, da man noch haͤufiger als jetzt nach dem ge⸗
lobten Lande und an andre heilige Oerter Wallfahr⸗
ten anſtellte, um hier die Gnade des Himmels zu
erflehen, die der Rechtſchaffene eines jeden Reli⸗
gionsbekenntniſſes durch feine häuslichen Tugenden
im Kreiſe der Seinigen, und durch reine Andacht
uͤberall findet. Wie der Reiſende aus den Läns
dern, die er durchſtreift, gern in ſeine Heimath etwas
merk⸗
Jacobsmuſchel. 159
merkwuͤrdiges zuruͤckbringt, das ihm lange nachher
noch zur Ruͤckerinnerung dient: ſo nahmen auch jene
frommen Wandrer ſolche Muſcheln zum Andenken
mit ſich, die zugleich zum Beweiſe dienen ſollten, daß
ſie wirklich in der entlegenen Heimath derſelben ge⸗
weſen ſeyen. Daß die Nachahmungsſucht auch bey
Wallfahrten von wenigen Meilen dieß als Coſtum
eingefuͤhrt habe, iſt bekannt. Uebrigens gab nun das
Veranlaſſung, gewiſſe Arten von Kammmuſcheln,
deren ſich die Pilgrimme hiezu bedienten, entweder
nach dem erſten Pilgrimm Jacob, oder auch wegen
der Wallfahrt zum H. Jacobus von Compoſtella,
Jacobs: oder Pilgrimmmuſcheln zu nennen, Wir
ſehen die groͤßte Pilger: oder Jacobsmuſchel
(0. Maxima, la Pelerine commune 113), derglei⸗
chen man ſchon auf acht Zoll breit gefunden hat.
Von ihren Schalen iſt die Eine hochgewoͤlbt, die
andre ziemlich flach. Jene hat ſtrahlfdrmige, wohl⸗
gerundete, dieſe mehr eckige Rippen, zwiſchen denen
ſich Furchen befinden. Die gewölbte Oberſchale iſt
weißlich, die Unterſchale aber mit angenehmen roͤth⸗
lichen Binden und Flecken geziert. Doch findet man
dieſe dfters auch von gemeiner grauer Farbe. Die
innern Waͤnde prangen mit einem ſchoͤnen Silber⸗
glanz.
160 Jacobsmuſchel.
glanz. Die Ohren ſind ziemlich regelmaͤßig. Die
gerade Linie der Schloßgraͤnze erhebt ſich bey der
Unterſchale etwas über die Schloßlinie der Ober-
ſchale. Daß im Schloſſe ſelbſt keine Zähne zu ſu⸗
chen ſeyen, ſondern daß bloß ein harter Knorpel in
der dreyeckigen Schloßhoͤhle die Schalenverbindung
ausmache, iſt aus Obigem bekannt. Auch aus ihm
ſoll man den fogenannten Pfauenſtein verfertigen.
| Faſt in allen europaͤiſchen Meeren findet man dieſe
Pilgermuſchel, vorzuͤglich groß aber an der Kuͤſte von
Norwegen. Der Bewohner iſt ſehr nahrhaft und
wohlſchmeckend. Man bereitet ihn wie die Au⸗
ſtern, fo wie man auch dieſe gern in jenen Kamm—
muſchelſchalen bratet. Doch es iſt der Muͤhe werth,
ihn näher kennen zu lernen und in feiner Schale lies
gend zu beobachten (114). An dieſe befeſtigen ihn
braune Haͤute mit Sehnen. Von ihrem gefleckten
Saume aus gehen eine Menge weißer Haare, die
einen Bart am Schalenrande bilden. Glaͤn zend
ſchwarze Puncte ſtehen wie Perlen rings herum.
Weiter nach innen zu erblickt man vier fein geſtreifte
Blätter, die Werkzeuge des Athmens und des Um⸗
laufs der Saͤfte, und faſt in der Mitte befindet ſich
eine fleiſcherne Maſſe, die man für den Magen oder
auch
Jacobsmuſchel. 161
auch fuͤr die Eingeweide halten kann. Unter ihr liegt
eine Art von Fuß. Von der Geſchicklichkeit dieſes
8 Thieres ‚ fi zu Waſſer und zu Land fortzuhelfen,
weiß man viel zu erzählen, was aber fo gar ausge⸗
macht noch nicht iſt. Durch ſchnelles Auf: und Zus
ſchlagen ſeiner Schalen ſoll es ungemein geſchwind
im Waſſer fortkommen. Iſt es dieſer ſchnellen Rei⸗
ſen muͤde, ſo begibt es ſich auf die Oberflaͤche; die
gewdolbte Schale ſchwimmt wie ein Schiffskiel im
Waſſer, indeß die flache ſich gerade aufrichtet, und
dem Wind eine Art von Segel darbiethet. Ueber⸗
eilt dieſen Schalwurm ein heftiger Windſtoß und
wirft ihn aufs Trockne, fo offnet er feine Thorfluͤgel
fo weit und ſchnell als er kann, und ſchlaͤgt ſie heftig
zuſammen, ſo daß der Stoß ihm einen Schwung
gibt, durch deſſen Wiederhohlung er immer naͤher
ſeinem Elemente kommt. Es ſoll ein unterhalten⸗
der Anblick ſeyn, wenn die Kuͤſtenbewohner fol;
che Muſcheln fangen wollen, dieſe aber, wie
muthwillige Ziegen, ihnen unter den Haͤnden da⸗
huͤpfen.
Mit der größten pilgermuſchel manche Aehnlich⸗
3 die eigentliche Jacobs muſchel (O. Jacobæa,
la Coquille de St. Sacgues). Doch bemerkt man ecki⸗
Würmer II. 4 gere
ı262 Zickzackkammmuſchel.
gere Rippen und noch andere . 10 bedeutende
Abweichungen. |
Dem Gott des Meeres ww allerdings eine
ſchöne Doſe aus dem Reiche, das er beherrſcht. Zu
dieſer Ehre beſtimmte man die Zickzackmuſchel (O.
sZiezac , le Benitier peigne, Joppedupplett 115),
und nannte fie Neptunusdoſe. Andre weihten fie
gar der Venus und gaben ihr den Nahmen Venus⸗
tabatiere, fo widerlich auch der Gedanke an eine
ſchnupfende Venus iſt, wenn ſie nicht dabey an ein
Bonbonsddschen gedacht haben. Dem ſey nun,
wie ihm wolle, die Wahl zu einer ſolchen Galanterie
war nicht uͤbel getroffen, denn wirklich iſt dieß eine
der zierlichſten Kammmuſcheln. Aeußerſt mannig⸗
faltig iſt ihr bald mit ſtaͤrkern, bald mit ſchwaͤchern
Strahlen und Furchen bezeichnetes Farbenkleid.
Bald find ihre dünnen, fpiegelglatten Schalen ſchön
kaſtanienbraun, bald zimmtfarbig, bald rothgelb,
bald blaulich marmorirt, bald blutroth. Leichte
Woͤlkchen ſcheinen darauf zu ſchweben, und fie bun⸗
ter zu machen. Unmöglich kann der Pinſel die Zick⸗
zackſtreifen und die feinen Linien, die das Vergroͤße⸗
rungsglas wahrnimmt, aus druͤcken. Sehr gewoͤlbt
iſt die eine Schale, die untere aber nicht nur flach,
ſon⸗
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Herzogsmantel. 163:
ſondern ſogar einwaͤrts gebogen, und fehr con⸗
cav, wenigſtens iſt das bey einem ſehr fhönen, vor
uns liegenden Exemplare der Fall. An den innern
Seiten bemerkt man die oft ſehr ſchwachen Rippen
fiärfer, als außen, was ein ſeltner Fall iſt. In
den nnn Meeren haͤlt ſich dieſe Bu
auf,
Eine andre PAIR die der Zn
mantel (O. Pallium ducale, ie Manteau ducal,
royal, Koͤnigsmantel 116) heißt, hat rauhe, dicke
Schalen, und iſt mit Nägeln beſetzt, fo daß fie eher
einem ſpaniſchen Mantel, mit dem ſonſt Verbrecher
bekleidet wurden, gleicht. Eigentlich ruͤhrt die Rau⸗
higkeit von einer unendlichen Menge aufrecht ſtehen⸗
der Schuͤppchen her, die mit der hoͤchſten Kunſt
geordnet und wahrhaft zahllos ſind. Wahrſchein⸗
lich dachte man bey der Wahl ihres Nahmens an
die mit weißem Pelzwerk und Hermelinſchwaͤnzen
gezierten Fuͤrſtenmaͤntel, weil dieſe Muſchel beſon⸗
ders nach dem Wirbel hin ſchwarzroͤthliche Flecken
auf weißem Grunde hat, und dadurch den Hermelin⸗
maͤnteln etwas aͤhnlich wird. Vielleicht trug auch
die Purpurfarbe zu dieſem Nahmen bey. In Ab⸗
ſicht auf Größe, Bauart, Wölbung, Farben find
X 2 | ſich
16 Corallenmuſchel.
ſich beyde Schalen vollkommen gleich. Ohne die
ſchwaͤchern Nebenrſppen in Anſchlag zu bringen,
haben ſie zwölf Hauptrippen. Dieſe werden durch
eine Menge Streifen und zahlloſe in einander vers
ſchlungne Runzeln ganz rauh gemacht. Die Ohren
ſind ungleich und ſitzen voller Knoten; auch ſieht
man einige Stacheln. Wenn die Schalen auf ein⸗
ander liegen, ſo zeigt ſich bey den Ohren eine Oeff⸗
nung, durch die man auf beyden Seiten ſehen kann.
Dunkel Purpurroth und nach oben zu ſchwarz und
weiß marmorirt, iſt die Farbe dieſes Herzogmantels.
Beizt man ſie hinweg, ſo kommt ein ſchoͤnes Car⸗
meſinroth mit weißen Flecken zum Vorſchein. Die
glatten, innern Wände find weiß und roͤthlich mit
Wrede gekerbten Raͤndern.
Hat auch die Corallenmuſchel (O. Nodofa,
Pecten corallinus, la Coraline 117) keine fo viel
verſprechenden Nahmen, als der Herzogsmantel oder
die Goͤtterdoſe; ſo gebührt ihr doch wohl der erſte
Rang unter den Kammmuſcheln. Ihre betraͤchtliche
Größe, ihre mit ſeltner Kunſt gebauten blättrigen
Rippen, die mit Knoten und Buckeln geziert ſind, |
und ihre Farbenpracht, da fie bald violett, bald Pur⸗
pur⸗ bald Pomeranzenfarbig, bald roth und weiß
mar⸗
Corallenmuſchel. 165
marmorirt iſt, zeichnen überhaupt die Corallenmu⸗
ſcheln ſehr aus. Von vorzuͤglicher Schoͤnheit iſt die
Unſrige. Bey ihr iſt der Deckel wie die Unterſchale
mit zum Theil offnen, zum Theil verſchloßnen Kno⸗
ten geziert, da bey andern dieß nur vom erſtern gilt.
Dieſer hat neun, jene aber zehn Rippen, deren mit⸗
telſte mitten durchgeht. Wo auf dem Deckel eine
Rippe iſt, da hat die Unterſchale eine Furche. Auf
den ſehr in die Höhe ſtehenden faſt vierkantigen Rip⸗
pen ſieht man ſtufenweis gehende, wie Dachziegel
uͤber einander liegende Abſaͤtze, bey denen man gend⸗
thigt iſt, an einen jährlichen Zuwachs und alſo an
das Alter der Muſchel zu denken. Es iſt unmöglich,
alle die Falten, Hohlkehlen, erhabnen Staͤbchen und
Knoten, die man auf dieſer Muſchel ſieht, ganz zu
beſchreiben. Der aͤußere Rand iſt ſcharf gezaͤhnelt.
Die ungleichen Ohren laſſen eine Oeffnung. Schoͤ⸗
nes Violett und zwiſchen den Falten das glaͤnzendſte
Weiß zeichnet unſre Corallenmuſchel vor andern aus,
die gar oft nur einfarbig corallenroth gefunden
werden. Die Kuͤſte von Guinea iſt ihr Vater⸗
land. Drcane werfen fie oft an Kuͤſten. Llebha⸗
ber Be (har 3 n mit funfzig
3 N .
#3 Ziem⸗
166 Raſpe. 3
Ziemlich unterfchieden von den Kammmuſcheln
und Maͤnteln, deren wir noch, wenn es der Raum
erlaubte, eine große Menge anfuͤhren koͤnnten, iſt
die Raſpe (O. Lima, Kadula, la Rape, Ratif-
ſoire 118 a). Sie hat ſchneeweiße, durchſichtige, ey⸗
foͤrmige Schalen, die nur wenig gewoͤlbt ſind. Auf
der Oberflaͤche zaͤhlt man 20 — 22 Furchen und Rip⸗
pen, die wegen der ſcharfen, hohlen Schuppen, wo⸗
mit ſie beſetzt ſind, ihr das Anſehen einer Raſpe ge⸗
ben. Die Schloßlinie iſt etwas ſchief, auch hat ſie
erhabne Puncte. Die kleinen Ohren find völlig gleich.
Die innern Waͤnde haben auch Streifen und Fur⸗
chen. Das rothe Meer liefert weit groͤßere Raſpen,
als die abgebildete, die aus Tranquebar iſt.
Noch weit feiner, duͤnner und zerbrechlicher iſt
die wahre Eismuſchel (O. Lima tenera, la Lime
douce, feine Feile 118 b). Ihre ſchöne weiße Farbe,
die aber zuweilen eine gelbliche Oberhaut bedeckt,
erinnert an das Eis, und eine Meiſterhand verra⸗
then die aus zahlloſen Schuͤppchen zuſammengeſetz⸗
ten Streifen, die fo dicht beyſammen ſtehen, daß an
kein Zaͤhlen zu gedenken iſt. Unter den Ohren die⸗
ſer Muſchel befindet ſich auf beyden Seiten eine
laͤngliche Oeffnung, auch haben ſie auf der Vorder⸗
ſeite
Wahre Eismuſchel. 267
ſeite zuruͤckgebogne Lippen mit fein gekerbten Raͤn⸗
dern. An den Ufern der Antillen iſt dieſe Eismuſchel
zu Haufe, mit der wir die eigentlichen Kammmu⸗
ſcheln verlaſſen, und nur noch hinzufuͤgen, daß man
fie Häufig verſteinert (Pectiniten) finde. Selbſt
der Felſen, der die noch unbeſiegte Bergfeſtung, den
Koͤnigſtein, traͤgt, muß einmal den Kammmuſcheln
nicht unzugaͤnglich geweſen ſeyn. Denn in ſeinem
Schooße fand man Pectiniten.
Wir haben ſchon der Verſchiedenheit auchn
den Kammmuſcheln und Auſtern gedacht, ſo nahe
verwandt ſie auch durch ein aͤhnliches Schloß ſind.
Schwerlich wird eine Mufchelfamilie ſonderbarere
und verſchiednere Formen aufzuweiſen haben, als die
eigentlichen Auſtern. Ihre zwey Schalen, die aus
vielen uͤber einander geſchichteten Blaͤttern, die ſich
leicht abſchaͤlen, beſtehen, find gemeiniglich ungleich,
indem die Eine tiefer von innen und gewoͤlbter von
außen als die Andre iſt. Auch ihre Wirbel und
Schuaͤbel haben eine verſchiedne Richtung, und ſte⸗
hen bald links, bald rechts. Darin kommen ſie aber
überein, daß fie gut auf einander ſchließen, und in⸗
nen meiſtens einen praͤchtigen Glanz, bunte Spie⸗
lungen und einen ſtarken Muskelflecken haben. An
e etwas
168 Pohlniſcher Hammer.
etwas muͤßen ſie ſich anhaͤngen, es ſey nun an
Schiffsboͤden, Felſen, Seegewaͤchſe oder an Baͤume,
ja ſie haͤngen ſich unter einander ſelbſt an, und be⸗
ſitzen dazu einen Leim, den nichts aufzuldſen vermag.
Wo fie daher einmal ſich angeſiedelt haben, da blei⸗
ben ſie Zeitlebens. Einige lieben Felſen, andre
Baͤume, Wurzeln, wieder andere den Grund zu ih⸗
rem Aufenthalt, den fie nie wieder verlaffen koͤnnen.
Dieß unterſcheidet ſie ſehr von den Kammmuſcheln,
die eine willkuͤrliche Bewegung haben.
Wer ſollte, wenn er den Pohlniſchen Hammer
(O. Malleus, le Marteau noir, la Croix, Crucifix,
Kreuzmuſchel 119) betrachtet, vermuthen, daß er
eine der geſuchteſten Conchylien vor ſich ſehe. Und
doch iſt nichts gewiſſers als dieſes, indem ſonſt ein
ſchoͤner Hammer mit tauſend Thalern bezahlt wor⸗
den iſt. Noch bis dieſe Stunde gibt man fuͤr ein
großes, wohlerhaltnes Exemplar gern hundert Gul⸗
den. Da die Bohrwuͤrmer den Hammermuſcheln
ſehr nachſtellen, und herdenweiſe fie uͤberfallen, ſo
bleibt ein vollkommen unbeſchaͤdigtes Exemplar im⸗
mer eine Seltenheit. Dieſe wird noch groͤßer, wenn,
wie bey einer zu einem Geſchenke fuͤr den Pabſt um
ungefaͤhr 300 Fl. gekauften der Fall war, durch ein
es ſon⸗
—
7
Pohlniſcher Hammer. 169
ſonderbares Naturſpiel die Blaͤtter und Schichten
eine ſolche Form haben, daß ſie einen am Kreuze
hängenden Körper vorſtellen. Warum fie Hammer
oder Kreuzmuſchel heiße, laͤßt ſich ohne großes Nach⸗
denken errathen; aber was in aller Welt ihr den
Beynahmen pohlniſch erworben habe, das wird wohl
immer ein Raͤthſel bleiben. Die ſonderbaren Arme
des Hammers ſind zuweilen laͤnger, zuweilen kuͤrzer
als der Stiel; überhaupt aber wird man felten zwey
ſolche Muſcheln finden, die einander vollkommen
gleich waͤren. Daß die Arme erſt im reifern Alter
entſtehen und fortwachſen, iſt unerweislich. Die
Hammermuſchel wird keine Ausnahme von der Re⸗
gel machen, daß jedes Geſchoͤpf ſo ziemlich die Ge⸗
ſtalt behaͤlt, die es bey ſeiner Geburt hatte, wenn
es nicht zu denen, die eine Verwandlung erfahren,
gehört. Je nachdem die Lage dieſer Muſcheln in
Felſenkluͤften frey oder eingeſchraͤnkt iſt, je nachdem
können die Arme ungehindert wachſen, oder muͤßen
in ihrem Wachs thum beſchraͤnkt, und der Stiel ge⸗
rade oder krumm, breit oder ſchmahl werden. Man
hat ſie ſchon an den Armen eilf Zoll breit und am Stiele
neun Zoll lang gefunden. Außen ſind die Hammer⸗
muſcheln voller Schiefer und Runzeln, deren großere
Wuͤrmer II. Th. 9 oder
170 Pohlniſcher Hammer.
oder geringere Anzahl ihr Alter bezeichnen mag.
Ihre Farbe iſt verſchieden; einige find tieffehwarz,
andre ſchwarzblau, wieder andre gleichen dem Tiſch⸗
lerleim und heißen weiße Hammermuſcheln. Dieſe
ſind noch ſeltner und theurer als die andern. Ob die⸗
ſe helle Farbe und Durchſichtigkeit davon entſtehe,
wenn die brennende Hitze Oſtindiens die am Ufer
liegenden Muſcheln bleicht, oder ob das bleiche Aus⸗
ſehen eine Krankheit ſey, was ſehr wohl möglich |
wäre, kann nicht entſchieden werden. Innen findet
man den ſchoͤnſten Perlenmutterglanz und herrliche
Spielungen. Oben, in der Mitte, befindet ſich das
Schloß. Hier ſieht man eine große in ſchiefer Rich⸗
tung angebrachte Vertiefung und nicht weit davon
eine kleinere. Auch zeigen ſich da faſt unmerklich
kleine Kerbchen und Zaͤhne. So genau paſſen die
beyden Schalen auf einander, daß es ſchwer halten
wuͤrde, auch nur einen Strohhalm dazwiſchen zu
bringen. Aber um deſto weniger begreift man, wie
das Thier, das eine vollkommne Auſter und auch ſo
wohlſchmeckend als dieſe iſt, darin leben kann. Frey⸗
lich mag es die Gabe haben, ſich ſehr auszudehnen, x
um von feinen: Gliedern, Sehnen und Fühlern den
udthigen * zu machen. Doch bleibt es ſehr |
| 25 ſchwer,
Pohlniſcher Hammer. 171
ſchwer, ſich eine deutliche Vorſtellung zu machen,
wie dieſes Gefchöpf fein Wohnhaus vergrößern, oͤff⸗
nen, ſchließen und ſich bewegen konne. In den
oſtindiſchen Meeren, vorzuͤglich um Ceylon findet
man die Hammermuſchel, und die Taucher hohlen
fie aus der Tiefe herauf. Der Seefahrer Bougain⸗
ville, gab einer Inſul, ohnweit der Kuͤſte von Neu⸗
england in der Suͤdſee, den Nahmen Hammerinſul,
weil er an ihrem Strande zehn Hammermuſcheln an⸗
traf. Die große Freude uͤber dieſen gluͤcklichen Fund
wurde aber durch einen Zufall, indem eine giftige
Schlange die nach jenen Muſcheln ſuchenden Matro⸗
ſen ſo biß, daß ſich alsbald die furchtbarſten Wir⸗
kungen zeigten, traurig genug unterbrochen. Son⸗
nerat verſichert, auf Marilla ſolche Haufen von
Hammermuſcheln geſehen zu haben, daß man ganze
Magen damit hätte anfüllen konnen. Hätte es ihm
doch gefallen, auch nur einige Saͤcke voll nach Eu⸗
ropa zu bringen, er wuͤrde dadurch, außer dem Vor⸗
theil, ſich vor dem Verdacht einer Uebertreibung zu
ſchuͤtzen, einen Theil ſeiner Reiſekoſten und den
Dank aller Naturforſcher gewonnen haben.
Faſt noch ſonderbarer als die Hammermuſchel
iſt die Hausente, die zwar auch eine aͤhnliche Auſter⸗
2 Y 2 art,
172 Lorbeerblatt.
art, wie ſie iſt, aber keine Arme und eine ſo ge⸗
kruͤmmte Stellung hat, daß die —
dabey an eine ſitzende Ente denkt.
Eine vorzuͤglich merkwuͤrdige Auſter muͤßen wir
unſern Leſern in dem Lorbeerblatt (O. Folium,
la Feuille de Laurier, das große Blatt) bekannt
machen. Unverkennbar iſt ihre Aehnlichkeit mit ei⸗
nem Baumblatte. Gern haͤngt ſie ſich an den Sery⸗
baum, der keine eigentlichen Blaͤtter hat, und wenn
denn recht viele ſolcher Auſtern an dieſem Baume
kleben, ſo ſieht er wie belaubt aus. Bald mehr bald
weniger in der Mitte der Oberſchale (120) befindet
ſich eine breite, wulſtige Rippe; von ihr aus laufen
viele Runzeln und Furchen wie die Adern eines Blat⸗
tes nach den Schalenraͤndern hin, die, ſo ausgebo⸗
gen und unregelmäßig fie auch ſcheinen, doch vortreff⸗
lich ſchließen. Durch die kleinere, mindergewoͤlbte
Unterſchale (121) geht mitten durch eine tiefe Rinne,
in der, wie bey unſerm Exemplar, noch ein Zweig
ſteckt, an dem ſich die Muſchel angeklammert hat,
und mit den ſeltſamen haͤndengleichenden Hacken
feſthaͤlt. Auch hier ſind viele Furchen und Falten.
Man hat dieſe merkwuͤrdige Auſter in verſchiedenem
Anzuge, bald braunroth, bald violett, bald ſtrohgelb
gefun⸗
— — — nn nn —
— — — —
Bi Hahnenkamm. 173
gefunden. Am Strande der Molukken iſt ihr Wohn⸗
ort. Sonſt wurde ſie gern mit ” hollaͤndiſchen
Gulden bezahlt.
Mit großem Rechte hat der um die Conchylien
hochverdiente Chemnitz den Hahnenkamm (O.
Crifta Galli, 'Ailèe de Chauve ſouris, la Cröte du
cog, Schweineohr) den Miesmuſcheln abgenommen,
und den Auſtern beygezaͤhlt. Eine genaue Unter⸗
ſuchung des Schloſſes an mehrern Exemplaren,
zeigte ihm deutlich das charakteriſtiſche dreyeckige
Gruͤbchen, das allen Kammmuſcheln und Auſtern
eigenthuͤmlich iſt, und er fand alle Urſache zu ver⸗
muthen, daß an den Exemplaren, bey welchen das
Schloß dem Schloſſe der Mies muſcheln ſich näherte,
dieß bloß daher gekommen ſeyn moͤge, weil ſie durch
ihre Nachbaren, oder durch andre Koͤrper in ihrem
Wachsthume zu beſchraͤnkt geweſen waͤren. Einen
in der That artigen Anblick machen die Hahnen⸗
kaͤmme, und auch der, dem die Conchylien eben
nicht beſonders viel Vergnuͤgen gewaͤhren, wird ih⸗
nen gern einige Augenblicke ſchenken. Sie haben
ſpitzwinklige Falten, oder wenn man will, Rippen.
Trefflich paßt die Unterſchale in die Oberſchale. Die
Oberflaͤche iſt rauh, voll erhabner Puncte und Strei⸗
3 fen.
174 Doppelter Hahnenkamm.
fen. Die innern Waͤnde glaͤnzen wie ein Spiegel,
und haben die ſchoͤnſte Honigfarbe. An einigen
Hahnenkaͤmmen bemerkt man an der Unterſchale
hackenfdrmige Arme, um ſich an fremde Körper an⸗
zuklammern. Ihre Farbe iſt eben ſo wenig gleich,
als die Zahl und Form ihrer Falten. Wir ſehen in
der Abbildung einen gelblichen (122) und einen vio⸗
lettblauen (123). Sehr gern ſitzen die Hahnen⸗
kaͤmme uͤber einander, und zwar ſo feſt, daß man ſie
ſchwer von einander bringt. In den Kalkbergen der
Schweiz findet man eine große Menge einfacher und
doppelter Hahnenkaͤmme verſteinert. Wie ſie aus
ihrem jetzigen Vaterland Oſtindien dahin gekommen
ſeyen, das iſt eine der großen Fragen, auf die man
nie befriedigend wird antworten koͤnnen.
Seltner als der einfache Hahnenkamm iſt der
doppelte (O. Hyotis, la double erbte du coq,
Oreille de Cochon d double plis, Blaͤtterkamm 124).
Die blaͤttrigen, ſchuppigen Falten, die wie Hohl⸗
ziegel uͤber den ſpitzwinkligen Falten liegen, ma⸗
chen, daß dieſe gleichſam gedoppelt erſcheinen.
Hiezu kommen noch große, hohle, rinnenartige Za⸗
cken auf dem Ruͤcken. Sie ſtehen wild und
unordentlich durcheinander. Schmutzig gruͤn⸗
gelb,
Kammblatt. 175
gelb, ins Braune fallend iſt die Sarbe dieſes Hah⸗
nenkamms. |
Wir ſahen oben eine Baumauſter, die fich an:
klammern kann. Im Kammblatt (0. Frons,
la Feuille ,' kleines Blatt 125) erblicken wir eine
andre Art, die ſich an einer Gorgonia, einem See⸗
gewaͤchſe, fo feſt hält, daß, ohne ſie zu zerbrechen,
ſie los zumachen unmöglich waͤre. Dieſe Muſchel
iſt ſchmaͤhler, als das Lorbeerblatt. Wie ihre
Oberſchale eine erhabne Rippe in der Mitte hat, ſo
befindet ſich gerade unter ihr in der Unterſchale eine
Rinne fuͤr den Gegenſtand, an den ſie ſich anſchlie⸗
ßen will. Auf beyden Seiten ſind mehrere Hacken
zum Umfaſſen des Zweiges. Beſſer koͤnnen die
Krallen eines Vogels ihn nicht faſſen, als die Mu⸗
ſchel, die der Verfaſſer gerade vor ſich hat, ein See⸗
gewaͤchs feſt haͤlt, und es bleibt immer ein höchſt
merkwuͤrdiger Gedanke, wie die Natur in die Schale
oder in den Inſtinet des Thieres es zu legen wußte,
daß an der ſteinharten Schale ſich gleichſam Klauen,
laͤnger oder kuͤrzer, gekruͤmmter oder flacher, je nach⸗
dem es der Zweig erfordert, bilden muͤßen, um das
ſonſt hilf⸗ und gliederloſe Thier in den Stand zu
ſetzen, eine Stuͤtze zu ergreifen und Zeitlebens feſt⸗
un. zuhal⸗
176 Gemeine Auster
zuhalten. Außen iſt das Kammblatt angenehm roth,
innen glaͤnzend weißgelb. In Weſtindien findet
man es haͤufig. Da es aber mit Sand und Schmutz
bedeckt ein ſchlechtes Anſehen hat, und uͤberdieß
wegen der etwas lockern Verbindung die Schalen
leicht auseinander fallen, ſo daß nur die am Zweig
befeſtigte zuruͤckbleibt, ſo gehoͤrt ein vollſtaͤndiges
Exemplar mit Ober: und Unterſchale aner zu den
ſchaͤtzbaren Cabinettsſtuͤcken.
Indem wir bisher ſchon ſo manche Auſter ken⸗
nen lernten, ſo konnten unſre Leſer gewiß vermuthen,
daß wir, die fo geruͤhmte Lieblingsſpeiſe vieler Per⸗
ſonen, die gemeine Auſter (O. Edulis, la Huitre
a ecailles, eßbare Auſter 126) nicht mit Stillſchwei⸗
gen uͤbergehen wuͤrden. Im Gegentheil wollten
wir ihr etwas mehr Raum widmen als andren, und
ſie deswegen zum Schluſſe dieſer ganzen Gattung
verſparen. Denn gerade das, was uns dfter unter
das Auge kommt, muͤßen wir gruͤndlicher kennen,
als das entfernte.
Sehr bekannt iſt ihr Ausſehen. Eine Menge
blaͤttriger Schuppenreihen, deren groͤßere oder gerin⸗
gere Anzahl ihr Alter vermuthen laͤßt, bekleiden die
Schalen, von denen die untern etwas bauchig, die
obere
Gemeine Aufter, 277
obere aber glatt iſt. Ihre Farbe iſt verſchieden,
bald grau, bald ſchwaͤrzlich, bald weiß. Zuweilen
findet man auch purpurfarbige und violette Auſtern.
Gewoͤhnlich haben fie einen bis drey Zoll im Durch⸗
ſchnitt, doch gibt es auch außerordentlich große.
Dampier will auf ſeinen Reiſen Auſtern von zwey
bis drey Centnern angetroffen haben, und von einer
einzigen ſollen uͤber hundert Menſchen 1 gewor⸗
er ſeyn. Pak
‚Saft alle Meere bewohnt die gemeine Auſter,
doch iſt ſie in dem Einen ſchmackhafter und beſſer,
als in dem Andern. In Europa liefern England,
Frankreich und auch Italien die beſten Auſtern, und
treiben einen anſehnlichen Handel damit. An den
Hollaͤndiſchen Kuͤſten kommen die Auſtern nicht gar
gut fort, weil ſie wegen des lehmigen Bodens bey
Ebbe und Fluth leicht verſchlammt werden. Man
laͤßt daher alle Jahre aus England Auſternbrut kom⸗
men; dieſe ſetzt man in beſondere Behaͤltniſſe, n de⸗
nen das Seewaſſer Ab: und Zufluß hat. Dieß find
nun gute Auſternmagazine zum Verkauf. An meh—
rern Orten hat man mit Palliſaden umgebne Bes.
haͤltniſſe im Meere als Auſterngehege. Da, wo dieſe
mit der See in keiner Verbindung ſtehen, muß man
Wuͤrmer II. Th. 3 den
178 Gemeine Auſtet.
den Auſtern wenigſtens zweymal des Tages friſches
Seewaſſer geben, was man ſie maͤſten nennt. Da⸗
durch werden fie ſchmackhafter und fetter. Ueber⸗
haupt iſt die Erneurung des Waſſers und die beſtaͤn⸗
dige Bewegung desſelben das größte Beduͤrfniß für
Seegeſchoͤpfe, ſo daß ſelbſt die, die man in Glaͤſern
haͤlt, zum Theil nur durch wiederholte Bewegung
des Waſſers erhalten werden koͤnnen, und ſich deſto
beſſer befinden, je mehr man in Abſicht auf die Zeit
die natuͤrlichen Veraͤnderungen, die das Meer ſelbſt
haͤlt, nachahmt. Es iſt ein ruͤhrender Gedanke, daß
die raſtloſe Bewegung des Meeres und die ſich ja⸗
genden Wellen, die unaufhörlich ihre Stelle veraͤn⸗
dern, zur Erhaltung von Millionen Geſchoͤpfen bey⸗
tragen, und daß auch um des ſchwachen Inſects
und des wehrloſen Wurms willen, das Meer brau⸗
ſen und toben muß.
Die Nahrung der Auſtern beſteht in lehmiger
Erde, Pflanzentheilen und kleinen Wuͤrmern. Da
ſie aber immer an irgend etwas feſt kleben, und keine
andere Bewegung in ihrer Gewalt haben, als ihre
Oberſchale auf: und zuzumachen, ſo muͤßen fie gedul⸗
dig warten, bis ein guͤnſtiges Schickſal ihnen etwas
Nahrhaftes zufuͤhrt. m einzige Bewegung, die fie
—
außer
|
Gemeine Aufter. 179
außer der ſchon angeführten in ihrem Leben machen
mögen, iſt die, die man an ihnen, wenn fie noch ganz
klein ſind, ſobald ſie von der Mutter kommen, bemerkt;
aber gewiß kleben ſie ſich bald nachher an etwas, oder
fie Heften ſich untereinander ſelbſt klumpenweiſe zus
ſammen, und verlaſſen dann nie wieder die einmal
gewaͤhlte Lage. Es iſt wohl keinem Zweifel unter⸗
worfen, daß die Auſtern wahre Zwitter ſeyen. Denn
es laͤßt ſich ſchwer denken, wie ſich die verſchiednen
Geſchlechter einander zur Fortpflanzung naͤhern ſoll⸗
ten. Die Tarentiniſchen Fiſcher haben die Bemer⸗
kung gemacht, daß die Auſter dreymal im Jahre,
im März, im Juny und im September, ihre Jungen
aus den Kiemen ſchluͤpfen laſſe. Oeffnet man etwas
vor dieſer Zeit die Schalen, ſo ſindet man Eyer und
bald darauf wirklich lebende unglaublich kleine Auſtern
in Menge. Sie haben ihren Aufenthalt in den Kiemen
der Mutter, und werden von ihr, wenn ſie reif zur
Geburt ſind, vermittelſt dieſer Kiemen, die Geburts⸗
helfers Dienſte leiſten, und faͤlſchlich fuͤr rothe Wuͤr⸗
mer angeſehen worden find, herausgeſtoßen, wo ſie
dann, ohne weitere elterliche Pflege, ihrem Schickſal
uͤberlaſſen bleiben. So klein fie find, fo dffnen und
ſchließen fie doch ihre Schalen mit großer Fertigkeit,
3 2 und
180 Gemeine Auſter.
und munter huͤpfen ſie, bis ſie einen Ort finden, wo 5
fie ſich anſiedeln. Sobald die Mutteraufter geboren
hat, ſo ſoll ſie Sand und Schlamm zu ſich nehmen,
um die Leere auszufuͤllen, und das durch den Abgang
der Jungen verlorne Gewicht wieder herzuſtellen.
Beruͤhmte Naturforſcher behaupten von Voͤgeln und
Fiſchen das Naͤhmliche. So viel iſt richtig, daß
man die Gedaͤrme der Auſtern, bald nachdem ſie ge⸗
boren haben, mit einer Menge Sand angefuͤllt findet.
Die neugebornen Jungen find mit einem milchartis
gen Schleim umgeben, mit dem ſie ſich an den naͤch⸗
ſten beſten Gegenſtand anhaͤngen. Oft reißt aber
das ungeſtuͤmme Meer die Schleimklumpen ausein⸗
ander, und ſchleudert von der Familie eins da, das
andre dorthin. Vorzuͤglich im Julius hebt ſich die
Brut der Auſtern und andrer Schalwuͤrmer aus der
Tiefe des Meeres in die Hoͤhe, uͤberzieht die Kiele
der Schiffe und tauſend Korkſtuͤcke, die ſich im Waſ⸗
ſer befinden, ſo daß gleichſam alles eine Conchylien⸗
rinde bekommt. Schon aus dieſem Umſtande, noch
mehr aber aus den ungeheuren Auſternbaͤnken, die ſich,
wie wandernde Völkerfchaften, in gewiſſen Gegen⸗
den feſtſetzen und eine reiche Ernte bereiten, kann |
man ſich ihre Vermehrung vorſtellen. Ein Natur⸗
forſcher
Gemeine Auſter. 181
forſcher unterſuchte den Eyerſtock einer Auſter, und
berechnete ihn auf eine Million und zweymal hun⸗
dert tauſend Eyer. Aber eben dieſe Fruchtbarkeit iſt
Beduͤrfniß und Wohlthat. Denn da die Menſchen
ſo viele, man darf ſagen, Millionen verzehren,
und auch die Krebſe, die Krabben, die Auſterndiebe,
die Seeſterne und manche andre Seegeſchoͤpfe mit
dem Herrn der Natur einerley Geſchmack haben, fo
mußte die Auſter mit einer zahlreichen Nachkommen⸗
ſchaft geſegnet werden. Selbſt unter den Saͤugthie⸗
ren hat ſie große Liebhaber. Waͤhrend der Ebbe
geht der liſtige Waſchbaͤr am Strande auf und ab,
wartet bis die Auſtern ihre Schalen oͤffnen, und hohlt
dann das Thier heraus. Er darf ſich aber wohl in
Acht nehmen, ſonſt ſchließen ſie ihre Schalen, und
halten ihn, wie den Fuchs oder Marder das Teller:
eiſen, gefangen. Jetzt iſt das arme Thier verloren;
laufen kann es nicht, die wiederkehrende Fluth übers
eilt und erſaͤuft es. Auch der naſchhafte Affe ſchleicht
den Auſtern nach, hat aber auch zuweilen dieſes
Schickſal, und ſchwerlich wird ihn dann ſein hoͤhni⸗
ſches Zaͤhneblecken und ſein poſſirliches Springen
retten. Ja, als waͤre das noch nicht genug Laſt fuͤe
die arme Auſter, ſo ſiedelt ſich die Meereichel, wie
8 33 unſre
182 Gemeine Auſter.
unſre Abbildung zeigt, in ganzen Familien nebſt noch
manchem Seethier auf ihr an, und ndthigt ſie, ihr
Zeitlebens zum Wohnplatz zu dienen.
An dem Bewohner der Auſterſchalen haben uner⸗
muͤdete Zergliederer eine Menge kunſtreicher Organe
entdeckt, die den Wahn, als waͤre er ein hoͤchſt ein⸗
faches Thier, buͤndig widerlegen. Maul, Ruͤſſel,
Magen, Kiemen, Herz, Leber und noch mehr ha⸗
ben ſie deutlich in ihm gefunden. Auch bey ihm hat
das Herz jene raſtloſe Bewegung, die wie ein Druck⸗
werk die zum Leben erforderlichen Feuchtigkeiten in
die große Pulsader, und aus ihr in tauſend kleine
Canaͤle und in die Kiemen treibt. So weniger
Bewegung er auch faͤhig iſt, ſo hat ihm doch die
muͤtterlich ſorgende Natur Inſtinct genug gegeben,
das anſtroͤmende Waſſer der Ebbe und Fluth zu be⸗
nuͤtzen, um, wenn ein Zufall ihn losgeriſſen hat, auf
eine andre ihm bequemere Seite zu liegen zu kommen.
Kraft hat er auch genug in ſeinen Muskeln, die
Schalen recht feſt zuzuſchließen. Dieß ſollen drey
arme Maͤuſe erfahren haben. Sie ſteckten den
Kopf zwifchen die offne Schale, und pldtzlich
ſtanden ſie kopflos da. So wird wenigſtens er⸗
zahlt.
Schon
Gemeine Auſter. 183
Schon nach drey Monaten ſollen die Jungen
zur Fortpflanzung tuͤchtig, und in einem halben
Jahre einen Zoll groß ſeyn, aber erſt im dritten oder
vierten Jahre ihre voͤllige Reife und Groͤße haben,
ſo daß ſie zum Eſſen taugen. Ein weiſes Geſetz
gebiethet daher, die Jungen, die von ungefaͤhr aus
dem Waſſer gezogen werden, wieder hineinzuwerfen;
ſo wie es auch waͤhrend der Laichzeit ihren Fang un⸗
terſagt, um ſie in dieſem wichtigen Geſchaͤfte nicht
zu flören. Ohnehin find fie um dieſe Zeit ſchlecht
und ungeſund, was in einigen Gegenden den ganzen 8
Sommer hindurch der Fall ſeyn ſoll.
Ein thoniger ſandiger Grund traͤgt viel zum
guten Geſchmack der Auſtern bey. Am Aus fluß
der Stroͤme ins Meer gerathen ſie beſonders gut,
daher man ſie daſelbſt durch Verſetzung der Brut zu
ziehen und Auſternbaͤnke anzulegen ſucht. Auch ſie
beweiſen, welch eine Goldgrube die Induͤſtrie ſey
und wie reiche Zinſen ſie trage. In einem Canal
zwiſchen Angleſey und Carnarvonschire in England
befindet ſich eine mehrere Meilen lange Auſternbank,
von der man jaͤhrlich eine Menge der vortrefflichſten
Auſtern gewinnt. Vor 50 Jahren war da noch
keine Auſter zu ſehen; und die ganze Anlage koſtete
* 300
183 Gemeine Auſter.
300 — 400 Auſtern, die ein Wohlthaͤter auf gut
Gluͤck in dem Canal ausſetzte. Seinen Nahmen
verſchweigt die ſo oft undankbare Geſchichte, indeß
fie die Robespierres und Lebons und andre Zerſtorer
treulich aufbewahrt. Die aus dem Meere fommens
den Auſtern nennt man Seeauſtern zum Gegenſatze
der Pfuͤtzenauſtern, die in den ſtehenden Gewaͤſ⸗
fern, die das Meer auf dem Lande zuruͤckließ, leben,
und bey weitem nicht fo gut als jene ſchmecken.
Die kleinen Engliſchen Auſtern von Gloceſter werden
fuͤr die beſten gehalten. Ihrer Millionen gehen uͤber
Hamburg nach Deutſchland. Beſonders ruͤhmt
man die grünen Auſtern. Dieſe Farbe iſt aber nicht
Natur. Man hat naͤhmlich Auſtern⸗Graben, die
voll eines gewiſſen ſaftreichen Mooſes ſind, und
mit dem Meere in Verbindung ſtehen. Die gewalt⸗
ſam eindringende Fluth ſtreiſt von dem Mooſe eine
Menge feiner, gruͤner Theile ab, faͤrbt das Waſſer
und die Auſtern, und gibt dieſen einen vorzuͤglichen
Geſchmack. Alle Jahre geht von den Engliſchen
Auſtern eine ganze Schiffsladung nach Petersburg.
Hat der Schiffer guten Wind, ſo bringt er feine Au⸗
ſtern friſch und lebendig an Ort und Stelle. Ueber⸗
fällt ihn aber eine ungluͤckliche Windſtille, dann
muß
1
Gemeine Auſter. 185
muß er zuweilen feine ganze Ladung über Bord wers
fen. Wirklich widerfuhr das einem Schiffer bey der
Inſul Bornholm. Es war vollig unmöglich, den
peſtilenzialiſchen Geſtank laͤnger au zuhalten, und
ſo ward alles dem Neptun geopfert, der hier mehr
als jemals ſeine oben Webern Daft ige has
ben möchte,
Die Aufter ift, nebſt einigen andern Schalwält⸗
mern, das einzige Geſchoͤpf, das der Menſch mit
Wiſſen lebendig verſchluckt. Wir ſagen mit Wiſſen.
Denn von den Millionen Eſſigaalen, Kaͤſemaden
und andern Thieren, die er, ohne es zu wiſſen und
daran zu gedenken, ungeſehen zu ſich nimmt, weiß
er wenig und ſelbſt der, der tiefere Blicke in das
Reich der fo ungeheuer bevoͤlkerten Natur gethan
hat, lebt in einer gluͤcklichen Vergeſſenheit daruͤber
und laßt ſich durch ſolche — Kleinigkeiten in feinen
Tafelfreuden nicht ſtdren. Und mit den Auſtern
ſelbſt verſchlingt der Leckerhafte eine Menge von
Thieren. Unterſuchte ja der ehrwuͤrdige Bonnet das
Seewaſſer in den ihm zugeſchickten Auſtern, und
fand darin eine Menge flimmernder Thierchen mit
Spitzen, die in der lebhafteſten Bewegung ſich Röhs
ten machten, und alſo wahrſcheinlich Rohrenpolypen
Wuͤrmer II. Th. A a wa⸗
0
466 Gemeine Auſter.
waren, und außer ihnen noch zahllgſe, eyfdrunge
und ganze Klumpen von Jufuſionsthierchen. So
haben auch andre Naturforſcher mehrere Gattungen
leuchtender Wuͤrmchen in Auſtern wahrgenommen.
Wer mag die Millionen Geſchoͤpfe zählen, die eine
Geſellſchaft an einem Winterabende mit etwa 300
Auſtern zugleich verſchlingt? Ein großer, kuͤhner
Entſchluß war es immer fuͤr den, der ein ſo haͤß⸗
liches, ſchleimiges Thier zum erſtenmale und leben⸗
dig aß, und wahrſcheinlich hat bloß nagender Hun⸗
ger die erſten Auſtern gewuͤrzt. Jetzt gehdren fie
zu den ausgeſuchteſten Genuͤßen. Ueber die ver⸗
ſchiednen Meinungen, ob ſie friſch oder gebraten beſ⸗
U
ſer ſchmecken, laͤßt ſich nicht ſtreiten; es iſt das
eine Geſchmacksſache, in der jeder nur ſeinen Gau⸗
men als einzigen und hoͤchſten Richter, erkennen
Tann, Friſch ſollen fie aber geſünder ſeyn, weil fie
im Braten ein gewiſſes, fluͤchtiges Salz verlieren,
das die Verdauung befdrdert. Darin ſtimmen alle
uͤberein, daß riechende, ſchon in Faͤulniß gehende
Auſtern etwas ganz abſcheuliches, ja ein der Geſund⸗
heit hoͤchſt nachtheiliges Gift ſeyen. Eben daher
ſind auch dem Auſternfreund die friſch und lebendig |
verſchickten weit Ki zu eupfhene. als die man
ngch
Gemeine Auſter. 187
nach dem Fange ausſticht, dann mit ihrem eignen
Waſſer Übergießt, und nach Hinzuthat von Salz,
Lorbeern u. d. verſendet. Denn dazu nimmt man
gar oft todte, bereits verdorbne. Schon die alten
Römer liebten den Genuß der Auſtern ungemein,
ſo ernſtlich auch Cicero und ſpaͤter Seneca ihre Stimme
dagegen eihuben. Man ieh“ es damals fo weit,
daß man nicht nur die Gaſtmahle mit Auſtern an⸗
fieng und endete, fondern wohl auch bloße Auſtern⸗
gaſtereyen, wo nur dieſe in der mannigfaltigſten
Zubereitung aufgetragen wurden, gab. Um die Au⸗
ſtern noch zu verbeſſern, verſetzte man fi e aus dem
Meere i in den Lueriniſchen See, wodurch ſie fetter
und ſchmackhafter wurden. 1
Der Fang der Auſtern iſt nach m Aufent⸗
halte verſchleden. Mit Gefahr verbunden, und faſt
ſo ſchwierig als die Perleufiſcherey iſt er da, wo ſie
ſich in einer Tiefe von zehn bis zwölf Klaftern aufs
halten, wie das an der Kuͤſte von Minorca der Fall
iſt. Aber freylich ſind das auch die beſten und
. Die nicht gar tief an Felſen ſitzenden wer⸗
den mit dem Auſternſchaber abgeſtoßen. Sie
fallen dann in einen darunter aufgeſtellten Kaſten.
Für die, die am Meeresboden, gegen die Kuͤſte
n Aa 2 hin,
188 Gemeine Auſter.
hin, liegen, hat man ſchwere Netzſaͤcke, die durch
eiſerne Stäbe offen gehalten werden, und vorn
einen Rechen haben. Dieſe zieht man zur Ebbe⸗
Zeit am Boden und auf Auſternbaͤnken gegen das
Land hin. In Holſtein fuͤhrt man ein aͤhnliches
Werkzeug von Eiſen mit einem Netze aus Riemen
geflochten, in das die Auſtern fallen, die die Zacken
losbrechen. Um unſern Leſern eine Vorſtellung
von dem Fange der Auſtern und andrer Muſcheln,
beſonders auch der Miesmuſcheln und Pholaden zu
geben, duͤrfen ſie nur die Scene (127) betrachten.
Es iſt gerade Ebbe. Die wohlthaͤtige Fluth hat
an den Felſen Auſtern und Muſcheln zuruͤckgelaſſen.
Jetzt ſtoßen die Maͤnner ſie von den Felſen ab, die
Weiber ſammeln fie in Koͤrbe. Auch Kinder braucht
man hiezu. Mehr in der Ferne ſehen wir Männer. |
und Weiber mit krummen Meſſern, Schalwuͤrmer |
aus dem Sand und Schlamm graben, andre aber |
mit Hauen, um ſchmackhafte Pholaden, die in
ſteinigen Ufern wohnen, aus ihren ſo ſicher ſchei⸗
nenden Gewoͤlbern heraus zuhauen.
n r e r ee R *
Die Schalen der Auſtern brennt man zu galt. |
Als Aſche geben fie ein gutes Zahnpulver, und mit
keinohl abgerieben eine brauchbare Farbe für Karten⸗
macher. |
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22
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Gemeine Auſter. 180
macher. Die Tuͤrken follen fie zu ihrem berühmten
Garn brauchen. Gegen eine Menge von Uebeln, ſo⸗
gar auch gegen die Waſſerſcheue und Steinſchm erzen,
hat man den medicinifchen Gebrauch dieſer Schalen
empfohlen. Es gibt eine giftige Auſternart, die
man in London Portobello nennt. Ihr Geſchmack
ift vitrioliſch. Der Lord Major ließ einft eine ganze
Ladung ſolcher Auſtern ins Meer werfen. Wahr⸗
ſcheinlich hatten ſie an Kupferfelſen geſeſſen.
Die Chineſer ſaͤen Auſtern und die Bewohner der
Antillen pfluͤcken ſie von Baͤumen. Beydes geht ganz
natuͤrlich zu, ſo raͤthſelhaft es auch klingt. Denn die
erſtern haben gewaͤſſerte Wieſen, auf denen ſie kleine
Auſtern, die ſie von Felſen abgeleſen haben, ausſtreuen,
und alſo, wie es auch an andern Oertern geſchieht, bloß
die Brut verſetzen, aber gewiß nicht, wie man vorgab,
zerbrechen, um die Eyer wie einen Samen auszuſaͤen;
auf den Antillen aber treibt das ſtuͤrmiſche Meer eine
Menge Auftern landeinwaͤrts und ſetzt fie an Bäumen
und Straͤuchern ab. Selbſt bey Plymouth ſoll das
ſchon geſchehen ſeyn. Dieß find. dann fogenannte
Baumauſtern. So werden an den Kuͤſten der caraidi⸗
ſchen Inſuln eine Menge Auſtern auf Mangelbaͤunn
hingeſchwemmt, die nun den Nahmen Mangelanſtern
fuͤhren. Aa 3 g Tab.
m aeg)
= Tab. XX.
Boftardmuſchel. Anom ia. 5
Das Fenſterdupplet (128. 120). Die Zwie⸗
beifchale (430). Die Todtenkopfmuſchel
(131134). Der große Engliſche Sattel
rt 3 5). Die Fenſterſcheibe (130). Der
Schlangenkopf (137. 138).
Son der Nahme des Muſchelgeſchlechts, zu dem
wir jetzt kommen, laͤßt uns bey den Mitgliedern
desſelben manches Unregelmaͤßige, von andern Abs
weichende vermuthen. Sie heißen Anomien, d. h.
Geſetz⸗ und Regelloſe, was man durch Baſtardmu⸗
ſcheln ausdrucken wollte. Dadurch, daß einige fuͤr
gut fanden, ſie Bohrmuſcheln zu nennen, haben ſie
zu der irrigen Vermuthung Veranlaſſung gegeben,
als bohrten ſie ſich, wie die Viel⸗ und Zweyſchaligen
Pholaden, in fremde Koͤrper hinein, was nicht der
Fall iſt. Durchbohrte Muſcheln wollte man ſagen,
und vergriff ſich im Ausdruck. Ueberhaupt hat dieſe
Gattung noch viele Dunkelheiten, und offenbar iſt
manche Muſchel in ſie verwieſen worden, mit der
man ſonſt nichts anzufangen wußte. Mehrere, die
man dahin rechnet, kennt man bloß aus Verſteinerun⸗
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Baſtardmuſcheln. 191
gen, die noch dazu ſo zweydeutig ſind, daß es ſich
bezweifeln laͤßt, ob die Originale dieſer Steinabdruͤcke
wirklich Muſcheln geweſen ſeyen. Manche Umſtande
trugen freylich dazu bey, die Kenntniß dieſer Mus
ſcheln zu erſchweren. Denn mehrere von ihnen
leben in der Tiefe des Meeres im aͤußerſten Norden,
wo der Kenner und Sammler wenige ſind, die ſich
die Muͤhe gaͤben, ſie aus den Abgruͤnden heraufzu⸗
hohlen. Ueber das haben ihre zum Theil kleinen
und unanſehnlichen, zum Theil aͤußerſt zerbrechli⸗
chen Schalen kein ſo buntes und reizendes Aus⸗
ſehen, das die ee and Wen - fe
lenkte. 3j n
Die Schalen! ar Bafkarbmufcheln f ud e 7
eine von ihnen iſt ganz flach und glatt, die andre
nach dem Schloſſe zu etwas bauchiger. In der Ge⸗
gend desſelben hat eine dieſer Schalen ein Loch.
Zaͤhne finden ſich im Schloſſe nicht, wohl aber zwey
ſonderbare beinige Strahlen, die zur Haltung bey⸗
tragen mögen. Bis jetzt rechnet man in dieſe Gat⸗
tung 51 Arten, unter denen vielleicht manche in Zus:
kunft aus derſelben verwieſen werden wird, indeß
*
neue Entdeckungen des raſtloſen Beobachtungsgei⸗
fies. wieder andre an ihre Stelle ſetzen werden.
Die
102 Fenſterdupplett.
Die Bewohner dieſer Muſcheln, wenigſtens el⸗
nige derſelben, haben einen Koͤrper, der aus einem
geraͤnderten mit Faſern oder Haͤrchen beſetzten Rie⸗
men beſteht. Dieſer ſitzt mit den Haͤrchen an der
obern Schale feſt. Außerdem waren ihm zwey ziem⸗
lich lange, gleichfalls faſerige Arme zu Theil.
Die duͤnne, zerbrechliche, durchſichtige Schale
gab dem Fenſterdupplet (A. Ephippium, la Pe-
lure d’oignon, weiße Zwiebelſchale) ſeinen Nahmen.
Die Form, um derentwillen es auch Sattel genannt
wurde, iſt nicht immer gleich, je nachdem es in ſei⸗
nem Wachsthume frey oder eingeſchraͤnkt war.
Gern ſchmiegt ſich dieſe Muſchel an jeden Koͤrper,
auf dem ſie ſich anſiedelt, ſo genau als moͤglich an,
und dieß veraͤndert dann ganz natuͤrlich ihre Geſtalt.
So iſt auch die Ober⸗ (128) und die Unterſchale
(129) ziemlich verſchieden. Einfach weiß und et⸗
was blaͤttrig ſehen ſie von außen, und ſchoͤn per⸗
lenmutterfarbig von innen aus. In der Unterſchale
bemerkt man eine große eyfoͤrmige Oeffnung, die
man auch Fenſter nennt. Durch dieſes geht eine
ſteinartige Maſſe, vermittelſt deren ſich das Thier
an den fremden Korpern, die es zum Wohnplatz
gewaͤhlt hat, wie mit einem Hacken ungemein feſt
| ans
Zwiebelſchale. 193
anhaͤngt. In der Tiefe unter den Wirbeln befindet
ſich das Band, das die Schalen zuſammenhaͤlt.
Man hat dieſe Muſchel in oſt⸗ und en
Meeren angetroffen.
Vorzuͤglich durch ihre Farbe We fi &
die violett röthliche Zwiebelſchale (A. Cepa, la
Pelure d’oignon 130). Auch ſie hat keine regel⸗
maͤßige Form, und wird bald rund, bald laͤnglich,
bald eckig angetroffen. Ihre gewölbte Schale iſt
violettroth, die flachere, mit der ſie ſich an fremde
Koͤrper anſetzt, ſilberweiß oder perlenmutterartig.
So haͤufig man einzelne Schalen findet, ſo ſelten
ſind hingegen vollſtaͤndige Exemplare mit ac
Schalen,
Lange kannte man die Todtenkopfmuſchel
(A. Craniolaris, Brattensburgiſcher Pfennig) nur
aus Verſteinerungen. Als ſolche ſah man ſie in
Kalkſteingeſchieben zu Hunderten beyfammen, wor⸗
aus man ſchließen konnte, daß dieſe Muſcheln Co⸗
lonienweiſe bey einander leben. Endlich war der
Naturforſcher Retzius fo gluͤcklich ‚ eine ſolche Mu⸗
ſchel, an einem aus Manilla kommenden Corallen⸗
zinken feſtſitzend, unverſteinert zu erhalten. Bey⸗
nahe hätte man dieſen als ein unnaͤtzes, von den
Würmer II. Th. B b See⸗
194 Todtenkopfmuſchel.
Seewuͤrmern uͤbel zugerichtetes Stuͤck weggeworfen,
und ſo waͤre der koſtbare Schatz verloren gegangen.
Denn ein Schatz iſt das immer, was uͤber eine ſchon
lange dunkle Sache Licht gibt. Wir ſehen von dieſer
merkwuͤrdigen Muſchel zweyerley Arten, die Brat⸗
tensburgiſche (131. 132) und die Egnabergiſche
(133. 134), aus denen der genannte Naturforſcher
eine eigne Gattung, die Schaͤdelmuſcheln, zu bilden
vorſchlaͤgt, weil er manches an ihnen vermißte, was
die Baſtardmuſcheln auszeichnet. Beyde zeigt uns
unſre Abbildung von innen und von außen. Beyde
haben innen, gegen das Schloß zu, die Todten⸗
kopfsgeſtalt, die ihnen ihren Nahmen gab, und ei⸗
nen etwas dicken, geſtreiften Rand. Es treten
naͤhmlich aus der innern Wand der Unterſchale, die
ſich an Seegewaͤchſen feſtſetzt, drey erhabne, glaͤn⸗
zende Wulſte hervor, davon die zwey obern die Au⸗
gen, die untern die Naſe eines Schaͤdels vorſtellen.
Waͤre noch ein Mund vorhanden, fo würde ein Men:
ſchengeſicht, freylich eben nicht reizend, fertig ſeyn.
Die Gegenſchale hat drey Vertiefungen, in die die
Wulſte paſſen, und das Schließen der Schalen be⸗
foͤrdern. Bey der zweyten Art iſt die Außenſeite
einer Schale voller Streifen und Rippen, und ihre
Wulſte
*
1
Großer englifcher Sattel. 195
Wulſte ſind weit haͤrter und glaͤnzender, als bey der
Vorigen. Die Brattens burgiſche wohnt um die
Philippiniſchen Inſuln, verſteinert aber beſitzt Daͤn⸗
nemark in ſeinem Schooße ihrer eine große Menge;
die andre aber kennt man bis jetzt nur noch verſtei⸗
nert, wie ſie bey Egnaberga gefunden worden iſt.
Vorzuͤglich die ganz eigne Kruͤmmung, die aber
die Natur beſſer als eine abgebildete Copie zu erken⸗
nen gibt, erwarb einer gewiſſen Muſchel den Nah⸗
men: der große, engliſche Sattel (A. Sella, la
grande Selle de Cheval, la Selle polonoi/e, angloiſe
135 ), der auch der pohlniſche heißt, obgleich er die⸗
ſes ehemalige Kbnigreich gerade fo viel angeht, als
der pohlniſche Hammer. Die Schalen dieſer ſeltnen
oft 6—9 Zoll breiten Mufchel-find ſchiefrig, und
laſſen ſich leicht ſpalten. Man erblickt auf ihnen
eine Menge zarter Strahlen. Tiefes, faſt ins Braune
fallendes Violett iſt die Hauptfarbe, die aber regen⸗
bogenartige Spielungen hat. Die innern Waͤnde
glaͤnzen wie ein Spiegel, und ſind gegen das Schloß
zu perlen mutterartig. Beyde Schalen ſchließen
bey aller ihrer Kruͤmmung und Duͤnne ſo feſt auf
einander, daß man ſchwer begreift, wie ein Thier
zwiſchen ihnen leben kann. Obgleich dieſer Bewoh—
1 B b 2 ner
196 | Fenſterſcheibe.
ner aus nicht viel mehr als dünnen Lappen beſtehen
kann, ſo muß er doch eine gewiſſe Staͤrke beſitzen,
um ſo große Schalen zu regieren, ſich ſeiner Nah⸗
rung wegen von einem zum andern Orte hinzube⸗
geben, und noch obendrein eine Menge Auſtern und
Seetulpen mit ſich zu ſchleppen, denen es auf ihm
zu wohnen gefällig iſt. Das Schloß hat etwas ganz
Eignes. Zwey rippenartige Erhoͤhungen laufen am
Wirbel in einen Winkel zuſammen. In der Gegen⸗
ſchale find Vertiefungen, in die fie vollkommen paſ⸗ |
fen und ſich gleichſam hineinſchieben. Ein lederar⸗
tiges Band verſtaͤrkt die Verbindung. Dieſe koſt⸗
bare Muſchel wohnt am Strande der Molukken.
Zur Baſtardmuſchel fehlt ihr freylich das Fenſter
oder die durchbohrte Schale; allein unſre Leſer wiſ— |
ſen ſchon, daß in diefer Gattung manche Mufchel
vorkomme, die man ſonſt or unterzubringen
wußte.
Daß die Chineſer ſich einer Muſchel ſtatt des
Glaſes zu ihren Fenſtern bedienen, wiſſen unſre Leſer
ſchon. Dieſe fuͤhrt daher auch den Nahmen Fenſter⸗
ſcheibe (A. Placenta, la Vitre chinoiſe la Glacbe,
la Transparente 136). Weil ſie einem Stuͤcke Eis
gleicht, ſo heißt ſie auch die Gefrorne, und ihre
flache
ä
Fenſterſcheibe. 197
flache Form erwarb ihr den Nahmen Pfannen⸗
kuchen. Faſt ganz rund iſt die Fenſterſcheibe,
und dadurch unterſcheidet ſie ſich vom großen und
vom kleinen Sattel hinlaͤnglich. Ueberdas ſind
beyde Schalen vollkommen flach, ſchneeweiß und
aͤußerſt zart und durchſichtig. Sie haben am
Schloſſe Rippen, die ſich in die Gegenſchale ſchie⸗
ben; doch neigen ſich dieſe in einen ſpitzigern
Winkel zuſammen, als bey dem Sattel. Aeuf-
ſerſt feine Linien und Querringe bezeichnen die
Oberfläche. Die innere Seite hat einen Silber⸗
glanz und einen zirkelrunden Muskelflecken. In
zahlloſer Menge findet man dieſe Muſchel an der
Kuͤſte von Tranquebar. Da hier das Meer ſich
in furchtbaren Brandungen bricht, ſo iſt es voͤllig
ö unbegreiflich, wie eine ſo zarte Muſchel unbe⸗
ſchaͤdigt bleiben koͤnne. Als Fenſterſcheibe laͤßt
ſie zwar das Licht gut durch, allein die Gegen»
ſtaͤnde auf der Straſſe laſſen ſich nicht dadurch
erkennen. Die Chineſer wiſſen ſie auch zu ihren
eingelegten Arbeiten gut zu brauchen.
Wir konnten noch manche artige Baſtard⸗
muſchel hinzufuͤgen: z. B. die gekoͤpfte, die hin⸗
ten am Wirbel ganz abgeſtutzt iſt, die ſtachlige,
B b 3 voll
198 Schlangenkopf.
voll einer Menge feiner Stacheln u. d. m.; allein
wir muͤßen des Raumes ſchonen, und begnuͤgen
uns nur noch auf den Schlangenkopf (A. Ca-
put Serpentis, la petite Terebratule allongee,
la petite Poulette 137 4) aufmerkſam zu machen.
Man findet ihn oft mit einem rauhen Ueberzuge
bekleidet, allein ob dieß etwas ihm immer Eigen⸗
thuͤmliches, oder nur Zufaͤlliges ſey, das laͤßt ſich
nicht beſtimmen. Die Bildung iſt eyfoͤrmig mit
ſtumpfen Ecken. Senkrechte Streifen und Fur⸗
chen haben die grauweißen zarten Schalen;
deren eine gewoͤlbt, die andere flach if. Am
durchbohrten Wirbel (137 b) ſcheint ſich etwas
Ohrenaͤhnliches zu befinden. Durch dieſe Oeff—
nung ſteckt der Bewohner ſeinen Ruͤſſel heraus.
Auffallend unterſcheidet ſich dieſes Thier von ans
dern Würmern, Wir haben ſchon oben etwas
davon erwaͤhnt. Bey 138 ſehen wir ihn außer⸗
halb der Schale. Er treibt ein ſeltſames unter:
haltendes Spiel mit ſeinen Franſen oder Haaren.
In der Tiefe des Norwegiſchen Meeres wohnt er,
und wird zum oͤftern an Madreporenzweigen her⸗
ausgezogen.
Tab.
*
DD 199
Tab. XXI. XXII.
Miesmuſchel. Mytilus.
Der Steinfreſſer (139). Der Blaubart
(140). Die bunte (141). Die magella⸗
niſche (142). Die neuſeelaͤndiſche (143. 144).
Die Schwalbe (145). Die Teichmiesmu⸗
ſchel (1400. Die papuaniſche (147). Die Per⸗
lenmuttermuſchel (148-151).
Woher die Miesmuſcheln ihren Nahmen fuͤhren,
iſt unbekannt. Ihre zweyklappige Schale iſt rauh.
Mit langen Borſten, die bey den meiſten ziemlich
grob, bey einigen ſeidenartig ſind, und die ihre Be⸗
wohner herauslaſſen und einziehen konnen, haͤngt fie
ſich an andre Koͤrper an. Man kann dieſe Borſten
weit eher fuͤr eine Art von Haaren, die mit dieſen
Thieren wachſen, als fuͤr ein Gewebe halten, das ſie
willkuͤrlich verfertigen koͤnnten. Im Schloſſe haben
mehrere Mies muſcheln keine Zähne, dagegen aber
befindet ſich bey allen eine nach der Laͤnge und ſpi⸗
Big zugehende Vertiefung in der Schloßgegend an
der Seite des lederartigen Bandes. Das in ihnen
wohnende Thier gleicht einer Meerſcheide, und kann
zwey kurze Roͤhren ausſtrecken. Man kennt 52 Arten
Mies⸗
200 | Steinfreſſer.
Miesmuſcheln. Sobald wir wiſſen, daß wir dieſer
Conchyliengattung die ſchoͤnſten orientalifchen Ver:
len und eine in manchen Gegenden ſehr gemeine bez
liebte Speiſe verdanken, fo werden wir an der Wich⸗
tigkeit dieſer Gattung nicht einen Augenblick zwei⸗
feln. Einige unter ihnen ſind Fluß⸗ die meiſten
aber Seemuſcheln.
Unſre Leſer haben bereits unter den vielſchaligen
Conchylien Muſcheln kennen lernen, die, ſo unbe⸗
greiflich es auch ſcheinen moͤchte, in den feſteſten
Steinen wohnen. Auch unter den Zweyſchaligen
ſoll ihnen jetzt eine ſolche, und zwar eine Miesmuſchel
bekannt werden, die ihre gerechte Bewunderung mit
jenen theilen wird. Wir reden hier von dem Stein:
freſſer (M. Lithophagus, la Datte, la Moule cy-
lindrique, Steindattel, Steinſcheide 139). Dieſes
merkwuͤrdige Geſchoͤpf verſteht die Kunſt, mit ſeiner
hoͤchſt zerbrechlichen Schale, die faſt eher lederartig
als ſteinartig genannt werden koͤnnte, ſich in die
haͤrteſten Steine und Corallenmaſſen hineinzuarbei⸗
ten, und ſich in ihnen cylindriſche Wohnungen aus⸗
zuhoͤhlen. Auch ſelbſt in Granit: und Marmorfelſen,
und ſogar in andre Conchylien arbeitet es ſich hinein,
und, wenn es der Raum erlaubte, fo konnten wir
eine
Steinfreſſer. 201
eine Klappmuſchel abbilden laſſen, in der ein Stein⸗
freſſer ſteckt. Wie er aber dieß bewerkſtellige, wie
s ihm möglich werde, mit fo ſchwachen Werkzeugen
das zu leiſten, was wir mit weit ſtaͤrkern nicht ver⸗
möchten, und was er in feinem Steingewoͤlbe für
eine Haushaltung führe, das gehört noch unter die
Geheimniſſe der Natur. Wirklich duͤrften wir wohl
dem, der mit vorſchneller Weisheit uͤber alles, was
im Himmel und auf Erden iſt, Auffchlüffe geben
will, und jedes Raͤthſel loͤſen zu koͤnnen ſich einbildet,
dem duͤrften wir wohl nur ein von Steinfreſſern
durchbortes Marmorſtuͤck geben, und ihn fragen,
wie es das Thier wohl angefangen habe, hinein zu
kommen. Alles, was von den vielſchaligen Bohr⸗
muſcheln oben geſagt worden iſt, wird auch von un⸗
ſerm Steinfreſſer erzählt, und es ift ſchwer zu ent⸗
ſcheiden, ob Bohadſch, der die Säulen eines Sera⸗
pistempels von Muſcheln bewohnt fand, dieß von
einem viel⸗ oder zweyſchaligen Bohrwurm erzaͤhle.
Denn einige nennen beyde Pholaden.
Uuluaebrigens laͤßt ſich der Steinfreſſer auf den er⸗
ſten Blick von jenen Bohrmuſcheln unterſcheiden.
Er hat eine walzenaͤhnliche Form. Da, wo die klei⸗
nen nur wenig umgebognen Wirbelſpitzen ſtehen, iſt
Wuͤrmer U. Th. Ce | er
202 Blaubart.
er etwas gewölbt. Außer den nicht ganz durchlau⸗
fenden feinen Querſtreifen, ſieht man auf den Scha⸗
len bogenformige Linien, die wahrſcheinlich die neuen
Anſaͤtze bezeichnen. Vielleicht iſt es dem Beobach⸗
tungsgeiſte kuͤnftiger Zeiten vorbehalten, zu entdecken,
wie man aus ihnen das Alter der Muſcheln beurthei⸗
len koͤnne, und ob jedes Jahr einen oder mehrere
Ringe anſetze. Die Oberhaut iſt bald kohlſchwarz,
bald braun, bald gruͤnlich, je nachdem ſie in einem
Meere leben. Leicht aber wird ſie ſo trocken und
ſproͤde, daß ſie ſich abſchaͤlt. Die außen ſchwarzen
ſind innen opalblaulich; die braunen, weiß mit ei⸗
nem Silberſchimmer, und die gruͤnlichen fein perlen⸗
mutterartig geſtreift. Die letztern werden fuͤr die
ſchoͤnſten und vorzuͤglichſien gehalten. Man findet
ſie bis auf vier Zoll lang und mehr als Einen breit.
Die Oſt⸗ und Weſtindiſchen nebſt dem mittellaͤndi⸗
ſchen Meere dienen dem Steinfreſſer zum Auf⸗
enthalt.
Zu den gemeinſten Mies muſcheln gehbrt der
Blaubart (M. Edulis, la Moule vulgaire unie,
gemeine, eßbare Miesmuſchel 140), Er hat platte,
ſchwarzblaue Schalen, die gegen den Wirbel zu merf:
lich dicker werden und in weiß uͤbergehen. Kein
Spie⸗
\
—
Blaubart. 203
Spiegel, kein noch ſo ſchoͤn geſchliffner Achat kann
die Politur uͤbertreffen, die dieſe Muſchel annimmt.
Brennt man in dieſelbe mit einem gluͤhenden Eiſen
Ringe, ſo werden dieſe goldgelb und thun auf dem
blauen Grunde eine herrliche Wirkung. Leicht kann
mit ſolchen Kunſtwerken, als mit einer neuen Mu⸗
ſchelgattung, der Unerfahrne getaͤuſcht werden. In⸗
nen ſind die Schalen weiß mit blauen Raͤndern,
und oft findet man in ihnen treffliche Perlen. Man
vermag die Abaͤnderungen diefer Mies muſcheln kaum
zu zaͤhlen; bald ſieht man ſie duͤnner oder dicker,
leichter oder ſchwerer, geſtreckter oder abgeſtumpfter;
bald einfach und ungeſtreift, bald ſtrahlicht, bald
ganz zahnlos. Vermdge ihres Borſtenbuͤſchels haͤn⸗
gen ſie ſich ſehr feſte an einander. Dem Bewohner
iſt die Ehre widerfahren, von Liſter aufs genaueſte
zergliedert zu werden. Wovon er lebe, iſt ungewiß.
Ein Beobachter ſah zwar kleine Thiere um ihn her⸗
umſchwaͤrmen, allein er ſchien ſie nicht zu achten.
Vielleicht nimmt er Infufionsthiere zu ſich. Er ges
biert lebendige Junge. Denn im Fruͤhling ſah der⸗
ſelbe Beobachter, in der Hoͤhlung der Schale, eines
Stecknadelkopfs große Junge, die ee ae volle
kommen glichen. ;
1
Ce 2 Faſt
204 Bunte Miesmuſchel.
Faſt in allen Meeren wohnt der Blaubart. In
Daͤnnemark iſt er ſo gemein, daß die Strandbauern
ganze Wagen voll zu Markte bringen und Metzen⸗
weiſe verkaufen. Gekocht ſieht ſein Fleiſch wie
Eyerdotter aus, und Vornehme und Geringe lieben es.
Aber mit großer Vorſicht muß es genoſſen werden.
Denn wenn es ſchon etwas in die Faͤulniß zu gehen
anfaͤngt, oder der Bewohner gerade traͤchtig iſt, fe
kann man ſich die traurigſten Folgen zuziehen, de⸗
nen man, ſobald man das geringſte ſpuͤrt, durch
ein Brechmittel ſogleich begegnen muß. Am rath⸗
ſamſten ſoll es ſeyn, dieſe Speiſe immer in ſaurer
Bruͤhe zu genießen. In Groͤnland ißt man dieſe
Miesmuſcheln roh, um triefende Augen damit zu
heilen. Hier find fie auch das gewöhnliche Hundes
futter. Der Eidervogel ſucht ſie begierig auf, und
die Fiſcher bedienen ſich ihrer als Koͤder.
Aber nicht alle Miesmuſcheln find fo einfaͤrbig,
als die wir bisher kennen lernten. Mehrere unter
ihnen prangen mit einem reizenden, bunten Farben⸗
kleide. Wir duͤrfen nur die bunte Miesmuſchel
(M. Variegatus, la Moule magellanique bariolde
141) betrachten, die an der Küfte von Africa wohnt.
Ihre Oberflaͤche wird durch blaßviolette, weiße und
| biaue
Magellaniſche. 205
blaue Streifen und Wellen achatartig marmorirt.
Innen hat ſie einen nur ganz ſchwachen Perlenmut⸗
terſchiller. Sie iſt ziemlich flach, und am Ruͤcken
nicht fo ſtark gewoͤlbt, wie andre Miesmuſcheln.
Unter der Wirbelſpitze ſitzt ein Zahn. Der aͤußere
Rand hat die Schaͤrfe eines Meſſers.
Waren die bisherigen voͤllig glatt, ſo ſehen
unſre Leſer in der Magellaniſchen Miesmuſchel
(M. Bidens, la Moule canelbe, runzlige, gerippte
142) eine ſichtbar gefurchte. Denn von ihren Wir⸗
beln aus laufen gegen den gekerbten Rand hin ſtark
erhobne von Bogenfoͤrmigen Querſtrichen unter:
brochne Streifen, zwiſchen denen ſich tiefe Furchen
bilden, die an der innern ſilberglaͤnzenden Seite
ſichtbar ſind. Sie hat eine dreyſeitige Form und
eine merkliche Woͤlbung. Bey mehrern ſind die
Schalen ziemlich krumm umgebogen. Sie tragen
eben keinen beſonders artigen Oberrock; denn bald
iſt er kohlſchwarz, bald wie durch Feuer braun ge—
raͤuchert. Laͤßt man ſich aber den Schein nicht taͤu⸗
ſchen, und zieht dieſer Muſchel ihr ſchmutziges Kleid
aus, ſo erſtaunt man uͤber die treffliche Farbenmi⸗
ſchung und die Spielungen, die man am Tauben⸗
li nicht (cpöuer fehen kann. Ein Zahn ſitzt in der
Ce 3 Schloß⸗
200 Neuſeelaͤndiſche.
Schloßgegend, und greift genau in die Vertiefung
der Gegenſchale. In der magellaniſchen Straße,
aber auch an der Kuͤſte von Weſtafrica findet man ſie.
Nur nach der Laͤnge geſtreift war dieſe Mies⸗
muſchel; aber Laͤngs und Querſtreifen hat die neu:
ſeelaͤndiſche (M. Diſcors auſtralis 142), mit de⸗
ren Entdeckung der unſterbliche Cook die Naturge⸗
ſchichte bereichert hat. Ihre braunrdthliche Ober⸗
fläche hat gleichſam drey Felder, wovon das vordere
und das hintere nach der Laͤnge, das mittlere aber nach
der Quere geſtreift ift. Im Innern (143) der ſtark
gewoͤlbten und gleichfalls geſtreiften Schalen zeigt
ſich der prachtvolle Silber: und Goldglanz, der bey
den Suͤdſeemuſcheln ſo auszeichnend iſt, und den ein
weiſer Schoͤpfer, aus unerforſchlichen Abſichten, un⸗
ter einer unſcheinbaren Huͤlle verbarg. Vielleicht
lernten die Menſchen, ſeit ſie die Bemerkung mach⸗
ten, daß oft gerade das Schoͤnſte ſo tief verſteckt
liege, kein Naturwerk bloß darum, daß fein Aeußer⸗
liches nicht viel verſpricht, ſogleich bey Seite zu le⸗
gen, weil gar leicht die der Aufmerkſamkeit wuͤrdig⸗
ſten Eigenſchaften etwas tiefer verborgen liegen koͤnn⸗
ten; und ſchon dadurch waͤre nicht nur fuͤr eine fort⸗
geſetzte, wuͤrdige Betrachtung der Natur, ſondern
auch
Neuſeelaͤndiſche. 207
auch fuͤr reine Ausbeute an Dingen, die zum Ge⸗
nuſſe und zur Bequemlichkeit gereichen koͤnnten, ſehr
viel gewonnen worden. Iſt nicht das Unanſehnliche
und Unſcheinbare gar oft das Nuͤtzlichere? Wer un⸗
ter uns wird nicht die nuͤtzliche Haushenne dem ſtol⸗
zen Pfau, die arbeitſame Biene dem praͤchtigen
Todtenkopfoogel, den ſich ſein Sterbehemd ſpinnen⸗
den Seidenwurm der ſchillernden Iris, den treuen
Hund dem ſchoͤn gefleckten Panther, und das uner⸗
muͤdete Dromedar der bunten Giraffe vorziehen,
ohne ſich durch das blendende Ausſehen der Einen,
und den anſpruchloſen Anzug der Andern taͤuſchen
zu laſſen. | Ati
Die neuſeelaͤndiſchen Miesmuſcheln pflegen in
einem feinen, ſeidnen Geſpinnſte Familienweiſe zu
wohnen. Es iſt dasſelbe moosartig und kommt an
Feinheit und Güte den Baͤrten der Steckmuſcheln
gleich. Noch aber iſts nicht entſchieden, ob ſie es
ſelber ſpinnen, oder ob ihre ſorgfaͤltige Mutter, viel⸗
leicht aber auch ſie ſelbſt, das Geſpinnſt anderer
Seegeſchoͤpfe aufſuche, um den zarten Schalen eine
ſichre Huͤlle zu gewaͤhren. Wirklich liegt eine ſolche
Muſchelfamilie aus Botany Bay vor uns. Ihre
Hülle iſt die feinſte, braune Seidenwolle, aber wo⸗
her
3
208 Schwalbe.
her dieſe komme, wen wir eigentlich fuͤr den Spin⸗
ner zu halten haben, daruͤber muͤßen wir Nate Un⸗
wiſſenheit geſtehen.
Von ganz eigner Form iſt die Schwalbe (M.
Hirundo, l’Hirondelle, “ Oiſeau, Vögelein 145) und
einige ihr nahe verwandte Miesmuſchelarten. Sie
gleicht einem Vogel, der ſeine Fluͤgel ausbreitet.
Bey dieſer Vergleichung nimmt man die kurzen Sei⸗
ten am Wirbel fuͤr den Schnabel, die Verlaͤngerte
für den Flügel und den Schwanz, und die Gewölbte
in der Mitte fuͤr den Leib des Vogels an. Bomare
findet dieſe Mies muſchel einer Lichtputze aͤhnlicher,
und nennt ſie auch darum ſo. Ueber die Gattung,
der ſie angehoͤren ſoll, iſt viel geſtritten worden.
Indeſſen ſcheint die laͤngliche Furche oder Hoͤhlung
auf der Schloßflaͤche fie ohne weiters den Mies mu⸗
ſcheln zuzuſprechen. Dabey befindet ſich auch ein
kleiner Zahn, der in die Gegenſchale paßt. Vom
Wirbel aus haben die Schalen einen auf einer Seite
laͤngern, auf der andern kuͤrzern Schnabel. Unter
dem letztern iſt eine Oeffnung, durch die das Thier
ſeinen Haarbuͤſchel herausſtreckt. Die Unterſchale
hat eine ſtaͤrkere Woͤlbung, als die kleine Oberſchale.
Die braͤunliche Oberhaut dieſer Schale bedeckt die
ſchöͤnſte
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Teichmiesmuſchel. 209
ſchönſte Perlenmutterfarbe; innen fpielen fie opal-
blaͤulich. Man findet fie in den Oſt- und Weſtin⸗
diſchen Meeren; deßgleichen auch im mittellaͤndi⸗
ſchen Meere und an der Kuͤſte von Africa.
Um aber doch nicht immer bloß mit fremden
Geſchopfen unſre Lefer zu beſchaͤfftigen, muͤßen wir
ihnen auch eine Landsmaͤnninn, aus dem Geſchlechte
der Miesmuſcheln bekannt machen. Wir meinen
die große Teichmiesmuſchel M. Cygneus, la
Moule d Etang 146). Sie wohnt in den Teichen
und Landſeeen von ganz Europa, und erreicht eine
auſehnliche Größe, wie man denn ſchon ſieben Zoll
breite und vier Zoll lange gefunden hat. Ihre Vor⸗
derſeite hat eine Einbeugung am Rande, wie man
an den Tellmuſcheln gewoͤhnlich ſieht. Allein das
Schloß verbiethet, ſie zu dieſen zu zaͤhlen, da man
die längliche Vertiefung in ihrer Schloßflaͤche nicht
verkennen kann, die als Charakter der Miesmuſcheln
angenommen wird. Die etwas duͤnnen, ovalen,
bauchigen Schalen ſind von ungleichſeitiger Bildung
und mit einer bald gruͤnlichen, bald braunen Haut
uͤberzogen. Eine Menge Runzeln und Querſtreifen,
die durch neuere Schalenanſaͤtze entſtanden ſeyn
moͤgen, laufen concentriſch mit den Wirbeln. Zu⸗
Wuͤrmer II. Th. Dd weilen
210 Teichmiesmuſchel.
weilen findet man dieſe Teichmiesmuſchel gelblich
mit Strahlen; immer aber glänzen ihre Wände wie
Silber und haben ſehr oft Perlenanſaͤtze. Schröter
fand im Mantel des Thieres, nahe bey der Sehne,
durch die es an die Schale befeſtigt wird, eine Perle.
Warum Linn dieſe Muſchel die Schwanenmies⸗
muſchel nannte, iſt ungewiß; vielleicht wegen der
Silberweiße ihrer innern Waͤnde, vielleicht aber auch
in Hinſicht auf eine andere, die er den Enten⸗
ſchnabel (M. Anatinus) nannte, mit dem ſie,
die Größe ausgenommen, einen ziemlich aͤhnlichen
Bau hat.
Der Bewohner dieſer Muſchel iſt ein ſehr un⸗
foͤrmlicher Fleiſchklumpen. Er ſtreckt einen Arm
bis auf zwey Zoll lang zu ſeiner Schale heraus, und
ſchleppt ſich mit Huͤlfe desſelden von einem Ort zum
andern. Auch einen mit Franſen befetzten Theil
erblickt man zuweilen außerhalb der Schale, durch
den vermuthlich die Nahrung eingenommen wird.
Da man keine Verbindung zwiſchen den Lungen und
dem Maul findet, fo vermuthet ein franzdſiſcher
Conchyliolog, daß dieſes Thier durch den After Athem
hohle. Mehrere Lappen umgeben es, und zwey
ſtarke Sehnen, die dem ſogenannten Haarwachs
glei⸗
Papuaniſche Miesmuſchel. 211
gleichen, verbinden es mit der Schale. Schröter
hat im Innern, ohnweit des ſchwarzen Schlamm⸗
ſackes, den Eyerſtock entdeckt, in dem mehrere tau⸗
ſend Eyer waren. Ein anderer Naturforſcher fand
eine Menge kleiner Muſcheln in den Schalen.
Doch, um von dem Bewohner der Miesmuſcheln
einen anſchaulichen Begriff zu geben, zeigen wir un⸗
ſern Leſern von der Papuaniſchen Miesmuſchel
(M. Modiolus, la Moule de la terre de Papous)
eine Schalenhaͤlfte (147), in der der Bewohner wie
in einer Wiege liegt. Dieſe vortreffliche, eßbare
Miesmuſchel, die ſonſt aus weiter Ferne gehohlt
wurde, iſt nun auch um Europa, vorzuͤglich an der
Kuͤſte von Schweden entdeckt worden, wo man ganze
Baͤnke findet. Auch bey ihr verhuͤllt ein ſchmutziger
Ueberzug das treffliche, bald himmelblaue, bald
violett geſtreifte Kleid, das ſich wie Achat poliren
laͤßt. Doch wir haben es jetzt vorzuͤglich mit dem
Geſchoͤpf zu thun, das in dieſer Schale feine Herberge
hat. Wir ſehen da eine rothe, gelblich punktirte
Fleiſchmaſſe. Gegen den ſchmaͤlern Theil der Schale
hin befindet ſich ein runzliger Koͤrper, der in einen
ſchwarzgruͤnen Haarpinſel ausgeht. Neben ihm liegt
ein coniſches Werkzeug, und gegen das Schloß zu
Dd 2 eine
7
212 Perlenmuttermuſchel.
eine ſchwaͤrzliche Maſſe. Außer dieſem ſieht man
noch die Sehnen und vier Haͤute, deren aͤußerſte das
ganze Thier gleichſam einwickelt. Lauter unendlich
feine Haarroͤhrchen bilden jene Haͤute, die nichts
anders als die Kiemen des Thieres ſind. |
Eine nicht unbedeutende Merkwuͤrdigkeit beſitzt
das vortreffliche Cobres'ſche Conchyliencabinett, die
zu den Miesmuſcheln gehört. Es iſt eine neue Art,
die Solander die ſchwarzbraune Miesmuſchel
(M. Piceus) zu nennen vorſchlug. Was aber die
zwey Exemplare jenes Cabinetts aͤußerſt intereſſant
macht, iſt der Umſtand, daß ſie im Bauche eines
Wallfiſches bey Neufoundland gefunden worden ſind.
Sie ſind aͤußerlich wie verwittert. Man ſieht das
Thier deutlich innen liegen. Allein es ſcheint in eine
Kalkmaſſe uͤbergegangen zu ſeyn. |
Doch noch eine aͤußerſt wichtige Miesmuſchel
iſt uns uͤbrig, die uns Gelegenheit geben wird, von
der Perlenmutter, der Entſtehung der Perlen, ihrer
Fiſcherey und dem Pfauenſtein zu reden. Wir mei—
nen die Perlenmuttermuſchel (M. Margaritife-
rus, la Pintade, la Coquille de nacre, la Mere
perle, Hundsohr, gefleckte Henne, ſilberner Teller
148). Zwar iſt ſie bey weitem nicht die einzige
Mu⸗
Perlenmuttermuſchel. 213
Muſchel, in der man Perlen findet. Unſre Leſer ken⸗
nen bereits mehrere, die dieſen Schatz enthalten,
und die Vermuthung, daß wohl die meiſten Muſcheln
Anlage dazu haben mögen, und nur vielleicht keine
Gelegenheit finden, dieſes Talent zu entwickeln,
ſcheint nicht ohne Grund zu ſeyn. Allein, weil
denn doch dieſe Muſchel dieſen ſo beliebten Schmuck,
die aͤchten orientaliſchen Perlen, von vorzuͤglicher
Schoͤnheit liefert, ſo wollen wir hier das Wichtigſte
von dieſem koſtbaren Naturproduct zuſammenfaſſen.
Nicht viel verſprechend iſt das Ausſehen der
Perlenmuttermuſchel. Schichtenweiſe uͤber einander
liegende ſproͤde und ſehr zerbrechliche Blaͤtter machen
ſie rauh anzufuͤhlen. Sie iſt bald gruͤnlich, bald
roͤthlich braun, bald mit weißen vom Wirbel aus
nach dem Rande zu laufenden Strahlen bezeichnet.
Doch fol das letztere nur bey einer beſondern Art der
Fall ſeyn, die man die gefleckte Henne nennt. Die⸗
jenigen ſcheinen nicht ganz Unrecht zu haben, die unſre
Perlenmuttermuſchel zu den Auſtern rechnen. Denn
faſt in allen Ruͤckſichten hat fie mehr von ihnen, als
von den Miesmuſcheln. Das einzige, die laͤngliche
Hoͤhlung im Schloſſe, erhält fie in der Geſellſchaft der
letztern. Durch ihre halbzirkelrunde Form und ihre
| D d 3 Ohren
214 Perlenmuttermuſchel.
Ohren, erinnert ſie an die eigentlichen Kammmu⸗
ſcheln. Auf einer Seite befindet ſich ein laͤngeres,
auf der andern ein kuͤrzeres Ohr. Aus der Oeff⸗
nung, die unter dem letztern angebracht iſt, ſtreckt
der Bewohner ſeinen bekannten Buͤſchel hervor, mit
dem er ſich, wo es ihm beliebt, feſthaͤngt. So ge⸗
mein dieſe Muſchel von außen (148) aus ſieht, ſo
praͤchtig ſchillern ihre innern Wände (149), und die
Perlenmutterfarbe derſelben wird durch die Regen⸗
bogenfpielungen nicht wenig erhöht. Im Grun⸗
de iſt die ganze Schale eine durch und durch mit
einer unanſehnlichen Huͤlle bekleidete Perlenmutter,
die Schichtweiſe auf einander liegt, und, um zu
Kunſtarbeiten verarbeitet zu werden, in Blaͤtter
geſpalten wird. Im Innern ſehen wir einige
Perlen, theils feſt an der an angewachſen, theils
frey liegen.
Das dicke, ſchwarze, knorpelige Band, das
die breite Schloßflaͤche bedeckt, und zur Verbindung
der Schalen ſo wichtig iſt, gibt den ſogenannten,
beruͤhmten Pfauenſtein. So nannte man das, was
aus jenem Bande und den Ligamenten einiger an⸗
dern Conchylien geſchnitten wurde, um der praͤchti⸗
gen pfauenſchweifartigen Spielungen und der Haͤrte
willen.
*
—
U
ä Perlenmuttermuſchel. 2275
willen. Die Kuͤnſtler verarbeiteten ſie unter dem
Nahmen Federſteine, Pfauenaugen, zu Ringſtei⸗
nen (). Wirklich wetteifern die prächtigen Spie⸗
| lun⸗
() Freunden von Ringen iſt es vielleicht nicht une
angenehm zu erfahren, daß Herr Lang, Stein—
ſchneider in Augsburg, Ringe verfertige, die
fuͤr den Liebhaber der Natur und ihrer mannig⸗
faltigen Werke aͤußerſt intereſſant ſind. Die
Faſſung iſt ſo eingerichtet, daß man beſtaͤndig
wechſeln, und, wenn man will, taͤglich einen an⸗
dern Stein einlegen kann. Um einen hoͤchſtbil⸗
ligen Preis bekommt man bey dieſem Kuͤnſtler
ſo viele Veraͤnderungen, als man wuͤnſcht. Au⸗
ßer ſchoͤnen und wichtigen mineralogiſchen Stuͤ—
cken, erhält man auch von feiner Hand trefflich
gearbeitete Inſecten auf dieſen Ringſteinen, die
ſo taͤuſchend ſind, daß ſelbſt der Beſitzer eines
ſolchen Ringes oft in Verſuchung kommt, die
unverſchaͤmte Fliege, die ſich auf ihn ſetzt, fortzu⸗
jagen. Das Ganze hat die Form eines Buches
in engliſchem Bande. Es kann mit dem gut
goldnen Ringe und funfzig Veraͤnderungen auf
fuͤnf Carolins zu ſtehen kommen. Wer mehr dar-
auf wenden will, der laͤßt ſich auch eine Carme—
ſirung von Brillanten dazu machen, in der ſelbſt
unſer gemeiner, geſchliffner Gaſſenkieſel nicht
Abel ſteht.
* *
216 Perlenmuttermuſchel.
lungen des Pfauenſteins unter einem fchön geſchliff⸗
nen Bergkryſtall mit dem Edelſtein. Aber das
Meſſer verraͤth gar bald, daß ſich dieſer Edelſtein
ſchaben laͤßt, und trotz ſeiner Politur aus einem
lockern, ſehnigen Gewebe beſtehe. Erſt ſeit etwa
ſechs und dreyßig Jahren iſt die wahre Herkunft des
Pfauenſteins entdeckt, ſo lange man ihn auch ſchon
angeſtaunt hatte. Jetzt, feit man weiß, wo man ihn
herzuhohlen habe, und wie leicht er zu ſchleifen ſey,
iſt ſein Werth geſunken.
Die Perlenmuttermuſcheln werden zuweilen ei⸗
ner Hand groß gefunden, ja man ſpricht ſogar, was
aber zweifelhaft iſt, von zwey Fuß breiten. Die
oſtindiſchen ſollen nie zu der außerordentlichen Dicke
und Schwere andrer Perlenmuttermuſcheln heran:
wachſen, dafuͤr aber die ſchoͤnſten Perlen liefern, von
deren Urſprung wir jetzt das wichtigſte anfuͤhren
wollen. In den aͤltern Zeiten ließ man die Perlen
aus den Thautropfen des Himmels entſtehen. Weil
es aber zu unbegreiflich war, wie der Thau durch
das Meerwaſſer in die Schale gelangen koͤnnte, ſo
mußten die Muſcheln zu gewiſſen Zeiten des Jahres
aus dem Meere herauf kommen, und ihre Schalen
Öffnen, um den Thau des Himmels zu trinken, und
ſo
‘
Perlenmuttermuſchel. 217
ſo mit Perlen ſchwanger zu werden. Dieſe Meinung
war zu erbaulich, als daß fie nicht die Gottesgelehr⸗
ten aus allen Kraͤften vertheidigt haͤtten, ſo unan⸗
genehm es ihnen ſeyn mochte, daß ſie nur die Auto⸗
ritaͤt eines Heiden, des Plinius, dafuͤr anführen
konnten. Größer konnte der Sprung aus der himm⸗
liſchen Hoͤhe in eine ſchmutzige Tiefe wohl nicht
ſeyn, als da Aldrovand es wagte, die Perlen, dieſe
vorgeblichen Kinder des Himmelthaues, fuͤr den Un⸗
rath des Muſchelbewohners, und die mit Perlen vor⸗
zuͤglich geſegneten Muſcheln fuͤr ſolche zu erklaͤren,
die an Verſtopfungen gelitten haͤtten, oder mit In⸗
farcten geplagt, die wegzuſchaffen fie unvermögend
geweſen ſeyen. Es fehlte auch nicht an ſolchen, die
ſie bald fuͤr unzeitige, allmählich verhaͤrtete Eyer,
bald für ein in der Muſchel entſtandnes Steingewaͤchs,
das ſich fo ſchicht⸗ und blaͤtterweiſe wie die Schale
bildete, bald für Warzen und Aus wuͤchſe, kurz, für
eine Krankheit hielten.“ Ungemein nahe kam der
wahren Entſtehung der Perlen der unſterbliche Reau⸗
muͤr. Er nahm an, wenn die Gefaͤße zerriſſen, in
denen der Saft enthalten waͤre, woraus der Schal⸗
wurm ſeine Schale verfertigte und vergrößerte, und
dieſer Saft nun tropfenweiſe austraͤte, ſo verdicke er
Wuͤrmer II. Th. Ee ſich.
ais Pelrlenmuttermuſchel.
ſich. Kaͤme ein neuer Saft hinzu, ſo entſtehe eine
neue Schicht um die Perle, und ſo immer weiter,
woraus ſich alſo die aus lauter übereinander liegen⸗
den Blaͤttern beſtehende Bildung derſelben erklaͤren
ließe. Allein jetzt iſt es wohl ſo viel als ausgemacht,
daß die Perlen weder Thau noch Unrath, weder
Warzen und Nierenſteine, noch auch Folgen der Zers
reißung jener Schalenſtoffgefaͤße, ſondern ein herr⸗
liches Vertheidigungsmittel des Bewohners und ein
Heilpflaſter der beſchaͤdigten Schalen ſeyen, wodurch
dieſe wehrloſen Geſchoͤpfe den unverſchaͤmten Bohr⸗
würmern den Eingang verbiethen wollen. Zwar
ſcheint fuͤr die Behauptung, die Perlen ſeyen eine
Krankheit, die Wahrnehmung zu ſprechen, daß die
Bewohner der mit mehrern Perlen verſehnen Mu⸗
ſcheln gewoͤhnlich kraͤnkeln, und ungeſund ſind; dahet
auch ſelbſt die Bauren jener perlenreichen Gegenden
die Muſchelthiere, in deren Schalen ſich keine Perlen
befinden, als weit geſuͤnder und ſchmackhafter, denen
mit Perlen weit vorziehen; allein muͤßen nicht noth⸗
wendig diejenigen, die immer von Bohrwuͤrmern
bedroht werden, und ihre koſtbaren Saͤfte zu Heil⸗
pflaſtern oder zum Verſtopfen ihrer Schalen an⸗
wenden, endlich ganz natuͤrlich, durch Sorge,
+ Er:
*
Perlenmuttermuſchel. 219
Erſchöͤpfung und Anſtrengung mager und unſchmack⸗
haft werden, und kann nicht überhaupt das Waſſer,
in dem ſich viele Bohrwuͤrmer befinden, ungeſuͤnder
und unreiner ſeyn? Daß aber wirklich die Perlen
nichts anderes ſeyen, als ein wohlthaͤtiges Huͤlfsmittel,
um den See⸗ und Bohrwuͤrmern, die in die Schalen
einzudringen verſuchen, gleichſam das Loch zuzuſto⸗
e ſonſt bey einer Beſchaͤdigung der Schalen ()
25 e 2 dieſe
0 Wir ſagen ſonſte eine Beſchadigung, weil eben
nicht immer das Anbohren eines Wurms von
außen Schuld ſeyn muß, daß die Schale leidet.
Im mehrmals ſchon genannten Cabinette befinden
ſich zwey ſchoͤne große Flußperlenmuſcheln aus
Bayern. Beyde haben auf Einer Schale eine
anſehnliche Perle feſtſitzend. An beyden bemerkt
man auch, daß die Schale, die die Perle traͤgt,
außen eine Querfurche hat, die aber von der
Oberhaut bedeckt und uͤberwachſen iſt. Gerade
auf dieſer Furche ſitzt an der innern Seite bey
beyden die Perle, oder ſie ſteckt vielmehr wie ein
Keil mit dem ſchmaͤlern Ende in derſelben. Man
kann ſich beym Anblick der Furche und der ihr
gegen uͤberſtehenden Perle kaum des Gedankens
enthalten, die Muſchel habe einmal durch irgend
einen Zufall einen Sprung bekommen, und der
Bewohner habe nun die Perle zur Befeſtigung
an der innern Seite angebracht.
220 Perlenmuttermufchel,
dieſe auszubeſſern läßt ſich auf eine faſt vollig über:
zeugende Art beweiſen. Denn wenn man auch durch⸗
bohrte Muſcheln ohne Perlenanfäge findet, ſo darf
man ja nur annehmen, der feindſelige Wurm habe
ſich einen Eingang in dieſelben gedffnet, da der
Bewohner ſchon todt war; oder er habe dieſen uͤber⸗
eilt, ehe er das Loch zumachen konnte. Man darf
es als Regel betrachten, daß je unbeſchaͤdigter eine
Muſchel von außen iſt, um deſto weniger man in
ihrem Innern Perlen zu finden hoffen duͤrfe; je zer⸗
freßner und loͤchriger fie aber ausſieht (was auch
bey den in der Anmerkung gedachten Flußperlenmu—
ſcheln, zumal an der Wirbelwölbung, der Fall iſt),
deſto groͤßer der Schatz von Perlen gemeiniglich ſey,
den man in ihr antrifft. Daraus folgt nun aber
nicht, daß man immer bloß gerade an der der aͤußer⸗
lichen Beſchaͤdigung der Muſchel entgegenſtehenden
Seite oder in deu Loͤchern Perlen finden muͤße.
Denn theils bohrt der Seewurm nicht immer gerade,
theils lehrt die Erfahrung, daß man nicht immer
bloß an der Schale, ſondern im Thier ſelbſt, im
Mantel, im Herzbeutel, im Eyerſtock Perlen finde.
Wie leicht kann nicht die Materie auf dem Wege
verhaͤrtet, oder das Thier gefangen worden ſeyn,
da
—
Peerlenmuttermuſchel. 221
da es gerade im Begriff war, irgend eine Beſchaͤdi⸗
gung feiner Schale auszubeſſern; und kann nicht die
muͤtterliche Natur, die dieſem Thiere ein ſolches
Verwahrungsmittel gab, ihm auch das Vermögen
gegeben haben, ſolche Perlen in Vorrath zu machen,
um fie plößlich anzuwenden, wenn ein Feind in die
Schale brechen will, ſo wie man an einem leckwer⸗
denden Schiffe plöglich einen Propf vorſchlaͤgt.
Chemnitz hat eigentlich das Verdienſt, dieſe
Entſtehungsart der Perlen bekannt gemacht und be⸗
wieſen zu haben. Er fand einſt eine an mehr als
hundert Orten durchbohrte Sammetmuſchel, was
ihm um deſto mehr auffallen mußte, da, wenigſtens
gewiſſe Bohrwuͤrmer, die rauhen Ueberroͤcke einiger
Muſcheln ſcheuen. Im Innern bemerkte er auf je⸗
der Oeffnung eine Perle. Da aber die Waͤnde dieſer
Muſchel aus einem roͤthlichen Kalk beſtehen, fo wa⸗
ren auch die Perlen aus dieſer Maſſe geformt; denn
oͤfters wird die Perle dem Ueberzug der Schale glei⸗
chen, und ſelbſt von gemiſchter Farbe ſeyn, wo dieſer
bunt iſt. Aehnliche Beyſpiele kennt man jetzt ſchon
mehrere, und es ergibt ſich aus ihnen die Laͤcherlich⸗
keit der Sagen: eine Perle brauche hundert Jahre
zu ihrer Reife; nur ganz aus gewachsne Muſcheln
Ee 3 | ents
222 Perlenmuttermuſchel.
enthielten welche; jede Muſchel trage nur Eine aͤchte
Perle (daher fie im lateiniſchen unio heißen fol);
und es gebe fruchtbare und ere, Perlen⸗
muſcheln.
Je nachdem ein Seewurm gerade oder krumm,
weit oder eng, nach der Quere oder nach der Laͤnge
gebohrt hat, je nachdem findet man auch in den
Conchylien die Ausbeſſerung, die das Thier von in⸗
nen mit ſeinem Schalenſtoff vornahm, und eben dar⸗
um muͤßen auch die Perlen von hoͤchſt verſchiedner
Form, Farbe und Güte ſeyn. Oft ſteht freylich die
Perle an der innern Schalenfeite, dem Loch der aͤuf⸗
ſern nicht ganz gegen uͤber. Man wird aber finden,
daß der Bohrwurm zwiſchen den Schichten oft ziem⸗
liche Umwege mache, vielleicht eben um den Bewoh⸗
ner, der ihm ſo gern eine undurchdringliche Schutz⸗
wehr entgegenſetzt, irre zu fuͤhren. Doch eben dieſe
Wahrnehmung, daß der Bewohner mit dem Stoff,
der ihm zur Vergroͤßerung ſeiner Schalen dient, jede
Beſchaͤdigung derſelben auszubeſſern ſuche, fuͤhrte
auf die Entdeckung, die Muſcheln zu zwingen, daß
ſie Perlen machen muͤßen. Man darf nur die See⸗
wuͤrmer nachahmen, die Schalen anbohren und b
Wen ins Waſſer werfen, in einigen Jahren wird
man
*
Perlenmuttermuſchel. 223
man ſicher da Perlen finden, wo ſie angebohrt waren.
Auch muͤßen ſie dann vollkommner werden, weil
man regulaͤrer bohren kann, da es hingegen der
Bohrwurm immer in ſchiefer Richtung thut. Der
unſterbliche Linne both dem Könige und den Staͤn⸗
den von Schweden das Geheimniß zum Kaufe an,
durch Kunſt die Schalwuͤrmer zu nothigen, Perlen
zu machen. Nach langem Berathſchlagen wurde
beſchloſſen, das Geheimniß feinem Erfinder nicht
abzukaufen. Jetzt brachte es der Kaufmann Bagge
in Gothenburg um 18000 Thaler in Kupfer (500
Ducaten) an ſich, ohne Gebrauch davon zu machen.
Später bothen es feine Erben um 300 Thl. feil, es
ſoll ſich aber kein Kaͤufer gefunden haben. Noch
weiß man nicht, worin dieſes Geheimniß beſtanden
habe. Ob auch das Anbohren der Schalen, oder.
ob vielleicht das vorgeſchlagen wird, was in einigen
aſiatiſchen Perlenfiſchereyen geſchehen fol, wo man
vollkommen runde Kuͤgelchen, aus Elfenbein, Per⸗
lenmutter u. d. in die ſich oͤffnenden Schalen hinein⸗
gleiten laͤßt, die der Bewohner in einigen Jahren mit
ſeinem Safte uͤberzieht, koͤnnen wir nicht entſcheiden.
Von den frey in den Schalen liegenden Perlen woll⸗
ten einige wiſſen, fie entſtuͤnden, wenn zufällig Sand
oder
i
224 Perlenmuttermuſchel.
oder irgend etwas in die Muſchel hineinkaͤme, dem
nun das Thier durch einen Perlenuͤberzug eine glatte N
Oberflaͤche gaͤbe; andere aber waren der Meinung,
es waͤren das ſolche, die nur ſchwach an der Schale
befeſtiget geweſen waͤren und ſich von ihr losgeriſſen
haͤtten. 1 |
Schon bey den Römern war die Perlenbank
bey Ceylon beruͤhmt, denn man vermuthet, daß ihr
Tabrobane dieſe Inſul geweſen ſey. Noch heutiges
Tages bezeichnet man mit dem Nahmen Perlenkuͤſte
dieſe Gegend. Dieß iſt eigentlich die Kuͤſte von
Madura, oder der ſuͤdliche Theil der Halbinſul von
Indien dieſſeits des Ganges vom Vorgebirge Komo⸗
rin bis Negapatanam. In der Meerenge zwischen
Ceylon und Manaar und dem feſten Lande an der
Kuͤſte zwiſchen Maͤnar und Aripo, bey Seewel, an
den Muͤndungen der Fluͤſſe Mooſalee, Modragam
und Pomparibo ſind ſehr beruͤhmte Perlenfiſchereyen.
Außer dieſer gibt es freylich noch mehrere, z. B. bey
der Inſul Baharege, ohnweit der Stadt Catif, im
gluͤcklichen Arabien, an der Kuͤſte von Japan, bey
Goa, bey Nipehna in der Chineſiſchen Tartarey,
woruͤber ſogar ein Krieg zwiſchen den Ruſſen und
Chineſern entſtanden iſt, der ſich mit Theilung des
* Seees
"4
Ptaerlenmuttermuſchel. 225
Seees endigte. Treffliche Perlen liefert der perſiſche
Meerbuſen, der Strand der Molukken u. ſ. w. Die
Alphoreſen, auf den letztgenannten Inſuln, ſchlei⸗
fen ſich aus Perleumuſcheln Stichblaͤtter fir ihre
Schwerter, und oft ſieht man in dieſen noch ſchoͤne
laͤngliche Perlen ſitzen. Wir ſprechen hier immer
bloß von orientaliſchen Perlen, denn wollten wir alle
Gegenden nennen, wo Perlen gefunden werden, ſo
| müßten wir faſt alle Länder nennen. Denn iſt ja kein
Meer, keine See, kein Fluß, in denen nicht Mu⸗ |
ſcheln wohnten, die Perlen enthalten. In America
find am Mexicaniſchen Meerbuſen ſehr beträchtliche
Perlenfiſchereyen. Von den innlaͤndiſchen Fluß per⸗
len iſt ſchon geredet worden; nur kann der Verfaſſer
hiebey den Wunſch nicht unterdrücken, der wuͤrdige
Welſch moͤchte den kleinen See oder Teich nahe bey
Augsburg, am Landhauſe eines Edelmannes, etwas
naͤher beſtimmt haben, in welchem damals viele
SGienmuſcheln gefunden wurden, die gelbliche Perlen
mit einem vorzuͤglichen Silberglanz enthalten haben
ſollen. |
Unendlich iſt die Verſchiedenheit der Perlen in
Abſicht auf Farbe, Haͤrte, Schwere, Glaͤtte, Form
und Waſſer. Von den kleinen Perlen, die wie recht
Würmer II. Th. feu
EN |
226 Perlenmuttermuſchel.
feine Graupen ausſehen, und theils in Apotheken,
theils zu allerley Kunſtarbeiten gebraucht werden,
bis zur vollendeten Perle, welche Abſtufungen! Sie
ſind theils, wie ſich ſchon aus obigem ergibt, an der
Schale angewachſen, theils aber liegen ſie in den
Haͤuten des Thieres. Man hat Muſcheln mit
120 — 130 Perlen angetroffen. Um uns von den
Perlen, von deren Hühnereyergröße fo viel in den
Tag hineingeſprochen wird, eine Vorſtellung zu ma⸗
chen, fo geben wir unfern Leſern die ſchoͤnſte Perle,
die dem großen Perlenkenner Tavernier, der ſechs⸗
mal die Reiſe in jene Perlenreichen Gegenden des
Orients gemacht hatte, vorgekommen war, in einer
treuen Abbildung (130). Sie hatte der damalige
Perſiſche König für ungefähr achtmal hundert tau⸗
ſend Gulden gekauft. Die Groͤße allein macht es
nicht aus; denn es gibt groͤßere, aber vollkommner
in Abſicht auf die Regelmaͤßigkeit der Form und die
Reinheit des Waſſers iſt noch keine geſehen worden.
Sie hatte über 60 Carat. Von andern weltberuͤhm⸗
ten Perlen wollen wir nur anfuͤhren, daß Pabſt
Paul II. von einem Venetianiſchen Kaufmanne eine
Perle um mehr als 140,000 Gulden kaufte, und
daß eine Koͤniginn von Spanien auf einem Balle
| eine
Perlenmuttermuſchel. 227
eine Perle, die 3rodo Ducaten werth war, trug.
Von der einer Muſcatellerbirn großen Perle in Kai⸗
ſer Rudolphs II. Krone wollen wir nichts ſagen, weil
man nicht genau wiſſen kann, wie groß man ſich
bey dieſer Angabe die Birn gedacht habe. Ihre
Schwere war 30 Carat. Im Kaiſerlichen Cabinett
befindet ſich in einer handlangen Muſchel eine Perle,
die um ihrer Groͤße willen, da ſie mehr als einen Zoll
im Durchmeſſer hat, unſchaͤtzbar waͤre, wenn ſie alle
Eigenſchaften einer vollkommnen Perle haͤtte. Und
wie koͤnnten wir der von Plinius nach unſerm Gelde
auf 80, ooo Carolins geſchaͤtzten Perle vergeſſen, die
Cleopatra, am Schluſſe eines Gaſtmahls, aus dem
Ohre nahm, in Weineſſig aufloͤste und trank? That
fie das wirklich, um den Antonius daruͤber zu demuͤ -
thigen, daß er die koſtbaren Opfer, die er ihrer Pracht⸗
liebe gebracht hatte, und ſeinen großen Aufwand um
ihrentwillen, zu bereuen ſchien; ſo war doch immer
noch mehr Zweck dabey, als in den Gaſtmahlen des
bis zur Raſerey verſchwendriſchen Clodius, der ſeine
Gaͤſte zum dftern mit aufgelösten Perlen bewirthete.
Dieß war eben der Clodius, der beym Tode ſeines
Vaters fein Stadt- und Landhaus, die beyde betraͤcht⸗
lich groß waren, ja ſogar den langen Weg von dem
Ff 2 Einen
228 Perlenmuttermuſchel.
Einen zum Andern mit ſchwarzem Marmor belegen
ließ.
Verſchieden nennt man die Perlen, je nachdem
ihre Form und Größe iſt. Die runden und nicht
allzu kleinen heißen Zahlperlen, die faſt runden,
Tropfenperlen, die laͤnglichen, Perlenbirnen, die
halbrunden, Perlenaugen, die flachgedruͤckten, Zwie⸗
beln. Außerdem gibts noch unzaͤhliche Geſtalten;
die ganz ſchiefen heißen Barock auch Kropfperlen.
Die ganz kleinen nennt man Saamen: Saat: Unzen⸗
Loch auch Stampfperlen, weil man fie ſonſt in Apo⸗
theken im Moͤrſer zu Arzneyen zerſtieß. Ihre Haupt⸗
ſchönheit nennt man das Waſſer. Das iſt die Glaͤtte
und der Glanz der Oberflaͤche mit der Opalſpielung.
In einigen Laͤndern werden die gelblichen, in andern
die röthlichen vorgezogen. Es gibt ihrer von allen
Farben, und ſelbſt kohlenſchwarze. Daß uͤbrigens
ein orientaliſcher Perlenkenner auch deutſche Perlen
ſchön finden konne, beweist Tavernier, der von einer
Schnur bayerſcher Perlen (*) ſagt, fie ſeyen tauſend
ö | Tha⸗
(0 Alle Schriftſteller, die wir über die Perlen
nachgeleſen haben, fuͤhren einſtimmig an: Ta—
vernier ſchaͤtze Ein Stuͤck bayerſcher Perlen auf
falls
Perlenmuttermuſchel. er
Thaler und darüber werth, obgleich fie mit den orien⸗
talifchen nicht verglichen werden koͤnnten. Sobald
eine Perle mehr als zehn Carat hat, ſo iſt ſie ſchon
nicht mehr fuͤr einen Privatmann. Meſſingbleche,
mit Löchern, durch die die Perlen von einem, zwey,
drey Gran u. ſ. w. hindurch fallen, dienen als Per⸗
lenmeſſer. Aber, wie geſagt, Rundung und Waſſer
entſcheiden oft mehr, als die Größe, uͤber den innern
Werth. Man berechnet ihn wie bey den Diaman⸗
ten, ſo daß man die Zahl der Grane erſt mit ſich
ſelbſt, und dann die Summe mit dem angegebnen
Preis des Grans multiplicirt. Allein ſobald die
Perle zehn Carat hat, ſo iſt die mae
ganz anders.
Die Perlenfiſcherey iſt ein gefahrvolles Geſchaͤfte,
und es iſt niederſchlagend genug, daß der Luxus ſolche
Opfer fordert. Wuͤßte manche gefuͤhlvolle Dame,
Ff 3 wie
tauſend Thaler. So weh es unſerm deutſchen
Patriotismus thut, die Stelle jenes Reiſenden
ganz anders uͤberſetzen zu muͤßen, ſo halten wir
es doch fuͤr noch deutſcher: den guten Tavernier
nichts ſagen zu laſſen, was er nicht wirklich ſagt.
Eine innlaͤndiſche Perle von tauſend Thalern iſt
eine ſehr ſchoͤne Sache — aber die Wahrheit iſt
eine noch ſchoͤnere.
230 Perlenmuttermuſchel.
wie manche Leiche ihr Perlenhalsband koſtete, ſie
wuͤrde es vielleicht nicht ohne Wehmuth anſehen.
Wir wollen eine ganz kurze Beſchreibung eines Pers
lenfanges bey Ceylon geben, der nur im Maͤrz mit
Erfolg getrieben, und ſelten bis in den April fortge:
ſetzt werden kann, weil der Suͤdmonſoon die See ſtuͤr⸗
miſch macht, und die umhertreibenden Seepflanzen
die Taucher hindern wuͤrden. Die Schiffe ſind mit
Maatroſen, Tauchern und einem Anführer bemannt,
der erſt unterſuchen muß, ob die Perlenfiſcherey für
dieſes Jahr von reichem Ertrag ſeyn werde, wornach
der Tribut fuͤr die Erlaubniß beſtimmt wird. Ein
Canonenſchuß gibt das Zeichen, wenn man anfangen
darf und enden muß. Sobald nun die Kaͤhne in
die Naͤhe einer Perlenbank gekommen, ſo werden,
um ſie feſt zu halten, ſtatt der Anker, Steine an
Seilen auf den Grund hinabgelaſſen. Jetzt ziehen
ſich die Taucher oder Koolykarer, in tamuliſcher
Sprache, ganz nackend aus. Schon einige Tage
vorher haben ſie ſich mit Oehl beſtrichen und nur
trockne Speiſen zu ſich genommen; auch muͤßen ſie
überhaupt von Jugend auf zu dieſem Gefchäfte ges
wohnt werden, ehe das eyförmige Loch in der Scheide⸗
wand des Herzens verwaͤchst. Die Naſe mit einem
hoͤr⸗
Prerlenmuttermuſchel. 231
hoͤrnernen Inſtrument geſperrt und eingeklemmt,
mit ohlgetraͤnkter Baumwolle in den Ohren, und
einer gewiſſen Schwammartigen Wurzel, die lange
dem Eindringen des Waſſers widerſteht, vor dem
Munde, wird nun der Taucher entweder in einem
Korbe, oder dieſen vor ſich hinhaltend, und mit eis
nem Steine von Granit unter den Fuͤßen, an Seilen
in die Tiefe hinabgelaſſen. Der Stein ſoll ihn ſo
ſchnell als möglich hinabziehen. Sobald er unten if,
ſo macht er ihn los; denn zum Heraufziehen iſt na⸗
tuͤrlich kein Gewicht mehr noͤthig. Zuweilen wird
ein Korb oder Netz zum Muſchelſammeln neben ihm
in die Tiefe hinabgelaſſen. Einige Taucher, die
durch Uebung lange den Athem an ſich zu halten
gelernt haben, nehmen den Mund voll Oehl, und
laſſen, wenn es ihnen truͤb vor den Augen werden
will, einige Tropfen fließen; andre, die das nicht
koͤnnen, haben auf dem Kopf eine Kappe mit Au⸗
genglaͤſern, die in eine uͤber das Waſſer hervorra⸗
gende Luftroͤhre ausgeht. Viele Taucher gehen ohne
alle jene Umſtaͤnde und Vorbereitung auf den Grund.
Sie faſſen mit den rechten Fuß zehen das Seil,
an dem ein Stein, mit den linken ein anderes,
woran ein Netz befeſtigt iſt, und halten bloß die
Naſe
232 Perlenmuttermuſchel.
Naſe zu. Aber ein großes Vertrauen haben ſie auf
einen Zauberer, der die Hayfiſche bannen muß.
Ungefaͤhr funfzigmal des Tages tauchen ſie unter.
Eiligſt ſammeln ſie Muſcheln in ihre Koͤrbe oder
Netze, ſtoßen mit einem Meſſer die feſtſitzenden los,
und ſchuͤtteln, wenn ſie nun genug haben, oder ih⸗
nen Luft mangelt, ſtark am Seile, zum Zeichen, daß
man aufziehen ſoll. Geſchieht das nicht ſogleich,
ſo ſind ſie ohne Rettung verloren. Ohnehin treiben
die Bedaurungswuͤrdigen dieſen Beruf nicht lange.
So wie ein Taucher heraufkommt, um einige Aus
genblicke auszuruhen, wird plotzlich ein Andrer hinab⸗
gelaſſen, und fo geht es bis an den Abend fort. Eis
nige tauchen unter Glocken; es gibt aber auch Wilde,
die ohne die geringſte Vorbereitung und Anſtalt auf
den Grund des Meeres gehen. Groß find die Gefah⸗
ren dieſes Handwerki, Oft ſchießt ihnen, bis fie es
lernen, das Blut aus der Naſe und den Ohren; oft
werden ſie von Seethieren verſtuͤmmelt heraufgezo⸗
gen, oft macht fie der Geſtank faulender Meerges
ſchoͤpfe krank. Zuweilen gerathen die Taucher ver⸗
ſchiedner Compagnien unter dem Waſſer in Haͤndel,
wenn einer dem andern von dem Muſchelnhaufen
ſtiehlt, den er ſich einſtweilen zuſammen legt, bis er
den
— 7 0
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4 N 8 N
RN — Se Ne
*
5 EN
.
Perlenmuttermuſchel. 233
den Korb füllt, Dieß erlaubte ſich einſt ein Tau⸗
cher zu wiederhohlten Malen, ſo oft ihn der andre
auch warnte. Da er nicht nachließ ‚ fo ermordete
ihn dieſer unter dem Waſſer. Er ward als Leiche
heraufgezogen, und ſo ſahen ſelbſt der Abgrund des
Meeres und ſeine Ungeheuer das Schauſpiel, daß
der Menſch an Grauſamkeit und ee alle Ge⸗
ſchoͤpfe uͤbertreffe. ji
Wenn nun die Taucher ihr mübtames Tagwerk
vollendet haben, fo eilen die Schiffchen dem Lande zu,
deren jedes gewiß 30,000 Muſcheln zuruͤckbringt.
Dieſe werden von einigen in dazu eingerichtete Grus
ben am Lande geſchuͤttet. Die Bewohner verfaulen
und die Perlen liegen frey am Boden der Grube,
Auch mit Netzen, die vorn mit einem Rechen verſe⸗
hen ſind, um die Perlen von den Baͤnken loszubre⸗
chen, faͤngt man welche. Wir ſehen eine Ceylonſche
Perlenfiſcherey bey 151, wo im Vorgrunde auch ſolche
Inſtrumente angebracht find, In einem Schiffe
ſind die Taucher in Arbeit; indeß die Maͤnner auf dem
andern einen Netzſack ins Meer hängen laſſen, deſſen
Seil mit einer Winde in Verbindung ſteht. Mit
Seife, Salz, Sand, Puder, Bimsſtein u. d. reinigt
man die Perlen, wenn ſie aus der Schale kommen.
Würmer Il. Th. Gg Einige
234 Perlenmuttermuſchel.
Einige geben ſie den Tauben zu freſſen, die ſie weit
reinlicher von ſich geben ſollen, als ſie zuvor waren,
andere bleichen ſie im Maythau. Vorzuͤglich in der
Stadt Condatchey werden die gewonnenen Perlen
bearbeitet. In dieſem elenden Ort, das in einer
Wuͤſte ohne trinkbares Waſſer und Gewaͤchſe liegt,
herrſcht daun das bunteſte Gewuͤhl von Menſchen
aller Nationen und Farben. Die Ufer ſind mit
Huͤtten und Zellen bedeckt; das Meer wimmelt von
Fahrzeugen; alles iſt voll von Kaufleuten, Juweliren,
Marketendern, deren koſtbarſte Waare Waſſer, aber
zu entſetzlichen Preiſen, iſt, Malayiſchen Truppen um
Ruhe zu erhalten, und Fakirs, wozu noch Schwaͤrme
Läftiger Inſecten kommen, die die Faͤulniß der Mu:
ſcheln herbey ruft. Eine Menge Menſchen finden
ſich da ein, und kaufen auf gut Gluͤck Muſcheln wie
ein Lotterielos. Im Jahr 1797 kaufte ein armer
Handwerker fuͤr zehn Kreuzer eine Muſchel, in der
die ſchoͤnſte Perle der damaligen Fiſcherey war. Das
Bohren muß mit großer Vorſicht geſchehen. Die
ſtaͤhlernen Bohrer werden durch eine Bogenſehne in
Bewegung geſetzt. 7
Der Urſprung des Gebrauchs, ſich mit Perlen
zu ſchmuͤcken, verliert ſich im graueſten Alterthume.
Raͤumt
*
Perlenmuttermuſchel. 235
Raͤumt doch eins der aͤlteſten ſchriftlichen Denkmale,
das Buch Hiob, der Weisheit den Vorzug vor
der Perle ein, und brachte ja Hercules ſeiner
Tochter einen Perlenſchmuck mit. Wie ver⸗
ſchwenderiſch man ehemals ſich mit Perlen uͤber⸗
laden habe, mag zum Beweiſe dienen, daß auf
dem Staatskleid der Katharina von Medicis,
außer 3000 Diamanten auch 32000 Perlen wa⸗
ren. Die Wilden in America wußten die Perlen
ſchon zu ſchaͤtzen, ehe ihre Quaͤlgeiſter und Blut⸗
igel hinkamen. :
Als Arzneymittel haben die Perlen ihr Ans
ſehen verloren. Muß es ja ſeyn, ſo nimmt man
die wohlfeilere Perlenmutter, die ja eben die Be⸗
ſtandtheile hat. So viel iſt ſicher, daß ſo vor⸗
nehm und koſtbar dieſe Mediein ſeyn mag, in
Abſicht auf Wirkung unſre Camillen, Hollunders
bluͤthe, Islaͤndiſches Moos u. d. tauſendmal mehr
werth ſind. Wahr iſts, man kann ſie als abſor⸗
birendes Mittel gebrauchen, aber dieß leiſtet auch
die Auſterſchale.
Wie betraͤchtlich der Handel mit Perlen und
Perlenmutter ſeyn muͤße, das ergibt ſich ſchon
aus dem Vorigen. Die Letztere wird in Tafeln
| 6 2 geſchnit⸗
—
236 Perlenmuttermuſchel.
geſchnitten. Beruͤhmte Kuͤnſtler haben in ſie
Kunſtwerke gravirt; beſonders erwarb ſich Bel
kin einen großen Ruf in dieſer Gattung von Ars
beit. Und wer will die Menge von Kunſtarbei⸗
ten nahmhaft machen, wozu Perlenmutter ge⸗
braucht wird: Doſen, Etuis, Meſſerſchalen,
Knöpfe, eingelegte Tiſchlerarbeit u. d. m. Zart
gerlebne Perlenmutter ſoll gute unſchaͤdliche
Schminke geben, auch hat man theils mit ſol⸗
chem Pulver unaͤchte Perlen zu machen, ja wohl
aus ihr ſelbſt welche zu drehen verſucht. In
der Verfertigung der letztern haben es die Fran⸗
zoſen zu einer unglaublichen Hoͤhe gebracht.
Bey der Beſchreibung der Uckley, einer kleinen
Karpfenart, iſt das Verfahren hiebey ausfuͤhr⸗
lich angegeben worden. Zwey Stuͤcke muͤßen
immer die aͤchten Perlen von den falſchen unter:
ſcheiden; denn einmal werden dieſe nie die blätt-
rige Bildung und Zuſammenſetzung haben, wie
jene; und dann loͤſen ſich auch die falſchen in
Eſſig und andern Saͤuren nie auf, was bey den
aͤchten ſehr leicht geſchieht. Aber freylich moͤchte
es eben nicht zu rathen ſeyn, dieſe Proben mit zum
Kaufe angebothnen Perlen anzuſtellen.
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Tab. XXIII.
Steckmuſchel. Piana.
— 237
Der geräucherte Schinken (152). Der
edle Schinken (153). Der Pracht⸗
kegel (154).
Wir haben ſchon mehrere Schalwuͤrmer kennen
lernen, die einen Haar: oder Borſtenbuͤſchel beſitzen,
mit dem fie ſich, wo fie nur wollen, anhängen koͤn⸗
nen. Aber keiner hat ihn reichlicher und koſtbarer
als diejenigen Muſcheln, die, weil ſie gern im Sande
ſtecken, Steck⸗ und wegen ihrer Schinkenaͤhnlichen
Form, Schinkenmuſcheln genannt werden. Andre
gaben ihnen den Nahmen Halftermuſcheln und Sei⸗
denſpinner; jenes, weil ſie einer Piſtolenhalfter aͤhn⸗
lich ſehen, dieſes um ihrer Geſchicklichkeit im Spin⸗
nen Gerechtigkeit wiederfahren zu laſſen. Ob ſie
aber wirklich die Seide ſpinnen, oder ob ſie den dazu
beſtimmten Saft in eine Form gießen, wo er hart
wird, das muͤßen wir unentſchieden laſſen. Acht⸗
zehn Arten rechnet man zu dieſer Gattung. Ihre
ziemlich zerbrechlichen Schalen ſind im Schloſſe ſo
verwachſen, daß man ſie nicht auseinander nehmen
kann. Doch hat dasſelbe die laͤngliche Rinne der
Gg 3 Mies⸗
238 Steckmuſcheln.
Mies muſcheln, daher die franzdſiſchen Conchyllologen
ſie auch zu dieſen zaͤhlen, obgleich dieſe Gattungen
in Abſicht auf die Form wie auf den Bewohner ziem⸗
lich verſchieden ſind. Oben am breiten Ende klaffen
die Steckmuſchelſchalen gewaltig. Sie ſind bald
roth, bald ſchwarz, bald glatt, bald rauh, bald duͤnn—
bald dickſchalig. Doch hat dieſe Verſchiedenheit kei⸗
nen merklichen Einfluß auf die Feinheit ihres Sei⸗
denbuͤſchels. Dieſer iſt bey allen gleich vortrefflich.
Hat auch gleich die Entdeckung der Seidenraupe die
Folge gehabt, daß dieſe Steckmuſchelſeide, die, wie
einige wollen, der beruͤhmte Byſſus der Alten gewe⸗
ſen ſeyn ſoll, nicht mehr in dem außerordentlich ho⸗
hen Werthe wie ſonſt ſteht; ſo gibt es doch noch bis
auf den heutigen Tag im untern Italien und Sici⸗
lien betrachtliche Fabriken, in denen aus ihr Hands
ſchuhe, Beinkleider, Struͤmpfe u. d. m. verfertigt
werden. Sie laͤßt ſich ſo fein verarbeiten, daß ein
Paar Struͤmpfe aus dieſer Muſchelſeide in eine Doſe
geht, und ihre ſchoͤne Olivenfarbe mit dem feinen
Goldſchiller, erſpart noch dazu das Faͤrben, das bey
der Seide des Inſects faſt unumgänglich noͤthig iſt.
Wozu aber die Seidenbuͤſchel der Muſchel dienen,
das iſt ſo ganz ausgemacht noch nicht; vielleicht um
3 ſich
—
Steckmuſcheln. 239
ſich in der aufrechten Stellung zu halten, die ſie ſo
ſehr liebt, vielleicht aber auch als Angelſchnuren und
Fuͤhler. - 5 |
Die find nun die berühmten Muſchelu, von
deren Freundſchaft mit einer gewiſſen Krabbenart,
die wir unter dem Nahmen Pinnenwaͤchter bereits
kennen gelernt haben, die verdienteſten Maͤnner des
Alterthums und neuerer Zeiten ſo viel zu erzaͤhlen
wußten. Auf ihr Anſehen hin wurde Jahrhunderte,
ja Jahrtauſende hindurch die Fabel erzaͤhlt und
wird noch bis dieſe Stunde von vielen geglaubt: wie
Damon und Pythias kaum ſo zaͤrtliche Freunde ge⸗
weſen ſeyen, als unſre Steckmuſcheln und jene kleine
Krabbe; wie dieſe raſtlos an den Thorfluͤgeln, den
| etwas geöffneten Schalen der Steckmuſchel, Schild⸗
wache ſtehe, ihr mit leiſem Kneipen die Naͤhe eines
willkommnen Nahrungsmittels, mit ſtaͤrkerm, die
Ankunft jenes Unholds, des Blackfiſches, anzeige,
im letztern Falle ſie ihre Schalen ſchließen heiße, im
erſtern die Beute redlicher und friedlicher theile, als
bey einem ſo ſeltſamen Buͤndniſſe des Staͤrkern mit
dem Schwaͤchern, des Kluͤgern mit dem Duͤmmern
(denn dumm muß doch das Thier ſeyn, das ein
andres erſt kneipen muß, wenn etwas Eßbares in
ſeine
240 Steckwuſcheln.
ſeine Naͤhe kommt) kaum zu erwarten waͤre, und
wie dann die arme Steckmuſchel, wenn ihre treue
Hausfreundinn mit Tod abgeht, ihr bald, von Man⸗
gel und Feinden aufgerieben, nachfolge u. d. m.
Wollten wir alles, was mit dem Fortſchritte der Zei⸗
ten zur Verſchoͤnerung dieſer ſeltnen Thierfreund⸗
ſchaft hinzugefuͤgt worden iſt, wiederhohlen; ſo muͤß⸗
ten wir ganze Blaͤtter damit anfuͤllen, und unſern
Raum, den wir bey der großen Menge von Merk-
wuͤrdigkeiten kaum genug zu ſchonen wiſſen, um die
Geduld unfrer verehrten Leſer nicht zu mißbrauchen,
an leere Fabeln verſchwenden. Merkwuͤrdig bleibt
es immer, wie man aus dem ganz zufaͤlligen Um⸗
ſtande, daß man in den faſt immer offnen Schalen
der Steckmuſchel zum oͤftern, nebſt andern kleinen
Thieren, dieſe Krabbe fand, die Grundlage eines
ganzen Romans zu machen wußte.
Sehr gern wohnen die Steckmuſcheln in den
ſtillen Buchten der unter einem milden Himmel lie⸗
genden Meere, und bilden da, aufrecht im Sande
ſteckend, gleichſam unterirdiſche Doͤrfer, unter de⸗
nen die alten wie Kirchthuͤrme in die Hoͤhe ra⸗
gen. Ihr Fleiſch wird fuͤr ſehr wohlſchmeckend
gehalten.
e Von
Rother, geräucherter, edler Schinken. 241
Von innen und außen einem ſchoͤnen, von der
Rauchſchwaͤrze gereinigten Schinken, gleicht, in
Abſicht auf Farbe und Form, die Steckmuſchel, die
den Nahmen der rothe, geraͤucherte Schinken
(p. Rudis, le Jambon de .Mayence , le &Jambon
rouge, larde 152) führt. Nicht immer hat er die
rauhe, mit Rippen, Röhren und Schuppen ausge⸗
zeichnete Oberfläche, fondern er wird aud) glatt ges
funden. Auf den ſechs bis acht Rippen der lang
gestreckten, dreyſeitigen Schalen, die, mit Ausnahme
der Perlenmutterartigen Stelle gegen das duͤnnere
Ende zu, ganz roth ſind, befinden ſich fonderbare, 3
hohle Röhren, die bald an der Seite eine offne Rinne
haben, bald ganz verſchloſſen ſind. In Africa und
America iſt dieſe Steckmuſchel ſchon gefunden wor⸗
den, die, wenn ihre Schalen und Röhren noch un⸗
verſehrt ſind, immer ein Conchyliencabinett ziert.
Schwer zu entdecken iſt der Adel des edeln
Schinken (P. Nobilis, la Pinne marine twilee 153),
den man ſonſt bloß in Weſtindien einheimiſch glaubte,
jetzt aber, wie man ſicher weiß, um Smirna ſehr haͤufig
findet, wo er als Speiſe beliebt iſt. Hier findet man
oft Perlen, aber freylich nur roͤthliche, in ihm. Die
Einwohner wiſſen aber die Seide nicht zu benuͤtzen.
wuͤrmer II. Th. 9h Eine
242 Pcrachtkegel.
Eine ziemliche Woͤlbung und Breite haben die Schas
len diefer Steckmuſcheln. Auf der größern Hälfte
derſelben ſieht man erhoͤhte Laͤngsſtreifen, zwiſchen
denen ſich Furchen befinden. Rinnenartige Rohren
ſtehen wie Hohlziegel reihenweiſe hintereinander
auf dem Ruͤcken, und werden nach dem aͤußern
Rande zu immer größer. Die kleinere Haͤlfte der
Schale ift mit Querſtreifen nach der Seite zu be;
zeichnet, wo der Buͤſchel heraushaͤngt. Die graue
Farbe dieſer Steckmuſchel unterbricht hie und da
das Schwarz der Flecken ihrer innern Waͤnde, und
auch bey ihr hat das bünnere Ende einen ‚Perlen
mutterglanz.
| Meit größer und auch ſchoͤner, als die weicht
Steckmuſchelarten, iſt der Prachtkegel (P. Obelis-
cus 154). Er wird wohl uͤber zwey Ellen lang im
mittellaͤndiſchen Meere gefunden, und koͤnnte deß⸗
wegen die Ehre, der Rieſe zu heißen, gar wohl mit
einer andern großen Steckmuſchel theilen, die die⸗
ſen Nahmen fuͤhrt. Seine ſchoͤne Rundung und |
die wellenfürmig parallelgehenden Schuppen der
Laͤngsſtreifen zeichnen ihn ſehr aus. Dieſe laufen |
gegen das ſpitzige Ende, wo die Schalen glatt und
ſilberglaͤnzend find, fehr nahe zufammen, Auf den
Strei⸗
Prachtkegel. 243
Streifen ſtehen zahlloſe, ſtachlige Schuppen und
Roͤhrchen, die nach hinten zu abgenutzter und klei⸗
ner als vorn, theils offen, theils verſchloſſen, alle
aber hornartig, durchſichtig und zerbrechlich ſind.
Die Bohrwuͤrmer mögen durch eine fo zahlreiche
Palliſadenreihe ziemlich in Reſpect gehalten wer⸗
den. Ohne das muͤßte es ihnen ſehr leicht werden,
ſo duͤnne Schalen zu durchbrechen. Die praͤch⸗
tige Pommeranzenfarbe der ſpiegelglatten innern
Waͤnde ſcheint durch, und thut bey der Menge
grauer und weißer Roͤhrchen eine gute Wirkung.
um die aufrecht im Schlamme ſteckenden
Steckmuſcheln zu fangen, laſſen die Fiſcher, die
ſie bey hellem Meere bemerken, einen Strick in
ihre Schalen gleiten. Ploͤtzlich ſchließt der Be⸗
wohner ſeine Schalen ſo feſt, daß man ihn an
dem eingeklemmten Strick in die Hoͤhe ziehen
kann. Auch mit eiſernen Reifen zieht man ſie
aus der Tiefe herauf, was aber bey der Zer—
brechlichkeit ihrer Schalen ſelten ohne Schaden
abgeht.
Und ſo viel von den zweyſchaligen Conchylien
oder Muſcheln, die wir hiemit beſchließen, um zu
einer andern Familie uͤberzugehen.
Hh 2 Tab.
244 0883.
ab. XXIV. XXV. |
III. Zweyſchalige Conchylien,
Schnecken mit Windungen.
Univalvia. Cochlea.
Schiffsb oth. Ar Panama.
Der Papiernautilus (155. 156). Das
glaͤſerne Schiffsboth (157).
Nautilus. Nautilus.
Der Perlenmutternautilus (158-160), Der
Sporn (161). Das Ammonshorn (102).
Das Poſthoͤrnchen (163. 164). Der Bis
ſchoffsſtab (1065). Die Rettig⸗
ſchote (166. 167).
Eine neue und fehr zahlreiche Conchylienfamilie iſts,
zu der wir jetzt kommen, wir meinen die Schnecken
im eigentlichen Verſtande, deren Wohnhaͤuſer be⸗
ſtimmte, ſichtbare Windungen haben. Mußten wir
bey den zwey Familien, uͤber die wir uns bisher un⸗
terhalten haben, theils von mehrern, theils von zwey
Schalen ſprechen, ſo haben dagegen die Mitglieder
der Familie, von der wir jetzt reden, durchaus nur eine
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Schnecken mit Windungen. 245
Schale. Dieſe windet ſich in einer Schneckenlinie,
bald in einer geraden Flaͤche, bald aufwärts ſteigend
um eine Spindel herum. Je nachdem nun dieſe
glatt oder gefaltet, und je nachdem die Muͤndungen
beſchaffen waren, je nachdem ſind mit Ruͤckſicht auf
die aͤußerliche Form die Gattungen beſtimmt worden.
Faſt durchaus ſind die Schnecken rechts gewunden.
Dieß muͤßen ſich unſere Leſer ſo vorſtellen. Wenn
ſie die Schnecken ſo vor ſich hinlegen, daß die Spi⸗
tzen in die Hoͤhe, die Muͤndungen aber nach unten
ſehen, ſo werden dieſe immer zur rechten Seite ſeyn.
Die Windungen laufen dann von der rechten zur
linken Seite. Stellen ſie ſie aber auf die Spitze, ſo
findet freylich das Gegentheil ſtatt. Nur einige
haben von Natur eine links liegende Muͤndung, ſo
daß nun auch die Windungen links laufen. Die
erſte Schnecke, die man mit der Muͤndung an der
linken Seite ſah, machte großes Aufſehen, ſo daß
man fie als völlig einzig betrachtete; daher auch die
Franzoſen die Linksſchnecken (bouche à gauche)
Punique nennen. Man glaubte, es ſey das nur
eine Erſcheinung, die bey den Flußſchnecken vor⸗
kaͤme. Allein die vermehrte Aufmerkſamkeit auf
dieſen Umſtaud, hat nun faſt in den meiſten Gat⸗
Hh 3 tungen
246 Schnecken mit Windungen.
tungen der Meerſchnecken links gewundne gefunden,
wiewohl ſolche Exemplare immer noch eine große
Seltenheit ſind. Im Grunde ſind ſie Verirrungen
der Natur und Mißgeburten, nicht aber, wie man
glauben koͤnnte, Kinder von gleichfalls links gewun⸗
denen Eltern. Denn obgleich wuͤrdige Naturfor⸗
ſcher mit großer Sorgfalt Linksſchneckenzuchten an⸗
gelegt haben, ſo bekamen ſie dennoch nur rechts ge⸗
wundne von ihnen. Es gehoͤrt demnach die Erzeu⸗
gung ſolcher Linksſchnecken zu jenen ſeltnen Erſchei⸗
nungen, ſo wie Anatomiker zuweilen ſchon in Leich⸗
namen alle Eingeweide in einer verkehrten Lage ge⸗
funden haben. Zu vergeſſen iſt hier nicht, daß man
die Argonauten, Nautilen und andre in und um
ſich ſelbſt Bgewundnen Schnecken, weder rechts⸗ noch
links gewunden nennen kann, weil, je nachdem man
fie legt, fie das Eine oder das Andre find,
Einige Schnecken konnen ihre Muͤndung mit
einem Deckel verſchließen, der ihnen immer eigen iſt,
andre aber ziehen vor dieſelbe bloß beym Eintritte
der rauhern Jahrszeit eine Kalkicheibe, . Eigentlich
macht dieſe Hausthuͤre keinen weſentlichen Theil ih⸗
rer Schale aus. Auch haͤngt er gemeiniglich nicht
an ihr, ſondern nur an einem Muskel des Bewoh⸗
ners,
2 u u a =
„
Schiffsbothe. 2247
ners, daher es unrecht waͤre, um ſeinetwillen dieſen
Schnecken den Nahmen einſchaliger Conchylien zu
verſagen. Hochſt auffallend aber iſts, daß man
ſolche Deckel ſchon bey der zaͤrteſten 9
entdeckt hat.
Mehrere Conchyliologen haben die Schiffsbothe
und die Nautilen in Eine Gattung vereinigt, und
ſich begnuͤgt, die erſten duͤnnſchalige, die andern
dickſchalige Schiffs bothe zu nennen. Da aber bey
ihnen nicht nur in der Maſſe ihrer Wohnhaͤuſer, ſon⸗
dern auch in ihrer zumal innern Structur, ſo wie
unter den Bewohnern eine auffallende Verſchieden⸗
heit ſtatt findet, fo laſſen wir fie getrennt, und eilen
unſern Leſern dieſe merkwuͤrdige Conchyliengattun⸗
gen näher bekannt zu machen. Eine flach gewundne,
ſehr duͤnne Schale, die keine Kammern oder Ab⸗
theilungen im Innern hat, iſt den Schiffs bothen
eigen, deren Ruͤcken man, da man ſie mit Schiffen
vergleicht, den Kiel nennt. Dieſer iſt auf beyden
Seiten mit hohlen Zacken beſetzt, in die die knotigen
Rippen der Seitenwaͤnde auslaufen. Man kennt
ihrer fuͤnf Arten. Ihr Nahme Argonauten ſoll, in⸗
dem er an die berühmte Seereiſe Jaſons nach Col—
chis 1 dem Schiffe Argo erinnert, einen Wink ge⸗
ben,
2438 Papiernautilus.
ben, daß die Bewohner dieſer Schalen, in denen
wir unſre Dintenwuͤrmer wieder finden werden, ge⸗
ſchickte Segler ſeyen. |
Die Papierduͤnne Schale gab dem ſchoͤnen, aber
ſehr zerbrechlichen Papiernautilus (A. Argo, le
Nautile papyrace 155) feinen Nahmen. Andre
fanden in den vielen koͤrnigen Erhöhungen feiner
weißen Schalen eine Aehnlichkeit mit dem Reis brey
und nannten ihn darnach. Der Kiel iſt ziemlich
breit und zackig; die Seitenwaͤnde haben eine Menge
knotiger Rippen. Das ſchoͤne Weiß wird bey eini⸗
gen durch etwas Rothbraun am e Hin⸗
tertheil unterbrochen.
Beym Anblick des Bewohners (156 a) werden
unfre Leſer fich gewiß an den im vorigen Bande be-
ſchriebnen Meerpolyp erinnern, mit dem er ſo viel
Aehnlichkeit hat, daß man ihn nothwendig zu der
Dintenwuͤrmergattung rechnen muß. Der dicke
Kopf, die großen Augen, der tiefliegende Schnabel,
die acht Fuͤße mit den Saugwarzen, die Roͤhre, die
zum Auspumpen des Waſſers, und noch zu andern
Zwecken dient, alles erinnert an jenes Ungeheuer,
von dem wir dort ausfuͤhrlich geredet haben. Da er
durch keine Sehne, wie andre Schalwuͤrmer, an ſeine
N Schale
Papiernautilus. 249
Schale gefeffelt it, "fo kann er leicht herausgeworfen
werden, und es iſt ſo unbegreiflich, wie er ſie bauen
koͤnne, daß einige auf die Vermuthung kamen, es
gehdre dieſe Schale einem andern Thiere, das er
gewaltſam daraus verdraͤngt habe. Hat er das
Ungluͤck, ſeine Schale zu verlieren, ſo ſchwimmt dieſe
leer auf der Oberflaͤche, indeß ihr ans Land geſpuͤhl⸗
ter Bewohner eine Beute der Kraͤhen und andrer
Raͤuber wird. Ob er außerhalb der Schale leben
konne iſt ungewiß. Gehen kann er ſehr gut. Daun
iſt die Mündung der Schale nach dem Boden zu ger
kehrt, und er traͤgt ſie gleichſam auf dem Ruͤcken.
Aber im Schwimmen und Segeln iſt er ein Wunder
der Natur und des Inſtincts. Will er das, fo ſteigt
er vom Grunde des Meeres in die Hoͤhe. Obgleich
er mit dem Kiel ſeines Schiffes nach oben zu gekehrt
an die Oberfläche kommt, fo weiß er doch nun ploͤtz⸗
lich die Schale um zuwenden, damit jener im Waſſer
gehe, pumpt das Waſſer aus derſelben, ſpreizt
ſeine Fuͤße uͤber das Hintertheil der Schale, drey auf
jeder Seite, aus, als ob er darauf ritte, und bedient
ſich der laͤngſten unter ihnen zum rudern. Dabey
weiß er die Verbindungshaͤute der zwey nach vorn
zu gerichteten Fuͤße ſo zu halten, daß ſie wie die
wuͤrmer II. Th. Ji Scha⸗
250 Papiernautilus.
Schale ſelbſt, in deren Oeffnung der Wind hinein⸗
blaͤst, vollkommen die Dienſte von Segeln leiſten
(156 h). Zuweilen faßt er etwas mit den muͤßigen
Fuͤßen, und noͤthigt es, die Seereiſe mitzumachen.
Entſteht ein Sturm, ſo zieht das kluge Thier ſeine
Segel und Ruderſtangen ein, und druͤckt das Vor⸗
dertheil ſeines Nachens ſo nieder, daß das Waſſer
eindringen, und durch die vermehrte Schwere das
Hinabſinken auf den Grund erleichtern muß. Mit
der groͤßten Bewunderung reden die Seefahrer von
der Geſchwindigkeit, mit der er neben ihnen her
gleichſam um die Wette ſegelt, und von der Geſchick⸗
lichkeit, mit der er im laviren die Segel aͤndert, um
nicht umzuſchlagen. Sonſt hielten die Schiffer das
ſchnelle Unterſinken des Papiernautilus fuͤr ein boͤſes
Vorzeichen eines zu befuͤrchtenden Schiffbruchs.
Da er dieß gewoͤhnlich thut, ehe ſich Stuͤrme erhe⸗
ben, fo mag freylich dieſe Ahndung fchon oͤfters ein⸗
getroffen haben. Nicht ohne Muͤhe laͤßt er ſich fan⸗
gen. Denn ſobald er merkt, daß man ihm nachſetzt,
ſo ermuͤdet er die Geduld ſeiner Verfolger durch ewi⸗
ges Hin⸗ und Wiederſegeln, bis es ihm gelingt, das
Noͤthige vorzukehren, um unterzuſinken. In dieſem
Augenblick ſucht ihn der Fiſcher, der ihm ſchwim⸗
mend
Galeere. 251
mend folgt, zu uͤberraſchen. Auch wird dieſes
Schiffsboth zuweilen, wenn es bey ſtiller See ſor⸗
genfrey einherrudert, von hinten uͤberfallen und aus
dem Waſſer geſchoͤpft. Die kleinern kriechen in
Fiſchreuße, und fangen ſo ſich ſelbſt. Eine Zeitlang
ſchuͤtzte dieſes merkwuͤrdige Thier ein ihm wohlthaͤti⸗
ger Aberglaube, der es zu fangen verboth. Sein
Fleiſch iſt wohlſchmeckend, allein weder im indiſchen
5 und Weltmeere, noch auch im mittellaͤndiſchen, wo
es wohnt, ſo haͤufig, daß man es eine gemeine Speiſe
nennen konnte. Von der Fortpflanzung desſelben
iſt weiter nichts bekannt, als daß der Eyerſtock aus
einem Klumpen, von mit einer feinen Haut umgeb⸗
nen roͤthlichen Koͤrnern beſtehe, deren jedes ein
ſchwarzes Puͤnetchen wie ein Auge hat.
Wir konnten hier noch manches artige Schiffes
both, z. B. die gerippte Galeere, oder cammertuchne
Haube, mit ſchmalem, die Seenymphe, mit einem
breitern Rüden, die cannelirte Chaloupe, die bes
waffnete Galeere, den Ohrennautilus anfuͤhren, al⸗
lein wir muͤßen uns einſchraͤnken, und können nur
bloß der glaͤſernen Galeere (A. Vitreus, le Nau-
tile vitre 157) eine Stelle einräumen. Man kann
ſich kaum enthalten, beym Anblick dieſes Schiffboths
e 312 an
252 Perfenmutternautilus,
an eine Muͤtze mit Falbeln zu denken. ‚Schöne, re⸗
gelmaͤßige Rippen, und ein ſeltſam eingerolltes
Hintertheil, zeichnen die kegelfdrmige Schale aus,
die ſo duͤnn wie Glas iſt. Bisher weiß man nur
erſt von Einem Exemplar in der Welt, was alſo
gewiß eine Seltenheit iſt, die faſt jede andre übers
trifft.
Hatten wir bey den Schiffsbothen mit —
zarten, glasaͤhnlichen Schalen zu thun, fo verhält
ſich das bey den Nautilen ganz anders, die fich durch
die Dicke und Feſtigkeit derſelben, die weit ſichtba⸗
rern Windungen und die vielen Kammern im Innern
hinlaͤnglich von ihnen unterſcheiden. Ihrer kennt |
man 24 Arten, die freylich ſehr verſchieden ſind.
Wir nennen unter ihnen zuerſt den Perlenmutter⸗
nautilus (N. Pompilius, le Na atile nacre, le grand
N. geflammter Papageyſchnabel, praͤchtiges Schiffs⸗
both, Schiffskuttel 160). Unter der erdfarbi n,
ſchmutzigen Oberhaut, mit der er aus dem Me e
kommt, erſcheint, ſobald man ſie abzieht, ein weißer,
glatter Ueberzug, mit ſchoͤnen rothbraunen Flam⸗
men am Kiele. | Dieſe verlieren ſich, zumal bey den
aͤltern, nach vorn zu, ſo daß das Vordertheil ganz
weiß aus ieh. Nur am Hintertheil iſt ein ſtahlfar⸗
Nah
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Perlenmutternautilus. 253
biger Fleck. Hier, im Mittelpunct der Windungen,
iſt der Nabel, der bey einer vorzuͤglich ſchoͤnen Art,
eine trichterformige Vertiefung hat. Nimmt man
auch den weiß und roth geflammten Ueberzug, durch
eine Säure hinweg, fo iſt die ganze Schale von ins
nen und außen die ſchoͤnſte Perlenmutter mit herr⸗
lichen Opalſpielungen. Auch der Bewohner des
Nautilus iſt eine Art von Dintenwurm. Die Abbil⸗
dungen, die man bisher davon hat, ſtellen ihn in
einen abſcheulichen, unfdrmlichen Klumpen zuſam⸗
mengezogen vor, daß es unmoglich iſt, die Glied⸗
maßen deutlich zu unterſcheiden. Nichts faͤllt deut⸗
licher daran ins Auge, als die abgeſtutzte Spruͤtzrbhre
und der duͤnne Schwanz, der durch die Kammern
hin bis in die hinterſte lauft und da feſt ſitzt, wovon
wir bald mehr hören werden. Er iſt ein eben fo ge:
ſchickter Seefahrer als der Papiernautilus, nur
ſcheint er geſellſchaftlicher zu ſeyn, daher man bey
Windſtille kleine Flotten einherziehen ſieht. Der Kiel
geht dabey wie der Schiffskiel im Waſſer, ſeine Fuͤße
rudern und ihre Verbindungshaut dient als Segel.
Will er untertauchen, ſo fuͤllt er ſeine Kammern mit
Waſſer; will er aufſteigen und vom Grund zur Ober⸗
flaͤche kommen, ſo pumpt er das Waſſer aus, und
Ji3 laͤßt
254 Peerlenmutternautilus.
laͤßt dagegen Luft hineintreten. Um dieß aber zu
faffen, muͤßen wir einen Blick in fein Inneres werfen.
Dieß verdienen die Schnecken um deſto mehr, je ge⸗
wiſſer es iſt, daß, fo trefflich ihr Aeußeres ſeyn mag,
dennoch die unnachahmliche Kunſt des innern Baues
dasſelbe bey weitem uͤbertreffe. Bey 188 ſehen unfre
Leſer dieſes Meiſterwerk der Natur. Die bogenfoͤr⸗
migen, querlaufenden Theile ſind die Scheidewaͤnde
der Kammern. Ihre Zahl iſt nicht gleich; man findet
von 30 bis zo an der Zahl, die immer kleiner werden,
je naͤher ſie dem Mittelpuncte zu liegen. Einige
glauben, die Kammern vermehren ſich mit den Jah⸗
ren. Dem zufolge haͤtte ihr Bewohner in ſeiner zar⸗
ten Jugend in der kleinſten gelebt. Bey zunehmen⸗
dem Wachsthum bedurfte er einer größern Wiege.
Jetzt baute er die zweyte Kammer, und ſo giengs
immer weiter, je größer er wurde. Aber eben daraus
erhellet, daß man immer nur die aͤußerſte und größte
Kammer als das letzte Wohnzimmer dieſes Nautilus
anſehen muͤße. Haͤtte er laͤnger gelebt, ſo waͤre viel⸗
leicht wieder eine neue noch groͤßere Kammer hinzu⸗
gekommen, wiewohl auch da eine Graͤnze ſeyn wird,
wo er zu wachſen und zu bauen aufhört. Jedoch
duͤrfen wir nicht verſchweigen, daß auch die Mei⸗
nung,
Perlenmutternautilus. 255
nung, er bringe alle Kammern auf die Welt, fo daß
ſie nur an Ausdehnung und nicht in der Anzahl zu⸗
nehmen, ihre Gruͤnde habe. Blicken wir nun wieder
ins Innere unſers Nautilus, ſo ſehen wir von der
größten Kammer aus durch alle Wände bis in die
letzte und kleinſte eine Art von Röhre laufen. Man
nennt fie die Nervenrdhre, (Siphon, Siphunculus)
und ſieht ſie als eine Art von Schwanz an, durch
den der Bewohner am hinterſten Ende ſeiner Schale
feſthaͤngt. Dieſe Röhre iſt weich und elaſtiſch, fo
daß ſie ſich ausdehnen und zuſammenziehen kann.
Doch hat ſie auch feſtere Theile, indem eine Art von
ſchaligen Ringen die weichern beſchuͤtzen, damit ſie
im Hin⸗ und Herziehen an den ſcharfen Oeffnungen
der Kammern nicht Schaden leiden. Daß ſich der
Bewohner vermittelſt derſelben in ſeine hintern Kam⸗
mern zuruͤckziehen könne, iſt ein laͤcherliches Vorge⸗
ben, wohl aber ſcheint ſie nicht nur die Sehne zu
ſeyn, die ihn feſthaͤlt, und mit zum Regieren des Ge⸗
haͤuſes dient, ſondern auch ein treffliches Werkzeug,
durch deſſen Ausdehnen und Zuſammenziehen er
mehr oder weniger Luft und Waſſer in die Kammern
eindringen laͤßt, je nachdem er es noͤthig findet, um
bald auf den Grund zu ſinken, bald in die Hoͤhe zu
ſtei⸗
_
256 Perlenmutternautilus.
ſteigen. So erleichtert, oder ſo beſchwert er allmaͤh⸗
lich ſein Fahrzeug, erfuͤllt es mit Luft, wenn er am
Grunde iſt, um durch Leichtigkeit emporzuſteigen,
und fuͤllt es mit Waſſer, wenn er des Seegelns und
Ruderns muͤde iſt, und in die Tiefe will, und iſt alſo
Schiff und Pilote und Aeroſtat zugleich. Wer weiß,
ob nicht ſein Anblick den Menſchen die erſte Idee vom
Schiffbau gegeben hat, und ob nicht unſre Luftſegler
von ihm noch die Direction ihres Luftballons lernen
werden, indem ſie auch ihm mehrere Kammern
geben. + |
Das Fleiſch dieſes Nautilus iſt eine nahrhafte
Speiſe. Krabben, Seehunde, Crocodile lieben es
ſehr. Er ſcheint durchaus nur den oſtindiſchen Mee⸗
ren anzugehoͤren. Und doch findet man in Norden,
in den Kalkgruben bey Faxoe, auf der Inſul See:
land, eine unzaͤhliche Menge verſteinert. Die Kuͤnſt⸗
ler benuͤtzen die Schale, von der ſie die aͤußere Haut
bis auf die Perlenmutter abbeizen, zu verſchie⸗
denen Kunſtarbeiten. Bey mehrern ſchneiden fie
bloß die Kielbekleidung weg (159) und bringen da
auf eine kuͤnſtliche Art einen offnen Helm an. In
die Seitenwaͤnde graviren ſie Vorſtellungen, die mit
Schwarz eingelaſſen die Wirkung des ſchoͤnſten
Kup⸗
9
Perlenmutternautilus. 237
Kupferſtichs thun, wobey man nur bedauern muß,
daß kein Abdruck moͤglich iſt. C. Pelkin, ein Hol⸗
laͤnder, erwarb ſich in dieſer Gattung von Arbeit ei⸗
nen großen Ruf. Einer der praͤchtigſten Nautilen,
von der Hand dieſes Kuͤnſtlers gravirt, war noch vor
kurzem eine wahre Zierde des Cobresſchen Cabinetts.
Jenes fuͤr Augsburg ungluͤckliche Jahr 1800, das ſo
manches Eigenthum der Bewohner dieſer Stadt in
fremde Haͤnde brachte, verſetzte auch dieſen Nautilus
in das Cabinett des damaligen General⸗Lieutenants
Lecourbe. Die Indiauer machen aus dieſen Nau⸗
tilen ſchoͤne Trinkgeſchirre und niedliche Lampen, nur
muͤßen hiezu ſorgfaͤltig ſolche ausgeſucht werden, die
kein Meereichelbewohner angebohrt hat. In Cabi⸗
netten ſchwitzen ſie bey feuchtem Wetter ſo ſtark, daß
man ſie abwiſchen und au der Sonne trocknen muß,
wenn ſie nicht Schaden nehmen ſollen. |
Wenn wir jetzt unfre Leſer mit noch einigen
Mitgliedern dieſer Gattung bekannt machen wollen,
ſo koͤnnen wir ihnen keine ſo große Prachtſtuͤcke, wie
der vorige Nautilus war, mehr zeigen; nur ſolche,
die das Vergroͤßerungsglas im Meerſande entdeckt
hat, werden ſie kennen lernen. Aber in ſtummem
Erſtaunen verlieren muͤßen wir uns, wenn wir hoͤ⸗
Wuͤrmer II. Th. K k ren,
258 Perlenmutternautilus.
ren, daß ein Naturforſcher den Meerſand am adrla⸗
tiſchen Meere, den Tauſende gedankenlos durchwan⸗
dert hatten, einer mikroſkopiſchen Unterſuchung wuͤr⸗
digte, und in dem, was dem bloßen Auge nur Sand⸗
koͤrner zu ſeyn ſchienen, eine reiche Ausbeute an Con⸗
chylien fand. Treffliche Ammonshoͤrner, niedliche
Biſchoffsſtaͤbe u. d. fah fein geſchaͤrftes Auge, und
die Form ihrer Schalen, wie die Kammern im
Innern, ließen nicht zweifeln, daß man ſie zu
den Nautilen rechnen duͤrfe. Vergeſſen wir hie⸗
bey nicht, daß hier von Kammern in eines
Sandkorns großen Conchylien die Rede ſey; daß
dieſe eben die herrlichen, kunſtreichen Abtheilun⸗
gen, eben die nuͤtzliche Nervenroͤhre haben, wie
unſer großer Perlenmutternautilus; denken wir
uns hinzu, daß darin Thiere mit eben den treff⸗
lichen organiſchen Theilen leben, ſich bewegen
und naͤhren; wo waͤre der Unempfindliche, den
ein ſolcher Anblick nicht zur Anbethung der hoͤch⸗
ſten Weisheit und Guͤte hinreißen muͤßte. Faſt
von allen Gattungen findet man in dieſem Meer⸗
ſande. Wir geben hier nur ſolche, die mit un⸗
ſern Nautilen verwandt ſind, und zwar alle ſtark
vergroͤßert. Ihre natürliche Größe können ſich
unſre
Sporn Ammonshorn. 259
unſre Leſer als einen ſtarken Punct, einen Strich,
hoͤchſtens als eine Linſe denken. Wir ſehen zus
erſt den Sporn (N. Calcar 161). Alles ver⸗
raͤth an ihm einen Nautilus, der wahrſcheinlich
am Kiel einen Rand hatte, ihn aber durch die
Beize zum Hinwegſchaffen des ſchmutzigen Ue⸗
berzugs eingebuͤßt hat. Er hat keinen Nabel
und iſt fpiralfürmig gewunden. Man findet
ſolche auch genabelt und viel kleiner, fchön gelb
mit Puncten zwiſchen den Strichen bezeichnet.
Denn auch unter dieſen Zwerg⸗Conchylien iſt die
Mannigfaltigkeit unendlich. Sie dienen den
Meernuͤſſen und andern Conchylien zur Nahrung.
So durchſichtig iſt der Sporn, daß man außen
mit dem Mikroſkop ſeine Kammern zaͤhlen kann;
allein die eingerollten Windungen ſind ſo wenig als
bey dem Perlenmutternautilus außen angebracht.
Dieſe ſieht man dagegen ſehr deutlich bey den
Ammonshoͤrnern (N. Beccarii, Corne d’ Ammon,
Cornet de St. Hubert) und bey dem Poſthoͤrnchen
(N. Spirula, Cornet de Poſtillon), die gleichfalls
im Meerſande bey Livorno und Rimini, das ſonſt
hart am Meere lag, jetzt aber uͤber dreyzehnhun⸗
dert Schritte davon entfernt iſt, gefunden werden.
5 Kk 2 Doch
266 Poſthoͤrnchen.
Doch kennt man jetzt auch aus der Oſtſee na-
tuͤrliche Ammonshoͤrner, die merklich größer find
und 59 Kammern haben. Manche machen aus
ihnen und den Biſchoffsſtaͤben ein eignes Ge:
ſchlecht, und trennen ſie von den Nautilen. Be⸗
trachten wir unſer Ammonshorn (162), fo fins
den wir, daß die Windungen um ſich ſelbſt feſt
an einander liegen. Sie ſpielen trefflich perlen⸗
mutterartig mit Blau. Die Kammern ſind auch
außen wie mit Einſchnitten bezeichnet. Von
dieſer Art allein hat Plancus in 12 Loth Sand
6700 gefunden. Das Poſtboͤrnchen (163)
aber gleicht, wegen den etwas abſtehenden
Windungen, mehr einer offnen Uhrfeder. Man
findet es auch in oſtindiſchem Meerſande und
weit größer, zuweilen wie ein Zweygroſchen Stuͤck.
Das Innere 164 auch der kleinſten zeigt vierzig
Kammern mit der durchlaufenden Nervenroͤhre.
Die Scheidewaͤnde gleichen den ſchoͤnſten Hohl⸗
ſpiegeln und ein trefflicher Silberglanz iſt uͤber
alles verbreitet. Wenn aber bloß die aͤußerſte
Spitze eingerollt iſt, ohne daß weiter eine Win:
dung ſie beruͤhrt, wie das bey den unaͤchten
Biſchoffs ſtaͤben der Fall iſt, das übrige aber wie
in
Biſchoffsſtab. Rettigſchote. 201
in einen Stab ſich verlaͤngert, ſo heißt dieſe kleine
Conchylie nicht mehr Ammonshorn, ſondern Bi⸗
fchoffsftab (N. Orthoceras, Lituus 165).
Man kennt dieſen mehr aus Verſteinerungen, als
aus natuͤrlichen Exemplaren. Ueberhaupt iſt, ſo⸗
bald von Ammonshoͤrnern und ihnen aͤhnlichen
Conchylien die Rede iſt, die Ausbeute im Stein⸗
reich weit groͤßer als im Thierreiche. Sind ja
ſchon auf 300 Arten Ammoniten von der Groͤße
eines Nadelknopfs bis zu der eines Wagenrades
bekannt, ohne daß eine derſelben im natuͤrlichen
Zuſtande gefunden worden waͤre? Weiß doch
der Forſcher nicht, ob er bey ihrem Anblick ein
großes ganz untergegangenes Thiergeſchlecht, oder
was er ſonſt vermuthen ſoll? Und wie unendlich
viel mag da noch zu unterſuchen uͤbrig ſeyn. Doch
noch eine im Meerſande bey Rimini befindliche
kleine Conchylie wollen wir hinzufuͤgen, wiewohl
ſie auch zu den Seeroͤhren gerechnet werden koͤnnte.
Wir meinen die Rettigſchote (N. Raphanus),
die kaum mit bloßem Auge zu erkennen iſt. Wir
erblicken fie ſtark vergrößert von außen (166) und
von innen (167), wo ihre Kammern und die durch⸗
laufende Nervenroͤhre ſichtbar find,
| Ke 3 Tab.
. /
262 N.
Tab. XXV. XXVI.
Kegelſchnecke. Conus.
Die Menonitentutte ( 168, 160). Das
Herzhorn (170). Der Unvergleichliche Ads
miral (171). Der Oberadmiral (172).
Der Orange⸗Admiral (173). Das Haſel⸗
huhn (174). Der General (175).
Der gefleckte Tieger (176),
Faſt alles, was die Natur von Pracht der Farben
und Mannigfaltigkeit und Kunſt der Zeichnung
Vorzuͤgliches hat, finden wir in dem herrlichen Con⸗
choliengefchlecht der Kegelſchnecken oder Tuten ver⸗
einiget. Eine vollſtaͤndige Sammlung aller hierher
gehörigen Arten, deren man 71 kennt, iſt ein be⸗
zaubernder Anblick, und nicht ohne einen betraͤcht⸗
lichen Aufwand waͤre ſie zuſammen zu bringen, da
die Liebhaberey manches Stuͤck bis zu einem unge⸗
heuren Preiſe geſteigert hat.
Alle Kegelſchnecken (Cornets) ſind in eine
kegelfoͤrmige Figur zuſammen gerollt. Sie gleichen
bald mehr bald weniger den Papiertuten der Kramer.
Auf ihrer breiten Grundflaͤche laufen acht bis zehn
Windungen um eine glatte Spindel, fo daß fie ent=
A weder
1
.
*
Na 7 % 70 Wr
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8 2 ve * * * 7 1
Menonitentute. 263
weder auf einer ziemlich ebenen Flaͤche ſichtbar ſind,
oder ſich zu einer Pyramide erheben, die bey den
Einen höher, bey den Andern niedriger iſt. An der
langen und ſchmalen Muͤndung bemerkt man keinen
Zahn, und die aͤußere, oben und unten abgerundete
Lefze, hat eine ziemliche Schaͤrfe. Eine gelbbraune
ſchmutzige Oberhaut verbirgt das praͤchtige Staats⸗
kleid der Kegelſchnecken. Nimmt man dieſe hin⸗
weg, was durch Schleifen ſehr leicht geſchehen kann,
dann erſt kommt der ſchoͤnſte Spiegelglanz zum Vor⸗
ſchein, es erſcheinen die niedlichen Perlenſchnuren,
die Flecken und Reifen und die breiten Baͤnder, die,
indem ſie an die Admiralsflaggen erinnerten, meh⸗
rern dieſer Schnecken den Nahmen Admirale erwar:
ben. Doch wir gehen zu einigen der vorzuͤglichſten
Arten. 1
Da die Menoniten in Holland ein ſtilles, an⸗
ſpruchloſes Voͤlklein ſind, die ſich hoͤchſt beſcheiden
und ohne alle Pracht, aber doch ſehr reinlich und
geſchmackvoll kleiden; fo nannte man einige Kegel⸗
ſchnecken, von ungekuͤnſteltem aber reinlichen Aus⸗
ſehen, die man in africaniſchen Meeren gefunden
hatte, Menonitentuten (C. Virgo). Nur machte
man unter ihnen wieder einen Unterſchied, und hieß
as die
*
264 Herzhorn.
die ganz weiße mit blaulichem Ende (168) das
wachs licht (Cereola, le Bout de Chandelle, Cier-
ge, Cigne, Kerzchen), dagegen aber eine andre
wachsfarbige (169) die gelbe Menonitentute.
An dieſer ſehen wir mehrere Querbaͤnder. Die
Windungen ſind rothbraun gefleckt. Unten, ge⸗
gen das blaue Ende zu, laufen einige gekoͤrnte
Streifen. Schleift man den gelben Ueberzug ab,,
ſo kann man neue Farben und Zeichnungen fin⸗
den; ein Umſtand, der leicht verführen kann, die
Arten zu vervielfaͤltigen.
Obgleich das Herzhorn (C. Marmoreus, le
Tigre, Ring: Marmorhorn, Tieger 170) nichts we⸗
niger als ſelten iſt, fo bleibt es doch eine ſehr ſchoͤne
Kegelſchnecke. Die weißen, zum Theil herzfoͤrmi⸗
gen Flecken, auf ihönem braunen Grunde, thun
eine angenehme Wirkung, beſonders bey dem Mar⸗
morglanz dieſer Conchylie, die, wenn man ſie gegen
das Licht hält und von innen durchſieht, der ſchoͤn⸗
ſten Schildkröͤtenſchale gleicht. Die Einrollungen
am ziemlich flachen Boden ſind etwas zungenfdrmig
auögefchweift. An der Mündung ſieht man eine
etwas blaßrothe Farbe. Oſtindien liefert die vor⸗
zuͤglichſten Herzhoͤrner. Auch in Africa findet man
welche.
Unvergleichlichee Admiral. 265
welche. Man ißt den Bewohner fo wie auch den
Eyerſtock, der einem Klumpen verwirrter Zwirns⸗
faͤden gleichen ſoll. Mit großer Muͤhe und faſt ohne
alle Werkzeuge wiſſen die Indianer aus dieſer Con⸗
chylie ganz artige Ringe zu machen. Sie ſchleifen
am Kopfe der Schale fo lange, bis man die innern
Gewinde der Schale zu ſehen bekommt. Dann
ſchleifen oder ſaͤgen ſie das Hintertheil weg, bis ein
Ring daraus wird. Jede Schnecke gibt nur zwey
Ringe, die ſo glaͤnzend und weiß wie Elfenbein ſind,
weil die Flecken abgeſchliffen werden. Einige brin⸗
gen Zierrathen an, laſſen oben ein Stuͤck mit den
Flecken, als waͤre es ein ordentlich gefaßter Ring,
und verſchoͤnern ihn auch mit Gold.
Wir haben ſchon erinnert, daß die berühmten
Conchylien, die man Admirale nennt, zu den Kegel:
ſchnecken gehören. Sie zeichnen ſich durch die et⸗
was gekoͤrnte, rauhe Oberfläche ihres meiſt prächtig
ban dirten, birnfoͤrmigen Gehaͤuſes aus. Statt der
vlelen, die wir hier beſchreiben koͤnnten, ſchraͤnken
wir uns auf ein Paar der auserleſenſten ein, und
nennen zuerſt den Unvergleichlichen Admiral (C.
Ammiralis cedo nulli, la Vonpareille, la Reine
du midi 121). Zu einem unglaublichen Preiſe wurde
Wuͤrmer II. Th. gl dieſes
266 Oberadmiral.
dieſes Prachtſtuͤck ſchon bezahlt. Man weiß, daß
ein Liebhaber ſeinem erſten Beſitzer 4000 Gulden
dafuͤr gebothen habe. In der Auction nach ſeinem
Tode gieng dieſer Admiral fuͤr 965 Fl. weg, und kam
in Lyonets Cabinett, dem gar tauſend Carolins das
fuͤr gebothen worden ſeyn ſollen. Wo er jetzt iſt,
weiß man nicht, denn bey der Verſteigerung des
Lyonetſchen Nachlaſſes kam er nicht vor. Es iſt
wahr, ſolche ungeheure Preiſe, fuͤr eine Schnecke zu
bezahlen, ſcheint allerdings tadelnswuͤrdig; aber zu
laͤugnen iſt auch nicht, daß man kaum eine ſchoͤnere
Conchylie ſehen koͤnne, als unſern Admiral, für den
ſein lateiniſcher Nahme: ich weiche keinem, ſo ſtolz
er klingt, doch paſſend iſt. Denn der treffliche, bald
roͤthlich, bald blaulich ſpielende Goldgrund, die ers
habenen Perlenſchnuͤren und vie blätterfürmigen
Zeichnungen uͤbertreffen alles, womit man dieſe
Conchylie vergleichen möchte, Doch ſolche Aus nah⸗
men wuͤrden uns die Admirale nur wenig bekannt
machen. Denn wem wird wohl der Zufall ein ſol⸗
ches bisher noch einziges Stuͤck zufuͤhren? Wir ge⸗
ben ihm daher den zwar gemeinern, aber doch immer
noch ſeltnen und koſtbaren Oberadmiral (Archi-
thalaſſus ſummus, le grand Amira 172) zur
Geſell⸗
Orangeadmiral. 20867
Geſellſchaft. Die weißen, herzfoͤrmigen Flecken,
auf gelbbraunem Grunde, die hellgelben Querbinden,
die zarte Linien durchſchneiden, und das mit unend⸗
licher Feinheit geflochtne Netz über dem ſchneeweißen
Hintergrunde, ſo wie die feine Ordenskette, die uͤber
die breiteſte Binde geht, und die eigentlich den Ad⸗
miral zur Wuͤrde eines Oberadmirals erhebt, geben
dieſer oſtindiſchen Conchylie einen hohen Werth.
Dieſer richtet ſich vorzuͤglich nach der Größe, der
Reinheit und Sichtbarkeit der Netze und Perlen⸗
ſchnuͤren und der Vollſtaͤndigkeit der Spitze.
Eben ſo, ja faſt noch mehr geſchaͤtzt iſt der
| Orangeadmiral (C. Araufiacus, Amirald Oran-
ge 173). Auch ihn hat die in Oſtindien mit ihrem
Farbenreichthume ſo freygebige Natur herrlich aus⸗
geſtattet. Oranien⸗ auch Carmiurothe Baͤnder auf
weißem oder ſilberfarbigen Grunde, niedliche, weiß
und braun gewuͤrfelte Schnuren und granulirte Li⸗
nien wechſeln angenehm auf ſeiner Schale ab. Der
Preis eines vorzuͤglichen ſolchen Admirals ſoll immer
noch hundert und mehr Thaler ſeyn. |
Da das Haſelhuhn (C. Textile, le Drap dor
174) auch die Nahmen goldner Zeug, Goldtuch,
Goldnetz fuͤhrt, ſo kann man ſchon daraus einen
L 1 2 | praͤch⸗
268 Haſelhuhn. General.
‚prächtigen Anzug bey dieſer Conchylie vermuthen.
Trefflich ſchimmert der Goldglanz zwiſchen den
roth eingefaßten Schuͤppchen hervor, und wird durch
angenehme, rothbraune Schlangenlinien noch erhoͤhet.
Von der mannigfaltigſten Zeichnung findet man ſie,
der Form nach naͤhert ſie ſich den Walzen und Oli⸗
ven. Sie ſtammt aus Oſtindien her, ihr Fleiſch ſoll
aber giftig ſeyn. Einigen vorzuͤglich ſchoͤnen Haſel⸗
huͤhnern gab man den Nabmen: die Ehre des Mee⸗
res (Gloria maris). Und wirklich find fie von ſol⸗
cher Pracht, daß die treueſte Malerey oder Beſchrei⸗
bung nicht viel mehr, als ein Schattenriß heißen
kann. Denn ſolche Meiſterwerke der Natur muͤßen
ſelbſt geſehen werden.
Noch muͤßen wir unſern Leſern den Einwohner
dieſer trefflichen Gehaͤuſe bekannt machen. Indem wir
ihnen denſelben zeigen, lernen ſie zu gleicher Zeit noch
eins der ſchoͤnen Haͤuſer kennen, die ihm zur Wohnung
dienen. Wir meinen den General (C. Generalis,
la Flamboyante, das Spitzen⸗ oder Kloͤppelkiſſen,
weſtindiſcher Admiral 175). Die ſchmahle Form, die
ſpitzige Pyramide auf dem Wirbel und die Flammen
auf caffeebraunem Grunde zeichnen das Gehaͤuſe
aus. Doch wir haben es jetzt vorzuͤglich mit dem
Bewoh⸗
Gefleckter Tieger. 269
Bewohner zu thun. An ihm ſehen wir den ſchwaͤrz⸗
lichen Kopf mit zwey cylindriſchen, fleiſchfarbigen
Fuͤhlſtangen, mit den Augen in der Mitte, und zwi⸗
ſcheu denen ſich ein Maul wie eine Saugwarze bes
findet. Hinter dem Halſe ragt ein Theil des Man⸗
tels, wie eine geſpaltne Zunge, empor, die einen
rothen Saum und innen eine Art von Stacheln hat.
Aus der langen Oeffnung tritt der ſtark gefaltete
und gefurchte Fuß, von ſchmutziger Fleiſchfarbe,
heraus. An ſeinem Ende, gegen die Pyramide zu
ſehen wir den Deckel dieſer Conchylie, der aus einer
hornartigen Platte beſteht, die zwar bey weitem
nicht die ganze Muͤndung verſchließt, aber vielleicht
dazu dient, daß der Bewohner ſich nicht zu weit hin⸗
einziehen konne; eine Vermuthung, die freylich
nicht ganz Genuͤge thut. Dieß iſt nun das Thier,
| auf deſſen Wohnhaus die Natur fo große Kunſt und
Mannigfaltigkeit verwendet hat. Auch ins Innre
(176) einer Kegelſchnecke, und zwar des gefleckten
Tiegers (C. Striatus, Ecorche), den freylich
mehrere fuͤr eine Walze oder Volute anſehen, muͤ⸗
Ben wir unſre Leſer noch blicken laſſen, um die
Kammern und die glatte Spindel zu ſehen. So
hart und dick die aͤußere Schale und Windung iſt,
L213 ſo
270 Paorkcelanſchnecken.
ſo fein und zart, beynahe wie Marienglas, ſind da⸗
gegen die Innern. Daher kann man auch, wenn
ſie nicht ganz bis zur Haͤlfte durchſchliffen ſind,
die zweyte und dritte Windung durchſcheinen ſehen.
— mn — ͤ— — un.
—— — — —
Tab. XXVII.
Porcellanſchnecke. Cyprea.
Der Baſtardharlekin (177), Der große
Schlangenkopf (178). Die Tiegerporcel⸗
lane (179. 180). Der Argus (18 1). Die
Muſchelmuͤnze (182. 183). es
Man mag auf die Mannigfaltigkeit der Zeichnun⸗
gen, oder auf den Glanz der Farben, oder auf das
blendend ſchoͤne Weiß der farbenloſen Theile ſehen;
fo führen die Porcellanſchnecken ihren Nahmen mit
Recht; obgleich wir wohl wiſſen, daß man ihn auch
aus andern Gruͤnden herleite. Auch dieſe Schne⸗
cken wurden um ihrer Schönheit willen der Venus
gewidmet. Sie kommen nicht wie andre mit einem
ſchmutzigen Ueberzug aus dem Meere; nein, ihr
glaͤnzendes Farbenkleid wird durch den Mantel des
Bewohners, in den er ſic ſammt ſeinem Gehaͤuſe
wickeln
TERRA,
NN
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NÜUHNNIN
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1 4 7 1
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19 0
„
Ä Porcellanſchnecken. 271
wickeln kann, ſo gut beſchuͤtzt, daß bey ihnen jener
Oberrock nicht noͤthig war, und ſie alſo in ihrer
vollen Schönheit in unſre Hände kommen. Ihre
halb eyformige, glatte Schale iſt oben gewoͤlbt, uns
ten flach und auf beyden Seiten ſtumpf. Am hin⸗
tern Ende ſieht man ſchwache Spuren der Einrol⸗
lung; bey einigen aber eine bloße Vertiefung, die man
einen Nabel nennt. Die ſchmale Oeffnung, die nach
der Laͤnge hinlauft, iſt auf beyden Seiten gezaͤhnt,
und dadurch vorzuͤglich unterſcheidet ſich dieſe Gat⸗
tung von den Blaſenſchnecken, denen ſie uͤbrigens
ſehr nahe kommt. Auf der Woͤlbung, die zuweilen
glatt, zuweilen gekoͤrnt und gefurcht, zuweilen auch
ein wenig eingedruͤckt iſt, befinden ſich die ſich gegen
den Bauch zu verlierenden trefflichen Zeichnungen,
die fchönen Augen und die ſonderbaren Charaktere,
die Sterne, Flammen u. d. m. womit die Natur,
dieſe Freundinn der Mannigfaltigkeit, dieſe Conchy⸗
lien ſchmuͤckte. Aber ſehr zart iſt die aͤußerſte Schicht
jener Schalen, ſo daß dieſer Schmuck leicht ver⸗
loren geht. Dann kommen ganz andre Farben
zum Vorſchein, ſo daß es betruͤgeriſchen Conchylien⸗
haͤndlern ein Leichtes iſt, die bis jetzt bekannten 114
Arten mit einer Menge vorgeblich neuer zu berei⸗
? chern.
272 Porcellanſchnecken.
chern. Man kann ſich nicht genug in Acht neh⸗
men, um nicht hintergangen zu werden, und muß
ſich durchaus nur an die feſten Theile, den Bau,
die Zaͤhne u. d. halten.
Was die Behauptung betrifft, daß die Bewoh⸗
ner der Porcellanſchnecken alle Jahre ihre alten
Wohnungen verlaſſen und neue bauen, fo iſt fie hoͤchſt
unwahrſcheinlich. Denn nicht zu gedenken der Seh⸗
nen und Baͤnder, die ſie feſthalten, welch ein Saft⸗
aufwand wuͤrde nicht bey einer großen erforderlich
ſeyn, um alle Jahre eine Schale zu Stande zu
bringen. |
Sonſt glaubte man, die Chinefer brauchten diefe
Schnecken zu ihrem Porcellan. In den Parthieen
ihrer Gaͤrten, die kuͤnſtliche Wuͤſteneyen, ungefaͤhr
wie die Einſiedeleyen unfrer engliſchen Gärten, vor:
ſtellen ſollen, hängen fie Porcellanſchnecken an den
Baͤumen ſo auf, daß der durchſtreichende Wind das
Ziſchen der Schlangen oder das Heulen des Sturms
nachahmt, und fo die grauſenvolle Taͤuſchung dieſer
Oerter vermehrt. In Perſien traͤgt jeder Schulmei⸗
ſter und Schreiber eine ſolche Schnecke zum Glaͤtten
des Papieres bey ſich, auch vertritt ſie in Oſtindien
die Stelle eines Plaͤtteiſens. Im Tempel der Venus
| re
Baſtardharlekin. 273
zu Gnid ſoll die Porcellanſchnecke ein Gegenſtand der
Öffentlichen Verehrung geweſen ſeyn. Dankbarkeit,
daß einſt eine ungeheure Menge ſolcher Schnecken
das Schiff aufhielt, auf dem 600 Juͤnglinge der
erſten Familien ſich befanden, an denen ein grauſa⸗
mer Befehl Perianders vollzogen werden ſollte, ſoll
dazu Veranlaſſung gegeben haben. Zu Galanterie⸗
waaren, zumal Doſen, wußte man dieſe Schnecken
artig zu benuͤtzen. Sonſt machte man Schluͤſſel⸗
hacken und Eßlöffel aus ihnen, auch waren ſie in
Apotheken ſehr geachtet. Man trug ſie fuͤr mau⸗
cherley Uebel am Halſe. Die Neger fuͤhren einige
Arten als Geld. Auch dienen ſie zum Putz der
Wilden, die ſie bald um den Hals, bald in der Naſe,
bald in den Ohren tragen. Die Canadier wechſeln
zur Beſtaͤtigung ihrer Verträge Halsbaͤnder von Dies
ſen Schnecken, ſo wie wir Ringe zu wechſeln pflegen.
Der Bewohner dieſer Gattung iſt bey allen Are
ten derſelbe. Wir ſehen ihn, wenn wir den Baſtard⸗
Harlekin (C. Arabica, la fauſſe Arlequine, Buchs
ſtabenporcellane 177) betrachten. Sein Kopf iſt
cylindriſch. An der untern Seite befindet ſich das ei⸗
ner Ritze gleichende Maul. Seitwaͤrts ſtehen die Fuͤh—
ler mit den Augen, in denen das Vergroͤßerungsglas
Wuͤrmer II. Th. M m deut⸗
274 Baſtardharlekin.
deutlich einen Augapfel mit einer ſchwarzen Iris fand.
Vom Mantel haben wir ſchon geſagt, daß ihn das
Thier ſo um ſein Gehaͤuſe wickeln koͤnne, daß er auf
dem Ruͤcken zuſammen ſchließt, und man es ſo fuͤr
ein Schleimthier anſehen koͤnnte. Zwar ſehen wir hier
den Mantel nicht ſo ausgebreitet, wodurch die Schale
unkenntlich wuͤrde: wohl aber bemerken wir etwas von
der ſonderbaren Einrichtung, daß ſich der Theil des⸗
ſelben, der auf den Hals zu liegen kommt, in einen
Canal zuſammenfaltet. Der die Schale an Laͤnge
uͤbertreffende Fuß, der vorn einer ſtumpfen, hinten
einer ſpitzigen Zunge gleicht, hat eine Menge Fur⸗
chen und Falten, die ihm im Gehen forthelfen. Der
ganze Koͤrper iſt ſchwarzgrau; die Fuͤhler ſind dunk⸗ N
ler. Zum Eſſen bekommt dieſes Thier nicht gut, nur
noͤthigt zuweilen der Hunger die Indianer dazu;
immer aber muͤßen ſie es durch ihr Uebelbefinden
theuer genug bezahlen, wenn ſie ihrer Erfahrung,
daß alle glatte Conchylien ungenießbar, die rauhen,
ſtachligen aber, eßbar und geſund ſeyen, zuwider
handeln. Schwer iſts den Bewohner aus ſeinem
Gehaͤuſe zu bringen, und doch darf man ihn, wenn
dieſes nicht feine Schönheit verlieren ſoll, durchaus
nicht langſam darin ſterben laſſen. Am beſten iſts,
| die
Schlangenkopf. 275
die Schnecke in heißem Waſſer plotzlich zu toͤdten,
alsdann das Thier, ſo gut man kann, mit einem
Hacken herausziehen, und an einem ſchattigen
Orte das Uebrige den Ameiſen Preis geben, die die
Schale vollkommen rein machen. Doch auch dieſe
muͤßen wir noch beſchreiben. Ihre größte Zierde be⸗
ſteht in der Zeichnung. Eine Menge kurzer Linien
laufen ſo verwirrt durch einander, daß man ſie mit
nichts anderm als mit arabiſchen und chineſiſchen
Buchſtaben zu vergleichen wußte. Andre ſehen
ſie fuͤr Noten an, und nannten die Schnecke
Muſikhorn. Dunklere Querbaͤnder laufen uͤber den
Ruͤcken. Die wulſtigen Saͤume ſind mit ſchwarz⸗
braunen, blauſchattirten Flecken beſprengt. Die
ſcharfen Zaͤhne an der Muͤndung ſind braun, die in⸗
nern Wände amethyſtblau. Aus Oſtindien kommt
dieſe Conchylie, der die Landkartenporcellane ziem⸗
lich aͤhnlich ſieht.
Mehrere dieſer Gattung fuͤhren den Nahmen
Schlangenköpfe. Wir zeigen unſern Leſern den gro⸗
ßen Schlangenkopf (C. Mauritiana, la Porce-
laine atöte de Serpent 178). Man findet fie von
der Größe einer Nuß bis zur Größe eines halben
Straußeneyes. Die Schale iſt dunkelbraun auf
8 Mm 2 : dem
276 Tiegerporcellane.
dem Ruͤcken und weiß oder blaß gelb gefleckt. Ihre in⸗
nere Flaͤche iſt weiß mit einem Violettſchiller. Durch
mehr oder weniger Schleifen kann man mit dieſer
Schnecke mehrere ſcheinbare Varietaͤten hervor⸗
bringen. | |
Von vorzuͤglicher Schönheit und Größe iſt die
Tiegerporcellane (C. Tigris, la Peau de Tigre,
gemeines Klipphorn, Waſſertropfen), die wir von
oben (179) und von unten (180) vor uns ſehen.
Schwarze Tropfen auf gelbem Grunde, die am Ruͤ⸗
cken zum Theil zuſammengefloſſen ſind, und bey
vorzuͤglichen Exemplaren eine hellere, zuweilen blaus
liche Einfaſſung haben, zeichnen dieſe Conchylie aus.
Ueber den Ruͤcken lauft eine dunkle Linie. Nach
dem Bauche zu wird die Grundfarbe heller, ja ge⸗
gen die Muͤndung hin ſchneeweiß. Hier ſieht man
zuweilen eine blauliche Spielung. Es iſt uͤberhaupt
unmöglich, die Farbenſpielungen der Porcellanſchne⸗
cken mit dem Pinſel nachzuahmen. Beſonders ha⸗
ben die duͤnuſchaligern, die man, wiewohl noch uner⸗
wieſen, für Weibchen halt, einen groͤßern Farben⸗
reichthum. Vielleicht ſind das bloß juͤngere Gehaͤuſe,
deren Colorit noch mehr in einander fließt, und des
ren Zeichnung noch nicht beſtaͤndig iſt. Wenigſtens
ſind
Argus. Muſchelmuͤnze. 277
ſind bey den duͤnnſchaligen die Raͤnder, Lippen
und Zähne nicht ganz fe. In Ambolna, Java
und Madagascar findet man dieſe reizenden
Schnecken. |
Und doch macht ihnen der Argus (C. Argus,
le grand Argus 181) noch den Vorzug ſtreitig.
Sein Aufenthalt in der Tiefe erſchwert ſeinen Fang,
und die Zartheit und Zerbrechlichkeit des aͤußerſten
Ueberzugs vermehrt den Werth eines ganz reinen
und tadelloſen Exemplares. Auf den lang geſtreck⸗
ten Gehäufen bemerkt man drey Binden, die ſich
gegen die Seiten hin verlieren. Eine Menge dunk⸗
ler Ringe erinnern an den hundertaugigen Argus.
Man hat ſchon ein Exemplar geſehen, bey dem die
Ringe trefflich Fettenformig in einander hiengen.
Unten gegen die braunen Zähne zu, ſtehen auf bey⸗
den Seiten ſchwarzbraune Flecken. Man erhaͤlt
dieſe ſchone Porcellane aus Indien und Africa.
Eine Menge trefflicher Porcellanſchnecken mis
ßen wir uͤbergehen. Nur fuͤhren wir noch eine an,
die zwar nicht durch ihre Geſtalt ſich auszeichnet,
aber doch ſonſt von unſern Leſern gekannt zu werden
verdient. Wir meinen die muſchelmuͤnze (C.
Moneta, le Cauris des Maldives, Monnoie de
f M m 3 Gui-
278 | Mufeiming.
Guinbe, die Cauris, Guineiſche, Mohriſche Minze ),
deren wir eine gelbe (182) und eine blaue (183) vor
uns ſehen. Dieſe, wie auch die weiße Cauris, vers
treten in Bengalen und andern Orten wo es eben
nicht an Metallen fehlt, die Stelle des Geldes.
Man hohlt ſie in großen Schiffsladungen von den
Maldiviſchen Inſuln, und wuchert damit in Benga⸗
len, wo man ſie als einen anſehnlichen Schatz in
Vorrathshaͤuſern aufbewahrt. Hie und da werden
ſie in Gold gefaßt und Edelſteinen gleich geſchaͤtzt.
In Congo kennt man kein andres Geld. Eine aus
Oſtindien nach Europa zuruͤckkehrende Flotte fuͤhrte
elnmal 200000 Pfund ſolcher Muſcheln bey ſich,
die ſie zuvor auf der Kuͤſte von Guinea verhandelte.
Weiber geben ſich mit dem Sammeln ab, und oft
treibt ſie die Gewinnſucht tief ins Waſſer. Durch
die unregelmaͤßigen Hoͤcker an den Seiten ſehen
dieſe Muſcheln einem Bruſtharniſch etwas aͤhnlich,
und haben auch davon den Nahmen bekommen.
Die am Ruͤcken hochgelben ſind die ſeltenſten. Ein
hellerer Saum umgibt denſelben. An der blauen iſt
der Ruͤcken bis auf das durchſcheinende Violett
der innern Wände durchgerieben. Das übrige iſt
weiß. BEN,
Um
P
Blaſenſchnecke. 279
Um boch auch das Innere der Porcellanſchne⸗
cken kennen zu lernen, zeigen wir unſern Leſern den
Baſtardharlekin durchſchnitten (184). Die weiße
Spindel iſt etwas gebogen. Man kann fuͤnf Win⸗
dungen zählen, die im Junerſten theils braun, theils
blaulich, theils marmorirt ſind. Mehr nach den |
Lippen zu hat dieſe Muſchel die ſchoͤne, oben ges
dachte Amethyſtfarbe. —
2
- 9
Tab. XXVII. XXVIII.
Blaſenſchnecke. Bulla.
Das Huͤhnerey (185). Das bunte Kiebitzey
(186). Die Prinzenflagge (182). Der
Woeberſpuhl (188).
| Man kann ſich leicht vorſtellen, daß die Blaſen⸗
ſchnecken etwas Blaſenfoͤrmiges haben moͤgen. Sehr
freygebig war man gegen ſie mit Nahmen, und oft
nannte man die ganze Gattung Kiebitzeyer, Meer:
nuͤſſe, Blutigel u. ſ. w. obgleich dieſe Benennungen
nur einzelnen Arten zukommen. Je nachdem man
ſie einfaͤrbig oder bunt, bandirt oder marmorirt,
n oder laͤnglich fand, je nachdem ſchuf man auch
ihre
280 Hühnerey.
ihre Nahmen. Von ihren Windungen traͤgt ihr |
Aeußeres wenig Spuren. Sie find bald an der eis
nen, bald an der andern Seite wie eine Papiertute
zuſammengerollt, und ſo weit aufgeſperrt bey einigen
die Muͤndung iſt, ſo eng und nur einer Ritze aͤhnlich
iſt ſie bey andern. Zuweilen bildet ſie Einſchnitte,
die an beyden Seiten uͤber den Bauch hervorragen,
und auch von oben ſichtbar ſind. Man findet unter
den Blaſenſchnecken ſehr kleine, z. B. die Meernaͤgel
(Sormet) und die Theeloͤffel, die freylich von den voll⸗
kommnern eyfoͤrmigen, die ſich den Porcellanſchnecken
naͤhern, ſich ſehr unterſcheiden. Jene ſind nur we⸗
nig eingerollt, da hingegen die vollkommnern meh⸗
rere Windungen, aber keine eigentliche Spindel ha⸗
ben. Man kennt funfzig Arten. Ihr Bewohner
iſt eine Schnecke mit Fuͤhlern. Als ein ganz beſon⸗
deres Thier wird der Bewohner des oben erwaͤhnten
Theeloͤffels beſchrieben. An ihm fand ein Beob⸗
achter drey ſonderbare Knoͤchelchen, die dieſem von
der Schale nicht ganz bedeckten Geſchoͤpf zum Schutz,
vielleicht aber auch zum Zermalmen der kleinen Am⸗
monshdͤrner dienen, die es als Speiſe zu ſich nimmt.
Zerſchneidet man es, ſo werden die Finger ſehr
blutig, daher es Blutigel heißt.
Nie⸗
ln
Huͤhnerey. 281
Niemand wird dem Huͤhnerey (B Ovum
liinseeum, l’Oeuf de Poule 185) dieſen Nahmen
verſagen, man muͤßte denn, um feiner Größe willen,
e lieber Gansey nennen. Schneeweiß, wie ein
Spiegel glaͤnzend, iſt ſeine bauchige Schale außen;
innen aber dunkelgelb, auch violett, das zwiſchen
der halbmondförmigen Oeffnung hervorſieht. Viele
Querfalten machen die umgelegte Lefze rauh. Der
Bewohner iſt kohlſchwarz, und löst ſich in eine Dinte
auf. Nachtheilige Folgen begleiten ſeinen Genuß.
Das Vaterland dieſer Conchylie iſt Indien. Hier
wiſſen die Eingebornen ihre Schilde mit Stüden dies
ſer Muſchel fo zu belegen, daß ſie wie glafirt ſcheinen,
und bey der rothgelben Einfaſſung derſelben eine an
genehme Wirkung machen. Die Alphoreſen ſchaͤtzen
dieſe Schalen ſehr hoch; nur der darf ſie als Hals⸗
ſchmuck tragen, der einigen Feinden den Kopf ab:
geriſſen hat. Dieß kann uns nur ſo lange laͤcherlich
vorkommen „ als wir vergeſſen, daß manche
„Ordenszeichen eine nicht weniger blutige Bedeu—
tung haben, und daß zwiſchen der Conchylie am
Halſe des Alphoreſen, und einem Gnadenpfennig
am Rode der Beſtuͤrmer von Praga und Iſmail
der Unterſchied eben ſo unbedeutend ſey, als ob
Wuͤrmer II. Th. Nn man
=
282 Buntes Kiebitzey. Prinzenflagge.
man ein ſolches Sede am Halſe oder im Knopf⸗
loche traͤgt. i
Obgleich einige fuͤr gut fanden, alle Blaſen⸗
ſchnecken Kiebigeyer zu nennen, ſo legen doch
andre derjenigen, die wir bey 186 vor uns ſe⸗
hen, den Nahmen buntes Kiebigey (B. Am-
pulla, ' OCenf de Panneau) ausſchließend bey.
Ihre ſehr bauchige Schale iſt ſo eingerollt, daß
man von den fuͤnf Windungen keine Spur ſieht.
Anſtatt eines Wirbels bemerkt man ein deutli⸗
ches Nabelloch. Die Muͤndung iſt etwas laͤnger
als die Schale, und oben weiter ausgedehnt als
unten. Die Eine Lippe hat eine ſchneidende
Schaͤrfe, die andre aber iſt ganz gegen den
Bauch zuruͤckgeſchlagen. Man findet das Kie⸗
bitzey von allen moͤglichen Farben und Zeichnun⸗
gen in Oſt⸗ und Weſtindien. So angenehm und 4
bunt fein Kleid iſt, fo wird man doch ohne Ber
denken einer andern Blaſenſchnecke, der Prin⸗
zenflagge (B. Phyſis, le Pauillon du Prince,
Seefahne 187) gern den Vorzug einraͤumen.
Sie iſt niedlich bald wie mit Draht umwunden,
bald wie mit breiten Baͤndren geziert. Auf die
angenehmſte Art wechſeln die ü N
Far⸗
—
*
— San mer
Weberſpuhl. 283
Farben, gelb, braunroth, violett, roſenroth, ſchwarz
und braun mit einander ab. Sehr weit iſt ihr
Mund und flach der Nabel. Oſtindien liefert
dieſe ſchoͤne, aber aͤußerſt zerbrechliche Blaſen⸗
ſchnecke. ö f
Noch feltner aber als fie findet man in Ca⸗
binetten, einen recht ſchoͤnen und vollſtaͤndigen
Weberfpubl (B. Volva, la Navette de Tiſſe-
rand 188), deſſen Nahme nicht uͤbel paßt. Ja⸗
maica liefert ihn. Er zeichnet ſich durch die
langen mit einem Canal verſehnen Enden der bau⸗
chigen Schale und den feinen Saum der aͤußern
Lippe aus. Man haͤlt ſchon die kleinen, eines
Fingersgliedes großen Weberſpuhle von braͤun⸗
licher Farbe fuͤr Zierden eines Cabinetts; allein
Herr von Cobres beſitzt einen der groͤßten und
ſchoͤnſten, die man bis jetzt kennt, und von einer
Weiße und einem Glanze, daß er mit dem Huͤh⸗
nerey wetteifern kann. Inzwiſchen iſt dem, der
einen beſitzt, die groͤßte Vorſicht zu empfehlen, um
die Spitzen nicht zu verletzen. Wie der Bewohner
im ſtuͤrmiſchen Meere ſeinen zarten Bau vor Be⸗
ſchaͤdigung verwahre, iſt ein Geheimniß.
Nn 2 | Tab.
284 099%
| Tab. XXVIII.
Walzenſchnecke. Voluta.
Das Midasohr (189). Die Mohrinn 1 90).
Das Prinzenbegraͤbniß (191). Die türkis
ſche Lagerwalze (192). Der Boͤttchersboh⸗
rer (193). Die Papſtkrone (194). Die
Biſchoffsmuͤtze (195). Die Notenſchnecke
(196). Das brütende Taͤubchen (197).
Der Olivenkern (198). Das Glim⸗
merchen (199).
Von cylindriſcher, walzenfoͤrmiger Geſtalt find
die Walzenſchnecken. Das erſte Gewinde iſt fo.
breit, daß es bey weitem den groͤßten Theil der
Schale aus macht. Die uͤbrigen vier bis ſechs lau⸗
fen in engen Kreifen um einander, und bilden eine
bald kuͤrzere, bald laͤngere Spitze. Die Spindel
hat Falten. Da man ſie ihrer verſchiednen Form
nach mit Wellen, Schlaͤuchen, Bohrern, Datteln,
Rollen, Oliven u. d. verglich, fo bildete man daraus
eigne Familien, ja aus den Oliven ſogar eine fuͤr
ſich beſtehende Gattung. Um ihres praͤchtigen
lanzes willen nannte man fie auch Achat= und
ann Bereits 144 Arten, worunter ſich
f aͤußerſt
Midasohr. 285
aͤußerſt vortreffliche befinden, kennt man, und unfre
Leſer moͤgen ſelbſt urtheilen, wie ſchwer es uns werde,
aus der Menge die Wenigen auszuwaͤhlen, auf die
wir uns einſchraͤnken muͤßen. Auch tragen dieſe
niedlichen Kinder der Nane, ſelbſt wenn ſie von
Einer Art ſind, oft einen ſo aͤußerſt verſchiednen
Anzug, daß man ganze Blaͤtter mit den reizendſten
Varietaͤten anfuͤllen konnte. Denn die Mannigfals
tigkeit) mit der der Pinſel der unerſchoͤpflichen Na⸗
tur fie getiegert, marmorirt und gezeichnet hat,
geht ins Unendliche. Der Bewohner gleicht dem
der Porcellanſchnecken. Er ſoll kuͤhn und grauſam
ſeyn. Weit größere Conchylien, als er ſelbſt iſt,
fällt er an, und ruht nicht eher, bis er fie ausgeſo⸗
gen hat, wenn ihm auch der entſchloſſenſte Wider⸗
ſtand geleiſtet wird.
Man kann das Midasohr (V. Auris Mid,
# Oreillede Midas, Schlickrolle, Schlammrolle 189)
fuͤr eine Schlammſchnecke erklaͤren, wenigſtens hat
man fie noch meiſtens in den moraſtigen Sagınväls
dern und in ſumpfigen Fluͤſſen gefunden. Die zus
geſpitzte Bauart dieſer Conchylie, die an ein Eſelohr
erinnert, gab Veranlaſſung, fie nach jenem Phrygi⸗
ſchen Könige zu benennen, dem feine Albernheit eine
Nn 3 dau⸗
286 Mohrinn.
danerndere Unſterblichkeit in der Geſchichte verſchaffte,
als viele durch Weisheit und Verdienſte nicht fanden.
Die ziemlich ſchwere und dicke Schale iſt etwas wal⸗
zenfoͤrmig, und hat eine große nach der Länge ges
ſtreifte Windung, und fuͤnf bis ſieben kleinere gegit⸗
terte. Eine kaſtanienbraune Oberhaut bedeckt die
ſchoͤne, fleiſchfarbig ſpielende Perlenmutter dieſer
Conchylie. Ihre Muͤndung iſt laͤnglich, ſchmahl
und zugeſpitzt, und auch in ihr wollten einiße den
Grund der Benennung dieſer Conchylie finden.
Ihre aͤußere Lefze hat einen dicken, fleiſchfarbigen
Saum, der aber in einem Bogen herumlauft, dann
zwey Falten oder Zaͤhne bildet, und von da bis zur
Muͤndungsſpitze als ein ſchwieliger Rand herab⸗
geht. 0 |
Warum die Mohrinn (V. Oliva, la Veuve,
la Moresque, Trauermantel 190) dieſen Nahmen
fuͤhre, daruͤber wird ihr duͤſterer, ſchwarzbrauner An⸗
zug nicht lange im Zweifel laſſen. Das Weiße ih⸗
rer innern Seiten und der gezaͤhnte Muͤndungſaum
vermehren die Aehnlichkeit mit einer Mohrinn, wenn
ſie naͤhmlich den Mund offnet. Selbſt das mehr oder
weniger Dunkle ihrer Farbe, hat einen Unterſchied
eingeführt, die Einen Mohrinnen, die andern Nege⸗
rinnen
Prinzenbegraͤbniß. Lagerwalze. 287
rinnen zu nennen. Eine vollkommne Walze bildet
dieſe Conchylie, deren ganze Laͤnge die erſte Windung
einnimmt, indeß die übrigen nur eine gefurchte
Flaͤche mit einem blauen Knoͤpfchen in der Mitte
vorſtellen. Sie kommt aus Indien.
Sehr geſucht iſt das Prinzenbegraͤbniß (V.
Sepultura principis, les funerailles du Prince, le
Drap mortuaire 191). Auf gelblichem Grunde bes
finden ſich zwey bis drey ſchwarze, ſeltner rothbraune
unterbrochne Bande und Flecken, zum Theil wie
kleine Pyramiden zugeſpitzt. Die Einbildungskraft
ſah in ihnen einen Leichenzug. Sehr fein ſind die
Windungen. Die milchweiße Farbe der innern
Waͤnde iſt auch an den Lippen und am Saum der
Muͤndung ſichtbar. Auch mit gelben Reifen auf
ganz dunkelm Grunde mit noch dunklern Wellen⸗
Zeichnungen wird dieſe Conchylie gefunden.
Man kann die tuͤrkiſche Lagerwalze (V.
Caftra Turcica, le Champ turc, Achatrolle 192) für
die Zierde ihres Geſchlechts erklaͤren, beſonders, da
fie auch in Abſicht auf ihre Große von mehr als vier⸗
tehalb Zoll, wie man ſie ſchon gefunden hat, eine
ausgezeichnete Stelle verdient. Auf ihrem pfirſich⸗
bluͤthfarbigen, mit Blau vermiſchten Grunde, ſieht
' | man
288 Boͤttchersbohrer. Papſtkrone.
man zeltenfoͤrmige Zeichnungen, oder eigentlich wink⸗
lige rothbraune Figuren. Himmelblau iſt die Ein⸗
faſſung der Lippen und die Flaͤche der kleinen Win⸗
dungen, deren Graͤnzlinien braun bezeichnet ſind.
Portobellodattel und Panamarolle heißt dieſe ſchoͤne
Walze nach ihrem Vaterlande.
Kein armer Fuͤndling kann ſo von Familie zu
Familie herumgeworfen werden, als der Böttchergs
bohrer (V. (Bulla) Terebellum, Aiguille d
Coudre, Strohhalm 193) von Gattung zu Gattung.
Mehrere nahmen ihn auf und ſtießen ihn wieder aus.
Jetzt wird er wohl unter den Walzen bleiben, wohin
ihn feine lange Mündung und Form verweiſen. Die
ſpiegelglatte, weiße, mit blaßgelben ſchiefen Linien
bezeichnete Schale iſt ſehr leicht, ja ſie muß es auch
ſeyn, weil ihr Bewohner wie ein Pfeil aus dem
Waſſer ſpringt, daher ſein Nahme Springhoͤrnchen,
Pfeilſchuecke kommt. Man kennt auch einen ſchoͤnen
violetten Bdttchers bohrer. a
Ein Paar ſchoͤne Conchylien ſind die Papſtkro⸗
ne (V. Mitra Papalis, la Thiare Fapale 194) und
die Biſchoffsmuͤtze (V. Mitra Epiſcopallis, la
‚Thiare Epifcopale, Straußfeder 195), die freylich
von einigen zu den Kinkhoͤrnern, von andern zu den
Straub⸗
Bifchoffsmüge, Notenſchnecke. 289
Straubſchnecken gerechnet werden. Sie unterſchei⸗
den ſich ſo auffallend von einander, daß man kaum
seinfieht, wie mau fie für einerley Art halten konnte.
Zwar haben beyde eine muͤtzen⸗ oder thurmaͤhnliche
Geſtalt, und viele Flecken auf dem ſchoͤnſten weißen
Grunde; aber die erſtere beſitzt an ihren zahlreichen
Windungen Zacken, da ſie hingegen bey der andern |
ganz glatt find; jene hat eine gezahnte, dieſe eine
einfache Lippe; jene fünf, dieſe vier Falten an der
Spindel, jene iſt ſchwerer und dunkler gefleckt, dieſe
leichter mit hellern Flecken. Ja es ließe ſich die Ver⸗
gleichung noch in manchen Stuͤcken fortſetzen, wenn
nicht das Angefuͤhrte ſie ſchon hinreichend unter⸗
ſchiede. Ju Beyden lebt ein giftiger Bewohner, in
deſſen Maul ein ſpitziges Beinchen, wie ein Dorn
liegt, womit er toͤdtlich verwunden ſoll. Auf Kohlen
gebraten eſſen ihn aber doch arme Leute ohne Scha⸗
den. Dieſe beyden Walzenſchnecken kommen aus
Oſtindien, und werden ziemlich hochgeſchaͤtzt. Die
Papſtkrone iſt wie billig noch ſeltner, als die Bis
ſchoffsmuͤtze.
Einen ziemlichen Ruf hat die sindeilen einer
andern Gattung zugeſchriebne Notenſchnecke (V.
Muſica, Ia Muſique, le Plein-chant 196), obgleich
Wuͤrmer Il. Th. O o ſie
290 Brüuͤtendes Taͤubchen. Olivenkern.
ſie eben nicht gar ſelten iſt. In ihrer Bezeichnung
ſah man eine Aehnlichkeit mit muſikaliſchen Noten
und ihren Linien, und es gibt Exemplare, wo ſie
bis zur Taͤuſchung aͤhnlich ſind. Je nachdem nun
dieſe auf gelblich aſchgrauem, rothbraun geſprenkten
Grunde ſtehenden Noten ordentlicher oder unordent⸗
licher ausſehen, je nachdem nannte man dieſe Con⸗
chylie die Muſikwelle, oder die wilde Bauernmuſik.
Ihre Farbenmiſchung iſt faſt unbeſchreiblich. Sie
hat oben an den Windungen bald ſcharfe, bald
ſtumpfe Knoten. An ihrer Spindel befinden ſich
acht Falten. Ihre Lippe u dick und glatt, ihre
Heimath America.
Eine Menge kleiner Walzenſchnecken faßte man
nach gewiſſen Aehnlichkeiten in eigne Familien zu⸗
ſammen. Von jeder wollen wir Einer nur mit we⸗
nigen Worten gedenken. So wurden einige bruͤtende
Taͤubchen (Columbula incubitans , Pigeonneauæ
couvants) genannt, weil ſie ihre äußere Lefze wie einen
Fluͤgel haͤngen laſſen. Bey 197 ſehen wir ein ſolches
bruͤtendes Taͤubchen (V. Mercatoria, le Staron),
das man bald in einem einfachern, bald buntern Auf⸗
zuge findet. Andre nannte man Olivenkerne (V.
Nucleus Olivæ, le Noyau d’ Olive), wegen der Aehn⸗
| lichkeit
Glimmerchen. 29 1
lichkeit mit ihnen, wie wir bey 198 bemerken; und
wieder eine andre Familie erhielt den Nahmen glim⸗
mende Kohlen (Mica, Glimmerchen), zu denen
das Glimmerchen mit ſchwarzen Banden (V.
Mica monofaſciata, le BER Nouleau blanc 8505
199) gehoͤrt.
So wenig alle die Walzenſchnecken, die wir bis
jetzt kennen lernten, von außerordentlicher Groͤße
angetroffen werden, ſo wuͤrden wir uns doch ſehr
irren, wenn wir vermuthen wollten, die ganze Gat⸗
tung ſey auf eine mittelmaͤßige Groͤße eingeſchraͤnkt.
Es gibt unter ihr wirklich Rieſen, die eben daher in
gewiſſen Gegenden ſehr nuͤtzlich werden. So wird
z. B. der Topf (V. Olla) auf zwey Fuß lang
gefunden, und zu Waſſereimern und Kuͤchengeſchir⸗
ren gebraucht; aus ſeinen innern Gewinden macht
man Loͤffel. Dieß gilt auch von dem Jacobakrug
(V. Cymbium, Kahnſchnecke), der gleichfalls zu
Schoͤpfgefaͤßen gebraucht wird. Oft ſchleudern ihn
Brandungen an der Kuͤſte von Weſtafrica mit fols
cher Gewalt gegen einen Felſen, daß er den Kopf,
die Windungsſpitze, zerſchellt. Aber eine gluͤck⸗
liche Reproductionskraft heilt den Schaden bald
wieder. | | |
O o 2 Daß
292 Trompetenſchnecken.
Daß auch in den Walzenſchnecken zuweilen ſich
Perlen bilden, beweist jene ungewoͤhnlich große
Perle, die einer einſt in einer Tsjankoſchnecke (V.
Pyrum, Opferhorn) anzutreffen ſo gluͤcklich war.
Ob ſie gleich bey Ceylon gefunden worden, ſo hatte
ſie doch nicht die Sahdeden der a
Perlen. f
Tab. XXIX.
Trompetenſchnecke. Buecinum.
Die knotige Schellenſchnecke (200). Die
Davidsharfe (201). Das Wellenhorn
(202). Das Steinchen (203). Der gluͤ⸗
hende Ofen (204). Die Bezoarſchnecke
(205). Das große Tiegerbein (206. 207).
Der Weitmund (208).
| Unter den Schnecken ſind mehrere, die, wenn man
ihre Spitze abbricht, als blaſende Inſtrumente ge⸗
braucht werden koͤnnen, und auf manchen Antiken
findet man Flußgötter, die ihrer ſich als Trompes
ten bedienen. Daher mag auch diefer Gattung der
Kap W re zu Theil geworden ſeyn.
Aber
INN S
„Trompetenfehnecke. | 293
Ader eben fo häufig nennt man fie Kinkhörner. Dies
fer Nahme, der von den Hollaͤndern zuerſt ihnen
beygelegt wurde, iſt das verſtuͤmmelte Wort Kling⸗
horn. Wenn Kinder damit ſpielten und den ſau⸗
ſenden Laut hörten, den fie, wie viele andre Schne⸗
cken, nahe ans Ohr gehalten, von ſich geben, ſo
nannten ſie dieſelbe ſtatt Klinghoͤrner, Kinkhoͤrner,
weil ihnen das L aus zuſprechen zu ſchwer wurde.
Andre nannten ſie, wenigſtens zum Theil, Sturm⸗
hauben, Helmſchnecken, Harfen, Tonnenſchnecken.
Der Charakter dieſer aus 172 Arten beſtehenden Gat⸗
tung, iſt eine einfach gewundne, an der erſten Win⸗
dung ungemein bauchige Schale. Die bey den mei⸗
ſten eyrunde Oeffnung hat eine rinnenartige Spalte.
Ein duͤnner, knorpeliger, halbmondfoͤrmiger Deckel
verſchließt ſie nicht ganz. An der Spindel befinden
ſich keine Falten. Bey dieſem Conchyliengeſchlecht
hat man Maͤnnchen und Weibchen gefunden. Die
letztern haben ein ſtaͤrkeres, knotigeres Gehaͤnſe, viel⸗
leicht darum, weil ihnen die kuͤnftigen Geſchlechter
anvertraut ſind, und alſo an ihrer Sicherheit mehr
gelegen iſt. Der Bewohner dieſer zum Theil treff⸗
lichen Conchylien, iſt eine Schnecke mit kegelfoͤrmi⸗
gen Sählern, an deren Wurzel nach der Außern Seite
Oo 3 zu,
204 Schelenſchnecke.
zu, ſich die Augen befinden. Eine X. Rande aus⸗
gezackte Haut dient ihm als Mautel. Er kann ei⸗
nen Theil des ſelben wie eine Röhre zuſammenbiegen.
Der Fuß iſt ein ſtarker Muskel voller Furchen. Er
ſtreckt ihn oft weit uͤber den Kopf hervor.
Doch unſre Leſer ſollen dieſes Thier ſelbſt ſehen,
indem wir ihnen die knotige Schellenſchnecke (B.
Echinophorum, le Casque d tubercules alliends,
geknobbeltes Bellhorn, Oehlhorn 200) ſamt ihrem
ſchwarzgrauen, eßbaren Bewohner zeigen. An ihm
ſehen wir die ziemlich dicken Fuͤhlſtangen, und die
nicht allzukleinen Augen. Das unten liegende Maul
iſt hier nicht ſichtbar; aus ihm kann er eine Art von
mit Zaͤhnen beſetzten Ruͤſſel hervorſtrecken, womit er
die Schalwuͤrmer ausſaugt. Auch das ſonderbare
Inſtrument, wozu dieſe Schnecke ihren Mantel ma⸗
chen kann, und das in gebogner Richtung hart am
Auge hinlauft, werden wir bemerken. Eigentlich
faltet ſie einen Theil ihres Mantels wie eine Roͤhre
und bedient ſich ihrer zum Athemhohlen und zur
Ausleerung. Die Furchen des ziemlich großen Fu⸗
ßes, der bey einigen Schnecken dieſer Gattung ge⸗
foalten iſt, fallen deutlich in die uugen. Das Ges
haͤuſe fiellt einen bauchigen Helm mit ſieben hervor⸗
i 910 ragen⸗
Davidsharfe. 2085
ragenden Gewinden vor. Die knotigen Bande, die
Abwechslung von hell und dunkelbraun, und die
mannigfaltigen Streifen und Linien geben dieſer
Conchylie ein ganz angenehmes Ausſehen. Die um⸗
geſchlagnen Lippen ſind ſchneeweiß. Am Ausgange
der Muͤndung bildet die Schale eine hoch aufge⸗
worfne, ſchiefe Naſe. Man findet dieſe Schelien-
ſchnecke auf viertehalb Zoll breit. Im adriatiſchen
und mittellaͤndiſchen Meere iſt fie Häufig, und den
Kuͤſtenbewohnern um ihres wohlſchmeckenden Flei⸗
ſches willen ſehr willkommen.
Nicht uͤbel vergleicht man manche Trompeten⸗
ſchnecken mit Harfen. Das Treffende dieſer Ver⸗
gleichung ſehen wir an der Davids harfe (B. Har-
pa, la Harpe 201), einer der ſchoͤnſten, wiewohl
nicht ſeltnen Conchylien. Alle Harfen zeichnen ſich
aus: durch eine bauchige Form, eine weite Mündung;
einen kurzen Zopf, der durch die ſechs kleinern Wins
dungen gebildet wird, und die erhoͤhten Rippen, die
von der Naſe aus nach den Windungen hinlaufen,
und an ihrem Fuße eine Zackenkrone bilden, aus de⸗
ren Spitze man, um des Gleichniſſes willen, Har⸗
fenfaiten machte. Die unſrige hat ziemlich breite
Rippen. Sie ſind ſo mannigfaltig bandirt und
| | gefledt,
200 Wellenhorn.
gefleckt, daß man ſie mit den gemalten Kirchenfen⸗
ſtern verglichen hat. Noch bunter ſind die glatten
Zwiſchenraͤume, voll niedlicher Flecken und Wellen.
Dunkelbraune Wuͤrfel vermehren die Mannigfaltig⸗
keit. An der Muͤndung bemerkt man auf Einer Seite
eine dunkelbraune gefleckte Lefze, und auf der Andern
eine Menge Schwielen und Kerben. Dieſe Conchy⸗
lie kommt in Oſtindien mit aller ihrer Pracht ſo⸗
gleich aus dem Meere ohne Ueberzug. Doch gibt
es noch ſchoͤnere und buntere von dieſer Art. Ihr
Fleiſch iſt ungenießbar. Zuweilen ſoll der Bewohner
harte Auswuͤchſe bekommen, die er abwirft.
Zu den gemeinſten Trompetenſchnecken gehoͤrt
das Wellenhorn (B. Undatum, le Buccin du Nord
202), das beſonders im aͤußerſten Norden ſehr häufig,
und von beträchtlicher Größe und Dicke gefunden
wird. Ueber ſeine ſieben bis acht bauchigen Windun⸗
gen laufen eine Menge Laͤngs⸗ und Querftreifens
Sehr mannigfaltig ift der Anzug der Wellenhoͤrner,
oft aber auch nur gemeines Braun, innen aber im⸗
mer vom ſchoͤnſten Glanze. Die blauen darf man
nicht fuͤr eigne Arten, ſondern nur für folche anfehen,
deren Schale durch Liegen in einem blaulichen Thon⸗
grunde etwas von dieſer Farbe angenommen hat.
| Auf
Steinchen. 297
Auf der Außenſeite nehmen oft ganze Colonien See⸗
eicheln, und in dem Innern die bekannte Krebs⸗
art, die man Einſiedler nennt, ihre Wohnung,
letzterer, um ſeinem nackten Schwanze ein ſicheres
Obdach zu verſchaffen. Dann muß ſich der arme
Bewohner bis in die hinterſten Stockwerke zuruͤckzie⸗
hen, wo ihn der enge Raum und Gram und Nah⸗
rungsmangel bald aufreiben. Das Fleiſch der Wel⸗
lenhoͤrner wird nicht gegeſſen, ob es gleich ſchmack⸗
haft ſeyn ſoll. Ihre Eyer findet man zu mehrern
Tauſenden traubenfbrmig an einander hangen. Es
ſind lauter erbſengroße, membrandſe Kugeln, in de⸗
ren jeder mehrere Jungen zugleich liegen. Ihr
Wachsthum ſprengt die Membrane ſo, daß ſie eine
Fallthuͤre bildet.
Mehrere Schnecken dieſer Gattung verglich man
mit Fiſchreuſen. Wir ſehen bey 203 eine derſelben,
die das Steinchen (B. Lapillus, je Sadot) heißt.
Die ſpitzige, eyrunde Schale, dieſer in verſchiednen
Geſtalten vorhandnen Conchylie iſt geſtreift und
wie mit Schuͤppchen beſetzt. Der Bewohner gibt,
wie mehrere Schalwuͤrmer, die an den Islaͤndiſchen
und Ferroiſchen Eylanden gefunden werden, einen
ſchoͤnen Purpur. Durch Zufall wurde dem Naturfore
"Würmer II. Th. p p ſcher
298 Gluͤhender Ofen. |
ſcher Stroͤm bekannt, daß die nordifchen Bauern⸗
maͤdchen die Gewohnheit haͤtten, ihr Leinenzeug mit
der Farbe gewiſſer Schnecken zu bezeichnen. Jetzt |
fpürte er denſelben, ihrer Lebensart, Fortpflanzung
u. ſ. w. ſorgfaͤltig nach, und ſah ſeinen Fleiß durch
die fchönften Entdeckungen belohnt. Vorzuͤglich fand
er in der Zunge einen Gegenſtand der hoͤchſten Be⸗
wunderung. Denn ſie gleicht der feinſten Kette einer
Uhr, und rollt ſich, wie dieſe um das Federbehaͤltniß,
in verſchiednen Kreiſen. Mit ihrer ſcharfen Spitze
dringt ſie in die faſt unſichtbaren Fugen der Meer⸗
eicheln, und ſaugt ihre Bewohner bis auf den letzten
Tropfen aus. Der koſtbare Purpurſaft befindet ſich
in drey Behaͤltniſſen, die ganz verſchiedne Feuchtig⸗
keiten, eine lichtbraune, eine gelbe und eine ſchwarze,
oder eigentlich ſchwarzgruͤne enthalten, die alle drey
eine Purpurfarbe, jedoch von verſchiedner Staͤrke,
geben. Erſt die Strahlen der Sonne verwandeln
das, was damit beſtrichen wird, in einen trefflichen
Purpur, der jeder Lauge widerſteht und ſchlechter⸗
dings unausloſchlich iſt.
Wirklich die Roͤthe der Gluth hat der gluͤhende
Ofen (B. Rufum, le Tourban rouge 204), wenn
man in ſein Inneres ſieht. Ueberhaupt empfieng
N dieſe
Bezoarſchnecke. 200
dieſe Conchylie von der Natur eine praͤchtige Aus⸗
ſteuer. Ihre gleichſam mit Perlenſchnuren umgeb⸗
nen Ringe, ihre blutrothe Naſe, ihr breiter Saum,
ihre ſcharf gezahnten Lippen und die ſchoͤne Miſchung
von Roth, Blau und Weiß, thun nebſt den Knoten⸗
reihen und dem ſchimmernden, gluͤhenden Roth der
ſchmalen Munddffnung, das ſich flammend uͤber die
Lippen verbreitet, eine ſchone Wirkung. Im Alter,
wo fo manches Geſchoͤpf feine Schönheit verliert,
verbleicht dieſes ſchone Roth, was auch der Fall iſt,
wenn man das Thier nicht ſogleich aus der Schale
herausnimmt, ſondern darin ſterben läßt. Die Zus
dianer braten es in ſeiner Schale, und ſchlagen dann
dieſe entzwey, um jenes zu ſpeiſen. Sie wiſſen nied-
liche Armringe aus ihr zu verfertigen. Gern moͤchte
man wiſſen, was die vielen Zähne, womit dieſe und
andre Conchylien bald an den Lippen, bald im In⸗
nern an den Windungen verſehen ſind, fuͤr eine Ab⸗
ſicht haben. Gibt es doch ein Achatſpitzhorn (B.
Achatinum), das einen tiefen reichgezahnten Nabel
hat. Vielleicht dient dieſer dem Bewohner zum
Schutze, vielleicht als ein Fangnetz.
Vier ſcharfe Zacken an dem vordern Rande der
außem Lefze werden an der Bezoaͤrſchnecke (B.
Pp 2 Glau-
j
300 Tiegerbein.
U
Glaucum, le Casque Bezoard 205) den Blicken
unſrer Leſer nicht entgehen. Ihre Farbe iſt ziemlich
gemeines Grau, doch kommen, wenn man ſie polirt,
was bey ihrer uͤbrigen Glaͤtte leicht iſt, mattgelbe
Querbaͤnder und achatartige Spielungen zum Vor⸗
ſchein. Ihre Kugelform und graue Farbe, vielleicht
auch ihr nach Schnittlauch riechendes Fleiſch, deſſen |
Genuß einen Schweiß von ähnlichem Geruche aus⸗
treiben ſoll, wie man das auch von den Bezoarkugeln
ſagt, mögen zu dieſem Rahmen Veranlaſſung gege⸗
ben haben. Der ſcharfe Rand der erſten und
größten Windung iſt rings herum mit Knoten
beſetzt. 100 en
Warum dem großen Tiegerbein (B. Macu-
latum, le Clou 206) die Beynahmen Pfrieme, Sees
nadel, Schuſternadel gegeben worden, das läßt ſich
ohne Anſtrengung errathen. Nur moͤchten Frauen⸗
zimmer gegen die Benennung Stricknadel, nicht
ungegruͤndete Einwendungen machen, da dieſe
Schnecke nicht nur oft weit groͤßer als eine Spanne,
ſondern auch ſehr ſchwer iſt. Faſt ganz flach laufen
die 10—14 Windungen thurmaͤhnlich, oder wie eine
ſchraubenfoͤrmige Saͤule, in eine Spitze aus. Eine
— Doppelreihe von dunkeln, bald braunen, bald Purs
purfar⸗
Weitmund. 301
purfarbigen Flecken auf knochengelbem , auch weiß⸗
lichem Grunde laͤuft von unten bis oben. Die Muͤn⸗
dung iſt laͤnglich; die aͤußere ſcharf und ſchneidend,
die innere wie ein Blatt umgelegt. Das ungenieß⸗
bare Fleiſch des Bewohners ſoll gleichfalls das gif⸗
tige Beinchen haben, das man mehrern zuschreibt.
Wahre Bewunderung verdient das Skelet (207) die⸗
fer Conchylie, wie ſchoͤn und ſchraubenfoͤrmig die
Windungen hinlaufen. Dieſer Anblick wird uns
noch intereſſanter ſeyn, wenn wir an die ungeheure
Mühe und Vorſicht gedenken, die das Ausfeilen eis
ner Schale von ſo außerordentlicher Dicke und einer
Haͤrte, wie Stahl und Stein, erfordert. Weit leich⸗
ter iſts freylich ſie abzuſchleifen, daß man ſie im
Profil ſieht. Um aber doch unſern Leſern auch eine
Trompetenſchnecke im Durchſchnitt zu geben, zeigen
wir ihnen den weitmund (B. Vittatum, le Rafel
208), bey dem die ſchneeweiße Spindel auf dem
trefflichen Hintergrunde eine ſehr ſchoͤne N
thut.
Unter den Trompetenſchnecken findet man man⸗
che links gewundne. So beſitzt das Kaiſerliche Ca⸗
binett in Wien eine hoͤchſt ſeltne von vorzuͤglichet
Schönheit, zu dem es zufallig kam. Ein Naturalien⸗
Pp3 Blade
302 + Flügelſchnecken.
haͤndler both Kaiſer Franz I. eine Menge Schnecken |
in einem hohen Preiſe zum Kaufe an. Der Kaiſer
bewilligt die Summe, und zeigt nach geſchloßnem
Handel die linksgewundne, die ſein Kennerauge ſo⸗
gleich wahrgenommen hatte, mit den Worten: bloß
darum haͤtte er die Schnecken gekauft. Jetzt reute es
den Verkaͤufer, er gab vor, ſie ſey nur aus Verſehen
darunter gekommen, und forderte mehr, bis dem
unverſchaͤmten Menſchen, wie blllig, die Thuͤre ge⸗
wieſen wurde.
— — —
>
=
Tab. XXX.
Fluͤgelſchnecke. Strombus.
Die Sternfpindel (209). Die Teufels
klaue (210). Der Kiekfroſch (211). Das
Eſelsohr (212). Das Ka⸗
| meel (213).
Die wie ein Fluͤgel verlaͤngerte Lippe gab den Fluͤ⸗
gelſchnecken ihren Nahmen. An der linken Seite
lauft ſie in einen Canal aus, und einige haben rings
herum Zacken oder Zackenfoörmige Lappen. Dieſe
finden ſich aber erſt mit den Jahren der Reife ein.
Bey
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XIX
Sternſpindel. 303
Bey den Juͤngern ſieht man ſtatt ihrer, bloße
Stuͤmpfchen, die in der Beurtheilung gewiſſer Arten
leicht irre fuͤhren koͤnnen. Man hat Exemplare von
einer und derſelben Fluͤgelſchnecke, an denen man
das ſtufenweis fortſchreitende Wachsthum wahrneh⸗
men kann. Auch Straubſchnecken nennt man dieſe
Gattung. Mehrere unter ihnen haben einen thurm⸗
aͤhnlichen, ſpindelfoͤrmigen Bau. Man kennt ihrer
52 Arten, unter denen viele von vorzuͤglicher Schoͤn⸗
heit und Merkwuͤrdigkeit ſind.
Indem wir unſern Leſern die treffliche ee
ſpindel (S. Fuſus, la Vis etoilée, Zahnſpindel,
Dornnadel, Schwertſiſch 209) bekannt machen, fo
ſtellen wir ſie ihnen auf eine Art abgebildet vor, daß ih⸗
nen der nie genug zu bewundernde innre Bau ins Auge
faͤllt, ohne daß deßwegen das auszeichnende Aeußere
dieſer ſchoͤnen Conchylie verloren gienge. Denn von
dieſem | hen wir die thurmaͤhnlich hinaufſteigenden
Gewinde, die artig ausgezackte Lippe, die man mit
einem ſtrahlenden Stern vergleicht, und den langen
rinnenartigen Schnabel der Naſe. Die aͤußere Be⸗
kleidung iſt gelb. Im Innern gewaͤhrt nicht nur die
herrliche Abtheilung in Stockwerke, ſondern auch das
blendende Weiß der erſten Kammern, das nach oben
zu
304 Teufelsklaue.
zu in das glaͤnzendſte Violett übergeht, einen fehr
ſchoͤnen Anblick. Ehemals war dieſe Sternſpindel,
die im rothen Meere wohnt, ſehr ſelten. Aber kaum
hatte Forskal einem Fiſcher bey der Stadt Loheya, im
gluͤcklichen Arabien, fuͤr das Stuͤck einen Thaler ver⸗
ſprochen, als er ihm zu ſeinem Vergnuͤgen zwey Koͤrbe
voll brachte. Da aber nun auch andre, die von dem
Preiſe gehoͤrt hatten, ihm ganze Saͤcke voll brachten,
ſo mußte er ſich alle Sternſpindeln verbitten, weil er
genug hatte, um ein Paar Kiſten nach dem Norden
zu ſenden. |
Bey mehrern Fluͤgelſchnecken laufen die Lippen
in ſo ſonderbar gekruͤmmte Hacken aus, daß man ſie
Bothshacken, ſechsfuͤßige Krabben, Teufelsklauen,
Podagra: und Chiragraſchnecken nannte. Wir ſehen
dieß bey der eigentlichen Teufelsklaue (S. Chira-
gra, P_Araignde male, Griffe de diable 210), Der
Ruͤcken iſt hoͤckerig und knotenvoll. Die ſechs ſtark
gekruͤmmten Klauen haben bey den noch juͤngern
hohle Rinnen; bey den Altern verräth nur eine Spalte
die ehemalige Hoͤhlung. An den beyden oberſten in
unſrer Abbildung ſieht man einen gemeinſchaftlichen
Canal, obgleich dieſer nach vorn zu ſchon ganz ge⸗
ſchloſſen iſt. Da ſich gewiſſe Theile und Fortſaͤtze
| des
Kaeckfroſch. 234005
des Bewohners durch dieſe Rinnen hin erſtrecken, ſo
kann das allmaͤhliche Verſchließen derſelben ſein Alter
und ſeinen herannahenden natuͤrlichen Tod bedeuten.
Bedauren muß man, daß dieſes Thier, das doch ſo
häufig in Banda gegeſſen wird, noch keinen genauen
Beobachter gefunden hat. Weißlich, auch grau mit
braunen Schlangenlinien iſt die Hauptfarbe der Teu⸗
felsklaue. An der Muͤndung glaͤnzt eine liebliche Ro⸗
ſenfarbe. Hier bemerkt man viele Querfalten und
Zaͤhne. Die oben ſchmahle Muͤudung erweitert ſich
nach der Mitte zu. Sie verſchließt ein Deckel, der
bey dieſer und bey andern Arten ſonſt zu mediciniſchem
Gebrauche als Rauchwerk in Apotheken verkauft
wurde, und die Raͤucherklaue (Unguis odoratus,
Blatta byzantina) hieß. h
Eben das ruͤhmt man auch von dem Deckel des
Kickfroſches (S. Lengitinoſus, la Grenoulle 211),
den ein ſchoͤn marmorirtes Oberkleid mit braunen
Flecken „die ihm den Nahmen Sommerſproſſer er-
warben, auszeichnet. Hiezu kommen noch die regel—
maͤßigen Knoten und Furchen an den Windungen der
ziemlich dicken und ſchweren Schale. Am Fluͤgel, der
bey jungen Exemplaren duͤnn und durchſichtig iſt,
befinden ſich oben und unten zwey Einkerbungen.
Würmer II. Th. Q q Die
Die Mündung iſt roth, zuweilen ſchwaͤrzlich violett,
Im letztern Falle find ſie theurer und geſuchter. Man
hat ſie uͤber drey Zoll lang, was freylich gegen die
Rieſenfluͤgelſchnecke, mit trefflicher rother Muͤndung,
die auf zehn Zoll lang wird, in keinen Betracht kommt.
Die letztere dient den Wilden als Tutu, d. h. als bla⸗
ſendes Inſtrument, um die Stunden der Arbeit anzu⸗
kuͤnden, oder auch um Feuerlaͤrm zu machen. Man
ſchleift dann bloß die Spitze ab. In allen Welt⸗
theilen, Europa ausgenommen, wird der Kickfroſch
gefunden.
Lag bey dem Eſelsohr (A. Dianæ, POreille
d' Ane 212) die Form zum Grunde der Benennung,
ſo erhielt es hingegen von einer ganz andern Eigen⸗
ſchaft den Nahmen Kampfhahn, Fechter. Denn wenn
man dieſe Schnecke mit andern in ein Geſaͤß thut, ſo
greift fie dieſe mit einem ſchwertförmigen Beinchen,
das ſie hervorſtreckt, an, und geht ihnen tapfer zu
Leibe. Wer ſich in dem ſpitzigen Fluͤgelfortſatz ei⸗
nen Zeigefinger denken will, der wird bald errathen,
warum das Eſelsohr auch der Weiſer heißt. Artig
marmorirt iſt die Schale. An ihrem ſcharfen Rande
find die Windungen gleichfamgefürnt. Schraͤg aufs
waͤrts ſteht die von An der Mündung fieht man
eine
—
Kameel. 307
eine blutrothe Farbe. Man ißt dieſe Schnecke in
Oſtindien, riecht aber uͤbel darnach.
Mehrere Fluͤgelſchnecken fuͤhren den Nahmen
Kameele, wegen ihrer Hoͤcker; aber keiner ge⸗
buͤhrt er mit groͤßerm Rechte, als dem trefflichen
Kameel (S. Camelus, le Chameau 213), das
man fuͤr eine ſiebenzackige Krabbenſchnecke halten
doͤnnte, wenn nicht manches andre es auszeichnete.
Seine Größe, von faſt zehn Zoll, fein ſchoͤner,
brauner und gelber Anzug, der große Buckel, die
zum Theil aufwärts gekruͤmmten, geſpaltuen Za⸗
cken, u. d. m. machen ſeinen Anblick immer merk⸗
wuͤrdig genug. Warum aber die Zacken eine ſo
verſchiedne Richtung haben, wozu fie, wie der Hoͤ⸗
cker, dem Bewohner dienen, warum dieſe Con⸗
chylie einen Zacken mehr als andre haben muͤße,
wovon ihr Bewohner fich naͤhre, wie er ſich verthei⸗
dige, das und fo manches andre ift uns noch im⸗
mer verborgen. Vielleicht, daß uns die Bruͤder⸗
gemeinen auf den Nicobariſchen Eylanden daruͤber
mit der Zeit noch Auskunft geben werden, da ja
die Entdeckung dieſer Conchylie ihr Werk iſt. Denn
auch dadurch, daß man zur nähern Kenntniß der
Werke der Gottheit beyträgt, macht man ſich um
wahre Religion verdient.
Qq 2 Tab.
38 A
Tab. XXXI. XXXII.
Stachelſchnecke. Murex.
Der Spinnenkopf (214). Der Schnepfen⸗
kopf (215). Die Herculeskeule (216). Die
lappige Purpurſchnecke (217). Die apfel⸗
foͤrmige Purpurſchnecke (218). Der baby⸗
loniſche Thurm (210). Der Entenfchnabel:
(220). Das alte Weib (221 a). Die
Tobackspfeife (2215).
Sahen wir ſchon bey den Fluͤgelſchnecken die man⸗
nigfaltigen Aus wuͤchſe, Knoten und Krallen mit Be⸗
wunderung, ſo werden uns die Stachelſchnecken noch
mehr Stoff zum Erſtaunen geben. Ein betraͤchtli⸗
cher Theil der 171 bis jetzt bekannten Arten hat eine
Menge ſcharfer Spitzen, die ihnen ihren lateiniſchen
Nahmen Fußangeln erworben haben. Allein vielen
fehlen dieſe gaͤnzlich, ſo daß der Nahme Stachel⸗
ſchnecken nicht auf ſie paßt, und daß man ſie lieber
fuͤr Mitglieder andrer Gattungen halten moͤchte.
Daher war man gendthigt, dieſe Gattung in mehrere
Familien zu theilen, und ihnen eigne Nahmen zu
geben. So nannte man die mit langen Schnaͤbeln,
Schnepfenſchnaͤbel; die mit geblaͤtterten Aus wuͤch⸗
fen,
Spinnenkopf. 2309
ſen, Purpurſchnecken; die mit runden, knotigen
Warzen, Warzenſchnecken, u. ſ. w. Bey den meiſten
iſt die Oberflaͤche von den vielen haͤutigen Naͤhten
ganz rauh anzufuͤhlen, und die Muͤndung lauft in
einen ziemlich langen Canal aus. Die Bewohner
gleichen ſich nicht bey allen. Bey einigen hat man
ſonderbare Eyerſaͤcke an der Mutter haͤngend gefun⸗
den. An einer Schnur haͤngen auf dreyßig Huͤllen,
in deren jeder zehn bis zwoͤlf Junge ſind.
Niemand wird wohl dem Spinnenkopf (M.
Tribulus, la Grande Becaſſe epineuſe, l. Araignte
214) den Nahmen einer Stachelſchnecke verſagen, und
wenn man auch nur ſchwer errathen kann, warum man
dieſe Conchylie das boͤſe Weib nannte, ſo ſind ihre
Benennungen Diſtelkopf, Stachelſchwein, Kamm,
um deſto begreiflicher. Eigentlich iſt unſer abgebil⸗
deter Spinnenkopf ein doppelter, der nicht bloß, wie
einige wollten, aͤlter, als der ſogenannte einfache,
ſondern eine eigne Art iſt, die mehr dann noch ſo viel
Stacheln als jener hat, deren man uͤber 40 zaͤhlt.
Die braungelbe Schale iſt quer geſtreift und etwas
knotig. Sie endigt ſich in ſechs etwas bauchige
Windungen, die die Form eines aufgeſetzten Krei⸗
ſels haben. Auf der andern Seite lauft ſie in einen
| 29 3 lan⸗
310 Schnepfenkopf.
langen hohlen Schnabel aus. Die runde Muͤndung
hat auf einer Seite eine gekerbte, auf der andern
eine uͤbergeſchlagne Lefze. Die Stacheln ſtehen ei⸗
gentlich in verſchiednen Richtungen, doppelt auch
dreyfach auf drey über den Körper ſenkrecht laufen⸗
den Wulſten. Da fie leicht abbrechen, und ohne
Schaden aͤußerſt ſchwer zu transportiren ſind, ſo
kann man denken, welch eine Seltenheit ein ganz
unverſehrter, doppelter Spinnenkopf in einem Cabi⸗
nette jey. Ja Gerſaint hat es geradezu für unmöglich |
ausgeben wollen; ein Vorgeben, welches das treff—
liche Exemplar, womit das Cobresſche Cabinett durch
eine geiſtvolle Dame in Gegenwart des Verfaſſers
bereichert wurde, hinlaͤnglich widerlegt. Die vorzuͤg⸗
lichſten einfachen Spinnenkoͤpfe kommen aus Oflins
dien, die doppelten aus China. Im Meerbuſen von
Amboina ſind ſie ſehr haͤufig und gerathen oft den
Fiſchern in ihre Netze, die dadurch nicht wenig leiden.
Treffend genug iſt der Nahme des Schnepfen⸗
Fopfs (M. Hauſtellum, ja Tote de Becaſſe, Stors
chenſchnabel, Schoͤpferchen 215). Sein runder Koͤr⸗
per, mit einem angenehm Hell und Dunkelbraun ab⸗
wechſelnden Ueberzug hat keine Stacheln, ſondern nur
drey ſenkrechte Saͤume und Knotenreihen, die ihn
etwas
\ —
Herculeskeule. 311
etwas dreyeckig machen. Ueber den Schnabel lau⸗
fen mehrere erhabne Streifen. Die ſich naͤhernden,
ziemlich gleichen Lefzen bilden eine runde, roſenrothe
Muͤndung. Oſtindien iſt die Heimath dieſer artigen
Conchylie. Der ovale Muͤndungsdeckel wird zu
Rauchwerk gebraucht. Man findet dieſe Deckel von
der Groͤße eines Groſchen bis zu der eines Thalers.
Sie verrathen durch die etwas erhabnen Ringe, die
allmaͤhliche Vergroͤßerung, die der Bewohner bey
der Erweiterung ſeines Wohnhauſes, und alſo auch
der Oeffnung desſelben, an dem Deckel, der ſie ver⸗
ſchließen ſollte, gleichfalls anzubringen genöthiget
war. Die etwas heraustretende Ecke dieſes Deckels,
ließ an eine Klaue denken, daher ſein Nahme Raͤu⸗
cherklaue (Ongle odorant).
Einige Stachelſchnecken nannte man Hercules⸗
keulen. Sie ſind theils mit langen, hohlen Stacheln,
theils mit kurzen, knotigen Zacken beſetzt. Von die⸗
ſer letztern Art ſehen unſre Leſer bey 216 eine vorzuͤg⸗
lich ſchone Herculeskeule (M. Brandaris, Ia Ma/-
Sue de Hercule, Nagelſchnecke, dorniger Schnepfen⸗
kopf) ſammt ihrem ſeltſamen Bewohner. VBetrach⸗
ten wir dieſen zuerſt, ſo finden wir ein roͤthliches Vor⸗
dertheil, an dem ſich die etwas gebognen Fuͤhler, an
deren
312 Purpurſchnecke.
deren Wurzel die ſchwarzen Augen ſtehen, befinden.
Das eyfoͤrmige Maul liegt unten, und nach der Seite
hingerichtet iſt der Canal, den der Mantel bildet.
Der Fuß dieſes Thieres hat faſt die Form vom Hin⸗
tertheile eines Kaͤfers. Auf ihm befindet ſich eine
laͤngliche hornartige Platte, die als Deckel die Muͤn⸗
dung verſchließt, wenn ſich das Thier in ſein Gehaͤuſe
begibt. Aeußerſt zart iſt der untere Theil und leicht
zerreißt die zarte Haut, die ihn umgibt. Oben hat
das Thier einen Sack, der ihm als Magen dient.
In ihm iſt der Purpurſtoff, von dem wir bald noch
mehr hoͤren werden. Unterſuchen wir nun das Wohn⸗
haus dieſes im mittellaͤndiſchen Meere nicht. ſeltnen
Schalwurms, ſo finden wir keine ſo ſtark erhabne
Kanten wie bey andern Stachelſchnecken. Alle ſeine
Windungen ſind mit ſtumpfen Zacken, bald mehr,
bald weniger beſetzt. Sein ſchoͤnes blaues Farben⸗
kleid ſoll ihm nicht eigenthuͤmlich ſeyn. Ein zufaͤlli⸗
ger Aufenthalt in blauer Erde, ſoll ſeinen ſonſt weiß
und braun bandirten Anzug, ſo umgeſchaffen haben.
Eine außerordentliche Mannigfaltigkeit von
blaͤttrigen Auswuͤchſen auf den Kanten der Schale,
haben viele Stachelſchnecken; und dieſe Familie der:
ſelben nennt man Purpurſchnecken. Unter ihnen
ſind
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1
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1408
91
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IX |
Purpurſchnecke. 8 13
find wahre Prachtſtuͤcke. Dieß gilt vorzüglich von
der großen, lappigen Purpurſchnecke (M. Ra-
moſus, la Chauffe-Trape, le Cheval de Frife, Zußs
angel, ſpaniſcher Reuter, Krausſchnecke 217). Ihr
bauchiger Koͤrper hat ſtark erhabne Wulſte, voll ge⸗
krauster Zacken oder Blaͤtter. Aus der Vergleichung
junger und alter Purpurſchnecken, muß man faſt
ſchließen, daß die Blaͤtterreihen in juͤngern Jahren
zur Bewaffnung der Muͤndung gedient haben, daß
dieſe alſo in fruͤhern Jahren weiter zuruͤcklag, und
daß die Schale durch neue Anſaͤtze an ihr vergroͤßert
wurde. Denn an jeder Reihe von Blaͤttern ſieht
man Spuren von einem Lappen, der ehemals als
Muͤndungslippe gedient haben mag. Die zarten
Querſtreifen, die bey unſrer Purpurſchnecke uͤber die
gelbliche Schale laufen, thun mit den weißen Blaͤt⸗
tern eine angenehme Wirkung. Ihre runde Muͤn⸗
dung mit trefflichen roſenrothen Lippen, zwiſchen de⸗
nen das Weiß der innern Waͤnde hervorſchimmert,
verlaͤngert ſich in einen hohlen, zackigen Schnabel.
Man findet ſie, beſonders im amboiniſchen Meer⸗
buſen uͤber zwey Faͤuſte groß. Andre Purpurſchne⸗
cken liefert das rothe Meer, der perſiſche Meerbuſen,
ja faſt jedes Meer.
Wuͤrmer II. Th. Rr Ehe⸗
314 Purpurſchnecke.
Ehemals ſtand der Purpur dieſer Schnecken in
einem hohen Werth. Nur Fuͤrſten, Regenten und
ſehr reiche Perſonen durften dieſe koſtbare Farbe tra⸗
gen, und nur ſie konnten auch den Aufwand erſchwin⸗
gen, der dazu gehoͤrte. Es gab bey den Alten Pur⸗
purfiſcher, Purpurfaͤrber, Purpurmanufacturen, und
fuͤr die thaͤtigen Phoͤnicier waren auch dieſe eine
Quelle des Reichthums. Man wog die Purpurfarbe
gegen Gold ab, und unter der reichen Beute, die Ale⸗
xander im Pallafte von Perſepolis machte, wurde
der Vorrath von Purpur, den er daſelbſt fand, fuͤr den
koſtbarſten Theil der Beute gehalten. Denn außer
den Zeugen ſoll er dort fuͤr 5 Millionen Gulden Pur⸗
purſaͤckchen, die bereits 119 Jahre in Oehl und Ho⸗
nig aufbewahrt wurden, gefunden haben. Je nach⸗
dem der Purpur ins Blaue, ins Feuerrothe, in Car⸗
meſin oͤder nur Graublau fpielte, je nachdem war
auch ſein Werth verſchieden. Muͤhſam war die Be⸗
handlung des Purpurſafts, wenn er aus der Schnecke
kam. Man nahm viel Salz dazu und ließ ihn ſtark
einkochen. Die damit gefaͤrbte Baumwolle war zu
verſchiednen Stunden des Tages auch im Gewicht
verſchieden, daher die Verkaufzeit durch Geſetze be⸗
ſtimmt wurde.
a Es
—
Purpurſchnecke. 3390
Es iſt jetzt wohl als ausgemacht anzunehmen,
daß der Purpurſaft der Eyerſtoff ſey, und daß alſo
die Alten vollkommen Recht hatten, wenn ſie die
Purpurſchnecken fiengen, ehe ſie raßeten, d. h. Eyer
legten. Daraus ergibt ſichs auch, warum man we⸗
der in allen Schnecken von Einer Art Purpur finde,
naͤhmlich in den maͤnnlichen, noch auch in den uͤbrigen
zu jeder Jahrszeit, wenn ſie geraßet haben. Einem
Hunde wird die Entdeckung des Purpurs zugeſchrie⸗
ben. Zufaͤllig fand einſt ein Fiſcher eine Purpur⸗
ſchnecke und warf ſie wegen ihrer rauhen Schale weg.
Jetzt zerbiß dieſe ein vorwitziger Hirtenhund, und
bekam eine blutrothe Schnauze. Umſonſt verſuchte
ſein Herr das vermeintliche Blut abzuwaſchen; es
wurde immer ſchoͤner und lebhafter, ja ſelbſt ſeine
Haͤnde wurden purpurfarbig. Er war klug genug,
mit durch den Saft der Schnecke gezognen Faͤden
Proben zu machen, die alle die Entdeckung eines
koſtbaren Faͤrbeſtoffs beſtaͤtigten.
Man fängt die Purpurſchnecken mit Reufen, in
die man Froͤſche, Fiſche oder Muſcheln als Koͤder
thut. So feſt ſtecken ſie ihren Ruͤſſel in ihren Fraß,
daß es ſchwer haͤlt, ſie loszumachen. Indem ſie gie⸗
rig faugen, zieht man die Reuſe aus dem Meere und
Rr 2 zer⸗
316 Apfelfoͤrmige P.
zerſchmettert ſogleich die Schnecke, um den Pur⸗
purſack zu bekommen. In America gibt es eine
Schnecke, die, wenn man ſie von den Felſen, wor⸗
auf ſie kriecht, hinwegnehmen will, einen milch⸗
weißen Saft von ſich gibt, der zum Färben ges
braucht werden kann, und erſt weiß, dann gruͤnlich,
dann roth ins Violette ſpielend wird. Aber das
Thier hat hoͤchſtens eine Nußſchale voll von dieſem
Safte. Wie vielen armen Schnecken mag es nicht
das Leben koſten, bloß um einen Mantel zu faͤrben.
So ſehr auch die Cochenille und der Kermes, als
ein wohlfeilerer Faͤrbeſtoff, den Schneckenpurpur,
wozu ſo viele Thiere und eine ſo muͤhſame Bear⸗
beitung gehören, verdraͤngt hat, fo gibt es doch
noch bis auf dieſe Stunde in Suͤdamerica, beſon⸗
ders in Nicoya, Faͤrbereyen von Schneckenpurpur.
Eine treffliche Art von Tuch . das aus einem ge⸗
wiſſen Kraute, de la Pite genannt, geſponnen und
in dieſem Purpur gefaͤrbt wird, ſchaͤtzt man aͤu⸗
ßerſt hoch, und bezahlt die Elle mit 20 Kronen.
Baumwolle nimmt dieſe Farbe weit leichter an, als
Leinwand.
Auch die apfelfoͤrmige Purpurſchnecke (M.
Pomiformis, le Cofar 218) hat dieſen Schatz.
Sie
Apfelfoͤrmige P. 317
Sie kommt aus Guinea. Ihre Schale ift dick und
ſchwer. Sie wird mit einfachen und mit doppelten
Wulſten und Knoten gefunden. Ihre Form und
der gelbroͤthlich gefleckte Anzug mag zu ihrem Nah⸗
men Veranlaſſung gegeben haben. Doch wechſelt
ſie in Farbe und Form ſehr mannigfaltig. Bey
ihr iſt vorzuͤglich der Bewohner merkwuͤrdig, der
von dem der Herculeskeule, trotz der Gattungsver⸗
wandſchaft, auffallend verſchieden iſt. Wir ſehen
bey ihm unter der Schale einen cylinderfoͤrmigen
Hals hervorgehen, dieſen umgibt nach vorn zu ein
ſchmaler Kranz, an dem ſich zwey gleichſam gefie⸗
derte Fuͤhler befinden. Hiezu kommt noch ein
langer Saugruͤſſel, vorn mit einer borſtigen Deffs
nung. Am vordern Canal der Schale erhebt ſich
ein Theil des Mantels blattfoͤrmig gefaltet. Der
braun und gelbgefleckte Fuß, oder der lange, dicke
Theil uͤber den der Hals weggeht, traͤgt den ovalen
Deckel. So gefraͤßig iſt dieſes Thier, daß ſchon
die Alten ſprichwoͤrtlich ſagten: unerſaͤttlicher als
eine Purpurſchnecke. Alles bohrt es mit ſeinem
Ruͤſſel an, den es aus ſeinem Hinterhalte weit ge⸗
nug hervorſtrecken kann, und ſaugt es rein aus.
Hoͤchſt wahrſcheinlich ſind die nett ausgebohrten Ld⸗
} Rr 3 cher,
318 Babyloniſcher Thurm.
cher, die man beſonders häufig im Wirbel der Ku.
laneiſchen Buchſtabenmuſchel findet, ganz ſein
Werk. Der Inſtinct ſagt ihm, daß unter dem
Wirbel der beſte und ſchmackhafteſte Theil des Be⸗
wohners verborgen liege. Aber auch die Purpur⸗
ſchnecken ſelbſt muͤßen gut ſchmecken, denn Martial
laͤßt ſie daruͤber eine bittre Klage fuͤhren, daß man
ſich nicht begnuͤge, ſich in ihren Purpur zu kleiden,
ſondern daß man auch ſie ſelbſt verſchlucke.
Einige ſogenannte Stachelſchnecken haben eine
thurmaͤhnliche und fpindelfürmige Geſtalt. Dieß
gilt ganz vorzuͤglich vom babyloniſchen Thurm
(M. Babylonicus, la Tour de Babel 219). So
einverſtanden die Conchyliologen aller Nationen
über ihren Nahmen find, ein fonft fehr feltner Fall,
fo muß man doch es fonderbar finden, daß etwas,
was oben und unten ſpitzig iſt, ein Thurm heißen
ſoll. Vielleicht dachte man dabey weniger an
die Form, als an die fenſteraͤhnlichen Flecken.
Auch dieſe Conchylie mußte ſich aus einer Familie
in die andre werfen laſſen. Man findet ſie auf
fünf Zoll lang mit zehn bis zwölf Stockwerken, de:
ren obere aber dicht verwachſen und nicht wie ſonſt
hohl ſind. Die Windungen ſind außen mit erhab⸗
| nen
N Entenſchnabel. Altes Weib. 319
nen Guͤrteln umgeben. Nicht ganz regellos ſtehen
die Flecken auf grauem Grunde. Am meiſten faͤllt
die ausgekappte, aͤußere Lippe mit dem tiefen
Einſchnitt auf. Der Zweck des Letztern iſt unbe⸗
kannt. Im aſiatiſchen Ocean iſt der babyloniſche
Thurm zu Hauſe. *
Eben dafelbft wohnt auch der Entenſchna⸗
bel (M. Vertagus, la Chenille blanche 220 )»
Die auffallende, einer Schnauze ähnliche Verlaͤnge⸗
rung einer Lefze, verſchaffte ihm den Nahmen Jagd⸗
hund, weil man dabey an einen erſchöpften Hund
dachte, der feine Zunge heraus haͤngen läßt. Stroh⸗
gelb, auch milchfarbig und bandirt findet man dieſe
Conchylie. Ihre Windungen ſind gekerbt, hie und
da wulſtig. An den obern bemerkt man eine Ver⸗
tiefung, im Innern aber eine Spindel mit zwey Fal⸗
ten und unter ihren Wulſten feine Zaͤhnchen.
Um auch eine Schnecke von ganz ſonderbarem,
verſchraͤnkten innern Bau zu ſehen, duͤrfen wir
nur einen Blick ins Innre des alten Weibes (M.
Anus, la Boſſue, la Grimace 221 4) werfen. Wie
dieſe Conchylie außen verſchrumpft und voller Run⸗
zeln iſt, ſo fehlt es ihr auch innen nicht an Runzeln.
Die Spindel lauft nicht gerade fort. Jedes Glied,
wenn
32060 Talbackspfeife.
wenn wir ſo ſagen duͤrfen, hat erhoͤhte Leiſten, und
iſt am Abſatz hohl. An einem jeden derſelben ſieht
man etwas der linken Muͤndungslefze aͤhnliches,
und moͤchte wohl wiſſen, ob alſo bey jedem in juͤn⸗
gern Jahren einmal die Muͤndung war, bis eine
Kammer nach 'der andern hinzukam. Das Maul iſt
ſo verzogen, daß man ſich den Nahmen Grimace
ganz gut erklaͤren kann.
Ein merkwuͤrdiger Umſtand, deſſen wir bey
dieſer Gattung erwaͤhnen muͤßen, iſt, daß, ſo viele
Millionen Exemplare von der nordiſchen Spin—
del (M. Deſpectus, le Raifort roux) in der Nord⸗
ſee, und alle rechts gewunden, gefunden werden,
dennoch eben dieſe Conchylie in großer Anzahl in den
Sandgruben von Harwich, in Eſſer, aber durchaus
links gewunden, ausgegraben wird.
Nur mit wenigen Worten gedenken wir noch
der Tabacks pfeife (M. Cholus, la Quenouille
anche 2216) vorzuͤglich des Bewohners wegen,
der weit genug aus ſeinem Gehaͤuſe heraustritt.
Auffallend lang iſt der weiße Mantel, und ein ganz
ſonderbarer Abſatz iſt zwiſchen ihm und dem ſchwarz
punctirten Koͤrper und breiten Fuß, auf dem der
laͤngliche, geſtreifte Deckel liegt.
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Tab. XXXII.
Kreiſelſchnecke. Trochus.
Die Perſpectivſchnecke (222. 223). Der
Hexenmeiſter (224-226). Der Camiſol⸗
knopf (227. 228). Das Teleſkop (229. 230).
Die Troͤdlerinn (231). Das Son⸗
nenhorn (232-234).
Es koſtet keine Mühe, bey den Kreiſelſchnecken (Sa-
bots, Toupies) an das beliebte Spielzeug der Kna⸗
ben zu denken, das ihnen ihren Nahmen gab. Uns
ter ihnen find mehrere, bey deren perſpectiviſchem
Ban ſowohl, als ihren herrlichen Farben, zumal im
Innern, und den Perlen und Juwelen, mit denen ſie
beſetzt ſcheinen, der Zeichner und Maler verzweifeln
‚möchte, und auch der, der, wie wir, aus 132 Arten nur
ein halbes Duzend zur Unterhaltung feiner Leſer aus:
wählen darf, befindet ſich in einer peinlichen Lage. (*)
Die Schale der Kreiſelſchnecken iſt kegelfoͤrmig pyra⸗
midal
3 321
— ülbninhe 2 nenn
(*) Fraͤgt Jemand den Verfaſſer, was ihm diefen
Zwang auflege, ſo kann er nichts anders darauf
antworten, als die Achtung vor ſeinen Leſern,
deren Nachſicht er nicht mißbrauchen will, und
das Gefühl, daß man auch zu enden wiſſen muͤße.
Wuͤrmer Il. Th. Ss
322 Perſpectioſchnecke.
midal gewunden; die Spindel ſteht etwas (chief,
Die unten an dem breiten, zuweilen ausgehoͤhlten
Bauche liegende Muͤndung iſt meiſtens viereckig,
und wird von einem bald hornartigen, bald ſteinſcha⸗
ligen Deckel verſchloſſen. Ein ſehr ſchoͤnes Verhaͤlt⸗
niß herrſcht bey den Kreiſelſchnecken in der ſtufen⸗
weifen Abnahme der Windungen, fo daß nicht, wie
bey ſo vielen andern, die erſte alle uͤbrigen zuſammen
genommen an Raum uͤbertrifft. Man kann ſie in
zwey große Familien, genabelte und ungenabelte
theilen. Jene ſind vom Mittelpunkt der Grund⸗
fläche bis zur Spitze durchbohrt, dieſe aber nicht.
Ueber ihre Bewohner iſt man noch nicht ganz im
Reinen. Zuverlaͤßig find die Bewohner ſo verſchied⸗
ner Haͤuſer auch untereinander verſchieden.
Ein nie geuug zu bewunderndes Meiſterſtuͤck der
Natur bleibt die Perſpectivſchnecke (T. Perſpe-
ctivus, le Cadran, Architecturſchnecke, Sonnenuhr,
Labyrinth 222). Ihre ſechs bis acht Windungen
endigen ſich in eine ſtumpfe Spitze. Zwiſchen ihnen
befinden ſich tiefe Furchen, und nicht wenig tragen
die weißen, braunen und bunten Baͤnder auf ſtroh⸗
farbigem Grunde zur Verſchdnerung bey. Die un⸗
tern Gewinde ſind glaͤtter als die obern, in denen
| man
Hexenmeiſter. 323
man feine Kerben entdeckt. Aber ihre größte Schoͤn⸗
heit zeigt ſich erſt an der artig bandirten Grund⸗
fläche (223). Hier bildet der trichterformige Nabel,
mit den ſich bis an die Spitze windenden Schrauben⸗
gaͤngen das herrlichſte Perſpectiv. Die feinen Zaͤh⸗
ne, die rings herum ſtehen, und die vorzuͤglich das
Vergroͤßerungsglas ſichtbar macht, vermehren das
Erſtaunen. Wer weiß, ob nicht die Abſicht der
Natur war, daß in dieſem trefflichen Labyrinth kleine
Gewuͤrme, als in einem Fangnetze, aufgebracht wuͤr⸗
den, und dem Bewohner zur Nahrung dienten.
Man bekommt dieſe Schnecke aus Aſien und Africa,
noch ſchoͤner aber aus der Suͤdſee, woher die unſrige
iſt. Ihr Deckel iſt bernſteingelb, und hat in der
Mitte eine merkliche Erhöhung.
Vermuthlich die Zeichnungen, in denen man
magiſche Charaktere ſah, gaben einem unſchuldigen
Kreiſel den Nahmen Hexenmeiſter (T. Magus, la
Sorciere 224. 225). Seine Gewinde haben etwas
ftufenformiges, und eine Menge faltiger Knoten bes
decken fie. Ein ſchͤͤner Wechſel von Roſenroth und
Weiß gibt ihm oben und unten ein reizendes Anſehen
und erſtreckt ſich bis in die tief genabelte Grundflaͤche
hinein, die ganz durchbohrt iſt. Man findet eine
Ss 2 | Menge
324 Camiſolknoyf.
Menge der ſchoͤnſten Varietäten im rothen und im
mittellaͤndiſchen Meere. Das letztere liefert vorzuͤg⸗
lich um Sicilien und Malta ausnehmend artige.
Wir zeigen unſern Leſern einen der letztern von der
Seite der Grundflaͤche (226), deren rothflammende
Charaktere vielleicht noch eher als bey den andern
den Nahmen rechtfertigen. N
Unbeſchreiblich tief wird jede noch ſo blumen⸗
reiche Beſchreibung, und ſelbſt der Pinſel eines van
HBuyſum unter der Pracht bleiben, die der Camiſol⸗
Fnopf (T. Pharaonis, le Bouton de Cumiſole,
Pharaonsturban, Erdbeere 227. 228), zumal unter
dem Wergrößerungsglas zeigt. Man kann nicht
ohne Ruͤhrung von dieſem Kreiſel reden, nicht ohne
Erſtaunen ihn betrachten. Ihm koͤnnte den anſpruch⸗
vollen Nahmen Cedo nulli „ich weiche keinem“ wohl
kein andrer ftreitig machen. Auf feinen Windungen
ſieht man zweyerley Perlenſchnuren abwechſeln, auf
eine Reihe ſchwarz und weißer Perlen folgt eine Ru⸗
binſchnur. Auch an der Grundflaͤche befinden ſich
dieſe Perlenſchnuren. Hier wechſeln aber zwey Ru⸗
binſchnuren immer mit zwey weiß und ſchwarzen ab,
doch fo, daß bey dieſen da, wo oben eine ſchwarze
We ſteht, unten eine weiße ſich befindet, und ſo
umge⸗
Teleſkop. 325
umgekehrt, brettſpielartig. Innen ſieht man die
praͤchtigſte Perlenmutterfarbe. Die innere Lippe hat
Falten und Zaͤhne, auch der Nabel iſt faltig und ge⸗
zaͤhnt. Dieſes Meiſterſtuͤck der Natur, an dem auch
das Vergroͤßerungsglas nicht die mindeſte Regelloſig⸗
keit entdeckt, und die wohl der erſte Goldarbeiter
nachzuahmen verzweifeln wuͤrde, iſt im rothen Meere
zu Hauſe, daher ſie auch ihren Nahmen von Pharao
bekam.
Woher das Teleſkop (T. Teleſcopium, le
Telefcope, la Tonne de mer, braune, ſchwarze Sees
tonne 229) ſeinen Nahmen fuͤhre, das zeigt auch
der fluͤchtigſte Blick. Sein Kleid iſt zwar ganz eins
fach braun, leberfarbig, auch ſchwarz mit leichten
Streifen, oder auch Reifen. Der ſchoͤne thurmfoͤr⸗
mige Bau wird, von innen (230) betrachtet, noch
mehr Bewunderung erregen. Hier ſehen wir die
vielen ſtufenweiſe abnehmenden Kammern und die
Spindel, um die ſich eine Falte ſchraubenfoͤrmig win⸗
det und bis an die Muͤndung hervorgeht. Ein auch
an der Muͤndung unverſehrtes Exemplar von
2—4 Zoll Länge bleibt immer ein ſchoͤnes Cabi⸗
nettsſtuͤck. Von Tranquebar und den nicobariſchen
Eylanden erhaͤlt man dieſe Conchylie.
| Ss 3 Kaum
326 Troͤdlerinn. ;
Kaum werden unfre Leſer in der Troͤdlerinn
(T. Lithophorus, la Fripiere 231) eine Kreiſel⸗
ſchnecke erkennen. Aber es iſt nicht alles ihr Eigen⸗
thum, was ſie gleichſam zur Schan traͤgt. Zu ihrer
Sicherheit, um nicht erkannt zu werden, beladet ſie
ſich bald mit Conchylientruͤmmern, bald mit Madre⸗
poren, Kieſeln, Sand und Steinen. Im letzten
Fall heißt dieſer Kreiſel Steintraͤger, Maurer, im
erſten Conchylientraͤger. Unſre Troͤdlerinn vereinigt
beydes, auch Corallenſtuͤcke kleben an ihr, und man
ſieht deutliche Spuren, daß ſchon mancher Stein
oder manches Muſchelſtuͤck losgeriſſen ſeyn mag.
Ihr Bau laͤßt ſich nicht angeben, denn ſie iſt mit
fremden Körpern uͤberdeckt, die noch dazu ihre na⸗
tuͤrliche Form veraͤndert haben, indem ſie in die
weiche Schale Eindruͤcke machten. Hoͤchſt wahr⸗
ſcheinlich ſind uͤberhaupt alle Conchylien im Meere
weicher und biegſamer, als die in Cabinetten aufbe⸗
wahrten. Vielleicht ſchuͤtzt eben dieſe Nachgiebig⸗
keit manche vor dem Zerbrechen. Gewiß aber findet
bey unfrer Trödlerinn in dem, womit ſie ſich bedeckt,
keine Auswahl ſtatt. Sie nimmt was in ihrer Nach⸗
barſchaft liegt. Ohne Mühe bleibt es an ihrem
klebrigen Schleim haͤngen, und druͤckt ſich wie in
einen
Oſtindiſches Sonnenhorn. 327
einen Wachskuchen. Man kann ſich nicht enthal⸗
ten, bey ihr an die Roͤcke mancher Maflerinfgctenz
larven zu gedenken.
Mehr Anſpruͤche auf unfre Bewunderung, als
die in beſtaͤndiger Verborgenheit lebende Troͤdlerinn,
macht das oſtindiſche Sonnenhorn (T. Solaris,
Eperon Soleil 232. 233). Die ſcharf gezackten
Raͤnder der gewölbten, flach pyramidenartigen Wins
dungen erinnerten an die Sonnenſtrahlen. Der Ue⸗
berzug iſt voller Linien und Falten, die ihm das An⸗
ſehen eines geſtrickten Zeuges geben, aber ohne allen
Glanz. Tief und hohl iſt die fein linirte Grund⸗
flaͤche (233), die Muͤndung eng. Der Nabel er⸗
| ſtreckt ſich trichterfoͤrmig bis zur oberſten Spitze.
Die ganze Schnecke gleicht gelbem Wachſe, und iſt
ſehr durchſichtig. Sie kommt von der Kuͤſte von
Coromandel. Wie die Natur im Kleinen arbeite,
davon ſehen wir bey 234 eine Probe. Dieſer ſchoͤne
mit Perlenſchnuren umwundne Kreiſel iſt ein oſtin⸗
diſches Sandkorn, in dem das Vergroͤßerungsglas
einen ſo trefflichen Kreiſel, und noch dazu links ge⸗
wunden, fand. Ueberhaupt gibt es unter den
kleinſten Wunderſchoͤne, und fo tief die Bewohner
des Feuerlandes auf der Leiter der Cultur ſtehen
mögen,
922 Mondſchnecke.
mögen, fo haben fie doch Geſchmack und Eitelkeit
genug, kleine Kreiſel an Seehundsdaͤrme zu reihen
und als Halsbaͤnder zu tragen. |
Leider muͤßen wir manchen ſchöͤnen Kreisel wit
Stillſchweigen übergehen, z. B. den trefflichen Cooks;
Freifel (T. Cookſianus), fo herrlich und regelmaͤ⸗
ßig auch dieſe Conchylie gebaut, ſo zierlich ihr Ueber⸗
zug geſchuppt und ſo praͤchtig ihr Innres iſt; die
Pagode (T. Pagodus, la Pagode), die die Form
eines chineſiſchen Daches hat, und deren Bewohner
ein ganzes Jahr ohne alle Speiſe und Trank ſich voll⸗
kommen wohl befindet; die Imperial: oder Kaiſers⸗
ſonne (T. Solaris Imperialis, / Eperon Rog al) u.d.m.
*
+
Tab. XXXIII.
Mondfchnede. Turbo.
Der Delphin (235). Die Schlangenhaut
(236.237). Die aͤchte Wendeltreppe (238).
Die Unaͤchte (230). Das Linkshoͤrnchen
(240. 241). Die Nautilusſchraube (242.
243). Das Wickelkind (244. 245).
Die runde Mundöffnung läßt die Mondſchnecken
(Burgauæ) ſehr leicht von andern unterſcheiden.
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Delphin. 329
Ein hornartiger, auch ſteinſchaliger Deckel verſchließt
ſie vollkommen. Ihre Kammern nehmen nicht ſo
allmaͤhlich ab, wie das bey den Kreiſein der Fall war,
ſondern die erſte iſt faſt geraͤumiger, als die uͤbrigen
zuſammen genommen. In ihrer Form kommen ſie
dem hoͤchſt ausgebreiteten Geſchlecht der Erdſchnecken
ſehr nahe. Auch unter den 109 Arten, die man zu
den Mondſchnecken rechnet, ſind manche, die nicht
nur ein praͤchtiges Farbenkleid haben, ſondern bey de⸗
nen das ſelbe auch oft nur die Hülle der ſchönſten Sil⸗
ber⸗ und Perlenmutterſchale iſt.
Mehrere Mondſchnecken faßte man unter dem
Nahmen Delphine, Lappenſchnecken, baͤrtige Maͤn⸗
ner zuſammen. Man glaubte in ihrer Form eine
Aehnlichkeit mit den Delphinen, die, ehe ein Sturm
ausbricht, ſich in ſchlangenfoͤrmigen Kruͤmmungen,
mit aufrecht ſtehenden Floſſen, auf der Oberflaͤche
des Waſſers herumwaͤlzen, zu entdecken. Andre
verglichen ihre Zacken mit herabhaͤngenden Lappen,
andre mit Baͤrten, ja einige ſahen in ihnen Flügel,
und ſchufen den ſeltſamen Nahmen gefluͤgelte Wald⸗
hoͤruer, indeß wieder andre ſie gar zerlumpte Schne⸗
cken nennen wollten. Wir ſehen einen ſolchen Del⸗
phin (T. Delphinus, le Dauphin 235) und zwar
Wuͤrmer II. Th. Tt einen
330 Schlangenhaut. |
einen fleiſchfarbigen, dann die Abweichungen in Ab⸗ |
ſicht auf das Farbenkleid und die Auswuüchfe ſind
zahllos. Unter dem farbigen Ueberzug iſt die ſchoͤnſte
Perlenmutter verborgen. Auf der poſthornartig ge⸗
wundnen Schale befinden ſich ziemlich breite, za⸗
ckenvolle Lappen, die den breiten Enden einiger
Hirſchgeweihe gleichen. Auf dem Ruͤcken der erſten
unter den kleinen Windungen ſtehen lange, dornige
Stacheln, und auch der tiefe Nabel iſt mit Dornen
beſetzt. Im oſtindiſchen Meere findet r man dieſe |
ſeltſame Mondſchnecke.
Eben daſelbſt wohnt auch die ſchoͤne Schlan⸗
genhaut (T. Cochlus, la Peau de Serpent 236).
Ihr Grund iſt grün, was überhaupt als die gemein⸗ |
ſte Farbe der meiſten Mondſchnecken, aber in allen
moͤglichen Abſtufungen, angeſehen werden kann;
allein fehöne weiße Bänder mit braunrothen Flecken
zeichnen ſie aus, und haben dieſer Conchylie den
Nahmen Camelopard erworben. Sie iſt ſpiegelglatt;
eine einzige ſcharfe Kante auf der Hoͤhe des Ruͤckens
ausgenommen. Ihre Muͤndung (237) ſpielt ſilbern.
Auch der, der ſich noch nie mit Conchylien be⸗
ſchaͤfftiget hat, hoͤrte gewiß ſchon die aͤchte Wen⸗
deltreppe (T. Scalaris „la Coquille faite en eſca-
lier
Aechte Wendeltreppe. 331
lier 238) als eine der ſeltenſten und theuerſten nen⸗
nen. Viele halten ſie fir die Koͤniginn der Conchy⸗
lien, wenn auch nicht gerade in Abſicht eines man⸗
nigfaltigen und bunten Anzugs, denn ſie iſt bloß
weiß, mit einem angenehmen Glanze, doch wegen
ihres meiſterlichen Baues. Zart und faſt durchfichtig
ift die Maſſe desſelben; zirkelfoͤrmig abgerundet jede
der 7—8 bauchigen Windungen. Sie ſtehen zwar
von einander ab; allein regelmaͤßig über fie hinlau⸗
fende Klammern verbinden ſie. Zwiſchen ihnen be⸗
findet ſich ein trichterfoͤrmiges bis an die Spitze hin⸗
durchgehendes Nabelloch, das das eigentlichſte und
bleibendſte Kennzeichen der aͤchten Wendeltreppe iſt.
Die faſt ganz runde Muͤndung umgibt ein Lippen⸗
ſaum. Die Klammern oder Leiſten, die in juͤngern
Jahren vielleicht auch Muͤndungsſaͤume waren,
treffen herrlich auf einander, und ſind mit einander
verwachſen, was den Zuſammenhang der Windun⸗
gen, bey Ermanglung einer gemeinſchaftlichen Spin⸗
del, befoͤrdert.
Zwar iſt bey Wendeltreppen, von zwey Zoll
Ränge und unverſehrter Spitze, nicht mehr von ooo
bis 2000 Thalern die Rede; allein immer bleiben ſie
n koſtbare Conchylien. Chemals waren ſie
ö Tt 2 bloß
332 Unächte Wendeltreppe.
bloß in den Haͤnden der Hollaͤnder, die die Gegend,
wo ſie dieſelben herbekamen, Ceylon, verſchwiegen;
jetzt erhält man fie auch von der ac von Coro⸗
mandel, von Tranquebar.
Leicht laͤßt ſich von ihnen die unaͤchte Wen⸗
deltreppe (T. (Pſeudoſcalatus) Clathrus, la
Fauſſe Scalata 239), die eben fo häufig, als jene
ſelten iſt, unterſcheiden. Ihr fehlt das Nabelloch;
auch iſt ſie geſtreckter, thurmfoͤrmiger und weniger
bauchig als die aͤchte. Ihre Windungen graͤnzen
naͤher an einander, und die Anzahl der Stockwerke
und Seitenklammern iſt groͤßer. Man findet ſie im
mittellaͤndiſchen Meere, ſchoͤner in Weſtindien, am
ſchoͤnſten aber in Oſtindien. Vorzuͤglich häufig iſt fie
bey Schevelingen, ohnweit Gravenhaag. Ihre Farbe
iſt nicht immer dieſelbe. Zuweilen ſieht man ſie ein⸗
farbig weiß, zuweilen braun, lillafarbig auch wohl
mit Purpurflecken. Von ihrem Bewohner ſehen wir
in der Abbildung den gleichſam geſpaltnen Kopf,
und die ſonderbare Verlängerung des Mantels.
Nie anders, als linksgewunden, trifft man das
Cinkshörnchen (T. Perverſus, la Nonpareille)
an. Seine hellbraune, auch roͤthlich graue Schale
iſt bald durch erhabne Streifen rauh anzufuͤhlen
und
\
Linkshoͤrnchen. Nautilusſchraube. 333
und dicht (240), bald glatt und durchſichtig (241).
Vorzuͤglich im Auguſt und September, wenn es ges
regnet hat, kann man dieſe kleine Conchylie an Wei⸗
denſtaͤmmen, Strohdaͤchern, Wurzeln, auch im
Mopfe finden. Hier iſt man im Stande, ſich zu
uͤberzeugen, wie die Schnecken, wenigſtens einige
unter ihnen, ihre Windungen und Kammern nach
und nach, ſo wie es ihr Wachsthum erfordert,
bauen. Denn außerdem, daß man da Junge fins
den kann, die nicht größer als ein Stecknadelkopf
ſind, und nur erſt Eine Windung zu verfertigen
angefangen haben, ſo ſieht man andre, mit zwey,
drey bis auf ſechs Windungen, was die höchfte
Reife und Vollkommenheit bezeichnet. Einige be⸗
haupten, dieſe Conchylie bekaͤme, wenn ſie aͤlter
wuͤrde, einen Muͤndungsſaum und Zaͤhne, und
auch der ſchon bemerkte Unterſchied zwiſchen runz⸗
lig und glatt haͤnge nur vom Alter ab. Die
Unvergleichliche konnte fie wohl nur fo lange hei⸗
ßen, als man nicht mehrere, weit praͤchtigere Links⸗
ſchnecken kannte.
Mag auch die Nautilusſchraube (T. Nau-
tileus, le Planorbe tuile) in ihrer natürlichen Größe
(242) ſo klein ſeyn, daß man mit Einem Hauche
Tt 3 ein
334 Wickelkind.
ein Paar Hundert, wie Staub auseinander wehen
konnte, fo zeigt uns doch in ihr das Vergroͤßerungs⸗
| glas (243) ein Meiſterwerk der Natur. Ihre runde
Muͤndung verweist fie unter die Mondſchnecken.
Die Windungen ſind mit Reifen und dieſe mit
ſcharfen Stachelſpitzen verſehen. Viele Taufend Pos
lypen, vorzuͤglich becherfoͤrmige, ſchlagen ihre Woh⸗
nung auf dieſer in ſumpfigen, faulenden Waſſern
lebenden Schnecke auf, die deßwegen doch fortlebt.
Auffallend iſt der Umſtand, daß, ſobald man ſie
trocken aufbehalten will, ſie zerſpringt, ſo daß dieß
immer in Weingeiſt geſchehen muß.
Noch eine niedliche Mondſchnecke, das Wi⸗
8 ckelkind (T. Uva, PEnfant au maillot, Bienen⸗
körbchen) zeigen wir unſern Leſern von außen (244)
und von innen (245). Ihre eng zuſammenlaufen⸗
den Windungen ſind oben faſt ſo dick als unten
und haben nur eine ſtumpfe Spitze. Die vielen
Streifen machen ſie runzlig. Ein ſchmahler Saum
umgibt die Muͤndung, und kleine Erhoͤhungen ſtellen
eine Art von Zaͤhnen vor. Im Innern ſieht man eine
zarte Spindel und viele Kammern wie Bienenzellen.
Noch wäre freylich manche recht fchöne Mond⸗
ſchnecke uͤbrig, z. B. der treffliche Silbermund (T.
Argy-
Silbermund. 335
Argyröftomus, la Bouche d'or), der, wie manche
andre dieſer Gattung, eine ſchon verfilberte Muͤn⸗
dung zu haben ſcheint; der Goldmund (T. Chry-
foftomus, la Bouche dor), deſſen Perlenmutter⸗
muͤndung durch den citrongelben Ueberzug völlig
golden ausſieht, und beſonders bey dem nicobariſchen
mit der ſchimmerndſten Vergoldung im Feuer wett⸗
eifert; das Oehlhorn (T. Oleat ia, “ Olearia), der
Rieſe unter den Mondſchnecken, von dem man glaub⸗
te, die Alten hätten ſich feiner zum Waſſerſchoͤpfen
bedient, und deſſen eßbarer Bewohner eine ſolche
Staͤrke hat, daß kein Mann den Deckel abreißen kann,
ohne Gefahr, ſich die Hand einzuklemmen; die Sma⸗
ragdſchnecke (T. Smaragdina), die die Verglei⸗
chung mit dem ſchoͤnſten Smaragd aushaͤlt, und eine
Frucht der Cookſchen Seereiſen iſt, und die uͤber allen
Ausdruck praͤchtigen Naſſauerſchnecken (T. Petbo-
latus), die zuerſt bey der Inſul Naſſau, ohnweit
Sumatra gefunden wurden, und eine ganze Familie
ausmachen, deren Mitglieder in Abſicht auf die Pracht
der Farben, die Schoͤnheit der Zeichnungen und den
Schmuck der Ordensbaͤnder, ſich in der Nachbarſchaft
keiner Conchylie zu ſchaͤmen Urſache haben. Doch eine
reich bevölkerte Gattung ruft uns jetzt von den Mond⸗
ſchnecken ab. Tab.
336 KOSO%- 0
Tab. XXXIV. XXXV.
Landſchnecke. Helix.
Die borſtige (246. 247). Die Weinbergs⸗
ſchnecke (248251). Die Baum:mſchnecke
(252). Die Waldſchnecke (253. 254). Das
Quallenboth (255). Die lebendig gebaͤhrende
(250). Die gekoͤpfte (257. 258). Das
große Spitzhorn (250). Die Ohrſchnecke
(200). Die Zauberſchnecke (201). Der
Steinpicker (262). Die Schnirkelſcheibe
(203). Die Papſtkrone (264. 265). Das
Labyrinth (200). Der Milchnapf (207).
Noch immer wartet das zahlreiche Geſchlecht der
Landſchnecken auf einen ſchicklichern Nahmen. Denn
der, den es wirklich trägt, iſt darum nicht ſehr paſ⸗
ſend, weil mehrere dieſer Schnecken ſich nicht bloß
auf dem Lande, ſondern auch in ſuͤßen Waſſern auf⸗
halten. Und was ihre Benennung Schnirkelſchne⸗
cken, die die Ueberſetzung des griechiſchen Nahmens
iſt, anbetrifft, wozu die ſchnirkelfoͤrmig gewundne
Schale Veranlaſſung gab, ſo paßt er auf gar viele
nicht, ſo wie dagegen manche Mitglieder andrer
| Gattungen darauf Anſpruch machen koͤnnten. Die
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Landſchnecken. 337
melſten der 257 Arten, die man bis jetzt kennt, haben
eine diinne, zerbrechliche, gewundne Schale. Treff⸗
liche Farben und niedlich abwechſelnde Baͤnder,
Streifen und Puncte zeichnen mehrere unter ihnen
‚aus, Die Mündung verengert ſich nach hinten zu,
iſt rund und hat einen kleinen Einſchnitt. Viel Aehn⸗
lichkeit mit der uns ſchon bekannten Wegſchnecke, ha⸗
ben die Bewohner der Landſchnecken Gehaͤuſe. Faſt
alle haben vier Fuͤhlhorner. Sie ſind aͤußerſt geftaͤßig,
können aber zum Theil recht lange faſten. Merk⸗
wuͤrdig iſt es, daß die den Menſchen vergiftenden
Erdſchwaͤmme von ihnen ohne allen Schaden gegeſ—
ſen werden. Sechs Monate bringen ſie uͤber und
ſechs unter der Erde zu. Den Flußſchnecken, die
auch zu den Landſchnecken gehoͤren, wurden nur zwey
Fuͤhlhdrner zu Theil. Dafür aber gab ihnen die
Natur einen vortrefflichen Inſtinct, ihren Fuß auf
eine doppelte Art zum Schwimmen und zum Gehen
zu gebrauchen. Kriechen fie am Grunde des Waſ⸗
ſers oder an Pflanzen, fo macht der Fuß eine wellen⸗
foͤrmige Bewegung, wie bey den ganz eigentlichen
Landſchnecken. Schwimmen ſie aber, ſo dient ihnen
ihre etwas breitere Fußſohle zum Rudern und als
Floßfeder. Sie kehren dann das Gehaͤuſe nach un⸗
Würmer IL Th. u u ten
338 Borſtige.
ten, wie ein Both, breiten die Fußſohle uͤber die
Waſſerflaͤche, rudern damit, und ſtrecken ihren Man⸗
tal wie eine Luftblaſe hervor. So nehmen fie einen
großen Raum ein und ſchwimmen leicht, weil ſie
leichter ſind als das Waſſer unter ihnen. Wollen
ſie unterſinken, ſo vermehren ſie nur ihr Gewicht,
indem ſie ſich pldtzlich in die Schale hineinziehen.
Wie ſchoͤn erſetzen hier natuͤrliche Triebe die Stelle
der Vernunft. Koͤnnte dieſe anders handeln, als
hier der Trieb?
Doch wir eilen, unſern Leſern einige der wichtig
ſten naͤher bekannt zu machen, wobey ſie manche alte
Bekanntſchaft erneuern werden.
Eine der gemeinſten Landſchnecken in den nord⸗
lichen Laͤndern iſt die borſtige (H. Hiſpida 246. 247).
Sie wohnt auf Baͤumen und Pflanzen, und naͤhert
ſich in der Bauart den Kreiſelſchnecken. Ihre durch⸗
ſichtige, hornartige Schale, mit 5 Windungen, hat
einen rauhen, gleichſam haarigen Ueberzug, daher
ſie auch den Nahmen Haarlocke traͤgt. Nur ein
Vergroͤßerungsglas macht dieſen Ueberzug recht
bemerkbar. An ihrer etwas gewoͤlbten Grund⸗
flaͤche bemerkt man die halbrunde Muͤndung und
den tiefen Nabel.
Doch
Weinbergsſchnecke. 339
Doch weit wichtiger ift filr uns die Weinbergs-
ſchnecke (H. Pomatia, le Vigneron 248), die zus
mal in unſrer Gegend gehegt und gemaͤſtet wird,
und ſehr viele Liebhaber hat. Es iſt das die bekannte,
bald grauliche, bald roſtbraune, bald gelbliche Lands
ſchnecke, die man in Laubwaͤldern, Gaͤrten, Wein⸗
bergen und an Hecken haufig, und zuweilen fo groß,
als ein Huͤhnerey findet. Sie hat eine eyrunde Form,
eine mondfoͤrmige Oeffnung und einen Nabel, der,
vermuthlich dem Alter nach, bey einigen offen, bey
andern verſchloſſen iſt. Großes Waſſer tbdtet fie,
aber durch ganz niedriges wagt ſie ſich hindurch.
Nicht ſelten findet man unter den Weinbergs⸗
ſchnecken linksgewundne, wie wir eine dergleichen
bey 249 ſamt ihrem weißen Kalkdeckel ſehen, ſo wie
wir bey 250 unſern Leſern eine linksgewundne im
Durchſchnitt zeigen. Es kann ihnen nicht entgehen,
wie ihre Muͤndung, wenn die Schnecke mit ihren
Windungen nach oben zu gekehrt liegt, linker Hand
ſey, und wie nun alles in verkehrter Richtung als
gewöhnlich laufe. Auch iſt jetzt durch ſorgfaͤltige Zer⸗
gliederung ausgemacht, daß auch bey dem Bewohner
alles verkehrt ſey, und die Theile, die ſonſt links liegen,
auf der rechten, und die ſonſt rechtsllegenden, auf
Uu 2 der
340 Weinbergsſchnecke.
der linken Seite wahrgenommen werden. Nicht
ſchwer iſts, unter den vielen Tauſend Weinbergs⸗
ſchnecken, die auf der Donau nach Wien gehen,
mehrere linksgewundne zu finden. Die Schnecken⸗
haͤndler finden ſie auf den erſten Blick aus der Menge
heraus und nennen fie Schneckenkoͤnige. Um gewiß
zu werden, ob diefe linksgehenden Windungen das Et⸗
genthum gewiſſer Familien ſeyen, ſo daß von ihnen
auch nur linksgewundne abſtammen, oder ob bloß
durch einen unerklaͤrlichen Zufall gewiſſe Geburten
verungluͤcken, ließ der wuͤrdige Chemnitz mehrere le⸗
bendige kommen, und beobachtete fie mit großer
Sorgfalt. Zweymal wurden feine muͤhſamen Vers
ſuche vereitelt. Das erſtemal duldete er eine Rechts⸗
gewundne unter ihnen, um ihren Umgang mit den
Linksgewundnen zu beobachten, und erhielt auch eine
Brut von lauter Rechtsgewundnen; aber nun war er
völlig ungewiß, wie viel die alte Rechtsgewundne
daran Antheil gehabt haben moͤge, und bald nach⸗
dem er dieſe ganz aus jenem Cirkel verbannt hatte,
giengen alle übrigen zu Grunde. Das zweytemal
ſtuͤrzte der Futterkaſten mit allen zu hoffenden Auf⸗
ſchluͤßen und Entdeckungen zum Fenſter hinab. Aber
auch das ermuͤdete den raſtloſen Beobachter nicht.
Ein
—
Weinbergsſchnecke. Zar
Ein neuer Transport von 30 Linksſchnecken, reiste,
freylich im Winterſchlummer und zugedeckelt, von
Wien mit dem Poſtwagen nach Copenhagen. Jetzt
wurden ſie bis zur Beobachtungszeit in den Keller
geſperrt. Allein die dumpfe Waͤrme weckte ſie, ſo
daß ſie die Deckel abſtießen und nur mit Muͤhe konn⸗
ten die Flüchtlinge wieder eingebracht werden. An
dem kaͤltern, trocknen Orte, wohin fie nun gebracht
wurden, zogen ſie, ſtatt des Deckels, bloß eine durch⸗
ſichtige Haut, wie einen Vorhang, vor ihre Mündung,
Beym Eintritt der gelindern Jahrszeit wurde der
Futterkaſten in den Garten transportirt. Jedoch
tauſend und aber tauſend Inſecten fielen nun ſo un⸗
barmherzig daruͤber her, daß fie allen Entdeckungen
im Voraus ein Ende zu machen drohten; daher die
Colonie wieder auswandern und vor das Fenſter ge⸗
haͤngt werden mußte. Nun aber hatten auch die
Drangſale des Beobachters und ſeiner Pflegkinder
ein Ende. Die Begattung und Brut gieng gluͤcklich
voruͤber, und von allen Linksſchnecken kamen lauter
junge Rechtsſchnecken ans Tageslicht. Es ſcheint
demnach ausgemacht, daß die Linksſchnecken keine
eignen Familien ausmachen, daß nur ein ſeltſamer
Zufall an dieſer Verirrung von der gewöhnlichen
uu 3 Ord⸗
342 Weinbergsſchnecke.
Ordnun ſchuld ſey, obgleich es wieder andre geben
mag, bey denen die Muͤndung an der linken Seite
ein feſtſtehender Charakter iſt, ſo daß nun unter ih⸗
nen die Rechtsſchnecken als Baſtarde zu betrachten
waͤren.
Mit dieſen Schnecken ſtellte Schaͤfer ſehr merk⸗
wuͤrdige Verſuche uͤber die Ergaͤnzung der abgeſchnitt⸗
nen Glieder an. Schon vorher hatte er das mit
nackten Schnecken gethan, und war nicht wenig er⸗
ſtaunt, da er nicht nur die entzwey geſchnittnen fort⸗
kriechen ſah, ſondern auch die Kohlblaͤtter in Glaͤſern,
worin lauter Schnecken mit abgeſchnittnen Koͤpfen
waren, angefreſſen fand, ohne daß eine Spur von
einem neuen Kopf vorhanden war. Jetzt ſetzte er
feine Beobachtungen fort und nahm dazu Weinbergs⸗
ſchnecken. Auch ſie gaben ihm das unglaubliche
Schauſpiel, daß einige, denen er die Koͤpfe abſchnitt,
in einigen Wochen vollkommne Koͤpfe, und die, die
er des Schwanzes beraubte, Schwaͤnze bekamen.
Einer ſchnitt er ihre vier Fuͤhler ab, in einigen Wo⸗
chen waren ſie wieder ergaͤnzt; Andre machten ohne
Kopf beym Eintritt des Winters Deckel vor ihre
Haͤuſer, und giengen in die Erde. Waͤhrend ihrer
Winterruhe ruͤckte ihre Ergaͤnzung freylich nur ganz
ſchwach
Weinbergsſchnecke. 343
ſchwach fort, und ſo erwachten ſie im Fruͤhjahre wie⸗
der. Eine lebte den ganzen Winter hindurch ohne
Kopf, ja eine bekam ſogar einen Kopf ohne Fuͤhler.
Bey ſehr vielen mißlingen die Ergaͤnzungsverſuche
ganz, und ein pldtzlicher Tod folgt aus unbekannten
Urſachen auf das Zerſchneiden. Eben dieſes oftma⸗
lige Mislingen erzeugte gegen Spallanzanis und
Schaͤfers Verſuche große Einwendungen. Allein
die Sache bleibt unwiderſprechlich gewiß. Auch
Sander gelangen dieſe Verſuche vollkommen; unaufs
ibslich aber blieb ihm das Raͤthſel, wie bey ſeinen
Schnecken, die er anderthalb Jahre ohne die geringſte
Nahrung aufbewahrte, eine ſo außerordentliche
Menge von Schleim und Koth abgehen konnte.
Wir haben ſchon geſagt, daß dieſe Schnecke die
beliebte Eßbare ſey. Um nun nicht gendthiget zu
ſeyn, ſie muͤhſam zuſammen zu ſuchen, werden ſie in
großer Menge auf Schneckenbergen und in Schnecken⸗
gaͤrten gehegt. Jene legt man in Teichen an; dieſe
aber umgibt man mit Palliſaden, bedeckt ſie auch mit
Drahtgittern, um das Entfliehen der Schnecken zu ver⸗
huͤten. Zu ihrer Nahrung pflanzt man daſelbſt allerley
Geſtraͤuche, auch muß man viel dickes Moos hinein⸗
ſchaffen, in dem fie Schutz vor Hitze und Kälte ſuchen.
Mit
344 Weinbergsſchnecke.
Mit feuchter Weizenkleye kann man ſie bald fett
machen. Erſt wenn ſie, um ihre Winterruhe zu ge⸗
nießen, ſich zugedeckelt haben, genießt man ſie, ehe
ſie von ihrem Schlummer erwachen. So kommen
viele Tauſende in gluͤcklicher Unwiſſenheit aus der
Welt. Ueberhaupt iſt dieſe Winterruhe eine der größ-
ten Wohlthaten, die der Urheber der Natur mit ſo
vielen andern Geſchoͤpfen auch unſerer Weinbergs⸗
ſchnecke erwieſen hat. Ohne Beſchwerden, ohne Be⸗
duͤrfniſſe bringt fie die traurigere Jahrszeit hin. Sie
ruht mit der Natur, ſie erwacht mit ihr. Ihr Leben
iſt ein beſtaͤndiger Fruͤhling und Sommer. Die er⸗
ſten Strahlen der wiederkehrenden beſſern Jahrszeit
dringen in ihren verborgnen Aufenthalt; ſie offnet
ihre Thuͤre, kommt hervor, findet die Natur, deren
Hinwelken ſie nicht ſah, in jugendlichem Schmuck,
und badet ſich wolluͤſtig im Thau des Fruͤhjahres.
Jetzt genießt ſie mit ihren Schweſiern in geſellſchaft⸗
licher Eintracht die Freuden, die ihnen die Natur
darbiethet. Nie findet man ſie in einem Kampfe be⸗ !
griffen. Weder Brodneid noch Eiferſucht trennen fie, !
Bald erwacht nun das Verlangen, ihr Geſchlecht
fortzupflanzen. Aber auch dieß gibt keine Veran⸗
laſſung zu Zwiſtigkeiten. Denn da fie Hermaphro⸗
diten,
Weinbergsſchnecke. 343
diten, und doch immer zwey Individuen zur Begat⸗
tung ndthig find, fo dient jede der andern als Mann
und Weib zugleich. Vom May bis in den Septem⸗
ber waͤhrt dieſes Geſchaͤfte, wobey ſie ſich tauſend
Liedkoſungen machen und ihre Fuͤhler lebhaft bewe⸗
gen. Aber hier zeigt ſich ein in ſeiner Art einziges
Schauſpiel. In ihrer Brunſtzeit ſind die Weinbergs⸗
Garten⸗Wald⸗ und andere Landſchnecken mit einem
ſonderbaren kleinen Pfeile, der bey a vergroͤßert vor⸗
geſtellt iſt, verſehen. Dieſer iſt von hellweißer Falle
artiger Subſtanz, durchſichtig, an einem Ende zuge⸗
ſpitzt, am andern gerundet, faſt wie eine vierſchnei⸗
dige Lanze geſtaltet; die vier Ecken ſind haͤutig, und
die Flächen mit aͤſtigen Rinien bezeichnet. Ganz locker
ſteckt dieſer Pfeil in einer Oeffnung des Halſes, und
wenn nun zwey damit jetzt gerade verſehene Schne⸗
cken ſich gefunden haben, ſo druͤcken ſie ſich denſelben
gegenſeitig in die Bruſt, oder werfen ihn vielmehr
eins dem andern zu, und erſt auf dieſe Verwundung
erfolgt die Paarung. Dieſe ziemlich empfindliche
Liebeserklaͤrung iſt allemal das Signal. Der Pfeil
bleibt ſtecken, oder faͤllt aus der Wunde auf die Erde.
Aber fuͤr jede neue Paarung iſt auch ein neuer Lie⸗
bes pfeil vorhanden, von dem ſich außer ihr keine Spur
Würmer II. Th. * dey
346 Weinbergsſchnecke. i
bey der Schnecke findet. Wie er aber entſtehe, iſt
immer noch ein Geheimniß. Gleich nach der Paa⸗
rung geht die Schnecke in die Erde, graͤbt eine kleine
kegelförmige Hoͤhle, dreht fie mit der Nettigkeit
aus, als haͤtte ein Drechsler ihr geholfen, uͤber⸗
firnißt und polirtz die Waͤnde, legt ihre einer klei⸗
nen Erbſe gleichenden, weißen Eyer, 50 — 100 an
der Zahl, und verſchließt forgfältig den Zugang mit
muͤrber Erde. Jetzt wachſen die Eyer etwas. Nach
einigen Wochen entwickelt ſich ein Nymphenzuſtand,
in dem nur ſchwache Zuͤge von der kuͤnftigen Schnecke,
aber doch ſchon Spuren des Lebens und der Bewe⸗
gung ſichtbar find. Bald darauf entdeckt das Vers
groͤßerungsglas alles, was die groͤßte Schnecke hat,
und zugleich die lebhafteſte Thaͤtigkeit, das einer Haut
ähnliche zarte Gehaͤuſe größer und feſter zu machen.
Sie naͤhren ſich dann von den zarteſten Pflanzen,
wachſen ſehr langſam, und werden, bis auf Ausnah⸗
men und Verirrungen der Natur, ihren Eltern gleich.
Muͤßten wir nicht mit unſerm Raume ſehr ſpar⸗
ſam umgehen, ſo koͤnnten wir unſern Leſern eine kleine
Gallerie von monſtroͤſen Schnecken geben, zum Be⸗
weiſe, welche ſonderbare Erſcheinungen die Natur
zuweilen hervorbringe. Ein einziges ſeinen Eltern
ganz
Baumſchnecke. Waldſchnecke. 347
ganz aus der Art geſchlagnes Kind, wollen wir zur
Probe unſern Leſern bekannt machen. Wir ſehen es
bey 251. Wuͤrdige Conchyliologen halten dieſes ſelt⸗
ſame Geſchoͤpf fir nichts anders, als für die Mißge⸗
burt einer Weinbergsſchnecke.
Waͤre unſre Baumſchnecke (H. Arbuſtorum
252) auslaͤndiſch, ſo wuͤrde ſie mehr bewundert
werden. Denn ihre hornartige Schale iſt niedlich
marmorirt und hat regelmaͤßige, dunkle Baͤnder.
Ihre Windungen ſind etwas zugeſpitzt. In der
Mitte der gewoͤlbten Grundflaͤche befindet ſich ein
Nabel, den bey ganz ausgewachsnen der zuruͤckge⸗
bogne Saum der innern Lippe bedeckt. Faſt Zirkel⸗
rund iſt die Muͤndung. Schlangen und Eidechſen
ſtellen dieſer Schnecke ſehr nach, und wiſſen ganz
geſchickt den Bewohner aus ſeinem Hauſe zu ziehen.
Sie wird auf Hecken und in Laubwaͤldern angetrof⸗
fen, wo ſie die Gebuͤſche den Baͤumen vorzuziehen
ſcheint. |
Aber noch bunter und mannigfaltiger ift die
Waldſchnecke (H. Nemoralis, la Liurbe), deren
Bänder zu dem Nahmen Livereyſchnecke Veranlaſ⸗
ſung gaben, und die man auf Baͤumen, Gebuͤſchen,
Hecken und an den Waͤnden der Haͤuſer haͤufig genug
mu R 1 2 ſieht.
348 Waldſchnecke.
fieht. So verſchieden fie in Abſicht auf ihren Anzug
ſind, ſo daß wir unſern zwey abgebildeten Waldſchne⸗
cken (253.254) leicht eine zahlreiche Geſellſchaft
geben konnten; fo haben doch alle eine kugelfdrmige
Bildung, fuͤnf wohlgewoͤlbte Stockwerke, eine halbe
mondförmige Mündung, einen zuruͤckgebognen Lip⸗
penſaum und keine Spur von einem Nabel. Da ſie
bey aller Verſchiedenheit ihrer Gehaͤuſe ſich unter ein⸗
ander begatten, ſo entſtehen immer wieder neue Va⸗
rietaͤten. Den Bewohner ruͤhmt man als ſchmack⸗
haft. Doch wird er bey uns nicht gegeſſen. Die
Bögel lieben fie ſehr, und verdienen dadurch unſern
Dank, weil dieſe Schnecken dem Laubholz ziemlichen
Schaden thun. Im May findet man eine Menge
einfarbige, vorzuͤglich blaßgelbe an den Hecken. An
dieſer Schnecke hat ein Naturforfcher ſchoͤne Beob⸗
achtungen uͤber das Wachsthum der Schalengehaͤuſe
gemacht. Er ſah den Halskragen in einer wellen⸗
foͤrmigen Bewegung. Aus ihm trat eine Art
Schleim, der ſich an der Luft etwas haͤrtete, und
erſt ein Haͤutchen, dann den Zuwache der Schalen
bildete. Reaumur fand auf dem entblosten Hals⸗
kragen eben die Baͤnder und Zeichnungen, die die
Schale ſelbſt hatte.
a Von
Quallenboth. 340
Von trefflicher himmelblauer, violetter, auch
Purpurfarbe ift das uallenboth (H. Janthipa,
la Violette 255), zumal das oſtindiſche. Ihre Krei⸗
ſelform, wie die etwas viereckige Muͤndung gab Chem⸗
nitz Veranlaſſung, dieſe Schnecke unter die Kreiſel
aufzunehmen. Purpurſchnecke heißt ſie darum, weil
fie einen Purpurſaft aus ſpeyt und, wenn fie verwun⸗
det wird, ein Paar Purpurblaue Tropfen von ſich
gibt, die man aus Leinwand oder Papier nie wieder
herausbringt. Aeußerſt duͤnn und zerbrechlich iſt die
Schale des Quallenboths, das im mittellaͤndiſchen
und rothen Meere gefunden wird, was freylich unter
der Rubrik Landſchnecken einen Uebelſtand macht.
Aber noch weit befremdender muß es uns ſeyn, wenn
wir unſern Leſern ſagen, daß der Bewohner dieſes
Gehaͤuſes gar nicht einmal eine Schnecke ( Limax ),
ſondern eine Qualle (Meduſa) und wie dieſe eine
blauliche Schleimmaſſe ſey; daß er auf der Oberflaͤche
des Meeres in aufrechter Stellung mit unterwaͤrts
haͤngender Schale in Geſellſchaft vieler Tauſende ſei⸗
nes Geſchlechts einherſchwimme, und daß er, aus
dem Meere genommen und in eine Schuͤſſel Waſſer
geſtellt, noch aufgerichtet bleibe, wo dann die Schale
einen ſpielenden Glanz, als waͤre ſie mit Edelſteinen
N X x3 ange⸗
*
330 Lebendig gebaͤrende Waſſerſchnecke.
angefuͤllt, von ſich gibt. Hier ſah ein Beobachter elne
Art von Ruͤſſel hervortreten, aus dem lebendige
Junge von Sandkornsgroͤße herausſchluͤpften und
munter um ihre Mutter herumſchwammen. Die vie⸗
len in unſrer Abbildung ſichtbaren Blaſen, mit denen
er beſetzt iſt, leiſten ihm im Schwimmen ſehr gute
Dienſte. Er hat vier Fuͤhler, die aber, weil er nicht
ganz ausgeſtreckt iſt, gekruͤmmt erſcheinen. Bey
Nacht leuchten dieſe Thiere, und es ſoll ein prächtis
ger Aublick ſeyn, eine ganze ſolche Flotte zu ſehen.
Ein Inbegriff von Wundern iſt die lebendig
gebaͤrende Waſſerſchnecke (Vivipara, la Vvipa-
re d bandes 256), die ſich in europaͤiſchen Fluͤſſen
und ſtillſtehenden Waſſern, die einen Thongrund ha⸗
ben, aufhaͤlt. Swammerdamm hat ſich durch ihre
Unterſuchung unſterblich gemacht. Je laͤnger er
forſchte, um deſto mehr Wunder entdeckte er, die al⸗
les uͤbertreffen. Die Kryſtalle, aus der er manche
Theile zuſammengeſetzt ſah, die froſchwurmaͤhnlichen
Geſchoͤpfe und die lebendigen Jungen, mit vollſtaͤn⸗
digen Gehaͤuſen und Deckeln, die er in einigen fand,
die regelmäßigen Dornen, die das Vergroͤßerungs⸗
glas auf den Windungen zeigte, dieß und ſo manches
andre mußte ihn in Erſtaunen ſetzen. Die hornartige,
e unge⸗
Lebendig gebärende Waſſerſchnecke. 381
ungenabelte Schale hat bald hellere, bald dunklere
Guͤrtel, wenn ihr die ſchwarzgruͤne Oberhaut abges
zogen wird, und erreicht die Große einer Gartens
ſchnecke, von der ſie ſich aber durch die mehr in die
Höhe ſtehenden Windungen ſehr unterſcheidet. Der
ſchwarze, oranienfarbig geſprenlte Bewohner haͤngt
ſich mit feinem breiten Fuß an die Oberfläche des
Waſſers, und ſchwimmt ſo. Der ganze Leib ſcheint
innen und außen aus Kryſtallen zuſammengeſetzt.
Einige halten dieß fuͤr die Jungen, andre nehmen
eine eigne Art, die kryſtalliniſche Waſſerſchnecke, au.
Er iſt kein Hermaphrodit, ſondern man findet ihn
bald männlichen, bald weiblichen Geſchlechts. Die
vom letztern ſind groͤßer, und ſollen ihr Geſchlechts⸗
kennzeichen im linken, die Maͤnnchen aber im rechten
Fuͤhlhorn tragen. Nicht vorn befinden ſich ihre Au=
gen, ſondern an der Wurzel ihrer, Fühler ; die fie
nicht einziehen fonnen.: Das Weibchen gebiert les
bendige Junge, deren es 30 70 in einem außerhalb
des Koͤrpers befindlichen Sack hat. In dieſem lie⸗
gen ſie nicht gleich ausgebildet. Die Vordern ſind
weit vollkommner als die hintern, an allen aber ſieht
man ſchon die kuͤnftige Schalenhuͤlle. Gallertartige
Kuͤgelchen, die ihre erſte Nahrung ſind, umgeben ſie.
Sobald
35335 Geköpfte Schnecke.
Sobald ſie ſich reif fuͤhlen, ſo ſprengen ſie ihre Ey⸗
huͤlle, bleiben aber in dem muͤtterlichen Sacke, bis
ſie ſtaͤrker werden. Wir ſehen ſie bey b in ihrer
Feuchtigkeit ſchwimmend, mit einer Art von Strang,
der fie an der Mutter befeſtiget. Gar lebhaft ſchwim⸗
men ſie herum. Sehr merkwuͤrdig iſts, daß man an
Jungen, die noch im Eyerſtock waren, ſchon kleine
Deckel der Gehaͤuſe fand. Vielleicht ſollten ſie dieſe
vor den Aufaͤllen unſichtbarer Raubinſecten ſchuͤtzen.
Wen ſollten die gekoͤpften Schnecken nicht
befremden, deren wir die weiße (H. Decollata alba,
la Vis tronquee, Enfant au maillot de Montpeiller
257) und die bandirte (H. Decollata faſciata, “ En-
font au Maillot ruband 258) vor uns ſehen? Deut:
lich bemerkt man am abgeſtumpften Theil einen
Schnirkel. Iſt nun hier wohl eine Beſchaͤdigung
vorgegangen? Oder brechen ſie ſelbſt die hinterſten
Stockwerke los, wenn ſie ihnen zu enge werden?
Haben ſie wohl eine Spitze gehabt, ſo daß wir bloß
die Ausbeßrung vor uns ſehen? Iſt der abgeſtumpfte
Kopf Natur, oder iſt er bloß Nothhuͤlfe, ſo wie man⸗
che an der Wirbelſpitze beſchaͤdigten Schnecken wirk⸗
lich das Loch mit einem ſchneckenfoͤrmigen Deckel
verſchließen? Das Letztere ſcheint das Wahrſchein⸗
lichere.
2 hr
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Ill
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e
A
Großes Spitzhorn. 353
chere. Vielleicht hat dieſe Schnecke einen Feind,
der fie vorzüglich an der Wirbelſpitze angreift; viel⸗
leicht verliert fie dieſe, wenn fie ſich in die Erde vers
kriecht. Dann muß ſie ſich einſchraͤnken, und in den
noch uͤbrigen Stockwerken leben; unerklaͤrlich bleibts
aber immer, daß man noch keine mit der Wirbelſpitze
fand. Im ſuͤdlichen Europa und in Africa iſt ſie
zu Hauſe. =
Schon bey diefer Landſchnecke ſahen wir, daß
dieſe eben nicht immer rund ſeyn muͤße. Noch mehr
fällt das beym großen Spitzhorn (H. Stagnalis,
le grand Buccin 259) ins Auge. Sie gehoͤrt zu den
größten Flußſchnecken, und iſt gelblich und aͤußerſt
duͤnne. In Teichen, Graͤben, Fluͤſſen und Suͤmpfen
wohnt ſie. Ihr Bewohner ſoll ſeine Fuͤhler in meh⸗
rern Aeſten, wie Hirſchgeweihe, ausſtrecken konnen.
Daß er Polypen freſſe iſt gewiß. Denn als einſt ein
Naturforſcher ein Paar ſolche Spitzhoͤrner mit einer
großen Armpolypenzucht in ein Glas that, um die
ſich anſetzenden Mooſe, die die Einſicht in dasſelbe
truͤb machten, abzuweiden, ſo leiſteten ſie das zwar
ſehr gut, aber fie verſchlaugen auch zu feinem großen
Verdruſſe die Polypen. Dieß iſt darum auffallend,
weil die gefraͤßigſten Waſſerthiere die Polypen nicht
Wuͤrmer II. Th. Dp an⸗
354 | Ohrſchnecke.
anruͤhren. Dafuͤr aber freſſen dieſen Schalwurm auch
die Dohlen, Raben und andre Vögel, wenn er ruhig an
der Oberflaͤche des Waſſers, mit unterwaͤrts haͤngen⸗
dem Gehaͤuſe ſchwimmt, aus dieſem heraus, von dem
nun die Waſſerſpinne Beſitz nimmt und vor die Muͤn⸗
dung einen Vorhang ſpinnt, hinter dem ſie ruhig ihr
Weſen treibt. Die Fortpflanzung dieſer Schnecke iſt
eine Sammlung von Wundern. Dabey ſind immer
mehr als zwey geſchaͤftig, die an einander haͤngen. |
Und wer follte glauben, daß die ſeltſame Wurſt, die
wir bey c vor uns ſehen, ihr Werk ſey. Sie uͤber⸗
zieht Holz oder etwas dergleichen mit Gallert, worein
ſie mehr als hundert Eyer ſetzt. Die ſchwarzen
Puncte ſind die Embryonen. Ziemlich unverhaͤltniß⸗
maͤßig folgen bey dieſer Schnecke nach der erſten,
bauchigen Windung, die ſehr ſpitzig zulaufenden
kleinern. Ihre Muͤndung iſt ſehr weit. Doch nicht
ſo weit als bey der Ohrſchnecke (H. Auricularia,
le Buccin ventru, radis fluviatile, bauchiges Spitzhorn
260), an der die Aehnlichkeit mit einem Ohre nicht
allzuſehr in die Augen ſpringt. Die Hollaͤnder ma⸗
chen aus ihr ein Maͤuſeohr. Bauchſchnecke heißt fie
nicht uͤbel; denn ſie iſt faſt ganz Bauch, die andern
Windungen aber ſind ein faſt unmerklicher Anhang.
Ihr e
Zauberſchnecke. Steinpicker. 355
Ihre Schale iſt grauweiß, durchſichtig und feder⸗
leicht; ſo lang der Bewohner in ihr iſt, hat ſie
ſchwarze, auch goldgelbe Flecken. In ſtehenden
Waſſern iſt ſie zu finden.
Durchaus ohne Zauberey geht es zu, daß die
huoͤchſt ſonderbare Zauberſchnecke (H. Scarabzeus,
la Guele de Loup 261) nach Regenguͤſſen ſehr haus
fig auf Amboina geſehen wird, und weder Regen noch
Stuͤrme fuͤhren ſie herbey, wie man durch ihre Nah⸗
men Regen: Sturm:Schnede andeuten wollte. Sie
verläßt, wie viele andre Schnecken, alsdann ihre
Schlupfwinkel und erſcheint freylich zahlreicher als
fonft. Ihre enge, bogenfoͤrmige Mündung, hat
nach dem Alter mehr oder weniger Zaͤhne von vers _
ſchiedner Größe. Die braunrdoͤthliche Schale iſt artig
marmorirt, und weiße, gekerbte Guͤrtel bezeichnen die
Windungen. Im Innern befindet ſich keine Spin⸗
delſaͤule, ſondern die Abſaͤtze der Stockwerke treten
etwas heraus und bilden an den Seitenwaͤnden eine
Schneckenlinie.
Ob der Steinpicker (H. Lapicida, le Planorbe
terreſtre, von oben (262 a) von unten (262 h), wirk⸗
lich die Kunſt verſtehe, Kalkſtein zu zernagen, muͤ⸗ |
vr wir dahin geſtellt ſeyn laſſen. Sein faſt beſtaͤn⸗
— Yy 2 diger
356 Schnlrkelſcheibe. Stußsappfrm
diger Aufenthalt in Wurzeln und alten Baumſtäm⸗
men ſpricht eben nicht gar ſtark dafuͤr. Uebrigens
macht ihn der ſcharfe Rand, der den obern Theil der
Schale von der tiefgenabelten Grundflaͤche ſcheidet,
merkwuͤrdig genug. Rothbraune Flecken auf roſtfar⸗
bigem Grunde geben der hornartigen, durchſichtigen
Schale ein etwas buntes Ausfehen, und ein weißer
Rand umgibt die eyfoͤrmige Muͤndung.
Mehrere Landſchnecken ſind aͤußerſt flach. Man
machte aus ihnen ein eignes Geſchlecht und nannte
ſie Tellerſchnecken, Poſthoͤrner (Planorbes). Wir
zeigen von ihnen unſern Leſern die ſchoͤne Schnir⸗
kelſcheibe (H. Polygyrata 263), die bisher nur
noch das Kaiſerliche Cabinett in Wien beſitzen ſoll.
Sie iſt fcheibenförmig und oben flach, unten hohl.
Zehn wohlgerundete, fein geſtreifte Windungen bil⸗
den eine regelmaͤßige Schneckenlinie. Ein weißer
Saum umgibt die laͤnglich runde Muͤndung. Iſt
dieſe platt und tellerfoͤrmig, fo ſollen unſere Leſer in
der Fluß papſtkrone (H. Amarula, la Dare noire
264. 265) auch eine thurmfoͤrmige Landſchnecbe ſe⸗
hen. Sie kommt aus den ſuͤßen Waſſern Oſtin⸗
diens mit einem ſchwarzen Ueberzug. Nimmt
man dieſen hinweg, " * ſie ein braunes Kleid, |
und
—
Labyrinth. Milchnapf. 357
und zieht man ihr auch dieſes aus, ſo erſcheint ſie
in der Farbe der Unſchuld. Die Zahl der Stockwerke
richtet ſich nach dem Alter. Sie ſind mit Spitzen
bekrönt. Die eyfoͤrmige Mündung hat unten keinen
Einſchnitt. Der Bewohner iſt eßbar aber etwas bitter.
Eine der bewundernngswuͤrdigſten Landſchnecken
iſt das Labyrinth (H. Labyrinthus, le Labyrin-
the 266), deſſen Mündung eins der größten Kunſt⸗
werke der Natur iſt. Die ſonderbaren, ſchneeweißen
Lefzen haͤngen in labyrinthiſchen Kruͤmmungen weit
uͤber den Rand der Schale herab. Wenn erſt die Zu⸗
kunft eine nähere Kenntniß des Bewohners und feiner
Sitten verſchafft, dann wird man im Stande ſeyn,
uͤber die weiſen Abſichten der Natur bey dieſer Min:
dung zu urtheilen, Die Heimath diefer wunderbaren
Conchylie iſt ungewiß, vermuthlich kommt fie aus
Weſtindien. 5
Wir thun wohl am beſten, wenn wir den Milch⸗
napf (H. Haliotoidea, “ Oreille de Venus 267) an
die Graͤnze ſtellen, da er einen ſehr ſchicklichen Ue⸗
bergang zu den Meerohren macht. Man findet ihn
weiß; aber auch roͤthlich und gelbbraun. Der flache
Ruͤcken iſt niedlich gegittert. Sehr flach und ſchuͤſ⸗
ſelfbrmig, wie gewiſſe Milchgefaͤße, find die Conchy⸗
Ny 3 lien
358 Schwimmſchnecken.
lien, die man Milchnaͤpfe nennt und haben eine weite
Mündung. Sie ſcheinen in allen Welttheilen, je⸗
doch nicht gar haͤufig vorzukommen.
*
—
Tab. XXXVI.
Schwimmſchnecke. Nerita.
Der Knotennabel (208. 260). Das Roth⸗
auge (270. 271). Die Dornenkrone (272.
273). Die Flußnerite (2742790). Der
blutige Zahn (280. 281).
Eine halbrunde, oder halbmondfoͤrmige Muͤndung
iſt das Hauptkennzeichen der Schwimmſchnecken oder
Neriten, worauf auch ihr franzdͤſiſcher Geſchlechts⸗
nahme (Limagons a Bouche demi ronde) zielt.
Ihren innern Bau findet man weit einfacher und
kunſtloſer, als bey andern Conchylien, und oft be⸗
ſteht die ganze Schale aus einer einzigen Kammer.
Nur wenig erhebt ſich bey einigen der Wirbel, indeß
er bey andern glatt und flach iſt. Ob die Leichtigkeit
ihrer Schalen Veranlaſſung gab, ſie Schwimmſchne⸗
cken, und ihre Schoͤnheit, fie nach dem Meergotte
Nereus, Neriten zu nennen, wiſſen wir nicht; ſoviel
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Knotennabel. 359
aber ift gewiß, daß fie ihren Nahmen Klappenſchne⸗
cken daher führen, weil ihr Muͤndungsdeckel ſich wie
eine Klappe, oder wie ein halber Thorfluͤgel, oͤffnet
und ſchließt. Einige ſind genabelt, andre ungena⸗
belt, einige gezaͤhnt, andere zahnlos, einige bewohnen
das Meer, andre die Fluͤſſe. Unter den letztern gibt
es vorzuͤglich ſchoͤne und farbenreiche, Der Bewoh⸗
ner hat ſehr lauge, duͤnne Fuͤhlhoͤrner, die er im Fort⸗
gehen unaufhoͤrlich auf und niederbewegt. Dieß ges
ſchieht fo regelmäßig, als ob er den Tact zu feinem
Gange ſchluͤge. Man kennt 72 Arten.
Die vorzuͤgliche Schönheit der Zeichnung erwarb
dem Rnotennabel (N. Canrena, Aile de Papil-
lon, Perdrix 268) auch den Nahmen Schmetter⸗
lings fluͤgel. Sein Farbenkleid iſt nicht immer das⸗
ſelbe, und Aufenthalt und Nahrung moͤgen viel bey⸗
tragen, daß man es bald dunkel braunroth, bald
hell gelblich, auch weiß findet. Die vier breiten
Binden mit halbmondfoͤrmigen Flecken und die flam⸗
menaͤhnlichen Streifen gegen die Windungen hin,
um deren zweyte nur noch Eine Binde, aber ganz
verloren, lauft, machen eine vortreffliche Wirkung.
Die Windungen endigen ſich in eine ſtumpfe violette
— Gegend des ſo ſonderbaren Nabels
au
3660 Riothauge. |
an der Grundfläche (269) iſt fie ſchneeweiß. Die
Spindellippe gleicht dem fchönften weißen Email.
Sie bildet oberwaͤrts am Bauche einen Wulſt, Unter
waͤrts aber einen weit dickern Lappen. In der Mitte
iſt ein Ausſchnitt, wodurch ſich der tiefe ſpiralfoͤrmig
gewundne Nabel zeigt. Die weite halomondförmige
a Oeffnung verſchließt ein ſchneeweißer, ſteinſchaliger
Deckel mit vielen Rinnen und Vertiefungen, die uns
unſre Abbildung zeigt. Die innern Waͤnde dieſer im
mittellaͤndiſchen und im oſt⸗ und weſtindiſchen Meere
einheimiſchen Schnecke, haben eine lichtbraune, auch
violette Glaſur.
In den ſuͤßen Waſſern Oſtindiens und der Suͤd⸗
feeinfuln Halt ſich das Rothauge (N. Pulligera 270)
auf, und iſt wohl eine der groͤßten Schnecken, die in
ihnen gefunden wird. Nur zwey Windungen hat die
ungemein leichte Schale, die man mit einer braunen
Rinde uͤberzogen und am Wirbel meiſtens ausge⸗
hoͤhlt, als wäre fie angefreſſen, findet. Voll eyfoͤr⸗
miger Warzen ſitzt die Oberfläche. Man hält dieſe
für die Eyer, die dieſe Schwimmſchnecke, wie die bes
kannte Pipa, auf dem Ruͤcken ausbruͤten ſoll. Aber
weit wahrſcheinlicher ſind es die | ir end eines
Schmarozers, der ihr feine Brut auf Und
eben
sin 8
T. Ar.
DDR,
WE
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n
Dornenkrone. 361
eben darum iſt ihr Nahme Junghecker oder die brut⸗
tragende nicht paſſend, weil er jenen Wahn beguͤnſti⸗
get. Ihre Muͤndung (271) iſt weit, halbmondfdrmig;
die ſehr flache innre Lippe hat einen bleyfarbigen
Glanz und faſt unſichtbare kleine Zaͤhne; die aͤußere
nach innen zu eine rothgelbe Farbe, von der ſie eben
nicht allzupaſſend Rothauge heißt, und geht gegen
den Wirbel zu in einen ſpitzigen Zahn uͤber. An die⸗
ſen ſchließt ſich der Deckel, den ſeine rothen, ſchwar⸗
zen und gelben Adern, und der achatartige Glanz zu
einem der ſchoͤnſten Schneckendeckel Naben den
man kennt.
Unter die ſeltenſten 50 wunderbarſten Schwim̃⸗
ſchnecken, gehdrt unlaͤugbar die Dornenkrone (N.
Corona, la Nerite epineuſe 272. 273), die man in
den Fluͤſſen und Baͤchen der Inſul Maurice findet.
Eine kleinere etwas marmorirte Art trifft man in der
magellaniſchen Straße und in Weſtindien an. Bey
der Unſrigen umgibt eine pechſchwarze, runzlige
Oberhaut die weiße Schalenhuͤlle. Wie Palliſaden
umgeben die Windungen lange, hohle Stacheln in
unbeſtimmter Anzahl. Sie ſcheinen ſich mit dem zu⸗
nehme chsthum der Schale zu vermehren,
indem wenn dieſe einen neuen Anſatz bekommt, alle⸗
Wuͤrmer II. Th. 33 mal
362 Flußnerite. Blutiger Zahn.
mal ein ſolcher Schnabel, der zuvor an der Ecke der
Muͤndung war, zuruͤckbleibt. Im Grunde war alſo
jede Spitze zuerſt der Weg, die Nahrung einzuneh⸗
men, und keine Waffe zur Vertheidigung. Vielleicht
konnte der Bewohner eine Zunge durch dieſe ſtachel⸗
artige Röhre ſtrecken. Die innern Wände dieſer
Conchylie ſind ſchmutzig weiß. |
Unendlich find die Verſchiedenheiten der Fluß⸗
neriten (N. Fluviatilis, la Werite des Rivieres),
Wir geben unſern Leſern zum Beweis davon ein Paar
weſtindiſche (274. 275) und einige europaͤiſche (276
279). So klein ſie zum Theil ſind, ſo kann man
die Schoͤnheit der Farben und die Zierlichkeit der
Baͤnder doch nie genug bewundern. Auch in ihrer
Form herrſcht eine große Mannigfaltigkeit.
Wir haben ſchon von Schwimmſchnecken mit
Zaͤhnen einen Wink gegeben. Der blutige Zahn
(N. Peloronta, la Cu tte ſaignante 280) wird
uns die Sache anſchaulicher machen. Man findet
dieſe Schnecke, deren Wirbel ſich etwas mehr erhebt,
als bey andern Neriten, in einem aͤußerſt mannigfal⸗
tigen Farbenkleide, das bald voller Furchen und Strei⸗
fen, bald aber eben und voͤllig glatt 2 nmer aber
bemerkt man an der Muͤndung (281) den äußern
ſchar⸗
Ä Meerohren. 363
ſcharfen Lippenrand nach innen zu gezaͤhnt, die innere
Lippe aber voll blutrother Flecken, Runzeln und
Zähne, fo daß ſie einem blutigen Zahnfleiſche gleicht.
Aſien auch Weſtindien iſt die Heimath dieſer Schnecke.
Im Miſiſippi Strom wird eine fauftgroße, ſehr bau⸗
chige Nerite mit Streifen gefunden und von den In⸗
dianern gättlich verehrt. Reich verziert ſtellen ſie dieſe
Schnecke auf, zuͤnden ihr Weihrauch an, und flehen
zu ihr um Huͤlfe. Wir erſtaunen uͤber dieſe Verirrung
des menſchlichen Geiſtes, und mit Recht. Allein ver⸗
ehrten ja auch die welt gebildetern Aegyptier den Och⸗
ſen Apis, ja Hunde und Katzen, wegen der Gemein⸗
nuͤtzigkeit dieſer Thiere, die Syrer Fiſche, die Juden
ein goldnes Kalb u. d. m. und ſollte wohl eine ſchoͤn ge⸗
formteConchylie zur offentlichen Verehrung ausgeſetzt,
empdrender ſeyn, als die Japaniſche Goͤttergeſtalten,
Tiedebaik, Quanwon und andre, die den abſcheu⸗
lichſten Zerrbildern gleichen.
iR 7
+
Tab. XXXVII.
Meerohr. Haliotis.
Das Knotenohr (282. 283). Das nenſee⸗
laͤndiſche (284. 285). Das Nunzel⸗
ohr (286) 287).
Auch beym fluͤchtigſten Anblick der Meerohren muß
N es
364 Merrohren.
es uns ins Auge fallen, daß wir an der Graͤnze der
Schnecken mit ſichtbaren Windungen ſtehen. Flach,
weit und muſchelartig iſt ihre Schale und nur eine
ganz ſchwache Kruͤmmung zeigt die Spuren einer
dreyfachen Windung. Nicht übel gewählt iſt der
Nahme Ohr, den auch faſt alle Nationen wegen der
treffenden Aehnlichkeit beybehalten haben. Eine
Menge von Streifen, die vom Wirbel aus halbzir—
kelformig nach dem aͤußern Rande laufen, und bo⸗
genfdrmige Querfalten, die dieſe durchkreuzen, ſieht
man auf der Oberflaͤche. Fleiſchfarbig, auch ſeegruͤn
mit dunkeln Stellen oder Wolken iſt gemeiniglich ihr
Ueberzug. Je aͤlter, deſto faltenvoller werden ſie,
und ſchwer iſt die ſteinſchalige Rinde wegzubringen,
die ſie dann umgibt. In der Jugend ſind ſie weit
runzelloſer und reiner. Eine Reihe von Loͤchern ſieht
man in dieſen Schalen, Die vorderſten ſind offen,
die hintern aber zugeſtopft, ſo daß ſie kleinen Warzen
gleichen. Wahrſcheinlich dienen ſie dem Bewohner
theils zum Auswurf der Unreinigkeiten, theils zum
Athemhohlen, fo wie zum Einziehen und Ausſpruͤtzen
des Waſſers. Innen iſt die Vertiefung der Meer⸗
ohren ſehr merklich. Hier zeigt ſich ein breiter, fla⸗
cher Verlenmutterartiger Rand, ja das Ganze iſt
Perlenmutter und hat zuweilen ſchoͤne Perlen. Deut⸗
| lich
Knotenohr. 365
lich ſieht man, daß von innen heraus der Bewohner
die oben genannten Locher durch die Schale macht.
So wie er dieſe vergrößert, fo laßt er ein Loch, wor
von die halbmondfoͤrmige Einkerbung am vordern
Rande ſchon eine Spur iſt. Dagegen aber ſtopft er
eins der hintern noch offnen zu. Er iſt eine Schnecke,
die am Kopfe vier Hoͤrner traͤgt, an deren kuͤrzern
ſich die Augen befinden. Eßbar, aber unverdaulich
iſt ſein Fleiſch. So lange er in ſeiner Schale iſt, ſo
ſteht der gewoͤlbte Theil nach oben, und er traͤgt ſie
wie ein Schneckenhaus auf dem Ruͤcken. Er haͤngt
ſich in gleicher Höhe mit dem Spiegel des Meeres
an Felſen und iſt ſchwer loszumachen. Ob er wirk⸗
lich ans Land gehe und Gras freſſe, muͤßen wir dahin
geſtellt ſeyn laſſen. Alle Meere beſitzen Meerohren,
uur find die oſtindiſchen und neuſeelaͤndiſchen bey
weitem die ſchoͤnſten unter den 19 bekannten Arten.
Die Indianer machen niedliche Kunſtwerke daraus.
Voller Knoten und Falten iſt das Anotenobe
(H. Tuberculata, “ Oreille verte, tuberculde) ; das
wir von außen (282) und von innen (283) vor uns
ſehen. Merklicher als bey andern ſteht bey ihm der
durch drey Windungen gebildete Wi bel wie ein Knopf
hervor. Gemeiniglich find an dieſem Meerohre 6—9
e offen. Der Ruͤckgrath, das iſt die *
5 353
366 Knotenohr.
die zwiſchen den Löchern und dem dicken ſich nach der
hohlen Seite einbiegenden Rande ſich befindet, iſt
ziemlich breit und voller Furchen. Jener Rand dient
eigentlich zum Schutz der empfindlichſten Theile des
Bewohners. Außen iſt die Schale gruͤn, mit weißen
Wellen, zuweilen rothbraun, auch gelb; innen fpielt
ſie opalartig, je nachdem man ſie haͤlt, in alle moͤg⸗
lichen Farben. Faſt in allen europaͤiſchen Meeren
und in Oſtindien iſt dieſes Meerohr zu Hauſe. Ob⸗
gleich an ihm, wie an dieſer Gattung von Conchy⸗
lien uberhaupt, die ſpiralfoͤrmigen Windungen ſich
nicht gar weit erſtrecken, ſo wollen wir doch hier einer
ſonderbaren Eigenſchaft mancher Conchylien, die eine
Folge ihres Baues iſt, erwaͤhnen. Dieſer pflanzt
den Schall außerordentlich ſtark fort. Haͤlt man ſie
ans Ohr, ſo verkuͤndigt ein Sauſen die Bewegung
der Luft, und was man leiſe hineinſpricht, kehrt mit
ſtaͤrkerm Laut aus der Schnecke zuruͤck. Der Phy⸗
ſiker wird erklaͤren, woher das komme. Daß aber
Schnecken den Tyrannen Dionys veranlaßt haben
ſollen, ein Gefaͤngniß ohrfoͤrmig und im Mittelpuncte
der Spirallinie ein Zimmer zu bauen, um auch die
leiſeſten Klagen der Gefangnen zu hören, ſcheint
man ohne Grund anzunehmen, indem Tyrannen
überhaupt die Natur wenig beobachten, und immer
3 elende
Neuſeelaͤndiſches Meerohr. 367
elende Werkzeuge ihrer Haͤrte finden, die ſie der
Muͤhe des Denkens uͤberheben. |
Weit ſchoͤner als das Knotenohr iſt das neuſee⸗
laͤndiſche Meerobr (H. Iris, la grande Oreille de
mer de la nouvelle Zeelande). Faſt ſollte man glau⸗
ben, auch bey dieſen Geſchoͤpfen bringe das heiße
Clima alles zu einer groͤßern Vollkommenheit und
entwickle reizendere Farben. Die unbeſchreibliche
Schönheit verſchaffte dieſer Conchylie den Nahmen
Regenbogenohr, der etwas ſchicklicher, als der fran⸗
zoͤſiſche Affenohr, ſeyn möchte. Außen hat fie eine
ſtaͤrkere Woͤlbung, als andre Meerohren, und eine
Menge Runzeln und faltiger Querſtreifen. An der
Hoͤhe des Ruͤckgraths zeigen ſich die bekannten Löcher
theils offen, theils verſchloſſen. Das braungeſtreifte
Oberkleid (284) verſpricht nicht viel; aber ſobald man
dieſes abzieht, noch mehr aber, wenn man dieſes
Meerohr umwendet (285), ſo zeigt ſich ein Farben⸗
reichthum, der mit allem wetteifert, was die Natur
Praͤchtiges hervorgebracht hat. Ihre Perlenmutter
ſpielt in alle moͤglichen Farben, mit dem reichſten
Gold: und Silberglanz, fo daß man dieſes Schau⸗
ſpiel nur mit dem, das der Colibri und der Pfauen⸗
ſchweif und der Taubenhals gibt, vergleichen kann. Es
er | if
368 Runzelohr.
iſt als ob man eine praͤchtige Kupferſtufe mit allen den
in ihr ſpielenden blauen, rothen, gruͤnen, gelben Far⸗
ben, verbunden mit dem reizendſten Goldſchiller vor
ſich ſoͤhe. Worte und Pinſel vermögen hier nichts, da
man dieſes Meerohr, womit Cook die Cabinette be⸗
reichert hat, durchaus ſelbſt ſehen muß.
Um auch von dem Bewohner der Meerohren eine
richtige Vorſtellung zu bekommen, zeigen wir unſern
Leſern das Runzelohr (H. Striata) von oben (286)
und von unten (287). Von der Schale iſt wenig
mehr zu ſagen, als daß ſie außen braun voller Run⸗
zeln und Querfalten, innen perlenmutterartig mit ei⸗
nem violetten Schiller iſt. An ihrem Bewohner ſehen
wir den dicken, aſchfarbigen Kopf mit weißen Strei⸗
fen, vier blaßgruͤne Fuͤhler, deren untere mit Augen
verſehen ſind, und einen weit uͤber die Schale her⸗
vorragenden weißen Fuß. Durch ein Loch ſtreckt er
ein Stuͤck von ſeinem weißen, gruͤn eingefaßten
Mantel wie eine dreyeckige Zunge heraus. Vielleicht
dient dieß zum Athemhohlen. Der Fuß iſt mit Fran⸗
ſen geziert, deren dieſes Thier uͤberhaupt eine Menge
von der kunſtreichſten Einrichtung hat. Von unten
ſehen wir die Ritze, die das Maul iſt und die Woͤl⸗
bung des Fußes. |
Tab.
1
IE U Me 369
Tab. XXXVIII.
IV. Einſchalige Conchylien ohne
Windungen. |
Univalvia fine Jpira.
Napfſchnecke. Patella.
Die Neritenfoͤrmige (288. 289). Die ge⸗
meine (200). Die Matrofenmüse (291).
Die aufgeſchlitzte Dragonermuͤtze (20 2.203).
Die Flußpatelle (294-296). Das Ziegens
auge (207). Der Meduſenkopf (208). Das
chineſiſche Dach (299. 300). Die ſieben⸗
ſtrahlige Sternpatelle (301). Das
Feſtungswerk (302). |
| Theils gar keine Windungen, theils nur ganz ſchwache
Spuren derſelben, bemerkt man dey der Schalwuͤr⸗
mer Familie zu der wir jetzt kommen, und die man
deßwegen Schnecken ohne beſtimmte Windungen
nennt. Sie haben zum Theil einfache Schalen,
zum Theil roͤhrenfoͤrmige Gehaͤuſe.
Eine zahlreiche Gattung von 237 Arten machen
die Napfſchnecken (1’Oeil de Boue, Arapede) oder
Patellen aus. Je nachdem man auf ihre napf und
und ſchuͤſſelformige Geſtalt, oder auf ihren glaͤnzen⸗
Wuͤrmer II. Th. A a a den
370 Napſfſchnecken.
den Wirbel, oder auf den ausgezackten Rand, oder
auf ihr Anhaͤngen an Klippen ſah, ſo nannte man ſie
Napf⸗ und Schuͤſſelmuſcheln, Bocksaugen, Stern⸗
muſcheln, Klippkleber. Der letzte Nahme iſt vor⸗
zuͤglich paſſend. Denn wenn andre Thiere ihr Heil
in der Flucht ſuchen, fo drückt ſich unſre Napfſchnecke
immer feſter an ihre Klippe, ſo daß die Schale hart
anliegt. Man hat, um die Kraft, mit der ſie ſich
anhaͤlt, zu beſtimmen, ein an einem Seile uͤber eine
Rolle laufendes Gewicht an ihre Schale gehaͤngt
und gefunden, daß 30 Pf. erforderlich ſind, wenn
das Thier endlich loslaſſen ſoll. Nur ſein eigner
Wille loͤst die Bande plotzlich. Die einfache, un⸗
gewundne Schale der Napfſchnecken iſt oben ronver,
unten concav und hat dͤfters die Form eines abge⸗
kuͤrzten Kegels. Einige haben Oeffnungen am Wir⸗
bel, die zum Ein⸗ und Auslaſſen von Luft und Waſſer
und zum Auswurf der Unreinigkeiten dienen moͤgen;
andre haben verſchloſſene Wirbel; bald iſt dieſer gera⸗
de, bald krumm, bald ſpitzig, bald ſtumpf, und auch
in Abſicht auf die Oberfläche der Schalen und ihren
Rand findet man eine große Mannigfaltigkeit; denn
ſo wie dieſer bald glatt, bald gekerbt, bald gezackt iſt,
| fo findet man jene bald knotig, bald vollkommen
eben,
Neritenfoͤrmige Napfſchnecke. 371
eben, bald geſtreift. Oft prangt ihr Aeußeres und
Inneres mit den ſchoͤnſten Farben, und die magella⸗
niſche Straße und die Falklands Inſuln liefern meh⸗
rere, die, gegen das Licht gehalten, trefflich vergol⸗
dete Wirbel, innen aber einen Silberglanz haben.
Wendet man die Napfſchnecken um, ſo ſieht man bey
einigen nicht das geringſte von Kammern, Zaͤhnen
u. d. m. Bey einigen haͤngt aber doch eine hohle,
zugeſpitzte Roͤhre vom Wirbel herab, andre theilt ein
halbmondformiges Blatt in zwey Kammern. Einen
cylindriſchen, unten ſchraͤg abgeſchnittnen Kopf hat
der Bewohner. Sein Maul ſieht geſchloſſen einem T,
geöffnet aber einem eyfoͤrmigen Loche gleich, in dem
man Kinnladen und Zaͤhne bemerkt. Der Mantel
legt ſich um den Rand der Schale, und hat drey
Reihen Faſern und uͤber ihnen einen Kranz von un⸗
gleichen Zacken. An dem großen Fuße bemerkt man
kleine Saugwarzen, die bald hervor: bald zuruͤcktre⸗
ten. Langſam iſt der Gang dieſes Geſchopfs. Will
es vorwaͤrts, ſo ſtuͤtzt es ſich feſt auf den vordern
Rand ſeines Fußes und zieht nun das uͤbrige nach.
Jung ſieht es ſchmutzig weiß, im reifern Alter aſch⸗
grau, und als Greis ſchwarz aus. Die Fußſohle
bleibt immer weiß. Kleine Wuͤrmer, Lehm und
Aa a 2 Schilf
—
372 Gemeine N. Matroſenmuͤtze.
Schilf ſind ſeine Nahrung. Es wird von den Men⸗
ſchen gegeſſen.
Faſt möchte man die neritenförmige Napf⸗
ſchnecke (P. Neritoidea) aus Indien fuͤr eine
Schwimmſchnecke halten. Allein, da ihr hinterwaͤrts
gebogner Wirbel keine Windungen hat, ſo kann ſie
nicht dafuͤr gelten. Ihre wohlgewoͤlbte weiße Schale
ſcheint mit einem violetten Netze uͤberzogen zu ſeyn.
Der Schnabel, oder der verlaͤngerte Wirbel iſt ſchnee⸗
weiß (288). Im Innern (289) bildet eine 800
Kammern. |
Theils als Speise theils als Koͤder ſehr beliebt
iſt in England die gemeine Napfſchnecke (P. Vul-
gata 290); doch erreichen die Indianiſchen dieſer Art
eine weit betraͤchtlichere Größe und werden vier Zoll
breit und zwey tief. Anſehnliche Rippen hat ihre
ſtarke Schale, die außen weiß oder grau mit 4 roſt⸗
farbigen Binden, innen aber bierfarbig mit bluth⸗
rothen Flecken iſt.
Man kann ſich ſchon aus dem Nahmen die Form
der Matroſenmuͤtze (P. Hungarica, le Bonnet de
Dragon 291) ſowohl, als auch der aufgeſchlitz⸗
ten Dragonermuͤtze (P. Fiſſura 292) vorſtellen.
f Bepde ſind am erw fo gebogen, daß fie an die
! Zipfel
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Flußpatelle. Ziegenauge. 373
Zipfel gewiſſer Muͤtzen erinnern. Jene, die aus
Indien und dem mittellaͤndiſchen Meere kommt, hat
eine duͤnne, zartgeſtreifte Schale, die weiß und roͤth⸗
lich gewoͤlkt iſt; dieſe aber, die im Genferſee und
auch um Algier wohnt, hat an einer Seite der Scha⸗
le einen ſichtbaren Spalt (293) und eine fahlgelbe
Farbe. | |
Auch die kleine Slußpatelle (P. Lacuftris), die
freylich unter den Seepatellen keine große Rolle
ſpielt, nennt man kleine Dragonermuͤtze. Man fin⸗
det ſie in den europaͤiſchen ſuͤßen Waſſern von ver⸗
ſchiedner Größe und Farbe (294-296), Immer aber
iſt der Wirbel etwas uͤbergebogen und die Schale
von ziemlich gemeiner Farbe. Merkwuͤrdig iſt es,
daß die Flußpatellen, die bey Zelle in einem ſalzigen
Waſſer gefunden werden, den Perleumutterglanz
mehrerer Seepatellen haben. |
Sehr mannigfaltig in Abſicht auf Größe und
Farbe trifft man im mittellaͤndiſchen Meere das Zie⸗
genauge (P. Græca, le Lepas à treillis, le Gival
297) an. Die von zirkelfdrmig laufenden Streifen
regelmaͤßig durchkreuzten Rippen machen dieſe Pa⸗
telle einem Gitter ähnlich, Sie hat eine eyformige
Geſtalt, einen gefalteten Rand, und einen etwas er⸗
Aaa 3 hab⸗
374 Meduſenhaupt. Chineſiſch. Dach.
habnen Wirbel mit laͤnglich runder Oeffnung, die ihr
den Nahmen Schluͤſſelloch erwarb.
An den Klippen des indianiſchen Meeres haͤngt
ſich eine Napfſchnecke an, die am Wirbel zwey au⸗
genaͤhnliche Flecken und ſehr ſtarke, ſtrahlenformige
Doppelrippen hat. Man nannte ſie deßwegen Me⸗
duſenhaupt (P. Lacinioſa, l’Etoile a tete de me-
duſe 298), auch Sternpatelle. In den tiefen Fur⸗
chen befinden ſich zarte Querſtreifen. Eigentlich iſt
dieſe Patelle braun. Sorgfaͤltiges Abreiben macht
ihre Schale heller.
In der neritenfoͤrmigen ſahen wir eine Patelle,
die an der innern Seite eine Art von Klappe hat, um
Kammern zu bilden. Indem wir aber unſern Leſern
das chineſiſche Dach (P. Chinenfis, le Tobit Chi-
nois) zeigen, fo erblicken fie nicht nur (299) die arti⸗
gen Stockwerke der aͤußern Seite, ſondern auch die
fonderbare obengedachte Röhre im Innern (300).
Ein Paar vorzuͤglich ſchoͤne Patellen ſind die
fiebenftrablige Sternpatelle (P. Sacharina, “A-
ſtrolepas 301) und das Feſtungswerk (P. Grana-
tina, Y Oeil de Rubis radie 302). Beyde hat die
Natur mit einer ſchoͤnen Form und trefflichen Farben
geſchmuͤckt, wobey wir beſonders den Rubinfleck in
der Mitte der letztern nicht zu uͤberſehen bitten.
Um
Meerzahn. 375
Um doch auch das Thier, das dieſe Gehaͤuſe be⸗
wohnt, näher zu kennen, dürfen wir nur auf 30z bli⸗
cken, wobey uns ſein niedlich gefranster Mantel, ſein
Kopf, ſeine Fuͤhler, ſeine Augen, beſonders aber der
gleichſam blaſenvolle Fuß nicht entgehen wird.
*
*
Tab. XXXIX.
Meerzahn. Dentalium.
Der Hundszahn (304). Der Polirzahn
(305. 300). Der Elephantenzahn (307 ).
Das Zaͤhnchen (308).
Roͤhrenſchnecke. Serpula.
Die Sandpfeife (309). Die Gießkanne
(310). Der Vogeldarm (301). Die
Flechte (312). Der Kugelzieher (313).
Der Maltheſer Meerpinſel (314). Der ge
meine Seepinſel (315).
Man konnte die Meerzaͤhne und Roͤhrenſchnecken
bey der erſten Ueberſicht in Eine Gattung zu vereinigen
ſich geneigt fuͤhlen; allein, wenn man bey naͤherer Un⸗
terſuchung wahrnimmt, wie jene immer kegelfoͤrmig
und oben und unten offen, dieſe aber walzenformig;
jene gewoͤhnlich gefurcht, dieſe glatt ſeyen; jene einzeln,
dieſe
6
36 Hundszahn.
dieſe in große Geſellſchaften vereinigt, ja untereinander
verſchlungen leben, und welche Verſchiedenheit zwiſchen
ihren Bewohnern herrſche: ſo wird man gern jene mit
ihren 21 und dieſe mit ihren 38 Arten eigne Gattun⸗
gen bilden laſſen. Einige nehmen auch ſolche Roͤh⸗
renſchnecken, die Kammern und eine Nervenroͤhre
haben, unter ſie auf, wie die unſern Leſern ſchon be⸗
kannten Ammonshdrner, Rettigſchoten ıc. und auch
die Belemniten, jenes große, nur aus Verſteinerungen
bekannte Thiergeſchlecht rechnen ſie dazu. Ueber⸗
haupt iſt hier noch viel zu entdecken uͤbrig. So weiß
man z. B. noch nicht, ob die kleinen zweyſchaligen
Muſcheln, die man zuweilen in Wurmroͤhren findet,
dieſe ſelbſt gebaut, oder nur ſolche, deren Bewohner
todt war, zu ihrem Aufenthalt gewaͤhlt haben.
Doch wir wollen jetzt einige der merkwuͤrdigſten von
beyden Gattungen unſern Leſern bekannt machen.
Man kann nichts Einfacheres ſehen, als den
Sunds zahn (D. Entalis, “ Antale 304). Gemei⸗
niglich iſt er glaͤnzend weiß und feſt wie Elfenbein.
Die Streifen ſind ſo fein, daß keine Unebenheit zu
fuͤhlen iſt. Seine Laͤnge ſteigt von einem Viertelszoll
bis zu einem ganzen, die Dicke von der Rabenfeder,
bis zur Gansfeder. Nie findet man ihn anders als
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Polir⸗Elephantenzahn. Zaͤhnchen. 377
gekruͤmmt, und beyde Ende, deren unteres enger zu⸗
lauft als das obere, haben eine Oeffnung. Mehrere
Meere, beſonders auch die Italiaͤniſchen, enthalten
dieſen Meerzahn, der ſonſt zu ſympathetiſchen Curen
gebraucht wurde. Ihm ſehr aͤhnlich in der Form,
aber zierlicher iſt der Meerzahn, der der Polirzahn
(D. Politum 305) heißt, fo wie auch der, den wir
bey 306 ſehen. Jener hat eine fanfte Rothe und
niedliche Querringe; und dieſer dunklere Binden auf
glaͤnzend weißem Grunde und feine Furchen. Frey⸗
lich kommen fie dem in Oſtindien einheimiſchen Ele-
phantenzahn (D. Elephantinum, la Dent d' Ele-
phant 30) weder in der Große noch Schoͤnheit
gleich. Er iſt der Laͤnge nach mit ſtarken Rippen
beſetzt, zwiſchen denen ſchwach geſtreifte Furchen lie⸗
gen. Nach dem untern duͤnnen Theile zu verliert
ſich das dunkelgefleckte Grün, das feine Hauptfarbe
iſt. Oben, wo der Bewohner gerade ſeinen einem
ſtumpfen Kegel ähnlichen Kopf hervorſtreckt. hat die
Roͤhre eine eckige, und unten, wo ein ſeltſamer lap⸗
piger Anhang desſelben hervorſieht, eine runde, weit
kleinere Oeffnung. Vollkommen kann ſich dieſes
Thier in feiner ungefähr fingerlangen Röhre verber-
gen. Wir fügen dieſem Meerzahne nur noch das
wuͤrmer II. Th. B b b Zaͤhn⸗
378 Gatrdpfeife,
Zaͤhnchen (D. Minutum 308) bey, das Plancus
im Meerſande von Rimini fand, und das faſt un⸗
ſichtbar iſt.
Doch wir wollen jetzt auch einige Roͤhrenſchne⸗
cken betrachten, von denen wir ſchon im Allgemeinen
geredet haben. Aus mehrern in einander gefugten
Roͤhren ſcheint die Sandpfeife (S. Arenaria, le
Tuyau trompette 309) zu beſtehen, die zwey bis drey
Schuh lang aufgerichtet ſteht. Die dickere Haupt⸗
roͤhre iſt in zwey Kammern getheilt 3 aus ihr gehen
zwey engere Roͤhrchen von eben der Structur empor,
die der Bewohner aus- und einziehen kann. Aus ih⸗
nen ſtreckt er auch ſeinen Ruͤſſel heraus, zieht ihn
aber, ſobald er Gefahr merkt, plotzlich zuruͤck und
ſpruͤtzt faſt Klafter hoch Waſſer, um ſich ein Anſehen
zu geben. Er iſt ſehr ſchmackhaft zu eſſen und wird
im Kochen weit haͤrter, als er roh iſt. Je nachdem
um ihn herum Sand oder Steine liegen, je nachdem
fällt auch feine zerbrechliche Roͤhrenwohnung feiner
oder gröber aus. Man nennt ſie vorzuͤglich des
dickern, runzligern Theils wegen, Kuhdarm, um
des Gebrauches willen aber, den die Amaheyer das
von machen, Schultrompete, weil ſie mit ihr das
Volk zur Kirche und die Kinder zur Schule rufen.
41 Kunſt⸗
Gießkanne. Vogeldarm. 370
Kunſtreicher gebaut iſt die Gießkanne (S. Pe ·
nis, Arroſoir 310). Ihr durchlocherter, gewoͤlb⸗
ter Deckel macht dieſen Nahmen ſchicklicher, als ſo
manchen andern, den ihr eine verirrte Einbildungs⸗
kraft gab, auch rechtfertigt der zierlich gefaltete Kra⸗
gen, unter dem ſich zwey unerklaͤrliche, gefurchte Er⸗
habenheiten befinden, den Nahmen kronentragender
Seewurm. Die Locher aber ſind nicht bloß wie bey
| wahren Gießkannen durchbohrt, fondern jedes ift ein
kleines hervorſtehendes Roͤhrchen. Das Ganze bildet
eine ſchone cylindriſche Roͤhre, die nach unten zu enger
wird, und meiſt beſchaͤdigt iſt. Faſt alle Exemplare
weichen von einander ab. Ein vollkommnes iſt ziem⸗
lich koſtbar. Amboina und Java liefern dieſe ſchoͤne
Wurmrbdhre. | | |
4 Eine ganze Maſſe von eckigen, braunen Wurm⸗
gehaͤuſen nennt man Vogeldarm (S. Glomerata,
Vermifleaux de mer tortillös 311). Sie haben ſich
in großer Menge zuſammengekuͤttet; alles iſt unre⸗
gelmaͤßig in einander geſchlungen. Rothe Corallen⸗
kluͤmpchen liegen dazwiſchen und fuͤllen die Zwiſchen⸗
raͤume aus. Man hat dieſe Wurmgehaͤuſe ſchon in
Maſſen von 20 —30 Pf. zwiſchen Felſen, an denen
die Wellen anſchlagen, gefunden. Der Bewohner
| Bbbz hat
380 Flechte. Korkzieher.
hat ſieben lange, bogenfoͤrmig gekruͤmmte 11
die an der Wurzel mit 6o kurzen, geraden Faden
beſetzt ſind.
Aber noch mannigfaltiger in einander gefchluns
gen iſt die Flechte (S. Filograna 312), in der man
ſchon die Anlage zu coralliniſcher Vegetation ſieht.
Welch ein kunſtvolles Gewebe von tauſend zarten
Wurmgehaͤuſen! Wie gleicht es nicht den Kunſtwer⸗
ken der Filigranarbeiter aus in einander geſchlunge⸗
nen Silberfaͤden!
Ziemlich treffend werden wir bey andern Roͤh⸗
renſchnecken den Nahmen Korkzieher (S. Lumbri-
calis, le tire- houchon, tire - bourre 313) finden;
denn wirklich ſind ſie faſt wie dieſe gewunden. In
einer Ausdehnung von 200 Ellen in die Laͤnge und
Breite uͤberziehen ſie Felſen. Den Bewohner ſehen
wir von der Ruͤcken⸗ a und der Bauchſeite b, wie er
aus der Oeffnung hervorragt. Wir uͤbergehen die
Fuͤhler, die Augen, den Mund, und machen nur
an dem, der von der Bauchſeite vorgeſtellt iſt, auf
einen cylinderformig hervorragenden Fuß mit einem
Deckel aufmerkſam.
Aus mehrern Würmrdͤhren fand man für gut,
eine eigne Gattung zu bilden und ihr den Nahmen
Sand⸗
Meerpinſel. 381
Sandkdoͤcher (Sabella) zu geben. Allein fie graͤnzen
ſehr nahe mit jenen zuſammen, und ſind uͤberhaupt
ſo zweydeutig, daß wir mehrere von ihnen ſchon un⸗
ter den Amphitriten, Nereiden und Steinbohrern
anfuͤhren mußten. Doch wollen wir immer noch
zwey von ihnen der gerechten Bewunderung unſrer
Leſer uͤbergeben. Wir meinen den Maltheſer
Meerpinſel (S. Penicillus, la Coraline tubuleufe
314) und den gemeinen Meerpinſel (S. Penicil-
lus, le vrai pinceau de mer 315). Bey jenem find
die aus verſchiednen Materialien beſtehenden Roͤhren
wie in einen ſchleimigen Sack gewurzelt. Oben ſieht
ein Bewohner heraus, der uns an unſre Nereiden
erinnern wird. Dieſen aber, den Meerpinſel, ſehen
wir außerhalb feiner Röhre, die der Länge nach an
Steinen u. d. angeleimt iſt. Das ſonderbare Thier
iſt ein Tauſendfuß. An ſeinem Kopf traͤgt er zwey
trichterfürmige Faſernbuͤndel von angenehmen Far⸗
ben. Der Körper iſt gruͤn und hat eine in lauter
Wuͤrfel getheilte Oberfläche, In ganzen Gefells
ſchaften ſtehen dieſe ſchoͤnen, ſonderbaren Thiere
beyſammen, bey denen man ſich kaum enthalten
kann, an unſre praͤchtige, nierenfoͤrmige Amphitrite
zu gedenken.
B bb 3 Und
332 Holzbohrer.
Und nun noch ein Geſchoͤpf (316) fügen wir
hinzu, bey dem unſre Leſer gewiß kaum glauben koͤn⸗
nen, daß dieß der Bewohner einer cylindriſchen Wurm⸗
rohre an den Kuͤſten der Suͤderſee ſey; und doch iſt
nichts gewiſſers, als dieſes. So faͤchermaͤßig breitet
er ſeinen Ruͤſſel und ſeine Fuͤhler aus, und legt ſie,
wenn er will, zuſammen, und ſo eine ganz eigne
Roͤhre verbindet jenen Theil mit dem eigentlichen
Körper, der nur ſehr klein und zugeſpitzt iſt.
rr
—— — — Eſñ68ö᷑—
Tab. XI.
Holzbohrer. Teredo.
Der Schiffswurm (317-319). Die Her⸗
culeskeule (320-324).
Eine der furchtbarern Thiergattungen iſt die, mit
der wir die Schalwuͤrmer beſchließen. Alles, was
man von der Grauſamkeit des Tiegers, vom Gift |
der Schlange, von den Verheerungen des Borken⸗
kaͤfers und der Nonnenraupe ſagt, kommt kaum in
Anſchlag gegen das Unheil, das ein gering geachteter
Wurm ſtiften kann. Denn theils fuͤgt er den See⸗
handel treibenden Nationen an ihren Schiffen, dieſen
koſtbaren Häufern, den größten Schaden zu, und vers
kuͤrzt
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Schiffswurm. 383
kuͤrzt ihre Dauer, zumal wenn fie nicht verhaudert
(S. oben S. 152) werden; theils aber, was noch
weit entſetzlicher iſt, zernichtet er die Daͤmme, Deiche
und Schleuſen, durch die ein gewerbiges Volk dem
Meere Land abgewann, und bedroht dasſelbe mit ſei⸗
nem Untergange. Vielleicht haben unſre Leſer ſchon
errathen, daß wir vom Schiffs⸗ oder Pfahlwurm re⸗
den, der zu einer nicht zahlreichen Gattung der
Schnecken ohne ſichtbare Windungen gehort, deren
drey Arten einen wurmfoͤrmigen mit einer duͤnnen
Schale umgebnen Koͤrper, und am vordern und hin⸗
tern Ende gewiſſe ſteinſchalige Theile haben, wegen
denen ſie mehrere lieber zu den vielſchaligen Phola⸗
den rechnen. 0
Am beruͤchtigſten unter dieſen dreyen iſt der ſchon
genannte Schiffs wurm (T. Navalis, le Taret 317).
Aus Oſt⸗ und Weſtindien, wo er in Holzwerk lebt,
follen ihn Schiffe nach Europa gebracht haben, deſ⸗
ſen kaͤlteres Clima er zum Gluͤck nicht wohl ertragen
kann, wenn nicht beſondere Umſtaͤnde ſeine Entwick⸗
lung und Vermehrung beguͤnſtigen. Dieß muß im
Jahre 1730-1733 in Holland der Fall geweſen ſeyn.
Zwar hatte er ſchon mehr als ſiebenzig Jahre vorher
eben daſelbſt die Schiffe in den Haͤfen aͤußerſt be⸗
ſchaͤ⸗
384 Schiffswurm.
ſchaͤdigt; die Deiche und Pfahlwerke aber verſchont.
Doch in den genannten Jahren ſtuͤrzten auf einmal
Daͤmme ein. Millionen von Pfahlwuͤrmern zernagten
die Pfaͤhle, worauf die koſtbarſten Waſſerwerke erbaut
ſind; alle die Schleuſen und Daͤmme, die dem
Meere Graͤnzen ſetzen, waren bedroht, und die das
Uebel allemal vergrößernde Furcht fah ſchon ganz
Amſterdam, dieſes dem Meere entſtiegne Denkmal
der Gewerbigkeit, von den Wellen verſchlungen; obs
gleich das ſuͤße Flußwaſſer dieſer Stadt, das den
Pfahlwuͤrmern durchaus nicht anſteht, dieſe Furcht
haͤtte mildern konnen. Man ſprach ſchon laut vom
Untergange des ganzen Staates und wendete alle
moͤglichen Mittel an. Allein das Uebel ſchien aller
Kunſt zu trotzen, bis ſich endlich die Wuͤrmer ſelbſt
verloren, nachdem ſie fuͤr viele Millionen Schaden
angerichtet hatten. Der Stifter dieſes Unheils iſt
ein Wurm ungefaͤhr eines Fingers lang, und ei⸗
nes Federkieles dick. In heißern Gegenden ſoll er
auf zwey Schuh lang und Fingers dick werden.
Sein ſehr weicher Körper iſt durchſichtig, fo daß ſeine
innern Theile durch die aͤußere Haut ſcheinen. In
freyer Luft zerfließt er bald, in Weingeiſt aber kann
man ihn wohl aufbewahren. An ſeinem vordern
| Ende
Schiffswurm. 385
Ende befinden ſich zwey harte muſchelfdrmige Scha⸗
4 len, die man fuͤr keine eigentliche Zaͤhne, ſondern fuͤr
eine aͤußerliche helmaͤhnliche Bedeckung haͤlt, zwiſchen
der der zaͤrtere Kopf bey dem gefaͤhrlichen Bohren in
hartem Holze ſicher liegt, und das abfallende Holz⸗
mehl als Nahrung zu ſich nimmt. Mit dieſem ſtein⸗
harten Theile bohrt der Wurm durch das dickſte Ei⸗
chenholz und eiſenfeſte Aeſte, lieber freylich durch
taͤnnenes, und wenn man ſich bey naͤchtlicher Stille
auf den Schiffsboden begibt, ſo kann man ſeine ver⸗
derbliche Geſchaͤftigkeit hoͤren. Man will unter die⸗
fen Wuͤrmern Männchen und! Weibchen gefunden
haben, was andre widerſprechen. Am hintern, duͤn⸗
nern Ende befinden ſich gleichfalls feſte, ſteinſchalige
Theile, von denen man glaubt, daß ſie zum Anſtem⸗
men dienen. Hier ſind zwey Roͤhrchen, die zum
Ein: und Auspumpen des Waſſers und zur Auslee—
rung gehdren mogen. Indeſſen dürfen wir hier nicht
verſchweigen, daß nach der trefflichen Beſchreibung
Spenglers von dem Bewohner der Hercules keule man
geneigt ſeyn moͤchte, dieſes duͤnnere Ende fuͤr den
Kopf, und das dickere fuͤr den Hintertheil zu halten.
Alle die genannten Theile zeigt uns unſre Abbildung
und auch von ſeinem Innern fallen uns zwey ſonder⸗
Würmer II. Tb. Cce bare
—
386 Schiffswurm.
bare ſpitzige Gefaͤße und lange Behaͤltniſſe mit Eyer⸗
ſtoff gefuͤllt ins Auge. In tauſend Gaͤngen der von
Wuͤrmern durchbohrten Pfaͤhle und Bretter findet
man, wenn ſie ſelbſt laͤngſt verwest ſind, bloß ihre
ſchaligen Theile; auch bleibt, wenn man einen noch
lebenden aus dem Holze herausnimmt, die duͤnne
Roͤhre, die ſeinen Koͤrper ſchuͤtzend umgibt, und die er
gewißer Maßen ausſchwitzt, in ſeiner Kammer zuruͤck.
Nicht erſt in feinem vollkommnen Alter, wozu er drey
Jahre braucht, bohrt ſich der Schiffs wurm ein. Wenn
die Mutter ihre in Schleim gehuͤllten Eyer dem Waſ—
ſer uͤbergibt, ſo ſchwemmt dieſes ſie an das Moos,
das ſich ſo gern an naſſes Holzwerk anſetzt. Hier
kann nun die Sonne das Ausbruͤten kraͤftig befördern
und gleich darauf arbeiten ſich die noch zarten Jun⸗
gen in das Holz hinein. Sie wachſen nun, immer
fortbohrend und ihre Gaͤnge erweiternd, zu der bekann⸗
ten Größe heran und wohnen da zu tauſenden erwach⸗
ſen, obgleich außen an Pfaͤhlen und Brettern nur
kleine Loͤcher von der Groͤße eines Stecknadelkopfs
zu entdecken ſind. Im Bohren folgen ſie der Rich⸗
tung der Holzfaſern, fangen ungefaͤhr da, wo das
Waſſer anſpuͤhlt, an, arbeiten in die Tiefe und dann
wieder aufwaͤrts bis zur Waſſerhoͤhe. Nie findet
man
Schiffswurm. 387
man zwey in Einem Gange; ſorgfaͤltig weichen ſie
ſich aus und laſſen duͤnne Scheidewaͤnde zwiſchen ſich.
Nur im aͤußerſten Falle, wenn alles um ſie her minirt
iſt, hat Noth kein Geboth; dann entſcheidet das
Recht des Staͤrkern, der den Schwaͤchern auffreſſen
ſoll. Der obere trocken ſtehende Theil des Pfahls
leidet erſt nichts; da er aber unten ganz durchfreſſen
wird, ſo ſtuͤrzt er um und ſchwimmt im Waſſer, wo
dann die Wuͤrmer weiter fortbohren. Wir bemerken
bey 318 einen ſolchen Damm oder Deich, den ſie an⸗
gegriffen und faſt zerſtoͤrt haben. Auch einen Bal⸗
ken, in dem dieſe ſchaͤdlichen Geſchopfe ihr Weſen trei—
ben, ſehen wir im Durchſchnitt (319). Außen ſind
nur kleine Loͤcher ſichtbar.
Schiffe kann man, jedoch nicht ohne großen Auf⸗
wand, vor dieſem Feinde ſchuͤtzen, indem man ſie mit
Kupfer beſchlaͤgt oder auch verhaudert. Bey Pfaͤh⸗
len und Waſſergebaͤuden haͤlt es ſchwerer. Man
brennt zwar die Bretter und Balken, theert ſie auch,
beſtreut ſie mit Glas und andern ſcharfen Dingen,
damit ſich der Wurm daran verletze. Bey einem
Waſſerbau von großer Ausdehnung hat die Sache
immer ihre Schwierigkeiten. Ein Mittel das, wenn
auch nicht ganz das Uebel hemmt, doch mildert, hat
Cec 3 die
388 Herculeskeule.
die Vorſehung in die Naͤhe Hollands gelegt. In ei⸗ 8
ner Ausdehnung von 9 Meilen waͤchst in der Suͤder⸗
ſee eine Art von Meergras, Wier genannt, das wie
die Wieſen ſeine Zeit haͤlt, um gemaͤht zu werden.
Das Zeichen iſt, daß es auf dem Waſſer treibt.
Dieß wird in großer Menge geſammelt und als ein
Bollwerk vor die Pfaͤhle und Deiche gelegt. Sein
Geſchmack iſt den Schiffswuͤrmern zuwider. Von
welcher Wichtigkeit dieſe Sache iſt, kann man daraus
ſchließen, daß man 1732 bloß zum Schutz der vor⸗
zuͤglich zerftörten Weſtfrieſiſchen Daͤmme einen Waf
ſerbau in Vorſchlag brachte, wozu im erſten Leber:
ſchlage 7 Monate Zeit, 18271 Arbeiter und 35 Mil⸗
lionen Gulden verlangt wurden. Nicht ohne einen
ihn verfolgenden Feind treibt der Schiffswurm ſein
Weſen im Holze. Oft findet man in den leeren Gaͤn⸗
gen ſchwarze Nymphen. Sie mögen als kleine Lar⸗
ven hineingekommen ſeyn und den Wurm aufgezehrt
haben. Seit wenigen Jahren wird in Heusden ein
gewiſſer Firniß verfertigt, der gegen den Wurmfraß
herrliche Dienſte thun ſoll.
Noch eines merkwuͤrdigen Holzbohrers Bekannt⸗
ſchaft muͤßen wir unſern Leſern verſchaffen. Dieß iſt
die n (T. 3 Wir ſehen bey 320
einen
Herculeskeule. 389
einen ſonderbaren Koͤrper verkleinert, aus dem man
erſt nicht wußte, was man machen ſollte. Jetzt weiß
man zuverlaͤßig, daß dieß eine Frucht von der Art
einer wilden Caſtanie ſey, die, wie die Cocusnuß, mit
einer baſtartigen Rinde umgeben iſt. Wahrſcheinlich
ſteht der Baum am Strande uͤberhaͤngend, weil die
guͤtige Natur ſeine abfallenden Fruͤchte Thierfami⸗
lien zur Wohnung angewieſen hat. Blicken wir ins
Innre (321), ſo zeigt ſich uns gleichſam ein Weſpen⸗
neſt von Wurmgehaͤuſen, die eigentlich keulenfoͤrmig
ſind, und mit ihrem duͤnnern Ende alle nach oben
gerichtet ſtehen. Der Bewohner (322) iſt ein wurm⸗
artiges Geſchöpf, das vorn und hinten ſteinſchalige
Theile von der kunſtreichſten Bauart hat. Sie vers
dienen vergrößert geſehen zu werden. Die am vor⸗
dern, duͤnnern Ende find lanzettfoͤrmig, artig gekerbt
auf einer Seite (323 a) und etwas gewoͤlbt, auf der
andern vertieft (3230); fie gehen in einen Stiel aus.
Die hinten am dickern Ende (324) liegenden gleichen
aͤußerſt ſchmalen niedlichen Muſcheln, mit einem un⸗
terwaͤrts ſtehenden Zungenfoͤrmigen Theil. In ihnen
entdeckt eine genaue Unterſuchung alle die Kunſt, die
in irgend einer Conchylie wahrzunehmen iſt. Zwi⸗
ſchen den erſten lanzettförmigen Schalen tritt am
Cee 3 Thiere
3900 Corallwürmer.
Thiere ein Ruͤſſel hervor, der die zwey Canaͤle, die
beym Schiffswurm getrennt ſind, enthaͤlt. Und mit
dieſem Geſchoͤpfe beſchließen wir die ſo merfiwärbigen
Schalwuͤrmer. |
En — — —
| Tab. XLI. XLII.
Corsllwürmer. Corallia.
Roͤhrencoralle. Tubipora.
Das Orgelwerk (325).
Sternkoralle. Madrepora.
Seepilz (327). Gehirncoralle (328). Ananas ⸗
coralle (329). Geſtrahlte (3 30). Hoͤckerco⸗
ralle (331. 332). Stachlige (333. 334). Aus
gencoralle (335.330). Jungferncoralle (337).
Eine neue Ordnung der Wuͤrmerclaſſe iſts, zu de⸗
ren Wundern wir jetzt kommen. Dieß find die Cos
rallwurmer, die an Wichtigkeit für das Ganze
der Welt wohl keiner Thierclaſſe weichen moͤchten,
und ſelbſt in Abſicht auf die Geſtalt und Bildung der
Erde, die wir bewohnen, eine nicht minder bedeus |
tende Rolle fpielen , als die Schalwürnier, Lange
war man ungewiß, ob man ſie fuͤr Thiere oder fuͤr
Pflan⸗
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Corallwürmer. 3091
Pflanzen halten ſollte. Allein da man ihnen willkuͤr⸗
liche Bewegung und Gefuͤhl nicht abſprechen kann,
und ſie durch Gliedmaßen von außen Nahrung zu
ſich nehmen und nie durch Wurzeln aus der Erde an
ſich ziehen, ſo moͤchte ihre thieriſche Natur wohl au⸗
ßer Zweifel ſeyn. Mit Recht nennt man ſie, wenig⸗
ſtens zum Theil, Steinpflanzen (Lithophvta), ein
Nahme, der ſie von der letzten Ordnung, die uns au⸗
ßer ihnen noch uͤbrig iſt, den Pflanzenwuͤrmern oder
Thierpflanzen (Zoophyta) ſehr richtig unterſchei⸗
det. Denn dieſe letztern haben nichts ſteiniges an
ſich, da hingegen die erſtern, mit denen wir es jetzt
zu thun haben, beſondere feſtſitzende Gehaͤuſe bewoh⸗
nen, die bald ſtein⸗ und kalkartig, bald hornartig
und ſchwammig ſind, und Corallen heißen. Ob man
die Corallwuͤrmer als Erbauer oder nur als Bewoh⸗
ner jener Gehaͤuſe anſehen muͤße, daruͤber iſt viel ge⸗
ſtritten worden. Man kann weder eins noch das andre
im eigentlichen Verſtande annehmen. Eigentlich treibt
das junge Thier mit ſeinem Gehaͤuſe, das es als Zelle
bewohnt, wie ein Zweig aus einem Stamme, hervor,
ſo daß wir uns die ungeheuren von Corallenwuͤrmern
bewohnten Werke nicht wie den gemeinſchaftlichen
Staat der Bienen vorſtellen konnen. Zwar wohnen
in
302 Corallwuͤrmet.
in den tauſend und aber täufend Fächern dieſer Ge⸗
baͤude Polypen ähnliche Geſchöpfe, wie in ihren Zellen
die Bienen; aber dieſe koͤnnen auch ohne jene leben
und ſich frey bewegen, da hingegen dem Corallwurm
ſein Aufenthalt ein angebornes Beduͤrfniß, wie der
Auſter ihre Schale, iſt. Bey aller Aehnlichkeit, die
Pflanzen und Corallen in ihrem Wachsthume haben,
und ſo gewiß die Fuͤhler ihrer Bewohner an die Staub⸗
faͤden der Bluͤthen erinnern, duͤrfen wir nicht uͤberſe⸗
hen, daß die Corallen keine eigentliche Wurzeln ha⸗
ben, nie von innen heraustreiben, ſondern ſich durch
Anſaͤtze von außen vergrößern. Man nehme an,
eine Geſellſchaft der wunderbaren Thiere, die die Co⸗
rallmaterie ausſchwitzen, habe ſich auf einem Felſen
niedergelaſſen. Jetzt wird zuerſt der zum Grunde
dienende Corallblock nicht gebaut, ſondern ausge⸗
ſchwitzt. Tauſend und aber tauſend Nachkommen
ſproſſen rechts und links in allen Richtungen hervor.
Auch ſie ſchwitzen wieder Coralltheile aus, die zugleich
ihre Wohnungen find, und fo gehts faft ins Unend⸗
liche fort, ſo daß, wenn die untern Theile laͤngſt aus⸗
geſtorben und dde ſind, die juͤngern immer fortarbei⸗
ten. Das ganze Gebaͤude iſt alſo eine Sammlung
von Millionen Thierchen, die ihre Haushaltung auf
ein⸗
Corallwürmer. 303
einander fortſetzen. Hat auch gleich die Vergroͤße⸗
rung an ihnen von Eingeweiden und Geſchlechtsthei⸗
len wenig entdeckt, ſo zeigte fie doch etwas eyeraͤhn⸗
liches, aus dem die Jungen, wie aus Knoſpen die
Zweige, hervorkeimen, und ſich immer wieder in
Aeſte verbreiten; zeigte in ihnen Polypen mit Ge⸗
häufen, die wohl nie ihren Körper, wohl aber die zahl⸗
reichen Fuͤhler oder Aerme von einem Ort zum andern
willkuͤrlich bewegen, und die allenthalben im Meere
herumſchwimmende Nahrung haſchenkoͤnnen. Ihre
Vermehrung uͤberſteigt allen Glauben. In wenigen
Monaten findet man das Wrack eines verunglückten
Schiffs mit Corallen uͤberzogen. Alles, was ins
Meer faͤllt, Muͤnzen, Geſchirre, Naͤgel u. d. m. dient
ihnen zum Anfange ihrer Arbeiten. Ganze Inſuln
der Suͤdſee ſind mit einer dicken Corallrinde uͤberzo⸗
gen; ungeheure Corallenwaͤlder und Felſen ſtehen hie
und da am Grunde des Meeres, und ihre bis an die
Oberflaͤche emporrankenden Baͤume vermehren die
Gefahren der Schiffarth. Meilenweit erſtrecken ſich
die Corallenriefe, an denen ſchon manches Schiff
ſcheiterte. Am rothen Meere baut man Haͤuſer aus
ihnen, und die ganze Stadt Dyidda iſt von Corallen
erbaut. Forſter ſah auf ſeinen Reiſen einen vierzig
Würmer II. Th. D d d Fuß
394 Corallwürmer.
Fuß uͤber das Meer emporragenden Felſen, der
nichts anders als ein Corallengebaͤude war. Wer
kann wiſſen, vor wie vielen Jahrhunderten der erſte
Grund dazu gelegt war? Und wer verliert ſich nicht in
Erſtaunen, wenn er denkt, ein faſt unſichtbares
Wuͤrmchen legte ihn, baute ſeine Zelle, bekam Familie
und es thuͤrmten dieſe zarten Geſchoͤpfe, mitten unter
der Wuth der Wellen, Felſen empor, die den See⸗
fahrern furchtbarer als alle Meerungeheuer find, zu:
weilen aber auch einen Ankergrund darbiethen, der
ihnen das Leben rettet. Sie, dieſe kleinen Geſchoͤpfe
arbeiten fuͤr die Ewigkeit, ſchließen große Strecken des
unruhigen Meeres fo mit einem Corallenguͤrtel ein,
daß ſie im Innern einen ſtillen Hafen bilden, in dem
ſie ungeſtoͤrter ihre Haushaltung fuͤhren koͤnnen.
Wenn der Biber und die Biene nur fuͤr ſich und ihre
Jungen einen bewunderungswuͤrdigen Bau auffuͤhren,
ſo arbeitet der Corallwurm fuͤr die Nachwelt. Nach
tauſend Jahren wird da noch fortgefahren, wo er an⸗
fieng. Endlich verwittert die Coralliſche Oberfläche;
eine Lage fruchtbarer Erde entſteht; Wellen, Winde,
Vögel, diefe geichäftigen Diener der Natur, tragen
Samen hin, und Leben und Fruchtbarkeit herrſchen
nun da in einem weiten Raume, zu dem ein kleines
Wuͤrm⸗
RNoͤhrencorallen. 395
Wuͤrmchen den allererſten Grund gelegt hat. Doch
es iſt Zeit, daß wir unſern Leſern die wichtigſten Gat⸗
tungen und Arten dieſer herrlichen Naturwerke ſelbſt,
jedoch in gedraͤngter Kuͤrze, bekannt machen.
Lauter parallellaufende Roͤhren, die hart an eln⸗
ander liegen, und verſchiedne Gelenke haben, bilden
die Roͤhrencorallen, deren man zehn Arten kennt.
Sie graͤnzen fo nahe an die Wurmroͤhren, daß nur
die rothe Farbe fie ihnen entriſſen zu haben ſcheint.
Die aͤußern umſchließen feine weiße Roͤhren, die
durch alle Gelenke, deren jedes eine ſternfoͤrmige
Muͤndung hat, gehen. Der Bewohner ſoll eine
Nereide ſeyn. Wir koͤnnen hier bloß dem ſo ſchoͤnen
Orgelwerk (T. Muſica, les Tuyauæ d' Orgues 325)
eine Stelle einraͤumen. Die Felſen des americani⸗
ſchen, indiſchen und rothen Meeres und der Kuͤſte von
Suͤdwallis, find der Aufenthalt dieſes hochrothen
Roͤhrencoralls. Hier hängt es in unfoͤrmlichen Maſſen
eine, auch zwey Faͤuſte groß. Zuweilen ſiedelt es ſich
auch an andern Corallgattungen an. Wie Orgel⸗
pfeifen ſtehen die gegliederten, ziemlich zerbrechlichen
Röhren, von cylindriſcher Form, beyſammen. Die
einzelnen Glieder erreichen ungefaͤhr einen halben Zoll.
Eine Nervenröhre, die oben an jedem Gelenke, mit
D d d 2 einer
3050 Sterncorallen.
einer ſteinigen, ſtrahlfoͤrmigen Platte umgeben iſt,
lauft durch alle Glieder. Gießt man oben Waſſer
hinein, ſo wird es unten wieder herausfließen. Bey
einer ſo eng verbundnen Geſellſchaft von Thieren
möchte man wohl von ihrer Lebensart etwas wiſſen,
ob nie Leidenſchaft, Egoismus, Neid, Spaltungen
erzeuge. Waͤren Menſchen ſo zuſammengeſchichtet,
was wuͤrde nicht daraus entſtehen? Die Indianer
ſchreiben dieſem Corall allerley Kräfte zu. Sie prei⸗
ſen es gegen den Biß giftiger Thiere an, ſie tragen
ein Stuͤckchen davon gegen Verzauberung bey ſich,
hängen eins an einen Baum, um ſich vor Diebſtahl
zu ſichern, weil dann der Dieb einen rothen Ausſchlag
bekommt, und nennen es den Stein der Weiſen.
Wir wollen über die armen Indianer nicht lachen,
weil unſer Suchen nach dem Stein der Weiſen und
unſre ſympathetiſchen Mittel um kein Haar kluͤger find,
Bereits 118 Arten Sterncorallen oder Ma⸗
dreporen kennt man. Die durch zarte Blaͤttchen
gebildeten Sternfiguren ihrer Muͤndungen, gaben
ibnen dieſen Nahmen. Ihre Mannigfaltigkeit iſt
ſehr groß. In jeder der Sternfoͤrmigen Zellen wohnt
ein meduſenartiges Geſchoͤpf, deſſen 8 Arme, in des
ren Mitte der Kopf ſich befindet, in den Blaͤttern des
.
13
Seepilz. 397
Sterns liegen. Das Uebrige iſt ein weicher gallerts
artiger Koͤrper, voller Strahlen. Die, welche die
Corallen fuͤr Pflanzen anſahen, nannten dieſen Be⸗
wohner Corallenbluͤthe. Hier laͤßt er nun auch Eyer
von ſich, aus denen Junge ſich entwickeln, die einen
kalkartigen Saft ausſchwitzen, der ſich verdickt und
neue Aeſte bildet. Einige leben einzeln, andre in
zahlreichen Geſellſchaften. Wir ſehen einen ſolchen
Einwohner der Sterncorallen etwas vergrößert (326)
und konnen uns dabey leicht vorſtellen, wie die Arme
in den Furchen der Sternſtrahlen ſich befinden, das
Uebrige aber in der Mitte liegt.
Ziemlich abweichend von andern Sterncorallen
ift der Seepilz (M. Fungites, le Champignon de
mer 327). Eine große Menge ſehr feiner, aber
marmorharter Lamellen oder Blaͤtter laufen von ei⸗
nem gemeinſchaftlichen Mittelpunct aus und bilden
eine Sternfigur. Die Blaͤtter ſind oben etwas aus⸗
geſchweift, und hie und da gleichſam gezaͤhnt. Laͤn⸗
gere wechſeln mit kuͤrzern ab; dieſe ſcheinen vom Mit⸗
telpunct aus gleichſam nachzuwachſen in dem Grade,
als die zuvor kurzen ſich verlaͤngern. Auch die Unter⸗
fläche iſt blaͤttrig; ; mit zunehmenden Jahren aber,
mn auch durch ihr Lager, fuͤllen ſich die Zwiſchen⸗
D dd 3 raͤume
398 x Gehirncoralle.
räume aus, fo daß fie eine gleichformige Maſſe bildet.
Man findet dieſe trefflichen Seepilze im oſtindiſchen
Ocean, und im rothen und mittellaͤndiſchen Meere
in ſeichter Tiefe auf Klippen, gemeiniglich frey und
einzeln. Die juͤngern moͤgen angewachſen ſeyn, ge⸗
wiſſen Spuren nach zu urtheilen. Es ſcheint nicht
darauf anzukommen, ob die obere oder untere Seite
auf dem Felſen aufliegt. Den Bewohner kennen wir
noch nicht genau. So wie man den Seepilz aus der
See nimmt, ſo iſt er mit einer Art von Schleim und
dieſer mit einer faltigen Haut voller Bläschen um=
geben. Der Schleim tritt aber ſogleich zwiſchen die
Blaͤttchen und geht bald in Faͤulniß uͤber. Sehr naͤ⸗
hert ſich dieſes ſchone Naturwerk den Conchylien.
Einige glaubten, der Bewohner baue ſein Gehaͤuſe,
wie die Schnecke; andre hielten das Ganze fuͤr eine
bloße Verſteinerung.
Schöne, labyrinthfoͤrmige Gaͤnge, die aber nie zu⸗
ſammenlaufen und einen Kreis ſchließen, ſieht man auf
mehrern Sterncorallen. So bilden bey der Gehirn—
coralle (M. Labyrinthiformis, le Cerbeau de Nep-
tune 328) eine Menge zarter Blaͤtter von kalkartiger
Maſſe tiefgefurchte Gänge, Es iſt unmöglich, den
kunſtreichen Bau deutlich zu beſchreiben. Obgleich
ganze
Ananascoralle. Geſtrahlte. 399
ganze Inſuln der oſt⸗ und weſtindiſchen Meere dieſer
Corallenart das Daſeyn zu verdanken ſcheinen, ſo ſind
doch ganz vollkommne Exemplare ſelten. Das kai⸗
ſerliche Cabinett in Wien beſitzt ein treffliches Stuͤck
von 122—15 Fuß im Umfange. Eine Art dieſer Eos
ralle iſt von ſo lockerm Gewebe, daß ſie, wenn alle
Feuchtigkeit heraus iſt, auf dem Waſſer ſchwimmt
und Schwimmſtein heißt.
Mehrere zuſammengeſetzte Sterncorallen bilden
die Ananascoralle (M. Ananas 329). In gewoͤlb⸗
ter Form ſtehen ihre Sterne uͤber die Flaͤche empor,
ſo daß tiefe Gaͤnge zwiſchen ihnen liegen. Ihre
Seiten ſind geſtreift und ihr Umkreis hat ſcharfe Za⸗
cken. Im Mittelpunct der Sterne liegt eine Vertie⸗
fung, die mit zarten Blaͤttchen beſetzt iſt. Am Bru⸗
che ſieht man deutlich, daß das Ganze eine Vereini⸗
gung von Röhren iſt. Man findet dieſe Coralle
eine Fauſt groß, bald weiß, bald gelb, in den man⸗
nigfaltigſten Formen im americaniſchen Ocean, auch
an den Kuͤſten von Gothland.
Ganze Klippen des americaniſchen Oceans ber
deckt die geſtrahlte Sterncoralle (M. Aftroites
330). Ueber alles macht ſie eine Rinde, ſo wie wirk⸗
lich unſre Abbildung uns einen von ihr bedeckten
Back⸗
400 Hoͤckercoralle. Stachlige.
Backſtein zeigt. Gemeiniglich bildet ſie eine Kugelge⸗
ſtalt, von oft mehr als einem Fuß im Durchſchnitte.
Niedliche Sterne, mit einer kegelfoͤrmigen Vertiefung
in der Mitte, bezeichnen ihre Oberflaͤche. Feine
Blaͤttchen mit zahnfoͤrmigen Einſchnitten umgeben
den Mittelpunct. Im Innern find lauter Röhrchen,
deren Muͤndungen jene Sterne find, Unter den ver-
ſteinerten Stuͤcken dieſer Coralle ſchaͤtzt man vorzuͤg⸗
lich die ſogenannten Stern⸗ oder Spinnenſteine, die
in Marmor uͤbergegangen ſind und bey denen weißer
Spath die Sternſtrahlen ausgefüllt hat.
Da bey der Soͤckercoralle (M. Porites 331)
die feinen Sternchen Puncten gleichen, ſo naͤhert ſich
dieſelbe den Punctcorallen. Die Vergroͤßerung (332)
zeigt, daß dieſe Sternchen durch lauter Erhoͤhungen
gebildet werden. Ihre Farbe iſt bald braun, bald
weiß. Spuͤhlt man die ſchleimige Maſſe, die ſie im
Meere umgibt, ab, ſo vertrocknet dieſe Coralle zu ei⸗
ner dunkelbraunen Rinde. Sie waͤchst gemeiniglich
aͤſtig, doch in regelloſen Formen und kommt aus bey⸗
den Indien. | E
Nur eine der ſo mannigfaltigen und trefflichen
Varietaͤten der ſtachligen Sterncoralle (M. Muri-
cata, le Corne de Daim 333) koͤnnen wir unſern Le⸗
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Augen⸗Jungferncoralle. 401
ſern abgebildet geben. Die Unſrige waͤchst in an⸗
ſehnlichen Staͤmmen bey Madagaskar, und hat
Haupt: und Nebenaͤſte. Sehr ſolid iſt der außen
braune, innen ſchneeweiße Hauptſtamm. Warzen⸗
foͤrmige, bald größere, bald kleinere Aus wuͤchſe
bilden, wie das vergrößerte Stuͤck (334) zeigt, die
Sterne, die mit feinen, wenig hervorſtehenden Las
mellen beſetzt ſind.
| Viel galt fonft in Apotheken die Augencoralle
(M. Ocuiata, le Corail blanc articule 335). In
der Haͤrte kommen ihr nur wenige gleich. Sie nimmt
eine treffliche Politur an, und wurde ehemals zu muͤh⸗
ſamen Kunſtwerken angewendet. Auch ſie bildet bald
eigne Stämme, bald uͤberzieht fie fremde Körper,
Ihre Sterne ſtehen theils am Ausgange de: Aeſte,
theils an der Oberflaͤche. Sie haben vertiefte, rings
herum ſehr regelmaͤßig mit Lamellen beſetzte Hoͤh⸗
lungen (336). Faſt alle Meere beſitzen dieſe ſchnee⸗
weiße Coralle, die ziemlich groß und dick wird. Ihr
ziemlich ähnlich, aber nie fo groß wird die Jungfern—⸗
coralle (M. Virginea, le Corail Vierge 337).
Ihre Aeſte ſind geſchmeidiger. Sie wachſen in lau⸗
ter Winkeln aus dem Hauptſtamme heraus. Die
Sterne ſind zahlreicher. Sie ſtehen knopffoͤrmig in
Wuͤrmer II. Th. Eee die
42 Punctcorallen.
die Hoͤhe. In der Jugend iſt dieſe Coralle ſchnee⸗
weiß, im reifern Alter ſchmutzig gelb. Faſt alle
Meere enthalten ſie. Doch wir muͤßen uns von die⸗
ſer Gattung trennen, ſo treffliche Naturwerke ſie noch
in ſich faßt.
Tab. XLIII.
Punctcoralle. Millepora.
Mossmillepore (338). Neptunusmanſchette
(339). Kalkcoralle (340). Netzfoͤrmige (341).
Zellencoralle. Cellepora.
Schwammſtein (342. 343). Durchſtochne
(344. 345).
Hatten die Madreporen Sterne, ſo iſt dagegen die
Oberflaͤche der Milleporen mit Puncten uͤberſaͤt,
daher fie Punctcorallen heißen. Auch fie find Falke
artig und aͤſtig, doch von lockererm Gewebe als jene.
Im Innern befinden ſich Gefaͤße, in denen roͤhren⸗
formige, weiche Theile liegen. Aus den Loͤcherchen
treten Polypen hervor, die noch eines denkenden For⸗
ſchers warten. Man kennt 34 Arten, die zum Theil
ſehr klein ſind, zum Theil in unermeßlichen Schichten
ſich bis uͤber die Waſſerflaͤche erheben. f
Wie
N—œU— ——
. 1
.
*
N 2
ER
Moosmillepore, Neptunusmanſchette. 403
Wie eine Flechte ſetzt ſich die Noos millepore
(M. Lichenoides 338) im mittellaͤndiſchen Meere
mit ihrem kurzen Stamme auf Felſen an. Ihre zahl⸗
reichen Aeſte theilen ſich in viele kurze Zweige und bil⸗
den eine faͤcherfoͤrmige Flaͤche. Zwiſchen einer Menge
zarter Spitzen, womit dieſe Coralle beſetzt iſt, befin⸗
den ſich die runden Poren oder Puncte, die durch jene
großen Theils bedeckt werden. Alles iſt von der
höchften Feinheit, aber eben darum felten unbeſchaͤ⸗
digt. Gewiſſe goldgelbe Knoͤpſchen, die Pallas auf
ihrer untern Seite fand, hielt er fuͤr ihre Eyerneſter.
Eine Neptunus doſe kennen unſre Leſer ſchon.
Bey 339 zeigen wir ihnen noch etwas von der Toi⸗
lette des Meergottes, naͤhmlich die Neptunus⸗
manſchette (M. Celluloſa, la Manchette de Nep-
tune, Seeflor). Sie verdient die größte Bewunde⸗
rung. Die aͤußerſt dünnen Blätter, die aus einer ge⸗
meinſchaftlichen Grundflaͤche hervorkommen, die fein
durchbrochnen Löcher, die zart ausgezackten Ränder,
die artigen Falten und die große Leichtigkeit geben ihr
wirklich das Anſehen von Spitzen. Aus dem Meere
kommt ſie fleiſchfarbig, dann erſt wird ſie grau auch
gruͤnlich. Im Alter fuͤllen ſich die Loͤcher aus. Sie
iſt ſchon auf eine Elle lang gefunden worden. Cavo⸗
Ge Eee 2 lini
404 Kalkcoralle. Netzfoͤrmige.
lini hat über den Bewohner ſchaͤtzbare Beobachtungen
angeſtellt. Er ſah aus den Oeffnungen roͤhrenartige
röthliche Thiere treten. Der obere Theil hatte einen
trichterfoͤrmigen Kranz von Fuͤhlern. Die aͤußerſten
Spitzen der Corallen waren durchſichtig und beſtan⸗
den aus lauter Roͤhrchen, die ſich naͤherten, um den
netzartigen Korper zu bilden. Aus ihnen entſtunden
neue Triebe. 4
Wie eine Kalkrinde uͤberzieht die Kalkcoralle
(M. polymorpha 340) allerley Seeproducte in al⸗
len Meeren. Haͤufig wirft ſie das Meer aus, und
dann wird Kalk aus ihr gebrannt. Sie iſt aͤſtig, kru⸗
ſtenartig und ſehr dick, von ſehr mannigfaltiger Ge⸗
ſtalt und Farbe. Man wollte ihr ihre Stelle unter
den Corallen abſprechen. Wir konnen nur Eine Art
und zwar die aͤſtige geben.
Auf mehrern Muſcheln fand man ein Gewebe,
wie vom feinſten Filet. Ihre haaraͤhnlichen Fäden
ſind kunſtvoll in einander geflochten. Ein Spinnen⸗
gewebe kann nicht feiner ſeyn. In natuͤrlicher Größe
würden wir wenig davon ſehen, aber bey 341 über:
geben wir ein vergrößertes Stuͤck dieſer netz foͤrmigen
Punctcoralle (M. Reticulum) der Bewunderung
unſrer Leſer. . Fa
2 Auch
Schwammſtein. 405
Auch die Zellencorallen umziehen bald wie eine
Rinde Seepflanzen, Steine u. d. m. bald werden ſie
frey angetroffen. Eine Menge Zellen oder Roͤhrchen,
mit runden auch kreuzfoͤrmigen Muͤndungen, ſitzen
auf einer Art von Pergamenthaut; daher die Bieg:
ſamkelt dieſer Corallen, trotz der kalkartigen Subſtanz.
In ihnen liegt ein gallertartiges Thier mit cylindri⸗
ſchem Körper und mehrern Fuͤhlerchen. Ehemals
hielt man fie mit andern Corallen für zufällige Aus⸗
wuͤchſe, und nannte fie Grind, Schorf (Eſchara). |
Von den zehn Arten koͤnnen wir unfern Leſern nur
zwey bekannt machen. Beobachten wir den Schwam̃⸗
ſtein (C. Spongites, la Pierre d Eponge), wie er
ſich dem bloßen Auge zeigt (342), ſo gleicht er einer
chagrinirten Haut; vergroͤßern wir aber ein Stuͤck
(343), dann bemerken wir, daß das Ganze aus einer
unendlichen Menge von Zellen beſteht. Eine Reihe
ſteht uͤber der andern, und wahrſcheinlich erbaut jede
Brut die neue Zellenreihe auf den untern, die nun die
Saͤrge der aͤltern werden. In großen Maſſen haͤuft
ſich dieſe Coralle an, und uͤberzieht alles ſo, daß ſie
die Form desſelben annimmt. Aber auch frey in
mancherley Geſtalten findet man ſie. Die Unſrige hat
wahrſcheinlich eine Gorgonie uͤberzogen. In Apothe⸗
Eee 3 ken
406 Staudencoralle.
ken galt ſonſt der Schwammſtein viel. Faͤlſchlich
aber glaubte man, er werde im Schwamme gefunden.
Das, was wir bey 344 vor uns ſehen, iſt ein
Stuͤck der uns wohl bekannten Steckmuſchel. Auf
ihr erblicken wir einen kalkartigen Ueberzug. Auch
das iſt eine Zellencoralle, und zwar eine ſolche, der
man den Nahmen die Durchſtochne (C. Pertuſa)
gab. Die Vergrößerung (345) zeigt uns die unges
mein artigen, krugaͤhnlichen Zellen, und laͤßt uns
auch hier wieder uͤber die ſo herrlich im Kleinen arbei⸗
tende Natur erſtaunen.
+
+
Tab. XLIV. XLV.
Staudencoralle. His.
Koͤnigscoralle (346. 347). Blutcoralle (348.
349). Seeſtrick (350).
Horncoralle. Gorgonia.
Seehorn (351.352). Warzige (353). See⸗
faͤcher (354. 355).
Noch mehr pflanzenartiges in ihrem Wuchſe haben
die Stauden: oder Gliedercorallen, zu denen wir
jetzt kommen, die man auch edle Coralle nennt.
Ihr bloß zur n n gegliederter
Stamm
Koͤnigscoralle. 407
Stamm, iſt zuweilen poros, zuweilen durchaus ſtei⸗
nig. Eine weiche Rinde umgibt ihn. Auf ihr befin⸗
den ſich kleine, kelchformige Warzen, die man für
Eyer-anfehen möchte, aus denen Polypen hervor⸗
treten, deren Fuͤhlerchen, die fie aus- und einziehen
konnen, an die Staubfaͤden der Pflanzen erinnern.
Auch im Innern des Stammes verrathen concentris
ſche Kreiſe etwas dem nn des uns
aͤhnliches.
Von ſonderbarem dec Baue ift die Koͤ⸗
nigscoralle (I. Hippuris, le Corail articule 346),
die unter den heißeſten und kaͤlteſten Zonen, an den
tiefſten wie an den ſeichteſten Stellen des Meeres ge⸗
funden wird. Sie erreicht eine Hoͤhe von mehrern
Schuhen, nur iſts ſchwer, ſie unzerbrochen zu bekom⸗
men. Immer iſt ſie mit einer dicken, muͤrben Rin⸗
de umgeben. Ihre gefurchten, verſchieden geformten
Glieder beſtehen aus einer ſteinartigen, und die Ver⸗
bindungen zwiſchen ihnen, aus einer hornartigen
Maſſe. Die erſtere dringt mit den Jahren immer
mehr in die letztere ein, oder das hornartige iſt der
juͤngere Stoff, der allmaͤhlich verſteinert. Die vor⸗
derſten Spitzen und Triebe find immer hornartig,
aber auch in ihnen ſieht man ſchon den unerklaͤrlichen
Ueber⸗
408 Blutscoralle⸗
Uebergang ins Steinerne (347). Man hat dieſe Co⸗
ralle in der Medicin und zu Kunſtarbeiten gebraucht.
Weit wichtiger iſt freylich in dieſer Ruͤckſicht die
Blutcoralle (I. Nobilis, le Corail rouge, edle, 348),
die man in der ganzen Welt kennt und ſchaͤtzt. Das
mittellaͤndiſche Meer iſt ihr eigentlicher Wohnplatz.
Hier waͤchst ſie auf allerley Koͤrpern in verſchiedner
Richtung empor und unterwaͤrts, und theilt ſich in viele
gabelfürmige Zweige. Ein Schuh Höhe und ein Zoll
im Durchſchnitt des Hauptſtammes gibt ſchon ein vor⸗
zuͤgliches Stuͤck. So feſt und marmorhart ſie iſt, ſo hat
fie doch kleine Feinde, die fie durchlöchern, und oft uͤber⸗
ziehen ſie Milleporen, und machen dadurch ihrem
weitern Wachsthum ein gaͤnzliches Ende. Im Durch⸗
ſchnitt (349) iſt fie etwas fleckig. Ihre Farbe beſteht
in allen Abſtufungen von Roth. Mit Saͤuren kaun
man fie bleichen. Außen, an der celluldſen, gallert⸗
artigen Rinde, die ſie im Meere bekleidet, bemerkt
man eine Menge Furchen und Waͤrzchen. Dieſe ſind
theils offen, theils verſchloſſen. Die Muͤndung die⸗
ſer Thierzellen hat 8 zugerundete Lippen. Aus ihnen
treten 8 Faſern fternförmig hervor. Sie gehören ei⸗
nem cylindriſchen Polypen, der im Innern ſeiner Zelle
ſehr kleine Eyer erzeugt. Er tritt ploͤtzlich zuruͤck, ſo
wie
ATIX 'L
Wo?
Blutcoralle. 400
wie die Coralle aus dem Waſſer genommen wird.
Die reifen Knoſpen fallen vom Mutterſtamme ab,
haͤngen ſich irgendwo feſt, und ſo entſtehen neue Co⸗
rallenſtaͤmme. Aus dieſen Knoſpen tritt, wenn man
druͤckt, ein Tropfen hervor, den man Corallenmilch
nennt, und der gar wohl das gallertartige Thier ſeyn
konnte. Erſt die Hand des Kuͤnſtlers macht dieſe Eos
ralle ſo glatt, wie wir ſie in Cabinetten ſehen. Von
den aͤlteſten Zeiten bis auf die unſrigen, bey den wil⸗
deſten, wie bey den geſittetſten Völkern war fie immer
zum Putze beliebt. Die alten Gallier ſchmuͤckten da⸗
mit Schilde und Helme. Die Indianer, beſonders
aber die Japaneſen, ziehen ſie den Perlen und Edel—
ſteinen vor, und Juden und Tuͤrken wiegen ſie mit
Gold auf. An der Goldkuͤſte in Africa gibt man für
eine Coralle, die eines Fingers dick und einen Zoll lang
iſt, ſieben Menſchen, und es iſt ſchaudernd zu hoͤren,
daß Vater ihre Söhne, und Mütter ihre Töchter für
eine Corallenſchnur ewiger Sclaverey übergeben,
Ihren Werth erhoht in jenen Gegenden der Umſtand,
wenn beruͤhmte Maͤnner ſie getragen haben, unendlich.
Tavernier gedenkt einer Coralle von der Größe eines
Huͤhnereyes „ dle 20000 Thaler koſtete. Noch bis
jetzt wird die Corallenfiſcherey an den ſuͤdlichen Kuͤ⸗
wuͤrmer II. Th. Fff ſten
410 Blutcoralle.
ſten von Frankreich, vorzuͤglich aber zwiſchen Tunis
und Algier, dann um Corſica, Majorca, Sicilien,
Catalonien mit großem Erfolge betrieben. Sonſt
beſchaͤfftigte Frankreich, vorzuͤglich die Marfeillers
manufactur, go Fahrzeuge (Corallines) damit; der
wichtige Handelsplatz la Calle ( Baftion de france)
iſt ihm dazu von großer Wichtigkeit. Zwar zog ſich ein
Theil dieſes Manufactur Zweiges nach Livorno, allein
ſeit einigen Jahren iſt er in Marſeille wieder ſehr in
Aufnahme gekommen. Um die Corallen zu bekom⸗
men, laͤßt man kreuzweis uͤbereinander gelegte mit
Hanfſeilen locker umwundne Balken von 6—7 Fuß,
deren Gewicht eine Canonenkugel in der Mitte ver⸗
mehrt, auf den Grund des Meeres hinab. Auch
netzfoͤrmige Beutel hängt man daran. Nothwendig
verwickeln ſich die Corallen mit ihren Aeſten darein.
Dieſe werden nun, wie ſie ſind, in Kiſten gepackt,
und an die Manufactur in Marſeille, die einer Ge⸗
ſellſchaft gehört, abgeliefert. Hier polirt man die
ſchoͤnſten Stuͤcke, und verſieht ſie mit niedlichen Pie⸗
deſtalen für Cabinette. Dann ſondert man die Stuͤcke
ab, die zu Kunſtarbeiten, Taſſen, Stockknöͤpfen,
Meſſerheften angewendet werden konnen. Die Glie⸗
der werden mit Stahlſaͤgen abgeſondert; andre dre⸗
5 hen
* Blutcoralle. 411
hen Perlen, andre bohren, andre facettiren ſie.
Durch verſchiedne Siebe ſondert man die Corallperlen
nach ihrer Groͤße ab, und dann ſortirt man ſie nach
der Reinheit der Farben. Sonderbare Nahmen:
erſtes, zweytes, drittes Blut, Blutſchaum, Blutroſe
u. d. bezeichnen die verſchiedne Schoͤnheit derſelben.
Dann reiht man ſie an blaue Schnuͤre. Andre be⸗
kommen die Juweliere zum Faſſen. Das Lager hat
immer uͤber eine Million am Werth. Im J. 1785
verkaufte die Manufactur einen Corallendiamanten
an einen chineſiſchen Mandarin um goooo Livres.
Der Haupthandel mit Perlen wird nach dem Ge⸗
wicht in die Tuͤrkey und beyde Indien getrieben.
Die Conſumtion iſt darum ſo groß, weil die Bewoh⸗
ner des gluͤcklichen Arabiens nicht nur Corallenſchnuͤre
als Roſenkraͤnze gebrauchen, ſondern auch ihren Tod⸗
ten ins Grab geben. Sie verzieren damit ihre Tur⸗
bane und die groͤßte Schoͤnheit bedient ſich ihrer, um
den Hals und die Arme zu ſchmuͤcken. Bey den Be⸗
ninen, an der Weſtkuͤſte von Suͤdafrica, iſt das Feſt
der Corallen ein Nationalfeſt. An dieſem wird der
Corallenſchmuck des koͤniglichen Hauſes in Opferblut
getaucht und Gott gebethen, daß er es nie au dieſem
koſtbaren Producte fehlen laſſe. Im ſchon genann⸗
| Sffa ten
412 | Seeſtrick. 5
ten Jahre beſchaͤfftigte die Marſeillermanufactur 320
Menſchen in und zoo außer ihrem Haufe. Ihr Ders
dienſt beträgt 13 Fl. des Tages. Der Aufſeher hat
18000 Livres Gehalt. Die Unze koſtet von 6—10000
Livres, und bequem koͤnnte man eine Parthie für
200000 Liv. in eine Rocktaſche ſtecken. In einer
Amſterdamer Auction wurde eine Corallenkette, aus f
Einem Stamme geſchnitten, um 1400 Fl. verkauft.
Sechs Jahre hatte ein kuͤnſtlicher Mann damit ver⸗
ſchwendet. Sonſt mußten dem Gebrauch der Coral⸗
len Krankheit und Tod weichen; jetzt laͤßt man ſie
nur noch als Zahnpulber gelten. |
Auch eine ſchwarze Coralle, den Seeſtrick (I.
Spiralis 350), zeigen wir unſern Leſern, ohne uns
in den Streit einzulaſſen, ob ſie zu den Gorgonien,
oder zu den Stachelcorallen, einer eignen neuen
Gattung gehdre; und begunuͤgen uns, auf ihren ſich
ſchraubenartig empor ſchlaͤngelnden Stamm aufmerk⸗
ſam zu machen. Nach Hinwegſchaffung ihrer rau⸗
hen Oberfläche gleicht fie dem ſchoͤnſten Ebenholz.
Die dickern, ungewundnen braucht man in Indien als
Spazierſtöcke. Dort will man dieſe Coralle einen
Fuß dick gefunden haben. |
Obgleich die Horncorallen wahre Pflanzen mit
einem coralliſchen, thieriſchen Ueberzuge zu ſeyn ſchei⸗
nen,
Horncorallen. 413
nen, deren ſtaͤrkere Staͤmme eine holzartige, man
konnte ſagen, hornartige Maſſe, und Ringe wie Ges
waͤchſe haben, ſo ſpricht doch die Abweſenheit einer
Nahrung einſaugenden Wurzel, und das Fortleben
jedes abgeſchnittnen Zweiges dagegen. Zaͤhe und
biegſam find fie im Meere; fpröde und zerbrechlich im
trocknen Zuſtande. Nicht im holzartigen Innern,
ſondern in der kalkartigen Rinde voller Poren und
Zellen befinden ſich die thieriſchen Organe, 8 ſtrah⸗
lenfdrmige Faſern und ein cylindriſcher Körper. Hält
man dieſe alle fuͤr Theile Eines Thieres, ſo waͤre bey
der Horncoralle das Innere als Knochengebaͤude und
die Corallenrinde als das Fleiſch mit den Organen
anzuſehen. Cavolini ſah die Abſonderung ſich leb⸗
haft bewegender rother Kuͤgelchen, die die Keime
| kuͤnftiger Gorgonien enthielten. Alles Leben iſt in
der Rinde. Wo ſie ganz weggeſchafft iſt, hoͤrt alles
Wachsthum auf; wo aber nur ein Stuͤck von ihr vor⸗
handen iſt, waͤchst der Stamm fort, wenn auch ein
Theil desſelben nackend ſteht. Zog doch ein Beob⸗
achter mit Vorſicht einen Zweig aus ſeiner Rinden⸗
ſcheide, und erſetzte ihn mit einem ähnlichen Hoͤlzchen;
doch wuchs die Rinde weiter fort. Alle moͤglichen
Formen haben die 40 Arten Horncorallen; bald ſind
Fff 3 fie
414 Gehom Warzige.
fie einfach, bald gefiedert, bald netz⸗ bald faͤcherfoͤrmig.
Einige haben niedrige, andre 16 Fuß hohe Staͤmme.
Nur auf drey muͤßen wir uns bey dem den Corallen
ohnehin unguͤnſtigen Format unſrer Vlaͤtter, in ge⸗
draͤngter Kuͤrze beſchraͤnken. Ziemlich einfach iſt das
Ausſehen des Seehorns (G. Ceratophyta 351),
das im atlantiſchen, mittellaͤndiſchen und ſuͤdameri⸗
caniſchen Meere gefunden wird. Eine rothe, zuwei⸗
len auch andre Rinde, bekleidet das ſchwarze Holz.
Auf einer kleinen Grundflaͤche ruht der Stamm mit
ſeinen gabligen Zweigen. Die Vergroͤßerung (352)
zeigt an der glattſcheinenden Rinde eine Furche, und
auf beyden Seiten Erhoͤhungen, aus deren Oeffnungen
weiße Polypen mit 8 Fuͤhlern hervortreten. In allen
Meeren iſt die warzige Horncoralle (G. Verru-
cofa, ' Arbre, le Balai de mer 353) einheimiſch, wo
fie ſich auf Conchylien, Corallen, Felſen u. d. anſie⸗
delt und auf 2 Schuh hoch wird. Aus einer duͤnnen
Membrane erhebt ſich ein vielaſtiger Stamm, und
breitet ſich flach aus. Lauter kegelförmige Warzen
mit feinen, punctaͤhnlichen Oeffnungen, machen die
weißgelbe Rinde aus, die das Holz bekleidet. Bis
auf 6 Fuß hoch und breit wird der Seefaͤcher (G.
Fiabellum, Eventail de mer 354), der dieſen Nah⸗
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Seekork. 415
men mit Recht fuͤhrt, weil er zur Kuͤhlung wie zum
Anfachen des Feuers gebraucht wird. Sein artiges
Netzgewebe iſt bald flach, bald rund. Am vergroͤßerten
Stuͤcke (355) bemerken wir, daß alles Ueberzug eines
hornartigen Gerippes ſey. Man findet dieſen Sees
faͤcher von verſchiedner Farbe und Form. Immer aber
hat die Oberfläche eine Menge kreisfoͤrmiger Oeff⸗
nungen und kleine Bläschen, die entweder noch uns
erdffnete Poren, oder auch Eyerbehaͤltniſſe ſind. Fein
gefurcht und haͤrter als Ebenholz iſt das innere Holz⸗
oder Hornartige. An allen Seegeſtaden trifft man
dieſe Horncoralle.
Tab. XLVI. XVII.
Seekork. Alcyonium.
Diebshand (350. 357). Federkork (358).
Seefeige (359. 360). Seegallert (30 f).
Saugeſchwamm. Spongia.“
Pfeifenſchwamm (362). Badſchwam̃ (363),
1 Seerinde. Fluftra.
Blaͤtterrinde (304. 305). Haarrinde
(300. 307).
Ein weicher, lockerer Körper, innen mit ſpreuar⸗
tiger
416 Diebshand.
tiger Maſſe gefuͤllt, und außen wie mit einer leder⸗
artigen Haut uͤberzogen, unterſcheidet die Seekorke
merklich von andern Corallgattungen. Die Einen
verbreiten ſich in Aeſte, die Andern haben runde,
laͤngliche und oft gar ſeltſame Formen. So wenig
t hieriſche Empfindung man an ihnen ſelbſt wahr⸗
nimmt; ſo treten doch Armpolypen aus den Oeffnun⸗
gen ihrer Warzen. Man kennt 28 Arten, die zum
theil ziemlich nahe an die Schwaͤmme des Meeres
und des Landes graͤnzen.
Der wie ein Arm mit ſtumpfen Fingern ausſehen⸗
de Stamm gab der Diebs hand (A. Exos, la Main
|
die Larron 356) ihren Nahmen. Wie ein kleiner
Baum waͤchst dieſer Seekork auf Muſcheln u. d. g. in
die Hoͤhe. Gegen die Wurzel zu iſt er weißlich, wei⸗
ter oben gelbroth. Eine Menge Knoſpen und Röhrs
chen enthalten den Blumenpolypen, der der Erbauer
und Bewohner dieſer Corallenart ſeyn mag. Im
Seewaſſer kommt er nur zum Vorſchein, wie wir an
einem Zweige ſehen. Vergroͤßert (357) bemerken wir
ſeine Blumengeſtalt. An dieſer Thierpflanze glaubte
Marſigli ſey die Pflanzennatur ganz unverkennbar.
Wahr iſts, er ſah Kelch, Blumenkranz, Staubfaͤden,
Piſtill. Nur ihr ſchnelles Erſcheinen und Verſchwin⸗
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Federkork. Seefeige. Seegallerte. 417
den befremdete ihn. Allein eben dieſe thieriſche Em⸗
pfindung, die ſchnelle Bewegung und die das ganze
Jahr dauernden Bluͤthen haͤtten ihm ſagen koͤnnen:
hier ſey mehr als Pflanzenleben. a
Wie ein unten ſpitzig zugehender Federkiel
waͤchst der Federkork (A. Epipetrum 358) auf
Klippen in mancherley Geſtalten empor, und ſcheint
eine unbewegliche Seefeder zu ſeyn. Wir ſehen an
ihm Schöne Polypen ihre gefiederten Arme hervorſtre⸗
cken. Das Innere iſt voller Zellen. Als kugelfoͤr
mige Knollen erſcheinen die Seefeigen (A. Ficus,
le Chapeau flamand 359). Die niedlichen Sterne
der Warzenmuͤndungen zeigt die Vergrößerung (360).
So unangenehm dieſes Product mehrerer Meere
riecht, ſo wiſſen doch die Chineſer es zu waſchen und
mit Gurken als Salat zuzubereiten. Haͤufig ſchwimmt
in dem Meere zwiſchen England und Frankreich die
Seegallerte (A. Gelatinoſum 361) und verſtopft
den Fiſchern ihre Netze. Sie iſt nicht viel feſter als
Froſchlaich. Bald uͤberzieht fie fremde Körper, bald
bildet ſie aͤſtige Gewaͤchſe. Auch ſie iſt Aufenthalt und
wohl auch Werk von tauſend Polypenaͤhnlichen Ge⸗
ſchoͤpfen, die aus der durchlöcherten Oberfläche hervor⸗
treten, und das anne Leben im Meere vers
mehren.
Würmer Il. Th. Gg Nahe
418 Saugſchwamm. Pfeifenſchwamm.
Nahe an die Seekorke graͤnzen die Sauges
ſchwaͤmme. Ihr haaraͤhnliches Gewebe iſt von vers
ſchiedener Biegſamkeit und Elaſticitaͤt und ſo poros,
daß fie alle Fluͤßigkeiten einſaugen. Außer einer ge:
wiſſen ſie umgebenden Gallerte, mit deren Hinweg⸗
ſchaffung ihr Leben und Wachsthum aufhört, fand
man nichts Thieriſches an ihnen. Allein es kann ja
auch unſern Sinnen entgehen. Schreitet nicht der
Stundenzeiger unſrer Uhren raſtlos fort, ohne daß wir
ſeinen Gang bemerkten? Jedes abgerißne Stuͤck des
Saugſchwammes wurzelt wieder an. Tauſend Ge⸗
ſchopfe ſetzen in ihm ihre Brut ab und naͤhren ſich viel:
leicht davon. In allen moͤglichen Formen waͤchst er,
ſchmiegt ſich um alles mit höͤchſt veränderlicher Geſtalt
an, und hat gar oft große Löcher, die man Saugöffnuns
gen nennt. Nur zwey von 50 merkwürdigen Arten
erlaubt uns unſer Raum kuͤrzlich anzufuͤhren. Auf
einem Madreporengrunde ſehen wir den Pfeifen:
ſchwamm (S. Fiftularis, ¶Eponge trompe d Ele-
pliant 362). Zuweilen 4 Schuh hoch und 3—4 Zoll
im Durchmeſſer ſteht er aufrecht, roͤhrenformig da.
Das Ganze iſt ein Gewebe von mannigfaltig ver⸗
ſchlungnen Roßhaaraͤhnlichen Fibern. Einige von
dieſen ſtehen aͤſtig und frey empor. Im Innern quar⸗
. tieren
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vr, ff {
..
Badeſchwamm. Blätterrinde 410
tieren ſich allerley Thiere ein. Gemein genug und von
nicht geringem Nutzen iſt der Badeſchwamm (S. Of-
ficinalis, ¶Eponge vulgaire 363). In den meiſten
Meeren iſt er zu Hauſe. Kaum zwey gleiche findet
man in Abſicht der Poren und Muͤndungen, und der
Feſtigkeit oder Lockerheit ihres Gewebes. Grau auch
gelb iſt ſeine Farbe. Sobald er aus der See kommt,
reinigt man ihn von ſeinem Gallertuͤberzuge und thut
die fremden Koͤrper heraus. Auch die ſuͤßen Waſſer
haben Schwan corallen, z. B. die Badaja (S. Fluvia-
tilis), die zuweilen einen dem Hirſchgeweih aͤhnlichen
Wuchs hat, und von Federbuſchpolypen bevölkert iſt.
Schon aus dem Nahmen koͤnnen unſre Leſer ſchlie⸗
ßen, daß die 19 Arten Seerinden andre Gewaͤchſe
und Körper uͤberziehen. Sie ſind voller Poren und
Zellen, bald nur auf einer, bald auf beyden Seiten.
Wie ſtumpfes Laub verbreitet ſich die Blaͤtterrinde
(F. Foliacea, Eſcliare d feuilleslarges 364). Sie
iſt im Waſſer ein weiches, ſchleimiges Gewebe mit
ſtarkem Fiſchgeruche. An der Luft wird ſie hart.
Beyde Seiten ſind voller Zellen, an denen die Vergroͤ⸗
ßerung (365) einen trefflichen Bau zeigt. Alle find
oben gewdlbt, Ihr Eingang iſt unter dem Bogen;
unter ihm befinden ſich bernſteinartige, unſichtbare
Ggg 2 Mu⸗
420 | Haarrinde.
Muſcheln. An der Seite hat jede Zelle einen Stachel.
An der Zaarrinde (F. Piloſa) in natuͤrlicher Größe
(366) werden unſre Leſer wenig merkwuͤrdiges ſehen;
aber die Vergroͤßerung (367) zeigt ihnen die laubaͤhn⸗
liche Form dieſer ſchwammigen Seerinde mit ſonder⸗
baren Anhaͤngen. Der in den Zellen hauſende Po⸗
lype hat 20 Arme, die er glockenfoͤrmig ausbreitet.
Nicht ohne Ueberwindung brechen wir hier ab, um
unſere Leſer noch einige Schritte weiter in den Coral⸗
lenwaͤldern thun zu laſſen, womit die Gottheit den
Grund des Meeres beſetzt hat.
z
— ——
Tab. XLVIII. XLIX.
Kammpolype. Tubularia.
Cylinderkoͤcher (308). Nabelkoͤcher (369
371). Glockenkoͤcher (372-374). Sultan⸗
koͤcher (375).
Corallenmoos. Corallina.
Apothekermoos (376). Feigenmoos (377).
Saamenmoos (378). Pinſelmoos (379).
Vieleicht erwarten unſre Leſer bey den KAammpo⸗
lypen, deren 24 Arten bekannt ſind, von jenen gro⸗
gen Wundern zu hören, die raſtloſe Naturforſcher an
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Cylinderkoͤcher. Nabelkoͤcher. 421
den Polypen uͤberhaupt entdeckten. Allein, wir er⸗
ſparen eine ausfuͤhrliche Nachricht daruͤber, bis wir
zu den Polypen ohne coralliſche Zellen kommen, und
reden jetzt nur ganz kurz von den Kammpolypen, die
man auch Pfeifencorallinen nennt. Ihr bald einfa⸗
cher bald aͤſtiger Stamm iſt immer an etwas angehef⸗
tet. Das Mark desſelben wird fuͤr den Leib eines Thie⸗
res gehalten, deſſen Kopf mit einer Fuͤhlerkrone oben
hervorſieht. Dieß ſehen wir am Cylinderkoͤcher
(T. Indiviſa, la Coraline tubuleuſe d’ Avoine 308).
den man in den europaͤiſchen Meeren findet. Seine
hornartigen Röhren find zum Theil unter einander
verwickelt. Die Groͤßern treiben kleinere hervor.
Der oben hervortretende ſchöͤne Polyp, mit dem artig
gefiederten Kamme geht in einen kugelfdrmigen mit
Warzen beſetzten Koͤrper aus. Einer drahtfoͤrmigen, |
oben mit einem runden Schildchen beſetzten Roͤhre
gleicht der Nabelkoͤcher (T. Acetabulum, le Callo-
pilophore de Matthiole 369). Aber erſt eine ſtarke
Vergroͤßerung laͤßt uns in dem Schildchen, das man
den Kopf nennen mag, theils regelmaͤßige Strahlen
(370), theils die unendlich zarten wolligen Faſern ſe⸗
hen, die die Fuͤhler, oder der Kamm des Polypen
ſeyn konnten (371). Was der fleißige Roͤſel unter dem
N Gg 3 Nah⸗
422 SGlockenkoͤcher.
Nahmen Federbuſchpolyp beſchrieb, das zeigen wir
unſern Leſern unter dem Nahmen Glockenkoͤcher
(T. Campanulata), den man in ſtehenden Waſſern,
waͤhrend der heißen Jahrszeit, haͤufig findet. Wir
ſehen ihn in natürlicher Größe, theils (372) in gro⸗
ßer Geſellſchaft unter Waſſerlinſen haͤngend, theils
einen einzelnen (373), der ſich abgeſondert hat, um
eine eigne Colonie zu ſtiften, und an dem ſchon drey
hervortreibende Junge ſichtbar ſind, und auch ein
ſtark vergrößerter zeigt ſich uns bey 374. Wir uͤber⸗
gehen hier, wie gedacht, alles, was die Naturge⸗
ſchichte des Polypen uͤberhaupt betrifft, und begnuͤ⸗
gen uns, unſre Leſer auf den glockenfdrmig aus ge⸗
breiteten Fuͤhlerbuſch, und die gallertartige, aͤſtige
Roͤhre (372), an der jeder Polyp ſeine eigne Zelle hat,
und die uns juͤngere und aͤltere mit ihren Fuͤhlern in ver⸗
ſchiedner Richtung, auch einige ausgeſtorbne Zellen
zeigt, aufmerkſam zu machen. Das geringſte Ge⸗
raͤuſch ſcheucht ſie in ihre Zellen zuruͤck. Die kleinen
Körner in der Röhre hielt Roͤſel für Waſſerlinſenſaa⸗
men; allein nach neuern Erfahrungen find es Eyer.
Seine Nahrung umfaßt der Polyp mit ſeinen 60 Ar⸗
men, mit denen er uͤberhaupt alle Bewegungen in ſei⸗
ner Gewalt hat, und eine gewaltige Wirbelbewegung
deß
Sultankoͤcher. Apotheker⸗Feigenmoos. 423
des Waſſers erregt, die alles hineinzieht. Unzaͤhliche
Flimmerſpitzen an denſelben ſind in einer unaufhoͤr⸗
lichen radfdrmigen Bewegung, und befördern jene
Strömung, die alles in feinen Schlund ſtuͤrzt. Am
vergrößerten ſehen wir den Hals, die innern Gas
naͤle und einen Auswurf, den man fuͤr Unrath haͤlt.
Einige Aehnlichkeit mit dieſem hat der Sultan—
koͤcher (T. Sultan 375) mit feinen trichterförmig
gerelhten Fuͤhlern, den Blumenbach im Stadt⸗
graben von Gottingen entdeckt hat.
Wenig Thieriſches verrathen die 37 Arten Co⸗
rallenmooſe, und eben darum fireitet ſich das Thier⸗
und Pflanzenreich um ihren Beſitz. Aeußerſt fein find
die Poren, die man in der kalkartigen Rinde dieſer
gelenkreichen Corallgattung ſieht. Ein vergrößertes
Stuͤck (376 a), in natuͤrlicher Größe (3765), des Apo⸗
thekermooſes (C. Officinalis) zeigt uns die ſonderbar
geformten, kreiſelfoͤrmigen Glieder dieſer Coralle, die
nur 4 —6 Zoll lang, fo dick, wie ein ſtarker Faden, und
von verſchiedner Farbe an flachen Stellen der Europaͤi⸗
ſchen Meere gefunden wird. Sonſt brauchte man ſie
zur Medicin. Einige Aehnlichkeit mit den Feigen, wor⸗
auf das koſtbare Cochenillinſect geſammelt wird, hat
das Feigenmoos (C. Opuntia 377). Ein kalkartiges
Blatt
424 Saamenmoos. Pinſelmoos.
Blatt ſteht am andern, und ein faſeriger Faden lauft
durch alle Glieder und verbindet ſie. Wird die Kalk⸗
rinde in Weineſſig abgeloͤst, fo erſcheinen Zellen wie
Honigwaben. Einem haarigen Buſch ähnlich wächst
dagegen das Saamenmoos (C. Rubens, Coraline d
ſemence 378). Erſt eine ſtarke Vergroͤßerung zeigt, daß
die gabligen Zweige aus lauter roͤhrenfoͤrmigen Gelen⸗
ken beſtehen; und einem Pinſel gleicht das Pinſelmoos
(C. Penieillus 3729). An einem fleiſchfarbigen Stiel
ſitzt vorn buͤrſtenfoͤrmig eine Menge gabliger Aeſtchen.
Buͤndelweiſe findet man dieſes Corallenmoos in den
Meeren beyder Indien auf fremden Koͤrpern.
Tab. XLIX X L.
Blaſenſertularie. Sertularia.
Deckelſertularie (380. 381). Tannenſertu⸗
larie (382. 383). Buͤrſtenſertularie (384.
385). Sichelſertularie (380. 387). Heide⸗
| krautſertularie (388. 380). .
Zellenſertularie. Cellularia.
Kronencoralline (390-392). Panzerhemd
(303). Vogelkopf (304. 305).
Viele ſehen die Blaſen⸗ und Zellenſertularien als
zwey
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2
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Blaſenſertularien. 425
zwey Familien einer aus 77 Arten beſlehenden Gat⸗
tung an, die ſie Corallinen nannten. Pallas und
Blumenbach haben ſie getrennt. Sie unterſcheiden
ſich dadurch hiulaͤnglich, daß die erſtern gewiſſe Kno⸗
ſpen haben, in denen die Fortpflanzung vor ſich geht,
indeß die andern ganz aus Zellen und Samenbehaͤlt⸗
niſſen beſtehen. Beyde haben einen gewurzelten,
nackten, gegliederten Stamm. Die natürliche Größe
(380) zeigt bey der Deckelſertularie (S. Opercu-
lata, Cheveux de mer) uur ein feines Geſtraͤuch mit
Knoſpen, an einem vergrößerten Stuͤcke (38 1) aber
ſieht man artige Gefaͤße mit Deckeln, die ſchoͤnen
Vaſen gleichen. Die bald bleichgelbe, bald braune
Tannenſertularie (C. Abietina, le Sapin de mer
382), die auf Muſcheln, wie niedriges Tannenge⸗
ſtraͤuch, emporwaͤchst, hat durch das Vergroͤßerungs⸗
glas ſichtbare (383) eyfoͤrmige Bläschen, mit einem
oben offnen Halſe, aus dem ein Polypenaͤhnliches
Geſchoͤpf hervorſieht. Auch an der Buͤrſtenſertu⸗
larie (S. Thuja, le Goupillon 384), einem hornar⸗
tigen Geſtraͤuche auf einem knotigen Stengel, zeigt erſt
die Vergrößerung (385) die hoͤrneraͤhnlichen Zinken,
voller Kelche und Blaſen, in denen das Thier ſich fort⸗
pflanztz ſo wie an der Sichelſ ertularie( S. Falcata 386)
wuͤrmer II. Th. Hhh die
420 Zellen ſertularien.
die ſichelfbrmigen Zweige, voller oben zugeſpitzten
Blaͤschen ſind (387). Um ſie haben ſich zweyerley andre
Corallgewaͤchſe, die Slötenfertularie (S. Syringa)
und die Corallwinde (S. Volubilis), wie Epheu
herum geſchlungen. Aus einer Blaſe ſtreckt ſich ein
Polyp hervor. Doch noch deutlicher ſehen wir ihn
aus den Blaſenmuͤndungen einer vergrößerten Heide⸗
krautſertularie (S. Polyzonias, la Coraline d
grandes dentelures 388) hervortreten, die in ihrer
wahren Größe (389) einem niedlichen Geſtraͤuche
gleicht, das auf Muſcheln bald einfache, bald viel⸗
aͤſtige Staͤmme treibt. Hatten dieſe alle Blaſen, ſo
beſitzen dagegen die Zellencorallinen regelmäßige
Zellen. Vergroͤßern wir ein Stuͤck der dem unbe⸗
waffneten Auge fo einfachen (390) Rronencorallis
ne (C. Faſtigiata, Cor. d Duvet), ſo zeigt ſich uns
(391), daß jeder Zweig eine Gabel mit Zellen ſey.
Ein ſchwarzer Punct bezeichnet ein todtes Schalthier,
wobey der Beobachter in ſtummes Erſtaunen verſinken
muß, ohne daß auch eine noch ſtaͤrkere Vergrößerung
(392) das Sonderbare dieſes Schauſpiels milderte.
Wie ein Cypreſſenzweig ſieht das Panzerhemd (C.
Loriculata, Cor. d Cottes de maille; in natürlicher
Größe aus; vergrößert (393) bildet jedes Glied zwey
mit
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Pflanzenwürmer. 427
mit dem Ruͤcken an einander liegende Zellen mit
ſchief ſtehenden Muͤndungen. Nur noch eine, den
Vogelkopf (C. Avicularia, C. à tite d' Oiſeau)
fuͤgen wir hinzu. Sn feiner natürlichen Größe (394)
ſtellt er ein artiges Geſtraͤuch vor; vergrößert (395)
aber zeigt er uns Zellen wie mit einem Vogelſchnabel.
Doch nun genug von der auch hierin unerſchoͤpflich
reichen Mutter Natur. So kurz wir uns auch faſſen
mußten, ſo wird das doch hinreichend ſeyn, unſre
Bewunderung des großen Schoͤpfers, der auch auf
dem Meeres grund ſo herrlich bevölkerte Waͤlder fchuf,
zu erhoͤhen.
2— ,
* —
Tab. LI.
Pflanzenwuͤrmer. Zoophyta.
Seefeder. Pennatula.
Graue (396.397). Leuchtende (398.399).
Rothe (400. 401). Drahtfeder (402).
So manche Aehnlichkeit auch die Pflanzenwuͤrmer
mit den Corallwuͤrmern haben, ſo daß man ihnen
den Nahmen Zoophyten, Thierpflanzen, gemein⸗
ſchaftlich gab, ſo unterſcheiden ſie ſich doch dadurch
von einander, daß die Körper der erſtern keine,
Hhh 2 wenig⸗
48 Seefeder.
wenigſtens keine fo coralliſchen Gehaͤuſe, wie die letz⸗
tern beſitzen. Hier bey dieſer letzten Ordnung der
Wuͤrmerclaſſe, werden wir Wunder an Wunder rei⸗
hen muͤßen; hier werden wir mit Erſcheinungen be⸗
kannt werden, die ins Gebieth der Fabel zu gehoͤren
ſcheinen; hier werden uns unſre bis zum Ende unſrer
Wanderung durchs Thierreich ſo getreuen und nach⸗
ſichts vollen Leſer, bis auf die allerletzte Stufe beglei⸗
ten, wo wir weiter nichts mehr als einen lebenden
Punct, ohne alle Organe, vor uns ſehen, und wo die
Natur ſelbſt allem Forſchen eine Graͤnze geſteckt zu
haben ſcheint. Schon die erſte Gattung der Pflan⸗
zenwuͤrmer, die Seefedern, mit ihren 16 bis jetzt
bekannten Arten, ſind Geſchoͤpfe, bey denen man
kaum glauben kann, daß man Thiere vor ſich habe.
Wie eine Vogelfeder haben fie gleichſam einen Kiel
und eine Fahne oder Baͤrte. Dieſe werden durch 20,
30, auch mehr bogenfoͤrmige Arme gebildet, auf des
ren jedem mehrere niedliche Huͤlſen ſtehen, und von
achtarmigen Polypen bewohnt werden. Eine Span⸗
nen lange Seefeder kann 300 ſolcher Polypen haben,
Ziemlich ſchnell bewegt ſich dieſes nirgends angewur⸗
zelte Gefchöpf im Meere mit dem Kiel voraus, der
eine wurmfdrmige Bewegung macht, und mit muſcu⸗
loſem
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Graue, rothe Seefeder. 429
loſem Leder uͤberzogen iſt. Ein Beinchen im Innern
gibt dem Ganzen Feſtigkeit. Wir zeigen unſern Le⸗
fern zuerſt die graue Seefeder (P. Griſea, le Pana-
che de mer gris) von oben (396) und von unten
(397). Sie wird an der neapolitaniſchen Kuͤſte 8
Zoll lang gefunden, und ſcheint aus einem netzartigen
Gewebe zuſammengeſetzt. Ein Theil des unten ge⸗
ſpaltnen, nach oben zu etwas kolbigen Kiels oder
Stammes iſt nackt; ein anderer Theil mit Bärten
oder, wenn man will, Floßfedern verſehen, deren
Dienſte fie wirklich leiſten ſollen. Dieſe find halb⸗
mondfoͤrmig, oben gezaͤhnt und haben einen Sta⸗
chel in der Mitte, zu deſſen beyden Seiten ſich Spu⸗
ren von Polypen zeigen; der ausgehoͤhlte Theil iſt
voller Eyerchen. Im Innern entdeckt das Gefuͤhl
einen Knochen. Man hat ſich Muͤhe gegeben, an
dieſer Seefeder einen Mund zu finden. Aber viel⸗
leicht ſorgen die Polypen fuͤr die Erhaltung des Gan⸗
zen. Sie leuchtet bey Nacht. In einem hoͤhern
Grade ſoll dieſe Eigenſchaft die leuchtende See⸗
feder (P. Phosphorea, Je Panache de mer luiſant
398) beſitzen. Die nicht ſo genau wie bey der Vo⸗
rigen an einander ſchließenden Baͤrte ihres etwas
rauhern, unten weißen und oben roͤthlichen Kiels
| Hhh 3 wer⸗
430 | Rothe Seefeder.
werden durch 24 auch mehr Strahlen, von verſchied⸗
ner Länge gebildet, deren jeder mit gezaͤhnelten Kd⸗
chern beſetzt iſt. Aus ihnen treten, wie das vergroͤ⸗
ßerte Stuͤck (399) zeigt, vielarmige Polypen. Aus
genehm erleuchtet dieſe Seefeder den Grund des
Meeres durch ihr phosphorescirendes Licht, und wenn
ſie bey naͤchtlicher Weile in die Netze geraͤth, ſo be⸗
darf der Fiſcher keiner Laterne, um ſeinen Fang zu
unterſuchen. Einige Aehulichkeit mit der grauen hat
die rothe Seefeder (P. Rubra, le Panache de
mer rouge 400), die bald blaß⸗ bald hochroth iſt.
Ihr Hauptſtamm nimmt von unten auf in der Dicke
zu, dann aber wieder ab. Er iſt voll purpurner
Waͤrzchen und zarter, weißer Linien. Auf der ans
dern Seite ſieht man eine weit groͤßere Menge je⸗
ner Waͤrzchen, die Pallas fuͤr den Eyerſtock haͤlt.
Die ſichelfoͤrmigen Floßfedern haben zahlloſe Saf⸗
franſtreifen. Aus ihrem tiefern Theile ſehen wir
eine Menge weicher, cylindriſcher Körper mit 8 Faͤ⸗
den hervorgehen, wie uns der vergroͤßerte Strahl
(401) deutlicher zeigt. Unter jedem dieſer Körper
werden wir drey ſchwarze Striche bemerken. Dieß
find zarte Kudchelchen, die zur Sicherheit angebracht
find. Im Innern des Hauptſtammes findet man
einen
Drahtfeder. 431
einen Saft voll Koͤrnern und einen gelblichen Kno⸗
chen, der ſich ausdehnt und zuſammenzieht. Alles
lebt, alles bewegt ſich an dieſem ſonderbaren Pflan⸗
zenthiere. Wenn es auf der Oberflaͤche des Meeres
ſchwimmt, ſo umgeben ſeinen Koͤrper elne Menge
Blaͤschen, die wie Sterne glaͤnzen. Ob die vielen
Fuͤhlfaden lauter einzelnen Polypen gehoren, oder
eben ſo viele Mundoͤffuungen eines und des ſelben Thies
res ſind, iſt ungewiß. Immer wuͤrde man im erſtern
Falle annehmen muͤßen, daß viele Thiere Einen ge⸗
meinſchaftlichen Körper haben. Das Unbegreifliche en t⸗
ſcheidet nichts gegen die Wahrſcheinlichkeit. Denn was
iſt nach den Naidenwundern noch unwahrſcheinlich?
Noch eine kuͤrzer, wenn wir ſo ſagen duͤrfen,
gefiederte Seefeder, zeigen wir unſern Leſern in der
Drahtfeder (P. Filoſa 402). Außer den zwey ſehr
langen, knorpeligen Bartfaſern find die übrigen kurz
und buſchig durch einander geflochten. Der lederar⸗
tige Kiel hat Querfurchen; unten iſt er glatt. Im
Innern befinden ſich pumpenartige Gefaͤße, mit denen
dieſe Seefeder den ſonſt furchtbaren Schwertfiſch aus⸗
ſaugt. Dafür muß ſie ſich aber auch die Laus, viel⸗
leicht Meereichel, gefallen laſſen, die wir, wie eine
Warze, unterhalb ihres Buſches angeſiedelt ſehen.
22 Tab,
432 eO
Tab. LI—-LIV.
Armpolype. Hydra.
Grüner (403-407). Brauner (408-410),
Oraniengelber (411.413).
Faſt unglaublich ſind die Erſcheinungen, mit denen
wir unſre Leſer bey den Polypen der ſuͤßen Waſſer,
den Armpolypen, bekannt machen muͤßen. Hier
ſieht ſich die Natur nicht mehr ähnlich; umſonſt blicken
wir nach Muſtern, nach Vergleichungen um uns her.
Hier tritt der ſeltne Fall ein, wo die ſtrenge Wahr:
heit auch nicht einmal wahrſcheinlich iſt, und alles,
was die Fabel von einer Hyder, deren immer nach⸗
wachſende Koͤpfe den muthigſten Kaͤmpfer zur Ver⸗
zweiflung brachten, erzählt, wird von der Geſchichte
der Polypen weit uͤbertroffen. Zwar haben wir ſchon
oͤfters, und beſonders bey den Corallen und ihren ſo⸗
genannten Bluͤthen, der Polypen uͤberhaupt gedacht;
allein um Wiederhohlungen zu vermeiden, wollten
wir die wichtigen Entdeckungen, die an dieſen Thieren
gemacht worden ſind, ſo lange verſchweigen, bis wir
zu den Armpolypen ſelbſt kaͤmen, die eigentlich jene
denkwuͤrdigen Erſcheinungen verſchafften Ihr Aeu⸗
ßerliches verſpricht ſo wenig, daß ungeuͤbte Augen ſie
tau⸗
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Armpolypen. 433
tauſendmal uͤberſehen werden; denn ihr gallertarti⸗
ger, bald mehr, bald minder feſter Koͤrper iſt halb
durchſichtig und entgeht bey feiner Kleinheit ſehr leicht
den Blicken. Seine Farbe iſt veraͤnderlich, und haͤngt
zum oͤftern von der Nahrung ab. Je nachdem man
den Armpolypen mit rothen Waſſerſpinnen, oder mit
ſchwarzen Schnecken fuͤttert, je nachdem kann man ihn
färben, weil die Nahrung in die Körner, die den Koͤr⸗
per zu erfuͤllen ſcheinen, uͤbergeht. Am kenntlichſten
machen ihn feine Arme, deren Anzahl von 6— 20 uns
beſtimmt iſt. Er kann ſie außerordentlich verlaͤngern
und völlig einziehen. Nur bey voller Ruhe und Si⸗
cherheit ſtreckt er ſie aus. Sobald aber das ſchuͤch⸗
terne Thier noch fo leiſe berührt, oder aus dem Waſ—⸗
ſer genommen wird, ſo faͤhrt es ploͤtzlich in ein un⸗
fennbares Kluͤmpchen zuſammen. Mit dieſen Ars
men, die die kunſtreichſte Structur haben, faͤngt der
Polype ſeine Nahrung, Waſſerfloͤhe, Traubentraͤger,
Naiden ꝛc. und bringt ſie zum Maule, das er nach
Gefallen erweitern kann. Sie dienen ihm aber auch
im Gehen als Fuͤße, und im Schwimmen als Floſſen,
und nicht ſelten legt er ſich damit gleichſam vor Anker.
Außer dieſen Arten ſich fortzubewegen bedient er ſich
aber auch andrer Thiere, um ſeine Stelle zu veraͤn⸗
Wuͤrmer II. Th. Jii dern,
434 Armpolypen.
dern, und bald nimmt er die langſame Poſt der
Schuecke, an die er ſich anhaͤngt, bald das pfeil⸗
ſchnelle Fuhrwerk der Waſſermottenlarve. Ohne
Eingeweide und vollig hohl ſcheint der Körper zu ſeyn,
und die Gefaͤße und Druͤſen ſtecken zwiſchen der
aͤußern und innern Haut. Leicht kann daher der
Polype ſeinen Schlund und Leib erweitern, je nachdem
es der Umfang ſeiner Beute erfordert. Im Innern
geht die Ausſaugung vor ſich; die koͤrnerartigen Druͤ⸗
fen bewirken dieſe und der Schlund ſpeyt das Ausge⸗
ſogne wieder aus. Mit unbeſchreiblicher Geſchick⸗
lichkeit weiß der Polype ſeine Nahrung zu fangen; um⸗
ſonſt windet ſich die gezuͤngelte Naide, ſtellt ſich todt,
weil jener nur das Lebendige liebt, und droht mit ih⸗
rer Peitſche; umſonſt will der Waſſerfloh durch einen
ſchnellen Ruck ſich aus den Angelſchnuͤren, den Ar⸗
men des Polypen, losreißen. Nur ſelten gelingt dieß
den Opfern dieſes unerſaͤttlichen Freſſfers. Er ſtopft
bis auf zwoͤlf Waſſerfloͤhe in ſich hinein. Sein Koͤr⸗
per wird dadurch ganz unfdrmlich, und dann laͤßt er
muͤde ſeine Arme ſinken, und gleicht faſt einem Man⸗
ne, der im Lehnſtuhle ſeine Mittagsruhe haͤlt, um ſich
von der Arbeit ſeines Mittageſſens zu erhohlen. So
gierig und ſo viel der Polyp frißt, und ſo ſchnell er bey
der ſichtbaren periſtaltiſchen Bewegung in ſeinem In⸗
nern verdaut, ſo kann er doch auch lange hungern.
Von den erften, warmen Fruͤhlings tagen an bis
in den Herbſt findet man die Armpolypen in Teichen,
Graͤben und ruhig fließenden Waſſern. Immer ſind
ſie
Armpolypen. 435
ſie mit ihrem Hintertheile an irgend etwas, ſey es
Pflanze, Thier oder Holz befeſtiget, was durch An⸗
ſaugen geſchehen mag. Auch unter Eis koͤnnen ſie
fortleben. Doch befördert die Wärme ihr Wohlſeyn
und Leben, das fie auf zwey Jahre bringen mögen.
Oft ſitzen fie zu mehrern Hunderten beyſammen, und
ihre Tauſend ſich unter einander kreuzenden Arme ſe⸗
hen dann einem Buͤndel verwirrten Flachſes gleich.
Und doch zieht jeder ſeine Arme, ohne ſie im mindeſten
zu verwickeln, aus dem Gewirre heraus, ſo leicht ſonſt
alles an ihnen haͤngen bleibt, zum klaren Beweis,
daß ein Wille dieſe Arme regiere. Ihre Vermehrung
geht auf eine pflanzenaͤhnliche Art vor ſich. Es zei⸗
gen ſich Knoſpen, aus denen die lebendigen Jungen
am Leibe ihrer Eltern, wie Zwelge aus dem Aſt, her⸗
vorſproſſen, und auch aus den Jungen treiben wieder
Junge hervor. Die Mutter hat mit den Jungen Ei⸗
nen Magen gemein, und die Nahrung geht aus die⸗
ſen in jene und aus jener in dieſe uͤber, wie man deut⸗
lich ſehen kann, wenn man den einen oder den ana
dern gefaͤrbtes Futter gibt. Endlich ſchließt ſich die
Oeffnung, die aus dem Jungen in die Mutter fuͤhrt,
und es trennt ſich der Zweig der Kinder und Enkel
vom muͤtterlichem Stamme. Alle Armpolypen koͤn⸗
nen Muͤtter werden, und noch iſt von Geſchlechtsun—
terſchied und Begattung keine Spur gefunden wor⸗
den. Wenn ihre Zeit, ſich durch Ausſproſſen zu ver—
mehren, voruͤber iſt, ſo legen ſie vor dem Eintritt des
Winters Eyer, aus denen im Frühjahre die junge
Jii 2 Brut
*
435 Armpolypen.
Brut hervorkeimt. Vier bis fünf Monate erhielt ein
Naturforſcher dieſe Ever in trocknem Zuſtande. Wie
Samen ſtreute er ſie aus und ſie giengen auf. Deut⸗
lich ſab er Eyerſaͤcke hervorkommen, die die Mutter,
ſo wie ſie reif waren, ſorgfaͤltig irgendwo anklebte,
und er hatte das Vergnügen, aus ihnen ſchoͤne,
fruchtbare Polypen hervorgehen zu ſehen. Daher
wird es begreiflich, wie eine irgendwo ausgetrocknete
Pfuͤtze nach einem Regen ſchnell bevoͤlkert werden
kann, weil daſelbſt Eyerbrut verſteckt lag. Faſt un⸗
zerſtoͤrbar iſt die Lebenskraft des Polypen; in jedem
noch ſo kleinen Theile desſelben ſcheinen Keime eines
Ganzen zu liegen, die jeder Reiz entwickelt; alles
ſcheint gleichſam ein Eyerſtock zu ſeyn. In ſo viele
Stuͤcke man auch ihn durchſchneidet, es ſey mit Sche⸗
ren, Lanzetten oder Haarſchlingen, augenblicklich
fuͤgt ſich die Wunde zuſammen, und in wenig Tagen
iſt aus jedem Stuͤcke ein vollkommner, fruchtbarer
Polype geworden. Je nachdem man ihm den Kopf
oder den Schwanz ſpaltet, je nachdem kann man viel⸗
köpfige, oder vielgeſchwaͤnzte Ungeheuer erhalten,
und wenn man an feinem Körper, ohne ihn ganz
zu durchſchneiden, mehrere Einſchnitte macht, ſo tritt
an jedem ein neuer Kopf mit Maul und Armen her⸗
vor. Man kehre mit einer Schweinsborſte oder einer
feinen Stecknadel feinen Schlauchförper wie einen
Handſchuh um, fo daß die innere Haut die äußere und
dieſe jene werde, er wird demungeachtet fortleben und
eine reiche Nachkommenſchaft haben; ſelbſt die dar⸗
an
—
Armpolypen. 437
an befindlichen Jungen werden ſich durch eine 4
ſchickte Wendung mitumkehren und die Familie wird
ſich vollkommen wohl befinden. Dee aͤltern treten
dann gern aus dem Maul heraus und trennen ſich.
Auch der umgewendete Polyp treibt Junge, und läßt
ſich durch Zerſchneiden vermehren. Gern ſucht er ſich
freylich wieder umzuwenden; dieß gelingt ihm zurdei⸗
len nur halb. Dann bekommt er ein ſonderbares
Anſehen. Seine Lippen und Arme kommen in die
Mitte zu ſtehen; jene ſpalten ſich von ſelbſt, und ein
neuer Kopf treibt am alten Maule mit neuen Armen
hervor. Man ſtecke Polypen auf die mannigfaltigſte
Weiſe ineinander, und ſonderbare Gruppen von
Ungeheuern werden entſtehen; man ſchlitze ſie auf
und breite ſie wie ein Band auseinander, ſie werden
auch in dieſer Lage andre Polypen freſſen, oder dieſe
werden vielmehr ſo in ſie hineinfließen, daß ſie eins
mit ihnen ausmachen. Sogar das Kopfende von ei⸗
nem Polypen kann man, durch recht nahes Zuſammen⸗
bringen, an das Schwanzende des andern gleichſam
idthen, und dieſes ſeltſame Doppelgeſchoͤpf wird frefs
ſen und Junge treiben, und wenn man einen Polypen
in das Maul des andern ſchiebt, ſo werden ſie zwar
ſuchen von einander zu kommen, zuweilen aber auch
in Ein Geſchoͤpf zuſammenfließen. Verſucht man den
Polypen mit einer Haarſchlinge zu durchſchneiden, ſo
werden zuweilen die getrennten Theile ſchneller zu⸗
ſammenwachſen, als der Schnitt vollendet iſt, und
manchen Monate lang vertrockneten Polypen ruft
J1ii 3 Waſ⸗
\
438 Armpolypen.
Waſſer ind Leben zuruͤck. O wahrhaftig, dle Ges
ſchichte der Polypen hat ſo viele Wunder, daß es
nicht noͤthig war einen Kracken, dieſen beruͤchtigten
Polypen, zu erfinden, der zuweilen wie eine unges
heure Inſul in der Nordſee zum Vorſchein kommen
ſoll. Sehr groß iſt die Vermehrung der Polypen,
denn in zwey Tagen iſt ein Junges mannbar, wenn
weder Mangel, noch Laͤuſe, ihre Erbfeinde, noch die
Blattern es darin ſidbren. Nach Trembleys Tages
buch wurde ein Armpolyp in 5 Monaten Stamm⸗
vater von 25467 Nachkommen; doch was iſt das ge⸗
gen die 6000 Millionen, die eine Blattlaus ſchon in
der fuͤnften Generation, in ſechs Wochen, hat?
Was denken aber unſre Leſer von den Wundern,
die wir bisher erzaͤhlt haben? Glauben ſie nicht,
wir wollen noch zu guter Letzte ſie mit Fabeln unter⸗
halten, und regt ſich nicht in ihnen ein leiſes Miß⸗
trauen gegen die Beobachter jener unglaublichen Er⸗
ſcheinungen? Nein, die ewig wunderbare Natur
wollte hier durch kleine, faſt allenthalben vorhandne
Thiere, den ſtolzen Menſchen, der ſeit Jahrtauſenden
die Graͤnze des Moͤglichen erreicht zu haben glaubte,
beſchaͤmen. Trembley war es, der der Natur dieſe
Geheimniſſe ablauſchte. Der Schnitt, den dieſer
Colomb des Thierreichs that, zog den Vorhang auf,
beſtaͤtigte, was Leibnitz bloß aus Vernunftſchluͤſſen ge⸗
ahndet hatte, eroͤffnete eine neue Welt, und unfre ſchoͤ⸗
nen Theorien von entweder eyerlegenden oder lebendig
gebaͤhrenden Thieren, von thieriſcher Natur u. d. m.
fielen
Grüner Armpolyp. 439
fielen nieder. Zwar waren die Polypen ſchon vor ihm
einiger Maßen bekannt, aber er war es doch, der dieſe
muͤhvolle Reiſe in eine neue Welt wagte. Man denke
ſich fein immer ſteigendes Erſtaunen, als dieſer wuͤr⸗
dige Beobachter in einem zu ganz andern Unterſu⸗
chungen beſtimmten Waſſer, den erſten Polypen erſt
unbeweglich ſah, der ihn glauben ließ, er ſey eine
Schmarozer Pflanze; als nun eben die Arme ſich bes
wegten, bald verſchwauden, bald wieder zum Vor⸗
ſchein kamen, und der noch immer in der Meinung,
ob er Thiere oder Pflanzen vor ſich habe, ſchwankende
Beobachter feine Polypen die lichtere Seite des Glas
ſes ſuchen, gehen, Wuͤrmer verſchlingen, verdauen,
Junge hervorbringen ſah, und jeder gewagte Schnitt
mit neuen Wundern belohut ward, was mag er da
nicht empfunden haben?
Doch wir wollen jetzt unſern Leſern einige Poly⸗
pen in treuen Abbildungen vorlegen. Wir ſehen bey
403 einen recht ſchöͤnen grünen Armpolypen (H.
Viridis) in natürlicher Größe, der bereits ein Paar
Junge getrieben hat. Aber freylich findet man ihn
noch weit kleiner (a. b), und gar unkenntlich iſt er,
wenn er die Arme eingezogen hat (c. d). Dieſe find
von unbeſtimmter Anzahl; bald macht er ſie zart wie
ein Haar, bald breit und blaͤttrig, und dann gleicht
er einem niedlichen Bluͤmchen (e. f). Beobachten
wir dieſen Armpolypen ſtark vergrößert (404), fo
ſehen wir, daß ſeine gruͤne Farbe mit einem hellern
Ueberzug umgeben iſt. Seine Arme hat er gerade
| | blatts
440 Grüner Armpolhy y.
blattfoͤrmig ausgebreitet, und ſein Kopf hat eine co⸗
niſche Form. Denn auch dieſe iſt bald ſpitzig bald
rund, bald platt bald dick. Ueberhaupt iſt er ein
Proteus, und kaum werden uns unſre Leſer glauben,
daß die zwey ſeltſamen Geſtalten 405 und 406 eben
dieſen Polypen vorſtellen. Sein ganzer Koͤrper, wie
die ausgeſtreckten ſich in ein Knoͤpfchen endigenden
Arme, ſcheinen aus lauter Koͤrnern zuſammengeſetzt
zu ſeyn, und trichterfoͤrmig iſt der alles verſchlingende
Schlund. Mit den Armen ergreift er ſeine Nahrung,
Waſſerflohe und dergleſchen. Zuweilen verſchlingt
er, aber wohl nur von ungefaͤhr, einen Polypen, ja⸗
wohl ſein Junges, und behaͤlt es wohl eine Stunde bey:
ſich. Ja, was noch mehr ſagen will, das geſpaltne
Kopftheil frißt die andere Haͤlfte. Um doch unſern
Leſern zu zeigen, welche Ungeheuer das Meſſer des
Beobachters ſchaffen koͤnne, ſehen ſie bey 407 einen
Polypen, der außer 3 Köpfen und zwey neuen Trie⸗
ben mit zwey Armen, einen durch einen Schnitt ent⸗
ſtandnen Doppelſchwanz hat, auf dem er in einer
ſeltſamen Stellung ſteht. Ein ganzes Jahr erhielt
Roͤſel Polypen dieſer Art. Sterben fie eines natuͤr⸗
lichen Todes, ſo gewaͤhrt auch das einen ſonderbaren
Anblick. Sie ziehen ihre Glieder ein, bilden eine
gruͤne, helleingefaßte Kugel (g) und bald darauf zer⸗
fließen fie in Schleim (b). Daß fie Sinnen haben,
ſcheint keinem Zweifel unterworfen zu ſeyn. Sie lie⸗
ben die Helle, entdecken, was ihnen angenehm iſt,
auf eine ziemliche Ferne und bezeugen ſichtbar ihren
e Ab⸗
h N
Brauner Armpolyp. 441
Abſcheu, wenn ihnen etwas Unangenehmes vor den
Mund kommt. Ob die Körner ihrer Fuͤhlhoͤrner,
oder die Knöpfchen am vorderſten Ende Augen ſeyen,
muͤßen wir unentſchieden laſſen. Ihr Gefuͤhl iſt ſehr
leiſe und merklich der Geſchmack in der Wahl ihrer
Nahrung. Schall ſcheint keinen Eindruck auf fie zu
machen.
Auch den braunen Armpolypen (H. Fuſca)
zeigen wir unſern fefern. Wir ſehen ihn theils (408)
wie er ſeine ungeheuren Arme ausſtreckt, theils wie
er ſie etwas eingezogen hat (409). Am letztern ſproßt
ein Junges hervor. Die ſtarke Vergrößerung (410)
zeigt uns das Maul in der Mitte des runden Kopfs,
die gekoͤrnten Arme, die in einen weit feinern Faden,
als der iſt, den die Spinne ſpinnt, und in ein Knöpfe
chen ausgehen, und die er, ohne daß ſie in der Dicke
merklich zunaͤhmen, faſt ganz einzieht (1), den brau⸗
nen, hell eingefaßten Leib, und den gebognen immer
an etwas feſtſitzenden Schwanz von hellerer Farbe.
Uebrigens nimmt auch dieſer Polyp alle moͤglichen
Stellungen und Formen an, und laͤßt eben ſolſche Un⸗
geheure aus ſich bilden, wie der Vorige. Man mag
ihn in ſo viele Stuͤckchen ſchneiden, als man will,
und wie einen Brey umruͤhren, nur nicht zerquetſchen,
aus jedem Stuͤckchen wird wieder ein Polap ja ſelbſt
die Theile eines Arms ſetzen ſich irgendwo an (k),
und bald treiben aus ihnen Arme hervor (1), und es
wird allmaͤhlich ein ganzer Polyp daraus. Wollen
wir ſehen wie Kinder und Kindskinder aus einem
Würmer II. Th. Kkk Po⸗
442 Oraniengelber Armpolyp.
Polypen hervorſproſſen, ſo duͤrfen wir nur die frucht⸗
bare Heckemutter (m) betrachten, obgleich fie ſich
von unſerm braunen Armpolypen durch einen duͤnnern
Schwanz und durch den Umſtand, daß das Ausſproſſen
der Jungen immer am Ende des Korpers erfolgt, et:
was unterſcheidet. Ganz zuſammengezogen (n) ſieht
dieſer Polyp gar ſonderbar aus. Nichts iſt luſtiger,
als wenn in ſeine Arme ein Waſſerfloh geraͤth, und
nun Alte und Junge aus Brodneid ſich darum ſtrei⸗
ten, um einander den Biſſen vor dem Maule wegzu⸗
nehmen. In 8—9 Tagen, zuweilen früher, ſondern
ſich die Jungen mit den Enkeln von der Mutter ab.
Zuweilen geht auch ein Arm von ſelbſt los und wird
ein Polyp. Ja ſelbſt der Koͤrper theilt ſich zuweilen
von ſelbſt in mehrere Stuͤcke; dieſe freſſen, ſo zerſtuͤm⸗
melt fie ſcheinen, und auch aus ihnen werden ganze Po⸗
lypen. Von voͤllig unſichtbaren Laͤuſen werden ſie ſehr
geplagt, die allerley Geſtalten (o. pg) annehmen koͤn⸗
nen, und zuweilen tritt aus ihrem Korper eine uner⸗
klaͤrliche Kugel, die ihnen toͤdtlich iſt. ee
Aehnliche Wunder zeigt der oraniengelbe |
Armpolyp (H Griſea), von deſſen Thaten wir ſchon
bey den gezuͤngelten Naiden eine Scene ſahen ().
Unſre Abbildung zeigt uns einen vollkommen ausge⸗
wachsnen, der gerade eine Naide geangelt hat, in na⸗
tuͤrlicher Größe (411) und ſtark vergrößert (412). Zieht
Fr | er
(+) ©, der Wuͤrmer J. Band pag. 240. Tab. XXIX.
282, 283.
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Oraniengelber Armpolyv. 443
er ſeine Arme ein, ſo werden ſie ziemlich dick (r. t. u),
und ſieht zumal mit ſeinen Jungen ſonderbar aus, und
er kann den Armen jede ihm beliebige Laͤnge geben (s).
Sein Gang iſt wunderbar. Bald ſtemmt er ſich mit
den Armen auf (v) und zieht dann fein Hintertheil
nach, bald aber uͤberſchlaͤgt er ſich gleichſam (x).
Um in die Höhe zu kommen, ſtreckt er einen Arm fo
weit als moͤglich aus, faßt damit etwas, und vers
kuͤrzt ihn dann, wodurch der Koͤrper nachgezogen
wird; um in die Tiefe zu kommen, verlaͤngert er die
Arme, bis ſein Schwanz etwas faſſen kann. Wie
an einer Leimruthe bleiben die Thiere, die er freſſen
will, an ſeinen Armen haͤngen, aber ſie ſind nicht etwa,
wie man glauben möchte, klebrig, ſondern ihre Strus
ctur iſt wie ein fortlaufend fpiralformig um einen un⸗
endlich zarten Theil gewundner Faden, zwiſchen deſ⸗
ſen Windungen leicht alles eingeklemmt wird. Zu⸗
weilen ſtreiten ſich zwey um Einen Raub; der Schwaͤ⸗
chere muß das ſchon halb verſchluckte wieder fahren
laſſen. Ja er kann wohl gar in der Hitze des Kampfs
mit verſchlungen werden. Der Andre gibt ihn aber
bald wieder, meiſtens lebendig, von ſich. Der uner⸗
muͤdete Röſel trieb die Verſuche mit Einſchnitten an
dieſen Polypen ſo weit, daß er das Ungeheuer, mit
8 Köpfen 22 Armen und zwey Schwaͤnzen hervor⸗
brachte, das bey 413 abgebildet vor uns liegt. Daß
aber bey ſolchen Theilungen auch mehrere Willen
entſtehen, daß eine Kopfhaͤlfte die andre feindſelig
behandelt, ja wohl zuweilen frißt, dieß kann nur ſo
Kkk2 lange
444 Blumenpolyp.
lange der ſpoͤttiſchen Frage: ob man auch den Wil⸗
len — zerfchneiden konne? einen Schein geben, als
man vergißt, daß in jedem Kopfkeime eine Seele
wohnen konnte und mußte, und daß man hier uͤber⸗
haupt an einer Graͤnze ſtehe, uͤber die noch kein For⸗
ſcher ſich wagen durfte.
Noch zeigen wir unſern Leſern eine ganze Geſell⸗
ſchaft von Polypen (414), die an einem Stücke Holz
haͤngen, und deren einer einen Traubentraͤger (y), der
andere eine Naide (2), und ein Paar andre, eine andre
Art von Waſſerfloͤhen (tz) gefangen haben. Wuͤn⸗
ſchen wir aber den Traubentraͤger und den Waſſerfloh
größer abgebildet und genauer beſchrieben zu ſehen,
als es zu thun hier der Ort nicht iſt, ſo werden wir
im III. Bande der Inſecten daruͤber hinlaͤngliche Aus⸗
kunft finden. Bekannt iſts, daß die Waſſerfloͤhe zu⸗
weilen, zu großer Freude der Polypen, ganze Stre⸗
cken Waſſers in ſo zahlloſer Menge bedecken, daß die
aberglaͤubiſche Sage von in Blut verwandeltem
Waſſer entſtand. Uebrigens duͤrfen wir, wenn wir
von menſchlichen Polypen hoͤren, durchaus an nichts
Thieriſches denken, da dieſe Polypen des Menſchen mit
den unſrigen nichts, als den Nahmen, gemein haben.
0
*
Tab. LIV.
Blumenpolyp. Brachionus.
Buſchpolyp (415). Roͤhrenblumenpolyp
(416, 417). 3
Buſchpolyv. 445
Auch die Blumenpolypen verdienen die groͤßte Auf⸗
merkſamkeit. Aufeinem gemeinſchaftlichen Stamme
leben ſie in zahlreicher Geſellſchaft, die dem bloßen
Auge als ein Schimmel erſcheint. Eine Menge Aeſte
und Bluͤthen ſcheinen an dem Stamme hervorzutre⸗
ten, verſchwinden aber bey der geringſten Erſchuͤtte⸗
rung pldtzlich. Stehende faule Waſſer ſind der Auf⸗
enthalt, in dem ſie zuweilen wie ein truͤbes Woͤlkchen
ausſehen. Betrachten wir den in feiner wahren Grös
fe (a) ziemlich unkenntlichen Buſchpolypen (V.
Anaſtatica, Polype d bouguet, en houppe) ſtark ver⸗
größert (415), fo bemerken wir gleichſam ein Baͤum⸗
chen, voller Gloͤckchen und Bläschen, die man für
Eyernefter hält. In voller Ruhe breitet er ſich fo
aus; beunruhigt, zieht er ſich ganz in den Stam̃ hinein.
Dieſer ſcheint der gemeinſchaftliche Speiſecanal, alles
aber Ein organiſches Ganzes zu ſeyn, das Ein Wille
regiert. Dann bey der Beruͤhrung eines einzigen
Gloͤckchens, fährt alles mit unbeſchreiblicher Schnel⸗
ligkeit in ein Kluͤmpchen zuſammen. Nach zehn
Tagen fallen die Gloͤckchen ab, bewegen ſich aber
doch fort. Eine ſtaͤrkere Vergrößerung (b) zeigt uns
ihre Organe, die in ſteter kreisförmiger Bewegung
ſind, und durch ihr unaufhoͤrliches Flimmern einen
Waſſerwirbel erregen, der die Nahrung in ihren
Mund, die Glockenoͤffnung, ſtuͤrzt. Ihren Stiel,
wenn man will, Schwanz, koͤnnen ſie verlaͤngern,
oder auch durch Kreiſeln (e) verkuͤrzen; einige am
Stamme ſtrecken ihn aus, andre ziehen ihn ein, und
Kkkz wie⸗
446 R ohrenblumenpolyp.
wieder andre machen ſich ganz los, und ſiedeln fi ch
irgendwo an, kehren aber auch wohl zum Mutter⸗
ſtamme zuruͤck. Zuweilen ſchließen ſich die Gloͤck⸗
chen, oͤffnen ſich dann wieder, um ſich zu theilen,
und aus Einem werden zwey. Aber bey dieſer Art
der Vermehrung blieb die unerſchoͤpfliche Natur nicht
ſtehen. Sie thut neue Wunder. Es treten Blaſen,
wie Gallaͤpfel, an dem Baͤumchen hervor. Wir hef⸗
ten auf eine unſern Blick, ſie reißt ſich los, haͤngt
ſich wo an, theilt ſich, und ſtiftet eine neue Colonie.
In 24 Stunden koͤnnen aus Einem Knoten 120 Po⸗
lypen hervortreten, und unſre Leſer können kaum ein
ſchöͤners Schauſpiel haben, als wenn fie in einem
hellen Glaſe mit Meerlinſen eine ſolche Polypenge⸗
ſellſchaft und ihr ewiges Flimmern beobachten. Oft
uͤberziehen dieſe Polypen fremde Koͤrper gaͤnzlich ohne
Baͤumchen zu bilden.
Einen noch ſchoͤnern Blumenpolypen zeigen wir
in dem Roͤhrenblumenpolypen (B. Tubifex).
Er iſt eigentlich nicht dicker, als ein Roßhaar. Die
etwas ſchwache Vergrößerung (416) von mehrern
auf einem Blatte ſtehenden, läßt uns einfache und
doppelte Roͤhrchen, bewohnte und unbewohnt ſchei⸗
nende in verſchiednen Stellungen ſehen. Aber eine
ftärfere (417) bereitet uns das ſchoͤnſte Schauſpiel.
Vollkommen ſechseckige, regelmaͤßig zuſammengeſetzte
Theilchen bilden die Röhren. Aus der aͤltern dunklern
Hauptroͤhre, ſproſſen drey Juͤngere heller und bun⸗
ter, und aus einem derſelben ein Enkel hervor. Und
welche
Afterpolyp. 447
welche mannigfaltige Geſtalten nimmt nicht der Be⸗
wohner an, der es in ſeiner Macht hat, die Roͤhre zu
verlaſſen und munter herumzuſchwimmen. Wie blu⸗
menfbormig breitet nicht der Eine feine mit feinen Fuͤh⸗
lern beſetzten Blätter aus! Welche ſeltſame Schne⸗
ckenhornern aͤhnliche Theile und Freßſpitzen, welche
mannigfaltigen Geſtalten, die ſich beffer ſehen als
beſchreiben laſſen, haben ſie nicht! Wie ſchoͤn wiſſen
ſie nicht einen Waſſerwirbel zu erregen, um Nahrung
in ihren trichterartigen Schlund hineinzuſtuͤrzen! In
ihrem Innern fand man etwas, das man fuͤr Zaͤhne,
Magen, Herz, Gedaͤrme halten mußte, und noch ein
Gefaͤß, in dem wahrſcheinlich der Stoff zu der Roͤhre
aufbewahrt wird.
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— — —L. — nl
e Tube L. V. >
Afterpolyp. Vorticella.
Waſſertrichter (418.419). Geſelliger (420,
421). Deckelpolyp (42 2). Raͤderthier
(423427).
Kugelwurm. Volvox.
Kugelthier (428. 420).
| Einfache, nackte Thiere ſind die Afterpolypen.
Man kann ihrer auf 70 Arten annehmen, obgleich
manche von ihnen den Blumenpolypen beygeſellt
werden. Ganze Volker von ihnen, einzeln und auf
| einem
448 Waſſertrichter.
einem gemeinſchaftlichen Stamme lebend, bedecken
oft ein Waſſerthier und erſcheinen dem bloßen Auge
als ein Schimmel. Der Waſſerwirbel, den manche
unter ihnen durch die unglaublich ſchnelle Bewegung
gewiſſer Organe erregen koͤnnen, erwarb ihnen den
Nahmen Wirbelwuͤrmer. a
Kaum werden wir die Waſſerlinſe (418) mit den
Faſern fuͤr einen der Aufmerkſamkeit wuͤrdigen Ge⸗
genſtand anfehen. Allein das wohlthaͤtige Mikros⸗
kop zeigt uns in ihr (419) eine Geſellſchaft von Af⸗
terpolypen, denen man den Nahmen Waſſertrich⸗
ter (V. Stentorea) gab. Weiße, Schallmeyen
aͤhnliche Koͤrperchen, ſitzen mit dem duͤnnern Theile
an der untern Seite des Blattes feſt. Sie veraͤn—
dern alle Augenblicke ihre Geſtalt (a. b), verengern
oder erweitern ihr Maul, ſo nennen wir den vordern
dickern Theil, der mit zarten Haͤrchen beſetzt iſt, erre⸗
gen mit dieſen eine wirbelnde Bewegung des Waſ⸗
ſers, und wiſſen fo das, was fie entweder verſchlin⸗
gen oder fortſchaffen wollen, bald an ſich zu ziehen,
bald wegzuſtoßen. Zuweilen verlaſſen fie ihre Waſ⸗
ſerlinſe einzeln, kehren auch wieder zu ihrer Geſell⸗
ſchaft zuruͤck; aber nie leben ſie in der engen Verbin⸗
dung, wie der geſellige Afterpolyp (V. Socialis).
In einem ſchleimigen Sternchen (420), das in ſuͤßen
Waſſern an Meerlinſen gefunden wird, zeigt uns die
Vergroͤßerung (421) eine Geſellſchaft mit Schwaͤn⸗
zen vereinigter Afterpolypen, die ihr Maul in aller⸗
ley Formen ziehen, ſich bald verlängern, bald verkuͤr⸗
10 zen,
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Deckelpolyp. Raͤderthier. 449
zen, und durch einen erregten Waſſerwirbel (e) ihre
Nahrung in den Schlund ziehen. Um das Wunder⸗
bare zu vermehren, trennt ſich bey d gerade ein jun⸗
ger Schwarm von dem alten. Noch ſehen aber die
Junge ihren Eltern ziemlich unaͤhnlich. |
Aus einem gemeinfchaftlichen Stamme fproffen
hingegen die faſt unſichtbaren, gelblich weißen De:
ckelpolypen (V. Opercularis 422) hervor. Iſt
ihre Mündung ganz geſchloſſen, fo gleichen fie einer
Eitrone (e). Oeffnen fie aber dieſelbe (f), fo tritt
aus ihr ein ſonderbarer, mit Haaren umgebner De⸗
del an einem Stempfel hervor. Auch ſie erregen eine
Strömung (g), durch die kleine Geſchoͤpfe in den
Abgrund ihres Rachen geſchleudert werden. Tren⸗
nen ſich dieſe Polypen von ihrer Geſellſchaft, fo be⸗
wegen ſie ſich in allerley Windungen im Waſſer herum
und dann bleibt der leere Stiel am Mutterſtamme
zuruͤck (h). Die dunkeln Koͤrperchen, die wir bey
ihnen und den Vorigen im Innern ſehen, ſcheinen
| Eher zu ſeyn.
Aber weit beruͤhmter als dieſe iſt das von Leeu⸗
venhoͤck entdeckte Raͤderthier (V. Rotatoria, le
ö 3 Faſt in allen ſtehenden Waſſern und In⸗
onen findet man dieſes höchft merkwuͤrdige, dem
59 5 Auge völlig unſichtbare Gefchöpf, bey dem
Wunder auf Wunder haͤufen. Keine ſtrenge
Kälte, keine brennende Hitze ſoll es toͤdten, und ein
Tropfen Waſſers das laͤngſt vertrocknete Leben zu⸗
ruͤckrufen. Oft findet man es daher im Staube der
Wuͤrmer II. Th. LI Dach⸗
us 3 mer
Dachrinnen, wohin es die Luft geführt haben mag,
und Regenwaſſer belebt es dann wieder auf eine
Weile. Willkaͤrlich verandert es ſeine Geſtalt, nimmt
die ſeltſamſten Stellungen an, und raſtlos iſt das
Spiel ſeiner Raͤder. Wir zeigen unſern Leſern ein
lang geſchmaͤnztes, was nicht alle ſind, in verſchied⸗
nen Geſtalten. Bey 423 hat es den Kopf, an dem
ſich ganz vorn eine Spur von Augen zeigt, ſo viel
möglich aus geſtreckt, und die ſogenannten Räder (1)
ſtehen mehr hinten und ohrförmig in die Höhe. Bey
424 iſt der Kopf bis auf einen kleinen Zapfen zuruͤck⸗
gezogen, der Schwanz aber, der mehrere Abſaͤtze
hat, die ſich ſchnell aus⸗ und ineinander ſchieben, mit
dem Dreyzack zum Anhaͤcklen, ziemlich ausgeſtreckt;
und gar nichts ſieht man bey 425 vom Kopf. Die
‚Räder ſtehen ganz vorn. Will dieſes Thier gehen,
do ſchreitet es wie die Spannraupe ; will es ſchwim⸗
men, fo ſetzt es ſeine Raͤder in Bewegung. So wun⸗
derbar dieſe Organe ſind, ſo liegt doch in ihrer Be⸗
wegung ein Bezrug der Augen. Denn ſie haben
nen radfoͤrmigen Umſchwung; ſondern die Faſern oder
Flimmerſpitzen, womit ſie beſetzt ſind, machen in der
Reihe herum mit ſo unbegreiflicher Schnelle und Rich⸗
tigkeit eine Bewegung, daß man, wie bey dem Feuer⸗
rad, das auch nur an einem Puncte Feuer ſpruͤht,
einen zuſammenhaͤngenden Kreis und Umlauf zuf ſe⸗
hen glaubt. Steht das hungrige Raͤderthier, ſo wie
wir es bey 426 vor uns ſehen, und raͤdert, ſo erregt
dieß einen Wirbel, der alles Eßbare herbey zieht und
2 117 AD Ir in
— —
Räͤderthier. 45
ben Schlund ſtürgt,) Wergeflern dürfen wir biebep
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n lien, mu 102 es vor W Vertrocknen
mit
452 Kugelthier.
mit etwas Sand beſtreuen, ſonſt kommt es nie wie⸗
der ins Leben zuruͤck. Bis auf eilf Male trieb ein
Naturforſcher bey einem Näderthiere das Sterben
und das Wiedererwecken. Es iſt ein wahrer Zwits
ter. Spallanzani erzog von einem ſorgfaͤltig abge⸗
ſonderten fünf Generationen. Daß mehrere Raͤder⸗
thiere Eyer legen iſt keinem Zweifel unterworfen;
daß ſie aber auch lebendige Junge gebaͤren, iſt eben
ſo unſtreitig, ſeit Gdtze ein ſchwangeres zu ſehen ſo
gluͤcklich war. Ein Zufall lehrte dieſen Naturforſcher
auch im Winter Raͤderthiere erziehen. Er ließ Waſ⸗
ſer auf Heu gegoſſen, oder eine Heuinfuſion, uͤber
vier Wochen ſtehen. Oben ſammelte ſich eine Schleim
haut eines Thalers groß. Dieſe durchſtieß er, und
brachte einen Tropfen unter das Mikroskop. Hier
fand er nun in jedem Tropfen wenigſtens 20 Raͤder⸗
thiere, die unter einer Menge von blafenartigem Kir
fhöpfen munter herum ruderten und fie gierig ver⸗
ſchluckten. Wie aber die Brut hineingekommelt, oh
fie im Heu, oder im Waſſer, und wie die Schleim
haut zu ihrer Entwicklung ſo guͤnſtig geweſen ſeh,
dieß ſind Fragen, zu deren Beantwortung unſre Blicke
in die Werkſtaͤtte der Natur noch nicht tief ge gen use
drungen find, *
Auch die Kugelwuͤrmer verdienen PT
Bewunderung. Sie ſind meiſt dem bloßen wa
lig unſichtbar. Ihr Körper iſt kugelrund, durchſich
tig und gallertartig. Man kennt 12 Arten. Wie
mögen namen Globator), das im Fruͤh⸗
jahre
Infuſionswürmer. 453
jahre und Sommer in Pfuͤtzen und Infuſionen gefun⸗
den wird, in feiner natürlichen Größe (428) oder
recht ſtark vergrößert (429) betrachten, fo zeigt ſich
kein Glied, kein aͤußerliches Organ. Das ganze Thier
iſt eine gelbgruͤnliche, hautige Kugel voller Waͤrzchen.
Sie dreht ſich bald gleichſam um eine eigne Achſe,
bald rutſcht ſie gerade fort. In ihrem Innern be⸗
finden ſich 6—8 kleinere Kugeln, ihre Kinder. Ein
gutes Vergroͤßerungsglas entdeckt aber, wie in dieſen
wieder kleinere, und auch in den letztern noch kleinere
eingeſchloſſen ſind, ſo daß alſo im muͤtterlichen Ku⸗
gelthiere ſich zu gleicher Zeit Kinder, Enkel und Ur⸗
enkel befinden. Die Jungen waͤlzen ſich zu einer
Seitenſpalte aus der Mutter heraus (k). In einem
halben Tage hat ſie ſich ihrer ganzen Brut entlediget
und ſo wenig dieſe Geburt hart zu ſeyn ſcheint, ſo löst
ſich doch bald nachher das alte Kugelthier völlig auf,
Das Geheimniß ſeiner Dewegung e in den n
15 zu liegen. *
‚+
+
ab. LV. & LVI.
Infuſionswuͤrmer. Chaos.
(430-448).
Ein zahlloſes — von meiſtens unſichtbaren Thie⸗
ren hat Linns unter dem Namen Chaos vereinigt.
Ihr Nahme ſcheint ſie zur Finſterniß zu verdammen,
aber er konnte doch denkende Forſcher nicht abhalten,
2113 | ſich
454 Hoff onsthiere.
ſich mit ihnen zu beſchaͤftigen. Umſonſt ſtritt man
ihnen ihre Thierheit ab; umſonſt verſuchte man, ſie
bloß zu organiſchem Stoffe zu machen; ihre willkuͤr⸗ |
liche Ruhe und Bewegung, hn Begleide⸗ nach ge⸗
wiſſen Speiſen und ihr Abſchen vor a ndern, das ſicht⸗
bare Schlagen ihres Herzens und ihrer Eingeweide,
ihre tauſendfach veraͤnderte Geſtalt, ihre Empfind⸗
lichkeit, die ſo außerordentlich it, daß ein Naturfor⸗
ſcher eine dien Tage vorher in Scheidewaſſer getauch⸗
te, odllig trockne. Feder, nur einen Augenblick in ihr |
Waſſer halten dutfte, um pldtzlich alle zu todten, ihre
Geſchicklichkeit, einander dus güweichen, auch wo das
größte (zewimimel bericht, ihre Sehnſucht, ſich,
wenn ihr Ocean, der Waſſertropfen, „zu vertrocknen
anfängt, da hinzubegeben, wo noch Feuchtigkeit fiir
fie ift, ihre Vermehrung und ihr Todeskampf dieß
und ſo manches andre ſpricht zu laut fuͤr ihre thie⸗
riſche Natur. Wir reden hier ven den Jufuſions⸗
thieren, zu denen ſchon manche der vorigen gerech⸗
net werden können. Unter ibuen verſteht man die⸗
jenigen M: äͤrmchen, die in manch erley ſtehenden
Waſſern, bn Aufgüſſe von allerley vegetabiliſchen
und thieriſchen Substanzen. in pexiäuerte n Saͤſten,
auch im Samen, als Bewohner desſelben, ange⸗
troffen werden. Ju ihrer E ntſtehung iſt viel Gebeim⸗
nißvolles, und noch iſt der Vorhang lange nicht ar
gezogen. Aber auch nur das, was wir von ihnen
wiſſen, erweitert unſern Geſichtö kreis im Thierrelche
bis eee Welch ein Reichthum, welch
eine
Jufuſionsthiere. 455
eine Bevdllerung / welch ein Leben das überall herrſcht!
Wie ſcheinen nicht alle Pflanzen und Thiere und
Samen, zumal aber die Luft mit Millionen Thier⸗
keimen und Eyern erfuͤllt zu ſeyn, die bloß auf einen
guͤnſtigen Augenblick zur Entwicklung warten! Wle
koſtet es dem Menſchen nur eine Handvoll Heu,
Stroh, Kuͤmmel ꝛc. um gleichſam eine Welt von
Thieren zu ſchaffen! Und wie laͤcherlich iſts nicht, in
dem Leben und der Bewegung die da herrſcht, nichts
als Gaͤhrung, oder gar eine getaͤuſchte Einbildungs⸗
kraft der Naturforſcher annehmen zu wollen. Als
wenn nicht tauſend Dinge gaͤhren Könnten, ohne Ein
Jufuſionsthier zu enthalten, und als ob Gaͤhrung
wachſende, ſich bewegende, ſich theilende, einander
verſchlingende — Weſen hervorbringen konnte! Of⸗
fenbar ſpielt die Luft bey Infuſionen eine große Rolle.
Denn in feſt zugebundneu Glaͤſern gehen ſie ſchlecht
oder gar nicht von Statten, und ſelbſt der Verſuch,
daß auch in zugeſchmolznen Retorten Infuſionsthiere
zum Vorſchein kamen, kann nicht als entſcheidend
dagegen gelten. Man kann ſich keine großere Unter⸗
haltung machen, als wenn man Infuſtonen anſetzt,
d. h. gewöhnliche Glaͤſer bis zur Hälfte mit Fluß:
waſſer fuͤllt, und dann ein Paar Finger hoch Heu,
Stroh, Kuͤmmel, Hanf, Thee, beſonders auch Sa⸗
men von rothen Ruͤben u. d. m. hineinthut. In
3—4 Tagen wird man jedes Tropfchen, das man
von der ſich oben anſetzenden Schleimhaut unter das
Miltoskor bringt, reich bevölkert finden. Die Herbſt⸗
monate,
456 Infuſionsthiere.
monate, vorzuͤglich wenn man einzufeuern anfängt,
ſind zu dieſen Beobachtungen am beſten. Vorzuͤg⸗
lich iſt der December der Vermehrung der Infuſions⸗
thiere günftig, wenn die Kaͤlte nicht gar zu ſtrenge iſt.
So wie die jungen Meerlinſen nachwachſen, vermin⸗
dert ſich ihre Zahl; am ſtaͤrkſten iſt dieſe, wenn die
Alten ihre Wurzeln verlieren, und die Blaͤttchen al⸗
lein oben auf dem Waſſer ſchwimmen. Ihre Man⸗ |
nigfaltigkeit iſt fo außerordentlich, daß man ſich in
Vergleichung ihrer verſchiednen Formen faſt erſchoͤpft.
Fuͤr ihre Erhaltung hat die Natur ſehr geſorgt, indem
ſie ſich theils durch willkuͤrliche Theilung, bald in die
Lange, bald in die Quere, bald gar ins Kreuz, ſo daß
aus Einem vier Thierchen, und aus dieſen 16 und
aus dieſen 64 und ſo weiter werden, theils aber auch
durch Eyerlegen fortpflanzen. Bey einigen will man
eine Begattung bemerkt haben. Vielleicht hat das
ganz ſonderbare Schauſpiel, wenn ein ſolches Thier⸗
chen ſich theilt, beyde Theile aber noch an einander
haͤngen, hierin zu einer Taͤuſchung Veranlaſſung ge⸗
geben. In 20 Minuten geht das ſich theilende Infu⸗
ſionsthierchen durch alle Grade hindurch. Ein Beob⸗
achter hatte die Geduld, eins ganz allein in einen
Waſſertropfen zu ſetzen. Bald theilte es ſich in zwey;
den Morgen darauf hatte er fuͤnf; den folgenden Tag
So, und am dritten war ein Gewimmel, daß an kein
Zaͤhlen mehr zu denken war. Die Nahrung einiger
ſcheint Waſſer zu ſeyn, denn obgleich manche noch
kleinere Thiere, als fie find, bey den Strömungen, die
ihre
Infuſionsthiere. 457
ihre tauſendfaͤltigen Bewegungen im Waſſer erregen,
in ihren Rachen ſtuͤrzen, ſo geben ſie doch ihre Beute
oft wieder lebendig von ſich. Andre aber ſind offen⸗
bar Raubthiere, und auch dieſe unſichtbare Welt hat
ihre Tieger. Ihr Leben bringen einige auf Wochen,
andre auf Monate und wieder andre auf Jahre.
Manchem iſt freylich ſein Ziel noch kuͤrzer geſteckt.
Viele von ihnen leben, nachdem ſie Jahre lang in
trocknem Zuſtande ſcheintodt gelegen haben, wieder
auf. Bey einigen aber iſt der Tod ein Berſten und
gaͤnzliches Zerfließen. Am Ende ſchießen in den In⸗
fuſionen treffliche Kryſtalle an, die ein neues Feld der
Bewunderung eroͤffnen.
Nur wenige Blicke koͤnnen wir * ſchäthbaren i
eſer in dieſes unſichtbare Thierreich thun laſſen, deſ⸗
ſen Ocean ein Waſſertropfen iſt; aber auch dieſe wer⸗
den hinreichen, uns mit ſtummem Erſtaunen und
tiefer Ruͤhrung zu erfuͤllen. Es ganz zu durchwan⸗
dern und zu beſchreiben, wird es der Menſchheit wohl
eher an Augen und an Worten, als an Gegenſtaͤnden
fehlen. Erſt feit ungefähr 100 Jahren iſt dieſe neue
Welt, die unſre Vorfahren nicht kannten, entdeckt.
Sie naͤhrt Geſchoͤpfe, die an Geſtalt und Lebens⸗
weiſe alles übertreffen, was wir bisher von Thieren
kannten; ſie zeigt uns Wunder, die kein Indien und
Polyneſien größer aufzuweiſen hat. Wenn Habſucht
dieſe Laͤnder nicht ohne Gefahren und nicht ohne Un⸗
heil fuͤr ihre Bewohner beſuchte, fo wandelt dagegen
der Beobachter in dieſer neuen Infuſionswelt aus
Wuͤrmer II. Th. M mm Wiß⸗
33 Smfiisneitiere
Wißbegierde, obne Gefahr und Nachtheil; das Mi⸗
kroskop iſt fein C ompaß auf dieſen denkwuͤrdigen Ent⸗
deckungsreiſen, und er bereichert ſeine Zeitgenoſſen
und die Nachwelt mit neuen Begriffen, die ihnen die
Gottheit immer großer und anbethungswuͤrdiger mar
chen. Aber wie groß und verdienſtvoll muß uns nicht
der Fleiß und die Geduld jener wuͤrdigen Maͤnner
erſcheinen, die dieſen Geſchoͤpfen, die zum Theil Mil⸗
lionenmal kleiner als ein Sandkorn find, nachſpuͤrten.
Zwar ſie zur Beluſtigung zu ſehen, iſt ſehr leicht;
aber ihre Charaktere aufzuſuchen, ſich vor Selbſttaͤu⸗
ſchung zu huͤten, ſie in ihrer tauſendfach veränderten
Geſtalt wieder zu erkennen, ihren raſtloſen Bewegungen
zu folgen, und das faſt Unausdruͤckbare mit Worten
zu beſchreiben, welche Schwierigkeiten hat das nicht!
Und doch uͤberwanden ſie dieſelben. Gluͤcklicher aber
faſt keiner als der unſterbliche O. F. Muͤller; der
Cook der Infuſionswelt. Ihre große Beodlkerung
udthigte ihn, beſtimmte Charaktere anzugeben, und
ſie in Geſchlechter und Gattungen zu ordnen. Von
den meiſten wollen wir unſern Leſern eine oder die
andre Art jetzt ganz kurz bekannt machen, wäre es
auch nur, um ſie zu uͤberzeugen, welche herrliche
Schauſpiele ein Glas voll irgend einer Pflanzen⸗ oder
Thieriſchen Materie und ein gutes Mikroskop ge⸗
waͤhren, und welche ſtille Freuden der Umgang mit
diefen Meſen geben konne. Es verſteht ſich hiebey,
daß wir ſie alle vergrößert darſtellen; denn was waͤre
— ern .. mit ia wahren Größe, mit lauter faſt
unſicht⸗
Haar⸗Schwanzwürmer. 450
unſichtbaren Puneten, gedient? Dieß iſt gleich bey den
Haarwuͤrmern (Trichods) der Fall, deren man
89 Arten, theils geſchwaͤnzte, theils ungeſchwaͤnzte
kennt. Nur das Mikroskop nimmt ſie wahr. Sie
ſind bald am Einen bald am andern Ende mit Haa⸗
ren beſetzt. Von ihnen zeigen wir hier bloß den Co
meten (T. Cometa 430), en deſſen kugelrundem
und durchſt chtigen Körper auf einer Seite Haare, auf
der andern eine, auch zwey kleinere Kugeln, vielleicht
Junge, bemerkt werden. Im relnſten Waſſer lebt
dieſes Thier, bewegt ſich darin ungemein lebhaft,
beſonders mit den Haaren, verliert ſeine Kugeln und
löst ſich endlich nach manchen Veranderungen ganz
auf. Einen Schwanz haben die Schwanzwürmer
(Cercaria), die hald rund, bald platt, immer abet
durchſcheinend und unſichtbar ſind, wie wir an dem
unter 22 Arten dieſer Gattung aus gewaͤhlten Rrei⸗
ſel (C. Turbo 431) ſehen, den ſein borſtenartiger
Schwanz, den et zuruͤcklegen kann, zwey Puncte,
die man für Augen halten konnte, und Kugeln in
feinem Innern aus zeichnen. Seine Bewegung iſt
bald in Kreiſen hetumſchwimmend, bald gleichſam
gehend, bald etwas ſtoßteiſe forteilend. Noch
einfacher ſehen die Beutelwuͤrmer Burſaria) aus,
deren fuͤnf bis jetzt bekannte Arten einer Haut glei⸗
chen und vollig hohl ſind. So ſchwimmt der abge⸗
ſtutzte (B. Truncatella 432), wie ein oben ſchief
abgeſchnittnes Saͤckchen, auch dem bloßen Auge et⸗
was ſichtbar, im Waſſer, waͤlzt ſich bald von der Rech⸗
Mm m 2 ten
ten zur Linken, bald umgekehrt, herum, ſteigt in eis
ner Spirallinie an die Oberfläche empor, berührt fie
drey bis viermal mit ſeiner Oeffnung, und ſinkt dann
wieder in die Tiefe. Nur dieſe Bewegungen verra⸗
then das Thieriſche an ihm. Das durchſcheinende
Dunkle find vermuthlich Eyer. In Graben und
Waldpfuͤtzen, in denen Buchenblaͤtter verfaulen, iſt
er im Fruͤhling nicht ſelten. Eben ſo viele Arten als
von den Beutelwuͤrmern kennt man von den Wins
Felwürmern (Gonium), die aber nur das Vergroͤ⸗
ßerungsglas wahrnimmt. Sie ſind eckig, platt ge⸗
druͤckt und einfach. Nicht uͤbel verglich man das
Kugelquadrat (G. Pectorale 433), von dem aber
fuͤr die Quadratur des Cirkels nichts zu hoffen iſt,
mit dem Bruſtſchilde des Hohenprieſters. Lauter
gruͤnliche Kuͤgelchen ſind in einer unendlich feinen
Haut fo zuſammengeſetzt, daß fie ein, freylich zuwei⸗
len verſchobnes Quadrat bilden. Nie ſind ihrer mehr
als ſechzehn, wohl aber weniger, was vielleicht bloß
Verſtuͤmmlung iſt. Ihre Bewegung iſt ſehr ordent⸗
lich und gewiſſer Maßen tactmaͤßig, oft im Kreiſe
herum, und zuweilen ſtellt ſich das Quadrat ſo auf
die Kante, daß man nur die obern vier Kuͤgelchen
ſieht. Trennt ein gewaltſamer Zufall eins vom Ver⸗
bande, ſo bleibt es von nun an unbeweglich, denn in
der Membrane ſcheint das Leben zu liegen. Das
Uebrige dreht ſich weiter fort. Ob dieß eine Geſell⸗
ſchaft von Thieren, oder ein Einziges ſey, warum
faſt immer 16 und nie weir beyſammen jeyen, das
wird
Flaſchen⸗Flachwüͤrmer. 461
wird wohl Niemand auflöfen, Ihre Vermehrung ges
ſchieht, indem ſich die 16 theilen, und jedes wieder
zu 16 Kuͤgelchen wird. In reinem Waſſer auch in
Graͤben findet man dieſes Wunder der Natur. Aus⸗
geſchweift, platt und einfach ſind die 16 Arten von
Flaſchenwuͤrmern (Kolpoda), von denen wir den
Kappenflaſchenwurm (K. Cucullus, des Corne-
mujes argentles 434.) in Heuinfufi ionen häufig fins
den. Eyfoͤrmig mit einem gebognen, rundlichen
Kopfende „das am Bauche einen Einſchnitt macht,
und innen voll Jungen erblicken wir ihn. Die Ver⸗
miehrung ſcheint wie beym Kugelthier vor ſich zu ge⸗
hen. Die Haarwanze, ein furchtbares, mikroſkopi⸗
ſches Raubthier verſchluckt ihrer viele Tauſende.
Eine von den fünf Arten der Flachwuͤrmer (Para-
mecium), die flachgedruͤckt, laͤnglich, einfach, durch⸗
ſichtig und unſichtbar ſind, heißt das Pantoffelthier
(P. Aurelia 435). Seine Form gab ihm dieſen
Nahmen. Eine Falte, die von der Mitte bis zum
ſtumpfern Ende lauft, zeichnet es aus. Innen iſt es
mit Kuͤgelchen, vermuthlich Eyern, gefuͤllt; die aller⸗
ſchaͤrfſte Vergrößerung entdeckt rings herum Flim⸗
merſpitzen, womit es das Waſſer in Bewegung ſetzt.
Zitternd, hin⸗ und herwankend, oft aber pfeilſchnell
begibt es ſich von einem Orte zum andern. Wahr⸗
ſcheinlich begattet es ſich. Seine Vermehrung ge⸗
ſchieht wie bey der Naide, indem ſich ein Stuͤck ab⸗
ſondert. In Graͤben mit Waſſerlinſen gefuͤllt und
m ze onen findet man es. Bald laͤnglich bald’
Mmm 3 rund,
%% Scheiben Aalwürmer. |
rund, immer aber durchſichtig und mikroſkopiſch find,
die aͤußerſt flachen Scheiben wuͤrmer (Cyclidium).
Aus den 10 Arten heben wir den eyfoͤrmigen, blaͤu⸗
lichen (C. Glaucoma) heraus, und zeigen ihn un⸗
ſern Leſern theils mit ſeinen ſichtbaren Eingeweiden
(436) und einem hellen Puncte, theils wie er ſich zu
theilen anfaͤngt (437), was die Einſchnitte an den.
Seiten bezeichnen. Seine Bewegungen find ſchnell
und mannigfaltig. Er ſcheint immer Waſſer zu
ſchoͤpfen, wobey die innern Theile in ſichtharer Thaͤ⸗
tigkeit ſind. In einem offnen Gefäße, ohne irnend
etwas Vegetabiliſches, lebte dieſes zarte Thier uͤber
6 Wintermonate. Schon 317 Arten von Aalwuͤr⸗
mern (Vibrio) kennt man. Sie ſind laͤnglich rund,
und einfach, theils durchſichtig, theils undurchſichtig. |
Wer hat nicht ſchon von den Kleiſßer⸗ und Eſſig⸗
aalen (V. Anguilluls glutinis; aceti) , Ane
guälle du Hinaigre ) gebdrt, von denen der Menſch
ſo viele Tauſende auf einmal verichlu t. Der klein⸗
fie. Tropfen iſt. hinreichend, uns das Gewühl, das
bey 488 vor ung liegt, zu zeigen, Saͤuren, es ſen
ver dorbner Eſſig, Buchbindezkleiſter, alter Leim, le
chitiſches Getraide find fein, Element. Doch find.
unter den Kleiſter⸗ und Eſſigaalen dae a
ſchiedenheiten ſtatt und wirklich ſehen wir pas auch,
wenn wir die Kleiſteragle 438 mit dem noch mehr
vergrößerten Eſſigaal 439 vergleichen, deutlich geuug.
Jene haben einen dickern Kopf und auf dem Rücken
einen dunkeln, hel eingefokten Schü. Mn bleiben;
aber
I S m m se
Eſſigaal. 463
aber vorzuͤglich bey dem letztern fleben, der weit gar
nauer beobachtet iſt. Biereſſig, wobey Hopfen, und zu
ſtarker Weineſſig, iſt ſeiner Erzeugung micht guͤnſtig,
deſto mehr aber der Roſeneſſig. In, jeder andern
Feuchtigkeit ſtirbt er, vermuthlich weil ihm ſein Futter
die zarte Schimmelhaut fehlt. Vem Julius bis in
den Spaͤtherbſt vermehrt er ſich am ſtaͤrkſten; da
wird der unbedeckt ſtehende Eſſig mit Millionen be.
pölkert. Froſt achtet er nicht, ſelbſt wenn er einfriert,
nur muß der Uebergang in eine andre Temperatur
nicht allzuraſch ſeyn; ſtarke Waͤrme iſt ihm gefaͤhr⸗
licher. In puxem nicht zu scharfem Weineſſig bes
wegt er ſich weit lebhafter, als in mit Waſſer bermiſch⸗
tem. Es iſt ein treffliches Schauſpiel, wie durch die
raſtloſe Bewegung oon Millionen ſolcher Thierchen
die Oberfläche, des Waſſers ſich wellenformig und
hoͤchſt regelmaͤßig kreiſelt. Man bemerkt eine dop⸗
pelte Ordnung der Wellen; von der Rechten zur Lin⸗
ien und von dieſer zu jener wogen ſie. Mit den
Köpfen an einander geſchloſſen ſtehen die Häkchen in
Reihen geordnet; jede macht die Bewegung wenn
ſie die Reihe trſſit. Ein unerklaͤrlicher Drang ſcheint
ihnen dieſe Undulation der Wellen zum Beduͤrfniß
zu machen, und nie ermuͤden ſie. Vielleicht daß ſie
guf dieſe Art Luft ſchnappen, oder ein uns unſicht⸗
bares Moos an der Oberflache abweiden. Man
muß faſt annehmen, daß ſie aus der Luft in den Eſſig
kommen. Vom Julius bis in den Herbſt vermehren
ſie 5 ch durch ir deo dige Geburten; von da an platzen
un fie
464 Eſſigaal. .
ſie und legen ſo ihre Eyer. Wirklich ſehen wir in der
Abbildung (438) einen Kleiſteraal berſten und Eyer
und zugleich lebendige Junge ausſchuͤtten. So ſtark
iſt die Vermehrung der Eſſigaale, daß wenn man
nicht friſch nachgießt, das ganze Glas wie ein Brey
wird, und die armen Thiere keinen Platz mehr haben.
Auch im Winter geht ſie bis ins Unglaubliche. Ein
einziger Tropfen mit wenigen iſt hinreichend, das
größte Weineſſigglas voller Eſſigaale zu machen.
Allein man muß durch Schuͤtteln verhindern, daß
die Schleimhaut nicht zu ſtark werde, ſonſt erſticken
ſie. Daß ſie ſich haͤuten, iſt unſtreitig. Es gibt
Maͤnnchen und Weibchen unter ihnen. Die erſtern
—
geworden ſeyn. Ueberraſchend iſt der Anblick, wenn
ſind kleiner und ſchmaͤchtiger. An unſerm ſo ſtark
vergrößerten Weibchen (430) bemerken wir Augen,
eine zarte Saugroͤhre, den Magen, um und hinter
ihm koͤrnerartige Eyerbrut, dann Embryonen, die
mit einer zarten Haut umgeben zur Geburt ſtehen,
etwas Schwimmblaſen aͤhnliches nach hinten zu und
einen nunbeſchreiblich feinen Schwanz, den ein opti⸗
ſcher Betrug manchen getheilt ſehen ließ. Vermit⸗
telſt des Preßſchiebers, einem beſondern mikroſkopi⸗
ſchen Werkzeug, kann man dieſe Aalmutter kuͤnſtlich
entbinden, und Mutter und Kind befinden ſich, wenn
mans nicht gar zu arg macht, vollkommen wohl.
Auch wenn Eſſig⸗ und Kleiſteraale 20 Jahre trocken
gelegen haben, erweckt ein Eſſigaufguß jene, und
Waſſer dieſe, ſollte auch der Kleiſter hart wie Horn
man
— mm — — — — non
—
—n
— — — —
SIE,
>, RER" 5
*
4
x
N
Flimmerwürmer. 463
man ein Getraidekorn, das man rhachitiſch (eine bey
uns nicht gewöhnliche Krankheit des ſelben) nennt, zer⸗
ſchneidet, und mit einem Waſſertropfen anfeuchtet,
wie dann plotzlich Millionen ſolcher Aelchen aufleben.
Aber grundfalſch iſt das Vorgeben, als ob aus den
Eſſigaalen kleine Fliegen wuͤrden, was nur von klei⸗
nen Fliegenlarven gilt, die freylich auch im Eſſig
leben. Auch das Sichelthier (V. Falx 440) und
den Schwan (V. Olor 441) rechnet man zu den
Aalwuͤrmern. Ihr duͤnner, blattfdriniger Leib ent⸗
haͤlt viele ſchwarzbraune Koͤrner. In einen Knopf
endigt ſich der aͤußerſt bewegliche Hals. Alles Leben
ſcheint in ihm zu ſeyn. Er iſt unendlich duͤnner, als
der Spinnenfaden, den man doch 36000 Mal neh⸗
men muß, um ihn dem feinſten Seidenfaden gleich
zu machen. Eine Millionenfache Vergroͤßerung zeigt
noch kein Organ! Wie fein muß ſeine Nahrung,
wie groß der Schöpfe
tet. Bey aller it, die dieſe beyden Geſchoͤpfe
haben, iſts doch ſchwer, die Beſchreibungen, die man
von ihnen gibt, zu vereinigen. Man findet ſie auf
Meerlinſen, in ſtehenden Waſſern. So mannigfal⸗
tige Geſtalten nehmen ſie an, daß ihnen Backer den
Nahmen Proteus gab. Aber ſollten unſre Leſer wohl
ben, daß auch die beyden Buͤſchel a und b wei⸗
nichts, als eine ungeheure Verſammlung von Li⸗
— (V. Lineola) und Wellenaͤlchen (V.
Undula) ſeyen, deren jene ganz gerade, dieſe gebo⸗
gen find, und bey denen ihre unbeſchreibliche Zart⸗
N Würmer II. Th. Nun heit,
n. der ſo im Kleinen arbei⸗
466 Walzenwuͤrmer. Proteus.
heit, ihre ungeheure Menge in Infuſionen, wie ihre
raſtloſe, undulirende Bewegung, in Erſtaunen ſetzen
muß. Von den 26 Arten Flimmerwuͤrmern (Leu-
cophra), die rings herum mit Flimmern beſetzt ſind,
zeigen wir unſern Leſern bloß den Blaſentraͤger (L.
Veſicularia 442), deſſen Blaſen einen ſchoͤnen Silbere
ſchimmer haben. Er iſt, wie alle ſeines Geſchlechts,
ſehr flach, da hingegen die 27 Arten Walzenwuͤr⸗
mer (Enchelis) rund und walzenfoͤrmig ſind, wie |
wir an dem grünen (E. Viridis 443) ſehen, der
vorn in einen ſonderbaren Winkel abgeſtutzt iſt, und
den ſeine mannigfaltigen Bewegungen in lang ſtehen⸗
den Waſſern bald verrathen. Nur einen Wink geben
wir vom Proteus (P. Diffluens). Denn wollten
wir ihn in allen den Geſtalten darſtellen, die dieſes
aus einer zarten mit Koͤrnern angefuͤllten Haut be⸗
ſtehende Geſchoͤpf, unter den Augen des Beobachters,
der eine Zauberey zu ſehen glaubt, ploͤtzlich annimmt;
ſo wuͤrden wir einer Menge Abbildungen dazu bedürfen.
Nur vier derſelben, wie der Proteus bald eine Ku⸗
gelform (444) annimmt, bald ſich in ein Kleeblatt
(445) verändert, bald ſich geweihaͤhnlich und zackig
zuſpitzt (446), bald gar einer ſpruͤhenden Grenade
(447) gleicht, um vielleicht ſeiner Eyer ſich zu ent⸗
ledigen, bis er endlich ganz verſchwindet, ohne daß
eine Spur von ihm zuruͤckbliebe, ſeyen dem Erſtaunen
unſrer Leſer uͤberlaſſen. Doch die Wunder der Infu⸗
ſionen haͤufen ſich mit jedem Schritte. Es iſt Zeit,
9 wir die err des Thierreichs, wo nichts weiter
als
Punctwürmer. 467
ale lebende Puncte vor unſern Augen liegen, in ſo
weit fie unſern Vergroͤßerungswerkzeugen ſichtbar iſt,
betreten, und noch zum Schluſſe von den Punct⸗
würmern (Monas), dieſen wahrhaft lebenden Pun⸗
cten, das Punctgewimmel (M. Lens 448) zeigen.
Hier, in dieſem vergrößerten Waſſertropfen, lebt al⸗
les, alles bewegt ſich in Kreiſen. Aber an dieſen
zahlloſen Thieren iſt kein Organ, kein Eingeweide
ſichtbar. Sie eilen im Ocean ihres Tropfen unauf⸗
hoͤrlich herum, bilden zuweilen artige Schnuͤren,
ſcheinen ſich ihres Daſeyns zu freuen, bevölkern jede
Fluͤßigkeit in einer Menge, die jeder menſchlichen Be⸗
rechnung ſpottet, und dann vertrocknen ſie — wel⸗
ken hin und ſterben. Auch die Eingeweide der Thiere
mögen Millionen und Billionen ſolcher lebenden Pun⸗
cte enthalten. Nimmt man nur ein Theilchen elner
Nadelſpitze groß vom Eingeweideſchlelm der Froͤſche,
Kröten ꝛc. ſo ſieht man in ihm gewiß eine Million
von Thierchen, die eine hundert vierzig tauſendmalige
Vergroͤßerung erſt den kleinſten Staubkuͤgelchen gleich
macht, die die Welt hat. Man rechne die Summe
des ganzen Schleims — man rechne die Zahl in der
geſammten Thierwelt! — Aber welche Empfindung
ſollte wohl jetzt, da wir mit dieſen lebenden Puncten
die Graͤnze des Thierreichs erreicht haben, und von
unſern Leſern, geruͤhrt und dankbar fuͤr ihre Nach⸗
ſicht, Abſchied nehmen, unſre Bruſt erfuͤllen, als
ewunderung und Anbethung deſſen, der dieſen le⸗
benden Punct wie den Waufiſch, den Atom wie den
Nun a Ele⸗
458 Punctwüͤrmer.
Elephanten ſchuf? Wer nicht erſtaunen, über die
endloſe Mannigfaltigkeit der Modelle, nach welchen
feine Weisheit die Körper fo vieler Saͤugthiere, Am⸗
phibien, Vögel, Fifhe, Inſecten und Würmer gebil⸗
det hat? Wer verliert ſich uicht in einem Meere von
Betrachtungen, wenn er denkt: da unſre Erde, die⸗
fer Tropfen am Eimer, von der Haud des Ewigen
rann, da war auch das Millionenmal kleinere Wuͤrm⸗
chen als das Sandkorn geſchaffen, und Jahrtauſende
lebte ſein Geſchlecht, von keines Menſchen Auge ge⸗
ſehen? Und wer theilt nicht die Gefuͤhle des Verfaſ⸗
ſers dieſer Unterhaltungen, wenn dieſer jetzt, nach
einer ununterbrochnen eilfjaͤhrigen Reife durch dieſes
unermeßliche Reich, mit einer Freudenthräne zu dem
aufblickt, der ihm Zeit und Kraft ſchenkte, um ſie
gluͤcklich zu vollenden, und jetzt, nicht ganz ohne Hoffe
nung nuͤtzlich geweſen zu ſeyn, mit heitrer Ruhe die
Feder niederzulegen?
Ende
des zweyten Theils der Wuͤrmer,
oder des zwoͤlften und letzten Bandes der
Unterhaltungen aus der Naturgeſchichte.
*
*
*
Druckfehler: p. 244. in der Rubrik ſtatt Zwey⸗
ſchalige leſe man: Einſchaͤlige.
Regiſter
über
die zwey Bände der Unterhaltungen aus der
Naturgeſchichte der Wuͤrmer. N
(Die erſte Zahl bedeutet: den Band; die zweyte:
die Blattſeite des Textes; die dritte: die Num⸗
mer der Abbildungen.)
—
—
Aalwnrm, II. 462 Amphitrite, I. 205
Achatrolle, II. 287.192 [— goldhagrige, I. 206. 247
Achatſpitzhorn, II 299 — nierenfoͤrmige, I. 205 243
Achatwalzen, II. 284 A-Muſchel, griech. II. 110. 73
Ackerſchnecke, I. 18 1. 202 Ananascoralle, II. 399. 329
Alinia, I. 256 Anocyſti, I. 352
— coccinea, I. 262. 313 Anomia, II. 190
— craflicornis, I. 260. 30 — caput ſerpentis, II. 198.137
— felina, I. 260. 310 — cepa, II. 193. 130
— fiſcella, I. 260. 312 — ceraniolaris, II. 193. 131
— plumoſa, I. 261. 311 — ephippium, II. 192. 128
— ſenilis, I. 260. 309 — placenta, II. 196. 136
— undata, I. 263. 316 — fella, II. 195. 135
Adernſcheide, I. 252. 298 Anomien, II. 190
Admiral, II. 265 Aphrodita, I. 195
— unvergleichlicher II. 265.171 — acaleata, I. 196. 231
— weſtindiſcher II. 268. 175 — fquamata, I. 198. 233
Ae II. 447 Aplyfa, I. 184 b
— geſelliger, II. 448. 420 — depilans, I. 185. 209
Alchonium, II. 415 Apothekermoos, II. 423. 376
— epipetrum, II. 412. 358 Arca, II. 144
— exos, II. 416. 356 — barbata, II. 149. 106
— ficus, II. 4. 359 — guomon, II. 154. 117
— gelatinofum, II 417. 361 — iſognomon, II. 154. 111
Ammonshoͤrnchen, II. 259.162 — noae, II. 146. 103
Ammonshoͤrner, II. 260 — norma, II. 154. 111
Amphitrite, I. 28 — piloſa, II. 150. 108
— auricoma, I. 206. 247 — ſemiaurita, II. 153. 118
— criſtata, I. 208 251 — fenilis, II. 149. 107
— reniformis, I. 205.245 '— tortuofa, II. 148. 104
nn 3 Archen,
— Negiſter.
Archen, II. 144
Architecturſchnecke, II. 322
Argonauta, II. 224
— argo, II. 248. 155
— vitreus, II. 281.157
Armvolype, II. 432
— branner, II. 441.409
— gruͤner, II 439 403
— oraniengelber, II. 442.411
Argus, rother, I. 189. 213
— II. 222. 181
Afcariden, I. 37 |
Ajtaris, I. 26
— lumbricoides, I. 30. 16
— minutiflima, I. 36. 23
— papilloſa, I. 35 20
— vermicularis, I. 30. 16
Aſcidia, J. 247
— cohchilega, I. 253. 302
— inteltinalis, I. 248. 293
— lepadiformis, I 255. 308
orbicularis. I. 254. 306
ruſtica, I. 250 295
papillofa, 1. 251.297
parallelogracha I. 254 304
— venofa, I. 252. 298
Alterias, I. 363
— aculeata, I. 388. 448
aranciaca, I. 389. 451
caput meduſæ, I. 381.444
granularis, I. 387.445
nodoſa, I. 390. 450
ephiura, I. 380.442
pappofa, I. 377.438
rubens, I. 378. 440
violacea, I. 390.453
Augencoralle, II 401. 337
222
— —
—— —— ͤ ãU nen.
—
Et
oe
Auſterneſſel, I. 260. 309
Pacaffanmnfhel, II. 82.
Backtrogmuſchel, II. 94
Badaja, II. 419 |
Badſchwamm, II. 419. 363
38
Auſter, II 176. 126 8 |
|
Bandwurm, I. 99
— becherfoͤrmiger, I. 133. 131
— bechergliedriget, I, 133.133
— elliptiſcher, 1. 127. 122
— hautiger, I. 119
— kugelgliedriger, I. 131. 127
— kuͤrbis kernfoͤrmiger, I. 104
— kurzgliedriger, I. 115. 108
— langgliedriger, I. 104. 98
— trichterfoͤrmiger, I. 132.129
— jackengliedriger, I. 129.125
Bartatche, II. 149. 106
Baſtardharlekin, II. 273. 177
Baſtardmuſchel, II. 190
Baſtardk'atzer, 1. 48 g |
Baſtardſtrickmuſchel 11. 114.79
Bauernherz, II. 93. 53
Bauernmuſik, II. 290
Baumſchuecke, II. 347. 252
Bellhorn, II. 294. 200 |
Beſansſegel, 1. 274
Bettiermuſchel, II. 102. 66
Beutelwurm, II 459.432
Bezoarſchnecke, II. 290 205
Sina ee H. 288. 195
Biſchoffsſtab, II. 261.165
Bivalvia, II. 65 N
Blärrerfamm, II. 174. 124
Blaͤrtertinde, II 419 364
Blaſenbandwurm, I 99 |
— bandfoͤrmiger, I. 145: 150
— .e.bienföimiger, J. 144. 147
— koͤrniger, I. 131. 159
— menſchlicher, I. 139. 141
— ſchlauchfoͤrmigetr, l. 145.148
Blaſenſchnecke, II. 279
Blaſenſertularien, II. 425
Blaſentraͤger, II. 466 442
Blatt, großes, II 172. 120
— — kleines, II. 175 125
Bloubart, II. 202. 140
Blochwurm, groͤßter 1.266.323
Binmenpolho, J 444
Blutceralle, II. 408.348
Blut⸗
Regiſter.
Blutflecken, II. 86. 43 Bund, kuͤrkiſcher, I. 347. 399
Blutigel, I. 158 Burfaria, II. 459
L achktaugiger, I. 167. 180 — truncatella, II. 459. 432
2 dicker, I. 171. 191 Buſchpolyp, IL 445.415
— geometriſcher, I. 169. 185
— mediciniſcher, I. 161. 173 Cacadukamm, II. 56. 20
— plattwurmartig. I. 172.1940 Calmar, I. 309. 363
— ſechsaugiger, I. 166. 177 [Camiſolknopf, II. 324. 227
Blutſanger, I. 159 Caravel, I. 274
Bocks auge, II. 370 Cardium, II. 87
Boͤttchersbohrer, II. 288. 193 — cardiſſa, II. 89.48
Bohrmuſchel, IT. 58 — coſtatum, II. 93. 52
— gerippte, II. 63. 24 — echinatum, II. 88. 5
Bonifaciuspfennig, I. 393 — hemicardium, II. 91. 50
Bothshacken, II. 334 — ringens, II. 92. 51
Brachionus, II. 444 — ruſticum, II. 93. 53
— anaſtatica, II. 445. 415 [Catocyſti, I. 352
— tubifex, II. 446. 416 [Cauris, II. 278.182
Brandwurm, I. 174 Cellepora, II. 405
Brattensburgiſcher Pfennig, — pertufa, II. 406. 345
II. 193.131 — fpongites, II. 405. 342
Breitrippe, II. 149. 17 [ Celluloſa, II. 425
Btuſtkiemenwurm, I. 294. 356 — avicularia, II. 427. 394
Buccinum, II. 292 [ faftigiata, II. 426. 391
— achatinum, II. 299 — loriculata, II. 426. 393
— echinophorus, II. 294. 200 Cercaria, II. 489
— glaucum, II. 300. 205 — turbo, II. 459. 431
— harpa, II. 295. 201 Chaloupe, II. 251
— lapillus, II. 297. 203 -IChama, II. 132
— maculatum, II. 300.206 — bicornis, II. 141. 98
— rufum, II. 298. 204 — cor, II. 134. 93
— undatum, II. 296. 22 — cornuta, II. 141. 98
— vittatum, II. 301. 208 — folium braſſicæ II. 142. 101
Buchſtabenmuſchel, II. 98 [— gigas, II. 136.94
— — runde, II. 114. 79 — gryphoides, II. 140. 96
— — xulaneiſche, II. 98. 58 — macerophylla, II. 143.102
Buch ſtabenporcell. II. 273.177 Chamen, II. 132
Burſtenſertularie, II. 425 384 Chaos, II. 453
Bulla; II. 279 Chiragraſchnecke, II. 304
— ampulla, II. 282. 186 [Cliton, II. 37
— ovum, II. 281.185 — albus, II. 44. 8
— phyfis, II. 282. 187 — aſellus, II. 44.9
— terebellum, II. 286.193 |— marmoratus, II. 43.
— volva, II. 283. 188 — minimus, II. 45. 10
Bullen, II. 279 —
fquamofus, II. 41.3
Chitone,
Regiſter.
Ehitone, II. 37 Cylinderkoͤcher, II. gar. 368
Clio, I. 295 Cylinderſcheide, I. 230. 298
— borealis, I. 206. 39 [Cyprea, II. 220 4
Cochleæ, II. 244 — arabica, II. 273. 177
Compaßmuſchel, II. 156. 112 — argus, II. 272. 1127?Q-.wä
Comet, (Jafuf.) II. 459. 4300 — mauritiana, II. 225. 178
— — . Seeſtern) I. 378. 440 — moneta, II. 227.482
Conchylien, II. — tigris, II. 276. 179 |
— einſchalige mit Windungen]
II. 244 | Dich, chineſ. II. 374. 299 1
— — — ohne Windungen Darmbandwurm, I. 99
II. 369 Dakmkletten, I. 50
— vielſchalige, II. 37 Darmſchelde, I. 248. 293
— zwenſchalige, II. 65 Darmwutrm, I. 3
Conchhlieideckel, IT. 21 — — — 1.30. 16
— — eher, II. 6. [Dattelmuſchel, II. 61. 22
Conus, II. 262 Davidshatfe, II. 295. 201
— ammiralis, II. 265. 121 [Deckelrolyd, II. 449. 422 _
— araufiacus, II. 262. 173 Deckelſertularie, II. 425. 388
— archithalaſſus, II. 266. 172 Delphin, II. 329. 235
— cereola, II. 264. 269 Deutalium, II. 375
— generalis, II. 268.175 -|— elephantinum, II. 377.307
— 'marmoreus, II. 264.170 |— entalis, II. 376. 304
— ſtriatus, II. 269. 176 — minutum, II. 378. 308
— textile, II. 267. 174 — politam, II. 377. 305 4
— virgo, II. 263. 168 Diebhshand, II. 416. 356 .
Coskskreiſel, II. 328 Dintenwurm, 1. 297
Coralle, edle, II. 408. 348 Diſtelkoof, II. 309. 214
Corallenmoos, II. 420 Donax, II. 97 f
Corallenmuſchel, II. 164. 117 — irus, II. 102. (5
Corallia, II. 390 — rugofa, H. 100. 62
Corallina, II. 420 — fcortum, II. 99 0 .
— officinalis. II. 423. 376 — feripta, II. 98. 58 7
— opuntia, II. 423. 377 — ſpinoſa, II. 101. 64
— rubens, II. 424. 378 [ argo, I. 189. 212
Corallwinde, II. 426. 387 — clavigera, I. 191. 314
— penicillus, II. 424. 379 * I. 189
Corallwuͤrmer, II. 390 — levis, I. 194. 227
Cruſtacea, I. 332 — muricata, I. 193. 220
Cuctillauus, I. 43 — papilloſa, I. 195. 230
— lueiorerc®. I. 44. 32 — pilofa, I. 193. 223
— falmonis, I. 45. 33 — quadrilineata, I. 192. 212
— talpæ, I. 44. 31 Dorks, I. 189 2
Cyclidium, II. 462 — blaͤkttige, I. 195. 230
— glaucoma, II. 462. 436 — glatte, I. 194. 227 8
r Doris,
Regiſter.
an a f
Doris, haarige, 1. 193. 223 [Eismuſchel, II. 166. 118 5
— warzenvolle, T. 193. 220 Elephantenrüßel, II. 129. 90
— vierlinigte, 1. 192. 217 Elepgantenzahn, II. 322. 307
1 6
Dornenkrone, II. 361.272 [Fuchelis, II. 46
Dornuadel, II. 303. 209 — viridis, II. 466.4433
Dorſchkratzer, J. 56. 40 Encrinit, I. 395
Drache, guineiſcher, I. 23. 10 Zxerizus, I. 392
Dracunculus, I. 23. 10 — aüerias, I. 395. 454
Dragonermuͤtze, II. 372.292 — radiatus, J. 401. 458
Drahtfeder, II. 431 402 — oviſer, I. 403. 46:
Drehbandblafenwurm, 1. 148. | Entendrut, II. 55. 18
156 Er Entenkratzer, I. 57.47
Dreyeckſtumpfmuſchel, II. 97 |Entenmurbel, IL. 5818
— domige, II. 101. 4 Eren 11. 20
— runzlige, II. 100. 62 — — — II. 319. 220
Dreyjzack, I. 264. 321 Entrochit, I. 395
H Erdbeere, II. 324. 227
chinanthus, I. 39 Erdregenwurm, 1.61.54
Schinite, I. 350 Erdſchnecke, I. 173
Echinocyamus, I. 339 — gröe, I. 181. 201
Echinorhynchus, I. 48 — tothe, I. 180. 200
— anatis, I. 57. 47 — ſchwatze, I. 179. 199
— ardeæ, I. 55.42 — weiße, 1, 184. 20g
— gadi, I. 36. 45 Sſelshuf, af. 122. 88
— gigas, 1.50.39 Eſelsohr, 11. 306. 211
= plevronectes, J. 58732 Efchara, II. 405
— quadricornis, 1.57.49 Eſſigaal, J. 462.439
— itrigis, I. 55. 44 Eulenkratzer, I. 55. 44
Echinns, I. 332 0 Eyerwirbel, I. 403. 461
— calamaris, J. 245. 394
cidaris, I. 347. 399 Fedenwurm I. 16
conoideus, 1. 351. 402 Faltenkorb, II. 95. 55
cor anguinum, I. 353. 407 Ta clola, J. 83
4444.14
diadema, I. 343. 391 — fimbriata, f. 92. 94
efculentus, J. 340. 387 — hepatica, I. 85. 69
orbicularis, I. 354.409 — inteſtinalis, I. 96. 93
purpureus, I. 334. 411 — ocrxeata, I. 98. 96
— quinque perforatus, I. 353 Jan II. 306. 211
405 Federkork, II. 417. 358
— roſaceus, J. 352.403 Zedetneſſel, I. 261. 311
— faxatilis, I. 341 Federſeeigel, I. 345. 394
— violaceus, I. 346. 397 Feigenmoos, II. 423. 376
Egelſchnecke, I. 83.69 . II. 166. 1185
Eichornbandwurm, I. 128. 124 Felſenmuſchel, II. 140. 96
Eingeweidewuͤrmer, I. 1 Fenſterdupplett, II. 192.28
Wuͤrmer ll. Th. 3 Fenſter⸗
Regiſter.
Be äh II. 196. 136 ][Glockenqualle, I. 328. 383
ict II. 374.302 |Glo:ia mais, II. 268
Filaria, I. 26 Goldmaus, I. 196. 231
Finnenwurm, I. 154. 166 Goldmund, II. 335
Ficchegel, . I. 223. 291 Goldnetz, 11. 267. 14
iſchegel, J. 169. 185 Goldtuch, II. 267 174
Goldwurm, I. 196. 231
Goldzunge, 11 83 42
-Gonium, II. 460
— pektorale, 11. 460. 433
Gordius, I. 1
— aquaticus, I. 21. 9
— equinus, I. 17. 1
— inlectorum, I. 20.6
— marinus, I. 18.5
eee I. 96. 93
Flachwurm, II. 46
laſchenwurm, II. 461
Flechte, II. 380 312
A edermanspiattwurmT.g3. 81
ümmerwurm, II. 466
iötenfertularie, II. 426. 387
loſſenblochwurm, J. 268. 324
Zlägelſchnecke, 4 298
— — II. 302 — medinenfis, I. 23. 10
Flußnerite, II. Er Mid, IT. 406
lußpapſtkrone, 7 4 453. 264 — ceratophyta, II. 414. 381
lußpatelle, II. 373.294 — flabellum, II. 414. 354
Ren . 1.414.353
Gorgonie, II. 412
Grind, II. 405
Haarkoyf, I. 38 |
Haarkopfwurm, I. 38
— Zarte I. 42. 30
Haarmaul, I. 272
Haarqualle, . 326. 377
e II. 420. 366
aarſchwanz, I. 38
Haarwurm, I. 459
Hahnenkamm, II. 122
— doppelter, II. 174. 124
— Ae II. 173. 122
Halbkugel, I. 327 379
Halbohe, H. 153. 110
Halfter muſchel, 11. 232
Haliotis, II. 363
— iris, II. 367. 284
Flußperleumuſchel, ll. 70
Flußſchnecken, II. 337
Fluſtra, II. 415
— foliacea, II. 419. 364
— piloſa, II. 420. 366
Froſchplattwurm, J. 89. 76
Furia infernalis, I. 124
Fußangel, IT. 313. 217
Fußzehen, II. 57. 21
Biere, 1.281
— bewaffnete, II. 251
— gerippte, II. 251
— glaͤſerne, II. 251.157
Gehirncoralle, II. 398. 328
General, II. 268. 175
Gienmuſchel, II. 132
— gehoͤrnte, II. 141. 98
Gießkanne, II. 379. 310
Giftknttel, I. 185. 209
FP eg —— ——
Glahrkenkratzer, I. 58.32 — ſtriata, 11. 368. 286
Glanzwurm, 1. 196. 231 — tuberculata, II. 365. 282
Glasigel, I. 172. 196 Hammer, pohln. II. 158. 119
Gliedercoralle, II. 406 | Hammerband: wurm, . 135.132
Glimmercken, II. 29% 199 Handelsmuſchel, 11. 116. 82
Glockenkoͤcher, II. 422.372 Hatfen, II. 293 Get
aſel⸗
Regiſter.
Haſelhuhn, IJ. 267. 174
Haſpel, II. 148. 10
Haube, cammert. DI. 251
Hausente, JJ. 1
Hauswurm, J. 23. 10
He tplattwurm, J. 88.72
— groſſa, J. 171. 191
— medicinalis, J. 161. 173
— octooculata, J. 167. 180 °
— piſcium, I. 169.185 \
— fanguifuga, J. 165.175
— fexoculata, I. 166. 172
ekrautſertularie, 11. 426. — vulgaris, 4,167, 180
388
Helix, IT, 336 7
— amarula, II. 356. 2
arbuſtorum, II. 347. 2
— aurienlaria, II. 354. 5.
— decollata, II. 352
— alba, II. 352. 257
faſc. II. 352.258
— haliotoidea, II, 357. 267
— hifpida, II. 338. 246
janthina, II. 349. 255
labyrinthus, II. 357. 266
lapicida, JJ. 355. 262
— nemoralis, II. 347. 253
— planorbis, 7/. 356
— polygyrata, II. 356. 263
— pomatia II. 339. 248
— fcarabzus, II. 355,261
— ſtagnalis, II. 353.259
— vivipara, II. 350. 256
Helmſchnecke, JI. 293
Henne, II. 109.72
gefleckte, JJ. 212. 148
Hereulekkeile, II. 311.215
II, 388. 320
Her zhorn, II. 264. 170
Herzmuſchel, II. 87
—
— —
— dreyſeitige, JI. 91. 50&̃
— hochgerippte, 11.93. 52
— knotenreiche, JI. 83. 45
Hetzogsmaͤntel, II. 163. 116
Herzwurm, J. 6
I. 30. 16
Hexenmeiſter, II. 323. 224
Hirudo, I. 158
— complanata,
— fafciolaris, I. 172. 194
— heteroclita, I. 122. 196
Hoͤckercoralle, II. 400. 331
Hoͤllenfurie, I. 114
Hohlziegelmuſchel, IL, 136, 94
Holuthuria, I. 273
— ſuſus, I. 283. 339
— nuda, J. 285. 342
— pentactes, I. 282. 338
— phantopus, I. 276. 329
— phyfalis, J. 274. 327
— tremula, I. 278. 334
— ſpirans, I. 283. 341
Holzbohrer, II. 382
Holzwurm, II. 382
Horncoralle, II. 412
— warzige, JI. 414. 353
Horntelline, I. 83. 39
Huͤhnerey, In 281.185
Huͤlſen, IT. 74 |
Hundebandwurm, J. 125. 120
Hundsohe, II. 212. 148
Hundszahn, II. 376.304
Hydatiden, I, 138
Hydra, II. 432
— fufca, II. 441. 408
— grifea, II. 442. 411
— viridis, II. 439. 403
Jacobakrug, II. 291
Jacobsmuſchel, II. 161.114
Igel, weißer, IT, 131.92
mperialſonne, II. 328
Ialuſoria, II. 453
IJnfuſionsthiere, II. 453
nfuſionswuͤrmer, JI. 453
T. 166. 177 Inſectenſadenwurm, J. 20. 5
Inteftina, I. 1
Jopvedupplet, II. 162. 115
O oo 2 Is,
Regiſter. e 3
lis, If Klarpmuſchel, V 122
— hippuris, II. 407.346 — chineſiſche, L 132 a
— nobilis, II. 408. 344 — heriogliche, I. er
— ſpiralis, II. 412. 350 — koͤniglickk, U. 122
a I. 349 I faftangelbe, I. 128. 89
ungferncoralle, II. 401. 337 Kleiſtergal, . 462. 438
unghecker, JJ. 361 Alink horn, I. 293
Kiel Klippkleber, J. 278
abeljauwurm, I. 291. 351 Klipphorn, I. 276. 129
Kaͤfermuſchel, IJ 37 Klipproſe, J. 255
— marmorirte, JI 43.6 Kloͤppelkiſſen, J. 268. 178
— ſchuppenvolle, 1.41.3 Knotennabel, L. 359. 268
— weiße, 11. 44. 8 aten * 365.282
inotenftern, J. 390. 450
22 JJ. 2 u:
Kalſelsorne, II. 528 Ann ene
Kalkcoralle, JI. 404. 340 ar . «163.116
Kamm, II, 309.214 Kohlen, 7 1
Kammamphitrite, I. 208. 251 4
Kammblatt, II. 175. 125 Kolpoda, II. 461
Kameel, II 307. 213 — cucullus, J. 461. 434
Kammmuſchel, JI. 155 Korbfiſch, J. 384
Kampfhahn, JI. 206. 211 Korbmuſchel, J. 94
Kammrolyppe, II. 420 Korbneſſel, J. 252.312
Kappenflaſchenwurm, JI. 461. Korkzieher, L. 380. 313
434 Lothmuſchel, J. 97. 57
Kappenwurm, I. 43 Krabbe, II. zog
Karauſchenwurm, J. 290 350 Kratzer, I. 3g
Kaulbarſchplattwuem, 91.80 — vierruͤßliger, I. 57. 409 0
2
Kaulkopfkiemenwurm, J. 293. Krausſchnecke, J. 313. 217
352 Kreiſel, U. 459.431
Katzenbandwurm, I. 126. 122 Kteiſelſchnecke, K. 321 75
Katzenzunge, II. 84 41 Kronencoralline, II. 426. 390
Kegelſchnecke, II. 262 Kronneſſel, J. 260. 310
Kerbenmaul, J. 269. 325 Kruſtenwürmer, I. 332
Kerichen, II. 264 158 Krenzmuſchel, II. 168. 119
Kerzenwurm, J. 329. 385 Kuͤrbiskernwurm, JI. 106
Kettenbandwurm, J. 127. 1220 Kugelblaſenbandwurm, J. 143
Keulentraͤger, J. 191. 214 145
Kickfroſch, H. 305 211 [Kugelqnuadrat, JI. 460. 433
Fiebitzey, II. 282. 186 Kugel ſtielwurm, I. 264. 317
Kiemenwurm, I. 290 Kugelthier, /. 452. 428
— knotiger, J. 293. 334 Kugelwurm, I. 452
Kinkhorn, II. 293 (Kuttelwurm, J. 304, 361
Kloffmuſchel, JI. ſiſch, JI. 304. 361 4
Regiſter.
Labyrinth, J. 322. 222 Jnkshöͤrnchen, . 332. 248
99 11. 357. 266 Linksſchnecken, J. 245
chsleberkappenwurm 1.45.33 Lithophyta, J. 391 0
ager, museen JI. 110. 73 Lorbeerblatt, L. 172. 120
Lagermuſchel, A. 110. 73 Lucernaria, I. 321
Lagervenus, . 110. 73 — quadricornis, J. 329. 385
Lagerwalze, J. 287. 193 Lumbricus, J. 59
Landſchuecke, L. 336 I armiger, 1. 81. 62
— borſtige, J. 338. 246 — fragilis, J. 81.64
— gekoͤpfte, J/ 352. 25 — teres, J. 30.16
— lebendiggebaͤtende, u terteſtris, I. 61.54
2356 — cubifex, 4.79. 61
Langhals, I. 54. 18 — variegatus, 1.70.58
Lappenſchnecke, JJ. 329 * 8 a
Lap penſt win, J. 264. 319 M „ara, Il. 94
Lazarusklappe, J. 126.87 — lutraria, 41. 97. 57
Leberegel, I 85, 69 — plicataria, II. 95. 55
Lepaden, JI. 48 — ielida, JI. 95. 54
Lepas, II. 48 — ſtultorum, . 96. 56
— anatifera, H. 34. 18
— balauoides, I. 54
— balanus, I. 48. 11
— diadema, /. 52. 16
— mitella, II. 56. 20
— pollicipes, II. 57. 21
— ſpinoſa, J. 51. 15
— tintinnabulum, I. 50. 14
'Leraaa, I. 290 — labyrinthiformis, II. 398.
— branchjalis, J. 291. 351 328
— cyprinacea, I. 290. 350 — muticata, II. 400. 333
— vulgaris, I. 95. 54
Madenrundwurm, J. 28
Madenwurm, J 28. 13
Madreporen, J. 396
Madre pora, II. 306
— ananas, II. 399. 329
— aitreites, JI. 399. 330
— fungites, II. 397. 327
— uuuununununu
— gobina, I. 293. 352 — vculata, IJ 401. 335
— nodoſa, J. 293. 334 . porites, II. 400. 331
— pectoralis, 1. 294. 356 Malermuſchel, II. 67. 26 N
Letteeſchulpe, „1 98 88 Maͤnner, baͤrtige, ZI. 39
Leuchte bandwurm, I. 134.135 Marmochorn, II. 264. 170
Zeucophra, II. 466 Maftwucm, 1.28.13 |
— velicularia, 44.466.442 Matroſeumitze, II. 372. 291
e, J. 392 Maulwurfskappenwum, I.
imax, I. 175 |
„
— agrellis, I. 181. a02 Mall zbafardkratzer, J 48. 38
— albus, J. 184. 208 Maushaarkopfwurm, I. 41. 28
— cinereus, I. 181. 201 Meduſa, J. 321
— fuſcus, I. 180. 200 e aurita, J. 324. 376
— niger, J. 5 199 — capillata, I. 326. 377 a
Einienaͤlchen, J. 463 I cymbaloidea, I. 328. 383
8 Odo z ° Medua,
*
Regiſter.
Meduſa, hemiſphærica, I. — gerippte, II. 205. 142
327.379 — magellan. II. 205. 142
— quadricornis, I. 329. 385 — neuſeelaͤndiſche, II. 206.743
— velella, 1.283.341 — papnaniſche, II. 211. 147
Meduſe, J. 321 — tumlige, II. 205. 142
Meduſenhaupt, I. 38 1.444 — ſchwarzbraune, II. 212
— — — 1.374.298 [Milchnapf, II. 357. 267
Meeranemone, I. 256 Mille pora, Il. 22
Meeraſſeln, 1. 209 — celluloſa, II. 403. 339
Meedattel, II. 61. 22 — lichenoides, II. 403. 338
— polymorpha, II. 404. 340
— reticulum, II. 404. 341
Millepore, U. 402
Mohrinn, II. 286. 190
Molluſca, I. 128
‚Monas, II. 467
— lens, II. 467. 448 2
Mondauge, II. 22 .
Meerdrahtwurm, I. 18.5
Meereichel, 11. 45
L aufbluͤhende, II. 30. 14
— dornige, IJ. 51. 15
— erhabne, II. 48. 11
— kußhſchellenfoͤrmige ll. 50.14
Meerfadenwurm, J. 18. 5
Meerkellerwurm, II. 44. 9
Meermelone, J. 342 Mondſchnecke, II. 318
Meernabel, H. 21 Moosmillepore, II. 403. 338
Meernagel, H. 280 | Muͤnze, guineiſche, mohriſche,
Meerneſſel, 1.256 - II. 278. 182
— geſtreifte, I. 263. 316 Multivalvia, II. 1
— ſcharlachrothe, I. 262. 313 Murex, II. 308
Meernüfle, II. 363 — anus, II. 319. 221
Meerohr, II. 363 f — baby lonicus, II. 318.219
Meerpolyp, I. 313.362 | brandarxis, II. 311.216
Meerpinſel, II. 381 — cholus, II. 320
— gemeiner, II. 381.315 — deſpectus, II. 320. 221
— maltheſer, II. 381.314 — hauilelium, II. 310. 215
Meerſcolopender, I, 209 — pomiformis, II. 316. 218
Meerſtern, I. 364 — lamoſus, II. 313. 217
Meertulpe, II. 45 | — tribulus; II. 309. 214
Meerzahn, II. 35 — vertagus, II. 319. 220
Menonitentute, II. 263. 168 [Muſcathlaͤthe, II. 143. 12
— gelbe, II. 264. 169 Muſchelmuͤnze, II. 277 182
Menſchenhaarkopfwurm, I. Muſchelſammler, 1. 287. 345
29. 24 l Muſchelſammlerinn, 1.253.302
Menſchenherz, II. 90.48 [Muſikwelle, II. 290 9
Meſſerheft, II. 75. 30 | Mya, II. 68 N
Midasohr, II. 285. 189 — arenaria, II. 21. 29 8
Miesmuſchel, II. 19 t margaritifera, II. 69. 28
— bunte, II. 204. 144 | pictorum, II. 6. 26
— eßbare, II. 202. 40 [Mitilus, 1. 199 2
— gemeine, II. 202.40 — anatinus, II. 210 rs
0 - | Mytilus;
Regiſter.
Mytilus, bidens, II. 205. 142 |Nereis, 1. 209
— eus, II. 209. 146 — ciliata, I. 222. 274
= allo, II. 355. — fimbriata, I. 218. 263
— edulis, II. 202. 140 — gi oſſa, I. 219. 266
hirundo, II. 208. 145 — noftiluca, 1.213
lithophagus, II. 200. 139 E prolifera, I. 221. 272
modiolus, II. 211. 147 * liellifera, I. 220. 267
— tubicola, 1.217.259
— veificolor, I. 210. 254
Nereide, 1.209
— matgaritiferus, II. 212 148 — pundata, 1. 221. 270
piceus, II. 212
— variegatus, II. 204. 141
Nabelkoͤcher, II. 429. 369 — bunte, 1. 210. 254
Nabelwurm 1. * — dicke, 1, 219. 266
Nagelmuſ gel, IL. 136.94 — faferige, l. 218 263
Na gelſchnecke, II. 311. 216 — gebärende, J. 221. 272
Nails, I. 223 — geftirnte, 1. 220. 267
— digitata, I. 246, 291 — leuchtende, I. 213
— probofcidea, 1.226. 27 — Punctirte, J. 221. 270
— ſerpentina, I. 242. 4 Nerita, II. 358
— vermicularis, I. 245.289 — cant ena, Il. 359. 268
Naide, J. 223 | — corona, II. 361. 272
— blinde. 1. 246. 291 — fluviatilis, II. 362. 274
— geſchlaͤngelte, J. 242. 284 |— peloronta, Il, 362. 260
— gerungeite, J. 226.277 — pulligera, II. 360. 270
— madenähnliche, 1. 245. 280 Neriten, 11. 358
Napfmuſchel, I. 369 Nervemvurm, I. 23, 10
Napfſchnecke, U, 369 Neſtelwurm, 1. 104
— gemeine, Il. 372 290 Noahsarche, II. 146. 13
— neritenfoͤrmige, 11. 372.288 — gedrehte, II. 148. 104
Narrenkappe, II. 133.93 — krumme, 1. 148. 184
Naſſauerſchnecke, II, 335 Nordfiügelfchnecke, ı 296.359
auth en, Il. 252 Noteuſchnecke, II. 289. 196
Nautilus, II. 252
— beccarii, U. 259. 162 Oberadmiral, II. 266. 172
— calcar, II. 259. 161 Ochſenherz, II. 134. 93
orthoceras, II. 261. 165 Oehlhorn, IL 294. 200
I pompilius, II. 252.160 ö.)
335
— raphanus, II. 261. 166 Ofen, gluͤhend. 11. 298. 204
— fpirula, Il. 259. 163 Ohrennautiſus, II, 251
Nautilusſchraube, I, 333.242 Ohtenqu alle, J. 324. 376
Negerinn, N, 10 Ohrſchnecke, II. 354. 260
ee Diivenfern, II. 290
Nelkenwurm, 1. 97. 94 Opferhorn, II. 292
Neptunusdofe, II. ı 2115 |Drangeadmiral, II. 267, 173
Neptunusmanchettell. 43.339 Orgelpfeifen, II. 74 8
' rgel
Regiſter.
Orgelwerk, U. 395.325 — filofa, II. 431. 402
Oſcabrion, Il. 37 — griſea, II. 429. 380
Area, II. 155 — phosphorea, , 398
— criita galli, 173. 122 — rubra, II. 430. 400
— edulis, II. 176. 126 Perleumuſchel, II. 69. 28
— folium, II. 122. 10 [Perleumuttermuſchel, II. 272.
— frons, II. 175. 125 148
— hyotis, II. 174. 124 Pertenmutternautilus, II. 252
— jacob&a, II. 161 160
— lima, II. 166. 118 4 Perſpectivmuſchel, II. 110. 73
— lima tenera, II. 116. 1185| Perſgecttoſchnecke, II. 322. 222
— malleus, II. 168.119 [Peterſilienblatt, II. 130.9
— maxima, II. 159.113 Mfahlwurm, 11.383
— nodofa, U. 164.117 Pfaumenluchen, II. 197. 136
— pallium ducale, II. 163. 1161 Pfeifenſchwamm, I. 418. 362
— plevronectes, II. 156.112 [Pfeedeegel, 1. 165. 175 a
— ziezac, II. 162. 115 Pferdefadenwurm, I. 17. 1
, eee 46.36
P gt, . 368 Pftanzenwürmer, II. 427
Palliſadenwurm, 1. 46 DIR II. 300. 206
Pankoffelthier, Uu. 401 435 Pftiemenſchwanz, meuſchl. 1.
Panzerhemd, II. 426. 393 28. 13
Papageyſchnabel, II. 252. 1600 Phargonsturban, U. 324, 227
Papiernautilus, I. 248.155 Pholaden, II. 58
Papſikrone, II. 288. 294 Pfiolas, H. 88
Parallelogramm, 1. 254.304 — coſtatus, II. 63. 24
Parametium, Il. 361 — dadctylus, II. 61.22
— aurelia, I. 461.435 ufillus, II. 64. 25
Pateila, 11.369 - Bil: rmuſchel, II. 159. 113 _
— chinenſis, II. 374. 299 Pirna, II. 237 u
— fiffura, II. 372.22 — nobilis, II. 241.153
— græca, II. 373.297 — cbeliscus, II. 241. 154 2
— granatina, II. 374. 302 — rudis, II. 241. 152
— hungarica, U. 372. 29 Pinſelmoos, I. 424. 379
— laciniola, ih 374. 298 Flararia, I. 82
— lacuſtris, II. 373.294 — cornuta, 1.94.89 2
— neritoidea, II. 372.288 — hepatica, 1. 85. 69
— facharina, II. 374. 301 — Jucii, I. 88. 72
Patellen, 1.369 1 — lucioperc®, 8 * 79
Pecten, II. 155 | — nigra, J. 94. 8
Pedicella, I. 264 — percæcernuæ, 51. 91. 785
e globifera, I. 264. 317 |— ran, I. 89. 78
— tridens, I. 264. 321 — rubra, I. 94. 87
— triphylla, I. 264. 319 — fcorpii, Lan ©
Pomnatula, 1.427 — — veſpertilionis, 1. 1
Register.
Plattwnem, I. gr Rieſenkratzer, I. 80. 3
— gehoͤrnter, I. 94. 89 Rieſenmuſchel, II. 136. 94
— kother, I. 9 87 Ringhorn, II. 264. 170
— ſchwarzer, I. 94. 85 Rinne, II. 77. 33
Plevrocyſti, I. 352 Nippenblaſe, 1, 282. 338
Polypen, II. 432 Roͤhrencoralle, II. 395 N
„ II. 220 Roͤhrenblumenpolyp, II. 446.
horphycwalzen, II. 284 416
Poſtöruchen, II. 249.163 [Rohrenmacher, I. 79.61
ne II. 356 Roͤhrenſchnecke, II. 375
rachtkegel, II. 241. 154 Roſenblume, I. 352. 403
Prinzenbegraͤbniß, II. 287.19: | Noßblutigel, I. 165. 175
Prinzenflagge, II. 282.187 Rothauge, II. 360. 27
Proteus, II. 466 Nothſtrahk, II. 81. 37
— ditfluens, II. 466. 444 Numeloht, l. > >
Pfendoechinorhynchus, I. 48 . 2
Poliriahn, II. 377. 305 115 I, 24
— muris, I. 48. 35 Sec II. ch
Punctcoralle, II. 402 Sackſpruͤtze, I. 158. 172
— netzfoͤrmige, II. 404 Saͤge, II. 100. 62
Punctgewimmel, II. 467.448 Salpa, J. 265
Punctwurm, II. 467 — maxima, I. 266. 323
Purpurigel, L 354 471 — pinnata, I. 268. 324
urpurſchnecke, II. 312 .
— lappige, II. 313, 217 Sandartmuſchel, II. 150. 108
| Sandartkappenwurm, 1. 44.32
Qnalle, I. 321 Sandartplattwurm, I. 91. 79
Quallenboth, II. 349. 253 Sandköcher, T, 217.259
; 1257 17 381
Miverthier, I. 449. 4 Sandkriecher, k. 71. 29
Raͤucherklaue, II. 303 Sandpfeife, II. 378. 309
Kaſpel, II. 166. 118 4 Sattel, engliſcher, II. 195. 135
Regenrundwurm, I. 36.23 Saubohne, II. 78. 33 p
Regenwurm, I. 59 Saugſe amm, II. 415
— bewaffneter, f. 8 1. 2 Schalwuͤrmer, II. ı rl
— bunter, I. 20. 58 Uenſch lecke, II. 294. 20
— gemeiner, 7 84 4 eldenmuscheh | #3
— er, I. 81. 64 idenmuſchel, II.
Rehbandwurm, I. 135.139 S derbchen, II. 113.8
Meiherfrager, f. 58.42 Schiffchen, II. 146. 103
Rettigſchote, II. 261. 166 Schiffsboth, IL. 244
Reuter, ſpaniſcher, II. 313.217 — gläſernes, IT. 251. 152
Riemenwurm, 1. E55 — Praͤchtiges, II. 252. 160)
Würmer II. Eh. Py p Schi
% 5 n
Regiſter.
Schiffskuttel, II. 252. 160
Schiffswurm, II. 383.317
Schinken, II. 237
— edler, II. 241. 153
Seefuͤcher, II. 414. 384
Seefeige, 11. 417. 359
Seefeder, II. 427
— graue, II. 329. 396
— geraͤucherter, II. 241.152 — leuchtende, II. 429. 308
Se II. 237
Schlammrolle, l. 285.189
Schlangenhaut, II. 330. 236
Schlangenherz, I. 353. 407
Schlangenkopf, II. 198. 137
— großer, II. 275. 178
Schlangenſchwanz, I. 380. 442
Schleimwuͤrmer, I. 175
Schlickrolle, II. 285. 189
Schmetterlingsfluͤgel, II. 121
u 11.359.268
Schnecken mit Windungen, II.
4 |
44
— 2° ohne Windungen, II.
309
— — gekoͤpfte, II. 352.257
Schnepfenkopf, II. 310. 215
dorniger, II. 311. 216
Schnirkelſcheibe, II. 356. 263
Schnirkelſchnecke, II. 336
Seen II. 310. 215
S oten, IL 24
Schuͤſſelmuſchel, II. 370
et I. 198. 233
Schuſternadel, II. 300. 206
Schwalbe, II. 208. 145
Schwammſtein, II. 405. 342
Schwan, II. 465.441
Schwanzwurm, II. 459
Schweinsohr, II. 173. 122
Schwertſiſch, II. 303.209
Schwimmſchnecke, II. 358
Scyllæa, I. 295
— pelagica, I. 295. 358
Seeball, I. 340. 387
wa, I. 223
— koͤhrige, I. 278. 33%
— nackte, I. 285. 342
Seebohrer, I. 330
——
— rothe, II. 430. 400
Seeflor, II. 403 339
Seegallerte, 1. 273. 342
11. 417. 361
Seegeſpenſt, I. 276. 329
Seegraskriechet, I. 295. 358
Seehaſe, I. 185 |
1. 326
Seekatze, I. 304. 362
Seekrone, I. 343. 391
Seelicht, I. 213
Seelilie, I. 402. 458
Seelunge, I. 184
Secmaus, J. 196. 231
Seemoosſchnecke, I. 295
Seemuͤtze, II. 56. 20
Seenadel, II. 206. 300
Seeneſſel, I. 256
Seenuß, II. 150. 108
Seeohr, II. 363
Seepalme, I. 395. 454
Seepaſtete, I. 389.452
Seepilz, II. 397 322
Seeraupe, I. 195
Seeroſe, 1.339
— 1.364
Seerinde, II. 415
Seeſchaͤdel, I. 339
Seeſcheibe, I. 354. 409
Seeſcheide, I. 237 |
— meereichelfoͤrmige, I. 255:
308 |
— runde, I. 254. 306
Seeſcorpionplattwurm, I. 91.
—
— —
78
Seeſtern, I. 363
— fürniget, I. 387. 445
— violetter, I. 390. 453
eeſtrick, 1.15 350
e umpf 200. 309
Seren Seetonne,
Regiſter.
Seetonne, II. 328. 229 Sonnenſtrahl, violett. 11.79.25
Seetraube, J. 320. 369 — purpurf. II. 81.37 m
Seetulpe, II. 50 Sonnenuhr, II. 322. 222
— aufbluͤhende, II. 50. 14 Sonnenweiſek, II. 156. 112
— vielkammerige, H. 52. 16 e 1. 339, 2
Seewurm, I. 18:5 Spe 1 9%
Scgeiblaſe, I. 283. 341 Spielmuſchel. II. 41 2
Seidenſpinner, 11. 237 Spindel, nordiſche, II. 320
i 85 Spindelblaſe, I. 283.339
S 403 105 Spinnenkopf, II. 309. 214
— octopodia, I. 313. 367 Spio, J. 200
te — filicornis, I. 204. 242
— officinalis, I. 904.361 — ſeticornis, I. 200. 237°
— — nn — nn
Serpula, II. 378 I Spio, I. 200
arenaria, II. 378. 309 — botſtenhornige, I. 200. 237
filograna, II. 380. 312 [— fadenförmige, I. 204. 242
glomerata, II. 379.317 Spitzenkiſſen, II. 268. 175
lumbricalis, II. 380. 313 Spitzhorn, 11. 353.259
penicillus, II. 381. 314 Sporn, II. 259. 161
penis, II. 379. 310 Spondyfus, IT. 122
Sertularia, II. 424 albus, II. 131. 92
— abietina, II. 425. 382 chinenſis, II. 132
falcata, II. 425. 386 croceus, II. 128. 89
operculata, II. 425. 380 ducalis, II. 132
polyzonias, II. 426. 388 foliaceus, II. 130. 91
kyringa, II. 426. 387 gæderopus, II. 126. 87
thuja, II. 425. 384 proboſcis eleph. II. 129.90
volubilis, II. 426. 387 regius, IT. 132
D
D
eee
Sertularien, II. 424 I Spongia, II. 415 5
Silbermund, II. 334 2 6 Efetarıs. II. 418. 362 *
Sichelſertularie, II. 425.386 — fluviatilis, II. 4
Sichelthier, II. 465. 440 — officinalis, II. 419. 363
Sipunculus, I. 15 Springwurm, I. 28.13
— nudus, I. 156. 170 Spruͤzwurm, nackter, I. 155.
— ſaccatus, I. 158. 172 RL; . l =
1 Spruͤtzling, 1. 269 Mar
Smaragdſchnecke, II. 333 Spnlwurmm, f. 30. i
Sal . 94 Stachelherz, II. 88. 45
— legumen, II. 78.35 Stachelſchnecke, II. 308
— radiatus, II. 79. 36 Stachel wanz, I. 388. 443
— ſiliqua, II. 75. 30 Stachelſchwein, II. 309. 214
— vagina, 1.77.32 Staudencoralle, II. 40
Sonne, I. 377. 438 Steckmuſchel, II. 2377
Sonnenhorn, II. 327. 232 Steinapfel, I. 342
| Ppna Striu⸗
Regiſter.
cateniformis, I. 127. 122
erateriformis, I. 133. 131
cucurbitina, I. 104
eyathiformis, f. 133. 133
filamentofa, I. 132. 128
globulata, I. 131. 127
infundibilifarmis, J. 133.
130 ö
lata, I. 115.108
lupi, I. 122. 115
malleus, b. 135. 137
fciuri, 1. 129. 124
ferrata, I. 129. 125
ſolium, I. 104. 98
vulgaris, I. 119
H.Vifcer. hydatig. I. 137°
humana, I. 139, 144
multiceps, I. 148. 156
pififormis, f. 144. 147
ſoeialis, I. 151. 139
ſuis, I. 143. 148
ſuis, I. 154. 166
tæniæſormis, I. 146. 160
— utriculenta, I. 143. 148
Taͤubchen, II. 290. 197 a
Tannenſertularie, II. 425. 382
Tauſendfuß, J. 226. 277
Teichmiesmuſchel, II. 209.146
eleſkop, II. 325. 229,
Teller, ſilbern. II. 212. 148
Teller ſchnecken, II. 356
‚Tellina, Il. 80
Steiubohrer, I. 286
— are. I 344
— zweyhoͤrniger, I. 288. 348
Steinbohrer, II. 67. 22 ?
Steinchen, II. 297. 203
Steindattel, II. 200, 139
Steinfreſſer, II 200. 139
Stetapicker, II. 355. 262
Steinſcheide, II. 200 139
Stella marina, I. 364
Sterncoralle, II. 348
— i 399. 330
Sternfiſch, I. 364
Sternmuſchel, II. 370 -
Sternpatelle, II. 374. 301
Sternſpindel, II. 303. 209
Stiefelwurm, I. 98. 97
Stielwurm, I. 264
Storchenſchnabel, II. 3 10. 215
Strahlkorb, IE, 1 56
Strandmuſchel, II. 95. 54
Straubſchnecke, II. 303
traußfeder, II. 288. 195,
trickmuſchel, II. 115. 31
Strohhalm, I. 288. 193
Strom bis, IE. 302
— camelus, II. 307. 213
— chiragra, II. 304. 210
— Jianæ, II. 306. 212
— fufus, II. 303. 209
— lentiginoſus, II. 305. 211
Strongylus, I. 46 bimaculata, II. 86.48
— eguinus, 1.46.36 — cornea, II. 83. 39
Stumpfmuſchel, II. 99 — foliacea, II. 85. 42
Sturmhaube, II. 29 t— far 1 82. 38 6
Sultankoͤcher, II. 423. 378 — Hingua felis, II. 84. 41
Sumpſtellmuſchel, II. 83. 39 — radiata, 11.81.37 5
22 Telline, II. 80
Tabakspfeife, II. 320. 201 Tellmuſchel, H. 80
Tania, I. Inteftin. I. 99 |Terebella, F. 286
— candelabraria, I. 134.135 — bicornis, I. 288. 348
— canina, I. 125. 10 — cirrata, I. 286. 344
caprina, I. 135. 39 — conchilega, I. 28. 345
— 8 6 -Teredo,
1111111
CCC ˙ᷣ terre
| Ku nz gefleckter,
Regiſter.
Teredo, II. 383
— clavata, II. 388. 320
— navalis, II. 383. 317
Teſtacea, II. ı
Tethys, I. 269
— ſimbria, I. 269. 325
Teufelsklaue, II. 304. 210
Theeloͤffel, IT, 280
Thurm, baby. II. 31g. 210
Tieget, II. 264. 170
II. 269. 176
Tiegerbein, ff. 300 266 .
Tiegerporzellane, II. 276. 179
Tiegerzunge, II. 112. 7
Todtenkopfmuſchel, II. 193.
131 * .4
3 —
Tonnenſchnecke, II. 293
Topf, II. 291
Trauermantel, II. 286. 190
Tiichocephalos, T. 38
— hominis, I. 39. 24
‚== lacertæ apodæ, I. 42. 30
— muris, I. 41. 28 5
Trichoda, II. 459
— cometa, II. 459. 430
Trichuris, I. 38
Trochiten, J. 393
Trochus, II. 327
= coofianus, II. 32g
lithophorus, 1 326. 231
magus, II. 322. 224
pagodus, II. 32g
perſpectivus, II. 322. 222
pharaonis, II. 324. 227
folaris, II. 327. 233
fol. imp. II. 328
11111
Troͤdlerinn, II. 326. 231
Trompeten necke, II. 292
Tosjankoſchnecke, II. 292
Tubipora, II. 398
= muſica, II. 395. 325
1e
teleſcopium, II. 325. 229
Tubularia, IT, 420
f acetabulum, II. 421. 369
D campanulata, II. 322.323
— indiviſa, II. 421. 368
— Sultan, II. 423. 375
Turbo, II 328
argyroſtomus, II.
chry foſtomus, II. 335
elathrus, II. 332. 239
cochlus, II. 330. 236
detphinus, II. 329.235”
nautileus, II. 333.242
olearia, II. 335 5
perverſus, II. 332. 240
pethelatus, II. 33 7
pfeudofcalatus , II.
239
ſmaragdina, II. 335
ſcalaris, II. 330 238
uva, II. 334. 244
38
332
Univalvia, II. 244
— fine fpira, II. 369
Vauerndahsmuſchel, I 136,
94
Vena medinenſis, I, 23. 10
Penus, II. 103
ala papil. II. 121
caſtrenſis, II. 110. 73
cedo nulli, II. 1217
dione, II. 105, 67
dyfera, II. 106. 68
ericyna, II. 121
foliacea, II. 121
gallina, II. 109. 23
luſoria, II. 121
marica, II. 107.69
mercenaria, II. 116.93
monſtrofa, II. 121
orientalis, II. 106. 68
pectinata, II. 113. 78
en, II. 120. 85
Pop 3 Venus,
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
—
Regiſter.
Penrus, recluſa, II. 121
— tugoſa, II. 108. 20
ſcripta, II. 114. 79
textrix, II. 120. 84
tigerina, II. 112.77
Vennsmuſchel, II. 103
achte, II. 105. 67
— blaͤttrige, II 121
— bleyſchwere, II. 120. 8;
—
+
—
—
—
granulirte, II. 107.69
monſiroſe, II. 121
unvergleichliche, II. 121
verſchloßne, II. 121
— warzenvolle, II. 108.
Verhaarer, I. 185. 209
Verhandern, II. 152
Vibrio, II. 462
— anguillula, II. 462. 439
falx, II. 465. 440
glatinis, II. 462. 438
lineola, II. 465
olor, II. 465. 441
undula, II. 465
Voͤgelein, II. 208. 145
Vogeldarm, II. 379. 311
Vogelkopf, II. 427. 394
Voluta, II. 284
70
ii
cymbium, II. 291
merratoria, II. 290. 197
mica, II. 291. 199
mitra ep. II. 288. 195
mitra pap II. 288. 194
muſica, II. 289. 196
nucleus, II. 290. 198
oliva, II. 286. 190
olla, II. 291
pyrum, II. 292
fepultura, II. 287. 191
— terebellum, II. 288. 193
Volnten, II. 4
Volvox glob. II. 447.428 -
u
Aline
[= focialis, II.
E ſtentorea, II. 448.418
breitblaͤttrige, II. 106. 68
Vorticella, II. 441 |
— opercularis, IT. 449.422
— rotatoria, II. 449. 423
448. 420
Wachsticht, II. 264. 168
Waldſchnecke, 11.347: 253
Wallfiſchlaus, II. 52. 16
Wallfiſchpocke, II. 52. 16
Walzenſchnecke, TI. 284
Walzenwurm, II. 466. 442
Wampum, II. 18 .
Warienſcheide, I. 251,297
Warzenichnecken, II. 309
Warzenwurm, I. 35. 20
Waſſeraͤlchen, I, 226. 277
Waſſerkalb, I. 21.9
Waſſerſchtaͤngelchen, I. 223
Waſſerſchnecke, lebendiggebaͤr.
II. 350: 256 4
Waſſertrichter, II. 448. 479.
Waſſertropfen, II. 276. 179
Weberin, II. 120 84
Weberſpuhl, JI. 283. 188
Wegſchnecke, J. 177
*
1
Weib, altes, IT. 106. 68
II. 319. 22143
—
auris midæ, II. 285. 199 — boͤſes, II 309. 214
caſtra turc. II. 287.193 Weife,
II. 148. 104
Weihkeſſel, JJ. 136. 94
Weinbergsſchnecke, IJ. 339. 246
Weitmund, JI. 301. 208
Wellenaͤlchen, JI. 465
Wellenhorn, II. 296. 202
Wendeltreppe, 71.330
chte, II. 330. 2338
— unaͤchte, TI. 332. 239
Wickelkind, II. 334. 444
Wimpernereide, J. 222. 274
Winkelhacken, IT. 154. 111
Winkelwurm, II. 466
Wolfsbandwurm, I. 122. 115
Zaͤhn⸗
Regiſter.
Zöbuchen, II. 378. 308 Zlegenauge, II. 373. 207
ahn, blutiger, JJ. 362.280 Zirkelwourm, J. 174
2 ahnſpindel, JI. 303. 209 Zitterblaſe, J. 278. 334
Zahnwurm, I. 6 oophyta, II. 391
Zauberſchnecke, 17. 355.261 I— — II. 427
Zellencoralle, JI. 403 ottenkopf, J. 382
— durchſtochne, JJ. 406.345 Zwergpholade, J. 64. 25
ellencorallinen, II. 426 Zwiebelſchale, rothe, II. 193.
Zeug, goldner, II. 267. 174 130
Zickjackkammuſchel, IT. 162. — weiße, IT. 192. 128
175 Zwirnwurm, J. 16
N
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3,7
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